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German Pages 281 [272] Year 2001
Autonomes Handeln
Herausgegeben von Monika Betzier und Barbara Guckes
Deutsche Zeitschrift für Philosophie Zweimonatsschrift der internationalen
philosophischen Forschung
_
Sonderband
Z
Autonomes Handeln Beiträge zur Philosophie von Harry G. Frankfurt Herausgegeben
Monika Betzier und Barbara Guckes von
Akademie Verlag
Die Deutsche Bibliothek
CIP-Einheitsaufnahme -
Ein Titelsatz für diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich.
ISBN 3-05-003511-0 © Akademie Verlag GmbH, Berlin 2000 Der Akademie Verlag ist ein Unternehmen der R. Das
Oldenbourg-Gruppe.
eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706.
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Einbandgestaltung: Günter Schorcht, Schildow Druck und Bindung: Druckhaus „Thomas Müntzer", Printed in the Federal
Republic of Germany
Bad
Langensalza
Inhalt
Vorwort.
7
John Martin Fischer Responsibility and Alternative Possibilities: The Frankfurt-Type Examples.
9
Alfred R. Mêle Responsibility and Freedom: The Challenge of Frankfurt-Style Examples.
25
Barbara Guckes Frankfurts Herausforderung
39
Gary
an
den
Inkompatibilisten.
Watson
Soft Libertarianism and Hard
Compatibilism.
59
Über Zwang.
71
Peter Baumann Anna Kusser
Zwei-Stufen-Theorie und
praktische Überlegung.
RalfStoecker Guidance
Ein Führer durch Frankfurts
-
Handlungstheorie.
85 101
Michael Quante The things we do for love. Zur Weiterentwicklung von Frankfurts Analyse personaler Autonomie.
117
Barbara Merker Der Wille Eigenheit, Freiheit,
137
-
Notwendigkeit und Autonomie.
Martina Herrmann Freier Wille ohne Wunschkritik
Zustimmung
Autonomie als
eigenen Wünschen. -
zum
153
Inhalt
6 Holmer Steinfath Freiheit und Notwendigkeit. Zu
einigen Motiven bei Harry Frankfurt.167
Rüdiger Bittner
„Ich kann nicht anders".
179
Gottfried Seebaß Was
heißt, sich im Wollen orientieren?.193
R.
Jay Wallace Caring, Reflexivity, and the Structure of Volition.
215
Monika Betzler Warum sollen wir Ziele
237
verfolgen?.
Harry Frankfurt Rationalism in
Hinweise
zu
Ethics.259
den Autorinnen und Autoren.275
Personenregister.279
Vorwort
Die Diskussion von Harry Frankfurts Philosophie, der sich der vorliegende Band widmet, entzündet sich vor allem an den beiden folgenden Thesen: 1. Freiheit bedarf nicht der Fähigkeit, anders zu handeln. 2. Autonome Personen zeichnen sich dadurch aus, Wünsche höherer Ordnung ausbilden zu können. Frankfurt verteidigt die Auffassung, daß „x hätte anders handeln können" keine notwendige Bedingung für Freiheit und Verantwortlichkeit ist. Demzufolge gibt es Fälle, in denen wir selbst dann frei sind, wenn wir keine alternative Handlungsmöglichkeit haben. Um Willensfreiheit zu erklären, bedient sich Frankfurt eines hierarchischen Wunschmodells. Eine willensfreie Person zeichnet sich dadurch aus, daß sie nicht nur Wünsche in bezug auf Handlungen (Wünsche „erster Ordnung") hat, sondern auch Wünsche ausbilden kann (Wünsche „zweiter Ordnung"), die sich auf Wünsche „erster Ordnung" beziehen. Sofern diese Wünsche zweiter Ordnung handlungswirksam sind, ist eine Person willensfrei. Das Beispiel, mit Hilfe dessen Frankfurt zu zeigen versuchte, daß das Prinzip alternativer Möglichkeiten keine notwendige Bedingung für Freiheit und Verantwortlichkeit ist, stellt für die Freiheitsdiskussion eine ähnliche Herausforderung dar wie einst Gettiers Beispiele für die gängige erkenntnistheortische Auffassung, derzufolge Wissen gerechtfertigte wahre Meinung sei. Wenn wir selbst unter der Voraussetzung frei handeln können, daß wir nicht anders hätten handeln können, ist den inkompatibilistischen Theorien die traditionell „x hätte anders handeln können" als eine notwendige Bedingung für Freiheit annehmen, die Grundlage entzogen. Gleichzeitig wären die Kompatibilisten des schwerwiegenden Problems enthoben, daß ihre Ansätze mit der Intuition in Widerspruch stehen, daß wir nur dann frei sein können, wenn wir alternative Handlungsmöglichkeiten haben. So scheint Frankfurts Theorie auf den ersten Blick den Kompatibilismus zu stützen und ihm den Sieg in der Freiheitsdiskussion einzutragen. Ob es Frankfurt tatsächlich gelungen ist, plausibel zu machen, daß wir einer alternativen ,
„Inkompatibilisten"
nennt man diejenigen Theoretiker, die der Ansicht sind, daß Freiheit mit dem Determinismus unvereinbar ist; als „Kompatibilisten" hingegen werden solche Theoretiker bezeichnet, die Freiheit und Determinismus für miteinander vereinbar halten.
Vorwort
8
Handlungsmöglichkeit für Freiheit nicht bedürfen, ist freilich hochumstritten und prägt nach wie vor die Diskussion. Ebenso ist sein hierachisches Wunschmodell vielfältiger Kritik ausgesetzt, der Frankfurt selbst in seiner späteren Arbeit zum Teil zu begegnen sucht, indem er seine Theorie personaler Autonomie modifiziert und weiterentwickelt. So versucht er, Vorwürfe in bezug auf die hierarchische Struktur unseres Wünschens dadurch zu entkräften, daß er neue Kriterien für Autonomie, wie z.B. „Identifikation aus ganzem Herzen" und „Zufriedenheit", einführt. Die Tatsache, daß wir uns mit bestimmten Dingen und Personen, die uns wichtig sind, aus ganzem Herzen identifizieren, gilt Frankfurt nun als Bedingung dafür, daß wir autonom sind. In Frankfurts Überlegungen zu den Bedingungen personaler Autonomie läßt sich somit eine Verschiebung zu nicht-voluntaristischen Aspekten unseres Willens feststellen, die sich v.a. in seinen späten Arbeiten über,Caring' und Liebe dokumentiert. Auch sein für diesen Band verfaßter Originalbeitrag Rationalism in Ethics versucht zu zeigen, daß uns nur unsere volitionalen Prädispositionen zu moralischem Handeln motivieren können, nicht jedoch die Vernunft. Dieser Band dokumentiert die aktuelle deutsch- und englischsprachige Diskussion von Frankfurts Werk. Die Beiträge sind soweit dies aufgrund der thematischen Spannbreite möglich war analog zur chronologischen Entwicklung von Frankfurts Thesen angeordnet. John Martin Fischer, Alfred R. Mele, Barbara Guckes und Gary Watson setzen sich in ihren Beiträgen ausgehend von Frankfurts Behauptung, „x hätte anders handeln können", sei keine notwendige Bedingung für Freiheit und Verantwortlichkeit mit der Kompatibilismus-Inkompatibilismus-Debatte auseinander. Peter Baumann beschäftigt sich kritisch mit Frankfurts Analyse des Zwangs und schlägt gegen Frankfurt eine seiner Meinung nach plausiblere Konzeption von Zwang vor. Anna Kusser, Ralf Stoecker, Martina Herrmann sowie Gottfried Seebaß diskutieren Frankfurts Modell hierarchischer Wünsche. Michael Quante und Barbara Merker geben einen Überblick über die Weiterentwicklung von Frankfurts Analyse personaler Autonomie, die sich nicht zuletzt einer Rezeption der Kritik verdankt, die Frankfurts hierarchisches Wunschmodell erfahren hat. Holmer Steinfath, Rüdiger Bittner und R. Jay Wallace setzen sich im einzelnen mit Problemen der Frankfurtschen Idee volitionaler Notwendigkeit und seiner in den letzten Jahren vertretenen Konzeption des ,Caring' auseinander. Monika Betzier schließlich analysiert, ob die von Frankfurt genannten Bedingungen des Tätigseins und des ,Caring' für seine These, daß Ziele nützlich sind, notwendig und hinreichend sind. Zur Einführung in die Philosophie Frankfurts möchten wir an dieser Stelle auf unsere Überblicksbeiträge in der von uns herausgegebenen, in deutscher Übersetzung erschienenen Auswahl Frankfurtscher Aufsätze verweisen. Wir danken Rüdiger Bittner und Axel Honneth, die uns bei der Durchfuhrung dieses Projekts sehr unterstützt haben. Mischka Dammaschke vom Akademie Verlag danken wir für die freundliche Betreuung. Nicht zuletzt bedanken wir uns bei Harry Frankfurt für seine kooperative Unterstützung. -
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Monika Betzier und Barbara Guckes
Responsibility and Alternative Possibilities The
Frankfurt-Type Examples
John Martin Fischer
It is a powerful and influential idea that in order legitimately to be held accountable for my actions, one must have had freedom to choose and behave differently at some pertinent point along the path to the actions in question. Various philosophers who embrace this requirement believe that one must deny that causal determinism obtains in order to preserve our view that we are (at least sometimes) genuinely and "deeply" morally re-
sponsible agents.
however potent
challenges to the alternative-possibilities requirement. One important challenge employs a certain thought-experiment developed by Harry Frankfurt.1 This sort of thought-experiment was developed by Frankfurt precisely to call into question the "Principle of Alternative Possibilities", according to which moral responsibility (for actions) requires alternative possibilities. There
are
/.
Frankfurt-type Examples Here is a particular version of a "Frankfurt-type case". In this sort of case, a crucial role is played by some kind of involuntary sign or indication of the agent's future choices and behavior. So suppose Jones is in a voting booth deliberating about whether to vote
for Gore
Bush.
(He has left this decision
until the end, much as some restaurant pawaiter asks before making a final decision about their meal.) After serious reflection, he chooses to vote for Gore, and does vote for Gore by marking his ballot in the normal way. Unbeknownst to him, Black, a liberal neurosurgeon working with the democratic party, has implanted a device in Jones' brain which monitors Jones' brain activities.' If he is about to choose to vote democratic the device simply continues monitoring and does not intervene in the process in any way. If, however, Jones is about to choose to vote (say) republican, the device triggers an intervention which involves or
trons wait until the
Harry Frankfurt, Alternate Possibilities and Moral Responsibility, Journal of Philosophy 66 (1969), pp. 829-839; reprinted in Fischer, ed., 1986. For this kind of Frankfurt-type case, see David Blumenfeld, The Principle of Alternate Possibilities, Journal of Philosophy 67 (1971), pp. 339-344. Of course, this sort of example is a highly implausible science-fiction scenario, since most neurosurgeons are certainly not liberal!
John Martin Fischer
10
electronic stimulation of the brain sufficient to produce a choice to vote for the democrat (and a subsequent democratic vote). How can the device tell whether Jones is about to choose to vote republican or democratic? This is where the "prior sign" comes in. If Jones is about to choose at T2 to vote for Gore at T3, he shows some involuntary sign say a neurological pattern in his brain at Tl. Detecting this, Black's device does not intervene. But if Jones is about to choose at T2 to vote for Bush at T3, he shows an involuntary sign-a different neurological pattern in his brain-at Tl. This brain pattern would trigger Black's device to intervene and cause Jones to choose at T2 to vote for Gore, and to vote for Gore at T3. Given that the device plays no role in Jones' deliberations and act of voting, it seems to me that Jones acts freely and is morally responsible for voting for Gore. And given the presence of Black's device, it is plausible to think that Jones does not have alternative possibilities with regard to his choice and action. At this point it may be objected that, despite the initial appearance, Jones does have at least some alternative possibility. Although Jones cannot choose or vote differently, he can still exhibit a different neurological pattern in his brain N* (from the one he actually exhibits, N). I have called such an alternative possibility a "flicker of freedom". The flicker theorist contends that our moral responsibility always can be traced back to some suitably placed flicker of freedom; our responsibility is grounded in and derives from such alternative possibilities. It seems that one can always find a flicker of freedom in the Frankfurt-type cases insofar as they are developed as "prior-sign" cases. That is, the agent will always at least have the power to exhibit an alternative sign. But I contend that the mere involuntary display of some sign such as a neurological pattern in the brain, a blush, or a furrowed brow is too thin a reed on which to rest moral responsibility. The power involuntarily to exhibit a different sign seems to me to be insufficiently robust to ground our attributions of moral responsibility. I have argued for this contention at some length elsewhere.2 The debate here is subtle and complex; there are different versions of the flicker strategy, and various different responses. But for my purposes in this paper perhaps it will be enough to reiterate one line of argument I have developed against the flicker approach. Note that in the alternative sequence (in which Jones shows neurological pattern N*, which is indicative of an impending decision to vote for Bush), the sign is entirely involuntary and the subsequent decision and vote are produced electronically. Thus, in the alternative sequence Jones cannot be said to be choosing and acting freely, and similarly, cannot be thought to be morally responsible for his choice and action. Imagine, just for a moment, that there are absolutely no alternative possibilities, even the flimsy and exiguous flickers of freedom we have recently been entertaining. An alternative-possibilities control theorist would say that under such circumstances the rele-
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Important early developments of the Flicker of Freedom strategy can be found in: Peter van InAbility and Responsibility, Philosophical Review 87 (1978), pp. 201-224; reprinted in Fischer, 1986, and Van Inwagen, 1983; and Margery Bedford Naylor, Frankfurt on the Principle of Alternate Possibilities, Philosophical Studies 46 (1984), pp. 249-258. wagen,
2
Fischer, 1994, pp. 131-159.
Responsibility and Alternative Possibilities
11
agent cannot be morally responsible for his choice and action. Now add the flickers of freedom we have been considering the power to exhibit a different neurological pattern, N*. I find it very hard to see how adding this power can transform a situation in which there is no moral responsibility into one in which there is moral responsibility. How can adding a pathway along which Jones does not freely vote for Gore and is not morally responsible for voting for Gore make it the case that Jones actually is morally responsible for voting for Gore? This is the "problem of alchemy". Similarly, suppose one had a theory of knowledge according to which some individual (the individual in question is always called "5"!) knows that p only if S can discriminate p from relevant alternatives. This is structurally analogous to the view that moral responsibility requires alternative-possibilities control. Whereas such a view is plausible, it would certainly be absurd to suppose that what transforms some case of lack of knowledge into a case of knowledge would be the existence of some alternative scenario in which the agent makes a mistake. How can adding a scenario in which S lacks knowledge (in this way) make it the case that S actually has knowledge?2 vant
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//. A Dilemma for the Proponent of Frankfurt-Type Examples
Regrettably (but not surprisingly) the above argument (that the flickers of freedom are insufficiently robust) has not been the final word on these matters! Indeed, a powerful challenge to the position I have sketched above (against the Flicker Theorist) has been presented by such philosophers as David Widerker3, Robert Kane4, Carl Ginet5, and
Wyma6. I will boil down the various versions of the argument into the following. begins with a dilemma: either the proponent of the Frankfurt-type examples is presupposing the truth of causal determinism or indeterminism. Let us start with the presupposition that causal determinism obtains. Now it does appear as if the relevant agent Jones, in the example above cannot choose or do otherKeith
It
wise (cannot choose at T2 to vote for Bush or vote for Bush at T3). This is because the "counterfactual intervener" the liberal neurosurgeon Black can know, given the prior sign exhibited by Jones at Tl, that Jones will indeed choose to vote for Gore at T2. If Jones were to choose at T2 to vote for Bush, the prior sign would have had to have been different; thus, Jones cannot at T2 choose to vote for Bush. But the problem is that -
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1
2
Fischer, 1994, p. 141. Fischer, 1994. pp. 141. David Widerker, Libertarian Freedom and the Avoidability of Decisions, Faith and Philosophy 12 (1995). pp. 113-118; and: Libertarianism and Frankfurt's Attack on the Principle of Alternative Possibilities, Philosophical Review 104 (1995), pp. 247-261. Robert Kane, 1996, esp. pp. 142-145. As far as I know, Kane was the first to articulate this strategy in reply to the Frankfurt examples: Kane, 1985, p.51. Carl Ginet, In Defense of the Principle of Alternative Possibilities: Why I Don't Find Frankfurt's
Argument Convincing, Philosophical Perspectives 10 (1996), pp. 403-417.
Keith D. Wyma, Moral 34(1997), pp. 57-70.
Responsibility
and
Leeway
for Action, American
Philosophical Quarterly
12
John Martin Fischer
the contention that Jones is morally responsible for choosing to vote for Gore and actually voting for Gore is put in doubt, given the assumption of causal determinism. That is, if causal determinism is explicitly presupposed, it does not seem that someone could say that Jones is obviously morally responsible for his actual choice and action, in a context in which the relationship between causal determinism and control (freedom) and moral responsibility are at issue. To do so would appear to beg the question against the incompatibilist. Now suppose that indeterminism (of a certain relevant sort) obtains. Under this supposition it would not be dialectically inappropriate to claim that Jones is morally responsible for his actual choice at T2 to vote for Gore and his vote for Gore at T3. But now the contention that Jones cannot choose at T2 to vote for Bush at T3 is called into question. This is because there is no deterministic relationship between the prior sign exhibited by Jones at Tl and Jones' subsequent choice at T2. So, if we consider the time just prior to T2, everything about the past can be just as it is consistently with Jones' choosing at T2 to vote for Bush. Someone might think that if it takes some time for Jones to make the choice, Black can intervene to prevent the completion of the choice; but then Jones will still have the possibility of "beginning to make the choice", which is surely more robust than a mere flicker of freedom (say an involuntary twitch, blush, or neurological pattern). After all, beginning to make a choice is a voluntary undertaking (even if it is truncated through no fault of one's own). The proponents of the Frankfurt-type examples contend that they are nonquestionbegging cases in which an agent is morally responsible for his choice and action and yet has no sufficiently robust alternative possibilities. But the counter-argument of Widerker, Kane, Ginet, and Wyma appears to show that the examples in question are either not uncontroversial cases in which the agent is morally responsible for his choice and subsequent behavior or not cases in which the agent lacks the alternative possibilities. This is clearly an important argument, and it has been quite influential. Indeed, in a recent paper Ted A. Warfield claims that the rejection of the Frankfurt-type examples (as cases in which an agent is morally responsible yet lacks alternative possibilities) is "increasingly common".
III. A
Reply on Behalfof the Proponent of the Frankfurt-Type Examples Despite this rising chorus I still remain convinced that the Frankfurt-type cases help to establish that it is very plausible that moral responsibility does not require alternative possibilities. III.A The Assumption of Causal Determinism. Begin with the first horn of the dilemma: the assumption that causal determinism obtains. I agree that one cannot now simply and precipitously conclude, from consideration of the examples, that the agent is
morally responsible for his choice and behavior. But in any case this is not how I would have proceeded; I never have envisaged a simple "one-step" argument to the conclusion that (say) Jones is morally responsible for his choice and action. Rather, I employ the Ted A. Warfield, Determinism and Moral Responsibility are Incompatible, Philosophical Topics 24 (1996), pp. 215-226. esp. p. 221.
Responsibility and Alternative Possibilities
13
Frankfurt-type examples as the first (but obviously important) step of a slightly more complex argument to the conclusion that Jones is morally responsible for his choice and action (despite lacking alternative possibilities). The argument goes as follows. First, one carefully considers the Frankfurt-type cases. Upon reflection, I believe that one should conclude that in these cases the lack of alternative possibilities does not in itself ground a claim that the agent is not morally responsible for his choice and action. In other words, I think that the examples make highly plausible the preliminary conclusion that //"Jones is not morally responsible for his choice and action, this is not simply because he lacks alternative possibilities. After all, everything that has any causal (or any other kind of) influence on Jones would be exactly the same, if we "subtracted" Black entirely from the scene. And Jones' moral responsibility would seem to be supervenient on what has an influence or impact on him in
way. So the relevant (preliminary) conclusion is: if Jones is not morally responsible for his choice and action, this is not simply because he lacks alternative possibilities. And it does not appear to beg the question to come to this conclusion, even if causal determinism obtains. The second step in the argument consists in asking whether causal determinism in itself and apart from ruling out alternative possibilities threatens moral responsibility. I have considered various possible reasons why someone might think that causal determinism does threaten moral responsibility in itself and apart from ruling out alternative possibilities, and I have come to the conclusion that it is not plausible to accept any of these reasons.1 (I admit that I do not have any sort of decisive or "knockdown" argument for my conclusion here.) III.B The Assumption of Indeterminism. It seems to me that this two-stage argument is highly plausible and does not beg the question against the incompatibilist, even on the assumption of causal determinism. Thus I believe that the use of the "prior-sign" cases can be defended against the charge of begging the question. Let us now move to the second horn of the dilemma: the assumption of indeterminism. Here I admit that the prior-sign cases will not be cases in which the agent does not have alternative possibilities. But I want to sketch three strategies for modifying the Frankfurt-type case to address this III.Bi Hunt's Approach. Recall that the original "Frankfurt-type" case was presented by John Locke in An Essay Concerning Human Understanding. Locke's example is a case in which "a man be carried whilst fast asleep into a room where is a person he longs to see and speak with, and be there locked fast in, beyond his power to get out; he some
difficulty.2
John Martin Fischer, 1994, pp. 147-154. For further discussion of this issue, see Kane, 1996, esp. pp. 40-43; and Alfred R. Mele, Soft Libertarianism and Frankfurt-Style Scenarios, Philosophical Topics 24 (1996), pp. 123-141. For yet another approach, see: John Martin Fischer, Libertarianism and Avoidabilty: A Reply to Widerker, Faith and Philosophy 12 (January 1995), pp. 119-125; David Widerker and Charlotte Katzoff, Avoidability and Libertarianism: A Response to Fischer, Faith and Philosophy 13 (July 1996), pp. 415-421; David P. Hunt, Frankfurt Counterexamples: Some Comments on the Widerker-Fischer Debate, Faith and Philosophy 13 (July 1996), pp. 395-401; and Daniel Speak, Fischer and Avoidability: A Reply To Widerker and Katzoff, forthcoming, Faith and Philosophy.
John Martin Fischer
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awakes and is glad to find himself in so desirable company, which he stays willingly in"1. In Locke's example, the man stays in the room voluntarily, and it seems that he does so "freely" (although Locke himself would used the term "voluntarily" rather than "freely") and can be morally responsible for doing so, although he could not have left the room. Of course, the man does have various alternative possibilities (apart from special assumptions): he can choose to leave the room and try to leave the room, and so forth. Frankfurt can be seen to be entering the debate at this point. Frankfurt seeks to construct examples in which even these sorts of alternative possibilities have been eliminated. To do this, Frankfurt employs the apparatus of a counterfactual intervener who can monitor the brain and intervene in it, should the agent be about to choose to do otherwise. In order to flesh out these examples although Frankfurt did not explicitly do this it is useful to posit a "prior sign" that can be read by the counterfactual intervener and guide him in his If the sign indicates that the agent ¡s about to choose to do what the counterfactual intervener wants him to choose, the intervener does not intervene. If, contrary to fact, the agent were about to choose differently, the prior sign would inform the counterfactual intervener (and he would intervene). A Frankfurt-type case which works as above is a "prior-sign" case. It is important to see that there can be another sort of Frankfurt-type case, which takes its cue more closely from Locke's example; I shall refer to such a case, developed by David Hunt, as a "blockage case".3 Note that in Locke's example the door to the room is actually locked no matter whether the man is inclined to choose to stay in the room or not. Imagine, then, that although the actual neural processes in one's brain (one is here supposing that the mind supervenes on the brain) take place indeterministically, all other neural pathways are blocked. This is a way of bringing the locked door the blockage into the head. Just as with Locke's locked door, the pathways are actually blocked; in contrast to the structure of the prior-sign cases, the pathways' being blocked are not dependent on prior features of Jones. This, then, is a different way of solving precisely the problem Frankfurt sought to solve one that more simply and naturally takes its cue from Locke. And, importantly, it does not appear to introduce alternative possibilities. III.Bii Mele and Robb 's Approach. Here is a second way of modifying the Frankfurttype cases so that they (allegedly) "work" in a causally indeterministic context. Hunt's strategy involves "blockage" which is not sensitive to prior signs. The second strategy, developed by Alfred Mele and David Robb, involves two simultaneously operating sequences, one of which is indeterministic, the other of which is causally deterministic; the indeterministic sequence actually leads to the result in question, but the deterministic sequence (the operation of which is not sensitive to prior signs) would have issued in the same sort of result, if the indeterministic sequence had not. They develop their ingenious example as follows (changing our cast of characters slightly): -
-
activity.2
-
-
-
1
2
4
Book II, Chapter XI, Sec. 10. This was Blumenfeld's innovation: Blumenfeld, 1971. David Hunt, Moral Responsibility and Unavoidable Action, forthcoming, Philosophical Studies. 1 borrow this example from David Hunt, forthcoming. He develops this and related examples further in: Freedom, Foreknowledge, and Frankfurt, unpublished manuscript.
Responsibility and Alternative Possibilities
15
"At Tl, Black initiates a certain deterministic process P in Bob's brain with the intention of thereby causing Bob to decide at 72 (an hour later, say) to steal Ann's car. The process, which is screened off from Bob's consciousness, will deterministically culminate in Bob's deciding at T2 to steal Ann's car unless he decides on his own at T2 to steal it or is incapable at 72 of making a decision (because, e.g., he is dead by 72) (Black is unaware that it is open to Bob to decide on his own at T2 to steal the car; he is confident that P will cause Bob to decide as he wants Bob to decide.) The process is in no way sensitive to any 'sign' of what Bob will decide. As it happens, at 72 Bob decides on his own to steal the car, on the basis of his own indeteministic deliberation about whether to steal it, and his decision has no deterministic cause. But if he had not just then decided on his own to steal it, P would have deterministically issued, at T2, in his deciding to steal it. Rest assured that P in no way influences the indeterminstic decisionmaking process that actually issues in Bob's decision."1
The actual sequence in the Mele/Robb example is indeterministic, and yet the agent could not have done otherwise due to the unfolding of a deterministic causal sequence that preemptively overdetermines the actual decision. III.Biii Stump's Approach. The third strategy for modifying the Frankfurt-type cases to accommodate indeterministic contexts is developed by Eleonore Stump. Stump assumes that there is some sort of one-many correlation between a mental act or state and the firings of neurons in the brain:
suddenly recognize my daughter's face across a crowded room, that one mental act of recognition, which feels sudden, even instantaneous, to me, is correlated with many neural firings as information from the retina is sent through the optic nerve, relayed through the lateral geniculate nucleus of the thalamus, processed in various parts of the occipital cortex, which take account of figure, motion, orientation in space, and color, and then processed further in cortical association areas. Only when the whole sequence of neural firings is completed, do I have the mental act of recognizing my daughter. Whatever neural firings are correlated with an "When I
of will or intellect, I take it that in this case, as in all others, the correlation between the mental act and the firing of the relevant neurons is a one-many-relation."3 act
On Stump's approach, it is crucial that if the firing of the whole neural sequence correlated with a mental act is not completed, the result is not some truncated or incomplete
3
Alfred R. Mele and David Robb, Rescuing Frankfurt-Style Cases, forthcoming Philosophical Review, ms. pp. 6. Eleonore Stump, Intellect, Will, and the Principle of Alternate Possibilities, in Michael Beaty, ed., Christian Theism and the Problems of Philosophy, Notre Dame, 1990, pp. 51-91; reprinted in Fischer and Ravizza, eds., 1993; Non-Cartesian Dualism and Materialism with Reductionism, Faith and Philosophy 12 (1995), pp. 505-531; Libertarian Freedom and the Principle of Alternate Possibilities, in Daniel Howard-Snyder and Jeff Jordan, eds.. Faith, Freedom, and Rationality: Philosophy o Religion Today, Lanham, Maryland 1996, pp. 73-88; Dust, Determinism, and Frankfurt: A Reply to Goetz, forthcoming, Faith and Philosophy (This is a reply to: Stewart Goetz, Stumping for Widerker, forthcoming. Faith and Philosophy.); and Alternative Possibilities and Responsibility: The Flicker of Freedom, unpublished manuscript delivered at the American Philosophical Association Pacific Division Meetings, March 1998, Los Angeles. Stump, forthcoming, pp. 5.
John Martin Fischer
16
mental act (say, the says:
beginning of a
choice
or
decision).
It is
no
mental act at all. She
'If the neural sequence correlated with my recognizing my daughter's face across a crowded is interrupted at the level of the thalamus, say, then I will have no mental act having to do with seeing her. I won't for example, think to myself, "For a moment there, I thought I saw my daughter, but now I'm not sure." I won't have a sensation of almost but not quite seeing her. I won't have a premonition that I was about to see her, and then I mysteriously just don't see her. I will simply have no mental act regarding recognition of her at all.'1 room
Let us suppose now that a mental event is identical to a series of neural firings. A particular mental event, say, a choice, can be assumed to be the result of an indeterministic process. Further, there can be a counterfactual intervener associated with the agent who could notice (in an alternative scenario) that a different neural sequence was beginning, and could then interrupt it before it can be completed. If Black the counterfactually intervening liberal neurosurgeon did interrupt a neural sequence which was beginning to unfold (and which is such that, if it were completed, it would constitute or correlate with a decision to vote for Bush), Jones would not (according to Stump) have engaged in the mental act of beginning to make a decision. Jones would have no mental act, just as Stump would not have begun to recognize her daughter, if the sequence of neural firings beginning in her retina had been terminated in the thalamus.3 Thus, in Stump's version of the Frankfurt-type cases, the agent's choice is not causally determined, and it is also true that the agent cannot have chosen (or behaved) differently from how he actually chooses (and behaves). And yet it seems entirely plausible that the agent be morally responsible for his choice and behavior in these cases. Despite the force and influence of the argument (presented by Widerker, Kane, Ginet, and Wyma) against the contention that in the Frankfurt-type cases the agent is morally responsible although he has no alternative possibilities, there is an attractive strategy of response. Even if causal determinism is true, it does not appear to be questionbegging to use the cases as part of a two-stage argument (rather than an argument that simply assumes that the relevant agents are morally responsible in the cases). And if causal determinism is false (in certain ways), it still seems to be possible to construct versions of the Frankfurt-type cases in which it is plausible to say that the agent is morally responsible and yet lacks alternative possibilities. -
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IV. A
Reply on Behalf of the Flicker Theorist: Escapability Authorship/ Responsibility Perhaps it will not shock the reader to learn that this is not the end of the story. The critic of the Frankfurt-type examples has (at least) one more card to play. Consider, for example, the following remarks of Michael McKenna:
3
Stump, forthcoming, p. 6. This supposition is just for simplicity's sake; Stump's view is the precise relationship between mental states and brain events. Stump, forthcoming, p. 7.
compatible with other stories as to
Responsibility and Alternative Possibilities
17
"Here I believe that Fischer has not fully addressed what motivates the advocate of [the alternative possibilities control requirement]... what intuitively drives [the proponent of this requirement] is the kind of control needed in order for us to avoid being the author of a particular act and thus avoid being responsible for the production of that particular action... It is a matter of holding people accountable for what they do only if they can avoid any blame or punishment that might fall upon them for performing those very particular actions which they do perform..."1
McKenna elaborates
as
follows:
"The issue
here is whether the will places my stamp upon the world, and whether /'/ is up have that particular stamp or some other as my mark upon the world. In the Frankfurt-type cases the alternatives are, either doing what one does of one's own intention, or being coerced into performing the same kind of action against one's will. These alternatives do seem to be quite impoverished; however, they mean all the difference between one's doing something of one's own will, and one's not doing that kind ofthing of one's own will... What more fundamental kind of control can there be here other than the control for one to either have a particular will or not have it?"2 to me... to
...
...
McKenna is claiming that even in the Frankfurt-type cases, the relevant agent has a significant and robust power: the power either to be the author of his action or not, and thus the power to be morally responsible for his action or not. A similar point is made in an interesting recent article by Keith Wyma.' Wyma begins with an example which suggests that many of us experienced something like a Frankfurt-type example as we were
growing up:
"When I was four years old and learning to ride a bicycle, I reached a point where my father decided I no longer needed training wheels. But he still worried that I might fall. So on my first attempt 'without a net', he ran alongside as I pedaled. His arms encircled without touching me, his hands resting lightly upon me, but not holding me upright. I rode straight ahead. My father did not push or guide me, but if I had faltered or veered suddenly to the side, he would have tightened his grip, keeping me vertical and on track. After finally braking to a stop, I was jubilant but somewhat hesitant over whether I should be. I wondered, had I really ridden my bike on my own? Was the triumph of riding straight down the street mine or not?"4 ...
to argue for
an intuition very similar to McKenna's. On Wyma's view, moral responsibility requires a certain kind of "leeway". And this leeway is specified by what Wyma calls the "Principle of Possibly Passing the Buck" (PPPB):
Wyma goes
on
"A person is morally responsible for something she has done, A, only if she has failed to do, something she could have done, B, such that doing B would have rendered her morally non-
responsible for/I."5
2 3 4 5
Michael S. McKenna, Alternative Possibilities and the Failure of the Counterexample Journal of Social Philosophy 28 (1997), pp. 71-85; the quotation is from pp. 73-74. McKenna, 1997, pp. 74-75. Wyma, 1997. Wyma, 1997, p. 57. Wyma. 1997, p. 59.
Strategy,
John Martin Fischer
18
Of course, in a Frankfurt-type case the relevant agent would not be morally responsible in the alternative sequence; Jones would not be morally responsible for voting for Gore, in the circumstance in which Black's device were triggered. Thus Wyma has apparently identified a significant sort of "leeway", even in the Frankfurt-type examples. At the end of his paper, Wyma returns to the analogy with which he started, saying: "I believe the bike
riding triumph was mine, because even though I could not have fallen or crashed while my father hovered protectively over me, I could still have faltered enough that he would have had to steady me; and because I had leeway to falter but did not do so, the success of riding was truly mine. PPPB vindicates a similar kind of leeway as being necessary for ascriptions of moral responsibility."1
Additionally, Michael Otsuka has recently defended a principle similar to Wyma's Principle of Possibly Passing the Buck. Otsuka calls his principle, the "Principle of Avoidable Blame":
"One is blameworthy for performing an act of a given type only if one could instead have behaved in a manner for which one would have been entirely blameless."2
Thus, all three defenders of the alternative possibilities control requirement
seem
to be
pointing to the same sort of alternative possibility which they claim is present quite generally, and hence in the Frankfurt-type examples. This is the freedom to "pass the buck" or "escape" or "avoid" moral responsibility. And it seems that this freedom is present in all of the modifications of the Frankfurt-type examples presented above. One might say that these theorists are seeking perhaps with some success to fan the flickers of freedom.
-
-
V. A
Reply (Again) on Behalf of the Proponent of the Frankfurt-type Examples But before we mistake these breezes for a hurricane, consider the following replies. First, it may be that David Hunt's approach shows that there can be cases in which an agent is morally responsible for his choice and behavior and yet he lacks even the sort of alternative possibility now under consideration: the possibility of escaping authorship or responsibility. Recall that Hunt envisages a case in which the neural events resulting in the relevant choice are indeterministic, and yet all other neural pathways in the brain
"blocked" (as in Locke's "locked-door" example). The question could now be put as follows: Does the agent have access to a scenario in which his neural path makes contact with or "bumps up against" the blockage? If so, it would seem that the alternative are
1
2
4
Wyma, 1997, p. 68. Michael Otsuka, Incompatibilism and the Avoidability of Blame, Ethics 108 (1998), pp. 685-701, esp. p. 688. Otsuka qualifies the principle to apply to cases in which it is not the case that everything one is capable of doing at a given point in time is blameworthy because of some previous
choice for which one is to blame. It is interesting to note that Wyma seems to be adopting Watson's "genuine imputability" notion of moral responsibility, whereas Otsuka seems to be adopting Watson's "accountability" notion. McKenna may be considering moral responsibility in both senses. Thanks to Dan Speak for this phrase.
Responsibility and Alternative Possibilities
19
possibility in question does after all exist, because if the neural path "bumps up against" blockage, then presumably the agent is no longer the author of the subsequent act (and is not morally responsible for it). But how exactly can the agent (or his neural events) bump up against the blockage? It would seem that in order to have access to the blockage, there would have to be an the
intermediate set of neural events, different from the actual neural events, that is, as it a "bridge" between the actual neural process and the blockage. (In Locke's examthe agent would have to walk over to the door and try to open it.) But even these ple, intermediate events are presumed to be blocked in Hunt's example. So it may seem that Hunt has indeed provided an example of the required sort, i.e., one in which the agent is morally responsible and yet does not have any alternative possibilities (even the possibility of avoiding authorship and moral responsibility). But the example is difficult to imagine (and thus properly to evaluate). If causal indeterminism obtains in the actual neural pathway, how exactly can it be the case that the agent does not have access to events consisting in bumping up against the barriers? Hunt has also suggested that the context of God's foreknowledge of future events is relevantly similar to Frankfurt-type examples. Let us suppose that God exists within the same time framework as humans, is essentially omniscient, and can know future contingent truths. Let us further assume that causal indeterminism obtains. (Of course, each of these assumptions is contentious, as is their combination.) I believe that it follows from the conjunction of these assumptions (suitably interpreted) that human agents cannot choose or do otherwise; and yet (given certain assumptions about God) God's knowledge plays absolutely no role in human choices and actions. Just as with the "counterfactual intervener" in a Frankfurt-type case, one could "subtract" God from the situation and everything that has a causal impact on the agent's choices and behavior would be exactly the same. If all the above is correct, then the context of God's foreknowledge were,
To help with this point, David Hunt has suggested the following analogy in personal correspondence: A vertical pipe fills with water and freezes; the sun thaws the pipe and a plug of ice moves down the pipe. Alternative directions are blocked by the pipe, but the ice never bumps up against the blockage at least in the way that a marble rattling down the pipe would do. Let's develop the example so that it gives us the right parallel. The ice plug has to be the will, not a body with a will ,inside' it. Since we are supposing that the will is causally indeterministic, imagine that the ice plug is moving vertically under the influence of gravity, but that at one-second intervals it might (or might not) shift indeterministically on the horizontal plane (without ceasing to move vertically). We observe its movements over a 10-second period. Suppose its position during each of these onesecond intervals is as follows (the intervals are numbered from 1 to 10): 1,A; 2,B; 3,B; 4,C; 5,D; 6,E; 7,E; 8,E; 9,E; 10,F. Because the ice plug's position is brought about indeterministically, it is natural to think that at time 7 it could just as well have ended up in, e.g., position G, rather than position E. But suppose that at time 6 the ice plug happened to align itself perfectly with the mouth of a perfectly translucent and perfectly frictionless pipe, which it then entered as it continued to move vertically under the force of gravity. (It exits the pipe at time 10.) The ice plug's position at times 7-9, we are supposing, is actually brought about indetermi-nistically, in the same manner as its position was brought about at times 1-6. Nothing changes in this respect. But the presence of the pipe ensures that alternative positions are unavailable at times 7-9. -
John Martin Fischer
20
would seem to be one in which an agent could be held morally responsible for his choice and behavior, and yet have no alternative possibilities (even the possibility of avoiding authorship and responsibility). Second, I believe that problems similar to the problems with the earlier defenses of the alternative-possibilities control requirement also plague the new approaches. Recall that the problem with saying that it is the possibility of exhibiting a different prior sign or indicator of future decision (and action) that grounds moral responsibility is that the envisaged possibility is too exiguous and flimsy. The displaying of such a sign would not even be voluntary behavior. How could moral responsibility rest on such a delicate foundation? Now it might be thought that the possibility of avoiding authorship or the possibility of avoiding moral responsibility would be a more substantial basis for moral responsibility. But I believe there are similar problems here.2 Note that in the alternative sequence in a Frankfurt-type case the agent would indeed be avoiding (say) moral responsibility, but he would be doing so "accidentally". The agent would not be voluntarily avoiding responsibility. The suggestion that avoiding responsibility is a sufficiently robust basis for moral responsibility may get some of its plausibility from the fact that in a typical context in which we would say that someone has avoided (say) blameworthiness, it would be in virtue of some voluntary action. Typically, the relevant facts about the various paths available to the agent would be accessible to him, and he would voluntarily choose a right action (rather than a morally objectionable one). Here we would say that the agent avoided blameworthiness; but this is a very different sort of context from the Frankfurt-type cases. In the Frankfurt-type cases, the agent does not choose to be morally responsible rather than not these issues play no role in his deliberations. And in the alternative scenario in a Frankfurt-type case, the agent does not choose to escape responsibility, or voluntarily choose anything which implies his escaping re-
sponsibility. To bring this point out a bit more clearly, note that in the alternative scenario in a Frankfurt-type case the agent does not deliberate about whether or not to embrace moral responsibility. So issues about whether or not to be morally responsible play no explicit role in his deliberations. Further, they play no "implicit" role either. They might play an implicit role in the sort of context discussed above in which an agent has internalized certain norms on the basis of which he chooses to do what he takes to be the right action. If he successfully avoids blameworthiness here, it is partly in virtue of his having internalized norms the relevant community shares. Given these norms, the agent can reasonably expect to escape blame, if he chooses as he does. But in the alternative scenarios in the Frankfurt-type cases issues about moral responsibility obviously do not play an implicit role of this sort. To the extent that issues pertaining to moral responsibility play neither an explicit nor an implicit role, I shall say that moral responsibility is not "internally related" to the agent's behavior in the alternative sequence of a Frankfurt-type case. And my point is For an extended
discussion, see David Hunt, Freedom, Foreknowledge, and Frankfurt, unpublished
manuscript. Here again I borrow from Fischer, forthcoming.
Responsibility and Alternative Possibilities
21
that it is very plausible that moral responsibility must be so related to the agent's behavior, in order for the alternative possibility in question to be sufficiently robust to ground ascriptions of moral responsibility. Of course, I do not accept the alternative-possibilities control model of moral responsibility. But my contention is that, if you do buy into this traditional picture, then you should also accept that the alternative possibilities must be of a certain sort they must be sufficiently robust. This same point has been highlighted by a philosopher with a very different orientation from mine: Robert Kane. (Kane is a libertarian who believes that alternative possibilities are required for moral responsibility.) Kane emphasizes what he calls the "dual" or "plural" voluntariness (and responsibility) conditions on moral responsibility: the relevant alternative possibilities i.e., alternative possibilities sufficiently robust to ground moral responsibility must themselves involve voluntary behavior (for which the agent is morally responsible). On Kane's picture, it is not enough that an agent havey'zAsr any sort of alternative possibility; it must be an alternative in which the agent acts voluntarily and is morally responsible. Similarly, I would contend that the relevant alternative possibilities must contain voluntary, responsible behavior in which moral responsibility is internally related to the agent's behavior. My suggestion, then, is that the new defenses of the alternative-possibilities control requirement (presented by McKenna, Otsuka, and Wyma) fall prey to the same sort of problem that afflicted earlier such defenses: the alternatives they postulate are not sufficiently robust. In my early paper, "Responsibility and Control", I argued that the critic of the Frankfurt-type case mixes up "possibility" and "ability" in a certain way. That is, I pointed out that even if another event (or set of events) occurs in the alternative sequence of a Frankfurt-type case, it does not follow that the agent has the ability (in the relevant sense) to bring this alternative event (or set of events) about. I believe that the recent defenses of alternative-possibilities control simply re-inscribe the same general problem The lack of "internal relatedness" of moral responsibility to the events in the alternative sequence points to the fact that the agent lacks the relevant sort of ability, even if there exists the possibility of something different happening. So, even if there exists the possibility that the agent not be the author of his action (or avoid moral responsibility), it does not follow that the agent has the ability (in the relevant sense) to avoid authorship (or responsibility). It is a simple point that has played a crucial role in discussions of indeterministic conceptions of control and moral responsibility: the mere possibility of a different event's occurring does not entail that the agent has the ability to do otherwise. The point applies equally in the context of the Frankfurt-type examples. Return to Wyma's striking claim about his early bike-riding experience, "I believe the bike riding triumph was mine, because even though I could not have fallen or crashed while my father hovered protectively over me, I could still have faltered enough that he would have had to steady me; and because I had leeway to falter but did not do -
-
-
Robert Kane, Free Will and Values, SUNY Series in Philosophy, Albany 1985, esp. p. 60; and Kane, 1996, esp. pp. 107-115. John Martin Fischer, Responsibility and Control, Journal of Philosophy 79 (1982), pp. 24-40; reprinted in Fischer, ed., 1986.
John Martin Fischer
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so, the success of riding was truly mine."1 Whereas we could quibble endlessly about details of these sorts of examples, it seems to me that the intuitive point is quite clear: it is not the possibility of faltering slightly that makes the young Wyma's bike riding triumph truly his. This has to do not with whether he could have faltered slightly, but with how he rode the bike how he moved the pedals, balanced, and so forth, and by what sort of causal process this all took place. In Frankfurt-type cases, an agent is morally responsible for his action, although he lacks the relevant kinds of alternative possibilities. He cannot, then, make a relevant difference to the world; he does not (in the appropriate way) select one path for the world to take, among various genuinely open paths. But the agent is nevertheless fully and robustly morally responsible for what he does. -
VI. Some Putative
Implications of the Frankfurt-Type Cases There has (obviously) been considerable ink spilled over the Frankfurt-type examples. Recently some philosophers have explored some previously unnoticed (or insufficiently noticed) aspects of the examples. The Frankfurt-type examples purport to be contexts in which an agent can be morally responsible, even though he lacks alternative possibilities. But consider the following argument, which has been presented and discussed recently by David Widerker3, David Copp4, and Ishtiyaque Haji5. Suppose someone does something which is intuitively "bad", such as lying just to bolster his reputation. If this act is blameworthy, then it must be wrong. And if it is wrong, it must be the case that the agent should have done something else instead (where this could include simply refraining from doing anything). But "ought implies can", so if the agent should have done something else instead, then he must have been able to do something else. Thus, if the agent had no alternative possibilities (and thus could not have done anything else), then his act of lying cannot be considered blameworthy. 1
Wyma, 1997, p. 68. I argued above that the intuitive picture behind the alternative-possibilities control requirement
on
moral ior by
responsibility is the idea that one must make a difference to the world through one's behavselecting one from among various genuinely open pathways into the future. Since the Frankfurt-type cases show that moral responsibility need not involve an agent's making such a difference to the world, a different intuitive picture of moral responsibility is required. I offer some tentative work toward such a picture in Fischer, forthcoming. Here I argue that although the agent need not make a difference in order to be morally responsible, he does make a statement of a certain sort. Thus, I argue for a certain sort of self-expression model of moral responsibility. I believe that the "value" of acting freely and thus acting so as to be morally responsible consists in making a certain kind of statement, not making a difference. David Widerker, Frankfurt on "Ought Implies Can" and Alternative Possibilities, Analysis 51
(1991), pp. 222-224.
David Copp, Defending the Principle of Alternate Possibilities: Blameworthiness and Moral Responsibility, Nous 31 (1997), pp. 441-456. Ishtiyaque Haji, Alternative Possibilities, Moral Obligation, and Moral Responsibility, Philosophical Papers 22 (1993), pp. 41-50. There is an instructive, extended discussion of these issues in Haji,
1998, esp. pp. 42-64 and 151 -167.
Responsibility and Alternative Possibilities
23
The above sort of argument threatens the idea that an agent can be genuinely blameworthy in a context in which he has no alternative possibilities. Insofar as an account of moral responsibility will certainly need to accommodate agents' being blameworthy on some occasions, the argument casts into doubt whether an adequate "actual-sequence" account of moral responsibility can be given. The argument is disturbing, and it is worthy of more careful attention than I can give it here. I can here only briefly suggest various ways of responding to the argument. One might deny the maxim that "ought implies can". Various philosophers have rejected this maxim on grounds quite independent of considerations pertinent to the Frankfurt-type cases. Typically these philosophers have been motivated to give up this maxim in light of reflection on the logic of moral dilemmas.2 Another approach is suggested by Haji, who rejects the contention that if an act is blameworthy, then it is "objectively wrong". That is, the argument presupposes that blameworthiness is connected to objective wrongness, whereas Haji believes that blameworthiness is linked only with subjective wrongness. So, on Haji's view, if an agent is blameworthy for performing an action, it need not be the case that the action was wrong, only that the agent believed it to be wrong (and nevertheless did it). My own inclination here is to reject the "ought implies can" maxim. The maxim says that if an agent ought to do X, then he can do X. But why exactly should one accept this maxim? That is, what justification could be offered for this maxim? It is most natural, I think, to say that the maxim is valid because if it were not, then there could be cases in which an agent ought to do X but in fact cannot do X (and never could do X). Thus, given the connection between its being the case that an agent ought to do X and the agent's being blameworthy for not doing X, there could be cases in which an agent is blameworthy for not X-ing and yet he cannot X. And this seems unfair. But I believe that there are Frankfurt-type omission cases that are relevantly similar to Frankfurt-type cases with respect to actions. That is, there are cases in which an agent is morally responsible for not X-ing although he cannot in fact X* Some of these are cases in which an agent is blameworthy for not X-ing and yet he cannot X. In fact, I believe that anyone who accepts the Frankfurt-type action cases must accept that there are such omissions examples. Thus, it is precisely the basic intuitions elicited by the Frankfurt-type cases which show that the most natural justification of the "ought implies can" maxim is faulty. It is therefore not ad hoc for anyone who accepts the standard interpretation of the Frankfurt-type cases to reject the "ought-implies can" maxim.5
3 4
Haji has employed a similar argument to call into question whether morality itself could exist in a world without alternative possibilities: Haji, 1998, pp. 42-54. For a thorough discussion, see Walter Sinnott-Armstrong, Moral Dilemmas (Oxford 1988). SinnotArmstrong believes that the "ought-implies-can" maxim is not an entailment, but functions like a conversational implicature. There is a critical discussion of this view in Copp, 1997. I and my co-author argue for this claim in Fischer and Ravizza, 1998, especially pages 123-150. I thank Mark Ravizza for helping me to see this point. Note that the Widerker/Copp argument is a challenge for any account of moral responsibility according to which responsibility does not require alternative possibilities. So, for example, it is a challenge for a theory such as Wallace's, as well as
John Martin Fischer
24
VII. Conclusion In my view, the Frankfurt-type cases provide very strong reasons to think that moral responsibility does not require alternative possibilities. Of course, they fall short of providing decisive reason to abandon the Principle of Alternative Possibilities. But they should make a reasonable person turn away from endlessly seeking to identify some sort of alternative possibility, and set about the task of saying what it is about the actual sequence of events leading to an action (or omission or consequence) that grounds ascrip-
tions of moral
those that
responsibility.1
motivated
by Frankfurt-type examples. It is interesting that (as I pointed out in the cases provides a powerful way of rejecting the Widerker/Copp argument; it is not clear that one who wishes to eschew such examples has a similarly potent response. This paper originally appeared as part of: Recent Work on Moral Responsibility, Ethics 109/4 (October 1999). Parts of the paper also appear in: Responsibility and Self-Expression, Journal of Ethics are
text) consideration of the Frankfurt-type
1999.
Responsibility and Freedom The
Challenge of Frankfurt-Style-Cases
Alfred R. Mele
Compatibilists
and incompatibilists disagree about whether moral responsibility and freedom of choice and action are compatible or incompatible with causal determinism, the thesis that "there is at any instant exactly one physically possible future"1. When Harry Frankfurt wrote Alternate Possibilities and Moral Responsibility (1969), there was considerable controversy over whether causal determinism is compatible with its being the case that agents could have done otherwise than they did that is, with alternative possibilities ofthat kind. According to a familiar incompatibilist position, (1) the answer is "no" and (2) alternative possibilities of the relevant kind are required for moral responsibility and freedom. Typical compatibilists accepted the idea that moral responsibility and freedom require that agents have been able to do otherwise in some sense and argued that the relevant ability is compatible with causal determinism.2 Naturally, the compatibilist proposals about "could have done otherwise" prompted incompatibilist rebuttals. Frankfurt's 1969 paper changed the face of the debate. He attacked a principle accepted by incompatibilists and compatibilists alike, what he called "the principle of alternate possibilities": (PAP) "A person is morally responsible for what he has done only if he could have done otherwise" (1969, p. 829). An analogous principle about freedom of choice and action would read as follows: (PAPf) A person freely did A (one species of doing being choosing) only if he could have done otherwise than A. At the heart of Frankfurt's attack is an ingenious thought-experiment: -
"Suppose someone Black, let us say wants Jones to perform a certain action. Black is prepared to go to considerable lengths to get his way, but he prefers to avoid showing his hand unnecessarily. So he waits until Jones is about to make up his mind what to do, and he does nothing unless it is clear to him (Black is an excellent judge of such things) that Jones is going to decide to do something other than what he wants him to do. If it does become clear that Jones is going to decide to do something else, Black takes effective steps to ensure that Jones -
-
decides to do, and that he does do, what he wants him to do. Whatever Jones's initial
quoted definition of determinism is from van Inwagen 1983, p. 3. See, e.g., Moore 1911, ch. 6. See, e.g.. Chisholm 1982. The
2
3
prefer-
Alfred R. Mele
26
and inclinations, then, Black will have his way... [However] Black never has to show his hand because Jones, for reasons of his own, decides to perform and does perform the very action Black wants him to perform." ( 1969, pp. 835-36)' enees
If, as Frankfurt suggested, Jones could not have done otherwise but is morally responsible for deciding and acting as he did, PAP is false. This objection to PAP has played a major role in subsequent literature on responsibility and freedom. Many contributors to that literature regard the objection as successful. Some compatibilists have used it in criticizing incompatibilism about moral responsibility and about the kind of freedom that such responsibility requires, and some libertarians (i.e., incompatibilists who hold that at least some human beings are free and morally responsible agents) have attempted to accommodate Frankfurt's moral in refined libertarian views. Several philosophers have argued recently that Frankfurt's example and examples like it "Frankfurt-style" examples are fundamentally flawed.4 However, David Robb and I have developed a way of constructing Frankfurt-style cases that, we argue, circumvents the genuine problems that these philosophers have identified and falsifies PAP (Mele and Robb 1998). In this paper, I will assume that a modified Frankfurt-style case falsifies PAP and PAPf, and I will investigate the significance of this assumed falsification for incompatibilist and compatibilist believers in moral responsibility and freedom. -
-
1. Alternative Possibilities On a standard interpretation of the alternative possibilities at issue in PAP, they are alternative actions, including intentional refrainings and acts of deciding or Moreover, they are actions like Al's stealing Ann's purse and Bob's deciding not to steal Ann's purse, as opposed to more refined actions like "Al's stealing Ann's purse without having been made to do so by someone else" and "Bob's deciding not to steal Ann's purse because Black made him decide not to steal it". I have offered a more formal way of articulating the standard interpretation elsewhere (Mele 1996, pp. 126), but the brief remarks just made will suffice for present purposes. It will be useful to have a name for the alternative possibilities at issue in PAP, standardly interpreted that is, for alternative actions of the less refined sort I have just described. I will call them "robust" alternative possibilities. As I have explained elsewhere, a libertarian may prefer history-sensitive or "historical" (for short) versions of PAP and PAPf to these nonhistorical principles (Mele 1995,
choosing.5
-
In 2 3
4
reproducing this passage, I deleted a subscript after "Jones".
See, e.g., Fischer 1994, ch. 7. In this connection, David Widerker (1995b, p. 113) cites Stump 1990, Stump and Kretzmann 1991, and Zagzebski 1991. He also cites a suggestion made in Fischer 1982 (Fischer is not a libertarian.). See Lamb 1993; Widerker 1995a and 1995b; Kane 1996, pp. 142, pp 191; Ginet 1996; Wyma 1997.
on how defend the view that
Depending
refraining is to be understood, "intentional refraining" may deciding to do something is itself an action (in Mele, n.d.).
be redundant. I
Responsibility and Freedom
27
pp. 208). A libertarian may grant that agents sometimes are morally responsible for and freely perform actions that they are causally determined to perform. For example, a libertarian may hold that an agent who, partly through his own causally undetermined free actions, has made himself a person of a sort who now is causally determined to A, may be morally responsible for A-ing and A freely. But even such a libertarian insists that an agent who is morally responsible for what he does at / and who does it freely either is not causally determined to do what he does at t or was not causally determined to do what he did at some relevant earlier time. Such a libertarian may endorse modified versions of PAP and P.4.P/along the following lines:
-
-
PAPh. S is
morally responsible for what he did at t only if (1) he could have done otherwise at (2) even though he could not have done otherwise at t, the psychological character on the basis of which he acted at / is itself partially a product of an earlier action (or actions) of his t or
performed at a time when he could have done otherwise.
PAPfh. S freely did what he did at / only if (1) he could have done otherwise at / or (2) even though he could not have done otherwise at t, the psychological character on the basis of which he acted at t is itself partially a product of an earlier action (or actions) of his performed at a
time when he could have done otherwise.
However, if Frankfurt-style counterexamples to PAP and PAPf are successful, variants of the counterexamples can falsify these historical principles as well. One can imagine what I elsewhere termed "global" Frankfurt-style scenarios, in which at all relevant earlier times the agent decides and acts "on his own" but could not have decided and acted otherwise, owing to the presence of a counterfactual controller.2 Rather than being present and unthwartable simply on a single occasion, as in typical Frankfurt-style scenarios, the counterfactual controller may have been present and unthwartable on all relevant occasions. If PAP and PAPh, on the standard interpretation of alternative possibilities, are falsified by some Frankfurt-style cases, then a man need not be able to have chosen otherwise than to steal Ann's purse in order to be morally responsible for his choice to steal it and for his stealing it. Moreover, he need not ever have been able to choose otherwise than he did at any point in his life, on the standard interpretation of choosing otherwise, in order to be morally responsible for his present choice and action.
2
See Mele 1995, pp. 208. Robert Kane, a libertarian, recently adopted this position (1996, pp. 77). Earlier (1989, p. 252), he endorsed a historical position about moral responsibility for choices, but not about free choices. See Mele 1996, pp. 123-141. Cf. Fischer 1994, p. 214; Haji 1996, p. 707; Kane 1996, pp. 42. 143; and Mele 1995, p. 141.
Alfred R. Mele
28
2. The Challenge for Libertarians
Suppose a libertarian were to grant that PAP and PAPf, as standardly interpreted, are falsified by some Frankfurt-style case. Must he or she abandon libertarianism? Must he or she advocate a modified version of PAP and of PAPf about robust alternative possibilities to preserve libertarianism? The answer to both questions, as I shall argue, is "no". On the assumption that some Frankfurt-style cases undermine PAP and PAPh, a libertarian who holds that the only truth about determinism that precludes moral responsibility and freedom is that determinism is inconsistent with there being robust alternative possibilities is stuck with an untenable position. However, a libertarian might maintain that determinism is inconsistent with moral responsibility and freedom on other grounds. The assumed success of some Frankfurt-style cases in falsifying PAP and PAPh does not entail the truth of compatibilism, unless incompatibilism requires the truth of PAP and PAPh. Assuming that some Frankfurt-style cases show that robust alternative possibilities are not required for moral responsibility and freedom, why should anyone believe that determinism precludes moral responsibility and freedom? Why should determinism be thought to be incompatible with moral responsibility and freedom, if not for the reason that determinism precludes robust alternative possibilities? What truth about determinism is incompatible with moral responsibility and freedom, if not the truth that determinism is incompatible with robust alternative possibilities? Here we have three formulations of essentially the same question. Persuasive Frankfurt-style cases force libertarians and other incompatibilists to bear the burden of answering this question. This, I believe, is the real challenge that persuasive Frankfurt-style cases pose for incompatibilists. Now, there are nonrobust alternative possibilities, or what John Fischer has called "flickers of freedom" (1994, ch. 7), in Frankfurt-style cases. Incompatibilists maintain that an agent's being deterministically caused to do everything that he does, including A, suffices for his not being morally responsible for A-ing and for his not ^4-ing freely. So if Frankfurt-style cases are to persuade incompatibilists that agents can be morally responsible for stealing a purse, say, and steal the purse freely, even though they could never have done otherwise than they did, indeterminism must be a feature of these examples. Even if this indeterminism does not provide robust alternative possibilities, it does provide alternative causally open futures. Where there is indeterminism, something or other could have happened otherwise than it did. In defending variants of PAP that they argue to be inconsistent with determinism, some libertarians have sought to exploit the nonrobust alternative possibilities that Frankfurt-style cases leave open.1 However, Fischer has argued that incompatibilists are in no position to benefit from these possibilities (1994, ch. 7). He argues that any alternative possibilities left open in a representative Frankfurt-style case that is, nonrobust alternative possibilities, or "flickers of freedom" "are simply not sufficiently robust to -
-
See. e.g.,
Naylor 1984; Rowe 1991, pp. 75-93; and van Inwagen 1983, pp.
166-180.
Responsibility and Freedom
29
ground our ascriptions of moral responsibility", and he concludes that moral responsibility does not require a kind of control that depends upon there being alternative possibilities (p. 147). On Fischer's view, the alternative possibilities left open in Frankfurtstyle cases are "essentially irrelevant" to moral responsibility (p. 159). The libertarian, as Fischer sees things, "must claim that the addition of the sort of alternative possibility he has identified would transform a case of lack of responsibility into one of responsibility" (p. 141). Of course, the libertarian can agree that, with this addition, some cases of nonresponsibility would become cases of responsibility. But, Fischer contends, "this seems mysterious in the extreme: how can adding an alternative scenario (or perhaps a set of them) in which [an agent] does not freely [A] make it true that he actually possesses the sort of control required for him to be morally responsible for his [A-ing\l This might appear to involve a kind of alchemy, and it is just as incredible", (p. 141)
The libertarian's situation is not
as
bleak
as
Fischer's remarks suggest. If some Frank-
furt-style cases are convincing, libertarians need to tell us why agents who act freely and morally responsibly in those cases cannot act freely in any deterministic world. A salient difference between persuasive Frankfurt-style cases and deterministic scenarios is that the former alone include alternative possibilities albeit only nonrobust ones. The libertarian faces the challenge of explaining the bearing of these possibilities on responsibility and freedom. In principle, a libertarian's incompatibilism might be motivated, not by the thought that determinism precludes our ever having been able to do otherwise than we did, but instead by the thought that in a deterministic world our actions (including our decisions) are ultimately causally ensured consequences of the laws of nature and states that obtained long before we were born. What troubles some incompatibilists about determinism might be what determinism implies about the causation of action rather than what it implies about robust alternative possibilities. The incompatibilist's "Consequence Argument" merits attention in this connection. -
The Consequence Argument (Short Version): If determinism is true, then our acts are the consequences of the laws of nature and events in the remote past. But it is not up to us what went on before we were born, and neither is it up to us what the laws of nature are. Therefore, the consequences of these things (including our present acts) are not up to us. (van Inwagen 1983, p. 16.)2
Whatever the merits of this argument may be, the assumed success of Frankfurt-style falsifying PAP and PAPh (on standard interpretations) does not directly ensure that the argument is unsound. Theorists who hold that determinism is inconsistent with agents' actions being up to them in a sense required for moral responsibility and freedom might consistently hold on to that belief while granting the moral of Frankfurtstyle cases. Their problem with determinism need not be that it precludes robust alternative possibilities. After all, there is a significant difference between Frankfurt-style counterfactual controllers and deterministic causes, even if both preclude robust alternacases at
Cf. Fischer 1982, pp. 24-40; Heinaman 1986, pp. 266-276; Klein 1990, ch. 3; and Pereboom 1995. For detailed versions, see Ginet 1990, ch. 5 and van Inwagen 1983, ch. 3.
Alfred R. Mele
30
tive possibilities. The former play no role at all in causing the agent's choice, but in deterministic worlds actions do have deterministic causes. If our world is deterministic, causally sufficient conditions for everything we do are present long before we are born. In a deterministic world, agents and their actions ultimately are deterministic products of states of the world in the distant past over which they had no control. These agents lack what Robert Kane calls "ultimate responsibility" for their actions, for they lack "the power to make choices which can only and finally be explained in terms of their own wills (i.e. character, motives and efforts of will)", a power that "no one can have... in a determined world" (1989, p. 254; Kane's italics). Persuasive Frankfurt-style cases challenge the libertarian to explain how nonrobust alternative possibilities contribute to ultimate responsibility and to defend the claim that ultimate responsibility is required for moral responsibility. What is important about ultimate responsibility? Although I myself am not an incompatibilist, I have developed a libertarian reply to this question in previous work A sketch of part ofthat reply is in order here. Suppose someone (Mele 1996, were to tell you that she intrinsically values possessing a kind of freedom that is not possible in a deterministic universe. She says that her life would have more meaning or importance for her if she were to discover that she has this kind of freedom than it would if she were to discover that she has only compatibilist freedom. And she reports that she intrinsically values a certain kind of incompatibilist freedom as an essential constituent of a life that, by her own standards, would be more meaningful or important than a comparable life in a deterministic world." Wanting to hear more, you ask the woman, Wilma, what bothers her about determinism. She replies that although she believes the Consequence Argument to be unsound, her worry about determinism resembles the worry voiced there. Again, you would like to hear more, and Wilma kindly obliges. Wilma says that she is attracted to what I have called "soft libertarianism" (Mele 1996). A brief statement ofthat position will prove useful. Traditional libertarians about freedom of choice and action and about moral responsibility are hardcore incompatibilists. They claim that these freedoms (which they believe at least some human beings possess) are incompatible with determinism, and they take the same view about moral responsibility. I call them hard libertarians. A softer line is available to philosophers who have libertarian sympathies. A theorist may leave it open that freedom and moral responsibility are compatible with determinism, but maintain that the falsity of determinism is required for more desirable brands of these things. This is a soft libertarian line, the line Wilma finds attractive. Soft libertarians would be disappointed to discover that determinism is true, but they would not conclude that no one has ever acted or chosen freely and that no one has ever been morally responsible for anything. The version
1999).1
1
I am officially agnostic about the compatibilists (see Mele 1995).
main
metaphysical issue that separates compatibilists from
in-
Cf. Kane 1985, p. 178: "what determinism takes away is a certain sense of the importance of oneself as an individual. If I am ultimately responsible for certain occurrences in the universe,... then my choices and my life take on an importance that is missing if I do not have such responsibility". Cf. Nozick 1981, pp. 310-316.
Responsibility and Freedom
31
of soft libertarianism that Wilma favors is relativistic: it maintains that at least some human agents have kinds of freedom and moral responsibility that are incompatible with determinism and are reasonably preferred by at least some of these agents to any kind of freedom or moral responsibility that is consistent with determinism. Wilma reports that the thought of herself and her actions as links in a deterministic causal chain is somewhat deflating and that the truth of determinism is inconsistent with her life's being as important and meaningful as she hopes it is. The thought that she is an indeterministic initiator of at least some of her deliberative, intentional actions, however, coheres with the importance and significance she hopes her life has.1 Asked to elaborate, Wilma observes that independence is among the things that some people intrinsically value. Some people value independence, in some measure, from other people and from institutions. Wilma values, as well, a measure of independence from the past. She values, she says, a kind of independent agency that includes the power to make a special kind of explanatory contribution to some of her actions and to her world contributions that are not themselves ultimately causally determined products of the state of the universe in the distant past. She values having an explanatory bearing on her conduct that she would lack in any deterministic world. She prizes indeterministic freedom as an essential part of a life that she regards as most desirable for her. The kind of agency she hopes for, Wilma says, would render her decisions and actions personally more meaningful from the perspective of her own system of values than they would otherwise be. Although Wilma emphasizes that this kind of agency is essential to the kind of meaningful life she prizes, she reminds us that she is not claiming that it is required for freedom or moral responsibility. Wilma is not a traditional incompatibilist, but she does hold that determinism is incompatible with the satisfaction of some of her deepest life-hopes.2 Her satisfying those hopes requires that she have ultimate responsibility for some of her actions. Wilma's concern is with independence as manifested in decisions and other actions. She acknowledges that she values compatibilist independence, but she reports that she values indeterministic independence more highly provided that it does not place her at the mercy of luck (an issue addressed shortly). Wilma is trying to understand why some people might not share her preference for libertarian independence over a compatibilist counterpart. She is keeping an open mind, and she urges us to do the same. Wilma hopes that we can understand why, other things being equal, she would deem her life more important or meaningful if she were to discover that determinism is false than if she were to discover that it is true.3 -
-
2
Kane contends that "the desire to be independent sources of activity in the world, which is connected... to the sense we have of our uniqueness and importance as individuals," is an "elemental" libertarian desire (1996, p. 98; cf. Nozick, pp. 310-316). Here I am following his lead. On life-hopes, see Honderich 1988. To be sure, Wilma may never know whether she has or lacks the agency she prizes, but that does not undermine her preferences. I hope that I will never know how my children's lives turned out (for then their lives would have been cut too short); but I place considerable value on their turning out well. There is nothing irrational in this. Nor need there be anything irrational in Wilma's prizing her having a kind of agency that she can never know she has.
Alfred R. Mele
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Obviously, Wilma is not suggesting that indeterminism and the nonrobust alternative possibilities that it provides are somehow intrinsically valuable to her. If indeterminism is valuable to libertarians, including hard libertarians, it is so as a significant part of a package that is sufficient for indeterministic initiation and therefore for the satisfaction of an important necessary condition for libertarian freedom and moral responsibility. Imagine an agent who for some time accepted determinism but wished for a kind of freedom and responsibility that, in her opinion, requires indeterministic initiation. Imagine that she eventually came to believe that she is a suitably indeterministic agent. And suppose that, as a result, she now views her conduct as having a greater importance than she had earlier. If she is a reflective agent, it is not simply her belief about her indeterministic agency that gives her conduct an increased subjective importance. As a reflective agent, she realizes that the value of this indeterminism to her is contingent upon its contribution to her being the sort of initiator she wishes to be. Hard libertarians may seek to exploit the line of thought that I have been sketching. Return to Fischer's claim that any alternative possibilities that may be left open in a representative Frankfurt-style case "are simply not sufficiently robust to ground our ascriptions of moral responsibility" and to his conclusion that moral responsibility does not require a kind of control that depends upon there being alternative possibilities (1994, p. 147). Hard libertarians (like soft libertarians) may reply that nonrobust alternative possibilities, rather than grounding correct ascriptions of moral responsibility, are only part of the grounding mix (cf. Fischer, p. 145). They may claim that the possession of at least nonrobust alternative possibilities is necessary for moral responsibility because it is necessary for indeterministic initiation, and that the latter is required for moral responsibility. A hard libertarian might not find it at all "mysterious" or "incredible" that the existence of an alternative scenario in which an agent does not freely A can contribute to his being morally responsible for his A-ing. Suppose that an agent at a deterministic world who does A on the basis of careful deliberation satisfies the most robust and plausible set of sufficient conditions for having A-ed freely and for being morally responsible for A-ing that a compatibilist can offer. Hard libertarians would deny that the agent A-ed freely and is morally responsible for A-ing. But they may coherently make the following claim: if we change the agent's actual scenario to block its being causally determined, prior to his deliberating, what he will decide to do, and we do this by including in the agent's deliberative process internal indeterminism of a kind that does not render the agent more subject to luck than he is at his deterministic world, while adjusting the scenario only as much as need be done to accommodate this change, we have thereby turned the original case into one in which the agent freely A-s and is morally responsible for A-ing. A hard libertarian may believe that a compatibilist account of free action and moral responsibility can take us part of the way toward the truth and that what is needed to take us the rest of the way is the requirement that the agent be a suitably indeterministic initiator of his action.
In Mele
1995, chs. 9 and 10, I develop
a
set of sufficient conditions
for compatibilist freedom.
33
Responsibility and Freedom
Fischer mentions control in a passage just cited. What Kane calls "ultimate responsibility" requires what may be termed "ultimate control". It is open to a libertarian to hold that an agent's having this kind of control regarding an intentional action A comes to nothing more than (1) the satisfaction of some robust set of sufficient conditions for compatibilist free action, along with all the nonultimate control that involves, and (2) an agent-internal indeterminism that precludes, for example, A's being part of a deterministic chain that extends back beyond the agent. On the view I have been sketching, "Ultimate control,... rather than requiring the possession of any special 'control-power' beyond the powers required for [1], is something one has ¡n virtue of satisfying the compatibilist conditions and being suitably internally indeterministic" (Mele 1995, p. 213). Even a hard libertarian need not insist on anything more than this by way of control. Hard libertarians who accept that agents may act freely in Frankfurt-style cases even global cases and be morally responsible for what they do might not undone by that acceptance. They may see an agent's indeterministically initiating some actions of his as crucial to his being a free, morally responsible agent; and although determinism precludes indeterministic initiation, Frankfurt-style cases do not. Even if libertarianism is false, it arguably can survive Frankfurt-style cases of both the local and the global variety. Perhaps hard libertarians can produce intelligible, nonmysterious grounds for viewing indeterminism as a requirement for freedom and moral responsibility that do not depend on agents' having either at the time of action or earlier robust alternative possibilities. They can get significant mileage out of some nonrobust alternative possibilities, given the indeterminism that those possibilities require. Whether we ought to be convinced by incompatibilist libertarians is a separate question. My point here is that it has not been shown that libertarians require robust alternative possibilities, possibilities of the sort that successful Frankfurt-style cases exclude. -
-
-
-
3. Luck A difficult problem about the coherence of traditional libertarianism is posed by considerations of luck. Hard libertarians maintain that an agent's being morally responsible for some of what he does and his choosing freely depend upon its being the case that at least some of his choices or decisions are not causally determined. The notion of an agent's not being causally determined to do something he did (where, again, choosing is a species of doing) may be articulated in terms of possible worlds. Here is an illustration from Peter van Inwagen, a prominent libertarian: "To say that it was not determined that [a certain petty thief] should refrain from stealing is to say this: there is a possible world that (a) is exactly like the actual world in every detail up to the moment at which the thief refrained from stealing, and (b) is governed by the same laws of nature as the actual world, and (c) is such that, in it, the thief robbed the poor-box." (1983, p.
136)
Given
Inwagen's description of what is required if the thief's refraining is not to be causally determined, one wonders how agents can be morally responsible for what they van
Alfred R. Mele
34
do when their actions are not causally determined. Van Inwagen imagines that "God has thousands of times caused the world to revert to precisely its state at the moment just before the thief decided not to steal" and that "on about half these occasions" the thief refrained from robbing the poor-box (p. 141). But then, one wonders, why isn't the thief s deciding to refrain from stealing in the actual world a matter of dumb luck, in which case he seems not to be morally responsible for deciding as he does? After all, he might just as easily have decided to steal the money given exactly the same past up to the time of decision and exactly the same laws of nature: in about half of the divine "reruns" that is precisely what he does. Van Inwagen suggests that in the actual world the thief's "refraining from robbing the poor-box {R) was caused but not necessitated by" a certain desire/belief pair (pp. 140-41). "R was caused by" this desire/belief pair {DB), and "DB did not have to cause R; it just did" (p. 141). He suggests, as well, that in those "reruns" in which the thief steals the money, his stealing was caused by another desire/belief pair (p. 141). Grant this. Even then, it looks like what the thief does is a matter of luck. It seems to be just a matter of luck that DB causes a refraining rather than that the other desire/belief pair causes a stealing. If the thief had a little randomizing device in his head perhaps even a randomizer that is "a natural part" of his brain that gives each of two competing sets of reasons an initial 0.5 chance of prevailing in his present situation and then randomly issues in the prevailing of one set of reasons, the divine "reruns" would show the distribution that van Inwagen imagines they do.' (Picture the device as a tiny, genuinely random roulette wheel, half of whose slots are black and half red. The ball's landing on black represents the prevailing of the thief's reasons for refraining from stealing and its landing on red represents the other reasons' prevailing.) But in that case, if the thief is not morally responsible for what the device does, it is hard to see how he can be morally responsible (or deserve moral credit or blame) for refraining from stealing in the actual world, or for stealing in the "reruns" in which he steals. At least, it is hard to see how his moral responsibility for refraining or for stealing can extend beyond his moral responsibility for his having the reasons he has at the time. And if his responsibility for having those reasons is supposed to derive from earlier undetermined actions of his (including decidings) in which a randomizer of the kind described plays a central role, the same problem arises at the relevant earlier times.2 Libertarians have offered a variety of responses to the problem of luck. Elsewhere, I have criticized what I regard as their seemingly most promising responses (Mele 1995, ch. 11; 1999). But I also have developed a modest libertarian proposal that limits the impact of relatively proximal luck on the indeterministic production of choices to the impact it has in the deterministic production of choices (Mele 1995, chs. 12 and 13; 1996; 1999). I will not describe the proposal again here. Rather, I will conclude with a brief discussion of two kinds of luck. -
-
For discussion of the
significance of behavior's proceeding from a "natural part" of the brain, see Inwagen, pp. 134-142. For a reply, see Mele 1995, pp. 197-203. The objection advanced in this paragraph does not depend upon the probabilities that van Inwagen van
mentions. On this,
see
Mele 1995, pp. 202.
Responsibility and Freedom
35
The luck that is problematic in the thief's case lies within thief. Given that in virtue of which he is an indeterministic initiator, he arguably lacks a kind of control over his decisions that is required for his being morally responsible for the decision at issue and for his having the kind of freedom on which moral responsibility depends. Call the sort of luck at issue here "proximal luck". It is luck of this kind that compatibilists appeal to in criticizing libertarianism. Another kind of luck may be relevant to moral responsibility and freedom. Wilma alludes to luck of this kind in attempting to explain why the falsity of determinism matters to her. Again, if Wilma's world is deterministic, then causally sufficient conditions for everything she does are present long before she is born. Ultimately, she and her actions are deterministic products of states of the world in the distant past over which she had no control. We can say, in a rough and ready way, that the sphere of luck (i.e., good or bad luck) for a person is the sphere of things having the following two features: the person lacks complete control over them; even so, they affect his or her life. No human being has any control at all over states of the world in the distant past, and if Wilma's world is deterministic, then such states ultimately have the impact on her just mentioned. The luck now at issue may be termed "ultimate luck". It is this sort of luck that incompatibilists appeal to in criticizing compatibilism. How, incompatibilists want to know, can Wilma be morally responsible for an action she just now performed, or perform that action freely, if, relative to her own powers of control, it is just a matter of luck that, long before her birth, her world was such as to ensure that she would perform that action at that time? Successful Frankfurt-style cases do not themselves provide an answer to this incompatibilist question about ultimate luck. They leave it open that the falsity of causal determinism is required for moral responsibility and freedom, even if they show that a kind of alternative possibility that many incompatibilists thought to be required for these properties namely, the robust kind is not, in fact, required. However, successful Frankfurt-style cases do contribute to a challenge about proximal luck that compatibilists have issued to libertarians. Libertarians must find a way to make it plausible that the proximal luck presupposed by nonrobust alternative possibilities does not itself preclude moral responsibility and freedom.1 -
-
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Parts of this paper derive from Mele 1996, Mele 1999, and Mele and Robb 1998.
Alfred R. Mele
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Frankfurts Herausforderung an den Inkompatibilisten Barbara Guckes
unter Freiheitstheoretikern seien sie nun Kompatibilisten ein Konsens darüber, daß folgende Bedingung erfüllt sein Inkompatibilisten muß, damit einem Handelnden Freiheit und Verantwortlichkeit zugeschrieben werden kann: Ein Handelnder x vollzieht eine Handlung H nur dann frei und ist für den Vollzug von H nur dann verantwortlich, wenn x statt H eine andere Handlung H* hätte vollziehen können. Diese intuitiv so einleuchtende Auffassung stellt eine ernsthafte Bedrohung für den Kompatibilismus dar, scheint die genannte Bedingung doch in einer deterministischen Welt nicht erfüllbar zu sein. Denn wenn die Determinismusthese wahr ist, kann in allen logisch möglichen Welten, gegeben die Naturgesetze und die Geschehnisse der Vergangenheit, auf ein Ereignis e zum Zeitpunkt t¡ eine und nur ein Ereignis e* zu tj (wobei gilt: tj >. t¡) folgen. Welche Handlung eine Person vollzieht, ¡st danach also schon durch Ereignisse festgelegt, die bereits stattgefunden haben, als die Person noch gar nicht existierte. Für eine Handlungsalternative ist hier offensichtlich kein Raum, so daß die Annahme, daß ein frei Handelnder fähig sein muß, anders zu handeln, prima facie im Widerspruch zu der These steht, daß Freiheit mit dem Determinismus vereinbar ist. Darauf, diesen Widerspruch aufzulösen haben Kompatibilisten viel Mühe verwendet wie wir sehen werden vergeblich. Doch die Situation der Kompatibilisten scheint sich erheblich verbessert zu haben, seit Frankfurt seinen berühmten und seitdem die Freiheitsdiskussion beherrschenden Aufsatz Alternate Possibilities and Moral Responsibility' verfaßt hat. Frankfurt argumentiert in diesem Text dafür, daß „x hätte anders handeln können" keine notwendige Bedingung für Freiheit und Verantwortlichkeit ist. Weithin wird angenommen, daß
Lange Zeit hindurch bestand
oder
-
-
-
Kompatibilisten vertreten die These, Freiheit sei mit kompatibilisten der gegenteiligen Auffassung sind.
dem Determinismus vereinbar, während In-
„>." steht für „später als". Siehe Frankfurt, H. (1969), Alternate Possibilities and Moral Responsibility, in: Frankfurt, H. (ed.) (1988), The Importance of what we care about. Philosophical Essays, Oxford, 2-10; vgl. aber auch: Frankfurt, H. (1975), Three Concepts of Free Action, in: op. cit., 47-57 und Frankfurt, H. (1971), Freedom of the Will and the Concept of the Person, in: Journal of Philosophy 68 (1971), 5-20.
Barbara Guckes
40
wenn Frankfurt mit seiner Behauptung recht hat, die argumentative Ausgangslage Kompatibilisten wesentlich verbessert hat. Einige Philosophen meinen sogar, inkompatibilistische Theorien, die die Möglichkeit von Freiheit zu zeigen versuchen könnten unter dieser Voraussetzung nicht verteidigt werden. Ich werde im folgenden dafür argumentieren, daß beide Annahmen falsch sind. Entgegen weitverbreiteter Auffassung hat sich durch Frankfurts Argumentation meiner Einschätzung nach weder die Lage der Kompatibilisten verbessert noch die Lage der Inkompatibilisten verschlechtert. Bevor Frankfurt seinen Aufsatz verfaßt hat, haben Inkompatibilisten für ihre Position argumentiert, indem sie mit Hilfe des sog. „Konsequenz-Arguments" zu zeigen versuchten, daß die Bedingung des „x hätte anders handeln können" in einer deterministischen Welt nicht erfüllt sein kann. Unter der Voraussetzung, daß die Bedingung des „x hätte anders handeln können" eine notwendige Bedingung für Freiheit ist, wäre damit die Unvereinbarkeit von Freiheit und Determinismus gezeigt und der Kompatibilismus also zurückgewiesen. Das Konsequenz-Argument lautet folgendermaßen:
sich, der
,
(KA) Wenn die Determinismusthese wahr ist, dann sind unsere Handlungen Folgen der Naturgesetze und der Vergangenheit. Da es weder in unserer Macht steht, auf die Geschehnisse der Vergangenheit Einfluß zu nehmen, noch die Naturgesetze zu verändern, sind unsere Handlungen
Konsequenzen
von
etwas, auf das wir keinen Einfluß nehmen können. Also ist
es
nie der
Fall, daß wir anders hätten handeln können als wir es tatsächlich tun, und so können wir weder frei noch verantwortlich entscheiden und handeln.
Dieses Argument ist von kompatibilistischer Seite angegriffen worden, indem eine konditionale Interpretation des „können" in „x hätte anders handeln können" vorgeschlagen worden ist:' x hätte anders handeln können, wenn x anders zu handeln gewollt hätte. Diese Bedingung ¡st zweifelsfrei auch dann erfüllt, wenn die Determinismusthese wahr ist. Denn wenn die Handlung durch den Willen determiniert ist und der Wille selbst determiniert ¡st, dann wird der Handelnde die Handlung genau dann vollziehen, wenn er sie vollziehen will. Interpretiert man „Fähigkeit" auf die genannte Weise konditional, wird nicht gefordert, daß der Handelnde in der Lage sein muß, die Naturgesetze und die Geschehnisse der Vergangenheit zu ändern, sondern es gilt lediglich: Wenn S anders gehandelt hätte, wäre mindestens ein Naturgesetz anders gewesen (wobei das Naturgesetz dann selbstverständlich nicht durch die Handlung verändert worden wäre) bzw.: Wenn S anders gehandelt hätte, wären die vergangenen Ereignisse andere gewesen. Das einzige, was ausgesagt wird, ist allgemein formuliert -, daß, wenn S anders gehandelt -
„libertinarische" Theorien im Unterschied zu solchen inkompatibilistischen Positiodie lediglich die Ansicht verteidigen, daß Freiheit mit dem Determinismus unvereinbar ist. Vgl. dazu van Inwagen, P. (1983), An Essay on Free Will, Oxford. Vgl. Moore, G.E. (1912), Ethics, London; So argumentierten z.B. Gallois, A. (1977), van Inwagen on Free Will and Determinism, in: Philosophical Studies 32 (1977), 99-105; Narveson, J. (1977), Das sind sog.
nen, 2
Compatibilism Defended,
in: Philosophical Studies 32 (1977), 83-88; Foley, R. (1978), Compatibilism, in: Mind 87 (1978), 421-428; ders. (1979), Compatibilism and Control over the Past, in: Analysis 39 (1979), 70-74; Lewis, D. (1981), Are We Free to Break the Laws?, in: Theoria 47 (1981), 113-121; Lewis, D. (1979), Counterfactual Dependence and Time's Arrow, in: Nous 13 (1979),
455-476.
