Avantgarde und Revolution: Mexikanische Lyrik von López Velarde bis Octavio Paz (1919-1949) 9783964564320

Los textos muestran tristeza por lo perdido, entusiasmo por la revolución, tormentas de imágenes, sarcasmo y crítica, so

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German Pages 180 [248] Year 2019

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Table of contents :
Inhalt
Vorbemerkung
Avantgarde und Revolution in der mexikanischen Lyrik
Bibliographie
Mexikanische Lyrik von López Yelarde bis Octavio Paz
El viejo pozo / Der alte Brunnen
Tierra mojada ... / Feuchte Erde
El retorno maléfico / Heimkehr unter bösem Stern
Nocturno alterno / Wechselndes Nachtstück
Haikais / Haikus
Prisma / Prisma
Esquina / Straßenecke
Piedra de sacrificios, 21 / Opferstein, 21
Yrbe. Super-poema bolchevique en 5 cantos / Yrbe. Bolschewistisches Supergedicht in 5 Gesängen
Pentagrama / Pentagramm
Puerto/Hafen
Almanaque / Kalender
El mar / Das Meer
Canción desde un aeroplano / Lied von einem Flugzeug aus
Paisajes / Landschaften
Tianguis / Indianermarkt
Destierro, I / Entgrenzung, 1
Destierro, II / Entgrenzung, II
Naipe / Spielkarte
Historia Sagrada / Heilige Schrift
Nocturno eterno / Endloses Nachtstück
Sueño de amor / Liebestraum
Del pasado remoto / Aus uralter Zeit
Horas de junio / Junistunden
Raíz del hombre, XV / Urgrund des Menschen, XV
North Carolina Blues / North Carolina Blues
Never ever / Never ever
Nostalgia de la nieve / Sehnsucht nach Schnee
El barco / Das Schiff
Muerte sin fin / Endloser Tod
Nocturno de la alcoba / Nachtstück des Schlafgemachs
Los hombres del alba / Die Bewohner des Morgengrauens
Conversación en un bar / Unterhaltung in einer Bar
Razones para morir / Gründe zu sterben
Anhang
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Avantgarde und Revolution: Mexikanische Lyrik von López Velarde bis Octavio Paz (1919-1949)
 9783964564320

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Avantgarde und Revolution Mexikanische Lyrik von Lopez Velarde bis Octavio Paz Spanisch-Deutsch Eine Anthologie Herausgegeben, eingeleitet und kommentiert von Klaus Meyer-Minnemann Übersetzung Maralde und Klaus Meyer-Minnemann

YERVUERT

©Verlag Klaus Dieter Vervuert, Frankfurt/Main Printed in Germany 1987 Alle Rechte vorbehalten

Cip-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Avantgarde und Revolution: mexikan. Lyrik von López Velarde bis Octavio Paz; span.-dt. e. Anthologie / hrsg., eingeleitet u. kommentiert von Klaus Meyer-Minnemann. Übers. Maralde u. Klaus Meyer-Minnemann. — Frankfurt/Main: Vervuert, 1987. ISBN 3 - 9 2 1 6 0 0 - 5 2 - 9 NE: Meyer-Minnemann, Klaus (Hrsg.); López Velarde, Ramón (Mitverf.)

5

Inhalt Vorbemerkung

9

Avantgarde und Revolution in der mexikanischen Lyrik

11

Bibliographie

24

Mexikanische Lyrik von López Yelarde bis Octavio Paz Ramón López Velarde El viejo pozo / Der alte Brunnen

30

Tierra mojada ... / Feuchte Erde

36

El retorno maléfico / Heimkehr unter bösem Stern

40

José Juan Tablada Nocturno alterno / Wechselndes Nachtstück

46

Haikais / Haikus

48

Manuel Maples Arce Prisma / Prisma

52

Germán List Arzubide Esquina / Straßenecke

56

Carlos Pellicer Piedra de sacrificios, 21 / Opferstein, 21

62

6 Manuel Maples Arce Yrbe. Super-poema bolchevique en 5 cantos / Yrbe. Bolschewistisches Supergedicht in 5 Gesängen . . . 66 Salvador Gallardo Pentagrama / Pentagramm

72

Puerto/Hafen

74

Salvador Novo Almanaque / Kalender

78

El mar / Das Meer

82

Manuel Maples Arce Canción desde un aeroplano / Lied von einem Flugzeug aus

88

Carlos Pellicer Paisajes / Landschaften

94

José Juan Tablada Tianguis / Indianermarkt

98

Jaime Torres Bodet Destierro, I / Entgrenzung, 1

102

Destierro, II / Entgrenzung, II

107

Gilberto Owen Naipe / Spielkarte

110

Historia Sagrada / Heilige Schrift

112

7 Xavier Villaurrutia Nocturno eterno / Endloses Nachtstück

114

Bernardo Ortiz de Montellano Sueño de amor / Liebestraum

118

Salvador Novo Del pasado remoto / Aus uralter Zeit

122

Carlos Pellicer Horas de junio / Junistunden

128

Octavio Paz Raíz del hombre, XV / Urgrund des Menschen, X V . . . . 132 Xavier Villaurrutia North Carolina Blues / North Carolina Blues

134

Salvador Novo Never ever / Never ever

138

Xavier Villaurrutia Nostalgia de la nieve / Sehnsucht nach Schnee

142

Octavio Paz El barco / Das Schiff

144

José Gorostiza Muerte sin fin / Endloser Tod

150

Xavier Villaurrutia Nocturno de la alcoba / Nachtstück des Schlafgemachs. 154 Efraín Huerta Los hombres del alba / Die Bewohner des Morgengrauens

158

Octavio Paz Conversación en un bar / Unterhaltung in einer B a r . . . 164 Razones para morir / Gründe zu sterben

168

Anhang Salvador Gallardo (1893-1981) José Gorostiza (1901-1973) Efraín Huerta (1914-1982) Germán List Arzubide (*1898) Ramón López Yelarde (1888-1921) Manuel Maples Arce (1898-1981) Salvador Novo (1904-1974) Bernardo Ortiz de Montellano (1899-1949) Gilberto Owen (1905?-1952) Octavio Paz (*1914) Carlos Pellicer (1899-1977) José Juan Tablada (1871-1945) Jaime Torres Bodet (1902-1974) Xavier Villaurrutia (1903 -1950)

176 178 181 183 186 191 195 204 207 210 227 233 238 242

Vorbemerkung Diese Anthologie mexikanischer Lyrik zwischen 1919 und 1949 möchte dazu beitragen eine Lücke zu schließen, die paradoxerweise mit der Verbreitung lateinamerikanischer Literatur im deutschen Sprachraum in den letzten drei Jahrzehnten entstanden ist. In der Überraschung über die alles Gewohnte sprengende Phantasie und das Sprachvermögen der übersetzten Autoren vergaß man oft, daß sie nicht ohne Voraussetzungen und Vorbilder waren. Dem unbekannten Kontinent lateinamerikanischer Gegenwartsliteratur, der in einer Art verlegerischem Entdeckungs- und Eroberungszug präsentiert wurde, schienen nur vereinzelte Inseln namens Borges oder Neruda vorgelagert zu sein. Der Rest blieb dem Leser verborgen. Dabei hatten viele der zeitgenössischen Autoren aus Lateinamerika ihre Verankerung in der einheimischen Tradition offen bekundet. Insbesondere die Lyrik der Vanguardia und ihre engen Verbindungen zu den Avantgardebewegungen in Europa zwischen 1910 und 1950 waren als Bezugspunkte immer wieder genannt worden. In ihnen hatte sich die Befreiung der Sprache und der Einbildungskraft von den Bindungen alltagspraktischen Handelns, die an der neuen Literatur auffiel, zum ersten Mal radikal vollzogen. Unter den Vertretern der lateinamerikanischen Avantgardebewegungen, die mit dem Chilenen Vicente Huidobro im zweiten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts beginnen, haben die mexikanischen Autoren bei uns am wenigsten Beachtung gefunden. Abgesehen von Octavio Paz, der am Ende ihrer Reihe steht und dessen Werk in umfangreicher Auswahl auf Deutsch vorliegt, wurde keiner von ihnen je einzeln vorgestellt. Auch in Anthologien sind sie nur spärlich vertreten. Als erster überhaupt hat José Friedl Zapata der mexikanischen Lyrik des zwanzigsten Jahrhunderts eine zweisprachige Sammlung gewidmet {Moderne Lyrik aus Mexiko, Stuttgart: K. Thienemanns Verlag 1984). Sie umfaßt jedoch einen größeren Zeitraum als unsere Anthologie. In der Auswahl gibt es keine Überschneidungen.

Die hier aufgenommenen Gedichte wurden zum ersten Mal ins Deutsche übersetzt. Damit ihre zeitliche Abfolge deutlich wird, sind sie chronologisch nach dem Jahr ihres Erscheinens angeordnet. Der Wortlaut folgt späteren Ausgaben, wenn die Erstdrucke ihnen entsprechen oder nicht zugänglich waren. Im Anhang finden sich in alphabetischer Reihenfolge knappe biographische und literar-historische Würdigungen der einzelnen Autoren, die jeweilige Werkbibliographie, eine Auswahl aus der Sekundärliteratur und Kurzkommentare zu den Gedichten. Eine übergreifende, selektive Epochenbibliographie steht am Schluß des Essays über Avantgarde und Revolution in der mexikanischen Lyrik, der die Anthologie einleitet. Für die freundliche Genehmigung zum Abdruck der Gedichte danken wir der Dirección General de Publicaciones der Universidad Nacional Autónoma de México, dem Fondo de Cultura Económica und Octavio Paz, der bereitwillig, wenn auch nicht leichten Herzens seine Zustimmung zum Abdruck der frühen Fassungen seiner Gedichte gab. In einigen Fällen blieb der Versuch einer Kontaktaufnahme zu den Rechtsinhabern oder -nachfolgern ergebnislos. Eine Anthologie wie die vorliegende wäre ohne die freundliche Mithilfe zahlreicher Personen nicht zustande gekommen. Der Dank, den wir allen schulden, richtet sich insbesondere an Margit Frenk vom Instituto de Investigaciones Filológicas (Centro de Estudios Literarios) der Universidad Nacional Autónoma de México und an Aurora Ocampo sowie Patricia Ortiz, die uns ihre Datensammlung für die geplante Neuauflage des Diccionario de Escritores Mexicanos öffneten. Er geht ferner mit besonderer Herzlichkeit an Carolyn Klinker und José Ma. Navarro in Hamburg.

Avantgarde und Revolution in der mexikanischen Lyrik. Die historischen Avantgardebewegungen dieses Jahrhunderts, die literarisch mit dem Futurismus und Kubismus beginnen und in den lärmenden Aktionen Dadas einen frühen Höhepunkt erreichen, treten in Mexiko zum ersten Mal mit dem Estridentismo auf. Ende 1921 veröffentlicht ein junger Jurastudent aus Papantla namens Manuel Maples Arce als Wandanschlag im alten Zentrum von Mexiko-Stadt ein Manifest mit dem Titel Actual— N° 1. Hoja de Vanguardia (Aktuell — Nr. 1. Avantgardeblatt). Dieser Maples Arce hatte gut ein Jahr zuvor in Veracruz einen heute unauffindbaren Band spätmodernistischer Gedichte mit dem Titel Rag. Tintas de abanico. (Rag. Fächertusehen) publiziert, aber schon seit einiger Zeit über die Notwendigkeit eines Bruchs mit den Inhalten und der Sprache des zum Klischee erstarrten hispanoamerikanischen Modernismo nachgedacht. Der Modernismo, gegen den er sich wandte, war nicht mehr jene herausfordernde, sprachlich revolutionäre Dichtung, mit der in Hispanoamerika ab 1885 der europäische Symbolismus auf kongeniale Weise unter Einschmelzung von Elementen der europäischen, insbesondere der französischen Romantik, Baudelaires, des Parnasse und der Décadence in die einheimische Literatur aufgenommen worden war, sondern eine sehr viel stillere Version des ursprünglichen Ansatzes, mit der unter anderen der mexikanische Lyriker Enrique González Martínez in einem berühmten Gedicht von 1911 dem Schwan, einst Wappentier des Modernismo, zugunsten des „weisen Uhu" symbolisch „den Hals umgedreht" hatte. Maples Arce suchte nun seinerseits mit der Dichtung von Enrique González Martínez und der durch sie begründeten literarischen Norm zu brechen und zugleich die Avantgardebewegungen seiner Zeit auch in Mexiko anzusiedeln. In der bereits etablierten Tradition der Avantgarde, die darin bis auf die Romantik zurückreichte, verstand Maples Arce das Abrükken von der spätmodernistischen Norm als radikalen Bruch und

Neuanfang, die auch die gesamte herrschende Bildungstradition einschließlich der überkommenen Sprachkonventionen in Frage stellten. Auf den Untertitel „Comprimido Estridentista de Maples Arce" (Schrillistische Tablette von Maples Arce) seines Manifests folgt der Hinweis auf „subversive Erhellungen" einiger zeitgenössischer Avantgardisten, unter denen der Begründer des Futurismus Marinetti und der spanische Ultraist Guillermo de Torre hervorstechen; dann ein, man könnte sagen, Plakattext um das Wort „Exito" (Erfolg), schließlich vierzehn Punkte nebst einer Fotografie des Autors, die ihn als Dandy zeigt. Der Plakattext verkündet als Slogans: „Tod dem Pfarrer Hidalgo" (dem Nationalhelden der mexikanischen Unabhängigkeitsbewegung zu Beginn des 19. Jahrhunderts), „Nieder mit St. Raphael, St. Lazarus", „Ecke"; „Plakate ankleben verboten". In den vierzehn Punkten werden unter vielen anderen die Forderungen erhoben: „Machen wir uns zu Mitbürgern der Welt. Es ist nicht mehr möglich, in eingefahrenen Kapiteln nationaler Kunst zu verharren. (...) Die einzig möglichen Grenzen in der Kunst sind die eigenen, unüberschreitbaren unserer marginalistischen Ergriffenheit (...) Ästhetische Scheidelinien ziehen. Kunst aus ihr eigenem und angeborenem Material schaffen, das in ihrem Umfeld fruchtbar gemacht worden ist. Nicht wieder Werte einführen, sondern sie selbst errichten. (...) Reine Dichtung schreiben, aus der alle ihr fremden und sie verfälschenden Elemente getilgt wurden (Beschreibung, Erzählung, Perspektive). (...) Eine neue Kunst verlangt, wie Reverdy bekräftigt, eine neue Syntax; deshalb ist die Bemerkung Braques richtig: Der Maler denkt in Farben, daraus leite ich die Notwendigkeit einer neuen Farbgebung ab". Hervorstechendes Merkmal des Manifests von Maples Arce war die Forderung nach Zeitgenossenschaft mexikanischer Kunst und Literatur als Teilhabe an der gesellschaftlichen, insbesondere technischen Modernität. Sie richtete sich gegen eine nationalistische ästhetische Abgrenzung, die auf autochthonen oder traditionellen, aus dem abendländischen Bildungsgut stammenden Werten beharrte. Dagegen setzte sie den Bruch und den Neuanfang, die sie

provozierend proklamierte. In ihrer Begründung freilich wiederholte sie nur, wenn auch radikaler, das Modernisierungsstreben, das schon den frühen Modernismo eines Rubén Darío und seiner Anhänger gekennzeichnet hatte und ihrer Bewegung einst den Namen verlieh. Die Literatur und Kunst sollten auf der Höhe der gesellschaftlichen, vor allem technischen Entwicklungen der Zeit stehen, ja diese womöglich antizipieren. Sie sollten einer neuen, nicht mehr dem Abbildideal verpflichteten Ästhetik gehorchen, die allein diese Aufgabe zu erfüllen schien. Von den Erscheinungsformen der modernen technischen Welt fasziniert, schreibt Maples Arce: „Die Nachrichten werden über den Telegraphen verbreitet; über den Wolkenkratzern, jenen wunderbaren, von allen geschmähten Wolkenkratzern, ziehen Dromedarwolken, und zwischen ihren Muskelfasern durchzuckt Ergriffenheit den elektrischen Fahrstuhl. Achtundvierzigster Stock. Eins, zwei, drei, vier, etc. Wir sind da. Und auf den Geraden des Turnplatzes unter freiem Himmel verschlucken sich die Lokomotiven an Kilometern". Das Gedicht „Prisma" (Prisma), das aus Maples Arces erster „schrillistischer" Gedichtsammlung Andamios interiores (Innere Gerüste) von 1922 stammt, ist ein charakteristisches Beispiel für die neuen Inhalte und die neue Schreibweise des Estridentismo. Weitere Beispiele sind Germán List Arzubides Gedicht „Esquina" (Straßenecke) aus Esquina von 1923 und Salvador Gallardos „El pentagrama eléctrico" (Das elektrische Pentagramm) sowie „Puerto" (Hafen) aus El pentagrama eléctrico von 1925. Es ist nun bemerkenswert, daß Maples Arce in seinem Manifest das im europäischen Symbolismus radikalisierte Konzept einer Dichtung aufgreift, das auf der völligen Trennung von Kunst/Literatur und Gesellschaft beruht. Dieses Konzept mußte notwendigerweise mit dem Anspruch in Konflikt geraten, dem avanciertesten Moment der zeitgenössischen gesellschaftlichen, insbesondere technischen Entwicklung adäquat zu sein, wenn ihn nicht gar zu antizipieren. Für Maples Arce und den Estridentismo stellte sich, wie für alle anderen zeitgenössischen Avantgardebewegungen, deshalb sehr

rasch die Frage, wie die neue, alles umwälzende Kunst/Literatur ohne eine radikale Umwälzung der Lebenspraxis zu denken war, oder anders gesagt, wie die neue, alles umwälzende Kunst/Literatur der Lebenspraxis zurückgegeben werden konnte. Eine mögliche Antwort auf diese Frage bestand in der entschiedenen Verbindung von künstlerisch-literarischer und gesellschaftlicher Revolution. Diese Verbindung lag in Mexiko um so näher, als hier mit der Revolution von 1910, der ersten Sozialrevolution des 20. Jahrhunderts überhaupt, ein gewaltiger gesellschaftlicher Umbruch in Gang gesetzt worden war, der unvermindert andauerte und den Vergleich mit der russischen Oktoberrevolution herausforderte. Mit Vrbe. Super-poema bolchevique en 5 cantos (Stadt. Bolschewistisches Supergedicht in 5 Gesängen) aus dem J a h r e 1924 vollzieht Maples Arce die Wendung des Estridentismo zur Mexikanischen Revolution, als deren künstlerisch-literarischer Ausdruck und Wegbereiter er sich von nun an versteht. Schon Ende 1922 hatte Maples Arce in einem Artikel erklärt, daß „die nachrevolutionären Bestrebungen, die syndikalistischen Explosionen und die tumultartigen Massendemonstrationen für unsere ikonoklastischen Wünsche ein Antrieb und für unsere inneren Erregungen eine Offenbarung waren. Auch wir konnten uns erheben, auch wir konnten rebellieren". Nun widmet er Vrbe den „Arbeitern Mexikos". 1925 geht Maples Arce als Sekretär der Staatsregierung von Veracruz unter Heriberto J a r a in die Provinzhauptstadt Xalapa. Er beruft List Arzubide als seinen persönlichen Referenten und holt zwei mit dem Estridentismo verbundene Maler zu sich. In Xalapa, wo ihnen die Regierungsdruckerei und einige öffentliche Mittel zur Verfügung stehen, kommt es zu dem für Lateinamerika einmaligen Fall einer Zusammenarbeit zwischen literarischer Vanguardia und staatlichen Institutionen. Als J a r a 1927 gestürzt wird, bedeutet das auch das Ende des Estridentismo. Maples Arces Poemas interdictos (Verbotene Gedichte) mit der zentralen „Canción desde un aeroplano" (Lied von einem Flugzeug aus) sind die letzte literarische Äußerung dieser Bewegung.

Literarhistorisch gesehen stammen die ersten Zeugnisse avantgardistischen Schreibens in Mexiko jedoch nicht von den Estridentisten, auch wenn diese die internationale künstlerisch-literarische Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts als Bewegung zuerst repräsentieren. Vor ihnen hatten bereits zwei Lyriker, jeder auf seine Weise, Anschluß an die zeitgenössische Avantgarde gesucht: Ramón López Yelarde und José Juan Tablada. Der erste, der jung starb, stammte aus dem Bundesstaat Zacatecas im nördlichen Zentralmexiko. Er begann als Dichter der mexikanischen Provinz, die er mit den Inhalten und Ausdrucksmitteln einer hispanischen Variante der Heimatkunst evozierte. Mit den vierzig Gedichten von Zozobra (Beklemmung)aus dem Jahre 1919 jedoch, zu denen „El viejo pozo" (Der alte Brunnen), „Tierra mojada" (Feuchte Erde) und „El retorno maléfico" (Heimkehr unter bösem Stern) gehören, gibt er diese Orientierung zugunsten größerer Komplexität auf. Zwar verrät seine spannungsvolle Sicht von Eros, Spleen, Religion und Tod noch die Traditionen der Fin de siècle-Literatur; in seinen Verfahren der Ironisierung läßt er aber deren Brüchigkeit bereits deutlich erkennen. Die Sprachverwendung seiner Gedichte mißt der Ausdruckseite eine Selbständigkeit bei, die als ein Erbe des europäischen Symbolismus die Avantgardebewegungen allgemein kennzeichnete, vor Zozobra in Mexiko jedoch ohne Beispiel war. Der zweite Autor war ein umtriebiger Geist, der um 1895 in Mexiko den Modernismo mitbegründet hatte und nach vielen Wechselfällen in ständiger Suche nach Neuem auf die europäische Avantgarde gestoßen war. In Li-Poy otros poemas (Li-Po und andere Gedichte) aus dem Jahre 1920, dem „Nocturno alterno" (Wechselndes Nachtstück) entnommen ist, experimentiert er mit neuen, insbesondere auch visuellen lyrischen Formen, deren aus der Antike und dem Barock stammenden Tradition Apollinaire in den Calligrammes (1918) erneuert hatte. Tablada ist der Begründer des Haikus in spanischer Sprache, dessen Möglichkeiten er in Un día ... Poemas sintéticos (Eines Tages ... Synthetische Gedichte) aus dem Jahre 1919 und El jarro de flores. Disociaciones líricas (Der Blumenkrug.

Lyrische Trennungen) von 1922 erkundet. Seine Sammlung La feria (Der Jahrmarkt) aus dem Jahr 1928, aus der das Gedicht „Tianguis" (Indianermarkt) stammt, stellt auf ihre Weise eine Konfrontation mit der autochthonen mexikanischen Wirklichkeit dar, die vor der Revolution für ihn nicht zu existieren schien. Bei López Yelarde, der anfänglich ein Parteigänger der Revolution gewesen war und erst durch die Erfahrung der fortgesetzten Gewalt eine distanzierte Haltung zu den gesellschaftlichen Umwälzungen einnahm, verbindet sich die dem Provinzthema eigene nostalgische Verklärung der Vergangenheit mit der (allerdings stets ironisch gebrochenen) Trauer um die Zerstörungen, die das revolutionäre Geschehen bewirkte. Bei Tablada, der mit der Konterrevolution des Generals Huerta zusammenarbeitete und bei deren Zusammenbruch nach New York fliehen mußte, steht die Entdeckung einer grellbunten mexikanischen Welt, die gleichwohl nie ins Touristische abgleitet, in bewußtem Gegensatz zu den Gedichten seiner modernistischen Frühzeit. Folgenreicher als der Estridentismo und auf andere Weise wirksam als die Mexikanität López Velardes waren die sogenannten Contemporáneos (Zeitgenossen). Diese Gruppe von Autoren, die nach einer ihrer Zeitschriften benannt wurde und sich nie zu einer Bewegung verdichtete, entsteht in den zwanziger Jahren. Zu ihr gehören unter anderen Salvador Novo, Jaime Torres Bodet, Bernardo Ortiz de Montellano, Xavier Villaurrutia, José Gorostiza und der Essayist Jorge Cuesta. Ihr Ziel war, wie das der Estridentisten, eine Teilhabe an der zeitgenössischen Modernität. Ihre Bezugspunkte freilich lagen anderswo. Der bilderstürmerische Bruch und Neuanfang der Estridentisten, der in Mexiko nur López Velarde und Tablada ausgenommen hatte, fiel bei ihnen weit gemäßigter aus. Ihre ästhetischen Anregungen bezogen sie aus der Philosophie Ortega y Gassets und der Poetik der Nouvelle Revue Française. Im Falle Novos, der eine Anthologie zeitgenössischer nordamerikanischer Lyrik herausgab, kam die angelsächsische Dichtung hinzu. Die Ironie und der Lakonismus seiner frühen

Werke unterscheiden sich, wie die Gedichte „Almanaque" (Kalender) und „El mar" (Das Meer) aus XX Poemas (XX Gedichte) von 1925 zeigen, deutlich von der exaltierten Sprachverwendung der Estridentisten. Nachdem diese sich als Bewegung aufgelöst hatten, was neben den genannten äußeren Gründen vielleicht auch auf die im mexikanischen Kontext besonders augenfällige Diskrepanz zwischen dem Anspruch auf lebenspraktischer Wirkung und der avantgardistischen Zertrümmerung der Alltagssprache und ihrer Wirklichkeitserfassung zurückzuführen ist, waren Umwälzung der Gesellschaft und ästhetische Umwälzung weitgehend wieder auseinandergefallen. Die Contemporáneos sahen sich bei ihren Aktivitäten wie der Gründung der Zeitschriften Ulises (1927 —1928), Contemporáneos (1928 — 1931) und Examen (1932) einem wachsenden Legitimationsdruck nicht zuletzt auch aufgrund der Zielsetzungen der mexikanischen Wandmalerei ausgesetzt, der von ihnen die Rechtfertigung ihrer Ästhetik im Rahmen der Mexikanischen Revolution forderte. In dieser Forderung war mittlerweile der Anspruch enthalten, daß Kunst und Literatur der Revolution den Verstehenshorizont der behaupteten revolutionären Trägerschichten, Arbeiter und Bauern, entsprechen müsse, was auf eine Abschaffung der Avantgardeästhetik hinauslief. Das Beharren auf ihren Uberzeugungen führte bei den Contemporáneos schließlich zu einer künstlerisch-literarischen Marginalisierung, die der sozialen und politischen Karriere einiger ihrer Vertreter allerdings keinen Abbruch tat. Unabhängig von den Contemporáneos und in nur gelegentlicher, lockerer Verbindung mit ihnen entwickelt sich das Werk von Carlos Pellicer. Seine frühen politischen Aktivitäten als Studentenvertreter, die ihn an die Seite von José Vasconcelos und dessen antiimperialistischem Panamerikanismus führen, schlagen sich auch in seiner Lyrik nieder, wie Piedra de sacrificios (Opferstein) aus dem Jahre 1924 beweist. Einige seiner Gedichte der Folgezeit wie „Paisajes" (Landschaften) aus dem 1927 erschienenen Band (Zwanzig nach) zeigen jedoch jenseits vom politischen Engagement die

Respektlosigkeit und spielerische Unbekümmertheit der zeitgenössischen Avantgardebewegungen. Vor allem in seinem späteren Werk scheint Pellicers tiefe Verwurzelung im christlichen Glauben immer wieder durch und bestimmt vielleicht auch die ekstatische Sprache des abgedruckten Gedichts „Horas de junio" (Junistunden) aus der Sammlung Hora de junio (Junistunde) von 1937. Anders als die Contemporáneos gerät er mit seinem Werk nicht in eine zeitweilige öffentliche Abseitsstellung zu den herrschenden Normen in Kunst und Literatur. Die zunehmende Isolierung, in die die Contemporáneos durch den an sie gerichteten Anspruch geraten, ihr Werk in den propagandistischen Dienst der Mexikanischen Revolution zu stellen, trägt vielleicht mit dazu bei, die von ihnen favorisierte Autonomie von Kunst und Literatur in strenger Abgrenzung zur Lebenspraxis zu überdenken. Jedenfalls ist bei einigen von ihnen bald ein deutliches Interesse für die Manifestationen und Zielsetzungen des Surrealismus, der ja die Grenzziehungen zwischen Leben und Kunst aufzuheben angetreten war, spürbar. Dieses Interesse entsteht folgerichtig, wenn man bedenkt, daß der Surrealismus, anders als die für die soziale Umgestaltung geforderte Instrumentalisierung von Literatur und Kunst, eine Revolutionierung des Lebens (auch) über eine ästhetische Revolution anstrebte (auf die er historisch schließlich beschränkt blieb). Bei Torres Bodet zeigt sich das Interesse für den Surrealismus in den a-logischen Gedichten seiner Sammlung Destierro (Entgrenzung) von 1930; bei Gilberto Owen in Prosatexten wie „Naipe" (Spielkarte) und „Historia Sagrada" (Heilige Schrift) aus dem Band Linea (Linie) von 1930; bei Bernardo Ortiz de Montellano schließlich in der poetischen Verarbeitung von Traumprotokollen, für die der „Sueño de amor" (Liebestraum) aus Sueños (1933) ein Beispiel bietet. Zeugnisse für ein Experimentieren mit dem automatischen Schreiben gibt es mit „Never ever" (Never ever) allerdings nur von Salvador Novo, der diesen Text auf1935 datiert, aber erst drei Jahre später veröffentlicht. Aus dem Jahre 1934, doch erst 1955 publiziert,

stammt Novos Abrechnung mit dem Widerspruch zwischen dem pathetischen Sprechen über die Revolution, das die mexikanische Öffentlichkeit erfüllte, und der politisch-sozialen Wirklichkeit, dem er in den ätzenden Versen seiner Poemas proletarios (Proletarische Gedichte) Ausdruck verleiht. Ihnen ist der Auszug aus „Del pasado remoto" (Aus uralter Zeit) entnommen. Anfang der dreißiger Jahre beginnt Xavier Villaurrutia seine „Nocturnos" (Nachtstücke) zu schreiben, die er 1938 unter dem Titel Nostalgia de la muerte (Todessehnsucht) zusammenfaßt und später noch erweitert. Auch bei ihm ist die Auseinandersetzung mit dem Surrealismus spürbar, von dem ihn aber der bewußte Formwille seiner Gedichte trennt. Durch die kunstvolle Einbeziehung der Ausdrucksseite, für die er auf barocke Sprachverwendungsweisen zurückgreift, entsteht bei Villaurrutia oft eine Spannung zwischen Inhalt und Form, durch die die Themen der Liebe, des Todes, des Traums, der Einsamkeit und der Nacht in seinen Gedichten eigentümlich bestimmt werden. Diese Spannung, die in die Erkenntnis der Nichtigkeit der Form mündet, entwickelt sich dann zu einem zentralen Thema in José Gorostizas Langgedicht Muerte sin fin (Endloser Tod) aus dem Jahre 1939. Dieses Gedicht bildet neben Villaurrutias Nostalgia de la muerte den Höhepunkt der Lyrik der Contemporáneos. Es stellt zugleich jedoch auch ihren Schwanengesang dar, wenn man die zunächst verfochtene Orientierung am Ideal einer reinen, autonomen Kunst als Maßstab nimmt. Die eigentlich literarische Wirkung der Contemporáneos setzte freilich erst in den fünfziger Jahren ein, als eine Reihe von jüngeren Autoren, die nicht mehr von dieser Anthologie erfaßt werden, sich der engen Instrumentalisierungsforderung an die Literatur entzog und ihnen verstärkt zuwandten. Die Contemporáneos heute abschätzig als Lyriker der Kunst um der Kunst willen zu apostrophieren, wogegen allein schon ein Gedicht wie Villaurrutias „North Carolina Blues" spricht, hieße lediglich Polemiken der zwanziger und dreißiger Jahre wiederholen, die endgültig schal geworden sind. Tatsächlich erscheinen die

Contemporáneos dem späteren Blick als die folgenreicheren Autoren. Als sie ihre Hauptwerke veröffentlichen, die zunächst nur in engsten Zirkeln Beachtung finden, schickt sich schon eine jüngere Generation an, die literarische Bühne zu betreten. Sie wird später in Anlehnung an die Benennung der Contemporáneos nach einer ihrer Zeitschriften als „Grupo de Taller' (Werkstatt-Q,ruppe) angesprochen werden. Bei ihr, zu der unter anderen Octavio Paz und Efrain Huerta gehören, kann man noch weniger als bei den Contemporáneos von einer homogenen Bewegung sprechen. Deutlich ist, daß sie von den Auseinandersetzungen um die Funktion von Kunst und Literatur in der Gesellschaft von Anfang an geprägt wird und ihren Weg zwischen Freiheit und Engagement sucht. Als Paz und Huerta ihre ersten Gedichte veröffentlichen, war das politisch-soziale und literarische Umfeld in einer dramatischen Umwandlung begriffen. Die frühen dreißiger Jahre leiten in Mexiko einen Prozeß ein, der in der Wahl von Lázaro Cárdenas zum Präsidenten 1934 gipfelt. In seiner Regierungszeit (1934 — 1940) vollzieht sich eine deutliche Revitalisierung der mit der Revolution eingeleiteten gesellschaftlichen Umwälzungen, die zwar nur wenige Jahre anhält, aber trotz der Zurücknahmen in der Folgezeit die entscheidenden Grundlagen für das moderne Mexiko legt. Das Anschwellen des Revolutionsdiskurses in der Öffentlichkeit und ein wachsender Druck, Kunst und Literatur mit ihm zu vermitteln, sind die Folge. Hinzu kommt eine Krise im Selbstverständnis der politisch orientierten Avantgardebewegungen in aller Welt, deren Versuch der Verschmelzung von revolutionärer Kunst und Kunst für die Revolution praktisch gescheitert war. Lediglich der Surrealismus verfolgte noch das alte Ziel, nahm aber seit dem Bruch mit Aragon (1932) und der Kommunistischen Partei (1934) nur eine erbittert bekämpfte Dissidentenposition ein. Mit der Bildung der literarischen Volksfront, deren erste große internationale Manifestation der Erste Schriftstellerkongreß zur Verteidigung der Kultur 1935 in Paris ist, tritt die Doktrin des Sozialistischen Realismus als Richtschnur in den Vordergrund, auf

die die sowjetischen Schriftsteller auf ihrem Ersten Allunionskongreß 1934 verpflichtet worden waren. Der Widerstand gegen den Faschismus entwickelt sich zu einer drängenden Zielsetzung, die mit dem Ausbruch des Spanischen Bürgerkrieges im Juli 1936 eine große Zahl von spanischsprachigen Schriftstellern wie Antonio Machado, Alberti, Neruda, Vallejo und Huidobro im Kampf vereint. Neben der Sowjetunion wird Mexiko zu demjenigen Land, das die spanische Republik am aktivsten unterstützt und nach dem Sieg Francos zahlreiche spanische Autoren aufnimmt. Für den zweiundzwanzigjährigen Octavio Paz bedeutet der Spanische Bürgerkrieg eine aufwühlende Erfahrung. In den ersten Wochen der Verteidigung der Republik verfaßt er ein Gedicht, das den gegen Francos Truppen gerichteten Kampfruf „¡No pasarán!" (Sie kommen nicht durch!) aus dem belagerten Madrid zum Titel und Refrain nimmt. In seinen Versen vereint es Kunstwillen und politisches Engagement, ästhetischen Anspruch und Aufruf zu praktischem Handeln. Paz wird noch drei weitere Spaniengedichte schreiben, unter denen „El barco" (Das Schiff) aus dem Jahre 1938 immer wieder überarbeitet und neu aufgelegt werden soll. Auf der anderen Seite versucht er in Raíz del hombre (Urgrund des Menschen) aus derselben Zeit einer Sicht von Liebe und Tod dichterische Gestalt zu verleihen, die derjenigen der „Nocturnos" von Villaurrutia durchaus nahesteht. In diesem Werk ist nichts mehr von der spielerischen, sarkastischen, bilderstürmerischen Attitüde der Avantgardebewegungen der zehner und zwanziger Jahre geblieben. Vielmehr gilt Dichtung nun wieder als unmittelbarster Ausdruck einer Tiefenschicht des Menschen und der Dinge, die anders nicht gesagt werden kann. Es ist deshalb konsequent, wenn Paz nach dem Bruch mit der literarischen Volksfront in den frühen vierziger Jahren, der sowohl persönlich — Enzweiung mit Neruda, der zu jener Zeit als chilenischer Konsul in Mexiko lebt — als auch politisch — Moskauer Prozesse, Hitler-Stalin-Pakt, Ermordung Trotzkijs — motiviert ist, zum Surrealismus findet. Dieser erlaubte eine Vereinigung von Lebenspraxis und Poesie, die jenseits vom

Ideal der reinen Kunst oder des parteilichen politischen Engagements lag. „Um 1945", so sagt Paz in seinem Essay Los hijos del limo (Die Kinder des Schlamms) von 1974, „zerfiel die Dichtung in unserer Sprache in zwei Akademien: die des Sozialistischen Realismus' und die der reuigen Avantgardisten. Einige wenige Bücher einiger weniger verstreuter Dichter leiteten den Wandel ein (...) Alles beginnt — beginnt wieder — mit einem Werk von José Lezama Lima: Lafijeza (1944). Ein wenig später (...) Libertad bajo palabra (1949) und ¿Aguila o sol? (1951)". Doch während ¿Aguila o sol? (Kopf oder Zahl) der vielleicht reinste Ausdruck des Paz'schen Surrealismus ist, zeigt Libertad bajo palabra (Freiheit auf Ehrenwort/Freiheit unter dem Wort) nur in einigen Teilen die neue Orientierung. Die Gedichte „Conversación en un bar" (Unterhaltung in einer Bar) und „Razones para morir" (Gründe zu sterben) sind gleichermaßen Zeugnisse des Sich-Ablösens, Suchens und Neubeginns. Für Octavio Paz wird dieser Prozeß zu einem Weg, auf dem er schließlich zu seiner heutigen Bedeutung findet. Auch für Efraín Huerta ist der Spanische Bürgerkrieg ein einschneidendes Ereignis, das seine politische Orientierung prägt. Anders als Paz bricht er jedoch nie mit der literarischen Volksfront. Was einige seiner Gedichte wie „Los hombres del alba" (Die Bewohner des Morgengrauens) so interessant macht, ist die Verarbeitung der Erfahrung großstädtischen Chaos, in der Huerta für die gesellschaftlich Verfemten Partei ergreift. Mit dem Grupo de Tallerwird die Großstadt in der mexikanischen Literatur zum ersten Mal zum Thema. Dabei geht die Lyrik dem Roman voran, der mit La región más transparente (Landschaft in klarem Licht) von Carlos Fuentes aus dem Jahr 1958 für die Stadt México das Thema eindrucksvoll wieder aufgreift. Im Zeitraum zwischen 1919 und 1949 tritt die mexikanische Literatur definitiv aus ihrem begrenzten nationalen Umfeld heraus. Sie tut das einerseits durch den Roman in Auseinandersetzung mit dem welthistorischen Ereignis der Mexikanischen Revolution, in der sie in einigen Fällen wie Mariano Azuelas Los de abajo (Die von

unten) die bloße politische Abrechnung oder abschildernde Vergegenwärtigung des Geschehens hinter sich läßt. Zum anderen wird sie zur Weltliteratur dank ihrer Lyrik. Zwar wurde Los de abajo schon 1914 —1915 verfaßt und erstmals veröffentlicht, die nationale und internationale Wirkung dieses Romans entfaltet sich aber erst ab 1925. Die Ausstrahlung der Lyrik, die mit Lopez Velardes beunruhigendem Band Zozobra (1919) beginnt, ist anfänglich noch undeutlicher. Viel zu ihrem Verständnis und ihrer Verbreitung wird Octavio Paz beitragen. Er ist auch der eine Pol, an dem sich die weitere Entwicklung in Mexiko orientiert. Den anderen besetzt nach einer Zeit der Vergessenheit das Werk Efrain Huertas, in dem Direktheit, Gefühlsbetonung und politisches Engagement wieder dominieren.

