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German Pages 835 Year 1890
Baltisclie
Monatssckrifti Herausgegeben
OD
Robert Waiss>
XXXYU.
Band.
Reval, 1890.
In Commiseion bei Y. Klnge. Ltlpiif: Kvd. Hartmasa. Rigas A. Stieda.
üigiiizuQ by
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ueBsypoo.
CMiwikt
—
bat
Peiej», 6>ro A^sattp« 1890
Uadf«»* Erbos
in
A«raL
Inhalt AbhAndiiiiigeii und Aufs ätse.
A.
Seite
Gwl
Ferdinand von Rntenberft getiieUt von C.
Ans
Boy
.
AiifiBeichnnDg«n seines Sohnes mit/
.
t
den Wanderjahren dreier estlündischer Maler
Kolonialpoliti--rliH Streifzüge ins 17. Jalirhnmlprt.
Beiträge
zur
Dr.
der Geisteskranken
Statistik
in
30 Von E. St^rapliim EaV und Livlaud. Von II. II!
W. Dehio
•
«Arbeit*.
Aphoristische Streifcttge.
Abschied.
Von £. Holländer
,
.
•
•
Von N. C
....
Von A. Baron Krüd»>npr
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I. II.
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328
Portig
34'>
Bauernstandes in Liv land. VonG.T.ätryk 339 Von W, Greif fenhagen 384 Lirland. IIL Von T. Christiani 403 463 de.s
in
...
An&ng
des 18.
and Frajudicate dessetben von der Mitte Jahrhunderts. I. IL Von W. Oreiffen-
hagen Gustav Heinrii'h Kirchenpaner.
I.
II.
Von H.V.Samson. iifraw:»'. Von B. y. S
.
.
.
616
P^yclidlogi.^fhe Berraclitungi.'ii zur Fraui
liermauu Hilde braud.
Wagner
995 439
Hansa.
estländische Oberlandgericht
des 17. bis
ÜiH
Von
Wissenschaft.
Inn Culturgeschichte.
der ('onst rviruiig
als Glied der
Die Gegenreformation
Das
— Soeialdemokratie?
baltibc
I>f^ \atnra!i»mTi? in (kr
Keral
205
Dettingen
SociaUsmns, was
Ein Capitel ans der
167 22!*
Von A. Seraphini
Lüben
181
468
2.=»U
Mislnngenp Sfotahrten nach Westiudien. für
149
Jordan
Die Werüiigkeit
Sinne
97
der Bevulkeruugästfttistik Livlnnds.
Die Seeechladit bei Rot«] am S. JCai 1790. Erinnerungen an Graf P, A. Wala je w Rückblick auf \m) der
W ISl
Zur (TeschicliTt der Art-alveniu?;>uri£; und 1. iL Von B. V. Schrcuek Zeiten schwerer 17otb.
50
87
.Ueher temporäre Asyle ffir Geisteskranke. V(mi A. Mor« klin Biginzende Bemerkungen zum Anftatz über «Die baltischen Eanbviigel».
Ans
IQ7
Vuu
J.
Gi rgeu.su iiu
612 559 604
.
.
Kä'J
Von Dr. G. Port ig
(>39
Die Instructionen der baltischen Bitterschaften fttr die gesetigebende Com* missiott Ton 1767. Von R. Hasselblatt f ,
668
Ist Bidiard
der Messias der neueren Musik?
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Seite
Von H. t. Samson Ein deutscher Schuluiaun dea 16. Jahrhundert«. Von C. t. d. Antorisirter Aaazng von M. 1. Xikolajew über Graf Leo Tolstoi. Gorrespondenz. Von J.. t. Kensaler Der Kampf «ni den ZoUaiuehloM Hamburgs.
I. II.
W
694
741
.
787 792
.
179
.•
Itier Von H S. Im kühlen Keller sitz' M. Dosto j »Mvsk i, Erzäkluni^en. Vöu Dr. Bernhard A. V. Eberstein, Handbuch für dea deauchen Adel fieitrilfB nr Knnde £a^ Liv- and Karlands. Bd. IV, Heft 1 Albim Äeadmicum der Univecsität Dorpat Von B. 8 i>
!i
95
.
F.
Münz
.
.
27t>
n. 2.
Von J.
Q.
856 460
Akpronssisclie Monatssclirift, heransg. t. R. Reicke n. £. Wicbert.
Von »n.
An liiv für
Von— n.
634
W. Petersen, Fauna Baltica. Die Schmetterlinge der Ostaeeprovinxen L (i. Sodoffsky Aus der Gypsprodnction Livlands O.Mertens, Das Zutnhrgebiet Riga»* l'ur (xetrüide, Mehl und Grütze.
635
die Geschichte Liv-, Est- u. Kurlands,
3.
Folge, 2. Band.
,
(2.
Dr. F.
L. Ottmann, Ole Boll, der Qeigerkönig
Schranka, Der nene Demokrit
Bayard Taylor,
Lara
S0 in a n n Beitrag zur Lehre vom Waaeerrecbt H. Riegel, Unter dem Striche F. M.Dostojewski, Schuld und Sübue. Von. Dr. Bernhard Münz .]
.
Ii t
(
686
686
Fortsetzung)
Freiherr Ranschr. Traabenberg, Hauptverkehrswege Fernens
Dr. £.
684
687 687 638 638 638
,
638 .
.
736
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Carl Ferdinand von Rutenberg.
Mach den Aafxeieluiaiigen seines Sohnes mitgetheilt
Ferdinand von Rntenberg ward am 16./27. April 1741 aaf dem seinem Mntterbrader gehörenden Gute Lesten in
arl
.
Knrland geboren. Sein Vater, Ferdinand v. Rotenberg, war Kammeram Hofe der verwittweten Herzogin Anna von Kurland nnd nachher anf kurze Zeit Hauptmann zu Windau gewesen. Er war ein Mann von ernstem Oharakter und einer damals in Kurland sehr seltenen Gelehrsamkeit, von unerschfitterlicher Bechtschaffenheit und einem sehr thfttigen Patriotismus. Diese Eigenschaften hatte er zwei Mal Gelegenheit als Delegirter des Landes in Warschau zu bethätigeii. Das erste Mal war es in den Jahren ITlf) bis 1717,
jnnker
in jener unglücklidheii Ejiorlui der (Jeschiciite
die
Mishelligkeiten
des
Beide Tlieile
höcliste Stufe erreicht hatten.
züglich aber war es der ston
Feuer der
Zwietraclit
immer
Km
laiitls,
in
welcher
dem Herzoge Ferdinand
mit
Adels
isclie Kigcnsiiiii
unterhielt.
hatten Scluild.
ihre
Vor-
des Herzof^s, der das
Derselbe wollte nicht davon
von Danzig aus alle Regierung sgesclulfte zu besorgen. Dies erregte allgemeine Unzufriedenheit, wie es denn auch wirklich der Staatsverfassung zuwider war. Alan verlangte, der Herzog
abgehen,
solle entweder zurückkehren,
oder
die Oberräthe
regieren lassen.