Frankfurts
Herausforderung an den Inkompatibilisten
hätte, die aktuelle Welt anders wäre. Diese Lesart von
41 „x hätte
anders handeln können"
Inkompatibilisten freilich für inadäquat; es geht nicht darum, daß, wären die Naturgesetze und die Geschehnisse der Vergangenheit andere, der Handelnde etwas anderes gewollt und getan hätte. Für Freiheit ist vielmehr gefordert, daß es der Handelnde ist, von dem abhängt, was geschieht. Zwar kann das Konsequenz-Argument in der Tat zurückgewiesen werden, aber eben nur, wenn man „x hätte anders handeln können" von vornherein kompatibilistisch interpretiert. Den Inkompatibilisten ist es freilich dennoch nicht gelungen, mit Hilfe des Konsequenz-Arguments den Kompatibilismus zurückzuweisen. Sie müssen nun in Reaktion auf die kompatibilistische Erwiderung auf das Konsequenz-Argument zeigen, daß es unplausibel ¡st, „x hätte anders handeln können" konditional zu lesen. In der Tat waren sich nicht nur Inkompatibilisten, sondern auch viele Kompatibilisten von Anfang an über die Inadäquatheit der konditionalen Lesart einig. Ist man nämlich der Meinung, daß wir für Verantwortlichkeit nicht bloß der Handlungs-, sondern auch der Willensfreiheit bedürfen, droht die konditionale Lesart in einem infiniten Regreß zu münden. Denn um bestimmenden Einfluß darauf zu haben, welche Handlung man vollzieht, muß man auch den Willen beeinflussen können, und so wäre eine weitere Staffelung ad infinitum gefordert, will man die Kette nicht mit einem indeterminierten Ereignis beginnen lassen: x hätte anders gehandelt, wenn x hätte wollen können, anders zu handeln.2 Die infinite Folge kommt zustande, weil das „können" nicht zu eliminieren ist und stets aufs Neue konditional aufgelöst werden muß. Eine konditionale Interpretation scheint mithin unangemessen zu sein, und so war der Kompatibilismus erneut mit dem Konsequenz-Argument konfrontiert. Erst mit Frankfurts Argument dafür, daß die bis dahin unumstrittene Überzeugung, „x hätte anders handeln können" sei eine notwendige Bedingung für Freiheit, falsch ist, hat es den Anschein, als sei der Kompatibilist wieder in eine hoffnungsvollere argumentative Ausgangssituation gebracht worden. In der Tat betrachten Kompatibilisten ihre Position durch Frankfurts Argument als gestärkt, und viele Kompatibilisten sind inzwischen sogar der Ansicht, der Kompatibilismus sei an die Überzeugung gebunden, daß „x hätte anders handeln können" keine notwendige Bedingung für Freiheit ist.3 Sollte sich herausstellen, daß sie tatsächlich keine notwendige Bedingung für Freiheit ist, dann wäre das Konsequenz-Argument, das auf der Voraussetzung beruht, daß jemand nur dann in seinem Handeln frei ist, wenn er anders handeln kann, als nicht überzeugend zurückgewiesen. Frankfurt verteidigt folgende These: halten
-
-
Vgl. z.B. Lehrer, K. (1976), Can, in: Theory and Practice: A Possible Worlds Analysis, in: Brand, M./Walton, D. (1976) (eds.), Action Theory, Dordrecht, 67-97; Audi, R. (1974), Moral Responsibility, Freedom, and Compulsion, in: American Philosophical Quarterly 19 (1974), 25-39; Berofsky,
B. 2
3.
(1987), Freedom from Necessity. London. Vgl. dazu die exzellente Darstellung der Debatte in Kane, R. (1996), The Significance of Free Will,
Oxford, 44-52. So z.B. Klein
(1990)
Barbara Guckes
42
Es kann Umstände geben, unter denen es unvermeidlich ¡st, daß ein Handlungssubjekt S eine bestimmte Handlung H vollzieht, ohne daß es die Umstände sind, die verursachen, daß S H vollzieht. '
(T)
In einem solchen Falle, so meint Frankfurt, ist das Handlungssubjekt, obwohl es nicht anders hätte handeln können, verantwortlich für das, was es tut. Um (T) plausibel zu machen, hat Frankfurt folgendes Beispiel entwickelt: Dr. Black, ein gewissenloser Neurochirurg, hat ein Interesse daran, daß Smith getötet wird, will aber nicht selbst Hand anlegen. Aus diesem Grunde hält er nach einer Person Ausschau, die das für ihn erledigen soll. Seine Wahl fallt auf Jones, in dessen Gehirn er während einer Operation ohne Jones' Wissen ein Gerät implantiert, das Black in die Lage versetzt, Jones' Entscheidungen und Handlungen dadurch zu determinieren, daß er das implantierte Gerät durch Knopfdruck aktiviert. Black aktiviert das Implantat nur dann, aber eben auch genau dann, wenn Jones im Begriff ist, anders zu entscheiden als Black es will. Black will, daß Jones Smith tötet. Und Black hat Glück, denn Jones geht aus freien Stücken daran, sich für die Tötung von Smith zu entscheiden, entscheidet sich, Smith zu töten und tötet Smith schließlich. Black interveniert also nicht. Er hätte lediglich dann interveniert, wenn Jones im Begriff gewesen wäre, sich zu entscheiden, Smith nicht zu töten. Die Frage, ob dieser Fall tatsächlich der in (T) geschilderten Situation entspricht, ist seitdem zu einer der Schlüsselfragen innerhalb der Freiheitsdiskussion geworden. Ist man das erste Mal mit dem Beispiel konfrontiert, so fragt man sich, warum es so kompliziert und unhandlich konstruiert ist. Warum betont Frankfurt, Black greife genau dann ein, wenn Jones im Begriff ist, sich zu entscheiden, Smith nicht zu töten? Warum läßt er Black nicht genau dann intervenieren, wenn sich Jones entscheidet, Smith nicht zu töten? Nun, würde Black erst auf der Entscheidungsebene eingreifen, so wäre die Bedingung des „x hätte anders handeln können" klarerweise in dem Sinne erfüllt, daß Jones anders hätte entscheiden können. Frankfurt aber hat versucht, ein Beispiel zu konstruieren, in dem die Bedingung des „x hätte anders handeln können" in dem weiten Sinne nicht erfüllt ist, daß Jones weder eine andere mentale Handlung noch eine andere Handlung im Sinne einer Körperbewegung hätte vollziehen können. In der Beurteilung von Jones' Handeln sind wir uns einig: Kompatibilisten wie Inkompatibilisten teilen die Intuition, daß Jones, wenn er Smith tötet, ohne daß Dr. Black eingreift, frei und verantwortlich handelt. Zumindest auf den ersten Blick hätte Jones aber nicht anders handeln können als sich für die Tötung von Smith zu entscheiden und Smith zu töten. Frankfurt hat folgende Erklärung dafür angeboten, warum wir Jones für frei und verantwortlich halten, obwohl er nicht anders handeln kann. Er betont, es gehe uns bei Freiheits- und Verantwortungszuschreibungen nicht um die der Bedingung Erfüllung des „x hätte anders handeln können", sondern um die explanatorische Rolle, die die Unvermeidbarkeit hinsichtlich der Hervorbringung der Nun kann man spielt. Handlung in seinem Sinne argumentieren, Unvermeidbarkeit einer Handlung schließe zwar meistens Freiheit und mit ihr Verantwortlichkeit aus, das sei aber, wie das Beispiel zeige, keineswegs immer so. Unvermeidbarkeit lasse nämlich nur dann keine Freiheit zu, Frankfurt (1969), 2-10, 8;
vgl.
auch: Frankfurt
(1971) und Frankfurt (1975).
Frankfurts
Herausforderung an den Inkompatibilisten
43
der Handelnde die unvermeidbare Handlung nur deshalb vollzieht, weil er nicht anders handeln kann. Ob das richtig ¡st, und d.h. ob es mit dem Determinismus vereinbar ist, daß jemand verantwortlich ist, wenn er eine unvermeidbare Handlung nicht nur deshalb vollzieht, weil er nicht anders handeln kann, sondern aus anderen Gründen, ist fraglich und soll im folgenden diskutiert werden. Unabhängig von der Kompatibilitätsfrage, um deren Beantwortung es Frankfurt zumindest nicht in erster Linie geht, ¡st es ihm meiner Ansicht nach gelungen, klarzumachen, daß es auf das Verhältnis ankommt, das zwischen dem Handelnden und seiner Handlung besteht. Hätte er nur das betont, so verhielte er sich dem Kompatibilitätsproblem gegenüber neutral. Was ihn zum Vertreter des Kompatibilismus macht, ist seine Bemerkung, die genannte Bedingung für Verantwortlichkeit könne auch dann erfüllt sein, wenn die Determinismusthese wahr ist.1 Doch auch wenn man von Frankfurts Erklärung, warum Jones' Handlung als frei und verantwortlich zu beurteilen ist, absieht, scheint schon durch das Beispiel selbst der Kompatibilismus gestärkt zu sein. Es scheint nämlich zu zeigen, daß es einen Fall gibt, in dem jemand frei und verantwortlich handelt, obwohl er nicht anders handeln kann. Sollte sich dieses Urteil bestätigen, schiene für Kompatibilisten deshalb viel gewonnen zu sein, weil damit ein Hauptproblem für den Kompatibilismus gelöst wäre, das Problem nämlich, daß „x hätte anders handeln können" für eine notwendige Bedingung für Freiheit und Verantwortlichkeit gehalten wurde und die Kompatibilität der Erfüllung dieser Bedingung mit dem Determinismus nicht einsichtig gemacht werden konnte. Während das Beispiel diese grundlegende Schwierigkeit, mit der kompatibilistische Theorien konfrontiert sind, zu beseitigen scheint, scheint hingegen dem Inkompatibilisten dadurch eine wichtige Stütze seiner Theorie entzogen worden zu sein, hat der Inkompatibilist doch stets auf der Grundlage gebaut, „x hätte anders handeln können" sei eine notwendige Bedingung für Freiheit und Verantwortlichkeit. Und so versuchen viele Inkompatibilisten zu zeigen, daß die Bedingung auch in Frankfurts Beispiel entgegen dem ersten Anschein erfüllt ist. Mancher Inkompatibilist gesteht darüber hinaus zu, daß, wenn das nicht der Fall sein sollte, die von ihm vertretene inkompatibilistische Position falsch ist denn die Position ist wesentlich über „x hätte anders handeln können" als notwendige Bedingung bestimmt.3 Viele Kompatibilisten hingegen schließen sich Frankfurts Einschätzung an, daß „x hätte anders handeln können" keine notwendige Bedingung für Freiheit und Verantwortlichkeit ist, und argumentieren davon ausgehend für die Vereinbarkeit von Freiheit und Determinismus. So scheinen die Inkompatibilisten durch Frankfurts Überlegungen in eine ähnliche Position gedrängt worden zu wenn
-
'
2
3
Frankfurt (1969), 10. So z.B. Davidson, D. (1973), Freedom to Act, in: Honderich, T. (ed.) (1973), Essays on Freedom of Action, London, 67-86; Naylor, M. (1984), Frankfurt on the Principle of Alternate Possibilities, in: Philosophical Studies 46 (1984). 249-258; Lamb (1993); Widerker, D. Libertarianism (1995), and Frankfurt's Attack on the Principle of Alternative Possibilities, in: The Philosophical Review 104(1995). 247-261. Vgl. z.B. Widerker ( 1995), 250.
Barbara Guckes
44
sein wie die, in der sich vorher die Kompatibilisten befanden: Sie scheinen zeigen müssen, warum etwas, das uns intuitiv so sehr einleuchtet, falsch ist. Da viele Inkompatibilisten der Ansicht sind, ihre Position hänge davon ab, daß
zu
„x
hätte anders handeln können" eine notwendige Bedingung für Freiheit ist, versuchen sie zu zeigen, daß das Beispiel nicht die Situation schildert, von der Frankfurt meint, es schildere sie. Ich setze mich im folgenden mit einer besonders vielversprechenden Art von Kritik am Frankfurt-Beispiel auseinander, die von Robert Kane David Widerker Carl Ginet3 und Keith Wyma formuliert worden ist. Ausgehend von dieser Kritik werde ich die Frage beantworten, ob und wenn ja, wie sich Frankfurts Überlegungen auf die kompatibilistische und die inkompatibilistische Position auswirken. Es wird sich zeigen, daß die Kompatibilisten entgegen weitverbreiteter Auffassung nicht in eine günstigere argumentative Ausgangslage gebracht worden sind und daß Inkompatbilisten ihre Position durch Frankfurt belehrt lediglich ein wenig modifizieren müssen. Stellvertretend für die Argumentationen der genannten Autoren setze ¡ch mich im folgenden mit den Ausführungen Widerkers auseinander. Widerker argumentiert, das Frankfurt-Beispiel zeige nicht, daß man, um frei sein zu können, nicht in der Lage sein muß, anders zu entscheiden und zu handeln. Er argumentiert mithin, das Beispiel gehe sowohl in seiner Anwendung auf mentale Akte als auch auf Handlungen im engeren Sinne, d.h. im Sinne von Körperbewegungen, fehl. Indem er das Frankfurt-Beispiel kritisiert, versucht er, seine inkompatibilistische Freiheitstheorie zu verteidigen, die wesentlich über die Erfüllung der Bedingung des „x hätte anders handeln können" bestimmt ist. Widerkers Version des Libertinarismus5 ist an folgende beiden Bedingungen ,
,
-
-
gebunden:
1. Die Handlung einer Person x ist nur dann frei, wenn (i) sie nicht kausal determiniert ist und (ii) x sie unter den Umständen, unter denen sie sie vollzogen hat, hätte vermeiden können. 2. Die Handlung ist der Person zum Zeitpunkt des Vollzugs bewußt und die Person meint, daß
sie anders hätte handeln können.
gezeigt werden könnte, daß die Bedingung des „x hätte anders handeln können" notwendige Bedingung für Freiheit ist, wäre demnach Widerkers Version einer inkompatibilistischen Freiheitstheorie zurückgewiesen. Zunächst untersucht Widerker die Anwendung des Frankfurt-Beispiels auf mentale Akte. Er erörtert, ob es Frankfurt gelungen ist, mit seinem Beispiel eine Situation zu beschreiben, in der eine Entscheidung, für die die Person verantwortlich ist, unvermeidbar ¡st, obwohl es keine kausal hinreichende Bedingung dafür gibt, daß sie gefallt wird. Wenn
keine
1
2
Kane (1996), 42. Widerker (1995). Ginet, C. (1996), In Defense of the Principle of Alternate Possibilities: Why I Don't Find Frankfurt's Argument Convincing, in: Philosophical Perspectives 10 (1996), 403-417. Wyma, K. (1997), Moral Responsibility and Leeway for Action, in: American Philosophical Quarterly 34 (1997), 57-70. Die Position des Libertinarismus zeichnet sich dadurch aus, daß nicht nur die Inkompatibilität von Freiheit und Determinismus angenommen wird, sondern darüber hinaus die Kompatibilität von Freiheit und Indeterminismus.
Frankfurts Herausforderung an den
Inkompatibilisten
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Widerker nimmt gemäß dem Vorschlag Frankfurts' an, daß Black am Erröten Joerkennt, ob der sich für oder gegen die Tötung Smith' entscheiden wird.2 Eines solchen Indikators scheint es zu bedürfen, damit Black sicher erkennen kann, wie sich Jones entscheiden wird und vor der Entscheidung von Jones eingreifen kann. Widerker geht davon aus, daß das Erröten von Jones zum Zeitpunkt ti nicht kausal hinreichend für seine Entscheidung ist, Smith nicht zu töten, und auch keinen Zustand anzeigt, der kausal hinreichend für diese Entscheidung ist. Denn wäre das der Fall, dann wäre das Beispiel weder ein Beispiel für die in Frankfurts These beschriebene Situation (denn das Erröten würde die Entscheidung gegen die Tötung von Smith unmöglich machen, weil es die Entscheidung für die Tötung kausal verursachen würde) noch würde der Libertinarier dem Urteil des Kompatibilisten zustimmen, daß Jones in dem Beispiel frei und verantwortlich entscheidet. Wenn das Erröten aber nicht kausal hinreichend für die Entscheidung für die Tötung von Smith ist, dann kann der Libertinarier nach Widerker auf die beiden folgenden Arten antworten: nes'
i. Wenn Jones
-
zu
-
t, errötet, dann wird Jones wahrscheinlich zu t2 entscheiden, Smith
zu
töten.
Oder der Libertinarier kann antworten: ii. Wenn Jones
töten.5
zu
ti errötet, dann entscheidet
er zu
t2 im libertinarischen
Sinne4 frei, Smith zu
Folgt
auf das Erröten zu t| nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zu 12 die Entscheidung, Smith zu töten, dann hätte Jones in der Tat auch entscheiden können, Smith nicht zu töten. Die Bedingung des „x hätte anders handeln können" wäre klarerweise erfüllt. Folgt auf das Erröten zu ti aber zu tj eine (im libertinarischen Sinne) freie, und d.h. nicht-determinierte Entscheidung, dann steht es, so Widerker, in der aktuellen Situation, in der Jones zu ti errötet, in Jones' Macht, sich zu tj zu entscheiden, Smith nicht zu töten. Zwar aktualisiert Jones dieses Vermögen, über das er verfügt, nicht, aber das ist irrelevant, denn es geht nicht um die Wahrheit einer Tatsachenaussage, sondern um die Wahrheit einer kontrafaktischen Aussage. In beiden Fällen scheint nicht nur Jones' Vermögen, sich nicht zu entscheiden, Smith zu töten, gewahrt zu sein, sondern auch die Möglichkeit, dieses Vermögen zu aktualisieren. Daraus schließt Widerker, daß Frankfurt kein Beispiel für die in These (T) geschilderte Situation gegeben hat. 1
Siehe Frankfurt ( 1969), 6, Fußnote 3. Das Erröten, so sei angenommen, ist das äußere Zeichen dafür, daß Jones im Begriff ist, sich zu entscheiden, Smith zu töten. Errötet Jones nicht, ist er nicht im Begriff, sich für die Tötung von Smith zu entscheidet, entscheidet sich nicht, Smith zu töten, und tötet Smith nicht. Es sei denn, man würde annehmen, daß Jones kontrolliert, ob er errötet, und das Erröten unterlassen könnte, so daß er verhindern könnte, sich für die Tötung von Smith zu entscheiden. Das aber würde die Diskussion lediglich um eine Stufe vorverlegen. D.h. die Entscheidung, Smith zu töten, ist nicht determiniert, so daß Jones anders hätte entscheiden können, und Jones hat Kontrolle über seine Entscheidung. Siehe dazu Plantinga, A. (1974), The Nature of Necessity, Oxford, 165-166. Plantinga verwendet „frei" im libertinarischen Sinn; er bindet Freiheit an die beiden oben genannten Bedingungen 1 und 2.
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Widerker setzt hier ganz gemäß seiner libertinarischen Grundüberzeugung voraus, daß der Handelnde Kontrolle über eine nicht-determinierte Handlung haben kann. Diese Voraussetzung ist problematisch und muß nicht geteilt werden, um seiner Kritik folgen zu können. Es reicht aus, sich vor Augen zu führen, daß sich Jones im Falle einer nichtdeterminierten Entscheidung zu t2, die auf das Erröten zu t, folgt, in dem Sinne entscheiden kann, Smith nicht zu töten, daß auf das Erröten mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit die Entscheidung folgen kann, Smith nicht zu töten. Die Kritik am Beispiel scheint auch dann berechtigt zu sein. Tatsächlich gilt folgende vollständige Disjunktion: Entweder ist das Erröten kausal hinreichend für Jones' Entscheidung, Smith zu töten, oder es ist nicht kausal hinreichend. Ist es kausal hinreichend, dann bringt es die Entscheidung hervor, so daß das Beispiel kein Beispiel für eine in (T) geschilderte Situation ¡st. Darüber hinaus würde kein Inkompatibilist die Einschätzung teilen, daß Jones in dieser Situation ein frei und verantwortlich Handelnder ist. Wenn es aber nicht kausal hinreichend ist, ist nicht ersichtlich, warum es unvermeidlich sein sollte, daß sich Jones für die Tötung von Smith entscheidet. Daraus schließt Widerker, Frankfurt sei es nicht gelungen zu zeigen, daß die Bedingung des „x hätte anders handeln können" keine notwendige Bedingung für Freiheit ist. Fischer begegnet diesem Einwand Widerkers, indem er das Frankfurt-Beispiel folgendermaßen modifiziert:1 Black erkennt nicht am Erröten von Jones, daß er sich für die Tötung von Smith entscheiden wird, sondern Black dient Jones' Neigung, sich so oder so zu entscheiden, als Anzeichen dafür, daß Jones im Begriff ist, sich für bzw. gegen die Tötung von Smith zu entscheiden. Wenn Jones geneigt ist, sich gegen die Tötung von Smith zu entscheiden, greift Black ein. Die Neigung geht der Entscheidung allerdings nicht vorher (denn dann wäre diese Rekonstruktion des Beispiels ebenso problematisch wie die, die sich auf das Erröten als Indikator für die Entscheidung stützt), sondern ist Teil der Entscheidung. Eine Entscheidung, a zu tun, wird danach als ein Prozeß aufgefaßt, der mit einer Neigung, sich für das a-Tun zu entscheiden, beginnt. Diese Neigung wird dann gefolgt von einer angemessenen Menge mentaler Ereignisse, die zusammengenommen die Entscheidung ausmachen. In diesem Falle wäre es zwar möglich, daß Jones beginnt, sich zu entscheiden, Smith nicht zu töten, er könnte die Entscheidung aber nicht vollenden, denn noch bevor er sie abgeschlossen hätte, würde Black intervenieren und ihn dazu zwingen, sich für die Tötung von Smith zu entscheiden. Ein Inkompatibilist kann darauf zweierlei erwidern: Erstens kann er zu Recht darauf hinweisen, daß Jones eine andere Neigung, sich zu entscheiden, hätte ausbilden, also -
Vgl. Fischer, 119-125;
J.M. (1995), Libertarianism and Avoidability, in: Faith and Philosophy 12 (1995), auch Fischer, J.M. (1982). Responsibility and Control, in: The Journal of Philosophy 24-40; 26.
s.
79(1982),
-
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Herausforderung an den Inkompatibilisten
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einen anderen mentalen Akt hätte vollziehen können.1 Und zweitens kann er die Adäquatheit der Entscheidungskonzeption, die Fischer zugrunde legt, in Zweifel ziehen. Zunächst zur ersten Strategie, also zu der Begründung, daß auch in Fischers Rekonstruktion des Frankfurt-Beispiels die Bedingung des „x hätte anders handeln können" erfüllt ist. In der Tat ist den Inkompatibilisten, die so argumentieren, darin Recht zu geben, daß Jones eine andere Neigung hätte ausbilden können, und damit wäre der Entscheidungsprozeß offensichtlich ein anderer gewesen. Wenn Jones' Neigung kausal hinreichend für die vollendete Entscheidung ist und es determiniert wäre, welche Neigung Jones ausbildet, dann wäre das Beispiel kein Beispiel für die in (T) beschriebene Situation, denn welche Entscheidung von Jones gefallt wird, wäre durch die Umstände kausal verursacht. Kein Inkompatibilist würde zugestehen, daß Jones in dem Beispiel frei und verantwortlich handelt. Wäre aber nicht determiniert, welche Neigung Jones entwickelt, und wäre die Neigung selbst kausal hinreichend für den weiteren Prozeß der Entscheidung, dann könnte Jones in dem Sinne anders entscheiden, daß er eine andere Neigung ausbilden und so eine andere Entscheidung initiieren könnte, denn die Neigung ist Teil der Entscheidung. Ist jedoch auch die Neigung nicht hinreichend für die vollendete Entscheidung, dann kann Black an der Neigung nicht ablesen, wie die Entscheidung ausfallen wird und Jones könnte wiederum auch anders entscheiden. Fischer" wirft denjenigen, die argumentieren, Jones habe eine andere Neigung ausbilden und in diesem Sinne anders entscheiden können, vor, sie würden die Vorstellung, daß Jones die Macht hat, die Entscheidung für die Tötungshandlung zu verhindern, mit der bloßen logischen Möglichkeit verwirren, daß diese Entscheidung nicht stattfindet. Black würde ja so frühzeitig eingreifen nämlich schon, wenn Jones mit der Neigung, Smith nicht zu töten, die Entscheidung beginnen lassen würde -, daß Jones sich nicht bewußt enthalten kann, sich zu entscheiden, Smith zu töten; Jones kann nicht bewußt Einfluß nehmen auf das, was geschieht. In diesem Falle aber sei die Bedingung des „x hätte anders handeln können" nicht in einem relevanten Sinne erfüllt, denn Jones habe keine Kontrolle über das, was geschieht, und die bloße logische Möglichkeit, daß etwas anderes geschieht, könne Verantwortlichkeit nicht begründen. Es liege lediglich, wie Fischer sich ausdrückt, ein Hauch von Freiheit {„flicker offreedom ")4 vor, der für Freiheit^- und Verantwortungszuschreibungen nicht relevant sei. Dem ist zweierlei entge-
genzuhalten:
Vgl. z.B. Blumenfeld, D. (1971), The Principle of Alternate Possibilities, in: Journal of Philosophy 67(1971),339-344. Siehe Widerker, D./Katzoff, Ch. (1996), Avoidability and Libertarians™: A Response to Fischer, in: Faith and Philosophy 13 (3) (1996), 415-421; s. auch Hunt, D.P. (1996), Frankfurt Counterexamples: Some Comments on the Widerker-Fischer Debate, in: Faith and Philosophy 13 (3) (1996). 395-401; Goetz, St. (1997), Libertarian Choice, in: Faith and Philosophy 14 (2) (1997), 195-211. 3
4
Fischer. J.M. (1982), Responsibility and Control, in: The Journal of Philosophy 89 29 f. Siehe Fischer, J.M. (1994), The Metaphysics of Free Will, Oxford, 131-159.
(1982), 24-40;
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kann, wenn die Neigung kausal hinreichend für den weiteren Prozeß der Entscheidung ist, und er, wie Fischer behauptet, die Neigung nicht kontrollieren kann, auch Jones
Entscheidung, Smith zu töten, kontrollieren. Fischers Einwand gegen die inkompatibilistische Reaktion also ist ebensogut eine Kritik an Fischers eigener Position. In beiden Fällen ist unklar, wie es möglich ist, daß Jones seine Entscheidung kontrolliert. Fischers Kritik geht meiner Einschätzung nach fehl. Darüber hinaus weist Widerker darauf hin, daß es mehr als fraglich ist, daß die Entscheidungskonzeption, die Fischer zugrunde legt, adäquat ist. Warum sollte eine Entscheidung als Prozeß aufgefaßt werden, der mit der Ausbildung einer Neigung, sich auf diese oder jene Weise zu entscheiden, beginnt? Eine Entscheidung fassen wir im allgemeinen als einen einfachen mentalen Akt auf, der zudem keineswegs auf eine Neigung, sich zu entscheiden, folgen muß.1 Jones kann sich zwar in dem Sinne in einem Entscheidungsprozeß befinden, daß er das Für und Wider einer Handlung abwägt und so zu einer Entscheidung zu kommen versucht; er wägt dann Gründe ab, stellt unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten einander gegenüber etc. Aber dieser Überlegungsprozeß und die Entscheidung selbst sind zwei verschiedene Dinge. Fischer ist mit seiner Verteidigung des Frankfurt-Beispiels auf eine unplausible Entscheidungskonzeption festgelegt. Wie ich bereits gezeigt habe, gelingt Fischer aber selbst dann nicht die Verteidigung des Beispiels, wenn man ihm diese Entscheidungskonzeption zugesteht. nicht die
Auch Fischers Rekonstruktion des Frankfurt-Beispiels scheint also Widerkers Einwände nicht widerlegen zu können, und so scheint Widerkers Kritik am Beispiel berechtigt zu sein. Wäre das tatsächlich erwiesen, wäre gezeigt, daß Jones anders hätte entscheiden können; das Beispiel würde also nicht zeigen, daß man selbst dann frei handeln kann, wenn man nicht in der Lage ist, anders zu handeln. Die Libertinarier hätten nichts von Frankfurts Attacke auf die Bedingung des „x hätte anders handeln können" zu befürchten. Ich werde weiter unten dafür argumentieren, daß sie in der Tat nicht von der Attacke getroffen werden; aber das ist nicht deshalb der Fall, weil das Beispiel fehl geht, sondern weil das Beispiel weniger zeigt als gemeinhin angenommen wird. Wie aber steht es hinsichtlich nicht-mentaler Handlungen, also Handlungen im engeren Sinne? Daß Black Jones dazu bringen würde, Smith zu töten, wenn Jones entscheiden würde, Smith nicht zu töten, scheint hinreichend dafür zu sein, daß Jones seiner Freiheit beraubt ist, anders zu handeln und zwar ohne daß Black in der aktuellen Situation dahingehend Zwang auf ihn ausübt, daß er so handelt, wie er tatsächlich handelt. Im Unterschied zum mentalen Akt ist, so Widerker, die Handlung im engeren Sinne wie die einer Unterlassung, Smith nicht zu töten eine komplexe Handlung. Sie erfordert hier im Beispiel eine Intention von Jones, Smith nicht zu töten (denn der Tötungshandlung geht eine Entscheidung vorher), und die Unterlassung der Tötung von Smith. Widerker nimmt eine Version der Handlungstheorie an, derzufolge Jones' Tötungshandlung mindestens zu einem Teil aus einer Intention oder Volition besteht, Smith zu töten, wobei diese Intention oder Volition in einer geeigneten kausalen Relation zu dem -
-
-
1
2
Vgl. dazu z.B. Ginet, C. (1990), On Action, Cambridge. Siehe Widerker (1995), 253.
Frankfurts
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Ereignis der Tötungshandlung von Jones steht.1 Und er nimmt an, daß diese Handlung (qua act-token) über diese Volition oder Intention individuiert ist. Da Jones sich, wie
Widerker voraussetzt, entscheiden kann, Smith nicht zu töten, kann er auch die Intention formen, Smith nicht zu töten; und somit ist er in der Lage, die Ausformung der Intention, Smith zu töten, zu unterlassen (qua intention-token). Die Ausbildung dieser Intention kann Black nicht verhindern. So kann Jones das Nichtgeschehen dieser Tötungshandlung hervorbringen (qua act-token). Jones' Tötungshandlung ist mithin vermeidbar. Zwar kann Jones es nicht verhindern, daß er Smith tötet, und in diesem Sinne kann er zwar nicht anders handeln, aber er kann den Vollzug der von ihm intendierten Tötungshandlung vermeiden. Jones scheint also sowohl die Entscheidung, Smith zu töten, als auch die von ihm intendierte Tötungshandlung unterlassen zu können. Ist es Widerker tatsächlich gelungen, zu zeigen, daß Frankfurts Beispiel kein Beispiel für eine in (T) beschriebene Situation und also mit seiner Hilfe nicht gezeigt werden kann, daß „x hätte anders handeln können" keine notwendige Bedingung für Freiheit und Verantwortlichkeit ist? Können wir uns tatsächlich keine Situation vorstellen, in der es Umstände gibt, unter denen es unvermeidlich ist, eine bestimmte Handlung zu vollziehen, ohne daß durch diese Umstände kausal verursacht ist, daß die Handlung vollzogen wird? Widerkers Verteidigung der Bedingung des „x hätte anders handeln können" hinsichtlich von Handlungen im engeren Sinne gründet sich auf seinem Argument dafür, daß die Entscheidung, Smith zu töten, vermeidbar ist. Voraussetzung dafür, daß behauptet werden kann, Black sei nicht in der Lage, die Entscheidung von Jones gegen die Tötung von Smith zu verhindern, ist die Annahme, es bedürfe eines Indikators für die Entscheidung, damit sichergestellt ist, daß Black genau dann interveniert, wenn Jones entscheiden würde, Smith nicht zu töten. In der Tat mag die Situation dadurch anschaulicher werden, daß man sich Black als bösen Dämon vorstellt, der an dem Verhalten von Jones erkennt, wie dieser sich entscheiden wird, um dann im rechten Augenblick, noch bevor sich Jones tatsächlich entscheidet, intervenieren zu können. Frankfurt hat das Beispiel ja tatsächlich auch so konstruiert. Widerker hat gezeigt, daß das Beispiel in dieser Ausformung nicht funktioniert. Das impliziert jedoch nicht, daß das Beispiel nicht so modifiziert werden kann, daß es die in (T) geschilderte Situation erfaßt; und dann träfe Widerkers Kritik zwar die konkrete Ausformung des Beispiels, aber sein Ziel, zu zeigen, daß die in (T) ausgedrückte These nicht durch ein Beispiel bestätigt werden könnte, hätte Widerker nicht erreicht. Tatsächlich kann man, wie ich meine, das Beispiel so modifizieren, daß es eines Indikators für die Entscheidung von Jones nicht bedarf. Und wenn man das zeigen kann, dann sind die Widerker-Einwände (und mit ihnen die Kritik von Ginet und Wyma) zurückgewiesen. Am naheliegendsten ist es, das Beispiel auf folgende Weise zu modifizieren: Black ist allwissend; er weiß alle Ereignisse eines möglichen Szenarios einschließlich aller -
So auch z.B. Searle (1983), 84-93; McCann, H. (1974), Volition and Basic Action, in: Philosophical Review 83 (1974), 451-473; Costa, M. (1987). Causal Theories of Action, in: Canadian Journal of Philosophy 17 ( 1987), 831 -854. Darüber hinaus muß er annehmen, daß das Ereignis über den exakten Zeitpunkt, zu dem es geschieht, bestimmt ist. Das aber spielt in der weiteren Argumentation keine Rolle.
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indeterminierten Ereignisse. Black will, daß Jones sich entscheidet, Smith zu töten, und daß er aufgrund dieser Entscheidung Smith tötet. Er interveniert deshalb genau dann zu t|, wenn Jones sich zu t2 entscheiden würde, Smith nicht zu töten, und verursacht so Jones' Entscheidung zu t2 für die Tötungshandlung. Es gäbe dann nur zwei Mengen naher möglicher Welten, eine, in der sich Jones frei entscheidet, Smith zu töten, und in der er Smith frei tötet, und eine, in der Black die Entscheidung und die entsprechende Handlung von Jones verursacht und Jones sich deshalb unfrei entscheidet und unfrei handelt. Und somit wäre ausgeschlossen, daß Jones anders entscheiden und handeln könnte. Gegen diese Rekonstruktion des Beispiels könnte jedoch eingewendet werden, selbst eine allwissende Entität wie Gott könnte indeterminierte zukünftige Ereignisse nicht wissen.1 Ich teile diese Skepsis nicht, denn es gibt meines Erachtens keinen guten Grund für die Annahme, daß Gott wie wir Menschen auf kausale Zusammenhänge angewiesen ist, um Wissen über Zukünftiges besitzen zu können. Warum sollte Gott nicht auf die gleiche Weise Wissen über zukünftige Zufallsereignisse haben können, wie wir Wissen über vergangene Zufallsereignisse besitzen? Doch ich will mich auf die Frage, ob Gott indeterminierte zukünftige Ereignisse wissen kann, nicht einlassen; die Beschäftigung mit ihr würde uns allzu weit von unserem Weg abführen. Stattdessen ist zu erörtern, ob das Beispiel nicht so modifiziert werden kann, daß sowohl auf einen Indikator für Jones' Entscheidung verzichtet werden kann als auch auf die problematische Annahme, daß indeterminierte Ereignisse vorausgesagt werden können. Und in der Tat scheint mir das möglich zu sein. Ich wandle das Beispiel folgendermaßen ab: Black hat in Jones' Gehirn ein Gerät implantiert, das ihn in die Lage versetzt, Jones' Entscheidung und Handlung dadurch zu determinieren, daß er es durch Knopfdruck aktiviert und so die Entscheidung für die Tötung von Smith und die entsprechende Tötungshandlung zu verursachen. Aber da Black es vorzieht, daß Jones von sich selbst aus die Entscheidung fallt, Smith zu töten, und Black an diesem Prozeß nicht beteiligt und also auch nicht für ihn verantwortlich ist, hat er das Gerät so konstruiert, daß der Impuls blockiert wird, wenn Jones' eigene Entscheidung mit der von Black gewünschten Entscheidung koinzidiert. Angenommen also, Black aktiviert das Gerät, weil er möchte, daß Jones zu t¡ entscheidet, Smith zu töten. Zu tj koinzidieren die eigene Entscheidung von Jones, die das Ergebnis eines indeterminierten Überlegungsprozesses ist, und der Impuls des Geräts, durch den die Entscheidung ausgelöst werden würde, wenn sich Jones nicht von sich aus für die Tötung von Smith entscheiden würde. Doch die eigene Entscheidung von Jones blockiert den Impuls, so daß das Gerät keinerlei Einfluß auf die Entscheidung von Jones hat. Ist das der Fall, dann leuchtet auf Blacks Schaltpult ein weißes Lämpchen -
-
So die Kritik Kanes in Kane (1996); aber auch z.B. Nelson Pike weist zurück, daß Gott indeterminierte zukünftige Ereignisse wissen kann. Vgl. Pike, N. (1965), Divine Omnisicence and Voluntary Action, in: Philosophical Review 74 (1965), 27-46.
Frankfurts
Herausforderung an den Inkompatibilisten
auf. Black hat Glück
beteiligt.1
51
gehabt; er ¡st an der Entscheidung für die Tötung von Smith nicht
Dieses Beispiel hat gegenüber Frankfurts Beispiel den Vorteil, daß es weder eines Indikators für die Entscheidung von Jones bedarf noch eines Dämons, der indeterminierte Ereignisse prognostizieren kann. Daß auf einen Indikator verzichtet werden kann, läßt die Kritik von Widerker, Ginet und Wyma unwirksam sein; daß man darauf verzichten kann, daß der Kontrolleur indeterminierte, zukünftige Ereignisse wissen kann, läßt Kanes Kritik unwirksam werden. Unsere Freiheits- und Verantwortungszuschreibungen hängen tatsächlich nicht von der Erfüllung der Bedingung des „x hätte anders handeln können", sondern von etwas anderem ab. Daß das der Fall ist, erkennt man freilich schon daran, daß sich Inkompatibilisten auch unter der Annahme, daß Jones nicht anders handeln konnte, nicht von ihrem Urteil abbringen lassen, daß er frei und verantwortlich war, als er Smith getötet hat. Denn erstaunlicherweise haben Inkompatibilisten nie daran gezweifelt, daß Jones frei und verantwortlich ist, sondern höchstens daran, daß er nicht anders handeln kann. Auch Widerker ist ausdrücklich" eher bereit, den Libertinarismus aufzugeben als sein Urteil zu revidieren, daß Jones frei und verantwortlich handelt. Meiner Einschätzung nach zeigt das, daß die so lebhafte und einen so großen Teil der Debatte einnehmende Diskussion darüber, ob Jones entgegen dem ersten Anschein doch anders hätte handeln können, müßig ist. Unser Urteil ändert sich offensichtlich nicht in Abhängigkeit von der Beantwortung dieser Frage. Auf den ersten Blick scheinen Frankfurts Ausführungen aus zwei Gründen zugunsten des Kompatibilismus auszufallen. Daß „x hätte anders handeln können" eine notwendige Bedingung für Freiheit in einem für Verantwortlichkeit signifikanten Sinne ist, ist eine starke Intuition, an der wir nicht nur im Alltagskontext festhalten, sondern die wir auch in der philosophischen Diskussion nicht ohne weiteres aufzugeben bereit sind. So bestand ein Hauptproblem für den Kompatibilismus stets darin, daß der Determinismus mit der Erfüllung dieser Bedingung nicht vereinbar zu sein scheint. Frankfurt hat uns klar gemacht, daß es uns gar nicht wesentlich auf die Erfüllung dieser Bedingung ankommt. Er hat uns gezeigt, daß es Fälle gibt, in denen wir jemanden zweifelsfrei als frei und verantwortlich beurteilen, obwohl es zumindest unklar ist, ob er anders hätte handeln können. Die Bedingung des „x hätte anders handeln können" fällt damit als begrifflich-notwendige Bedingung, und es scheint damit eines der Hauptprobleme für den Kompatibilismus zu verschwinden. Darüber hinaus scheint den Inkompatibilisten, da sie stets betont haben, die Bedingung sei eine notwendige Bedingung für Freiheit, gleichzeitig einer der Stützpfeiler ihrer Theorie entzogen zu sein. Doch die Sache liegt nicht ganz so, wie sie sich zunächst darstellt. Im folgenden werde ich dafür argumentieren, daß die inkompatibilistische Position durch das Beispiel
2
Eine ähnliche Verteidigung des Frankfurt-Beispiels findet man bei Alfred R. Mele und David Robb: Mele, A.R./Robb. D. (1998), Rescuing Frankfurt-Style Cases, in: The Philosophical Review 107(1998), 97-112. Widerker (1995), 248.
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nicht bedroht ist und daß sich der Inkompatibilist nach wie vor in der günstigeren argumentativen Lage befindet. Offensichtlich ist durch das Beispiel festgelegt, daß sich Jones entscheidet, Smith zu töten, und aufgrund dieser Entscheidung Smith tötet. Aber es ist nicht festgelegt, daß Jones sich für die Tötung von Smith entscheidet und Smith tötet, ohne daß Black eingreift. Daß der Ereignisverlauf in der aktuellen Welt so ist wie er ist, liegt an Jones und ist nicht determiniert. Jones entscheidet sich, vollzieht die Handlung und verursacht so den Tod von Smith; Black ist nur ein kontrafaktisch Intervenierender und wird aktuell nicht wirksam. Er beeinflußt den aktuellen Ereignisverlauf nicht, der in der Tat auch ein anderer hätte sein können. Jones entscheidet sich selbst, Smith zu töten, und Black interveniert nicht; es scheint mir wesentlich zu sein, daß es hinsichtlich des Verhältnisses von Jones zu seiner Entscheidung und Handlung eine Alternative gibt: Die Ursache für die Entscheidung liegt in Jones, so daß sich Jones in diesem Sinne selbst frei für die Tötungshandlung entscheidet, oder Black ist die Ursache dafür, daß sich Jones entscheidet, Smith zu töten, so daß sich Jones in dem genannten Sinne nicht selbst und frei für die Tötungshandlung entscheidet. Was geschieht, hängt von Jones' Überzeugungen, seinen Wünschen, Charaktereigenschaften etc. ab, und wenn wir meinen, Jones sei verantwortlich dann nämlich, wenn Black nicht interveniert -, so geht das auf unsere Überzeugung zurück, daß ihm mit der Entscheidung nicht einfach etwas widerfährt, sondern daß er es ¡st, der diese Entscheidung kontrolliert fällt. Und so hätte er es ¡n dem Sinne nicht selbst sein müssen, der sich für die Tötung von Smith entscheidet, daß die Ursache für diese Entscheidung nicht in Jones hätte liegen müssen. Freilich hätte er nicht verhindern können, daß er sich dafür entscheidet, Smith zu töten, denn hätte er sich nicht frei dazu entschieden, hätte Black verursacht, daß er sich so entscheidet. Wir halten Jones für verantwortlich, Smith getötet zu haben, weil keine Determination bestand, die ihn entlasten könnte. Er selbst war es, der sich entschieden hat, Smith zu töten, und der Smith schließlich getötet hat. Nichts außerhalb Jones' ist die Quelle für die Entscheidung und Handlung, und Jones hätte nicht selbst die Quelle seiner Entscheidung und Handlung sein müssen. Und genau das ist der Grund dafür, daß wir ihn für frei und verantwortlich halten. Er hat Smith gerade nicht aufgrund einer Intervention durch Black getötet. Das hätte ihn in der Tat entlastet." Mir scheint wesentlich zu sein, daß eben nicht determiniert ist, daß es Jones selbst ist, der sich für die Tötung entscheidet, und so hätte etwas anderes geschehen können. Das Beispiel ist so konstruiert, daß es zwei und nur zwei mögliche Ereignisabläufe gibt: Entweder entscheidet sich Jones von sich aus, Smith zu töten, und Black nicht greift ein, oder Jones würde sich entscheiden, Smith nicht zu töten, und Black interveniert und verursacht Jones' Entscheidung für die Tötung von Smith. Es ist zwar determiniert, daß Jones Smith tötet, aber es ist nicht determiniert, welche der beiden möglichen Ereignis-
1
Ähnlich Blumenfeld (1971), aber
auch McKenna, M.S. (1997), Alternative Possibilities and the Failure of the Counterexample Strategy, in: Journal of Social Philosophy 28 (1997), 71-85. Vgl. dazu Naylor, M.B. (1984), Frankfurt on the Principle of Alternate Possibilities, in: Philosophical Studies 46 (1984), 249-258.
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ketten abläuft. Determiniert ist, daß entweder die Ursache für die Tötungshandlung in Jones liegt und Jones in diesem Sinne selbst der Verursacher der Tötungshandlung ist oder daß Black der Verursacher der von Jones vollzogenen Tötungshandlung ist. Das Frankfurt-Beispiel macht diesen Unterschied klar, der zwischen der Determination eines aktuellen Ereignisablaufs besteht und der Determination eines alternativen Ablaufs. Es ist dies der Unterschied, der ausgedrückt ist, wenn man die beiden folgenden Aussagen formuliert: i. Es ist determiniert, daß die Ereigniskette e abläuft (Det (e)). ii. Es ist determiniert, daß entweder die Ereigniskette e abläuft oder die Ereigniskette e* (Det (entweder e oder e*)). Der Ereignisverlauf in der aktuellen Welt ist im Beispiel nicht determiniert, weil der kausale Pfad, der zum Tod von Smith führt, nicht determiniert ist. Und da Black nicht kausal wirksam ¡st und auch keine andere Determination der Entscheidung angenommen ist (wie z.B. ein innerer Zwang zu töten), hätte Jones sich nicht selbst entscheiden müssen, Smith zu töten. Somit besteht durchaus eine Alternative. Ich schlage folgende Bedingung für eine notwendige Freiheitsbedingung vor:
(AM)1: Ein Handlungssubjekt S vollzieht bzw. unterläßt eine Handlung H nur dann frei und ist dann für H verantwortlich, wenn S in dem Sinne selbst der Verursacher von H Ursache für H in S liegt, und wenn S nicht selbst der Verursacher von H sein muß.
nur
ist, daß die
Es ist offensichtlich, daß diese Bedingung zumindest in einer Hinsicht schwächer ist als die Bedingung des „x hätte anders handeln können", denn es wird nicht gefordert, daß das Handlungssubjekt in der Lage sein muß, anstelle von H eine andere mit H nicht zu vereinbarende Handlung H* zu vollziehen bzw. anstelle der Unterlassung des Vollzugs von H diese Handlung H zu vollziehen. Aber auch die AM-Bedingung kann in einer deterministischen Welt nicht erfüllt sein. Daß sie im Jones-Beispiel erfüllt ist, scheint einer der Gründe dafür zu sein, daß Jones als frei und verantwortlich Handelnder zu beurteilen ist. Und so sind Kompatibilisten wieder mit ihrem alten Problem konfrontiert: Freiheit und Verantwortlichkeit scheinen daran geknüpft zu sein, daß eine alternative Möglichkeit existiert, und eine solche Möglichkeit existiert nicht, wenn die Determinismusthese wahr ist. Man sollte die Überzeugung fahren zu lassen, mit „x hätte anders handeln können" sei eine notwendige Bedingung für Freiheit und Verantwortlichkeit formuliert, und die Ansicht verteidigen, Freiheit und Verantwortlichkeit seien an die Existenz einer Art von alternativer Möglichkeit gebunden, die ich in der AM-Bedingung formuliert habe. Mit dieser Ansicht allerdings ist man dem Inkompatibilismus verpflichtet. Indem man die Bedingung des „x hätte anders handeln können" durch die AMBedingung ersetzt hat, hat man gegenüber den Kompatibilisten den nicht zu unterschätzenden Vorteil, daß man weiterhin der Grundintuition gerecht wird, daß es einer alternativen Möglichkeit für Verantwortlichkeit bedarf. Und man ist darüber hinaus in der günstigen Lage, erklären zu können, warum man im Alltagskontext an „x hätte anders handeln können" als notwendiger Bedingungen festhalten kann, obwohl wir Jones, der nicht anders handeln kann, im Frankfurt-Beispiel als frei und verantwortlich beurteilen. „AM" steht für „alternative Möglichkeit".
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Der Fall, auf den Frankfurt sich beziehen muß, um zu zeigen, daß „x hätte anders handeln können" keine notwendige Bedingung für Freiheit und Verantwortlichkeit ist, ist weit entfernt von unseren Fällen der empirischen Welt, die wir im Alltag zu beurteilen haben. Wir gehen in unserer Beurteilung, ob jemand frei und verantwortlich handelt, mit gutem Grund nicht davon aus, daß ein böser Dämon existiert, der genau dann zu t, interveniert, wenn wir uns zu t2 entscheiden würden, eine bestimmte Handlung zu vollziehen bzw. zu unterlassen. Wir gestehen Frankfurt zu, daß in einem solchen freilich nach allem, was wir wissen, in unserer Welt nicht vorkommenden Fall die Bedingung des „x hätte anders handeln können" nicht erfüllt ist und der Handelnde trotzdem frei und verantwortlich ist. In der Tat ist es Frankfurt damit gelungen, uns klarzumachen, daß Freiheit und Verantwortlichkeit nicht begrifflich an die Erfüllung der Bedingung des „x hätte anders handeln können" geknüpft sind. Aber wir beurteilen Jones nur deshalb als frei und verantwortlich, weil nichts außerhalb seiner selbst die Ursache für die Entscheidung zur Tötung und die Tötungshandlung ist und er nicht selbst der Verursacher der entsprechenden Entscheidung und Handlung sein muß. Und damit besteht die in der AM-Bedingung formulierte alternative Möglichkeit für Jones, von deren Existenz wir unsere Freiheits- und Verantwortungszuschreibungen u.a. abhängen lassen. Im Alltag jedoch sind wir weiterhin gerechtfertigt, Freiheit und Verantwortlichkeit an die Erfüllung der Bedingung des „x hätte anders handeln können" zu binden. Zwar halten wir Freiheit und Verantwortlichkeit seit Frankfurts Ausführungen nicht mehr begrifflich an diese Bedingung gebunden, aber wir nehmen weiterhin an, daß man in der empirischen Welt nur dann frei und verantwortlich handeln kann, wenn wir eine alternative Möglichkeit haben. Und die alternative Möglichkeit des Alltags ist die Möglichkeit, anstelle einer Handlung H eine mit H nicht zu vereinbarende Handlung H* zu vollziehen. Wir halten diese Bedingung mithin im Alltagskontext nach wie vor für eine notwendige Bedingung für Freiheit und Verantwortlichkeit, wenn wir die Verbindung zwischen ihr und Freiheit bzw. Verantwortlichkeit auch nicht für begrifflich, sondern für empirisch notwendig halten. Der Kompatibilist hingegen befindet sich nicht in einer so günstigen Erklärungssituation, denn er muß unterstellen, daß wir zwei miteinander nicht zu vereinbarende Intuitionen haben, von denen wir eine aufgeben müssen. Er nimmt an, wir hätten einerseits die Intuition, daß man anders handeln können muß, um frei und verantwortlich sein zu können, und andererseits, daß man in bestimmten Fällen auch dann frei und verantwortlich sein kann, wenn man nicht imstande ist, anders zu handeln. Und nun gibt er ohne Umschweife die Intuition auf, daß „x hätte anders handeln können" eine notwendige Bedingung für Freiheit und Verantwortlichkeit ist. In der Tat hätte er mit dieser harten Lösung sein von jeher bestehendes Problem gelöst, daß „x hätte anders handeln können" eine notwendige Bedingung für Freiheit und Verantwortlichkeit und die Erfüllung dieser Bedingung mit dem Determinismus unvereinbar zu sein scheint wenn er außerdem plausibel gemacht hätte, daß man für Freiheit und Verantwortlichkeit der Existenz alternativer Möglichkeiten in keinem Sinne bedarf. Doch daß Freiheit nicht begrifflich an die Erfüllung der Bedingung des „x hätte anders handeln können" geknüpft ist, impliziert eben nicht, daß wir einer alternativen Möglichkeit nicht bedürfen. Das „x hätte anders handeln können" umfaßt nicht jede Art -
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der freiheitsrelevanten alternativen Möglichkeit. Und so scheint mir der Kompatibilismus nach wie vor mit dem Problem zu kämpfen zu haben, daß wir die starke Intuition haben, daß Freiheit die Existenz einer alternativen Möglichkeit voraussetzt. Er hat wie eh und je das Problem, eine Art von Kontrolle verteidigen zu müssen, die ohne die Voraussetzung der Existenz einer alternativen Möglichkeit Freiheit gewährleistet. Und damit ist er wieder mit dem Konsequenz-Argument konfrontiert, das nun lediglich auf einer leicht modifizierten Voraussetzung beruht.
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Soft Libertarianism and Hard Compatibilism Gary Watson
Both compatibilism and its denial are in some respects unappealing; that's why the issue remains a classical philosophical problem. The cost of incompatibilism seems to be a choice between skepticism or a metaphysically and morally problematic (if not incoherent) picture of free agency. But compatibilists have their own troubles explaining how human beings can be products of nature and at the same time authors of their actions, how freedom as they see it can amount to anything more than what Kant contemptuously called the "freedom of the turnspit" Some recent libertarian and compatibilist sympathizers have tried to minimize the costs of their respective commitments by qualifying them in certain ways. In this paper, I will speak against some of these attempts. In the first part of the paper, I criticize the most well developed version of what I will call "soft libertarianism", Robert Kane's The Significance of Free Will. Then I take up the corresponding temptation to qualify compatibilism. I conclude by endorsing Harry Frankfurt's uncompromising refusal to soften his position in the face of the familiar objections. Soft compatibilism, I argue, is not a real alternative. .
Immanuel Kant, Critique of Practical Reason, translated by Lewis White Beck, (1956), pp. 99. We lack a term that stands to "compatibilism" as "libertarianism" stands to "incompatibilism" so this opposition is admittedly awkward. The Significance of Free Will, New York, 1996. Parenthetical page references to Kane in the text will be to this work. This paper began as a contribution to a symposium on this book at the University of Arkansas in September, 1997. 1 profited from discussion with the participants on that occasion. I borrow the term from Kane, The Significance of Free Will, p.67ff. This usage obviously adapts William James' distinction between hard and soft determinism, roughly, between incompatibilists and compatibilists. Just as "soft determinists" say, "Don't worry. Determinism is not threatening to freedom, correctly qualified", so soft libertarians and soft compatibilists soften what is taken to be the harsher implications of their views. Alfred R. Mele uses the term "soft libertarianism" in a different sense in Soft Libertarianism and Frankfurt-Style Scenarios, Philosophical Topics, Vol. 24, No. 2, Fall 1996.
Gary Watson
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I.
Soft Libertarianism
The burdens of libertarianism are three-fold. First, it must explain why there can be no free will in a deterministic world. This is the negative, incompatibilist part of the project. Second, it must make it reasonable to believe that we live in an indeterministic world. Third, in contrast to skeptical incompatibilists, it must explain how free will and responsibility can be realized in such a world.2 Here I will be concerned exclusively with problems regarding this third part of the project. This project presumes a point that is conceded by everyone, namely, that free agency cannot be understood merely as the absence of indétermination or indeterminacy. The question is what more is needed besides this negative condition. Here is precisely where libertarianism is most vulnerable. Libertarians have answered this question in two ways. The first answer is that free agency involves the exercise of a distinct and sui generis form of causality. I call this "hard" libertarianism because it is widely thought to have unpalatable philosophical and empirical implications. The second (softer) answer tries to articulate a metaphysically less demanding position. It will be useful to recall an old objection to libertarianism. The objection is by now discredited, but it opens up an instructive dialectic. No one can be a free and responsible agent with respect to undetermined events or indeterministic processes, the argument goes, because such events would be merely random or accidental hence, under no one's control. This accusation is meant to show that libertarian freedom is unintelligible; the incompatibilist half of the doctrine rules out the possibility of a positive account. It follows that incompatibilism leads to skepticism. The problem with this complaint, to begin with, is that it would prove more than most compatibilists would want to accept; free agency would not only be compatible with causal determination, but would require it. More importantly, its central claim is false or anyway question-begging. To assume that undetermined events are random or accidental is to preclude libertarian agency from the start. To say these things is to say that the event is inexplicable or contrary to human purposes or control. But indétermination doesn't imply any of these things. It implies only that what I do is not explained by reference to deterministic laws and antecedent conditions. That leaves open the possibility of other sorts of explanation, for example, the sort of account that is after all characteristic of human behavior, explanation by reasons, intentions and purposes. So indeterministic behavior need be neither inexplicable nor "accidental" in any ordinary sense. Although the objection fails as it stands, it brings out something important to the discussion. It shows that the conditions needed beyond indeterminacy must work specifi-
The central points of this section are familiar, and Kane in particular addresses versions of this in his own way. But at the end of the day, after a close reading of the book, I fail to see how those responses add up to an effective rejoinder. So I want to try to make the case once again, as forcefully as I can, in the hope that, if nothing else, the issues will be clearer. This is what Kane calls the "intelligibility issue". David Wiggins makes this and the preceding point in: Towards a Reasonable Libertarianism, reprinted in Needs, Values, Truth, Blackwell, 1991, p. 292.
point
2
Soft Libertarianism and Hard
Compatibilism
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cally by revealing how the events in question are not "random" but rather can be attributable to a human agent as their author. The objection can be construed as a challenge. The reply, that not all forms of explanation are deterministic, indicates the space in which the challenge might be met. In view of the foregoing exchange, then, we can assume the following as a part of the framework for current discussion: By itself, the assumption of indeterminacy in choice or behavior neither entails nor conflicts with ascriptions offree will and responsibility. Libertarianism is committed, then, to identifying certain conditions, c, which, in addition to indeterminacy, must obtain if that behavior is to be attributed to the subject as a free and responsible agent. Attempts to carry out this commitment are of two kinds, depending on how they take the assumption of indeterminacy (hereafter, i) to be related to the further conditions, c. On one version of the theory, free agency will be explained in terms of a conjunction of conditions, /, c¡....cn, i being the incompatibilist conjunct. What is crucial here is that / is independent of the other conditions. In contrast, the second version of libertarianism sees this assumption not as an independent condition, but as implicated in some way in one or more of the other conditions. In Towards a Reasonable Libertarianism, David Wiggin's sketches a conjunctive view of this kind. What must obtain in addition to indeterminacy, Wiggins suggests, "are patterns that
coherent and intelligible in the low level terms of practical deliberation, amenable to the kind of generalization or necessity that is the stuff of rigorous theory. On this conception, (a free agent's) possible peculiarity as a natural thing among things in nature is only that his biography unfolds not only non-deterministically but also intelligibly; non-deterministically in that personality and character are never something complete, and need not be the deterministic origin of action; intelligibly in that each new action or episode constitutes a comprehensible phase in the unfolding of character, a further specification of what the man has by now become".1 even
if they
are
are not
...
What
is needed, in short, is the condition of practical intelligibility. This is a conI say, if practical intelligibility does not by itself imply i. That seems to be Wiggins's own view." Non-conjunctive versions of libertarianism can be illustrated by so-called agentcausation theories. The indeterministic processes in which free agency is involved are not "random" if they result from, or are exercises of, a distinctive form of causation by the agent. These processes are uniquely attributable to the agent as their source. This form of causation cannot in principle exist in a deterministic world. Hence, if the negative condition of indeterminacy is not met, necessarily, the positive condition of agent causation is not met.3 Non-conjunctive views of this sort are generally thought to be problematic. I have nothing to add to this discussion here. For my metaphysically purposes, the important point is that many libertarians (among them Wiggins and Kane) have felt the force ofthat charge. This accounts for the appeal of conjunctive views. In addition to more
junctive view,
Toward a Reasonable Form of Libertarianism, pp. 292. Some might disagree, arguing that practical intelligibility itself precludes determinism. I discuss this briefly in the introductory essay to Free Will, ed. Gary Watson, Oxford, 1982. Richard Taylor is an exception here; see his Action and Purpose, Prentice Hall, 1960.
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that charge. This accounts for the appeal of conjunctive views. In addition to indeterminacy, which is in any case in harmony with current scientific understanding, the positive conditions are no more problematic than the ordinary framework of intentional explanation in which we conduct our lives and define what's important in human life. Our concern for freedom need not lead us into metaphysical extravagance. This response is developed more recently by Robert Kane, who makes it a constraint on any satisfactory theory of freedom that the theory satisfy the "Free Agency Principle". This principle is laid down precisely to avoid the intelligibility problem. The principle denies any "appeal to categories or kinds of entities...that are not also needed by non-libertarian (compatibilist or determinist) accounts offree agency... "(116). By definition, libertarians posit indeterminacy, but "these undetermined events or processes will not otherwise be of categories or ontological kinds that do not also play roles in non-libertarian accounts of free agency (such as choices, decisions, efforts, practical judgments, and the like) the difference being that in nonlibertarian theories, these events or processes need not be undetermined". (116) -
I shall call any libertarian view that submits to the strictures of the Free
Agency Principle soft libertarianism. In contrast, "hard" libertarians admit or insist that the metaphysical implications of free agency are far-reaching. My thesis is that libertarianism cannot be so easily domesticated.' I want to say about libertarianism what James Joyce said somewhere about Christianity. If you are going to be a Christian at all, he said, you should go all the way to Catholicism. Nothing in between makes sense. If you are going to be a libertarian, I think, you are going to have to
pay the costs. It is hard libertarianism or nothing. Soft libertarianism is vulnerable to an objection common to all conjunctive views. In contrast to the hard versions, the problem is not that it sets out conditions that are empty, incoherent, or unintelligible; the problem is that soft libertarian views cannot give a proper account of the significance of indeterminacy. Soft libertarianism analyzes free agency as a conjunction of indeterminacy and some further conditions, c, which could in principle obtain in a deterministic world. Hence, compatibilists can consistently accept c as sufficient for free agency. Let us call a world that meets these further conditions a C-world. The compatibilist can say: any C-world includes free agency. Incompatibilists must say: only C-worlds that also satisfy ; permit free agency. What is incredible, I submit, is that the mere addition of to a indeterminacy C-world could have the significance soft libertarians attribute to it. The basic incompatibilist intuition is something like this: determinism is inconsistent with the existence of certain human capacities and powers (call them "autonomy" or "self-determination") that are central to the meaning and dignity of human life. The information that we inhabit a C-world is not enough to tell us whether or not we enjoy these powers or are doomed to utter impotence and emptiness. What is incredible is to As I said earlier, the considerations I develop below are familiar from the history of the subject. Here I draw upon some of my own earlier presentations, including Free Action and Free Will, Mind, 1987. See more recently, Richard Double, The Non-Reality of Free Will, Oxford, 1991, p. 58.
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Compatibilism
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suppose that these values are somehow secured by the mere negative truth that some of the relevant events and processes are indeterminate. If c ¡s not enough to ground those values, introducing i will not do it either. Let's press this question against Wiggins's version of soft libertarianism. If having a practically intelligible life is not enough for autonomy in a deterministic world, how can indeterminacy restore that vaunted capacity? Adding the fact that my conduct is not determined by antecedent conditions does not transform practical intelligibility into self-determination or autonomy. Therefore, the difference between two agents, one of whom meets condition c only, and the other of whom meets c & i, is not a difference between someone who lacks and someone who has that special capacity; mere indeterminacy could not make that kind of difference. To put it slightly differently, incompatibilism arises from a worry about the sources of human action. On a conjunctive view, those who meet c-conditions might still fail altogether to be sources of their own conduct or wills. But adding to c the negative fact that our conduct lacks certain sources (indeterminacy) cannot make one any more of a source than one would be in a mere C-world. The conclusion is quite general. The relative metaphysical modesty of soft libertarianism is not after all an advantage; for it cannot get what libertarians want without a kind of alchemy. Any theory that is adequate to explain the significance of indeterminacy must have a non-conjunctive structure the absence of indeterminacy must imply that something else will be missing in the biographies of individuals. This condition is met, for example, by classical agent-causation theories. The negative requirement that the will not be causally necessitated by antecedent events is dictated, on those views, by the positive requirement that the will be determined by the agent. Hence, this argument is not against libertarianism as such. The standard objection to what I am calling hard libertarianism is that it appeals to empty or incoherent or irredeemably obscure conditions. In contrast, soft libertarian conditions might well be perfectly clear and satisfiable. The problem is that the satisfaction of the conditions that it lays down do not add up to a distinctively libertarian free agency. From the perspective of hard libertarianism, they do not add up to true freedom at all; from a compatibilist perspective, if they add up to free agency at all, the indeterminacy condition is redundant. If the positive conditions are such that they might obtain in a deterministic world, then they will be too weak to answer to the incompatibilist demands of the doctrine. Robert Kane's version of soft libertarianism is much more complex and detailed than the one sketched by Wiggins. Here I can only highlight the features of the view that are most relevant to the issue. On Kane's account, the indeterminacy in free will must be located in the relation between desire and choice, or reason and intention.1 What is required in addition is what Kane calls 'ultimate responsibility'. He makes a good case for saying that it is this notion that underlies incompatibilism. It is this phenomenon that is putatively impossible in a deterministic world. It is therefore crucial to keep track of how it is suppose to emerge on Kane's scheme. -
The
Significance of Free Will, p. 27.
Gary Watson
64
His account of ultimate responsibility which he defines in this way:
depends on a notion of personal responsibility,
"An agent is personally responsible for an occurrence of an event or process E just in case the agent voluntarily did or omitted to do something (call this action or omission A); the agent
could have avoided voluntarily was E's occurrence."
He then characterizes ultimate
Aing;
and the
agent's Aing
either
causally contributed
to or
responsibility as follows:
agent is ultimately responsible for the occurrence of E only if (R) the agent is personally responsible for E's occurrence, and (U) for any X, if X is a sufficient cause or ground or explanation of A, the agent is personally responsible for X."' "An
Note several points. First, Kane emphasizes that clause (R) is to be interpreted in a way that doesn't require incompatibilism; agents can be personally responsible for events in a deterministic world. This is in accordance with the Principle of Free Agency, stated earlier. Note also that this formulation is only a partial characterization of UR by way of a necessary condition. It says roughly that you are ultimately responsible for something only if it has no sufficient causes for which you are not personally responsible. From UR (and the assumption that there can be no infinite regress of voluntary actions), Kane infers that some of the voluntary actions for which a free agent is personally responsible must be undetermined. "Let us call these", he stipulates, "self-forming actions".3 This stipulation reflects a central theme of the book: that, in virtue of such undetermined actions, we determine and thereby bear responsibility for what kind of
people we become (for our characters).4 While Kane might by this stipulation
be restricting the term 'self-forming actions' to indeterminate or undetermined actions, the Free Agency Principle requires that these self-forming activities be in themselves compatible with determinism. What is undetermined here (willing this or that) is part of the C-world. In his gloss on the Free agency Principle, Kane explicitly says that choices, acts of will and the like "might be undetermined, but we are not to assume that they cannot be determined in principle, merely by
:
4
To make them clearer to myself, I deviate slightly from Kane's own formulation UR on p. 35. I hope I do not thereby distort his meaning. One reason why it is not sufficient is that the characterization of personal responsibility is much too weak for moral responsibility, as Kane acknowledges (p. 180). For example, it ignores questions of foreseeability. If someone voluntarily but innocently turned a light switch that initiated a complicated causal chain culminating in an explosion in a distant city, she would be personally responsible on Kane's account. We would never hold her responsible unless she knew what she was doing, or ought to have known. Perhaps Kane thinks of himself as setting out all the non-normative criteria for responsibility. But I suggest below that there are non-normative deficiencies here as well; the conditions are also insufficient in virtue of their failure to guarantee uniqueness. Kane eventually identifies this activity with willing: The Significance of Free Will, p.74. This stipulation is somewhat presumptuous at this point of the argument. UR does not entail that any of the actions for which we are responsible have this self-forming property. I'll return to the issue of responsibility for character below.
Soft Libertarianism and Hard Compatibilism
65
the kind of acts they are" (p. 118). Free agency, on this account, consists in a conjunction of indeterminacy plus activity of a kind that might exist in a deterministic world. To put it another way, on Kane's account, ultimate responsibility is non-ultimate re-
sponsibility plus indeterminacy.
Consider two worlds, both of which are full of folks who are personally responsible for a great deal of what they do. The lives of those in the first world will nonetheless be altogether empty of dignity, autonomy, creativity, objective value, praise and blameworthiness, in short true responsibility, whereas the lives of those in the second world will have all of these things not because of any differences at all in the difficulty or nature of their struggles and opportunities, or the content of their choices and aspirations, or the character of their achievements and failures, but solely because the second world is subject to indeterminacy. This difference alone invests human beings in the second world with what Kane calls the "power ...to be ultimate creators ...of their own ends and purposes" (32). Then and only then can they possess "a worth for their existence that transcends transitory satisfactions" (101). This view seems to me to be open to something very close to the original objection. That objection was indeed mistaken to claim that indeterminacy implied randomness in a sense that precludes responsibility and control. But a correct point underlies this worry: that if meeting conditions c (practical intelligibility, the possession of full plural voluntary control over one's willings, or whatever else is supposed to be constitutive of free agency besides indeterminacy) is not enough to give creatures the power to be "ultimate creators", merely adding indeterminacy will not suffice. The mere absence of causation (which is consistent with randomness) could not transform a compatibilistic personal responsibility (a C-world) into something with this import. Again, unlike the original objection, this argument is directed only against conjunctive views. Hard libertarians can themselves press this point against their cousins. For them, it is not indeterminacy by itself that makes the difference: indeterminacy is a corollary of the powers in which free agency consists. -
2.
Ultimacy and Uniqueness I want now to take up, briefly, another feature of Kane's treatment of ultimate responsibility: namely, that as it stands, it doesn't guarantee uniqueness. This is troubling for a number of reasons. Consider Kane's example of the woman who is in conflict about whether to stop to help a victim of assault or to push on to a business meeting that's very important to her. Suppose she decides to help, and that this decision meets the conditions for personal responsibility and is moreover undetermined. Her decision is therefore a self-forming activity for which she is ultimately responsible. But suppose her mother's moral teachings about the importance of altruism made a "causal contribution" to the daughter's decision. They were an input that increased the probability that the daughter would choose altruistically; they inclined without necessitating. Suppose these teachings were undetermined activities for which her mother was Then the ultimately responsible. mother's teachings satisfy UR. On this account, the mother is ultimately responsible for the daughter's decision for the same reason the daughter is.
Gary Watson
66
In general, any agent whose undetermined voluntary actions make a causal contribution to an event satisfies this condition for ultimate responsibility. Typically, these will be numerous. Perhaps this failure to guarantee uniqueness is one reason why Kane thinks of UR as only a necessary condition. But it is a significant lacuna. To be sure, it is not implausible to suppose that the mother shares some responsibility for her daughter's choice. On the contrary, responsibility is widely distributed throughout the moral culture. But I don't think this gives Kane what he wants: the sense in which the daughter is not only directly responsible for the decision, but responsible in a primary way that no one else could be. Whether or not the concept of ultimacy itself implies uniqueness, Kane's project requires it. He speaks of "a personal responsibility that is also ultimate in a strong sense: the agent and no one and nothing else has ultimate responsibility for the resolution of the conflict in his or her will" (p. 180). To be sure, only the daughter is directly responsible for her decision. But on Kane's account, ultimacy is not always direct. This point plays a very large role in his account of responsibility for character: His reply, for example, to the case of Luther's "I can do no other" is to say that Luther is ultimately responsible for his stand, even if his character leaves no alternatives, because he is ultimately responsible for his character-forming acts. Perhaps so. However, this reply places the character-forming acts of the young Luther on a par with the moral training by his elders. We may suppose that all of these are voluntary acts that influence the mature Luther's choices. Once again, we do bear some responsibility for the next generation. The difficulty is that Luther is responsible for his mature acts, and his acts in character, in a way in which his elders never could be. As it stands, Kane's theory cannot account for this. One wonders whether any soft libertarian account of ultimate responsibility could do so. This points to a general limitation of the common "tracing" strategy to explain responsibility for acts done in character. The best that can be done on such a view will be to appeal to an influence on an agent's character that she shared to some degree with many other people. Even if a person's vicious character can be traced in part to an earlier pattern of heedless activity, she will then be blameworthy for a kind of negligence or recklessness, a charge that applies equally perhaps to her parents.1 The tracing strategy is simply too weak to yield all we want.
3. Hard Compatibilism Because of their disagreement about what Kane calls ultimate responsibility, compatibilists believe, whereas incompatibilists deny, that free agency can emerge by causal necessitation from conditions of non-responsibility. For the compatibilist, the constitutive conditions of free agency do not conceptually depend on their origins. In this sense, free and responsible agency is not an historical notion. Consequently, compatibilism is committed to the conceptual possibility that free and responsible agents, and free and responsible exercises of their agency, are products of super-powerful designers. For consider any compatibilist account of the conditions of free agency, c. It is possible for I make this
point
in
Responsibility
and the Limits of
Emotions, ed. by F. Schoeman, Cambridge 1987.
Evil, in: Responsibility, Character, and the
Soft Libertarianism and Hard Compatibilism
67
causally deterministic world. Then it is possible that a super-powerful being intentionally creates a C-world, by bringing about the relevant antecedent conditions in accordance with the relevant laws. This possibility follows from the general point that the conditions of responsibility do not necessarily depend upon their causal origins. (I ignore for a moment certain conceptual and epistemological difficulties that I consider briefly below.) This implication is for the incompatibilist a reductio ad absurdum. It becomes a premise in what I call the robot argument. If we define a robot as a creature whose existence and detailed "program" was brought about by design, then the foregoing reasoning commits compatibilists to the possibility that free agents are robots. And surely that is absurd, incompatibilists say. To be completely the product of design in this way is to be an artifact, and this is surely a responsibility-undermining factor.1 Some writers seem to be tempted to accommodate this complaint by acknowledging a distinction between determination by natural causes and purposeful determination. They want to be compatibilists about the former but not about the latter. Following Kane, let's call them "soft compatibilists". Kane rightly complains that this distinction seems arbitrary. For it is hard to see what differences there could be between the natural and purposeful forms of determination that would be relevant to freedom and control. The argument of the first section reinforces this conclusion. If purposeful determination of one's actions by another agent undermines freedom, so does determination by the natural world. Soft compatibilism isn't really a viable option. We can put this in the form of a dilemma. One alternative is to "bite the bullet", as Kane puts ¡t, insisting that free agents might indeed be the products of manipulation by designers. Many would agree with Kane that this is "a hard line indeed, and one that I think is also hard to accept" (p. 67). Or else free agency must be admitted to be at least partly an historical concept: agents are free if and only if they meet conditions c ...(perhaps inter alia) and c is not determined by the design of another agent. But this admission is the thin edge of a wedge that inevitably makes way for the full force of historical considerations. So this option is theoretically unstable. The intuition to which it responds is incompatibilist. The only good reason for thinking that purposeful determination undermines freedom is a reason for thinking the same in the natural case that it violates something like the principle of ultimate responsibility. In "Three Concepts of Free Action I",2 Don Locke uses something like the robot argument against Harry Frankfurt's position. The idea of a "devil/ neurologist" who ensures our every action and desire is clearly inconsistent, Locke urges, with c
to obtain in a
-
"the idea that it is up to the agent, within his control, not merely what he does but also which wants, and in particular which second-order volitions, he has".3
3
In one version or another, this reasoning is common. The "nefarious neurosurgeon" objection is a familiar instance. Proceedings of the Aristotelian Society, Supplementary Volume XLIX (1975), pp. 95-112 (reprinted in John Martin Fischer, Moral Responsibility, Ithaca, 1986, pp. 97-112). Three Concepts of Free Action I, pp. 106 of the Fischer reprinting.
Gary Watson
68 In his response, Frankfurt indeed bites the bullet:
paradox in the supposition that a (devil/neurologist) might create a morally free might be reasonable, to be sure, to hold the d/n too morally responsible for what his free subject does, at least insofar as he can fairly be held responsible for anticipating the subject's actions. This does not imply, however, that full moral responsibility for those actions "There is
no
agent. It
subject".1 What determines the application of the concepts of what is up to or within the control of the agent "is not so much a matter of the causal origins of the states of affairs in question, but (one's) activity or passivity with respect to those states of affairs" (p.54). John Fischer also criticizes the views of Frankfurt and some others for failing to be sensitive to historical considerations.2 Fischer thinks the problem is that Frankfurt's hierarchical view defines responsibility as a "mesh" between behavior and volitional elements and is therefore purely structural. For this reason it is inescapably vulnerable to certain counterexamples. In defining responsibility in terms of some features of a "current time-slice" of the agent, it ignores how those features come about. But some ways of bringing those about, say by manipulation of the agent's brain, or indoctrination, are plainly incompatible with attributions of responsibility. An adequate theory of responsibility, he thinks, must be historical keeping one eye on the past, to ensure that the actual sequence does not include any responsibility undermining causes.3 To take the measure of this criticism, it is crucial to distinguish two senses of in which a theory of free agency and responsibility might be said to be "historical". In one sense, I've been stressing, any compatibilist theory must be. But another sense is suggested by the contrast between structural (or "mesh") theories and their rivals. may not also be ascribable to the
-
First of all, I don't think Frankfurt's view is best understood as a "current time-slice" theory. Frankfurt has an origin or authorship theory, according to which conduct for which the individual is responsible originates in volitional processes of a certain character. This is an account of responsibility in terms of processes, not in terms of static structural relations. Consider Frankfurt's use of the example of the willing addict, an example that's supposed to show the possibility of responsibility without alternative possibility. "What the willing addict's action reveals about him is the same as what is revealed by the action of the non-addict (who takes the drug). It is not the same as what the action of the unwilling addict reveals" (p.51). On Fischer's construal of Frankfurt, what is common to the willing addict and the non-addicted drug user is something about the structure of the
Three Concepts of Freedom, in: The Importance of What We Care About, Cambridge 1988, p. 54. Parenthetical page references to Frankfurt in the text are to this essay. The following pages make use of some passages from my Some Worries about SemiCompatibilism, forthcoming. The Journal of Social Philosophy. See Responsiveness and Moral Responsibility, in: Responsibility, Character, and the Emotions, ed. by F. Schoeman, Cambridge, 1987, pp. 103-105; and The Metaphysics of Free Will, Blackwell, 1994, pp. 208.
Soft Libertarianism and Hard Compatibilism
69
time-slice. I interpret the remarks differently. What is revealed is the endorsement of the action. And this is not merely a structural notion. If the intervention of the devil/neurologist is continuous and total, Frankfurt thinks "the subject is not a person at all. His history is utterly episodic and without inherent connectedness (like a marionette)". On the other hand, he goes on to say, if the manipulator "provides his subject with a stable character or program", then the being "may become morally responsible assuming bility for his desires:
he is
suitably programmed" by taking responsi-
"In virtue of a person's identification of himself with one of his own second order desires, that desire becomes a second-order volition. And the person thereby takes responsibility for the pertinent first- and 2nd order desires and for the actions to which these desires lead him."2
These notions have no application to a "time-slice". Perhaps Fischer is right to think that the processes Frankfurt takes to constitute taking But that does not impugn responsibility are insufficiently diachronic to do the Frankfurt's insistence upon ahistoricity in his response to Locke. The point here, to which all compatibilists must assent, is that the responsibility-conferring features of the actual processes are identifiable without any further reference to the history (the causal story) regarding the features so identified. And if it makes sense to imagine that the cconditions might be brought about by design, it makes sense to think that the life of a free and responsible agent can be the product of design on the part of another agent. A hard compatibilist, I conclude, is the only kind of compatibilist to be. How hard is that? It is in many ways puzzling. To think of oneself as at once a full fledged free agent and as a creature whose every move, every hope and scheme is a part of another's plan is certainly vertiginous. To begin with, the presuppositions of this might not be thought fully coherent. It presupposes, for one thing, a tight unity among what are for us disparate conceptual schemes. There would have to be a blueprint detailing the relation between the hardware, the software, and the social/normative contexts in which human beings dwell. And the designer would have to have a detailed command of these schemes. All of this is not obviously intelligible. Here is one of many places where the dispute turns on contested points in philosophy of mind.
job.3
In The Faintest Passion
(Proceedings and Addresses of the American Philosophical Association, 1992, vol. 66, pp. 5-16), Frankfurt suggests that in certain cases "identification" may consist in no more than being satisfied with (not being dissatisfied with) one's desires. This may seem to be a static, structural condition, but I suggest that satisfaction in this negative sense can amount to iden-
tification only
against a background of active endorsement. I do not take Frankfurt to mean a being who merely meets this negative condition would therefore be a free and responsible agent. Three Concepts of Free Action, p. 53. Frankfurt speaks of taking responsibility elsewhere: "there is an important sense in which he takes responsibility for the fact of having the desire... when he identifies himself with it. Through his action in deciding, he is responsible for the fact that the desire has become his own in a way in which it was not unequivocally his own before" (Identification and Wholeheartedness, in: The Importance of What We Care About, 170). For Fischer's most recent discussion of this point, see (with Mark Ravizza) Responsibility and Control, Cambridge 1997.
Gary Watson
70
Furthermore, one's relation to the designer is highly puzzling. Should a fully free moral agent think of herself as a moral equal of her maker? Should she in fairness share blame and credit with the designer for her merits and faults? But how can that be compatible with the free agent's view of herself as the author of her deeds? The issues, as I say, are unsettling. But unless there are difficulties with the coherence of the idea of designing a free agent that don't apply to the very idea of a deterministic world (in which case, both compatibilism and incompatibilism are misconceived), the compatibilists are stuck with it. Is this a decisive reason for rejecting their philoso-
phy?
This problem is made more difficult to think about by the rhetorical strategies of the critics of hard compatibilism. Although his discussion is generally marked by an admirable fairness to opposing points of view, Kane's exemplars of hard compatibilists Hobbes and Skinner seem to have been chosen for their shock value. The rhetorical strategy here is to insinuate that hard compatibilists must have a view of human beings like theirs, which is of course bad. Moreover, speaking of the "robot argument", as I have, tends to activate all kinds of irrelevant "intuition pumps", to use Daniel Dennett's phrase. Think of what is conjured up by speaking of human beings as "robotic". In the passage quoted above, Frankfurt cautions against seeing the creature as a marionette which is directly (or indirectly) manipulated by its maker. A more appropriate image (minus the assumption of benevolence) seems to me to be that of a Leibnizian God actualizing a C-world. On this image, God doesn't manipulate or control his creatures at all. He creates them by instantiating a world of a specific character, a world This containing free and responsible picture has always provoked theological, moral and metaphysical controversy, but it has never as far as I know been widely taken as a reductio. What seems in the abstract like a responsibility-undermining history might seem so only because it abstracts from the constitutive properties of what is supposed to emerge (by design or not) from that history. If we fill out these histories, according to compatibilism, some will be responsibility-undermining, some not. If not, that will be because the design fails to realize some of the c-conditions, not because it is deterministic. That at any rate is the compatibilist's burden. I haven't tried to add to the arguments for thinking it can be discharged. But I do to have made it plausible that neither hope soft libertarianism nor soft compatibilism are credible options. The philosophical alternatives for those who take freedom seriously (as I think we all must, in practice) are hard. -
-
agents.1
Indeed, it is hard to out
see
how
designing a whole world.
a
designer could determine a creature's every thought and action with-
Über Zwang Peter Baumann
In „Freedom of the Will and the Concept of a Person" unterscheidet Harry Frankfurt zwischen Handlungsfreiheit und Willensfreiheit: „freedom of action is (roughly, at least) the freedom to do what one wants to do. Analogously, then, the statement that a person enjoys freedom of the will means that he is free to will what he wants to will, or to have the will he wants".1 Frankfurt weist daraufhin, daß Handlungsfreiheit weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung für Willensfreiheit ist (und damit auch Willensfreiheit weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung für Handlungsfreiheit). Man kann die Freiheit haben zu tun, was man auf unfreie Weise will, und man kann unfrei sein, das zu tun, was man in freier Weise will. Wer eine solche Unterscheidung macht, legt nahe, daß zu einer philosophischen Theorie der Freiheit zwei Teile gehören: eine Theorie der Willensfreiheit und eine Theorie der Handlungsfreiheit. Frankfurts Theorie der Willensfreiheit hat (zu Recht) viel Aufmerksamkeit erregt. Anders sieht es mit dem Thema „Handlungsfreiheit" aus, wozu Frankfurt bisher weniger gesagt hat. Sehr wichtige Ansätze dazu finden sich in dem Aufsatz Coercion and Moral Responsibility.4 Da Zwang und Freiheit anscheinend nicht miteinander vereinbar sind, verspricht die Analyse von Zwang indirekt Erkenntnisse über Freiheit; insbesondere verspricht die Analyse von Handeln unter Zwang Erkenntnisse über Handlungsfreiheit. Im folgenden will ich für zwei Behauptungen argumentieren. Zum einen überzeugt Frankfurts Analyse von Zwang letztlich nicht. Dies liegt zum anderen auch daran, daß er keine überzeugende Konzeption der Freiwilligkeit des Handelns und des Zusammenhangs von Zwang und Freiwilligkeit liefert. Dies klingt negativ, aber man kann Frankfurts Überlegungen zugleich auch positiv nutzen (und anders, als er selbst es tut). Ich werde zum einen versuchen, unter Verwendung Frankfurtscher Überlegungen eine plausiblere Konzeption von Zwang vorzuschlagen. Dabei wird sich herausstellen, daß Zwang ein recht heterogenes Phänomen ist. Zum anderen werde ich in Auseinan...
-
Frankfurt, Freedom of the Will, 20.
Vgl. Frankfurt, Freedom ofthe Will, 20. Sehr viel und sehr viel Wichtiges hat Frankfurt
aber über das Verhältnis von moralischer Verantwortlichkeit und Anders-Handeln-Können (was oft als Freiheit verstanden wird) zu sagen (vgl. Frankfurt, Alternate Possibilities, Iff; Frankfurt, What We Are Morally Responsible for, 95ff). Vgl. Frankfurt, Coercion, 26ff.