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México

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Mexikanische Lyrik von López Velarde bis Octavio Paz

Ramón López Velarde

El viejo pozo (1919) El viejo pozo de mi vieja casa sobre cuyo brocal mi infancia tantas veces se clavaba de codos, buscando el vaticinio de la tortuga, o bien el iris de los peces, es un compendio de ilusión y de históricas pequeñeces. Ni tortuga, ni pez; sólo el venero que mantiene su estrofa concéntrica en el agua y que dio fe del ósculo primero que por 1850 unió las bocas de mi abuelo y mi abuela ... ¡Recurso lisonjero con que los generosos hados dejan caer un galardón fragante encima de los desposados! Besarse, en un remedo bíblico, junto al pozo, y que la boca amada trascienda a fresco gozo de manantial, y que el amor se profundice, en la pareja que lo siente, como el hondo venero providente ... En la pupila líquida del pozo espejábanse, en años remotos, los claveles de una maceta; más la arquitectura ágil de las cabezas de dos o tres corceles, prófugos del corral; más la rama encorvada de un durazno; y en época de mayor lejanía también se retrataban en el pozo aquellas adorables señoras en que ardía la devoción católica y la brasa de Eros;

Ramon Lopez Yelarde

Der alte Brunnen (1919) Der alte Brunnen meines alten Hauses, auf dessen Rand gestützt die Ellenbogen so viele Male meine Kindheit den Orakelspruch der Schildkröte suchte oder der Fische Iris, ist ein Kompendium von Illusionen und entschwundenen Nichtigkeiten. Weder Schildkröte noch Fisch, nurmehr die Quelle, die im Wasser ihre Strophen kreisrund reimt und den ersten Kuß bezeugte, der um 1850 die Münder meines Großvaters und meiner Großmutter vereinte ... Welch schmeichelnde Fügung der freigiebigen Schicksalsgötter, die duftenden Lohn ausschütten auf die Brautleute! Sich, der Bibel gleich, am Brunnenrand zu küssen, auf daß der geliebte Mund quellfrische Wonne werde, und die Liebe hinabsinke auf das Paar, das sie fühlt wie der fürsorgliche Brunnen ... Im flüssigen Auge des Brunnens spiegelten sich einst die Nelken eines Blumentopfes; wie auch die kunstvoll agile Formen der Köpfe zweier oder dreier der Koppel entsprungener Pferde, wie auch der gekrümmte Zweig eines Pfirsichbaums, und in noch fernerer Zeit gab der Brunnen jene anbetungswürdigen Damen wieder, in denen die katholische Inbrunst

suaves antepasadas, cuyo pecho lucía descotado, y que iban, con tiesura y remilgo, a entrecerrar los ojos a un palco a la zarzuela, con peinados de torre y con vertiginosas peinetas de carey. Del teatro a la Vela Perpetua, ya muy lisas y muy arrebujadas en la negrura de sus mantos. Evoco, todo trémulo, a estas antepasadas porque heredé de ellas el afán temerario de mezclar tierra y cielo, afán que me ha metido en tan graves aprietos en el confesonario. En una mala noche de saqueo y de política que los beligerantes tuvieron como norma equivocar la fe con la rapiña, al grito de "¡Religión y Fueros!" y "¡Viva la Reforma!", una de mis geniales tías, que tenía sus ideas prácticas sobre aquellas intempestivas griterías, y que en aquella lucha no siguió otro partido que el de cuidar los cortos ahorros de mi abuelo, tomó cuatro talegas y con un decidido brazo las arrojó en el pozo, perturbando la expectación de la hora ingrata con un estrépito de plata. Hoy cuentan que mit tía se aparece a las once y que, cumpliendo su destino de tesorera fiel, arroja sus talegas con un ahogado estrépito argentino. Las paredes del pozo, con un tapiz de lama y con un centelleo de gotas cristalinas, eran como el camino de esperanza en que todos

und die Glut des Eros brannten; sanfte Ahnherrinnen, deren Busen aus dem Ausschnitt schimmerte und die steif und geziert mit halbgeschlossenem Auge auf die Zarzuelabühne blickten unter aufgetürmten Frisuren und steilen Schildpattkämmen. Vom Theater zur Nachtandacht sehr schlicht nun und verhüllt in das Schwarz ihrer Umhänge. Erbebend beschwöre ich diese Ahnherrinnen, denn von ihnen erbte ich den verwegenen Eifer, Himmel und Erde zu vermischen, Eifer, der mich im Beichtstuhl in so arge Bedrängnis brachte. In einer bösen Nacht voll Plünderung und Politik, als die Streitenden sich zum Wahlspruch machten, den Glauben mit dem Rauben zu verwechseln, ergriff beim Rufe „Religion und angestammtes Recht" und „Es lebe die Reforma" eine meiner genialen Tanten, die praktisch dachte über das jäh ausbrechende Geschrei und in jenem Kampfe keiner anderen Partei folgte als der, die knappen Ersparnisse meines Großvaters zu retten, vier Geldsäcke und warf sie mit entschlossener Hand in den Brunnen. So erschütterte sie die Erwartung der schlimmen Stunde mit einem Scheppern von Silbergeld. Heute sagt man, daß meine Tante um elf Uhr erscheine und treu ihrem Schicksal als Schatzmeisterin die Geldsäcke mit gedämpftem silbrigem Klang hinabwerfe. Die Wände des Brunnens mit ihrem Teppich aus Moos und dem Geglitzer kristallener Tropfen waren wie der Weg der Hoffnung, auf dem wir alle

hemos llorado un poco ... Y aquellas peregrinas veladas de mayo y de junio mostráronme del pozo el secreto de amor: preguntaba el durazno: "¿Quién es Ella?", y el pozo, que todo lo copiaba, respondía no copiando más que una sola estrella. El pozo me quería senilmente; aquel pozo abundaba en lecciones de fortaleza, de alta discreción y de plenitud ... Pero hoy, que su enseñanza de otros tiempos me comprendo que fui apenas un alumno vulgar con aquel taciturno catedrático, porque en mi diario empeño no he podido lograr hacerme abismo y que la estrella amada, al asomarse a mí, pierda pisada.

ein wenig geweint haben ... Und jene wundersamen Abende des Wachens im Mai und Juni zeigten mir des Brunnens Geheimnis der Liebe: der Pfirsichbaum fragte: „Wer ist sie?", und der Brunnen, der alles wiedergab, antwortete, indem er nur einen einzigen Stern zurückwarf. Der Brunnen liebte mich nach alter Leute Art, jener Brunnen quoll über von Lektionen über Stärke, höchste Verschwiegenheit und Fülle. Aber heute, da mir sein Unterweisen früherer Zeiten fehlt, begreife ich, daß ich ein nur gewöhnlicher Schüler jenes schweigsamen Lehrers war, denn in meinem täglichen Bemühen ist es mir nicht gelungen zum Abgrund zu werden und den geliebten Stern, wenn er mir erscheint, hinabzuziehen.

Ramón López Velarde

Tierra mojada ... (1919) Tierra mojada de las tardes líquidas en que la lluvia cuchichea y en que se reblandecen las señoritas, bajo el redoble del agua en la azotea ... Tierra mojada de las tardes olfativas en que un afán misántropo remonta las lascivas soledades del éter, y en ellas se desposa con la ulterior paloma de Noé; mientras se obstina el tableteo del rayo, por la nube cenagosa ... Tarde mojada, de hálitos labriegos, en la cual reconozco estar hecho de barro, porque en sus llantos veraniegos, bajo el auspicio de la media luz, el alma se licúa sobre los clavos de su cruz ... Tardes en que el teléfono pregunta por consabidas náyades arteras, que salen del baño al amor a volcar en el lecho las fatuas cabelleras y a balbucir, con alevosía y con ventaja, húmedos y anhelantes monosílabos, según que la llovizna acosa las vidrieras ... Tardes como una alcoba submarina con su lecho y su tina; tardes en que envejece una doncella

Ramón López Velarde

Feuchte Erde ... (1919) Feuchte Erde der flüssigen Nachmittage, an denen der Regen wispert und die jungen Mädchen weicher werden unter dem Getrommel des Wassers auf dem flachen Dach ... Feuchte Erde der duftdurchströmten Nachmittage, an denen ein Drang nach Abgeschiedenheit die lüsterne Einsamkeit des Äthers emporsteigt und in ihr sich mit der letzten Taube Noahs vermählt, während das Krachen des Blitzes festhängt in der morastigen Wolke ... Feuchte Nachmittage bäuerlichen Hauches, an denen ich erkenne, aus Lehm geformt zu sein, da in ihrem sommerlichen Klagen, im Zeichen des dämmrigen Lichts, die Seele zum Naß wird an den Nägeln ihres Kreuzes ... Nachmittage, an denen das Telefon nach stadtbekannten Najaden des Gewerbes fragt, die aus dem Bad zur Liebe steigen, die eitle Haarpracht auf das Lager zu ergießen und heimtückisch ihren Vorteil zu suchen mit feuchtem Stammeln und einsilbigem Stöhnen im Takt des Nieselregens an den Scheiben ... Nachmittage wie ein Alkoven unter dem Meer mit seinem Lager und seiner Wanne; Nachmittage, an denen eine Jungfer älter wird

ante el brasero exhausto de su casa, esperando a un galán que le lleve una brasa; tardes en que descienden los ángeles, a arar surcos derechos en edificantes barbechos; tardes de rogativa y de cirio pascual; tardes en que el chubasco me induce a enardecer a cada una de las doncellas frígidas con la brasa oportuna; tardes en que, oxidada la voluntad, me siento acólito del alcanfor, un poco pez espada y un poco San Isidro Labrador ...

vor dem erloschenen Holzkohlefeuer ihres Hauses im Warten auf den Galan, der sie entfache, Nachmittage, an denen die Engel niedersteigen, um gerade Furchen auf erbaulicher Scholle zu ziehen; Nachmittage des Betgangs und der Osterkerze; Nachmittage, an denen der Regenschauer mich dazu treibt, die spröden Jungfrauen einzeln zu entflammen mit der rechten Glut; Nachmittage, an denen mit gelähmtem Willen ich dem Kampfer mich ergebe, ein wenig Schwertfisch und ein wenig Heiliger Isidor der Bauern ...

40 Ramón López Velarde

El retorno maléfico (1919) A D. Ignacio I. Gastélum Mejor será no regresar al pueblo, al edén subvertido que se calla en la mutilación de la metralla.

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Hasta los fresnos mancos, los dignatarios de cúpula oronda, han de rodar las quejas de la torre acribillada en los vientos de fronda. Y la fusilería grabó en la cal de todas las paredes de la aldea espectral, negros y aciagos mapas, porque en ellos leyese el hijo pródigo al volver a su umbral en un anochecer de maleficio, a la luz de petróleo de una mecha su esperanza deshecha. Cuando la tosca llave enmohecida tuerza la chirriante cerradura, en la añeja clausura del zaguán, los dos púdicos medallones de yeso, entornando los párpados narcóticos, se mirarán y se dirán: "¿Qué es eso?" Y yo entraré con pies advenedizos

41 Ramón López Yelarde

Heimkehr unter bösem Stern (1919) Für D. Ignacio I. Castélum. Besser wird sein nicht heimzukehren in das Dorf, den verwüsteten Garten Eden, der nun schweigt verstümmelt unter Feuergarben.

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Die astlosen Eschen sogar, Würdenträger einst mit stolz gewölbter Kuppel, müssen nun die Klage des im Schlachtensturm zersiebten Turmes weitertragen. Und das Gewehrgeknatter hat in den Kalk aller Mauern des Geisterdorfes schwarze, unglückschwere Linien eingegraben, damit in ihnen der verlorene Sohn bei der Rückkehr an diesen Ort im Böses kündenden Abendlicht und dem Schein des Petroleumdochts seine zerstörte Hoffnung läse. Wenn der unförmige rostige Schlüssel das krächzende Schloß in dem altehrwürdigen Tor der Einfahrt dreht, werden die beiden züchtigen Gipsmedaillons die schläfrigen Lider senken, sich ansehen und fragen: „Was ist das?" Und wie ein Eindringling betrete ich dann

hasta el patio agorero en que hay un brocal ensimismado, con un cubo de cuero goteando su gota categórica como un estribillo plañidero. Si el sol inexorable, alegre y tónico, hace hervir a las fuentes catecúmenas en que bañábase mi sueño crónico; si se afana la hormiga; si en los techos resuena y se fatiga de los buches de tórtola el reclamo que entre las telarañas zumba y zumba; mi sed de amar será como una argolla empotrada en la losa de una tumba. Las golondrinas nuevas, renovando con sus noveles picos alfareros los nidos tempraneros; bajo el ópalo insigne de los atardeceres monacales, el lloro de recientes recentales por la ubérrima ubre prohibida de la vaca, rumiante y faraónica, que al párvulo intimida; campanario de timbre novedoso; remozados altares; el amor amoroso de las parejas pares; noviazgos de muchachas frescas y humildes, como humildes coles, y que la mano dan por el postigo a la luz de dramáticos faroles; alguna señorita

den Unheil raunenden Innenhof, in dem ein Ledereimer am selbstversunkenen Brunnenrand seinen kategorischen Tropfen tropft gleich einem klagenden Kehrreim. Wenn die unerbittliche Sonne, heiter und tonisch, das grad entsprungene Wasser brodeln läßt, in dem mein unstillbarer Traum sich badete; wenn die Ameise sich müht; wenn aus den Dächern der Turteltauben Ruf unablässig widerhallt und gurrt und gurrt zwischen den Spinngeweben, wird mein Durst nach Liebe sein wie ein in eine Grabplatte verfugter Eisenring. Die ersten Schwalben richten mit ihren unverbrauchten Töpferschnäbeln die frühjahrlichen Nester wieder her; unter dem ruhmreichen Opal der klösterlichen Dämmerungen das Weinen neugeborener Kälber nach dem verwehrten Euterstrotzen der Kuh, die pharaonisch mächtig wiederkäut und Angst einflößt dem Kleinen; Glockenturm mit neuem Klang; verjüngte Altare; Liebe liebeserfüllt der paarigen Paare; Verlöbnisse junger Mädchen, frisch und schlicht wie schlichter Kohl und die die Hand durchs Fenster reichen im Lichterschein dramatischer Laternen; irgendein Fräulein

que canta en algún piano alguna vieja aria; el gendarme que pita ... ... Y una íntima tristeza reaccionaria.

mit irgendeinem alten Lied an irgendeinem Klavier; der pfeifende Gendarm ... ... Und eine tiefe reaktionäre Traurigkeit.

José Juan Tablada

Nocturno alterno (1920) Neoyorquina noche dorada Fríos muros de cal moruna Rector's champaña fox-trot Casas mudas y fuertes rejas Y volviendo la mirada Sobre las silenciosas tejas El alma petrificada Los gatos blancos de la luna Como la mujer de Loth Y sin embargo es una misma en New York y en Bogotá LA LUNA...!

José Juan Tablada

Wechselndes Nachtstück (1920) Vergoldete New Yorker Nacht Kalte Mauern maurischen Kalks Rector's Champagner Fox-Trott Stumme Häuser und mächtige Gitter Und im Zurückwenden des Blicks Über den stillen Ziegeln Das Versteinern der Seele Die weißen Katzen des Mondes Wie die Frau Lots Und dennoch ist er derselbe in New York und in Bogotá DER MOND...!

José Juan Tablada

Haikais (1922) En camino Seis horas a pie por la montaña, ladra un perro lejano ... ¿Habrá qué comer en la cabaña ...? ?

Doble fulgor apenas móvil en la senda nocturna. ¿Acaso un buho? ¿Acaso un automóvil...?

Heroísmo Triunfaste al fin, perrillo fiel, y ahuyentado por tu ladrido huye veloz el tren ...

Kindergarten Desde su jaula un pájaro cantó: ¿por qué los niños están libres y nosotros no ...?

José Juan Tablada

Haikus (1922) Auf dem Weg Sechs Stunden zu Fuß durch das Gebirge, in der Ferne bellt ein Hund ... Wird es zu essen geben in der Hütte?

...?... Doppeltes Aufleuchten, fast regungslos, auf dem nächtlichen Weg. Vielleicht ein Uhu? Vielleicht ein Auto ...?

Heroismus Du hast schließlich gesiegt, treues Hündchen, und von deinem Gebell verjagt flüchtet eilig der Zug ...

Kindergarten Ein Vogel sang aus seinem Käfig: warum sind die Kinder frei und wir nicht ...?

Nocturno Sombra del volcán al ocaso y en la bóveda inmensa, gritos de invisibles aves de paso ...

Nachtstück Schatten des Vulkans in der Dämmerung und in der unendlichen Kuppel Schreie unsichtbarer Zugvögel...

Manuel Maples Arce

Prisma (1922) Yo soy un punto muerto en medio de la hora, equidistante al grito náufrago de una estrella. Un parque de manubrio se engarrota en la sombra, y la luna sin cuerda me oprime en las vidrieras. Margaritas de oro deshojadas al viento. La ciudad insurrecta de anuncios luminosos flota en los almanaques, y allá de tarde en tarde, por la calle planchada se desangra un eléctrico. El insomnio, lo mismo que una enredadera, se abraza a los andamios sinoples del telégrafo, y mientras que los ruidos descerrajan las puertas, la noche ha enflaquecido lamiendo su recuerdo. El silencio amarillo suena sobre mis ojos. ¡Prismal, diáfana mía, para sentirlo todo! Yo departí sus manos, pero en aquella hora gris de las estaciones, sus palabras mojadas se me echaron al cuello, y una locomotora sedienta de kilómetros la arrancó de mis brazos. Hoy suenan sus palabras más heladas que nunca. ¡Y la locura de Edison a manos de la lluvia!

Manuel Maples Arce

Prisma (1922) Ich bin ein toter Punkt mitten in der Stunde, gleichweit entfernt vom schiffbrüchigen Schrei eines Sterns. Im Schatten erstarrt ein Drehkurbelpark, und der abgelaufene Mond erdrückt mich an den Schaufenstern. Margariten aus Gold im Wind entblättert. Die aufständische Stadt der Leuchtreklamen treibt in den Kalendern und dort verblutet, von Zeit zu Zeit, auf der gebügelten Straße eine Straßenbahn. Die Schlaflosigkeit windet sich wie eine Schlingpflanze um die grünen Schraffurgerüste des Telegrafen, und während die Geräusche die Türen sprengen, hat die Nacht sich aufgezehrt im Schlürfen ihrer Erinnerung. Die gelbe Stille tönt über meinen Augen. Prismatisch, du lichte Transparenz, um alles zu erfühlen! Ich löste ihre Hände, aber in jener grauen Stunde der Jahreszeiten warfen ihre nassen Worte sich mir an den Hals, und eine kilometerdürstende Lokomotive entriß sie meinen Armen. Heute klingen ihre Worte frostiger denn je. Und Edisons Wahn liegt in Reichweite des Regens!

El cielo es un obstáculo para el hotel inverso refractado en las lunas sombrías de los espejos; los violines se suben como la champaña, y mientras las ojeras sondean la madrugada, el invierno huesoso tirita en los percheros. Mis nervios se derraman. La estrella del recuerdo naufraga en el agua del silencio. Tú y yo coincidimos en la noche terrible, meditación temática deshojada en jardines. Locomotoras, gritos, arsenales, telégrafos. El amor y la vida son hoy sindicalistas, y todo se dilata en círculos concéntricos.

Der Himmel ist ein Hindernis für das umgekehrte Hotel, das sich auf den düsteren Flächen der Spiegel bricht; die Geigen steigen auf wie Champagner, und während die Augenränder das Morgengrauen ausforschen, fröstelt der knochige Winter an den Garderoben. Meine Nerven laufen aus. Der Stern der Erinnerung kentert im Wasser der Stille. Du und ich treffen zusammen in der schaurigen Nacht, Nachsinnen zur Sache, das in Gärten sein Laub verloren hat. Lokomotiven, Schreie, Arsenale, Telegrafen. Die Liebe und das Leben sind heute in der Gewerkschaft, und alles dehnt sich aus in konzentrischen Kreisen.

Germán List Arzubide

Esquina (1923) Un discurso de Wagner es bajo la batuta del ALTO-Y-ADELANTE La calle se ha venido toda tras de nosotros y la sonrisa aquella se voló de mis manos. El sol te ha desnudado. La ciencia se perfuma de malas intenciones y al margen de la moda se ha musicado el tráfico. 10.000 para mañana con la última quiebra han bajado las lágrimas. Lazaró — Lazaró el viaje a Marte al fin se hará en camión. Contra los Académicos la mañana se ha levantado en armas y reparte protestas en los programas. Ahora los relojes adivinan la suerte mientras las hojas secas usan ventilador y sobre la sonrisa final de los retratos se ha detenido un sueño 1902. El cielo está agotado en los últimos discos los escaparates hablan del amor libre su nombre es un relámpago de tarjeta postal. Si no estuviera triste.... Se vende y se canta por 5 centavos.

Germán List Arzubide

Straßenecke (1923) Eine Rede Wagners dirigiert vom HALT-UND-GEHEN. Die ganze Straße rennt uns nach, und jenes Lächeln entflog meinen Händen. Die Sonne hat dich entkleidet. Die Wissenschaft parfümiert sich mit bösen Absichten, und am Rande der Mode ist der Verkehr Musik geworden. 10.000 für morgen, mit dem letzten Bankrott sind die Tränen gefallen. Lazaro — Lazaro, die Reise zum Mars wird endlich im Bus gemacht. Der Morgen hat sich gegen die Mitglieder der Akademie mit Waffengewalt erhoben und verteilt seinen Protest in den Programmen. Jetzt sagen die Uhren die Zukunft voraus, während die trockenen Blätter den Ventilator benutzen und auf dem Bitte freundlich der Fotos ein Traum von 1902 haftet. Der Himmel hat sich auf den letzten Platten verbraucht, die Auslagen sprechen von freier Liebe, ihr Name ist ein Postkartenblitz. Wenn ich nicht traurig wäre... Verkauft und gesungen wird für 5 Centavos,

A Villa lo inventaron los que odiaban al gringo. Me han robado los ojos que traía en el chaleco ¿sabe usted para dónde se ha mudado el correo? Para hablar en inglés es necesario cortase la mitad de la lengua. Los teléfonos sordomudos han aprendido a hablar por señas. ¿Quién halará los cables que arrastran los eléctricos? Los periódicos pagados callan el asesinato de los perros. La oratoria es el arte de saquear los bolsillos y el recuerdo se vende de papel recortado el trabajo es un grito amarillo ¿será un juego de bolsa lo del tiempo barato? En todas las ventanas ya se venden cigarros. Sobre la incubadora asoleada están piando las horas. Aquel amor lejano era de la Secreta todas las pantorrillas viven de exhibición

Villa haben jene erfunden die den Gringo haßten. Man hat mir die Augen gestohlen, die ich an der Weste trug, wissen Sie, wo die Post jetzt ist? Um Englisch zu sprechen, muß man sich die Hälfte der Zunge rausschneiden. Die taubstummen Telefone haben die Zeichensprache gelernt. Wer wird die Kabel schleppen, die die Straßenbahnen hinter sich herschleifen? Die gekauften Zeitungen verschweigen den Mord an den Hunden. Die Beredsamkeit ist die Kunst, die Taschen zu plündern, und die Erinnerung wird als Scherenschnitt verkauft, die Arbeit ist ein gelber Schrei, soll das mit der billigen Zeit ein Börsenspiel sein? An allen Fenster werden schon Zigarren verkauft. Auf dem durchsonnten Brutkasten piepsen die Stunden. Jene ferne Liebe kam von der Geheimpolizei, alle Waden leben von der Zurschaustellung,

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y mientras los eléctricos murmuran de mi pena con sus banderas rojas van pasando mis novias en manifestación.

und während die Straßenbahnen über meinen Schmerz lästern, ziehen meine Bräute mit ihren roten Fahnen demonstrierend vorbei.

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Piedra de sacrificios (1924)

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21 Caballero águila, tráeme en el ojo una estrella. Pero líbrala de las puestas de sol. ¡Muy alta es mi tristeza! Caballero tigre, tráeme unas ramas de roble. Pero que estén huracanadas. La vida, feroz mi tristeza recorre. Como en el reinado de Motecuhzoma, vendrán hombres blancos, y será por el Norte. A cacerías de estrellas me han invitado los dioses y a casi todas he ido, pero con otro nombre ... ¡Qué sueños han sido esos sueños sangrientos y nobles! Desde sus platerías, cintilador y formidable, el Popocatépetl ha encendido su lámpara. ¡Y se siente una angustia y un aire tan duro en el valle de Anáhuac! Con sus fonógrafos y sus manos ladronas, su religión modesta y sus catálogos, y organizados por un dentista vendrán los bárbaros. Yo no sé, pero hay algo en la tarde, que marchita mis ramos de roble y mis fuentes de nardo. Hay un ruido insolente que enfría

Carlos Pellicer

Opferstein (1924) 21 Erhabener Adler, bring mir vor das Auge einen Stern. Aber befreie ihn von den Sonnenuntergängen. Sehr groß ist meine Traurigkeit! Erhabener Tiger, bring mir ein paar Eichenzweige. Aber vom Sturm geschüttelt. Das Leben pocht wild in meiner Traurigkeit. Wie unter der Herrschaft Motecuhzomas werden weiße Männer kommen und diesmal aus dem Norden. Die Götter haben mich zu Sternenjagden geladen und fast zu allen bin ich gegangen, aber unter anderem Namen ... Was für Träume waren diese blutigen und edlen Träume! Hoch von seinen Silberschmieden hat der schimmernde und mächtige Popocatepetl seine Lampe angezündet. Und durch das Tal von Anahuac geht eine Beklemmung und ein harter Wind! Mit ihren Phonographen und ihren Diebeshänden, ihrer unscheinbaren Religion und ihren Katalogen, und von einem Zahnarzt gerichtet, werden die Barbaren kommen. Ich weiß nicht, aber etwas liegt in der Abendluft, das meine Eichenzweige und Nardenquellen vertrocknen läßt. Ein frecher Lärm tötet

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mi dulce cantar mexicano. Caballero águila voy de cacería. Caballero tigre, voy de cacería, sueños he tenido. Toda la tristeza del pueblo es la mía. La sangre enarbola sus señas y eschucha sus cálidos ruidos.

meinen süßen mexikanischen Gesang. Erhabener Adler, ich gehe zur Jagd. Erhabener Tiger, ich gehe zur Jagd, Träume habe ich gehabt. Die ganze Traurigkeit des Volkes ist in mir. Das Blut pflanzt seine Zeichen auf und hört sein heißes Rauschen.

Manuel Maples Arce

Vrbe. Super-poema bolchevique en 5 cantos (1924) A los obreros de México (Fragmento) I He aquí mi poema brutal y multánime a la nueva ciudad. Oh ciudad toda tensa de cables y de esfuerzos, sonora toda de motores y de alas. Explosión simultánea de las nuevas teorías, un poco más allá En el plano espacial de Whitman y de Turner y un poco más acá de Maples Arce. Los pulmones de Rusia soplan hacia nosotros el viento de la revolución social. Los asalta-braguetas literarios nada comprenderán de esta nueva belleza sudorosa del siglo,

Manual Maples Arce

Vrbe. Bolschewistisches Supergedicht in 5 Gesängen (1924) Den Arbeitern Mexikos (Auszug) I Dies ist mein brutales und vielstimmiges Gedicht auf die neue Stadt. Oh, Stadt, voll Spannung aus Kabeln und Kraft, erdröhnend von Motoren und Flügeln. Gleichzeitiger Ausbruch der neuen Theorien, etwas weiter weg im Raum von Whitman und Turner und etwas näher an Maples Arce. Rußlands Lungen blasen den Wind der sozialen Revolution zu uns herüber. Die literarischen Hosenschlitzgreifer werden nichts von dieser neuen schweißbedeckten Schönheit des Jahrhunderts verstehen,

y las lunas maduras que cayeron, son esta podredumbre que nos llega de las atarjeas intelectuales. He aquí mi poema: ¡Oh ciudad fuerte y múltiple, hecha toda de hierro y de acero! Los muelles. Las dársenas. Las grúas. Y la fiebre sexual de las fábricas. Yrbe: Escoltas de tranvías que recorren las calles subversistas. Los escaparates asaltan las aceras, y el sol, saquea las avenidas. Al margen de los días tarifados de postes telefónicos desfilan paisajes momentáneos por sistemas de tubos ascensores. Súbitamente, ¡oh el fogonazo verde de sus ojos! Bajo las persianas ingenuas de la hora pasan los batallones rojos. El romanticismo caníbal de la música yankee ha ido haciendo sus nidos en los mástiles. ¡Oh ciudad internacional! ¿Hacia qué remoto meridiano

und die reifen Monde, die hinabfielen, sind jene Fäulnis, die uns aus den intellektuellen Abzugsgräben erreicht. Dies ist mein Gedicht: Oh, mächtige, vielgestaltige Stadt, ganz aus Eisen und Stahl! Die Kais. Die Hafenbecken. Die Kräne. Und das sexuelle Fieber der Fabriken. Stadt: Trambahneskorten, die die aufrührerischen Straßen durchqueren. Die Auslagen erstürmen die Bürgersteige, und die Sonne plündert die Avenuen. Am Rande der Tage nach Telefonmasten aufgezählt paradieren Augenblickslandschaften durch Systeme von Fahrstuhlröhren. Plötzlich, der grüne Feuerblitz ihrer Augen! Unter den unschuldigen Jalousien der Stunde ziehen die roten Bataillone vorbei. Die kannibalische Romantik der Yankee-Musik hat sich in den Masten eingenistet. Oh, internationale Stadt! Zu welchem fernen Meridian

cortó aquel trasatlántico? Yo siento que se aleja todo. Los crepúsculos ajados flotan entre la manipostería del panorama. Trenes espectrales que van hacia allá lejos, jadeantes de civilizaciones. La multitud desencajada chapotea musicalmente en las calles. Y ahora, los burgueses ladrones, se echarán a temblar por los caudales que robaron al pueblo, pero alguien ocultó bajo sus sueños el pentagrama espiritual del explosivo. He aquí mi poema: Gallardetes de hurras al viento, cabelleras incendiadas y mañanas cautivas en los ojos. ¡Oh ciudad musical hecha toda de ritmos mecánicos! Mañana, quizás, sólo la lumbre viva de mis versos alumbrará los horizontes humillados.

kreuzte jener Atlantikdampfer? Ich fühle, wie sich alles entfernt. Die zerknüllten Dämmerungen schweben zwischen dem Mauerwerk des Panoramabildes. Geisterzüge, die dorthin fahren, weit fort, keuchend vor Zivilisationen. Die aufgebrachte Menge patscht musikalisch auf den Straßen. Und die räuberische Bourgeoisie beginnt nun um das Vermögen zu zittern, das sie dem Volk geraubt hat, aber irgendjemand verbarg unter seinen Träumen das geistige Pentagramm des Sprengstoffs. Dies ist mein Gedicht: Hurrawimpel im Wind, flammendes Haar und gefangene Morgen in den Augen. Oh, Stadt voll Musik aus mechanischen Rhythmen! Morgen wird vielleicht nur das lebendige Licht meiner Verse die gedemütigten Horizonte erleuchten.

72 Salvador Gallardo

Pentagrama (1925) El álbum de las calles se enrolla en los motores Con fugas de los postes que escriben sinfonías 5

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Y un azoro embobado se pega en las vitrinas. Los autos pederastas desfloran el crepúsculo Y las marcas comerciales prenden sus constelaciones. Sobre la acera encerada las lunas juegan boliche. ¡ALTO! EVITE-PELIGRO

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Y ante el mandato verde de tus ojos Toda mi alma se ha desparramado.

Salvador Gallardo

Pentagramm (1925) Das Album der Straßen rollt sich in die Motoren ein Im Vorbeihuschen der Masten die Symphonien schreiben Und ein verdutztes Erschrecken drückt sich an die Schaufenster. Die päderastischen Autos deflorieren die Dämmerung Und die Handelsmarken zünden ihre Sternbilder an. Auf dem gebohnerten Bürgersteig spielen die Monde Kegel. HALT! ACHTUNG GEFAHR! Und angesichts des grünen Befehls deiner Augen ist meine ganze Seele ausgeströmt.

Salvador Gallardo

Puerto (1925) En todos los horarios el tiempo se derrite y en un árbol sonoro ha florecido el sol Plumeros de las palmas que han sacudido el cielo palmeras cimbreantes cocos en erección Zopilotes numismáticos sobre la cruz del campanario Kindergarten de marinos que han mareado el carrousselü Los troles se agarran de los cables para que los tranvías jadeantes no se arrojen al mar — ¡¡Playa 5 centavos!! Oh! el vientre acojedor de la B-A-H-I-A preñada de mástiles y adioses Los bañistas cabalgan sobre un mar domesticado y la lujuria verde de blanco y de carrete pesca con su kodak sirenas de Macksennett ¿Quién tomará el pulso a este corazón infatigable? La luna esquirola se ríe de los focos comunistas y los ojos parpadeantes del peligro

Salvador Gallardo

Hafen (1925) Auf allen Fahrplänen zerschmilzt die Zeit und auf einem klingenden Baum erblühte die Sonne Federwische aus Palmenblättern die den Himmel abgestaubt haben sich biegende Palmen Erektion von Kokosnüssen. Numismatische Geier auf dem Kreuz des Glockenturms Kindergarten für Seeleute die das Karussell seekrank machten!! Die Stromabnehmer halten sich an den Kabeln fest damit die keuchenden Trambahnen sich nicht ins Meer stürzen — Zum Strand 5 Centavos!! Oh! der einladende Bauch der B-A-H-I-A von Masten und Abschied geschwängert Die Badenden reiten auf einem gezähmten Meer und die grüne Wollust in Weiß und als Filmrolle fischt mit ihrer Kamera Nixen von Macksennett Wer wird diesem unermüdlichen Herzen den Puls messen? Der streikbrechende Mond lacht über die kommunistischen Fanale und die blinzelnden Augen der Gefahr

avizoran los naufragios En la ruleta del faro he perdido mis diamantes MAS hay miles de cocuyos que rayan los bazares de la noche Mientras suda a chorros el fastidio hay que sorber cristales de recuerdos.

erspähen den Schiffbruch Bei dem Roulette des Leuchtturms habe ich meine Diamanten verloren DOCH es gibt abertausend Leuchtkäfer die Linien in die Basare der Nacht zeichnen Während man Ströme von Langeweile ausschwitzt muß man Gläser voll Erinnerung schlürfen.

Salvador Novo

Almanaque (1925) I Tenemos doce lugares para pasar las estaciones: el verano se puede pasar en Junio el otoño se debe pasar en Octubre. El tiempo nos conduce por sus casas de cuatro pisos con siete piezas. Sala, dos recámaras, comedor, patio, cocina y cuarto de baño. Cada día cierra una puerta que no volveremos a ver y abre otra sorprendente ventana. El aire derribó dos cuartos del último piso de Febrero.

El aire se serena y seguimos buscando casa. II La guadaña del minutero hizo centro de su compás en el centro de nuestro vientre. Para los buzones de la vida necesitábamos certificado.

Salvador Novo

Kalender (1925) I Zwölf Orte haben wir für die Jahreszeiten: den Sommer kann man im Juni verbringen den Herbst muß man im Oktober nehmen. Die Zeit führt uns durch ihre vierstöckigen Häuser mit sieben Zimmern. Wohnzimmer, zwei Schlafräume, Eßzimmer, Diele, Küche und Bad. Jeder Tag schließt eine Tür, die wir nie wiedersehen werden, und öffnet ein anderes überraschendes Fenster. Der Wind zerstörte zwei Zimmer im letzten Stockwerk des Februars.

Es klart auf und wir suchen weiter eine Bleibe. II Die Sense des Minutenzeigers pflanzte das Zentrum ihres Taktes in die Mitte unseres Leibes. Für die Briefkästen des Lebens brauchten wir ein Einschreiben.

Address your mail to street and

number.

Y estamos en la poste restante sin hallar en diciembre ni en marzo la plegadera de una sonrisa. ¡Nuestro ombligo va a ser para los filatelistas! y seremos devueltos al remitente ajados, con cicatrices y llenos de noticias atrasadas ...

Address your mail to street and number.

Und wir liegen postlagernd, ohne im Dezember noch im März den Brieföffner eines Lächelns zu finden. Unser Nabel wird den Philatelisten gehören! Und wir gehen zurück an den Absender, zerknittert, mit Narben und voll überholter Nachrichten ...

Salvador Novo

El Mar (1925) Post natal total inmersión para la ahijada de Colón con un tobillo de Patagonia y un masajista en Nueva York. (Su apendicitis abrió el canal de Panamá.) Caballeriza para el mar continentófago doncellez del agua playera frente a la luna llena. Cangrejos y tortugas para los ejemplares moralistas; langostas para los gastrónomos. Santa Elena de Poseidón y garage de las sirenas. ¡Hígado de bacalao calamares en su tinta! Ejemplo de la Biología en que los peces grandes no tienen más que bostezar y dejar que los chicos vengan a sí. (Al muy prepotente Guillermo el segundo en la vieja guerra torpedo alemán.) ¡Oh mar, cuando no había este lamentable progreso y eran entre tus dedos los asirios viruta de carpintería y la cólera griega

Salvador Novo

Das Meer (1925) Postnatales Totalversinken für die Patentochter des Kolumbus mit einem patagonischen Knöchel und einem Masseur in New York. (Ihr Blindarmdurchbruch öffnete den Panamakanal.) Stallung für das Kontinente fressende Meer, Jungfräulichkeit des strandnahen Wassers im vollen Mondenschein. Krebse und Schildkröten für die vorbildlichen Moralisten; Langusten für die Gastronomen. Sankt Helena des Poseidon und Garage der Sirenen. Kabeljauleber, Tintenfisch im eigenen Saft! Beispiel aus der Biologie, in dem die großen Fische nur noch gähnen müssen, damit die kleinen zu ihnen kommen. (Zum äußerst präpotenten Wilhelm dem Zweiten im alten deutschen Torpedokrieg.) Oh Meer, als es diesen elenden Fortschritt noch nicht gab und die Assyrer in deinen Fingern Tischlerspäne waren und der griechische Grimm

te hacía fustigar con alfileres! En tu piel la llaga romana termocauterizó Cartago. ¡Cirugía de Arquímedes! Baños, baños por la Física y a los romanos. Europa, raptada de toros, buscaba caminos. Tierra insuficiente, problema para Galileo, Newton, los fisiócratas y los agraristas. ¿No te estremeces al recuerdo de las tres carabelas magas que patinaron mudamente la arena azul de tu desierto? Nao de China cofre de sándalo hoy los perfumes

son de Guerlain o de Coty y el té es Lipton's. Mar, viejecito, ya no juegas a los naufragios con Eolo desde que hay aire líquido

Agua y aire gratis. Las velas hoy son banderas de colores y los transatlánticos planchan tu superficie y separan a fuerza tus cabellos.

dich mit Nadelstichen strafen ließ! Die römische Wunde brandte auf deiner Haut Karthargo aus. Chirurgie des Archimedes! Bäder, Bäder, wegen der Physik und für die Römer. Europa, von Stieren geraubt, suchte nach Wegen. Unzureichende Erde, ein Problem für Galilei, Newton, die Physiokraten und die Agrarreformer. Erzitterst du nicht bei der Erinnerung an die Heiligen drei Karavellen, die stumm auf dem blauen Sand deiner Wüste glitten? Chinesische Nau, Sandelhol2kästchen, heute sind die Parfüms von Guerlain oder Coty und der Tee ist Lipton's. Meer, Alterchen, du spielst nicht mehr Schiffbruch mit Aolus, seit es flüssige Luft gibt Wasser und Luft gratis. Die Segel sind heute bunte Fahnen, und die Uberseedampfer bügeln deine Oberfläche und teilen gewaltsam dein Haar.

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Los buzos te ponen inyecciones intravenosas y los submarinos hurtan el privilegio de Jonás. Hasta el sol se ha vuelto capataz de tu trabajo y todo el día derrite tu vergüenza y tu agotamiento. Las gaviotas contrabandistas son espías o son aeroplanos y si el buque se hunde — sin que tú intervengas — todo el mundo se salva en andaderas ...

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¡Oh mar, ya que no puedes hacer un sindicato de océanos ni usar la huelga general, arma los batallones de tus peces espadas, vierte veneno en el salmón y que tus peces sierras incomuniquen los cables y regálale a Nueva York un tiburón de Troya lleno de tus incógnitas venganzas!

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Haz un diluvio Universal que sepulte al monte Ararat, y que tus sardinas futuras coman cerebros fósiles y corazones paleontológicos.

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Die Taucher geben dir intravenöse Spritzen, und die Unterseeboote rauben Jonas das Privileg. Selbst die Sonne ist zum Aufseher deiner Arbeit geworden, und den ganzen Tag schmilzt deine Scham und deine Erschöpfung dahin. Die Schmugglermöwen sind Spione oder Flugzeuge und wenn das Schiff sinkt — ohne daß du eingreifst — rettet sich alles im Laufgitter ... Oh Meer, da du nicht einmal mehr eine Ozeangewerkschaft gründen, noch den Generalstreik ausrufen kannst, stelle die Bataillone deiner Schwertfische auf, gieß Gift in den Lachs und laß deine Sägefische die Kabel zertrennen und schenk New York einen trojanischen Hai voll deiner unbekannten Rache! Laß eine große Sintflut kommen, die den Berg Ararat begräbt, und laß deine künftigen Sardinen die fossilen Hirne und Herzen der Urzeit fressen.