Einer seiner heftigsten Gegner war der Sturost von Fircks, Erbhesitzer auf Lesten. Qegen diesen war der Herzog endlich so aufgebracht, dass er seinem Militär in Mitau den Befehl ertheilte, denselben xn verhaften.
Wahrscheinlich erstreckte sich dieser Be-
fehl noch weiter und enthielt die geheime Weisung,
Gegner das Leben B»ltion nach Kurland zu bitten, die befehligt
wfirde, nicht
nur
(Iber die
Ermordung des Starosten, sondern auch
Aber alle anderen Beschwerden des Adels die strengste Untersuchnng zvi
bewerkstelligen, die Schuldigen zu bestrafen nnd eine verbesserte
Der patriotisehe nnd in Kurland einznfltlhren. Rutenberg fand das Verfahren des Herzogs gegen
Ordnung der Dinge freiheitsliebende
den Starosten nicht nur verfassangswidrig, sondern auch tyrannisch. Ohne Bedenken gab er daher dem Herzoge die von ihm erhaltene Vollmacht zurück nnd betrieb die Auftrage des Landes mit solchem Eifer, dass er in
kurzem
die Einsetzung der
Oommission von 1717
welche die Ermordung des Starosten Fircks durch die Hinrichtung des vielleicht unschuldigen Corporals Willmussen und
bewirkte,
durch
»sehr
strafte,
nicht
merkliche Ein.scluänkung
besonders auch
durch
der herzoglichen Rechte
die Bestini niung,
mehr von Danzig aus regieren
sollte.
be-
dass der Herzog
Natürlich
bi
achte diese
ßeschränki\iig der Rechte des Herzogs die Erweiterung der Reclite
des Adels mit sich. regte Coniniission sich
Das grösste Verdienst aber, welches die beum das Land erwaib, w^ar die Abfassung
verschiedener uützliclier, ins Staats- und Privatrecht einschlagender
Verordnungen. Merkwürdig Kammerjuuker Ruten berg in
ist
die
Offenheit,
mit
welcher
der
dem Landtage erstatteten Belation der Geschenke erwähnt, die er, um die Absendung einer Oommission zu bewirken, den Grossen in Warschau gemacht habe. Für die gegenwärtige Zeit wurden dieselben sehr unbedeutend er* scheinen.
seiner auf
Uebrigens sind diese Geschenke grösstentheils ans den
Diflten der Delegirten bestritten worden.
Eine zweite Gelegenheit, dem Adel mit demselben
Eifer,
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8
Carl Ferdinand von Bntenberg.
venng^leich nicht mit demselben Erfolge, zn dienen, fand Rntenberg
im Jahre 1726.
Herzog Ferdinand, der
dem
Fflrstenstammes, bestand mit eben
znm bestAndigen Wohnorte wählen Unter
verheirÄten.
dass die Kuilaiidei
Umständen fand man
uui
küiittif^es
\\\r
Erlöschen
des
Si'iiigallen
umlsatz» n
es sehr natürlich,
Schicksal besorgt wurden.
des Lehiireclits
Kettlerschen Staniines
Nun
mussten
—
nach
Heizootluinier Kurland
die
an die Obeilehn.sliei rschatt,
Republik Polen, zuiücktalleu.
des Kettlerschen
Hess, fest darauf, sich nicht zn
solclien
Nach deu allgemeinen Gi and
letzte
Eigensinne, der ihn Dansig
an den Konig und die
lialteu sich die
Kurländer zwar
aasbedungen, inmier unter deutscher Obrigkeit zn stehen, aber das Beispiel Livlands,
erschien
nicht
welches
sehr
eben
tröstend
diese
Bedingung
gestellt
Daher kam
lür Kurland.
Alles sich darnach sehnte, die Zukunft durch die eventuelle
Herzogs für den Todesfall Ferdinands
eines
Stimmong der Gemüther benntzte
hatte,
dass
es,
sicherzustellen.
Wahl Diese
G-raf Moritz von Sachsen,
ein
und der bekannten Königsmark, welcher sp&ter anter dem Namen Karechal
natQrl icher Sohn Angnsts des Zweiten von Polen Grftfin
de Saze einer der grössten Feldherren des achtzehnten Jahrhnnderts wurde. Er war dazu gemacht, durch seine persönlichen Eigenschaften die Herzen der Eurlftnder
zn gewinnen.
Schön, galant,
—
Tou ansseroi'dentliGher Leibesst&rke, überaus tapfer, besass er aUe Bittertugenden, welche in Kurland bisweilen mehr gegcdten haben als andere Vorzüge des Charakters und des Geistes. Hierzu kam seine Abstammung, die es sehr wahrscheinlich machte, dass
Wahl
seine
in Polen,
finden werde.
wenigstens bei der königlichen Partei, Beifall
So war
es
denn Moritz ein Leichtes, den knrländi-
zum
schen Adel dahin zn Innigen, ihn
eventuellen Nachfolger des
Herzogs Ferdinand zu erwählen. Der WahlhtuilLag fertigte den Kammerjunker Rutenberg als Delegirten an den iiolnischen Reichstag ab, um tlie Restätig^unL^ der Wahl zn be\virk«*n. Rutenberg fand zwar beim Konige, dem die Belnrderiinf:: seines Lifldinirs nur will-
—
kommen
sein konnte, die beste
Aulnalnne und
legenheit von demselben eine Tabatiere mit
zum Geschenk, welche von wird
;
dem
ei liieit
bei dieser
Ge-
königlichen Bildnisse
der Familie Kutenberg noch aufbewahrt
der Senat und die Stände aber waren fast allgemein wider
die eventuelle
Wahl, weil dadurch
ihr Lieblingsplan, die unmittel-
bare £inTerleibnng der Herzogthümer in
den polnischen
körper, yemichtet worden wflre.
Lage der Sache musste
fiei dieser
Staats*,
der Deleglrte, ohne seinen Zweck erreicht zu haben, nach Kurland 1«
.
i^iy
u^Lo Ly
Google
4
Carl Ferdinand von Kuteuberg.
zurückkehren,
wo
er,
bei
Ablesung seiner Relation,
Diätengeldern 900 Rüil. der Landeskasse
niässigeii
von
seinen
ziiriickzahUe.
Bald darauf- wurde ein anderer Delegirter nach Polen gesandt, der Die Commission von 1727 kassirte
aber noch weniger ausriclitete. bekanntlicli
die
Wahl
derselben und setzte
des Grafen Moritz,
die
bestrafte
unmittelbare Einverleibung
Urheber
die
der Herzog-
thttmer in den polnischen Staatskörper fest, für den Fall, dass der
Kettlerscbe Mannesstamm aussterben
der aber
sollte, ein Beschluss,
kurzem durch russische Verroittelung wieder aufgehoben wurde. Russland war es auch vorzaglich, welches die Wahl des Grafen Morits hintertrieb. Dieser unternehmende Heid wollte sich« trotz der rassischen Uebermacht, als Herzog von Kurland behaupten. Von den russischen Truppen bedrängt, flüchtete er mit seiner kleinen angeworbenen Mannschaft auf eine Insel des Usmaitenschen Sees, welche seitdem noch immer den Namen Moritzholm führt. Hier verschanzte und wehite er sich einige Wochen lang gegen die Angriffe der russischen Truppen, Endlich. ward ihm alle Zofuhr abgeschnitten und er dadurch gen5thigt, seinen Znflnchtsort und anch in
das Land zu verlassen.