Peter Baumann
72
dersetzung mit Frankfurts Ausführungen dazu zumindest einige Bemerkungen über Freiwilligkeit und ihr Verhältnis zu Zwang machen. Dazu können hier allerdings nur einige Andeutungen vorgestellt werden, die als Adäquatheitsbedingungen für eine noch näher zu entwickelnde Konzeption von Handlungsfreiheit verstanden werden sollten. Auch wenn Frankfurt selbst mit seinen Überlegungen zu Zwang keine Konzeption von Handlungsfreiheit entwickeln wollte sondern sie statt dessen in den Rahmen seiner -
Theorie der Willensfreiheit stellte den.
1.
lassen sie sich doch gut -
-,
zu
diesem Zweck
verwen-
Drohungen und Angebote
Frankfurt
beginnt mit einer Analyse von Drohungen und Angeboten. Diese beiden Ardas im Folgenden nennen will) üben ihm zufolge nämBedingungen Zwang aus. Zunächst: Was sind Drohungen und
ten von „Vorschlägen" (wie ich lich unter bestimmten
Angebote und was unterscheidet sie? Ein Beispiel für eine Drohung ist die Äußerung des folgenden Satzes: -
-
„Wenn Du nicht aufhörst zu schreien, Ein
setzte
ich Dich an der nächsten Ecke ab!"
Beispiel für ein Angebot ist die Äußerung des folgenden Satzes: „Wenn Du mir Deinen Fernseher leihst, zahle ich Dir ein Eis!"
Wesentlich für
Drohungen wie Angebote ist, daß sie eine Absicht, in bestimmter Weise handeln, zum Ausdruck bringen (jemanden an der nächsten Ecke abzusetzen; ein Eis auszugeben), und zwar eine konditionale Absicht: die Absicht, etwas zu tun (oder zu zu
unterlassen),
wenn bestimmte Bedingungen, nämlich ein bestimmtes Verhalten der anderen Person, gegeben sind (die andere Person weiter schreit, den Fernseher Frankfurt weist auf einen wichtigen Punkt hin, wenn er sagt, daß Drohungen wie Angebote nicht nur konditionaler, sondern auch bikonditionaler Natur sind.2 Die „Wenn Du nicht aufhörst zu schreien, setzte ich Dich an der nächsten Ecke ab!" ist nur dann eine Drohung, wenn der Sprecher die andere Person nicht an der nächsten Ecke absetzt, wenn sie aufhört zu schreien,- wenn der Sprecher die andere Person also nicht in jedem Fall an der nächsten Ecke absetzt. Zur obigen Drohung gehört also auch folgendes Konditional:
ausleiht).1 Äußerung:
„Wenn Du aufhörst zu schreien,
setze ich Dich nicht an der nächsten Ecke ab!"
Ähnlich ist die
Äußerung „Wenn Du mir Deinen Fernseher leihst, zahle ich Dir ein Eis!" nur dann ein Angebot, wenn der Sprecher kein Eis ausgibt, falls die andere Person ihren Fernseher nicht hergibt wenn er also nicht auf jeden Fall ein Eis spendiert. Zum obigen Angebot gehört also auch folgendes Konditional: -
2
Der Bezug auf eigenes wie fremdes Handeln ist wesentlich: „Wenn Du nicht aufhörst zu schreien, wird das Wetter schlecht!" ist ebensowenig eine Drohung wie „Wenn das Wetter gut bleibt, gebe ich ein Eis aus!" ein Angebot ist. Ähnlich verhält es sich natürlich erst recht mit überhaupt nicht handlungsbezogenen Konditionalen wie „Wenn es regnet, wird die Straße naß". Vgl. Frankfurt, Coercion, 27.
Über Zwang
73
„Wenn Du mir Deinen Fernseher nicht leihst, zahle ich Dir kein Eis!" Die Grundform Ich
von
Drohungen wie Angeboten ist also folgende:
beabsichtige zu Xen genau dann, wenn Du Zst!
Sowohl bei Drohungen wie auch bei Angeboten ist dem, der den Vorschlag macht, die eine Alternative (Ich Xe, Du Zst) lieber als die andere (Ich Xe nicht und Du Zst nicht). Der Drohende bzw. Anbieter macht seine bikonditionale Absichtserklärung mit der („Meta"-) Absicht, daß der Adressat dadurch dazu bewegt wird, das vom Vorschlager favorisierte Verhalten zu zeigen. Eine Drohung oder ein Angebot ist nur erfolgreich, wenn beide Seiten das Xen und Zen einerseits dem Nicht-Xen und Nicht-Zen andererseits vorziehen: wenn, in den obigen Beispielen, beide Seiten das ruhige Weiterfahren dem lauten Rauswurf bzw. den Fernsehverleih mit Eisessen dem Nichtverleih ohne Eis vorziehen. Außerdem setzt jemand, der eine Drohung oder ein Angebot macht, voraus, daß der Adressat einigermaßen rational reagiert und entsprechend seinen Präferenzen und Mittel-Zweck-Annahmen auf den Vorschlag reagiert. Deswegen ist eine Drohung wie „Wenn Du jetzt vernünftig auf mich reagierst, dann wird es Dir aber schlecht ergehen!" paradox. Und nicht umsonst ist z.B. ein Drohender gegenüber einer irrationalen Person machtlos. Worin besteht nun aber der Unterschied zwischen Drohungen und Angeboten? Diese Frage ist deshalb wichtig, weil beide Arten von Vorschlägen ein unterschiedliches Verhältnis zu Zwang haben und somit die Analyse ihres Unterschiedes Aufschluß über Zwang verspricht. Entscheidend für den Unterschied ist die Frage, ob es dem AdressaFrankfurt hält Bikonditionalität
allerdings nicht für eine notwendige Bedingung für Drohungen Angebote (vgl. Frankfurt, Coercion, 27); dies leuchtet aber nicht ein. Frankfurt meint, daß der Vorschlagende offen lassen könne, ob er Xt, wenn der Andere Zet. Als Angebot oder Drohung wirkt eine Ankündigung allerdings nur in dem Maße, in dem der Andere es für wahrscheinlich hält, daß der Vorschlagende Xt, wenn er selbst Zet. Das alles spricht nicht dagegen, daß im obigen Beispiel der Sprecher der anderen Person auch ein Eis spendieren kann, wenn sich plötzlich herausstellt, daß beide im Lotto gewonnen haben,- selbst wenn der Andere seinen Fernseher nicht ausleiht. Und umgekehrt kann der Sprecher plötzlich eine schlechte Nachricht bekommen und dann keine Lust mehr haben, ein Eis auszugeben,- selbst wenn der Andere seinen Fernseher ausleiht. Trotz dieser Möglichkeiten ist das Bikonditional „Ich werde Dir ein Eis spendieren genau dann, wenn Du mir Deinen Fernseher leihst!" angemessen, und zwar insofern, als Möglichkeiten wie die Erwähnten für die Beteiligten sehr unwahrscheinlich sind. Das Bikonditional ist nämlich von vornherein nur im Kontext für die Beteiligten naheliegender Möglichkeiten zu verstehen. Wenn der Vorschlagende ein Angebot (eine Drohung) machen will, der Adressat sich aber aus dem Angebotenen (dem Angedrohten) gar nichts macht, dann handelt es sich nicht wirklich um ein Angebot (um eine Drohung). Das Vorliegen eines Angebots (einer Drohung) setzt voraus, daß das Angebotene (das Angedrohte) für den Adressaten wünschenswert (unerwünscht) ¡st. Ob etwas ein Angebot (eine Drohung) ist oder nur der Versuch dazu, hängt also von den Präferenzen des Adressaten ab. Abgesehen davon muß ein Angebot (eine Drohung) als Angebot (Drohung) gemeint sein bzw.
und auch
so
verstanden werden.
74
Peter Baumann
ten mit dem Vorschlag besser oder schlechter geht als ohne den noch etwas genauer gefaßt werden. Im Falle von Drohungen wie
Vorschlag.1 Dies muß Angeboten ist zu
be-
trachten, wie es dem Adressaten ergeht, wenn er a.) auf den Vorschlag eingeht (und der Vorschlagende seine Ankündigung wahr
macht), b.) den Vorschlag zurückweist (und der Vorschlagende seine Ankündigung wahr macht), c.) der Vorschlagende den Vorschlag fallen läßt oder d.) der Vorschlag gar nicht gemacht worden wäre (und alles beim alten geblieben wäre).
Im Falle von Angeboten liegt der Adressat vorausgesetzt er ist rational und geht nur auf attraktive Angebote ein mit a.) besser und mit b.) und c.) nicht schlechter als mit d.). Wenn der Fernseherbesitzer im obigen Beispiel aufgrund seiner Präferenzen Anlaß hat, auf den Vorschlag einzugehen, dann geht es ihm damit (mit Eis und ohne Fernseher) besser als wenn der Vorschlag gar nicht gemacht worden wäre (und weder ein Eis spendiert noch der Fernseher verliehen worden wäre). Wenn aus dem Vorschlag doch nichts wird (etwa, weil der Vorschlagende es sich anders überlegt) oder der Adressat doch nicht darauf eingeht (z.B., weil er sich wenig aus Eis macht), dann geht es dem Adressaten zumindest nicht schlechter als wenn der Vorschlag gar nicht gemacht worden wäre. Deshalb handelt es sich hier um ein Angebot. Im Falle von Drohungen liegt der Adressat wieder Rationalität vorausgesetzt mit a.) und mit b.) schlechter und mit c.) weder schlechter noch besser als mit d.). Wenn der Schreihals im obigen Beispiel Grund hat, auf den Vorschlag einzugehen, dann geht es ihm damit schlechter (Ruhigbleiben und Weitermitfahren) als wenn der Vorschlag gar nicht gemacht worden wäre (und er ungehindert hätte weiterbrüllen können, ohne aus dem Auto geworfen zu werden). Auch wenn der Adressat nicht auf den Vorschlag eingeht (etwa, weil er ein Dickkopf ¡st), dann geht es ihm bei Realisierung der Ankündigung des Vorschlagenden (Rauswurf des Beifahrers) schlechter, als wenn der Vorschlag gar nicht gemacht worden wäre (und er brüllend hätte weiter mitfahren dürfen). Wenn schließlich der Vorschlagende einen Rückzieher macht (z.B., weil er nicht so „autoritär" sein will), dann geht es dem Adressaten weder schlechter noch besser als wenn der Vorschlag gar nicht gemacht worden wäre (etwaige Schadenfreude über einen etwaigen Imageverlust des Vorschlagenden einmal beiseite gelassen). Deshalb handelt es sich hier um eine Drohung. Kurz: Bei Angeboten steht der Adressat nicht schlechter da wenn nicht besser als bei Unterbleiben des Vorschlags; bei Drohungen steht der Adressat nicht besser wenn nicht schlechter da als bei Unterbleiben des Vorschlages. Berücksichtigt man nur den beabsichtigen und vielleicht paradigmatischen Fall a.), so könnte man sogar sagen, daß der Adressat bei Angeboten typischerweise besser und bei Drohungen scherweise schlechter dasteht, als wenn der Vorschlag unterblieben wäre. Das typierklärt, -
-
-
-
-
-
-
-
zum Folgenden: Nozick, Coercion, 447, sowie, in kritischer Auseinandersetzung mit Nozick: Frankfurt, Coercion, 3If. Die folgende Erklärung des Unterschiedes von Angeboten und Drohun-
Vgl.
gen ist
inspiriert, aber auch deutlich verschieden von Nozicks wie von Frankfurts Ausführungen.
Über Zwang
75
Drohungen anders als Angebote unerwünscht für den Adressaten sind. Diese Unterscheidung von Drohungen und Angeboten kann nun als Ausgangspunkt für eine Analyse des Begriffes des Zwangs dienen. warum
2.
Zwingende Angebote
Frankfurt jedoch lokalisiert die Differenz an anderer Stelle und zwar auf für das Folgende interessante Weise. Er geht von dem Beispiel eines Metzgers aus, der die Fleischpreise erhöht. Normalerweise würden wir sagen, daß der Metzger ein Angebot an seine Käufer macht, allerdings ein weniger Gutes als zuvor. Aber auch Angebote, die schlechter werden, bleiben immer noch Angebote. Was aber, wenn wir davon ausgehen, daß der Metzger ein Monopol hat, der Kunde sterben würde, wenn er kein Fleisch bekäme, und der Metzger einen Wucherpreis verlangt? Frankfurt zufolge würde es sich dann nicht mehr um ein Angebot, sondern um eine Drohung handeln. Hinreichende Bedingungen dafür, daß ein Vorschlag eine Drohung ist, sind demzufolge Angewiesenheit, Bedürftigkeit und Ausbeutung, oder, wenn man die ersten beiden, eng miteinander zusammenhängenden Bedingungen als „Abhängigkeit" zusammenfaßt: das Aus-
nutzen einer
Abhängigkeit/ Erklärung des Unterschieds von Drohungen und Angeboten ist aber nicht plausibel. Es ist doch ganz offenbar gegen den Sprachgebrauch, wenn man einen Vorschlag, der eine Abhängigkeit ausnutzt, deshalb schon als „Drohung" bezeichnet. Auch der rücksichtslose Fleischer macht immer noch ein Angebot, keine Drohung. Das oben vorgeschlagene Kriterium für den Unterschied von Drohungen und Angeboten hat im Kontrast zu Frankfurts Vorschlag den Vorzug, zu genau diesem Resultat zu führen. Allerdings hat Frankfurt mit seinem Hinweis auf die Differenz der beiden MetzgerBeispiele auf einen wichtigen Unterschied hingewiesen, auch wenn er ihn falsch beschrieben hat: nämlich auf den Unterschied zwischen zwingenden und nicht-zwingenden Angeboten (und nicht auf den Unterschied von Drohungen und Angeboten).4 Frankfurts hinreichende Bedingungen für Zwang lassen sich umformulieren derart, daß sie deutlich machen, worin der Zwang besteht, den ein Angebot ausüben kann. Nicht alle, aber einige Angebote üben Zwang aus. Was kann damit gemeint sein? Frankfurts
1
3 4
Das schließt nicht aus, daß es Situationen geben kann, in denen eine Drohung willkommen oder ein Angebot unwillkommen ist. Dem Kassierer mag die Drohung des Bankräubers willkommen sein, weil sie ihm eine Gelegenheit bietet, seine Kaltblütigkeit öffentlich unter Beweis zu stellen. Dem Teenager mag das Angebot seiner Eltern, ihn zur Party zu fahren, unwillkommen sein, weil es seine Unselbständigkeit unter Beweis stellt. Es ¡st aber klar, daß der Vorschlag in diesen Fällen nicht aufgrund seines Inhalts willkommen oder unwillkommen ¡st; da nur dies hier einschlägig ist, ändert sich an dem oben Gesagten nichts. Vgl. hierzu auch: Lyons, Welcome Threats and Coercive Offers, 425ff. Vgl. Frankfurt, Coercion, 32ff Ob Frankfurt diese Bedingungen auch für notwendig hält, läßt er offen. Wenn im Folgenden von „zwingenden Angeboten" die Rede ist, dann sind damit nicht besonders attraktive Angebote gemeint, sondern Angebote, die mit Zwang verbunden sind.
Peter Baumann
76
Man könnte zunächst folgende Erklärung geben: Ein Angebot ist in dem Maße zwinin dem die Person, die es macht, damit eine Abhängigkeit des Adressaten ausnutzt. Diese Erklärung ist aber noch nicht ausreichend. Betrachten wir zwei verschiedene Versionen des Metzger-Beispiels. In der ersten Version nutzt der Metzger die Abhängigkeit seiner Kunden einfach aus Geldgier aus. In der zweiten Version hingegen sind es die stark gestiegenen Lieferkosten, nicht die Geldgier, die ihn zu den hohen Preisen bewegen; seine Alternative ist der ökonomische Untergang. In letzterem Fall würden wir anders als im ersten Fall nicht sagen, daß der Metzger Zwang ausübt. Wo liegt der Unterschied zwischen beiden Arten von Fällen? Man könnte meinen, er liege darin, ob der Anbieter selbst einem Zwang unterliegt oder nicht. Dies ist aber nicht überzeugend, da alle möglichen Bedingungen den Anbieter zu einer entsprechenden Verschlechterung des Angebots bewegen können, ohne daß ihn dazu jemand zwingen müßte. Der Unterschied liegt eher darin, ob der Anbieter sich einen deutlich besseren Preis „leisten" kann. Was ist damit wiederum gemeint? Nun, in der zweiten Variante wäre es geradezu irrational vom Metzger, den Kunden einen deutlich besseren Preis zu machen: Er würde vom Markt verschwinden, täte er das. In der ersten Variante wäre es hingegen nicht irrational (wenn auch nicht unbedingt rationalerweise geboten) vom Metzger, den Kunden deutlich bessere Preise zu bieten; er würde einfach nur etwas weniger Geld verdienen. Vorausgesetzt ist hier, daß eine Person nicht schon deshalb irrational ist, weil sie nicht ihren Nutzen maximiert oder zu maximieren sucht. Wir können als Bedingung für zwingende Angebote also (zumindest vorläufig) Folgendes festhalten: Mit einem Angebot wird Zwang genau dann ausgeübt,
gend,
-
-
a.) wenn der Anbieter eine Abhängigkeit des Adressaten ausnutzt b.) und wenn es für den Anbieter nicht irrational gewesen wäre, dem Adressaten ein besseres
Angebot zu machen.
Da Zwang eine Sache des Grades ist, kann man hinzufügen, daß der Zwang ßer ist, in je stärkerem Maße die angeführten Bedingungen realisiert sind.4
um so
grö-
Vgl. hingegen Frankfurts stark kontra-intuitive Behauptung, daß auch ein Metzger, der nur der allgemeinen starken Preiserhöhung folgt, den Kunden droht (Vgl. Frankfurt, Coercion, 33, fn. 8). Und Zwang setzt immer jemanden voraus, der zwingt. Darauf kann hier nicht näher eingegangen
werden. 3
Vgl. dazu etwa: Slote, Beyond Optimizing, 7ff. Hinzugefügt sei, daß erst ab gewissen Schwellen sein kann.
von
„Abhängigkeit"
und „Ausnutzen" die Rede
Über Zwang
3.
77
Drohungen, Schlechterstellung und Überwältigung
Es liegt nun sicherlich nahe, eine ähnliche Erklärung für den Zwang von Drohungen zu geben: Mit einer Drohung wird Zwang ausgeübt, a.) wenn der Drohende eine Abhängigkeit des Adressaten ausnutzt b.) und wenn es für den Drohenden nicht irrational gewesen wäre, dem Adressaten einen günstigeren Vorschlag (und sei es nur eine mildere Drohung) zu
machen.
Ich will hier nicht näher auf diese weitere Erklärung eingehen. Nicht alle Drohungen nämlich üben die erläuterte Art von Zwang aus. Manchmal wäre es für den Drohenden geradezu irrational, eine mildere Drohung zu machen oder die Drohung gar fallen zu lassen: Ein vor dem Verdursten stehender Wüstenreisender z.B. wäre irrational, würde er zufällig vorbeikommenden, aber für seine Lage verständnislosen Touristen nicht unter Drohungen einen Teil ihres Trinkwassers abnehmen. In solchen Fällen würde die Drohung jedenfalls nicht die eben erläuterte Art von Zwang ausüben. Nun üben Drohungen allerdings immer Zwang aus. Das bedeutet, daß es noch eine andere, für Drohungen wichtigere Art von Zwang gibt. Um welche Art von Zwang handelt es sich dabei? Zunächst fallt bei Drohungen, wie gesagt, auf, daß der Adressat nicht besser, wenn nicht schlechter dasteht, als wenn die Drohung unterblieben wäre; im typischen Fall (vgl. Fall a oben) steht er sogar schlechter da als bei Unterbleiben der Drohung. Dies unterscheidet Drohungen von Angeboten und macht einen für Drohungen spezifischen Zwang aus. Der Zwang besteht gerade darin, daß der Drohende absichtlich die Lage des anderen verschlechtert, und zwar gegen dessen Willen (im typischen Fall). Man kann also festhalten: Der für Drohungen spezifische Zwang besteht darin, daß der Vorschlagende den Adressaten gegen dessen Willen vor eine Alternative stellt, die auf jeden Fall seine Lage verschlechtert
(im typischen Fall).
Eng mit dieser für Drohungen spezifischen Art von Zwang hängt eine andere Art von Zwang zusammen, die ebenfalls bei allen Drohungen, aber nicht bei Angeboten auftritt. Drohungen sind aus den erwähnten Gründen immer unerwünscht für den Adressaten, während Angebote dies per se nie sind. Dies erklärt, daß der Adressat einer Drohung (anders als der Adressat eines Angebots) den Vorschlag gerne ungeschehen machen
würde. Da der Drohende aber ein Interesse daran hat, daß der Adressat sich der Drohsituation nicht entzieht, versucht er typischerweise, den Adressaten daran zu hindern, sich der Situation zu entziehen. Da dies nur gegen den Willen des Adressaten geschehen kann, muß der Drohende den Bedrohten dazu zwingen, „in der Situation" zu bleiben. Anders als (in der Regel) bei Angeboten, kann der Bedrohte nicht einfach weggehen und sich der unerfreulichen Situation so entziehen; der Drohende hindert ihn daran. Der Räuber kann sein Opfer z.B. festhalten oder situative Gegebenheiten ausnutzen, die Nach Frankfurt sind nur manche Drohungen mit Zwang verbunden Frankfurt, Three Concepts of Free Action, 48, 55).
(vgl. Frankfurt, Coercion, 37;
Peter Baumann
78
einen Entzug aus der Situation verhindern (z.B. knappe Zeit oder enger Raum). Drohungen üben also anders als Angebote auch auf eine ganz elementare Weise Zwang aus: Sie zwingen den Bedrohten, sich der Situation nicht zu entziehen.1 Um was für eine -
-
Art von Zwang handelt es sich dabei? Bisher haben wir es mit Arten des Zwangs
zu
tun
gehabt, die wesentlich darauf beru-
hen, daß beide Beteiligten handeln: Nicht nur die Person, die den Vorschlag macht, handelt, sondern auch der Adressat, der reagieren muß (z.B. aufhören zu schreien oder den
Fernseher hergeben). Es gibt aber auch eine Form des Zwangs, die dem Gezwungenen keine Handlungsmöglichkeit läßt. Dabei handelt es sich allerdings um eine die Frankfurt gar nicht erwähnt. Es ist aber wichtig, diesen Unterschied zu beachForm, sonst ten; gelangt man nicht leicht zu einem angemessenen Verständnis von Zwang und Freiwilligkeit. Wenn z.B. A den B einschließt und so am Verlassen eines Raumes hindert, dann beruht dieser Zwang gerade nicht darauf, daß B selbst entscheidet, ob er im Raum bleibt oder nicht. Vielmehr wird B in relevanter Hinsicht gerade die Möglichkeit des Handelns genommen. Nennen wir diese Art des Zwangs (Drohungen und Angebote kann man hingegen „interaktive Zwänge" nennen: Schließlich kommt es hier darauf an, daß und wie die andere Person handelt, reagiert). Um Zwang handelt es sich dabei insofern, als B nichts gegen As Handlungen tun kann, den Ablauf der Ereignisse über sich ergehen lassen muß, und zwar unfreiwillig. Wir können also festhalten:
gerade
„Überwältigungszwang"
Überwältigungszwang besteht darin, daß eine Person einer anderen Person gegen deren Willen in der Situation relevante Handlungsfähigkeiten nimmt. Wichtig ist die Einschränkung auf in der Situation relevante Handlungsfähigkeiten. Es muß nicht jede Möglichkeit des Handelns überhaupt genommen werden (der Eingesperrte darf sich etwa am Arm kratzen), aber doch zumindest in der Situation
einige wichtige Handlungsfähigkeiten (z.B. draußen einen Spaziergang machen). Drohungsspezifischen Zwang und Überwältigungszwang verbindet miteinander, daß sie gegen den Willen des Gezwungenen wirken. Sie unterscheiden sich in der Art der Unfreiwilligkeit: Beim drohungsspezifischen Zwang ist die Handlungsfähigkeit nicht genommen, aber die Lage des Adressaten verschlechtert sich, während beim Überwältigungszwang die Handlungsfähigkeit genommen ist, aber sich nicht unbedingt die Lage des Adressaten verschlechtert.
Wie schon gesagt, teilen Drohungen, zwar nicht immer, aber in der Regel eine bestimmte Art des Zwangs mit bestimmten Angeboten. Anders als Angebote sind Drohungen darüber hinaus immer mit Zwang verbunden. Wir hatten schon daß
gesehen,
Der Sich-Entziehen aus der Drohsituation ist etwas anderes als die Entscheidung für die „andere" Alternative, die die Drohung vorschlägt. Die Differenz zeigt sich z.B. darin, daß der Drohende den Anderen nach Vereitelung eines Fluchtversuchs normalerweise nicht mit der angedrohten Sanktion belegt, sondern die Drohung wiederholt. Das schließt nicht aus, daß die Überwältigung selbst als eine Verschlechterung aufgefaßt werden kann; sie muß es allerdings nicht. Und: Die Überwältigung kann zur Folge haben, daß die Person bestimmte Dinge nicht mehr tun kann, so daß sich ihre Lage auch deshalb verschlechtert. Wesentlich für Überwältigungszwang ist dies allerdings nicht, sondern nur das Nehmen der Handlungsfä-
higkeit.
Über Zwang
79
eine erste weitere Art des Zwangs darin besteht, daß der Drohende die Lage des Adressaten absichtlich und natürlich gegen dessen Willen verschlechtert (jedenfalls im typischen Fall). Eine weitere, eng damit zusammenhängende Art von Zwang äußert sich darin, daß der Adressat sich der Situation nicht entziehen kann. Dies läßt sich nun folgendermaßen erklären: Mit Drohungen wird auch Überwältigungszwang ausgeübt. Dies hindert den Adressaten daran, sich der Situation zu entziehen.1 Es mag nun inkohärent erscheinen, zum einen Drohungen von Überwältigungen zu unterscheiden und zum anderen Drohungen auch Überwältigungszwang zuzuschreiben; dieser Schein der Inkohärenz wird aber gleich aufgelöst werden. Fassen wir zuvor kurz zusammen! Wir haben drei Fälle von Zwang betrachtet: -
-
-
zwingende Angebote, Drohungen und
Überwältigung.
Dies ist eine Unterscheidung von Typen zwingender Handlungen. gleich drei Typen des Zwangs unterscheiden: den Zwang bestimmter Angebote (und Drohungen), den spezifische Zwang von Drohungen sowie den
Man kann aber
zu-
Überwältigungszwang.
Die Relevanz dieser Unterscheidung zweier Unterscheidungen und die Notwendigkeit, beide Unterscheidungen nicht durcheinander zu bringen, wird am Falle von Drohungen besonders deutlich. Dabei handelt es sich um einen Typ von zwingendem Handeln, mit dem drei Arten von Zwang ausgeübt werden: in der Regel (wenn auch nicht immer) der Zwang, den auch zwingende Angebote ausüben, sowie immer der Zwang zur SchlechFrankfurt übersieht die terstellung (im typischen Fall) und der Vielfalt der Formen des Zwangs sowie der zwingenden Handlungen und dies hat, wie sich nun zeigen soll, auch Konsequenzen für sein Verständnis von Freiwilligkeit.
Überwältigungszwang.
4.
Freiwilligkeit und Zwang
Frankfurt erklärt das Verhältnis von Zwang und Freiheit auf folgende Weise: „A person who is coerced is compelled to do what he does. He has no choice but to do it."2 Zwang schließt ihm zufolge die Entscheidungsfreiheit der Person aus.3 Dies ist, was Drohungen (ebenso wie Angebote, die hier aber der Einfachheit halber außer Acht bleiben sollen) angeht, ganz unplausibel. Knüpfen wir an die obigen Bemerkungen über interaktiven Zwang an. Drohungen stellen den Adressaten vor eine Alternative: „Entweder Du tust 1
Es kann allerdings auch vorkommen, daß der Drohende den Adressaten nicht durch Überwältigung, sondern z.B. wiederum mit einer Drohung in der Situation „festhält": „Wenn Du versuchst wegzulaufen, schieße ich!". Dieser Aspekt soll hier aber der Einfachheit halber außer Acht bleiben. Frankfurt, Coercion, 36 (Hervorhebungen von Frankfurt). Vgl. auch Frankfurt, Alternate Possibilities. 2ff. Vgl. Frankfurt, Coercion, 38f, Frankfurt, Three Concepts of Free Action, 48f
Peter Baumann
80
Z, dann tue ich X; oder Du tust nicht Z, dann tue ich nicht X; Du hast die Wahl!" Der Drohende hat zu entscheiden, ob das Vorderglied des Konditionals wahr gemacht wird oder nicht. Dies wird vielleicht nur dadurch etwas verdeckt, daß oft ganz klar ist, wofür der Adressat sich entscheiden wird. Aber auch in ganz klaren Fällen ist es der Adressat und nicht der Drohende, der bestimmt, was als Nächstes geschehen wird. Und auch, wenn klar ist, was man vernünftigerweise tun sollte, heißt das nicht, daß man nicht anders könnte als vernünftig zu handeln, wie Frankfurt selbst anmerkt.1 Normalerweise entscheidet also der Bedrohte, welche Alternative ihm lieber ist. Insofern tut er in einem wichtigen Sinne das, was er tun will, ist also in diesem Sinne „frei". Drohungen setzen also gerade die Entscheidungsfreiheit und Handlungsfreiheit des Adressaten voraus, ganz entgegen Frankfurt.2 Der Zwang, der mittels Drohungen und manchen Angeboten ausgeübt wird, ist also nicht unvereinbar mit Entscheidungsfreiheit, sondern setzt diese gerade voraus. Insofern verfehlt Frankfurt einen wesentlichen Aspekt von Zwang dieser -
Art.
Aber ¡st es nicht einfach inkohärent zu sagen, daß Zwang Freiheit voraussetzt? Wurde oben nicht gesagt, daß Zwang mit Freiheit unvereinbar ist? Wie kann dann Zwang mit Freiwilligkeit vereinbar sein?3 Und, damit zusammenhängend: Ist es nicht inkohärent, einerseits Drohungen von Überwältigungen abzugrenzen, aber andererseits Drohungen auch Überwältigungszwang zuzuschreiben? Offenbar sind hier, wenn nicht verschiedene Sinne von „Freiwilligkeit", so doch verschiedene Hinsichten ¡m Spiel, in denen Freiwilligkeit gegeben oder nicht gegeben sein kann. Betrachten wir hier den Fall von Drohungen. Sie setzen, wie gesagt, Freiwilligkeit voraus. Zugleich aber stellen sie Zwang dar, enthalten also ein Element der Unfreiwilligkeit. Wie kann das sein? Nun, die bedrohte Person befindet sich unfreiwillig in einer Drohsituation, der sie sich nicht entziehen kann. Sie will nicht in der Drohsituation verbleiben, weil sie eine Schlechterstellung riskiert; dies ist die eine Art des für Drohungen spezifischen Zwangs. Die Person kann sich der unerwünschten Situation nicht entziehen, weil der Drohende sie daran hindert. Dies ist das Element des bei Drohungen.4 Auch wenn die Person innerhalb dieser Situation freiwillig entscheidet, so befindet sie sich doch unfreiwillig in dieser Situation. Diese Andeutungen reichen aus, um zu zeigen, daß das Verhältnis von Zwang und Freiheit komplexer und der Begriff der Freiwilligkeit vielfältiger ist, als man zunächst meinen könnte. Es ist für jede Analyse von Zwang und Freiwilligkeit wesentlich, dieser Komplexität angemessen Rechnung zu tragen.5
Überwältigungszwangs
1
2
4
Vgl. Frankfurt, Coercion, 38. Vgl. Feinberg, Harm to Self, 191 ff. Vgl. hierzu Dworkin, Acting Freely, 367ff. Vgl. auch: Slote, Understanding Free Will, 137f, Stampe/Gipson, Of One's Own Free Will, 541ff.; Williams, How Free Does the Will Need to Be"?
Iff. Hinzu kommt bei den meisten sen.
Drohungen noch der Zwang, den auch zwingende Angebote aufwei-
Vgl. Frankfurt, Three Concepts of Free Action, 47, 50, 55, wo Frankfurt eine Unterscheidung von Hinsichten der Freiwilligkeit macht und daraufhinweist, daß eine Person frei wählen kann in einer Situation, in der sie sich „unwillingly" befindet. Interessanterweise ist er aber auch der Auffassung, daß dies „Mischungsverhältnis" für Zwang gerade nicht relevant ist (vgl. ebd., 47ff).
Über Zwang
81
Frankfurt aber denkt ausschließlich an so etwas wie „inneren" Zwang, „innere Überwältigung" (deshalb das Wort „compulsion"). Er spricht davon, daß eine Drohung (oder auch ein Angebot) „appeals to desires or motives which are beyond the victim's ability to control".1 Wesentlich für den Zwang, den Angebote wie Drohungen ausüben können, ist ihm zufolge die „irresistibility" des Wunsches, das Angebot wahrzunehmen bzw. der Drohung nachzukommen.2 Aber das reicht nach Frankfurt noch nicht hin,3 da eine Person sich ja auch mit ihren unwiderstehlichen Wünschen „identifizieren" kann. In diesem Falle läge nach Frankfurt kein Zwang vor. Notwendig ist vielmehr weiterhin eine Verletzung der Autonomie der Person. Gemeint ist hier natürlich eine Verletzung „Frankfurtscher" Autonomie: Die Person wird von Wünschen zum Handeln getrieben, von denen sie nicht zum Handeln getrieben werden will. Was von Frankfurts Konzeption
der Willensfreiheit bzw. Autonomie zu halten ist, muß hier nicht näher erörtert werden. Man kann zugestehen, daß die Abwesenheit dieser Art von Autonomie eine Art von Zwang ausmacht, „inneren" Zwang, wie man dies nennen könnte. Dies ist allerdings gerade nicht die Art von Zwang, um die es hier geht. Bei Drohungen und zwingenden Angeboten handelt die Person, wie gesagt, wesentlich freiwillig. Wie immer man den hier gemeinten Sinn von „Freiwilligkeit" noch näher erläutert, sicher scheint doch, daß die Person nicht kompulsiv, aufgrund innerer Zwänge handelt. Frankfurt liefert also ein verfehltes Bild davon, was es heißt, durch Drohungen oder Angebote zu etwas gezwungen zu werden. Und damit werden wichtige Aspekte von Freiwilligkeit und ihres Zusammenhangs mit Zwang ausgeblendet. Zusammenfassend lassen sich mehrere Arten von zwingenden Vorgängen unterscheiden, die deutlich voneinander unterschieden werden müssen: a.) der „innere" Zwang, den Frankfurt ausschließlich im Auge hat, -
b.) Überwältigung, c.) Drohungen, d.) bestimmte („zwingende") Angebote.
Deutlich davon zu trennen sind die verschiedenen Arten des Zwangs: a.) das „innere" Gezwungensein (à la Frankfurt), b.) der c.) der für Drohungen spezifische Zwang, d.) der Zwang bestimmter („zwingender") Angebote (und
Überwältigungszwang,
Drohungen). es sich hier jeweils um recht plausibel geworden sein, heterogene Fälle von Zwang bzw. von Typen zwingender Vorgänge handelt. Zwang ist ganz offenbar ein recht heterogenes Phänomen.5 Es sollte
2 3 4
daß
Frankfurt, Coercion, 39. Vgl. Frankfurt, Coercion, 41. Vgl. aber Frankfurt, Three Concepts of Free Action, 49. Vgl. Frankfurt, Coercion, 4Iff. Die verschiedenen Typen stellen Grundformen dar; mögliche Kombinationen können Acht gelassen werden.
hier außer
Peter Baumann
82
Frankfurt befaßt sich ausschließlich mit dem jeweils ersten Fall und übergeht die anderen drei Fälle Fälle, die doch gerade für die Analyse von Drohungen und Angeboten wesentlich sind. Er vernachlässigt die Differenz zwischen interaktivem und Überwältigungszwang und analysiert vielleicht deshalb die handlungsbezogenen Fälle von Drohung und Angebot nach dem Modell der Überwältigung, und zwar von innerer Überwältigung. Aus äußerem Zwang wird innerer Zwang. Es sollte hier deutlich werden, daß diese Analyse von Zwang unplausibel ist. Hinzu kommt, daß sie der Vielfalt und Heterogenität von Zwang nicht gerecht wird. Schließlich läßt Frankfurt damit die Möglichkeit ungenutzt, aus einer Analyse von Zwang Aufschluß über Handlungsfreiheit -
zu
gewinnen.
Personen können nämlich in den verschiedenen Formen des Zwangs entsprechenden unterschiedlichen Weisen frei bzw. unfrei sein. Dementsprechend kann man folgende Arten von Freiheit unterscheiden:
a.) die Abwesenheit von inneren Zwängen („Frankfurtsche Freiheit"),
b.) die Fähigkeit, entsprechend den eigenen Wünschen deln,
und Präferenzen
zu
han-
c.) der Schutz davor, daß andere Akteure Alternativen zur Wahl stellen, die einen (normalerweise) in jedem Fall schlechter stellen als in dem Falle, daß der entsprechende Vorschlag nicht gemacht worden wäre, d.) der Schutz davor, daß andere Akteure Alternativen zur Wahl stellen und damit eine
eigene Abhängigkeit ausnutzen.
Der Typ a.) stellt einen Fall von Willensfreiheit dar, der Typ b.) den Fall der (sicherlich näher zu explizierenden) Handlungsfreiheit. Ob die Typen c.) und d.) wirklich genuine Arten von Freiheit ausmachen (und inwiefern), mag umstritten sein. Dafür spricht jedenfalls die Intuition, daß Freiheit ganz allgemein als Abwesenheit von erklärt Zwang werden kann und dementsprechend jeder Art von Zwang eine Art von Freiheit entspricht (was nicht ausschließt, daß eine Art von Zwang eine andere Art von Freiheit voraussetzen kann). Eine Person, die alle Arten von Freiheit genießt, wäre in umfassender Weise frei; eine Person, die nur einige Arten von Freiheit genießt, wäre in eingeschränkter Weise frei. Die Unterscheidung verschiedener Arten von Freiheit macht auch verständlich, daß man in einer Hinsicht frei, in einer anderen zugleich unfrei sein kann. Im Falle von Drohungen ist etwa die Freiheit als Fähigkeit zu tun, was man will, in einer wesentlichen Hinsicht nicht eingeschränkt: Der Bedrohte wählt. Eingeschränkt ist diese Freiheit aber insofern, als er sich der Situation nicht entziehen kann. Nicht eingeschränkt (jedenfalls nicht aufgrund der Drohung) ist die Freiheit von innerem Zwang (anders als Frankfurt meint). Dafür sind in den typischen Fällen die beiden letzten Arten von Freiheit verletzt. Bei zwingenden Angeboten ist nur die letzte Art von Freiheit eingeschränkt. Für Überwältigung schließlich ist die der Handlungsfreiheit (Typ b.) Einschränkung typisch. All dies macht auch verständlich, daß man nicht ganz unspezifisch fragen sollte, ob Zwang und Freiheit miteinander unvereinbar sind oder nicht. Auch das Verhältnis von Zwang und Freiwilligkeit ist komplexer als man vielleicht zunächst meinen könnte.
Vgl. hierzu etwa Schlick, Fragen der Ethik, 105ff.
Über Zwang
83
Trotz aller Kritik an Frankfurt sollte hier doch auch deutlich werden, daß seine Überlegungen sehr hilfreich sind bei dem Versuch, ein Verständnis von Zwang, Freiwilligkeit und Handlungsfreiheit zu entwickeln, auch wenn er dies selbst in dieser Form nicht intendiert hat. Eine entsprechende Konzeption von Handlungsfreiheit wäre eine gute Ergänzung seiner Konzeption von Willensfreiheit. Hier konnten nur einige Adäquatheitsbedingungen für eine Konzeption von Handlungsfreiheit vorgeschlagen werden: Sie sollte der Komplexität von Zwang und Freiwilligkeit gerecht werden. Die Entwicklung einer solchen Konzeption steht allerdings auf einem anderen Blatt.1
Literatur
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Frankfurt, Harry G„ Freedom of the Will and the Concept of a Person, in: Harry G. Frankfurt, The Importance of what We Care about. Philosophical Essays, Cambridge 1988,11-25
Frankfurt, Harry G„ Coercion and Moral Responsibility, in: Harry G. Frankfurt, The Importance of what We Care about. Philosophical Essays, Cambridge 1988, 26-46 Frankfurt, Harry G., Three Concepts of Free Action, in: Harry G. Frankfurt, The Importance of what We Care about. Philosophical Essays, Cambridge 1988, 47-57 Frankfurt, Harry G„ What We Are Morally Responsible for, in: Harry G. Frankfurt, The Importance of what We Care about. Philosophical Essays, Cambridge 1988, 95-103 Lyons, Daniel, Welcome Threats and Coercive Offers, in: Philosophy 50, 1975, 425436
Nozick, Robert, Coercion, in: Sydney Morgenbesser
et al. (Hg.), Philosophy, Science Essays in Honor of Ernest Nagel, New York 1969, 440-472 Schlick, Moritz, Fragen der Ethik, Wien 1930
and Method:
Slote, Michael, Understanding Free Will, in: The Journal of Philosophy 77, 1980, 136151
Slote, Michael, Beyond Optimizing. don 1989
Für Kommentare und Kritik bin ich F.
A
Study
of Rational
Choice, Cambridge und
Baumann, M. Betzier und M. Gierl dankbar.
Lon-
84
Peter Baumann
Stampe, Dennis W./ Martha I. Gibson, Of One's Phenomenological Research 52, 1992, 529-556 ,
Own Free
Will, in: Philosophy and
Williams, Bernard, How Free Does the Will Need to Be?, Lindley Lecture, Lawrence/ KS: Department of Philosophy, The University of Texas, 1986
Zwei-Stufen-Theorie und praktische Überlegung Anna Kusser
In seinem einflußreichen Aufsatz mit dem Titel „Freedom of the Will and the Concept of a Person" hat Harry Frankfurt die These vertreten, daß sich Personen von Tieren und anderen nicht-personalen Wesen dadurch unterscheiden, daß sie zu ihren eigenen Wünschen Stellung nehmen. Die Idee, es zeichne den Menschen aus, daß er auf Distanz gehen könne zu seinem Wollen, seinen Wünschen und Begierden ist weit verbreitet. Vernunft gilt dabei als Vermögen der Überlegung und als Ort von umfassendem Wissen, als ein Vermögen mithin, das aus dieser Distanz heraus das Wollen einer Prüfung unterwerfen kann. Frankfurts Menschenbild steht in dieser Tradition, nimmt aber auch in bedeutsamer Weise von ihr Abstand. Denn bei Frankfurt ist es nicht die Vernunft, sondern wiederum der Wille, von dem her die Stellungnahme zum eigenen Wollen und Wünschen erfolgt. Der Wille gibt also gewissermaßen die Prüfungsinstanz für sich selber. Das erfordert eine interne Differenzierung in mindestens zwei Instanzen, woraus eine reflexive und gleichzeitig hierarchische Willensstruktur resultiert. Diese Struktur, so meint Frankfurt, stellt das spezifische Kennzeichen von Wesen dar, die Personen sind; denn diese Struktur ist bei einer bloß willentlichen Handlungsteuerung, die man auch schon bei Tieren findet, noch nicht gegeben. Im Anschluß an diesen Personenbegriff faßt Frankfurt dann Freiheit oder Autonomie als ein geglücktes Personsein auf. Freiheit oder Autonomie sollen nämlich dann gegeben sein, wenn eine willentliche Stellungnahme höherer Stufe nicht bloß gegeben ist, sondern praktisch bestimmend und wirksam wird, d. h. im Handeln durchschlägt. Die von Frankfurt entworfene reflexive Struktur von Personalität und Freiheit ist von beträchtlicher intellektueller Anziehungskraft, wovon nicht zuletzt der vorliegende Band zeugt. Diese Auffassung des menschlichen Willens ist vielfach aufgegriffen und ' von angrenzenden Disziplinen als brauchbar wahrgenommen worden. Nichtsdestotrotz möchte ich hier die These vertreten, daß die zweistufige Willenstheorie eine Konstruktion im schlechten Sinne darstellt. Sie verzeichnet die von ihr unmittelbar intendierten Phänomene und impliziert gleichzeitig eine Auffassung ratio-
So etwa in der
Moralpsychologie; vgl. Nunner-Winkler (1993) und (2000).
Anna Kusser
86
nalen Handelns, die inadäquat ist, weil sie das entscheidende Element praktischer Überlegung ausblendet. Den unmittelbaren Anknüpfungspunkt meiner Auseinandersetzung mit Frankfurt bilden nicht seine Thesen über Personalität und Willensfreiheit, sondern die Phänomene mit Bezug auf die er die zweistufige Willensauffassung einführt. Diesen Phänomenen gebührt insofern besondere Aufmerksamkeit, als sich an ihnen erweisen soll, daß die Zwei-Stufen-Struktur des Willens kein leeres theoretisches Hirngespinst, sondern psychologisch real und empirisch fruchtbar ist. Ich möchte zunächst die innere Logik von Frankfurts zweistufiger Konzeption an Hand der zentralen Phänomene nachzeichnen. Auf diese Weise soll ein detailliertes und zunächst möglichst überzeugendes Bild dieser Konzeption entworfen werden. Im Anschluß daran werde ich einen Einwand gegen diese Sicht nach verschiedenen Seiten hin entfalten. Am Ende wird kurz ein alternatives Bild entworfen, das wichtige Motive bei Frankfurt aufnimmt, gleichzeitig aber die praktische in ihr Recht setzt.
Überlegung
Drei
Unterscheidungen
Begrifflich gesehen bilden drei Unterscheidungen das Grundgerüst der Zwei-StufenKonzeption; die erste ist die Unterscheidung zwischen Wünschen und Wollen. Wünsche oder, vorerst eingeschränkt, Wünsche erster Stufe, sind „simply desires to do or not to do one thing or another." Der Begriff des Wunsches sei, so Frankfurt „extraordinarily elusive"; er unternimmt es nicht, diesen Begriff genauer zu definieren, sondern gibt stattdessen eine Reihe von Sätzen an, die mit der Feststellung, eine Person, wünsche etwas, verträglich sind. Zum Beispiel könne man etwas wünschen, ohne daß der Gedanke daran einen positive Emotion auslöst, man könne etwas wünschen, ohne es
wissen, oder auch ohne es „wirklich" zu wünschen. Frankfurt umschifft mit diesem großenteils unerläuterten Wunschbegriff die Untiefen notorischer Diskussionen rund um den Wunschbegriff, wie z.B. die, ob Wünsche verspürt werden, ob es unbewußte Wünsche gäbe, und wie man überhaupt Wünsche genauer zu fassen habe, etc. Daß Frankfurt diese Gewässer zu umschiffen wünscht, ist nachvollziehbar genug, eröffnen doch die genannten Fragen ein außerordentlich weites Feld.2 Aber in Frankfurts Abstinenz gegenüber dem Wunschbegriff steckt auch eine weiterreichende Annahme, die ich explizit hervorheben möchte: Es ist die Überzeugung, daß von der Beantwortung dieser Fragen bzw. einer genaueren Fassung des Wunschbegriffs für seine Konzeption nichts Entscheidendes abhängt. Hingegen ist der Zusammenhang zwischen Wünschen und Handlungen außerordentlich wichtig für Frankfurts Konzeption. Zunächst hält er fest, daß Wünsche nicht unbedingt zu entsprechendem Handeln führen. Im Anschluß daran differenziert er dann den Wunschbegriff: Wünscht eine Person etwas und handelt dann auch entsprechend, dann ist von einem Wollen sprechen. Eine Person kann demnach vieles wünschen, doch will zu
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Frankfurt (1971), 7. Kusser (1989), Teil II.
Vgl.
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Überlegung
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sie jeweils bloß das, was sie dann auch tut. Der Begriff des Wunsches ist also der allgemeine Begriff, während der Begriff des Willens eine Spezialisierung derart ist, daß der Wille einer Person der jeweils handlungseffektive Wunsch ist. Soweit die wichtigen Begriffe erster Stufe; mit einer weiteren Unterscheidung wird dann die zweite Stufe eingeführt. Von Wünschen zweiter Stufe will Frankfurt sprechen, wenn sich Wünsche auf Wünsche beziehen; sie also Wünsche erster Stufe zum Gegenstand haben. Die zweite Stufe bringt nun das reflexive Moment. Im Prinzip könnte über der zweiten Stufe nach demselben Konstruktionsprinzip eine dritte errichtet werden, auf der sich Wünsche auf Wünsche zweiter Stufe beziehen, usw. Frankfurt arbeitet jedoch nur mit zwei Stufen. Auf der zweiten Stufe ist die dritte wichtige Unterscheidung angesiedelt, die Unterscheidung zwischen Wünschen und Volitionen zweiter Stufe. Diese Unterscheidung ist eine Binnenunterscheidung der zweiten Stufe und das Kriterium betrifft den Gehalt. Wünsche zweiter Stufe beziehen sich darauf, Wünsche erster Stufe bloß zu haben. Ein solcher Wunsch unterstellt, daß man den gewünschten Wunsch erster Stufe nicht hat sonst hätte es ja keinen Sinn ihn zu wünschen. Wer einen solchen Wunsch zweiter Stufe hat, der möchte offenbar „schmecken" oder erleben, wie es ist, einen bestimmten Wunsch (erster Stufe) zu haben. So könnte z.B. eine Frau den Wunsch haben, zu erleben, wie es ist, eine andere Frau zu begehren. Sie würde dann etwas über ihre eigene wünschende Verfassung wünschen, sie hätte einen Wunsch zweiter Stufe. Frankfurt hält solche Wünsche 2. Stufe für relativ marginale Erscheinungen.2 Sie spielen in seiner Konzeption keine wichtige Rolle, er verwendet sie nur als Gegenstück zu den sogenannten Volitionen zweiter Stufe, denen dagegen eine tragende Rolle zukommt. Wünscht man von einem bereits auf erster Stufe gegebenen Wunsch, er solle der effektive Wunsch sein, so spricht Frankfurt von einer Volition zweiter Stufe oder einfach einer Volition. Vollständig formuliert hat eine Volition die Form: Ich wünsche, daß mein Wunsch, daß X der Fall ist, der effektive sein möge. Volitionen zweiter Stufe setzen an bereits vorhanden Wünschen erster Stufe an. Man wünscht in ihnen, daß gewisse schon vorhandene Wünsche eine bestimmte haben nämlich mögen, Verfassung die, wirksam zu sein und zum Handeln zu führen. Die Unterscheidung zwischen Wünschen und Volitionen zweiter Stufe ist nicht parallel zur Unterscheidung zwischen Wünschen und Wollen erster Stufe. Wünschen und Wollen erster Stufe können denselben Gehalt haben, sie unterscheiden sich allein durch die Effektivität. Der sprachlichen Formulierung kann man es daher nicht ansehen, ob eine Einstellung erster Stufe ein Wunsch oder ein Wille ist. Selbst wenn jemand entschlossen bekunden würde, er wünsche X nicht bloß, sondern wolle es, so kann sich die Richtigkeit dessen, Frankfurt folgend, erst im Handeln zeigen. Dagegen ist die Unterscheidung von Wünschen und Volitionen zweiter Stufe bereits in der Formulierung greifbar, weil sie den Gehalt betrifft. Im einen Fall wünscht man eine Wunsch zu haben, im anderen wünscht man, ein Wunsch sei effektiv. Eine Volition zweiter Stufe operiert demnach wie ein Zeiger, der über der Menge vorhandener -
Kritiker haben hier einen unbegründeten Abbruch bzw. die Gefahr eines unendlichen Regresses gesehen. Vgl. Wolf (1990), Gosepath (1992). H. Steinfath widerspricht Frankfurt in diesem Punkt, vgl. den Beitrag in diesem Band.
Anna Kusser
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Wünsche erster Stufe schwebt, dann auf einen Wunsch zeigt und damit besagt: Dieser da soll der effektive Wunsch sein! Die Volition selegiert einen Wunsch erster Stufe und designiert ihn zum Willen. Volitionen zweiter Stufe sind auf diese Weise auf ein Wollen erster Stufe gerichtet, sie sind aber nicht genau parallel konstruiert. Der Parallelbegriff zum Wollen erster Stufe ist der einer effektiven Volition zweiter Stufe. Frankfurt führt dafür keine eigene Bezeichnung ein, obzwar dieser Begriff bei ihm eine wichtige Rolle spielt, da er den Kern seiner Auffassung von Freiheit ausmacht. Ich möchte von durchschlagender Volition sprechen. Eine durchschlagende Volition würde tatsächlich zu dem in ihr Gewünschten nämlich dazu, daß ein Wunsch (1. Stufe) effektiv sei führen. Sie würde sozusagen, wie der Wille auf der ersten Stufe, für ihre eigene Erfüllung sorgen. Wünsche ich, mich an der Nase zu fassen und tue es dann aufgrund dessen, so hat dieser Handlungswunsch erster Stufe seine eigene Erfüllung in Form einer Handlung verursacht. Ebenso erfüllen sich durchschlagende Volitionen zweiter Stufe selbst, indem sie das in ihnen Gewünschte verursachen. Denn wenn Volitionen 2. Stufe durchschlagen, verwandeln sie bloße Wünsche 1. Stufe in ein Wollen. Und weil dieses Wollen erster Stufe dann per definitionem zum Handeln führt, schlagen effektive Volitionen 2. Stufe indirekt aufs Handeln durch. -
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Die Konzeption der Zentralphänomene Volition und durchschlagende Volition zweiter Stufe sind komplexe Begriffe; man durchschaut sie nicht sogleich, sondern muß sie sich erst klar machen. Die Wünsche, die sie bezeichnen sollen, sind ebenfalls komplexe psychische Entitäten, die man vermutlich ebenfalls nicht spontan auffasst. Es dürfte nicht leicht sein, den eigenen Wunsch, spazieren zu gehen ein Wunsch erster Stufe und den Wunsch, den Wunsch zu haben, spazieren zu gehen eine Wunsch zweiter Stufe auseinander zu halten, und von beidem wiederum die Volition zweiter Stufe, der Wunsch spazieren zu gehen, möge effektiv sein, zu unterscheiden. Nun soll aber andererseits vom Vorhandensein von Wünschen und Volitionen zweiter Stufe viel abhängen, nämlich ob ein Wesen den Status einer Person hat. Daher sollte die Frage, unter welchen Bedingungen man nicht umhin kann, einem Wesen eine zweistufigen Willen zuschreiben, eine überzeugende Antwort erhalten. Die bewußtseinsmäßige Evidenz höherstufiger Wünsche aus der Perspektive der ersten Person ist für Frankfurt generell kein Thema, was eine beachtenswerte Lücke darstellt. Er führt den Aufweis der „Realität" höherstufiger Wünsche nicht über ihre bewußtseinsmäßige Gegebenheit, sondern rein theoretisch-konzeptionell. Es gibt Phänomene, so meint er, die wir nur zureichend beschreiben können, wenn Zweistufigkeit eingeführt wird. Diese Zentralphänomene bilden den primären empirischen Referenzpunkt der Zwei-Stufen-Theorie. In einem zweiten Schritt wird diese dann ausgeweitet auf alles Handeln von Personen. Es ist der erste und entscheidende Schritt dieses Vorgehens die Anwendung der Zwei-Stufen-Konzeption auf die Zentralfälle -, die mich hier vornehmlich beschäftigen wird. Meine These wird sein, daß die Zwei-Stufen-Theorie bereits diese Fälle nicht -
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adäquat beschreibt. Es handelt sich um Fälle, da jemand mit seinem Handeln nicht einverstanden ist, gleichzeitig dieses Tun aber nicht kraß unwillentlich, sondern aus eigenem Antrieb geschieht. Frankfurts Beispiel ist das eines Drogensüchtigen, der immer wieder zur Droge greift. Frankfurt schildert ihn so: "One of the addicts hates his addiction and always struggles desperately, although to no avail, against its thrust. He tries everything that he thinks might enable him to overcome his desire for the drug. But these desires are too powerful for him to withstand, and invariably, in the end, they conquer him. He is an unwilling addict, helplessly violated by his own desires."1
Frankfurt konzipiert diesen Fall eines Drogensüchtigen „wider Willen" folgendermaßen: Der Süchtige hat konfligierende Wünsche erster Stufe: Er wünscht die Droge zu nehmen und er wünscht gleichzeitig, sie nicht zu nehmen. Darüber hinaus hat er noch eine Volition zweiter Stufe. Durch sie wünscht er, der Wunsch, die Droge nicht zu nehmen, sei derjenige, der sein Handeln bestimmt. Er wünscht damit auf zweiter Stufe, dieser Wunsch möge nicht bloß einer seiner Wünsche, sondern der effektive Wunsch, d.h. sein Wille sein. Faktisch ist das nicht der Fall, denn er bleibt nicht abstinent. Der andere Wunsch, der Wunsch, die Droge zu nehmen, ist entgegen seiner Volition zweiter Stufe sein Wille. Der Süchtige hat also nicht den Willen, den er auf zweiter Stufe zu haben wünscht. Zwischen seiner Volition zweiter Stufe und seinem Willen besteht Dissonanz. Was er auf zweiter Stufe wünscht, wird von der ersten Stufe, an die sich der Wunsch richtet, nicht erfüllt. Frankfurt kontrastiert den Süchtigen wider Willen mit einem anderen Süchtigen, den er einen „wanton" nennt. „Wanton" bedeutet in etwa Lüstling, zügelloser Mensch. Ich möchte im folgenden vom haltlos Drogensüchtigen sprechen. Er wird von Frankfurt so beschrieben: "His actions reflect the economy of his first-order-desires, without his being concerned whether the desires that move him to act are the desires by which he wants to be moved to act. If he encounters problems in obtaining the drug or in administering it to himself, his responses to his urges to take it may involve deliberation. But it never occurs to him to consider whether he wants the relation among his desires to result in his having the will he has."2
Der entscheidende Unterschied zwischen dem haltlos Drogensüchtigen und dem Drogensüchtigen wider Willen soll nun der sein, daß der haltlose keine Wünsche zweiter Stufe hat. Beide haben auf der ersten Stufe konfligierende Wünsche sie wollen die Droge nehmen und sie wollen sie nicht nehmen und bei beiden ist der Wunsch sie zu nehmen der stärkere er ist ihr Wille. Nur soll der haltlos Drogensüchtige dazu quasi keine Meinung haben. Es ist ¡hm egal bzw. jederzeit recht, wo ihn seine Wünsche hinführen und wie er handelt. Der Drogensüchtige wider Willen dagegen wünscht es sich anders als es geschieht; er wollte, er würde anders handeln. Das heißt, er wünscht auf zweiter Stufe, dies möge nicht sein Wille sein. Soweit die zweistufige Konzeption der -
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beiden 1
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Beispiele.
Frankfurt (1971), 12. Ebd.
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vertiefen, möchte ich in einigen Punkten ihrer inneren Logik weinachgehen. Zunächst sei betrachtet, wie hier die Verhältnisse auf der ersten Stufe
Um diese Sicht ter
zu
Es soll zunächst ein Konflikt zweier gegensätzlicher Wünsche herrschen: dem Wunsch, die Droge zu nehmen und dem Wunsch, die Droge nicht zu nehmen. Außerdem soll der Wunsch, die Droge zu nehmen, der effektive Wille des Süchtigen sein. Denn es ist dieser Wunsch, der sein Handeln bestimmt. Damit sind die bereitgestellten Begriffe erster Stufe ausgeschöpft, die Beschreibung der Verhältnisse auf erster Stufe ist abgeschlossen. Aus dem Beispiel geht nun aber klar hervor, daß der Drogensüchtige die Drogen irgendwie gegen seinen Willen nimmt. Er selbst findet seinen Drogenkonsum problematisch und lehnt ihn ab. Dieser wichtige Zug des Beispiels ist noch nicht ins Bild gebracht; denn die Feststellung, es liege ein Wunschkonflikt vor, reicht dafür nicht aus. Sicher, dieser Süchtige wünscht einesteils, die Droge nicht zu nehmen. Dem steht aber auf der anderen Seite sein Wunsch nach Drogenkonsum entgegen, der offenkundig stärker ist. Die Beschreibung der Verhältnisse erster Stufe zwei Wünsche, einer davon der stärkere und der Wille spricht somit auf das subjektive Problem des Drogensüchtigen überhaupt noch nicht an. Das heißt umgekehrt, daß die Zwei-Stufen-Theorie eine praktisch gesehen problemfreie Beschreibung der Verhältnisse auf erster Stufe gibt. Das Moment der Unwillentlichkeit bleibt auf der ersten Stufe, so daß der Eindruck entsteht, als sei die zweite Stufe erforderlich, um genau diesen Punkt zu artikulieren. Der haltlos Süchtige illustriert als Figur, daß das Problem unwillentlichen Handelns auf der ersten Stufe nicht greifbar ist; diese Figur kann als sozusagen lebender Beweis dafür gedacht werden. Wichtig ist hierbei, wie Frankfurt ausdrücklich hervorhebt, daß der Haltlose deshalb nicht irrational ist.
dargestellt werden.
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"Nothing in the concept of a wanton implies that he cannot deliberate concerning how to do what he wants to do. What distinguishes the rational wanton from other rational agents is that he is not concerned with the desirability of his desires themselves. He ignores the question of what his will is to be. Not only does he pursue whatever course of actions he is most strongly inclined to pursue, but he does not care which of his inclinations is the strongest. "'
Ausgehend davon, daß das Problem des Drogensüchtigen wider Willen nicht in den Verhältnissen auf erster Stufe liegen kann, erfolgt nun der „Aufstieg" auf die zweite Stufe. Der Drogensüchtige wider Willen, so sieht es Frankfurt, nimmt zu den Verhältnissen auf erster Stufe eine Haltung ein: Er findet, sie seien nicht richtig so, er erklärt sich quasi mit dem Treiben seiner Wünsche nicht einverstanden. Dem haltlos Drogensüchtigen mangelt genau diese zusätzlich Einstellung. Er ist Spielball seiner Wünsche, weshalb er mit seinem Drogenkonsum keine Probleme hat. Das Zwei-Stufen-Szenarium ist damit komplett: Beide Drogensüchtige haben, erstens, den Wunsch nach Drogenkonsum und den Wunsch nach Drogenabstinenz; bei beiden ist, zweitens, der erste Wunsch der stärkere. Doch findet der unwillentlich Drosollte. Er hat damit, drittens,
gensüchtige außerdem noch, daß es genau umgekehrt sein Frankfurt
(1971),
11.
Zwei-Stufen-Theorie und
praktische Überlegung
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eine Volition zweiter Stufe: Er wünscht, sein Wunsch nach Abstinenz möge der effektive, der stärkere Wunsch sein. Das Beispiel der zwei Drogensüchtigen liefert zweifellos eine suggestive Illustration der Zwei-Stufen-Theorie. Es scheint zu zeigen, daß Wünsche zweiter Stufe unumgänglich sind, um Phänomene unwillentlichen Handelns adäquat zu beschreiben. Die hier in Zeitlupe nachvollzogene Rekonstruktion dieses Ansatzes dürfte seine Stärken in helles Licht gerückt haben.
Der Wunschkonflikt Im
folgenden
will ich mich den Schwächen zuwenden. Schon das Resultat des ersten
Konstruktionsschrittes, der Wunschkonflikt, ist nicht in der unterstellten Weise gegeben, sondern verdankt sich einer Auslassung.
Angenommen, man würde Droge nehmen oder willst
den Drogensüchtigen wider Willen fragen: Willst Du die Du sie nicht nehmen? („Wollen" hier im umgangsSinn verstanden, nicht in Frankfurts terminologischem, also nicht notwensprachlichen als effektives dig Wünschen) Man würde damit nach seinen Wünschen erster Stufe nach „weltgewandten" Wünschen fragen, denn die Drogen zu nehmen oder nicht zu nehmen, sind äußerer Sachverhalt und nicht wiederum eigene Wünsche. Er würde sicher nicht antworten, er sei in seinem Wollen hin und her gerissen, weil er beides gleichermaßen wünsche und einfach nicht sagen könne, was er mehr wünsche. Denn dann wäre er in der Lage von Buridans Esel, dem zwei Heubündel gleich verlokkend erscheinen, und der nun nicht weiß, an welchem er knabbern solle. Für den Esel sind beide Alternativen gleich gut, für ihn kommt es nur darauf an, sich überhaupt nach einer Seite zu wenden. Wenn dies nicht die Art von Problem ist, die der unwillentlich Drogensüchtige erlebt, dann ist davon auszugehen, daß sich ihm eine der beiden Alternativen bereits auf der ersten Stufe als die Bessere darstellt. Welche könnte das sein? Wäre es der Drogenkonsum, dann wäre das Element der Widerwilligkeit nicht möglich. Denn dann wäre er ein bewußter, überzeugter Drogenkonsument. Also wird sich ¡hm die Drogenabstinenz als die bessere Möglichkeit darstellen. Wenn dies richtig ist, so herrscht auf erster Stufe kein Konflikt. Zwar schließen sich beide Alternativen aus und werden auch als solche in Betracht gezogen, doch die entsprechenden Wünsche „widersprechen" sich nicht, da sie einen unterschiedlichen Grad haben. Auf Grund der Graduierung herrscht eine präferenzielle Rangfolge zwischen den beiden Wünschen und kein Konflikt. Trotzdem hat die Vorstellung eines Konflikts etwas Einleuchtendes. Woran liegt dies? Es besteht weniger in einem simultanen Hin- und Hergerissensein, als vielmehr einer inneren Uneinigkeit im Sinne einer mangelnden Konsequenz. Es ist ein Konflikt der primär dadurch beizulegen wäre, daß der Süchtige tatsächlich abstinent bleiben würde. Außerdem wäre von vorneherein diese Art von Konflikt nicht vorhanden, wenn Präferenz und effektive Handlung beim Drogenkonsum lägen. Der gemeinte Konflikt würde sich also immer dann auflösen, wenn Präferenz und Handlung übereinstimmen.
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Konflikt, den der unwillentlich Drogensüchtige erlebt, hängt demnach daran, daß er vorzieht, abstinent zu bleiben, die Droge aber doch immer wieder nimmt. Dies ist ein Konflikt oder besser gesagt eine Unstimmigkeit von Wünschen und Handlungen und Der
es
kein innerer Konflikt zwischen gegensätzlichen Wünschen. Die Konstruktion eine Konfliktes auf der ersten Stufe beruht demnach darauf, daß die Graduiertheit von Wünschen ausgeblendet wird. Zieht man sie in Betracht, so bleiben nur zwei Möglichkeiten: Entweder es handelt sich um einen Buridanfall, wo sich zwei gleich gute Alternativen bzw. gleichgewichtige Wünsche gegenüberstehen; das aber wäre nicht der Konflikt des Drogensüchtigen. Oder aber einer der beiden Wünsche prävaliert, dann betrifft der Konflikt ein gestörtes Konsequenzverhältnis von Wünschen und Handlungen; dies ist die Unstimmigkeit, die der Drogensüchtige erlebt.
Ausblendung von Rationalität und Überlegung Obgleich pro forma Rationalität und Überlegung auf erster Stufe zugestanden werden, fallen bei der Zwei-Stufen-Konzeption Rationalität und praktische Überlegung unter den Tisch. Rationalität beinhaltet, daß ausgehend von Wünschen und Überzeugungen überlegt wird, welches die rational zu vollziehende Handlung ist. Damit wird zugleich festgelegt, welcher der auf Handlungen gerichteten Wünsche rational gesehen der effektive sein solle. Diese Überlegungstruktur gilt üblicherweise für Wünsche erster Stufe; selbstbezügliche Elemente sind kein wesentliches Element der Struktur. Hingegen stellt es die Zwei-Stufen-Theorie so dar, als ob der Drogensüchtige wider Willen, solange er nur seine Wünsche erster Stufe in Betracht zieht, keine begründete Ansicht dazu haben könnte, welcher Wunsch effektiv sein solle. Denn wie oben schon erläutert die erste Stufe soll nicht genug Substanz haben, um dem Handelnden schon Halt zu geben. Der praktische Halt, die Handlungsdirektive, ergibt sich für die Zwei-Stufen-Theorie erst daraus, daß von oben her eine Art Zeiger auf einen bestimmten Wunsch deutet der Zeiger ist die Volition und ihm bedeutet, er solle der effektive sein. Der Handelnde muß, um im Bild zu bleiben, nach oben auf diesen Zeiger blicken, um gewahr zu werden, wie zu handeln wäre. Die handlungsselektive Funktion ¡st auf der zweiten Stufe angesiedelt. Daher bleibt der Handelnde ohne zweite Stufe bzw. ohne deren Konsultation desorientiert und dem Gerangel seiner Wünsche ausgeliefert. Tatsächlich bezieht der Drogensüchtige jedoch seinen Halt seine Meinung, wie es laufen soll nicht erst aus der Volition zweiter Stufe. Schon auf erster Stufe kommt seine praktische Überlegung zu einem definitivem Ergebnis.1 Dieses Ergebnis lautet entweder: Ich will die Droge nehmen alles in allem; oder aber: Ich will die Droge nicht nehmen, wenn ich all meine Wünsche und die zu erwartenden bedenke. Folgen Kommt er zu dem zweiten Ergebnis und nimmt dann doch wieder Drogen, so ist er ein Drogensüchtiger wider Willen. Kommt er jedoch zu dem Ergebnis, er wolle sie -
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Es sei denn,
es
läge ein Buridan-Fall vor, was aber bereits ausgeschlossen wurde.
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nehmen, so nimmt er die Droge aus Überzeugung und entspricht damit nicht dem Bild eines haltlos Drogensüchtigen. Die Figur des haltlos Drogensüchtigen stellt überhaupt ein widersprüchliches Zerrbild dar. Er soll einerseits praktisch rational sein und überlegen, andererseits soll es ihm egal sein, welcher seiner Wünsche erster Stufe sich durchsetzt, weil er ja keine Volitionen zweiter Stufe hat: „It never occurs to him to consider whether he wants the relation among his desires to result in his having the will he has." Demnach müßte es dem Haltlosen gleichgültig sein, welche Handlung er vollzieht. Dem widerspricht jedoch, daß er rational überlegt, welche der möglichen Handlungen ein Maximum von Wunscherfüllung verspricht. Auf dieser Handlung wird sich sein konklusiver Wunsch rationalerweise richten. Es wird dem scheinbar Haltlosen daher nicht gleichgültig sein, ob er dieser Handlung vollzieht, bzw. welcher Wunsch der effektive ist. Die Zwei-Stufen-Theorie erweckt den Eindruck, als müsse jemand, der keine Volitionen zweiter Stufe habe, mit seinen Handlungen stets im Einklang stehen, da sie doch jeweils die Handlungen sind, die er am stärksten wünscht. Richtig ist, das für ein Wesen, das der praktischen Überlegungen fähig ist, die Stärke seiner Wünsche eine wichtige Rolle spielt; denn nur dann kann deliberativ abgewogen und eine praktische Überlegung geführt werden. Doch kann Wunschstärke im Rahmen einer prospektiven Überlegung nicht primär bedeuten, daß von zwei Wünschen derjenige der stärkere ist, der sich im Handeln durchsetzt. Denn für den Überlegenden steht ja gerade in Frage, wie zu handeln sei. Selbst wenn er im voraus wüßte oder annähme, welcher Wunsch in diesem Sinne der stärkere wäre, so könnte er auf der Basis dessen bloß voraussagen, wie er handeln werde. Er könnte jedoch nicht überlegen und festlegen, wie zu handeln sei. Im Rahmen der praktischen Überlegung muß daher Wunschstärke einen anderen Sinn haben als bloße Durchsetzungskraft. Wunschstärke muß den Sinn einer sub-jektiven Bewertung, eines präferentiellen Vorzugs haben. Dann aber ist es kein Auto-matismus mehr, daß ein rational überlegendes Wesen stets so handelt, wie es der präferentiellen Stärke seiner Wünsche entspricht. Diese Automatismus gilt nur für Wunschstärke im Sinne von handlungslässiger Durchsetzung. Der aufgebaute Kontrast zwischen dem haltlos Drogensüchtigen und Drogensüchtigen wider Willen erweist sich damit als unstimmig bzw. fadenscheinig. Wenn der Haltlose, wie Frankfurt annimmt, dieselben Wünsche erster Stufe hat wie der Süchtige wider Willen, so wird sich auch für ihn ergeben, daß es am besten ist für ihn, die Droge nicht mehr zu nehmen. Und wenn er dann trotzdem Drogen konsumiert, so ist auch er ein Süchtiger wider Willen. Auch er wird fühlen, er sei „helplessly violated by his own desires" wobei allerdings diese ihn überwältigenden Wünsche nicht identisch mit den in die praktische Überlegung eingehenden präferentiellen Wünschen sind. An dieser Stelle möchte ich noch einmal zurückkommen auf Frankfurts anfängliche Einfuhrung eines ziemlich vagen Wunschbegriffs. Weder wird dort festgehalten, daß Wünsche stets einen bestimmten Grad haben, noch wird ihre Rolle in der praktischen Überlegung auch nur ansatzweise umschrieben; auch ihr latenter Handlungsbezug wird -
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Frankfurt
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nicht erläutert. Von daher kann sich die erste Stufe nicht anders als unterdeterminiert und ergänzungsbedürftig präsentieren. Denn praktische Rationalität ist nur dort möglich, wo Wünsche graduiert sind, die Überlegung der zweckrationalen Struktur folgt und auf die Bestimmung der zu vollziehenden Handlung ausgeht. Wären Wünsche erster Stufe wirklich so amorph, wie es hier erscheint, so müßte es ein Rätsel bleiben, wie gleichwohl auf der ersten Stufe Rationalität und Überlegung möglich sind.
Irrelevanz der zweiten Stufe Es mag richtig sein, könnte nun ein Verteidiger der Zwei-Stufen-Theorie einwenden, daß die Wünsche erster Stufe, d.h. ihre präferentielle Ordnung, weitgehend festlegen, auf welchen konklusiven Wunsch sich die Volition zweiter Stufe zu richten habe; doch warum sollte es nicht trotzdem solche Volitionen geben? Dieser Einwand gesteht zu, daß Volitionen zweiter Stufe im Falle rationalen Han-
delns zur Selektion bzw. Orientierung des Handelns nichts beitragen. Ihre Stellungnahme ist demnach pro forma; sie stellen eine „höhere" Instanz dar, die nichts zu melden hat. Dem oben erwähnten Zeiger, der auf einen der Wünsche erster Stufe deutet und ihn zur Effektivität designiert, wird von „von unten" souffliert, wo er hinzeigen muß. Oder um ein anderes Bild zu wählen, Volitionen sind wie konstitutionelle Monarchen, denen fertige Gesetze zur Unterschrift vorgelegt werden, die aber keine gesetzesgestaltende Rolle spielen. Bleibt die Frage, ob Volitionen, wenn sie schon keine inhaltlich selektive Funktionen haben, nicht doch in bezug aufs Handeln eine tragende kausale Rolle spielen. Auch ein konstitioneller Monarch spielt ja u.U. eine wichtige Rolle, indem das Gesetz nicht in Kraft tritt, solange er nicht unterschrieben hat. Diese Frage nach der kausalen Rolle scheint mit schwer entscheidbar zu sein, besonders vom Schreibtisch aus, weil sie auch eine empirische Seite hat. Einiges spricht aber doch begrifflich gesehen gegen die Annahme einer kausalen Rolle. Es scheint, daß in aller Regel die Gesetze um im schon verwendeten Bild zu bleiben auch ohne Unterschrift von oben in Kraft gesetzt und durchgesetzt werden; der König jedoch mit einer gestelzten Formulierung wichtigtuerisch seine Akzeptanz zum Ausdruck bringt, ohne damit der Geltung etwas hinzuzufügen. Diese Einschätzung beruht darauf, daß eine Volition zweiter Stufe einem konklusiven Wünschen erster Stufe zum Verwechseln ähnlich sieht und die gleichen Wirkungen hat. Nehmen wir folgendes Beispiel: Meine praktische Überlegung hat ergeben, daß ich am besten umgehend eine bestimmte Rechnung begleiche. Ich nehme mir daher vor, d.h. wünsche konklusiv, zur Bank zu gehen und das Geld zu überweisen. Wird dieser Wunsch kausal wirksam, so gehe ich zur Bank und veranlasse die Der konklusive Wunsch wird dadurch erfüllt und erweist sich als Wille, d.h. als effektiv. Angenommen nun ich hätte jenen konklusiven Wunsch und schwinge mich außerdem weil ich nicht bloß rational, sondern auch Person in Frankfurts Sinn sein möchte zu der höherstufigen Volition auf, mein Wunsch, zur Bank zu gehen und die Überweisung zu machen, sei der effektive. Ich bin damit dann gewissermaßen doppelt entschlossen. Gehe ich nun zur Bank, so erfülle ich damit zunächst meinen konklusiven -
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Überweisung.
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Wunsch erster Stufe, zugleich und mit ganz der gleichen Handlung auch die Volition zweiter Stufe. Denn diese ist ebenfalls genau dann erfüllt, wenn die Handlung vollzogen wird. Der Wunsch erster Stufe erweist sich dadurch als Wille und das war es ja, was die Volition auf zweiter Stufe zum Inhalt hatte. Von außen gesehen kann ein Beobachter nicht entscheiden, ob bei mir der einfache Wunsch, die Rechnung zu zahlen, wirksam war, oder aber der Wunsch, mein Wunsch, die Rechnung zu zahlen, möge effektiv sein. Auch ich selber aus der Perspektive des handelnden Subjekts hätte es schwer, die Wirksamkeit der beiden Wünsche auseinanderzuhalten. Denn wie ich es auch drehe und wende: Die Erfüllung und Wirksamkeit des einen wie des andern läuft auf genau dieselbe Handlung hinaus: daß ich zur Bank gehe und das Geld überweise. Die Volition zweiter Stufe, daß der Wunsch, h zu tun, effektiv ist und der konklusive Wunsch, h zu tun, erweisen sich damit in wesentlichen Hinsichten als äquivalent. Sie haben dieselben Erfüllungsbedingung und sie haben, wenn sie effektiv sind, dieselben Wirkungen, nämlich den Vollzug der Handlung h. Daraus schließe ich, daß die Volition zweiter Stufe nichts anderes ist, als eine geschraubte Art, einen konklusiven Wunsch erster Stufe auszudrücken.
Irrationalität der zweiten Stufe Ich habe argumentiert, daß die zweite Stufe das Ergebnis der praktischen Überlegung Stufe aufzugreifen hat. Das läuft darauf hinaus, daß die zweite Stufe inhaltlich gesehen keine eigene Instanz darstellt. Ich möchte nun kurz überprüfen, was sich ergeben würde, wenn im Gegensatz dazu die zweiten Stufe doch mit einer eigenen selektiven Funktion ausgestattet würde. Phänomenal gesehen entspräche dem der Fall, daß eine Person etwas aufgrund praktischer Überlegungen konklusiv wünscht und zugleich wünscht, dieser Wunsch sei nicht effektiv. Die Person würde sich qua höherer Instanz noch einmal gegen ihren auf die beste Handlung gerichteten konklusiven Wunsch erster Stufe bzw. dessen Effektivität aussprechen. Die zweite Stufe müßte dann einen anderen Wunsch dazu designieren, effektiv zu sein. Sind solche Fälle möglich? Möglicherweise könnte man es so beschreiben, wenn eine Person die Haltung hat, immer irgendetwas anderes tun zu wollen, als sie rational wünscht. Dabei hätte man sich diese Einstellung als unbegründet, als einfach so vorhanden, zu denken, da die entsprechende Volition zweiter Stufe von den Wünschen erster Stufe unabhängig sein müßte. Wie auch immer man es sich im einzelnen vorstellt, es würde daraufhinauslaufen, daß die Person wünscht, nicht rational zu handeln. Sind solche Fälle möglich? Sie sind sicher nicht unmöglich, wenn auch nicht leicht vorstellbar. Doch scheint es mir abwegig, gerade diese randständige und ambivalente Möglichkeit zum Charakteristikum von Person zu erklären. Personen würden sich demnach dadurch auszeichnen, daß sie sich auf zweiter Stufe dezisionistisch gegen ihre auf erster Stufe angesiedelte praktische Rationalität wenden können. Die Fähigkeit zur auf zweiter Stufe gewollten Irrationalität wäre das Kennzeichen von Personen eine Lesart, die immerhin zu Frankfurts Feststellung paßt, „that the essence of being a person lies not in reason but in will". An dieser Stelle zeigt sich die Nähe der Zwei-Stufenerster
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Theorie „persönlichen" Handelns zur existentialistischen Idee grundlosen wenn auch Frankfurt diesen Zusammenhang nicht explizit herstellt.
Entscheidens,
Kurze Skizze einer Alternative Die bisher vorgetragenen Kritikpunkte laufen im Kern alle darauf hinaus, daß die ZweiStufen-Theorie der Dimension praktischer Begründung und Überlegung keinen Raum gibt. Sie arbeitet mit einer zu schwach strukturierten Sicht der Verhältnisse auf erster Stufe, ja sie gründet geradezu auf ihr. Daraus resultiert eine konzeptuelle Lücke. In diese treten dann Volitionen zweiter Stufe, ohne daß durch sie die Versäumnisse auf der ersten Stufe wirklich wettgemacht werden könnten. Das kann nicht gelingen, da auch die Volitionen zweiter Stufe nicht in eine Begründungsstruktur eingebettet sind; die zweite Stufe ist ebenso unterbestimmt wie die erste. Dieser Befund spricht dafür, daß bereits die erste Stufe reicher strukturiert werden muß. Hier bietet sich natürlich die schon oben kurz angesprochene Struktur der praktischen Überlegung an, die von graduierten Wünschen erster Stufe ausgeht und mit einem konklusiven, handlungsbestimmenden Wünschen oder Wollen zum Abschluß kommt. Im Falle rationalen Handelns werden diese Handlungsintentionen dann umgehend in die Tat umgesetzt. Handlungsbegründung und -erklärung spielen sich primär auf erster Stufe ab. Damit ein Wunsch wirksam wird und zum Handeln führt braucht es keines weiteren höherstufigen Wunsches, sondern ein Wunsch wird in der Regel dann wirksames Wollen, wenn er sich als Resultante einer praktischen Überlegung darstellt. Nun hatte sich aber Frankfurts Zwei-Stufen-Theorie vor allem dadurch empfohlen, daß sie für die Phänomene irrationalen, unwillentlichen Handelns eine subtile Beschreibung vorlegt. Diese Phänomene beinhalten einen doppelten Willen, weil bei ihnen stets ein Wünschen und Wollen festzustellen ist, das zielstrebig seine Erfüllung erlangt; ebenso aber auch ein ineffektives Wünschen und Wollen da ist, das sich nicht erfüllt und dadurch zu einer Quelle von Frustration wird. Diese Ambivalenz deutet aber an sich nicht auf eine selbstbezügliche zweite Stufe des Wünschens oder Wollens. Dagegen springt es ins Auge, daß das eine Wünschen oder Wollen das ineffektive irgendwie vernünftig und überlegt ist, während das andere Wünschen oder Wollen sich wie hinterrücks durchsetzt. Um diese Doppelsinnigkeit des Willens zu artikulieren, braucht es zwar den Begriff eines reflektierten im Sinne eines überlegten Willens, aber es braucht dazu keinen in sich reflektierten, d. h. Willen höherer Stuselbstbezüglichen fe. Die Doppeldeutigkeit des Willens beim Phänomen unwillentlichen Handelns läßt sich rein auf der ersten Stufe artikulieren, wenn man zwischen einerseits überlegten evaluativen Wünschen, andererseits motivational wirksamen Wünschen unterscheidet. -
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Evaluative Wünsche sind präferentielle Einstellungen mit propositionalem Gehalt, die in der Regel bewußt sind. Auf der Grundlage solcher Wünsche wird die praktische Überlegung geführt, und sie sind auch die Zwischenergebnisse und Endpunkte dieser Überlegung in Form konklusiver Wünsche. Unter motivationalen Wünschen hingegen sind diejenigen Wünsche zu verstehen, die sich aus dem Verhalten einer Person er-
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Überlegung
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schließen lassen. Normalerweise, d.h. im Fall rationalen Handelns, sind die evaluativen Wünsche zugleich die motivierenden Wünsche. In speziellen Fällen kann sich hier jedoch eine Differenz zeigen: Die Person handelt anders, als sie es evaluativ und überlegt will, wobei das abweichende Verhalten sich durchaus als wunschgesteuert präsentiert. Diese Wünsche sind die Motive des Handelns und lassen sich aus ihm erschließen. Diese motivationalen Wünsche sind nicht notwendig kongruent mit denen, von denen her die Person ihre praktische Überlegung führt. Mit Hilfe dieser Unterscheidung lassen sich die Phänomene unwillentlichen Handelns als innere Inkongruenz der ersten Stufe fassen: Der widerwillig Drogensüchtige möchte evaluativ und Überlegterweise die Droge nicht mehr nehmen, jedoch ¡st sein motivationaler Wunsch nach Drogenkonsum überproportional stark und setzt sich durch. Die beiden Wünsche unterscheiden sich dem Grade bzw. ihrer Stärke nach, weshalb es zur Diskrepanz kommt. Außerdem hat die Person zu diesen beiden Wünschen eine andere Zugangsweise: Die evaluativen sind ihr bewußt oder sie macht sie sich bewußt als subjektive Präskriptionen; dagegen sind die motivationalen Wünsche bzw. ihre Stärke Personen nicht unbedingt bekannt. Diese Wünsche befinden sich insofern „hinter dem Rücken" der Handelnden, als sie sich letztlich erst im faktischen Verhalten der Person zeigen. Es drängt sich die Frage auf, wieso es einen einschneidenden Unterschied macht, ob man die Phänomene unwillentlichen Handelns einstufig oder zweistufig beschreibt. Dazu muß man sich klar machen, daß diese Fälle bei Frankfurt dazu dienen, den ZweiStufen-Ansatz erstmals phänomenal zu validieren, um von da aus dann zu einer Beschreibung voll willentlichen Handeln fortzuschreiten. Unwillentliches und willentliches Handeln stellen sich natürlicherweise als komplementär zueinander dar. Das hat bei Frankfurt zur Konsequenz, daß willentliches Handeln ebenfalls unter das Dach der Zwei-Stufen-Theorie gebracht wird. Die zweistufige Auffassung unwillentlichen Handelns ist somit ein entscheidender Schritt für die Plausibilisierung einer zweistufigen Konzeption willentlichen Handelns. Bei willentlichem Handeln soll jeweils eine Volition zweiter Stufe nicht bloß vorhanden, sondern auch wirksam sein: Sie verwandelt gleich einem Zauberstab einen bloßen Wunsch erster Stufe in einen Willen und führt damit indirekt zu entsprechendem Handeln. Willentliches Handeln verdankt sich also jeweils einer „durchschlagenden" Volition zweiter Stufe.2 Wenn man davon ausgeht, daß willentliches Handeln den Normalfall rationalen, überlegten Handelns darstellt, so müßten durchschlagende Volitionen sehr häufig auftreten. Gleichzeitig handelt es sich aber um höchst eigenartige Wünsche, um Wünsche nämlich, die die Kraft haben, sich selbst zu erfüllen. Diese Wünsche sollen durch bloße Kraft des Wünschens dort ein Wollen erzeugen, wo ohne sie keines wäre. Doch es fragt sich, wie eine Person auf höherer Stufe die „Wunschkraft" erlangen kann, bei sich selber die Wirksamkeit von Wünschen zu verursachen, wenn es andererseits derselben Person nicht möglich ist, ihre Wünsche erster Stufe in die Tat umzuset-
-
Den Unterschied sowie die rationale Identität von Evaluation und Motivation habe ich näher ausgeführt in Kusser (1989), Teil III. Die damit verbundene Vorstellung eines sich selbst erfüllenden Wunsche ist in der Literatur verschiedentlich kritisiert worden. Vgl. Baumann (2000) Kap. 5.2.