Manuel Maples Arce

Canción desde un aeroplano (1927) Estoy a la intemperie de todas las estéticas; operador siniestro de los grandes sistemas, tengo las manos llenas de azules continentes. Aquí, desde esta borda, esperaré la caída de las hojas. La aviación anticipa sus despojos, y un puñado de pájaros defiende su memoria. Canción florecida de las rosas aéreas, propulsión entusiasta de las hélices nuevas, metáfora inefable despejada de alas. Cantar. Cantar. Todo es desde arriba equilibrado y superior, y la vida es el aplauso que resuena en el hondo latido del avión.

Manuel Maples Arce

Lied von einem Flugzeug aus (1927) Ich bin der Unbill aller Ästhetiken ausgesetzt, düsterer Lenker der großen Systeme, ich habe die Hände voll blauer Kontinente. Hier, von Bord aus, erwarte ich das Fallen der Blätter. Die Fliegerei nimmt ihre Trümmer vorweg, und eine Handvoll Vögel verteidigt ihr Andenken. Blühendes Lied der Rosen der Luft. begeisterter Antrieb der neuen Propeller, unsagbare Metapher bar aller Flügel. Singen. Singen. Von oben ist alles ausgewogen und erhaben und das Leben ist der Applaus, der im tiefen Pulsieren des Flugzeugs widerhallt.

Súbitamente el corazón voltea los panoramas inminentes; todas las calles salen hacia la soledad de los horarios; subversión de las perspectivas evidentes; looping the loop en el trampolín romántico del cielo, ejercicio moderno en el ambiente ingenuo del poema; la Naturaleza subiendo el color del firmamento. Al llegar te entregaré este viaje de sorpresas, equilibrio perfecto de mi vuelo astronómico; tú estarás esperándome en el manicomio de la tarde, así, desvanecida de distancias, acaso lloras sobre la palabra otoño. Ciudades del norte de la América nuestra, tuya y mía; New-York, Chicago, Baltimore. Reglamenta el gobierno los colores del día, puertos tropicales del Atlántico, azules litorales del jardín oceanográfico, donde se hacen señales los vapores mercantes; palmeras emigrantes,

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Plötzlich kehrt das Herz die nächsten Rundblicke um, alle Straßen führen zur Einsamkeit der Fahrpläne; Umsturz der klaren Perspektiven, Looping the loop auf dem romantischen Trampolin des Himmels, moderne Turnübung in der arglosen Welt des Gedichts, die Natur erklimmt die Farben des Firmaments.

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Bei Ankunft händige ich dir diese Reise der Überraschungen aus, vollkommenes Gleichgewicht meines Sternenflugs, du wirst auf mich im Irrenhaus des Abends warten, so, trunken von Entfernungen, weinst du vielleicht über das Wort Herbst.

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Städte des Nordens unseres Amerika, deines und meines; New York, Chicago, Baltimore.

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Die Lenkung regelt die Farben des Tages, tropische Häfen des Atlantiks, blaue Ufer des ozeanographischen Gartens, in dem sich die Handelsschiffe Zeichen geben, wandernde Palmen,

río caníbal de la moda, primavera, siempre tú, tan esbelta de flores. País donde los pájaros hicieron sus columpios. Hojeando tu perfume se marchitan las cosas, y tú lejanamente sonríes y destellas, ¡oh novia electoral, carroussel de miradas! lanzaré la candidatura de tu amor hoy que todo se apoya en tu garganta, la orquesta del viento y los colores desnudos. Algo está aconteciendo allá en el corazón. Las estaciones girando mientras capitalizo tu nostalgia, y todo equivocado de sueños y de imágenes; la victoria alumbra mis sentidos y laten los signos del zodíaco. Soledad apretada contra el pecho infinito. De este lado del tiempo, sostengo el pulso de mi canto; tu recuerdo se agranda como un remordimiento, y el paisaje entreabierto se me cae de las manos.

kannibalischer Fluß der Mode, Frühling, immer du, so blumenreich schlank. Land, in dem die Vögel ihre Schaukeln bauten. Beim Blättern in deinem Duft welken die Dinge, und du lächelst von fern und blinkst, oh Wahlbraut, Karussell der Blicke! Ich werde die Kandidatur deiner Liebe ausrufen, heute, wo sich alles auf deine Kehle stützt, das Orchester des Windes und die nackten Farben. Etwas geschieht dort im Herzen. Die Jahreszeiten kreisen, während ich deine Sehnsucht zu Kapital mache, und ganz verwirrt bin von Träumen und Bildern; der Sieg erhellt meine Sinne und die Tierkreiszeichen pochen. An die grenzenlose Brust gedrückte Einsamkeit. Auf dieser Seite der Zeit halte ich den Pulsschlag meines Gesangs; die Erinnerung an dich wird groß wie eine Gewissensqual, und die halbgeöffnete Landschaft entfällt meinen Händen.

Carlos Pellicer

Paisajes (1927) I Cuando los árboles entraban a la casa húmedos de aurora y con una mirada ponían azul lo que era blanco, y altas voces de juegos y poemas rompían la ventana tibia aún de los diálogos — palomas —, no pasaba nada. La mañana que vendía relojes de seis horas y desayunos de paisajes con toalla limpia y cuadernos con el arca de Noé y sus 20 atracciones mundiales al grito de amor y fe, como tenía los dedos de cristales y los ojos inmemoriales y los oídos de plata, no pasaba nada. Y mientras rezaba con mi madre, la puerta y yo pensábamos en ti, tan dulce, tan ligera y tan amante, que yo veía a los ciegos sumar, dividir y multiplicar las estrellas; y a los sordos dirigir el concierto de los ángeles. Tú, que eras un lirio en la noche con caminos y canciones y recuerdos de años con lágrimas y sangre y degollaciones de corazones inocentes.

Carlos Pellicer

Landschaften (1927) I Als die Bäume in das Haus traten, feucht von Morgenröte, und mit einem Blick blau werden ließen, was weiß war, und laute Stimmen aus Spielen und Gedichten das Fenster zerbrachen, das noch warm war von Gesprächen — Tauben —, geschah nichts. Da der Morgen, der Liebe und Glauben anpreisend Sechsstundenuhren verkaufte und Frühstück aus Landschaften mit sauberem Mundtuch und Hefte mit der Arche Noah und ihren 20 Weltwundern, Finger aus Kristallen besaß und uralte Augen und Ohren aus Silber, geschah nichts. Und während ich mit meiner Mutter betete, dachten die Tür und ich an dich, so süß, so leicht, so voll von Liebe, daß ich sah, wie die Blinden die Sterne addierten, dividierten und multiplizierten, und wie die Tauben das Engelskonzert dirigierten. Du, die eine Lilie in der Nacht warst mit Wegen und Liedern und Erinnerungen an Jahre voll Tränen und Blut und Hinrichtungen unschuldiger Herzen.

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II Yo estaba azul de ausencia — pedazos de mar y puertos urgentes — y mis cartas se quemaban en el camino lleno de palabras y poemas.

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¡Nuestro amor silencioso y ágil como un signo! Nuestro amor que maté porque lo necesitabas muerto para que fuésemos novios toda la vida en la bahía con luna de mi voz y de tu silencio.

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Y ahora soy ya la imagen opuesta a cien espejos: una gota de agua en los divinos ojos esféricos. Y te amo como los árboles al alba y por ti enseño a cantar a las águilas. Y tu belleza es mi tesoro que gasto en sostener el lujo de la aurora y los grandes robos al aire libre, de la noche. Eres la mujer morena de todas las épocas, la espiga bíblica, el pretexto colérico de la Ilíada, el encuentro anecdótico de Florencia, la fiesta de Quetzalcóatl y mi canción mecida entre las olas y las estrellas.

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El teléfono llama, pero todo es inútil, porque tú y yo estaremos siempre azules de ausencia.

II Blau färbte mich die Abwesenheit — Meeresfetzen und drängende Häfen — und meine Briefe verbrannten auf dem Weg, der voll von Worten und Gedichten war. Unsere Liebe, schweigsam und flink wie ein Zeichen! Unsere Liebe, die ich tötete, weil du ihren Tod brauchtest, um für das Leben einander versprochen zu sein in der Bucht mit Mond meiner Stimme und deines Schweigens. Und jetzt bin ich schon das Gegenbild von hundert Spiegeln, ein Wassertropfen in den göttlichen Sphärenaugen. Und ich liebe dich wie die Bäume das Morgenlicht, und für dich lehre ich die Adler singen. Und deine Schönheit ist mein Schatz, den ich vergeude, um die Pracht der Morgenröte zu bewahren und die großen Raubzüge der Nacht unter freiem Himmel. Du bist die dunkelhäutige Frau aller Zeitalter, die biblische Ähre, der aufbrausende Vorwand der Ilias, die schicksalhafte Begegnung in Florenz, das Fest des Quetzalcoatl und mein zwischen Wellen und Sternen gewiegtes Lied. Das Telefon klingelt, aber alles ist zwecklos, denn du und ich werden immer blau vor Abwesenheit sein.

José Juan Tablada

Tianguis (1928) Día de Plaza, día de trabajo, pero de alegría ... Desde ayer, de la azul serranía descendieron los indios marchantes hasta los hondos valles ... Pobláronse las calles de tropeles itinerantes ... Quedaron los polvosos caminos como los viejos códices, estampados con pies de peregrinos ... El Tianguis ... Del convento arcaico al Corral del Consejo es, al solar reflejo, palpitante mosaico ... De los indios contentos en los rostros de terracota la plácida sonrisa brota de la Diosa de los Mantenimientos. Cromática alegría de la plaza, verde jaspe de los chilacayotes; cinabrio de la flor de calabaza y alabastro de los chinchayotes ... ¡Toda la gama! Para hacer feliz al ojo del pintor ... Desde la negra noche hasta el día ... ¡Betún del huitlacoche y oro del pródigo maíz ...!

José Juan Tablada

Indianermarkt (1928) Markttag, Tag voll Arbeit, doch auch Freude ... Seit gestern sind die Indios mit ihren Waren von den blauen Bergketten bis in die tiefen Täler hinabgestiegen ... Die Straßen haben sich bevölkert mit Menschengewimmel... zurück blieben die staubigen Wege wie alte Codices, mit Pilgerfüßen bemalt. Der Markt... vom ehrwürdigen Kloster bis zum Corral del Consejo, ein pulsierendes Mosaik im Widerschein der Sonne ... Aus den Terracottagesichtern der heiteren Indios bricht das friedliche Lächeln der Göttin der Fülle ... Bunte Fröhlichkeit des Marktplatzes, Jaspisgrün der Chilacayotes; Zinnoberrot der Kürbisblüte und Alabaster der Chinchayotes ... Die ganze Farbenpracht. Das Malerauge zu erfreuen ... von der schwarzen Nacht bis zum hellen Tag ... Pech des Huitlacoche und Gold des fruchtbaren Mais ...!

Los áureos chiquihuites están llenos de chalchihuites. Y aquella polifonía ... ¡Del sinsonte la clara melodía; hozar del cerdo; piafar del caballo con el tema del canto del gallo de puerta en puerta, hasta la pulquería! Casa de adobes, del barro del ceramista, de la loza de Guadalajara, del nido de la golondrina. ¡Guajolote, cólera absurda carcajada inoportuna, montón de plumas! Un olor de copal que arrastra el viento perdura como hálito fatal... Es el vaho de ayer, es el aliento del icono ortodoxo y el ídolo ancestral. Y a su soplo en los rostros ambiguos de los indígenas estoicos lucen los antifaces pavorosos o heroicos de los dioses antiguos ... Y bajo de la lumbre meridiana, entre tanta esmeralda y tanta grana va el ánima perdida, hormiga que no halla la salida dentro de una batea michoacana...

Gelbfarbene Körbe voll buntem Krimskrams. Und dann das Zusammenspiel der Stimmen ... Das klare Lied der Spottdrossel, das Grunzen der Sau, das Getänzel der Pferde mit dem Thema des Hahnenschreis von Tür zu Tür, bis zur Pulqueschenke! Häuser aus Lehmziegeln, dem Ton des Kunsttöpfers, des Geschirrs aus Guadalajara, des Schwalbennestes. Truthahn, törichte Wut, unpassendes Gelächter, ein Aufwallen von Federn! Ein Geruch nach Kopalharz, den der Wind forttreibt, bleibt wie ein schicksalschwerer Hauch ... Es ist der Brodem von gestern, der Atem des Götzenbildes und der Statue von einst... Und in seinem Wehen erscheinen auf den rätselhaften Gesichtern der stoischen Indios die furchterregenden oder heroischen Masken der alten Götter ... Und unter dem Mittagslicht zwischen soviel Scharlachrot und Smaragdgrün irrt die verlorene Seele umher, eine Ameise die keinen Ausgang findet aus der irdenen Schüssel...

Jaime Torres Bodet

Destierro, I (1930) En el país automático de una lección de solfeo. Un reflector pronunciaba en voz alta las sombras. Y no había nacido aún ese visir de los cines que, al tropezar con las butacas, enciende una aurora boreal para descubrir el paisaje que está lloviendo en la orquesta. Nadie hubiera sabido decir a la máscara de qué negro pertenecía el turbante de un nombre. Se habían divorciado todas las cosas de la materia precisa para edificar un fantasma. Las ciudades, las ciudades mismas no eran sino el bostezo de hollín que nos ahoga, en los túneles, cuando los trenes expresos pasan a saco las selvas. Pero me enamoraban ciertos peligros. El silencio de la palmera que el surtidor de la fuente insertaba sobre un oasis de vidrio. La noche, capaz de despertar a las cítaras. Y el estallido de la victrola que hubiese enloquecido al sultán. De pronto, cuando el rumor no sabía por qué razón albergaba a las [formas, el tacto ignoraba el escándalo que las orejas veían y los ojos de las mujeres no habían aprendido aún a emigrar de los bustos, una voz — una voz que regresó de la sombra —

Jaime Torres Bodet

Entgrenzung, I (1930) Im automatischen Land einer Gesangstunde. Laut sprach ein Scheinwerfer die Schatten aus. Und dieser Wesir der Kinos war noch nicht geboren, der beim Stolpern über die Sitze ein Nordlicht entzündet, um die Landschaft, die ins Orchester regnet, zu entdecken. Niemand hätte sagen können, zu welcher Maske welchen Negers der Turban eines Namens gehörte. Alle Dinge hatten sich von der faßbaren Materie geschieden, um ein Phantom zu errichten. Die Städte, die Städte selbst waren nichts als das rußige Gähnen, das uns in den Tunneln erstickt, wenn die Expreßzüge plündernd durch die Urwälder ziehen. Aber mich machten gewisse Gefahren verliebt. Die Stille der Palme, die die Fontäne des Brunnens über eine Oase aus Glas einfügte. Die Nacht, die die Zithern wecken kann. Und das Aufheulen des Grammophons, das den Sultan in [Wahnsinn gestürzt hätte. Plötzlich, als das Raunen nicht wußte, warum es die Formen beherbergte, der Tastsinn den Skandal nicht bemerkte, den die Ohren sahen, und die Augen der Frauen noch nicht gelernt hatten, aus den Büsten zu steigen, brachte eine Stimme — eine Stimme, die aus dem Schatten zurückkehrte —

trajo un ramo de luz naciente para el pico de las alondras. ¿Qué hubiera sucedido a Simbad si mis labios, en ese momento, no hubiesen inventado las [islas? Todas las historias cabían en aquel vocabulario de insomnios: la que adorna el pecho de las esclavas con una aorta de [perlas y la que degüella a la esposa con un collar de rubíes ... ¡Palabras! Pero yo también, Scherezada, yo también te construyo ahora con el prodigio de una sola palabra. Diosa de las condenadas a muerte, patrona invisible de los conciertos de radio, directora de orquesta de los teléfonos, reina que preparas el mundo, todos los días, para la afirmación de los ojos de un príncipe ciego, yo te conjuro, en mitad de la noche de un viaje, y bendigo el horóscopo que el vaho de tu nombre congela en las ventanillas del [frío. Porque el sueño que no prolonga la inocencia de una [doncella pesa menos que una luciérnaga sobre la balanza del Juez.

einen Zweig aufgehenden Lichtes für den Schnabel der Lerchen. Was wäre Sinbad geschehen, wenn meine Lippen, in diesem Augenblick, nicht die Inseln [erfunden hätten? Alle Geschichten paßten in jenen Wortschatz der Schlaflosigkeiten: die, die den Busen der Sklavinnen mit einer Aorta aus [Perlen schmückt, und die, die die Gattin mit einer Kette aus Rubinen erdrosselt... Worte! Aber auch ich, Scheherazade, auch ich erbaue dich jetzt mit dem Wunder eines einzigen Wortes. Göttin der zum Tode Verurteilten, unsichtbare Schutzpatronin der Radiokonzerte, Dirigentin der Telefonorchester, Königin, die du die Welt bereitest, jeden Tag, den Augen eines blinden Prinzen zur Bestätigung, ich beschwöre dich, zur halben Nacht einer Reise, und segne das Horoskop, das der Hauch deines Namens an den Fenstern der Kälte [gefrieren läßt. Denn der Traum, der die Unschuld einer Jungfrau nicht [verlängert, wiegt auf der Waage des Richters weniger als ein Leuchtkäfer.

106 Jaime Torres Bodet

Destierro, II (1930)

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Para que el sonido del mar cupiese en el caracol de una oreja de nácar, la quilla de los transatlánticos arase el asfalto sangriento de las ciudades abiertas y las palabras de las buenas noticias floreciesen con tréboles de cuatro hojas la raíz submarina de los cables, no fue preciso un terremoto. Un solo sueño basta a quien espera la fe.

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Abajo, en las alcobas de los hoteles sonámbulos, donde el silencio cuenta las horas sobre la esfera luminosa de los cronómetros de los gatos, el mundo sigue cautivo de la ley de la gravedad.

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Para los que no duermen, dos y dos siguen siendo cuatro. Arquimedes saca del baño, todas las tardes, un tratado inédito de Geometría. La tierra cuelga del clavo en que la colocó una mañana de invierno el señor Laplace.

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Y los cuentos de hadas hacen sonreír solamente a los ciegos. Pero, en este recinto de corcho — estremecido por la marea oscilante del sueño — somos la pareja de los amantes dormidos que no quiso Noé conducir en el Arca.

Jaime Torres Bodet

Entgrenzung, II (1930) Damit das Rauschen des Meeres in die Schnecke eines Perlmuttohres paßte, der Kiel der Atlantikdampfer den blutigen Asphalt der offenen Städte durchpflügte und die Worte der guten Nachrichten aus den Wurzeln der Unterseekabel als vierblättriger Klee erblühten, bedurfte es keines Erdbebens. Ein einziger Traum reicht dem, der auf den Glauben wartet. Unten, in den Betten der schlafwandlerischen Hotels, wo die Stille die Stunden zählt, über dem leuchtenden Zifferblatt der Uhren der Katzen bleibt die Welt weiterhin dem Gesetz der Schwerkraft unterworfen. Für die, die nicht schlafen, bleiben zwei und zwei weiterhin vier. Archimedes bringt jeden Abend ein unveröffentlichtes Geometrietraktat mit aus dem Bad. Die Erde hängt an dem Nagel, an dem Herr Laplace sie eines Wintermorgens befestigt hat. Und die Märchen bringen nur die Blinden zum Lächeln. Aber in dieser Korkeinfriedung — die die schwankenden Gezeiten des Traumes ergreifen — sind wir das Paar schlafender Liebenden, das Noah nicht in die Arche führen wollte.

Estamos solos. Y no hemos traído del Diluvio una sola tarjeta postal. Para que no pidamos socorro a los ángeles, el Ladrón de Bagdad ha cortado las venas de los teléfonos. Ya no podrás decir a tus amigas que esta noche tomamos el té con Elena de Troya, en la terraza de una isla todavía mojada de las tempestades ingenuas de Homero. Junto al paraíso de humo, que enciende la poesía en la serpiente del narguilé. Sobre un mundo feliz de no ser todavía redondo ... ¡Dos mil quinientos años antes de que la vida girase en el disco del primer reloj de pulser;

Wir sind allein. Und wir haben von der Sintflut keine einzige Postkarte mitgebracht. Damit wir die Engel nicht um Hilfe bitten, hat der Dieb von Bagdad die Telefonadern durchschnitten. Jetzt kannst du deinen Freundinnen nicht mehr sagen, daß wir heute Nacht mit Helena von Troja Tee getrunken haben, auf der Terrasse einer Insel, die noch naß war von den unbekümmerten Stürmen Homers. Nahe dem Paradies aus Rauch, das die Poesie in der Schlange der Wasserpfeife entzündet. Auf einer Welt, die glücklich ist, noch nicht rund zu sein ... Zweitausendfünfhundert Jahre bevor das Leben auf dem Zifferblatt der ersten Armbanduhr kreiste!

Gilberto Owen

Naipe (1930) Estoy escuchando tras de la puerta. No es correcto, pero hablan de mí: he oído mi nombre, Juan, Francisco, qué sé yo cuál, pero mío. El hombre que es sólo una fotografía de mi padre — nada más, en la noche, el rostro y la barba más blancos que la blancura —, ese hombre afirma que es yo; alza la voz: "... como me llamo ..." No oigo bien el final, pero comprendo que ha pronunciado mi nombre, pues de pronto se le ha oscurecido el rostro también, y ya sólo se ve su barba caudal. Vamos por esa alta vereda, una línea sólo, un alambre a lo más, del filo de las doce. Y cabe él a mi lado, sin embargo, porque es el retrato de mi padre. Si cambiara su paso, si no fuera tan igual al mío, para no sentirme tan solo; si su voz sonara distinta, y en otra boca que la mía, para no mascarme la lengua. Hay una lámpara a la derecha; acaso el sol. En ella se suicidan mariposas de rostros mal recordados. El, como está desnudo, se empeña en ir del otro lado, vestido de mi sombra; es tan leve, que le basta apoyarse en la sombra de mi bastón para no cansarse nunca. En este naipe se dibuja, arriba, un jack de corazones, en la mitad de abajo un rey de espadas insomne, que es su reflejo absurdo, limitados por la línea invisible del filo de las doce. Pues soy demasiado lampiño para mi sombra, espejo que anticipa medio siglo la imagen.

Gilberto Owen

Spielkarte (1930) Ich lausche hinter der Tür. Das gehört sich nicht, aber sie sprechen über mich: ich habe meinen Namen gehört, Juan, Francisco, welchen auch immer, aber meinen, Der Mann, der nur ein Foto meines Vater ist — weiter nichts, in der Nacht, das Gesicht und der Bart weißer als weiß —, dieser Mann versichert, daß er ich ist; er hebt die Stimme: „... wie ich heiße..." Ich höre den Schluß nicht genau, aber mir ist klar, daß er meinen Namen ausgesprochen hat, denn sein Gesicht ist plötzlich auch dunkel, und man sieht nur seinen vollen Bart. Wir gehen auf diesem hohen Trottoir, nur eine Linie, höchstens ein Draht, eben vor zwölf. Und doch paßt er neben mich, weil er das Abbild meines Vaters ist. Wenn er doch seinen Schritt ändern würde, wenn er doch nicht so sehr meinem Gang gliche, damit ich mich nicht so einsam fühle; wenn seine Stimme doch anders klänge, aus einem anderen Mund, damit ich mir nicht auf die Zunge beiße. Rechts ist eine Lampe; vielleicht die Sonne. In ihr suchen Schmetterlinge halb vergessener Gesichter den Tod. Da er nackt ist, bemüht er sich, auf der anderen Seite zu gehen, bekleidet mit meinem Schatten; er ist so leicht, daß er sich nur auf den Schatten meines Stocks stützen muß, um nie müde zu werden. Auf dieser Karte ist oben ein Herzbube, auf der unteren Hälfte ein schlafloser Pikkönig, sein absurdes Spiegelbild. Sie sind durch die unsichtbare Linie eben vor zwölf getrennt. Ich bin jedoch noch zu milchbärtig für meinen Schatten, ein Spiegel, der das Bild um ein halbes Jahrhundert vorwegnimmt.

Gilberto Owen

Historia Sagrada (1930) Se hablaba de un desfile de camellos bajo el arco de triunfo del ojo de las agujas. De remolcadores como tortugas, bajo el puente de Brooklyn. Un niño levantaba en su diábolo ese paisaje en el que Cristo araba el mar. Sembraba amor, pero los periódicos se obstinaban en hablar sólo de tempestades. L o demás sucedía, todo y siempre, submarino, subterráneo y subconsciente. Un ciego cogía el arcoíris e improvisaba solos de violín en el horizonte. Pasaban los aeroplanos sobre el alambre de su estela, tendiendo ropa a secar. Las nubes no se cuidaban de merecer nada. El cielo marinero fumaba echando el humo por los ojos. Y como era el día del juicio, todos los gallos tocaban sus cornetas, anunciando la noche.

Después delDiluvio, el camino cojeaba un poco; le dieron las muletas de un puente. Unas mujeres le prendían sobre la espalda banderillas de lujo. También yo cojeaba, herido en el tendón del muslo por el ángel nono, en la escalera de la noche. L a cerca de piedra se reflejaba exacta en el camino. L a sierpe de piedra tenía en su boca la manzana. De cerca parecía un árbol redondo, pues estaba verde. Por eso la mujer no se la comía toda. Adán lloraba con la frente: "¿Tú crees aún en las cigüeñas?", le interrumpía su pérfida esposa. Y todos estábamos tristes, porque ya por entonces sólo era el Verbo solo. Pero, en realidad, yo había empezado el libro por el índice.

Gilberto Owen

Heilige Schrift (1930) Sie handelte von einem Zug Kamele durch den Triumphbogen des Nadelöhrs. Von Schleppern wie Schildkröten unter der Brooklynbrücke. Mit seinem Diabolo ließ ein Kind diese Landschaft hüpfen, in der Christus das Meer pflügte. Er säte Liebe, aber die Zeitungen berichteten beharrlich nur von Stürmen. Alles andere geschah immer unterseeisch, unterirdisch, unterbewußt. Ein Blinder ergriff den Regenbogen und improvisierte Yiolinensolos auf dem Horizont. Flugzeuge flogen über die Leine ihrer Kondenzstreifen und hängten Wäsche auf. Den Wolken war es gleichgültig, nichts wert zu sein. Der Meereshimmel paffte und stieß den Rauch aus seinen Augen aus. Und da es der Tag des Jüngsten Gerichts war, bliesen alle Hähne in ihre Trompeten und verkündeten die Nacht. Nach der Sintflut hinkte der Weg ein wenig; man gab ihm eine Brücke als Krücke. Einige Frauen stießen ihm prächtige Banderillas in den Rücken. Auch ich hinkte wegen einer Sehnenzerrung am Schenkel, die mir der neunte Engel auf der Leiter der Nacht beigebracht hatte. Die Umfriedung aus Stein spiegelte sich scharf auf dem Weg wieder. Die steinerne Schlange hatte den Apfel in ihrem Mund. Von nahem sah er aus wie ein runder Baum, denn er war grün. Deshalb aß die Frau ihn auch nicht ganz. Adam weinte mit der Stirn: „Glaubst du noch an den Storch?", unterbrach ihn seine hinterhältige Gattin. Und wir waren alle traurig, denn schon damals war nichts als das Wort. Aber eigentlich hatte ich das Buch mit dem Inhaltsverzeichnis begonnen.

Xavier Villaurrutia

Nocturno eterno (1931) Cuando los hombres alzan los hombros y pasan o cuando dejan caer sus nombres hasta que la sombra se asombra cuando un polvo más fino aún que el humo se adhiere a los cristales de la voz y a la piel de los rostros y las cosas cuando los ojos cierran sus ventanas al rayo del sol pródigo y prefieren la ceguera al perdón y el silencio al sollozo cuando la vida o lo que así llamamos inútilmente y que no llega sino con un nombre innombrable se desnuda para saltar al lecho y ahogarse en el alcohol o quemarse en la nieve cuando la vi cuando la vid cuando la vida quiere entregarse cobardemente y a oscuras sin decirnos siquiera el precio de su nombre cuando en la soledad de un cielo muerto brillan unas estrellas olvidadas y es tan grande el silencio del silencio que de pronto quisiéramos que hablara o cuando de una boca que no existe sale un grito inaudito que nos echa a la cara su luz viva y se apaga y nos deja una ciega sordera

Xavier Villaurrutia

Endloses Nachtstück (1931) Wenn die Menschen mit den Achseln zucken und vorübergehen oder wenn sie ihren Namen fallen lassen bis der Schatten erschauert wenn ein Staub feiner noch als Rauch sich auf das Glas der Stimme legt und auf die Haut der Gesichter und der Dinge wenn die Augen ihre Fenster schließen vor dem Strahl der freigiebigen Sonne und die Blindheit dem Verzeihen vorziehen und das Schweigen dem Schluchzen wenn das Leben oder was wir vergeblich so nennen und das nur mit einem unnennbaren Namen erscheint sich entblößt und auf das Lager wirft und sich im Alkohol ertränkt oder im Schnee verbrennt wenn das Le wenn das Leb wenn das Leben sich feige und im Dunkeln ergeben will ohne uns auch nur den Preis seines Namens zu nennen wenn in der Einsamkeit eines toten Himmels ein paar vergessene Sterne leuchten und die Stille der Stille so tief ist daß wir plötzlich wünschten sie möge sprechen oder wenn einem Mund der nicht ist ein nie gehörter Schrei entfährt der uns sein helles Licht entgegenschleudert und erlöscht und uns zurückläßt in einer blinden Taubheit

o cuando todo ha muerto tan dura y lentamente que da miedo alzar la voz y preguntar "quién vive" dudo si responder a la muda pregunta con un grito por temor de saber que ya no existo porque acaso la voz tampoco vive sino como un recuerdo en la garganta y no es la noche sino la ceguera lo que llena de sombra nuestros ojos y porque acaso el grito es la presencia de una palabra antigua opaca y muda que de pronto grita porque vida silencio piel y boca y soledad recuerdo cielo y humo nada son sino sombras de palabras que nos salen al paso de la noche

oder wenn alles gestorben ist so schwer und langsam daß es Angst einflößt die Stimme zu erheben und zu fragen „Wer da" stocke ich auf die stumme Frage zu antworten mit einem Schrei aus Furcht zu wissen daß ich schon nicht mehr lebe denn vielleicht lebt auch die Stimme in der Kehle nur mehr als eine Erinnerung und nicht die Nacht sondern die Blindheit füllt unsere Augen mit Schatten und vielleicht ist der Schrei die Gegenwart eines vergangenen Wortes undurchsichtig und stumm das plötzlich aufschreit denn Leben Schweigen Haut und Mund und Einsamkeit Erinnerung Himmel und Rauch sind nur Schatten von Worten die uns entgegentreten im Vorübergehen der Nacht

Bernardo Ortiz de Montellano

Sueño de amor (1933) (Fragmento) ... sorprendido veo una litera de camarote, cubierta y circulada toda por cortinas azules que suben y bajan y ondulan — como el mar— en movimiento de navegación tempestuosa. Mi pensamiento: Es el hombre desnudo y la mujer desnuda que ... (Fragmento de un sueño.) En la noche sin tierra de tus ojos despegados del agua y de los peces los sueños incineran muros de espesa hiedra lirios eternizados en el centro del hombre. En los ojos que cambian la mirada porque dos es amor se ahogan gritos de la sangre y el sexo y el horror y la lluvia y de tu voz extraña que ya a nada responde brota en dulces lactancias la agonía del perfume creador que nadie sabe en dónde repercute. Yibra junto a los ojos la guitarra profunda de los huesos mar de olvido rupestre y secas mariposas. El hálito del alma se entrelaza a la lluvia del sexo que diluvia hiriendo rocas musicales; duros senos reptiles madurecen como frutos conscientes que un pensamiento excita y el corazón recuerda en sus martillos

Bernardo Ortiz de Montellano

Liebestraum (1933) (Auszug) ... überrascht sehe ich eine Koje, ganz von blauen Vorhängen eingeschlossen und verhüllt, die sich heben und senken und rollen — wie das Meer — in stürmischem Wogen. Mein Gedanke: Es ist der nackte Mann und die nackte Frau, die ... (Fragment eines Traumes.) In der landlosen Nacht deiner Augen, losgelöst vom Wasser und den Fischen, äschern die Träume Mauern aus dichtem Efeu ein, erstarrte Lilien mitten im Menschen. In den Augen, die Blicke tauschen, denn zwei ist Liebe, ersticken Schreie des Blutes und des Geschlechts und des Schreckens und des Regens, und aus deiner fremden Stimme, die schon auf nichts mehr antwortet, bricht in süßem Stillen die Agonie des schöpferischen Duftes, der im Unbekannten widerhallt. Neben den Augen erzittert die tiefe Gitarre der Knochen, Felsenmeer des Vergessens und trockener Schmetterlinge. Der Atem der Seele verwebt sich mit dem Regen des Geschlechts, der musikalische Felsen verletzend herniederströmt; Brüste hart wie Reptilien reifen wie wache Früchte, die ein Gedanke erregt, und das Herz erinnert in seinem Hämmern

los martirios del hombre barrenando la noche con el cincel angosto de la angustia y la gubia que equilibra la danza con la lluvia. Arde en la sombra la carne vegetal úlcera de la miel del fruto blando conciencia electrizada de los plátanos negros y del azúcar más azucarada, palidece la arena de los labios y el ave de la lengua en nueve ramos mezcla a la sed de las ocultas flores la seca soledad del llano. Muros de espesa hiedra verdes eternizados detienen la mirada de los ojos cada vez más profundos y más altos y la sombra sonrisa que oscurece los párpados lleva lágrimas nuevas al sollozo y al canto. Pasan girando entonces barcos desmantelados los cuchillos del aire se entrecruzan las anclas que no acaban de bajar y el aullido del perro que anuncia la partida [de la noche y el abismo y la herida por donde rueda la piedra infinita que nos arrastra a la muerte del sueño que es la muerte en el puño cerrado [del olvido. No eres más que una flor ni menos que una nube. Concédeme la luna de tu desnudez para emboscarme noche.

an die Qual des Menschen, der den schmalen Stichel der Angst in die Nacht schlägt, und den Hohlmeißel, der den Tanz mit dem Regen im Gleichgewicht hält. Im Schatten brennt das pflanzliche Fleisch, Geschwür des Honigs aus der weichen Frucht, aufzuckendes Bewußtsein der schwarzen Bananen und des zuckersüßesten Zuckers, der Sand der Lippen erbleicht und der Vogel der Zunge mischt auf neun Zweigen unter den Durst der verborgenen Blumen die trockene Einsamkeit der Steppe. Grüne verewigte Mauern aus dichtem Efeu lassen den Blick der immer tieferen und höheren Augen stocken und der Lächelschatten, der die Lider verdüstert, bringt dem Schluchzen und dem Gesang neue Tränen. Abgetakelte Schiffe ziehen dann kreisend vorbei, die Klingen der Luft kreuzen sich, die Anker, die den Grund nicht finden, und das Jaulen des Hundes, der das Schwinden der Nacht [verkündet, und der Abgrund und die Wunde, in die der unendliche Stein rollt, der uns mit sich reißt in den Tod des Traumes, den Tod in der geschlossenen [Faust des Yergessens. Du bist nicht mehr als eine Blume, noch weniger als eine Wolke. Gewähr mir den Mond deiner Nacktheit, um mich zu Verstecken als Nacht.

122 Salvador Novo

Del pasado remoto ... (1934) (Fragmento) Los folletos de propaganda revolucionaria, el Gobierno al servicio del proletariado, los intelectuales proletarios al servicio del Gobierno 85 los radios al servicio de los intelectuales proletarios al servicio del Gobierno de la Revolución para repetir incesantemente sus postulados hasta que se graben en las mentes de los proletarios — de los proletarios que tengan radio y los escuchen. 90

95

Crece el tiempo en silencio, hojas d e hierba, polvo d e las tumbas que agita apenas la palabra. El Himno del trabajo en la cuidad antigua, edificada sobra agua los hombres hacen puertas y levantan paredes o conducen gente de un sitio al otro o fabrican pan

o vigilan las grandes máquinas que escupen su negrura sobre sus carnes fláccidas loo o componen en plomo las frases de los pensadores o vocean la cotidiana sabiduría de los periódicos o envejecen detrás de los mostradores o de los escritorios o en las cárceles o en los hospitales 105 o destazan la carne sanguinolenta, y la pesan o leen atentamente las ofertas de empleo en los diarios o llaman a las puertas y muestran un brazo paralizado.

123 Salvador Novo

Aus uralter Z e i t . . . (1934) (Auszug) Die Flugblätter mit revolutionären Parolen, die Regierung im Dienste des Proletariats, die proletarischen Intellektuellen im Dienste der Regierung, 85 die Radiosender im Dienste der proletarischen Intellektuellen im Dienste der Regierung der Revolution, um unaufhörlich ihre Forderungen zu wiederholen, bis sie sich in die Köpfe der Proletarier eingraben — der Proletarier, die ein Radio haben und ihnen zuhören. 90 Lautlos wächst die Zeit, Halme aus Gras, Staub von den Gräbern, den das Wort kaum bewegt. Die Hymne an die Arbeit in der alten, auf Wasser gebauten Stadt, 95 die Menschen zimmern Türen und errichten Mauern oder fahren Leute von einer Stelle zur anderen oder backen Brot oder stehen an den großen Maschinen, die ihren schwarzen Saft auf ihr schlaffes Fleisch spucken, IOO oder setzen die Sätze der Denker in Blei oder rufen die täglichen Weisheiten der Zeitungen aus oder werden alt hinter den Ladentischen oder den Schreibpulten oder in den Gefängnissen oder Krankenhäusern 105 oder säbeln das rotblutige Fleisch ab und wiegen es oder lesen aufmerksam die Stellenanzeigen in den Blättern oder klingeln an den Türen und zeigen einen verkrüppelten Arm.

124 Pero concluido el Himno del trabajo pueden iniciar el Himno de la alegría, lio pueden ir a un cine y comer cacahuates o pueden escuchar en la radio una Conferencia Antialcohólica con números de música cubana o ir a tomarse un tequila a la esquina o pulque y tacos, 115 o asistir a una conferencia sobre los anhelos y las realizaciones del Plan Sexenal. "En Rusia, compañeros, el proletariado organizado derrocó la tiranía de los zares y redujo a cenizas el capitalismo y la burguesía. 120 El comunismo es una doctrina extraña en nuestro medio, no pudimos sostener relaciones diplomáticas con la [Unión Soviética, pero la Educación Socialista preparará a tus hijos a vivir el momento histórico y la realidad mexicana dentro de los postulados 125 del Instituto Político de la Revolución Mexicana. La capacitación de las masas trabajadoras, los anhelos de reivindicación del proletariado ..." Le dicen los poetas proletarios: CAMPESINO, 130 toma la hoz y traza tu destino. (Se lo dicen en la ciudad, o por radio y él no puede escucharlos.) Los pintores lo graban en los muros de las oficinas abrazando al obrero, 135 viendo salir el Sol de las Reivindicaciones, cargado de flores o de paja o descendiendo a las minas negras. (El no ha visto esos muros, y en su choza cuelga un viejo almanaque de los productos Báyer

125 Doch wenn die Hymne an die Arbeit verklungen ist, können sie die Hymne an die Freude anstimmen, 110 können in ein Kino gehen und Erdnüsse essen oder können im Radio einen Vortrag hören gegen den Alkohol mit kubanischen Musikeinlagen oder können an der Ecke einen Tequila kippen oder Pulque trinken, Tacos essen 115 oder einer Rede beiwohnen über die Ziele und Erfolge des Sechsjahresplans. „In Rußland, Genossen, hat das vereinte Proletariat die Tyrannei des Zaren gestürzt und den Kapitalismus und die Bourgeoisie ausgelöscht. 120 Der Kommunismus ist eine Lehre, die unserer Kultur fremd ist, wir konnten mit der Sowjetunion keine diplomatischen [Beziehungen unterhalten, aber die Sozialistische Erziehung wird deine Kinder darauf vorbereiten, den historischen Moment und die mexikanische Wirklichkeit zu leben im Rahmen 125 der Forderungen des Instituto Politico der Mexikanischen Revolution. Die Schulung der Arbeitermassen, die Forderungen und Ziele des Proletariats ..." Die proletarischen Dichter sagen ihm: CAMPESINO, 130 nimm die Sichel und dein Schicksal in deine Hand (Sie sagen ihm das in der Stadt oder über Radio und er kann sie nicht hören). Die Maler verewigen ihn auf den Mauern der Amtsgebäude Arm in Arm mit dem Arbeiter, 135 den Blick gerichtet auf den Sonnenaufgang der Losungen, beladen mit Blumen oder Stroh, oder wie er hinabsteigt in die schwarzen Bergwerkstollen. (Er hat diese Mauern nie gesehen und in seiner Hütte hängt ein alter Bayer-Kalender

126 140 o el retrato de Miss Arizona en traje de baño que cortó de un rotograbado dominical.) Cuando suele venir a la ciudad trae a cuestas dos costales de tierra de encino para las macetas de trozos de platos 145 que adornan las casas de los pensadores proletarios o viene a venderle a míster Davis unos sarapes o a vocear lúgubremente una ruda escalera o dos petates o unos jarros toscos o chichicuilotitos vivos. 150 Y si tiene fuerzas se llega caminando hasta la Villa de Guadalupe a encenderle una vela a la Virgen porque en su atraso y su ignorancia no sabe que ya no hay Dios, ni santos, 155 ni cielo, ni infierno, ni que la doctrina marxista, la oferta y la demanda, la plusvalía y la saturación de la plata integran la preocupación más honda del Gobierno emanado de la Revolución. 160 Se llega, tímido, a la elegante y sabia ciudad, vestido de manta, descalzo y callado, miedoso de los automóviles raudos y se vuelve a su tierra por los caminos desmoronados en que crece el tiempo en silencio 165 pisando hojas de hierba, polvo de las tumbas que agita apenas la palabra.