Indess nannte er sich Erwählter Herzog von Kurland.
bis
zn seinem Tode:
blos
für den ganzen
«
Die
Cuuiiiiission
von IVIT hatte
kurländischen Adel, sondern auch
fiir
nicht
den Haupturheber derselben,
den Kamraerjunker RiUenberg, dauernde vortheilhafle Folgen.
Herzog wollte noch immer von Daiizig aus
Der
regieren, die Obei-r^Hhe
aber stützten sich anf die Entscheidung der Commission.
r-
-u rien
meist nach ihrem Belieben und richteten sich wenig nach den Vorschriften
ihres
abwesenden Herzogs.
Die
meisten
Collisionsfälle •
ereigneten sich bei der Besetzung der vacanten r>andesstellen.
Dieses
Vorrecht wollte aber der Herzog sich so wenig nehmen lassen, als dem abwesenden Herzoge, zu-
die Oberr&the willens waren es ihm,
Unter anderen wurde die Windausche Hauptmann schaft Der Herzog ernannte für diese Stelle einen gewissen Blomberg. Die Oberrftthe beachteten diese Ernennung nicht, verliehen vielmehr ihrerseits die Hauptmannschafb dem Kammer] nnker Rutenberg. Dieser, ttberzeugt, dass das Recht auf der Seite der Oberrftthe sei, nahm die Hauptmannschaft an, Hess sich in dieselbe einsetzen und erhielt sich in deren fiesitze drei Jahre hindurch ungeachtet allen herzoglichen Widerspruches. Nachher dankte er selbst ab, vielleicht um den Herzog, von welchem er das Gut Wallgahlen in Pfand genommen hatte, nicht zn sehr zu erzamen. zugestehen. vacant.
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Carl Perdinadd Ton Rotenberg,
5
Eine noch wichtigere Folge seiner BemUiungen im Jahre 1717 den Hauptmann Ratenberg seine Verheiratang. Als Blnt-
wai' für
rächer des ermordeten Fircks hatte
lassenen Mutter
und
den Kindern
er in Legten
bei
der nachge-
des Starosteu nicht nur freien
wurde auch als der Wohlthäter des Hauses geehrt Die älteste Tochter Auua Catharina, welche bei der hen Scene der Ermordung zugegen gewesen war, sah be-
Zutritt, sondern
und
o^eliebt.
schrti klii
sonders
niii
gru->t('r
war nicht schön,
Dies moclite vielleicht die Ursache
Blattern entstellt worden.
die
weshalb Rutenberg so spät erst
sein,
anhielt. als
Theilnahme aut den Rächer ihres Vaters. Sie ihrer früheren Jugend war durcli
die Schönheit
Siebenuudvierzig Jahre
um
die
hatte er
als
seinen Nacken
er sich eDdlieh entschloss,
Hand
des Fräuleins
Hagestolz
verlebt,
unter das Joch der
ZTL beagen. £r warb um Anna Catharina v. Fircks und erhielt Zuatiamnng ohne Schwieriglteit. In dieser glücklichen £he
Ehe ihre
sengte er mehrere Kinder,
von denen aber nur zwei dßs mündige
Alter erreichten, eine Tochter, die, an einen Bateoberg verheiratet,
darch den nnglflcklichen Charalcter ihres Gatten viel leiden mnsste,
nnd einen Sohn, unseren Carl Ferdinand.
Von
so guten
Kinder eine
treffliche
nnd so gebildetoi Eltern konnte man
Aussicht nicht in Erfüllung.
fttr
die
Leider ging diese schöne
Erziehung erwarten.
Die Mutter
starbt
zwei Jahre nach
der Gebart ihres Ferdinand in den Wochen, nnd der Vater Iblgte
ungefähr ein Jahr später
ihr
im
ti Fluriu in Albertus.
Der
ein für
Vermögen von mehr
Jahre seines Lebens.
Anthfil seines Sohnes vermehrte sich wahreud der langen vormund8cli;i!
Illeben
V^erwaltuug
auf
Hauptmann Rutenberg zwei
meiir
als
90000
Flor. Alb.
seiner Jugendfreunde zu
Da
der
Vormunderu
verordnet hatte, so wurden diese desfails gerichtlicli bestätigt; die
Personen seiner Kinder aber hatte der sorgsame Vater nicht den Vormündern allein übergeben, sondern er hatte auch bestimmt, dass Sie in den Häusern seines Bruders, des Obristlieutenants von Rutenberg in Strasden, oder seines Schwagers, des Obristlieutenants von
Fircks in Lösten, erzogen werden in
sollten.
Die Tochter blieb immer
Strasden nnd wurde daselbst zn ihrer nachmaligen uugiacldichen
Ehe mit dem Sohne ihres Vaterhmders halb gezwungen. Ihr Bmder war damals noch ein Kind und konnte ihr nicht helfen. Der jange Rutenberg befand
sich anfänglich in Strasden
und nachher
6
Oarl Ferdinand Ton Rntenberg.
war
Sein erster Lehrer
in Lesten.
lehrter Abenteurer» der sich
Leibarzt ausgab
in Enrland mehr nnter wahren Namen bekannt seiner Gelehrsamkeit eine Art von
nnter seinem
als trotz
Er zog
medicinischem Charlatan.
ein ge-
Gmnde
und ans diesem
dem Namen Archiater war. Derselbe war
ein gewisser Brandt,
einen ans Stockholm vertriebenen
fttr
Elixire und gebrannte Wässer-
chen ab und curirte damit seine gesunden Hausgenossen
;
da seiue
Mediciu aut Zucker genommen wurde und gut sclimeckte, so Hessen sich auch seine Ztiglinge zeitige
gern von ihm curiren.
sehr
war
Gebrauch starker Mittel
anlassung
zu
der
si>ateren
Von einem anderweitig Zöglinge naturlich
so
die
vielleicht
unseres
Scliwäclilirhkeit
beschätiigteu Lehrer
—
nicht viel lernen.