Anna Kusser
98
Vorstellung erinnert ein wenig an Baron Münchhausens Geschichte, der sich Sumpf gezogen haben will. Der wichtigste Unterschied zwischen Zwei-Stufen-Theorie und einstufigem Ansatz liegt in der Konzeption des rationalen Handelns. Während die Zwei-Stufen-Theorie für jede Episode rationalen Handelns ein Wunder „von oben" postuliert, kommt es nach dem einstufigen Ansatz immer dann zu willentlich rationalem Handeln, wenn der präferentielle Rang eines Wunsches seiner motivationalen Kraft entspricht. Eine solche Kongruenz ist der Normalfall, so daß man in der Regel davon ausgehen kann, daß die evaluativen, einstufigen Wünsche einer Person direkt zu wunschverwirklichendem Handeln zen.
Diese
selbst aus dem
fuhren. Man muß also beim rationalen Handeln keinen zusätzlichen („höherstufigen") Kausalfaktor ansetzen, sondern es ist umgekehrt im Falle unwillentlichen Handelns ein zusätzlicher Kausalfaktor im Spiel. Dieser stört dann die normale Kausalität der Evaluation, so daß eine diskrepante Motivation resultiert, die in inkongruentes Verhalten mündet. Verglichen damit kompliziert die Zwei-Stufen-Theorie die Genese willentlichen Handelns unnötig. In diesen Fällen ist die für unwillentliches Handeln charakteristische Willensambivalenz nicht gegeben. Obwohl damit der Grund entfallt, mit einem „doppelten" Willensbegriff zu arbeiten, wird er zweistufig konzipiert, da die Zwei-StufenTheorie diesen Fall unzweideutigen Wollens von seinem anormalen Gegenstück her
aufrollt. Aus meiner Sicht kann und sollte die Grundkonzeption normalen, rationalen Handelns von zweistufigen Wünschen freigehalten werden. Das bedeutet nicht, daß es Wünsche zweiter Stufe generell nicht geben könnte oder nicht gäbe. Im Gegenteil gibt es eine Reihe von speziellen Phänomenen, bei denen Wünsche zweiter Stufe eine Rolle spielen. So ist etwa eine Volition zweiter Stufe die naheliegende Reaktion auf die Erfahrung eigenen unwillentlichen Handelns. Durch diese Volition wird gewünscht, evaluative und handlungswirksame motivationale Wünsche seien im Einklang. Vermutlich wird der unwillentlich Drogensüchtige immer wieder wünschen, seine Motivation zum Drogenkonsum sei nicht so stark und könnte in Schach gehalten werden von seinem evaluativen Wunsch nach einem drogenfreien Leben. Er möchte und dies ist tatsächlich ein Wunsch zweiter Stufe in einen Stand kommen, in dem seine evaluativen Wünsche die Handlung „regieren." Um das zu erreichen, müßte er sich ernsthaft überlegen, wie sich seine Motivation in entsprechende Form bringen ließe, wozu es beispielsweise auch gehören könnte, motivational störende Einflüsse (wie körperliche Entzugserscheinungen) zu dämpfen; es bliebe ihm nicht erspart, auf die Handlungsebene herunterzusteigen, um diesen höherstufigen Wunsch zu verwirklichen. Es würde also gerade nicht darum gehen, diesen Wunsch direkt innerpsychisch in einen Stand zu versetzen, wo er sich selbst verwirklicht, sondern es ginge darum, diesen Wunsch wie andere Wünsche auch zu verwirklichen, indem zu zielführendem Handeln geschritten würde. Nach diesem Szenarium ist der Wunsch zweiter Stufe keine tragende Säule der Beschreibung unwillentlichen Handelns, sondern eine zukunftsbezogene Reaktion darauf. Außerdem läßt sich dieser Wunsch bewußtseinsmäßig greifen, er fließt in eine praktische Überlegung ein und führt in der Regel zu entsprechenden Die Rolle Handlungen. von Wünschen zweiter Stufe ist also insgesamt eine andere als in Frankfurts Zwei-
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-
-
Zwei-Stufen-Theorie und
praktische Überlegung
99
Stufen-Theorie. Sie treten erst im Gefolge defizitären Handelns auf, spielen jedoch keine tragende Rolle in der Beschreibung und Erklärung willentlichen und unwillentlichen Handelns. Dadurch kann der praktischen Überlegung ihr angestammter Platz in der Genese menschlichen Handelns erhalten bleiben.
Literatur: Baumann, Peter (2000), Die Autonomie der Person, Paderborn Frankfurt, Harry G. (1971), Freedom of the Will and the Concept of a Person, Journal of Philosophy, Vol. LXVIII, 5-20
Gosepath, Stefan (1992), Aufgeklärtes Eigeninteresse, Frankfurt/M. Kusser, Anna (1989), Dimensionen der Kritik von Wünschen, Frankfurt/M. Nunner-Winkler, Gertrud. (1993), Die Entwicklung moralischer Motivation, in: Moral und Person, hg. v. Wolfgang Edelstein, Gertrud Nunner-Winkler, Gil Noam, Frankfurt/M.
Nunner-Winkler, G. (2000), Von Selbstzwängen zur Selbstbindung, und Moral, hg. v. Martin Endreß, Würzburg Wolf, Susan, (1990), Freedom within Reason, Oxford
in:
Anthropologie
Guidance Ein Führer durch Frankfurts
Handlungstheorie
Ralf Stoecker
We
Das tet:
who cannot avoid being active. On the Usefulness of Final Ends
are creatures
Harry Frankfurt,
Zitat, mit dem dieser Beitrag beginnt, ist eine Antwort. Die zugehörige Frage lauWas ist das besondere an uns, das uns zu dem macht, was wir wesentlich sind, näm-
lich Personen? Diese Frage nimmt eine zentrale Stellung in Harry Frankfurts Philosophie ein. Auch wenn der Ausdruck „Person" nur einmal im Titel eines Aufsatzes Frankfurts vorkommt (in Freedom of the will and the concept of a person), so lassen sich die meisten anderen Aufsätze Frankfurts leicht als immer neue Versuche ansehen, bestimmte Charakteristika unseres Personseins aufzudecken und zu erläutern. Der wichtige erste Schritt zum Verständnis des Personenbegriffs ist aber, wie das Zitat belegt, daß Personen aktive Lebewesen sind, d.h. daß sie gar nicht anders können als zu handeln. Personen sind wesentlich Akteure. Mein Ziel in dem folgenden Beitrag ist es, einen Überblick über die handlungstheoretische Grundposition Frankfurts zu geben, aus der heraus sich dann die anderen prominenten Teile seiner Philosophie, vor allem seine Konzeption von Freiheit und Verantwortung, besser verstehen lassen.
1.
Abwegige Kausalverläufe und das Problem des Handelns
Personen sind wesentlich Akteure, was aber sind Akteure? Eine Minimalbedingung dafür, ein Akteur zu sein, ist, daß man zwischen dem, was er tut, und dem, was bloß mit ihm
geschieht,
unterscheiden kann. Akteure stehen einem Geschehen eben nicht
nur
passiv, sondern häufig auch aktiv gegenüber. Das ist allerdings noch nicht unbedingt eine trennscharfe Unterscheidung. Zumindest grammatisch gesehen kann man von jeder Entität sagen, sie tue etwas. Eine Rose welkt, ein Stein fällt in den Bach und ein Vulkanausbruch verschreckt die einheimische Bevölkerung. Um einen interessanten Akbraucht man also ein anderes, nicht bloß sprachliches Un-
teurs-Begriff auszuzeichnen,
Ralf Stoecker
102
terscheidungskriterium
zwischen Aktivität und Passivität. Ein solches Kriterium
zu
finden, so Frankfurt in dem gleichnamigen Artikel, ist das Problem des Handelns. Mitte der siebziger Jahre, als Frankfurt The problem of action schrieb, vertraten die meisten Handlungstheoretiker (Davidsons einflußreichem Aufsatz Actions, reasons, and
1963 folgend) ein kausalistisches Handlungsverständnis. In seiner einfachbesagt der Kausalismus, daß ein Ereignis genau dann eine Handlung ist, wenn sich in dem Handelnden Handlungsgründe finden (bestehend z.B. aus einem Wunsch-Meinungs-Paar), die das Ereignis sowohl rational verständlich machen wie auch kausal hervorrufen.1 Frankfurt teilt nun zwar die Ansicht, daß das Spezifische der Handlungen darin liegt, daß sie sich im Rückgriff auf Gründe erklären lassen, er bezweifelt aber, daß Gründeerklärungen Kausalerklärungen sind und vertritt statt dessen eine Position, in deren Zentrum der Titelbegriff meines Beitrags steht, guidance: Handlungen stehen unter der guidance des Handelnden. Zum Verständnis dieses Begriffs ist es nützlich, sich erst einmal die Einwände Frankfurts gegen den Kausalismus vor Augen zu führen. Der Haupteinwand Frankfurts geht auf eine Schwierigkeit zurück, die auch schon Davidson selbst zur Sprache gebracht hat, das sogenannte Problem ,abwegiger Kausalverläufe' {,wayward causal chains'). Es gibt Situationen, in denen ein Ereignis sowohl aus den Intentionen eines Menschen begründet ist, als auch von diesen verursacht wird, ohne aber eine Handlung zu sein. Von Davidson stammt das Beispiel, daß ein Bergsteiger gerne seinen lästigen Kameraden loswerden möchte und weiß, daß er dazu nur das Verbindungsseil loslassen muß. causes von
sten Form
Dieser verwerfliche Wunsch und das Wissen, wie leicht er zu verwirklichen wäre, machen den Bergsteiger so nervös, daß er versehentlich das Seil losläßt.3 Er läßt den Kameraden fallen, hat die passenden Gründe, die auch für das Fallenlassen kausal verantwortlich sind, und trotzdem ist es keine Handlung, daß er ihn fallen läßt, sondern etwas, das ihm bloß geschehen ist. Die kausalistische Handlungskonzeption kann also in der genannten einfachen Form nicht zutreffend sein. Frankfurt gibt ein anderes, paralleles Beispiel eines abwegigen KausalVerlaufs: Ein Partygast beabsichtigt, sein Glas zu verschütten und damit seinen Spießgesellen das verabredete Zeichen zum Einbruch zu geben. Dieser Plan versetzt ihn aber in eine solche Spannung, daß seine Hände zu zittern beginnen und er das Glas Auch hier rationalisieren und verursachen die Gründe das Geschehen, ohne daß man es deshalb als eine Handlung bezeichnen würde. Es gibt verschiedene Optionen für den Kausalisten mit diesen Beispielen umzugehen. Er kann sich erstens auf die Abwegigkeit der Kausalverläufe berufen und behaupten, daß eben nur solche Ereignisse Handlungen seien, die auf die übliche, normale Weise
ausgießt.4
Davidson selbst hat diese einfache Form des Kausalismus nie vertreten. Zum Verständnis seiner viel komplexeren, aber auch einleuchtenderen Position vgl. mein Reasons, Actions, and Their Rela-
tionship.
4
The Problem of Action, in: The Importance of What We Care About [ICA], 72. Davidson, Freedom to act, 79. Roderick Chisholm, Richard Taylor und anderen haben schon früher ähnliche Beispiele entwickelt und diskutiert. Vgl. die ausführlichen Erläuterungen in Irving Thalberg, Do Our Intentions Cause Our Intentional Actions? und Myles Brand, Intending and Acting, 17ff The Problem of Action, ICA 70.
103
Guidance
durch die Gründe hervorgebracht werden. Aber das ist kein wirklich gangbarer Weg. Denn es gibt durchaus Handlungen, die aus Gründen geschehen, die normalerweise nie in entsprechenden Handlungen münden (z.B. der prominente Wunsch, den Vater zu ermorden und die Mutter zu heiraten), aber eine Vielzahl anderer kausaler Folgen haben (z.B. neurotische). Nicht jede Handlung geschieht also aus Gründen, aus denen sie normalerweise geschieht, weil es nicht immer eine solche Normalität gibt. Eine attraktivere zweite Reaktion besteht in der Annahme, daß es eine den Handlungen spezifische Art der Kausalbeziehung zwischen Gründen und Ereignissen gibt, ohne die ein Ereignis keine Handlung ist, und die in den Beispielen abwegiger Kausalverläufe nicht vorgelegen hat. Das ist die Haltung Alvin Goldmans, und möglicherweise ist es auch Davidsons Position. Die Schwierigkeit für diese Option liegt allerdings darin zu spezifizieren, worin diese besondere Kausalbeziehung besteht. Goldman ist zuversichtlich, daß sich eine Antwort letztlich in den Naturwissenschaften findet, Davidson bezweifelt hingegen, ob man sie überhaupt finden kann.1 Es gibt aber auch noch einen dritten Weg, um mit den abwegigen Kausalverläufen fertig zu werden, den z.B. Irving Thalberg vorgeschlagen hat.2 Ihm liegt die Vermutung zugrunde, daß mehr zum Handeln gehört, als daß die rationalisierenden Gründe irgendwann einmal das Ereignis verursacht haben. Die Gründe müßten vielmehr bis zum Stattfinden des Ereignisses in einer Art kausalem Kontakt zu diesem Ereignis stehen. (Thalberg bezeichnet das als „sustained causation".) Während im Fall von Handlungen die Absichten bis zum Handlungsereignis selbst kausal wirksam seien, würden sie in den Beispielen abwegiger Kausalverläufe zwar eine Körperwegung hervorrufen, weil sie ja deren Ursache hervorrufen (z.B. die emotionale Erregung, die den Griff der Hände lockert), für die sich weiter entwickelnde Kausalkette spielen sie dann aber keine Rolle mehr -ja, sie brauchen dann nicht einmal mehr zu bestehen. Thalbergs Vorschlag wirft mindestes zwei Fragen auf, erstens inwieweit seine Anforderung wirklich eine notwendige Bedingung für Handlungen ist, und zweitens, ob sustained causation überhaupt eine verständliche Form der Kausalität ¡st. Ich werde auf die erste Frage weiter unten zu sprechen kommen. Die zweite ist es aber, die unmittelbar zu Frankfurt führt, denn Thalberg beansprucht explizit, mit der sustained causation eine ,Demystifikation' von Frankfurts Diagnose des Problems der abwegigen Kausalverläufe und seines Handlungsverständnisses überhaupt zu liefern.3
2. Frankfurts
Handlungskonzeption
Frankfurt führt das Problem der abwegigen Kausalverlaufe auf einen grundsätzlichen Fehler aller kausal istischen Handlungskonzeptionen zurück: den Versuch, die Basis für Gründeerklärungen in einem Geschehen zu suchen, das dem Ereignis vorangeht, anstatt in der synchronen Umgebung des Ereignisses. Dafür, daß seine Position hier richtig ist,
2 3
Vgl. Goldman, A Theory of Human Action, 62; Davidson, Freedom in the Explanation of Action, 39. Vgl. Do Our Intentions Cause Our Intentional Actions?, 257ff. Ebd., 258.
to
Act, 80 und auch Problems
104
Ralf Stoecker
kann sich Frankfurt auf die Feststellung berufen, daß wir Handeln gewöhnlich aus Motiven begründen, die der Handelnde hat, während er handelt, und nicht aus Motiven, die er irgendwann einmal gehabt hat. Zu sagen, jemand habe einen Kameraden getötet, weil er ihn kurz zuvor noch habe loswerden wollen, klingt schräg, erfahrt man aber, daß er ihn auch noch zur Tatzeit loswerden wollte, hat man sofort eine gute Handlungserklärung. Kurz, es sind nicht die vorangegangenen, sondern die zur Tatzeit bestehenden Wünsche, Meinungen und Absichten, aus denen die Handlung geschieht und auf die man folglich für die Handlungserklärung zurückgreifen muß. Nimmt man aber an, daß Kausalerklärungen immer zeitlich frühere Ursachen nennen, dann folgt daraus, daß Handlungserklärungen keine Kausalerklärungen sind. Daß wir etwas tun, weil wir bestimmte Gründe haben, kann also nicht bedeuten, daß die Gründe das Tun auf welche Weise auch immer verursachen. Die naheliegende Frage ist nun, worauf sich Handlungserklärungen stützen, wenn sie nicht kausal sind, d.h. welche synchronen Bedingungen erfüllt sein müssen, damit etwas eine Handlung ist. Einen Anhaltspunkt dafür bietet das zweite Argument gegen den Kausalismus, das sich bei Frankfurt findet (auch wenn er es nicht ausdrücklich so formuliert):1 Es gibt Handlungen, die darin bestehen, daß der Handelnde etwas geschehen läßt, und trotzdem ist es ein aktives Tun und nicht etwas, das ihm geschieht. Frankfurts Beispiel ist das des Autofahrers, der sein Auto auf gerader Fahrbahn einen Berg hinunterrollen läßt. Zufrieden mit Tempo und Fahrtrichtung dreht er nicht am Lenkrad, bremst nicht und gibt kein Gas. Die Handlungsgründe verursachen also keine Körperbewegungen und trotzdem fährt der Handelnde aktiv den Berg herunter. Es ist seine Handlung, den Berg hinunterzufahren, und nicht bloß ein Ereignis, in das er involviert ist. Folglich, so Frankfurt, kann es nicht an den kausalen Antezendenzien liegen, ob ein Ereignis eine Handlung ist, sondern muß einen anderen Hintergrund haben. Frankfurt präsentiert das Autofahrerbeispiel, wie gesagt, nicht so sehr als Argument gegen den Kausalismus, sondern zur Illustration seiner Alternative. Der Autofahrer, der ohne einen Finger zu rühren den Berg hinabgleitet, verursacht zwar keine Körperbewegungen, er ist aber Herr seiner Körperbewegungen, sie stehen, genau wie die Bewegungen des Autos, unter seiner guidance. Das Charakteristische am Handeln ist also für Frankfurt, daß Körperbewegungen unter der Lenkung oder Leitung des Handelnden stehen, wobei die Gründe angeben, weshalb der Handelnde sein Handeln in diese oder
jene Richtung lenkt.2 1
The Problem of Action, ICA 75. "The performance of an action is accordingly a complex event, which is comprised by a bodily movement and by whatever state of affairs or activity constitutes the agent's guidance of it." (The Problem of Action, ICA 73). Diese Charakterisierung wirft das ontologische Problem auf, was denn die Handlung ist, wenn die Durchführung der Handlung ein komplexes Ereignis aus Körperbewegung und innerem Geschehen ist. Das ist eine in meinen Augen aufschlußreiche Frage, weil sie berechtigte Zweifel an der verbreiteten Überzeugung weckt, daß Handlungen Ereignisse sind. Ich werde dem hier aber nicht weiter nachgehen, sondern im weiteren so reden, als würde Frankfurt einfach annehmen (wie Davidson), daß in diesem Fall die Körperbewegungen selbst die Handlungen sind.
Guidance
105
glaubt, daß die Konzeption des Handelnden als Guide, Führer, seiner Körperbewegungen die Schwierigkeit des Kausalismus umgeht, Geschehenlassen nicht als Handeln akzeptieren zu können, und zudem auch den gewünschten Ausweg aus dem Problem der abwegigen Kausalverläufe bietet. Denn inwiefern eine Körperbewegung irgendwann einmal durch ein Motiv des Handelnden verursacht wurde, sei für die Frage unerheblich, ob der Handelnde die Bewegung leitet oder nicht. Dafür sei nur wichtig, in welcher Beziehung er zu der Bewegung steht, während sie stattfindet. In welcher Beziehung muß ein Handelnder aber zu einer Körperbewegung stehen, um sie im handlungsrelevanten Sinn zu leiten? Das ist die entscheidende Frage an Frankfurt. Solange sie nicht beantwortet ist, ist weder klar, ob sein Vorschlag wirklich im Widerspruch zu kausalistischen Vorstellungen steht (oder ob Thalberg recht hat, ihn als eine besondere Art von Kausalismus zu interpretieren), noch ist es ersichtlich, inwieweit Frankfurt dem drohenden Regreß entkommen kann, daß Lenken selbst etwas Aktives ist, was bedeutet, daß es seinerseits gelenkt sein muß, usw. ad infinitum. Bevor ich aber auf die schwierige Frage eingehe, wie man sich Frankfurts guidance vorstellen sollte, möchte ich etwas zur Bedeutung dieser Konzeption für andere wesentliche BeFrankfurt
standteile von Frankfurts Theorie sagen, damit deutlich wird, wie viel für Frankfurt von dieser handlungstheoretischen Grundlage abhängt.
3. Personen, Volitionen zweiter Stufe und die Rolle der Selbstidentifikation In der guidance
liegt, wie gesagt, Frankfurts Unterscheidungsmerkmal zwischen AktiviAkteure, weil sie in der Lage sind, Körperbewegungen nach ihren Wünschen und Vorstellungen zielgerichtet zu lenken. Aber nicht jedes Wesen, das dies kann, ist eine Person. Auch bei Insekten kann man zwischen Dingen unterscheiden, die sie aktiv tun, und solchen, die mit ihnen geschehen, doch natürlich sind sie keine Personen.1 Die Unterscheidung zwischen Personen und Nichtpersonen ist das Thema von Frankfurts frühem und vielleicht bekanntesten Aufsatz Freedom of the will and the concept of a person. Personen sind Wesen wie wir, und wir können mehr, als Stellung zur Welt zu beziehen; wir können auch zum eigenen Wollen Stellung nehmen. Und wir können nicht nur Handlungen lenken und leiten, sondern eben auch die dahinter stehenden Intentionen. Wir sind keine bloßen Spielbälle unserer Handlungswünsche, keine wantons (,Triebhafte' in der anschaulichen deutschen Übersetzung), sondern verfügen über höherstufige Wünsche, die Volitionen zweiter Stufe, die uns die prinzipielle Fähigkeit verleihen, auch in die handlungsleitenden Wünsche und Absichten korrigierend einzugreifen. tät und Passivität. Personen sind
Identification and Externality, ICA 58. Der englische Ausdruck „volition" steht traditionell für Willensakte (acts of the will) und wirft damit die Frage auf, ob es sich dabei nicht selbst um Handlungen, statt um Wünsche handelt: „Among active states of the mind, there is however, one species which merits particular attention [...] I mean volitions, or acts of the will" (John Stuart Mill, A System of Logic, S. 51). Doch Frankfurt sagt explizit, daß für ihn Volitionen zweiter Stufe Wünsche sind (ICA 16).
Vgl.
Ralf Stoecker
106
Wie bei der Lenkung unserer Bewegungen gelingt allerdings auch die Lenkung der Motive nicht immer, so daß man auch bei den Handlungsmotiven zwischen dem, was eine Person aktiv tut, und dem, was passiv mit ihr geschieht, unterscheiden kann. Sind diejenigen Wünsche handlungswirksam, von denen wir dies wollen, dann ist unser Wollen etwas Aktives, etwas, das zu uns gehört; wenn wir dagegen aus Gründen handeln, aus denen wir nicht handeln wollen, dann ist dieses Handeln, so sehr es selbst ein aktives Tun ist, uns immer auch ein Stück weit fremd und äußerlich. Frankfurts Unterscheidung in dem Willensfreiheits-Artikel birgt allerdings zwei Probleme, die er erst einige Jahre später in dem Aufsatz Identification and Externality aufgreift. Erstens stimmt es einfach nicht, daß die Bewertung eigener Handlungsmotive eine brauchbare Unterscheidung zwischen eigenen und fremden Motiven bietet. Es gibt durchaus Motive, die man zwar lieber nicht hätte, die einem aber alles andere als fremd sind.2 Also können die Volitionen zweiter Stufe Inneres und Äußeres, Aktivität und Passivität nicht exakt trennen. Zweitens ist es nicht ersichtlich, weshalb Volitionen der zweiten oder höherer Stufe besser geeignet sein sollten, Eigenes von Fremdem zu unterscheiden, als die der ersten Stufe. Warum soll man nicht annehmen können, daß ein höherstufiger Wunsch manchmal viel korrupter und dem Handelnden ferner ist als ein unmittelbar handlungsbezogender Wunsch der ersten Stufe?3 In Reaktion auf beide Schwierigkeiten ergänzt Frankfurt seine Personalitätskonzeption um ein wichtiges weiteres Element. Wir haben als Personen nicht nur die Fähigkeit zur Selbstbewertung, sondern auch die Fähigkeit zur Selbstidentifikation. Die Unterscheidung zwischen Innen und Außen ist demnach nicht bloß das Produkt einer Reflexion, sie ist das Ergebnis eines Aktes. Ich entscheide, was zu mir gehört und was nicht, was ich aktiv will und welcher Wille mir fremd ist. Das erste Problem ist damit gelöst. Nichts spricht dagegen, daß eine Person gelegentlich zu der Einsicht gelangt, daß sie aus Gründen handelt, aus denen sie zwar lieber nicht handeln sollte, die aber durch und durch ihre eigenen Wünsche sind, während sie in anderen Fällen feststellen muß, daß ihr ihr Wille völlig fremd ist. Nicht befriedigend gelöst ist aber das zweite Problem. Schließlich ist auch der dezisionistische Kraftakt „A person is no more to be identified with everything that goes he is to be identified with
61).
everything that goes on
in his
on
in his
mind, in other words, than
body" (Identification and Externality,
ICA
Vgl. ICA 65f. Frankfurt vermutet allerdings, daß der Umkehrschluß gilt, d.h. daß wir keine Neigungen haben, die wir zwar begrüßen, aber gleichwohl als uns fremd ansehen. Diesen Einwand geht auf Gary Watson zurück (Free Agency, S. 107ff). Frankfurt akzeptiert ihn in Identification and Externality (ICA 65f), nachdem er in Three Concepts of Free Action, bevor Watson seinen Einwand veröffentlicht hatte, noch geschrieben hat: „As for a person's second-order volitions themselves the question of whether or not he identifies himself with them cannot arise" (ICA 54).
...
Identification and Externality, ICA 70. Die Idee, daß der Handelnde sich mit seinen Motiven identifizieren müsse, findet sich allerdings auch schon früher angedeutet, z.B. in einem Absatz in Freedom of the Will and the concept of a person, wo Frankfurt den Fall beschreibt, daß die Identifikation mit einem Wunsch erster Stufe die endlose Folge der Wunschhierarchien ,durchhallt' (resounds)
(ICA 21).
Guidance
107
einer Selbstidentifikation nur ein Akt unter vielen, der im Prinzip dem Handelnden genauso fremd sein könnte wie jede andere Handlung auch. Dazu kommt ein weiteres, drittes Problem. Die Vorstellung, man könne bestimmen, welches Tun und Wollen zu einem selbst gehört und welches nicht, scheint nur schlecht zu einer anderen prominenten These Frankfurts zu passen, seiner Ablehnung des sogenannten „Prinzips der Handlungsalternativen" (principle of alternate possibilities). Nach diesem, in der Freiheitsdebatte häufig als selbstverständlich vorausgesetzten Grundsatz ist man nur dann für eine Handlung verantwortlich, wenn man frei gewesen ist, sie durchzuführen, und frei war man nur dann, wenn man auch anders hätte handeln können. Frankfurt behauptet dagegen, daß man sowohl für Handlungen verantwortlich sein kann, in Bezug auf die man nicht frei war, als auch, daß man für freie Handlungen nicht notwendigerweise verantwortlich ist. Ersteres ist der Fall, wenn jemand freiwillig dasjenige tut, was er ohnehin hätte tun müssen, letzteres, wenn ihm zwar nicht die Handlung, wohl aber sein Willen aufgenötigt wurde. Das allein sind allerdings noch keine unorthodoxen Feststellungen, sie sprechen zunächst nur dafür, nicht die Handlungs-, wohl aber die Willensfreiheit zum Kriterium der Verantwortlichkeit zu machen, so daß man an die Stelle des Prinzips der Handlungsalternativen ein Prinzip der Willensalternativen setzen müßte, also das Prinzip, nur dann verantwortlich zu sein, wenn man auch anders hätte wollen können. Doch auch dieses modifizierte Prinzip verwirft Frankfurt, und zwar letztlich aus demselben Grund wie das Prinzip der Handlungsalternativen. Frankfurt zufolge kommt es für die Verantwortlichkeit weder darauf an, ob der Handelnde anders hätte handeln, noch ob er anders hätte wollen können, sondern nur darauf, ob er zu dem steht, was er tut oder will, d.h. letztlich ob er sich damit identifiziert. Am deutlichsten formuliert Frankfurt diesen Zusammenhang zwischen Identifikation und Verantwortlichkeit in Three concepts offree action: „The notion of identification is admittedly a bit mystifying [...] Instead of attempting to provide the analysis the notion requires, I shall limit myself to a declaration: to the extent that a person identifies himself with the springs of his action, he takes responsibility for those actions and aquires moral responsibility for them" (ICA 54). Eine Person ist also letztlich für das und nur für das verantwortlich, was aus Motiven geschieht, mit denen sie sich identifiziert. Nun wird deutlich, wie fatal es für Frankfurts Theorie wäre, wenn sich eine Person nach Belieben mit Motiven identifizieren oder von ihnen distanzieren könnte, denn das würde zu dem Schluß führen, daß es dem Handelnden frei stünde zu entscheiden, ob er für sein Tun moralisch verantwortlich ist oder nicht, und das kann Frankfurt nicht behaupten wollen. Frankfurt muß folglich einen anderen Begriff der Identifikation einer Person mit ihren Motiven vertreten als einfach den einer dezisionistischen Setzung.
Frankfurt kritisiert dieses Prinzip bereits in dem Aufsatz Alternate Possibilities and Moral Respondem frühesten der in seine Anthologien aufgenommenen Schriften. Sein eigenes Verständnis der Verantwortlichkeit formuliert er zuerst in Freedom of the Will and the concept of a person, Abschn. IV, und dann in weiteren Artikeln aus ICA.
sibility,
Ralf Stoecker
108
4. Volitionale Notwendigkeiten Ein auf den ersten Blick aussichtsreicher Ergänzungsvorschlag findet sich in David Vellemans Auseinandersetzung mit Frankfurts dezisionistischer Konzeption. Velleman kommt zu dem Schluß, daß Frankfurt, um an einer signifikanten aktiv/passivUnterscheidung festzuhalten, nicht umhin kommt, ein weiteres Charakteristikum der Personen anzunehmen, das Motiv, aus Vernunftgründen zu handeln. Nur wenn der Handelnde dieses Motiv der Entscheidung zwischen seinen Volitionen zugrunde legt, kann er, so Velleman, sicher sein, daß die Entscheidung wirklich seine Entscheidung ist, keine fremde. Denn anders als bei allen anderen Motiven gilt, daß man gar nicht anders kann, als den Wunsch, aus Vernunftgründen zu handeln, als Teil seiner selbst anzusehen. Würde man ihn als fremd ansehen, dann würde man aufhören, sich überhaupt als Handelnden zu betrachten, und es würde folglich auch keinen Sinn machen, einen Teil der eigenen Handlungen als fremd, andere als zu einem gehörig auszuzeichnen. Das Motiv, aus Vernunftgründen zu handeln, ist also konstitutiv dafür, überhaupt zu handeln. Wir können es zwar im Einzelfall ausstechen und das Unvernünftige tun, wir können es aber nicht völlig über Bord werfen und uns als Handelnde verstehen, denen dieses Motiv total fremd ist. Aber auch mit dieser Ergänzung ist Frankfurts Position noch unbefriedigend. Denn allein der Wunsch, vernünftig zu handeln, ist eine allzu schmale Basis für die Unterscheidung zwischen Eigenem und Fremdem. Schließlich kann es nicht der einzige Wunsch sein, der uns eigen ist, vernünftig zu sein, und jeder Versuch, allein aus Vernunftgründen zu weiteren Wünschen zu gelangen, führt in einen bodenlosen Regreß: Es ist nur dann vernünftig, einen Wunsch handlungswirksam werden zu lassen, wenn man auf der zweiten Stufe zu Recht wünscht, daß dieser Wunsch handlungswirksam werde; ob man dies zu recht wünscht, kann sich aber erst auf einer weiteren, dritten Stufe entscheiden, und auch dort nur, wenn die Wünsche dieser dritten Stufe die richtigen sind, was wiederum einen Rekurs auf die vierte Stufe erforderte usw. Die Absicht, nur nach vernünftigen Wünschen zu handeln, verpflichtet den Handelnden also auf einen infiniten Reflexionsprozeß, der allem Anschein nach ergebnislos bleiben muß. Nun gibt es allerdings auf die Frage, ob dieser Prozeß tatsächlich zu keinem Ergebnis kommt, eine prominente, dem Anschein widersprechende Antwort: Kants Grundgesetz der reinen praktischen Vernunft', den kategorischen Doch wie immer man die restriktive Potenz des kategorischen Imperativs einschätzt, er bietet sicher keine brauchbare Demarkationslinie zwischen Motiven, die zu einem gehören, und solchen, die einem fremd sind. Wir sind eben nicht immer nur sittliche Wesen (nicht einmal in Kants Sinn), und umgekehrt sind wir uns auch in moralisch untadeligem Verhalten manchmal sehr fremd. Das ist also das Problem, vor dem sowohl Frankfurt, wie auch Velleman stehen: Weder die Fähigkeit zu einer dezisionistischen Selbstidentifikation, noch die Teilhabe an Kants Reich der Zwecke bietet einen plausiblen Ansatz für die Übertragung der eigen-
Imperativ?
Vgl. Velleman,
What Happens When Someone Acts?, insbes. Immanuel Kant, Kritik der praktischen Vernunft, AA V 30f.
§§ VIff.
109
Guidance
fremd-Unterscheidung auf die Motive des Handelnden. Ohne diese Unterscheidung würde Frankfurts Personenbegriff aber viel von seiner Attraktivität einbüßen. Er würde sich dann darauf beschränken, diejenigen Wesen auszuzeichnen, die in ihrem Handeln nicht nur durch das zweidimensionale Wechselspiel verschiedener Handlungswünsche
bestimmt sind, sondern auch noch durch eine dritte Dimension von Meta-Wünschen auf verschiedenen Metaebenen. Das, was uns als Personen auszeichnen sollte, wäre dann also allein unsere volitionale Vielschichtigkeit. Frankfurt empfindet den Verzicht auf die Innen-Außen-Differenz zu Recht als unbefriedigend. Er hat deshalb seit Anfang der achtziger Jahre sein Personenverständnis um ein wichtiges weiteres Charakteristikum ergänzt, die Existenz kontingenter volitionaler Notwendigkeiten. Was er damit meint, wird aus den Titeln seiner beiden Aufsatzsammlungen deutlich, „The Importance of What We Care About" und „Necessity, Volition, and Love". Damit jemand eine Person ist, muß es für sie etwas geben, was ihr wichtig ist, worum sie sich bekümmert (care) und zwar nicht nur instrumenten, sondern als Wert an sich, kurz, sie muß zur Liebe (love) fähig sein, und sei es auch nur in Form einer Liebhaberei. Das Kennzeichen dieser volitionalen Notwendigkeiten ist, daß sie (anders als Kants Vernunftgesetz) nicht schon aus der praktischen Vernünftigkeit des Handelnden folgen, daß sie aber der einzelnen Person in dem Sinn wesentlich sind, daß die Person ohne jene Vorlieben nicht die spezifische Person wäre, die sie ist. (So könnte sich beispielsweise ein passionierter Briefmarkensammler durchaus entscheiden, sein Weihnachtsgeld in eine Zahnbehandlung zu stecken statt in einen seltenen Fehldruck, was aber nicht sein kann, ist, daß diese Entscheidung für ihn kein Opfer darstellen wür-
de.)
Frankfurt verbindet seine Konzeption der volitional gebundenen Personen mit Kants Autonomie und Heteronomie. Für Kant liegt die Autonomie des Willens darin, daß der Wille nicht bloß Erfüllungsgehilfe der Neigungen, d.h. bestimmten hypothetischen Imperativen unterworfen ist, sondern stets selbst das Gesetz des Handelns vorgibt (was natürlich nicht ausschließt, daß dieses Handeln normalerweise bestimmten Interessen des Handelnden nützen Frankfurt teilt dieses Autonomieverständnis, er unterscheidet sich von Kant aber darin, was er alles als zum Willen gehörig ansieht. Der individuelle Wille beschränkt sich für Frankfurt nicht bloß auf die allen Personen gemeinsame Vernunft, sondern umfaßt auch die für das jeweilige Individuum konstitutiven Vorlieben. Auch diese spezifischen Vorlieben hat eine Person notwendigerweise als Teil ihres individuellen Wesens, deshalb sind Handlungen, die aus solchen Vorlieben fließen, autonom. Frankfurt beschreibt seine neue Konzeption mit sehr suggestiven Formulierungen. Die volitionalen Notwendigkeiten sind, wie schon erwähnt, das, was einer Person wichtig ist (what she cares about). Sie bilden damit die Leitlinien der guidance, der Handlungsführung der Person." Sich zu einer Handlung zu entscheiden, die diesen Linien
Unterscheidung zwischen
soll).1
[...] damit praktische Vernunft (Wille) nicht fremdes Interesse bloß administriere, sondern bloß ihr eigenes gebietendes Ansehen als oberste Gesetzgebung beweise" (Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, AA IV 441). „Caring is essentially volitional; that is, it concerns one's will. The fact that a person cares about something or considers it important to himself does not consist in his holding certain opinions about „
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Ralf Stoecker
zuwiderläuft, ¡st für den Handelnden in der jeweiligen Situation undenkbar {unthinkaEr würde es nicht über sich bringen, das zu tun, er würde es nicht übers Herz bringen. Nur was diesen Linien folgt, tut der Handelnde folglich mit ganzem Herzen {who-
ble).
leheartedly).
Die Idee, daß es gerade unsere Idiosynkrasien sind, unsere Liebhabereien und Okkupationen, die unsere Personalität ausmachen, ist unmittelbar anregend. Weniger klar ist allerdings, inwiefern sie zu dem ebenfalls prima facie plausiblen reflexiven Personenverständnis der frühen Aufsätze Frankfurts paßt. Auf den ersten Blick zumindest scheint es einen Widerspruch zu geben, zwischen der These, unserem Wesen nach seien wir eingefleischte Liebhaber, und jener, die besagt, wir seien kritische Kontrolleure unserer selbst. Ein Anhaltspunkt dafür, daß Frankfurt dies nicht als Widerspruch sieht, sondern seine neueren Ansichten nur als Weiterentwicklung seines alten Personenverständnisses betrachtet, findet sich schon in Freedom of the will and the concept of a person. Er schreibt dort: „The essential characteristic of a wanton is that he does not care about his will."2 Triebhafte unterscheiden sich also nicht dadurch von Personen, daß sie sich um nichts scheren, ihnen also gar nichts wichtig ist, sondern darin, daß es nicht ihr Wille ist, der ihnen wichtig ist, sondern nur das Gewollte. Und daran ändert sich auch aus Frankfurts späterer Sicht nichts. Er verwendet, scheint mir, ganz bewußt dieselbe Redewendung „caring about" weiter, wenn er zunehmend die Nichtbeliebigkeit dessen herausstreicht, was uns am Herzen liegt. Diese für die Personalität konstitutive ,Liebe' ¡st nicht die eindimensionale Fokussierung eines triebhaften Süchtigen, dem es, wie gesagt, allein auf das Gewollte ankommt, sie ist vielmehr an die Existenz einer höherstufigen Einstellung gebunden, an ein ,Caring about caring'. Nicht weil wir gar nicht auf die Idee kommen, unsere unmittelbaren Wünsche und Neigungen zu hinterfragen, sind wir Personen, sondern weil es uns wichtig ¡st, uns selbst, in unserem praktischen Denken, immer schon als Wesen anzusehen und zu behandeln, die einen Grundstock an Wertvorstellungen und Vorlieben mitbringen. Dieses Bild der Person, als eines Wesens, dessen motivationales System idiosynkratische mit reflexiven Elementen verbindet, ist nun nicht mehr der zweiten oben genannten Schwierigkeit ausgesetzt, keine plausible Innen-Außen-Differenzierung anzubieten. Was uns kümmert ist uns eigen. Es bleibt allerdings das dritte Problem, das Problem der Grenzen der Verantwortlichkeit. Auch wenn es nicht mehr einfach ins Belieben des Handelnden gestellt ist, ob er die Verantwortung für sein Handeln übernimmt, sieht es it; nor does it consist in his having certain feelings or desires. His caring about it consists, rather, in the fact that he guides himself by reference to it", (On the Necessity of Ideas, in: Necessity, Volition, and Love [NVL] S. 110f, meine Hervorhebung). Diesen Zusammenhang thematisiert Frankfurt in verschiedenen Aufsätzen, z.B. in Identification and Wholeheartedness, ICA 159ff, Rationality and the Unthinkable, ICA 177ff, und On the Necessity of Ideas, NVL I08ff. ICA 16, meine Hervorhebung. Vgl.: „Not only does he [a person] care about following the particular course of action which he is constrained to follow. He also cares about caring about it", (The Importance of What We Care about, ICA 87).
Guidance
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immer noch so aus, als würde Frankfurt es uns allzu leicht machen, uns um die Verantwortung für manche unserer Handlungen zu drücken. So kann man sich beispielsweise jemanden vorstellen, der zwar sein ganzes Leben in den Dienst einer Sache gestellt hat, dann aber bei irgendeiner Gelegenheit etwas diesem Lebenszweck diametral Entgegengesetzes tut (z.B. als christlicher Prediger eine Nacht mit einer verheirateten Frau verbringt). Wenn die Person primär dadurch konstituiert wäre, worum sich dieser Mensch bekümmert, was ihm Herzen liegt, dann läge es nahe, ihn von der Verantwortung für die abweichende Handlung zu dispensieren: Weil es so wenig zu diesem Menschen paßt, so etwas zu tun, ist es so, als hätte er es gar nicht wirklich getan. Doch natürlich hat er es getan und ist normalerweise auch voll dafür verantwortlich. Kurz, Frankfurts Personenbegriff darf nicht darauf hinauslaufen, Menschen aus der Verantwortung für ihre gelegentlichen Aussetzer und Seitensprünge zu befreien. So aber muß man Frankfurts oben zitierte ,Deklaration', daß man genau für dasjenige verantwortlich sei, was aus Motiven geschieht, mit denen man sich identifiziert, auch gar nicht lesen. Denn das Bikonditional läßt Schlüsse in beide Richtungen zu. Es kann auch besagen, daß die Motive, aus denen man etwas tut, wofür man verantwortlich ist, gerade deshalb Motive sind, die zu einem gehören, weil man dafür verantwortlich gemacht wird. Überlegungen in diese Richtung finden sich bei Frankfurt allerdings nur angedeutet, etwa wenn er zugibt: „A person may dishonestly and successfully seek to escape an unfavorable judgement to which he would otherwise be subject, after all, by denying that a certain movement of his body is one that he made, and by professing that the moving principle of the physical event in question was actually quite external to him." (ICA 62). Wir sind also keineswegs immer darauf angewiesen, den Urteilen des Handelnden über die Eigen- resp. Fremdheit seiner Motive zu glauben. Statt dessen erwarten wir von einem Handelnden, der sich von den Motiven für seine Handlung distanziert, mehr als nur die Auskunft, daß diese schlecht zu seiner Persönlichkeit passen. Wir erwarten eine schlüssige Erklärung dafür, wie es zu einer solchen fremdbestimmten Handlung kommen konnte, wenn er sie denn nicht selbst zu verantworten hat. Deshalb schreibt Frankfurt: „We often do, to be sure, excuse people for what they have done when they tell us [...] that they could not have done otherwise. But this is because we assume that what they tell us serves to explain why they did what they did. [...] We understand the person who offers the excuse to mean that he did what he did only because he was unable to do otherwise, or only because he had to do it" (ICA 9 und 10). Nur wenn wir sicher sind, daß es eine gute Erklärung der Handlung gibt, die diese auf externe Faktoren anstatt auf den Handelnden selbst zurückführt, entlassen wir den Handelnden aus der Verantwortung. Dieser letzte Aspekt von Frankfurts Personenkonzeption führt zurück zum Anfang, zur Frage, in welchem Verhältnis Handlungen überhaupt zum Handelnden und seinen Motiven stehen, und was Frankfurt damit meint, daß Handelnde ihre Handlungen leiten. Im letzten Abschnitt sollen diese Fragen vor dem Hintergrund der Personenkonzeption beantwortet werden.
Ralf Stoecker
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5. Handeln als Teil der Lebensführung
zufolge liegt, wie gesagt, der Fehler der Verfechter eines kausalistischen Handlungsverständnisses darin, daß sie das Unterscheidungsmerkmal des Handelns in zeitlich vorhergehenden mentalen Ereignissen suchen, während es sich in Wirklichkeit in den zeitgleichen Begleitumständen des Handelns findet, nämlich in den Motiven des Handelnden, verstanden nicht als Ereignisse, sondern als Einstellungen, die der Handelnde während seines Handelns hat. Nur dasjenige Tun einer Person, so Frankfurt, ist
Frankfurt
ein Handeln, das dem Handelnden nicht fremd ist, mit dem er sich identifizieren kann, das sich einpaßt in den Gesamtkomplex seiner bisherigen Handlungen und seiner Wünsche und Vorlieben. Etwas so zu tun, daß es sich in dieses individuelle Profil einpaßt das heißt es für Frankfurt, das Tun zu leiten, zu führen. Es ist ein Teil des kontinuierlichen Prozesses der Selbstkonstitution, basierend auf den idiosynkratischen Vorlieben des Handelnden, gebrochen durch die ständige Möglichkeit der Selbstbewertung und eingeschränkt durch die externe Praxis der Verantwortungszuschreibung. Handeln ist in diesem Sinn Teil der Lebensführung. Das ist, glaube ich, die Antwort Frankfurts auf die Frage, was Handlungen sind, aber es beantwortet noch nicht das eigentliche handlungstheoretische Problem, wie sich diese Beziehung der guidance so erläutern läßt, daß sie in eine Welt paßt, in der alles, was geschieht, geschieht, weil es ihm vorhergehende Ursachen hat. Bislang scheint Frankfurt dem Einwand ausgesetzt zu sein, mit dem schon die von Wittgenstein inspirierte Handlungstheorie (beispielsweise Gilbert Ryles und A.I. Meldens) konfrontiert war, daß ein bloßes Passen zu einem Muster das Stattfinden der Handlung noch nicht erklärt, während wir Handlungen sehr wohl aus ihren Motiven zu erklären scheinen. Eine gute Basis für eine solche Erklärung wäre ein kausaler Zusammenhang, doch Frankfurt selbst scheint eine kausale Interpretation der guidance dadurch auszuschließen, daß er ausdrücklich das kausale Handlungsverständnis verwirft. Das hat Thalberg, wie gesagt, veranlaßt, Frankfurts guidance als mysteriös zu bezeichnen und dann in Form der sustained causation einen weniger dunklen Ersatz anzubieten. Ich teile Thalbergs Überzeugung, daß man guidance kausal erläutern muß, bin aber zudem der Meinung, daß es ein anderes, attraktiveres Verständnis der guidance gibt als das der sustained causation, und vor allem, daß sich auch bei Frankfurt selbst Anhaltspunkte für eine solche kausale Interpretation finden. Wie diese Alternative aussehen könnte, werde ich in diesem letzten Teil kurz skizzieren.1 Der erste Schritt zu einem kausalen Verständnis von Frankfurts guidance liegt in der Feststellung, daß alltägliche Kausalaussagen keineswegs immer zeitlich vorhergehende Ursachen eines Ereignisses nennen. Der Hinweis, daß ein Zug entgleiste, weil der Lokführer schlief, nennt nicht die Ursache des Unglücks (die vielleicht in einem starken Schlag gegen die Räder beim viel zu schnellen Überfahren einer Weiche lag), sondern einen Umstand, ohne den es diese Ursache wahrscheinlich nicht gegeben hätte. (Wäre
-
Ich stütze mich hier auf Kapitel 12 von Was sind
Lassen).
Überlegungen, die ich an anderer Stelle genauer ausgeführt habe (z.B. in Ereignisse?,
in Reasons, Actions, and Their
Relationship und
in Tun und
Guidance
113
der Lokführer wach gewesen, dann hätte er rechtzeitig gebremst und es wäre nicht zu dem Schlag gekommen.) Ein solcher Hinweis auf Umstände, die für das Auftreten einer Ursache verantwortlich waren, nennt also nicht die Ursache selbst, bietet aber trotzdem eine Kausalerklärung dafür, daß es zu der Wirkung (dem Zugunglück) kam. Es ist keine singuläre Kausalaussage, wohl aber eine Kausalerklärung. Diese Unterscheidung bietet nun, glaube ich, die beste Interpretation für Frankfurts guidance. Motive sind keine Ursachen dafür, was wir tun, und trotzdem bieten sie eine Kausalerklärung des Tuns. Daß Frankfurt selbst ein ähnliches Verständnis von guidance hat, zeigt das folgende Zitat: „Explaining purposive behavior in terms of causal mechanisms is not tantamount to propounding a causal theory of action. [...] it is not essential to the purposiveness of a movement that it actually be causally affected by the mechanism under whose guidance the movement proceeds. [...] The behavior is purposive not because it results from causes of a certain kind, but because it would be affected by certain causes if the accomplishment of its course were to be jeopardized." (ICA 75). Das Beispiel des Autofahrers, der sein Auto den Berg hinunterrollen läßt, illustriert dieses Handlungsverständnis. Der Fahrer will, daß das Auto genau in diesem Tempo die Straße hinunter rollt. Das erklärt kausal das Rollen des Wagens, aber nicht, weil es irgendeine Kausalkette vom Wollen des Fahrers zum Fahren des Autos gibt, sondern weil sein Wollen erklärt, weshalb die Ursache des Rollens (die Gravitation) das Rollen verursacht. Unser Handeln ist ein Tun, das durch Handlungsmotive kausal erklärt wird, die uns nicht fremd sind, sondern zu uns gehören. Ein solches, an Frankfurt orientiertes Bild des menschlichen Handelns hat, wie schon erwähnt, den Vorzug, daß es besser der Tatsache gerecht wird, daß nicht jedes Handeln mit aktiven Körperbewegungen verbunden ist, sondern daß wir manchmal handeln, indem wir, ohne einen Finger krumm zu machen, einfach den Dingen ihren Lauf, z.B. unser Auto den Berg hinunterfahren lassen. Und es hat auch den Vorteil, einem Einwand nicht ausgesetzt zu sein, zu dem Frankfurts Rede von der Handlungsführung ansonsten einladen könnte. Der Ausdruck „guidance" klingt nach Kontrolle, man könnte also Frankfurt so lesen, als meinte er, Handlungen wären stets etwas, das der Handelnde unter Kontrolle hat. Doch das wäre keine plausible These. Wer einmal in einem modernen Schwimmbad eine anspruchsvollere Wasserrutsche hinunter gerutscht ist, kennt das Gefühl, daß man etwas absichtlich tun kann, auch wenn man sehr schnell jede Kontrolle darüber verliert, was man tut. Handeln kann also durchaus darin bestehen, eine Zeit lang auf Kontrolle zu verzichten, guidance darf deshalb nicht Kontrolle implizieren. Fordert man dagegen nur, daß das Tun aus den Motiven des Handelnden erklärlich sein muß, dann ist das keine Widerlegungsinstanz für eine guidance. Trotzdem bedarf das Bild noch einer wichtigen Ergänzung, denn nicht alle Kausalerklärungen, die auf nichtfremde Wünsche des Handelnden zurückgreifen, machen dessen Tun zu einer Handlung. Schließlich gibt es, wie eingangs erläutert, auch Fälle abwegiger Kausalverläufe, bei denen durchaus eine Kausalerklärung des Tuns aus den Motiven des Handelnden möglich ist, ohne daß dies sein Tun zur Handlung machen würde. („Daß er seinen Spießgesellen ein Zeichen geben wollte, hat ihn so nervös gemacht, daß seine Hand zitterte und er das Glas verschüttete.") Das Charakteristische der guidance
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darf also nicht einfach im Bestehen beliebiger explanatorischer Beziehungen liegen, es muß vielmehr in der Art und Weise liegen, wie die Motive das Handeln erklären. Doch auch dafür findet sich, scheint mir, bei Frankfurt ein plausibler Ansatz. Das besondere des Handelns liegt für ihn ja darin, daß es ein Tun ist, das dem Handelnden nicht fremd ist, weil es durch die eigenen Wünsche des Handelnden motiviert ist. Das aber setzt voraus, daß auch die Weise, wie sich das Handeln aus den Motiven erklärt, eine nicht fremde Form annimmt. Und was das heißen kann, zeigt sich im parallelen Fall der eigenen und fremden Wünsche erster Stufe. Zu mir gehören nur diejenigen Wünsche, die meinen höherstufigen Wünschen und Evaluationen zugänglich sind, zwar nicht indem ich sie nach Belieben wähle, wohl aber indem ich sie in ein integriertes Wunschprofil einbauen kann. Kurz, sie sind meinem praktischen Überlegen und Abwägen prinzipiell zugänglich und dadurch auch beeinflußbar. Fremde Wünsche sind dagegen solche, von denen ich mich nur distanzieren kann und deren Einfluß ich so weit wie möglich zurückdrängen muß.1 Auf die Handlungen übertragen heißt das, daß nur dasjenige Tun zu mir gehört und also ein Handeln ist, das auf eine mir prinzipiell zugängliche Weise aus meinen Motiven erklärlich ist, nämlich durch praktische Vernunft. Andere psychologische Mechanismen dagegen, wie der Streß des räuberischen Partybesuchers, der vor Nervosität das Glas verschüttet, machen das Tun äußerlich und fremd. Auf den Punkt gebracht ist eine Handlung also dasjenige Tun, das sich aus den dem Handelnden eigenen Motiven und seiner praktischen Rationalität erklären läßt. Das, so scheint mir, ist die attraktivste Reformulierung dessen, was Frankfurt unter guidance versteht. Das Problem des Handelns ist damit noch nicht gelöst, dazu ist diese Charakterisierung viel zu vage. Aber ich bin überzeugt, daß es ein erster Schritt in Richtung einer befriedigenden Lösung ist. Insofern bietet Frankfurts guidance zweifellos einen empfehlenswerten Führer für die philosophische Handlungstheorie.3
In Identification and Externality macht Frankfurt diesen Unterschied entsprechend an zwei verschiedenen Arten fest, mit konfligierenden Wünschen umzugehen (ICA 66f). Gerade der knappe Rückgriff auf die praktische Vernunft bedarf der Ergänzung. Ich halte es dabei für am aussichtsreichsten, näher auf die Rolle des expliziten Nachdenkens für den Wert von Handlungserklärungen einzugehen. Vgl. dazu meine Ausführungen in Wie individuell sind intentionale Einstellungen wirklich? und Die Bedeutung des Personenbegriffs für die moderne Handlungstheorie. Für ihre hilfreiche Kritik und Anregungen möchte ich Rüdiger Bittner, Jens Kulenkampff und ganz besonders Charlie Prankel danken.
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Guidance
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The things
we
do for love
Zur Weiterentwicklung
von
Frankfurts Analyse personaler
Autonomie Michael
Quante
Durch dieses Geheimnis findet der Einzelne sich selbst, und versteht und liebt sich selbst nur in einem anderen; und jeder Geist wickelt sich los nur von anderen Geistern, und es gibt keine Menschen, sondern nur eine Menschheit, kein einzelnes Denken und Lieben und Hassen, sondern nur ein Denken und Lieben und Hassen in und durch einander. Johann Gottlieb Fichte
längst zu einem Meilenstein der Philosophie des zwanzigsten Jahrhunderts gewordenen Beitrag Freedom of the will and the concept of a person hat Harry G. Frankfurt seine Analyse personaler Autonomie auf vielfältige Weise weiterentwickelt.1 Nach einer kurzen Darstellung des ursprünglichen Analysevorschlags (I.) und der dagegen vorgebrachten Haupteinwände (II.) möchte ich zwei Fragen nachgehen. Zum einen soll untersucht werden, inwiefern Frankfurts Weiterentwicklungen geeignet sind, die von den Kritikern vorgebrachten Einwände zu entkräften und die Defizite seines ursprünglichen Vorschlags zu beheben (III.). Zum anderen möchte ich erörtern, ob das Phänomen der Liebe, welches eine zentrale Bedeutung in dem weiterentwickelten Modell gewinnt, über die ihm von Frankfurt selbst zuerkannte Funktion hinaus eine intersubjektive Dimension personaler Autonomie erschließt (IV.). Meinen Überlegungen liegt insgesamt die These zugrunde, daß eine angemessene Analyse personaler Autonomie, wie sie von Frankfurt angestrebt wird, auf das Konzept personaler Identität im Sinne eines evaluativen, sich in der Biographie manifestierenden Selbstverständnisses einer Person, kurz: auf das Konzept der Persönlichkeit, verweist.2
Ausgehend
von
seinem
Frankfurts Arbeiten werden nach seinen beiden Aufsatzsammlungen The importance of what we care about (1988) und Necessity, Volition, and Love (1999) zitiert. Eine ausführliche Analyse dieses Konzeptes im Rahmen einer allgemeinen Behandlung der Frage nach personaler Identität habe ¡ch andernorts durchgeführt (vgl. Quante a, Kap. 4).
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Michael
Quante
I.
Grundlage der klassischen Unterscheidung zwischen Handlungs- und Willensfreiheit hat Frankfurt eine hierarchische Analyse personaler Autonomie vorgeschlagen. Dieser Analyse zufolge muß man zwischen Wünschen verschiedener Ordnungen unterscheiden: Wenn sich in der Formel „Ich wünsche, daß x" x auf eine von mir auszuführende Handlung bezieht, handelt es sich um einen Wunsch erster Ordnung. Wird für x dagegen ein Wunsch erster Ordnung eingesetzt („Ich wünsche, daß ich wünsche, daß x"), dann erhält man einen Wunsch zweiter Ordnung. Da Frankfurt keine Grenze für die Aufstufung zieht, kann man allgemein sagen, daß man einen Wunsch der Ordnung n+1 erhält, wenn sich dieser Wunsch auf einen Wunsch n-ter Ordnung bezieht. Weiterhin unterscheidet Frankfurt zwischen dem Wunsch, daß x und dem Wollen, daß x. Letzteres bezeichnet den faktisch wirksamen Wunsch, d.h. denjenigen Wunsch, der tatsächlich die Handlung initiiert. Wichtig z.B. für die Analyse von Willensschwäche ist die Tatsache, daß der Wille nicht identisch sein muß mit dem vom Handlungssubjekt Beabsichtigten oder Intendierten. Möglicherweise wird ein anderer Wunsch faktisch wirksam als derjenige, von dem das Handlungssubjekt wünscht, daß er wirksam wäre. Somit bezeichnet x in „Ich wünsche, daß x" genau dann meinen Willen, wenn es auch der wirksame Wunsch ist. Um zu entscheiden, ob der Wille einer Person als autonom gelten kann, muß nach Frankfurt auch die Ebene von Wünschen zweiter Ordnung mit in Betracht gezogen werden. Auf dieser Ebene sind nun ebenfalls einige Unterscheidungen zu treffen. Zuerst einmal unterscheidet Frankfurt zwischen dem Wunsch zweiter Ordnung und der Volition zweiter Ordnung. Ein Wunsch zweiter Ordnung bringt zum Ausdruck, daß ein Handlungssubjekt sich wünscht, einen Wunsch erster Ordnung zu haben. Eine Volition zweiter Ordnung bringt darüber hinaus den Wunsch des Handlungssubjekts zum Ausdruck, daß der gewünschte Wunsch erster Ordnung darüber hinaus auch sein Wille, d.h. wirksam sein möge. Ein Wille ist nach Frankfurt nun genau dann autonom, wenn die Volition zweiter Ordnung auch wirksam wird, d.h. wenn der erwähnte Wunsch erster Ordnung der Wille Auf der
Die folgende Darstellung konzentriert sich auf die Grundzüge seiner Theorie und blendet die mit der Freiheit des Willens verbundene Problematik des Frankfurtschen Kompatibilismus aus (zur Willensfreiheit vgl. Quante 1998a und 1998b). Frankfurts Theorie scheint mir hier nicht ganz präzise zu sein, da er nicht zwischen wirksamen und unwirksamen Volitionen zweiter Ordnung unterscheidet. Er legt fest, daß ein Wunsch zweiter Ordnung genau dann wirksam ist, wenn der in ihm erwähnte Wunsch erster Ordnung wirksam ist. Dies läßt aber zu, daß dieser Wille zweiter Ordnung nicht auf eine Volition zweiter Ordnung zurückgeht, sondern nur auf einen Wunsch zweiter Ordnung. Der folgende Fall ist denkbar: Das Handlungssubjekt hat einen Wunsch zweiter Ordnung, in dem die Handlung y erwähnt wird, und eine Volition zweiter Ordnung, in der die Handlung x erwähnt wird. Faktisch wird wirksam, so daß die Volitiy on nicht den Willen des Handlungssubjekts zum Ausdruck bringt. Da es mir hier aber nur um die Grundzüge der hierarchischen Analyse personaler Autonomie geht, lasse ich diese Komplikation beiseite.
The
things we do for love
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des Handlungssubjekts ist.1 Die Ausbildung von Volitionen zweiter Ordnung ist nach Frankfurt hinreichend dafür, daß es sich bei dem fraglichen Wesen um eine Person handelt. Und wenn diese Volitionen zweiter Ordnung hinreichend häufig wirksam sind, handelt es sich um eine autonome Person. Mit anderen Worten: personale Autonomie besteht darin, daß eine Person wirksame Volitionen zweiter Ordnung ausbildet. Wie Frankfurt weiter ausführt, ist für die Ausbildung von Volitionen zweiter Ordnung die Identifikation der Person mit ihrem Wunsch erster Ordnung notwendig. Hierbei handelt es sich um den evaluativen Akt der „Identifikation mit" und damit um einen Fall der für Personen konsumtiven Fähigkeit, ein evaluatives Selbstbild oder eine Persönlichkeit zu haben.3 Mit der Ausbildung einer Volition zweiter Ordnung stimmt die Person einem Wunsch erster Ordnung zu und legt damit fest, welcher Wunsch ihr Wille sein soll. Solche Identifikationen sind insgesamt ein Kernbestand der Persönlichkeit einer Person und konstituieren wesentlich, wer oder was eine Person ist bzw. sein will. Damit kann Frankfurt aufgrund des evaluativen Charakters der Identifikation die evaluativen Aspekte der Autonomie erfassen. Sein Ansatz läßt sich kennzeichnen als eine Analyse personaler Autonomie, die allein auf die hierarchische Struktur der Psyche einer Person rekurriert. Diese Theorie ist in der gerade skizzierten Form jedoch auch gravierenden Einwänden ausgesetzt, die im nächsten Abschnitt kurz dargestellt werden.
1
Auch an dieser Stelle verbirgt sich eine Schwierigkeit, welche in der Handlungstheorie als das Problem der fehllaufenden Kausalketten bekannt ist. Intuitiv würde man für Autonomie fordern, daß der Wunsch erster Ordnung genau deshalb wirksam wird, weil das Handlungssubjekt die entsprechende Volition zweiter Ordnung hat. Aber Frankfurt fordert nicht ausdrücklich, daß zwischen den beiden Ebenen ein Kausalverhältnis bestehen soll. Deshalb blende ich hier die Frage nach der richtigen Weise dieser Verursachung aus. Zum einen müßte geklärt werden, ob eine nichtkausale Analyse des fraglichen Zusammenhangs zwischen Volition und Wille für Autonomie adäquat sein kann. Zum anderen muß man, wenn eine Kausalanalyse notwendig ist, eine Verursachung der richtigen Art fordern, um z.B. folgenden Fall auszuschließen: Das Handlungssubjekt S hat den Wunsch, daß x und bildet die Volition zweiter Ordnung aus, daß sein Wunsch, daß x auch sein Wille sein möge. Das Ausbilden dieser Volition läßt S nervös werden und seine Nervosität ist kausal hinreichend dafür, daß sein Wunsch, daß x faktisch wirksam wird, während ohne diese Nervosität sein Wunsch, daß y wirksam geworden wäre. Für eine Theorie der Autonomie muß man, um diese und die in der vorangegangenen Fußnote angedeuteten Gegenbeispiele auszuschließen, die Bedingung fordern, daß ein zu Volitionen zweiter Ordnung fähiges Handlungssubjekt kein Motivationsproblem hat. In seinen neueren Arbeiten hat Frankfurt diese Aussage dahingehend modifiziert, daß zur personalen Autonomie auch noch das Moment des „caring" hinzugehört (Frankfurt 1999, 162, vgl. III.). Im Unterschied zu dieser Lesart hat Galen Strawson eine Interpretation vorgeschlagen, in welcher der Identifikation keine Evaluation innewohnt. Seiner Auffassung nach besteht die Identifikation einfach in dem Urteil, daß ein Wunsch erster Ordnung mein eigener Wunsch ist, welcher durch dieses Urteil in das gesamte Überzeugungs- und Wunschsystem integriert wird (Strawson 1986, 243ff). Strawson versteht Identifikation als „Identifikation als" ich identifiziere den fraglichen Wunsch erster Ordnung als denjenigen (bzw. einen), den ¡ch faktisch habe (für eine ausführliche Erörterung des Unterschieds zwischen „Identifikation als" und „Identifikation mit" im Kontext der Auseinandersetzung um personale Identität vgl. Quante a, Kap. 4). -
Michael
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Quante
II. In den zahlreichen Beiträgen, die sich mit Frankfurts Vorschlag kritisch auseinandersetzen, lassen sich vier zum Teil miteinander verbundene Hauptprobleme identifizieren :
das Regreß-Problem das ab-initio-Problem das Problem des Wunscherwerbs das Internalismusproblem
•
• • •
Das Regreß-Problem: Das Regreß-Problem stellt sich in zwei Formen als Dilemma und als infiniter Regreß. Die Tatsache, daß Frankfurt unbegrenzt höherstufige mentale Einstellungen zuläßt, führt erstens zu einem Dilemma. Einerseits erscheint eine unendliche Aufstufung mentaler Zustände angesichts der psychischen Begrenztheit menschlicher Subjekte als unangemessen. Andererseits hat die alternative These, es handele es sich bei höherstufigen mentalen Einstellungen lediglich um logischsemantische Phänomene reflexiver Einstellungen, die inakzeptable Konsequenz, daß nicht zu sehen ist, weshalb sich in diesem Phänomen ein für Autonomie relevantes Merkmal verbergen sollte. Vermeidet man dieses Dilemma durch die These, eine nstufige mentale Einstellung werde aufgrund einer n+1-stufigen mentalen Einstellung faktisch als autonom ausgewiesen, droht ein infiniter Regreß auf der Ebene der inhaltlichen Begründung. Denn nun läßt sich zu jedem Wunsch n+1-ter Stufe, der einen entsprechenden Wunsch n-ter Stufe autonom werden läßt, seinerseits ein entsprechender Wunsch n+2-ter Stufe annehmen, der die Autonomie des Wunsches n+1-ter Stufe garantiert. Blockiert man diesen drohenden Regreß durch die These, daß Volitionen zweiter Stufe hinreichend für personale Autonomie sind, ergeben sich die beiden Varianten des ab-initio-Problems, die sich ebenfalls in Form eines Dilemmas präsentieren lassen. (b.) Das ab-initio-Problem: Die These, Volitionen zweiter Ordnung seien schlicht hinreichend für personale Autonomie, impliziert die Behauptung, es gebe mentale Einstellungen, die ohne weitere Begründung (ab initio) als autonom angesehen werden
(a.)
3
-
Ich folge hier teilweise der Analyse von Christman 1991; die inhaltliche Bewertung der einzelnen Probleme deckt sich allerdings nicht mit Christmans Auffassung. Ich bin überzeugt davon, daß Autonomie mit dem Phänomen des Selbstbewußtseins bzw. des evaluativen Selbstverhältnisses von Personen eng verbunden ¡st und daher die Reflexivität hier nicht zufällig auftaucht (vgl. auch Frankfurt 1988, 161 f.). Generell scheint mir die oben beschriebene logisch-semantische Inadäquatheit auf die Anwendung eines schlichten Subjekt-Objekt-Modells für Selbstbewußtsein zurückzuführen zu sein, welches diesem Phänomen nicht gerecht wird. Dieser These kann ich hier aber nicht weiter nachgehen. Gilbert Harman schlägt dagegen in seiner Analyse vor, den infiniten Regreß als unproblematisches logisch-semantisches Phänomen anzusehen, welches sich der Selbstreferentialität von allen Intentionen verdankt (Harman 1993, 141 und 144). Entsprechend kann er keinen speziellen Zusammenhang zwischen Volitionen zweiter Ordnung und personaler Autonomie erkennen. Dieser Einwand findet sich z.B. bei Thalberg (1989, 130) und Friedman (1986, 22f); Christman (1987) versucht diesem Einwand durch die Hinzufügung einer biographischen Dimension zu begegnen, welche zugleich seine Antwort auf den Unvollständigkeitsvorwurf darstellt.
The things we do for love
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können. Wenn die autonomieverleihende Kraft nicht in einer besonderen Eigenschaft Volitionen zweiter Stufe besteht, dann ist nicht zu sehen, weshalb nicht auch Wünsche erster Stufe hinreichend für personale Autonomie sein könnten (erstes Horn des Dilemmas). Möchte man dies vermeiden, erweist sich der von Frankfurt vorgelegte Ansatz als unvollständig, da dieses besondere Merkmal von Volitionen zweiter Stufe nicht ausgewiesen worden ist. Dieses Unvollständigkeitsproblem ist das zweite Horn des Dilemmas. Thalberg (1989) und Watson (1989) haben das erste Horn des Dilemmas zum Anlaß genommen, hierarchische Theorien generell abzulehnen. Für Thalberg ist kein Grund vorhanden, die Entscheidungen der zweiten Ebene im Hinblick auf Autonomie generell vor den Wünschen erster Ordnung auszuzeichnen. Es sei schlicht nicht wahr, daß man das wahre Selbst auf der Ebene der Volitionen zweiter Stufe finde (Thalberg 1989, 130). Zumindest kann er in den vorgelegten Theorien kein Argument sehen, welches diesen Sonderstatus rechtfertigen könnte. Watson hat die hierarchischen Modelle kritisiert, weil seiner Ansicht nach Autonomie nicht aufgrund der Höherstufigkeit von Volitionen zweiter Ordnung erklärt werden kann. Statt eines solchen logischen Unterschieds müsse man den fundamentalen Unterschied zwischen Wünschen und Werten als zweier voneinander unabhängiger Formen menschlicher Motivation beachten (Watson 1989, 112). Die Autonomie leite sich von der im Platonischen Sinne an erkennbaren und subjektunabhängigen Werten ausgerichteten Motivation der Wertungen ab. Personale Autonomie verdanke sich nicht der inneren Einstellung zu den Inhalten der eigenen Wünsche, sondern der Quelle dieser Inhalte selbst (ebd. 113f). Es seien die genuin moralischen Werte, die die Autonomie einer Person ausmachen, sofern diese sie zum Motiv ihrer Handlungen macht.1 (c.) Das Problem des Wunscherwerbs: Frankfurt analysiert personale Autonomie in rein synchroner Weise, d.h. er zieht nur die Struktur des Wunsch- und Überzeugungssystems einer Person zu einem bestimmten Zeitpunkt in Betracht. Damit ist seine Analyse dem Problem des Wunscherwerbs ausgesetzt. Dieses besteht darin, daß ein kohärentes Set von Wünschen und Überzeugungen sowie von Volitionen zweiter Stufe auf manipulative Weise in der Person installiert' worden sein könnte, z.B. durch eine pervertierte Sozialisation oder durch böswillige Hirnchirurgen. Interne Kohärenz ohne ein weiteres Kriterium, welches auch die Genese des Sets von Überzeugungen und Wünschen mit in Betracht zieht, kann daher nicht hinreichend sein. Denn nichts kann a priori ausschlievon
Watsons Ansatz ist damit in einem ursprünglicheren Sinne hierarchisch als Frankfurts Modell, da er zwei kategorial geschiedene Vermögen annimmt. Auch diesem Ansatz gegenüber hat Thalberg (1989, 134) den Vorwurf geäußert, er sei zu intellektualistisch und verorte das wahre Selbst' einer Person nur in ihrem kognitiven System moralischer Überzeugungen und Motive. Watson hat dieser Kritik später partiell zugestimmt (vgl. Watson 1987). Der interessantere Aspekt von Watsons Theorie ist, daß er nicht auf subjektive Wünsche und Bedürfnisse reduzierbare Werte einführt. Der Frage, ob eine angemessene Theorie der Autonomie in diesem Sinne objektiv sein muß, kann ich im folgenden nicht weiter behandeln (vgl. Quante a, Kap. 5). Wie sich noch zeigen wird, hat Frankfurt mit „caring" und „love" zwei Elemente in seine Theorie integriert, die einen Bezug auf objektive Werte beinhalten und außerdem beide geeignet sind, dem Intellektualismusvorwurf Thalbergs zu begegnen (siehe III.). Zu beachten ist insgesamt, daß Frankfurt seine Theorie personaler Autonomie von Fragen der Moral im engeren Sinne frei halten will. ,
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Quante
auch Wünsche und Volitionen zweiter Ordderen Vorliegen mit personaler AutonoEinflüsse sind, nung, Ergebnis manipulativer mie nicht vereinbar ist.1 Die damit in den Blick kommende Tatsache, daß menschliche Personen ihre Persönlichkeit im Rahmen von Sozialisationsprozessen erwerben und ihre personale Autonomie in sozialen Kontexten realisieren, verweist auf eine weitere Schwierigkeit des Frankfurtschen Ansatzes. (d.) Das Internalismusproblem: Frankfurts Überlegungen zeichnen sich durch einen rein infernalen Zugriff aus, aufgrund dessen die Analyse personaler Autonomie letztlich inadäquat bleiben muß. Das Internalismusproblem besteht zum einen darin, daß die soziale Dimension der menschlichen Person nicht in die Analyse personaler Autonomie integriert wird (Individualismusvorwurf), und zum anderen darin, daß objektive, nicht auf die Wünsche des jeweiligen Individuums reduzierbare Werte keine Rolle spielen (Subjektivismus- bzw. Dezisionismusvorwurf). Entstehen kann dieses Problem, weil sich die Analyse ausschließlich auf die Wünsche und Überzeugungen der jeweiligen Person beziehen. Dies führt einerseits zu einem prima facie inakzeptablen Subjektivismus derart, daß personale Autonomie letztlich auf einer rein dezisionistischen Basis aufruht. Zum anderen ergibt sich die Konsequenz, daß das soziale Umfeld einer Person lediglich als limitierendes, nicht aber als konstitutives Element der personalen Autonomie in den Blick kommt. Wird personale Autonomie aber so verstanden, daß eine Person sich von jeder sozialen Prägung befreien und alle Aspekte ihrer Persönlichkeit ,aus sich selbst heraus kreieren' muß, dann entsteht einerseits angesichts der conditio humana eine Überforderung. Eine derartige Autonomie ist für menschliche Personen unerreichbar. Andererseits scheint eine rein internalistische Konzeption personaler Autonomie für den liberalistischen Fehlschluß anfällig zu sein, jede Form sozialer Prägung lediglich als die individuelle Autonomie limitierenden Zwang anzusehen und eine generelle Inkompatibilität zwischen der sozialen Verfaßtheit des Menschen und seiner Autonomie zu unterstellen.3
ßen, daß Wünsche
1
erster
Ordnung, aber
Ausgehend von diesem Problem hat Christman (1991) ein biographisches Modell personaler Autonomie vorgeschlagen, in dem die diachrone Ebene des Wunscherwerbs mit einbezogen wird. Soweit ich sehe, hat Frankfurt diesen Aspekt personaler Autonomie bisher durch das Konzept des caring nur teilweise in seine Theorie integriert. Frankfurts Konzeptionen von caring und love enthalten, wie noch zu zeigen sein wird, einen Bezug auf objektive Werte und sind damit partiell in der Lage, den Subjektivismus bzw. Dezisionismus zu
überwinden. Mit dem Phänomen der Liebe führt Frankfurt außerdem ein Theorieelement ein, welches das Potential enthält, mit dem Individualismus auch dem anderen Aspekt des Internalis3
musproblems zu begegnen.
Dieses Problem wird von Thalberg (1983, Kap. 5) und Young (1980 und 1986, 37ff.) diskutiert. Die Kraft dieser Inkompatibilitätsvermutung ist z.B. deutlich spürbar in existentialistischen Analysen von Freiheit und Autonomie wie denen von Sartre, die jegliche soziale Prägung als .uneigentlich' ansehen. Diese Inkompatibilitätsvermutung ist dabei nicht nur ein Problem im Rahmen des Willensfreiheitsproblems, sondern stellt sich auch, wie man z.B. bei Young sehen kann, im Rahmen eines kompatibilistischen Ansatzes im Kontext der Erörterung personaler Autonomie, die als soziale oder politische Freiheit verstanden wird (vgl. dazu Kristjánsson 1996 und meine Diskussion in
Quante 1998b).
123
The things we do for love
Einerseits hängen das Regreß- und das ab-initio-Problem zusammen und verweisen auf interne Mängel bzw. eine Unvollständigkeit des Frankfurtschen Ansatzes. Andererseits zielen das Problem des Wunscherwerbs und das Internalismusproblem, die ebenfalls inhaltlich miteinander verknüpft sind, auf Grenzen der von Frankfurt vorgeschlagenen Analyse personaler Autonomie, die eine Erweiterung der Perspektive notwendig erscheinen lassen. In den folgenden beiden Abschnitten möchte ich daher schauen, ob die von Frankfurt als Erweiterungen bzw. Ergänzungen in seine Theorie personaler Autonomie eingefügten Elemente der „wholeheartedness", „satisfaction", „care", „love" und der „volitional necessities" geeignet sind, die folgenden fünf kritischen und kritisierten Aspekte seines ursprünglichen Analysevorschlags zu beheben. Es werden insgesamt Antworten • auf das Regreßproblem in der logischen wie inhaltlichen Form, • auf das Unvollständigkeitsproblem, • auf den Subjektivismus- bzw. Dezisionismusvorwurf, • auf das Problem der Unzulänglichkeit einer rein synchronen Analyse und • auf das Problem der Unzulänglichkeit des Individualismus benötigt. Meines Erachtens versucht Frankfurt in seinen neueren Arbeiten explizit, sich den ersten drei Problemen zu stellen (III.). Die letzten beiden Probleme dagegen werden, soweit ich sehe, von ihm nicht direkt behandelt. Wie ich zu zeigen versuchen werde, enthalten seine neuen Theorieelemente aber das Potential, auch auf diese Einwände plausible Antworten zu liefern (IV.).
III. Es sind das Regreß- und das Unvollständigkeitsproblem sowie der Vorwurf des Subjektivismus bzw. Dezisionismus, denen sich Frankfurt mit Weiterentwicklungen seiner Theorie direkt stellt.
1. Die Antwort auf das Regreßproblem
„Wholeheartedness" und „satisfaction" sollen Frankfurt zufolge den Regreß vermeiden (1988, 166). Um dies zu zeigen, unterscheidet er zuerst einmal zwei Arten des inneren
Konflikts: So kann eine Person an einem Motivationsproblem leiden und eine Inkohäzwischen ihren höherstufigen Volitionen und ihrem wirksamen Willen erster Stufe bestehen (1988, 164). Da sich diese Person bei diesem Konflikt nicht mit ihrem eigenen Willen identifiziert, charakterisiert er diese Inkohärenz renz
being between what the person really wants and other desires that are external to the volitional complex with which the person identifies and by which he wants his behavior to be determined". (1988, 165) „as
...
Im Gegensatz zu externalen Konflikten, die im folgenden keine Rolle spielen, gibt es eine Art intérnale Inkohärenz, die darin besteht, daß die höherstufigen Wünsche und Volitionen nicht kohärent sind. Die Person ist „ambivalent", weil sie sich nicht mit ihrem „volitional complex" identifiziert. Diese
Michael
124
Quante
„second kind of incoherence is within this volitional complex. In the absence of wholeheartedness, the person is not merely in conflict with forces ,outside' him; rather, he himself is divided." (1988, 165)
Hier, wie auch in späteren Aufsätzen (1999, 98ff), wird „wholeheartedness" als Ge-
genbegriff zur Ambivalenz eines Individuums eingeführt und als Kohärenz innerhalb des volitionalen Komplexes definiert. Ambivalent ist eine Person, wenn sie unentschieden ist hinsichtlich der Bewertung eines eigenen erststufigen Wunsches (1999, 99). Dem steht mit der wholeheartedness ein Zustand gegenüber, den Frankfurt umschreibt als „health of the will" (1999, 100), in dem der Wille „unified" (ebd.) und in „inner cohesion" (1999, 139) ist. Wholeheartedness läßt sich damit am besten als Kohärenz innerhalb des Systems von Wünschen und Volitionen zweiter Stufe begreifen. Ihr Vorliegen ist dabei mit Konflikzwischen verschiedenen Wünschen erster Stufe oder Wünschen erster und zweiter Stufe kompatibel:
ten
„Wholeheartedness does not require that a person be altogether untroubled by inner opposition to his will. It just requires that, with respect to any such conflict, he himself be fully resolved.
This means that he must be resolutely on the side of one of the forces struggling within him and not on the side of the other. Concerning the opposition of these forces, he has to know where he himself stands." (1999, 100)
Frankfurt betont, daß es sich bei dieser Kohärenz um ein logisches Merkmal handelt, nicht um so etwas wie Entschlossenheit, die mit Enthusiasmus oder Gewißheit einhergeht (1988, 175 und 1999, 100).' Aus objektiver Perspektive liegt diese Kohärenz z.B. dann nicht vor, wenn es einem Individuum in einer konkreten Situation nicht gelingt, eine Absicht in die Tat umzusetzen, für die es sich entschieden zu haben glaubte (1988,
175).2
Auch wenn Frankfurt klarstellt, daß wholeheartedness nicht mit einer bestimmten psychischen Erlebnisqualität verwechselt werden darf, bringt er sie doch mit einer solchen indirekt in Verbindung. Dies geschieht zum einen, weil er die volitionale Kohärenz dazu heranzieht, die Entschlossenheit, mit der sich eine Person für einen Wunsch erster Stufe entscheidet, zu erläutern (1988, 168ff und 175). In seiner Antwort auf Watsons
fach
Vorwurf, mit einer entschlossenen Identifikation werde in Frankfurts Theorie ein-
der Rückgriff auf eine nächsthöhere volitionale Einstellung verweigert, führt Frankfurt aus, daß es die vorliegende Kohärenz selbst ist, die einen solchen Rückgriff objektiv überflüssig werden läßt. Zum anderen aber werde die wholeheartedness von nur
Eine ähnliche Konzeption hat Waddell Ekstrom im Anschluß an die Arbeiten von Keith Lehrer entwickelt. Sie definiert das wahrste oder zentralste Selbst der Person als den Bereich der von ihr .bejahten' Wünsche, der kohärent ist (vgl. Waddell Ekstrom 1993, 608). Genau wie bei Frankfurt wird durch die Kohärenz damit der Bezug auf die Persönlichkeit als integraler Bestandteil einer Theorie personaler Autonomie hergestellt. Um die Kohärenzbedingung für nicht-perfekte Wesen, wie menschliche Personen es nun einmal sind, erfüllbar werden zu lassen, muß sie abgeschwächt werden. In Anlehnung an Christmans Konzeption minimaler Rationalität kann man diese Autonomiebedingung verstehen als Situation, in der ein Subjekt keine Konflikte zwischen seinen Wünschen und Überzeugungen wahrnimmt, die seine Handlungen auf signifikante Weise stören (Christman 1993, 287).