127 140 oder das Foto der Miss Arizona im Badeanzug, das er aus einer Sonntagsbeilage ausgeschnitten hat.) Wenn er in die Stadt kommt, schleppt er auf dem Rücken zwei Säcke mit Muttererde für die Blumentöpfe aus Tellerscherben, 145 die die Häuser der proletarischen Denker schmücken, oder er verkauft Mister Davis ein paar handgewebte Decken oder preist traurig eine roh gezimmerte Leiter an oder zwei Bastmatten oder ein paar plumpe Krüge oder kleine Stelzvögelchen. 150 Und wenn er Kraft hat läuft er bis zur Kirche der Heiligen Guadalupe, um der Jungfrau eine Kerze anzuzünden, denn in seiner Einfalt und Rückständigkeit weiß er nicht, daß es Gott nicht mehr gibt, keine Heiligen, 155 keinen Himmel, keine Hölle, noch daß die marxistische Lehre, Angebot und Nachfrage, der Mehrwert und die Profitrate die Regierung der Revolution am tiefsten beschäftigen. 160 Verschüchtert kommt er in die elegante, gebildete Stadt, barfüßig, in eine Decke gehüllt und schweigend, verängstigt durch die brausenden Automobile, und er kehrt in sein Dorf zurück auf den verfallenen Wegen, auf denen lautlos die Zeit wächst, 165 tritt auf Halme aus Gras, Staub von den Gräbern, den das Wort kaum bewegt.

Carlos Pellicer

Horas de junio (1937) ¿Por qué si ya estoy lleno de mí mismo quiero de ti la brisa, el agua, todo tu ser en mí, profundo de tal modo que yo sea el abismo de tu abismo? Gloria será de mágico cinismo ir a tus cielos desde el noble lodo. Jerarquía: tu codo con mi codo, encontrarte y decir: tú eres yo mismo. Fuerza y fusión en que el amor se ahonda y baja al seno de mayor altura. Arriba pisa el pie vidas de onda y abajo, en lo más alto, se enriquece la unidad de los dos en la figura de un árbol submarino que florece. Esta noche mis ojos no se cierran, esta noche me enciendo como el día, toda la noche es río de alegría, toda la noche tú noches encierran. Déjame ser el blanco en que no yerran las manos habituales de tu guía; óyeme sin mirarme en este día en que cien noches sobre mí se cierran. Tú eres la inmensidad, el imposible amor, el dulce amor, amor terrible,

Carlos Pellicer

Junistunden (1937) Warum, wenn ich schon erfüllt bin von mir, will ich von dir die Brise, das Wasser, dein ganzes Sein in mir, so tief, daß ich Abgrund werde deines Abgrunds? In deinen Himmel einzutreten aus dem erhabenen Morast, muß Seligkeit sein von gewaltiger Magie, sitzend zur rechten: du und ich, Seite an Seite, dich finden und sagen: du bist ich. Stärke und Vereinigung, in die die Liebe eindringt und hinabsteigt in den Schoß höchster Höhe. Dort oben betritt man Leben aus Wellen, und unten, auf der höchsten Höhe, wächst unser beider Einheit in der Gestalt eines blühenden Meeresbaums. Heute nacht schließen sich meine Augen nicht, heute nacht werde ich licht wie der Tag, die ganze Nacht ist ein Strom aus Freude, die ganze Nacht du von Nächten umschlossen. Laß mich die Zielscheibe sein, die die gewohnten Hände, von dir geführt, nicht verfehlen; hör mich, ohne mich anzusehen an diesem Tag, wo hundert Nächte über mir zusammenfallen. Du bist die Unermeßlichkeit, die unmögliche Liebe, die sanfte Liebe, die schreckliche Liebe,

la distancia constante de mí mismo. Y quiero estar en ti, quiero ese viaje de infinidad, igual a su heroísmo de ser la luz, la nube y el paisaje. Abrí mi pecho cual una ventana y eras el horizonte, un vago monte con nubes de oro, nubes de horizonte compuesto de la noche a la mañana. ¡Cuánto tardas allí, cosa lejana! Veo y busco tu faz de monte a monte. Nivelé el corazón al horizonte y está en mi mano cual una manzana. Si de tanto mirar lo que no miro cayera de mis ojos la belleza como la hoja del árbol — suspiro —, y la llevaran el viento y la brisa con tal cuidado que toda tristeza fuera sólo un comienzo de sonrisa.

der Abstand zu mir selbst, der immer gleich bleibt. Und ich will in dir sein, will diese Reise aus Unendlichkeit, ihrer Heldenhaftigkeit gleich, das Licht zu sein, die Wolke und die Landschaft. Ich habe meine Brust geöffnet wie ein Fenster und du warst der Horizont, ein undeutlicher Berg mit Wolken aus Gold, Wolken aus Horizont, der über Nacht entstanden war. Wie lange du dort verharrst, so weit entfernt! Ich sehe und suche dein Antlitz von Berg zu Berg. Ich machte das Herz dem Horizont gleich, und es liegt in meiner Hand wie ein Apfel. Als fiele nach so vielem Sehen, was ich nicht sehe, aus meinen Augen die Schönheit wie das Blatt vom Baume — Seufzer — und der Wind und die Brise nähmen sie mit sich, so sorgsam, daß alle Traurigkeit nur der Beginn eines Lächelns wäre.

Octavio Paz

Raíz del hombre (1937) XV Bajo el desnudo y claro Amor que danza hay otro negro amor, callado y tenso, amor de oculta herida. No llegan las palabras a su inefable abismo, eterno Amor inmóvil y terrible. Bajo este Amor de soledad herida hay una dulce ira, un ciego amor de ira, torbellino sombrío donde tu nombre en sangre me devasta. Bajo este Amor de fieras agonías hay una sed inmóvil, un enlutado río, presencia de la muerte, donde canta el olvido nuestra muerte. Bajo esta muerte, Amor, dichoso y mudo, no hay venas, piel ni sangre, sino la muerte sola; frenéticos silencios, eternos, confundidos, inacabable Amor manando muerte.

Octavio Paz

Urgrund des Menschen (1937) XV Unter der nackten und lichten Liebe, die tanzt, gibt es eine andere, schwarze Liebe, schweigsam und drohend, Liebe einer Wunde im Verborgenen. Die Worte gelangen nicht an ihren unsagbaren Abgrund, ewige Liebe, starr und schrecklich. Unter dieser Liebe aus verletzter Einsamkeit gibt es einen sanften Zorn, eine blinde Zornesliebe, düsterer Wirbel, in dem dein Name blutgeschrieben mich verheert. Unter dieser Liebe grausamer Todeskämpfe gibt es einen starren Durst, einen Fluß in Trauer, Gegenwart des Todes, in dem Vergessen unseren Tod besingt. Unter diesem Tod, Liebe, glückhaft und stumm, gibt es keine Adern, keine Haut, kein Blut, sondern nur den einsamen Tod; tobende Stille, ewig, umrißlos, unerschöpfliche Liebe, der Tod entströmt.

Xavier Villaurrutia

North Carolina Blues (1937) a Langston Hughes En North Carolina el aire nocturno es de piel humana. Cuando lo acaricio me deja, de pronto, en los dedos, el sudor de una gota de agua. En North

Carolina

En North

Carolina

En North

Carolina

En North

Carolina

Meciendo el tronco vertical, desde las plantas de los pies hasta las palmas de las manos el hombre es árbol otra vez.

Si el negro ríe enseña granadas encías y frutas nevadas. Mas si el negro calla, su boca es una roja entraña.

¿Cómo decir que la cara de un negro se ensombrece?

Xavier Villaurrutia

North Carolina Blues (1937) für Langston Hughes In North Carolina ist der Nachtwind aus Menschenhaut. Wenn ich ihn streichle hinterläßt er mir plötzlich an den Fingern den Schweiß eines Wassertropfens. In North Carolina

Im Wiegen des geraden Körpers von den Fußwurzeln bis in die Verzweigungen der Hand ist der Mensch wieder Baum. In North Carolina

Wenn der Neger lacht, zeigt er granatenes Zahnfleisch und beschneite Frucht. Doch wenn der Neger schweigt, ist sein Mund ein rotes Eingeweide. In North Carolina

Wie soll man sagen: Das Gesicht eines Negers verdüstert sich? In North Carolina

Habla un negro: — Nadie me entendería si dijera que hay sombras blancas en pleno día. En North

Carolina

En North

Carolina

En North

Carolina

En North

Carolina

En diversas salas de espera aguardan la misma muerte los pasajeros de color y los blancos, de primera.

Nocturnos hoteles: llegan parejas invisibles, las escaleras suben solas, fluyen los corredores, retroceden las puertas, cierran los ojos las ventanas. Una mano sin cuerpo escribe y borra negros nombres en la pizarra.

Confundidos cuerpos y labios, yo no me atrevería a decir en la sombra: Esta boca es la mía.

Ein Neger spricht: „Niemand würde mich verstehen, wenn ich sagte, daß es weiße Schatten gibt am hellichten Tag." In North Carolina In getrennten Wartesälen hocken die farbigen Reisenden und die weißen, erster Klasse, und warten auf denselben Tod. In North Carolina Nächtliche Hotels: unsichtbare Paare treffen ein, allein steigen die Treppen empor, es fließen die Korridore, die Türen weichen zurück, die Fenster schließen die Augen. Eine körperlose Hand schreibt und wischt fort schwarze Namen an der Tafel. In North Carolina Verschmolzen Körper und Lippen, ich würde nicht wagen im Schatten zu sagen: Dieser Mund gehört mir. In North Carolina

•138 Salvador Novo

Never ever (1938) (Fragmento) II el sueño de anoche triple cuádruple pleno plano Plinio plinii secundi leo Leobardo Leopardi lee de cabo a rabo 80 de cabotaje sabotaje salvaje sálvame sargento argento [agente gente gentil genil genital genuflexa general genérico [genético frenético sin freno sin fresno sin fresco sin frasco sin asco sintasco sintáctico sintético simétrico similibus liber libri la pobre mujer se inventaba aventuras matutinas 85 que la dejaban exhausta para cuando los demás llegaban y luego les fingía unos celos desproporcionados pero ella ah ahora en la mañana ya nadie se lo creía ya sabe que aquí me encuentra y hacía unos grandes [ademanes unos grandes alemanes unos grandes alamanes en cuanto a la otra pobre vieja que se enfría con una negativa y no entiende la coquetería porque toda su vida [ha buscado el amor amor amor 95 no señora es verdaderamente imposible que usted esté satisfecha con esta vida algo le falta sí le faltaban siquiera otros tres pero ella quería decir amor amor loo amor 90

139 Salvador Novo

Never ever (1938) (Auszug) II Der Traum letzte Nacht dreifach vierfach plan platt Plinius Plinii Secundi ich lese Leobardo Leopardi liest von vorn bis hinten 80 von Takellage zu Sabotage säuberlich erlöse mich Sergeant [Agent bekennt Leute leutselig genial Genital allgemeines Kniegefall generisch [genetisch frenetisch zügellos eschenlos freskenlos flaschenlos ekellos sinternd syntaktisch synthetisch symmetrisch similibus liber libri die arme Frau bildete sich morgendliche Abenteuer ein 85 die sie erschöpft zurückließen wenn die anderen kamen und dann spielte sie ihnen kolossale Eifersuchtsszenen vor doch sie ah jetzt am Morgen glaubte ihr niemand mehr und Sie wissen ja wo Sie mich finden und machte ein paar [gewaltige Gesten ein paar gewaltige Germanen ein paar gewaltige Kumpanen 90 was nun die andere da betrifft die sich an ihrer Abfuhr abkühlt und nichts vom Flirten versteht weil sie ihr ganzes Leben [nur suchte nach Liebe Liebe Liebe 95 nein verehrte Frau es ist wirklich unmöglich daß sie zufrieden sind mit diesem Leben irgendetwas fehlt Ihnen ja ihr fehlten wenigstens drei andere aber sie wollte sagen Liebe Liebe IOO Liebe

140 como ella lo entendía lo extendía día día una vez puede pasar porque a cualquiera le pasa a todos les ha pasado pero cuando el llanto y el quebranto de quererte tanto en fin yo cómo voy a entender eso ella sabrá 105 y todos los que hacen traducciones de Omar Kayam detective tampoco a mi amiga la pueden acusar de enamorarse porque yo la he visto y qué descanso cuando simplemente nos vamos y sobre una máquina cualquiera mientras es oscura y propicia todo es cuestión de luz más luz o menos luz licht mehr licht i lo aber wir alie wir zwei sind genug heute nur heute nur Goethe es lebt die freiheit tatachún tatachún tatatatá rachún valiente pendejada dedicarse a cubrir un siglo el Siglo de las Luces las Rosas las Juanas y las Celias para al fin venir a casarse con Adela y tener relaciones con [los parnasianos lis être un fou qui se croyait un fou ergo quod eram demons[trandum al fin de los siglos todavía estarán royendo el pan como enormes ratas semejante a osos que disgregan el maíz

141 wie sie es verstand und entband Band Band einmal kann das ja durchgehen denn es passiert jedem allen ist das passiert aber wenn der Kummer und der Schmerz weil ich dich doch so liebe also wie soll ich das verstehen 105 aber sie wird schon wissen und alle die Omar Kayam den Detektiv übersetzen auch meiner Freundin können sie nicht vorwerfen sich zu verlieben denn ich habe sie gesehen und was für eine Erholung wenn wir einfach nur losfahren und auf irgendeiner Maschine solange es dunkel und günstig ist ist alles nur eine Frage 110 des Lichts mehr Licht oder weniger Licht „Licht mehr Licht aber [wir alle wir zwei sind genug heute nur heute nur Goethe es lebt die Freiheit" tatatschun tatatschun tatatata ratschun toller Blödsinn ein ganzes Jahrhundert abzudecken das Jahrhundert der Aufklärung der Rosas Johannas und Celias um schließlich Adele zu heiraten und mit den Parnassianern [zu verkehren lis être un fou qui se croyait un fou ergo quod erat demonstrandum am Ende aller Zeiten werden sie noch am Brot nagen wie riesige Ratten die Bären gleichen beim Zerpflücken des Mais

Xavier Villaurrutia

Nostalgia de la nieve (1938) ¡Cae la noche sobre la nieve! Todos hemos pensado alguna vez o alguien — yo mismo — lo piensa ahora por quienes no saben que un día lo pensaron ya, que las sombras que forman la noche de todos los días caen silenciosas, furtivas, escondiéndose detrás de sí mismas, del cielo: copos de sombra. Porque la sombra es la nieve oscura, la impensable callada nieve negra. ¡Cae la nieve sobre la noche! ¡Qué luz de atardecer increíble, hecha del polvo más fino, llena de misteriosa tibieza, anuncia la aparición de la nieve! Luego, por hilos invisibles y sueltos en el aire como una cabellera, descienden copos de pluma, copos de espuma. Y algo de dulce sueño, de sueño sin angustia, infantil, tierno, leve goce no recordado tiene la milagrosa forma en que por la noche caen las silenciosas sombras blancas de nieve.

Xavier Villaurrutia

Sehnsucht nach Schnee (1938) Nacht fällt auf den Schnee! Wir haben alle einmal gedacht oder jemand — ich selber — denkt es jetzt für jene, die nicht wissen, daß sie es schon einmal gedacht haben, daß die Schatten, die die Nacht eines jeden Tages bilden, stumm, flüchtig, versteckt hinter sich selbst, vom Himmel fallen: Schattenflocken. Denn der Schatten ist der dunkle Schnee, der unerfindliche, schweigsame, schwarze Schnee. Schnee fällt auf die Nacht! Welch unglaubliches Abendlicht, aus feinstem Staub, voll geheimnisvoller Wärme, sagt das Nahen des Schnees voraus! Dann, an unsichtbaren Fäden, und schwebend in der Luft wie offenes Haar, fallen Flocken aus Flaum, Flocken aus Schaum. Und etwas aus süßem Traum, einem Traum ohne Angst, kindliche, zarte, leichte, nie erlebte Wonne, liegt in diesem wundersamen nächtlichen Fallen von schweigenden weißen Schatten aus Schnee.

Octavio Paz

El barco (1938)* Para Arturo Serrano

Plaja

Sobre las aguas implacables, de acero y llamas, que en las desiertas horas, pobladas sólo por la sedienta [noche y un tiempo sin medida, se levantan frenéticas, en una desnuda, verde súplica, van sol maderos tristes, van los hierros, la sal y los carbones, la flor del fuego, los aceites, las mercaderías espesas y el fruto de la tierra. Con los maderos sollozantes, con los despojos turbios y las verdes espumas, van los hombres. Sobre el mar como una immensa boca desdeñosa, frente del mar perpetuo, los hombres devorándose, naciendo, indefensa ternura hundida en las bodegas: los hombres con sus lechos, sus venenos lentísimos, su enmohecida sangre, en exilio de ese latido tibio que les hizo ágiles [y ardientes, en destierro de ese lugar callado, preferido,

* A mi regreso, en Lisboa, subieron trescientos españoles, viejos todos, gente de campo. Habían escapado, puesto que rebasaban de edad militar, de la zona facciosa. Ningún testimonio más horrendo, que el de estos pobres viejos, que ya no querían de su suelo, de su partria, sino un pedazo de tierra. Y el hecho de huir de sus tumbas arroja fuego sobre la realidad espantosa del franquismo.

Octavio Paz

Das Schiff (1938)* Für Arturo Serrano Plaja Auf den unerbittlichen Wassern aus Stahl und Flammen, die in den öden Stunden, die nur die durstige Nacht und [eine zeitlose Zeit bewohnen, sich tobend erheben in einem nackten, grünen Flehen, treiben die traurigen Planken dahin, treiben die eisernen Spanten, das Salz und die Kohle, das leuchtende Feuer, die Öle, die Warenballen und die Frucht der Erde. Mit den ächzenden Planken, mit dem trüben Treibgut und dem grünen Schaum treiben die Menschen. Uber dem Meer wie einem riesigen verächtlichen Mund, angesichts des ewigen Meeres, verschlingen sich die Menschen, kommen zur Welt, schutzlose, in die Luken gesenkte Zartheit, die Menschen mit ihren Schlafstätten, ihrem schleichenden Giftfraß, ihrem rostigen Blut, herausgerissen aus dem warmen Pulsieren, das sie geschickt [sein ließ und leidenschaftlich, verbannt aus diesem schweigenden, geliebten Flecken Land, * Auf meiner Rückreise stiegen in Lissabon dreihundert Spanier, alles alte Leute, Menschen vom Land, an Bord.Sie waren aus der Zone der Aufständischen entkommen, weil sie nicht mehr zum Militärdienst taugten. Es gibt kein schrecklicheres Zeugnis als diese armen Alten, die von ihrem Land, ihrer Heimat, nur noch ein Stück Erde wollten. Daß sie aus ihren Gräbern flohen, wirft einen Feuerschein auf die entsetzliche Wirklichkeit des Franquismus.

ese lugar de tierra viva y llanto como sepulcro suyo señalado por la muerte. Partidos por la guerra, empujados de sus tierras a otras, rotas las horas suyas, las que inundaron con su sangre, con ese esperma suyo que por la tierra gime, sin retorno, como un balido de las agrias manadas fugitivas, contemplan gravemente el cielo despoblado. Tímidos campesinos de voces hondas de naranja [y sidra, españoles de pétreos pechos rotos, hombres hermosos como el silencio, que hacían la tierra dulce con sus manos, vencido fruto oscuro. Sus anchos pies danzantes alzaban los espesos sonidos [nupiales del viñedo o el apretado fuego de los puros cerezos, ardiendo contra el viento, cara al cielo; a tierra estremecida bajo sus pies cantaba como tambor o [vientre delirante, tal la pradera temblorosa bajo los toros ciegos y violentos, de huracanado luto rodeados. La guerra los empuja, triste ceniza humilde de mis huesos, hombres que sólo llevan ya a la muerte su diminuta muerte. Como la luz perdida de su origen palpa carbón el hombro [sin memoria, como la langua ciega siente su mutilada sed, viva [y estéril,

diesem Land aus lebendiger Erde und Leid als das ihnen vom Tod zugewiesene Grab. Zerspalten vom Krieg, aus ihrem Land in andere gestoßen, ihre Stunden zerbrochen, die sie mit ihrem Blut überströmten, mit ihrem Sperma, der nach der Erde ohne Wiederkehr stöhnt, wie ein Geblöke stechend riechender, fliehender Herden, betrachten sie ernst den unbewohnten Himmel. Schüchterne Bauern mit tiefen Stimmen aus Orangen und [Apfelwein, Spanier mit zerbrochenen Brüsten aus Stein, Menschen, schön wie die Stille, die die Erde süß machten mit ihren Händen, dunkle, reife Frucht. Ihre breiten, tanzenden Füße ließen die schweren Hoch[zeitstöne des Weinbergs aufsteigen oder das gedrungene Feuer der reinen Kirschbäume, die zum Himmel gerichtet gegen den Wind brannten; unter ihren Füßen erzitterte die Erde und dröhnte wie eine [Trommel oder ein wühlender Bauch, gleich der erhebenden Weide unter den blindwütigen, von Orkane tobender Trauer umfangenen Stieren. Der Krieg stößt sie fort, traurige, armselige Asche meiner Knochen, Menschen, die nur noch ihren winzigen Tod dem Tod zutragen. Wie das Licht, das den Ursprung verloren hat, ertastet [Kohle die Schulter ohne Erinnerung, wie die blinde Zunge lebendig und unfruchtbar ihren verstümmelten Durst spürt,

así estos lentos viajes deslavados, estos vagos semblantes [sementeras, hacia su muerte huyen, la muerte niña que nació con ellos, creció en las mismas horas que sus horas, bebiendo el mismo tiempo que bebían. Tocan sus manos inocentes el sitio de la ternura humilde, descienden al entrañable tiempo sin medida, al tiempo inmóvil que habita el llanto solo, eterno, y alzan allí sus corazones, como la sal disueltos, deshojados, como la muerte misma, como la vida oscura, informe, desbordante. Los hombres son la espuma aérea de la Tierra, su dulce flor de huesos y de carne, el poblador esperma del planeta. Hijos de la ternura son de llanto; sólo su llanto, sin salida, en otro ajeno los sumerge. Y renacen del llanto, diluviales, hechos amargas aguas por la tierra, olvidados, como la flor del agua. Allí los reconozco, allí los nombro con los ardientes nombres de mis lágrimas, y me disuelvo en ellos, y me salvo.

fliehen diese langsamen, verwaschenen Fahrten, diese vagen [Gesichter der Aussaat, in ihren Tod, den ganz kleinen Tod, der mit ihrer Geburt entstand, seine Stunden wachsen ließ mit ihren Stunden und dieselbe Zeit trank, die sie tranken. Ihre unschuldigen Hände berühren den Sitz der einfachen Zartheit, steigen hinab in die Tiefe der unermeßlichen Zeit, der unbeweglichen Zeit, die das einsame, ewige Leid bewohnt, und pflanzen dort ihre Herzen auf, wie das Salz zerflossen, entblättert, wie der Tod selbst, wie das dunkle, gestaltlose, überquellende Leben. Die Menschen sind der luftige Schaum der Erde, ihr süßer Kern aus Knochen und Fleisch, der lebensspendende Sperma des Planeten. Kinder der Zartheit sind sie aus Leid; nur ihr Leid ohne Ausweg versenkt sie in fremdes Leid. Und aus dem Leid entstehen sie neu, Sintfluten gleich, bittere Wasser auf der Erde, vergessen, als das flutende Wasser. Dort erkenne ich sie wieder, dort rufe ich sie mit den brennenden Namen meiner Tränen und werde eins mit ihnen und rette mich.

150 José Gorostiza

Muerte sin fin (1939) (Fragmento) En la red de cristal que la estrangula, el agua toma forma, la bebe, sí, en el módulo del vaso, para que éste también se transfigure 500 con el temblor del agua estrangulada que sigue allí, sin voz, marcando el pulso glacial de la corriente. Pero el vaso — a su vez — 505 cede a la informe condición del agua a fin de que — a su vez — la forma misma, la forma en sí, que está en el duro vaso sosteniendo el rencor de su dureza y está en el agua de aguijada espuma 510 como presagio cierto de reposo, se pueda sustraer al vaso de agua; un instante, no más, no más que el mínimo perpetuo instante del quebranto, 515 cuando la forma en sí, la pura forma, se abandona al designio de su muerte y se deja arrastrar, nubes arriba, por ese atormentado remolino en que los seres todos se repliegan 520 hacia el sopor primero, a construir el escenario de la nada. Las estrellas entonces ennegrecen. Han vuelto el dardo insomne a la noche perfecta de su aljaba.

151 José Gorostiza

Endloser Tod (Auszug)

500

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5io

515

520

In dem kristallenen Netz, das es erdrosselt, nimmt das Wasser Gestalt an, ja, trinkt diese in der Hohlform des Glases, damit auch es sich verwandle, im Erzittern des erdrosselten Wassers, das stumm dort weiter den eisigen Puls des Dahinströmens schlägt. Doch das Glas — seinerseits — gibt dem gestaltlosen Sein des Wassers nach, damit — ihrerseits — die Form selbst, die Form an sich, die in dem harten Glase lebt und den Groll seiner Härte trägt und in dem Wasser aufgepeitschten Schaumes treibt wie eine sichere Ahnung der Ruhe, sich dem Glas Wasser entziehen kann; einen Moment nur, nicht mehr, nicht mehr als den winzigen immerwährenden Moment des Zerbrechens, wenn die Form an sich, die reine Form, der Bestimmung ihres Todes verfällt, sich mitreißen läßt, die Wolken zuoberst, von diesem gepeinigten Wirbel, in dem alle Wesen wieder eingehen in die ursprüngliche Dumpfheit, um die Bühne des Nichts zu errichten. Dann verdunkeln sich die Sterne. Sie haben den schlaflosen Pfeil der vollkommenen Nacht seines Köchers zurückgegeben.

152 525 Porque en el lento instante del quebranto, cuando los seres todos se repliegan hacia el sopor primero y en la pira arrogante de la forma se abrasan, consumidos por su muerte 530 — ¡ay, ojos, dedos, labios, etéreas llamas del atroz incendio! — el hombre ahoga con sus manos mismas, en un negro sabor de tierra amarga, los himnos claros y los roncos trenos 535 con que cantaba la belleza, entre tambores de gangoso idioma y esbeltos címbalos que dan al aire sus golondrinas de latón agudo; ay, los trenos e himnos que loaban 540 la rosa marinera que consuma el periplo del jardín con sus velas henchidas de fragancia; y el malsano crepúsculo de herrumbre, amapola del aire lacerado 545 que se pincha en las púas de un gorjeo; y la febril estrella, lis de calosfrío, punto sobre las íes de las tinieblas; y el rojo cáliz del pezón macizo, 550 sola flor de granado en la cima angustiosa del deseo, y la mandragora del sueño amigo que crece en los escombros cotidianos — ay, todo el esplendor de la belleza 555 y el bello amor que la concierta toda en un orbe de imanes arrobados.

153 525 Denn in dem währenden Moment des Zerbrechens, wenn alle Wesen wieder eingehen in die ursprüngliche Dumpfheit und auf dem anmaßenden Scheiterhaufen der Form aufgezehrt von ihrem Tod, Feuer fangen 530 — weh den Augen, Fingern, Lippen, flüchtige Flammen des grausamen Feuersturms! — löscht der Mensch mit seinen eigenen Händen, in einem schwarzen Geschmack nach bitterer Erde, die lichten Hymnen und die heiseren Klagen aus, 535 mit denen er die Schönheit besang inmitten näselnder Trommeln und schlanker Zimbeln, die ihre Schwalben aus schrillem Messing aufsteigen lassen; weh den Klagen und Hymnen 540 die die Meeresrose rühmten, die mit geblähten Segeln aus Blütenduft den Garten umschifft; und der unheilvollen rostfarbenen Dämmerung, Mohnblüte der zerschundenen, von den Zacken 545 des Vogelgezwitschers zerstochenen Luft; und dem erzitternden Stern, Lilie des Schauderns, Punkt auf den Is der Finsternis; und dem roten Kelch der festen Knospe der Brust, 550 einsame granatene Blume auf dem angsterfüllten Gipfel des Begehrens, und der Alraune des freundlichen Traums, der auf den täglichen Trümmern wächst, — weh all dem Glanz der Schönheit 555 und dem Liebesglück, das mit ihr wetteifert in einer Sphäre verzückter Anziehungen.

Xavier Villaurrutia

Nocturno de la alcoba (1941) La muerte toma siempre la forma de la alcoba que nos contiene. Es cóncava y oscura y tibia y silenciosa, se pliega en las cortinas en que anida la sombra, es dura en el espejo y tensa y congelada, profunda en las almohadas y, en las sábanas, blanca. Los dos sabemos que la muerte toma la forma de la alcoba, y que en la alcoba es el espacio frío que levanta entre los dos un muro, un cristal, un silencio. Entonces sólo yo sé que la muerte es el hueco que dejas en el lecho cuando de pronto y sin razón alguna te incorporas o te pones de pie. Y es el ruido de hojas calcinadas que hacen tus pies desnudos al hundirse en la alfombra. Y es el sudor que moja nuestros muslos que se abrazan y luchan y que, luego, se rinden. Y es la frase que dejas caer, interrumpida. Y la pregunta mía que no oyes, que no comprendes o que no respondes. Y el silencio que cae y te sepulta cuando velo tu sueño y lo interrogo.

Xavier Villaurrutia

Nachtstück des Schlafgemachs (1941) Der Tod nimmt immer die Gestalt des Schlafgemachs an, das uns umhüllt. Er ist konkav und dunkel und warm und schweigsam, er schmiegt sich in die Vorhänge, in denen der Schatten nistet, ist hart im Spiegel und straff und eisig, tief in den Kissen und weiß auf den blanken Laken. Wir beide wissen, daß der Tod Gestalt annimmt des Schlafgemachs und daß im Schlafgemach er der kalte Raum ist, der zwischen uns eine Mauer errichtet, eine Wand aus Glas, ein Schweigen. Dann weiß nur ich, daß der Tod die Leere ist, die du auf dem Lager hinterläßt, wenn du plötzlich ohne Grund dich aufrichtest oder aufstehst. Und daß er das Rascheln verkohlter Blätter ist, das von deinen Füßen kommt, wenn sie in den Teppich sinken. Und daß er der Schweiß auf unseren Schenkeln ist, die sich umschlingen und kämpfen und sich dann ergeben. Und daß er der abgebrochene Satz ist, den du fallen läßt. Und meine Frage, die du nicht hörst, die du nicht verstehst oder nicht beantwortest. Und daß er das Schweigen ist, das niedersinkt und dich begräbt, wenn ich über deinem Schlaf wache und ihn befrage.

Y solo, sólo yo sé que la muerte es tu palabra trunca, tus gemidos ajenos y tus involuntarios movimientos oscuros cuando en el sueño luchas con el ángel del sueño. La muerte es todo esto y más que nos circunda, y nos une y separa alternativamente, que nos deja confusos, atónitos, suspensos, con una herida que no mana sangre. Entonces, sólo entonces, los dos solos, sabemos que no el amor sino la oscura muerte nos precipita a vernos cara a cara a los ojos, y a unirnos y a estrecharnos, más que solos [y náufragos, todavía más, y cada vez más, todavía.

Und einsam dann weiß nur ich, daß der Tod dein abgeschnittenes Wort ist, dein fremdes Stöhnen und deine dunklen, unwillkürlichen Bewegungen, wenn du im Schlaf kämpfst mit dem Engel des Schlafs. Der Tod ist all das und mehr, als uns umgibt und uns vereint und trennt zugleich, als uns verwirrt macht, ungewiß, betroffen, mit einer Wunde, aus der kein Blut fließt. Dann nur und nur dann wissen wir, einsam beide, daß nicht die Liebe, sondern der dunkle Tod uns treibt, von Angesicht zu Angesicht uns anzuschauen, uns zu vereinen und zu umarmen, mehr als einsam noch [und schiffbrüchig, weit mehr noch und jedes Mal mehr, weit mehr.

Efraín Huerta

Los hombres del Alba (1944) Y después, aquí, en el oscuro seno del río más oscuro, en lo más hondo y verde de la vieja ciudad, estos hombres tatuados: ojos como diamantes, bruscas bocas de odio más insomnio, algunas rosas o azucenas en las manos y una desesperante ráfaga de sudor. Son los que tienen en vez de corazón un perro enloquecido, o una simple manzana luminosa, o un frasco con saliva y alcohol, o el murmullo de la una de la mañana, o un corazón como cualquiera otro. Son los hombres del alba. Los bandidos con la barba crecida y el bendito cinismo endurecido, los asesinos cautelosos con la ferocidad sobre los hombros, los maricas con fiebre en las orejas y en los blandos ríñones, los violadores, los profesionales del desprecio, los del aguardiente en las arterias, los que gritan, aullan, como lobos con las patas heladas. Los hombres más abandonados, más locos, más valientes: los más puros.

Efraín Huerta

Die Bewohner des Morgengrauens (1944) Und dann hier, im dunklen Bett des dunkelsten Flusses, in den tiefsten Tiefen der alten Stadt, diese Gezeichneten: Augen wie Diamanten jähe Münder des Hasses und der Schlaflosigkeit, einige Rosen oder Lilien in den Händen und einen hoffnungsleeren Windstoß aus Schweiß. An der Stelle des Herzens sitzt ihnen ein tobender Hund, oder ein einfacher leuchtender Apfel oder ein Flakon mit Speichel und Alkohol oder das Gemurmel um ein Uhr morgens oder ein Herz wie bei jedem anderen. Es sind die Bewohner des Morgengrauens. Die Banditen mit dem Stoppelbart und der gesegneten, hart gewordenen Schamlosigkeit, die lauernden Mörder mit der Grausamkeit auf den Schultern, die Strichjungen mit Fieber in den Ohren und in den weichen Lenden, die Vergewaltiger, die Experten der Verachtung, die mit dem Fusel in den Adern, die schreien, heulen, wie Wölfe mit erfrorenen Pfoten. Die einsamsten Menschen, die verrücktesten, die tapfersten: die aufrichtigsten.

Ellos están caídos de sueño y esperanzas, con los ojos en alto, la piel gris y un eterno sollozo en la garganta. Pero hablan. Al fin, la noche es una misma siempre, y siempre fugitiva: es un dulce tormento, un consuelo sencillo, una negra sonrisa de alegría, un modo diferente de conspirar, una corriente tibia temerosa de conocer la vida un poco envenenada. Ellos hablan del día. Del día, que no les pertenece, en que no se pertenecen, en que son más esclavos; del día, en que no hay más caminos que un prolongado silencio o una definitiva rebelión. Pero yo sé que tienen miedo del alba. Sé que aman la noche y sus lecciones escalofriantes. Sé de la lluvia nocturna cayendo como sobre cadáveres. Sé que ellos construyen con sus huesos un sereno monumento a la angustia. Ellos y yo sabemos estas cosas: que la gemidora metralla nocturna, después de alborotar brazos y muertes, después de oficiar apasionadamente como madre del miedo, se resuelve en rumor, en penetrante ruido, en cosa helada y acariciante, en poderoso árbol con espinas plateadas, en reseca alambrada: en alba. En alba

Sie fallen um vor Müdigkeit und Hoffnung, die Augen nach oben gerichtet, die Haut grau und ein endloses Schluchzen in der Kehle. Aber sie sprechen. Schließlich ist die Nacht immer gleich, und immer flüchtig: eine süße Qual, ein einfacher Trost, ein schwarzes Lächeln vor Freude, eine andere Art der Verschwörung, ein warmer Strom, der sich scheut das leicht vergiftete Leben wahrzunehmen. Sie sprechen vom Tag. Vom Tag, der ihnen nicht gehört, an dem sie nicht sie selbst sind, an dem sie noch erniedrigter sind; vom Tag, an dem es keinen anderen Weg gibt, als ein verlängertes Schweigen oder einen endgültigen Aufstand. Aber ich weiß, daß sie sich fürchten vor dem Morgengrauen, weiß, daß sie die Nacht und ihre schrecklichen Lehren lieben. Ich kenne den nächtlichen Regen, der wie auf einen Leichnam fällt. Ich weiß, daß sie mit ihren Knochen der Angst ein gelassenes Denkmal setzen. Sie und ich, wir wissen das: daß das pfeifende Splittergeschoß der Nacht, wenn es Arme und Tode aufgewirbelt, wenn es mit Leidenschaft seinen Dienst getan hat als Mutter der Angst, sich in ein Rauschen auflöst, ein durchdringendes Geräusch, in ein eiskaltes, schmeichelndes Etwas, einen mächtigen Baum mit silbrigen Dornen, eine drahtumspannte Verdorrtheit: in Morgengrauen. In Morgengrauen,

con eficacia de pecho desafiante. Entonces un dolor desnudo y terso aparece en el mundo. Y los hombres son pedazos de alba, son tigres en guardia, son pájaros entre hebras de plata, son escombros de voces. Y el alba negrera se mete en todas partes: en las raíces torturadas, en las botellas estallantes de rabia, en las orejas amoratadas, en el húmedo desconsuelo de los asesinos, en la boca de los niños dormidos. Pero los hombres del alba se repiten en forma clamorosa, y ríen y mueren como guitarras pisoteadas, con la cabeza limpia y el corazón blindado.

mit der Wirksamkeit einer trotzigen Brust. Dann erscheint in der Welt ein nackter, glatter Schmerz. Und die Menschen werden Bruckstücke des Morgengrauens, werden Tiger auf der Lauer, werden Vögel zwischen Silberfasern, werden Trümmer aus Stimmen. Und das grausame Morgengrauen dringt überall ein: in die gefolterten Baumwurzeln, die vor Wut zersplitternden Flaschen, die blaugefrorenen Ohren, die feuchte Trostlosigkeit der Mörder, den Mund der schlafenden Kinder. Doch die Bewohner des Morgengrauens kommen lärmend immer wieder, und lachen und sterben wie zertretene Gitarren, den Kopf klar und das Herz gepanzert.

Octavio Paz

Conversación en un bar (1949) Un espejo empañado y rostros empañados, niebla de ahogados, hundiéndose en el vaho del espejo. Voces de todos los colores, voces de humo, voces de ceniza.

— Sábado por la tarde, sin permiso. La soledad se puebla y todo quema. (El viento del Oeste son dos vientos: en la noche es un búfalo fantasma, al alba es un ejército de pájaros). — Pardeaba. Les dije entonces: Tengo un detalle, ¿vamos? (— Las muchachas del Sur corren desnudas en la noche. Sus huellas en la arena son estrellas caídas, joyas abandonadas por el mar). — Eramos tres: un negro, un mexicano y yo. Nos arrastramos por el campo, pero al llegar al muro una linterna ... (— En la ciudad de piedra la nieve es una cólera de plumas). — Nos encerraron en la cárcel. Yo le menté la madre al cabo. Al rato las mangueras de agua fría. Nos quitamos la ropa, tiritando. Muy tarde ya, nos dieron sábanas. (— En otoño los árboles del río dejan caer sus hojas amarillas en la espalda del agua.