Ein
Dieser unVer-
traurio^e
liutenberg.
konnten dessen
zweiter hehrer
des
jungen liutenberg war ein gewisser Magister Knochke, ein gelehrter
Mann und '
gewissenhafter Lehrer,
welcher
aber
nicht
lange in
Lesten blieb, wabrsclieinlich, weil er die Geisteskräfte des jungen Fircks nach Meinnng der Verwandten zn sehr angriff. ein Preusse, tXL
Namens
seinem Jünglingsalter
Ihm
tblgte
unter dessen Aufsicht Rntenberg
Wolff,
blieb.
bis
Dieser war ein redlicher, gewissen-
Mann, jedoch von nnr mittelmassigen Talenten. Bei einer war nur zu erwarten, dass Rutenberg höchstens Halbgelehiter werden wQrde. Aber seine grosse Begabung,
hafter
solchen Erziehung ein
sein ansserordenUiches Gedächtnis, frühzeitig reifender Charakter,
seine Wissbegierde
theils
eine Folge
seines-
und sein Tempera-
ments, theils eine Folge seines Schicksals, das ihn von der frühein fhtmden flansem zn leben und Launen zu schicken, bewirkten zusammen, dass
sten Kindheit an ndthigte, in
fremde
sich die
Mängel seiner Erziehung ausgeglichen wurden. Bald Ubertraf er seineu Lehrer, woher denn dieser ihn sehr zeitig iui laiiig erklärte, die Universität beziehen zu können.
Aus der
Lebensgescliiclite Carl Ferdinand
v.
Rutenbergs
hier nocli eines cranz eii^enlhunilichen Vorfalles zu erwähnen.
derselbe
uilniiicli
ungetahr 12
ein Process über seine Person
Edelmannes,
d. h.
unter der Sonne.
zu der
bis
13 Jahre
alt
\v;u'.
ist
Als
entspann sich
über die Person eines kurlftndischen
damaligen Zeit des freiesten Menschen
Der Zusammenhang war folgender: Seine
mttnder waren Freidenker und verbanden
\'ar-
mit ihrer vei'meintlichen
Philosophie wie gewöhnlich die Absicht, Proselyten zu machen.
Sie
wünschten ihren Mttndel nach ihren Grundsätzen erziehen zu können. Vielleicht zur Erreichung ihrer Absicht beschlossen sie, den jungen
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7
Carl Ferdinuid tod Batenberg. Rnteiiberg aus
dem Haase
seines Mntterbradera,
des ObrislUaote-
von Flicks aut Lesteu, fortzunehmen und bei sich erziehen
iiaiits
la lassen, worin ihnen freilich die väterliclie ikstiinmiing hinder-
war
lich
Indessen
hofften
den Herrn
sie,
v.
schrieben
Mündel
Mann
ihm,
sie
hätten
sie
Lesteu von
in
dem
in
i^ii
Fircks,
der etwas
Zu diesem Zwecke
indifferent war, leicht iiberra.sehen zu können. lalu uni^
dortigen Lelirer,
ijeljraeht,
dass
der
gelehrter
kein
ihr
nichts lerne, und hielten es dalier für ihre Püiclit, ihren
sei.
Ptiegebetohlenen zu
sich
zu nehmen
und anderweitig für dessen
Bald nach Ankunft dic^ses Briefes in Lesten traf ancU die znr Abholung des jungen Eutenberg bestimmte Eqoipage dort ein. Der PflegeTater des Letzteren, der Herr von Unterricht zu sorgen.
Fircks,
wnsste anfangs nicht,
was er than
sollte,
entschloss sich
Als alles znr Abreise bereit war, wurde dieselbe von der Gemahlin des Obristlieatenants, einer Hermhnteiin, hintertrieben. Da diese Dame Aber die Etziebnngsgmndsfttze der Vormflnder, aqs welchen die Letzteren kein Geheimnis machten, TollstAndige Klarheit erlangt hatte, so war abreisen zn
jedoch, seinen Neffen
es sehr natttrlich, dass sie
lassen.
davor znrttckschreckte, ihren Pfl^;esohn,
der sich durch die Sanftmnth seines Charakters
ihre ganze Liebe erworben hatte, in die Hftnde solcher Männer zn tiberliefern, die sie wenigstens für entfernte Verwandte des Antichrists liielt. llui
diesen Scandal zu verhüten, protestirte sie feierlich gegen die
Abund verfiel auf den wirklich klup^en Gedanken, dass die Zustimmung des Vaterbruders, des ObrisLlieutenants Rutenbeig aus reise
Strasden. als des ersten natürlichen Vormundes, in einer so wichtigen
Sache durchaus dieser
alte
sei.
Sie
verliess
von
unbeugsaniem Starrsinn es
ei tot
eher aufs Aeusserste sein Neffe
U ilich
rechtgläubige Soldat
ankommen
lassen, als es
von Freidenkern erzogen werden
nicht geirrt
:
aus Strasden
kam
sich
darauf,
dass
zugeben werde, dass Sie
hatte sich
der gemessene Befehl,
der jnnge
solle.
Rutenberg solle nicht abreisen, worauf denn die nach ihm gesandte Equipage zurückgeschickt wurde. Die Vormünder, äusserst aufgebracht darttber, dass eine Frau ihro
hinsichtlich
ihres Mflndels
wollten nun auf gerichtlichem Sie
kamen
gehegte Absicht yereitelt hatte,
Wege
Ausfähmng bringen. dem damaligen Obenrormund-
dieselbe in
bei der Landesregierung,
Klage gegen den Obristlieutenant Butenberg und verlangten die Extradition ihres MUndels, weil derselbe in Lesten sehr versAumt werde, woher es denn ihre Pflicht sei. für
scbaftsamte, mit einer ein
1
8
Carl Ferdinand tod Botanberg.
seine bessere Erziebnng Sorge
Es entstand nunmehr Von bdden
zn tragen.
aber die Person des jungen Bntenberg ein Process.
Seiten worden die geschicktesten Advocaten herangezogeu und gedielt die Sache endlich dahin, dass die Oberrathe es nothig fanden, den
am festzostellen, ob das Vorgeben der Vormünder, dass derselbe in Lesten nichts lerne, begi'üudet sei. Der junge Rutenberg befand sicli damals in Strasden
Jüngling öffentlich examiniren zo lassen,
bei seinem Vaterbruder,
der ihn zu
vor den Nachstellungen
der Vormünder
sicli
f^enommen liaUe, uin ihn zu
luehr
Von
sichern.
liier
wurde er nach Mitaii gebracht, und ging
heit
das Mistranen des Obristlieutenants so weit, dass er ihn seinem
zweiten Sohne aut
um
die Seel*^
bei
dieser Gelegen-
band und Letzterem Watten mitgab,
Gewalt mit (Jewalt vertreiben zu können.