The
things we do for love
125
einer bestimmten Selbstwahrnehmung, einer „self-satisfaction" (1999, 102), begleitet. Diese volitionale Kohärenz in erstpersönlicher Perspektive ist es, die ein Individuum darauf vertrauen läßt, daß es seine Entscheidung „without reservation" (1988, 168) treffe. Diese Zufriedenheit z.B. mit einem Wunsch erster Ordnung, aber auch mit dem volitionalen Gesamtzustand, verdankt sich der objektiv vorliegenden oder vom Individuum unterstellten volitionalen Kohärenz. Daher sei es auch unnötig, daß sich die Person für einen solchen Wunsch erster Stufe oder für das kohärente System ihrer Volitionen als ganzes noch einmal entscheide bzw. sich damit identifiziere. Vielmehr führe diese Kohärenz zu einer Abwesenheit von Unruhe oder Widerstand (1999, 103). Die Zufriedenheit besteht letztlich in einem „equilibrium" (1999, 104), welches durch die Kohärenz erzeugt wird. Damit ist Frankfurt in der Lage, durch das Zusammenspiel von wholeheartedness und satisfaction bzw. self-satisfaction eine Antwort auf das Problem des logischen Regresses zu geben. Einerseits erklärt die Abwesenheit einer volitionalen Inkohärenz, weshalb ein Rekurs auf die nächsthöhere Ebene unnötig ist (1988, 166), andererseits besteht die Zufriedenheit weder darin, daß sich die Person aktiv z.B. mit einem Wunsch identifiziert (1999, 104), noch darin, daß sie diesen Wunsch im Lichte eines anderen Wunsches bewertet (1999, 105). Wenn Identifikation konstituiert wird durch Zustimmung zu einem höherstufigen Wunsch, mit der die Person zufrieden ist (ebd.), dann entsteht das Regreßproblem in seiner logischen Form nicht mehr.1 Wie sieht es aber mit dem inhaltlichen Regreß aus? Auch dieser Einwand ist beantwortet, da Identifikation nicht in jedem Falle die Existenz einer entsprechenden höherstufigen volitionalen Einstellung erfordert. Durch die Kohärenz innerhalb der zweiten Ebene und ihr wenn auch möglicherweise spannungsreiches Passen zu den Wünschen erster Stufe entsteht der evaluative Kern einer Persönlichkeit, wobei sich in diesem Zusammenspiel auch die inhaltliche Auszeichnung einer Volition zweiter Stufe oder auch eines Wunsches erster Stufe ergibt. -
-
-
-
2. Die Antwort aufdas
Unvollständigkeitsproblem
Das
Unvollständigkeitsproblem stellt das zweite Horn des durch das ab-initio-Problem formulierten Dilemmas dar. Wenn man nicht die Wünsche und Volitionen zweiter Stufe per se oder intrinsisch mit der Fähigkeit, personale Autonomie zu verbürgen, ausstatten will, dann bedarf es einer Antwort auf die Frage, wodurch denn Volitionen zweiter Stufe in dieser Hinsicht ausgezeichnet sind. Nun läßt Frankfurt keinen Zweifel daran, daß die bloße Tatsache der Höherstufigkeit allein nicht ausreicht, eine volitionale Einstellung zu einem Garanten personaler Autonomie zu machen (1988, 166 und 1999, 105). Also muß er sich dem Unvollständigkeitsproblem stellen. Und dies tut Frankfurt m.E. auch, indem er seine Theorie erweiDamit nicht einfach nur das faktische Vorliegen einer Selbst-Zufriedenheit ausreicht, muß gefordert werden, daß sich die Person durch ihre Identifikationsakte insgesamt in diesen Gleichgewichtszu-
stand gebracht hat und diesen durch ihre Fähigkeit zur kritischen Selbstbewertung auch hinterfragen kann. Damit verweist Frankfurts Analyse hier auf eine biographische Dimension und erfordert zugleich ein dispositionales Element.
Michael Quante
126
teil.1
War in seinem ursprünglichen Ansatz noch die Identifikation mit einem erststufiWunsch hinreichend, wenn dieser dann auch wirksam wurde, so führt er nun die gen Bedingung des „caring" als weitere notwendige Bedingung ein:
„Caring is important to us for its own sake, insofar as it is the indispensably foundational activity through which we provide continuity and coherence to our volitional lives". (1999, 162) Wenn, wie oben ausgeführt, die Bedingung der wholeheartedness qua Kohärenz unver-
zichtbar ist,
das Phänomen der Selbst-Zufriedenheit zu erklären, letztere aber notdas Regreßargument erfolgreich zu parieren, dann muß caring seinerseits, da es notwendig für diese Kohärenz ¡st, ebenfalls zu den notwendigen Bedingungen dafür gehören, daß einem Individuum personale Autonomie zukommt.2 Was meint Frankfurt mit „caring?" Jemand „sorgt" sich um einen Wunsch erster Stufe (zum Beispiel ein Konzertbesuch wird zugunsten der Hilfe für einen Freund nicht realisiert) genau dann wenn (vgl. 1999,
wendig ist,
160): (i)
um
um
„he continues to desire to attend the concert and therefore to be susceptible to
pain caused by the frustration of this desire"; „he is willing to give up going to the concert. But his desire to attend it persists, albeit with a lower priority than before"; „the desire must endure through an exercise of his own volitional activity rather than by its own inherent momentum"; -
(ii) (iii) (iv) (v)
„his vulnerability to the cost that forgoing the concert will impose be in
way his own doing"; „the persistence of his desire must be due to the fact that he is it up".
on
him must
some
unwilling to give
Wer sich um einen bestimmten Wunsch sorgt, der ist diesem Wunsch verpflichtet und wird sich dagegen wehren, daß dieser Wunsch bei ihm erlischt oder eliminiert wird: „Commitment goes beyond acceptance of the desire and hence the willingness to be moved by it. It entails
a
further disposition to be active in
neglected." (1999, 162)
seeing to it that the desire is not abandoned or
Die Sorge um etwas setzt also voraus, daß sich eine Person auch dann, wenn sie den entsprechenden Wunsch anderen Wünschen unterordnet, weiterhin mit diesem Wunsch
identifiziert und darüber hinaus darauf bedacht ist, daß dieser Wunsch nicht verschwin-
Die Tatsache, daß es sich hierbei um eine Weiterentwicklung und nicht nur um eine Explikation dessen, was der ursprüngliche Ansatz schon enthalten hat, handelt, wird auch an folgender Bemerkung deutlich: „The significance to us of caring is thus more basic than the importance to us of what we care about" (1999, 162). Die Vermutung liegt nahe, daß Frankfurt selbst damit auf den Titel seiner ersten Aufsatzsammlung anspielt, in der er seinen Ansatz präsentiert hatte: ursprünglichen The Importance of what we care about. Auf die ebenfalls angesprochene Kontinuität komme ich noch zu sprechen, wenn es um mögliche Antworten auf die prinzipielle Inadäquatheit rein synchroner Analysen personaler Autonomie geht.
The
things we do for love
127
det, sondern vielmehr weiterhin einen angemessenen Platz in ihrem volitionalen Gesamtsystem einnimmt.
Kohärenz und sich damit einstellende Zufriedenheit reichen also nicht aus, um personale Autonomie zu haben. Dies zeigt Frankfurt am Gedankenexperiment einer Person, bei der sich Kohärenz und Stabilität zumindest eine Zeit lang durch glückliche Umstände einstellen. Was hier aus erstpersönlicher Perspektive fehlt, ist unsere aktive Rolle als Gestalter und definierende Kraft dieser Einheit. Die Person selbst könnte daher sich selbst nicht als diejenige begreifen, die diese Kohärenz und Stabilität zu erreichen und aufrechtzuerhalten versucht. Sie könnte sich diese volitionale Struktur nicht als ihre eigene zurechnen (1999, 162). Es bedarf der Stabilitätsverbürgenden Struktur der Sorge, damit sich Kohärenz und Zufriedenheit als Manifestationen personaler Autonomie verstehen lassen. Im für Personen essentiellen Phänomen der Sorge, auf das auch das Interesse an der Stabilität des eigenen volitionalen Systems aufbaut, ist auch die Kohärenz und die mit ihr einhergehende Entschlossenheit verankert: Nur wenn die Person sich antizipierend nach der langfristigen Funktion eines Wunsches in ihrer Biographie fragt, kann sie festlegen, was für sie von wirklicher Bedeutung ist (1999, 106). Sie muß, anders gesagt, Entscheidungen, in denen sich ihre Autonomie manifestiert, im Lichte dessen fallen, wer oder was sie ist und sein will. Die Antwort auf das Unvollständigkeitsproblem kann, wie nicht anders zu erwarten, nicht darin bestehen, eine geheimnisvolle intrinsische Eigenschaft höherstufiger mentaler Zustände ausfindig zu machen. Worin sollte diese auch bestehen?1 Die Antwort kann vielmehr nur darin liegen, die Analyse zu erweitern und durch das gesamte Netzwerk der vorgeschlagenen Kategorien und deren Zusammenspiel personale Autonomie zu erhellen. Eine abschließende Antwort auf dieses Problem kann daher nur durch die Darstellung auch der anderen Erweiterungen, die Frankfurt an seiner Theorie vorgenommen hat, erwartet werden. Wenn mit der wholeheartedness und der Sorge um die Stabilität der eigenen volitionalen Struktur auch bereits ein Element in Frankfurts Theorie eingeführt worden ist, daß einem rein momentanen Gegenwartsdezisionismus Einhalt gebieten kann, so muß doch festgehalten werden, daß mit diesen rein formalen Kriterien allein letztlich keine Antwort auf den Dezisionsismus- bzw. Subjektivismusvorwurf gegeben ist. Wie sich aber zeigen wird, bietet das Konzept der Sorge hierauf ebenfalls eine erste Antwort. -
-
-
-
3. Die Antwort auf den Dezisionismus- bzw. Subjektivismusvorwurf Auch wenn die Konzepte der wholeheartedness und der satisfaction geeignet sind, den Dezisionismusvorwurf in der Form, die Person breche den Begründungsvorgang an einer beliebigen Stelle ab, zu entkräften, läßt dieser Vorwurf sich doch in veränderter
Indirekt ist die Höherstufigkeit selbst jedoch von Belang, da sie notwendig ist für Reflexivität. Und diese ist zentral, da sie das evaluative Selbstverhältnis der Identifikation allererst ermöglicht (1988, 165, Fußnote 7).
Michael Quante
128
formulieren: Wer legt fest, worum eine Person sie liebt? oder was sich sorgt, bzw. wen Frankfurt begegnet diesem Einwand durch den Hinweis darauf, daß es eine „volitional necessity" (1999, 111) gibt, welche die „volitional substance" (1999, 110) einer Person bilde. Festzulegen, wen oder was man liebe oder worum man sich sorge (1999, 116), ist genauso wenig im völligen Belieben einer Person wie die Überwindung der Ambivalenz in einem bloßen Willensakt bestehen kann (1999, 100). In bestimmten konkreten Situationen stellt eine Person fest, daß eine Handlung, von der sie dachte, sie würde sie durchführen wollen, für sie einfach undurchführbar und lefzlich „unthinkable" (1999, 112) ist und somit ein „absolute limit" (ebd.) ihres Willens darstellt. In solchen Fällen entscheidet die Person nicht, wer oder was sie sein will, sie entdeckt es vielmehr „he has to know where he himself stands" (1999, 100). Damit betont Frankfurt, daß der volitionale Komplex bzw. die Persönlichkeit eines Individuums nicht einfach das Resultat eines reinen Selbstentwurfs darstellt: Form als
Subjektivismusvorwurf neu
-
„We can be only what nature and life make us, and that is not so readily up to us" (1999, 101). Auch wenn wir uns identifizierend zu unseren natürlichen (und sozialen) volitionalen Vorgaben verhalten, unterliegt unser Wille doch nicht vollständig unserem „voluntary command" „we cannot have, simply by asking, whatever will we want", (ebd.) Zu diesen volitionalen Notwendigkeiten gehören die Dinge, um die sich eine Person sorgt, die Ideale, denen sie sich verpflichtet weiß und die Personen, die sie liebt (1999, 115f). Es sind diese ihr teilweise vorgegebenen Inhalte ihres Willens, aus denen eine Person eine kohärente Einheit herzustellen versucht, mit der sie sich identifizieren kann. Damit ist diese Untergruppe von Dingen, um die sich eine Person notwendig sorgt bzw. die sie liebt, ihren willkürlichen Entscheidungen entzogen (1999, 165). Auf diese Weise ist eine Antwort auf den Subjektivismusvorwurf gegeben. Das voluntative Profil einer Person ist nicht das bloße Resultat eines reinen ,Urentwurfs', sondern weist inhaltliche Vorgaben auf, die für die Person selbst als volitionale Notwendigkeiten erscheinen. Sie entdeckt darin, wer oder was sie ist.3 -
Liebe ist nach Frankfurt ein „mode of caring" (1999, 165) und wird in diesem Abschnitt als solcher behandelt. Da in diesem Kontext nur die generellen Eigenschaften von Sorge in Anspruch genommen werden, spielen die Besonderheiten der Liebe hier keine Rolle. Die Aspekte der Liebe, durch die sie sich von anderen Arten der Sorge unterscheidet, werden jedoch später noch wichtig werden (IV.2). Es fällt allerdings auf, daß Frankfurt selbst gelegentlich dazu neigt, allgemeine Aspekte der Sorge anhand des Unterfalls der Liebe zu illustrieren. Neben der phänomenalen Plausibilität dieses Befundes führt Frankfurt als weiteres Argument an, daß nur aufgrund dieser volitionalen Notwendigkeiten der Wille Realität haben könne (1999, 100), da er sich als von unseren Wünschen partiell unabhängig erweist: „A person's will is real only if its character is not absolutely up to him" (1999, 101). Anderson (1994, 105ff.) hat zu Recht einen Bezug dieser Konzeption zu Taylors Konzeption starker Wertungen hergestellt (vgl. zu diesem Konzept und seinem Zusammenhang zu Fragen personaler Autonomie auch Flanagan 1990). Seine Kritik, eine solche volitionale Substanz reiche für eine Analyse personaler Autonomie nicht aus (Anderson 1994, 103), geht m.E. an Frankfurt vorbei, da es sich hierbei nur um eine notwendige Bedingung handelt.
The
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129
Aber auch wenn damit der Subjektivismusvorwurf in einer Hinsicht ausgeräumt ist, bleibt ein unbefriedigendes Gefühl zurück. Denn nun liegt dem Frankfurtschen Modell ein gewisses irrationales Fundament zugrunde, welches sicher in Spannung zum Ideal personaler Autonomie steht. Wenn Frankfurt auch darin Recht zu geben ist, daß personale Autonomie auf einem solchen kontingenten Faktum aufbaut, so fehlt hier doch die Dimension der möglichen Kritik an der Art und Weise, wie eine Person versucht, aus diesen Vorgaben eine sinnvolle Einheit herzustellen, bzw. auch an diesen Vorgaben selbst. In tragischen Fällen kann von einer Person verlangt werden, sich von ihren volitionalen Notwendigkeiten so weit wie möglich frei zu machen. Nicht, weil solche Vorgaben generell mit personaler Autonomie unvereinbar wären. Diesen Fehler nicht zu machen, ist eine der Stärken des Frankfurtschen Vorschlages. Wohl aber im einzelnen Fall, wenn eine Person das Pech hat, unakzeptable Inhalte als ihre volitionale Substanz zu entdecken. Frankfurt bleibt bei der Behauptung stehen, daß für personale Autonomie zweierlei unverzichtbar ist die Sorge um bestimmte Ideale einerseits und die Tatsache, daß diese von der Person als ihre volitionale Substanz entdeckt und nicht in einem arbiträren Willensakt gewählt werden. Dies ist als Antwort auf den Dezisionismusvorwurf und den Subjektivismusvorwurf in einem Sinne hinreichend. Defizitär bleibt diese Antwort aber, weil er die Frage nach dem Wert dieser Inhalte selbst, und damit nach einer intersubjektiven oder objektiven Rechtfertigung, welche die intrasubjektive Perspektive der Person transzendiert, konsequent ausklammert. Die Anerkennung natürlicher und sozialer Vorgaben einerseits sowie der von ihm selbst hergestellte Bezug zwischen volitionaler Substanz und dem guten Leben wären dabei geeignete und von Frankfurt selbst bereitgestellte Bausteine für eine umfassendere Beantwortung des Subjektivismusvorwurfs. Daß Frankfurt diesen Weg bisher nicht beschriften hat, liegt m.E. hauptsächlich an seinem Bestreben, eine rein internalistische und formale Analyse personaler Autonomie zu entwickeln. Den Defiziten, die seine Theorie dadurch erleidet, soll nun im letzten Teil in einigen abschließenden Bemerkungen nachgegangen werden. -
IV. 1. Die Sorge
Stabilität, oder: die Überwindung der rein synchronen Analyse Die volitionale Substanz, die das evaluative Selbstbild einer Person ausmacht, ist nicht das Produkt einer freien Selbstkreation. Vielmehr gehen inhaltliche Vorgaben ein, von denen ausgehend eine Person versuchen kann, eine stabile Persönlichkeit auszubilden. um
Ob diese intersubjektive Dimension mit Rekurs auf die formale Rechtfertigbarkeit im Diskurs, wie Anderson meint (1994, 117), oder durch Rekurs auf eine materiale Ethik des guten Lebens auszufüllen wäre, ist dabei eine weitergehende Frage. Auf jeden Fall wird damit ein Aspekt in die Analyse personaler Autonomie eingeführt, der über die von Frankfurt allein in Betracht gezogene intra-
subjektive Perspektive hinausgeht.
An einer Stelle berührt Frankfurt Überlegungen dieser Art: „Needless to say, it is better for us to care about what is truly worth caring about than about things that are inconsequential or otherwise unworthy or that will bring us harm", (1999, 162).
Michael Quante
130
Sie wird durch den Akt der positiven oder negativen Identifikation mit diesen verschiedenen Vorgaben hergestellt. Diese für eine Person zu jedem Zeitpunkt unhintergehbaren Vorgaben ihres eigenen Willens können z.B. die natürliche Ausstattung, Temperament oder emotionale Verfaßtheit sein. Eine andere Quelle dieser Vorgaben ist aber sicherlich auch die Sozialisation. Menschen bilden ihr evaluatives Selbstbild nicht in einem luftleeren Raum aus; neben die Startbedingungen der ersten Natur treten auch die der zweiten Natur. Es ist unbestreitbar, daß auch Wünsche und Überzeugungen ihren Ursprung häufig in der spezifischen Sozialisation eines Menschen haben. Damit ist Frankfurts Analyse personaler Autonomie, die sich auf die strukturale Beschaffenheit des volitionalen Gefüges einer Person zu einem Zeitpunkt bzw. in einem gegebenen Zeitintervall beschränkt, dem vor allem von Christman formulierten Problem des Wunscherwerbs ausgesetzt. Wir würden eine Person, deren volitionale Substanz ein hohes Maß an Kohärenz und Stabilität ausweist, dann nicht als autonom charakterisieren, wenn diese Persönlichkeit das Produkt einer manipulativen Sozialisation ist, die auch die von dieser Person angewandten Standards der Identifikation noch in ihr ,verankert' hat. Ich halte die Hinzunahme einer biographischen Dimension in die Analyse personaler Autonomie daher für unverzichtbar (vgl. Quante a, Kap. 5). Außerdem liefert das Konzept der Sorge, in dem sich auch Frankfurt zufolge bei einer Person ein Interesse an der langfristigen Stabilität und Kohärenz ihres volitionalen Gefüges sowie ein Interesse daran, daß die ihre Sorge und Liebe manifestierenden Wünsche nicht verschwinden oder eliminiert werden, manifestiert (1999, 162), einen direkten Anknüpfungspunkt zur Verankerung der diachronen Perspektive in seine Analyse personaler Autonomie. Unbestreitbar ist, wie Frankfurt ausführt, daß sich Wünsche einer Person im Laufe ihres Lebens ändern können. Auch die Dinge, um die sie sich sorgt oder die sie liebt, können, wie allgemein bekannt ist, im Laufe der Zeit variieren. Mit dem Interesse an der „continuity" (ebd.), welche durch die Sorgestruktur verankert ist, verweist Frankfurt m.E. selbst indirekt darauf, daß es für die Autonomie einer Person nicht gleichgültig sein kann, auf welche Weise diese Kontinuität erzeugt wird bzw. auf welche Weise Veränderungen der volitionalen Substanz vor sich gehen (1988, 83f). Soweit ich sehe, geht Frankfurt nur an einer Stelle auf diesen Einwand ein, wo er auf „die Handlungen des Ordnens und Verwerfens, der Integration und der Abtrennung", zu sprechen kommt, in denen sich eine Persönlichkeit aus dem „Rohmaterial des inneren Lebens" (1988, 170f.) konstituiert. Frankfurt zufolge definieren diese Akte „die intrapsychischen Zwänge und Grenzen aufgrund derer die Autonomie einer Person sogar durch ihre eigenen Bedürfnisse gefährdet werden kann" (ebd.). Mit Bezug auf diese Gefährdung der personalen Autonomie durch eigene Wünsche und Bedürfnisse merkt er dann weiter an: „The determining conditions that are pertinent here are exclusively structural arrangements. I mention this, although I shall not pursue the point, since it bears on the familiar issue of
whether historical considerations especially causal stories have any essential relevance to questions concerning whether a person's actions are autonomous." (1988, 171, Fußnote 13) -
-
Dieser Einwand gegen den Vorschlag, die biographische Dimension des Wunscherwerbs mit einzubeziehen, ist zwar nicht ausgeführt. Er offenbart aber, daß Frankfurts Hauptbedenken sich zwei Annahmen verdanken, die beide irrig sind. Zum einen kann
The
things we do for love
131
auch eine biographische Dimension in einer rein strukturalen Beschreibung bzw. ohne Bezug auf konkrete inhaltliche Füllungen erfolgen. Wie man an dem Vorschlag von Christman (1991) sehen kann, schließen sich eine formale und eine historische Herangehensweise nicht aus. Zum anderen müssen biographische oder historische Gesichtspunkte nicht rein kausal sein. Für eine Analyse personaler Autonomie wird eine rein kausale Betrachtung im Gegenteil niemals ausreichend sein können, da essentiell evaluative Aspekte mit im Spiel sind. Frankfurt wehrt sich hier, wenn ich ihn richtig verstehe, gegen die Aufnahme eines externalen Elementes in die Analyse personaler Autonomie.1 Dies ist aber in zweierlei Hinsicht unplausibel: Erstens können auch extérnale Faktoren im kausalen Sinne personale Autonomie verhindern, d.h. das Nicht/vorliegen bestimmter kausaler Konstellationen zu den notwendigen Bedingungen Vor allem darf die soziale Dimension zweitens nicht personaler Autonomie auf einen kausalen Externalismus reduziert werden. Es gilt vielmehr, die konstitutive soziale Verfaßtheit menschlicher Personen anzuerkennen und diese Art externaler Bedingungen nicht als prinzipiell nur limitierende Bedingungen einzuschätzen und an kausale Externalität anzugleichen/ Letztlich ist es die Unzulänglichkeit des Frankfurtschen Individualismus, die ihn daran hindert, seiner Analyse personaler Autonomie die unverzichtbare biographische Dimension hinzuzufügen.
gehören.2
2. Das
lismus
unausgeschöpfte
Potential der Liebe, oder: Die
Aufhebung des Individua-
Frankfurt selbst
betont, daß er keine „umfassende Analyse unseres Konzepts der Liebe" (1999, 129) vorlegen wolle. Die Tatsache, daß und die Weise, auf die er diesem Phänomen nicht vollständig gerecht wird, ist m.E. interessant, weil sich darin die Beschrän-
kung
des Frankfurtschen Ansatzes auf die
intrapsychische Perspektive
Rätselhaft ist, daß Frankfurt in der
und der sich
Anmerkung von Handlungsautonomie spricht, während er im Haupttext personale Autonomie diskutiert. Dies mag auf ein weiteres Mißverständnis hindeuten, aufgrund dessen Frankfurt die Hinzunahme einer biographischen Dimension ablehnt. Die Frage, ob eine einzelne Handlung autonom ist, läßt sich möglicherweise ohne Rekurs auf die Dimension des Wunscherwerbs entscheiden. Insgesamt aber ist das Konzept der Handlungsautonomie auf das Konzept personaler Autonomie angewiesen (Quante a, Kap. 6). Ein weiterer Grund für Frankfurts Ablehnung könnte auch darin bestehen, daß Christman ursprünglich (1991) die historische Perspektive für notwendig und hinreichend gehalten hat. Dies hat er später selbst korrigiert (1993). Ich gehe im obigen Kontext von der schwächeren Annahme aus, daß biographische Aspekte zu den notwendigen Bedingungen personaler Autonomie gehören (vgl. Quante a, Kap. 5). Frankfurt unterscheidet selbst zwischen einer rein deskriptiven Externalität, die darin besteht, daß ein Faktor nicht zum psychischen System eines Subjekts gehört, und der von ihm anvisierten evaluativen Externalität, die darin besteht, daß eine Person einen Bestandteil ihres psychischen Systems ablehnt. Faktoren, die rein deskriptiv external sind, können sicher nicht hinreichend für die Analyse personaler Autonomie sein. Dies schließt jedoch, wie bereits gesagt, nicht aus, daß sie notwendige Bedingungen sein können. Vor allem aber ist nicht ausgeschlossen, daß eine Person sich mit derartigen Faktoren identifiziert. Es ist möglich, daß einige deskriptiv extérnale Faktoren
der Sozialisation im evaluativen Sinne internal sind.
Michael Quante
132
darin manifestierende Individualismus ablesen läßt. Obwohl die Liebe in den neueren Arbeiten Frankfurts eine zentrale Rolle einnimmt, kommt sie daher nicht angemessen zur Geltung. Positiv formuliert heißt dies: Liebe enthält das Potential, den Individualismus der Analyse personaler Autonomie aufzuheben. Auch wenn Frankfurt Liebe zumeist als stellvertretend für das Phänomen der Sorge insgesamt nimmt und mehrfach betont, „keine exakte und umfassende Analyse des Wesens der Liebe" (1999, 165) vornehmen zu wollen, weist er doch auf zwei zentrale Merkmale hin, durch die Liebe im Unterschied zu anderen volitionalen Notwendigkeiten ausgezeichnet ist: Zum einen ist Liebe interesselos' in dem Sinne, daß „sie eine Sorge ist, in der das Wohl des Geliebten um dessentwillen selbst gewünscht wird" (1999, 165). Zum anderen ist Liebe wesentlich partikularistisch oder- wie Kraut (1986) es formuliert hat „de re": -
to the lover of what he loves is not that of an exemplar; its him is not generic, but ineluctably particular." (Frankfurt 1999, 166)
„The significance
importance
to
Mit anderen Worten: In der Liebe geht es um das unaustauschbare und unersetzbare um das Individuum in seiner unverwechselbaren Individualität. In seinem Bemühen, die Aspekte der Liebe, die für ihn relevant sind, frei zu legen, grenzt Frankfurt zum einen das Konzept der romantischen Liebe, in der zwei autonome Individuen zu einer Einheit verschmelzen, aus, und erklärt, daß für die von ihm anvisierten Aspekte die elterliche Liebe zu den Kindern als Paradigma gelten kann (1999, 166).' Zum anderen wird damit die Aufmerksamkeit von den emotionalen Aspekten der erotischen Liebe umgelenkt auf die für Frankfurts Überlegungen relevanten Aspekte der Interesselosigkeit und der Partikularität.2 Das für die Überwindung des Individualismus entscheidende Merkmal, welches Liebe als Sonderform der Sorge auszeichnet, ist ihre besondere Form der Reflexivität (1999, 138f). Da ein Liebender das Wohl des Geliebten um dessentwillen selbst wünscht, identifiziert er sich mit dessen Wünschen. Über die Tatsache hinaus, daß der Liebe als Modus der Sorge ohnehin ein Interesse an Kontinuität und Stabilität an den
Einzelne,
Damit schwimmt Frankfurt in
gewisser Weise gegen
den Strom der
vielfältigen Analysen
der Lie-
zum
Konzept
be, die gerade diesen Aspekt der Verschmelzung und die darin liegende Spannung
personaler Autonomie zum Gegenstand haben (vgl. z.B. Friedman 1998 oder Lehrer 1994 und 1997, Kap. 5). Daß man in der Transzendierung der Individualität nicht nur eine Gefahr sehen muß, sondern auch ein Gegengewicht zum liberalistischen Individualismus sehen kann, betont Gaylin (1986, Kap. 8). In seinem Bemühen, sich von erotischer und romantischer Liebe abzugrenzen, betont Frankfurt dann auch, daß das Geliebte keine Person, ja nicht einmal ein anderer konkreter Gegenstand wie ein
Land oder eine Institution, sein müsse, sondern durchaus auch etwas Abstraktes wie ein moralisches oder nicht-moralisches Ideal sein könne (1999, 166). Mit letzterem geht er m.E. aber wieder auf das allgemeine Phänomen der Sorge über, denn es ist zum einen fraglich, in welchem Sinne man einem abstrakten Gegenstand Interessen zuerkennen kann. Vor allem entsteht hier ein Konflikt mit der Partikularität der Liebe, da abstrakte Gegenstände nur in ihren konkreten Instantiierungen existieren, diese aber voneinander immer auch unterschieden sind. Erich Mielkes Verteidigung angesichts von Vorwürfen, die Menschenrechte verletzt zu haben, er liebe doch die Menschheit als solche, illustriert diese Problematik.
The
133
things we do for love
eigenen Wünschen innewohnt, entwickelt der Liebende über diese Identifikation mit dem Wohl des Geliebten auch diesbezügliche volitionale Einstellungen, die auf ihn selbst bezogen sind. Er wird von sich bestimmte Einstellungen und Handlungsweisen
fordern. Damit wird er sich selbst an einem bestimmten Ideal messen. Mit anderen Worten: Über den Umweg der Identifikation mit dem Wohl und den Wünschen des Geliebten bildet der Liebende ein evaluatives Selbstkonzept und, damit verbunden, auch eine Sorge um das eigene Selbst aus (1999, 139). Da es zu den nicht frei verfügbaren Bestandteilen der volitionalen Substanz einer Person gehört, wen oder was sie liebt, entdeckt sie auf diese Weise, wer oder was sie ist. In dem Maße, wie es ihr gelingt, das eigene Handeln nach den Anforderungen ihrer Liebe zu gestalten, respektiert sie damit auch ihre eigene Persönlichkeit (1999, 132).' Auf dem Wege der Ausbildung eines evaluativen Selbstkonzepts entwickelt eine Person dann auch Selbstachtung, die von Frankfurt in enge Verbindung mit dem Streben nach „psychischer Einheit" (1999, 139) gebracht wird, so daß auf diesem Wege die Autorität der Anforderungen unserer Liebe an uns selbst erklärt werden kann. In der Liebe entsteht somit, über den Umweg der interesselosen Identifikation mit dem Wohl des Geliebten allererst die Basis für ein evaluatives Selbstbild des Liebenden. Damit hat Frankfurts Theorie der personalen Autonomie implizit eine den Individualismus transzendierende Anerkennungsstruktur zur Grundlage.2 Beides, Persönlichkeit und Autonomie, kann nur in sozialen Beziehungen entfaltet werden und ist auf die Liebe angewiesen. Für unsere Weise, unser Leben als Personen zu führen, ist es daher unverzichtbar, zu lieben (1999, 173). Um diese volitionale Notwendigkeit mit Augustinus auszudrücken: „Dilige, et fac quod vis!"3
Literatur Anderson, J. (1994), Starke Wertungen, Wünsche zweiter Ordnung und intersubjektive Kritik:
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A defence of the
split-level-self, Southern Journal
of
Durch die Verbindung von Reflexivität und Partikularität der Liebe können dann auch, vermittelt über das Phänomen der Liebe einer Person zu sich selbst, d.h. der positiven Identifikation einer Person mit sich selbst, die Konzepte von Authentizität und unverwechselbarer Individualität expliziert werden (Frankfurt 1999, 169). Diese werden dann ihrerseits für die komplexere und Individualität bereits voraussetzende romantische Liebe relevant. Frankfurt beschreitet mit dieser Analyse Wege, die vor ¡hm schon, ebenfalls in kritischer Auseinandersetzung mit der Autonomiekonzeption von Kant, Hölderlin und Hegel beschritten haben (vgl.
dazuSiep 1979,36-63).
Für wertvolle Hinweise und
Verbesserungsvorschläge danke ich Angela Kalihoff.
Michael
J34
Quante
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things we do for love
135
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Der Wille
Eigenheit, Freiheit, Notwendigkeit und Autonomie Barbara Merker
haben Philosophen die Erfahrung theoretisch zu verarbeiten versucht, Wünschen (Trieben, Begierden, Strebungen, Affekten, Neigungen, Emotionen, Leidenschaften) nicht permanent als teilnahmslose und hilflose Zuschauer ausgeliefert sind, sondern uns zu ihnen verhalten können. Wir können sie billigen, kritisieren, forcieren, stabilisieren, mäßigen, unterdrücken und auch verhindern, daß sie handlungswirksam werden. Für Piaton und Aristoteles sind die Besonnenen und Zügellosen, die Beherrschten und Willensschwachen paradigmatische Figuren für die unterschiedlichen Verhältnisse harmonischer Übereinstimmung oder zwieträchtigen Konfliktes von Vernunft und Strebungen innerhalb der Seele. Und die Stoiker haben ausgeführt, daß vernünftige Lebewesen, um zu handeln, gar nicht einfach ihren Trieben freien Lauf lassen können, sondern jeweils das placet oder veto der Vernunft benötigen. Bedingung der Möglichkeit von Handlungen ist für sie erstens die theoretische Vorstellung des begehrten Objekts oder Sachverhalts; zweitens der Trieb, der durch die Vorstellung des Sachverhalts hervorgerufen wird; und drittens die Stellungnahme des logos zum Trieb, der handlungswirksam wird, wenn die Vernunft zustimmt, und unwirksam bleibt, wenn die Vernunft einen Ablehnungsbescheid erteilt. Für diese positive oder negative Stellungnahme der Vernunft gilt, wie der Stoiker Seneca in seinen Lucilius-Briefen schreibt, „daß sie bei uns liege und freiwillig" sei, wogegen die Erregung des Triebes in der Regel unfreiwillig erfolgt und nicht in unserer Macht steht. Das, was handelnd realisiert werden soll, das Telos des Triebes, stammt also aus der theoretischen Vorstellung eines Sachverhaltes; die kausale Kraft stammt aus dem Trieb, der durch die Attraktivität des vorgestellten Sachverhalts hervorgerufen wird; und die Lizenz oder das Verbot zur kausalen Wirksamkeit erteilt die Vernunft, die als evaluative bzw. imperative in der problematischen Zweiteilung in theoretische und praktische Vernunft keinen rechten Ort zu haben scheint. Die Vernunft sagt: „Es ist gut, dies zu tun." oder „Du sollst das Von
Anfang
daß wir
an
unseren
Vgl. Malte Hossenfelder, Das ,Angemessene' in der stoischen Ethik, in: Angemessenheit. Zur Rehabilitierung einer philosophischen Metapher, Merker, B./ Mohr, G7 Siep, L (Hgg.), Würzburg 1998, 83-99, 90f.
138
Barbara Merker
nicht tun!", sie hat aber selber keine kausale Kraft zum Handeln, sondern nur eine Art rhetorischen Einfluß auf den Trieb. Kant knüpft einerseits noch an diese lange und in Details immer wieder modifizierte Tradition an. Er hält an dem Dualismus von Vernunft und Neigungen fest. Und er hat auch in seinen kritischen Schriften immer wieder Schwierigkeiten, seine neue, an Crusius und Rousseau angelehnte Konzeption von Spontaneität, Willensfreiheit und praktischer Vernunft von dieser antiken Tradition hinreichend abzusetzen. Andererseits findet sich bei ihm aber ein Modell von Willensfreiheit, demzufolge die Vernunft selber praktisch und das heißt: als Anfang einer Bewegung kausal wirksam wird, indem sie sich autonom selber dazu bestimmt, das, wozu die Neigungen tendieren, auch selber zu realisieren oder davon Abstand zu halten. Der Wille, der praktische Vernunft ist, ist negativ frei, nämlich unabhängig von der Kausalität der Natur, und er ist positiv frei, insofern er eine Bewegung von selber anfangt. Dieser freie Wille unterscheidet sich von bloßen Wünschen auch durch die „Aufbietung aller Mittel, soweit sie in unserer Macht sind"2, wobei das Gewollte erfolgreich realisiert werden kann oder nicht. Auf diese Weise wird Willensfreiheit von Handlungsfreiheit unterschieden. Auch Harry Frankfurt steht in dieser langen Tradition, insofern auch er versucht zu zeigen, daß wir uns zu unseren Wünschen (desires) auf unterschiedliche Weise verhalten können.3 Außerdem entwickelt er eine Theorie des Willens, die, im Unterschied zur kantischen, indifferent gegenüber den ontologischen Problemen von Kausaldeterminismus und Indeterminismus sein soll und es daher auch erlaubt, dem Willen Freiheit und Notwendigkeit als alternative oder auch graduelle Eigenschaften zuzusprechen. Im Unterschied zu vielen traditionellen Theoretikern der Willensfreiheit versucht er auch zu zeigen, daß nicht Willensfreiheit, sondern Willensnotwendigkeit die Erfahrung ist, die in unserem Leben besondere Bedeutung hat. Im Zentrum der Ausführungen Frankfurts stehen einerseits begriffliche Explikationen, andererseits aber auch phänomenologische Explikationen der Perspektive der ersten Person. In der Rezeption und Kritik seiner Theorie unterschiedlicher volitionaler Strukturen ist diesen beiden unterschiedlichen Verfahren zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden. Da Frankfurts Rede von der Eigenheit, Freiheit, Notwendigkeit und Autonomie des Willens oft entweder im Sinne einer vagen alltäglichen Intuition oder aus der Perspektive alternativer Konzeptionen verstanden worden ist, möchte ¡ch im folgenden zunächst den Versuch unternehmen, seine Konzeption der Autonomie in ihren einzelnen Aspekten darzustellen, um dann abschließend noch einige der Einwände Zu den
Problemen, die eine solche Kooperation von theoretisch erkennender Vernunft, Trieb und evaluativer Vernunft aufwirft, vgl. Gerold Prauss, Kant über Freiheit als Autonomie, Frankfurt/ M.
2
1983, 46ff, 16. Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, AA IV, 394. Allerdings orientiert er sich nicht mehr an dem eingeschränkten Dualismus von Verstand bzw. Vernunft und Sinnlichkeit. An die Stelle der Vernunft treten die Wünsche zweiter oder höherer Stufe, an die Stelle der Sinnlichkeit die Wünsche erster Stufe, die beliebige, auch ,nicht-sinnliche' Inhalte haben können. Zur Kritik an dem Dualismus von Sinnlichkeit und Verstand vgl. auch Julian Nida-Rümelin, Angemessenheit als praktische Kohärenz, in: Angemessenheit. Zur Rehabilitierung einer philosophischen Metapher, 115-132.
Der Wille:
Eigenheit, Freiheit, Notwendigkeit und Autonomie
sortieren, die gegen diese auch erhoben worden sind.
zu
Konzeption von
139
Autonomie erhoben werden können und
I. Der eigene und der freie Wille In dem vielzitierten Aufsatz Freedom of the will and the concept of a person findet Frankfurt in der Fähigkeit zur Bildung von Volitionen 2. Stufe und in dem Umstand, daß Willensfreiheit für Menschen ein Problem sein kann, genau die Eigenschaften, die für Personen wesentlich sind und über die die meisten Tiere, Kinder und manche Erwach-
nicht verfügen. Was aber versteht er unter einer Volition zweiter Stufe? Und was versteht er unter Willensfreiheit? Wie die Tradition vor ihm geht Frankfurt davon aus, daß wir uns erstens normalerweise mit bestimmten Wünschen, Motiven, Neigungen vorfinden, für die wir nicht, oder allenfalls sehr vermittelt, verantwortlich sind, und daß wir zweitens zu diesen Wünschen kritisch distanzierend oder positiv identifizierend Stellung nehmen können. Wir können, wie Frankfurt sagt, Wünsche zweiter Stufe bilden, das heißt: Wünsche, die Wünsche zum Gegenstand haben. In der „Bildung von Wünschen zweiter Stufe" drückt sich ihm zufolge unsere „Fähigkeit zu reflektierender Selbstbewertung aus". Wünsche können demnach als positive Wertungen verstanden werden.2 Und Wünsche zweiter Stufe lassen sich als Bewertungen von Wertungen (erster Stufe) verstehen. Weiter scheint Frankfurt zu unterstellen, daß die Wertung zweiter Stufe mit einer Reflexion verbunden ist." Und schließlich scheint er auch zu unterstellen, daß Wertungen zweiter Stufe (aufgrund einer solchen Reflexion) aktiv gebildet werden. Im Unterschied zu solchen Wünschen erster oder zweiter Stufe ist der Wille keine bloße Bewertung, keine bloße Absicht, Entscheidung oder Wahl, sondern, wie bei Kant, sene
In: The Importance of what we care about, Cambridge 1988, 11-25. Diese .Übersetzung' ist vorteilhaft, weil sie auch brauchbar ist für Fälle, in denen wir positiv bewerten, daß wir etwas positiv bewerten, also in Fällen, in denen wir schon einen Wunsch haben, den wir positiv bewerten. Normalerweise würde wir in einem solchen Fall aber nicht sagen, daß wir einen Wunsch, den wir schon haben, wünschen, weil zu unserem Begriff des Wunsches eben normalerweise gehört, daß wir etwas wünschen, wovon wir glauben, daß es nicht wirklich ist. Wünsche zweiter Stufe zu haben, kann bedeuten: zu wünschen, einen Wunsch zu haben, den wir noch nicht haben: zu wünschen, einen Wunsch nicht zu haben, den wir haben; und: es positiv bewerten, daß wir den Wunsch haben, den wir haben. Es gibt demnach drei Varianten von Wünschen zweiter Stufe, die Frankfurt nicht systematisch untersucht. Diese sind auch deswegen von Bedeutung, weil sie mit der Frage verbunden werden können, ob Wünsche zweiter Stufe nur evaluative Einstellungen oder auch sozusagen praktisch wirksam sind in dem Sinne, daß sie Wünsche erster Stufe nicht nur bewerten, sondern auch hervorbringen können. Das wäre nur in den Fällen möglich und sinnvoll, in denen wir Wünsche, die wir zu haben wünschen, nicht haben, oder in denen wir Wünsche haben, die wir nicht zu haben wünschen. Es wäre nicht möglich und sinnvoll in Fällen, in denen wir die Wünsche haben, die wir haben möchten. Unklar ist hier, wie auch an anderen Stellen, was mit „Reflexion" genau gemeint ist. Sofern „Reflexion" einfach „Überlegung", „Erwägung" bedeutet, ist es nicht zwingend, daß sie mit Wünschen zweiter Stufe verbunden sind. Frankfurt hält es nicht für notwendig, „that volitions of the second order, or of higher orders, must be formed deliberately" (22).
140
Barbara Merker
bereits eine
Bemühung. Er läßt sich entweder beschreiben als ein Wunsch, der Ursache Handlung ist, der uns zur Handlung bewegt, der effektiv, handlungswirksam ist. Oder er läßt sich angemessener und im Einklang mit unserer Selbsterfahrung als Ver-
einer
such beschreiben, den Wunsch in die Tat umzusetzen. Der Wille ist dann ein Handlungsversuch, ob dieser erfolgreich ist oder nicht. Eine Volition 2. Stufe dagegen ist für Frankfurt nicht, wie man vermuten könnte, ein Wunsch zweiter Stufe, der handlungswirksam, zum Willen wird, indem er zum Beispiel einen Wunsch erster Stufe hervorbringt oder auch diesen zum Willen macht, sondern lediglich der Wunsch zweiter Stufe, daß ein bestimmter Wunsch erster Stufe zum Willen, also handlungswirksam wird. Eine Ärztin zum Beispiel kann aus theoretischer Neugierde den Wunsch zweiter Stufe haben, den Wunsch nach einer Droge zu haben, ohne auch zu wünschen, daß dieser Wunsch zu ihrem Willen wird. Ein Examenskandidat dagegen hat oft die Volition zweiter Stufe, daß sein Wunsch, sich auf die Prüfung vorzubereiten, ihn auch zum Handeln bringt. Personen sind für Frankfurt Wesen, die Volitionen zweiter Stufe bilden (können). Sie sind dadurch charakterisiert, daß ihr Wille ihnen nicht gleichgültig ist. Ihnen liegt etwas an ihrem Willen. Sie verhalten sich wünschend bzw. wertend zu ihrem Willen: zu dem, den sie haben (sie finden es gut oder schlecht, daß sie ihn haben), und zu dem, den sie nicht haben, aber gern hätten. Personen machen die Erfahrung, daß sie sich mit ihrem Willen identifizieren oder ¡hm entfremdet gegenüberstehen können. Im Unterschied dazu sind Triebhafte (wantons) keine Personen. Sie haben keine Wünsche, die sich auf ihren Willen beziehen.1 Ihr Wille ist ihnen gleichgültig. Sie sehen dem Kampf ihrer Wünsche und dem Sieg des jeweils stärksten ohne Interesse zu. Sie kümmern sich nicht darum, ob der Wille, den sie haben, auch der ist, den sie haben möchten. Eine drogensüchtige Person und ein drogensüchtiger Triebhafter zum Beispiel haben beide den Wunsch erster Stufe, ihre Droge zu nehmen. Bei beiden wird der Wunsch erster Stufe, die Droge zu nehmen, auch handlungswirksam. Sie unterscheiden sich dadurch, daß die Person, sofern sie die Droge wider Willen nimmt, sich nicht mit diesem Willen identifiziert und sich von ihm entfremdet fühlt. Sie erlebt die Kraft, die sie dazu bringt, die Droge zu nehmen, nicht als ihre eigene Kraft. Sie hat nicht den Willen, den sie haben möchte. Sie hat nur eine (unerfüllte)Volition zweiter Stufe, den Wunsch nämlich, daß der Wille, den sie hat, nicht ihr Wille sein möge. Der Triebhafte dagegen hat gar keine Einstellung zu seinem Willen. Personen sind für Frankfurt aber nicht nur Wesen, die Volitionen zweiter Ordnung bilden können, sondern auch Wesen, für die die Freiheit des Willens ein Problem sein kann. Beides zusammen ist notwendig für Personalität. Den Begriff der Willensfreiheit charakterisiert er in Analogie zu dem der Handlungsfreiheit. Handlungsfrei sind die, die frei sind zu tun, was sie zu tun wünschen. Willensfrei sind die, die frei sind, den Willen zu haben, den sie haben möchten.2 Dieses ließe sich leicht so verstehen, daß diejenigen Frankfurt will aber nicht ausschließen, daß Triebhafte Wünsche zweiter Ordnung haben können. Und daß sie keine Volitionen zweiter Stufe haben, schließt nicht aus, daß sie vernünftige, z. B. technisch-praktische Erwägungen anstellen können. Ich schreibe hier nicht „wünschen", weil dieses normalerweise voraussetzt, daß das Gewünschte noch nicht wirklich ist. Willensfreiheit aber setzt im Unterschied zu Volitionen zweiter Ordnung,
Der Wille:
Eigenheit, Freiheit, Notwendigkeit und Autonomie
141
willensfrei sind, die den Willen haben, den sie haben möchten. Dann wäre Willensfreiheit die Erfüllung einer Volition zweiter Ordnung. Unfreiheit des Willens dagegen wäre die Nicht-Erfüllung einer Volition zweiter Ordnung. Frei wäre unser Wille, wenn wir ihn haben möchten, wenn wir ihn positiv bewerten, uns mit ihm identifizieren. Unfrei wäre unser Wille, wenn wir ihn haben, obwohl wir ihn nicht haben möchten, wenn wir ihn negativ bewerten. Für diese Deutung scheint zum Beispiel Frankfurts folgende Bemerkung zu sprechen: „The enjoyment of a free will means the satisfaction of certain desires desires of the second or of higher orders whereas its absence means their
frustration." (22) Gegen diese Deutung sprechen aber zum einen zwei Bemerkungen Frankfurts, die zeigen, daß die Erfüllung einer Volition zweiter Ordnung nicht schon Willensfreiheit garantiert. Auch wenn wir den Willen haben, den wir haben möchten, kann es sein, daß unser Wille nicht frei ist. Die Übereinstimmung unserer Volition zweiter Stufe mit dem Willen, den wir tatsächlich haben, scheint zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung der Willensfreiheit zu sein. Diese Übereinstimmung schließt nämlich nicht aus, daß sie nur Resultat eines „glücklichen Zufalls" ist, an dem wir selber sozusagen nur als unbeteiligte Zuschauerinnen beteiligt sind.1 Eine weitere notwendige Bedingung für Willensfreiheit scheint daher zu sein, daß die Erfüllung der Volition zweiter Stufe, die Übereinstimmung der Volition zweiter Stufe mit dem Willen, auch unser eigenes Werk ist und uns als unser eigenes Werk erscheint. Wir müssen es sein, die den Wunsch, von dem wir wünschen, daß er zum Willen wird, auch (bewußt) zu unserem Willen machen. Eine notwendige Bedingung für Willensfreiheit ¡st demnach nicht nur, daß die, die einen bestimmten Willen haben möchten, ihn auch haben, sondern auch, daß die, die einen bestimmten Willen haben möchten, ihn auch haben, weil sie ihn haben möchten (und das auch glauben) : „It is in securing the conformity of his will to his second order volitions, then, that a person exercises freedom of the will."(20). Dieses geht manchmal ohne jede Probleme und manchmal müssen wir komplizierte Strategien ergreifen, damit es uns auch gelingt. So gelingt es zum Beispiel manchen Examenskandidaten nur dadurch, ihren Wunsch, sich auf die Prüfung vorzubereiten, zu ihrem Willen zu machen, daß sie sich dieses erleichtern, indem sie sich Belohnungen versprechen für den Fall, in dem sie für die Prüfung arbeiten, und Strafen für den Fall, in dem sie dies nicht tun. Gegen die Auffassung, die (aktive) Erfüllung von Volitionen zweiter Ordnung sei bereits identisch mit Willensfreiheit, die Frankfurt einerseits suggeriert, spricht zum ande-
-
die sich auch auf einen nicht vorhandenen Willen beziehen können, immer schon einen vorhandenen Willen voraus. Vgl. auch Anmerkung 1, 139. Genauer gesagt ist für den Besitz von Willensfreiheit nicht nur (oder vielleicht gar nicht?) wichtig, daß diese Übereinstimmung nicht das Resultat eines glücklichen Zufalls ist, sondern daß wir nicht den Eindruck haben, daß sie bloß Resultat eines glücklichen Zufalls ist: „And it is in the discrepancy between his will and his second-order volitions, or in his awareness (Hervorhebung von mir) that their coincidence is not his own doing but only a happy chance, that a person who does not have this freedom feels its lack", (20). Daß dieses „weil" noch nicht hinreichend ist und, aufgrund der Möglichkeit abweichender Kausalketten, Probleme mit sich bringt, zeigt Donald Davidson, Handlungsfreiheit, in: Handlung und Ereignis, Frankfurt/ M. 1985, 99-124, 120ff
Barbara Merker
142
auch, daß ein Satz wie „Willensfrei sind die, die frei sind, den Willen zu haben, den sie haben möchten." gar keine taugliche Definition bzw. Analyse von „Freiheit des Willens" sein kann, weil das definiendum im definiens wieder auftaucht. Eine Definition bzw. Analyse von „Freiheit" bezogen auf den Willen findet sich erst am Ende des Aufsatzes, wo Frankfurt auf die klassische Auffassung zurückkommt, daß eine Person genau dann einen freien Willen hat, wenn ihr Wille „could have been otherwise", wenn sie also einen anderen Willen hätte haben können, genauer gesagt, wenn sie „could have done otherwise than to constitute his will as he did", wenn sie sich also einen anderen Willen hätte bilden können, als sie tatsächlich getan hat. (24) Willensfreiheit scheint demnach darin zu bestehen, daß wir (wenn wir es gewünscht und gewollt hätten) auch einen anderen Wunsch zu unserem Willen hätten machen können als den, den wir faktisch zu unserem Willen gemacht haben. Wer willensfrei ist, kann also den einen oder einen (beliebigen) anderen Wunsch zu seinem Willen machen. Alle drei notwendigen und hinreichenden Bedingungen der Willensfreiheit zusammengenommen läßt sich sagen, daß nur die Personen über Willensfreiheit verfügen, deren Volitionen zweiter Ordnung mit ihrem Willen deswegen übereinstimmen, weil sie ihn übereinstimmend gemacht haben, die aber auch einen anderen Willen mit ihren (anderen) Volitionen zweiter Ordnung hätten übereinstimmend machen können. Aus dem Grunde läßt sich erstens sagen, daß dieser Konzeption der Willensfreiheit zufolge Süchtige, die nicht widerwillig, sondern wunschgemäß süchtig sind, nicht willensfrei sind. Zwar stimmt ihr Wille mit ihren Volitionen zweiter Ordnung überein; wir können mit Frankfurt sogar unterstellen, daß sie ihren Willen aktiv mit ihren Volitionen in Übereinstimmung gebracht haben, daß sie also den Willen haben, den sie haben, weil sie ihn zu haben wünschen, daß sie also ihren eigenen Willen haben. In dem Fall wäre die Genese des Willens überdeterminiert, weil er sowohl durch die physiologischen Umstände der Sucht als auch durch die Volition zweiter Stufe verursacht würde. Aber aufgrund der physiologischen Bedingungen der Sucht hätten sie keinen anderen Wunsch (erster Stufe) zu ihrem Willen machen können. Der willige Süchtige hat zwar den Willen, den er zu haben wünscht und weil er ihn zu haben wünscht, aber er hat ihn nicht, wie Frankfurt auch sagt, unter seiner freien Kontrolle Zweitens läßt sich sagen, daß Süchtige wider Willen keinen freien Willen haben, weil ihre Volitionen zweiter Ordnung mit ihrem Willen nicht übereinstimmen. Drittens läßt sich sagen, daß die ,Glückspilze' keinen freien Willen haben, deren Volitionen zweiter Stufe nur zufällig, ohne ihr eigenes Zutun, mit ihrem Willen übereinstimmen. Und viertens sind auch die Triebhaften nicht willensfrei, weil sie gar keine Volitionen zweiter Stufe besitzen. Begriffsstrategisch scheint Frankfurt allerdings zu schwanken. Willensfrei (1) ist für ihn erstens die Person, die einen anderen Wunsch erster Stufe zum Willen hätte machen ren
,
(25).2
übergehe hier das Problem der Iteration, das Indeterministen wie Kant durch die Annahme vermeiden, daß der absolut freie Wille nicht durch einen zeitlich vorhergehenden mentalen Akt (des Wunsches oder Wollens) kausal bestimmt wird, sondern die schwierig zu explizierende StrukIch
tur der Selbstbestimmung hat. Es ist nicht klar, ob und wie Frankfurt zwischen der Analyse der Willensfreiheit (1) im Sinne von „hätte einen beliebigen oder anderen Wunsch zum Willen machen können" und „hatte seinen Willen unter (freier) Kontrolle" einen Unterschied macht.
Der Wille:
Eigenheit, Freiheit, Notwendigkeit und Autonomie
143
können (und dieses auch glaubt oder weiß?), als sie tatsächlich macht oder gemacht hat. Willensfreiheit (2) ist für ihn zweitens identisch mit der (bewußten) Übereinstimmung von Volitionen zweiter Ordnung mit dem Willen aufgrund eigener aktiver Herbeiführung dieser Übereinstimmung. In der dritten Verwendung des Ausdrucks „Willensfreiheit" sind diese beiden Bedingungen notwendig und hinreichend. Willensfreiheit (3) in diesem umfassenden dritten Sinne ist nur dann realisiert, wenn diese beiden Bedingungen erfüllt sind: daß wir auch einen anderen Wunsch erster Stufe zum Willen machen könnten als den, den wir zum Willen machen und den wir zum Willen machen, weil wir ihn zum Willen machen möchten. Gerade auch mit Blick auf die späteren Arbeiten Frankfurts scheint es mir aber vorteilhaft zu sein, die Freiheit des Willens (1) im ersten und engeren Sinne, also die Wahlfreiheit, die alternative Möglichkeit, einen anderen Wunsch zum Willen zu machen als den, den wir zum Willen machen,1 von der Eigenheit des Willens zu unterscheiden. Frei wäre unser Wille demnach dann zu nennen, wenn wir auch einen anderen Wunsch zu unserem Willen hätten machen können (und dieses auch glauben oder wissen?) als den, den wir zu unserem Willen gemacht haben. Eigen dagegen wäre entweder schon der Wille zu nennen, der mit einer Volition zweiter Stufe übereinstimmt und sie erfüllt, oder, und plausibler, erst der Wille, der aktiv aufgrund von Volitionen zweiter Stufe erzeugt wird. Zwar stehen diese Überlegungen Frankfurts zum eigenen im Unterschied zum freien Willen einerseits in direktem Kontakt mit der schon zitierten Bemerkung, die den eigenen Willen mit dem freien Willen identifiziert: „The enjoyment of a free will means the satisfaction of certain desires desires of the second or of higher orders whereas its absence means their frustration." (22) Doch andererseits scheint er auch auf einer Unterscheidung des freien vom eigenen Willen zu bestehen, wenn er die Zufriedenheit (satisfaction) einer Person nicht an (das Wissen) alternative(r) Wollensmöglichkeiten knüpft, sondern sie damit erklärt, daß sie „ihren eigenen Willen" hat.2 Die interne Kohärenz der volitionalen Verfassung wird dabei nicht tangiert durch die Existenz von Wünschen oder Volitionen (welcher Stufe auch immer), die mit dem eigenen Willen nicht kompatibel sind, sofern wir uns nur eindeutig, entschlossen, mit ganzem Herzen (und unter Umständen nach Abschluß einer Reflexion) mit einer der möglichen Optionen identifizieren, sofern wir eben einen eigenen Willen ausbilden können. Der Vorwurf eines infiniten Regresses wird durch diese Art von ,Ganzherzigkeit' (wholeheartedness) hinfallig, weil die aktiv herbeigeführte Kohärenz von Volitionen zweiter Stufe mit dem Willen eine höherstufige Bewertung der Volitionen zweiter Stufe überflüssig und andere Wünsche zweitrangig macht. Nicht die Existenz Wünsche inkompatibler erster Stufe oder Volitionen höherer Ordnung, sondern eine unauflösbare Ambivalenz (die Teilung der Person in zwei gleichgewichtige Volitionen höherer Ordnung) und Entfremdung verhindern die Eigenheit des Willens. Frustration aufgrund eines Mangels -
-
Ob die
endgültige Analyse von „hätte anders können" kompatibilistisch ausfallt oder nicht, ist eine Frage, an der Frankfurt kein Interesse zeigt. Später wird sich zeigen, daß Glück Für Frankfurt noch eine kompliziertere mentale Struktur, die Sorge, zur Voraussetzung hat. Identification and wholeheartedness, in: The
Importance of what we care about, 159-176.
Barbara Merker
144
eigenem Willen schreibt Frankfurt daher Personen zu, die ambivalent oder „sich selbst entfremdet sind", deren Volitionen höherer Ordnung also nicht mit ihrem Willen übereinstimmen, die sich in keinem seelischen Gleichgewicht befinden, und auch einer Person, die „sich als ein hilfloser passiver Betrachter der Kräfte" erlebt, die sie bewegen. Die Unterscheidung zwischen eigenem und freiem Willen scheint der Sache nach auch für Frankfurts These eine Rolle zu spielen, daß Willensfreiheit (1) im Sinne der Möglichkeit, einen anderen Wunsch zum Willen zu machen als den, den man zum Willen macht in der Tradition auch Wahlfreiheit, Willkürfreiheit oder Freiheit der Indiffenicht notwendig für moralische Verantwortung ist. Moralisch verantrenz genannt wortlich nämlich sind wir ihm zufolge auch schon für Handlungen, die wir aus eigenem Willen vollziehen. Auch wenn dieser Wille nicht frei im Sinne der Willensfreiheit (1) ist, läßt sich nach Frankfurt doch sagen, daß Handlungen, die aus eigenem Willen vollzogen werden, aus freiem Willen (2) vollzogen werden in dem Sinne, daß wir uns nicht durch eine externe oder interne fremde Kraft zu dieser Handlung genötigt fühlen, sondern den Willen haben möchten, den wir haben und den wir auch haben, weil wir ihn haben möchten.1 Für uns als wollende Personen ist es zumeist gleichgültig, ob wir Willensfreiheit (1) haben, ob wir also einen alternativen Wunsch zu unserem Willen hätten machen können; und für die Zuschreibung von (moralischer ) Verantwortung ¡st es ebenso irrelevant.2 an
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II. Notwendigkeit und Autonomie des Willens In seinen
späteren Beiträgen „The Importance of what we care about", „Autonomy, and Love" und „On caring" knüpft Frankfurt an diese Unterscheidung zwischen eigenem und freiem Willen an. Ihn interessieren dort bestimmte Typen von Handlungen, bei denen wir den (richtigen?) Eindruck haben, daß unser Wille zwar unser eigener Wille, aber nicht unser freier Wille (1) ist. Sein Thema ist nicht mehr Willensfreiheit, sondern die Unfreiheit des Willens: Willensunmöglichkeit und Willensnotwendigkeit. Zum einen möchte er die Erfahrung verständlich machen, daß wir nicht immer die Wünsche zu unserem Willen machen können, die wir zu unserem Willen zu machen
Necessity,
wünschen. Zum anderen versucht er sozusagen die umgekehrte Erfahrung verständlich machen, daß wir manchmal nicht anders können als bestimmte unserer Wünsche zu
zu
4
5
Willensfreiheit (1) ist für Frankfurt auch schon deshalb für moralische Verantwortung irrelevant, weil auch dann, wenn wir einen anderen Willen haben könnten, als den, den wir haben, wir oft doch keinen anderen Willen haben möchten, (24). Willensfreiheit in dem Sinne „that a person is free to want what he wants to want" (25) ist für Frankfurt kompatibel mit dem kausalen Determinismus, Indeterminismus und auch mit der Möglichkeit, daß eine Person zufällig frei ist, den Willen zu haben, den sie haben möchte (25). Unklar bleibt in der zitierten Formulierung Frankfurts, die auch auf den eigenen Willen bezogen sein könnte, warum er „want" statt „will" sagt. In: The importance of what we care about, 80-94. In: Necessity, Volition, and Love, Cambridge 1999, 129-141.
Ebd., 155-180.
Der Wille:
Eigenheit, Freiheit, Notwendigkeit und Autonomie
145
Willen zu machen und uns trotz dieses (richtigen?) Eindrucks der Alternativenlosigkeit frei dabei fühlen. Willensfreiheit ist für Frankfurt nicht, wie für Indeterministen, eine Eigenschaft, die Personen immer schon zukommt, sondern eine Fähigkeit,
unserem
die wir manchmal besitzen und manchmal nicht. Außerdem hält er Willensfreiheit im Sinne der Möglichkeit, Willensalternativen zu haben, für eine Fähigkeit, die wir in ihrer Bedeutung für unser Leben oft verkennen und überschätzen. Gerade solche Erfahrungen, die von substantieller Bedeutung für unser Leben sind, wie bestimmte Formen der Liebe, sind Erfahrungen von Willensnotwendigkeiten, die, wie die Unterwerfung unter die Erfordernisse der Logik und Rationalität, zugleich als Befreiung und Autonomie erlebt werden. Es ist die paradox erscheinende Erfahrung einer Einheit von Freiheit und Notwendigkeit. Willensfreiheit (1), die Möglichkeit, alternative Wünsche zum Willen zu machen, ¡st dagegen eher die Erfahrung, daß uns etwas gleich gültig im Sinne von gleichgültig ist. Oft können wir unsere Wünsche, Absichten, Wahlen, Entscheidungen problemlos zu unserem Willen machen. Gelegentlich können und müssen wir uns dazu zwingen, weil wir andere Wünsche haben, die sehr stark sind oder deren Verwirklichung uns sehr viel bedeutet. Manchmal aber ist es uns unmöglich, unsere Wünsche oder Absichten handlungswirksam zu machen. Eine der möglichen Ursachen dafür ist, daß die mentalen Voraussetzungen fehlen: bestimmte kognitive, emotionale, affektive, evaluative Einstellungen nämlich, die wir zum Teil im Laufe unseres Lebens erworben haben. Aus dem Grunde ist für Frankfurt auch der Imperativ bestimmter Existenzialisten, wir sollten in radikal freier Wahl entscheiden, welche Person wir zu sein wünschen, problematisch. Dieser Imperativ läßt sich nämlich immer dann nicht befolgen, wenn die mentalen Voraussetzungen dafür fehlen, vor allem wenn wir nicht wirklich Interesse daran haben, wenn uns nicht wirklich daran etwas liegt. Auch Handlungsdilemmata wie das des durch Sartre berühmt gewordenen Mannes, der vor der Alternative steht, sich zu Hause um seine Mutter zu kümmern oder sich der Widerstandsbewegung anzuschließen, lassen sich demnach nicht durch radikale Wahl, sondern entweder gar nicht oder nur dann auflösen, wenn die Betroffenen merken, daß ihnen an einer Alternative mehr gelegen ist. Manchmal also ist es uns nicht möglich, unsere Wünsche zum Willen zu machen, weil die mentalen Voraussetzungen dafür fehlen, vor allem, weil uns daran nicht hinreichend viel gelegen ist; manchmal allerdings machen wir die Erfahrung, daß wir nicht anders können, als bestimmte Wünsche oder Absichten zu unserem Willen zu machen. Dieses selten beachtete Phänomen volitionaler Notwendigkeit versucht Frankfurt in immer neuen Anläufen zu explizieren und von verwandten Phänomenen abzugrenzen. Als Beispiele für solche Notwendigkeiten des Willens untersucht Frankfurt bestimmte Phänomene der Sorge und einen Spezialfall dieser Phänomene, nämlich die (aktive) Liebe. Ich verwende den nicht ganz treffenden, aber griffigen Ausdruck „Sorge" als
Übersetzung des englischen „care". „Sorgen um" ist für Frankfurt in etwa gleichbedeutend mit „an etwas gelegen sein", „wichtig nehmen", „Interesse haben an". Allerdings fallen nicht alle Phänomene des Wichtignehmens unter den Begriff der Sorge. Die Sorge hat eine ganz eigene Struktur. Sie ist zwar nah verwandt und oft auch verbunden mit anderen mentalen Zuständen wie Gefühlen, (dringlichen) Wünschen, Präferenzen, dem
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Barbara Merker
Glauben, daß
etwas wertvoll und wünschenwert ist, der Erwartung von etwas Gutem und Wohltuendem und dem Faktum, daß wir etwas um seiner selbst willen wünschen. Sie ist von solchen Phänomenen aber auch strukturell zu unterscheiden. Die Sorge unterscheidet sich als komplexe volitionale Struktur von einfachen mentalen Evaluationen wie Wünschen oder Leidenschaften, die in der Regel ihre Basis sind. Sie ist nicht an den Augenblick der Gegenwart oder an die unmittelbare Zukunft gebunden, sondern zeitübergreifend und dauerhafter. Eine Konsequenz und ein Kennzeichen der Sorge ist, daß sie stets mit Kosten und Risiken verbunden ist. Wir erleiden Enttäuschungen, Verletzungen, Schaden, wenn es uns nicht gelingt, das, woran uns wirklich gelegen ist, zu realisieren. Und wir erleiden solche Enttäuschungen sogar dann, wenn wir anderem, woran uns mehr liegt, den Vorzug geben. Weiter ist der Sorge eine reflexive Struktur immanent. Als Sorgende haben wir nicht einfach bestimmte Arten von Wünschen, sondern zugleich eine positiv evaluierende Einstellung dazu was nicht ausschließt, daß wir zugleich auch aufgrund bestimmter Gründe eine kritische Einstellung dazu einnehmen und bedauern können, daß wir uns um das sorgen, worum wir uns nun einmal sorgen. Wir finden nicht einfach etwas wichtig, sondern billigen dieses auch und identifizieren uns damit. Wenn wir uns auf diese Weise sorgen, haben und identifizieren wir uns zugleich mit einem Wunsch zweiter Stufe, der sich auf die Existenz der zur Sorge gehörigen Wünsche bezieht. Zur Sorge, sofern sie Ausdruck einer volitionalen Notwendigkeit ist, gehört nach Frankfurt aber auch die reflexive Struktur der Sorge um die Sorge. Frankfurt stellt sich vor, daß wir als derart Sorgende zugleich auch die Erhaltung der entsprechenden Wünsche erster Ordnung und ihre angemessene Positionierung in der Ordnung unserer Präferenzen wünschen und daß wir zudem auch versuchen, aktiv dafür zu sorgen, daß diese Wünsche erhalten bleiben. Ohne daß wir es ganz bewußt oder ausdrücklich überlegt tun, erhalten wir bestimmte Wünsche aufrecht dank unserer eigenen volitionalen Aktivität. Und wir geben, auch im Interesse der Aufrechterhaltung dieser Wünsche, andere Wünsche auf, lassen sie fallen oder aus der Ordnung unserer Präferenzen verschwinden. Weiter ist konstitutiv für die Sorge eine Volition zweiter Stufe, der Wunsch also, daß die Wünsche der Sorgenden auch zum Willen werden oder, falls es konkurrierende Sorgen und Interessen gibt, zumindest als Gründe im Kontext praktischen Überlegens berücksichtigt werden. Und konstitutiv für die Sorge ist schließlich auch, daß die Volitionen zweiter Ordnung zum Willen oder zu Gründen im Kontext praktischen Überlegens werden, weil wir dies wünschen. Wir verhindern, daß andere Wünsche zum Willen werden als die, an deren uns am meisten Realisierung und tiefsten liegt, indem wir zum Beispiel alles tun, Wünsche, die dazu nicht passen, von uns fernzuhalten. Insofern sind wir nicht einfach passiv verletzt, wenn es uns nicht gelingt, das, woran uns viel liegt, worum wir uns sorgen und was uns wichtig ist, zu verwirklichen. Wir machen uns sozusagen aktiv verletzbar, insofern wir es sind, die etwas wichtig nehmen. Die Annahme der reflexiven Struktur der Sorge um die Sorge ist geeignet dazu, das Phänomen und die Genese der volitionalen Notwendigkeit verständlich zu machen. Die aktive Liebe, der es ausschließlich darum geht, das Wohl des Geliebten zu fordern seien es Personen, konkrete oder abstrakte Individuen eines anderen Typs wie Staaten, Institutionen, Traditionen -, ist Frankfurts bevorzugtes Beispiel einer volitionalen Not-
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Der Wille:
Eigenheit, Freiheit, Notwendigkeit und Autonomie
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wendigkeit. Eine Sammlung seiner verstreuten Bemerkungen zur Genese der volitionalen Notwendigkeit ergibt folgendes Bild: Frankfurt stellt sich vor, daß wir das, was wir
uns zu ihm entscheiden müssen. Das, was wir lieben, ihm als verbunden mit einem Imperativ, der uns auffordert, dem wir erleben zufolge Geliebten die Treue zu wahren. Wir kommen diesem Imperativ nach, indem wir Sorge dafür tragen, daß Wünsche, die dazu nicht passen, in den Hintergrund treten und solche, die konstitutiv für die Liebe sind, nicht verblassen oder verschwinden. Auf diese Weise nötigen wir uns selber dazu, das zu wünschen und zu wollen, woran uns wirklich etwas liegt. Wir sorgen dafür, daß wir im Einklang mit unserer Liebe und unseren Idealen leben. Indem wir so die Wünsche, die dazu nicht passen, verdrängen, sorgen wir für die Konzentration unserer Aufmerksamkeit auf das, was uns wichtig ist. Wir kommen so schließlich gar nicht mehr auf den Gedanken, andere Wünsche zu haben als die, die zu unserer Liebe und unseren Idealen passen. Alternativen zu dem, was wir mit Blick auf das, was wir lieben, wünschen und wollen, sind undenkbar und damit auch nicht mehr wünschbar geworden. So erzeugen wir, dank unserer eigenen volitionalen Aktivität, die volitionale Notwendigkeit: daß wir nichts mehr wollen, was mit unserer Liebe nicht in Übereinstimmung zu bringen ist. Wenn wir nicht anders können als das zu wollen, wozu wir uns selber durch unsere eigene volitionale Aktivität genötigt haben, sind wir Frankfurt zufolge aktiv, insofern wir aus eigenem Willen tun, was wir tun. Unsere Wünsche stimmen mit unserem Willen überein und wir wollen, was wir wollen, weil wir es wünschen. Insofern haben wir das, was wir notwendig wollen, uns freiwillig selber auferlegt. Zugleich aber ¡st es nicht mehr unser freier Wille, daß wir wollen, was wir wollen. Insofern haben wir zu dem, was wir uns freiwillig selber auferlegen, keine Alternative mehr. Aufgrund unserer eigenen volitionalen Aktivität haben wir es jedenfalls nicht mehr unmittelbar, unter unserer freien Kontrolle, einen alternativen Wunsch zu unserem Willen zu machen. Wir haben nicht mehr die Möglichkeit, einen andern Wunsch zu unserem Willen zu machen, weil wir es nicht wünschen und wollen. Und wir wünschen und wollen nichts anderes mehr, weil wir selber dafür gesorgt haben, daß dies so ist. Daß unser Wille nicht mehr frei ist, liegt an uns selber, an unserer eigenen volitionalen Aktivität, durch die wir uns selber verpflichten und an das binden, was wir lieben und woran uns wirklich etwas
lieben, sowohl entdecken als auch
liegt.
Die volitionale Notwendigkeit unterscheidet sich zum einen von der Notwendigkeit, der Süchtige wider Willen unterliegen, die hilflose Zuschauer ihrer Versuche sind, die Sucht zu befriedigen. Süchtige wider Willen haben den Wunsch, etwas anderes zu ihrem Willen zu machen als das, was sie zu ihrem Willen machen müssen, weil ihr Wunsch, die Sucht zu befriedigen, oder auch die physiologischen Umstände stärker sind als ihre Kraft, sich von dem Objekt der Sucht zu enthalten. Zwar erleben auch diejenigen, die der volitionalen Notwendigkeit unterliegen, daß sie keine Alternative, nicht die freie Wahl haben, die Handlungswirksamkeit ihrer Wünsche zu verhindern, aber im Unterschied zu den Süchtigen wider Willen erleben sie ihre Wünsche und ihren Willen nicht als fremd und extern, sondern als ihre eigenen. Sie sind ihre eigenen nicht nur in dem schwachen Sinne, daß sie ihnen selber und nicht einem anderen Wesen angehören, sondern auch in dem stärkeren Sinne, daß sie sie positiv bewerten, sie wünschen, ihnen
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was sie notwendig wollen, stimmt mit ihren Wünschen zweiter Stufe überein.1 Fälle volitionaler Notwendigkeit unterscheiden sich zum einen von Fällen, in denen wir durch einen starken Wunsch, durch Sucht oder auf andere interne oder externe Weise rein kausal genötigt sind, etwas zu wollen und alles andere nicht zu wollen. Sie unterscheiden sich zum anderen von Fällen, in denen wir rational genötigt sind, etwas zu wollen, weil wir einen guten Grund dafür haben, zum Beispiel, weil jede Alternative uns nicht wünschenswert erscheint. Wir müssen dann aus Gründen der Rationalität so handeln. Wenn wir den Normen der Rationalität genügen, haben wir aber, im Unterschied zu Süchtigen wider Willen und wie in den Fällen volitionaler Notwendigkeit, die Macht, die Fähigkeit, Alternativen zu wollen. Wir könnten widerstehen, wenn wir es wollten. Es gibt keine rein kausalen externen oder internen Hindernisse dafür. Und wenn wir der Autorität der Sorge bzw. Liebe folgen, gibt es zudem auch keine Hindernisse rationaler Art. Wir halten uns hier ausschließlich selber davon ab, von unseren Fähigkeiten Gebrauch zu machen, weil wir, dank unserer eigenen volitionalen Aktivität, nicht den Wunsch und Willen zu Alternativen haben. Frankfurt versucht, das modale ,Müssen' der Klugheit, der Moral und der Liebe voneinander abzugrenzen und es unter die Notwendigkeiten der Kausalität, der Rationalität und der Volitionalität zu subsumieren. Dabei kommt es ihm vor allem darauf an, das unkonditionale Muß der unpersönlichen, universalistischen Moral und der persönlichen, kontingenten, aktiven Liebe, der es ausschließlich um das partikuläre Wohl des unaustauschbaren Geliebten geht, als einzige Fälle von Autonomie zu unterscheiden von dem konditionalen, heteronomen, eigeninteressierten Muß der Klugheit und der passiven, romantischen, leidenschaftlichen Liebe, in der wir einen Vorteil für uns selber erwarten. Den Ausdruck „Autonomie" benutzt Frankfurt noch nicht im Kontext seiner Analyse des Personbegriffs und der Willensfreiheit. Und er benutzt ihn nur einmal in einem relativ unspezifischen Sinne im Kontext seiner Analyse von Autonomie im Kontext der aktiven Liebe ist für Frankfurt nicht identisch mit Volitionen zweiter Ordnung und auch nicht mit der Existenz eines eigenen Willens, obgleich er beides zusammen als notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingungen für Autonomie betrachtet. Schon gar nicht aber hat Autonomie etwas zu tun mit dem freien Willen (1), also der Möglichkeit, alternative Wünsche zum Willen zu machen. Nicht Willensfreiheit ( 1 ), sondern volitionale Notwendigkeit ist eine weitere notwendige Bedingung für Autonomie. Frankfurt skizziert einen nicht moralischen, sondern ethischen Begriff von Autonomie, indem er die Grenzen zwischen dem, was der Moralkonzeption Kants zufolge dem Willen intern und dem, was ihm extern ist, verschiebt. Die kontingenten, persönlichen, uneigennützigen, unkonditionalen und in gewissem Sinne alternativlosen Interessen der aktiven Liebe, in der die Liebenden unaustauschbare Individuen um ihrer selbst willen und nicht in der Erwartung bestimmter Vorteile lieben, machen für Frankfurt sogar die Essenz des individuellen Willens von Personen aus. Als autonome Perso-
zustimmen, sich mit ihnen „aktiv identifizieren". Das,
„caring".2
Dies gilt für Frankfurt sogar dann, wenn sie denken, daß es besser wäre, wenn sie es nicht täten. Sie bewerten etwas positiv, finden es gut und wünschen es, auch wenn sie glauben, daß es nicht gut (für sie) ist. The Importance of what we care about, 87.
Der Wille:
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in diesem Sinne, also in den volitionalen Notwendigkeiten der aktiven Liebe, erleben wir ihm zufolge, wie in der Unterwerfung unter die theoretischen Notwendigkeiten der Logik und Rationalität ein eigentümliches Gefühl von Befreiung, das Frankfurt im Einklang mit einer langen Tradition der Religion und Moralphilosophie als „Selbstbefreiung" charakterisiert. In dieser Hinsicht der Befreiung vom ,lieben Selbst' des egoistischen Eigeninteresses stimmen Phänomene der Moral, der Liebe, aber auch der Arbeit überein. Der autonome Wille der aktiven Liebe ist unser eigener Wille; es ist der Wille, den wir haben, weil wir ihn zu haben wünschen. Dadurch unterscheidet sich die aktive Liebe von handlungswirksamen Leidenschaften, denen die immanent evaluative Einstellung fehlt. Phänomene der Sorge und spezieller: der Liebe sind Beispiele für unsere Fähigkeit, nicht nur eine (positive) Bewertung (Billigung, Zustimmung, Akzeptanz), sondern auch eine aktive Haltung zu den Wünschen einzunehmen, die konstitutiv für die Sorge und die Liebe sind. Und wir tun dies, indem wir Strategien suchen, finden und anwenden, die es erlauben, diese Wünsche beizubehalten, aufzufrischen, sie in die Ordnung unserer Präferenzen aufzunehmen, sie zum Willen zu machen, konkurrierende Wünsche dagegen in den Hintergrund zu drängen. Insofern sind die Sorge und die Liebe von besonderer Bedeutung für die Kontinuität unseres Lebens und die Stabilität unserer volitionalen Struktur. Sie sind Bedingungen der Möglichkeit unserer personalen Identität. Sie sind zeitübergreifende Phänomene, insofern sie unsere mentalen Zustände zu einer größeren, sinnvollen Einheit verbinden. Die volitionalen Notwendigkeiten der Sorge und Liebe bündeln viele unserer evaluativen, affektiven und kognitiven Einstellungen und bringen sie in einen konsistenten Zusammenhang. Sie konstituieren unsere Identität als individuelle Personen. Unsere individuelle Essenz als Personen liegt für Frankfurt in dem, was wir notwendig wollen, wozu wir keine Alternative haben. Die Sorge und die Liebe geben unserem Leben eine bestimmte Gestalt, auch wenn aus der externen Perspektive einer dritten Person diese Gestalt sich nicht ohne weiteres von bloßen Gewohnheiten, aufgezwungenen Regelmäßigkeiten oder verwandten passiv gestaltgebenden Faktoren unterscheiden läßt. Ein Leben, das in einem sorgenden Sinne aktiv geführt und gestaltet wird, unterscheidet sich (intern) von einem Leben, in dem die Wünsche erster und zweiter Stufe einfach kommen, gelegentlich dauern und wieder gehen. Es ist unterschieden von einem Leben, das aus dem Haben von Wünschen, den (erfüllten oder unerfüllten) Wünschen nach ihrer Befriedigung und Volitionen zweiter Stufe besteht. Zwar kann sich zufälligerweise auch in einem Leben ohne Sorge und Liebe Kontinuität einstellen, sofern bestimmte Wünsche aufgrund ihrer internen affektiven Trägheit einfach andauern, ob wir es wollen oder nicht. Aber es ist nur eine fragile Kontinuität, die jederzeit impressionistisch degenerieren kann. Aus dem Grund ist die Sorge und die Sorge um die Sorge auch um ihrer selbst willen wichtig für uns, noch ganz unabhängig von den Inhalten, die uns dabei wichtig sind. Auf die Imperative dessen, worum wir uns sorgen und was wir lieben, können wir auf zweifache Weise reagieren. Wir können uns ihnen unterwerfen und damit uns selber achten, indem wir die Verpflichtung annehmen und dafür sorgen, daß die Wünsche, die konstitutiv für unsere Sorge und Liebe sind, nicht verschwinden. Wir können uns aber auch selber verraten, wenn wir freiwillig gegen das verstoßen, was die Imperative der nen
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und woran uns am meisten gelegen ist. Unter dieser Vorausnicht mit Selbstrespekt. Und wir sind heteronom, weil es behandeln wir uns setzung zum Begriff des autonomen Willens gehört, daß wir aus volitionaler Notwendigkeit und ohne egoistisches Eigeninteresse die Wünsche zum Willen machen, an denen uns am meisten gelegen ist. Die Autorität, die die Imperative der Sorge und Liebe zumeist für uns haben, erklärt Frankfurt mit dem Bedürfnis, die Identität der Person zu wahren, die wir preisgeben, wenn wir nicht in Übereinstimmung mit dem leben, was uns am wichtigsten ist. Auch unser Glück ist für Frankfurt nicht an die Erfüllung beliebiger Wünsche, sondern daran gebunden, daß wir das realisieren, woran uns wirklich etwas liegt vorausgesetzt, daß das, was uns wichtig ist, nicht gegen das verstößt, was notwendig dafür ist, daß wir keinen Schaden erleiden und glücklich sein können.
Sorge und Liebe gebieten
-
III.