Octavio Paz

Unterhaltung in einer Bar (1949) Ein beschlagener Spiegel und beschlagene Gesichter, Nebel Ertrunkener, die im Dunst des Spiegels versinken, Stimmen aus allen Farben, Stimmen aus Rauch, Stimmen aus Asche.

— Samstagabend, ohne Ausgang. Die Einsamkeit bevölkert sich, und es ist brennend heiß. (Der Westwind sind zwei Winde: nachts ist er ein Geisterbüffel, im Morgengrauen eine Heerschar von Vögeln). Es dunkelte. Das sagte ich zu ihnen: Ich weiß etwas. Gehen wir? (— Die Mädchen im Süden haben nachts nichts an. Ihre Spuren im Sand sind herabgefallene Sterne, Edelsteine, die das Meer zurückgelassen hat). — Wir waren zu dritt. Ein Neger, ein Mexikaner und ich. Wir krochen über das Feld, doch als wir an die Mauer kamen, eine Laterne ... (— In der Stadt aus Stein ist der Schnee ein Aufbrausen aus Federn). — Sie sperrten uns ein. Ich nannte den Unteroffizier einen Hurensohn. Kurz darauf kaltes Wasser aus Schläuchen. Zitternd vor Kälte zogen wir die Kleider aus. Sehr viel später erst bekamen wir Bettücher. (— Im Herbst lassen die Bäume am Fluß ihre gelben Blätter auf den Wasserrücken fallen.

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Y el sol, en la corriente, es una lenta mano que acaricia una garganta trémula). — Después de un mes la vi. Primero al cine, luego a bailar. Bebimos tres cervezas. En una esquina nos besamos ... (— El sol, las rocas rojas del desierto y un cascabel erótico: serpientes. Esos amores fríos en un lecho de lavas ...) — El fuego del infierno es fuego frío. Voces de humo, voces de cenzia. Yo todo el cielo era el empañado cielo de un espejo.

Und in der Strömung ist die Sonne eine gemächliche Hand, die eine erbebende Kehle streichelt). — Einen Monat später sah ich sie. Zuerst ins Kino, dann tanzen. Wir tranken drei Bier. An einer Ecke küßten wir uns ... (— Die Sonne, die roten Felsen der Wüste und eine aufreizende Viper: Schlangen. Diese kalten Paarungen in einem Bett aus Lava ...). — Das Feuer der Hölle ist kaltes Feuer. Stimmen aus Rauch, Stimmen aus Asche. Und der ganze Himmel war der beschlagene Himmel eines Spiegels.

Octavio Paz

Razones para morir (1949) 1 Unos me hablaban de la patria. Mas yo pensaba en una tierra pobre, pueblo de polvo y luz, y una calle y un muro y un hombre silencioso junto al muro. Y aquellas piedras bajo el sol del páramo y la luz que en el río se desnuda ... olvidos que alimentan la memoria, que ni nos pertenecen ni llamamos, sueños del sueño, súbitas presencias con las que el tiempo dice que no somos, que es él quien se recuerda y él quien sueña. No hay patria, hay tierra, imágenes de tierra, polvo y luz en el tiempo ... 2 Otros me hablaban de la gloria. ¿Durar? ¿Dura la flor? Su llama fresca en la mano del viento se deshoja: la flor quiere bailar, sólo bailar. ¿Duran el árbol y sus hojas, — vestidura que al viento es de rumores y al sol es de reflejos —? ¿Este cielo, infinito que reposa, es el mismo de ayer, nubes de piedra? No durar: ser eterno, labios en unos labios,

Octavio Paz

Gründe zu sterben (1949) 1 Einige sagten mir etwas von Vaterland. Doch ich dachte an eine unfruchtbare Erde, ein Dorf aus Staub und Licht und eine Straße und eine Mauer und einen stummen Mann an der Mauer. Und jene Steine unter der Sonne der Odnis und das Licht, das sich im Fluß entblößt ... Vergessenes, das die Erinnerung nährt, das uns nicht gehört, das wir nicht rufen, Träume des Traums, plötzliche Gegenwart, durch die die Zeit sagt, daß wir nicht sind, daß sie es ist, die sich erinnert und träumt. Es gibt kein Vaterland, es gibt Erde, Bilder der Erde, Staub und Licht in der Zeit ... 2 Andere sagten mir etwas von Ruhm. Uberdauern? Uberdauert die Blume? Ihre aufleuchtende Flamme entblättert sich in der Hand des Windes: Die Blume will tanzen, nur tanzen. Uberdauert der Baum und seine Blätter — Kleid, das Rauschen ist im Wind und Widerschein in der Sonne —? Dieser Himmel, ruhende Unendlichkeit, ist er wie gestern, Wolken aus Stein? Nicht überdauern: ewig sein, Lippen auf Lippen,

luz en la cima de la ola, viva, soplo que encarna al fin y es una plenitud que se derrama. Ser eterno un instante, vibración amarilla del olvido.

3 La rima que se acuesta con todas las palabi la Libertad, a muerte me llamaba, alcahueta, sirena de garganta leprosa. Virgen de humo de mi adolescencia la Libertad me sonreía como un abismo contemplado desde el abismo de nosotros mismos. La Libertad es alas, es el viento entre hojas, detenido por una simple flor; y el sueño en el que somos nuestro sueño; es morder la naranja prohibida, abrir la vieja puerta condenada y desatar al prisionero: esa piedra ya es pan, esos papeles blancos son gaviotas, son pájaros las hojas y pájaros tus dedos: todo vuela.

4 Mas otros no me hablaban. En su silencio yo escuchaba mi silencio. "Nada explica mi muerte, porque el silencio es un espejo negro

Licht auf dem Kamm der Welle, Helligkeit, Hauch, der endlich Gestalt annimmt und Fülle ist, die sich ergießt. Ewig sein einen Augenblick, gelbes Erzittern des Vergessens. 3 Der Reim, der es mit allen Wörtern treibt, die Freiheit, sie rief mich auf Leben und Tod, Kupplerin, Sirene mit lepröser Kehle. Reines Trugbild meiner Jugend, die Freiheit lächelte mir zu wie ein Abgrund, der vom Abgrund unser selbst betrachtet wird. Die Freiheit bedeutet Flügel, Wind zwischen den Blättern, den eine einfache Blume festhält; und den Traum, in dem wir selbst unser Traum sind; bedeutet hineinzubeißen in die verbotene Frucht, die alte fluchbeladene Tür zu öffnen und den Gefangenen loszubinden: dieser Stein ist schon Brot, dieses weiße Papier sind Möwen, die Blätter sind Vögel und Vögel deine Finger: alles fliegt. 4 Doch noch andere sagten mir nichts. In ihrem Schweigen hörte ich mein Schweigen. „Nichts macht verständlich meinen Tod, denn das Schweigen ist ein schwarzer Spiegel,

donde se ahogan todas las preguntas". Y en su silencio sólo había un bostezo infinito — y luego, nada.

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in dem alle Fragen ertrinken" und in ihrem Schweigen war nur ein unendliches Gähnen — und danach nichts.

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Anhang

Salvador Gallardo (1893-1981) Geb. in Río Verde, im mexikanischen Bundesstaat San Luis Potosí, gest. in Aguascalientes, der Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates im nördlichen Zentralmexiko. Medizinstudium. Nach ersten lyrischen Versuchen im spätmodernistischen Stil schließt er sich Ende 1922 zusammen mit List Arzubide dem Estridentismo an. Er ist Mitverfasser des zweiten „schrillistischen" Manifests und Initiator des Manifiesto Estridentista N° 3 (Zacatecas 1925). Bis zu ihrer Auflösung 1927 gehört er der Gruppe der Estridentisten an. Er lebt später in Aguascalientes und nimmt an Lyrikwettbewerben in der Provinz teil. Förderer des kulturellen Lebens in Aguascalientes und Begründer der Zeitschrift Acá(1952 — 58) und Paralelo (1957 — 1962). Unter den Verfechtern des Estridentismo ist Gallardo einer der aktivsten. Seine Gedichte vermitteln einen guten Eindruck der Merkmale „schrillistischen" Schreibens, die auch bei den anderen Mitgliedern der Bewegung anzutreffen sind. Einzelveröffentlichungen: El pentagrama eléctrico. Puebla 1925; Frente a fr-ente. México 1934; Santa Juana de Asbaje. Poema dramático en tres actos. Aguascalientes 1956; Caín y Abel. Aguascalientes 1960; Raíces. Aguascalientes 1963; Laberinto de quimeras. Aguascalientes 1966; La cartilla extraviada. México 1978. Gesammelte Werke: Antología inconclusa. Aguascalientes 1981. „Pentagrama" (Pentagramm) Text: El estridentismo. Antología. Prólogo y selección por Luis Mario Schneider. México: UNAM 1983. Das Gedicht, dessen Abfassungszeit unklar ist, gibt der Sammlung El pentagrama eléctrico (1925) von Gallardo den Namen. Es ist als

eine antimimetische Beschreibung einer Stadtlandschaft bei Anbruch der Dämmerung aufgebaut. Die Überschrift enthält vielleicht eine Anspielung auf Straßenfluchten in Form von Diagonalen eines Pentagramms. Sie könnte sich auch auf die fünf Teile des Gedichts beziehen. Eine Verbindung zum traditionellen magischen Gehalt des Pentagramms ist hingegen nicht erkennbar. Ebenso wie die anderen Texte zeigt auch dieses Gedicht klar die Merkmale der „schrillistischen" Schreibweise. Kurioserweise finden sich hier die grünen Augen der Geliebten wieder (Vers 14—15), die in Vrbe\on Maples Arce begegnen, der Vers 68 auch den Ausdruck „pentagrama" benutzt. Vers 7 — 8: Die Übersetzung vermag zwar die Respektlosigkeit des Textes gegenüber sozialen Tabus zu verdeutlichen, verengt jedoch auch die Bedeutungsvielfalt von sp. „desflorar". Vers 11—12: Hier zeigt sich sehr schön der Bruch mit der traditionellen poetischen Aura des Mondes. In den Versen könnte ein Reflex des Lunario sentimental (1909) von Lugones liegen, der die Bewunderung der hispanoamerikanischen Avantgarde jener Jahre genoß. Vers 13: Zu dieser kubistischen Einmontierung eines visuellen Eindrucks, hier eines Warnschilds, vgl. „Esquina" (Vers 3) von List Arzubide. „Puerto" (Hafen) Text: ebenda Auch dieses Gedicht gehört zu der Sammlung El pentagrama eléctrico (1925). Die Stadtlandschaft bezieht sich hier auf die Hafenstadt Veracruz, identifizierbar freilich nur anhand der im Original hinzugefügten Datierung „Veracruz 1925", die einige der Bilder und Einmontierungen wie „palmeras cimbreantes/cocos en erección" (Vers 6 — 7) oder „¡¡Playa 5 centavos!!" für Fahrziel und Fahrpreis konkretisiert. Noch bis in die siebziger Jahre hinein bogen dort die offenen Straßenbahnen für nun allerdings schon 50 Centavos vor der Silhouette der vom Seewind zerfetzten Kokospalmen kreischend in die Strandpromenade ein.

José Gorostiza (1901-1973) Geb. in Villahermosa, Tabasco, gest. in Mexiko-Stadt. Besuch der Escuela Nacional Preparatoria. Erste literarische Veröffentlichungen in Zeitschriften. 1925 erscheint sein Gedichtband Canciones para cantar en las barcas, der die von Enrique González Martínez begründete modernistische Dämpfung fortsetzt und zum Teil an volksliedhafte Strömungen der spanischen Lyrik des späten 16. Jahrhunderts anknüpft. 1927 Eintritt in den diplomatischen Dienst. 1929 Professor für mexikanische Literatur an der Nationaluniversität. 1932 Professor für neuere Geschichte an der Pädagogischen Hochschule und Direktor des Departamento de Bellas Artes. 1935 Rückkehr ins Außenministerium. Die in diesen J a h r e n geschriebenen Gedichte und Essays werden erst Jahrzehnte später in Buchform ediert. 1939 erscheint das Langgedicht Muerte sinfin. Danach veröffentlicht Gorostiza keine Lyrik mehr. Nur ein 1948 in Bogotá verfaßtes Gedicht wird noch bekannt. Die diplomatische Karriere führt ihn über viele Stufen 1953 zum Posten eines Staatssekretärs des Äußeren und schließlich 1964 f ü r einige Monate in das Amt des Außenministers. Ab 1965 ist er Vorsitzender der nationalen Kernenergiekommission. Seine gesammelten Gedichte erscheinen 1964. Fünf J a h r e später gibt die Universität von Guanajuato sein Prosawerk heraus. Unter den Contemporáneos nimmt Gorostiza einen bedeutenden Rang ein. Sein schmales Werk, das in Muerte sinfin gipfelt, kann als immer neue Auseinandersetzung mit der Konzeption einer reinen, durch die Form ihrer selbst gewissen Kunst verstanden werden, die schließlich zum radikalen Zweifel an deren Tragfähigkeit führt. Die Sprachverwendung und gedankliche Tiefe insbesondere von Muerte sinfin haben ihm weit über Mexiko hinaus den Ruf eines großen Lyrikers eingetragen, den er mit nur wenigen spanischsprachigen Autoren des 20. J a h r h u n d e r t s teilt.

Einzelveröffentlichungen: Canciones para cantar en las barcas. México 1925; Muerte sin fin. México 1939 (21952); Honor a los héroes de la independencia. México 1957. Gesammelte Werke: Poesía. México 1964; Prosa. Guanajuato 1969. Untersuchungen (Auswahl): Debicki, Andrew P.: La poesía de José Gorostiza. México 1962. Dehennin, Elsa: Antithese, oxymore etparadoxisme: Approches rhétoriques de lapoésie de José Gorostiza. Paris 1973. Garza Cuarón, Beatriz: „Simetrías y correspondencias en Muerte sin fin de José Gorostiza", in: Blanca Elvira Mora Sánchez et al.: Deslindes literarios. México 1977, S. 83 — 94. Gelpí, Juan: Enunciación y dependencia en José Gorostiza. Estudio de una máscara poética. México 1984. Paz, Octavio: „Muerte sin fin", in: ders.: Las peras de olmo. México 1957, S. 105-114. Rubín, Mordecai S.: Una poética moderna: JMuerte sin fin' de José Gorostiza. México 1966. „Muerte sin fin- (Endloser Tod) Text: Poesía. 1964. Veröffentlicht zuerst 1939 in 550 Exemplaren, dann 1952 mit einem Kommentar von Octavio Paz, der als Essay in dessen Prosasammlung Las peras del olmo (1957) aufgenommen wird. Die Abfassungszeit ist unklar. Wahrscheinlich ist ein Zeitpunkt nach den Gedichten, die später die Sektion „Del poema frustrado" in Poesía (1964) bilden, also relativ kurz vor der Publikation im Jahre 1939. Das Gedicht umfaßt insgesamt 749 Verse und besteht aus zehn Teilen, von denen einige nochmals untergliedert sind. Ein einheitliches Metrum liegt nicht vor. Es fällt aber auf, daß sich der fünfte und

zehnte Teil einer volksliedhaften Schreibweise annähern, die sie von den anderen Teilen unterscheidet. Die Grundkonstellation, aus der sich der Inhalt des Gedichts entwickelt, ist der Gegensatz zwischen dem formlosen Wasser und dem formenden Glas, das es umfängt. Dieser Gegensatz drängt sprachlich zu Antithesen, die im Oxymoron gipfeln. So ist schon der Titel des Gedichts oxymorontisch, insofern „muerte" gegenüber „endlos" das Bedeutungselement (Sem) + [zeitlich abgegrenzt] einschließt, wenn man die Bedeutung „cesación de la vida" (Beendigung des Lebens) bzw. fig. „acción de acabarse, desaparecer o destruirse una cosa; particularmente, una sociedad, un afecto, o, en lenguaje informal, una cosa que se utiliza" (Vorgang der Beendigung, des Verschwindens oder Sich-Zerstörens einer Sache, besonders einer Gesellschaft, einer Zuneigung oder, umgangssprachlich, einer Sache, die man benutzt) zugrunde legt, die Maria Moliner, Diccionario de uso del español, angibt. Der Gegensatz zwischen dem formlosen Wasser, das Strömen einschließt, und dem Glas, dem Starre eigen ist, läßt viele Sinnkonkretisierungen zu, die das Gedicht bewußt provoziert. Eine davon ist das ästhetische Problem der Beziehung zwischen Inhalt und Form. Der abgedruckte Auszug stammt aus dem neunten Teil des Gedichts und enthält den entscheidenden Moment des Zerspringens des Glases, des Zerstörens der Form. Dieser Moment bedeutet die Rückkehr der Form zu ihrer Bestimmung, die nichts anderes ist als der Tod, der endlose Tod als immerwährender Moment des Zerbrechens (Vers 514 und 525). Auf dem anmaßenden Scheiterhaufen der Form (Vers 528) löscht der Mensch selbst seine dichterischen Hervorbringungen aus (wörtlich: er erstickt, bzw. ertränkt sie („ahoga", Vers 532), ein Ausdruck der wegen + [Wasser] wieder in oxymorontischer Spannung zu + [Feuer] von „pira" (Scheiterhaufen, Vers 528) steht). Die lichten Hymnen und heiseren Klagen lassen sich als Beispiele der Inhalts- und Formopulenz des Modernismo, vielleicht aber auch der Dichtung schlechthin interpretieren, die dem Tod, das heißt ihrer Nichtigkeit in der Form, verfallen.

Efraín Huerta (1914-1982) Geb. in Silao, Guanajuato, gest. in Mexiko-Stadt. Schulbesuch in León, Querétaro und Mexiko-Stadt. Studium an der Nationaluniversität. Erste lyrische Veröffentlichungen mit Absoluto amor (1935) und Linea del alba (1936). Ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift Taller (1938 —1941). Schon bald Eintritt in die Kommunistische Partei und Arbeit als Kritiker und Journalist. Anders als Paz, der sein Generationsgefährte ist, bricht er nicht mit der literarischen Volksfront, in deren Geist er mehrere engagierte Gedichte in inhaltlicher und stilistischer Nähe zu Neruda schreibt, der zu jener Zeit chilenischer Konsul in Mexiko ist. Mit dem Titel von Poemas de guerra y esperanza (1943) spielt er auf die antiimperialistische Lyrik Darios an, der auch sonst von ihm in Gedichten genannt wird. In Los hombres delalba (1944) versammelt er unter anderen seine frühen Stadtgedichte, deren schrille Dissonanzen für das Gesamtwerk kennzeichnend bleiben. Weitere Gedichtbände folgen: La rosa primitiva (1950); Los poemas de viaje, 1949—1953 (1956) und Estrella en alto y nuevos poemas (1956). Einen vorläufigen Uberblick über sein Werk bietet Poesía, 1935-1968 (1968). Mit diesem Band, der in der Protestbewegung von 1968 eine starke Resonanz findet, wird er zum ersten Mal einem größeren Publikum bekannt. Ihn erreichen öffentliche Ehrungen. In den siebziger Jahren ist er ein vielgelesener Kolumnist in der Sonntagsbeilage der Tageszeitung El Dia. Unter den Veröffentlichungen dieser Zeit verdienen Erwähnung: Poemasprohibidos y de amor (1973); Los eróticos y otrospoemas (1974); Circuito interior (1977) und Estampida depoeminimos (1980). Mit Huerta wird zum ersten Mal das Erlebnis der Großstadt in der mexikanischen Lyrik zum Thema. Direkter als Paz, der über lange Zeitabschnitte im Ausland wohnt, erfährt er das schwärende Anwachsen der mexikanischen Hauptstadt zu ihrer heutigen Größe. Er reagiert darauf mit Haß, Sarkasmus, aber auch Faszination. Einen weiteren, sehr viel breiteren Raum nimmt bei ihm das Thema des Eros ein, den er weniger als transzendierende Macht,

sondern als Auslöser von Erfüllung, Schmerz, Trauer, Verlangen, Ironie und Resignation erfährt. Man hat von seiner erruptiven, gefühlsgeladenen Lyrik gesagt, daß sie der Musikalität der Sprache so gut wie keine Beachtung schenke. Das ist jedoch nur bedingt richtig. Auch Huerta bedient sich lautlicher, syntaktischer und semantischer Ausdrucksmittel in seinen Gedichten. Gleichwohl steht er in vielerlei Hinsicht in deutlichem Gegensatz zu den Contemporáneos und ihrem späteren Erben Octavio Paz. Lange Zeit nur einem kleinen Kreis bekannt, wurde er mit der Protestbewegung von 1968 berühmt und beeinflußte nachhaltig eine Reihe jüngerer Autoren. Einzelveröffentlichungen: Absoluto amor. Poemas. México 1935; Línea del alba. México 1936; Poemas de guerra y esperanza. México 1943; Los hombres del alba. México 1944; La rosa primitiva. México 1950; Los poemas de viaje, 1949—1953. México 1956; Estrella en alto y nuevos poemas. México 1956; Maiakovski, poeta delfiituro. México 1956; Para gozar tu paz. México 1957; La causa agraria. Glosas y comentarios. México 1959; La raíz amarga. México 1962; El Tajín. México 1963; Barbas para desatarla lujuria. (Poema eróticosocial). México 1965; Poemas prohibidos y de amor. México 1973; Los eróticosy otrospoemas. México 1974; Circuito interior. México 1977; Amor,patria mía. México 1980; Estampida depoemínimos. México 1980. Gesammelte Werke: Poesía, 1935—1968. México 1968; Poesía. La Habana 1975; Poemas. México 1978; Transa poética. México 1980. Untersuchungen (Auswahl): Aguilar, Ricardo D.: La poesía deEfraín Huerta. Ph.D. Diss., University of New Mexico, Albuquerque 1976. Aguilar, Ricardo D.: „Efraín Huerta and the New School of Mexican Poets", in: Latin American Literary Review XI, 22 (1983), S. 41 — 55.

Paz, Octavio: „Efrain Huerta (1914-1982)", in: O.P., Sombras de obras. Barcelona 1983, S. 310-312. Villarreal Salgado, Guadalupe G.: Amor,poesíay revolución en la obra de Efraín Huerta. Ph.D. Diss., University of California, Irvine 1980. „Los hombres del alba" (Die Bewohner des Morgengrauens) Text: Poesía, 1935-1968.1968 „Los hombres del alba" gehört zu den Stadtgedichten der Sammlung gleichen Namens, die Huerta 1944 veröffentlicht. Die Abfassungszeit ist unklar. Ob das Gedicht schon vorher in einer Zeitung oder Zeitschrift veröffentlicht wurde, konnte nicht ermittelt werden. Es ist ein gutes Beispiel für die in der mexikanischen Lyrik jener Zeit neuen Inhalte und den aufzählenden, metaphorischen Stil Huertas. Die in ihm angesprochenen Bewohner des Morgengrauens sind Teil der Nachtseite der Stadt, mit der México gemeint sein kann („la vieja ciudad", Vers 2). Sie scheinen außerhalb der etablierten Ordnungen zu stehen, in denen es für sie nur klagloses Sich-Fügen („silencio", Vers 42) oder kompromißloses Aufbegehren („rebelión", Vers 43) gibt. Sie sind das andere der Tagwelt, ihre ständige Bedrohung, in der sie aber auch selbst ständig bedroht sind. Huerta hat in seinem Werk oft eine starke Sympathie mit den Verfemten aller Schattierungen gezeigt, zu denen er in bester romantischer Tradition selbstverständlich auch den Dichter (also sich selbst) zählt.

Germán List Arzubide (*1898) Geb. in Puebla, dort Schulbesuch; mit fünfzehn Jahren schließt er sich dem Arbeiter- und Bauernbataillon „Paz y Trabajo" an und bringt es bis zum persönlichen Sekretär des Bataillonsführers. Als Anhänger Präsident Carranzas wird er bei dessen Ermordung 1920 gefangengesetzt und 1921 schließlich aus der Armee entlassen. Er kehrt nach Puebla zurück und gründet zwei literarische Zeitschriften.

Ende 1922 stößt er zum Estridentismo und wird Mitverfasser des zweiten „schrillistischen" Manifests. Er geht 1925 mit Maples Arce nach Xalapa. Dort leitet er die estridentistische Zeitschrift Horizonte (1926 — 1927), die aus Mitteln des Estado de Veracruz finanziert wird. Nach dem Ende des Estridentismo unternimmt er Reisen nach Deutschland (1929), in die Sowjetunion (1930) und die Vereinigten Staaten (1932). Er bekleidet verschiedene Amter im Erziehungsministerium und ist von 1941 — 1953 Redakteur der von Martin Luis Guzmán geleiteten Zeitschrift Tiempo. List Arzubides umfangreiches lyrisches, erzählerisches, dramatisches und essayistisches Werk geht weit über den Estridentismo hinaus. Gleichwohl wird sein Name fast ausschließlich dieser Avantgardebewegung zugeordnet, der er mit seinem Buch El movimiento estridentista (geschr. 1926, erschienen Anfang 1927) noch zu ihren Lebzeiten ein erstes („schrillistisches") Denkmal setzt. Dessenungeachtet hat er sich auch während seiner „schrillistischen" Phase durchaus in anderen Schreibweisen versucht, wie die Sammlungen „plebe" und ¡Mueran los gachupines!, beide 1925, zeigen. Einzelveröffentlichungen: Esquina. México 1923; „plebe (poemas de rebeldía). Puebla 1925; ¡Mueran los gachupines! Relatos históricos del vivir contemporáneo. Puebla 1925; El viajero en el vértice (poema movilatitudinal). Puebla 1926; Emiliano Zapata. Exaltación. 1926; El moviemiento estridentista. Xalapa 1927; La lucha contra la mentira religiosa en la URSS. México 1931; Tres comedias revolucionarias. 1931; Tres obras de teatro revolucionario. México 1933; Práctia de educación irreligiosa, para uso de las escuelas primarias y nocturnas para obreros. México 1933; Hombre sin tierra. Homenaje a Emiliano Zapata en elXVIaniversario de su muerte. 1934; La huelga de Río Blanco (en colab. con Armando List Arzubide). México 1935; Comino va a la huelga. México 1935; Primero de mayo. Historia de la tragedia. México 1936; Tres comedias infantiles. 1936; Cinco comedias del laboratorio teatral. 1936; Troko, el poderoso (cuentos infantiles). 1940; El México de 1910. El Maderismo. México

1940; Puebla, síntesis histórico-geográfica del estado. México 1946; Pushkin, romántico y realista. México 1955; Hidalgo, héroe civil. México 1955; Giuseppe Garibaldi. Héroe de dos mundos. México 1960; La Batalla del 5 de Mayo. México 1962; La gran rebelión de los constituyentes de 1917; génesis de los artículos .3° y 123y 27. México 1963; Ramón López Velardey la Revolución Mexicana. México 1963; Polonia en mi cariño; conferenciasy artículos. México 1964; Visión de Venecia. México 1964; Giuseppe Garibaldi, combatiente por la libertad. México 1966; Apuntes sobre la historia de la minería en México. México 1970; Lenín en la literatura. México 1970; Cantos del hombre errante. México 1970; Tlatoani: vida novelada de Netzahualcóyotl. México 1975; El robo de la mujer de Rubens. México 1977. „Esquina" (Straßenecke) Text: Esquina. Poemas de List Arzubide. Margen de Maples Arce. México: Librería Cicerón 1923. Abfassungszeit wahrscheinlich 1923. Das Gedicht gibt dem schmalen Bändchen aus demselben Jahr, das noch fünf weitere Texte des Autors enthält, seinen Namen. Die Ubereinstimmung mit der Schreibweise von Maples Arces „Prisma" (Prisma) ist unübersehbar: die gleiche als Provokation gemeinte Aufgabe des Reims, die gleiche Verwendung von Ausdrücken der modernen technischen Welt, der gleiche teilweise Verzicht auf traditionell vorgegebene oder nachvollziehbare Sinnverknüpfungen von Wortbedeutungen und Satzteilen. Auch die antinaturalistisch eingesetzte Beschreibung ist vorhanden. Hingegen fehlt mit einer Ausnahme (Vers 6, die Geliebte?) die Anrede an den Adressaten. „Esquina" enthält deutliche Anspielungen an das erste „schrillistische" Manifest Actual—N° 1. Hoja de Vanguardia von Maples Arce (Vers 15 — 17). Der Titel ist ebenso wie „Lazaró" (Vers 13, bei List Arzubide allerdings mit Akzentverschiebung) dem bilderstürmerischen Vorspruch der vierzehn Punkte entnommen, die Maples Arce 1921 proklamiert hatte. Evoziert wird in „Esquina" die Stadt als unmittelbarer sinnlicher, sich überstürzender Eindruck, zu dem

auch die Verkehrsampeln gehören (Vers 3). Auffällig sind überdies Verweise auf das zeitgenössische mexikanische Umfeld (Vers 27 f., 48, 5 3 - 5 5 ) .

Ramón López Velarde (1888-1921) Geb. in Jerez, Zacatecas, gest. in Mexiko-Stadt an den Folgen einer Lungenentzündung. Schulbesuch in Zacatecas und Aguascalientes, Studium der Rechte in San Luis Potosí, das López Velarde 1911 abschließt. Zunächst ein überzeugter Parteigänger Maderos, hält López Velarde später zunehmend Distanz zur Revolution. Nach Einnahme von Zacatecas durch die Truppen Pancho Villas im Juni 1914, bei der ein Onkel des Dichters, der Priester Inocencio López Velarde, erschossen wird, läßt er sich endgültig in der Hauptstadt nieder. Er arbeitet für einige Zeit im Innenministerium, eröffnet 1919 jedoch eine eigene Kanzlei. Lehraufträge für Literatur an der Escuela Nacional Preparatoria und der Escuela de Altos Estudios der Universität, der späteren UNAM. Seit 1908 literarische Veröffentlichungen in Zeitschriften und Tageszeitungen. Der erste, der López Velarde als „neuen Stern" enthusiastisch begrüßt, ist 1915 J o s é Juan Tablada. Freundschaftlicher Verkehr mit Enrique González Martínez, Rafael López, Tablada und anderen, 1917 Mitherausgeber der Zeitschrift Pegaso. Als López Velarde 1921 stirbt, erhält er auf Geheiß des Präsidenten Alvaro Obregón ein Staatsbegräbnis. López Velarde beginnt als Dichter der mexikanischen Provinz, der er mit den Mitteln einer hispanischen Variante der Heimatkunst, die den späten Modernismo kennzeichnet, in La sangre devota (1916) poetischen Ausdruck verleiht. Sein berechtigter Ruhm beruht jedoch auf den vierzig Gedichten von Zozobra (1919). An ihnen ist der Übergang von den Inhalten und Schreibweisen des späten Modernismo zur Vanguardia klar erkennbar. López Velarde bewahrt zwar noch den Reim, den er nie aufgeben wird, seine

eigenwilligen Reimschemata bedeuten jedoch eine Annäherung an den freien Vers. In seinen Verfahren der Ironisierung und Einfügung von umgangssprachlicher Rede in einen hochartifiziellen Stil war er an Leopoldo Lugones orientiert, den er sehr bewunderte. Auf der anderen Seite gehört seine spannungsvolle Sicht von Eros, Spleen, Religion und Tod noch zur Tradition der Fin de siécle-Literatur, die sich darin oft auf Baudelaire berief. Einzigartig ist López Velardes Sprachgefühl, das die von ihm behandelten Themen, die zu seiner Zeit schon schal zu werden begannen, vor der Trivialität bewahrt. Sein 1921 erschienenes Langgedicht „La suave patria", dessen ironische Töne oft übersehen werden, ist in Mexiko Schullektüre. Seine postum veröffentlichten Chroniken harren noch einer stilistischen und thematischen Auswertung. Einzel Veröffentlichungen: La sangre devota. México 1916; Zozobra. México 1919; El minutero. México 1923 (postum); El son del corazón. México 1932 (postum). Gesammelte Werke:

Obras. Edición de J o s é Luis Martínez. México: FCE, 1971, 2 1979. Untersuchungen (Auswahl): Canfield, Martha L.: La provincia inmutable. Estudios sobra lapoesía de Ramón López Velarde. Messina-Firenze 1981. Meyer-Minnemann, Klaus: „López Velarde, ,E1 retorno maléfico', Lugones und Laforgue", in: M. Rössner, B. Wagner (Hrsg.), Aufstieg und Krise der Vemunfi. Komparatistische Studien zur Literatur der Aufklärung und des Fin-de-siecle. Wien 1984, S. 275 — 288. Noyola Vázquez, Luis: Fuentes de Fuensanta: La ascensión de López Velarde. México 1947, 2 1971. Paz, Octavio: „El lenguaje de Ramón López Velarde", in: O.P., Las peras del olmo, México 1957; S. 86 — 94. Paz, Octavio: „El camino de la pasión (Ramón López Velarde)", in: O.P., Cuadrivio. México 1965, S. 6 7 - 1 3 0 .

Phillips, Allen W.: Ramón López Velarde, elpoeta y el prosista. México 1962. Phillips, Allen W.: „Ramón López Velarde en la poesía hispanoamericana del postmodernismo", in: A.W.Ph., Cinco estudios sobre literatura mexicana moderna. México 1974, S. 123 — 143. Serna-Maytorena, Manuel Antonio: „Ramón López Velarde: La redondez de la creación", in: Cuadernos Americanos 186 (1973), S. 215-230. „El viejo pozo" (Der alte Brunnen) Text: Obras. 21979 Geschrieben vermutlich 1916, veröffentlicht in Zozobra (1919). Das Gedicht liest sich im Zusammenhang mit der Mexikanischen Revolution wie eine Kritik. Die bewaffneten Auseinandersetzungen, die hier verdeckt im Rückverweis auf den Kampf zwischen Konservativen und Liberalen in Mexiko um die Mitte des vorigen Jahrhunderts angesprochen werden, scheinen nur der persönlichen Bereicherung zu dienen. Ihnen werden in wehmütiger Evokation die unwiederbringlich vergangene Welt der Kindheit und die Beschaulichkeit der Provinz im Symbol des alten Brunnens gegenübergestellt. Dabei sind traditionelle Legenden über in Brunnen versteckte Schätze, aber auch wirkliche Gebräuche wie die Haltung von Schildkröten in Hausbrunnen, die in Mexiko verbreitet war, in den Text eingegangen. Gleichzeitig werden in „El viejo pozo" das in der Lyrik Lopéz Velardes immer wieder auftauchende Thema der schmerzlichen Spannung zwischen katholischem Glauben und Eros sowie die ferne, unerreichbare Geliebte angesprochen. Dem Pathos der Trauer entgeht López Velarde allerdings durch das Stilmittel der Ironie (vgl. Vers 22,30 ff. u.a.). Auffällig ist die kunstvolle Sprachverwendung des Autors, der durch Wechsel des Metrums, Enjambements, Mischung von Umgangssprache und hohem Stil gefällige Glätte vermeiden möchte. Vers 21—22: Das Enjambement verstärkt den Stilbruch, der hier auf der Verbindung von „claveles", die die poetischen Konnotationen

der vorangehenden Verse fortsetzen, und dem „prosaischen" Blumentopf beruht. Vers 43 — 44: Kampfrufe der Konservativen, bzw. Liberalen während des Bürgerkrieges 1857 — 1861 um die grundlegenden Verfassungsreformen von Benito Juárez. Vers 73: Die „estrella amada", Metapher für die unerreichbare Geliebte, die in den Gedichten López Velardes ständig als Thema wiederkehrt. „Tierra mojada ..." (Feuchte Erde ...) Text: Obras. 21979 Geschrieben vermutlich 1917, veröffentlicht in Zozobra (1919). Das Thema des Eros ist hier gekoppelt mit dem des Spleen. In welchem Maße López Velarde sich in Thematik und Sprachverwendung von seinem zeitgenössischen literarischen Umfeld abhob, vermag ein Vergleich mit dem Gedicht „Integro" von Francisco González de León (1862 — 1945) zu zeigen, dem „Tierra mojada ..." möglicherweise einiges verdankt, obwohl „Integro" erst 1922 in dem Gedichtband Campanas de la tarde von González de León veröffentlicht wurde. López Velarde war mit dem Autor befreundet und schrieb für Campanas de la tarde das Vorwort: Integro Tardes de beatitud en que hasta el libro se olvida porque el alma está diluida en un vaso de quietud. Tardes en que están dormidos todos los ruidos. Las tardes en que parece que están como anestesiadas todas las flores del huerto,

y en que la sombra parece más sombría, y el caserón más desierto. Tardes en que se diría que aun el crepitar de un mueble fuera una profanación de absurda cacofonía y herética intromisión. Tardes en que está la puerta de la casa bien cerrada, y la del alma está abierta ... Tardes en que la veleta quieta en la torre no gira y en parálisis se entume, y en que el silencio se aspira íntegro como un perfume. Während González de León um Harmonie und Ausgleich bemüht ist, versucht López Velarde diese inhaltlich, lautlich und syntaktisch zu vermeiden; und wo bei González de León Verinnerlichung herrscht, regiert bei López Velarde der Spleen. Vers 7: „eter" ist hier semantisch doppeldeutig und schließt das Rauschmittel ein. Vers 7—18: Ein frühe Version des Callgirls; literarisch ein für López Velarde kennzeichnender Stimmungsbruch. Vers 38: Der Grund für diesen Vers liegt ebenso in seinen lautlichen Parallelismen wie im Inhalt: Kampfer als Mittel der Beruhigung (bei erotischen Visionen?). Vers 40: Isidor (Isidro Labrador), Heiliger (um 1070— 1130), Schutzpatron der Bauern. Für den spanischsprachige Leser erinnert dieser Vers an einen Kinderreim: „San Isidro Labrador, quita el agua y pon el sol".

„El retorno maléfico" (Heimkehr unter bösem Stern) Text: Obras. 21979. Geschrieben vermutlich ebenfalls 1917, veröffentlicht in Zozobra (1919). Anders als in „El viejo pozo" wird hier die Revolution direkt angesprochen, die dem Thema der Rückkehr zum zerstörten heimatlichen Herd innewohnende Tragik jedoch erneut ironisch ausbalanciert. Auffällig ist wieder die teilweise Überlagerung der Wortverknüpfung aus semantischen Gründen durch eine andere, die lautlichen Kriterien folgt (Vers 28, 45, 50 u.a.), ein Verfahren, das zu einem der Kennzeichen (auch) der lateinamerikanischen Vanguardia wird. Vers 59: Dieser Vers ist in Mexiko fast sprichwörtlich geworden.

Manuel Maples Arce (1898-1981) Geb. in Papantla, Veracruz, gest. in Mexiko-Stadt. Schulbesuch in Tuxpan und Veracruz, Studium der Rechte in Mexiko-Stadt. Nach Veröffentlichung eines ersten, noch spätmodernistisch geprägten Lyrikbandes versucht er Ende 1921 mit seinem Flugblatt Actual — N° 1. Hoja de Vanguardia. Comprimido Estridentista de Manuel Maples Arce einen literarischen Skandal zu erzeugen. Er wird zum Begründer und wichtigsten Vertreter des Estridentismo (Schrillismus), mit dem sich die literarischen Avantgarden in Mexiko erstmals als Bewegung manifestieren. 1925 erhält er die Stelle eines Sekretärs der Staatsregierung von Veracruz unter Heriberto Jara und stellt den Estridentismo in den Dienst der Mexikanischen Revolution. Jaras Sturz 1927 bedeutet auch das Ende des Estridentismo. Maples Arce muß seinen Posten in der Landeshauptstadt Xalapa verlassen. Er wird später Landesparlaments- und Kongreßabgeordneter, dann Diplomat. In Rom veröffentlicht er 1940 eine Antología de la poesía mexicana moderna, die ein Gegenstück zu der vieldiskutierten Anthologie gleichen Namens von dem Contemporáneo Jorge Cuesta aus dem Jahre 1928 darstellt. Ein letzter Gedichtband,

Memorial de la sangre, ist von 1947. Seine Memoiren erscheinen in mehreren Bänden zwischen 1964 und 1983. Maples Arces „schrillistische" Periode umfaßt die Gedichtbände Andamios interiores. Poemas radiográficos (1922), Vrbe. Super-poema bolchevique en 5 cantos (1924) und Poemas interdictos (1927). Vrbe wird 1929 von John Dos Passos ins Englische übersetzt. Eine französische Version der Poemas interdictos erscheint 1936 in Brüssel. Die literarhistorische Bedeutung Maples Arces liegt im konsequenten Bruch mit der modernistischen Poesie, den er als erster in Mexiko vollzog. Das hervorstechende Merkmal seiner „schrillistischen" Lyrik wie der seiner Mitstreiter ist die Einbeziehung des Wortschatzes der Technik in das Gedicht und die partielle Aufgabe lebenspraktisch vorgegebener bzw. nachvollziehbarer Sinnverknüpfungen von Wörtern und Satzteilen, zu der sich der Modernismo trotz seiner anfänglichen Orientierung am französischen Symbolismus so gut wie nie entschlossen hatte. Eine gewisse Faszination für Modernität und Technik, die wohl durch den italienischen Futurismus vermittelt war, ist bei ihm deutlich spürbar. Die von ihm für kurze Zeit erreichte institutionelle Verbindung von literarischer Avantgarde und politisch-sozialer Revolution blieb einmalig. Einzelveröffentlichungen: Rag. Tintas de abanico. México 1920; Andamios interiores. Poemas radiográficos. México 1922; Vrbe. Super-poema bolchevique en 5 cantos. México 1924; Poemas interdictos. Xalapa 1927; El movimiento social en Veracruz. Xalapa 1927; Antología de la poesía mexicana moderna. Rom 1940; El paisaje en la literatura mexicana. México 1944; El arte mexicano moderno. México 1945; Memorial de la sangre. México 1947; Peregrinación por el arte de México. Buenos Aires 1952; Incitaciones y valoraciones. México 1957; Ensayos japoneses. México 1959; A la orilla de este río. Madrid 1964; Soberana juventud. Madrid 1967; Leopoldo Méndez. México 1970; Mi vida por el mundo. Xalapa 1983 (postum).