nöthigenfalls
Dieser
Sohn des Obristlieutenants, der 12 Jahre in Preussen gedient and die ersten Feidzüge Friedrichs des Grossen mitgemacht halte, war ein sehr origineller Mann und ein wahrer Lebensphilosoph, welcher theils durch den Kriegsdienst, theils durch eigenes Haisonnement gelernt hatte,
Leonen der Menschen zu schicken und
sich in die
besonders die Befehle seines etwas wonderlichen Vaters ohne alles
Gräbeln aofe pünktlichste zo erfallen. Den Aoftrag, seinen jongen Vetter zo beschQtzen, erfüllte er mit der grössten Gewissenhaftigkeit, Hess ihn nicht von seiner Seite and hatte stets ein gates Seitengewehr bei sich, wenn er in Mitao mit ihm ausging; anch
dem Bette des jungen Menschen ond hatte sieh ein Paar geladene Pistolen ond seinen Degen zar Hand gelegt, am ndthigen&lls etwaige Gewaltmassnahmen der Vormflnder abzowehreo. Am Tage des Examens wurde der Bector der mitausehen Stadt-
schlief er vor
—
schule in das Sessionszimmer der Landesregierung berufen; dei*selbe setzte sich luU
dem jungen Uutenberg am Ende des Gericht^tisches llutenberg war nicht im geringsten
nieder und begann die Prüfung,
erregt, sondern sehr ruhig, eine Eigensehatt,
die
ihm auch später
immer eigen blieb. Er bestand daher das Examen auch recht gut. Nach dem Examen trat der damalige Kauzler i^uiek v. Einkenstein, ein kluger und gelehrter Mann, zu dem examinirten Junglinge und sagte zu ilim in sehr verbindlicher bei üllentliLlit*m Auftreten
Art, liches
er
wünsche, dass
Examen
ein
junger Mensch, der ebeu
so gut bestanden,
einst
seinen Platz
ein als
utl'ent-
Kanzler
mehr
einnehmen
möge.
als dreissig
Jahren dieser so freandlicb ausgesprochene Wonscb.
^
Das Examen
Merkwürdigerweise entschied
in
erfüllte
der Sache,
die
sich
nach
VormQnder
ver-
I
üigiiizea by
ache war
die Melirheit.
Auttiage
dass ihn auch
zum Deputirten
Sessaosche Kirchspiel
den Führern
des
in
Dies
worden.
ßeireü des erregte bei
vorigen Landtages.
Der Erfuig war aber immer, dass sich nun Warscliau biegenden Howenscheu Partei schlugen.
Freilich olme Grund.
Viele zu der in
—
Mit Erstaunen vernahmen die Deputirten des oben erwähnten vum Jahre 17^H die Forderungen Russlands, welches
Landtages jetzt
sogar
auf einige
Ansprüche erhob. es nicht sein,
rangen nicht tirten baten
weil
man
in ihrem
daher
.m
der
Düna gelegene
Sie waren nicht hinlänglich
um
in
Striche Kurlands
i[i:>n in:
r
und konnten
den Kirchspielen die russischen Forde-
ganzen Umfaiijje gekannt hatte.
Die Depu-
eine Frist, damit sie das Vorgefallene ihren
Kirchspieleu mittheileo, resp. neue Instructionen eiuliQleu könnten.
Digitized by
Googl
21
Carl £%rdinMid von Rnteoberg.
Die nacbgesucbtt) Frist ward bewilligt^ aber nur anf 14 Tage, und
zwar
sollten die
um
bringen, sie
denn
Landboten alsdann anbeschränkte Vollmacht mitzu beendigen. Eine solche Vollmacht erhielten
alles
aiicli,
weil
man
alle
Ursache hatte ZU fürchten, dass Russ-
Es wurden nunund adeliger Seite Oon)missarien ernannt, dem Namen nach um eine Convention mit Russland zu scliliessen, in der That aber, ur^ in iHe russischen Propositionen zu willigen und land im äiissersten Falle (Tewalt brauchen würde.
mehr von
fur&lliclier
durch biUeude Vorstellungen so
Herzoge war damals die
alles
als möglicli zu
viel
retten.
daiMi gelegen, dass bciue Jiitte
(ii
Dem niahiin,
vom russischen Hofe aueikannt (j raten Medem, Diesem Interesse opferte der selbstsüchtige Fürst das Wohl
Tochter des
werde.
seines Landes auf.
Von
seiner Seite
hatten
daher die
Nicht
Commissarien wenig Widerstand zu erwarten. hafter betrugen
sicli
die
l
ussischen
viel
stand-
Commissarien des Adels, welche, weuigstens
nach den Berichten, die sie dem Landtage abstatteten, durch Drohungen gezwuhgen wuiden, in die russischen Vorschläge zu willigen. Der Landtag bot noch den kräftigsten Widerstand, und hatte man es zu danken, dass Libau und Windau sammt der Hälfte von Kurland nicht völlig ruinirt wurden; denn nach vielen Unterhandlungen brachte man es endlich dahin,
dieser Standhaftigkeit
dnss die Kirchspiele
der Goldingenschen
und Tuckumscheu Über-
hauptmannschaft, sowie das Neuenburgsclie Kirchspiel die Erlaubnis fernerhin nach Libau und Windau zu handeln. Mit dem Neuenburgschen und Antzschen Kirchspiele hielt es am schwersten. Aber die Bemühungen der Deputirten von Neuenburg und
erhielten, auch
Autz,
besondei*s aber
die Rutenbergs,
retteten
doch endlich die
dem Handelszwange. Im folgenden Jahre 1784 ging der Herzog mit seiner Gemahlin Er binterlieas den damaligen Obereinige Zeit auf Reisen.
beiden Kirchspiele von
für
räthen eine schriftliche Instruction,
welcher
zufolge
sie u. a. bei
Vacanz einer Oberhauptmannsstelle Rutenberg in dieselbe einsetzen sollten. Hier war ihm aber derselbe Howen, dessen bereits oben als Ritterschaftssecretärs Erwfthnnng geschehen, entgegen. Dieser wollte durchaus Kanasler werden, und swar beeilte er sich mit der Durchsetzung dieses seines Wunsches, wohl einsehend, dass er nur während der Abwesenheit des Herzogs, welcher sein Feind war, seinen Zweck würde erreichen können. Er unterhandelte daher anfangs in der QQte mit dem damaligen Kanzler Baron Taube dahin, dass derselbe sein Amt aufgehen und ihm.
eintretender
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Oarl Ferdinand von Bafcenberg.
22
Howen, Platz macben nAge. Taabe war nicht zu bewagm Howens Wonaeha za entsprochen. Nun wurden Brohongen des rassischen Ministers angewandt,
Letzten, ein
nm den
Mann von
lästigen Kanzler zn entiemen.
Dieser
vielem Verstände und von nnerschUtter-
des Gfaaraktei«, sah sehr wohl ein, dass diese Drohungen nichts zn bedenten hatten, nnd gab sein Amt nidit lieher Festigkeit
anf.
Der Erfolg
zeigte,
Plan
—
Howen war
nicht anfengeben (dazu konnte
bringen), sondern ihn
denn er
dass er sich nicht geirrt hatte,
blieb ungestört in seinem Posten.
gendthigt,
ihn nichts
seinen
der Welt
in
abza&ndem.
Glücklicherweise fOr ihn traf es sich, dass gerade die Schmndensche Hauptmannscliaft vacaiit geworden
war.
Zu
dieser liess er
genug wai*en, Wunsche, sehr wider Man kann die Voisehiit't des abwesenden Herzogs, zu entsprechen. nicht sagen, dass dieses Verfahren der OberräUie illegal gewesen
sich von den Obej icilheu
seinem vom russischen Minister
sei.
welche
wählen,
LiuLci.sluLz,Leu
Nach den ürundgesetzeu des Landes hatten
lobenswerth,
dass
man auf den Herzog
seinen Todfeind
zn
Wochen.