Einige Einwände
Frankfurt hat mit seiner Betonung unterschiedlicher Arten und Aspekte des Wollens, mit seiner Unterscheidung von Eigenheit, Freiheit, Notwendigkeit und Autonomie, und mit seiner Unterscheidung kausaler, rationaler und volitiver Notwendigkeiten viel getan, Phänomene begrifflich zu bestimmen und voneinander abzugrenzen, die für unser Leben eine zentrale Rolle spielen, im Kontext handlungstheoretischer Überlegungen untergegangen und überhaupt philosophisch zu Unrecht stiefmütterlich behandelt worden sind. Gegen seine Ausführungen lassen sich eine Reihe von Einwänden unterschiedlicher Art erheben. Den Begriff der Autonomie des Willens hat Frankfurt nicht in rein deskriptiver, sondern auch in evaluativer und normativer Absicht expliziert. Autonomie ist ihm zufolge nicht nur eine hinreichende Bedingung für Personalität und konstitutiv für die Identität von Personen, sondern auch eine volitionale Struktur, ein Verhältnis zu unseren Wünschen, das positiv zu bewerten ist und das wir, soweit es in unserer Macht steht, auch anstreben sollten. Die formale Bestimmung, daß Autonomie eine bestimmte erstrebenswerte volitionale Struktur ist, garantiert, daß unterschiedliche inhaltliche, evaluative und normative Konzeptionen von Autonomie zwar um unterschiedliche sachliche, evaluative und normative Vorstellungen, aber doch immerhin über dieselben Sachen streiten: eben über die Frage, welche volitionale Struktur die angemessene, richtige, ideale für uns Menschen ist. Einwände gegenüber der Konzeption von Autonomie, die Frankfurt vorschlägt, können daher erstens bestreiten, daß seine Konzeption von Autonomie überhaupt die uns Menschen angemessene volitionale Struktur beschreibt. Zweitens läßt sich bezweifeln, daß seine Explikation des Autonomiebegriffs notwendige und hinreichende Bedingungen für die uns angemessene volitionale Struktur anfuhrt. Drittens ließe sich kritisieren, daß Frankfurt keine Kriterien dafür angibt, wie wir einigermaßen verläßlich feststellen können, ob unser Glaube, daß wir selber oder andere autonom sind, auch richtig ist. Dieser Kritik geht es also nicht um die angemessene und begrifflich vollständige Bestimmung von Autonomie, sondern um die epistemische Frage, nach welchen Kriterien wir beurteilen sollen, ob die Selbst- oder Fremdzuschreibung von Autonomie richtig ist
Der Wille:
Eigenheit, Freiheit. Notwendigkeit und Autonomie
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oder nicht, ob die begrifflichen Bestimmungen von Autonomie bei einer Person erfüllt sind oder nicht. Frankfurt unterstellt, daß bestimmte Volitionen höherer Stufe, mittels derer wir uns wertend auf Wünsche niedrigerer Stufe beziehen, eher als diese die Essenz unserer Individualität als Personen zum Ausdruck bringen. Dagegen ließe sich argumentieren, daß vielleicht viel eher die Wünsche erster Stufe, die wir durch unsere (reflektierten) Evaluationen verdrängen oder unterdrücken, unser eigentliches' Selbst zum Ausdruck bringen. Hier wird also bezweifelt, daß Frankfurts Konzeption von Autonomie überhaupt die volitionale Verfassung charakterisiert, die uns Menschen angemessen ist. Es wird bezweifelt, daß die Perspektive der ersten Person, in der wir sozusagen an uns selber erleben, daß wir uns mit unseren Volitionen höherer Stufe identifizieren, eine angemessene Perspektive ist. Mitkonstitutiv für die Autonomie des Willens ist nach Frankfurt die Eigenheit des Willens. Unser Wille ¡st unser eigener, wenn er mit unseren Volitionen zweiter Stufe übereinstimmt, weil wir selber für diese Übereinstimmung aktiv gesorgt haben. Weder die biographische Genese unserer Wünsche noch die Gefahr von Eingriffen böser Chirurgen, die unser Wünschen und Wollen manipulieren, finden in dieser Konzeption der Eigenheit Berücksichtigung. Insofern wir nicht nur die Wünsche erster Stufe, sondern auch die Art und Weise, wie wir sie bewerten und uns zu ihnen verhalten, zum Teil im Laufe unserer Sozialisation erwerben, ist nicht ausgeschlossen, daß das, was wir für unseren eigenen Willen halten, gar nicht unser eigener Wille ist. Dieser Einwand bezieht sich also darauf, daß die begriffliche Explikation der Eigenheit des Willens nicht hinreichend ist. Hinter der Fiktion des bösen Chirurgen dagegen, der, während er unseren Willen erzeugt, uns die Illusion verschafft, daß wir ihn selber aktiv hervorbringen, steckt nicht nur der Einwand, daß die begriffliche Bestimmung der Eigenheit nicht vollständig ist. Vielmehr wird hier angemerkt, daß die Perspektive der ersten Person, in der wir uns als erfolgreich Tätige erleben, nicht gegen Selbsttäuschungen immun ist. Auch gegenüber Frankfurts Konzeption der Freiheit und Notwendigkeit des Willens lassen sich analoge Einwände erheben. Frei (1) ist unser Wille ihm zufolge, wenn wir auch einen anderen Wunsch zu unserem Willen hätten machen können. Aber auch hinsichtlich der Alternative Freiheit oder Notwendigkeit des Willens scheint Frankfurt sich einerseits am subjektiven Erleben von Freiheit oder Notwendigkeit, andererseits an ihrer begrifflichen Explikation zu orientieren. Was hier aber fehlt, so eine mögliche Kritik, sind Kriterien, anhand derer wir einigermaßen verläßlich einschätzen können, ob das, was uns subjektiv als Willensfreiheit oder Willensnotwendigkeit erscheint, auch tatsächlich Freiheit oder Notwendigkeit ist. Auf das Problem der Differenz zwischen unserer subjektiven Überzeugung und der Wahrheit dieser Überzeugung stößt Frankfurt nur einmal im Kontext seiner Analyse des Süchtigen, der nicht gegen seinen Willen süchtig ist, dessen Wille also überdeterminiert ist. Dieser nicht widerwillig Süchtige hat den Eindruck, nicht nur einen eigenen, sondern auch einen freien Willen zu haben. Er glaubt fälschlich, weil er sich seiner Sucht nicht bewußt ist oder sie leugnet, daß er auch andere Wünsche, deren Erfüllung nicht zur Befriedigung der Sucht führen, zu seinem Willen machen könnte. Er unterliegt also einer Selbsttäuschung.
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(Selbst-)Täuschung besteht aber nicht nur für den Glauben an die Freiheit und Notwendigkeit des Willens, sondern auch für den Glauben an Eigenheit, seine Autonomie. Da der autonome Wille mit dem eigenen und notwendigen Willen partiell identisch ist, ist der epistemische Glaube an die Autonomie, die wir uns nicht nur aus der Perpektive der ersten Person selber zuschreiben, sondern auch anderen zuschreiben können, erstens problematisch aufgrund der (Selbst-)Täuschungen, die auch den Glauben an die Eigenheit und Notwendigkeit des Willens tangieren. Zweitens ist er problematisch aufgrund der (Selbst-)Täuschungen, denen wir unterliegen, wenn wir glauben, daß wir oder andere etwas aus reiner Selbstlosigkeit, ausschließlich um des Besorgten oder Geliebten willen tun. Drittens ist der Glaube an die Autonomie unserer eigenen oder einer anderen Person problematisch, insofern das, was wir für das Wichtigste für uns oder andere halten und für das, woran uns oder anderen am meisten liegt, nicht auch tatsächlich das Wichtigste sein muß. Und viertens können wir uns auch über die vermeintliche Unersetzbarkeit und Unaustauschbarkeit des Geliebten täuschen. In all diesen Fällen brauchen wir Kriterien dafür, wie wir einigermaßen verläßlich erkennen können, ob das, was wir für Autonomie halten, auch tatsächlich Autonomie ist. Es geht dabei nicht um die Suche nach alternativen oder zusätzlichen begrifflichen Bestimmung von Autonomie, sondern um Bedingungen, die, wenn sie erfüllt sind, es zumindest nahelegen, daß wir uns nicht täuschen. Unser eigentliches Selbst' finden wir Frankfurt zufolge in unserem autonomen Willen, der die Essenz und Identität unserer Individualität als Personen ausdrückt und garantiert. Dabei ist die Forderung, jede unserer Willensbetätigungen müsse Ausdruck von Autonomie sein, wohl als zu weitreichend und idealisierend zu betrachten. Als Kriterien für Autonomie finden wir bei Frankfurt nur eine bestimmte Art der Kohärenz unserer volitionalen Struktur und das Glück, das sich einstellt, wenn der autonome Wille sich realisiert und mit unseren Bedürfnissen koinzidiert. Insgesamt aber ist das, was er darstellt, die ,Dialektik' des freien und gebundenen Selbst. Aus dem Selbst, das an Leidenschaften und Wünsche passiv gebunden ist, wird eine freies Selbst, sobald es sich evaluativ und aktiv zu ihnen verhält. Sobald aber diese Aktivitäten darauf zielen, von dem, dem ich mich ohnehin schon verbunden fühle, alle Wünsche fernzuhalten, die dazu nicht passen, binde ich mich selber aktiv und frei an das, dem ich ohnehin schon verbunden bin. Aus dem freien wird nun ein durch freie Aktivität gebundenes Selbst. Das Problem der
Freier Wille ohne Wunschkritik Autonomie als Zustimmung zum eigenen Wünschen Martina Herrmann
Freedom of the Will and the Concept of a Person ist von Frankfurt als Beitrag zur Diskussion um Freiheit und Verantwortung bzw. um die Kompatibilität von Freiheit mit dem Determinismus geschrieben worden. Dazu entwickelt Frankfurt einen eigenen Begriff des freien Willens. Dieser Begriff ist auch in anderen Zusammenhängen aufgenommen worden, etwa in der Sozialwahltheorie und in der politischen Theorie. Das liegt daran, daß in der philosophischen Tradition und, nicht zuletzt durch Frankfurt, auch in der analytischen Philosophie ein freier Wille zum Kernbestand der Kennzeichen von Personalität gehört und der Personbegriff zum schwer ersetzbaren Grundbestand der praktischen Philosophie gehört. Ein freier Wille ist unabhängig von der Zuschreibbarkeit von Verantwortung ein normatives Ideal persönlichen Lebens und gesellschaftlichen Zusammenlebens. Das ist der Zusammenhang, in dem ich mich mit Frankfurts Bestimmung eines freien Willens hier auseinandersetze. Sie ist ein einfaches und nicht nur deshalb attraktives Modell dieses normativen Ideals. Es wird sich zeigen, daß ganz offensichtliche Unzulänglichkeiten bei der positiven Kennzeichung eines freien Willens in Frankfurts Modell nicht dazu fuhren müssen, auf kompliziertere und anspruchsvollere Modelle auszuweichen, sondern sie können durch eine Ergänzung behoben werden.
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I. In der
Interpretation Frankfurts kommt man bei der psychischen Ausstattung von Handelnden mit einem einfachen Humeschen Modell aus: Personen haben Wünsche, die sie zum Handeln motivieren, und Überzeugungen, anhand derer sie entscheiden, welches Handeln ihren Wünschen am besten dient. Gegenüber dem Humeschen Modell, in dem der stärkste Wunsch sich gegen die anderen durchsetzt, gibt es bei Frankfurt zwei Differenzierungen. Die eine besteht in der Unterscheidung von Wünschen in Wünsche erster und zweiter (und höherer) Stufe. Während Wünsche erster Stufe WünZitiert nach ders., The importance of what we care about, Cambridge, 1988, 11-25. Ein neuer Versuch, diese Kennzeichen darzustellen, findet sich in Leder 1999. Frankfurt diskutiert nicht, wie Wünsche entstehen, ob und wie sie mit Gefühlen zusammenhängen, ob ein Wunsch dasselbe ist wie ein Motiv, ob es einen Mechanismus der Motivation gibt. „Desire" ist eher alltagssprachlich gemeint, weniger als ein Platzhalter fur eine zu entwickelnde Theorie, auch wenn man es so behandeln könnte.
Martina Herrmann
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sehe danach sind, eine bestimmte Handlung zu vollziehen, sind Wünsche zweiter Stufe selbstreflexive Merkmale einer Person. Es sind Wünsche danach, Wünsche erster Stufe zu haben. Unter den Wünschen zweiter Stufe sind dann noch solche, die darüber hinausgehen, nämlich Wünsche danach, daß ein bestimmter Wunsch erster Stufe der Wille der Person sein möge („when he wants a certain desire to be his will" (16)). Diese Teilmenge der Wünsche zweiter Stufe nennt Frankfurt „volitions", ein Ausdruck, den ich als technischen Terminus beibehalte und nicht übersetze. Volitions sind nach Frankfurt nicht nur etwas, das an Menschen zu beobachten ist, sondern sie sind darüber hinaus deflnitorisch für Personalität. Ein Mensch ohne wenigstens eine solche Volition ist keine Person. Wenn Personen sich Gedanken darum machen, ob ihr Wille frei ist, dann kommt es ihnen nach Frankfurt darauf an, daß ihre Wünsche erster Stufe mit ihren Wünschen zweiter Stufe übereinstimmen. Es muß Einigkeit über den Vorrang unter den Wünschen zweiter Stufe herrschen und die Wünsche erster Stufe müssen denen zweiter Stufe entsprechen, damit die Person den Willen hat, den sie haben möchte (20). Weiter heißt es: „It is in securing the conformity of his will to his second-order volitions, then, that a person excercises freedom of the will. And it is in the discrepancy between his will and his second-order-volitions, or in his awareness that their coincidence is not his own doing but only a happy chance, that a person who does not have this freedom feels its lack" (20f). Eine Person hat einen freien Willen, wenn die auf zweiter Stufe bevorzugten Wünsche handlungswirksam sind. Hier ist auch die zweite Differenzierung zum Humeschen Modell angedeutet. Sie besteht in der Annahme, daß das System der Überzeugungen und Wünsche sich verändert, und daß die Veränderungsprozesse komplexer sind als im Humeschen Modell. Ein freier Wille muß nicht der Rangfolge der Wünsche nach Stärke folgen. Frankfurt nimmt Prozesse an, durch die innerpsychische Konflikte entstehen aber auch überwunden werden können. Wenn Überzeugungen oder Gefühle auf Wünsche einwirken können, dann kann es psychische Prozesse geben, durch die starke Wünsche hintangestellt und schwächere effektiv werden können.2 Frankfurts positives Kennzeichen für einen freien Willen ist also die Zustimmung der Person zu dem Wunsch, der handlungswirksam wird (oder werden wird oder werden würde). Sie mag konfligierende Wünsche haben, es mag nicht leicht für sie gewesen sein, aber der innerpsychische Prozeß der Willensbildung ist durch Zustimmung zu einem Wunsch zu einem Abschluß gekommen. Möglicherweise hat es aber auch keine dramatische Willensbildung gegeben, denn „the conformity of a person's will to his higher-order volitions may be far more thoughtless and spontaneous than this. Some people are naturally moved by kindness when they want to be kind, and by nastiness „To identify
an agent's will is either to identify the desire (or desires) by which he is motivated in action he performs or to identify the desire (or desires) by which he will or would be motivated when or if he acts. An agent's will, then, is identical with one or more of his first order desires. [...] it is the notion of an effective desire one that moves (or will or would move) a person all the way to action" (14). Das soll nicht heißen, daß jeder Wunsch zur Disposition steht. Wünsche reagieren nicht immer in gewünschter Weise, manche wird man nie los.
some
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Freier Wille ohne Wunschkritik
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they want to be nasty, without any explicit forethought and without any need for energetic self-control" (22). Es gibt an dieser Stelle eine Schwierigkeit. Wie soll ein freier Wille in den Fällen zuwhen
stande kommen, in denen er sich ohne Nachdenken und spontan einstellt, ohne andererseits das Produkt glücklichen Zufalls zu sein? Das klingt, als müsse die Person einerseits immer etwas tun, damit von einem freien Willen überhaupt die Rede sein könne, aber als bestünde andererseits die Möglichkeit, daß eine Person ohne eigene Aktivität zu einem freien Willen kommt, ja nicht einmal merkt, daß sie einen freien Willen hat, sondern einfach nur ihrer natürlichen Neigung folgt. Man könnte das Problem ad hoc lösen und mindestens zwei verschiedene Wege, zu einem freien Willen zu kommen, unterscheiden, nämlich durch eigene Aktivität oder spontan und natürlich. Aber wie unterscheidet man zwischen spontaner natürlicher Zustimmung und glücklichem Zufall? Muß man nicht schon zur Kennzeichnung eines freien Willens den Prozeß seines Zustandekommens heranziehen? Einen Hinweis, wie man dieses Problem lösen bzw. umgehen kann, ohne eine Psychologie des Überlegens und Entscheidens zu bemühen, gibt Frankfurt da, wo er die Vorteile seiner Konzeption erläutert. Einer der Vorteile ist es, daß sie erklärbar macht, warum ein freier Wille erstrebenswert ist: „The enjoyment of a free will means the satisfaction of certain desires desires of the second or of higher orders whereas its absence means their frustration. The satisfactions at stake are those which accrue to a person of whom it may be said that his will is his own. The corresponding frustrations are those suffered by a person of whom it may be said that he is estranged from himself, or that he finds himself a helpless or a passive bystander to the forces that move him" (22). Eine Person mit einem freien Willen erlebt die Erfüllung bestimmter Wünsche höherer Stufe, einiger Volitions. Vielleicht ist es zuviel gesagt, wenn man sie zufrieden nennt, ihr irgendwelche spezifischen Gefühlsqualitäten zuschreibt. Aber immerhin bleibt ihr die Art von innerem Unfrieden erspart, die diejenigen trifft, die keinen freien Willen haben, die bezüglich eines effektiven Wunsches keine Volition ausbilden können, deren Volitions miteinander in Konflikt stehen oder deren Wünsche erster Stufe nicht ihren Volitions entsprechen. Diese sind in einem Zustand innerer Entfremdung, sind hilflos gegenüber ihren inneren Strebungen und wahrscheinlich dadurch zur Passivität verdammt. Das letzte ist zwar schon wieder ein Hinweis darauf, daß ein freier Wille etwas ist, das eine Person herstellt, aber man muß nicht den Herstellungsprozeß zu seiner Kennzeichnung heranziehen. Der Wille einer Person ist frei, wenn sie sich in einem Zustand inneren Einklangs befindet, bei dem ihr effektiver Wunsch erster Stufe (ihr Wille) einer Volition zweiter Stufe entspricht. Dieser Zustand des Einklangs wiederum ist erreicht, wenn keine Disharmonie den Willen der Person stört. Es ¡st aber nicht notwendigerweise ein Zustand völliger Harmonie. In diesem Zustand können konfligierende Wünsche verschiedener Stufe fortbestehen. Aber die konfl¡gierenden Wünsche werden nicht handlungswirksam bzw. es sind Wünsche höherer Ordnung, die keine Volitions sind. Die Zufriedenheit einer Person mit freiem Willen bezieht sich auf ihren Willen, an dem sie nichts mehr für verbesserungsbedürftig hält. In bezug auf alles andere kann eine willensfreie Person durchaus unzufrieden sein. -
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Martina Herrmann
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Eine Person, die sich bewußt ist, daß Übereinstimmung von Volition und effektivem Wunsch nur ein glücklicher Zufall ist, muß demnach unter einem ¡nnerpsychischen Konflikt leiden. Sie hat vielleicht ihrer Volition, nur noch Wünschen nach kalorienarmen und gesunden Gerichten nachzugeben, deshalb entsprochen, weil sie an einem heißen Tag Hunger nach Melonen verspürte. Ein glücklicher Zufall, denn wäre es kälter gewesen, hätte sie ein unwiderstehlicher Drang nach Currywurst erfasst. Wer aber von
Natur aus gesundheitsbewußt ist, reagiert auf (fast) alle Gelegenheiten, gesund zu essen, mit dem Wunsch nach den gesunden Speisen im Angebot, und freut sich darüber ohne solche Einschränkungen. Man kann also in der Psyche einer Person, unter ihren und anderen Wünschen, nach Indizien dafür suchen, ob ihr Wille zu diesem Zeitpunkt frei ist. Sollte die Übereinstimmung zwischen Volition und effektivem Wunsch zufällig sein, wird sich dafür ein Anhaltspunkt im System ihrer Überzeugungen und Wünsche finden lassen. Die Geschichte der Entstehung des effektiven Wunsches braucht dazu nicht herangezogen zu werden. Zustimmung ohne innere Widersprüche und Konflikte zu dieser Zustimmung reicht unter dieser Interpretation zur Bestimmung von Identification and
Überzeugungen
Wholeheartedness
aus.
Es gibt zwei wichtige Kritiken an dieser Konzeption eines freien Willens, die ihre Verwendbarkeit als normatives Ideal fraglich erscheinen lassen. Folgt man der ersten, so ist das psychische Modell zu einfach. Es muß, um innerpsychische Konflikte lösen zu können, auf die Werturteile einer Person Bezug genommen werden. Werturteile sind nicht Überzeugungen gemeiner Art, sondern sie gehören auch zur Motivation einer Person. Handlungen müssen an den Werturteilen einer Person ausgerichtet sein, damit ihr Wille als frei gelten kann. Folgt man der zweiten Kritik, so ist zwar das Humesche Modell ausreichend, aber es muß, um Fälle von Fremdtäuschung auszuschließen, der Prozeß der Entstehung der Wünsche und Überzeugungen einer Person bestimmten Bedingungen genügen, und er ist deshalb unverzichtbarer Bestandteil der Kennzeichnung eines freien Willens. Zunächst zur ersten Kritik, vorgetragen von Gary Watson (1989):2 Volitions sind nur eine spezielle Sorte von Wünschen und eine Hierarchie von Wünschen allein reicht zur strukturellen Kennzeichnung eines freien Willens nicht aus, unter anderem weil sie in einen Regress führt. Watson hält sein eigenes hierarchisches Modell eines freien Willens für geeigneter, das mit Werturteilen einen Regress vermeidet. Es geht mir hier nicht darum, ob eine an Hume orientierte Handlungstheorie letztlich überzeugt, oder ob ein Kantisches Modell menschlichen Handelns plausibler ist, oder ein noch anderes. Ich möchte nur zeigen, daß die vorgetragene Kritik an Frankfurt jedenfalls nicht ausreicht, um seine Konzeption eines freien Willens zurückzuweisen. Die Gefahr eines Regresses wird von Frankfurt bereits in Freedom of the Will and the Concept of a Person selber eingeräumt und in Identification and Wholeheartedness II.
Es bedarf auch nicht, wie in der Interpretation dieses Aufsatzes häufig angenommen, eines zusätzlichen Aktes der Identifikation. Free Agency erschien ursprünglich im Journal of Philosophy 72 (1975). Ich zitiere hier aus einem der Wiederabdrucke in Christman (ed.) 1989.
Freier Wille ohne Wunschkritik
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er, sie ausgeräumt zu haben. Nach Watson entsteht der Regress deshalb, weil Volitions höherer Ordnung nicht den speziellen Status haben, den Frankfurt ihnen seiner Meinung nach zuschreibt (118f). Es kann sein, daß eine Person mehrere sich ausschließende Volitions zweiter Stufe hat. Sie müßte, um diesen Konflikt zu lösen, eine Volition dritter Stufe ausbilden, usw. An der Möglichkeit eines solchen Regresses zeigt sich, daß eine Volition n-ter Stufe den Konflikt von Wünschen (n-l)-ter Stufe nicht zur Entscheidung bringen kann. Watson moniert, daß ein Wunsch zweiter Stufe nicht fundamentaler sein könne als einer erster Stufe. Er erhöhe nur die Anzahl der Wettbewerber im Streit darum, welcher Wunsch sich durchsetzt. Es kann darüber hinaus sein, daß es jemandem, der verschiedene Volitions zweiter Stufe hat, egal ist, welcher seiner Volitions zweiter Stufe sein effektiver Wunsch entspricht. Ein solches Wesen wäre nach Frankfurt eine Person, weil es mindestens eine Volition hat. Watson dagegen scheint jemand, der sich so von seinen höherstufigen Wünschen treiben läßt, nicht anders dran zu sein als jemand, der sich nur von Wünschen erster Stufe treiben läßt. Nichts gibt Volitions gleich welcher Stufe einen speziellen Status, der zur Personalität führt (119). Daß ein Wunsch ein Wunsch höherer Ordnung ist, zeichnet ihn nur formal aus, macht ihn aber nicht zu einem „fundamental feature" (118) für Personalität oder gar Willensfreiheit. Beide Argumente zeigen, daß man Volitions nicht so ohne weiteres ordnende Kraft zuschreiben kann. Der Wille eines Menschen müßte sich aber in Watsons Frankfurtinterpretation nach einer Volition irgendeiner Stufe ausrichten, damit er aufgrund der Übereinstimmung mit dieser Volition frei genannt werden darf. Frankfurt leistet dem mit seiner Rhetorik der Identifikation der Person mit einer bestimmten Volition Vorschub. Watson fragt sich deshalb zu Recht, wie Identifikation vor sich gehen soll, um das Regressproblem zu lösen, und ob es dann nicht für Frankfurt der Akt der Identifikation sein müßte, der Personen von anderen wünschenden Wesen unterscheidet, und nicht, wie Frankfurt angibt, die Existenz bestimmter Wünsche höherer Ordnung (119). Der Fehler scheint mir darin zu liegen, von den Volitions überhaupt ordnende Kraft zu erwarten. Freiheit ist bei Frankfurt zunächst eine strukturelle Eigenschaft. Der effektive Wunsch, der Wille, hat diese Eigenschaft, wenn er in Übereinstimmung mit dem Gesamtsystem der Wünsche und Überzeugungen ist. Der effektive Wunsch kann frei genannt werden, wenn sozusagen seine Wunschumgebung die richtige Form hat. Übereinstimmung ist Abwesenheit von solchen Konflikten oder Konfliktpotentialen, die die Zustimmung (die Volition, daß der effektive Wunsch handlungswirksam ist) bedrohen könnten. Person kann durchaus sein, wer nie einen freien Willen hat, sondern nur, in Form von mindestens einer Volition, die sich leider nicht auf den Willen richtet, das Potential dazu. Das mag man unplausibel finden, aber der Personbegriff changiert durchaus zwischen Potentialität und Aktualität, wenn der Personenstatus an Fähigkeiten geknüpft wird. Einen freien Willen hat eine Person, wenn sich ihre Wünsche und Volitionen, durch welche Vorgänge auch immer, in einem Zustand des Gleichgewichts befinden. Es kann sein, daß die Ausbildung einer Volition (zweiter Stufe) dabei den Ausschlag gegeben hat. Es kann aber auch sein, daß die Person einem Wunsch jetzt zustimmt, den sie vorher abgelehnt hat, daß sich also ein Wunsch erster Stufe gegenüber
glaubt
Martina Herrmann
158
den höheren Stufen durchgesetzt hat. Und damit sind die Möglichkeiten der Willensbildung noch nicht ausgeschöpft. Diese Sichtweise entschärft auch das Regressproblem. Ein Regressproblem entsteht in einem hierarchischen Modell, weil Konflikte unterer Ebene immer auf höherer Ebene entschieden werden, und weil auf jeder Ebene, wie hoch sie auch immer sei, ein Konflikt auftreten kann. Es ist nur dann drängend, wenn zur Entscheidung von inneren Konflikten immer eine höhere Ebene bemüht werden muß, um den entscheidenden Faktor zu nennen. In einem freien Willen à la Frankfurt kann man jedoch darauf verzichten, überhaupt einen Faktor zu nennen, und stattdessen auf den Zustand der gesamten eine Entscheidung betreffenden Wünsche und Überzeugungen verweisen. Die innere Ordnung der Wünsche ist nicht eine nach oben und unten, nach fundamental und nichtfundamental, nach entscheidungsgebend und entscheidungsnehmend. Wünsche verschiedener Stufe sind prima facie gleichgewichtig und nur unterschieden nach reflexiv und nicht-reflexiv, danach ob sie sich auf einen anderen Wunsch richten oder auf den Rest der Welt. In der Dynamik der Willensbildung hat kein Wunsch durch seine Stellung in der formalen Ordnung einen ausgezeichneten Platz. Welche Wünsche fundamental sind, wird bei Frankfurt nach qualitativen Überlegungen entschieden.1 III. Der zweite Kritikpunkt ist für meinen Zusammenhang wichtiger. Die Art, wie Frankfurt den freien Willen auffasst, berücksichtigt Unfreiheit von Personen, soweit sie auf Selbsttäuschung beruht. Das sind die Fälle, in denen ein innerer Konflikt besteht, der entweder nicht wahrgenommen oder ignoriert wird. Ich möchte den Wunsch haben, mich sportlich zu betätigen, aber weil ¡ch den Wunsch habe, den Fernseher an- und meine Gedanken abzuschalten, nehme ich meinen Bewegungsdrang nicht wahr und bilde mir ein, daß es mein ernstzunehmendes Bedürfnis ist, jetzt einen Film anzusehen. Dabei kann es sein, daß ich mit meinem Willen unzufrieden und deshalb unruhig bin und das ignoriere. Wenn ich mich über das Bestehen eines solchen inneren Konfliktes täusche, ¡st nach Frankfurt mein Wille nicht frei, obwohl ich glaube, daß er frei ist. Solange der innere Konflikt entweder von der Person wahrgenommen werden kann, wenn auch vielleicht nur unter geeigneten Umständen, oder sich in ihrem Verhalten niederschlägt, so daß andere ihn unter geeigneten Umständen wahrnehmen könnten, ist diese Einschränkung der Willensfreiheit von Personen unproblematisch. Man muß ja weder in einer subjektiven noch in einer objektiven Konstruktion eines freien Willens annehmen, daß den Personen ihre Wünsche immer transparent sind Aber möglicherweise fühle ich auch nichts dergleichen an meinem unfreiwilligen Fernsehabend und niemand kann etwas bemerken. Das epistemische Problem, wie ich je wissen kann, ob ich nicht gerade jetzt einer Selbsttäuschung erliege, ist zwar ein ernstes, aber wie mir scheint kein theoretisches sondern ein empirisches Problem. Objektiv mag da ein Konflikt sein, auch wenn weder ich noch andere ihn bemerken können. Damit es sich überhaupt um einen Fall von Selbsttäuschung handelt, muß es in der Person irgendetwas geben, worüber sie sich täuscht, und was für ihre Entscheidung relevant ist. Das bleibt in ihrem Willensbildungsprozeß unberücksichtigt. Insofern liegt ein
Vgl.
dazu Frankfurts
Ausführungen
in: On the
Necessity of Ideals, in: Frankfurt 1999. 108-116.
Freier Wille ohne Wunschkritik
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innerer Konflikt vor. Vielleicht wird die Nachwelt Selbsttäuschungen dieser Art mit verbesserter Anthropologie und Psychologie diagnostizieren können. Gewisse Restzweifel an einem freien Willen lassen sich pragmatisch gesehen nie verhindern. Insofern kann sich eine Person nie wirklich sicher sein, ob sie sich über ihre Zustimmung zu handlungswirksamen Wünschen nicht täuscht. Aber für praktische Probleme der Aufklärung, Kritik und Entscheidung reicht es, daß sich Konflikten, soweit wir sie kennen, auf die Spur kommen läßt, und ein freier Wille jedenfalls im Prinzip möglich ist. Weil es Selbsttäuschung gibt, aber natürlich auch, weil Fremdtäuschung häufig ist, wird in der Literatur viel Wert auf kritische Fähigkeiten als Bedingung für die persönliche Autonomie von Personen gelegt, und darauf, daß diese Fähigkeiten, vielleicht nicht immer und überall, aber doch an exponierter Stelle zum Einsatz kommen. Frankfurts Modell eines freien Willens dagegen ist zwar reflexiv, aber das heißt nicht, daß in diesem Modell zur Ausbildung eines freien Willens Reflexion gehört. Häufig wird eine Person in einem inneren Konflikt nicht ohne Nachdenken auf Mittel zu seiner Lösung kommen. Die Fähigkeit zu Reflexion und Kritik können Vorteile bei der Willensbildung sein. Aber es ist keine notwendige Bedingung für einen freien Willen, daß die Person ihre Wünsche kritisch betrachtet hat, nicht einmal, daß sie über die Fähigkeit zu Reflexion und Kritik verfugt. Ich halte es für einen sehr attraktiven Zug an der Frankfurtschen Konzeption, daß sie nicht kopflastig ist. Der Dumme kann genauso willensfrei sein wie die Akademikerin. Die entscheidende Kritik an einem Begriff des freien Willens, der nur den Zustand der Person (zu einem Zeitpunkt) zugrundelegt, besteht in der Möglichkeit, daß ein Wunsch, daß etwas der Fall sein möge, und der Wunsch, daß dieser Wunsch handlungswirksam sei, aufgrund von Fremdtäuschung zustande gekommen sind. Andere Personen können mittelbar, z.B. durch falsche Informationen, und unmittelbar, durch psychische Manipulation, die Wünsche einer Person und damit ihren Willen beeinflussen. Manipulation soll hier unter einen sehr weiten Begriff von Täuschung fallen. Wenn man seinen Willen unter Einfluß von Fremdtäuschung ausbildet, ist man nicht frei. Es muß ja nicht unbedingt Spuren in der Wunschstruktur hinterlassen, wenn jemand einer Person ihre Wünsche einschließlich ihrer Zustimmung dazu eingeredet oder sie sonstwie manipuliert hat. Reflexion und Kritik würden der Person dann nichts nützen. An dieser Stelle spätestens führen viele Autoren objektive Elemente zur Kennzeichnung eines freien Willens ein, die Fremdtäuschung ausschließen sollen.1 Neben dem Zustand -
-
Gerald Dworkin fordert „procedural independence" (Dworkin 1988, 18), und gibt in Form einer Liste eine Reihe von unerwünschten Fremdeinflüssen an, die ausgeschlossen werden sollen. Auch Arneson (1994), Christman (1991) und Mele (1995, Kap.9) schlagen vor zu untersuchen, ob die Wunschgenese frei von negativen Sozialisationseinflüssen ist. Keiner außer Christman hat etwas zum Unterschied zwischen positiven und negativen Fremdeinflüssen auf die persönliche Entwicklung beizutragen, außer daß dieser Unterschied irgendwie objektiv gegeben ist. Für Christman sind solche Einflüsse positiv, denen die Person zustimmt, oder denen sie zustimmen könnte. Er versucht also wie ich, aus der Sicht des Subjekts zu unterscheiden. Mein Vorschlag geht extensional darüber hinaus und bleibt im Rahmen des Frankfurt-Modells. Ich kann die Alternativen hier nicht diskutieren. Meine Behauptung, daß Frankfurts Modell eines freien Willens ausreicht, ist jedoch nicht gefährdet, wenn es parallel noch ein anderes gutes Modell gibt.
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der Person muß man die Entstehung und Geschichte ihrer Wünsche len zu können, wie frei ihr Wille ist.
Martina Herrmann
kennen, um beurtei-
IV. Ich glaube, daß diese Kritik zutrifft. Ein manipulierter Wille ist bei Frankfurt ein freier Wille, wenn es keine inneren Konflikte zwischen dem handlungswirksamen Wunsch und den Volitions einer Person gibt, und wenn es keine Konflikte diesen Wunsch betreffend zwischen den Volitions gibt. Häufig wird es zwar in der Psyche einer Person Anzeichen für eine Fremdtäuschung geben. Nicht nur Selbsttäuschungen sind in der Regel durchschaubar, sondern auch Willensmanipulationen durch andere sind in der Regel nicht so perfekt, als daß sie nicht durchschaut werden könnten, wenn die Person unter Einfluß mehr auf ihre eigenen Wünsche und Meinungen achten würde. Aber wenn die Täuschung keine solchen Spuren hinterläßt, wäre die Person in ihrer Willensbildung beeinträchtigt, und es ist dieser Fall, für den Frankfurts Theorie eines freien Willens kontraintuitive Folgen zeitigt. Wenn also, wie unterstellt, Fremdtäuschung und Manipulation nach allgemeiner Meinung den Willen einer Person unfrei machen, dann verlangt Frankfurt hier eine Korrektur unserer vortheoretischen Urteile. In Freedom of the Will and the Concept of a Person findet man keine weiteren Argumente, warum eine solche Korrektur attraktiv sein sollte. Frankfurt selbst interessiert sich für das Problem der Fremdtäuschung auch in seinen späteren Aufsätzen nicht, eher schon für die Vermeidung des Regressproblems und besonders für weitere Merkmale von Personalität. Aber aus der Auffassung von personaler Identität, die Frankfurt dabei entwickelt, ergibt sich eine Argumentation, die die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte von Wünschen bei der Beurteilung des Willens einer Person als frei oder unfrei, autonom oder abhängig, relativiert. In späteren Aufsätzen erweitert Frankfurt seine Auffassung von Personalität.2 Ein Grundgedanke wiederholt sich in verschiedener Form und man könnte ihn etwa so zu-
Ebenso, daran möchte ich hier nur erinnern, ist ein handlungswirksamer Wunsch einer Person, dem sie jetzt zustimmt, ihr freier Wille, wenn der Wunsch auch handlungswirksam würde, wenn die Person eine ihn ablehnende Volition ausgebildet hätte. Es kommt nicht darauf an, ob sie sich zurückhalten könnte, wenn sie es wollte, sondern es ist entscheidend, ob sie den betreffenden Wunsch erster Stufe haben will und will, daß er handlungswirksam wird. Ein leidenschaftlicher Raucher ist nach Frankfurt frei, auch wenn er gar nicht anders kann als zu rauchen und weiterrauchen würde, selbst wenn er versuchte es sich abzugewöhnen. Man kann sich fragen, wie bereits erwähnt, ob das für volle Verantwortlichkeit ausreicht, oder ob höhere Ansprüche an die Selbstkontrolle einer Person für Verantwortung erforderlich sind. Mir geht es hier aber um eine andere Frage, nämlich wann eine Person will, was sie vorgibt zu wollen, mit dem Ziel, einen Begriff von persönlicher Autonomie zu entwickeln, der in einem Ideal von politischem Leben oder gutem Leben verwandt werden kann. Die Funktion dieses Begriffs wäre es, notwendige Bedingungen anzugeben, wie persönliche Präferenzen für die Abwägung von Ansprüchen der Mitglieder einer Gesellschaft aussehen sollten, wenn sie dem Ideal entsprechen. Weitere Bedingungen kann man anschließen. Dafür sollten m.E. nicht die hohen Standards für persönliche Verantwortung angelegt werden. Gemeint sind: Identification and Wholeheartedness und The Importance of what we care about in dem gleichnamigen Sammelband, sowie die Aufsätze On the Usefulness of Final Ends (82-94), The
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sammenfassen: Zu Personen gehört bei Frankfurt sogar definitorisch -, daß es ihnen auf bestimmte Dinge ankommt, die für sie nicht zur Disposition stehen. Wenn eine Person zu einem Zeitpunkt ihre Wünsche erforscht und sich fragt, ob einer darunter handlungswirksam werden sollte, so hat sie einen gewissen Spielraum darin, Wünsche zurückzustellen und anderen zuzustimmen. Es gibt aber Wünsche, bei denen sich die Frage, ob sie Zustimmung verdienen oder nicht, gar nicht stellt. Für die, die ihre Kinder liebt, stellt sich gar nicht die Frage, ob sie aus Liebe zu ihren Kindern handeln soll, ein solcher Wunsch findet notwendigerweise ihre Zustimmung. „What we care about", -
„what we necessarily want", „volitional necessity", „wholeheartedness" (als Gegenbegriff zu „ambivalence"), „love", „final ends", diese Stichworte und Wendungen stehen für das, was zu einem Zeitpunkt einer Person bei ihrer Willensbildung als Voraussetzung dient und nicht verfügbar ist. Möglicherweise wird es ihr zukünftig einmal weniger wichtig werden, aber so, wie sie derzeit beschaffen ist, haben bestimmte Ziele ober-
Priorität. Diese Ausführungen lassen sich als eine Theorie psychosozialer Identität von Personen interpretieren. Zu jedem Zeitpunkt im Leben einer Person (jenseits ihrer Kindheit) findet sie sich mit bestimmten Wünschen vor. Die Unverfügbarkeit wenigstens einiger dieser Wünsche zusammen mit der Zustimmung zu ihnen ist eine Begleiterscheinung der gelungenen psychosozialen Identität einer Person. Diese psychischen Bestandteile machen sie zu der Person, die sie ist. Eine solche Festigkeit und Stabilität in der inneren Orientierung gehören auch zum Ideal persönlicher Entwicklung. Dazu kommt, daß ohne solche Elemente, daraufweist Frankfurt verschiedentlich hin, die Frage „Was will ich?" mangels Anhaltspunkt völlig leerlaufen würde. Es ist nun ohne weiteres denkbar, daß zu diesen stabilen psychischen Bestandteilen der Person, den unverfügbaren Wünschen, denen sie zustimmt, Wünsche gehören, die durch Täuschung entstanden sind. Die Opernliteratur liefert ein Beispiel. Die Liebe zwischen Tristan und Isolde ¡st ein unverfügbarer Bestandteil ihres Lebens. Und diese Liebe ist durch einen Liebestrank entstanden, durch Manipulation von Brangäne, nicht von ihnen gewollt. Isolde wollte Tristan mit dem Trank töten, und soweit wir wissen war das auch ein Wunsch, dem sie zustimmte, auch wenn sie daneben einen konfligierenden Wunsch hatte, dem sie aber nicht zustimmte. Nach Frankfurt diskreditiert das ihre Liebe nicht, solange beide diese Liebe jetzt wollen bzw. den sich aus ihr ergebenden Wünschen zustimmen. In der Oper schwankt diese Zustimmung bzw. entwickelt sich nur allmählich. Nehmen wir zunächst kontrafiktiv an, daß Isolde ohne Einschränkung zustimmt. Dann gibt es in der Fallinie einer Theorie psychosozialer Identität noch ein anderes Argument als die Unverfügbarkeit des Wunsches zusammen mit seiner Akzeptanz. Man kann Frankfurt die Überzeugung unterstellen, daß Personen durch ihre Zustimmung aus einem Wunsch, der ihnen irgendwie zufliegen mag, einen eigenen machen. Würde Isolde ihre Liebe ablehnen ohne von ihr ablassen zu können, wäre sie nicht frei. Aber sie interpretiert die Geschichte ihrer Liebe um. Es war ein Segen, daß Brangäne den Trank vertauscht hat, sie sieht die Dinge völlig neu und hat Gefühle, die sie sonst nie hätte ste
-
-
Faintest Passion
(95-107), On
the
Necessity
of Ideals
(108-116), Autonomy, Necessity,
( 129-141 ), On Caring ( 155-180) in Necessity, Volition, and Love.
and Love
Martina Herrmann
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haben können. Könnte sie die Zeit zurückdrehen, würde sie den Trank freiwillig nehoder gar nicht mehr brauchen. Die Entstehungsgeschichte des Wunsches wird durch ihre Akzeptanz völlig unwichtig. Die Identifikation mit dem Wunsch macht aus der Zuschauerin, die ihren Wünschen hilflos ausgeliefert ist, eine Frau mit eigenem Willen, obwohl ihr Wille direktes Ergebnis einer Täuschung ist.
men
Das Beispiel hat offensichtlich einen Mangel. Isolde akzeptiert ihren Wunsch in Kenntnis seiner Entstehung. Relevant ist hier aber der Fall gelungener Fremdtäuschung, bei dem die betroffene Person die Entstehungsgeschichte nicht kennt. Die zustimmende Reaktion auf einen durch irgendeine Form von Indoktrination entstandenen Wunsch, von dem die Person, die ihn hat, zusätzlich weiß, daß sie ihn nicht so ohne weiteres loswerden wird, hat natürlich dessen Ablehnung als Alternative. Nehmen wir an, Isolde wüßte nicht, daß es ein Zaubertrank ist, der in ihr die unverfügbare Liebe zu Tristan ausgelöst hat, und daß sie den sich aus dieser Liebe ergebenden Wünschen zustimmt. Nun erfahrt sie, daß ein Zaubertrank sie in diesen Zustand gebracht hat. Wäre Tristan nicht der Traummann, der er nun einmal ist, sondern eine brutale beschränkte Bestie, würde sie es schon eher bedauern, daß er nicht gestorben ist, und wenigstens versuchen, sich vor ihm in Sicherheit zu bringen. Jedenfalls würde die Kenntnis der Fremdtäuschung wahrscheinlich zu einer Ablehnung ihrer unverfügbaren Liebeswünsche erster Stufe führen und damit zu einem unfreien Willen. Gegen Frankfurt kann man also sagen, daß Zustimmung zu einem Wunsch an eine relativ selbstverständliche Annahme über die Geschichte seiner Entstehung geknüpft ist, nämlich daß er kein Ergebnis einer Manipulation oder Indoktrination durch andere Personen ist. Die Zustimmung ist in vielen Fällen an die Annahme gekoppelt, daß die Wunschgenese ohne Fremdtäuschung ist. Erfahrt die Person von der Täuschung, kann es sein, daß sie dem manipulierten Wunsch weiterhin zustimmt, es kann aber auch zu einer Ablösung der Volition durch eine diametral entgegengesetzte führen. Wünsche, die auf gewöhnlicheren Wegen als durch Zaubertränke entstehen, haben dabei den Vorteil, daß sie bei neuen und überraschenden Informationen kreativem Wunschmanagement gegenüber nicht ganz so unempfindlich sind. Sie werden schwächer oder verschwinden ganz durch eine Ablehnung oder vor dem Hintergrund der neuen Wünsche, die durch die neue Informationssituation entstehen. Ein Zustandsbericht über die psychische Verfassung allein reicht nicht zur Beurteilung, ob die Person etwas wirklich will. Es müßte mindestens ein Bericht über die Entstehung der wichtigen Wünsche, nämlich derjenigen, von denen die Person möchte, daß sie handlungswirksam werden, dazukommen. Besser wäre noch ein Bericht darüber, wie sie reagieren würde, wenn sie die Entstehungsgeschichte ihrer Wünsche im Detail kennen würde. Einerseits ist es zwar richtig, daß Personen Wünschen auch zustimmen, die unter dem Einfluß von Fremdtäuschung entstanden sind, wenn sie von dieser Täuschung wissen. Insofern diskreditiert Fremdtäuschung nicht notwendigerweise einen freien Willen. Aber ob eine Person einem durch Fremdtäuschung entstandenen Wunsch weiterhin zustimmt, wenn sie von der Täuschung erfahrt, ist immer eine offene Frage. Der Umstand, daß uns unsere Präferenzen überprüfungsbedürftig erscheinen, wenn wir höV.
-
Freier Wille ohne Wunschkritik
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getäuscht worden sind, spricht dagegen, daß Frankfurts Modell eines freien Willens hinreichend ist. Für Frankfurts Postition kann man an dieser Stelle anführen, daß es wenigstens einen Grund gibt, alle Anforderungen an eine adäquate Wunschgenese für überzogen zu halten. Diesen Grund liefert der Mangel einer klaren Unterscheidung zwischen manipulierten Wünschen und genuin eigenen. Im Normalfall entstehen Wünsche zwar nicht durch Zaubertränke oder Elektroden im Gehirn, die von anderen beliebig gesteuert werden können. Aber sie entstehen durchaus vergleichbar, nämlich in der Reaktion einer Person auf äußere Vorgaben davon, was nach allgemeiner Meinung begehrenswert und erreichbar ist. Jede Kultur bringt für sie spezifische Typen hervor. Der Einfluß dieser allgemeinen Meinung der gesellschaftlichen Umgebung oder der besonderen Meinung Einzelner aus dieser Umgebung prägt die Wunschstruktur. Wenn aber die entscheidenden Impulse sowieso von außen kommen, wird Wunschgenese zu einem nichtssagenden Faktor unter den Kriterien für einen freien Willen. Alle Wünsche sind letztlich dadurch entstanden, daß andere uns eingeredet haben, etwas sei begehrenswert oder gut für uns. Sich mit Frankfurt auf die Willensstruktur zu beschränken wäre das klügste, was man unter diesen Umständen machen kann. Gegen Frankfurt kann man in Reaktion darauf geltend machen, daß es zwar so sein mag, daß die entscheidenden Einflüsse Fremdeinflüsse sind, daß aber die Unterscheidung zwischen eigenem Wunsch und manipuliertem Wunsch auch unter dieser Annahme weiterbesteht. Wir unterscheiden nämlich Einflüsse freiheitseinschränkender Art von Einflüssen freiheitsbegünstigender Art. Pädagogik und Entwicklungspsychologie wären neben dem common sense hier mögliche Ratgeber. Das Ergebnis hätte wahrscheinlich die Form einer Liste mit negativen und eventuell auch positiven Faktoren, über deren systematische Gemeinsamkeiten erst noch zu spekulieren wäre. Auf die Negativseite kämen Einflüsse wie autoritäre Eltern, bestimmte fundamentalistische Religionen, radikale Peergroups, auf die Positivseite kämen etwa erzieherische Freiräume, Angebote zur Entwicklung verschiedenster Fähigkeiten, Stärkung des Selbstwertgefühls, Schulung der Urteilskraft, usw. Auf die Beurteilung der Wunschgenese kann deshalb bei der Beurteilung von Präferenzen als autonom oder nicht-autonom nicht verzichtet werden. Aber in welcher Form sollte die Wunschgenese einbezogen werden? Unter Verwendung einer Liste positiver und negativer Faktoren bei der Wunschgenese kann Wunschkritik betrieben werden. Die Personen können das selber tun. Sie können mögliche Quellen von Selbsttäuschung und Fremdtäuschung durchgehen und sich fragen, ob sie nach hinreichender Aufklärung einen bestimmten Wunsch weiterhin handlungswirksam werden lassen wollen. Es können aber auch andere, wenn sie über genügend Informationen, Urteils- und Einfühlungsvermögen verfügen, aus der Beobachterposition kritisieren. Sie können sich fragen, wie die Person auf die bei ihr bekannten Quellen von Beeinflussung reagiert hat. Die subjektive Seite der Wunschkritik wird häufig für privilegiert gehalten, denn die Person hat einen unmittelbareren Zugang zu ihrer psychischen Verfassung. Aber die objektive Seite hat auch ihre Vorteile. Aus der Beobachterposition lassen sich Täuschungen gelegentlich besser erkennen und Effekte von freiheitsbeeinträchtigenden Faktoren leichter beobachten. Besonders an der Wunschkritik, die ich ren, daß wir
Martina Herrmann
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ein Indiz für einen freiheitsbeeinträchtiIsoldes Beispiel entwickelt habe, ist ein unfrei automatisch als Wunsch nicht diskreditiert, wenn er durch Fremdtäuschung ententscheidend die Reaktion der Person auf diesen Faktor, wenn er ist standen ist. Dafür und diese Reaktion ist offen. Es ist offen, ob sie den ihr zur Kenntnis gebracht wird, Wünschen weiterhin zustimmt oder ihnen die Zuentstandenen durch diesen Faktor stimmung entzieht. Eine Möglichkeit der Wunschkritik kommt bei Frankfurt so nicht vor. Er hält zwar hin und wieder Modifikationen in der Willensstruktur für völlig natürlich, läßt aber offen, ob es sich dabei um ein freies Spiel der Kräfte oder um einen rational gesteuerten Prozeß des Überlegens handelt. Wunschkritik ist aber nötig, um den Einfluß von Fremdtäuschung zu neutralisieren. Aber es wird am Ende eines Prozesse der Kritik die Möglichkeit offen bleiben, daß sich an der Wunschstruktur nichts ändert. Abgesehen vielleicht von ganz krassen Fällen besteht immer die Möglichkeit der Identifikation, die Möglichkeit, den kritisierten Wunsch trotz alledem beizubehalten und zu wollen, daß er handlungswirksam wird. Niemand kann Isolde andemonstrieren, daß sie aufgrund aller vorliegender Erkenntnisse von Tristan, soweit es ihr möglich ist, ablassen muß, bei Strafe der Irrationalität. Das hieße, die Wunschkritik zu weit treiben. Es steht in ihrem Belieben, wenn sie die Entstehungsgeschichte zur Kenntnis genommen hat, trotzdem zu ihrer Passion zu stehen. Nach der Wunschkritik entscheidet die dann entstehende Wunschstruktur, was eine Person wirklich will. Was sich positiv darüber sagen läßt, was sie wirklich will, folgt dann dem FrankfurtModell. Wunschkritik ist als Ausschalten von Störquellen bei der freien Willensbildung durchaus in Frankfurts Modell eines freien Willens integrierbar. Damit es integrierbar ¡st, darf es sich allerdings nur um eine reduzierte Form der Wunschkritik handeln. Kritik heißt nur soviel wie Konfrontation mit denjenigen Elementen der Wunschgenese, die Indizien für negative Einflüsse bei der Willensbildung sind. An den Prozeß und das Ergebnis dieser Konfrontation dürfen keine Rationalitätsstandards angelegt werden. Das würde den Frankfurtschen Rahmen sprengen, ist aber auch unabhängig davon plausibel. Es steht im Belieben einer Person, welche Wunschstruktur sie in Reaktion auf ihre Konfrontation mit einer Fremdtäuschung aufbaut. Genauso sollte es in ihrem Belieben stehen, in welchem Umfang sie ihre kritischen Kompetenzen einsetzt, um ihre bestehende Wunschstruktur zu überprüfen. Es ist gewissermaßen ihre Privatsache zu entscheiden, ob sie ohne weitere Prüfung an ihrer Identität festhalten will.
vorschlagen möchte, ist das Verfahren, genden Faktor vorliegt. Nach dem, was
Leider muß ich
wenn
ich
an
an dieser Stelle offen lassen, wieviel kritische Kompetenz eine Person mindestens haben sollte, um mit Täuschung umgehen zu können. Es scheint mir plausibel, daß sie verstehen können sollte, was Täuschung ist, sonst hat es keinen Sinn, sie damit zu konfrontieren. Aber es scheint mir übertrieben, genauere psychologische Kenntnisse zu verlangen, um eine Präferenz als den freien Willen einer Person zu akzeptieren. Angenommen, ein solcher Kompetenzlevel ließe sich festlegen, und meine These, daß es Sache der Person ist, wieviel kritische Kompetenz sie gegebenenfalls einsetzt, ¡st auch akzeptiert. Dann ist diese Kompetenz immerhin auch ein Faktor, der sich am Zustand einer Person ablesen läßt, ohne daß man die Geschichte ihrer Wünsche betrachtet.
Freier Wille ohne Wunschkritik
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VI. Am Anfang habe ich angekündigt, Frankfurts positive Bestimmung von Willensfreiheit zu verteidigen. Es ist nicht die Abwesenheit von Selbsttäuschung und Fremdtäuschung, sondern die Zustimmung zum effektiven Wunsch, die einen freien Willen auszeichnet. Die angekündigte Qualifizierung, um dem Einwand der Möglichkeit von Fremdtäuschung zu entgehen, nimmt ein negatives Element auf, allerdings nicht in der bisher in der Diskussion um authentische Präferenzen vorgeschlagenen Weise. Das zusätzliche Kriterium ist nicht, daß die Präferenz ohne den Einfluß von Fremdtäuschung entstanden ist. Verlangt wird auch nicht, daß die Person nach einem Prozeß kritischer Überprüfung unter Berücksichtigung aller relevanten Aspekte der Präferenz zustimmt oder hypothisch nach einem solchen Prozeß zustimmen würde. Es reicht etwas viel Schwächeres, nämlich die Konfrontation mit der Fremdtäuschung. Wenn ein Wunsch, dem die Person zustimmt, sich unter dem Einfluß von Fremdtäuschung entwickelt hat, so ist er der freie Wille der Person, wenn sie ihm weiterhin zustimmt und er effektiv wird, nachdem sie sich mit der Täuschung konfrontiert hat oder sie mit der Täuschung konfrontiert worden ¡st. Es ist nicht der Ausschluß von Fremdtäuschung, sondern die Akzeptanz der Handlungswirksamkeit eines Wunsches in Kenntnis der Fremdtäuschung, durch die nach meiner Argumentation eine Person einen manipulierten Wunsch zu ihrem eigenen macht. Das ist meiner Meinung nach ganz im Rahmen von Frankfurts -
-
Überlegungen.
Möglicherweise macht es trotzdem Sinn zu sagen, daß die Person nicht anders kann, als dem manipulieren Wunsch zuzustimmen. Die Frage nach ihrer Verantwortlichkeit für ihre Handlung und deren Konsequenzen mag weiterhin offen sein. Der Zusammenhang, in den ich diese spezielle Art reduzierter Wunschkritik gestellt habe, ist aber ein anderer, nämlich Autonomie als ein normativer Anspruch von Personen an sich selber, an ihre Interaktionspartner in ihrem persönlichen Leben und an ihre Umgebung im gesellschaftlichen Zusammenleben. Die Frage, welche Präferenzen man persönlich oder politisch ernstnehmen sollte, weil sie Ausdruck dessen sind, was eine Person (oder eine gesellschaftliche Gruppe) wirklich will, ist nach dem Abarbeiten der Indizien für Selbsttäuschung und Täuschung beantwortet. Es sind diejenigen, denen sie zustimmt und von denen sie will, daß sie handlungswirksam werden. Literatur Richard J. Arneson (1994), Autonomy and Preference Formation, in: Jules C. Coleman und Allen Buchanan (Hg.), In Harm's Way, Cambridge, 42-75 John Christman (1988), Constructing the Inner Citadel: Recent Work Ethics Bd.99, 109-124 John Christman
on
Autonomy,
(1991), Autonomy and Personal History, Canadian Journal of Philo-
sophy, Bd.21, 1-24 Gerald Dworkin
(1988), The Theory and Practice of Autonomy, Cambridge Harry Frankfurt (1988), The importance of what we care about, Cambridge
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Harry Frankfurt (1999), Necessity, Volition, and Love, Cambridge Matthias Leder (1999), Was heißt es, eine Person zu sein?, Paderborn Alfred R. Mele (1995), Autonomous Agents. From Self-Control to Autonomy, Oxford Gary Watson (1989), Free Agency, in: John Christman (ed.), The Inner Citadel. Essays on Individual Autonomy, Oxford, 109-122
Freiheit und Notwendigkeit Zu
einigen Motiven bei Harry Frankfurt
Holmer Steinfath
hängt Freiheit eng mit Verfügbarkeit zusammen. Mein Handeln ist frei, wenn es in der Verfügung meines Wollens liegt, ich also tun kann, was ich tun will. Mein Wollen ist frei, wenn es sich keinen problematischen Einschränkungen und Einflüssen verdankt, sondern mir selbst entspringt und meiner Kontrolle untersteht. Zumal was letzteres heißt, ist dunkel und strittig. Aber auch die Freiheit meines Wollens erfahrt, folgt man dem verbreiteten Verständnis, eine Einbuße, wenn es Einschränkungen ausgesetzt ist, die nicht in meiner Hand liegen. Harry Frankfurt hat demgegenüber in verschiedenen Aufsätzen versucht, die enge Verknüpfung von Freiheit und Verfügbarkeit zu lösen, um so zu einem besseren Verständnis insbesondere von Willensfreiheit und Selbstbestimmung zu Für Frankfurt gibt es Notwendie Willen ohne ihn unseren zu betreffen, digkeiten, begrenzen, und andere, die sogar für Willensfreiheit und Bedingung Selbstbestimmung sind. Darin liegt eine wichtige, aber klärungsbedürftige Einsicht. Ich möchte mich bemühen, sowohl im Anschluß wie in Kritik an Frankfurt unterschiedliche Arten von Notwendigkeit und Formen ihres Zusammenhangs mit unserem Wollen und seiner Freiheit zu differenzieren. Mein Hauptinteresse wird Frankfurts Konzeption „willentlicher Notwendigkeit" (volitional necessity) gelten, wie er sie im Kontext seiner Analysen des „Wichtignehmens" (caring) entwickelt hat. „Willentliche Notwendigkeit" und „Wichtignehmen" bezeichnen zentrale Phänomene unseres Lebens, die seit Anfang der 80er Jahre ¡n den Mittelpunkt von Frankfurts Erörterungen der Konstitution von Personen, seiner „philosophischen gerückt sind. M.E. In einem verbreiteten Verständnis
gelangen.1
Anthropologie",2
Ich beziehe mich im weiteren auf folgende Arbeiten von Frankfurt, Freedom of the Will and the Concept of a Person (abgekürzt FWCP), Necessity and Desire (ND), The Importance of what we Care about (IC), Rationality and the Unthinkable (RU), Concerning the Freedom and the Limits of the Will (CFLW), The Faintest Passion (FP), On the Necessity of Ideals (NI), Autonomy, Necessity, and Love (ANL). On Caring (OC) und On Caring, and a Certain Parallel (CCP). FWCP, ND, IC und RU werden nach Frankfurt, The Importance of what we Care about, Cambridge, 1988 zitiert, CFLW, FP, NI, ANL und OC nach Frankfurt, Volition, Necessity, and Love, Cambridge, 1999. CCP ist abgedruckt in M. Stamm (Hg.), Philosophie in synthetischer Absicht- Synthesis in Mind, Stuttgart 1998, 465-475. Die Bezeichnung „philosophische Anthropologie" bemüht Frankfurt selbst im Vorwort zu Volition,
168
Holmer Steinfath
werden sie von Frankfurt jedoch verzeichnet, und dies hat problematische für sein Verständnis von Willensfreiheit und Selbstbestimmung.1
Folgen auch
halbwegs selbstbestimmtes Leben kann es nur für Personen geben, denen in wichtigen Lebensbelangen verschiedene attraktive Handlungsmöglichkeiten offenstehen. Nur im Kontrast zu nicht eingeschlagenen, aber grundsätzlich gangbaren Lebenswegen können wir uns unseres eigenen Lebenswegs als eines von uns selbst gewählten versichern. Individuelle Freiheit und Selbstbestimmung gedeihen nicht, wo es keine Wahl gibt. Gleichwohl ist es eine Frage wert, ob es nicht auch ein Übermaß an Handlungs- und Lebensmöglichkeiten geben kann, durch welche Selbstbestimmung nicht erleichtert, sondern gefährdet wird. Frankfurt hat darauf, am entschiedensten in On the Necessity of Ideals, eine affirmative Antwort gegeben. Zur Selbstbestimmung, so läßt sich seine Argumentation zusammenfassen, gehöre, daß wir unser Leben auch über längere Zeit zu steuern und ihm eine bestimmte Form I. Ein
praktischer Einheit zu verleihen vermögen. Dies aber könnten wir nur im Hinblick auf Dinge, die uns wichtig sind, um die wir uns kümmern und sorgen. Die Gesamtheit dessen, was für uns wirklich zählt, bilde unsere je besondere „Identität" und mache unsere Individualität aus. Zur Selbstbestimmung seien allein Personen fähig, die über eine feste Identität verfügen, denn nur sie wüßten, was sie eigentlich wollen. Zu viele Wahlmöglichkeiten würden jedoch stabile Identitäten und damit Selbstbestimmung und Freiheit bedrohen. Deswegen sagt Frankfurt, Freiheit und Individualität verlangten geradezu nach Notwendigkeit (NI, 109). Es dürfte nicht verfehlt sein, darin eine nur leicht verhüllte Kritik am Ideal eines uneingeschränkten Liberalismus und einer permissiven Gesellschaft zu sehen.2 Frankfurts These erinnert an Kierkegaards spekulativen Gedanken, daß der Mensch als „Synthese von Möglichkeit und Notwendigkeit" eine völlige Entgrenzung seines Möglichkeitsraums mit Selbstverlust zu bezahlen hätte.' Ob sie zutrifft, ist eine empirisch-psychologische Frage. Sie scheint mir richtig zu sein für die Phase der Willensbildung. Obgleich wir zu einigen Handlungen von Geburt an disponiert sein dürften, kommen wir nicht mit einem klar umrissenen Willen zur Welt. Was uns wirklich wichtig ist, kristallisiert sich erst im Laufe unserer individuellen Entwicklung heraus. Dies ist ein Prozeß, in dem wir auf normative und evaluative Vorgaben angewiesen sind. Wäre uns von vornherein alles erlaubt und würde uns alles als gleich wichtig vorgevon
Necessity, and Love, a.a.O.
3
Sachlich wären Willensfreiheit und Selbstbestimmung auseinanderzuhalten; erstere ist notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für letztere. Für die Zwecke dieses Aufsatzes folge ich jedoch Frankfurt, der „freedom of the will" und „autonomy" weitgehend synonym verwendet. So heißt es etwa, die „combination of endlessly more masterful technical control and increasingly uncritical permissiveness has generated a tendency whose limit would be a culture in which everything is possible and anything goes" (NI, 108), eine Tendenz, in der Frankfurt offensichtlich eine große Gefahr sieht. Frankfurt hält sich im allgemeinen mit zeitdiagnostischen und -kritischen Äußerungen zurück; dennoch ist vielfach eine deutliche Reserve gegenüber Kernüberzeugungen des Liberalismus spürbar. Kierkegaard, Die Krankheit zum Tode, Hamburg 19963, 34ff.
Freiheit und
169
Notwendigkeit
stellt, blieben wir orientierungslos. Unsere Gefühle und Neigungen würden sich als zu vielfältig und schwankend erweisen, um uns in der Konfrontation mit beliebig vielen
Wahlmöglichkeiten sicher fuhren zu können. Erst auf der Grundlage eines hinlänglich gefestigten Willens können wir überlegen, welchen unserer Gefühle und Neigungen wir folgen wollen. Ein solcher Wille kann aber nicht das Produkt völlig freier, durch keinerlei Notwendigkeiten beschränkter Wahlakte sein, weil diesen ohne einen vorgängigen Willen Kontinuität und Richtung abgingen. Doch gilt, was für die Phase der Willensbildung zutreffen mag, auch vom Standpunkt eines ausgebildeten Wollens, also für Personen, die schon wissen, was ihnen wirklich wichtig ist? Warum soll mich eine selbst tendenziell unbegrenzte Erweiterung meiner Handlungs- und Lebensmöglichkeiten anfechten, wenn ich mir sicher bin, was für -
-
meint, es könnte uns schlicht überfordern, ein deutlich erweitertes Optionen zu bewerten und in eine Vorzugsordnung zu bringen (NI, 109).
mich zählt? Frankfurt
Spektrum es gelänge, sich in einer Welt überschaubarer Handlungsalternativen von
Wem
zurechtzu-
finden, könnte doch durch die Vergegenwärtigung unüberschaubar vieler Alternativen
verunsichert werden (ebd.). Aber müßte er es auch? Dies wäre so wohl nur unter bestimmten Bedingungen, zum Beispiel dann, wenn die Möglichkeiten von einer besonderen etwa sehr verführerischen Art wären oder erwartet würde, daß sie alle gründlich geprüft und eventuell sogar ausprobiert werden. Wichtiger als die Quantität von Optionen ist ihre Qualität. Mein Eindruck ist, daß Frankfurt die Fähigkeit von Personen, Alternativen auch einfach zurückzuweisen, unter- und die Gefahren von Ambivalenzerfahrungen überschätzt. Damit soll nicht bestritten werden, daß eine unkontrollierte Erweiterung unserer Handlungs- und Lebensmöglichkeiten eine problematische Errungenschaft darstellen kann. Sie kann mit Kosten verbunden sein, die einen Verzicht auf sie ratsam erscheinen lassen können.1 Drastisch zeigen dies die Entscheidungszwänge, die mit der Erschließung neuer Handlungsoptionen durch die Fortentwicklung der modernen Medizin von der pränatalen Diagnostik über Lebensverlängerungsmaßnahmen bis zu Möglichkeiten genetischer Manipulation verbunden sind. Nur sind die Lasten der Verantwortung und die Risiken von Fehlentscheidungen, die durch sie erhöht werden, nicht notwendig eine Einschränkung von Freiheit und Selbstbestimmung; vielfach sind sie im Gegenteil deren Preis. -
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Die Beschränkung von Wahlmöglichkeiten als Voraussetzung für Identitätsbildung markiert einen Sinn, in dem Notwendigkeit nicht Hindernis, sondern Voraussetzung von Freiheit sein kann. Es ist jedoch nicht der einzige und auch nicht der wichtigste, der sich Frankfurts Arbeiten entnehmen läßt. Eine zweite Art von Notwendigkeit ist die des Wollens selbst: wir sind darauf angewiesen, überhaupt etwas zu wollen. Meinte „wollen" soviel wie „begehren" oder „geneigt sein", verdiente dies kaum Beachtung; Neigungen zu haben, gehört schon zu unserer biologischen Ausstattung. Frankfurt glaubt jedoch, es sei für uns notwendig, in einer II.
Vgl. dazu G. Dworkin, Is More Choice Autonomy, Cambridge 1988, 62-81.
Better Than Less?, in: Ders., The
Theory
and Practice of
Holmer Steinfath
170
bestimmten Weise zu wollen, nämlich in der, die er „caring" nennt und die ich mit „wichtig nehmen" wiederzugeben vorschlage. Wir müssen etwas wichtig nehmen bzw., wie Frankfurt auch sagt, „Ideale" haben. Ich werde gleich noch darauf eingehen, was es heißen soll, etwas wichtig zu nehmen. Zunächst ist zu fragen, was für ein Sinn von Notwendigkeit mit der These ins Spiel gebracht wird, wir müßten etwas wichtig nehmen.
Frankfurts
Überlegungen zur Struktur des Wichtignehmens schließen an seine Ana-
an. Diese sind in seinen Augen konstitutiv für unser Personsein (FWCP, 16), und so könnte erwogen werden, ob etwas wichtig zu nehmen und Ideale zu haben, nicht Bedingung von Personsein ist. Die Notwendigkeit von Idealen wäre in diesem Fall eine transzendentale oder begriffliche. Dazu würde passen, daß Frankfurt in On Caring Menschen, die nichts wirklich wichtig nehmen, in einem ähnlichen Vokabular beschreibt wie den „wanton", das Gegenbild von Personen in Freedom of the Will and the Concept of a Person. Mäßen wir nichts mehr Bedeutung zu, wären wir Wesen „with no active interest in establishing or sustaining any thematic continuity in our volitional lives" (OC, 162). Wir würden keine bestimmende Rolle bei der Ausbildung unseres Willens spielen. Da dies für Frankfurt vereinbar ist mit der Ausbildung höherstufiger Volitionen (ebd.), hätten wir es hier mit einer bedeutenden Ergänzung des Personbegriffs der älteren Arbeiten zu höherstufigen Volitionen zu tun.1 Andererseits werden Personen, denen nichts wichtig ist, von Frankfurt auch als Personen ohne Rückgrat und Integrität beschrieben, aber immerhin noch als Personen (RU, 188; NI, 114f). Mir scheint die Frage, was konstitutiv für unser Personsein ist, letztlich zweitrangig, denn die Grenzen des Personbegriffs können je nach Fragestellung unterschiedlich gezogen werden. Wichtiger ist, daß die Notwendigkeit von Idealen von Frankfurt zumindest auch als eine existentiell-psychologische beschrieben wird. Wir seien auf sie bzw. darauf, überhaupt etwas wichtig zu nehmen angewiesen, um unser Leben als sinnerfüllt und einigermaßen glücklich erleben zu können. Dies gelte insbesondere für die Liebe, die in ihren verschiedenen Spielarten (vgl. AVL, 130) für Frankfurt die bedeutendste Form des Wichtignehmens ist. Lieben würden wir um seiner und unserer selbst willen. „We need to love; otherwise, our lives will be miserably deprived" (OC, 174). Ob dies richtig ist, ist erneut eine empirisch-psychologische Frage. Die allgemeine Erfahrung spricht jedoch für sie. Wer nichts im Leben hat, das ihm wirklich wichtig ist, empfindet sein Leben als leer (was nicht heißt, daß es völlig freudlos sein muß). Aufgrund unserer existentiellen Angewiesenheit auf Ideale und Formen des Wichtignehmens kann Frankfurt mit einiger Berechtigung behaupten, es sei wichtiger, überhaupt etwas wichtig nehmen zu können, als daß das, was wichtig genommen wird, auch wert ist, so genommen zu werden (OC, 162). Trotzdem kann man fragen, ob es nicht Dinge gibt, die jeder wichtig nimmt oder wichtig nehmen sollte. Vielleicht gibt es Dinge, die alle Menschen irgendwie wollen, aber es ist zweifelhaft, daß es Gegenstände allgemeinen Wichtignehmens gibt. Selbst Dinge wie Gesundheit, Freundschaft und
lyse höherstufiger Volitionen
-
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Darin könnte zugleich eine Aufnahme des Einwands liegen, daß höherstufige Wünsche und Volitionen in ihrem Gehalt und ihrer Beliebigkeit nicht grundsätzlich von Wünschen und Volitionen erster Stufe unterschieden sind. Einen derartigen Einwand formuliert z.B. G. Watson in Free Agency, The Journal of Philosophy 72 (1975), 205-220.
171
Freiheit und Notwendigkeit
nimmt nicht jeder wichtig. Dagegen könnte es Dinge geben, die wichtig nehmen für jeden ratsam ist. Dies wären Dinge, die für jeden wichtig sind. Frankfurt deutet an, daß sich solche Dinge als Bedürfnisse (needs) begreifen lassen und damit wiederum als etwas, das in einem bestimmten Sinn notwendig für uns ist. Bedürfnisse kennzeichnet, daß sich schädigt, wer sie nicht wichtig nimmt (OC, 163). Eine Vertiefung dieses Gedankens könnte zu einer bedenkenswerten Theorie menschlicher Grundgüter führen. Um ihn fruchtbar zu machen, wäre es allerdings erforderlich, den Schadensbegriff genauer zu fassen.
Anerkennung zu
angeführten Formen der Notwendigkeit treffen nicht das, was Frankfurt „willentlicher Notwendigkeit" versteht. Willentliche Notwendigkeit soll eine Notwendigkeit des Willens sein, aber nicht die Notwendigkeit, überhaupt etwas zu wollen, oder die Notwendigkeit, bestimmte Dinge zu wollen, will man keinen Schaden III.
Die bisher
unter
erleiden. Frankfurt grenzt das ihn interessierende Phänomen zum einen gegen Formen des inneren Zwangs ab.3 Wer unter dem Eindruck willentlicher Notwendigkeit stehe, befinde sich nicht im Griff einer Leidenschaft oder eines unbezwinglichen Impulses. Er fühle sich nicht unwiderstehlich zu etwas hin- oder von etwas abgezogen. Zum anderen soll willentliche Notwendigkeit aber auch nicht einfach Ausdruck einer besonders festen Überzeugung darüber, was zu tun gut oder wichtig ist, sein. Jemand könne notwendigerweise etwas wollen, ohne zu meinen, es sei so am besten, oder zu glauben, er habe für sein Wollen schlagende Gründe. Die Notwendigkeit, die Frankfurt im Auge hat, soll eine allein des Wollens der Person sein. Eine Person soll etwas wollen und nicht auch etwas anderes wollen können, aber daß sie nicht anders wollen kann, soll nicht am Einfluß eines Gefühls oder an einer bestimmten Überzeugung liegen, sondern nur daran, daß sie es so will. Das könnte die Vermutung nahelegen, daß „willentliche Notwendigkeit" einfach die Unerschütterlichkeit des Wollens einer Person bezeichnet.4 Aber damit wäre das Frankfurt beschäftigende Moment der Notwendigkeit nicht adäquat eingefangen. Frankfurt möchte sagen, eine Person, die etwas im Modus der willentlichen Notwendigkeit will, will es notwendig und daß sie es notwendig will, verdankt sich allein ihrem Wollen, doch so, daß ihr Wollen selbst nicht in ihrer Hand ist. Eine Person, die etwas notwendig will, könne nicht per fíat entscheiden, etwas anderes zu wollen. Ihr Wollen entziehe sich ihrem unmittelbaren willentlichen Zugriff. Selbst wenn sie aus irgendwelchen Gründen zu der Überzeugung gelangen sollte, daß es besser wäre, anderes zu wollen, könnte sie sich dazu allenfalls auf dem Weg einer indirekten und sukzessiven Einflußnahme bringen. Daß damit tatsächlich ein wichtiges Phänomen angesprochen wird, zeigt sich, wenn Einen leider sehr unzureichenden Versuch dazu macht Frankfurt in ND, 109f für das Folgende besonders die relevanten Passagen von IC, RU, NI, AVL und OC. Außerdem gegen Formen des äußeren Zwangs, aber das versteht sich von selbst. So scheint es Tugendhat in seinem Korreferat zu Harry Frankfurt, On the Necessity of Ideals sehen. Siehe ders.. Philosophische Aufsätze. Frankfurt/ M. 1990, 466.
Vgl. 4
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zu
Holmer Steinfath
172
Fälle von willentlicher Notwendigkeit an Formen des Wichtignehmens illustriert werden. Nimmt eine Person etwas wirklich wichtig, fühlt sie sich sicherlich nicht einfach von einer Leidenschaft fortgerissen. Fraglicher ist schon, ob sie an dem, was sie wichtig nimmt, nicht etwas Gutes finden und über es ein positives Werturteil fallen muß. Doch hat Frankfurt unzweifelhaft recht, wenn er meint, etwas wichtig zu nehmen sei weder einfach ein affektives noch einfach ein kognitives Phänomen. Es ist vielmehr immer auch eine Sache des Wollens. Aber um was für eine Art von Wollen soll es sich dabei handeln? Etwas wichtig nehmen bedeutet zumindest in der Regel, es um seiner selbst willen zu wollen.1 Doch nicht alles, was wir um seiner selbst willen wollen, nehmen wir wirklich wichtig. Einer Sache, die wir wichtig nehmen, gehen wir so nach, daß unser Tun dadurch eine klare Orientierung und eine bestimmte Form von Einheit gewinnt. Genauerhin gilt dies nicht nur für einzelne Handlungen, sondern auch für die Gestaltung unseres Lebens als Ganzes oder wichtiger Ausschnitte davon. Frankfurt bestimmt das Wichtignehmen deswegen als „foundational activity through which we provide continuity and coherence to our volitional lives" (OC, 162). Aber auch diese Charakterisierung ist noch zu ungenau. Kontinuität und Kohärenz können wir nämlich auch im Verfolgen von Zielen in unser Leben bringen, die wir nicht wirklich wichtig nehmen (vgl. CCP, 470). Etwas wichtig nehmen bedeutet nicht einfach, Ziele und Pläne zu haben.2 So weit ich sehe, glaubt Frankfurt das Spezifische des Wichtignehmens in zweierlei begründet: Erstens mache sich, wer etwas wichtig nimmt, in besonderer Weise anfällig für Verlusterfahrungen. Daß ich etwas, das ich will, nicht erreichen kann, muß mich nicht enttäuschen, wenn es anderes gibt, das an seine Stelle treten kann. Wir wünschen vieles auch um seiner selbst willen, ohne daß es uns Mühe machen müßte, es für etwas anderes aufzugeben. Aber auf etwas zu verzichten oder etwas zugrunde gehen zu sehen, das einem wirklich wichtig ist, müsse einen ernstlich schmerzen. Und zweitens soll das Wichtignehmen von etwas eine besondere Form des höherstufigen Wünschens sein. Das, was jemand wichtig nimmt, ist, folgt man Frankfurt, nicht nur Gegenstand seines Wünschens. Vielmehr soll dieses Wünschen selbst wiederum Gegenstand einer positiven höherstufigen Einstellung sein. Allerdings soll es auch nicht reichen, daß die Person ihre Hinneigung zum Gegenstand ihres Wichtignehmens nur irgendwie höherstufig gutheißt. Es sei nicht genug, wenn sie ihr Wünschen lediglich akzeptiert. Vielmehr müsse sie es willkommen heißen, und zwar so, daß sie aktiv dafür Sorge trägt, daß es erhalten bleibt und nicht vernachlässigt wird (OC, 162; CCP, 472). Nun ist nicht klar, ob Wichtignehmen immer willentliche Notwendigkeit einschließt. Frankfurt wirkt diesbezüglich unsicher. In The Importance of what we Care about kennzeichnet er ausdrücklich nur einige Formen des Wichtignehmens über willentliche Notwendigkeit (IC, 85). In meinen Augen wäre es phänomengerechter, alles WichtigKann
es
auch Formen des rein instrumentellen
verneinen; ich bin unsicher, ob mit Recht.
Wichtignehmens geben?
Frankfurt scheint dies
zu
auffälliger Parallelen wäre es deswegen falsch, Frankfurts Überlegungen zur Struktur des „caring" mit den Bemühungen anderer Autoren zu identifizieren, Absichten („intentions") und Pläne als eigenständige Phänomene von Wünschen („desires") abzugrenzen (vgl. z.B. M. Bratman, Intention, Plans, and Practical Reason, Cambridge, 1987). Trotz
Freiheit und Notwendigkeit
173
nehmen durch willentliche Notwendigkeit charakterisiert zu sehen. Wer etwas wirklich wichtig nimmt und nicht nur lediglich wünscht oder auch beabsichtigt, kann sich nicht einfach dazu entschließen, es nicht mehr wichtig zu nehmen. Ob er es wichtig nimmt oder damit aufhört, ist nicht in sein Belieben gestellt. Was jemand wichtig nimmt, kann sich im Laufe der Zeit ändern, aber nicht von heute auf morgen. Und wenn er es beeinflussen kann, so wiederum am ehesten auf eine eher indirekte und sukzessive Weise. Allemal ist ein konstitutiver Zusammenhang zwischen willentlicher Notwendigkeit und Wichtignehmen im Fall des Liebens gegeben. Wir können weder einfach entscheiden, daß wir lieben, noch, was wir lieben. Liebe „ergreift" (captivate) uns, wie Frankfurt sagt (ANL, 135). Trotzdem wäre es verkürzt, Liebe als ein nicht-willentliches Phänomen zu betrachten. Das mag für einige Formen leidenschaftlicher Liebe gelten, die Frankfurt als „passive" Formen der Liebe (dis-)qualifiziert (AVL, 133). Aber viele „aktive" Formen des Liebens sind so Ausdruck unseres Wollens, daß wir uns von ihnen nicht unterworfen fühlen. Was wir in ihnen als Selbstzweck wollen ist das Gedeihen dessen, was wir lieben, und auch wenn dieses Wollen nicht in unserer Hand liegt, bleibt es doch unser Wollen. Genau diese besondere Verbindung von Unverfügbarkeit und Wollen im Wichtignehmen und Lieben bildet den Kern von Frankfurts Versuch, Notwendigkeit und Freiheit zusammenzudenken. Wenn wir etwas sehr wichtig nehmen und lieben, haben wir in gewisser Weise keine andere Wahl, als es wichtig zu nehmen und zu lieben und dann auch dementsprechend zu handeln. Aber weil wir dies wollen, erfahren wir es nicht als Einbuße von Freiheit und Selbstbestimmung. Der eigentümliche „Zwang", der zum Wichtignehmen und Lieben gehört, ist für Frankfurt ein selbstauferlegter. Wir würden die Erfahrung willentlicher Notwendigkeit deswegen als befreiend erleben (IC, 89f; NI, 112). Mehr noch: nur dann, wenn unser Wollen nicht in unser Belieben gestellt sei, gewinne es eine eigene „Realität" (FP, 101), die uns gegen äußere und innere Wechselfalle hinreichend sichern und Selbstbestimmung allererst möglich machen würde. -
-
Vermag diese Analyse zu überzeugen? Mit seinen Konzeptionen der willentlichen Notwendigkeit und des Wichtignehmens gelingt es Frankfurt, das in der Analytischen IV.
Handlungstheorie
vorherrschende simple Überzeugung-Wunsch-Schema aufzubrechen differenzieren. Außerdem stellen sie eine wichtige Hinwendung zu Fragen der eigenen Lebensführung und des für den einzelnen guten Lebens dar.1 Dessenungeachtet bleiben sie in ihrer Ausarbeitung unbefriedigend. Die Hauptschwierigkeit liegt darin, daß dem von Frankfurt zu Recht betonten Moment der Unverfügbarkeit im Phänomen des Wichtignehmens und damit dem, was er und
zu
„willentliche Notwendigkeit" nennt nicht angemessen Rechnung getragen werden kann, wenn das Wichtignehmen ausschließlich oder doch stark vereinseitigend als Wil-
-
lensphänomen betrachtet wird.
Zuweilen scheint Frankfurt dies selbst
zu
spüren. So sagt
er
in The
Importance of
Die meisten der in Anm. 1, 167 genannten Aufsätze könnten als Prolegomena zu einer Theorie des guten Lebens gelesen werden. Dieser Aspekt von Frankfurts Arbeiten tritt am deutlichsten in IC, OC und CCP hervor.
Holmer Steinfath
174
Care about, die Tatsache, „that someone cares about a certain thing is constiby a complex set of cognitive, affective, and volitional dispositions and states" (IC, 85). In Necessity and Desire wird willentliche Notwendigkeit als ein Wollen beschrieben, das nicht durch den Willensakt eines Handelnden formiert wird, „but is rather a matter of feelings or inclinations that arise and persist independently of any choice of his own" (ND, 107).' Aber diese Formulierungen werden nicht weiter präzisiert und an anderen Stellen deutlich abgeschwächt. Frankfurt ist so sehr damit beschäftigt, Wichtignehmen und willentliche Notwendigkeit als eine bestimmte Struktur des Wollens einer Person zu fassen, daß er nicht weiter fragt, worauf dieses Wollen selbst beruhen und was in es an nonvolitiven Faktoren eingehen könnte. Dadurch wird der Anschein erweckt, als könnte sich das Wollen einer Person ohne Rücksicht auf irgend etwas anderes selbst binden. Dies ist jedoch eine Fiktion. Gerade wenn es ein stabiles sein soll, ist unser Wollen auf Ressourcen angewiesen, die nicht ihm selbst entstammen. Diese Ressourcen können entweder affektiver oder kognitiver Art sein. Außer dort, wo wir uns gänzlich blind für etwas entscheiden oder etwas „einfach nur so" wollen, verweist unser Wollen auf affektive Erfahrungen oder kognitive Urteile (und meist auf beides) zurück. Wichtig ist dabei, daß weder das eine noch das andere eine Art neutrales Material ist, mit dem wir willentlich so oder so umgehen können. Sowohl unsere Gefühle wie unsere Urteile stellen Ansprüche an uns. Sie stellen uns etwas in einem evaluativen Licht vor. D.h. nicht, daß unser Wollen ihnen notwendig folgen muß. Das ist schon deshalb nicht der Fall, weil sich im Licht unserer Gefühle und Urteile verschiedenste Möglichkeiten für uns als in irgendeiner Hinsicht gut ausnehmen können. Aber wenn es ihnen folgt, geht es gleichsam einer in ihnen liegenden Aufforderung nach. In Fällen von willentlicher Notwendigkeit und Wichtignehmen hat diese Aufforderung nun, so vermute ich, einen besonderen Charakter. Vielleicht gibt es Formen der willentlichen Notwendigkeit und des Wichtignehmens, die primär kognitive Wurzeln haben. Es könnte sein, daß der Luther des „Hier stehe ich und kann nicht anders!" Frankfurts Paradebeispiel für willentliche Notwendigkeit (IC, 86; CFLW, 80) ein solcher Fall ist. Luthers fester Wille würde dann in einer Überzeugung gründen, die ihm selbst unerschütterlich gewiß erscheint. Es würde sich um eine besondere Form der kognitiven Evidenz handeln, die sich aus der Sicht der betroffenen Person nicht zurückweisen läßt, und diese kognitive Evidenz wäre nichts von der Person aktiv Erzeugtes, sondern etwas, das sie als ihr widerfahrend erlebt. Der Wille würde sich dieser (subjektiv) über jeden Zweifel erhabenen kognitiven Evidenz beugen und sie dadurch zugleich aneignen und verstärken. Ist dieses Szenarium immerhin vorstellbar, so meine ich doch, daß das Moment der Notwendigkeit im Wichtignehmen normalerweise stärker ein affektives als ein kognitives ist. Fälle von Liebe sind dafür ein gutes Beispiel. Ein Fall, den Frankfurt immer what tuted
we
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1
Eine weitere Stelle dieser Art findet sich in RU. Dort ist in der Explikation von willentlicher Notwendigkeit von jemandes Willen die Rede, „powerfully constrained by his emotions" (189). Frankfurt kommt dieser Beschreibung in CFLW, 80 recht nahe; er spricht dort von „considerations", die Luther als „irresistible" erfahren hätte. Nur scheint Frankfurt diese „considerations" mit dem Willen selbst zu verwechseln.