Gesammelte Werke: Las semillas del tiempo. Obra poética 1919—1980. Estudio preliminar de Rubén Bonifaz Ñuño. México 1981. Untersuchungen (Auswahl): Monahan, Kenneth C.: ManuelMaples Arce andEstridentismo. Ph.D. Diss., University of Illinois, Urbana 1972. „Prisma" (Prisma) Text: Las semillas del tiempo. 1981. Dieses Gedicht aus den Andamios interiores (1922) gehört zu den bekanntesten von Maples Arce. Es wurde wahrscheinlich 1922 verfaßt. Der Wortlaut scheint wie auch sonst bei Maples Arce seit der Erstauflage unverändert geblieben zu sein. Es zeigt exemplarisch die Schreibweise des Estridentismo: die als Provokation verstandene Aufgabe des Reims, die Aufnahme von Ausdrücken der modernen technischen Welt, den teilweisen Verzicht auf traditionell vorgegebene oder nachvollziehbare Sinnverknüpfungen von Wortbedeutungen und Satzteilen. Wie in den Gedichten des Horizon carre (1917) oder der Poemas árticos (1918) von Vicente Huidobro, die Maples Arce bewunderte, enthält das Gedicht Elemente einer Beschreibung, in der freilich die Wirklichkeitswiedergabe „prismatisch" gebrochen ist. Maples Arce glaubte damit den inneren Welten der Einbildungskraft zugunsten der äußeren Wirklichkeit den Vorzug zu geben, wie der Titel der Sammlung Andamios interiores (Innere Gerüste) andeutet. Tatsächlich stand er jedoch der systematischen Erweiterung der Erfahrung, wie sie z.B. die Surrealisten in jener Zeit zu erproben begannen, sehr fern. Deutlich erkennbar ist in dem Gedicht der Ubergang von der Natur-, Garten-, Park- oder auch mythologischen Landschaft des Modernismo zur Stadt und ihrer antinaturalistischen Repräsentation. Residuen modernistischer Schreibweise sind gleichwohl nachweisbar (Vers 6 f., Vers 32 und 39). Beibehalten hat Maples Arce das Verfahren der Anrede an die Geliebte, die innerhalb der von ihm verfochtenen Ästhetik wie nur unvollkommen eingeschmolzen wirkt.

„Vrbe. Super-poema bolchevique en 5 cantos" (Großstadt. Bolschewistisches Supergedicht in 5 Gesängen) Text: Las semillas del tiempo. 1981 Das Gedicht erschien als Einzelveröffentlichung México: Andrés Botas e Hijo 1924. Die Originalausgabe enthält fünf Holzschnitte des französischen Künstlers Jean Charlot, der von 1921—1929 in Mexiko lebte und mit Diego Rivera zusammenarbeitete. Abgedruckt ist der Canto I, dessen Text mit der Erstausgabe verglichen wurde. Eine Veränderung der Schreibweise im Verhältnis zu Andamios interiores (1922) ist in Vrbe nicht festzustellen. Maples Arce versucht hier, die Stadt und die soziale Revolution als Einheit zu präsentieren, wobei der Umsturz nicht dargelegt wird, sondern als subversive Schreibweise unmittelbar erfahren werden soll. Die Anrede an die Geliebte ist verschwunden, geblieben aber ist ihre Gegenwart (Vers 48). Die grüne Farbe der Augen stammt aus der Romantik und dem Fin de siécle und soll sowohl Unergründlichkeit als auch Rätselhaftigkeit signalisieren. Das Gedicht erregte beträchtliche Aufmerksamkeit in den Avantgardezirkeln und bekräftigte die führende Stellung, die Maples Arce im Estridentismo einnahm. „Canción desde un aeroplano" (Lied von einem Flugzeug aus) Text: Las semillas del tiempo. 1981 Bei diesem Gedicht handelt es sich um das bekannteste aus den Poemas interdictos (1927). Die Abfassungszeit ist unklar. Es kann jedoch als eine Art Schlußgedicht des Estridentismo verstanden werden. Deutlich erkennbar ist die Verbindung der traditionellen Liebesthematik mit der Faszination durch die Technik in ihrem für die Zeit des Autors fortgeschrittensten Zustand, der Fliegerei. Wie in „Prisma" begegnet auch hier die Anrede an die Geliebte, die dieses Mal ebenso wie die auf den Sprecher bezogenen Aussagen das deskriptive Element in den Hintergrund drängen. Gerade dieses deskriptive Element mit seinem nicht-realistischen Anspruch war aber ein Kennzeichen der frühen literarischen

Avantgardebewegungen gewesen. Seine schwindende Präsenz deutet einen Wechsel der Schreibart an. Tatsächlich hat Maples Arce nach den Poemas interdictos keine „schrillistischen" Texte mehr geschrieben. Auffällig sind Anklänge an Pellicers Piedra de sacrificios (1924), insbesondere Nr. 11 („Suite brasilera. Poemas aéreos"), die vielleicht beabsichtigt waren.

Salvador Novo (1904-1974) Geb. in Mexiko-Stadt, gest. ebenda. Kindheit in Torreón, Coahuila, wo er 1914 die Einnahme der Stadt durch die Truppen Pancho Villas erlebt, bei der sein Onkel getötet wird. Seit 1917 wieder in MexikoStadt. Besuch der Escuela Nacional Preparatoria, in der Xavier Villaurrutia einer seiner Mitschüler ist. Danach Jurastudium, das er jedoch bald wieder aufgibt. Erste literarische Veröffentlichungen in Zeitschriften und Zeitungen. Durch Vermittlung von Pedro Henríquez Ureña, der auf ihn aufmerksam wird, Lehraufträge für Literatur an der Sommerschule der Universität. 1924 tritt er in das Erziehungsministerium ein, wo er in den folgenden Jahren verschiedene höhere Posten bekleidet. Herausgabe der Anthologie La poesía norteamericana moderna (1924) und einer ersten Sammlung eigener Ensayos (1925), die im Anhang seine XXPoemas enthalten. Als Sonderdruck zirkulieren diese Gedichte auch separat. 1927 mit Villaurrutia Gründung der Zeitschrift Ulises (1927 —1928), die zum Vorläufer der Zeitschrift Contemporáneos (1928 — 1931) wird. 1928 Mitbegründer des Teatro de Ulises, das zwar nur für zwei Spielzeiten besteht, mit seinem Programm eines modernen internationalen Theaters jedoch beim intellektuellen Publikum der mexikanischen Hauptstadt Aufmerksamkeit erregt. Veröffentlichung von Reiseberichten und neuen Gedichtsammlungen. Mitte der dreißiger J a h r e gibt er seine Tätigkeit im Außenministerium, in das er inzwischen übergewechselt war, auf, wohl auch, weil er sich unter dem entschiedenen Linkskurs von Präsident Cárdenas nicht mehr halten

kann. Er arbeitet als freier Schriftsteller, vor allem für Zeitungen. Von 1946 — 1952 leitet er das Departamento de Teatro des Instituto Nacional de Bellas Artes und gründet 1953 ein eigenes kleines Theater, das für einige Jahre existiert. Er schreibt jetzt vorwiegend für die Bühne. Nachdem er schon 1940 mit einem erfolgreichen Buch über seine Vaterstadt hervorgetreten war, verleiht ihm Präsident Díaz Ordaz 1965 den Titel eines offiziellen Chronisten der Ciudad de México. Die als „Schlächterei von Tlatelolco" in die Geschichte eingegangene blutige Unterdrückung der Studentenbewegung durch die Regierung am 2.10.68 wird von ihm ausdrücklich gebilligt. Ein interessantes zeitgeschichtliches Dokument sind seine drei Bände des Lebens in Mexiko unter den Präsidenten Cárdenas (1934-40), Avila Camacho ( 1 9 4 0 - 4 6 ) und Alemán (1946-52). Novo gilt als Repräsentant der Contemporáneos. Erst in letzter Zeit ist seine Bedeutung als Mitbegründer einer versteckten Strömung der hispanoamerikanischen Vanguardia erkannt worden, die schließlich in die „antipoesía" Nicanor Parras und die „poesía conversacional" der Kubanischen Revolution einmündet. Mit der Anthologie moderner nordamerikanischer Lyrik markiert Novo schon früh einen Kontrast zur vorherrschenden Ausrichtung der Avantgardezirkel seiner Zeit an der französischen Literatur, die ihm gleichwohl bestens vertraut war. Der Stil seiner XXPoemasvon 1925 zeichnet sich durch einen auffälligen Lakonismus und eine Ironie aus, die zwar auch bei López Velarde existiert, dort aber noch auf Inhalte, Themen und Verfahren des Fin de siècle bezogen ist. Dieser lakonisch-ironische Stil, der eine Entsakralisierung der Poesie beabsichtigt, setzt sich in den Gedichten von Espejo, 1933, fort und bleibt das Kennzeichen der meisten Verse Novos. Abweichend davon lesen sich die Liebesgedichte aus Nuevo Amor, 1933, die zwar die größere Publikumsresonanz finden, zum Teil aber larmoyant wirken. Der Adressat von Nuevo Amorlä&t sich an den Texten nicht erkennen. Novo versah die französische Ausgabe 1936 mit der Widmung: „A la mémoire de Federico Garcia Lorca, fusillé à Grenade,

d'un seul cœur". Von Interesse sind Novos auf 1935 datierten Versuche mit dem automatischen Schreiben. Einzelveròffentlichungen : Ensayos. Mexico 1925 (daraus XX Poemas); Return Ticket. Mexico 1928; La educación literaria de los adolescentes. México 1928; Eljoven. México 1933; Espejo. Poemas antiguos. México 1933; Nuevo Amor. México 1933; Jalisco-Michoacán, 12 días. México 1933; Canto a Teresa. Un esquema de hidrografía poética. México 1934; Seamen Rhymes. Buenos Aires 1934; Romance de Angelilloy Adela. México 1934; Décimas en el mar. México 1934; La troisième Faust. Tragédie brève. Paris 1934; Continente vacío. Madrid 1935; En defensa de lo usado y otros ensayos. México 1938; Florido laude. México 1945; Dueño mío. Cuatro sonetos inéditos. México 1945; Nueva grandeza mexicana. México 1946; La televisión. México 1948; El coronelAstuciay los Hermanos de la Hoja; o, Los Charros Contrabandistas. México 1948; Don Quijote. Farsa en tres actos y dos entremeses. México 1948; La culta dama. México 1951; Diez lecciones de técnica de la actuación. México 1951; Este y otros viajes. México 1951; Las aves en la poesía castellana. México 1953; Sátira. México 1955; Diálogos. México 1956; A ocho columnas. México 1956; El teatro inglés. México 1960; Yocasta, o casi. México 1961; Don Quijote en la escena. Monterrey 1961; Ha vuelto Ulises. México 1962; Letras vencidas. Xalapa 1962; Visión de México. México 1962; Breve historia de Coyoacán. México 1962; Cuauhtémoc. México 1962; Dieciocho sonetos. México 1963; La guerra de las gordas. México 1963; Breve historia y antología de lafiebre amarilla. México 1964; Joyas de la amistad, engarzadas en una antología. México 1964; La vida en México en el período presidencial de Lázaro Cárdenas. México 1964; La vida en México en el período presidencial de Manuel Avila Camacho. México 1965; In Ticitézcatl o El espejo encantado. Xalapa 1966; Juárez, símbolo de la soberanía nacional México 1966; La vida en México en elperíodo presidencial de Miguel Alemán. México 1967; México, imagen de una ciudad. México 1967; Cocina mexicana o historia gastronómica de la Ciudad de México. México 1967; La ciudad de México, del 9 dejunio al15

de julio de 1867. México 1967; 14 sonetos de Navidad y Año Nuevo, 1955—1968. México 1968; Apuntespara una historia de lapublicidad en la ciudad de México. México 1968; México. Barcelona 1968; La vida y la cultura en México al triunfo de la República en 1867. México 1968; Adán desnudo. México 1969; Mea culpa. México 1969; Historia y leyenda de Coyoacán. México 1971; Las locas, el sexo, los burdeles. México 1972; Un año hace ciento; la ciudad de México en1875. México 1973; Historia déla aviación en México. México 1974; Los paseos de la ciudad de México. México 1974; La vida en la ciudad de México en 1824. México 1974. Gesammelte Werke: Poesía (1915—1955). México 1955; Poesía. México 1961; Toda la prosa. México 1964; Antología (1925-1965). México 1966. Untersuchungen (Auswahl): Dauster, Frank: „La poesía de Salvador Novo", in: Cuadernos Americanos (1961), S. 2 0 9 - 2 3 3 . Röster, Peter J.: La ironía como método de análisis: la poesía de Salvador Novo. Madrid 1978. „Almanaque" (Kalender) Text: Poesía. 1961 Veröffentlicht in XXPoemas (1925). Die Abfassungszeit ist unklar. Das Gedicht ist ein gutes Beispiel für den Lakonismus dieser Sammlung und die von Novo praktizierte (hier allerdings eher verhaltene) Ironie. Im ersten Teil wird das Jahr als eine Art Landkarte und als Mietshaus gesehen. Die zu den Jahreszeiten gehörenden Monate sind die Ortschaften. Die vierstöckigen Mietshäuser enthalten die Monate mit ihren Wochen, die 7 Zimmerwohnungen die Wochen mit ihren Tagen. Das unaufhaltsame Vergehen der Zeit wird als Schließen von Türen und Offnen von Fenstern versinnbildlicht. Im vierten Stock des Februars fehlen zwei Zimmer (Vers 13 — 15). Das Ansprechen der menschlichen Unbehaustheit (Vers 16—17) leitet zum zweiten Gedichtteil über. Der Wechsel zum Minutenzeiger

verstärkt den Aspekt des Vergehens der Zeit, wobei die Metapher Sense (Vers 18) den Tod konnotiert. Verrinnen der Zeit und Vergehen des menschlichen Lebens werden verbunden (Vers 18—20). Das Leben ist ein postlagerndes Einschreiben, das nicht abgeholt wird und an den Absender zurückgeht. Es verläuft kreisförmig, ohne ans Ziel zu kommen. Bemerkenswert ist die Verwendung der Montagetechnik in diesem Gedicht (Vers 16 und 23), die auch andere der XX Poemas kennzeichnet. Sie soll mithelfen, die Dichtung zu entsakralisieren. Vers 16: Dieser Vers ist ein Versatzstück aus der berühmten Ode an Francisco Sahnas, Vers 1, von Fray Luis de Leon (1527 — 1591). Durch die neue Umgebung wird er seiner ursprünglichen Konnotationen entkleidet. Vers 23: Wahrscheinlich ein Hinweis der US-Post jener Zeit für das Adressieren von Briefen. Der auffällige Kontrast zu der Herkunft der vorangehenden Montage ist beabsichtigt. Er trägt zur Entsakralisierung bei. „El mar" (Das Meer) Text: Poesia. 1961 Veröffentlicht in XX Poemas (1925). Die Abfassungszeit ist ebenfalls unklar. Das Gedicht steht in einem vermutlich gewollten Gegensatz zur Faszination durch Fortschritt und Technik, die in den Gedichten des Estridentismo begegnet. Hier dient der Fortschritt nur dazu, ein traditionelles Bild vom Meer, das durch die Romantik und das Fin de siecle literarisch festgeschrieben worden war, zu ironisieren. Ihm eignet selbst kein positiver Wert. Auffällig sind wieder Anspielungen und Montagen, die das Thema und seine Darbietung in Gedichtform entsakralisieren. Nicht alles konnte entschlüsselt werden. Vers 1—2: Die „ahijada de Colon" ist Amerika. Die Ironie zeigt sich darin, daß Kolumbus bekanntlich bis zu seinem Tod davon überzeugt blieb, den westlichen Seeweg nach Asien (Indien) gefunden zu haben. Der neue Kontinent erhielt seinen Namen deshalb (zu

Recht) auch nicht von ihm, sondern von Amerigo Yespucci. Die Bedeutung von Vers 1 erschließt sich, wenn man ihn zusammen mit Vers 81 ff. liest. Das spielerische Element liegt in der Wortwahl: semantisch und lautlich. Das gilt auch für die folgenden Verse. Vers 21 — 22: Anspielungen auf Vers 1 des Laberinto de Fortuna (1444) von Juan de Mena (1411 — 1456). Der Vers lautet im Original: „AI muy prepotente Juan el Segundo". Der Austausch von Juan gegen Guillermo und die montageartige Verwendung des Zitats dienen der Entsakralisierung. Bei Juan de Mena eröffnet der Vers ein ambitiöses Werk hohen Stils. „La vieja guerra torpedo alemán" ist eine Anspielung auf den „uneingeschränkten Unterseebootkrieg" der Kaiserlichen Marine im Ersten Weltkrieg. Vers 25 — 26: Gibt es eine assyrische Flotte, die durch einen Sturm vernichtet wurde? Vers 26—27: Herodot (VII, 35) berichtet, daß der persische König Xerxes das Meer mit 300 Geißelhieben bestrafen ließ, als er 480 v.Chr. mit seinem Heer über den Hellespont setzen wollte und die von ihm errichtete Brücke zunächst durch einen Sturm zerstört wurde. Das wäre freilich keine „cólera griega", sondern eine „cólera persa". Vers 31: Anspielung auf die Legende von der Verbrennung der römischen Flotte durch Archimedes mit Hilfe großer Brennspiegel bei der Belagerung von Syrakus. Die Stadt wurde 212 v.Chr. schließlich doch eingenommen, wobei Archimedes ums Leben kam. Vers 32 — 33: Archimedes soll auf das nach ihm benannte Prinzip beim Baden gekommen sein. Novo benutzt hier vielleicht das Lexem baño einmal wörtlich und einmal metonymisch für die gewaltigen Kriegsmaschinen, die Archimedes gegen die Römer einsetzte. Vers 34—35: Europa wird hier doppeldeutig gebraucht: Einmal handelt es sich um Europa, die Tochter Agenors und Schwester des Kadmos, die nach der Sage von Zeus in Stiergestalt aus Kleinasien geraubt und nach Kreta verschleppt wurde. Zum anderen steht Europa metonymisch für diejenigen Länder, die am Ausgang des Mittelalters einen Seeweg nach Indien suchten.

Vers 36—39: Die „tierra insuficiente" bezieht sich einerseits auf den europäischen Expansionsdrang und schließt unmittelbar an Vers 35 an. Andererseits wird der Ausdruck in vier verschiedene „Probleme" aufgefächert, die durch beiordnende Aufzählung miteinander verbunden sind, obwohl sie streng genommen unterschiedlichen Bereichen angehören: Galilei (Unzulänglichkeit des ptolemäischen Systems), Newton (Gravitationshypothese), Physiokraten (volkswirtschaftliche Theorie des 18. Jahrhunderts, die die landwirtschaftliche Produktion als Grundlage des Wirtschaftskreislaufs ansah), Agrarreformer (Fraktion der siegreichen Mexikanischen Revolution, die sich in den frühen zwanziger Jahren, als das Gedicht entstand, im wesentlichen aus ehemaligen Mitstreitern Emiliano Zapatas zusammensetzte und die Zerschlagung des Großgrundbesitzes betrieb). Vers 40 — 44: Anspielung auf die Karavellen des Kolumbus. Vers 45 — 46: „Nao de China" und „cofre de sandalo" sind Bestandteile der Fin de siecle-Literatur und finden sich als Inventar in modernistischen Texten. Le coffret de Santal(1873) ist der Titel, den Charles Cros (1842 — 1888) einer Sammlung seiner Gedichte gab, die auch die Lyrik der Modernisten beeinflußte. Vers 50: Äolus war in der griechischen Mythologie der Herr der Winde. Vers 52: Wahrscheinlich ein Werbespruch für Schiffsreisen. Vers 60 — 61: Spöttisch läßt sich in der Tat ja behaupten, daß Jonas der erste und lange Zeit auch einzige Unterwasserfahrer gewesen ist (Jona, 2,1-11). „Del pasado remoto" (Aus uralter Zeit) Text: Poesia. 1961 Die Poemasproletarios bestehen aus fünf Gedichten, von denen „Del pasado remoto" mit insgesamt 220 Versen das längste ist. Sie wurden zum ersten Mal 1955 in dem Band Poesia (1915—1955) veröffentlicht. Die Datierung auf 1934 nennt wohl das Abfassungsjahr. Alle Gedichte handeln vom Widerspruch zwischen dem Pathos der

Revolution und der politisch-sozialen Wirklichkeit. In „Del pasado remoto" wird dieser Widerspruch durch direkte Gegenüberstellung verdeutlicht. Die Kritik Novos zielt allerdings nicht darauf ab, die Verwirklichung einer bislang nur rhetorisch vollzogenen sozialen Umwälzung einzufordern. Vielmehr möchte das Gedicht auch die Revolution selbst kritisieren. Abgedruckt sind die Verse 82 — 166 als ein charakteristischer Auszug. Vers 94: Die „ciudad antigua, edificada sobre agua" ist MéxicoTenochtitlán, die ursprünglich in einen See hinein gebaut war. Vers 113 — 114: Tequila ist der normalerweise in Tequila, Jalisco, gebrannte und wegen seiner Qualität berühmte Agavenschnaps; pulque der vergorene Agavensaft, taco der gefüllte, zu einer Zigarre gerollte und nach beiden Enden hin offene Maisfladen, den es in Mexiko überall auf den Straßen zu kaufen gibt. Vers 116: Der erste Sechsjahresplan wurde Ende 1933 auf einem Kongreß des Partido Nacional Revolucionario (PNR), des Vorläufers der heutigen mexikanischen Staatspartei, Partido Revolucionario Institucional (PRI), verabschiedet. Er bedeutete gegenüber der bisherigen Regierungspolitik eine erhebliche Radikalisierung. Vers 117 — 127: Die direkte Rede eines Funktionärs, die vielleicht nicht einmal fingiert ist, soll besonders kraß die widerspruchsvolle Selbstdarstellung der Revolution zeigen. Auf der einen Seite bedient sie sich marxistischer Begrifflichkeiten und sucht die Parallele zur Oktoberrevolution, auf der anderen Seite muß sie das schlechte Verhältnis zur Sowjetunion erklären. Mexiko hatte 1930 die diplomatischen Beziehungen zur U d S S R abgebrochen, nachdem die mexikanische KP 1929 aufgrund der Hinrichtung zweier kommunistischer Bauernführer in offene Opposition zur Regierung des Präsidenten Portes Gil getreten war. Die diplomatischen Beziehungen wurden erst 1943 wiederaufgenommen. Vers 122: Die „Educación Socialista" war ein Projekt, mit dessen Hilfe die Postúlate der Mexikanischen Revolution in ihrer marxistischen Begriffseinkleidung über das Schulsystem in die Bevölkerungsmassen hineingetragen werden sollten. Zu seiner Verwirklichung

wurde Ende 1934, also zu Beginn der Regierungszeit von Präsident Cárdenas (1934—1940), der Artikel 3 der Mexikanischen Verfassung geändert. 1945 wurde die „Educación Socialista" als staatliches Erziehungsziel wieder aus der Verfassung gestrichen. Vers 125: Das Instituto Político de la Revolución Mexicana war wahrscheinlich eine Unterorganisation des Partido Nacional Revolucionario (PNR), der auf Anregung des Ex-Präsidenten Calles 1929 gegründet worden war und zunächst mehr als 1000 Einzelorganisationen umfaßte. Vers 128: Die „poetas proletarios", die der Vers anspricht, sind schwer zu identifizieren. Im weiteren Sinne mögen damit alle Schriftsteller gemeint sein, die eine nationalistische, auf klare, didaktisierbare Botschaften im Rahmen der Postúlate der Mexikanischen Revolution abzielende Literatur verfochten. Im engeren Sinne handelt es sich vielleicht um den Bloque de Obreros Intelectuales und seine Zeitschrift Crisol (1929—1938), die eine militant proletarisch-revolutionäre Kunstauffassung vertraten. Ihre Exponenten Carlos Gutiérrez Cruz und Lorenzo Turrent Rozas sind heute völlig vergessen. Vers 133: Mit den „pintores" sind ganz offenkundig die Wandmaler gemeint, deren führende Repräsentanten Diego Rivera, José d e mente Orozco und David Alfaro Siqueiros waren. Vers 149: Der „chichicuilotito", im Náhuatl tzitzicuilotl, ist eine Art kleine Schnepfe mit langem, schmalem Schnabel, die für kürzere Zeit auch in menschlichen Behausungen gehalten werden kann. Er stellt eine typische „Indioware" für Stadtbewohner dar. Vers 151—152: Der Stadtteil Villa de Guadalupe liegt im Nordosten der Hauptstadt und beherbergt die Wallfahrtskirche der Virgen de Guadalupe, der dunklen Jungfrau. Sie erschien 1531 dem Indio Juan Diego auf dem Hügel Tepeyac und wird als Nationalheilige Mexikos verehrt. Ihr Kult stand im Gegensatz zu der bis in die dreißiger Jahre hinein zum Teil militant antiklerikalen Politik der verschiedenen Revolutionsregierungen.

„Never ever" (Never ever) Text: Poesia. 1961 „Never ever" erschien zuerst in der Zeitschrift Poesia 1 (1938). Abgedruckt ist der zweite Teil des insgesamt achtteiligen, von Novo auf 1935 datierten Textes. Er belegt Novos Versuche mit dem automatischen Schreiben. Die texterzeugenden Mittel sind lautliche Parallelismen, Zitate und Standardwendungen der automatisierten alltags sprachlichen Rede, die a-logisch verkettet werden. Insofern weichen sie von der surrealistischen Ecriture automatique ab, die auf die Erzeugung von Bildern aus den Tiefen des Unterbewußtseins abzielt. Die einzelnen Teile von „Never ever" sind in ihrer Struktur allerdings nicht immer gleich, was vielleicht auf verschiedene Schreibgeschwindigkeiten zurückzuführen ist, die Novo bei der Abfassung benutzte. Für den hier abgedruckten Text beseitigte der Autor später einige kleinere Versehen. Der Uberarbeitungsprozeß fügte vielleicht aber neue Unklarheiten hinzu. Vers 97: Wir haben die Lesart „si" der Zeitschrift Poesia Aem „si" der späteren Ausgabe in Buchform vorgezogen, weil nicht auszuschließen ist, daß es sich hier um ein nachträgliches Versehen des Setzers handelt. Vers 115: Gegenüber dem Erstdruck schreibt Novo in Poesia (1961) „quod eram demonstrandum" statt „quod erat demonstrandum", was eine bewußt verballhornende Vermischung des lateinischen Gerundivums mit dem spanischen Gerundium sein könnte.

Bernardo Ortiz de Montellano (1899-1949) Geb. in Mexiko-Stadt, gest. ebenda. Besuch der Escuela Nacional Preparatoria, wo er Gorostiza und Torres Bodet zu Mitschülern hat. Sein erster Gedichtband, Avidez (1921), trägt stark spätmodernistische Züge. Durch Vermittlung von Torres Bodet Arbeit im Erziehungsministerium, später im Außenministerium. Seit 1926 auch Lehrer an der Sommerschule der Universität. 1925 Veröffentlichung

von El trompo de siete colores, dessen Gedichte die Einfachheit und Verinnerlichung des Spätmodernismus ins Volksliedhafte wenden. Eingangs- und Prosagedichte von Red(1928) bedeuten demgegenüber Ortiz de Montellanos Anschluß an die Schreibweise der Vanguardia. Ab Heft Nr. 9 alleiniger Herausgeber der Zeitschrift Contemporáneos { 1928—1931), in der er sich nun auch dem Surrealismus zuwendet. Sein Primero Sueño (Traumprotokoll und Gedicht) von 1931 konnte nach der Ermordung von García Lorca wie eine düstere Vorahnung gelesen werden. Gesammelt erscheinen Ortiz de Montellanos Traumgedichte 1933 unter dem Titel Sueños. Mit Botella al mar (1946) kommt er auf sie zurück. Traum und Wachen bilden auch in Muerte de cielo azul(1937) die grundlegende Thematik. Für das Theater schrieb Ortiz de Montellano Elsombrerón (Puppentheater) und La cabeza de Salome(m Buchform beide 1946). Als Kritiker ist er über seine Aufsätze in Contemporáneos und anderen Zeitschriften hinaus mit La poesía indígena de México (1935), Figura, amor y muerte de Amado Nervo (1943) und Literatura indígena y colonial mexicana (1946) hervorgetreten. Während Owens Werk in den letzten Jahren zum Teil schon untersucht wurde, ruht das von Ortiz de Montellano noch weitgehend im Dunkeln. Unter den Contemporáneos ist er der große Unbekannte. Seine Bedeutung für die Aufnahme des Surrealismus in der mexikanischen Literatur kann bisher nur erahnt werden. Seine Stellung in der Entwicklung der mexikanischen Lyrik besitzt keine klaren Konturen. Stärker als seine Weggefährten interessierte er sich für das kulturelle Erbe Mexikos, das sowohl in der indianischen als auch kolonialen Ausprägung in seinem Werk erscheint. Die Zielsetzung, eine unverkennbar nationale Literatur zu schaffen, die sich im wesentlichen aus Folkloristischem speist, lag ihm gleichwohl fern. Darin kann er mit der auf die Contemporáneos folgenden Taller-Gruppe verglichen werden, von der ihn ansonsten seine Ablehnung des politischen Engagements in der Literatur trennt.

Einzelveröffentlichungen: Avidez. México 1921; El trompo de siete colores. México 1925; Guía para la clasificación y catalogación de los archivos. México 1927; Red. México 1928; Primero sueño. México 1931; Sueños. México 1933; Lapoesía indígena de México. México 1935; Muerte de cielo azul. Poema, México 1937; Cinco horas sin corazón (entresueños). México 1940; Figura, amor y muerte de Amado Nervo. México 1943; Una botella al mar, conversación epistolar a propósito del libro,Sueños'. México 1946; El caso de mi amigo Alfazeta. México 1946; Literatura indígena y colonial mexicana. México 1946; El Sombrerón. México 1946. Gesammelte Werke: Sueño y poesía. México 1952. Untersuchungen (Auswahl): González de Mendoza, José Ma.: „La obra de Bernardo Ortiz de Montellano", in: Cuadernos Americanos 46 (1949), S. 2 6 2 - 2 7 4 . Ortiz de Montellano Taylor, Ana: A Surrealist Perspective on Bernardo Ortiz de Montellano's ,Sueños'. Ph. D. Diss., Yale University, New Häven 1979. „Sueño de amor" (Liebestraum) Text: Sueño y poesía. 1952 Veröffentlicht in Sueños (1933). Abfassungszeit zwischen 1930 und 1933, auf die Ortiz de Montellano seine Sueños datiert hat. Es handelt sich um das vorangestellte Fragment eines Traumprotokolls, dem die a-logische, poetische Repräsentation folgt. Die Wirkung des Gedichts liegt in seinen ungewöhnlichen Bildern, die offensichtlich von der surrealistischen Bildtheorie beeinflußt sind. Gleichwohl wird man davon ausgehen können, daß Ortiz de Montellano (anders als wenig später Novo mit „Never ever") dieses Gedicht bewußt inszenierte, die a-logische, poetische Repräsentation mithin eher eine kalkulierte Fortschreibung ist als die surrealistisch wiederholte Abbildung eines Traums.

Gilberto Owen (1905?-1952) Geb. in El Rosario, Sinaloa, als Sohn eines irischen Erzprospektors und einer mexikanischen Mutter. Gest. in Philadelphia an einer Leberzirrhose als Folge langjährigen übermäßigen Alkoholkonsums. Geht mit dreizehn Jahren nach Toluca an eine laizistische höhere Lehranstalt und später an die Escuela Nacional Preparatoria in Mexiko-Stadt. Freundschaft mit Jorge Cuesta und Xavier Villaurrutia, die den Grundstein für seine weitere literarische Entwicklung legt. Vereinzelte Veröffentlichungen von Gedichten. Der um 1925 geschriebene Lyrikband Desvelo erscheint vollständig erst postum in der Werkausgabe von 1953. Mitarbeit an den Zeitschriften Ulises (1927—1928) und Contemporáneos (1928 -1931). Der Titel seines 1928 gedruckten Romans Novela como nube versteht sich als ästhetisches Programm. Eintritt in den diplomatischen Dienst. Durch Vermittlung von Alfonso Reyes erscheint 1930 in Buenos Aires seine Prosagedichtsammlung Linea im Avantgardeverlag Proa. Nach Stationen in New York, Lima und Guayaquil wird Owen Ende 1932 aus dem diplomatischen Dienst entfernt, weil er sich für die Sozialrevolutionäre peruanische APRA (Alianza Popular Revolucionaria Americana) in seinem Gastland engagiert. Übersiedlung nach Bogotá. 1942 Rückkehr nach Mexiko und Mitarbeit an der Zeitschrift El Hijo Pródigo (1943—1946). Wiederaufnahme in den diplomatischen Dienst. Ab 1947 Vizekonsul in Philadelphia. Seine ambitionierteste Gedichtsammlung, Perseo vencido, erscheint 1948 in Lima als Edition der Universidad de San Marcos. Der größte Teil der Auflage verschwindet kurz nach der Fertigstellung in den Wirren des Odria-Putsches. Owen, der gern seine biographischen Spuren verwischte, gehört zu den weniger bekannten Contemporáneos, deren Gesamtwerk noch einer umfassenden Würdigung harrt. Seine Jugendgedichte sind spätmodernistisch konventionell. Doch schon in der Sammlung Desvelo, die einiges Juan Ramón Jiménez verdankt, gibt es Passagen, die die Grenzen zwischen Wirklichkeitserfassung und Imagination

aufheben. Diese Aufhebung wird in Linea zum Thema. Sie verrät auch für Owen die Wirkung des Surrealismus. Die Komplexität der Gedichte des Perseo vencido, in denen Motive aus der griechischen, biblischen, aber auch der islamischen Mythologie und Legendenwelt zusammenfließen, ist erst in den letzten Jahren erkannt worden. Sein Roman Novela como nube ist ein Beispiel für jenen von der Ästhetik Ortega y Gassets geprägten Typus des Avantgarderomans der späten zwanziger und frühen dreißiger Jahre, zu dem auch die erzählenden Werke von Torres Bodet und Yillaurrutia gehören. Einzelveröffentlichungen: La llama fría. México 1925; Novela como nube. México 1928; Línea. Buenos Aires 1930; Libro de Ruth. México 1944; Perseo vencido. Lima 1948; Primeros versos. Toluca 1957 (postum); Cartas a Clementina Otero. México 1982 (postum). Gesammelte Werke: Poesía y prosa. Edición de Josefina Procopio. México 1953; Obras. Edición de Josefina Procopio. Recopilación de textos por Josefina Procopio, Miguel Capistrán, Luis Mario Schneider e Inés Arredondo. México 1979. Untersuchungen (Auswahl): Arredondo, Inés: „Apuntes para una biografía", in: Revista de Bellas Artes 8 (1982), S. 4 3 - 4 8 . Boldridge, Effie J.: „The Poetic Process in Gilberto Owen", in Romance Notes 14 (1973), S. 4 7 6 - 4 8 3 . García Terrés, Jaime: Poesía y alquimia. Los tres mundos de Gilberto Owen. México 1980. Rojas Garcidueñas, José: „Gilberto Owen (notas y documentos de su vida y su obra)", in: Anales del Instituto de Investigaciones Estéticas 40 (1971), S. 7 5 - 9 9 . Segovia, Tomás: „Nuestro Contemporáneo Gilberto Owen", in T.S., Actitudes. Guanajuato 1970, S. 155 — 188.

Segovia, Tomás: „Owen, el símbolo y el mito", in: Nueva Revista de Filología Hispánica 29 (1980), S. 5 5 6 - 5 7 3 . „Naipe" (Spielkarte) Text: Obras. 1979 Veröffentlicht zuerst in Línea (1930). Die Abfassungszeit ist unklar. 1927 publiziert Owen einige seiner Prosagedichte schon unter dem späteren Werktitel in der Zeitschrift Ulises. Der Text von „Naipe" wurde vielleicht kurz darauf geschrieben. Als Alfonso Reyes 1929 in Buenos Aires den Druck von Linea vorbereitet, fällt es Owen, der in New York lebt, schwer, alle Manuskripte zusammenzubringen. Es werden schließlich nur fünfundzwanzig von ursprünglich offenbar mehr als dreißig Texten. Ob die fehlenden sich irgendwo erhalten haben, ist unbekannt. „Naipe" ist ein charakteristisches Beispiel für die Durchlässigkeit der Grenzen zwischen Wirklichkeit und Traum, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, dem Ich und dem anderen, die die Sammlung Linea bestimmt. Ihr Titel bezeichnet vielleicht diese Grenze, die für den Autor nur scheinbar gilt. Konkret thematisiert „Naipe" die Spiegelung des Ich im Vater, zugleich aber auch dessen beunruhigende Rückkehr. Owens Vater wurde, als dieser noch ein Kind war, wahrscheinlich bei einem Streit erschossen. „Historia Sagrada" (Heilige Schrift) Text: Obras. 1979 Veröffentlicht zuerst in Linea (1930). Auch hier ist die Abfassungszeit unklar. Wie die Uberschrift erwarten läßt, enthält der Text einige Anspielungen auf die Bibel. Sie beginnen mit der ersten Zeile {Matth. 19,24) und wirken in der Zusammenstellung mit den übrigen Inhaltselementen entsakralisierend. Nicht weniger deutlich sind die Verweise auf Rimbauds Illuminations (geschr. 1872 — 1875). „Después del Diluvio" (Après le Déluge) ist der Titel des Prosagedichts, das die Illuminations eröffnet. Die sich nicht zu einer

wiedererkennbaren Welt fügenden Bilder der „Historia Sagrada" entsprechen denen, die auch für das Werk Rimbauds charakteristisch sind. Rimbaud galt den Surrealisten der frühen zwanziger Jahre als Vorläufer und Vorbild. Später rückte vor allem Breton von ihm ab, der Rimbaud vorwarf, der christlichen Interpretation seines Werkes insbesondere durch Paul Claudel durch die Art seiner Vertextung Vorschub geleistet zu haben. Der Verweis auf die Illuminations in „Historia Sagrada" dürfte sich noch auf die ursprüngliche Wertschätzung Rimbauds durch den Surrealismus beziehen.