Tin
das
wenig Rücksicht nahm denn so weit
so
machte,
seinem Minister
brachte die Kabale den damaligen
sie unstreitig
Indess war es doch nicht
Recht, die vacanten Stellen zu besetzen.
und
f^efallig
Hauptmann Howen
in
einigen
obei latiilichen Oollegium befand sich ein SOjäliriger
Greis, der Überburggraf von Sass
welclit
Diesen Umstand und
ganz taub war.
.^i
t
sein
liou
seit vielen Jaliren
hohe^s
Alter benutzte
Dei- alte man anfangs, um ihn zur Abdankung zu veranlassen Mann war aber zu weltklug, als dass er, ohne für sich und seine
Familie vorher recht reichlich gesorgt
Man
musste ihm
zu
haben,
hätte
abgehen
Arrendegut Gross-Autz, welches er schon lauge besass, noch auf einige Jahre zusichern, man musste ihm versprechen, seinen ältesten Solin, den damaligen
sollen.
das
fürstliche
Oandauschen Hauptmann, sobald Howen in das oberräthliche Collegium eingetreten wäre, zum Überhauptmann in Goldingen zu befördern, endlich für seinen zweiten Sohn eine ganz neue Stelle, die eines Oberforstmeisters, ohne Wissen und Willen des Herzogs, aber auf dessen Kosten, mit einer Gage von 1000 Rthl. zu errichten.
8^
Amt
Nach Bewilligung
Mittlerweile verordneten, bisheriges
alles dessen legte der alte Sass endlich
nieder.
war Howen, nachdem
dass kein Officiant
Amt
er,
nm
avanciren
wirklich verwaltet hatte,
den Gesetzen, welche
sollte,
der nicht sein
Genttge zn leisten, als
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Carl i^'erdiuand vou Kuteuberg.
Haoplniaim
in
Schrunden
Gerichte eröffuet ^le^
^
ei
>lorbeneii
erwahuteit
und
introducirt
sofi^leich
betordcit
zum Schein
Obeihaupluianiis zu diesem letzt-
woixlen.
Auch
Hess
Ivier
sofort einluiireu und eroftnetc die Gerichtssitzungen,
sogleich
^Nieder
Gesetzen
zu
um
er
sich
dieselben
er nun auf diese Art den ward er als Laudmarschall an Oelsen, welcher Oberburggraf geworden war,
Als
lioiitireu.
üohn gesprochen
hatte,
Herrn v. das oberräthliche Collegium
Stelle des in
die
wieder geschloss^^n hatte, an Stelle
(iril(lii) berg vor dem Generalgouverneur und einer sehr zahlreichen Versammlnng im Namen seiner Collegen hielt. Keine seiner Reden
ab.
hatte ihm
und so verdienten fieitall eingebracht, als jemals zu halten Gelegenheit hatte. Ratenberg privatisirte jetzt ein Jahr lang nnd lebte fost ganz den Seinigen. Doch war er auch nicht völlig nnthfltig in ölfentliehen Angelegenheiten. Die Kaiserin hatte ihn nämlich znm Vorsitser der Oommission ernannt, welche die Forderungen an den ehemaligen Herzog untersnchen und darüber ihr Gutachten abgeben sollte. Es ist fast ttberilttssig hervorzuheben, dass er auch bei diesem Geschäfte seine ihm natarlieh gewordene Ruhe und Unparteigrossen
so
diese, die letzte, die er
lichkeit bewahrte.
Gegen Ende des Jahres 179iJ starb Katli.nuia II., und Paul I. Er gab den deutschen uini polnischen Provinzen, auch Kurland ihre alte Gerichtsverfassung wieder. Dadurch
bestieg den Thron. also
traten
die elienialif^rn
wieder
in ihre Pi/sten
Oberrftthe ein.
Den
als 1.
Glieder
des Oberhofgerichts
Februar 1797 übernalim
Rnte?i-^
berg als Laudhulmeister mit zwei Stimmen im Oberhuigerichte dir
Lande und bekleidete dieselbe bis an seint n Bald darauf kam Kaiser Paul nach Mitau und verlieh unter
erste Richterstelle im
Tod.
anderen Gratiöcatiouen
Annenorden
auch dem Landhofmeister Euteuberg
den
II. Klasse.
Unterdessen yerscblimmert,
hatte
sich
der körperliche Zustand Eutenbergs
seine Kränklichkeit
nahm immer mehr
zu.
Vom
Anfange des Jahres 1801 an hatte er fast unaufhörlich die heftigsten Sehmerzen. Im Anfange des Monats März verliessen ihn die* selben plötzlich; es trat aber eine völlige Eutkrftftung ein, welche in wenigen
Tagen seinem Leben
einem Alter von fast 60 Jahren. schlnss eines schönen Lebens.
ein
Ende machte. Er starb in Tod war der wttrdige Ab-
Sein
Er sah
ihn
lange mit Gewissheit
Yorher und hatte daher seine h&nslichen Angelegenheiten in völlige
Ordnung gebracht. Bis zum letzten Augenblicke behielt er völliges Bewnsstsein, und noch wenige Stunden vor seinem Tode erkundigte er sich nach
den neuesten Ereignissen jener Tage.
Seine Leiche
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29
Carl F«rdinaud von Rotenberg.
wurde
in
MUaa
in
einem Gewölbe abgesetzt und nachher in das
Pamilienbegr&bnis auf seinem Gate Nea-Ants QbergefQhrt.
Selten
waren bedeutende Gaben mit weniger Anmassnng verbunden, diesem Manne, dem die Liebenswflitligkeit und Festigkeit
als in seines
Charakters die Anerkennung und'Hochscb&tzung seiner Zeitgenossen and Landsleute in reichem Masse erworben hatten. Die Trauer am den Dahingeschiedenen war eine tiefe und aufrichtige von Seiten die Nachkommen bewahren Carl Ferd. und ehrendes Gedächtnis.
der Mitlebenden, aber auch Rntenberg
ein treues
0.
Boy.
\
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Aus den Wanderjahren dreier estländischer Maler.