Freiheit und Notwendigkeit
175
wieder bemüht, ist der der Liebe zu den eigenen Kindern. Frankfurt hält diese Art der Liebe für wertvoller als z.B. Formen der romantischen Liebe, weil sie im Gegensatz zu diesen selbstlos sei (ANL, 133f). Aber selbst wenn man dem folgt, so ist es doch falsch zu denken, bei der Liebe zum eigenen Kind handele es sich um ein reines Wollen des Wohlergehens des Kindes. Vielmehr ist dieses Wollen in der affektiven Beziehung zum Kind fundiert bzw. Teil davon. Im Fall der Liebe folgt unser Wollen unseren Gefühlen und nichtwillentlichen Strebungen, weil es sie gewissermaßen mit einer eigenen affektiven Evidenz ausgestattet sieht. Frankfurt ist zuzustimmen, wenn er sich gegen die Charakterisierung vieler Formen der Liebe als blinde Leidenschaften, die uns unter ihre Macht zwingen, wehrt. Auch wer sein Kind liebt, ist an dieser Liebe willentlich beteiligt, und wenn seine Gefühlsbindung nachläßt, wird er sich meist weiterhin aktiv um das Wohl seines Kindes bemühen. Aber die affektive Bindung zum Kind, die die Grundlage der Elternliebe ist, ist weder selbst ein Wollen noch das Resultat eines Wollens, das nicht in der Hand des Wollenden ist. Allenfalls kann sie durch ein Wollen vertieft und in ihren Wirkungen aufrechterhalten werden. Für eine viel stärkere Betonung insbesondere der affektiven Seite des Wichtignehmens und der mit ihm verbundenen Notwendigkeit sprechen zum einen einige der Aspekte, die Frankfurt selbst als charakteristisch für „caring" und „volitional necessity" hervorhebt. So dürfte die affektive Besetzung dessen, was wir wichtig nehmen, am besten erklären, wieso es bei Beeinträchtigungen des Gegenstands unseres Wichtignehmens zu schmerzlichen emotionalen Erfahrungen kommt. Ich muß an etwas affektiv hängen, es auf eine affektiv bestimmte Weise wollen, um von seinem Schicksal affektiv betroffen zu werden; das bloß positive Urteil über etwas und selbst die Entscheidung für es reichen dazu normalerweise nicht hin. Ebenso machen affektive Bindungen verständlich, daß wir etwas auch dann noch wichtig finden können, wenn wir glauben, es sei besser, dies nicht zu tun. Des weiteren ist es ein typisches Merkmal affektiv qualifizierter Strebensformen und Dispositionen, daß sie häufig nur indirekt, über die kausale Veränderung der eigenen Situation, zu beeinflussen sind. Und ich meine auch, daß die von Frankfurt konstatierten Glücks- und Sinnerfahrungen im Erleben willentlicher Notwendigkeiten meist eine affektive Wurzel haben. Zum anderen ¡st das von Frankfurt unterstrichene Moment von Notwendigkeit und Unverfügbarkeit im Wichtignehmen schon rein konzeptionell schwer mit einem rein volitiven Verständnis zusammenzubringen. Frankfurt sagt erstaunlich wenig dazu, wie das Wollen einer Person genau zu fassen ist. Zweierlei scheint ihm aber wesentlich zu sein: Das Wollen soll erstens Quelle oder Ausdruck einer besonderen Aktivität der Person sein; Volition soll aufgrund seiner Natur jede Form von Passivität ausschließen (CFLW, 79). Und zweitens wird das Wollen zumindest im Kontext der Analyse des Wichtignehmens durchweg durch Höherstufigkeit und Reflexivität (wenn auch nicht notwendig Reflektiertheit) gekennzeichnet. Ich halte beides für angemessen. Nur ist Bestandteil der Erfahrung von willentlicher Notwendigkeit und Wichtignehmen gerade auch, daß uns in ihr etwas widerfahrt. Wenn Luther bestimmte Erwägungen als „unwiderstehlich" erlebt (CFLW, 80), wenn er meint, keine andere Wahl zu haben, „but to accede to the force by which he is constrained even if he thinks it might be better not to do so" (IC, 86), oder wenn der Liebende sich durch seine Liebe und ihr Objekt „ergrif-
Holmer Steinfath
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(captivated) fühlt (ANL, 135), so sind dies alles Frankfurts Behauptung des Gegenteils zum Trotz Umschreibungen für Widerfahrnisse. Jemand, der zu seiner eigefen"
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Überraschung feststellen muß, daß er nicht so handeln kann, wie er es meinte, macht eine Entdeckung über sich. Das, was er so passivisch über sich erfahrt, ist jedoch zugleich etwas, das er aktivisch und höherstufig unterstützt und begrüßt. Die große analytische Herausforderung besteht darin, Passivität und Aktivität, Affektivität und Volition (und außerdem meist auch noch Kognition) im Phänomen des Wichtignehmens zusammenzudenken. In unserem Erleben ist beides unentwirrbar verschränkt; uns widerfährt nicht erst etwas, dem wir dann zustimmen. Deswegen ist es, wie Frankfurt richtig sieht, meist auch unangemessen, das aktivische und höherstufige Wollen wie einen Entscheidungsakt aufzufassen. Manchmal ist uns eher, als seien wir bereits entschieden oder als fanden wir uns entschieden vor. Phänomene dieser Art werden jedoch verzerrt, wenn eine ihrer Seiten: im Fall von Frankfurt die der Passivität einfach geleugnet wird. Zu unserem Personsein gehören Aktivität wie Passivität. In den meisten Ausformungen unseres Bewußtseinslebens: in unserem Fühlen, Wünschen und Denken ist beides präsent. Daß Frankfurt dies nicht zugestehen will, ist phänomenal unangemessen, aber systematisch verständlich. Mit dem Einbezug von Phänomenen der Passivität in den Kernbereich unseres Personseins würde nämlich die Frankfurts Arbeiten von Beginn an durchziehende strikte Trennung zwischen „innen" und „außen", unserer „Essenz" und unseren „Akzidenzien" fragwürdig werden. -
nen
Frankfurt stellt mehrfach die Frage, wie sich die Ideale einer Person, das, was sie wichtig nimmt und liebt, noch kritisieren lassen können, wenn sich die Person mit dem Gegenstand ihres Wichtignehmens und Liebens „aus ganzem Herzen" (wholeheartedly) identifiziert (NI, 115f; CCP 475). Mögliche Antworten darauf werden gerade durch Frankfurts Tendenz verstellt, willentliche Notwendigkeit und Wichtignehmen zu rein volitiven Phänomenen zu verkürzen und von ihren affektiven und kognitiven Fundamenten abzuschneiden, denn nur von diesen Fundamenten her läßt sich das Wollen einer Person sinnvoll hinterfragen. Zugleich fällt dadurch auch ein Schatten auf Frankfurts Verständnis von Selbstbestimmung und sein Bemühen, Freiheit und Notwendigkeit nicht mehr nur als Gegensätze zu begreifen. Willensfrei und selbstbestimmt zu sein, heißt für Frankfurt letztlich nichts anderes, als sich mit etwas rückhaltlos zu identifizieren und den Willen zu haben, den man haben will (FP, 101). Daran ist sicherlich richtig, daß Ambivalenzen im Wollen einer Person ihre Selbstbestimmtheit gefährden können. Wir brauchen ein hinlänglich ambivalenzfreies Wollen, um unser Leben tatsächlich steuern zu können. Wertet man gegenüber Frankfurt die affektive Seite von willentlicher Notwendigkeit und Wichtignehmen auf, so bedeutet das, daß ein selbstbestimmtes Handeln in den eigenen affektiven Erfahrungen fundiert sein muß. Andernfalls drohen Formen von Selbstentfremdung und Inauthentizität. Frankfurts Überlegungen können so gelesen werden, daß sie diese GeV.
In FP 101 heißt es, die Freiheit von jemandes Willen sei zu begreifen „as requiring, not that he what he wills, but that he be wholehearted in it. If there is no division within a person's will, it follows that the will he has is the will he wants".
originate or control
177
Freiheit und Notwendigkeit
fahr als Gefahr für Selbstbestimmung ernstzunehmen erlauben, und darin liegt ein Gewinn gegenüber einseitig rationalistischen Konzeptionen von Selbstbestimmung. Nur hat die Gleichsetzung von Selbstbestimmung und Überwindung von Selbstentfremdung den Preis, daß Selbstbestimmung von Selbstreflektiertheit gänzlich entkoppelt wird. Dieser Preis ist zu hoch. Hält man an dem in der weit gefaßten Tradition der Aufklärung verbreiteten Konzept von Selbstbestimmung fest, kann ein selbstbestimmtes Leben kein völlig unkritisches sein. Zur Selbstbestimmung gehört auch eine gewisse kognitive Distanz zu den eigenen Gefühlen und Wünschen. Zwar gesteht Frankfurt zu, daß unsere Liebe zu unseren Idealen kein rein nonkognitives Verhältnis sein muß (NI, 115). Aber andere Äußerungen klingen so, daß nicht zu sehen ist, warum nicht gerade der blind und fanatisch Liebende der Inbegriff einer selbstbestimmten Person sein sollte. Muß sich der, dem etwas wichtig ist, wirklich mit aller Macht davor schützen, von Dingen in der Welt oder sich selbst kritisch affiziert zu werden, die seiner Hingabe an das, was ihm wichtig ist, abträglich sein könnten (IC, 87)? Ist es wirklich ein Zeichen von Freiheit, nicht das tun zu können, was einem das Beste zu sein scheint, und zu realisieren, daß man unfähig ist, rational zu handeln (RU, 184)? Sicherlich erweist sich manchmal als richtig, den eigenen Gefühlen und Neigungen zu folgen, ohne dies groß ausweisen zu können; nicht nur unsere Gefühle und Neigungen, auch unsere Urteile können uns in die Irre führen. Aber daß dem so ist, können wir letztlich nur im Rahmen einer kritischen Selbstreflexion feststellen, die sich ja auch ihre eigenen Grenzen vor Augen führen kann. Wenn Frankfurt einerseits zuzugestehen ist, daß sich das, was wir wichtig nehmen, ursprünglich nicht unseren von allen Notwendigkeiten befreiten Entscheidungen verdanken kann und Beliebigkeit nicht mit Freiheit zu verwechseln ist, so wirkt andererseits die Vorstellung eines uns von der „Natur" und vom „Leben" (FP, 101) gewissermaßen eingepflanzten Wollens, das von einem überlegten Wandel ausgenommen ist (vgl. RU, 179), mehr beklemmend als befreiend. Vielleicht läßt sich darüber streiten, ob wir nicht glücklicher wären, hätten wir ein volitives „Wesen" (essence), das frei von Ambivalenzen ist. Aber freier wären wir deswegen nicht automatisch. Unsere Freiheit ist nicht nur durch äußere und innere Anomie bedroht, sondern auch durch den Rückzug in die „innere Festung" (Berlin) des eigenen Wollens und die damit einhergehende Abschottung von der Vielfalt der Wirklichkeit, in der wir leben. Es gibt nicht nur, mit Kierkegaard gesprochen, die „Verzweiflung der Möglichkeit als Fehlen der Notwendigkeit", sondern auch die „Verzweiflung der Notwendigkeit als Fehlen der Möglichkeit".1 Die Korrekturen, die an Frankfurts Analysen von Wichtignehmen und willentliNotwendigkeit anzubringen sind, könnten schließlich auch Auswirkungen auf die Behandlung des Problems der kausalen Determination unseres Wollens haben. Die angeführten Notwendigkeiten, die Frankfurt oft ohne sie klar auseinanderzuhalten als Voraussetzungen, nicht Gefährdungen von Willensfreiheit betrachtet, sind Notwendigkeiten in anderen Bedeutungen als der der kausalen Willensdetermination. Frankfurt verfolgt mit ihrer Explikation jedoch eine indirekte Strategie der Zerstreuung der DeVI.
cher
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Kierkegaard, a.a.O.
178
Holmer Steinfath
terminismusproblematik.1
Wäre unser Wollen schon allein dadurch frei, daß es das Wollen ist, das wir ohne Ambivalenzen höherstufig wollen, mit dem wir uns also rückhaltlos identifizieren, bliebe für die Determinismusproblematik tatsächlich wenig Raum. Diese Sachlage ändert sich jedoch, wenn durch den Einbezug der affektiven und kognitiven Grundlagen unseres Wollens wieder gefragt werden kann, warum wir wollen, was wir wollen. Das Problem der kausalen Determination unseres Wollens betrifft, recht verstanden, die Frage, was dafür verantwortlich ist, daß wir uns, gegebenenfalls, mit unseren Willensäußerungen rückhaltlos identifizieren. Man kann Frankfurt nicht vorwerfen, diese Frage nicht beantwortet zu haben, aber stellen sollte er sie.
Das wird schon in FWCP, 22ff deutlich und tritt am klarsten in CFLW hervor. Vgl. auch Alternate Possibilities and Moral Responsibility, wiederabgedruckt in The Importance of what we Care about, 1-10.
„Ich kann nicht anders" Rüdiger Bittner
seiner neueren Arbeiten mit dem Satz: „There are several Er hat dabei, wie er in one sense or another, we must that, nicht im die wir oder Dinge Auge, zwanghaft, oder gezwungen tun, sogleich erklärt, unkontrollierbar. Er meint Dinge, die wir freiwillig tun. Aber, so sagt er, bei manchen Dingen, die wir freiwillig tun, haben wir doch keine wirkliche Alternative (129). Unter den Dingen, die wir freiwillig tun und doch tun müssen, unterscheidet er verschiedene Gruppen. Da seien einmal Dinge, die wir klugheits- oder ehrgeizhalber tun müssen. (Vielleicht läßt „Ehrgeiz" manchen Leser stutzen. Vermutlich ist dies gemeint: Manche Ziele, die Leute sich setzen, sind nur mit Gefahr zu verfolgen, oder sind auf andere Weise ungesund, folglich unklug. Trotzdem stellen sie an die Handelnden Forderungen von gleicher Notwendigkeit, wie sie die Forderungen der Klugheit bei Handelnden mit weniger extravaganten Zielen besitzen.) Da seien zum anderen die Dinge, die wir tun müssen, weil wir moralisch dazu verpflichtet sind, sie zu tun. Zum dritten seien da aber die Dinge, die wir tun müssen, weil wir etwas oder jemanden lieben ( 129). Diese letzte Gruppe aber kann man im Rückgriff auf andere Texte Frankfurts auch breiter fassen. „Love is a mode of caring" (165) heißt es an einer Stelle. Liebe ist eine Weise dessen, daß uns Dinge oder Menschen am Herzen liegen; und an einer anderen:
Harry Frankfurt eröffnet eine
perform".1
kinds of actions
„There
are
merely
so
course
occasions when
a
much, but in such
of action".2
person realizes that what he cares about matters to him not way, that it is impossible for him to forbear from a certain
a
Also, da sind die Dinge, die wir tun müssen, weil uns etwas oder jemand dermaßen und derart am Herzen liegt. Meine Frage ist, was heißt hier „müssen"? Denn manche, die in diesem Sinne etwas tu müssen, tun es wirklich nicht. Daraufweist Frankfurt ausdrücklich hin: „We may in Harry Frankfurt, Autonomy, Necessity, and Love (1994), in: Necessity, Volition, and Love, Cambridge 1999, 129. Auf diesen Band verweise ich im Folgenden mit bloßen Seitenzahlen im Haupttext.
Harry Frankfurt, 1988, 86.
The
importance
of what
we care
about, in dem Band dieses Titels, Cambridge
180
Rüdiger Bittner
matters either of duty or of love negligently or willfully or akratically fail to do what we must do" (141). Und auch diejenigen, die wirklich tun, was sie in diesem Sinne tun müssen, wissen vermutlich, daß es so etwas gibt, Verrat an dem, was man liebt (139);
vernünftigerweise werden sie sich dagegen auch nicht gefeit glauben. Also denken sie sie, könnten das, was sie da tun, auch nicht tun. Aber was meinen sie dann, wenn sie sagen, sie müssen es tun? Eine Erklärung, die Frankfurt anbietet, ist diese: Wer in dem bezeichneten Sinn etwas tun muß, der hat wohl das Vermögen, anders zu handeln, aber nicht den Willen. „What he was unable to muster was not the power to forbear, but the will"1, so beschreibt Frankfurt den Luther, der vor dem Reichstag in Worms gesagt haben soll „Hier stehe ich, ich kann nicht anders". Und wenig später wiederum: „Perhaps there is a sense in which Luther, even if his declaration was true, might have been strong enough to overcome the force which obstructed his pursuit of any course of action but the one he pursued. But he could not bring himselfto overcome that force." Aber das ist eine schwer verständliche Rede. Denn wenn Luther wirklich nicht fähig war, den entsprechenden Willen aufzubringen, wenn er sich nicht dazu bewegen konnte, jene Kraft zu überwinden, die ihm jeden anderen Weg als den versperrte, den er tatsächlich ging, dann hatte er ja doch nicht das Vermögen, anders zu handeln. Doch das von ihm zu sagen, scheint nicht wahr: „After all, he knew that he was in one sense quite able to do the very thing he said he could not do."2 Aber damit sind wir wieder, statt bei einem Unterschied zwischen Vermögen und Willen, bei einem Unterschied zwischen zwei Bedeutungen von Sätzen der Form, daß einer „nicht anders kann" als das und das zu tun; und welches der Sinn ist, in dem es zutrifft, daß Luther zum Beispiel nicht anders konnte, das war eben die Frage. Man mag Hilfe von den anderen zwei Arten von Fällen erhoffen, die Frankfurt erwähnt, in denen wir nach seiner Meinung freiwillig etwas tun und doch es tun müssen; den Fällen nämlich, in denen entweder die Klugheit oder die Pflicht uns etwas zu tun gebieten. Alle drei Arten von Fällen, Klugheit und Pflicht ebenso wie Wollens-Notwendigkeit, etwa im Fall Luthers, werden schließlich eben als Fälle von Notwendigkeit bezeichnet. Tatsächlich helfen die Fälle von Klugheit und Pflicht aber nicht weiter, das Problem kehrt dort nur wieder. Was die Leute von Pflicht wegen tun müssen, das tun sie bekanntermaßen manchmal nicht, und ebenso tun sie manchmal das nicht, was ihnen die Klugheit gebietet. Also fragt man sich wiederum, in welchem Sinne gilt, daß sie tun müssen, was sie doch manchmal nicht tun. Es liegt nahe, zu sagen: Die Dinge, die man angeblich tun muß, weil Klugheit, Pflicht oder Liebe sie gebieten, sind in Wirklichkeit Dinge, die man tun sollte, aus Gründen der Klugheit, der Moral oder der Liebe. Denn „sollte", anders als „muß", verträgt sich leicht damit, daß das Betreffende eben nicht getan wird. Es hätte getan werden sollen, es wurde aber nicht getan, mit einer solchen Beschreibung haben wir keinerlei Schwierigkeit. Hiernach wäre es also immer übertrieben zu sagen, daß jemand, von Klugheit, Pflicht oder Liebe wegen, etwas tun muß. In Wahrheit sind das alles nur Dinge, die jemand tun soll. und
2
Harry Frankfurt, The importance of what we care about, 86. Ebd.
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„Ich kann nicht anders'
Nur ist das offenbar nicht, was Frankfurt im Auge hat. Freilich verträgt sich „sollte" damit, daß das entsprechende Tun unterbleibt. Aber es verträgt sich damit zu leicht. Von dem, was einer bloß tun sollte, kann man nicht gut sagen, daß er wirklich keine Alternative dazu hat, es zu tun, daß er keine Wahl in der Sache hat, daß es undenkbar ist, es nicht zu tun alles Ausdrücke, deren sich Frankfurt zur Beschreibung der gemeinten Notwendigkeit bedient.1 Gewiß, was einer in dem von Frankfurt intendierten Sinne tun muß, das mag auch etwas sein, was er tun sollte. Aber den Charakter der Unausweichlichkeit, um den es Frankfurt geht, hat es nicht schon auf Grund dessen, daß er es tun sollte. Was man nur tun sollte, läßt einem die Wahl, und in aller Regel weiß man das auch. Also reicht „sollte" nicht aus, das von Frankfurt Angezielte zu fassen. Das gilt übrigens auch von dem rechtlichen Gebrauch des Wortes. Nach dem rechtlichen Sprachgebrauch ist eine „sollte"-Regelung nicht immer dann schon verletzt, wenn das, wovon die Regelung sagt, daß es unter bestimmten Bedingungen geschehen sollte, unter diesen Bedingungen tatsächlich nicht geschieht. Sie ist dann nicht verletzt, wenn besondere und hinreichend gewichtige Gründe dafür bestanden, anders als in der Regelung vorgesehen zu verfahren. Das rechtliche „sollte", im Gegensatz zu „muß" oder, weit häufiger, zum bloßen Indikativ, schließt also Alternativen nicht aus, es erlegt der Wahl einer solchen nur eine besondere Begründungspflicht auf. Aber mit der Zulassung von Alternativen ist es entscheidend schwächer als das, was Frankfurt im Auge hat. Für den, der in Frankfurts Sinne etwas tun muß, gibt es ja, wie es hieß, keine echte Alternative. Kant, der in Frankfurts Aufsatz „Autonomy, necessity, and love" als Sprecher für Moral erscheint, beruft sich freilich auch auf eine Notwendigkeit moralischer Gesetze. So begründet er seinen Vorschlag, die Imperative der Sittlichkeit als Gesetze zu bezeichnen, mit dem Hinweis: „Denn nur das Gesetz führt den Begriff einer unbedingten und zwar objektiven und mithin allgemein gültigen Notwendigkeit bei sich" eine Notwendigkeit, die somit nach seiner Auffassung die Imperative der Sittlichkeit charakterisiert. Nur sagt Kant etwa auch: „Alle Imperativen werden durch ein Sollen ausgedrückt und zeigen dadurch das Verhältnis eines objektiven Gesetzes der Vernunft zu einem Willen an, der seiner subjektiven Beschaffenheit nach dadurch nicht notwendig bestimmt wird (eine Nötigung)." (GMS 413) Wenn also insbesondere das moralische Sollen nicht garantiert, daß einer auch tut, was er soll, so ist schwer zu verstehen, was es für eine Notwendigkeit ist, die nach dem vorigen Zitat den moralischen Imperativen zukommt wenn diese Notwendigkeit denn mehr sein soll als dies, daß einer das Betreffende eben tun soll. Anders als Kant spricht Frankfurt auch von Notwendigkeiten der Klugheit. Aber in diesem Feld erst recht wird sich kein Muster finden lassen, nach dem man Notwendigkeiten der Liebe verstehen könnte. Wohl gibt es Dinge, die zu tun unerläßlich ist für das Erreichen unserer Ziele. Aber das ist kein guter Grund zu sagen, daß wir diese Dinge tun müssen. Ständig reden wir so, gewiß. Wir sagen etwa: „Du mußt den Haupthahn öffnen, wenn du den Herd benutzen willst." Aber buchstäblich ¡st es nicht wahr, was wir da sagen. Niemand muß den Haupthahn öffnen, weder die Leute, die den Herd benutzen wollen, noch andere. Wahr ist nur, daß niemand den Herd benutzen wird, in der hier relevanten Art, der nicht -
,
-
Siehe Harry Frankfurt, Necessity, Volition, and Love, 129; The importance of what we care about, 86. Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (= GMS), Akademie-Ausgabe, Band 4, 416. Von der Notwendigkeit dieser Gesetze ¡st auch GMS 413, 414, 415, 449 die Rede.
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Rüdiger Bittner
den Haupthahn öffnet; und das ist für diejenigen Leute, die den Herd benutzen wollen, eine wichtige Neuigkeit, weshalb man sie auch ihnen insbesondere mitteilt. Aber für sie wie für alle anderen bleibt das Öffnen des Haupthahns damit immer noch eine bloße Option, die auszuschlagen höchstens unwillkommene Folgen hat. Von einer Notwendigkeit kann keine Rede sein. Ja, nicht einmal, nach einem analogen Argument, von einem Sollen. Diejenigen von uns, die den Herd benutzen wollen, unterstehen nicht irgendeiner Forderung, den Haupthahn zu öffnen. Sie schulden es nicht sich, der Welt, der Menschheit, oder der Rationalität. Wahr ist wiederum nur: tun sie das eine nicht, werden sie auch das andere nicht tun. Aber daraus sowie dem Umstand, daß sie das zweite tun wollen, folgt nicht, daß sie das erste tun
sollen.2
Jetzt stehen wir noch schlechter da als zuvor. Klugheit und Pflicht sollten uns Muster nach denen sich die Notwendigkeit der Liebe verstehen ließe, von der Frankfurt spricht. Aber umgekehrt, es ist vielmehr unklar geworden, in welchem Sinne auch schon bei Klugheit und Pflicht von einer Notwendigkeit des Handelns die Rede sein kann. Setzen wir also die Frage noch breiter an: In welchem Sinne müssen Menschen überhaupt irgendetwas tun? Klugheit, Pflicht und Liebe erschöpfen ja nicht die Fälle, in denen wir sagen, daß einer etwas tun muß. Wir sagen das auch, wie zu Beginn erwähnt, wenn jemand zu einem Tun gezwungen wird, wenn jemand etwas zwanghaft tut, wenn jemand die betreffende Bewegung physisch nicht unter Kontrolle hat. Man kann diese Fälle mit Frankfurt (129) als Fälle unfreiwilligen von jenen als Fällen freiwilligen Tuns unterscheiden wobei nur immer im Auge zu behalten ist, daß nach Frankfurt die Grenze zwischen dem unfreiwilligen und dem freiwilligen Tun nicht mit der Grenze zwischen dem, was man tun muß, und dem, was man nicht tun muß, zusammenfallt: Was man der Klugheit, der Pflicht oder der Liebe wegen tun muß, tut man gleichwohl freiwillig. Aber um herauszufinden, in welchem Sinne man diejenigen Dinge tun muß, die man, wenn man sie tut, freiwillig tut, mag es helfen zu untersuchen, in welchem Sinne man diejenigen Dinge tun muß, die man nicht
geben,
-
freiwillig tut.
Der leichteste Fall mag der von Bewegungen sein, die man nicht kontrollieren kann. Wird ein Gegenstand unvorhergesehen und rasch gegen die Augen zu geführt, schließt man unvermeidlich die Lider, und manche können es nicht verhindern zu zittern, wenn sie ein randvolles Glas tragen. Was es heißt, daß man diese Dinge tun muß, scheint klar: es heißt, daß man sie tun wird, ganz außerordentliche Umstände, wie etwa daß man sich die Lider vorher festgeklebt hat, ausgenommen. Die letzte Einschränkung mag Hoffnung wekken, hier ein Muster für die Notwendigkeiten der Liebe gefunden zu haben. Luther, so mag man sagen, kann nicht anders als seine Sache in Worms vertreten in demselben Sinne, in dem jemand nicht anders kann als vor einem rasch gegen die Augen geführten Gegenstand
Ich orientiere mich hier
an der Analyse hypothetischer Imperative, die ich in dem Aufsatz Hypothetische Imperative, Zeitschrift für philosophische Forschung 34, 1980 vorgeschlagen habe. Hier stütze ich mich auf mein Argument in dem Aufsatz On learning from experience, in Hans Friedrich Fulda, Rolf-Peter Horstmann (Hrsg.), Vernunftbegriffe in der Moderne, Stuttgart 1994, und auf zwei bisher nicht veröffentlichte Arbeiten John Broomes: Practical reasoning und Normative requirements.
„Ich kann nicht anders"
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die Lider zu schließen; nämlich in dem Sinne, daß er es tut, außer unter ganz ungewöhnlichen Umständen. Doch das scheint auch nicht richtig. Die Sache oder den Menschen, die einem am Herzen liegen, zu verraten ist nicht eine so abseitige Möglichkeit wie sich die Lider festzukleben, um damit jene Reaktion zu unterbinden. Verrat liegt viel näher. Wer sagt, er könne nicht anders als die Augen zu schließen, wenn sich ein Gegenstand rasch ihnen nähert, der denkt normalerweise nicht daran, daß er durch Ankleben der Lider diese Reaktion verhindern kann; und er wird den Hinweis darauf leicht als philosophische Neunmalklugheit empfinden. Wer dagegen in irgendeinem Worms steht und sagt, er könne nicht anders, dem ist in der Regel durchaus gegenwärtig, daß er auch fliehen könnte. Das sagt Frankfurt ja selbst.1 Die Flucht mag undenkbar erscheinen, so liegt doch dies Undenkbare sehr wohl im praktischen Horizont des Handelnden. Zwang ist ein anderes Muster, nach dem man hoffen mag, sich die Notwendigkeiten der Liebe verständlich zu machen. Auch literarisch ist ja Liebe als Zwang eine stehende Metapher. Aber Zwang mag in Wirklichkeit nicht einmal einen unabhängigen Fall von Notwendigkeit eines Tuns darstellen. Zwang wird in der philosophischen Literatur verschieden erklärt. Auf der einen Seite behauptet Frankfurt, jemand werde nur dann gezwungen, etwas zu tun, wenn die Drohung, mit deren Hilfe er gezwungen wird, ein Begehren oder Motiv bei ihm anspricht, das er nicht kontrollieren kann oder nicht kontrollieren zu können meint.2 Somit würde die Notwendigkeit des Tuns unter Zwang sich auf die Notwendigkeit eines zwanghaften Tuns reduzieren, also eines Tuns, zu dem wir unwiderstehlich durch ein Begehren getrieben sind; und zwanghaftes Tun ist gleich noch zu diskutieren, als letzter in der Reihe der Fälle von „etwas tun müssen". Auf der anderen Seite sieht Nozick in einer Drohung schon Zwang, wenn sie manche Handlungsoptionen des Betreffenden substanziell verschlechtert," und Greenspan fügt die Bedingung hinzu, daß der Betreffende die Ausführung der Drohung fürchtet. Aber wenn das richtig ist, reduziert sich die Notwendigkeit des Tuns unter Zwang auf die angebliche Notwendigkeit eines Tuns, zu dem die Klugheit rät. Denn unter Zwang handeln heißt hiernach in einer Situation handeln, die von einem anderen, dem Zwingenden, so verändert worden ist, daß es sehr unklug von dem Gezwungenen wäre, das von ihm Geforderte nicht zu tun. Klugheit aber macht, wie eben dargestellt, ein Tun nicht notwendig, sondern nur ratsam. So begriffen bietet also auch Zwang kein Muster für ein Verständnis davon, daß man etwas tun muß, weil einem etwas oder jemand am Herzen liegt. Bleiben als letztes also die Fälle von zwanghaftem Tun, Sucht, unwiderstehlichem Verlangen und ähnliche. Es ist nicht von vornherein ein absurder Vorschlag, das „Ich kann nicht anders" dessen, dem etwas oder jemand am Herzen liegt, nach diesem Muster zu deuten. Einmal ist ja literarisch diese Analogie kräftig ausgebeutet worden, in neuerer Zeit wohl noch stärker als die des Zwangs: Jetzt ist es tatsächlich altmodisch, von Amor oder der Geliebten Zwang zu erleiden, seit der Romantik ungefähr sollte man als Liebender
Harry Frankfurt, The importance of what we care about, 86. Harry Frankfurt, Coercion and moral responsibility, in: The importance of what we care about, 39, 4L Robert Nozick, Coercion, in: S. Morgenbesser, P. Suppes, M. White, (Hrsg.), Philosophy, Science, and Method. Essays in honor of Ernest Nagel, New York 1969, 442. P. S. Greenspan, Behavior control and freedom of action, Philosophical Review 87, 1978, 232.
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Rüdiger Bittner
unwiderstehlich getrieben sein, und zwar getrieben von etwas in einem selbst. Zum anderen gilt es im Auge zu behalten, daß Sucht, Obsession, zwanghaftes Handeln und dergleichen auf keinen Fall abgelegene, bloß klinische Phänomene darstellen. Sie sind ein Teil unseres alltäglichen Lebens. Man macht eine giftige Bemerkung und weiß genau, daß sie alles nur schlimmer macht, daß wieder so viel Bravsein und Besänftigung nötig sein wird, um die Dinge auf einen erträglichen Fuß zurückzubringen, aber man kann der Gelegenheit einfach nicht widerstehen. Oder beim Umgang mit Zeit, da gibt es die Leute, die es einfach nicht schaffen, anders als auf die letzte Minute zum Bahnhof zu fahren, und diejenigen, die ihre Texte immer ein bißchen nach der gesetzten Frist einreichen müssen. Oder in noch kleineren Dingen, manche können nicht die Küche verlassen, ohne rasch noch einmal über die Flächen zu wischen, und manche bringen es nicht über sich, eine eindeutige Antwort auf die Frage zu geben, ob sie lieber Kaffee oder Tee zum Frühstück mögen. Vielleicht wäre es übertrieben, solches Verhalten süchtig oder zwanghaft zu nennen. Tatsächlich unterscheidet es sich nur dem Grad nach, nämlich nach dem Grad der Wichtigkeit, die es in dem gesamten Leben eines Menschen gewinnt, von Sucht und Zwanghaftigkeit, die klinische Aufmerksamkeit verlangen. Was also heißt es, daß jemand in derartigen Fällen, alltäglichen oder klinisch bedeutsamen, nicht anders kann als das zu tun, was er tut? Es heißt offenbar nicht, daß er es unter allen Umständen tun wird. Denn manchmal kämpfen Leute gegen ihre Sucht, und manchmal siegen sie, zeitweise oder auf Dauer; und wir sagen nicht, daß, wenn einer siegt, er damit bewiesen hat, daß er gar nicht süchtig war. Zum anderen mag zwanghaftes oder obsessives Handeln unterbleiben, wenn wichtigere Dinge anstehen. Auch eine ernsthafte Platzangst mag einen nicht daran hindern, ein brennendes Haus zu verlassen, und wer hartnäckig Dinge zu spät einreicht, tut es vielleicht einmal pünktlich, wenn er wirklich zu der Überzeugung kommt, daß diesmal verspätete Papiere nicht mehr aufgenommen werden. Wiederum, das bedeutet nicht, eine Obsession, die auch einmal von anderen Erwägungen übertrumpft wird, sei gar keine. Es bedeutet auch nicht die Empfehlung, Leute durch Anzünden ihrer Häuser, buchstäblich oder übertragen, zu heilen. Es bedeutet nur den Hinweis darauf, daß etwas tun zu müssen wegen Sucht, Obsession oder Zwanghaftigkeit damit vereinbar ist, es unter bestimmten Umständen doch nicht zu tun. Vielleicht heißt dann, daß jemand etwas tun muß, wenn er süchtig, obsediert, zwanghaft oder etwas Ähnliches ist, nichts weiter als dies: Es ist für diesen Menschen sehr schwer, das nicht zu tun. Bei Dingen, die eine besondere Ausbildung oder Übung verlangen, sind wir vertraut damit, daß dasselbe Tun verschiedenen Menschen verschieden schwer fallt. Für einen geübten Pianisten sind Bachs zweistimmige Inventionen leicht, für einen Anfänger nicht, und der Uhrmacher öffnet mühelos eine Taschenuhr, womit sich ein Unerfahrener quälen würde. Aber auch die Dinge, die eigentlich jeder kann, sind für manchen schwierig, für andere leicht. In einer fremden Stadt Unbekannte nach dem Weg zu fragen, fällt mir schwer, andere finden nichts daran; und manchen Schauspielerinnen fällt es schwer, ihr Dauerlächeln abzustellen. So könnte man dann auch sagen, daß es für manche sehr schwierig ist, auf die Zigarette nach einem guten Essen zu verzichten, und für andere, eine schnelle und eindeutige Antwort auf die Frage nach Tee oder Kaffee zu geben. Noch weiter verlängert führt diese Linie dann zu echten Fällen von Sucht und Zwang: es wird Leuten übermäßig hart, die Droge zu entbehren oder die Zwangsrituale unerfüllt zu lassen.
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Aber in jedem Fall wäre die angebliche Notwendigkeit des Tuns nur Schwierigkeit, es zu lassen; nicht „ich kann nicht anders", sondern „alles andere fällt mir zu schwer". Wie kommt es aber, daß das gleiche Tun dem einen schwer fällt, dem anderen leicht? In allen Fällen, vom Uhrmacher bis zum Zwangsneurotiker, liegt das an den jeweiligen Vorgeschichten dieser Menschen: daran, was sie geübt haben, was sie entbehrt haben, was sie mit Schrecken erfüllt hat. Bei Uhrmachern und Pianisten ist die relevante Vorgeschichte leicht zu erkennen, bei Menschen, die es schwierig finden, jemanden nach dem Weg zu fragen oder ihre Rituale zu lassen, liegen die Geschichten nicht zu Tage, und Leute haben sich darauf spezialisiert, sie ans Licht zu heben, mit der Absicht auf Heilung, vielleicht auch mit der Absicht auf Vorbeugung in neuen Fällen. Doch offenkundig oder verborgen, an den Vorgeschichten liegt es, daß die eine Sache für einen Menschen schwierig ist, die andere nicht; und zu sorgen, es sei dies im Prinzip unerklärbar, gibt es keinen Grund. Da es aber an den Vorgeschichten liegt, daß jemandem etwas schwer fällt oder leicht, so ändert sich das Schwierigkeiten-Profil eines Menschen mit der Zeit: Wir lernen und verlernen Dinge. Und süchtig, zwanghaft, obsessiv und so weiter zu sein hieße nach dem gegenwärtigen Vorschlag, daß zu dem Zeitpunkt das betreffende Tun zu unterlassen im obersten Bereich des Schwierigkeiten-Profils dieses Menschen liegt. Diesen Vorschlag stützt die Tatsache, daß wir Sucht, Obsession, zwanghaftes Handeln und dergleichen geläufig in Begriffen beschreiben, die ein Mehr und Weniger, nicht nur ein Ja und Nein erlauben. Man spricht etwa von einer schweren Sucht und einer leichten Obsession. Wohl lassen sich diese Redeweisen auch material verstehen: etwa wieviel Stoff der Süchtige will oder bei wie vielen Gegenständen oder Situationen obsessive Reaktionen einsetzen. Näher liegt es aber, diese Redeweisen als Anzeigen davon zu verstehen, wie schwer einem Menschen das betreffende Unterlassen oder Tun fällt. Wer dagegen daran festhält, daß Süchtige, Obsessive, Zwanghafte usw. buchstäblich nicht anders können als das zu tun, was sie tun, dem ist dies Verständnis unserer graduierten Redeweisen verschlossen. Man mag entgegenhalten: Wer das „muß" von Sucht, Zwanghaftigkeit und dergleichen durch die Schwierigkeit erklärt, die ein Mensch darin findet, dies oder jenes zu unterlassen oder zu tun, der erklärt das Dunkle durch das ebenso Dunkle. Es ist ja in Wahrheit nicht schwer, den Morgen nicht mit einem großen Glas Kognak zu beginnen, und es ist nicht schwer, an dem festen und hohen Zaun entlangzugehen, hinter dem der Hund bellt. Wer also sagt, daß solche Dinge für einen Menschen schwierig sein mögen, der sagt etwas, was auf den ersten Blick keinen Sinn gibt; und welchen Sinn eine solche Rede auf den zweiten Blick haben soll, ist nicht erklärt worden. Aber das ist engstirnig argumentiert. Freilich ist es nicht physisch schwierig, am Morgen nicht ein großes Glas Kognak zu trinken und an dem Hund hinter dem Zaun vorbeizugehen; will sagen, es braucht dazu keine besondere Muskelkraft. Aber unser normaler Begriff davon, was für einen Menschen schwierig ist zu tun, ist vielfältiger. Jenseits von bloß physischer oder auch intellektueller Schwierigkeit eines Tuns, aber auch noch lange vor irgendwelchen Phänomenen von Zwang, kennen wir vielerlei Dinge, die Leuten schwer oder leicht fallen, etwa an einem steilen Abhang entlangzugehen, den Knoten in einem Band aufzulösen, einem Musikstück mit Aufmerksamkeit fürs Detail zu folgen. Es ist also nicht wahr, daß es keinen Sinn hat, davon zu reden, daß es für manch einen schwierig ¡st, an dem
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Rüdiger Bittner
Hund hinter dem Zaun vorbeizugehen, denn wir sind schon vertraut mit einer vielgestaltigen Landschaft dessen, was zu tun oder zu unterlassen für einen Menschen schwer ist oder leicht ist. Sucht, Obession und dergleichen müssen nur in diese Landschaft eingefügt werden. Angenommen also, das bedeutet es, wenn von jemandem gesagt wird, er müsse etwas tun, weil er in dieser oder jener Hinsicht süchtig, obsessiv oder zwanghaft ist, dann kehrt die Hauptfrage zurück, ob dieser Sinn von „etwas tun müssen" sich als Muster für ein Verständnis der Notwendigkeiten der Liebe, von denen Frankfurt spricht, eignet. Das Muß der Liebe und das Muß von Sucht, Zwanghaftigkeit und dergleichen unterscheiden sich nach Frankfurt ja schon dadurch, daß der betreffende Mensch selbst hinter dem Muß der Liebe steht, dem Muß von Zwanghaftigkeit, Sucht und dergleichen aber bloß ausgesetzt sein mag. Aber das schließt nicht aus, daß der Sinn dessen, daß man etwas tun muß, hier wie dort derselbe ist. Es ist derselbe. „Hier stehe ich, ich kann nicht anders", soll Luther in Worms gesagt haben; und jemand mag berichten: „Ich konnte sie in dem Moment nicht verlassen." Passende Geschichten dazu vorausgesetzt, drücken diese Äußerungen in Frankfurts Sinne Notwendigkeiten der Liebe, oder allgemeiner Notwendigkeiten dessen aus, daß uns etwas oder jemand am Herzen liegt. Aber wenn diese Äußerungen wahr sind, ist doch nur dies der Fall: es ist ungewöhnlich schwierig, für den einen und für den anderen Sprecher, das nicht zu tun, was sie tun, nicht in Worms Rede zu stehen für Luther, von der Frau fortzugehen für den anderen Sprecher. Strikt ist falsch, was sie sagen: in Wahrheit können sie anders; und von Notwendigkeit ist wirklich keine Rede. Wahr ist nur: Etwas andres zu tun ist so schwer für sie, daß sie es eben nicht tun. Aber es ist schwierig, nicht nur empfinden sie es so. Denn wenn sie es nur so empfinden, mögen sie sich täuschen, und es bleibt von der angeblichen Notwendigkeit möglicherweise nur eine vermeintliche übrig. Es ist wirklich schwierig, und sozusagen den steilen Weg bergauf, den es bedeuten würde, nicht in Worms Rede zu stehen oder nicht bei der Frau zu bleiben, den bezeichnen wir, fälschlich doch nachvollziehbar, als unmöglich. Aber unmöglich ist es, in diesen Fällen anders zu handeln, höchstens in dem lockeren Sinne, in dem wir auch davon sprechen, daß jemand sich unmöglich angezogen hat; in dem Sinne also nur, in dem „unmöglich" ungefähr so viel sagt wie „abwegig", „undiskutabel", „kommt nicht ¡n Frage". Gewiß, mit „undiskutabel" und „kommt nicht in Frage" sind wir nahe bei „unthinkable", einem anderen Begriff, mit dessen Hilfe Frankfurt den Ausschluß anderer Handlungsmöglichkeiten im Fall des Menschen beschrieben hat, der etwas tun muß, weil ihm etwas oder jemand derart und dermaßen am Herzen liegt.1 Aber es scheint, daß Frankfurt dieser und ähnlichen Redeweisen zuviel Glauben geschenkt hat. Er hält daran fest, daß jemand das, was für ihn undenkbar ist zu tun, auch nicht tun kann. Aber wir tun es doch! Manchmal gehen wir eben nicht nach Worms. Wir mögen dann nicht „Luther" heißen und berühmt
werden, aber das ist hier belanglos. Manchmal verlassen wir einen Menschen, den zu verlassen für uns undenkbar ist. Also können diese Dinge undenkbar nur in dem Sinne sein, in Harry Frankfurt, Rationality and the unthinkable, in: The importance of what we care about, Cambridge 1988, insbesondere Abschnitt III.
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„Ich kann nicht anders"
dem wir die Kleidung eines Menschen oder auch sein Benehmen unmöglich nennen. Und im Unterschied zur Unmöglichkeit von Kleidung oder Benehmen läßt sich diese Undenkbarkeit eines Tuns, den Fällen von Sucht, Obsession und dergleichen folgend, positiv als Schwierigkeit verstehen. So gebraucht man manchmal, vielleicht etwas altmodisch, Wendungen wie „mit blutendem Herzen", wenn jemand in einem solchen Falle fortgeht. Von Schillers Ritter Toggenburg etwa, dem die verehrte Frau erklärt, er solle sich keine Hoffnungen machen, heißt es: „Und er hört's mit stummem Harme, Reißt sich blutend
los",1
„blutend", also verletzt es ihn, von ihr fortzugehen. Es ist ihm nicht natürlich. Untertrieben kann man sagen, das geht ihm nicht leicht von der Hand. Mit einem anderen Bild, es kostet ihn viel, fortzugehen. Und das heißt einfacher, es fallt ihm schwer. Ähnlich einmal bei Goethe: „Doch wenn das Mächtige, das uns regiert, Ein großes Opfer heischt, wir bringen's doch, Mit blutendem Gefühl, der Not zuletzt."2
Wir tun, was die Not von uns fordert, aber das Gefühl blutet. Wir tun es trotz uns selbst, wir es auch aus freien Stücken tun. Es ist „ein großes Opfer": Das heißt, es fällt uns schwer. Und manchmal eben fällt es uns so schwer, daß wir es nicht tun. Wir schonen unser Gefühl und bringen der Not das Opfer nicht. Wir folgen unserem Herzen. Das sind die Fälle, in denen man davon reden mag, daß wir nicht anders können, daß wir in unserem Handeln einer Notwendigkeit dessen unterstehen, daß uns etwas oder jemand am Herzen liegt noch einmal, eine falsche Rede, wenn auch eine verständliche. Einen solchen Fall hat wiederum Goethe beschrieben, in „Iphigenie auf Tauris": Iphigenie selbst offenbart Thoas, dem König, in dessen Gewalt sie ist, den Plan zu ihrer Entführung, den ihr Bruder Orest und dessen Freund Pylades gerade ins Werk setzen. Iphigenie könnte sich Orest und Pylades gegenüber mit Frankfurt genau so erklären: „Ich konnte nicht anders" auch wenn eine solche im Stück tatsächlich nicht fällt. Die Notwendigkeit, von der sie spräche, ist nicht eine der Liebe: Iphigenie liebt Thoas nicht. Sie gehorcht auch nicht einer moralischen Forderung, etwa der Wahrhaftigkeit. Die Notwendigkeit hier ist eine dessen, woran ihr liegt, in Frankfurts Sinne: Es ist ihr wichtig, daß zwischen ihr und Thoas Klarheit herrscht. Darum bringt sie es nicht über sich, heimlich davonzugehen. Der Betrug wird iluso schwer, daß sie davon abläßt, so wie ein Wanderer halbwegs den Berg hinauf merkt, daß ihm der Aufstieg arg schwer wird, und umkehrt. Aber das ist auch die ganze Notwendigkeit hier. Nach allem, was wir von Iphigenie und vom Sinn solcher Ausdrücke wie „könnte" wissen, ist es ein wahrer Satz, daß Iphigenie den Betrug durchziehen könnte. Und undenkbar ist diese Handlungsweise für sie schon gar nicht, schließlich hat sie selbst zuvor in den Entführungsplan eingewilligt. Sie kann nicht anders allein in dem Sinne, daß der Betrug ihr gegen den Strich geht. wenn
-
Äußerung
'
-
Friedrich Schiller, Ritter Toggenburg, Werke (ed. Göpfert). Band 2, München 1966, 781. Johann Wolfgang von Goethe, Die natürliche Tochter, 2. Aufzug, 1. Auftritt.
188 Zu sagen, daß
Rüdiger Bittner
Iphigenie mit ihrer Wahrhaftigkeit gegenüber Thoas den leichteren Weg
nimmt, schlägt freilich der traditionellen Vorstellung ins Gesicht. „Das Schöne ist schwer",
ist schon für Piaton ein geläufiges Sprichwort,1 und zahllose Male ist uns seither von den Mühen der Tugend, dem Schweiß der Edlen, dem dornigen Pfad zum Höheren gesprochen worden. Die Metaphorik des Höheren selbst schreibt schon das Anstrengende in den Begriff des erfreulichen und gelungenen Tuns ein: hinaufgeht es schwerer. Aber „das Schöne ist schwer" ist ein guter Spruch für Klavierschüler. In Wirklichkeit ist nicht einfachhin das Schöne schwer, sondern: manches Schöne fällt manchem schwer, und manches manchem nicht. Iphigenie, so gibt uns Goethes Geschichte zu verstehen, hat etwas Schönes getan, als sie selbst den gegen Thoas geplanten Betrug offenbarte. Das hindert nicht, daß es ihr bei weitem leichter fiel, dies zu tun, als alles andere. Unglaubwürdig mag es zum anderen erscheinen, daß auf diese Weise Iphigenies edle Wahrhaftigkeit ebenso wie Luthers Einstehen für seine Überzeugung und die Liebe jenes Mannes, der eine Frau in Not nicht verläßt, mit Süchten und Zwanghaftigkeiten in eine Schublade gesteckt wird. Aber wirklich ist daran nichts Anstößiges. Es scheint nur so, einesteils, weil wir von Süchten, Zwanghaftigkeiten und dergleichen ohne weiteres unterstellen, daß sie auf nichtige oder geradezu schädliche Tätigkeiten oder Objekte gerichtet sind, andernteils, weil wir leicht diese Phänomene sogleich als klinisch betrachten und ihren alltäglichen Charakter vergessen. Aber diese Vorannahmen weggelassen, spricht nichts dagegen, Iphigenies Wahrhaftigkeit, Luthers Standhaftigkeit und die treue Liebe jenes Mannes mit dem Alkoholismus eines Menschen oder dem Waschzwang eines anderen in eine Reihe zu stellen. Manchem liegt an Kognak, und Iphigenie liegt an Klarheit zwischen ihr und ihren Mitmenschen. Wohl sind das verschiedene Zustände, aber nur sofern eben Kognak und Klarheit verschiedene Dinge sind und verschiedene Folgen haben, und allenfalls noch, wie vorhin erwähnt, sofern einer so oder so dazu eingestellt sein mag, daß es ihm an dem einen oder an dem anderen liegt. Nicht verschieden ist, daß der jeweilige Mensch um dessentwillen, was ihm am Herzen liegt, vieles preisgibt, worauf andere nicht verzichten mögen; und daß ihm dies leicht fällt. Augustinus hat die schöne Formel gegeben: „Pondus meum amor meus", meine Liebe ist meine Schwere.2 Also, Leute, die ihrer Liebe folgen, laufen wie die Murmeln den Abhang hinunter. Leicht begreiflich, daß von ihnen dann gesagt wird, sie können nicht anders. Aber anders als die Murmeln gehen die Menschen ja auch bergauf. Es fällt nur schwerer. Die Frage war: Was heißt „müssen" in Sätzen, in denen von einem Menschen gesagt wird, er müsse etwas tun, auf Grund seiner Liebe oder allgemein auf Grund dessen, daß ihm etwas oder jemand derart und dermaßen am Herzen liegt? Die Antwort ist: „Müssen" heißt in diesen Sätzen dasselbe wie in Sätzen, in denen von einem Menschen gesagt wird, er müsse etwas tun auf Grund von Sucht, Obsession, Zwanghaftigkeit oder dergleichen,3 2
Hippias major 304 e; Zweifel an der Echtheit des Dialogs können hier beiseite bleiben. Augustinus, Confessiones 13, 9, 10. Eine Stelle bei Frankfurt kommt einer Bestätigung dieses Gedankens nahe. Es heißt da: „The person's endorsement of his aversion is what distinguishes situations in which someone finds an action unthinkable from those in which an inability to act is due to addiction or to some other type of irresistible impulse." (Rationality and the unthinkable, 182) Wenn das als die werden Aussage gelesen kann, daß der Unterschied nur daran hängt, ob der betreffende Mensch hinter der Aversion steht oder
189
„Ich kann nicht anders"
es für diesen Menschen, seiner Liebe oder seiner Sucht wegen, ausnehmend ist, schwierig die betreffende Sache nicht zu tun. Und wer sich beklagt, daß „ausnehmend schwierig" etwas mager ist für „müssen", der hat recht, nur mehr gibt es nicht. Anders gesagt, dies ist eine Irrtumstheorie1 der Notwendigkeiten der Liebe. Man kann sagen, was der Fall ist, wenn die Leute in korrekter Weise von einer solchen Notwendigkeit sprechen, aber es ist nicht das der Fall, wovon sie sprechen.
nämlich daß
Eine Irrtumstheorie der Notwendigkeiten der Liebe wird dadurch ermutigt, daß sich unangeblicher Notwendigkeit des Handelns auch nicht viel wirkliche Notwendigkeit fand. Das moralische „muß" ist ein „soll", und das „muß" der Klugheit im besten Fall auch nur das. Auf der Seite der unfreiwilligen Notwendigkeiten lief die Unfähigkeit, eine Bewegung zu kontrollieren, auf die Tatsache hinaus, daß man diese Bewegung unter bestimmten Umständen vollführen wird, ungeachtet verschiedener Dinge, die man dagegen tun könnte. Das „muß" des Gezwungenseins reduzierte sich, je nach Theorie, entweder auf das „muß" der Klugheit, also wieder kein echtes „muß", oder auf das „muß" von Zwanghaftigkeit, Sucht, Obsession oder dergleichen. Da dies „muß" aber nur den Umstand benennt, daß es dem betreffenden Menschen sehr schwer fällt, anders zu handeln, so bleibt gar keine Notwendigkeit im praktischen Feld übrig, unterstellt zumindest, daß Frankfurts sechsfache Einteilung dessen, was wir tun müssen, erschöpfend ist.2 Es gibt Dinge, die wir tun sollen, Dinge, die wir tun werden, und Dinge, die zu unterlassen uns sehr schwer fällt. Es gibt nichts, was wir tun müssen. Irrtumstheoretiker sind gut beraten, eine Erklärung dafür bereitzuhalten, warum der von ihnen diagnostizierte Irrtum so weit verbreitet ist, wenn er es ist. Der Irrtum, um den es hier geht, ist ohne Zweifel weit verbreitet: Warum dann glauben die Leute, daß es Dinge gibt, die wir tun müssen? Oder insbesondere, was führt Harry Frankfurt zu dem Gedanken, daß manchmal ein Mensch etwas tun muß, auf Grund dessen nämlich, daß etwas oder jemand ihm so und so sehr am Herzen liegt? Was führt ihn zu dem Gedanken angesichts dessen, daß, wie er selbst einräumt, jemand das, was er in diesem Sinne tun muß, doch oft genug nicht tut? Der Grund mag angedeutet sein in Passagen wie der folgenden: ter den anderen Arten von
There are individuals who are prepared to do anything, if the consequences are sufficiently desirable that is, if the price is right. What they will do is therefore never determined exclusively by their own nature but is always a function of their circumstances. This means that as far as their wills are concerned, they have only accidental characteristics. And to the extent that a person is a volitional entity, such an individual is a person with no essential nature at all.3 -
Die Folgerung hier ist: Ohne Notwendigkeit gibt es kein Wesen. Handelnde insbesondere haben nicht als Handelnde ein bestimmtes Wesen, wenn es nicht Dinge gibt, die sie tun müssen oder nicht tun können.4 Wesensbegründend kann eine solche Notwendigkeit
'
3 4
nicht, dann bestätigt zusammengehören.
es
die
Behauptung,
daß
Notwendigkeiten
der Liebe und der Sucht
Im Sinne von J. L. Mackie, Ethics: Inventing right and wrong, Harmondsworth 1977, 35, 48f. Frankfurts Text, Autonomy, necessity, and love, 129, schließt diese Behauptung nicht ein. Rationality and the unthinkable, 188. Dieser Punkt ist bei Frankfurt ausgeführt in dem Aufsatz On the necessity of ideals, siehe insbesondere
190
Rüdiger Bittner
wenn der Handelnde ihr nicht nur als einer äußeren untersteht. Das die disqualifiziert unfreiwilligen Arten von Notwendigkeit, Zwang, Sucht, Unfähigkeit zu physischer Kontrolle. Es disqualifiziert in Frankfurts Augen vermutlich auch Notwendigkeiten der Klugheit, ja sogar die der Moral: man regiert nicht wirklich sich selbst, so argumentiert er,1 wenn man nur den unpersönlichen Forderungen der Moral folgt. Es läßt allein die Notwendigkeiten zu, die daher rühren, daß einem etwas oder jemand am Herzen liegt: wer in diesem Sinne etwas tun muß, der und der allein, hat eine wesentliche Natur als Handelnder. Die Folgerung leuchtet ein: ohne eigene Notwendigkeit kein Wesen. Gewiß, Kant protestiert, wenn Moral nicht als Quelle einer im Handelnden selbst liegenden Notwendigkeit des Handelns zugelassen wird, aber die Einrede mag hier unbeachtet bleiben. Wichtiger ist nämlich eine andere Frage. Sei fürs Argument zugestanden, daß nur daraus, daß einem etwas am Herzen liegt, eine dem Handelnden wirklich eigene Notwendigkeit des Handelns entspringt, und wahr ist ferner, daß es ohne eine solche Notwendigkeit kein Wesen des Handelnden gibt: Warum sollen Handelnde ein Wesen haben? Ein Ton von Verachtung ist spürbar in der Bezugnahme auf jene, die für jedes Tun zu haben sind, wenn nur der Preis stimmt; ein Ton von Verachtung in der Nachfolge dessen, der einmal an dem Ausdruck „wanton" hing. Aber was ist schlimm daran, oder eben niedrig, keine innere Notwendigkeit des Handelns zu kennen und zu jedem Tun bereit zu sein, wenn nur der Preis stimmt? Schließlich mag „Preis" hier auch die Realisierung der höchsten oder wichtigsten Ziele bedeuten, die Menschen verfolgen. Warum nicht jemand sein, für den kein Tun unaufgebbar und kein Tun undenkbar ist, der nur in jeder Lage das Beste zu tun sucht und der also in diesem Sinne als Handelnder kein Wesen hat? Wenn die eben zitierten Sätze darauf eine Antwort enthalten, dann die: Was ein solcher wesenloser Mensch tun will, ist nie durch ihn selbst bestimmt, es hängt immer von den Umständen ab, in denen er sich findet. Doch das ist eine verwunderliche Auskunft. Gewiß, so ist es bei wesenlosen Menschen. Aber so ist es bei Menschen, die ein Wesen haben, doch auch! Luther kann nicht einfach in die Gegend stehen und nicht anders können, er braucht dazu einen Wormser Reichstag. Jeder Mensch will und tut von den Umabhängig ständen. Was das Besondere daran ist, als Handelnder ein Wesen zu haben, ist noch nicht zu erkennen. Frankfurt mag so entgegnen: Das ist klar, jeder Mensch handelt in Anbetracht der Umstände. Der Unterschied liegt darin, in welchem Maß sich einer in seinem Handeln unter den gegebenen Umständen wiederfindet. Spielen wir es durch. Da ist der Luther, von dem die Geschichte erzählt wird: Er steht in Worms vor Kaiser und Reich, er sagt: Hier stehe ich, ich kann nicht anders, und es ist so, wie er sagt. Da ist ein zweiter Luther, den wir jetzt erfinden: Der steht auch in Worms vor Kaiser und Reich, aber er sagt nicht, er könne nicht anders, denn er könnte anders, er hält es nur nach der Lage der Dinge für das Beste, in Worms vor Kaiser und Reich zu stehen. Freilich geht der im vorigen Absatz gemachte Punkt durch: Ohne Reichstag spielt sich gar nichts ab, weder beim „wahren" Luther noch
zudem
nur
sein,
den Abschnitt: Volitional
necessity and identity, in: Necessity, volition, and love, 112-114. Harry Frankfurt, Autonomy, necessity, and love, besonders Abschnitt II und III. Siehe etwa Freedom of the will and the concept of a person, besonders Abschnitt II. The importance of what we care 16-19. about,
191
„Ich kann nicht anders"
bei Luther 2. Aber gegeben der Reichstag und die übrigen Umstände, kann Luther 1 sich sagen, daß sein Tun rein das seine ist. Gut augustinisch, es ist allein seine Schwere, die ihn unter diesen Umständen tun läßt, was er tut. Luther 2 dagegen, auch Reichstag und sonstige Umstände gegeben, kann sich das nicht sagen. Sein Tun entspringt nicht rein ihm selbst, es ist eine Funktion der Umstände, die er vorfindet, der Ziele, die er verfolgt, der Anforderungen, denen er untersteht. Mit Hamlets Ausdruck, Luther 2 ist „a pipe for Fortune's finger, To sound what stop she please",1
pfeift nur den Ton, den das Schicksal auf ihm bläst. Allein ein Mensch, der als Handelnder ein Wesen hat, ist manchmal mehr als eine solche Pfeife des Schicksals. Doch in der Tat ist zwischen Luther 1 und 2 kein Unterschied, sie reden nur verschieden. Ist einmal zugestanden, daß Luther 1 in Worms nicht ohne Reichstag auftritt, so gilt auch, daß er sich sein Tun, gegeben seine Vorhaben, genau so von den Umständen anweisen läßt wie Luther 2. Er sagt dann vielleicht noch, es sei dies rein sein eigenes Tun. Aber das Auftreten von Luther 2 ist ebensogut dessen eigenes Tun, und was darüberhinaus mit dem Wort „rein" gemeint sein soll, ist nicht zu erkennen. Es bleibt kein Unterschied der Art, daß der eine sich selbst folgt, der andere den Umständen nach der Pfeife tanzt. Beide versuchen sie, das, worum es ihnen geht, unter den gegebenen Umständen durchzusetzen. Fällt aber der Unterschied fort, so erübrigt sich die Bestrebung, den wahren Luthern durch die angebliche Notwendigkeit des Handelns begrifflichen Raum zu verschaffen. Den Luthern 2 fehlt nichts. Ich habe zwei Dinge zu zeigen versucht. Zum einen, wir müssen nichts tun, und wir müssen insbesondere nicht etwas tun auf Grund dessen, daß uns etwas oder jemand am Herzen liegt. Zum anderen, wir bedürfen auch dieses Gedankens nicht, daß es etwas gibt, was wir tun müssen. Gewiß, ohne Notwendigkeit kein Wesen. Aber wesenlos zu sein ist kein Verlust. er
William
Shakespeare, Hamlet, 3. Akt, 2. Szene.
Was heißt, sich im Wollen orientieren? Gottfried Seebaß
1.
Fragestellung
Der Titel meines Aufsatzes ist ein Plagiat. Er variiert den Titel eines Aufsatzes von Kant, in dem dieser die These vertritt, daß unser Denken genau dann einer „Orientierung" bedarf, wenn es sich auf Bereiche erstreckt, aie jenseits des Wißbaren liegen, bei denen es aber nicht möglich ist, Urteilsenthaltung zu üben, weil ein „Bedürfnis der Vernunft" zum Urteilen treibt.1 Ein also ist für Kant begrifflich ausgeschlossen. Allerdings legt er seinen speziellen, erfahrungsgebundenen Wissensbegriff zugrunde. Außerdem hat Kant emphatisch betont, daß der Maßstab der „Orientierung" nur in der Vernunft selbst liegen kann und daß ihr Resultat dem Wissen insoweit ähnlich ist, als es mit diesem zwar nicht die „Gewißheit", wohl aber die „Festigkeit" und das „Bewußtsein seiner Unveränderlichkeit" teilt. Ohne mich an die speziellen Prämissen Kants zu binden, möchte ich im folgenden den Versuch machen, seine Frage nach der „Orientierung im Denken" in sinngemäß modifizierter Form auf das Wollen zu übertragen. Auch hier, so meine ¡ch, gibt es einen Bereich, der prinzipiell über die Erfahrung hinausführt und der es zweifelhaft macht, ob oder in welchem Sinne wir überhaupt noch von „Wissen" reden können. Verschärft wird dieser Zweifel dadurch, daß die „Orientierung im Wollen" nicht nur in gravierende theoretische Fragen führt, sondern auch und zuallererst, wie ich zeigen will, in spezifisch praktische. Hier geht es nicht allein darum, ein „festes" (wenn vielleicht auch
„Orientierungswme«"2
:
3
I. Kant, Was heißt: Sich im Denken orientieren? (Oktober 1786), zit. nach AA, Bd. VIII, 133-147. „Orientierungswissen" wird in der neueren Literatur meist kontrastiv zu rein theoretischem „Tatsachenwissen", teils auch zu zweckrationalem (technischem) „Verfugungswissen" gebraucht und bezieht sich speziell auf die Orientierung an universalen, höchstrangigen Werten und Zwecken. Zum Sprachgebrauch vgl. G. Wolters, Orientierungswissen als Humanressource, in: G. Ciar / J. Doré / H. Mohr (Hrsg.), Grundlagen einer nachhaltigen Entwicklung, Berlin 1997, 33-51. Die Rede vom „Wissen" ist problematisch, läßt sich jedoch verständlich machen, wenn man, wie im folgenden gezeigt werden soll, einen rein theoretischen und einen spezifisch praktischen, volitionalen Sinn von
„Wissen" scharf auseinanderhält. Kant, a.a.O., 141f, Anm.
Gottfried Seebaß
194
nicht „gewisses") Urteil darüber zu bekommen, was ist, sondern ein „festes" hinreichend tragfähiges) Urteil darüber, was sein soll.
(oder doch
2. Relevanz theoretischen Wissens Die Rede
vom
„Orientieren" hat metaphorische Wurzeln. Exemplarisch sind Situatio-
nen, in denen ein Wanderer oder Schiffer die
Orientierung verloren hat und deshalb hilflos umherirrt. Ein Kompaß kann ihn darüber unterrichten, wo Orient und Okzident liegen. Aber das allein hilft ihm nicht weiter. Er muß auch über eine verläßliche Karte oder entsprechende räumliche Vorstellung von seiner Umgebung verfügen und wissen, wo er sich gerade befindet. Mit diesen Informationen (nehmen wir an) ¡st er theoretisch hinreichend orientiert, d.h. er kennt alle ihn interessierenden Fakten. Normalerweise hilft ihm das, aber natürlich nur, wenn er weiß, wo er hin will. Weiß er es nicht, bleibt er praktisch desorientiert. Denn weil er nicht weiß, was er will, weiß er auch nicht, was er tun soll, und wird deshalb genauso ratlos umherirren oder am Fleck verharren wie zuvor. Wenn er aus dieser Lage herauskommen will, muß er praktische Überlegungen anstellen, die eine doppelte Orientierungsfunktion für ihn erfüllen: Sie dienen zunächst der Willensbildung und bereiten über diese den nachfolgenden Entschluß zum willensgemäßen Handeln vor. In einfachen Fällen sind beide Schritte kaum voneinander zu trennen. Aber auch hier ist die Willensbildung sachlich das Erste. Ihr speziell dient die „Orientierung im Wollen". Und die Frage ist nun, was dies genau beinhaltet und ob es gerechtfertigt ist, auch hier (ähnlich wie bei rein theoretischen, faktenbezogenen Überlegungen und Erkundungen) von einem Erwerb von Wissen zu sprechen. Nun, zu einem bedeutenden Teil zumindest hängt auch unsere Willensbildung von erworbenem Wissen ab. Denn sie bedarf der Kenntnis von Fakten. Dabei geht es zunächst um mögliche Willensinhalte. Wenn ich nicht weiß, welche Speisen ein Restaurant anbietet oder welche Sehenswürdigkeiten in einer fremden Stadt zu besichtigen sind, kann ich mir auch nicht darüber klar werden, ob oder welche von ihnen ich vielleicht essen oder besichtigen will. Sodann dienen willensbildende Überlegungen dazu, herauszufinden, ob oder unter welchen Bedingungen mögliche Willensinhalte realisierbar sind. Dabei wird häufig nur an die Erkenntnis von Mitteln gedacht, die man einsetzen kann oder muß, um bestimmte Inhalte als Zweck zu erreichen. Natürlich bilden diese einen besonders wichtigen Teil. Aber es wäre mehr als kurzsichtig, seine Willensbildung nicht auch auf die Kenntnis der Folgen und Nebenfolgen zu stützen. Die blind euphorische Entscheidung der Industriestaaten, ihre Energieprobleme durch expansive Nutzung der Kernenergie zu lösen, ohne sich um die Entsorgung des strahlenden Mülls zu kümmern, liefert dafür das wohl verhängnisvollste Negativbeispiel. Alle realisierbaren Willensinhalte sind vielfältig eingebettet in ein komplexes Netz von Bedingungen, ohne die sie nicht zu verwirklichen sind. Nur diese Komplexe, nicht die isolierten Einzelinhalte, bilden die „Optionen", zwischen denen man realistisch wählen kann. Und da die Anzahl der Folgen, Nebenfolgen und Mittelglieder zwischen primärer Handlung und gewolltem Erfolg indefinit, also prinzipiell unüberschaubar ist, stoßen wir hier bereits auf einen Bereich, der die Gren-
Was
heißt, sich im Wollen orientieren?
195
Erfahrung sprengt. Dieser Tatsache muß man Rechnung tragen, auch wenn viele Theoretiker sie verdrängen. Die weit verbreitete, aber konzeptionell verwirrte Entgegensetzung von „Gesinnungs-" und „Verantwortungsethik", „deontologischen" und „konsequentialistischen" Moraltheorien belegt das. Das Netz der Bedingungen, die Optionen konstituieren, wird keineswegs nur durch zen unserer
kausale oder
naturgesetzliche Relationen geknüpft,
sondern auch durch diverse andere, Deshalb müssen sich realistisch willensbildende Überlegungen auch an Normen und Werten orientieren. Obwohl diese selbst nicht deskriptiv sind, sondern präskriptiv, stellt ihre Ermittlung eine theoretische Aufgabe dar, deren Ergebnis „Wissen" ist. Das deutsche Strafrecht bringt das korrekt zum Ausdruck, wenn es außer vom „Tatbestandsirrtum" auch vom „Verbotsirrtum" spricht. Objekt des Wissens oder Nichtwissens ist ja nicht das Verbot als solches, sondern die Tatsache, daß es in Kraft ist und erfüllungsabhängige Konsequenzen hat. Wer das Sonderangebot eines Kaufhauses nutzen will, tut gut daran, nicht nur zu wissen, wohin er gehen muß und in welcher Zeit, sondern auch, daß er das, was er will, nur kriegen kann, wenn er entweder zahlt oder straffällig wird. Insoweit also ist die Rede von einem „Orientierungswissen" auch mit Bezug auf die Orientierung im Wollen verständlich. Allerdings darf man zwei Dinge nicht aus den Augen verlieren. Erstens ist dieses „Wissen" ausschließlich theoretisches Wissen, das in einem sicheren Urteil darüber besteht, was ist, einschließlich faktisch erhobener Sollensansprüche. Zweitens ist es durchweg begrenzt, erstreckt sich also niemals auf alles, was Gegenstand unseres Wollens werden kann. z.B.
3.
geltende soziale Regeln.
Spezifisch praktisches Wissen?
Dieser zweite Punkt zeigt bereits, daß theoretisches Wissen zwar notwendig, nicht aber hinreichend für eine realistische Willensbildung ist. Daß eine bestimmte Norm in einer Gesellschaft gültig ist, kann man als distanzierter Beobachter auch feststellen, ohne sich selbst durch sie verpflichtet zu fühlen. Und wenn man sich verpflichtet fühlt, heißt das nicht unbedingt, daß man will, was die Norm fordert. Im Gegenteil, es gehört zum Sinn normativer Verhaltenssteuerung, daß sie dem Adressaten die Freiheit läßt, sich für oder gegen sie zu entscheiden. Noch deutlicher ist die Distanz bei nichtnormativen Fakten. Auch wenn ich weiß, welche Speisen ich realistischerweise ordern oder welche Sehenswürdigkeiten ich auf welchem Wege ansteuern kann, ist meine Willensbildung damit nicht abgeschlossen. In gewissem Sinne beginnt sie sogar jetzt erst. Denn der entscheidende Schritt wird durch die Optionenermittlung nur vorbereitet. Theoretisches Wissen bezieht sich eben nur auf das, was ¡st, Wollen aber auf etwas, das (in den Augen des Wollenden) sein soll. „Wollen" ist mehr als bloßes Wünschen, enthält aber Wünschen als begrifflichen Kern. Und dieses Wünschen ist seinerseits im Kern nichts anderes als eine (der assertorischen spiegelbildlich entgegengesetzte) optativische Stellungnahme, mit der der Anspruch erhoben wird, etwas möge der Fall sein. Daß dies so ist und daß Einstellungen des Wollens und Wünschens sich weder hedonistisch noch dispositionell reduzieren las"
„
Gottfried Seebaß
196
habe ich andernorts ausführlich argumentiert.1 Ebenso werde ich nicht wieich überzeugt bin, daß optativische Einstellungen primär nur als Bederholen, wußtseinszustände identifizierbar sind,2 ohne daß dies die Möglichkeit einer sekundären physikalistischen Reduktion ausschließt. Allerdings ist eine solche Reduktion (trotz der euphorischen Aufgeregtheiten mancher KI- und Neuro-Freaks) bis auf weiteres reine „science fiction". Etwas zu wollen also heißt primär, etwas bewußt zu wünschen und ebendamit den Anspruch zu erheben, daß es sein soll, nicht jedoch, zu behaupten, daß es so ist. Gewiß, es gibt Fälle von Sollensansprüchen, die wir zugleich als erfüllt erkennen, z.B. wenn etwas so gekommen ist, wie wir wollten und weiterhin wollen. Doch überall, wo es nicht so ¡st, reicht unser Wille zwar nicht unbedingt über alles Erfahrbare, wohl aber über unsere Erfahrung hinaus. Damit jedoch wird die Vorstellung von der „Orientierung im Wollen" als Wissenserwerb in doppelter Hinsicht fragwürdig. Zweifelhaft ist sie nicht nur im Blick auf den Schritt von der bloßen Optionenerkenntnis zur Ausbildung eines bestimmten Wollens. Zweifelhaft ist sie auch für den Zustand des Wollens selbst. Denn macht es Sinn, eine nicht assertorische, rein optativische Einstellung als sen, dafür
warum
„Wissen" anzusprechen? Nun, es gibt etablierte Redeformen, die zweifellos nichtassertorisch sind. Eine davon
ist die Rede vom Wissen wie ". Doch sie kann unser Problem nicht lösen. Denn einerseits ist dieses meist auch mit assertorischem „Wissen daß" verbunden. Andererseits lassen sich nur bestimmte, relativ simple Formen des Schrittes vom Wollen des Zwecks zum Wollen und Ergreifen des Mittels als Fälle von „Wissen wie" verstehen, nicht aber andere Arten der Willensbildung, geschweige denn das Wollen selbst. Nur eine andere nichtassertorische Redeform könnte uns weiterhelfen. Von Menschen, die in ihrem Wollen desorientiert sind, sagen wir auch, sie wüßten nicht, was sie wollen", von Menschen, die orientiert sind, sie „wüßten es". Was aber heißt das? Zunächst wohl nur, daß sie sich ihres Willens bewußt sind, unterschieden von Zuständen des unbewußten, verdrängten oder nur halb bewußten Wollens. Dann aber kann es auch heißen, daß ihre Willensbildung beendet ist und sie zu einem bestimmten, festen Wollen gekommen sind. In diesem Sinne von „Wissen" ist die Beschreibung des Willensbildungsprozesses als Wissenserwerb offenbar unanfechtbar. Allerdings scheint das ein Sinn zu sein, der sich vom theoretischen, faktenbezogenen Wissen fundamental unterscheidet. Oder nicht? Verbirgt sich hinter der scheinbar anders gearteten Rede davon, daß jemand „weiß, was er will", vielleicht nur die Einsicht, daß auch die „Orientierung im Wollen" sich letztlich theoretischem Wissen verdankt, wenn auch eines Wissens, das anderer Art ist als die bloße Optionenkenntnis? „
„
4.
Ergebnisoffene und nicht ergebnisoffene Überlegungen
Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir die Willensbildung näher betrachManchmal bildet sich unser Wollen blitzartig oder überfallartig. Ein plötzlicher
ten. 1
2
G. Seebaß, Wollen, Frankfurt 1993, Vgl. Seebaß 1993, a.a.O., 46f, 66ff
vgl. bes. 47, 72, 9Iff, 113f, 168f.
Was heißt, sich im Wollen orientieren?
197
Schmerz, eine plötzlich auftauchende Gefahr erregen sofort den Willen in uns, dem zu entkommen. Oder ein Objekt, auf das wir beim Stöbern in einer Kunsthandlung stoßen, entringt uns den Ausruf: „Das will ich!". Doch das sind eher seltene Fälle. Im allgemeinen bedarf es zur Überwindung von Zuständen anfänglicher volitionaler Desorientiertheit eines gewissen Maßes an Überlegung -praktischer Überlegung natürlich, die zuerst darauf zielt (192), uns über unser Wollen klar zu werden. Was genau ist darin involviert? Zwei Formen willensbildender Überlegungen sind auseinanderzuhalten: ergebnisoffene und nicht ergebnisoffene. Letztere zeichnen sich dadurch aus, daß das, was der Überlegende will, schon am Beginn seiner Überlegungen feststeht. Warum aber überlegt er dann noch? Nun, einiges ist auch hier zunächst unklar. Auch wer schon weiß, was er will, muß das Geschäft der Optionenermittlung betreiben. Denn er muß nicht nur feststellen, wie er das Gewollte realisieren kann, sondern auch und vor allem, ob unter den relevanten Mitteln, Folgen und Nebenfolgen einige sind, die sich mit etwas, das er ebenfalls und vielleicht stärker will, nicht vereinbaren lassen. Außerdem ¡st uns beileibe nicht alles, was wir wollen, immer präsent, sondern muß erst bewußt gemacht werden. Dazu ist das Durchdenken der Bedingungen, in die ein bestimmter Willensinhalt optional eingebettet ist, eines der wichtigsten heuristischen Hilfsmittel. Aber natürlich kann man auch direkt auf seine komplexere Willenslage reflektieren oder andere Hilfen in Anspruch nehmen, bis hin zur extensiven psychoanalytischen Therapie. Wenn wir nun annehmen, daß es bei all dem nur um die Aufdeckung von etwas geht, das bereits da ist, und daß das Resultat durch die ebenfalls schon vorhandenen Präferenzen zwischen den einzelnen Willensinhalten eindeutig festgelegt ist, müssen wir sagen, daß der gesamte Überlegungsprozeß, was das Wollen betrifft, von vorneherein nicht ergebnisoffen war. Klärungsbedürftig war hier nur, was alles man immer schon wollte und jeweils in welchem Maß. Und die Beantwortung dieser Frage ist offenbar ebenso eine Sache des theoretischen Wissenserwerbs wie die rein theoretische Optionenermittlung. Noch ein anderer Aspekt nicht ergebnisoffener Überlegungen muß erwähnt werden. Auch eine Person, die „weiß, was sie will", weiß nicht immer, warum. Sie „orientiert sich im Wollen", indem sie die Gründe ermittelt, die ihm vorausliegen. Das können Kausalgründe sein oder auch (rein ) rationale Gründe, wie etwa der übergeordnete Wille, bestimmten Normen genüge zu tun. Unter der Annahme, daß auch diese Gründe bereits bestehen und nur noch aufgedeckt werden müssen, läuft auch dieser Orientierungsprozeß auf ein volitional nicht mehr ergebnisoffenes Überlegen hinaus, das durch theoretischen Wissenserwerb beendet wird. Im Unterschied dazu sind ergebnisoffene Überlegungen solche, bei denen die entscheidende optativische Stellungnahme erst noch erfolgen muß und durch willensbildendes Überlegen ermöglicht wird. Wird hier nach relevanten Gründen gefragt, so geht es immer um rationale Gründe, und es steht nicht von vorneherein fest, welche von ihRationale Begründungszusammenhänge lassen sich nicht einfach auf kausale reduzieren. Aber das schließt nicht aus, anders als manche Vertreter der Analytischen Philosophie in den 50er und 60er Jahren dachten, daß Menschen durch rationale Gründe kausal motiviert sein können. Im Gegenteil, persönlich zurechenbar sind willentliche Handlungen nur, wenn sie sich auch kausal auf den Willen des Handelnden zurückfuhren lassen. Näheres dazu in Seebaß 1993, a.a.O., 205ff
198
Gottfried Seebaß
den Ausschlag geben. Die überlegende Person will sich ihrer theoretisch versichern, um danach in optativischer, nichtassertorischer Form zu ihnen Stellung zu nehmen. Entsprechendes gilt für die Optionenermittlung und die Vergewisserung über die zunächst verdeckte, komplexe Vielfalt des eigenen Wollens. Auch hier dient die theoretische Wissenserweiterung nicht dazu, neugierig in Erfahrung zu bringen, was eigentlich längst vorentschieden ist, sondern den Spielraum der faktischen und volitiven Möglichkeiten kennenzulernen, die man besitzt, um daraufhin Stellung zu nehmen. Weiß der Überlegende danach, was er will, so hat dieses „Wissen" zwar einen bedeutenden, mehr oder weniger weitreichenden theoretischen Hintergrund, geht aber darin nicht auf. nen
5.
Vorzüge mangelnder Ergebnisoffenheit
Der Gedanke, daß rationale Akteure sich ausschließlich von Überlegungen leiten lassen, die nur dem theoretischen Wissenserwerb verpflichtet und voütiv nicht mehr ergebnisoffen sind, kann faszinieren. Wenn feststeht, was die Individuen wollen und wie ihre real („optional") unvereinbaren Willensinhalte präferentiell geordnet sind, wird der Prozeß ihrer „Orientierung im Wollen" berechenbar. Man kann versuchen, Logiken des praktischen Überlegens zu formulieren, mit Hilfe derer sich, angewandt auf bestimmte epistemische und volitive Prämissen, rationale Empfehlungen zum Wollen und Handeln ableiten lassen. Soweit die Betreffenden rational sind, werden sie sich entsprechend verhalten. Und überall, wo sie es nicht sind, kann man versuchen, die Gründe für ihr Abweichen vom rationalen Ideal aufzudecken und ihr Verhalten darüber wieder berechenbar machen. Soziale Koordinations- und Integrationsprobleme z.B. könnten auf diesem Wege lösbar werden. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß Varianten des nicht ergebnisoffenen Überlegungsmodells vor allem für Psychologen, Sozialwissenschaftler und Ökonomen, aber auch für viele Philosophen attraktiv sind. Wichtig erscheint das Modell aber auch außerhalb des sozialen Kontexts. Denn zwei Funktionen, die auch für Individuen essentiell sind, können offenbar nur durch die mangelnde Offenheit praktischer Überlegungen sichergestellt werden. Erstens erfüllt sie eine Entlastungsfunktion. Würden wir etwa bei jedem Schritt, den wir tun, neu dazu Stellung beziehen müssen, ob oder welche der uns verfügbaren Optionen wir wollen, würden wir alsbald handlungsunfähig. Einmal gefaßte Pläne und Vorsätze könnten wir nicht konsequent zu Ende führen. Außerdem hätten wir ständig neu zu entscheiden, ob wir die Optionenermittlung abbrechen oder noch weiter vorantreiben. Permanentes Infragestellen aber hindert uns eher, als daß es uns hilft. Faktisch sind wir zum Glück nicht so desorientiert, daß permanente Überlegungen nötig wären. Ein großer Teil unseres Alltagslebens vollzieht sich sogar völlig habitualisiert und automatisiert.1 Und wenn Willensentscheidungen fällig sind oder automatisierte Prozesse reflexiv überdacht werden, genügt meist die theoretische Vergewisserung über die schon bestehenden Willensinhalte und Präferenzen. Neuere motivationspsychologische Untersuchungen liefern dazu vielfältiges Material. Vgl. etwa J.A. Bargh, The Automaticity of Everyday Life, in: R.S. Wyer (ed.), The Automaticity of Everyday Life. Advances in Social Cognition, vol. X, Mahwah/N.J. 1997, 1-61.
Was heißt, sich im Wollen orientieren?