Octavio Paz (*1914) Geb. in Mixcoac/Mexiko-Stadt. Besuch der Escuela Nacional Preparatoria und Studium an der Nationaluniversität. Seit 1931 Veröffentlichungen in literarischen Zeitschriften, die er zum Teil mitbegründet. Sein erster Gedichtband, Luna silvestre, erscheint 1933. Beim Ausbruch des Spanischen Bürgerkrieges verfaßt er das Gedicht „¡No pasarán!", das in einer Auflage von 3 000 Exemplaren der Vertretung der spanischen Volksfrontregierung in Mexiko übergeben wird. 1937 Gründung einer Landschule in Yucatán und Veröffentlichung von Raíz del hombre. Reise zum II. Internationalen Kongreß antifaschistischer Schriftsteller zur Verteidigung der Kultur nach Spanien. Eine Auswahl seiner Gedichte erscheint mit einem Vorwort von Manuel Altolaguirre in Valencia. Von 1938 bis 1941 ist er Mitherausgeber und später Leiter der Literaturzeitschrift Taller, in der zahlreiche Arbeiten spanischer Exilautoren erscheinen. Seine yukatekischen Erfahrungen verarbeitet er in dem Langgedicht Entre la piedra y laflor (1941). Die Sammlung A la orilla del mundo (1942) enthält sein zu diesem Zeitpunkt von ihm akzeptiertes lyrisches Werk, das er in der Folgezeit stark erweitern, aber auch immer wieder neu ordnen und überarbeiten wird. 1942 Bruch mit Neruda und der literarischen Volksfront, der sich neben

persönlichen Gründen auch aus der Erfahrung des Hitler-StalinPaktes und der Ermordung Trotzkijs herleitet. Stärkere Annäherung an die Contemporáneos, insbesondere Villaurrutia, und die nicht-kommunistische Linke des in Mexiko lebenden antifaschistischen Exils. 1943 geht er mit einem Guggenheim-Stipendium für zwei Jahre in die Vereinigten Staaten. Durch Vermittlung von José Gorostiza 1945 Eintritt in den diplomatischen Dienst. Posten in Paris, Tokyo, Mexiko-Stadt und dann wieder Paris. Anschluß an den Surrealismus und Aufnahme in den Almanach surrealiste du demi-siècle (1950). 1949 Veröffentlichung der ersten Auflage von Libertad bajo palabra. Im Jahr darauf publiziert er El laberinto de la soledad. Damit beginnt derjenige Teil des Werkes, der Paz zu einem der wichtigsten Lyriker und Essayisten der Gegenwartsliteratur machen wird. In rascher Folge erscheinen die surrealistisch gefärbten Prosatexte von ¿Aguila o sol? (1951), der Gedichtband Semillas para un himno (1954), der poetologische Essay El arco y la lira (1956), die Aufsatzsammlung Las peras del olmo (1957) und ebenfalls 1957 Piedra de sol, das erste der großen Langgedichte. Die lyrische Produktion jener Jahre wird in La estación violenta (1958) zusammengefaßt. Libertad bajo palabra (1960) repräsentiert das bis dahin vorliegende, vom Autor vertretene dichterische Gesamtwerk. Salamandra, ein Band mit neuen Gedichten, erscheint 1962. In diesem Jahr wird Paz zum mexikanischen Botschafter in Indien ernannt. Er veröffentlicht die vier zentralen Essays von Cuadrivio (1965) über Darío, López Velarde, Pessoa und Cernuda sowie die Aufsatzsammlung Puertas al campo (1966). Zugleich erscheint der Essay Los signos en rotación (1965), der der zweiten Fassung von El arco y la lira (1967) als eine Art poetologische Fortschreibung beigegeben wird; ferner die Prosatexte von Corriente alterna (1967) und das Buch über Claude Lévi-Strauss o el nuevo festín de Esopo (1967). Im selben Jahr veröffentlicht er Blanco, sein zweites großes Langgedicht, das wie die Gedichte von Ladera este (1968) auch die Erfahrungen mit Indien spiegelt. In Anknüpfung an Blanco experimentiert er in den Discos visuales (1968) mit den Möglichkeiten der

Erzeugung poetischer Texte unter aktiver Einbeziehung des Lesers. Aus Protest gegen die blutige Auflösung einer friedlichen Demonstration auf dem Platz der drei Kulturen in Tlatelolco/Mexiko-Stadt verläßt Paz 1968 seinen Botschafterposten. Bis 1971 hält er sich in einer Art freiwilligem Exil im Ausland auf. Als Nachschrift zu Ellaberinto de la WeöWerscheint 1970 unter dem Titel Posdata eine Abrechnung mit dem politischen System Mexikos. Nach seiner Rückkehr, die durch die Freilassung der politischen Gefangenen in Mexiko motiviert wird, Gründung der Zeitschriften Plural (1973) und Vuelta (1976), gleichzeitig Entfaltung einer umfangreichen publizistischen Tätigkeit. Mit seiner seit den vierziger Jahren anhaltenden Kritik am Stalinismus, die nun auch die Entwicklungen der Kubanischen Revolution einschließt, gerät er in immer deutlicherem Widerspruch zu einem Teil der lateinamerikanischen Linken. Von diesem Widerspruch zeugen zahlreiche Essays der in der Folgezeit veröffentlichten Sammlungen El ogro filantropico (1979) und Tiempo nublado (1983). Gleichzeitig setzt er seine Kritik an jeglichem System physischer und geistiger Unterdrückung fort und wendet sich mit der monumentalen Biographie Sorjuanalnes de la Cruz o las trampas de lafe (1982), die die koloniale Gesellschaft im Mexiko des ausgehenden 17. Jahrhunderts wiedererstehen läßt, auch gegen die Praktiken der Katholischen Kirche. Der Essay Los hijos dellimo (1974) repräsentiert seine Sicht der okzidentalen Literatur von der Romantik bis zu den historischen Avantgardebewegungen, deren zentrale Verfahren er in seine Analyse des Werks von Marcel Duchamp (Apariencia desnuda, vollständig 1976) untersucht. Die in den letzten Jahren erschienenen Essays zur Literatur und Kunst faßt er in mehreren Sammlungen zusammen, die zunehmend Aufarbeitungen des eigenen literarischen Werdegangs enthalten. Spürbar ist die autobiographische Rückschau auch in dem Langgedicht Pasado en claro (1975), dem Gedichtband Vuelta (1976) und der bislang letzten gesammelten Ausgabe seines lyrischen Werks {Poemas, 1979). Erwähnung verdienen ferner seine zahlreichen Übertragungen fremdsprachiger Lyrik, die zu den besten

Beispielen im Spanischen gehören. Paz' Leben und Werk sind mit zahlreichen Ehrungen bedacht worden, am treffendsten vielleicht durch die Berufung zum Präsidenten der 50-Jahrfeier des II. Internationalen Kongresses antifaschistischer Schriftsteller zur Verteidigung der Kultur, die im Juni 1987 in Valencia stattfand. Durch das sehr umfangreiche, vielschichtige Werk von Octavio Paz zieht sich als roter Faden die entschiedene Ablehnung sowohl des Ideals einer sich selbst genügenden Kunst als auch der Forderung nach literarischer Vermittlung institutionalisierter Weltanschauungen. Literatur und Kunst sind für Paz Ausdruck der jedem Menschen innewohnenden Kraft der Infragestellung aller Gewißheiten alltagsgewohnten Handelns. Diese Position ist seit den frühen Anfängen in den dreißiger Jahre erkennbar und führt nach dem Bruch mit der literarischen Volksfront konsequenterweise zum Surrealismus. Dessen Auffassungen, die sich seit den dreißiger Jahren auch aus der Erfahrung der Unvereinbarkeit parteilichen Engagements mit Kunst und Literatur speisen, bleibt Paz im Verlauf seiner Entwicklung im wesentlichen treu. In der Lyrik knüpft er an Orientierungen, Themen und Sprachverwendungsweisen der historischen Avantgardebewegungen an, greift jedoch über den Symbolismus und die europäische Romantik bis auf die Barocklyrik aus. Aus der Vielfalt seiner stets klar geschriebenen Essays sticht die Aufarbeitung mexikanischer Kultur, Kunst, Literatur und Geschichte hervor, die er zumeist in einen umfassenderen Entwicklungszusammenhang stellt. Wie kaum ein anderer Autor aus Lateinamerika hat er mit seinem Werk eine intellektuelle Ausstrahlungskraft erlangt, die weit über die Grenzen des Kontinents hinauswirkt. Er ist das beeindruckende Beispiel eines hispanoamerikanischen Poeta doctus in der Weltliteratur des 20. Jahrhunderts. Einzelveröffentlichungen: Luna silvestre. México 1933; ¡No pasarán! México 1936; Raíz del hombre. México 1937; Bajo tu clara sombra y otros poemas sobre España. Valencia 1937; Entre la piedra y la flor. México 1941; A la orilla del

mundo. México 1942; Libertad bajo palabra. México 1949 (21960, 1968); El laberinto de la soledad. México 1950 ( 2 1959); ¿Aguila o sol?. México 1951; Semillas para un himno. México 1954; El arco y la lira. México 1956 (21967); Piedra de sol. México 1957; Lasp eras del olmo, México 1957; La estación violenta. México 1958; Tamayo en la pintura mexicana. México 1959; Salamandra (1958—1961). México 1962; Viento entero. Delhi 1965; Cuadrivio. México 1965; Los signos en rotación. Buenos Aires 1965; Puertas al campo. México 1966; ClaudeLéviStrauss o el nuevofestín de Esopo. México 1967; Blanco. México 1967; Discos visítales. México 1968; Marcel Duckamp o el castillo de la pureza. México 1968; Ladera este (1962—1968). México 1969; La centena (Poemas 1935—1968). Barcelona 1969; Conjunciones y disyunciones. México 1969; México: la última década. Austin 1969; Posdata. México 1970; Las cosas en su sitio: sobre la literatura española del siglo XX (zusammen mit Juan Marichal). México 1971; Traducción: literaturay literalidad. Barcelona 1971; Topoemas. México 1971; Renga (zusammen mit Jacques Roubaud, Edoardo Sanguineti und Charles Tomlinson). Paris 1971 (span. México 1972); Lafilie de Rappaccini. París 1972 (span. zuerst in Revista Mexicana de Literatura"! (1956); Lesinge grammairien. Genéve 1972 (span. Barcelona 1974); Apariencia desnuda: la obra de Marcel Duchamp. México 1973 ( 2 1976); El signo y el garabato. México 1973; Solo a dos voces (zusammen mit Julián Ríos). Barcelona 1973; La búsqueda del comienzo. Madrid 1974; Los hijos del limo: Del romanticismo a la vanguardia. Barcelona 1974; Versiones y diversiones. México 1974; Pasado en claro. México 1975 ( 2 1976); Vuelta. Barcelona 1976; Xavier Villaurrutia en persona y en obra. México 1978; Air Bom/Hijos del aire (zusammen mit Charles Tomlinson). México 1979; El ogro filantrópico: historia y política 1971— 1978. México 1979; In/Mediaciones. Barcelona 1979; Democracy and Dictatorship in Latin America. New York 1982; Sor Juana Inés de la Cruz, o las trampas de lafe. Barcelona 1982; Sombras de obras. Barcelona 1983; Tiempo nublado. Barcelona 1983; Hombres en su sigloy otros ensayos. Barcelona 1984; Pasión crítica: (Conversaciones con Octavio Paz). Barcelona 1985. 3

Gesammelte Werke: Poemas (1935-1975). Barcelona 1979. Untersuchungen (Auswahl): Fein, John M.: Toward Octavio Paz. A Reading of his Major Poems. Lexington 1986. Flores, Angel (Hrsg.): Aproximaciones a Octavio Paz. México 1974. Geisler, Eberhard: „Octavio Paz", in: H.L. Arnold (Hrsg.): Kritisches Lexikon zur fremdsprachigen Gegenwartsliteratur. München: 5. Nachlieferung, 1984, S. 1 - 1 6 . Gimferrer, Pere (Hrsg.): Octavio Paz. Madrid 1982. Homenaje a Octavio Paz, in: Cuadernos Hispanoamericanos 343 — 345 (1979). Ivask,Ivar (Hrsg.): The PerpetualPresent. The Poetry andProseo/Octavio Paz. Norman 1973. Lemaitre, Monique: Octavio Paz. Poesía y poética. México 1976. Magis, Carlos: La poesía hermética de Octavio Paz. México 1978. Martínez Torrón, Diego: Variables poéticas de Octavio Paz. Madrid 1979. Meyer-Minnemann, Klaus: „Octavio Paz", in: W. Eitel (Hrsg.): Lateinamerikanische Literatur der Gegenwart in Einzeldarstellungen. Stuttgart 1978, S. 3 8 4 - 4 0 5 . Müller-Bergh, Klaus: „La poesía de Octavio Paz en los años treinta", in: Revista Iberoamericana "il (1971), S. 117 — 133. Needleman, Ruth Ann: Hymn among the Ruins. Continuity and Change in the Poetry and Poetics of Octavio Paz (1957—1967). Ph.D., Diss. Harvard University, Cambridge 1971. Phillips, Rachel: The Poetic Modes of Octavio Paz. London 1972. Roggiano, Alfredo A. (Hrsg.): Octavio Paz. Madrid 1979. Schräder, Ludwig: „Der Bogen und die Leier oder die ewige Gegenwart. Modernität als Theorie bei Octavio Paz", in E. Köhler (Hrsg.): Sprachen der Lyrik. Festschrift für Hugo Friedrich zum 70. Geburtstag. Frankfurt 1975, S. 7 8 2 - 8 1 4 . Wentzlaff-Eggebert, Harald: „Libertad bajo palabra. Poetologisches

Programm und poetische Praxis bei Octavio Paz", in: J.M. López de Abiada, T. Heydenreich (Hrsg.): Iberoamérica. Historia-sociedadliteratura. Homenaje a Gustav Siebenmann. München 1983, Bd. II, S. 1052-1074. Wilson, Jason: Octavio Paz. A Study of his Poetics. Cambridge 1979. „Raíz del hombre", XV (Urgrund des Menschen, XV) Text: Raíz del hombre. 1937 Es handelt sich um das letzte Gedicht des Bandes Raíz del hombre, dem als Motto drei Goetheverse und die Widmung „Para Remedios" vorangestellt sind. Die Abfassungszeit ist unklar. Wie alle anderen Gedichte der Sammlung trägt auch dieses keine Uberschrift. Das Thema der Liebe als transzendente Erfahrung, das den ganzen Band durchzieht, erfährt hier eine vierfache Steigerung. Inhaltlich führt es in einer Reihe metaphorischer Ausdrücke von der nackten und lichten Liebe (Vers 1) zunächst zur schwarzen Liebe (Vers 2) und weiter zur blinden Zornesliebe (Vers 9). Dann erfolgt der Ubergang zur Gleichsetzung mit dem Tod, der als starrer Durst, als Fluß in Trauer angesprochen wird (Vers 13 — 14), ehe die Gleichsetzung ausdrücklich erscheint (Vers 17). Als letzte Steigerung nennt das Gedicht den einsamen Tod (Vers 19), die unerschöpfliche Liebe, der Tod entströmt (Vers 22). Konkret handelt es sich bei der vierstufigen Folge um ein Hinabsteigen zur Todliebe als Wurzel, Urgrund des Menschen. Ausdrucksmäßig sind die vier Stufen des Abstiegs auf die vier Strophen des Gedichts verteilt und werden durch die anaphorische Wiederholung von „bajo" (Vers 1) und „hay" (Vers 2) zusätzlich angezeigt. Sicherlich ist es kein Zufall, daß das Thema der bei Villaurrutia häufiger auftauchenden Todliebe (,mors-amor') auch den jungen Octavio Paz berührte. Neben der Verarbeitung persönlicher Erfahrung dürfte dieses Gedicht als Hommage an den älteren Autor gedacht gewesen sein, der in jenen Jahren seine „Nocturnos" schrieb, von denen schon der 17jährige Paz 1931 zwei zur Veröffentlichung für seine Zeitschrift Barandal erbeten und erhalten hatte.

In der Auswahl aus Raíz del hombre, die in Bajo tu clara sombra y otros poemas sobre España, Valencia 1937, abgedruckt ist, trägt dieses Gedicht die Nummer VI. Es erscheint unverändert in A la orilla del mundo, México 1942, und mit leichten Retuschen (Vers 6, 8) in Libertad bajo palabra: Obra poética (1935—1958), México 1960. Danach hat es Paz nicht wieder in eine seiner Sammlungen aufgenommen. „El barco" (Das Schiff) Text: Hora de España. 1938 Begonnen, wenn nicht sogar fertiggestellt wurde dieses Gedicht Ende 1937 während der Rückreise vom II. Internationalen Kongreß antifaschistischer Schriftsteller in Spanien. Paz veröffentlichte es in der Zeitschrift Poesía 3,1938, S. 15 — 18, und in Spanien in Hora de España 23,1938, S. 43 — 45. In Poesía, wo das Gedicht in zahlreichen Versen anders angeordnet ist, was auf eine nur lockere Zusammenhangbildung hindeutet, trägt es den Zusatz „Mar Atlántico, 1937". Wie aus der Anmerkung hervorgeht, befand Paz sich auf einem Schiff, das in Lissabon mehr als dreihundert spanische Flüchtlinge bestiegen, die aus der von den putschenden Militärs besetzten Zone geflohen waren. Es waren alte Menschen, Bauern mit ihren Frauen, die entkommen konnten, weil sie nicht mehr zum Militärdienst taugten. Die Anwesenheit dieser Entwurzelten während der Uberfahrt muß den jungen Autor sehr beeindruckt haben und inspirierte das Gedicht. Gleichzeitig stand Paz jedoch auch unter dem Eindruck der zahlreichen Begegnungen, die er in Paris und in Spanien gehabt hatte, darunter einige mit Pablo Neruda. Dieser erzählt in seinen Memoiren, daß die Einladung für Paz zu dem Kongreß von ihm ausgegangen sei und daß Paz zu jener Zeit erst ein Buch veröffentlicht gehabt habe. Dieses sei ihm, Neruda, zwei Monate vor ihrem ersten Zusammentreffen zugegangen. Wenn überhaupt handelte es sich um Raíz del hombre, da es unwahrscheinlich ist, daß Paz Neruda seinen Erstling von 1933, Luna silvestre, vier Jahre nach der Veröffentlichung

zugeschickt hätte. Nerudas Person, sein Engagement für die spanische Republik und sein Werk müssen auf Paz eine starke Wirkung ausgeübt haben. Nach seiner Rückkehr veröffentlichte er in der Zeitschrift Ruta des mexikanischen Romanautors Mancisidor einen Essay über Nerudas Gedichte España en el corazón, die Ende 1937 in Santiago in erster Auflage erschienen waren und unter den hispanoamerikanischen Intellektuellen, die Spanien gegen Franco unterstützten, sofort große Verbreitung gefunden hatten. „El barco" zeigt in der Vergegenwärtigung des Schiffes deutliche Anklänge an das Gedicht „El fantasma del buque de carga" aus Nerudas Residencia en la tierra, ein Werk, das Paz wahrscheinlich in der Edition Madrid 1935 geläufig war. Im weiteren Sinne folgt es der von Neruda seit 1935 in seiner Zeitschrift Caballo Verde para la Poesía verkündeten Poetik einer „poesía sin pureza", einer Dichtung der Unreinheit, die sich polemisch gegen das Ideal einer sich selbst genügenden, die Alltäglichkeit aus ihrem Umkreis verbannenden Kunst wandte und offenbar auf starke Zustimmung beim jungen Paz stieß. Die Widmung galt dem spanischen Lyriker und Erzähler Arturo Serrano Plaja (*1910), der zu den Mitorganisatoren des Schriftstellerkongresses gehörte und nach dem Bürgerkrieg ins Exil ging. Interessanterweise ist das Gedicht in A la orilla del mundo (1942) nicht enthalten, was auf den zu jener Zeit bereits erfolgten Bruch mit Neruda hindeutet. Es taucht erst in Libertad bajo palabra. Obra poética (1935—1958), México 1960, wieder auf, allerdings stark verändert und mit dem neuen Titel „Los viejos" (Die Alten), die in der Tat den Inhalt und das Thema des Gedichtes bestimmen. Paz hat weiter an diesem Text gearbeitet. Seine letzte und vielleicht definitive Fassung findet sich in Poemas (1935—1979), Barcelona 1979. Sie lautet:

Los viejos* A Arturo Serrano Plaja Sobre las aguas, sobre el desierto de las horas pobladas sólo por el sol sin nombre y la noche sin rostro, van los maderos tristes, van los hierros, la sal y los carbones, la flor del fuego, los aceites. Con los maderos sollozantes, con los despojos turbios y las verdes espumas, van los hombres. Los hombres con su tos, sus venenos lentísimos y su sangre en destierro de ese lugar de pinos, agua y rocas desde su nacimiento señalado como sepulcro suyo por la muerte. Van los hombres partidos por la guerra, empujados de sus tierras a otras, hombres que sólo llevan ya a la muerte su diminuta muerte, vagos semblantes sementeras, deslavadas colinas y descuajados árboles. La guerra los avienta, campesinos de voces de naranja, pechos de piedra, arroyos, torrenteras, viejos hermosos como el silencio de altas torres, torres aún en pie, indefensa ternura hundida en las bodegas. Al terrón cejijunto lo ablandaron sus manos, * Barco de carga con evacuados, durante la guerra civil española.

sus anchos pies danzantes alzaron los sonidos nupciales del viñedo, la tierra estremecida bajo sus pies cantaba como tambor o vientre delirante, tal la pradera bajo los toros ciegos y violentos de huracanado luto rodeados. A la borda acodados, por los pasillos, la cubierta, sacos de huesos o racimos negros. No dicen nada, callan, oyen a sus mujeres (brujas de afiladas miradas alfileres, llenas de secretos ya secos como añosos armarios, historias que se sacan del pecho entre suspiros) contar con voz rugosa las minucias terribles de la guerra. Los hombres son la espuma de la tierra, la flor del llanto, el fruto de la sangre, el pan de la palabra, el vino de los cantos, la sal de la alegría, la almendra del silencio. Estos viejos son un ramo de soles apagados. Bebe del agua de la muerte, bebe del agua sin memoria, deja tu nombre, olvídate de ti, bebe del agua, el agua de los muertos ya sin nombre, el agua de los pobres. En esas aguas sin facciones también está tu rostro. Allí te reconoces y recobras, allí pierdes tu nombre,

allí ganas

tu nombre

y el poder de nombrarlos

con su nombre más cierto.

Die Alten* Für Arturo Serrano Plaja Auf den Wassern, auf der Odnis der Stunden, bevölkert nur von der namenlosen Sonne und der gesichtslosen Nacht, treiben die traurigen Planken dahin, treiben die eisernen Spanten, das Salz und die Kohle, das leuchtende Feuer, die Öle. Mit den ächzenden Planken, mit dem trüben Treibgut und dem grünen Schaum treiben die Menschen. Die Menschen mit ihrem Husten, ihrem schleichenden [Giftfraß, und ihrem vertriebenen Blut aus diesem Flecken Land aus Kiefern, Wasser, Felsen, der ihnen von Anbeginn als Grab zugewiesen war durch den Tod. Die Menschen treiben dahin zerspalten vom Krieg, aus ihrem Land in andere gestoßen, Menschen, die nur noch ihren winzigen Tod dem Tod [zutragen, vage Gesichter der Aussaat, verwaschene Hügel und entwurzelte Bäume. Der Krieg fegt sie vor sich her. Bauern mit Stimmen aus Orangen, * Handelsschiff mit Evakuierten während des Spanischen Bürgerkriegs.

Brüsten aus Stein, Bächen, Schluchten, alte Männer schön wie die Stille hoher Türme, Türme, die noch stehen, schutzlose, in die Luken gesenkte Zartheit. Den finsteren Klumpen Erde bearbeiten ihre Hände, ihre breiten, tanzenden Füße ließen die Hochzeitsklänge des Weinbergs aufsteigen, unter ihren Füßen erzitterte die Erde und dröhnte wie eine Trommel oder ein wühlender Bauch, gleich der Weide unter den blindwütigen, von Orkane tobender Trauer umfangenen Stieren. An die Reling gelehnt in den Gängen, auf Deck, Säcke voll Knochen oder schwarze Trauben. Sie sagen nichts, schweigen, hören ihre Frauen (alte Weiber mit scharfen Nadelblicken, voll vertrockneter Geheimnisse wie alte Schränke, Geschichten, die sie unter Seufzern aus der Brust holen) mit krächzender Stimme die schrecklichen Begebenheiten des Krieges erzählen. Die Menschen sind der Schaum der Erde, die Blüte der Klage, die Frucht des Blutes, das Brot des Wortes, der Wein der Lieder, das Salz der Freude, die Mandel der Stille. Diese Alten sind ein Strauß erloschener Sonnen. Trink vom Wasser des Todes, trink vom Wasser des Vergessens, laß deinen Namen, lösch dich aus, trink vom Wasser,

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dem Wasser der Toten schon ohne Namen, dem Wasser der Armen. In diesen gesichtslosen Wassern ist auch dein Antlitz. Darin erkennst du dich und gewinnst dich zurück, dort verlierst du deinen Namen, dort erlangst du deinen Namen und die Kraß, bei ihrem wahrsten Namen sie zu rufen.

„Conversación en un bar" (Unterhaltung in einer Bar) Text: Libertad bajo palabra. 1949 Geschrieben wahrscheinlich während des Aufenthalts von Paz in den Vereinigten Staaten zwischen 1943 und 1945. Veröffentlicht zuerst in Libertad bajo palabra (1949) in dem Teil „Puerta condenada" (Vermauerte Tür), der Gedichte aus den Jahren 1944—1946 enthält. Die „Puerta condenada", die in verschiedenen Bildern erscheint, fungiert darin als umfassendes Symbol für Einengung, Begrenzung und Einsamkeit, aber auch für das andere, das jenseits der Tür liegt. Innerhalb von „Puerta condenada" gehört „Conversación en un bar" als drittes zu einer Gruppe von vier Gedichten, die mit „El joven soldado" (Der junge Soldat) überschrieben sind und gemeinsam gelesen werden können. Von den vieren bietet „Conversación en un bar" die stärkste Verdeutlichung der Sprechersituation und des (fiktiven) Umfelds des Sprechers. Die Überschrift bestimmt die Rede des Ich als Unterhaltung in einer Bar, bei der allerdings der Zuhörer sich weder äußert noch überhaupt Konturen gewinnt. Die Unterhaltung besteht in Wirklichkeit aus der Erzählung einer Geschichte, in der der Sprecher selbst als (mit) handelnde Person erscheint (Vers 12 —13). Dabei fällt auf, daß er, den man mit dem „jungen Soldaten" identifizieren kann, sich nicht als Mexikaner anspricht. In dieser Geschichte versuchen drei Männer, die sich offenbar in einer Kaserne, einem Ausbildungslager oder sonst irgendeinem Camp befinden, an einem Samstagnachmittag ohne

Ausgang heimlich das Gelände zu verlassen. Doch als sie an die Umfassungsmauer, die „Puerta condenada", gelangen, hinter der das andere, das Unbekannte oder Lockende, sich befindet, werden sie entdeckt und eingesperrt. Auf die Beleidigung des Unteroffiziers durch den Sprecher antwortet kaltes Wasser aus Schläuchen (Vers 19). Doch das ist nur der erste Teil der Geschichte. Der zweite spielt einen Monat später und handelt vom Kennenlernen eines Mädchens, Kinobesuch, Tanzen, drei Bier und Küssen an einer Ecke. Eingeschoben in die monologische Unterhaltung sind Bemerkungen in Klammern, die nicht unbedingt von demselben Sprecher stammen müssen. Sie unterscheiden sich in der Sprachverwendung deutlich von den erzählenden Versen, hängen inhaltlich aber doch mit ihnen zusammen: Vers 8 — 11 weist voraus auf die Verse 28 — 30; Vers 31 — 33 kommentiert sie. In Vers 34 freilich scheinen sich beide Stränge des Gedichts zu vereinen. Vielleicht handelt es sich bei den eingeklammerten Versen um die poetische Umsetzung von Vorstellungen über das andere hinter der Mauer, das Unbekannte oder Lockende; aber auch von den Enttäuschungen, die es den Vorstellungen, den Träumen beim Versuch der Verwirklichung bereitet. Die im Gedicht genannten Himmelsrichtungen (Westen, Vers 3, und Süden, Vers 8) lassen an den Süden der Vereinigten Staaten denken, zu dem die drei an der Geschichte beteiligten Personen als Vertreter der Unterprivilegierten (Neger, Mexikaner, einfacher Soldat) passen. Die Verse des Eingangsmottos, die am Ende des Gedichts wieder aufgenommen und fortgeführt werden, stammen offensichtlich vom Autor selbst, ohne daß eine Quelle zu ermitteln war, und enthalten das für Libertad bajo palabra zentrale Symbol des Spiegels, das zuweilen mit dem der vermauerten Tür verschmilzt. Paz hat „Conversación en un bar" zusammen mit den drei anderen Gedichten von „El joven soldado" mit leichten, in einem Fall (Vers 7) aber bedeutsamen Veränderungen in die Ausgabe Libertad bajo palabra (1960) aufgenommen. In der darauf folgenden Fassung von 1968 fehlen die beiden ersten Gedichte. Die Gesamtüberschrift „El

joven soldado" ist fortgelassen. „Conversación en un bar" erscheint nun, nochmals überarbeitet, zusammen mit „Razones para morir" unter dem Titel „Conscriptos U.S.A." (Rekruten USA), was sowohl die Geschichte als auch die Sprechersituation vereindeutigt. In dieser Fassung findet es sich auch in Poemas (1979). „Razones para morir" (Gründe zu sterben) Text: Libertad bajo palabra. 1949 Geschrieben wahrscheinlich zur gleichen Zeit wie „Conversación en un bar". Veröffentlicht zuerst in Libertad bajo palabra (1949). Es handelt sich um das vierte Gedicht der Gruppe „El joven soldado" aus dem Abschnitt „Puerta condenada" (Vermauerte Tür). Wenn man als Sprecher den jungen Soldaten oder noch genauer (in der späteren Vereindeutigung) einen Rekruten annimmt, so wird in diesem Gedicht die Frage nach dem Sinn des Sterbens im Krieg gestellt und negativ beantwortet. Statt des Vaterlands gibt es nur die Wirklichkeit einer unfruchtbaren Erde, statt der schon aus der Antike stammenden Idee der Beständigkeit des Ruhms, die Flüchtigkeit des Augenblicks. Doch diese Flüchtigkeit, eine Vorstellung, die das gesamte weitere Werk des Autors beherrschen wird, ist zugleich der Moment der Ewigkeit in der Gegenwart des Konkreten, der mehr gilt als alle Versprechungen auf Entschädigung für die Zukunft. Entgrenzung, „la Libertad" (Vers 32), verleiht nur die Poesie, ein Gedanke, der sich im Manifest des Surrealismus von 1924 findet und das Denken und Schreiben des Autors seit den Anfängen in der Barandal-Qruppe bestimmt hat. Freilich scheint das Wirken der Poesie zwiespältig, also nicht nur positiv zu sein (Vers 31 ff.). Die Betonung ihrer verändernden Kraft (Vers 39 ff.) könnte sogar das Ergebnis einer nachträglichen Überarbeitung sein, die aus dem direkten Kontakt mit dem Surrealismus ab 1946 resultierte. Jedenfalls ist hier die Nähe zu dessen Grundüberzeugungen deutlich: Dichtung (Poesie) als eine subversive, das Leben verändernde, die Normen der Gesellschaft sprengende Macht, als Biß in die verbotene Frucht (Vers 43), als Aufstoßen der

vermauerten, unter Beibehaltung der Mehrdeutigkeit des Wortes fluchbeladenen Tür (Vers 44), als Losbinden des Gefangenen (Prometheus?, Vers 45), das heißt als Abfall von den Göttern ( = Ideologien). Dichtung (Poesie) hebt die Trennungen (auch der Vernunft) auf. Dieses wird wieder zu jenem, ist jenes, Stein ist Brot (Vers 46), weißes Papier sind Möwen (Vers 47), Blätter sind Vögel (Vers 48), Vögel sind deine Finger: alles fliegt (Vers 49). Doch anders als in dem Gedicht „Himno entre ruinas" (1948), das nicht zufällig am Schluß der ersten Version von Libertad bajo palabra (1949) steht, hält die transzendierende Macht der Poesie in diesem Falle nicht vor. Es gibt keine Antworten, das Schweigen ist auch das eigene Schweigen (Vers 51) und dahinter ist nichts. „Razones para morir" erscheint mit Ausnahme einer kleinen Streichung unverändert in Libertad bajo palabra (1960). In der Version von 1968 hingegen ist Vers 15 gestrichen und der ganze vierte Teil des Gedichtes fehlt. Damit wird der Sinn entscheidend verändert, positiviert. In dieser Form findet es sich auch in Poemas (1979).

Carlos Pellicer (1899-1977) Geb. in Villahermosa, Tabasco; gest. in Mexiko-Stadt. Kindheit in der tropischen Welt seiner Heimat; 1912 Ubersiedlung mit den Eltern nach Mexiko-Stadt, wo Pellicers Vater, ein inzwischen pensionierter Oberst, eine kleine Apotheke eröffnet. Besuch der Escuela Nacional Preparatoria. 1918 Reise nach Kolumbien als offizieller Vertreter des mexikanischen Studentenverbands. Der Versuch, zusammen mit Germán Arciniegas einen kolumbianischen Schwesterverband zu gründen, stößt auf den Widerstand der konservativen Regierung in Bogotá. Pellicer muß nach Venezuela ausweichen, wo er rasch in Konflikt mit der Gómez-Diktatur gerät. 1920 Rückkehr nach Mexiko. Bekanntschaft mit J o s é Vasconcelos und Veröffentlichung des Gedichtbandes Colores en el mar (1921). Pellicer wird stellvertretender Direktor des Departamento de Bellas

Artes und begleitet Vasconcelos, der inzwischen Erziehungsminister ist, auf einer Mission nach Südamerika. 1924 erscheinen Piedra de sacrificio und 6,7poemas. Nach dem Rücktritt seines Gönners Vasconcelos reist Pellicer 1925 mit einem Stipendium nach Europa und später in den Vorderen Orient. 1927 in Paris Veröffentlichung von Hora y 20,1929 Camino. Rückkehr nach Mexiko und Parteinahme für Vasconcelos im Kampf um die Präsidentschaft. Unter der Anschuldigung, den Mord des PNR-Kandidaten Ortiz Rubio geplant zu haben, kommt Pellicer für kurze Zeit ins Gefängnis. Danach Reisen nach Spanien 1931 und 1937, wo er am II. Internationalen Kongreß antifaschistischer Schriftsteller in Valencia, Madrid und Barcelona teilnimmt. Im selben Jahr erscheint der Band Hora de junio, mit dem Pellicer seinen Ruf als einer der wichtigsten spanischamerikanischen Dichter seiner Generation bekräftigt. In den folgenden Jahren Veröffentlichung weiterer Gedichtbände. 1962 faßt er sein poetisches Werk seit 1918 zu einer monumentalen Anthologie zusammen, die ihm die Universidad Nacional Autónoma de México publiziert. 1964 erhält er den Nationalpreis für Literatur. 1965 wählt ihn der lateinamerikanische Schriftstellerkongreß in Rom zu seinem Präsidenten. Unter den zahlreichen Aktivitäten Pellicers in diesen Jahren treten die Mitbegründung des archäologischen Freilichtmuseums La Venta in seiner Heimatstadt Villahermosa, des Anahuacalli, das die präkolumbischen Kunstschätze Diego Riveras enhält, und des Museums Frida Kahlo hervor. Für die beiden ersten schrieb er auch Führer durch die Sammlungen. Eine Zeitlang zählte man Pellicer zur Gruppe der Contemporáneos. Mehr und mehr hat sich aber die Ansicht durchgesetzt, daß er nicht zu dieser Autorengruppe paßt. Weder stand er in engerem Kontakt zu ihr, noch teilte er ihre Schreibweise. Seine immer wieder durchscheinende Verwurzelung im christlichen Glauben war den Contemporáneos fremd. Sein Pathos und seine häufigen Wortströme erinnern an Daríos Cantos de Viday Esperanza (1905) oder an José Santos Chocano, der den jungen Pellicer auch persönlich

beeindruckte. Sie weisen voraus auf den Neruda des Canto General. Mehr als auf die Erkundungen des Bewußtseins und Unterbewußtseins ist seine Dichtung auf die Wiedergabe von Sinneseindrücken, die vor allem visueller Natur sind, gerichtet. Er gilt als einer der großen Dichter des tropischen Amerika, für den das Meer einen zentralen Platz einnimmt. Auf der anderen Seite zeigen eine Reihe von Gedichten aus den zwanziger Jahren durchaus das Entsakralisierungsstreben und die spielerische Unbekümmertheit der zeitgenössischen Avantgarde. Seine panamerikanischen Gedichte sind das lyrische Pendant zur Gedankenwelt seines Mentors José Vasconcelos. In der Rückforderung der nicht-europäischen kulturellen Traditionen Amerikas und dem Antiimperialismus läßt er sich auch mit Nicolás Guillén vergleichen. Einzelveröffentlichungen: Colores en el mar y otros poemas. México 1921; Oda de junio. México 1924; Piedra de sacrificios. Poema Iberoamericano. México 1924; 6, 7 poemas. México 1924; Bolívar. México 1925; Hora y 20. Paris 1927; Camino. Paris 1929; 5poemas. México 1931; Esquemaspara una oda tropical. México 1933,21976; Estrofas del mar marino. México 1934; Hora de junio (1929—1936). México 1937; Exágonos. México 1941; Recinto y otras imágenes. México 1941; Discurso por las flores. Poema. México 1946; Subordinaciones. Poemas. México 1949; Sonetos. México 1950; Práctica de vuelo. México 1956; Museos de Tabasco. Guía oficial. México 1959; La pintura mural de la Revolución Mexicana,1921—1960. México 1960; 2poemas. La Habana 1962; Con palabras yfuego. México 1962; Material poético (1918—1961). México 1962; Anahuacalli. Museo Diego Rivera. México 1964; Teotihuacán y 13 de agosto: ruina de Tenochtitlán. Poemas. México 1965; Simón Bolívar. México 1965; Noticias sobre Netzahualcóyotl y algunos sentimientos. Toluca 1972; Cuerdas, percusión y alientos. Villahermosa 1976; Reincidencias. México 1978; Cosillas para el Nacimiento. México 1978; Recinto. México 1979.