II.
wie
ist auffällig,
\s
Ignatius dann
selir
die
die
Lust oder die Möglichkeit zu
—
umgekehrt
—
die
von Hippius und
Tagebücher
und wie
zeichnen nachlassen,
Tagebücher vernachlässigt werden, wenn das
Zeichnen und Studiren mit grossem Eifer betrieben wird. springt der Schreiber
Wochen und Monate,
ganzen Fleiss der Kunst gewidmet. verlorene gewesen
Zu den
Ueber-
so hat der Maler seinen
Greift
dass die Zwischenzeit
so erweist sich,
wenn
umständlich und ausführlich werden,
in
er
wieder zur Feder
keiner Weise ihm eine
ist.
welche zwar dem Tagebuch viel Stoff, doch dem Skizzenbuche keinen gaben, gehören die 10 Tage des Aufenthalts in Venedig und die 12 Wandertage von Venedig nach Florenz. Noch waren die Pappeln und Fruchtbäume der weiten Zeiten,
lombardischen Ebene, unbelaubt (21. März bis
welche 1.
die
Freunde durchwandern mussten,
April), ihr Blick suchte in der
Conturen der Tiroler Alpen, bis auch
diese
ihnen
von Bergen auf Thäler hinab
die Gewohnheit,
hohen Bergen emporzusehen,
—
Ferne die
verschwanden,
von Thälern zu
der Ebene nicht
wol Menschen erschienen fremdartig, kleine, misliebige Erlebnisse stimmten die Wanderer mistrauisch, und wie es allemal der fremde Typus der Gesichter erechien allzu zu gehen pflegt gleichartig, allzu unpersönlich und wirkte als Masse abstossend. Denn die Masse ist Uberall hässlich. So blieb denn das Inter-
aufkommen,
Hess den Reiz
die
:
esse
der
jungen Künstler
auf die Kunstschätze
in
den Städten
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Ans den Wandeijaliren
anpIMil
angewieeen, die ibDen Ibr Itinerario dts IVigebaeli beweist glaublich,
dass sich
— ausserordentlich
in
31
dreier estländiscber Maler.
einem Tage,
?iel
oft
in
Sie
habeik
gesehen
—
es ist
:
wie
kaam
einigen Standen des
Reiseaafenthalts die an Kirchen so reichen Städte und die an BiUlern so
reichen KircUen Oberitaliens
h'i und das
schon genannte
das
unverbrüchlicher
eine
Aufnahme,
die lierzliche
mehreren wiener Bürgerhäusern gefunden
in
bot.
«Mutterle* standen in Lust und" Leid zu ihnen, theilten jede Freude
und jede Sorge mit ihnen, grilfen oft rathend, helfend, vermittelnd Es gab kaum einen Tag, an dem nicht der Weg zu Gassers ein.
genommen wurde, Herzen die
für den
wird
den
^
Rriuneniug an diese FreundscliKt't auch für
gab Hippius später
leslzühalten,
den
und jedesmal
Namen
«
Eltern
lieben
>
Reimatsduft ihres gastlichen Hjui^^ps o^edankt.
Pinf.
In
spätt-i
seinein ältesten
';
(
Sohne
einer Zeichnung Pezolds
vou
Um
iciierationen in
sehen
der Taufe
wir
das
brave, freundlich ernste Gesieht des «Vater Pius>.
Noch
ein anderer Kreis
durch dessen Einführung
Haus der K n r damals auf der Höhe ihres ihre Werke fast vergessen, ürt'net,
das
hatte
auch o
1
den i
n e
si
P
i
c
literärischen in
zuerst Ignatius,
Ii
später
beiden anderen Freunden Ii
1
e
r.
Uulimes.
Jetzt
jener Zeit aber waren
:
hat
Schriften der
Romane
man
«Die Be-
lagerung von Wien», «Die Schweden vor Prag», «Agathokles» geschichtliche
ge-
Frau stand
Diest;
u. a.
ausserordentlich geschätzt und gelesen.
Frau Karoline Pichler sind
in
Die 60 Bäudchen erschienen:
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Ans den Wandeijahren anf ihre
Productivitftt
41
dreier estUndischer Maler.
nnd anf die Anfnahne, welche die Erzftblnngen Den Freunden ihres
fanden» lassen sich daraus Schlösse ziehen.
fl&nses aber war Earoline Pichler nicht die sondern
stellerin,
dne
Frau.
freiradliche
verstftndige,
«Die Welt,»
bertthmte
Schrift-
matierlich sorgende,
alleseit
Iguatias
schreibt
seinen Eltern,
nnd verehrt diese seltene Frau als eine der ersten Schriftaber nnr wenige wissen es, welche vortreffliche Mutter, welcli eine Grattin und Hansfrau, welche Freundin sie ist, was man so selten bei den gelehrten Frauen beisamraen findet, und was nur durch eine so liebenswürdige Anspruchslosigkeit, € nebatzt
stellerinnen ihrer Zeit,
als die Fichler
geftihlt
Bin
werden kann.»
veriiiiigL
sie besitzt,
solchem Verkehr
In
(
Est. 28.
und Ignatius
hatten Pezold
und nicht allzu grosse Eile empfunden, Wien zu
1829.)
wohl
sich
ver lassen.
Zwischenfall, den Hippins nur andeutet und Pezold in seinen
Briefen nicht erwähnt, scheint Ignatius zu rascher Abreise gedrängt
zu haben, gerade zu
einer Zeit,
wo auch
Italien zu festem Eniscliluss geworden
Künstler,
der nicht
in
ergänzt hat? schreibL er
der Untenu'liniung trat
Italien in
ein
f
fürchteten
in
Pezold die Reise nach
Was
war
Nachriciit aus
der Heimat.
ein
Aber
r
er von einem der anstrengenden
Umgebung Wiens zarückgekehrt. seine Gesundheit. Da brachte ein
Die
die
für
heute
Briefe an seinen Bnidt
Landsmann, Pastor .Tannau, ihm genauere, In Jahresfrist
war
Freunde
durchreisender
ihn tipf
zugleich einzig überlebende Bruder seines Vaters, St.
ist
nicht dort seine Studien
entscheideudes Hindernis entgegen.
Aiigegritlen und aulgeregt Anstiiit^e
gewesen,
inctn
in
war.
der
erschütternde älteste
und
der Pastor von
Bartholomäe Sigismund Pezold, mit Hinterlassung von 18 Kindern Zu seinem Nachfolger war sein ältester Sohn Sigismund
gestorben.
Georg vocirt, der im Begriffe stand, sich einen eigenen Hausstand zu gründen und seinen jüngeren Geschwistern eine Hilfe zu sein. Noch ehe der junge Pastor seine Braut heimgeführt, war er dem Nervenfieber anheimgefallen. Das kinderreiche, allzeit fröhliche Pfarrhaus von Bartholomäe, das auch anderem Angnst Fezold die eigentliche, verwandtschaftliche Heimat gewesen wal*, war nun zersprengt und zu grossem Theil in schwere Sorge gerathen. Die Erwachsenen des Hauses nahmen natttrlich die Sorge fttr die Jüngeren anf sich, aber nicht ohne grosse Opfer an ihrem eigenen Fortkommen: das so reich gesegnete Hans war zerstört. Die genaueren Mittheilnngen des Pastors Jannau Qher dieses Gnglflck übten einen so tiefen Eindruck anf Angnst Pezold, dass
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Aus deu Wauderjahreu
42
draier estiMdischer Maler.
er sie später als Ursache einer
Er
ihn
Ausgang er nar
Nervenfieber, dessen glücklichen
Anlage und
der
treuen
Eintritt der
der
Pflege
Ausserordentlich rührend sind
dem
packenden Krankheit ausah.
nach langem Ankämpfen gegen die Krankheit an einem
befiel
seiner kräftigen
danken
zu
Gassers
hatte.
die ersten Briefe,
welche er nach
Qenesdng an seine Geschwister
in Estland richtet.
Obgleich er in den wenigen lichten Augenblicken seiner Krankhdt,
vie in allen Phantasien sich mit dem Todesgedanken vertraat geliatte, jnbelt er bell auf, als er am 13. Mai, am ersten Mai
macht
alten Stils,
den ersten
Gang
in den Prater machen und dort anf
Im Verlauf der Genesung waiihm nun sur Gewissheit geworden, dass er nicht heimkehren dflrfe, ohne ein wirklicher Maler geworden zn sein, ohne das fiir jene Zelt nothwendige Studium in Italien fortgeführt zvl haben. Gegen jedes Fieber, gegen jede Krankheit glaubte er sich fortan frischem Basen sich sonnen kann.
—
gefeit.
Die
von Wien nach
fieise
birge und des Krain
fällt
Venedig schildert Ignatius in
Der Unterschied der
seinem Tagebuch nur kurx.
ihm unerfreulich
steirischen
anf,
erst
Ge>
der Blick
von dem Bars anf das adriatiscbe Meer entsttckt beide Freunde. Mit den Lenten, die in der Tracht den Bussen ahnein, verständigt sich Pezold in russischer Sprache, was um so befremdender Ist,
—
da er
—
auf der Schule aus dem russischen war und daher wol sehr wenig von der .Vach Hippius hatte Eggink um sein Russisch
wie wir wissen
Unterricht ausarcarolo aber gab ihr den Rath, sich
—
ein
das auf der
Wanderung
1817 entstanden
ist:
kleines Reiseerlebnis,
«Die
das
—
wol dem Lande Italien, seiner Kun.st
nnd seinen Schönheiten eine Huldigung darbringt, aber hoher noch die
Sanftmuth der deutschen Madchen und das üliick
preist,
der
Liebe eines solchen gewiss zu sein.
Auch
Ignatius weiss von dpr Antipathie der Mautuaner gegen
Franzosen zu belichten. Weil die Reisenden französisch sprachen, tanden sie in mehreren Gasthöfen keine Unterkunft erst als sie
die
—
sich italienisch als
Deutsche legitimirten, eine gute.
In Florenz trennten sich grosse
die Freunde.
Arbeit begonnen, wol die
Ignatius hatte eine
Oopie eines grösseren
Bildes.
Pezold trieb es nach zweimonatlichem Aufenthalt weiter nach Rom.
Albacdni hatte
sich
schon
früher
von
ihnen
getrennt, pesold
wanderte jetzt allein.
BttlUicli«
IfflMiMekrifL IIm4 XXXTII, H«ft
1.
4
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Koloniaipolitische Streifzuge ins siebzehnte Jahrhundert,
im Lichte des
iclit,
herzogliclieu Archivs in Mitau.
zeigt sich die Grösse einer Persönlichkeit,
nur darin
•liiss
sie
verwerthen versteht
—
aucli darin liegt
welt Bahnen gewiesen zu haben, die sich erwies.
zu empfinden und za
den Pulsschhig ihrer Zeit
sie
Ein solches Vorauseilen,
etwas Gewaltiges, der Mitzu gehen noch zu schwach ein
solches Ueberspringen
der in der Zeit selbst begründeten Schranken hat oft etwas Tragisclies
im Gefolge, aber kommende Geschlechter, die den Zielen, die
jene längst unter der Erde ruhenden
gekommen, verehren
—
in
Männer
sich gesteckt,
näher
ihnen die geistigen Urheber ihrer Erfolge.
Seit einem Jahrzehnt
etwa
ist
Deutschland
in
die
Reihe der
Kolonialstaaten eingetreten, an Afrikas heisser Küste, wie auf den
Eilanden der australischen Welt des jungen Reiches Zeichen,
weht
stolz
und glückverheissend
und trügt nicht Alles,
so winkt
—
mögen auch vorübergehende Miserfolge hier wie überall in der eine schöne Zukunft. Welt nicht ausbleiben Allbekannt ist es, dass schon Brandenburgs grosser Kurfürst Friedrich Wilhelm den
—
Nutzen und Voitheil überseeischer Kolonien erkannte, dass aber und Franzosen, wie die Unfähigkeit der in die Tropen entsandten brandenburgschen Beamten die jungen Pflanzungen die ersten Stürme nicht überstehen Hess. Man pflegt die Versuche des grossen Kurfürsten zur Gründung einer Seemacht, wie zur Anlage von Factoreien in die letzte die Handelseifersucht der Holländer
Hälfte seiner Regierung
zu
verlegen
:
an
den
Namen Benjamin
Raules lG7ö knüpft sich die Idee einer preussischeu Flotte, deren
51
Koloaiaipolitiscbe StreifzUge ius siebzeUute Jüluhundert.
das «Brandenburger
Schiffe:
«Karprins» und an
Guineas
Küste
Es
soll in
riefen.
Wappen*
und der cMohrian», der Dragane» 1680 und 1681 ersten Handelsniederlassungen ins Leben
die «Brandenburgische die
Nachstehendem gezeigt werden, dase die ersten
kolonialpoHtischen Versacbe Brandenburgs
&8t frtther
zn setzen sind,
nm
ein Menschenalter
kanm zehn Jahre nach seinem
dass
Regierangsantiitt bereits grossartige PIftne den ansserordentllchen
Hann beschftfUgten. Die alte Hansestadt Hamburg, einst neben der Travestadt des gewaltigen «Nordbunds Fflrstin». war wahrend der Wirren des grossen dreissigj ährigen Krieges tief gesunken der einst so imponirende Handel derselben war fl&st ganz erloschen, der Unternehmungsgwst gesunken, nur noch nach Nordspanien und Portugal gingen '
:
spärliche
eben der
Die Niederländer, deren
KautTahrer unter Segel.
politi-
Unabhängigkeit der Friede von Münster uiul Osnabrück sofeierlich sanctionirt hatte, waren die unbestrittenen Herren
sche
Meere geworden, von denen miibe werbende Kräfte fern zu Hauptbestiebfu war. Es ist im Hinblick aut diese Verhältnisse als ein Zeichen
halten ihr
sich
wieder regender Thatkrait und Unternchniungssinnes aufzufassen,
dass
zu Beginn des Jahres 1651 gerade in
tauchte,
Hamburg
der Gedanke auf-
durch Gründung einer Ostindischen Compagnie der erdrücken-
den hollftndiscben
Plan ausging, nnr, dass
Von wem der
Concurrenz entgegenzuarbeiten.
entzieht sich heute unserer Kenntnis,
wir
der Rath der Stadt das Project in wohlwollende
sog und die Sache zu der seinigen zu
machen besdiloss.
ersehen
Erwägung Nachdem
Persohnen Nachricht eingenommen», iMchloss die Bürgerschaft czu beforderung des Kanfhandels und es zu Nahrung und Seefahrt dienlich und nUtzlicb, unsern