Gesammelte Werke: Obras (Poesía). Edición de Luis Mario Schneider. México 1981; Poesía. La Habana 1982. Untersuchungen (Auswahl): Debicki, Andrew: „Perspective and Meaning in the Poetry of Carlos Pellicer", in: Hispania 56 (1973), S. 1007-1013. Gamboa, Rubén A.: La poesía de Carlos Pellicer: Búsqueda de la consubstancialidad. Ph.D. Diss., Tulane University, New Orleans 1967. Melnykovich, George: „Carlos Pellicer and Creationism", in: Latin American Literary Review 2 (1974), S. 95—111. Melnykovich, George: „La metáfora tensiva en Carlos Pellicer", in: Donald A. Yates: Otros mundos, otrosfuegos. Fantasía y realismo mágico en Iberoamérica. Memoria del XVI Congreso Internacional de Literatura Iberoamericana, o.0.1975, S. 421 — 426. Melnykovich, George: Reality and Expression in the Poetry of Carlos Pellicer. Chapel Hill: University of North Carolina 1979. Mullen, Edward J.: Carlos Pellicer. Boston 1977. Mullen, Edward J. (Hrsg.): La poesía de Carlos Pellicer. Interpretaciones críticas. México 1979. Pabón, Francisco: Gravitación de lo indígena en la poesía de Carlos Pellicer. Ph.D. Diss., Rutgers University, New Brunswick 1969. Prats Sariol, José: „La imagen en Carlos Pellicer", in: Casa de las Americas 120 (1980), S. 3 - 1 7 . Ríus, Luis: „El material poético de Carlos Pellicer", in: Cuadernos Americanos 124 (1962), S. 2 3 9 - 2 7 0 . Schlak, Carolyn B.: The Poetry of Carlos Pellicer. Ph.D. Diss., University of Colorado, Denver 1967. „Piedra de sacrificios, 21" (Opferstein, 21) Text: Obras. 1981 Es handelt sich um das 21. Gedicht aus Piedra de sacrificios (1924), das vermutlich nach der Südamerikareise mit Vasconcelos geschrieben wurde. Im Unterschied zum optimistischen Panamerikanismus

anderer Gedichte dieser Sammlung schlägt Pellicer hier einen pessimistischen Ton an. Mit den „hombres blancos", Vers 11, und den „bárbaros", Vers 27, die das traumatische Einbrechen der Spanier in die Welt der Azteken wiederholen, ist der nordamerikanische Imperialismus gemeint. Das Gedicht stellt damit die Verbindung zu den beiden ersten Motti aus Rubén Daríos Cantos de Vida y Esperanza (1905) her, die Pellicer über seine Sammlung gesetzt hat: „Los Cisnes, I", Vers 29 — 30: „La América Española,/fija está en el Oriente de su fatal destino" (Spanisch-Amerika/steht fest im Osten seines heillosen Geschicks, Üb. Curt Meyer-Clason) — mit der bezeichnenden Auslassung des zweiten Halbverses 27: „como la España entera" (wie das gesamte Spanien) — sowie Vers 34: „¿Tantos millones de hombres hablaremos inglés?" (Werden wir, Millionen Menschen, Englisch sprechen?). Den konkreten historischen Hintergrund des Gedichts bilden die Spannungen zwischen Mexiko und den USA zu Beginn der zwanziger Jahre. Die USA verlangten als Gegenleistung für die Anerkennung des aus der Revolution hervorgegangenen Regimes den Verzicht auf die rückwirkende Anwendung des (Enteignungs-)Artikels 27 der mexikanischen Verfassung von 1917. Dabei ging es besonders um die Rechte und den Besitz der im Land tätigen amerikanischen Erdölgesellschaften und um weitere Entschädigungsleistungen. Ferner sollte Mexiko alle Auslandsschulden anerkennen. Der von den USA ausgeübte Druck war nicht frei von handfesten Drohungen, die auch an eine nordamerikanische Invasion denken lassen konnten, für die es ja Beispiele gab. In der „Bucareli-Konferenz", die vom 14.5.— 15.8.1923 dauerte, gab Mexiko den Forderungen der USA weitgehend nach. Die diplomatische Anerkennung durch die USA erfolgte Ende August des gleichen Jahres. Vers 1—5: „Caballero águila" und „caballero tigre" bezeichnen die Angehörigen einer mächtigen Kriegerkaste in der aztekischen Gesellschaft, die nach dem Verständnis der Spanier mit den mittelalterlichen „caballeros villanos", den nichtadligen Rittern, vergleichbar waren. Daher die Bezeichnung „caballero". Ihre Namen

bei den Azteken lauteten quauhpilli bzw. ocelopilli. Der Adler (aztekisch quauhtli) war in der aztekischen Mythologie ein Symbol der Sonne, die ihrerseits den Kriegsgott Huitzilopochtli repräsentierte. Mit dem Stern (Vers 2) ist deshalb auch die Sonne gemeint. Sie soll jedoch von ihrem stets wiederkehrenden Untergehen erlöst werden. „Sonnen" wurden die zyklischen Zeiträume im kosmologischen Denken Mesoamerikas genannt. Anfang und Ende einer Sonne markierten Aufstieg und Untergang einer ganzen Welt. Der Untergang des Aztekenreiches fiel bekanntlich mit dem Ende der 5. Sonne, der Sonne „4 ollin" (Bewegung) zusammen. Der Name des letzten Aztekenherrschers, Cuauhtemoc, bedeutet „Fallender Adler". Der fallende Adler ist das Symbol der untergehenden Sonne. Er wurde zum Symbol der Tapferkeit, aber auch des Untergangs des aztekischen Reiches. Der Tiger (aztekisch ocelotl, die Bezeichnung für den Jaguar) ist das Symbol der Sonne während ihres irdischen Exils, das der Gott Tezcatlipoca repräsentiert. Er steht für die Sonne bei ihrer unterirdischen Wanderung bis zum Wiederaufgang, stellt also ihre andere Seite, die Erde dar. Eine spezielle Bedeutung für die „ramas de roble", Vers 5, war nicht zu ermitteln. Immerhin ist das Eichenlaub (auch) eine Art Siegeslorbeer. Eichen (aztekisch ahuaquautli) werden schon von Fray Bernardino de Sahagün, Historiageneralde las cosas deNuevaEspana, als Bestandteile der mexikanischen Flora genannt. Vers 26: Der Text der Obras spricht von „una dentista". Der Vergleich mit der Erstausgabe zeigt jedoch, daß es sich dabei wohl um einen Druckfehler handelt. Die hier abgedruckte Version des Gedichts enthält gegenüber der Erstfassung sonst nur ganz wenige, offenkundig stilistisch motivierte Eingriffe. Die Prüfung der Möglichkeit, den „Zahnarzt" mit dem Beruf eines zeitgenössischen USPolitikers zu identifizieren, etwa mit dem Präsident Hardings (1921 — 23) oder seines korrupten Innenministers Fall, der zu den entschiedensten Fürsprechern einer Intervention in Mexiko gehörte, verlief ergebnislos.

„Paisajes" (Landschaften) Text: Obras. 1981 Dieses zweiteilige Gedicht aus Horay 20 (1927) ist ein gutes Beispiel für die spielerische Behandlung der Liebesthematik in der Lyrik der Yanguardia. Pellicer schrieb es 1926 in Paris. Der Titel „Paisajes" läßt zunächst an ein Beschreibungsgedicht denken. Doch es handelt sich offensichtlich um eine Irreführung, da der Text bis in den zweiten Teil hinein narrativ ist. Allerdings eignet dem vornehmlich eingesetzten Imperfekt auch ein beschreibendes Moment. Das erzählte Geschehen selbst ist irreal. Wörtlich genommen entspricht es keiner Alltagserfahrung. Andererseits fällt eine metaphorische Interpretation schwer, da der bedeutungsgebende Kontext, der eine metaphorische Verwendung des Wortmaterials entschlüsseln helfen könnte, offenbar fehlt. Immerhin gibt es traditionelle Elemente für eine Konkretisation des Sinns wie den Lobpreis der Geliebten und das Motiv der Abwesenheit. Doch wo man schließlich eine bekenntnisdurchtränkte Klage des lyrischen Sprechers erwarten würde, klingelt nur das Telefon (Vers 49). Vers 43: Vielleicht eine Anspielung auf die Mutter Erde, das weibliche Prinzip, das in vielen archaischen Schöpfungsmythen am Anfang steht. Auch Eva ist ursprünglich die Mutter allen Lebens. In Nerudas Carito General (1950) ist Amerika die „diosa oscura" (I, 4, 4). Vers 44: Die Ähre ist ein Attribut der Jungfrau Maria. Vers 45: Dieser Vorwand ist Helena. Vers 46: Die schicksalhafte Begegnung zwischen Dante und Beatrice, die in der Vita Nova erzählt wird. Vers 47: Gemeint ist das im Quetzalcoatl-Mythos erzählte Gelage des Priesterkönigs mit seiner schönen Schwester Quetzalpetlatl. „Horas de junio" (Junistunden) Text: Obras. 1981 Hora dejunio (1937) enthält insgesamt fünf Gedichte mit dem Titel „Horas de junio". Das hier abgedruckte ist das vierte. Seine Abfassungszeit ist unklar. Es besteht, wie auch die übrigen ,Junistunden"

(mit Ausnahme der zweiten, die nur zwei Sonette umfassen), aus drei Sonetten. Gelesen werden kann das Gedicht als Liebesgedicht, als Anrufung der Poesie, aber vielleicht auch als Ausdruck einer ersehnten Vereinigung mit Gott.

José Juan Tablada (1871-1945) Geb. in Mexiko-Stadt, gest. in New York. Er besucht zunächst eine Privatschule, später die Militär- und die Kunstakademie. Seine umfangreiche journalistische Tätigkeit beginnt er mit 19 Jahren bei der Zeitung „El Universal". Sein erotisierendes Gedicht „Misa Negra" (1893) erregt öffentliches Ärgernis. Mit dem 1894 in Gutiérrez Nájeras Revista Azul veröffentlichten Gedicht „Onix" besiegelt er seinen Ruhm. Er wird zu einem der bekanntesten mexikanischen Modernisten und zum Mitbegründer der Revista Moderna (1898 — 1903). Stets auf der Suche nach Neuem reist er 1900 nach Japan und lebt zwischen 1911 —1912 in Paris. Eine Zeitlang gibt er das Dichten auf — bedingt vielleicht auch durch Entziehungskuren wegen Drogenabhängigkeit — und verdient gutes Geld als Weinimporteur. Der 1910 ausbrechenden Revolution steht er feindlich gegenüber. Nach der Ermordung Maderos 1913 kollaboriert er mit der Konterrevolution des Generals Huerta und wird Direktor des „Diario Oficial". Zapatistische Truppen plündern nach der Einnahme von Mexiko-Stadt Ende 1914 das in japanischem Stil errichtete Haus Tabladas. Er muß emigrieren und lebt bis 1918 in New York. Unter Carranza begnadigt tritt er in den diplomatischen Dienst seines Landes ein, den er aus gesundheitlichen Gründen aber bald wieder verläßt. Von 1920 — 1935 ist er erneut in New York, wo er u.a. Artikel über mexikanische Kunst schreibt. 1935 kehrt er nach Mexiko-Stadt zurück, muß aber wegen einer Herzkrankheit 1944 das Hochtal von Anáhuac wieder verlassen. Er stirbt 1945 als mexikanischer Vizekonsul in New York und wird 1946 in der „Rotonda de los Hombres Ilustres" beigesetzt. Octavio Paz schreibt ihm in Letras de Mexico einen Nachruf.

Tablada gehört zu den schillerndsten Figuren des hispanoamerikanischen Modernismo. Wie die auf 87 Gedichte angewachsene zweite Auflage von Elflorilegio (1904), aber auch die zahlreichen übrigen verstreuten Texte zeigen, war er im Aufgreifen von Themen und Ausdrucksweisen der Fin de siecle-Literatur konsequenter und wagemutiger als viele seiner Zeitgenossen in der moralischheuchlerischen Gesellschaft ihrer Epoche. Sein politischer Oportunismus schreckte freilich nicht vor einem peinlichen Preisgedicht auf Porfirio Díaz zurück. Die Neugierde, die Tablada immer wieder zur Erprobung noch unbekannter poetischer Verfahren führte, rettete ihn vor dem Abgleiten in dichterische Routine. Entscheidend wurde für ihn die Begegnung mit der fernöstlichen, insbesondere japanischen Kultur, bei deren Aneignung ihn französische und englische Vermittler, wie z.B. die Brüder Goncourt, leiteten. Im Unterschied zu seinem Landsmann Efrén Rebolledo beließ er es aber nicht bei der bloßen Darstellung einer als exotisch empfundenen Welt, sondern versuchte ihre Seh- und Ausdrucksweisen zu übernehmen. Er ist der Begründer des Haikus in spanischer Sprache. Darüber hinaus verwendet er fast gleichzeitig mit Apollinaire ideogrammatische Formen des Dichtens und erregt mit Li-Po y otros poemas (1920) die Aufmerksamkeit der jungen Avantgardeautoren Spanischamerikas. Sein 1928 veröffentlichter Gedichtband Laferia evoziert in Thematik und Ausdruck eine bunte mexikanische Welt, die auch als Hommage an López Velarde gedacht war, zugleich aber die durch die Revolution ausgelöste abrupte Konfrontation mit der eigenen Wirklichkeit widerspiegelt, an die sich der Dichter in seinem New Yorker Exil nun nostalgisch erinnert. Einzelveröffentlichungen: El florilegio. México 1899 (21904); La epopeya nacional. Porfirio Díaz. México 1909; Tiros al blanco (Actualidadespolíticas). México (1909); Madero-Chantecler. Tragicomedia zoológico-política de rigurosa actualidad en tres actos y en verso. México 1910; La defensa nacional. Historia de la campaña de la División del Norte. México 1913;

Hiroshigué, el pintor de la nieve y de la lluvia, de la noche y de la luna. México 1914; Al sol y bajo la luna. México-Paris 1918; Los días y las noches de París. México-Paris 1918; Un día... Poemas sintéticos. Caracas 1919; En el país del sol. New York-London 1919; Li-Poy otros poemas. Caracas 1920; Cultura mexicana. Artes plásticas. Período precortesiano, colonial y moderno. Caracas 1920; Eljarro deflores. Disociaciones líricas. New York 1922; Intersecciones. México 1924; La resurrección de los ídolos. Novela americana. México 1924; (Mitverfasser) El arca de Noé. Lecturas sobre animales para niños de las escuelas primarias. México 1926; Historia del Arte en México. México 1927; Laferia (Poemas mexicanos). New York 1928; La feria de la vida (Memorias). México 1937; Del humorismo a la carcajada. México 1944; Hongos mexicanos comestibles. México 1983 (postum). Gesammelte Werke: Obras, 1-Poesía. Recopilación, edición, prólogo y notas de Héctor Valdés. México 1971; Obras, 11-Sátirapolítica. Recopilación, edición y notas de Jorge Ruedas de la Serna y Esperanza Lara Velázquez. México 1981. Untersuchungen (Auswahl): Galván, Delia V.: „José Juan Tablada y su haikú: Aventura hacia la unidad", in: Cincinnati Romance Review 2 (1983), S. 110 — 120. García de Aldridge, Adriana: „Las fuentes chinas de José Juan Tablada", in: Bulletin ofHispanic Studies 60 (1983), S. 109-119. Nieves Alonso, María: „.Nocturno alterno' de José Juan Tablada, poeta de la vanguardia", in: Acta literaria 9 (1984), S. 109—119. Regnaldi, Thomas W.: „José Juan Tablada: Imágenes vanguardistas en formas modernistas", in: Texto crítico 12 (1979), S. 253—260. Roggiano, Alfredo A.: „José Juan Tablada: Espacialismo y vanguardia", in: Hispanic Journal 1 (1980), S. 4 7 - 5 5 . Tanabe, Atsuko: Eljaponismo de José Juan Tablada. México 1981.

„Nocturno alterno" (Wechselndes Nachtstück) Text: Obras. I.1971 Geschrieben vermutlich 1919. Veröffentlicht in Li-Poy otros poemas (1920). Das Gedicht, das die B e w u n d e r u n g von Octavio Paz genießt, ist eines der ersten Beispiele für mehrfache Lesbarkeit in spanischer Sprache. Die Verse 1, 3, 5, 7, 9 und 2, 4, 6, 8 können jeweils getrennt für sich genommen werden. Einander gegenübergestellt ergeben sie einen deutlichen Kontrast: hier die New Yorker Nacht mit einer Andeutung von Bewegung und Lasterhaftigkeit, dort das nächtliche Bogotá mit seiner kolonialen Architektur und seiner Stille. Das Reimschema wiederholt die Gegenüberstellung. Zusammengeführt werden die beiden Welten in den Versen 10—15 dank des alles überscheinenden Mondes. Die zusammenhängende Lektüre des Gedichts führt zur Verschränkung der Bereiche. Sie war das eigentlich neue Element in diesem Text, der wahrscheinlich entstand, als T a b l a d a für kurze Zeit an der mexikanischen Botschaft in Bogotá arbeitete. „Haikais" (Haikus) Text: Obras, 1.1971 Geschrieben vermutlich um 1920. Veröffentlicht in Eljarro de flores (1922). Seine erste Sammlung Haikus hatte T a b l a d a schon 1919 unter dem Titel Un día ... Poemas sintéticos drucken lassen. In dem Vorwort zu Eljarro deflores, das er „ H o k k u " betitelt, kommt er auf diese japanische Gattung, die er Haikai nennt, eigens zu sprechen. Er bescheinigt ihr, der genaue Ausdruck des modernen Denkens zu sein. Gleichwohl hält er sich nicht mit ganzer Strenge an die Kompositionsgesetze des Haikus (Dreizeiler zu 5 : 7 : 5 Silben; E r f a s s u n g des Weltganzen in der Beschreibung eines Einzelzustands, in den überraschend etwas Neues eintritt, das ingeniös bisher nicht Gesehenes offenbart; Verwendung des kigo, eines Schlüsselwortes, das den jeweiligen Zustand so konnotiert, daß seine eigentliche Benennung überflüssig wird; etc.). Vielmehr führt er Uberschriften ein und läßt zumeist den ersten mit dem dritten Vers reimen. Von den

hier vorgestellten fünf Haikus stammen die ersten zwei aus der Sektion „De camino" (Unterwegs), die übrigen drei aus „Dramas mínimos" (Miniaturdramen). Tabladas Haikus hatten in Mexiko, aber auch in anderen Teilen der spanischsprachigen Welt eine erhebliche literarische Resonanz. Ihre konzise Form stach auffallig von der sprachlichen Opulenz der modernistischen Lyrik ab. „Tianguis" (Indianermarkt) Text: Obras, 1.1971 Geschrieben nach 1920 im New Yorker Exil, veröffentlicht in La feria (1928). Ein für die Farbigkeit der Welt Mexikos, wie sie in La feria erscheint, typisches Gedicht. Zur schrillen Buntheit des Inhalts gesellt sich die „Buntheit" der Lautebene. Sie beruht auf der Verwendung von Ausdrücken aus dem Wortschatz des mexikanischen Umgangsspanisch, die indianischer Herkunft sind und eigentlich nicht als „poesiefähig" galten. Tablada erreicht mit ihrer Hilfe eine Art Abweichung gegenüber dem Standardspanisch, wie es die Königliche Spanische Akademie vorschrieb. Vers 38 — 40 könnte auch für sich als Haiku stehen. Die Unregelmäßigkeit der Strophen- und Reimfolge des Gedichts erinnert ebenso an López Velarde wie der thematische Wechsel zur Befindlichkeit des lyrischen Ich, für das metonymisch die ,verlorene Seele' steht. Der deutliche Stimmungsumschwung in der Schlußstrophe wird schon in Vers 41 ff. eingeleitet. Vers 11: Das Wort „tianguis" stammt aus dem Náhuatl tianquiztliuná bedeutet dort „Markt". Vers 20: „Chilacayote", im Náhuatl tzilacayotli oder tzilacayutli, bezeichnet eine Kürbisart. Vers 22: „Chinchayote", im Náhuatl tzintlichayotli, ist die eßbare Wurzel einer Kletterstaude. Vers 25: „Huitlacoche" (auch „cuitlacoche"), im Náhuatl cuitlatlcochtli, bezeichnet einen eßbaren Parasitenpilz, der auf dem Maiskolben wächst.

Vers 27: „Chiquihuite", im Náhuatl chiquihuitl, ist ein henkelloser, geflochtener Korb. Vers 28: „Chalchihuite", im Náhuatl chalchihuitl(kostbarer Stein), verweist hier vielleicht vor allem auf bunte Glasperlen.

Jaime Torres Bodet (1902-1974) Geb. in Mexiko-Stadt, gest. ebenda. Seit frühester Kindheit Umgang mit französischer Sprache und Kultur. Besuch der Escuela Nacional Preparatoria. Seinen ersten Gedichtband, Fervor, für den Enrique González Martínez das Vorwort schreibt, veröffentlicht er 1918 im Alter von sechzehn Jahren. 1921 Professor für Literatur und Verwaltungsleiter der Escuela Nacional Preparatoria, schließlich persönlicher Sekretär von Vasconcelos. Als dieser Erziehungsminister wird, ernennt er den blutjungen Autor zum Direktor der Bibliotheksabteilung seines Ministeriums. Torres Bodet organisiert Bücherhallen für Arbeiter und Bauern, fahrende Bibliotheken und ein umfangreiches Buchprogramm von großen Werken der Weltliteratur für die davon bisher ausgeschlossene Mehrheit der mexikanischen Bevölkerung. 1922 erscheinen die Gedichtsammlungen Canciones und El corazón delirante, 1923 Nuevas canciones, La casa und Los días. Nach dem Rücktritt von Vasconcelos wird Torres Bodet Professor für französische Literatur an der Escuela de Altos Estudios der Universität, der späteren UNAM. Er veröffentlicht Poemas (1924), Biombo (1925), den Roman Margarita de niebla (1927) und die Essaysammlung Contemporáneos:Notas de crítica (1928), die der im gleichen Jahr von ihm mitbegründeten Zeitschrift Contemporáneos ihren Namen gibt. 1929 tritt er in den diplomatischen Dienst ein und beginnt eine brillante öffentliche Karriere, die ihn zunächst nach Madrid, Paris, Den Haag, Buenos Aires und wieder nach Paris führt. 1930 erscheinen in Madrid der Roman La educación sentimental und die von den zeitgenössischen poetischen Avantgarden beeinflußte Gedichtsammlung Destierro. Weitere Romane

folgen: Proserpina rescatada (1931) mit Vorab Veröffentlichung in Ortega y Gassets Revista de Occidente, Estrella de día (1933) und Primero de enero (1935). Ab 1936 ist er für kurze Zeit am Außenministerium in Mexiko-Stadt, wo ein Jahr später der Gedichtband Cripta und der Roman Sombras herauskommen. Nach Tätigkeit als mexikanischer Geschäftsträger in Brüssel wird er 1940 Staatssekretär des Äußeren und 1943 Erziehungsminister. In dieser Funktion organisiert er eine gewaltige Alphabetisierungskampagne. 1946 wird er Außenminister, Ende 1948 Generaldirektor der UNESCO in Paris. Von diesem Posten tritt er aus Protest gegen die zu geringe finanzielle Ausstattung der UNESCO 1952 zurück. 1954 ist er als mexikanischer Botschafter wieder in Paris, 1958—1964 erneut Erziehungsminister. Aus den Veröffentlichungen dieser Jahre verdienen Erwähnung der Band mit Erzählungen Nacimiento de Venus (1941) sowie die Gedichtsammlungen Sonetos (1949), Fronteras (1954) und Sin tregua (1957). 1955 erscheint unter dem Titel Tiempo de arena der erste Band seiner Memoiren, dem fünf weitere zwischen 1969 und 1974 folgen. Auch als Essayist ist Torres Bodet hervorgetreten. Die frühen Gedichtsammlungen Torres Bodets stehen noch in der spätmodernistischen Tradition eines González Martínez, der ihm mit seinem Vorwort zu Fervor literarisch den Weg ebnet. Auch Anklänge an López Velarde finden sich. Sie sind allerdings mehr thematischer Natur. In Biombo, wo sich bereits eine anspruchsvollere Sprachverwendung abzeichnet, gibt es im Gefolge des fernöstlichen Anstrichs — „biombo" (Wandschirm) konnotiert Japan — auch einige Haikus. Obwohl Torres Bodet im Alter sein meditatives lyrisches Spätwerk entschieden bevorzugte, beruht seine literarhistorische Bedeutung als einer der Contemporáneos auf den zum Teil surrealistisch beeinflußten Gedichten der Sammlung Destierro und dem darauf folgenden Band Cripta, der freilich schon zum Spätwerk überleitet. Als Romanautor initiiert Torres Bodet zusammen mit Xavier Villaurrutia, Gilberto Owen und den Spaniern Benjamín Jarnés,

Pedro Salinas, Francisco Ayala eine Ausformung des spanischsprachigen Avantgarderomans, die erst in jüngster Zeit in ihrer Eigenständigkeit erkannt wurde. Einzelveröffentlichungen: Fervor. Poemas. México 1918; El corazón delirante. Poesías. México 1922; Canciones. México 1922; Nuevas canciones. México 1923; La casa. Poema. México 1923; Los días. México 1923; Poemas. México 1924; Biombo. México 1925; Margarita de niebla. México 1927; Contemporáneos. Notas de crítica. México 1928; Perspectiva de la literatura mexicana actual, 1915—1928. México 1928; La educación sentimental. Madrid 1929; Destierro. Madrid 1930; Proserpina rescatada. Madrid 1931; Estrella de día. Madrid 1933; Primero de enero. Madrid 1935; Cripta. México 1937; Sombras. México 1937; Nacimiento de Venus, y otros relatos. México 1941; Misión del escritor. México 1942; Educación mexicana. Discursos, entrevistas, mensajes. México 1944; La escuela mexicana. Exposición de la doctrina educativa. México 1944; Urna grande esperanga. Washington 1946; Educación y concordia internacional. Discursos y mensajes. México 1948; Sonetos. México 1949; Fronteras. Poesías. México 1954; Tiempo de arena. México 1955; Tres inventores de realidad: Stendhal, Dostoyevski, Pérez Galdós. México 1955; Sin tregua. México 1957; Trébol de cuatro hojas: Elegía a Bernardo Ortiz de Montellano, Epístolas a Carlos Pellicer y José Gorostiza, Evocación de Xavier Villaurrutia. Paris 1958; Balzac. México 1959; Doce mensajes educativos. México 1960; Doce mensajes cívicos. México 1961; Maestros venecianos. México 1961; Liberar el alma de América con la Luz de la educación. México 1962; Nuevos rumbos a la educación. México 1963; Patria y cultura. Doce discursos. México 1964; Discursos, 1941—1964. México 1965; León Tolstoi; su vidaysu obra. México 1965; Rubén Darío, abismo y cima. México 1966; Tiempo y memoria en la obra de Proust. México 1967; Años contra el tiempo. Memorias (I). México 1969; La victoria sin alas. Memorias (II). México 1970; El desierto internacional. Memorias (DI). México 1971; Veintepoemas. Monterrey 1971; La tierra prometida. Memorias (IV). México 1972; Equinoccio. Memorias (Y). México 1974.

Gesammelte Werke: Obras escogidas. México 1961; Versosy prosas. Introducción, selección y bibliografía de Sonja Karsen. Madrid 1966; Obra poética. Prólogo de Rafael Solana, 2 Bde. México 1967. Untersuchungen (Auswahl): Dauster, Frank: „La poesía de Jaime Torres Bodet", in: Revista Iberoamericana 25 (1960), S. 73 — 94. Karsen, Sonja: Jaime Torres Bodet. New York 1971. Leal, Luis: „Torres Bodet y los Contemporáneos", in: Hispania 40 (1957), S. 2 9 0 - 2 9 6 . Miller, Beth K.: Lapoesía constructiva de Jaime Torres Bodet. Un estudio de,Cripta'y de sus contextos. México 1974. Miller, Beth K.: Ensayos contemporáneos sobre Jaime Torres Bodet. México 1976. Mullen, Edward J.: „Destierro y la visión surrealista de Jaime Torres Bodet", in: Hispanófila 50 (1974), S. 8 5 - 9 8 . „Destierro, I—II" (Entgrenzung, I—II) Text: Obra poética. 1967 Geschrieben vermutlich nach 1928. Die Texte geben der Sammlung Destierro (1930) ihren Namen, der mit „Verbannung", der engeren Wortbedeutung, nur unzureichend wiedergegeben wäre. Obwohl nicht sicher ist, daß sie direkt aufeinander zu beziehen sind, zeigen sie doch auffällige Gemeinsamkeiten. Beide Texte verstoßen gegen eine Sprachverwendung, wie sie durch das lebenspraktische Handeln bestimmt wird. Ihre Nähe zum Surrealismus ist unübersehbar. Traum und Alltagswirklichkeit werden einander entgegengesetzt. „Destierro, II" macht die Entgrenzung der Realität überdies zum Thema. Doch schon „Destierro, I", Vers 1, gibt mit dem Ausdruck „país automático", der auf den „automatisme psychique pur" des surrealistischen Manifests von 1924 anspielt, den Ton an, der beide Texte beherrscht. Der Titel Destierro, verstanden als „Verbannung", ist als Ausdruck der Heimatlosigkeit interpretiert worden, die der

nach Madrid entsandte Dichter fern von Mexiko empfunden habe. Diese Interpretation bleibt im Vordergründigen stecken. Sie läßt diejenige Bedeutungsschicht außer Acht, die das surrealistische Verfahren aus dem zum Klischee abgestumpften Sprachgut gerade wieder hervorholen wollte. „Destierro" läßt sich auch lesen als Ergebnis des „des-terrar", des Ent-grenzens und Ent-wirklichens, des Überschreitens der Realität. Torres Bodet hatte sich wie andere Contemporáneos auch schon recht früh mit dem Surrealismus auseinandergesetzt und 1928 in der Zeitschrift Contemporáneos zwei Beiträge veröffentlicht, die sich unter anderem mit Bretons Nadja beschäftigten. Destierro II, Vers 9: „La fe" (der Glaube) ist hier nicht religiös oder gar christlich gemeint, sondern die Wiederaufnahme jener „croyance à la réalité supérieure de certaines formes d'associations négligées jusqu'à lui, à la toute puissance du rêve, au jeu desintéressé de la pensée" (jenes Glaubens an die höhere Wirklichkeit gewisser bisher vernachlässigter Assoziationsformen, an die Allmacht des Traums, an das nicht zielgerichtete Spiel des Gedankens), von dem Breton im Manifest des Surrealismus (1924) spricht.

Xavier Villaurrutia ( 1 9 0 3 - 1 9 5 0 ) Geb. in Mexiko-Stadt, gest. ebenda. Besuch des Colegio Francés und der Escuela Nacional Preparatoria, wo er mit Torres Bodet und Novo Freundschaft schließt. Jurastudium, das nicht beendet wird, und erste literarische Veröffentlichungen in Zeitschriften. Zusammen mit Torres Bodet und Ortiz de Montellano Gründung der Zeitschrift La Falange (1922 —1923). Arbeit im Gesundheits-, später im Erziehungsministerium. 1926 erscheint der von López Velarde und Juan Ramón Jiménez beeinflußte Band Reflejos, der weitgehend aus Beschreibungsgedichten besteht. Zusammen mit Novo Gründung der Zeitschrift UlùesQ.927 -1928) und des Teatro de Ulises (1928 1929), an dem sich auch Owen beteiligt. 1928 Veröffentlichung des

Avantgarderomans Dama de corazones und Mitarbeit an der Zeitschrift Contemporáneos (1928—1931). Villaurrutia beginnt seine „Nocturnos" zu schreiben. Daneben wachsendes Interesse für das Theater, dem er sich mit Parece mentira ab 1934 auch als Autor zuwendet. 1935 — 1936 ist er mit einem Rockefeller-Stipendium an der Yale Drama School in New Häven; 1936—1939 Gründung und Leitung des Theaters der Elektrikergewerkschaft in Mexiko-Stadt. 1938 erscheint in Buenos Aires sein Hauptwerk Nostalgia de la muerte (erweitert 1946), das die „Nocturnos" und einige andere Gedichte enthält. Danach hauptsächlich Tätigkeit für das Theater. Mitbegründer der Zeitschrift El Hijo Pródigo (1943 -1946). 1946 Ernennung zum Professor für Schauspiel am Departamento de Bellas Artes. 1948 Veröffentlichung des Gedichtbandes Canto a la primavera y otros poemas. Er stirbt unerwartet am Weihnachtstag 1950 an den Folgen eines Herzanfalls. Villaurrutia gilt als zentraler Vertreter der Contemporáneos. Mit dem Teatro de Ulises und seinen eigenen Stücken versuchte er das Programm der kulturellen Zeitgenossenschaft Mexikos für das Theater einzulösen. Dabei dienten als Vorbilder vor allem Cocteau, Giraudoux und Pirandello, aber auch Racine. Seine andauernde literarische Wertschätzung beruht jedoch weitgehend auf den Gedichten aus Nostalgia de la muerte, die jenseits der Sprachexperimente der historischen Avantgardebewegungen nach einer neuen lyrischen Thematisierung von Sein, Nacht, Traum, Einsamkeit, Liebe und Tod suchten. Vom Surrealismus, den er kannte, trennt ihn der bewußte Formwille seiner Gedichte, in denen er barocke Sprachverwendungsweisen des Konzeptismus kongenial erneuerte. Die zahlreichen Kritiken, die er schrieb und die sich vor allem auch mit dem Film befassen, harren noch einer Auswertung. Erwähnung verdienen außerdem seine Beschäftigung mit Sor Juana Inés de la Cruz, deren Sonetos und Endechas er edierte, und die umfangreiche Anthologie moderner spanischsprachiger Lyrik Laurel, die er in Zusammenarbeit mit Octavio Paz, Emilio Prados und Juan Gil-Albert 1941 herausgab.

Einzelveróffentlichungen: Reflejos. México 1926; Dama de corazones. México 1928; Dos nocturnos. México 1931; Nocturnos. México 1933; Parece mentira. México 1934; Nocturno de los ángeles. México 1936; Nocturno mar. México 1937; Nocturno rosa. México 1937; ¿En quépiensas /'México 1938; Nostalgia de la muerte. Buenos Aires 1938 (21946); Ha llegado el momento. México 1938; Sea usted breve. México 1938; Textos y pretextos. Literatura — drama — pintura. México 1940; Décima muerte y otros poemas no coleccionados. México 1941; La hiedra. Pieza en tres actos. México 1941; Ausente. México 1942; La mujer legítima. Pieza en tres actos. México 1943; Invitación a la muerte. Drama en tres actos. México 1944; El yerro candente. México 1945; La mulata de Córdoba. México 1945; El pobre Barba Azul. Comedia en tres actos. México 1947; Canto a la primavera, y otros poemas. México 1948; La tragedia de las equivocaciones. México 1950; El solterón. Obra en un acto. México 1954 (postum). Gesammelte Werke: Autos profanos. México 1943; Poesía y teatro completos. México 1953; Cartas de Villaurrutia a Novo, 1935 — 1936. México 1966; Obras. Poesía. Teatro. Prosas Varias. Crítica. México 21966; Crítica cinematográfica. México 1970; Antología. México 1980. Untersuchungen (Auswahl): Dauster, Frank: Xavier Villaurrutia. New York 1971. Forster, Merlin H.: Fire and Ice: The Poetry of Xavier Villaurrutia. Chapel Hill, University of North Carolina 1976. Moretta, Eugene L.: La poesía de Xavier Villaurrutia. México 1976. Paz, Octavio: Xavier Villaurrutia en persona y en obra. México 1978. Rodríguez Chichorro, César: „Disemia y paronomasia en la poesía de Xavier Villaurrutia", in: La palabra y el hombre 30 (abril—junio, 1964), S. 2 4 9 - 2 6 0 . Rodríguez Chichorro, César: „Correlación y paralelismo en la poesía de Xavier Villaurrutia", in: La palabra y el hombre 37 (enero — marzo, 1966), S. 8 1 - 9 0 .

„Nocturno eterno" (Endloses Nachtstück) Text: Obras. 1966 Geschrieben vermutlich 1931. Erstmals veröffentlicht in Contemporáneos 4 0 - 4 1 ( S e p t . - O k t . 1931) und Barandal 5 (Dez. 1931), zusammen mit dem Gedicht „Nocturno" zugleich auch separat, später in Nostalgia de la muerte (1938). Der Text, der zu den frühesten „Nocturnos" gehört und seit seiner ersten Veröffentlichung nicht verändert wurde, zeigt bereits ausgeprägt deren Thematik und Sprachverwendung. Auffällig sind die inhaltlichen, lautlichen und syntaktischen Wiederholungen, die das gesamte Gedicht durchziehen. Sie unterstreichen die mit dem Titel denotierte Endlosigkeit des Nachtstücks, in dem sich sogar die Sprache zu Schatten verflüchtigt (Vers 40). Dem entspricht auch das Fehlen jeglicher Interpunktion. Die Vorstellung der Kälte, die verbrennt (Vers 13), kehrt in anderen Gedichten Villaurrutias wieder. Sie ist auch in dem Motto „Burned in a sea of ice, and drowned admidst a fire" von Nostalgia de la muerte enthalten, das dem Gedicht „Idea" des elisabethanischen Dichters Michael Drayton (1563 — 1631) entstammt und die Wiederaufnahme barocker Inhaltsmuster und Sprachverwendungsweisen durch Villaurrutia anzeigt. „North Carolina Blues" (North Carolina Blues) Text: Obras. 1966 Geschrieben vielleicht während Villaurrutias Aufenthalt in den Vereinigten Staaten zwischen 1935 und 1936. Veröffentlicht zuerst in Taller Poético 3 (März 1937), seither unverändert. Im Kontext von Nostalgia de la muerte bildet das Gedicht eine Ausnahme, insofern es die Praxis der Rassentrennung in den Südstaaten thematisiert. In einigen inhaltlichen Punkten wie dem Bild der Fenster als sich schließende Augen (Vers 39), das in der Umkehrung auch in „Nocturno eterno" (Vers 7) vorkommt, und der Sprachverwendung läßt es sich jedoch durchaus mit den anderen Gedichten dieses Werks vergleichen. Villaurrutia widmete es dem schwarzen Schriftsteller Langston Hughes (1902 — 1967), der unter anderem Elemente des

Jazz in seiner Lyrik einsetzte. Hughes hatte eine Zeitlang in Mexiko gelebt und Spanisch gelernt. Gedichte von ihm waren in Villaurrutias Ubersetzung in Contemporáneos erschienen. Als Mexikaner und Homosexueller mochte dieser auch einen persönlichen Grund gehabt haben, mit „North Carolina Blues" den literarischen Vertreter einer unterdrückten Minderheit zu ehren. „Nostalgia de la nieve" (Sehnsucht nach Schnee) Text: Obras. 1966 Geschrieben vielleicht ebenfalls während Villaurrutias Aufenthalt in den Vereinigten Staaten oder kurz danach. Veröffentlicht zuerst in Nostalgia de la muerte (1938), seitdem unverändert. Im Vergleich zum Gefühl der Beklommenheit, das von vielen „Nocturnos" ausgeht, wirkt dieses Gedicht anheimelnder. Der Schnee ist zwar weißer Schatten, wie der Schatten schwarzer Schnee ist; aber er verbrennt nicht, sondern fällt nieder und hat in seinem Fallen etwas von einem süßen Traum. Die Sehnsucht nach Schnee ist Sehnsucht nach Geborgenheit, wie auch die Sehnsucht nach dem Tod den Tod als etwas Bergendes sieht. Das Gedicht liefert vielleicht einen weiteren Beleg für die Bewunderung, die Villaurrutia nach eigenem Bekunden Rilke, den er in französischen Ubersetzungen las, zollte. Es erinnert in einigem an das berühmte Gedicht „Herbst" aus dem Buch der Bilder (1902), ohne allerdings dessen Zuversicht auf das Wirken eines transzendenten Gottes zu übernehmen. „Nocturno de la alcoba" (Nachtstück des Schlafgemachs) Text: Obras. 1966 Geschrieben vielleicht gegen Ende der dreißiger Jahre. Veröffentlicht wahrscheinlich zuerst in Décima muerte y otros poemas no coleccionados (1941), dann in Nostalgia de la muerte ( 2 1946). In diesem Nachtstück ist der Tod das, was die Liebenden umgibt, was sie zueinander treibt, was ihre Einsamkeit bestimmt. Er ist nichts Ersehntes, sondern Gegenwart. Es handelt sich um eine moderne Aktualisierung des Themas des ,mors-amor' (Todliebe), das auch andere

Gedichte Villaurrutias beherrscht und in „Decima muerte" eine letzte Steigerung erfährt. Der Liebesakt als Erfahrung des Todes und, in diesem Fall, eines unüberschreitbaren Getrenntseins.

LYRIK Salvador Espriu ENDE DES LABYRINTHS Final del laberint Aus und von 188

dem Katalanischen übertragen mit einem Nachwort Fritz Vogelgsang Seiten, broschiert, D M 24,80

Salvador Espriu

DIE STIERHAUT La pell de brau Aus und von 160

dem Katalanischen übertragen mit einem Nachwort Fritz Vogelgsang Seiten, broschiert, D M 24,80

Manuel Bandeira

DER WEG NACH PASÄRGADA Gedichte und Prosa Ausgewählt und aus dem brasilianischen Portugiesisch übertragen von Karin von Schweder-Schreiner und mit einem Nachwort von Bella Jozef 152 Seiten, broschiert, D M 19,80

Ferreira Gullar

FAULE BANANEN und andere Gedichte Ausgewählt, herausgegeben und aus dem brasilianischen Portugiesisch übertragen von Curt Meyer-Clason 140 Seiten, broschiert, D M 16,80

Vinicius de Moraes

Gedichte und Lieder Ausgewählt und aus dem brasilianischen Portugiesich übertragen von

in zweisprachigen Ausgaben Kay-Michael Schreiner 126 Seiten, broschiert, D M 16,80

Antonio Cisneros

Gedichte

Ausgewählt von Antonio Cisneros und aus dem Spanischen übertragen von Carlos Müller 120 Seiten, broschiert, D M 19,80

AVANTGARDE U N D REVOLUTION Mexikanische Lyrik von López Velarde bis Octavio Paz (1919-1949) Herausgegeben, ausgewählt und kommentiert von Klaus MeyerMinnemann. Übersetzt von Maralde und Klaus Meyer-Minnemann 248 Seiten, broschiert, D M 29,80

Jaime Sabines

DEIN KÖRPER NEBEN MIR Gedichte Ausgewählt, herausgegeben und aus dem mexikanischen Spanisch übertragen von Hans-Jürgen Schmitt unter Mitwirkung von Maria Cano Caunedo 140 Seiten, broschiert, D M 24,80

Josep V. Foix

KRTU

und andere Prosadichtungen Lyrische Prosa; ausgewählt, herausgegeben, aus dem Katalanischen übertragen und mit einem Nachwort von Eberhard Geisler ca. ISO Seiten, broschiert, D M 24,80

Rosemarie Bollinger im Deutschlandfunk:

» . . . das herausragende hlspanoamerikanische LyrikProgramm des Verlegers Klaus Dieter Vervuert« Wielandstraße 40, 6000 Frankfurt I