199
Zweitens dient fehlende volitionale Offenheit einer umfassenden, einheitlichen Lebensorientierung. Wer sich nicht länger orientieren muß, sondern weiß, was er will, weiß damit in gewissem Sinn auch erst, wer er ist. Durch sein fixiertes Wollen gewinnt er Selbstidentität, Selbstsicherheit und innere Freiheit. Daß dies so ist und wie man dahin gelangen kann, ist ein altes Thema unserer Geistesgeschichte. Im Aristotelischen Konzept eines „tugendhaft festen Charakters" läßt es sich ebenso ausmachen wie im Stoischen Gedanken der „Ataraxie" oder der jüdisch-christlichen Vorstellung vom Menschen, der erst in der vollständigen Bindung des Willens an Gott sein wahres Selbst gewinnt. Kollektivistische Versionen finden sich in der Neuzeit bei Hegel und Marx und in gewissem Sinn auch in Kants Vernunftmoral.2 Individualistisch verschärft kehrt das Thema auch in der Existenzphilosophie wieder. Und in der neueren Literatur ist es vor allem Harry Frankfurt gewesen, der den konstitutiven Zusammenhang zwischen Selbstsein und Vergewisserung über das eigene Wollen herausgestellt hat, bis hin zu der Behauptung, daß bestimmte Formen „volitionaler Notwendigkeit" kriteriell dafür seien, was uns als Personen ausmacht. Ob man so weit gehen kann, ohne die für unser Selbstsein indispensible Autonomie aufs Spiel zu setzen, mag hier noch dahin gestellt bleiben (vgl. dann 206ff). Klar ist '
2
G.W. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, Einleitung; Enzyclopädie, § 469ff; K. Marx, Zur Judenfrage, in: K. Marx / F. Engels Werke, Bd. I, Berlin 1970, 361-370; ders., Die deutsche Ideologie, in: a.a.O., Bd. III, Berlin 1983, 74-77. Das gilt speziell im Hinblick auf jene Passagen, in denen Kant das (allein „achtungswürdige") „Personsein" menschlicher Individuen vollständig unter Ausschluß aller partikulären Neigungen und sonstigen empirisch-psychologischen Eigenschaften auf jene moralisch-praktische Vernünftigkeit reduziert, die sie mit allen anderen Menschen bzw. allen vernünftigen Wesen teilen. Vgl. dazu insbesondere I. Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, AA, Bd. IV, 401 Anm., 428f, 434f, 457f; ders., Kritik der praktischen Vernunft, AA, Bd. V, 73, 76-78, 81 Anm.; ders., Die Metaphysik der Sitten, AA, Bd. VI, 223, 418, 420, 434-436, 447, 449f, 462-464. Der „rationalistische Kollektivismus" Kants, der die menschliche Individualität ebenso wie seine Sinnlichkeit eskamotiert, ist m.E. auch der Kern der Kritik, die Schiller zu Recht an ihm geübt hat. H. Frankfurt, The Importance of What we Care About, Cambridge 1988; Necessity, Volition, and Love, Cambridge 1999. Vgl. zur „volitional necessity" speziell 1988, 85ff. und 1999, llOff. sowie programmatisch 1999, X. Einschlägige Argumente gegen Frankfurts Konzept der „volitionalen Notwendigkeit" findet man z.B. bei E. Tugendhat, Philosophische Aufsätze, Frankfurt 1992, 464-467. Tugendhats (auch nur mit Vorbehalt vorgetragener) Verdacht des Aristotelischen Essentialismus trifft Frankfurt allerdings nicht, denn dessen Rede von der „essential nature of a person" (1999, 113f.) beinhaltet offenbar nicht mehr als jene volitionalen Eigenschaften, ohne die eine Person defacto nicht diejenige wäre, die sie ist, fernab jeden Gedankens an eine vorgegebene Seinsordnung oder verdeckte Entelechien. Auch der Einwand einer Vermischung von (äußerem oder innerem) Zwang, der Freiheit und Autonomie beeinträchtigt, und einem in dieser Beziehung prinzipiell harmlosem Nicht-anders-wollenKönnen erscheint mir unberechtigt. Frankfurt bestreitet ja keineswegs, daß Entscheidungen, die durch ein „Wollen-Müssen" („volitional necessity") eingeschränkt sind, sehr wohl autonom und frei sein können, sondern behauptet sogar im Gegenteil, daß sie es nur unter dieser Bedingung sind -
-
3
4
(vgl. 1999, 110, 114). Verwirrend
an
Frankfurts Konzept ist seine mehrdeutige Rede nicht, wie Tugendhat meint, von der sondern vielmehr von der „Freiheit des Wollens", aufgefaßt als Freiheit der Wil-
„Notwendigkeit",
Gottfried Seebaß
200
jedoch, daß beide erwähnten Funktionen keinen Beweis dafür liefern, daß volitional ergebnisoffene Überlegungen keinerlei Anteil an unserer „Orientierung im Wollen" haben. Gewiß, lebensbestimmend können auch Willensinhalte sein, die uns genetisch, traditional oder individuell sozialisatorisch vorgegeben sind. Ebenso signifikant aber (und in der Literatur am meisten beachtet) sind Situationen, in denen ein Mensch sich bewußt für eine bestimmte Lebensorientierung entscheidet, z.B. für ein moralisches, religiöses oder politisches Ideal oder auch nur für den eigenen Beruf oder das Leben mit einem Partner. Noch deutlicher ist das bei der Entlastungsfunktion. Daß wir bestimmte Arbeitsabläufe oder längere Handlungssequenzen unreflektiert oder völlig automatisiert ausführen, schließt die bewußte, überlegte Entscheidung für sie nicht aus. Ja, sie beruht im Normalfall auf einer solchen, ohne daß feststünde, daß daran keine ergebnisoffenen Überlegungen beteiligt sind. Und das Interesse von Wissenschaftlern an berechenbaren, präferentiell geordneten Wunsch- und Willenshaltungen ist allemal kein Beweis, daß lensbildung. Nur in einem bestimmten Sinne von „Freiheit" hält Frankfurt sie für vereinbar mit Autonomie. In einem anderen Sinne soll sie es nicht sein, verstanden nämlich als Fähigkeit, beliebige Inhalte bindungslos zum Gegenstand seines Wollens zu machen (vgl. 1999, 108, 109f). Ein derart „freier Mensch" kann, so scheint es, nicht autonom sein, weil er volitional offenbar völlig desorientiert ist und damit auch kein (volitional gedeutetes) Selbst besitzt. Dieser Freiheitsbegriff erinnert an den Begriff der „negativen Freiheit" bei Erich Fromm, Die Furcht vor der Freiheit, Berlin 1983, vgl. bes. 30ff, 204ff. Wie Frankfurt so diagnostiziert auch Fromm einen stetigen Zuwachs, den die „negative Freiheit" in der Neuzeit erfahren habe, und einen damit verbundenen drohenden Verlust an Selbstgewißheit und Sicherheit. Allerdings sieht er darin einen unvermeidlichen Ausdruck der conditio humana (a.a.O., 31 f. 189f), wenngleich keinen erschöpfenden. Die Kehrseite der auf sich allein gestellten „Freiheit von jeder Bindung" sei jene „panikartige Flucht vor der Freiheit in neue Bindungen" (a.a.O., 35), die im 20. Jh. zur autoritären, konformistischen Unterwerfung unter den Totalitarismus geführt habe (a.a.O., Kap. 5-6). Selbstheit und Individualität gewinne man erst, wenn die „negative" durch eine „positive Freiheit" ergänzt werde, die „im spontanen Tätigsein [activity] der gesamten, integrierten Persönlichkeit" besteht (a.a.O., 205, vgl. 33, 207ff). Damit hat Fromm, so scheint mir, das Wesentliche getroffen, während Frankfurt gerade hier lückenhaft bleibt und damit den Hauptgrund für Zweifel an seinem Autonomiekonzept liefert: „Volitionale Notwendigkeit" kann schließlich auch Ausdruck genetischer oder sozialer Determiniertheit, Borniertheit oder gelungener „Flucht vor der Freiheit" sein. Ausdruck von Autonomie und („positiver") Freiheit ist sie nur, wenn sie autonom entwickelt wurde und autonom beibehalten wird. Dann aber ¡st sie nicht mehr im wörtlichen Sinne „notwendig" (vgl. auch Tugendhat a.a.O., 466). Denn damit würde zu ihr auch das Bewußtsein gehören, daß die bestehende „Orientierung im Wollen" problematisierbar ist und durch eine andere ersetzt werden könnte, mag die betreffende Person sich bis auf weiteres auch bewußt dagegen entscheiden. Frankfurt schließt Veränderungen nicht aus (vgl. 1999, 112, 115f), hat aber kaum etwas in der Hand, um autonome von nicht autonomen Änderungen zu unterscheiden. Fromms Kriterium der „Aktivität" ist mit der Rede von „volitionaler Notwendigkeit" jedenfalls kaum zu vereinbaren, und es ist zweifelhaft, ob Frankfurt ihm genüge tun kann, obwohl er es möchte (vgl. 209, Anm. 2, 210, Anm.l). Hat ein Mensch, der „nicht anders wollen kann", wirklich ein freies „Selbst" („seift) damit gewonnen? Ich glaube nicht. Auch Frankfurts wiederholter Vergleich dieses Zustands mit dem der Liebe (z.B. 1988, 89f, 94; 1999, 106, 114) ist hier verräterisch, charakterisiert er diese doch selbst verständlicherweise, aber desaströs für seine These gerade als einen Zustand der „selflessness" -
(1988.89; 1999, 114).
-
Was heißt, sich im Wollen orientieren?
201
die menschliche Wirklichkeit dem entspricht. Wenn man Willensbildungsprozesse durch spezifisch praktische, ergebnisoffene Überlegungen generell ausschließen will, muß man stärkere Argumente dafür ins Feld führen. Welche könnten dies sein?
6. Unzureichende
Argumente für mangelnde Ergebnisoffenheit
Argument wird meist auf Aristoteles, teils auch auf Hume und besagt, daß praktische Überlegungen prinzipiell zweckrationale seien, sich also nur auf die Suche nach Mitteln zu gegebenen Zwecken beziehen könnten.1 Doch in dieser unqualifizierten Form ist die Behauptung keinesfalls haltbar. Wenigstens zwei Ergänzungen muß man vornehmen. Erstens muß man neben den Mitteln auch die Folgen und Nebenfolgen berücksichtigen, d.h. die optionale Willensbildung im ganzen (192). Zweitens muß man auch jene Überlegungen einbeziehen, die der Vergewisserung über die eigenen Zwecke dienen. Auch mit diesen Ergänzungen jedoch ist die These unhaltbar. Auch bei hochrangigen Zwecken, die Anspruch darauf erheben können, Orientierungen für das gesamte Leben zu sein, kann man nicht ausschließen, daß mehrere gleichgewichtig nebeneinanderstehen. Frankfurt hat dies als das Problem der volitionalen „Ambivalenz" oder „Halbherzigkeit" beschrieben. Präferentielle Eindeutigkeit wäre hier prinzipiell nur zu gewährleisten, wenn man annehmen könnte, daß es einen und nur einen obersten Zweck gibt, dem alle anderen sich rational fügen. Das hat man immer wieder zu zeigen versucht. Doch weder das Aristotelische Streben nach einem „bios theoretikós" noch das Freudianische „Lustprinzip" oder das „unruhige Herz" des Augustinus, das erst in Gott seine Ruhe findet, sind sehr plausible Kandidaten für einen obersten Zweck, den alle Menschen verfolgen. Nicht einmal das Streben nach Selbsterhaltung, Hobbes' Universalprinzip, kann uneingeschränkt Anspruch darauf erheben, wie eine Vielzahl von Selbsttötungen und lebensgefährlichen Unternehmungen zeigt. Formalbegriffe des „Guten" jedoch oder Begriffe wie „Nutzen", „Glück" oder „Lust" im abstrakten Sinne können als inhaltsleere Prinzipien überhaupt keine Orientierungsfunktion übernehmen. Kant hat das in seiner Eudaimonismuskritik klar herausgearbeitet. Annehmbar wäre allenfalls, daß jedes Individuum seinen eigenen Universalzweck verfolgt. Aber auch das ist empirisch implausibel. Und selbst wenn es so wäre, ließe sich doch nicht ausschließen, daß auch dieser Zweck irgendwann einmal zum GegenDas historisch einflußreichste
zurückgeführt
Vgl. Aristoteles,
Ethica Nicomachea 1112bl 1-30; Ethica Eudemica 1226b 10-17, 1227a6-13, 1227b22-1228al; Metaphysica 1032bl-14; Hume, Treatise II, 3,3; III, 1,1. Ob Aristoteles diese Radikalposition tatsächlich vertreten wollte, ist zweifelhaft, kann hier aber offen bleiben. Vgl. dazu
Steinfath, Orientierung am Guten. Praktisches Überlegen und die Konstitution von Personen, Habilitationsschrift Konstanz 1999, Kap. 1.4, Anm. 34 und Kap. 2.2. Vgl. insbesondere Frankfurt 1988, a.a.O., 66-68, 159ff; 1999, a.a.O., 98ff. Augustinus, Confessiones I, 1,1. Vgl. speziell Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, AA Bd. IV, 418; Kritik der praktischen Vernunft, AA Bd. V. 25, 36. H.
2
3
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202
stand einer macht wird.
psychoanalytischen
oder radikalen Cartesianischen
Selbstüberprüfung
ge-
Hinzukommt, daß auch bei zweckrationalen Überlegungen all diese Probleme wiederkehren. Es läßt sich eben nicht ausschließen, sondern ist im Gegenteil ubiquitäre Alltagserfahrung, daß mehrere gleichgute Mittel verfügbar sind, daß vorhandene Gütedifferenzen durch die Realisierungswahrscheinlichkeiten aufgewogen werden oder daß ein präferentielles Übergewicht durch die „Kosten" bei Folgen und Nebenfolgen konterkariert wird. Manche Philosophen Leibniz vor allem haben deshalb zu zeigen versucht, daß ein präferentielles Gleichgewicht real unmöglich sei. Doch das ist philosophisches Wunschdenken. Empirisch wäre es allenfalls durch extensiven Rekurs auf unbewußte Präferenzen verständlich zu machen. Solche kann man nicht generell ausschließen. Die Beweislast für ihr Bestehen im Einzelfall liegt aber klarerweise bei ihren Vertretern. Anerkennt man Entscheidungen bei präferentiellem Gleichgewicht kann man allerdings immer noch sagen, daß diese nicht in Abhängigkeit von rationalen, volitional ergebnisoffenen Überlegungen fallen, sondern durch Zufall. Das ist die klassische Lösung für Wahlsituationen nach dem Modell von „Buridans Esel".' Aber ist sie die einzig mögliche und beweist sie, was sie beweisen soll? Das bloße Abwarten und Nichtstun hat selten den Sinn, das Ergebnis (wie man so sagt) „dem Zufall zu überlassen". Meist ist es eine Entscheidung für eine der Alternativen, nur eben durch Unterlassen. Man braucht schon die Intervention eines Zufallsgenerators, z.B. eine geworfene Münze. Doch wenn diese gefallen ist, steht man immer noch vor der Entscheidung, ob man dem Orakel nun weiterhin folgen soll oder nicht. Und auch wenn der Zufallsgenerator unmittelbar wirksam wird, bleibt die Entscheidung für das Verfahren als solches. Die klassische Lösung unterstellt hier die Existenz eines übergeordneten Wollens, z.B. den Wunsch eines anthropomorphen Esels, nicht zu verhungern, egal auf welchem konkreten Wege. Doch das läuft wieder auf jenes Postulat vorgegebener Zwecke hinaus, das wir nicht akzeptieren können. Außerdem muß man sich ja selbst dann für den Einsatz des Zufalls als Mittel entscheiden. Und ist es so klar, daß dieser Entscheidung keine an-
-
fänglich ergebnisoffene Überlegung vorausgeht?
z.B. G.W. Leibniz, Confessio Philosophi, hrsg. v. O. Saame, Frankfurt 1967, 78ff; Nouveaux Essais I, 1, 15; II, 21, 17-19. 36, 47-48; ders., Theodizee § 35, § 45-51; Briefe an Clarke IV, 1-6; V, 15-17. Diverse Belege aus anderen Autoren bietet N. Rescher. Choice without Preference, in: KantStudien 51 (1959-60), 142-175. Deshalb hat Leibniz sich auch nicht nur auf empirische Belege für seine These verlassen wollen, sondern den metaphysischen „Satz vom Grund" bemüht, um die Annahme unbewußt präferenzierender Faktoren überall dort plausibel zu machen, wo sie empirisch nicht aufweisbar sind. De facto ist das ein Eingeständnis, daß nicht die Phänomene diesen Gedanken erzwingen, sondern das Interesse des Philosophen an einer durchweg geordneten, berechenbaren Welt. Vgl. z.B. P. Bayle, Dictionnaire, Art. „Buridan" C; A. Schopenhauer, Der handschrifliche Nachlaß, Bd. I, Frankfurt 1966, 328f; Rescher 1959-60, a.a.O., 167ff.
Vgl.
Was heißt, sich im Wollen orientieren?
7.
203
Optional willensbildende Überlegungen
uns, unser Problem noch etwas tiefer anzusetzen. Angewillensbildende einmal, Überlegungen träten tatsächlich nur in der Form auf, daß ein vorhandenes Wollen durch die theoretische Optionenermittlung ergänzt wird. Wie genau vollzieht sich dann der Schritt zu einem subordinierten Wollen, also z.B. beim zweckrationalen Schließen? Handelt es sich um einen regelgeleiteten Akt, ähnlich rein theoretischen Schlußfolgerungen „salva veritate" oder regelgerechten Zügen beim Schach? Oder handelt es sich um eine Art psychologischen Automatismus, wie dies durch Humes kausale Motivationstheorie und seine (volitional gedeutete) These von der Vernunft als „Sklavin der Leidenschaften" nahegelegt wird?1 Und was genau ist das Produkt von praktischen Überlegungen dieses Typs? Ist es die zweckgerichtete Handlung selbst, der Wille, sie auszuführen, oder zunächst nur der Wille, den Willen zur Ausführung auszubilden? Je nachdem, wie diese Fragen beantwortet werden, ändert sich auch die Antwort auf die Frage der volitionalen Ergebnisoffenheit. In einfachen Fällen kann das Modell des, psychologischen Automatismus ausreichen, auch in der Form des direkten Eintritts ins Handeln. Man denke etwa an Situationen wie das Aufdrehen eines Wasserhahns, um Wasser fließen zu lassen, Ausweichmanöver beim Autofahren oder das Sich-Kratzen am Kopf, um einen Juckreiz abzustellen. Allerdings liegen solche Beispiele nah bei Fällen, in denen man zweifeln kann, ob wir es überhaupt mit zweckrationalem Handeln zu tun haben und nicht nur mit einem habituierten Reflex. Auch die Ausbildung des Willens zum Ergreifen eines bestimmten Mittels kann manchmal automatisch erfolgen, z.B. beim Suchen nach einem Stift zum Schreiben oder beim Ändern der eigenen Gehrichtung, um einem anderen auszuweichen. Anhänger Humes oder anderer Empiristen tendieren dazu, auch komplexere Willensbildungsprozesse nach diesem Muster zu deuten. Manche Entscheidungstheoretiker gehen sogar soweit, überlegungsabhängige soziale Koordinationsprozesse durch Computerprogramme zu simulieren und das staunende Publikum mit bunten Grafiken von ihrem Verlauf zu erfreuen. Wie weit das möglich ist und der menschlichen Realität entspricht, mag hier dahingestellt bleiben. Klar ist jedenfalls, daß das Schema des psychologischen Automatismus dort, wo die willensbildenden Überlegungen etwas komplexer und ausgedehnter sind, meist nicht zu unserer Erfahrung paßt. Besonders klar ist das beim Übergang direkt zum Handeln. Bei Aristoteles etwa werden als Beispiele für praktisches Schließen auch Gedankengänge wie diese angeführt: „Ich will ein gesunder Mensch sein. Spazierengehen ist gesund. Schon gehe ich."2 Das ist natürlich grotesk. Kein vernünftiger Mensch wird so schließen. Allenfalls kann sich der spontane Wunsch oder Wille nach einem Spaziergang einstellen. Aber auch das ist nicht der Normalfall. Das allermindeste, was noch hinzukommen muß, ist die (empi-
Diese letztere
Frage zwingt
nommen
-
-
'
Vgl. Hume, Treatise II, 3,1-3; Enquiry Concerning Human Understanding, sect. VII-VIII. und kontrahiert aus De Motu Animalium 701a6-701bl; vgl. auch Ethica Nicomachea 1147a-l 147b2. Im Text (701al3f.) wird sogar vom Gehenmüssen jedes Menschen direkt zum eigenen Gehen übergegangen. Daß man aus solchen Passagen allerdings nicht ableiten kann, daß Aristoteles nur solche simplifizierten Schlußformen im Auge hatte, zeigt A. Kenny, Aristotle's Theory of the Will, New
Adaptiert
Haven 1979, 142f.
Gottfried Seebaß
204
risch ebenfalls
seltene) subjektive Gewißheit, nur dieses eine Mittel zu haben. Mit dieser Voraussetzung war Kant bereit, das Wollen des Mittels als analytisches Implikat des gewollten Zwecks aufzufassen, jedenfalls bei vernünftigen Menschen.1 Doch das geht
mit Hilfe eines Vernunftbegriffs, der immer noch stark verkürzt. Normale Überlegungen verlaufen doch vielmehr so: Wenn wir erkennen, daß ein gewollter Sachverhalt „p" nur zusammen mit „q" zu verwirklichen ist, haben wir zwar das Bewußtsein, daß wir (gemessen an den Regeln für eine realistische Willensbildung) „q" ebenfalls wollen sollten, wenn wir am Wollen von „p" weiterhin festhalten und andere Optionen nicht gegeben sind. Aber weil wir uns zunächst unsicher sind, ob wir die Optionenermittlung schon weit genug vorangetrieben haben, und weil wir uns erst einmal klar darüber werden müssen, wie wir zu „p" und mit ¡hm eventuell konkurrierenden anderen Willensinhalten stehen, werden wir vernünftigerweise nicht sogleich zum Wollen von „q" (oder gar dessen Realisierung) übergehen, sondern weitere Überlegungen anstellen. Erst nachdem wir abschließend Stellung bezogen haben, ergibt sich daraus ein rationales, optional spezifiziertes Wollen und (eventuelles) Handeln. Und selbst dann ist die Umsetzung des Ergebnisses ein Schritt, der nicht immer vollzogen wird. Auch wenn wir als „volitiv Orientierte" keinerlei Zweifel mehr haben, daß wir mit dem Rauchen aufhören oder bittere Medizin schlucken sollten, heißt das eben nicht unbedingt, daß wir den Willen dazu auch haben, geschweige denn danach handeln. Und selbst hier erscheint die pauschale Rede von „praktischer Irrationalität" unangebracht oder weltfremd. Denkbar ist allenfalls, daß wir als rationale Wesen nicht umhin können, den Willen, diese Mittel zu wollen, auszubilden und dann vielleicht nach Wegen zu suchen, diesem Anspruch gerecht zu werden. nur
8.
Signifikanz höherstufigen Wollens
Könnte diese letztere Möglichkeit aber nicht ausreichen, um den prinzipiell nicht ergebnisoffenen Charakter praktischer Überlegungen zu retten? Beschränkt auf die optionale Willensbildung könnte man etwa folgendermaßen argumentieren. Präferentielles Gleichgewicht zwischen gewollten Optionen ist zwar nicht auszuschließen, läßt sich aber durch Einsatz von Zufallsgeneratoren als Mittel zu übergeordneten Zwecken auflösen. Alle Mittel gehören zu den Optionen und müssen wie diese gewollt werden. Unter gewissen Umständen geschieht das automatisch. In komplexeren Fällen treten wir in regelgeleitete Überlegungen ein, die volitional zunächst ergebnisoffen sind. Sie enden jedoch, vernünftig durchgeführt, immer in einem Wollen zwar keinem konkreten, handlungsbezogenen Wollen erster Stufe, wohl aber in einem entsprechenden Wollen zweiter. Danach hören die Überlegungen auf. Wenn jetzt noch etwas offen ist, seien es Fragen der Handlungsmotivation oder der weiteren Willensentwicklung, kann die Ent-
Vgl. Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, AA IV, 417. Der Text ist mehrdeutig. Teilweise klingt es so, als wolle Kant das Wollen des Mittels einfach aus einer entsprechenden Definition des „Zweckwollens" ableiten. Ich ignoriere diese Variante, da sie das Sachproblem zu einer bloßen
Wortfrage machen würde.
Was heißt, sich im Wollen orientieren?
205
Scheidung nicht mehr überlegt fallen, sondern nur in Abhängigkeit von anderen Faktoren. Folglich sind willensbildende Überlegungen prinzipiell nicht ergebnisoffen. Dieses Argument hat mehrere Schwachstellen. Wird zwischen gleichgewichtigen Optionen nur per Zufall entschieden? Und vor allem: Zwingt die Einbeziehung der Folgen und Nebenfolgen nicht auch dazu, Zwecke zu problematisieren, einschließlich der bislang unbestrittenen und höchstpräferenzierten? Wenn der Rekurs auf das höherstufige Wollen etwas zugunsten der Nichtergebnisoffenheit ausrichten kann, muß es sich auch und vor allem bei der Zwecksetzung bewähren. Wie also steht es damit? Höherstufiges Wollen und Wünschen hat in der Philosophie lange keine besondere Rolle gespielt und wurde erst durch Frankfurt wieder ins Blickfeld gerückt. Die Möglichkeit einer optativischen Stellungnahme nicht nur zu dem, was andere wollen, sondern auch zu den eigenen Wünschen und Willensinhalten ist aber seit langem bekannt. Zahlreiche positive Belege finden sich nicht nur in religiösen Texten und in der Dichtung,1 sondern auch in der Philosophie, ansatzweise z.B. bei Piaton und Thomas von Aquin, deutlich bei Augustin.2 Auch der Zusammenhang mit dem Willensfreiheitsproblem ist von Augustin und anderen Philosophen (meist in kritischer Absicht) klar herausgestellt worden. Neu bei Frankfurt ist seine eigene, positive Version und die definitorische Verknüpfung mit dem Begriff der „Person". Beide Aspekte kann ich hier nur streifen. Mir geht es speziell um die Rolle des höherstufigen Wollens in willensbilden-
den
Überlegungen.
Philosophen
wie Hobbes, Locke, Edwards, Herbart, Schopenhauer, Ryle und viele andere haben geltend gemacht, daß die Rede von einem „Wollen des Wollens" unsinnig sei, da sie in einen Regreß führe. Tatsächlich kann ein Regreß entstehen, freilich nur Im Rahmen der jüdisch-christlichen Tradition ist dies z.B. überall dort der Fall, wo ausdrücklich der willentlichen Selbstunterwerfung des Menschen unter den Willen Gottes die Rede ist, implizit auch im Gebot der universalen Gottesliebe nach Exodus 6/5, 10/12 und Matthäus 22/37 parr. Ein schönes Beispiel für den reflektierten Selbstunterwerfungsakt findet sich etwa in J.S. Bachs Kantate Nr. 163 (Text Salomon Franck, 1715), wo der Gläubige Gott darum bittet, ihm seinen eigenen Willen zu nehmen. Erschreckende Belege für die dieses Gedankens auch auf die totale Unterwerfung unter kirchliche Autoritäten vermittelt W. James, The Varieties of Religious Experience, 21902, repr. New York 1963, 310-315. Hinweise auf reflektiertes, höherstufiges Wollen sind aber nicht auf den religiösen Kontext beschränkt, sondern finden sich vielfach auch in der weltlichen Dichtung. Ein markantes Beispiel ist die emphatische des Ippolit in Dostojewskis Roman Der Idiot (11,10): "Jetzt will ich nichts mehr, ich will auch nichts mehr wollen, ich habe mir das Wort gegeben nichts mehr zu wollen." Ein anderes Beispiel liefert G.B. Guarinis Schäferspiel II Pastor Fido (1595, vgl. 111,6), in dem der verliebte Mirtillo schwört, er könne mit keiner anderen als Amarillis glücklich sein, selbst wenn er es wollte, und er werde, sollte sein Wille es dennoch wollen, zum Himmel und seiner Liebe beten, sie möchten ihm jedes Wollen und jedes Können nehmen. Vgl. Piaton, Charmides 167E; Thomas v. Aquin, Summa Theologica III, q.I a.l ad 2, q.6 a.4 resp.; Augustin, De Libero Arbitrio I, 12,26, 13,29; II, 19,51 III, 3,7-8; ders., Confessiones VIII, 5,10, 8,20-24; ders., De Civitate Dei V, 9-10; ders., De Trinitate X, 11,18; ders., Retractationes I, 13,5. Vgl. insbesondere Frankfurt 1988. 19ff Vgl. Th. Hobbes, Elements of Law I, 12,5; J. Locke, Essay II, 21, 23, 25; J. Edwards, Freedom of the Will II, 1-2, 4-5, 7. J.F. Herbart, Lehrbuch zur Einleitung in die Philosophie § 128; A. Schopenvon
Übertragung
Äußerung
3 4
Gottfried Seebaß
206
zugleich der Anspruch erhoben wird, das Willensfreiheitsproblem damit komplett lösen.1 Das Phänomen selbst kann man schwerlich bestreiten. Und natürlich hat es auch Sinn, auf der (sagen wir) zweiten Reflexionsstufe zu fragen, ob man frei ist, den Willen zu haben, den man haben will. Fraglich kann nur sein, an welchen Stellen optativische Einstellungen zweiter oder höherer Stufe auftreten und welche Rolle sie in praktischen Überlegungen spielen. Um diese Fragen beantworten zu können, muß man zwei wichtige Unterscheidungen treffen. Erstens stellt sich die Frage, worauf sich das höherstufige Wünschen und Wollen richtet: Geht es tatsächlich um die Existenz des nächstniedrigeren Wünschens und Wollens? Oder geht es lediglich darum (was bei Frankfurt im Zentrum steht2) die Motivationskraft und eventuelle Handlungswirksamkeit einer optativischen Einstellung, die bereits vorliegt, zu ändern oder zu bekräftigen? Zweitens sollte man positive und negative Varianten trennen: Geht es darum, daß eine bestimmte Einstellung erst ausgebildet bzw. motivational verstärkt wird? Oder soll eine bestehende Einstellung abgeschafft bzw. motivational abgeschwächt werden, so daß sie z.B. nicht mehr zum Handeln führt? Je nachdem, welchen Fall man ins Auge faßt, ändert sich auch die Signifikanz der Höherstufigkeit. Eine umfassende Bestandsaufnahme ist hier nicht möglich. Ich beschränke mich auf Grundsätzliches. Optativische Stellungnahmen zur Motivationalität schon bestehender Wünsche und Willensregungen sind keine Seltenheit. Sie treten so gut wie immer auf, wenn wir uns reflexiv fragen, was wir als nächstes oder langfristig tun sollen. Nachfolgende Handlungsentschlüsse sind von ihnen getragen. In vielen Fällen folgt die gewünschte Motivationsänderung oder -bekräftigung problemlos und in der Form eines „psychologischen Automatismus". In manchen Fällen folgt sie dagegen nicht. Wir alle erfahren das leidvoll, wenn uns ungewollt eine boshafte Bemerkung entschlüpft, wenn dann,
wenn
zu
wir ein Laster nicht abstellen oder uns nicht dazu aufraffen können, etwas Gewolltes und reflexiv hoch Präferenziertes konsequent umzusetzen. Aber auch in diesen Fällen, scheint mir, ist die Überlegung mit der Ausbildung der höherstufigen Einstellungen (die sich freilich nicht nur auf das Ziel, sondern auch auf den Einsatz geeigneter, selbstma-
1
hauer, Preisschrift über die Freiheit des Willens 1,1; G. Ryle, The Concept of Mind, London 1949, ch. 111,2. Vgl. dazu Seebaß 1993, a.a.O., 29 A., 28, 31 A., 38, 52 A., 77, und ders., When is an Action Free?, in: G. Holmström-Hintikka / R. Tuomela (eds.), Contemporary Action Theory, vol. I, Dordrecht
1997,237-239.
Das
gilt ungeachtet der Tatsache, daß Frankfurt auch Formulierungen verwendet („A wants to want X", „he wants to have a desire to X"), die eine existenzbezogene Auffassung nahelegen (vgl. etwa 1988, a.a.O., 12f, 14, 16, 19, 22). Denn beide Formen des Wünschens zweiter Stufe, die Frankfurt in Rechnung stellt, nämlich „second order desires" und „second order volitions", sind, wie die Definitionen und die Beispiele zeigen (1988, 13ff), motivational spezifiziert, und entsprechendes gilt für den Begriff der Willensfreiheit (vgl. 1988, 20, 25). Auch der Willensbegriff selbst wird von Frankfurt ausdrücklich handlungsmotivational definiert (1988, 14, 164). Das entspricht, wie ich andernorts detailliert zu zeigen versucht habe (Seebaß 1993, a.a.O., Kap. III,3, Kap. IV), weder dem gewöhnlichen Sprachgebrauch noch einer sachlich angemessenen Konzeptualisierung und dürfte to
der Hauptgrund sein, warum Frankfurts Differenzierung des seltsam eklektisch und unsystematisch wirkt.
höherstufigen Wollens und Wünschens
Was heißt, sich im Wollen orientieren?
207
nipulativer Mittel richten) beendet. Ob es dann zum Erfolg kommt oder nicht, ist Sache anderer Faktoren. Unsere Freiheit ist eben, auch mit Bezug auf die eigene Motivationalität, eingeschränkt.
Ähnlich verhält es sich bei der Negativvariante der existenzbezogenen höherstufigen Einstellungen. Wünsche und Willensregungen, die uns hartnäckig verfolgen, können wir zumeist nicht einfach durch unseren reflektierten, gegenteiligen Willen abschaffen oder auch nur aus dem Bewußtsein verdrängen. Allenfalls können wir uns (freilich mit durchaus offenem Erfolg) für den Einsatz selbstmanipulativer Mittel entscheiden. Glücklicherweise sind Negativfalle wie diese im Alltag relativ selten. Wenn sie auftreten, erlangen sie allerdings unglücklicherweise oft ein sehr hohes Gewicht. Die korrespondierende Positivvariante ist ebenso hochgewichtig und selten. Doch liegt das nun, anders als bei den Negativfallen, keineswegs daran, daß wir so selten Gelegenheit hätten, Wünsche und Willensregungen, die wir noch nicht haben, auszubilden. Ganz im Gegenteil. In diese Lage kommen wir ständig, nicht nur bei der optionalen Willensbildung, sondern auch bei der Zwecksetzung. Nur spielen höherstufige Einstellungen dabei eine weit geringere Rolle. Normalerweise genügt es, mögliche Gegenstände des Wollens oder Wünschens zu erfassen, um direkt optativisch zu ihnen Stellung zu -
-
nehmen oder indifferent zu bleiben. Nur wenn Zweifel entstehen, etwa weil der betreffende Gegenstand sogleich als unvereinbar mit anderen (faktischen oder möglichen) Willensinhalten erkannt wird, kann der Schritt in die nächsthöhere Reflexionsstufe naheliegen, muß es aber auch nicht in jedem Fall. Wenn er erfolgt, entspricht die Situation, was die weitere Willensbildung betrifft, wieder der Negatiwariante. Doch das ist hier eben nur eine Möglichkeit und zudem eine relativ seltene. Der Rekurs aufs höherstufige Wollen ist also kein universelles Hilfsmittel bei der Analyse der Willensbildung. Auch bei der Zwecksetzung und der Wahl zwischen möglichen Zwecken haben wir mit Fällen der direkten, nicht reflexiv vermittelten optativischen Stellungnahme zu rechnen, wie sie ähnlich auch bei der Wahl zwischen gleichgewichtigen Mitteln vorkommt. Außerdem stellt sich natürlich die Frage, wie es zum höherstufigen Wollen und Wünschen kommt, zum existenzbezogenen ebenso wie zum rein motivationalen. Spielen in all diesen Fällen Überlegungen keinerlei Rolle, so daß wir durchweg (und nicht nur manchmal) bloße Beobachter dessen sind, was sich volitional mit uns vollzieht? Ich denke nicht, und ziehe daraus den Schluß, daß die These vom prinzipiell nicht ergebnisoffenen praktischen Überlegen unhaltbar ist. Wenn wir zu überlegen beginnen, ist volitiv zunächst vieles fraglich. Antworten ergeben sich teils aus der theoretischen Optionenermittlung und der Bewußtmachung schon bestehender optativischer Ansprüche, teilweise auch einfach daraus, daß etwas ohne Überlegung mit uns geschieht. Das aber erschöpft die Alternativen nicht. Offenbar gibt es Formen des Überlegens, die auch in volitionaler Hinsicht ergebnisoffen sind glücklicherweise. Denn da alle faktischen Willensinhalte, einschließlich der höchstrangigen, prinzipiell problematisierbar sind (vgl. 199f), blieben wir sonst im Wollen prinzipiell desorientiert. -
Gottfried Seebaß
208
9.
Entscheidung ergebnisoffener Überlegungen
Der konkrete Verlauf ergebnisoffener Überlegungen ist variantenreich und kann hier nicht im Detail untersucht werden. Ich beschränke mich auf einige Bemerkungen über ihre Entscheidung. „Subjektivistische" und objektivistische Antworten sind denkbar. Letztere orientieren sich einmal mehr am Vorbild des theoretischen Wissens. So wie es objektive, erkennbare Wahrheiten gibt, so soll es auch objektive Forderungen geben, die optativische Einstellungen ebenso rational unausweichlich machen wie erkannte Wahrheiten assertorische. Als Beispiele ließen sich Kants Lehre vom kategorischen Imperativ als „Faktum der Vernunft" anführen oder Spielarten des Werterealismus. Objektivistische Theorien aber müssen wenigstens zwei extrem starke Prämissen machen: Sie müssen zeigen, daß es die objektiven Forderungen tatsächlich gibt und daß ein rationaler Wille tatsächlich nicht umhin kann, ihnen zu folgen. Die erste Prämisse ist notorisch fragwürdig und auch die zweite ziemlich dubios. Denn warum sollte es unvernünftig (und nicht nur dissident oder unmoralisch) sein, das objektiv Geforderte nicht zu wollen? Kant hat dies mit seinem emphatischen, moralisch spezifizierten Begriff der „praktischen Vernunft" auszuschließen versucht. Aber besitzen Menschen eine solche Vernunft wirklich? Ich zweifle daran und werde mich deshalb bis auf weiteres nur an „subjektivistische" Theorien halten, die Forderungen allein auf die optativischen Ansprüche von Personen zurückführen.1 Wie können Menschen sich orientieren, wenn sie vor der (prinzipiell ergebnisoffenen) Frage stehen, wie sie sich zu einem oder mehreren möglichen Willensinhalten stellen? Dabei mag jetzt unentschieden bleiben, ob es um ein Wollen höherer Stufe geht oder nicht, um Lebensziele oder begrenztere Zwecke oder einfach um die Entscheidung zwischen zwei gleichgewichtigen Mitteln. Drei Orientierungsformen möchte ich unterscheiden. Die erste ist die bewußte, aktive Dezision. Man selbst nimmt so oder anders Stellung zur Sache und damit ist sie erledigt einstweilen jedenfalls, spätere Revisionen nicht Die zweite Form ist die ausgeschlossen. Fundierung der optativischen Stellungnahme in anderen Haltungen, insbesondere eigenen Wertungen und Gefühlen. Holmer Steinfath hat diese Möglichkeit eingehend analysiert und plausibel zu machen versucht.2 Die dritte Form schließlich, die Harry Frankfurt vor allem in seinen späteren Arbeiten entwikkelt hat, ist eine Art „volitionaler Selbsterfahrung". Sie ist kein einmaliger Akt, son"
„
-
2
Das schließt nicht nur menschliche Individuen ein, sondern auch Kollektive (Juristische Personen") und göttliche Personen, die als Träger religiöser Sollensansprüche gelten. Auch allgemeingültige Forderungen sind im Rahmen subjektivistischer Theorien denkbar, dann nämlich, wenn es optativische Ansprüche gibt, die de facto von allen Personen erhoben werden, was keineswegs nur (sozial, kulturell oder historisch) relativistisch gedeutet werden kann, sondern auch universalistisch. Ebensowenig muß das Faktum der optativischen Allgemeinheit immer ein kontingentes sein, sondern kann sehr wohl tiefere (anthropologische) Gründe haben. Steinfath 1999, a.a.O., Kap. 5-6. Anlaß dafür war Frankfurts Skepsis gegenüber der volitionalen Orientierung mit Hilfe von Dezisionen. Weil es nicht möglich sei, Situationen der Desorientiertheit oder des hochrangigen präferentiellen Gleichgewichts tragföhig („reliably") zu überwinden „by making a decision" (1988, 85),
Was heißt, sich im Wollen orientieren?
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dem ein zeitlich länger erstrecktes, quasi-experimentelles „Austesten" dessen, welche der (vorgegebenen oder durch momentane Entscheidung begründeten) optativischen Ansprüche sich dauerhaft als „befriedigend" oder „persönlich tragfähig" erweisen und dadurch (im Sinne Kants, 191) „unerschütterlich orientierend" werden. Vor allem im Blick auf langfristige, hochrangige Ziele wie berufliche Eignung, Partnerschaft oder Weltanschauung gewinnt diese Form ihre Plausibilität. Mit ihr kommt wie auch beim Rekurs auf subjektive Wertungen und Gefühle ein passivisches Moment ins Spiel, das der reinen Dezision fehlt und die praktische Orientierung der theoretischen Selbstvergewisserung annähert, ohne doch mit ihr zusammenzufallen. Alle drei Formen schließen einander nicht aus. Sie können und müssen sich wechselseitig ergänzen, zumindest in Fällen der Lebensorientierung. Aber der Anteil der einzelnen Formen kann unterschiedlich sein. Frankfurt und Steinfath haben sich darin völlig im Einklang mit einer breiten Strömung der Philosophie des 20. Jahrhunderts der Dezision gegenüber skeptisch gezeigt und ihre Bedeutung stark Deshalb erscheint es mir angebracht, hier eine Lanze für sie zu brechen. -
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heruntergespielt.2
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bleibe als Orientierungspunkt für den Betroffenen letztlich nur das im Lebensvollzug zu ermittelnde „fact that it is possible for him to care about the one and not about the other, or to care about the one in a way which is more important to him than the way in which it is possible for him to care about the other" (1988, 94). Nicht durch Akte der Dezision, sondern aus dem lebenserfahrenen, wenngleich reflektierten und wertenden Verständnis der eigenen „psychischen Verfaßtheit" („of how things are with him", vgl. 1999, 105) ergebe sich eine Haltung faktischer „Befriedigung" („satisfaction") über die eigene Willenslage, ohne Streben nach Änderung (1999. 102ff„ vgl. auch 1988, 168f). Als Resultat des Prozesses „volitionaler Selbsterfahrung" ist Frankfurts Rede von „volitionaler Notwendigkeit" (197f. Anm. 3, 4) besser verständlich, bleibt aber unvereinbar mit dem Gedanken der Autonomie, solange das passivische Moment der „Erfahrung" nicht durch die Aktivität bewußter Dezisionen ergänzt wird (vgl. Anm.l, 2 auf 208, Anm. 1, 210). Sie würden mit ihr zusammenfallen, wenn subjektive Wertungen und Gefühle bzw. die Faktoren, die für die Ergebnisse der Selbsterfahrung entscheidend sind, durchweg als vorgegebene und fixierte aufgefaßt werden könnten. Doch das ist nicht bzw. nur partiell der Fall. Sie können sich, nicht anders als optativische Stellungnahmen, mit dem Fortgang des Lebens ändern und werden dabei stets auch von Dezisionen mitbestimmt. Das passivische Moment beruht teils auf den (genetischen, traditionalen, individuell-sozialisatorischen oder durch eigene Lebenserfahrung entstandenen) Vorgaben, teils aber auch auf Kontingenzen der jeweiligen Lebenssituation. Auch diese letzteren sind fur den ergebnisoffenen Charakter spezifisch praktischer Überlegungen verantwortlich. Aber sie sind es eben durchaus nicht allein, sondern werden ergänzt durch aktive, nichtkontingente Dezisionen (vgl. auch 209f). Vgl. insbesondere Steinfath 1999, Kap. 3.1 und 3.6.1, Kap. 9.3, Kap. 10.3; Frankfurt 1988, 84f. 167ff; 1999. lOOf. 112. Trotz ihrer Skepsis haben beide Autoren die Relevanz von Dezisionen anerkannt und ihren (wenn auch begrenzten) Anteil an der Willensbildung aufrechterhalten wollen. Das fuhrt vor allem bei Frankfurt immer wieder zu einem verwirrenden Changieren zwischen henden und verneinenden Aussagen (vgl. 197 Anm. 4. 208 Anm. 1). Das aktivische Moment bejamöchte er festhalten (vgl. z.B. 1988, 87f„ 92-94, 170f; 1999, 116). Unangemessen erscheinen ihm Dezisionen vor allem im Hinblick auf ihre vermeintliche Arbitrarität und völlige Abgelöstheit von sönlichen Vorgaben, die dazu führen müsse, daß momentane dezisionistische Akte sich nichtperals dauerhaft tragfähig erweisen und ihre lebensorientierende Funktion einbüßen (vgl. bes. 1988,
167ff).
Gottfried Seebaß
210
Erfahrungen des „befriedigten Einsseins mit uns" oder Gefühls- und Wertungserlebnissen gegenüber gibt es nicht nur die Möglichkeit der reaktiven, passivischen Entwicklung von optativischen Einstellungen, die sie zum Inhalt haben. Es gibt auch die Möglichkeit, sie selbst als mögliche Gegenstände der optativischen Stellungnahme zu problematisieren und erst danach aktiv Stellung zu nehmen. Ja, diese Form der aktiv-optativischen Selbstaneignung, die auch Frankfurt bezeichnenderweise in der aktivischen Wendung des „entschiedenen Sich-Identifizierens mit einem Wollen" beschrieben hat,1 erscheint mir unerläßlich, um jenem Gedanken der Autonomie genüge zu tun, der für unser Selbstsein konstitutiv ist (vgl. 197f. Anm.4). Wo immer sie fehlt, leben wir nicht, sondern werden gelebt im personalen Sinne natürlich, nicht im rein biologischen. In dieser Hinsicht unterscheiden sich auch die beiden nichtdezisionistischen Orientierungsformen partiell (207, Anm. 1) nicht von der unreflektierten Übernahme kultureller oder ¡ndividuell-sozialisatorischer Vorgaben (298f) oder der Entscheidung praktischer Fragen durch Zufall und andere Determinanten. Auch
-
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1
:
Die Einwände der Arbitrarität und Abgelöstheit halte ich nicht für berechtigt (siehe unten 209f). Auch glaube ich nicht, daß Frankfurt selbst das aktivische Moment ohne Rekurs auf bewußte Dezisionen aufrechterhalten kann (vgl. 207, Anm.l). Daß einzelne dezisionistische Akte die Dauerhaftigkeit ihres Resultats nicht garantieren können, trifft zu, zeigt aber nur, daß unser Leben auch von Vorgaben und diversen anderen Faktoren abhängig ist und daß alle optativischen Stellungnahmen prinzipiell problematisierbar und revidierbar bleiben. Wie tragfahig sie auf Dauer sind, zeigt sich erst in der „volitionalen Selbsterfahrung". Diese behält ihr Recht, stellt dasjenige von Dezisionen aber nicht in Frage, sondern kann und muß durch sie komplettiert werden. Frankfurt 1988, 21 f. An der aktivischen Rede vom entschiedenen „Sich-Identifizieren" (oder sogar „Sich-selbst-Konstituieren" durch diesen Schritt) hat Frankfurt auch festgehalten, nachdem er dezisionistische Deutungen ausdrücklich zurückgewiesen und durch sein Konzept der „volitionalen Selbsterfahrung" ersetzt hatte (vgl. etwa 1988, 170ff; 1999, 105f). An die Stelle der bewußten Dezision soll nun allerdings ein Begriff der „Identifikation" (1999, 105) bzw. des „decisive commitment" (1988, 168f.) treten, der letztlich nicht mehr beinhaltet als die faktische, wenngleich volitiv reflektierte, Abstandnahme eines „befriedigten" (206f. Anm. 3) Individuums von weiteren Überlegungen in dem Interesse, seine volitionale Situation eventuell zu verändern. Damit aber geht das aktivische Moment verloren bzw. überlebt allenfalls verbal. Denn da das bloße Faktum der volitionalen Höherstufigkeit, wie Frankfurt einräumt (1988, 166f.), in dieser Frage nichts entscheiden kann, bleibt, wenn Dezisionen konsequent ausgeklammert werden, nichts mehr übrig, was aktive Formen volitionaler „Befriedigung" von beliebigen anderen abheben könnte. Entsprechendes gilt für Verbalerklärungen, wonach die „Aktivität" einer Person z.B. in deren Handeln „aus ihrem eigenen Willen" bestehen soll (1988, 88), weil die Frage der relevanten „Eigenheit" dieses Wollens sogleich zum Problem ihres aktiven „Sich-Identifizierens" mit ihm zurückführt. Daß Frankfurt trotz dieses offenkundigen Defizits seiner expliziten Erklärungen an den aktivischen Redewendungen festhält, könnte ein Indiz dafür sein, daß er sich implizit doch weiterhin auf ihre dezisionistischen Konnotationen verläßt. Auch solche Faktoren sind bei konkreten Willensbildungsprozessen so gut wie immer mitbeteiligt. Das notwendige Zusammenspiel von selbständiger, situativer Entscheidung und Rücksicht auf die jeweiligen hereditären, kulturellen und individuell-sozialisatorischen Vorgaben bei der Lebensorientierung ist klar herausgearbeitet bereits bei Cicero, De Officiis I, 107-121.
Was heißt, sich im Wollen orientieren?
211
10. Falsche Vorbehalte gegen Dezisionen Vorbehalte
stellungen
gegenüber dem Dezisionismus entstehen vor allem, weil falsche Vormit ihm verbunden werden. Vier von ihnen möchte ich hier deshalb aus-
drücklich zurückweisen. Erstens wird häufig geltend gemacht, mit Entscheidungen dieses Typs würde indeterministische Willensfreiheit unter Beweis gestellt. Doch das ist weit übertrieben. Richtig ist sicherlich, daß wir, wenn wir zu offenen Optionen selbständig Stellung nehmen, nicht das Bewußtsein haben, darin determiniert zu sein. Ich glaube auch, daß ohne diese Voraussetzung ergebnisoffene praktische Überlegungen sinnlos wären und die Idee der Täterschaft illusionär. Darin folge ich einer langen Denktradition, die von Aristoteles und Alexander von Aphrodisias über die Kirchenväter Nemesios und Johannes Damaszenus, Hobbes' Gegner Bramhall, Reid und Herbart bis hin zu Hart und Chisholm reicht.1 Doch vielleicht liegt darin eben eine Illusion. Das subjektive Bewußtsein, daß es sich anders verhält, ist für sich jedenfalls kein Beweis, daß unbewußte Determinanten die Entscheidung nicht dennoch steuern, seien sie nun neurophysiologischer oder tiefenpsychologischer Art. Natürlich müßte auch dies erst einmal unter Beweis gestellt werden. Aber daß es unmöglich ist, darauf sollte und braucht sich der Vertreter dezisionistischer Stellungnahmen nicht festlegen. Zweitens muß er sich nicht, wie manchmal vermutet, die Idee eines metaphysischen reinen Willens zu eigen machen,2 oder gar die Idee eines Cartesianischen Ego oder eines „sich selbst setzenden" Fichteschen Ich. Derart anspruchsvolle Konzeptionen sind durch die einfache Anerkennung des Phänomens der Dezision nicht zu begründen. Ebensowenig braucht man sich, drittens, durch den alten Vorwurf beeindrucken lassen, dezisionistische Willensakte liefen auf Willkür und Zufall hinaus. Man muß sich nur strikt an den aktivischen Charakter dieser Form der optativischen Stellungnahme halten. Wer sich für eine von zwei Optionen entscheidet, ohne ein übergeordnetes Wollen als Grund dafür angeben zu können, hat nicht den Eindruck, daß das Ergebnis ihm passiv zufallt, während er interessiert, aber unbeteiligt danebensteht. Darin unterscheiden sich diese Situationen grundsätzlich von solchen, in denen ein Zufallsgenerator zum Einsatz kommt oder uns etwas schicksalhaft widerfahrt. Und selbst wenn das aus"
„
2
Vgl. Aristoteles, De Interpretatione 18b29ff. (weitere relevante Stellen bei R. Sorabji, Necessity, Cause and Blame, London 1980, 227 A.l), sowie zum zweiten Punkt Physica VIII und MetaphysicaXII, 4-7; Alexander v. Aphrodisias, De Fato, cap. 11-12; Nemesios, De Natura Hominis, cap. 41; Johannes Damaszenus, De Fide Orthodoxa II, cap. 25; Th. Hobbes, The English Works, ed. W. Molesworth, London 1841, repr. Aalen 1966, vol. V, 150f. 279, 293; Th. Reid, Essays on the Active Powers of the Human Mind 1,1-2; IV,l-2, 6-8; J.F. Herbart, Zur Lehre von der Freiheit des menschlichen Willens, in: ders., Schriften zur praktischen Philosophie, ed. G. Hartenstein, Bd, II, Leipzig 1851, 345f: H.L.A. Hart, Punishment and Responsibility, Oxford 1968, 28f. A.l; R.M. Chisholm, Freedom and Action, in: K. Lehrer (ed.), Freedom and Determinism 1966, 11-44; ders., Person and Object, London 1976, ch. II. So Tugendhat 1992, a.a.O., 467 in der Kritik an Frankfurt. Die Kritik trifft Frankfurt nicht (vgl. 208f, Anm. 3 und 209, Anm. 2), kann aber durch dessen schwankende Haltung zur Dezision und seine aktivische Rede vom „Sich-Identifizieren" oder „Sich-selbst-Konstituieren" (u.a., vgl. 210 Anm. 1) immerhin nahegelegt werden.
212
Gottfried Seebaß
nahmslos zuträfe, was manchmal fraglos der Fall ist, daß wir uns nämlich für etwas entscheiden, von dem wir nachher den Eindruck haben, genausowenig zu wissen, wie wir dazu gekommen sind, wie bei Zufallen und bloßen Widerfahrnissen, würde ein fundamentaler Unterschied immer noch darin bestehen, daß wir das Resultat dieser „QuasiEntscheidung" als unseres anerkennen, uns also „mit ¡hm identifizieren". Das ist eine Variante des alten Stoischen Gedankens der bewußten Einstimmung ins Unabänderliche, die jedenfalls dann keine rein fatalistische ist, wenn sie die freie, aktiv-optativische Stellungnahme des Individuums einschließt. Zumindest auf dieser Ebene aber scheint mir die passivische Rede vom „Zufallen" oder ähnlichem extrem kontraintuitiv zu sein, sondern nur Kants Beschreibung die Sache zu treffen: „Wenn ich sage: Ich denke, ich ' handele usw.; dann ist entweder das Wort Ich falsch angebracht, oder ich bin frei." Und auch die Stoisch gedeuteten „Quasi-Entscheidungen" sind ja glücklicherweise eher ein Sonderfall, der unserer Alltagserfahrung nicht entspricht. Viertens schließlich bedeutet die Anerkennung von Dezisionen keineswegs, daß wir vollkommen frei darin sind. Nicht nur, daß uns nur ein sehr begrenzter Teil realer Optionen persönlich zugänglich ist, ontologisch wie epistemisch gesehen. Auch zwischen Optionen, denen gegenüber wir uns, was die volitionale Lage betrifft, in einer prinzipiell ergebnisoffenen Wahlsituation befinden, können wir uns oft nicht völlig frei entscheiden. Kapazitätsgrenzen des Intellekts, des Gedächtnisses und anderer psychischer Faktoren wirken sich faktisch spielraumverengend aus, ebenso bestehende Habitualisierungen und Automatisierungen (196f). Und natürlich sind auch die Beschränkungen durch subjektive Wertungen und Gefühle und durch die Selbsterfahrung in Rechnung zu stellen. Vor allem längerfristige Zielsetzungen, aber auch viele Alltagsentscheidungen werden von ihnen mitgeprägt. Zum Beispiel können wir uns nicht ohne weiteres dafür entscheiden, eine Speise zu kosten, vor der uns ekelt, oder ein Spiel mitzuspielen, das uns langweilig oder moralisch verwerflich erscheint. Und diese Restriktionen bestehen sehr oft auch dann, wenn wir uns über die kulturelle oder sozialisatorische Kontingenz unserer Wertungen völlig im klaren sind. Selbstmanipulative Mittel können den Dezisionsspielraum z.T. verbreitern. Manchmal genügt auch, wie schon Thomas von Aquin festgestellt hat, die ihrerseits auf aktiver Entscheidung fußende Konzentration auf eine bestimmte Option oder einen bestimmten Aspekt in ihr. Aber natürlich geht das nicht überall oder unlimitiert. Doch die begrenzte Bedeutung dezisionistischer optativischer Stellungnahmen anzuerkennen, heißt nicht, sie für bedeutungslos zu erklären. Im Gegenteil, gerade durch dieses Zugeständnis tritt ihre reale Signifikanz hervor.
I. Kant, Vorlesungen über Metaphysik, AA XXVIII/1, 269. Vergleichbare Äußerungen über den intrinsischen Zusammenhang von Ich und Aktivität finden sich öfter bei Kant, so etwa in der Anthropologie (z.B. AA VII, 161, 397f.) sowie im Paralogismuskapitel und in der Transzendentalen Deduktion der Kritik der reinen Vernunft (z.B. B 157f). Thomas v. Aquin, Summa Theologica 111, q.10 a.2 ad 1; q. 13 a.6 resp. ad. 3; ders., Quaestiones Disputatae de Malo q.6, resp. / ad 7 / ad 15.
Was heißt, sich im Wollen orientieren?
213
11. Schluß Was also heißt es, sich „im Wollen zu orientieren"? Offenbar heißt es nicht nur, sich theoretisch über die eigene Willenslage ins Bild zu setzen, Optionenermittlung zu betreiben und daraus praktische Schlüsse zu ziehen. Es heißt auch und vor allem, spezianzustellen, die nicht nur epistemisch, sondern auch vofisch praktische litional ergebnisoffen sind und deshalb auch durch aktive optativische Stellungnahmen beendet werden. Wer „weiß, was er will", hat eben nicht nur partielle Gewißheit darüber gewonnen, was ist, sondern auch darüber, was seinem Anspruch nach sein soll. Und dieses praktische, vom theoretischen scharf zu unterscheidende „Wissen" ist zugleich eines, das prinzipiell (im Gegensatz zu Kants Behauptung, 191) über unsere Erfahrung hinausfuhrt.
Überlegungen
Caring, Reflexivity, and the Structure of Volition R.
Jay Wallace
Among the significant legacies of Harry Frankfurt's work on agency and personhood is the attention he has drawn to fascinating but neglected complexities in the structure of the will. Personhood is not exhausted by the capacity for intentional action, but involves additional resources of interest and concern that help to define who we are. Thus not everything that a person does intentionally is something that the person fully identifies with. Some of the actions we perform are ones that we are estranged from in a certain sense, insofar as they do not reflect our values, priorities, and sense of what is really important in life. It thus emerges that there can be internal as well as external obstacles to the autonomous realization of our ends. A second and distinct legacy of Frankfurt's work has been to offer a particular way of conceptualizing these complexities of human agency. The central and most influential feature of Frankfurt's interpretation of these phenomena is the distinction between orders of desire. Frankfurt begins with an essentially Hobbesian conception of the will, as effective first-order desire. According to this conception, the will of an agent is simply that desire that is causally effective in moving the agent to action; it is thus something that can be ascribed to any creature to whom it makes sense to attribute desires. The distinctive features of those agents who are persons emerge only with the introduction of desires of higher-order, which in Frankfurt's account define the person's characteristic point of view, and enable us to decide whether agents are estranged from or identified with their effective motivating attitudes. The significance of higher-order attitudes for questions of identification derives in large measure from their peculiarly reflexive character. They are responses to the person's own states of desire and preference, and hence they exhibit the kind of reflective self-consciousness that seems to When these distinguish persons from other creatures capable of rudimentary
agency.2
See Freedom of the Will and the concept of a Person, as reprinted in Harry G. Frankfurt, The Importance of What We Care about, Cambridge, Mass. 1988, pp. 11-25, at p. 14.
The
emphasis on reflexiveness is particularly pronounced in Frankfurt's papers Identification and Wholeheartedness, as reprinted in The Importance of What We Care about, pp. 159-176, and The Faintest Passion, as reprinted in Harry G. Frankfurt, Necessity, Volition, and Love, Cambridge,
216
R.
Jay Wallace
higher-order desires are wholehearted, they fix the person's distinctive standpoint on the world, defining what Frankfurt in his later writings refers to as the person's sense of
what is important. Frankfurt himself never puts the matter this way, but I believe that many philosophers have been attracted to his interpretation of human agency because of its latent noncognitivism. The distinction between orders of desire apparently enables us to do justice to the complexities of human agency to which Frankfurt has drawn attention, without departing from the basic assumption that the attitudes essentially constitutive of our standpoint as persons are in the way of non-rational commitments rather than genuine judgments as to what is or is not the case. If this accounts for the appeal of Frankfurt's position for many of his readers, however, it also represents the weakness ofthat position, for I believe that noncognitivist interpretations of human agency are ultimately unacceptable. An "authentic and perspicuous" model of the volitional structures characteristic of persons must build on the assumption that the attitudes definitive of the real self are evaluative judgments, and not merely motivational pushes and pulls (of what-
hierarchical order). One aim of the present essay is to collect some considerations that support the assertion I have just made. In particular, I explain why the apparatus of a hierarchy of desires does not seem to me a helpful way of conceptualizing the volitional structure of persons. I also offer some observations about the essential reflexivity of human agency. Frankfurt seems to me right to stress that our volitional capacities are distinctively reflexive or self-conscious; the challenge is to accommodate this dimension of personhood without falling back on the unhelpful apparatus of a hierarchy of desires. Throughout I attend primarily to Frankfurt's more recent writings, in which the phenomenon of caring about something is used to bring into focus the peculiar complexities of human volition. At issue is the question of what it is to identify with one's actions, where identification is understood as a condition of authentic and autonomous agency, and not as a condition of freedom or moral responsibility. ever
Mass. 1999, pp. 95-107. This is from Identification and Wholeheartedness. p. 164. The phrase "the real self that appears later in this sentence is an allusion to Susan Wolfs illuminating discussion of Frankfurt's position in her book Freedom within Reason, New York 1990. I offer some critical remarks about Frankfurt's account of responsibility in my book Responsibility and the Moral Sentiments, Cambridge, Mass. 1994, pp. 171-175, 256-265. In general, it seems to me of the utmost importance to distinguish issues of responsibility from issues of autonomous or authentic agency, for I doubt that there is a single notion of identification that is sufficient for both responsibility and autonomy. In Frankfurt's recent writings on caring, the notion of autonomy seems to be primarily (and appropriately) in the foreground. (I return to the distinction between responsibility and autonomy in sec. 2 below).
Caring, Reflexivity, and the Structure of Volition 1.
217
Reflexivity and desire
and Wholeheartedness Frankfurt writes: "The notion of reflexivity much more fundamental and indispensable, in dealing with the phenomena This remark strikes me as deeply correct. In the preat hand, than that of a sent section I explain why the notion of a hierarchy of desire distorts rather than enhances our understanding of the complexities of human agency, and suggest a different way of conceptualising the reflexivity characteristic of such agency. Consider a typical if trivial occasion for practical reflection, about (say) how one is to spend the coming evening. Such reflection often takes as its starting point some desire or inclination of the agent's. I may find that I am positively disposed toward the prospect of going out to a film tonight, and proceed to deliberate about this desire. Deliberation of this kind presupposes a kind of reflexivity. It is possible only if we are able to step back from our motivating attitudes, and to make those attitudes themselves objects of reflection. If we did not exhibit this kind of self-consciousness, we would not be capable of the kind of autonomous self-determination characteristic of human agency; our reflection would be restricted to questions concerning the attainment of ends that are simply given to us, by whichever of our first-order desires are momentarily the In
Identification
seems to me
hierarchy."1
strongest.
To this extent, I agree with Frankfurt that reflexivity is essential to personhood. The question is whether the kind of reflexivity that is important in this connection is well thought of in terms of the notion of a hierarchy of desires. I do not believe that it is; to see why not, it will be helpful to compare two different ways of developing the trivial example of practical reflection introduced above, in which my desire to go to a film
provides an occasion for deliberation. According to the first interpretation of this process what I shall call the hierarchical model the reflection that is induced by the desire to go to the movies culminates in the formation of what are literally second-order desires. In stepping back from my initial inclination, I treat it as an episode in my own psychological biography, one which figures as the object of my attention as I deliberate. My thought is directed, in other words, onto the fact that I have a desire to go to the movies, rather than onto the propositional -
-
content of that first-order
desire, or any evaluative judgments that may be associated with it. Abstracting from these matters of content, we are left with a notion of desire that is congenial to non-cognitivism, as a brute pro-attitude or positive tendency of some kind in regard to my seeing a film tonight. Furthermore, the process of deliberating about such psychological data will be complete when I have acquired a further psychological item of the same basic type at the level of second-order reflection: for instance, a wholehearted pro-attitude or positive tendency in regard to my both having Identification and Wholeheartedness, p. 165 (note). The importance of reflexivity to human agency is also emphasized by Christine Korsgaard in The Sources of Normativity, Cambridge, England 1996, especially lecture 3. My remarks about the proper interpretation of reflexivity apply to a certain extent to Korsgaard's use of the notion, which exhibits some of the same unclarity that affects Frankfurt's.
R.
218
Jay Wallace
and acting on the original first-order desire to see a film.1 The fact that I form higherorder attitudes of this kind is what sets me apart from mere wantons, who are completely indifferent as to the constitution of their will, and may be said not really to care about what they end up doing one way or another. And the fact that these attitudes are literally reflexive both distinguishes my deliberation as that of a person, and imbues the results of my deliberation with authority vis-à-vis my initial first-order attitudes. The hierarchical model of personhood and identification is strongly suggested by Frankfurt's talk of a hierarchy of desires; it is, in fact, the most straightforward and literal way of understanding his account of personhood and reflective agency. But the interpretation is not compelling. Many of the difficulties with it have been articulated ably before, so I shall offer only a brief discussion of them, concentrating on two main First, in ordinary contexts of deliberation it is not the case that deliberating think primarily about their first-order desires themselves, considered as episodes agents in their psychological biography. When I am prompted by my desire to see a movie to engage in practical reflection, it is not the desire itself- for instance, the state of being attracted in some way by the prospect of seeing a film that I will tend to focus on, but rather the concrete merits of the activity that I find myself attracted to. Construed as a general account of the kind of reflection through which we constitute ourselves as agents, identifying with or distancing ourselves from particular inclinations to which we are subject, Frankfurt's hierarchical model thus seems distorted. It does not do justice to the outward focus that is characteristic of such deliberation. Furthermore, when questions arise about the status of our first-order desires, it is obscure how they can be resolved simply through the generation of further desires of higher order. I take it that ordinary first-order desires provide potential material for practical deliberation, because the fact that we are inclined to engage in some activity does not by itself resolve the question of whether the activity would be good in any way, something we really have reason to go in for. The task of practical deliberation is ordinarily to settle evaluative or normative issues of this kind, issues that are left open by psychological facts about the state of our first-order inclinations and dispositions. If this is correct, however, then it must be obscure how the generation of further psychological items of the same general type, at the level of second-order reflection, could possibly suffice to bring practical deliberation to a satisfactory conclusion.
points.2
-
3
In Identification and Wholeheartedness Frankfurt seems to endorse the suggestion that the higherorder attitudes relevant to identification are not of the same basic type as the first-order desires upon which we reflect, but are to be construed rather as decisions. In his more recent paper The Faintest Passion, however, he returns to speaking of the relevant higher-order attitudes as desires regarding the constitution of one's will (that is, as higher-order "volitions," in the special language of Freedom of the Will and the Concept of a Person). The condition that the higher-order desires of this kind be wholehearted is developed in The Faintest Passion in terms of the notion of satisfaction, which is a matter of the absence of restlessness or uncertainty with regard to one's higherorder desires; see The Faintest Passion, sec. 7. See in particular Gary Watson, Free Agency, as reprinted in Gary Watson, ed., Free Will, Oxford 1982, pp. 96-110. Compare Korsgaard, The Sources of Normativity, pp. 92-94.
Caring, Reflexivity, and the Structure of Volition
219
The point is not that it is necessarily arbitrary to identify persons with their higherorder desires, or that we cannot make sense of wholehearted identification without postulating a potentially unending system of nested attitudes of higher and higher orders. Frankfurt may be correct in holding that the reflexivity of second-order desires sets them essentially apart from desires of other kinds, and that wholeheartedness is a negative condition, so that the potential regress of identifying attitudes can be blocked. But the real problem remains. This is that desires are the wrong kinds of entities through which to bring practical deliberation to a satisfactory resolution. The very features of first-order desires that present a problem for practical deliberation, namely their potential independence from normative judgment, render second-order desires essentially illsuited to resolve that deliberative problem. If I can find myself attracted by the idea of going to a movie regardless of whether doing so would really be a good thing, I can equally find myself with a higher-order attraction to acting on such a desire when doing so would not be a good idea. Given the evaluative terms of the question we pose to ourselves in practical deliberation, it is a kind of category mistake to think that a satisfying answer can be provided in terms of facts about the state of our psychological inclinations at any level. An evaluative question calls for an evaluative response some claim about what we have reason to do, or what action it would be good to perform not a descriptive report about the current state of our subjective leanings. To this it will be replied that Frankfurt does not envisage reflection culminating in a descriptive report of the agent's higher-order desires. Deliberating agents do not proceed by ascending to the level of third-order reflection, and trying to ascertain whether there is factual alignment between their wholehearted second-order desires and their effective first-order motivations. Rather they engage in second-order reflection on their first-order desires, which (if all goes well) culminates in the formation of wholehearted second-order desires. This is correct, but it will succeed in disarming the objection at hand only if the formation of the second-order desire can be equated with the endorsement of an evaluative judgment, suited by virtue of its normative content to answer the question from which deliberation begins. But (a) this evaluative interpretation of desire strains against the apparent non-cognitivism of the hierarchical model, the assumption that the desires important to identification are non-judgmental matters of brute psychological inclination, attraction, and repulsion. And (b) if we are allowed to help ourselves to evaluative judgments at the level of second-order reflection, the question arises why we cannot also appeal to them at the level of first-order thought about what to do. As I noted above, deliberation typically has an outward focus and phenomenology, and in accordance with this we should expect it to be brought to a conclusion by a first-order evaluative judgment about the goodness of concrete alternatives for action, not by an evaluative verdict about our psychological states themselves. Frankfurt's response to the latter point is his repeated insistence on the reflexivity or self-consciousness of human agency. He evidently takes reflexivity to be the hallmark of personhood, and believes this is most perspicuously accounted for in terms of the hierarchical model. But if the points made above are correct, the hierarchical model -
-
This is the Frankfurt's latest response
to the mentioned
objections,
in The Faintest Passion.
220
R.
Jay Wallace
does not really provide a perspicuous conceptualization of ordinary practical deliberation. Moreover it is possible to do justice to the reflexivity characteristic of human agency, while also accommodating the distinctively evaluative terms in which practical deliberation is typically conducted. Returning to the simple example of deliberation introduced earlier, I shall now sketch a second interpretation of reflection, the substantive model, which avoids the problems that plague the hierarchical account. The substantive model agrees with the hierarchical model in holding that reflexivity is necessary for the kind of deliberation characteristic of human agency. Only if I can step back from my desire to go to the movies can I engage in the kind of reflection that sets me apart as a person. Where the substantive model departs from the hierarchical interpretation is in its account of the process of reflection that is set in motion when we step back in this way from our desires. According to the hierarchical interpretation, such reflection abstracts from the content of our desires, focusing instead on the brute psychological fact of our being inclined one way or another in regard to a concrete possibility for action (such as going to see a film). By contrast, the substantive interpretation holds that desires are not fully intelligible when construed noncognitively, as matters of brute psychological inclination, and that reflection about them can accordingly be conducted only in substantive evaluative terms. Let me elaborate a bit on both points. Non-cognitivist approaches must assume the availability of descriptions of human psychological motivation from which all evaluative vocabulary has been expunged. At some fundamental level, our actions and motivations can be explained in terms of the operation of brute psychological forces; evaluative vocabulary comes on the scene only later, and serves essentially to express these non-normative psychological pushes and pulls. But it may be doubted whether we can really make sense of psychological explanations that are fundamentally purged of evaluative concepts in this way. The paradigmatic experience of wanting something, at any rate, is one that is evaluaessentially tively colored. When I am aware of a desire to go to a film this evening, I find my thoughts turning to the prospect of seeing the movie in question, and this prospect presents itself to me as attractive. The latter aspect, of attraction to the desired activity, is theoretically elusive. Noncognitivists may insist that there is an irreducible noncognitive affect of attraction. Even if we make room for such an affect, however, it cannot be the whole story about phenomenal desire, and it is certainly not the aspect of such desires that is relevant to practical reflection. A brute affect of attraction to the prospect of going to a movie would hardly be intelligible to us as a desire. Unless we can articulate what it is about the course of action that seems desirable, the affect directed toward it will appear essentially inscrutable, more like an itch or a sensation than a real desire. Phenomenal desire resembles perception in presenting cognitions about how things are.
Compare Simon Blackburn, Ruling Passions, Oxford 1998, chap. 3. I expand on the conception of desire sketched here in my paper Addiction as Defect of the Will: Some Philosophical Reflections, in Law and Philosophy 18 (1999), pp. 621-654. Related conceptions of desire are defended by T. M. Scanlon, in What We Owe to Each Other, Cambridge, Mass. 1998, pp. 39-41, and by Joseph Raz. in The Active and the Passive, The Aristotelian Society supplementary volume 71 (1997), pp. 211-227.
Caring, Reflexivity, and the Structure of Volition In the
case
of desire, these
thoughts
are
of action
represent potential introduced above, its appearing courses
to
as
221
evaluatively, through concepts that good along some dimension in the example that it would be pleasant to see a particular structured
-
me
movie.
Moreover, it is only in virtue of having this kind of evaluative content that desires
raw material for deliberative reflection. My reflexive consciousness of my deinvolves sires essentially the capacity to stand back from the evaluative cognitions which they present concrete courses of action to me, as eligible candidates for through choice. Wanting to go to the movie, I am aware that this option seems to me to be good, insofar as it would be pleasant in some way or other; but my reflexive distance from this attitude enables me to refrain from endorsing the evaluative thought associated with the desire, to ask whether it really would be good to go to the movie after all. This is the evaluative question that reflexivity poses for practical deliberation, and it calls for firstorder evaluative thought about the concrete merits of the course of action to which I find myself attracted. The hierarchical model pictures such reflection as abstracting from the content of first-order desires, and focusing on the fact of one's attraction itself. According to the substantive model, however, if we abstract completely from the content of our first-order desires, we will no longer be able to reflect on them at all they reduce to inarticulate affects. The task of deliberative thought is accordingly a firstorder one, of assessing the evaluative cognition that is constitutively associated with the original desire. I must decide, for instance, whether and in what ways it really would be pleasant to go to the film, and whether and in what ways cinematic pleasure provides a sound reason to go out to a movie this evening (given my other alternatives and com-
provide
-
mitments).
Suppose I reach a positive verdict as a result of this kind of deliberation, concluding that it would indeed be good to see a movie tonight, in the way it seems to me to be while in the grip of my first-order desire. Arriving at this conclusion is a matter of accepting, through the exercise of my critical and deliberative faculties, the evaluative cognition presented to me by my desire to go to a movie. When this condition is satisfied, we may speak of my identification with my original first-order desire. But such identification is achieved without the formation of a reflexive attitude that is literally of higher-order. Identification is brought about not by taking a stand on the fact of my desiring to go to a movie, but by endorsing the content of that desire, accepting that it really would be good to do what, in virtue of my having the desire, it seems to me that it Compare Scanlon, What We Owe to Each Other, pp. 65-66, to which I am indebted here. Here I disagree with the interesting account of identification advanced by Michael E. Bratman in Identification. Decision, and Treating as a Reason, as reprinted in his Faces of Intention, Cambridge, England 1999, pp. 185-206. Bratman construes our identifying attitudes as reflexive decisions to treat our desires as reason-giving. But if the account of desire I have sketched is on the right lines, then (a) desires themselves rarely provide reasons for action, and (b) the attitudes through which we identify with our desires concern the contents of those desires rather than the fact of our having the desires. That is, they are first-order evaluative judgments about what there is reason
for us to do, and
not
decisions to treat
our
first-order desires in
some
way
or
other.
222
R.
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would be good to do. In these respects, the substantive model improves on the hierarchical interpretation presented earlier. Deliberation is represented as having an outward focus and phenomenology, insofar as it addresses the concrete merits of the actions one is attracted to performing, and it is brought to conclusion through the formation of an evaluative judgment that is appropriate to the concerns from which deliberation in the first place begins. These virtues can be purchased, however, only at the cost of abandoning the apparent noncognitivism that, if I am right, has attracted many philosophers to Frankfurt's account of the structure of volition.
2.
Caring and the good
Now it is not initially clear that Frankfurt himself would necessarily object to interpreting his account of human agency along the lines of the substantive model. On the one hand, his reliance on the notion of higher-order attitudes to explicate the reflexivity of such agency strongly suggests the hierarchical model sketched in sec. 1 ; and there is at least one point at which he explicitly distances himself from interpretations of reflexivity that are couched in evaluative terms.1 On the other hand, Frankfurt is sufficiently vague about such central concepts as desire and deliberation as to leave it open whether these could be unpacked in terms of the substantive model. Thus we might be tempted to identify the endorsing higher-order desires of which he speaks with the kinds of evaluative judgments through which the substantive model envisages deliberation being
brought to a conclusion. In his more recent writings, however, Frankfurt seems to foreclose this interpretative possibility. His reflections on the themes of caring and importance, in particular, suggest that the attitudes definitive of our essential standpoint as persons cannot be understood simply as evaluative judgments. Those attitudes are most fundamentally a matter of what we care about wholeheartedly. But, Frankfurt contends, first-order evaluative endorsement is neither necessary nor sufficient for caring about something in the way that defines who we really are. In this section I shall look at some of the arguments Identification and Wholeheartedness, p. 166, note, where Frankfurt writes that the alternatives to the hierarchical model strike him as "worse: more obscure, no less fanciful, and (I suspect) requiring a resort to hierarchy in the end themselves." In Autonomy, Necessity, and Love, as reprinted in Frankfurt. Necessity, Volition, and Love, pp. 129-141, at p. 137, Frankfurt seems for instance to favor a non-cognitivist understanding ofthe passions, writing that the motivational effectiveness of these states "is entirely a matter of sheer brute force. There is nothing in them other than the magnitude of this force that requires us, or even encourages us, to act as they command." In the same article, however, he explicitly contrasts passions of this kind with love, which is among the higher-order attitudes important for identification. And in The Importance of What We Care about, p. 85, Frankfurt writes that such higher-order attitudes are "constituted by a complex set of cognitive, affective, and volitional dispositions and states," a statement that at least leaves room for the kind of interpretation of attitudes identifying favored by the substantive model.
Caring, Reflexivity, and the Structure of Volition Frankfurt advances in favor of this interpretation against them.
tive
223
conclusion, with the aim of defending the substan-
Perhaps Frankfurt's most basic complaint is that evaluative endorsement is not sufficient for caring or identification. The intuitive thought here is that one can perfectly well accept that something is good or valuable without caring about it very much, indeed without really caring about it at all. In this kind of context it would be at best misleading to use evaluative judgment as a criterion for identification. Thus Frankfurt writes: "Each of us can surely identify a considerable number of things that we think would be worth doing or worth having for their own sakes, but to which we ourselves are not especially drawn and at which we quite reasonably prefer not to aim." This point initially seems to have a good deal of force, and yet on closer examination it becomes quite unclear whether it really tells against the substantive model. Frankfurt is doubtless correct to contend that we can judge something to be valuable without really caring about it, and so without its being among the commitments that define our identity as persons. I may regard the lives of a bourgeois banker or a social activist to be worthy and admirable in their different ways, and yet it may mean nothing to me that I fail to exhibit what is admirable in these modes of living, and that I am not especially drawn towards them. But the evaluative judgments at issue in this kind of case are not the ones with which the substantive model would identify the standpoint of personal reflection. What is important for the substantive model are the evaluative judgments an agent endorses within the context of practical reasoning about concrete alternatives for choice and decision, such as the judgment that it would be best to embark on a particular course of action, in the sense that the action in question is one that the agent has a good and sufficient reason to go in for. The evaluative judgments I endorse about the banker and the social activist, however, are not judgments of this kind. That I take these lives to be worthy and admirable may perhaps be necessary for my concluding that I myself have good reason to emulate them, but it is hardly sufficient. In the context of reflection about what line of work to pursue, all manner of factors enter in that go beyond one's assessment of the basic worthiness and decency of a particular career option, including such factors as one's own interests and abilities, one's prospects for employment and success, and the likelihood that the demands of the career will leave room for one to pursue one's other basic interests and relationships. Suppose, then, that after taking all such factors into account, I conclude that it would be best (say) to remain in philosophy rather than starting over as an investment banker or a social activist. The substantive model would hold that this judgment partially defines my distinctive point of view, articulating my reflected verdict on the deliberative question of what I have reason to do in this domain. Can I really be alienated from an evaluative commitment of this kind, failing to care about whether or not I comply with it? There seem to be two possible scenarios to consider here. First I find "when may the chips are down," as Frankfurt likes to say that I simply cannot work up much enthusiasm for philosophy, despite its being the line of occupation that I myself regard as -
-
On Caring, in Frankfurt, Necessity, Volition, and Love, pp. 155-180, at p. 158. Compare The Importance of What We Care about, p. 83, and The Faintest Passion, p. 106.
224
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best for me to be involved with.' It would perhaps be natural to say about this scenario that I find I do not really care about the occupation I take myself to have most reason to pursue. Furthermore, this fact about the state of my interests might well call in question the authority of my evaluative judgment about which career I should opt for. It does this, however, not by undermining in general the standpoint of evaluative reflection, but by raising a doubt about the truth of the particular evaluative judgment I have endorsed. As I suggested above, facts about the interests and enthusiasms of a person are among the factors that are normatively relevant to determining which among the many worthy and admirable professions a person has most reason to make their own. Someone who discovers that they cannot work up any enthusiasm for the career they have chosen therefore may have reason to revise their judgment that the career in question is best for them, or to suspect that their original judgment was a matter of false consciousness or self-deception of some kind (reflecting, for instance, an unconscious wish to please a disapproving parent). To accommodate cases of this kind, the substantive model may require some refinement. We might want to say, for example, that the evaluative judgments a person endorses within practical deliberation are properly authoritative, when it comes to questions of identification and autonomy, only when the person's deliberative and rational faculties are functioning well, and the person is correctly weighing and assessing the evidence and other considerations that are available.2 But these modifications would not alter the basic thrust of the substantive model; its claim that the standpoint of reflective agency is the point of view of evaluative judgment, and not that of non-judgmental affect or volition, would remain essentially intact. In a second possible scenario, I would remain notably unenthusiastic about the career choice I have decided would be the best under the circumstances. By contrast with the first scenario, however, we may suppose in the second that I have correctly taken my own lack of enthusiasm into account in arriving at the verdict that it would be best for me to remain in that line of work. It might be the case, for instance, that none of the things I am genuinely enthusiastic about represent realistic career options, so that the question of what I am to do to make a living must be based on other kinds of consideration altogether. Two observations seem to be in order about this kind of situation. First, it is unclear to me that we should really say about it that I do not care about my chosen career path. Intuitions on this point seem essentially divided. On the one hand, the fact
See The Importance of What We Care about, pp. 84-85 (discussing Sartre's famous example of the resistance fighter). Further references to what we discover about our volitional and affective nature "when the chips are down" may be found in the following texts by Frankfurt: Alternate Possibilities and Moral Responsibility, as reprinted in Frankfurt, The Importance of What We Care about, pp. 110, at p. 3; Freedom of the Will and the Concept of a Person, p. 16; Identification and Wholeheartedness, p. 174; The Faintest Passion, p. 101; and On the Necessity of Ideals, as reprinted in Frankfurt. Necessity, Volition, and Love, pp. 108-116, at p. 111. This would bring the substantive model close to the "reason view" defended by Susan Wolf, in Freedom within Reason. It should be noted, however, that the issues about moral responsibility and freedom that primarily concern Wolf do not align exactly with the questions about identification, authenticity, and autonomy to which the substantive model is addressed.
Caring, Reflexivity, and the Structure of Volition
225
that I am genuinely uninterested in (say) philosophy is one that we might be tempted to express with the claim that I do not really care about the subject. On the other hand, the further fact that I have correctly concluded that this is the line of work I should be involved in makes that very same claim ring rather false. If, for instance, I diligently apply myself to the subject despite my lack of enthusiasm, in the conviction that doing so is the best course open to me under the circumstances, I would thereby seem to demonstrate that I care about doing well in it, despite my underlying lack of interest in the subject itself.1 Divided intuitions of this kind suggest that the phenomenon of caring may not be sufficiently well-defined to admit of uniform philosophical treatment. Whatever we end up saying about caring in this scenario, the more basic question is whether the lack of enthusiasm there postulated calls in question the identification of the person with the conclusions of evaluative reflection. My second observation about the scenario is that this does not appear to be the case. That I find myself unenthusiastic about the career option I have determined it would be best for me to pursue is regrettable, but in the unhappy scenario under consideration it does not entail that I am estranged from my practical judgment concerning the merits of the available alternatives. It is a fact of life that enthusiasm, keen interest, and caring in the affective sense cannot always be mustered in regard to the courses of action that we take ourselves to have most reason to engage in; this is among the factors that tempt us to act akratically, and that must be fought against if we are to succeed in translating our values into action.' (Another factor, of course, is our excess enthusiasm for alternatives that we have determined we should not go in for.) It would perhaps be pleasant if our interests and enthusiasms aligned perfectly and automatically with the conclusions of evaluative reflection.
2
Compare Frankfurt, The Importance of What We Care about, p. 85. In Comments on Frankfurt, Synthese 53 (1982), pp. 291-294, Alasdair Maclntyre raises the interesting question whether caring represents "a residual category, the name for a ragbag in which is to be found a set of assorted items whose resemblance to each other lies chiefly in this, that they are no longer studied by moral philosophers" (p. 294). What should be said about cases in which we give in to such temptations, and do what we ourselves agree would be wrong or ill-advised, on the whole? Intuitions about identification may seem to break down in such cases. Gary Watson, for instance, who in Free Agency defends what I take to be a version of the substantive model, has more recently contended that cases of weakness pose a problem for that model. In his paper Free Agency and Free Will, Mind 96 (1987), pp. 145-172, at pp. 149-150, Watson contends that agents who act "perversely" by their own lights may nevertheless be fully identified with what they do. Here it is vital to recall the distinction between the issues of autonomy and responsibility drawn above. To the extent weak-willed or perverse agents fail to translate their own values successfully into action, we may say that they are estranged from what they do; they do not identify with their actions, in the way important to issues of authenticity and autonomy. On the other hand, they may still be identified with their actions in the different sense that they act freely, committing themselves to what they do in the way that could potentially open them to moral censure and blame. I develop a motivational psychology capable of doing justice to identification in this second sense in my paper Normativity, Commitment, and Instrumental Reason (forthcoming); see also my Responsibility and the Moral Sentiments, chaps. 5-6. In the present paper however my
focus, like Frankfurt's, is on identification in the first sense.
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The fact that they do not, however, gives us no reason to question the claims of evaluative reflection to articulate our authentic and authoritative point of view on the world, as
persons.
Independently from reflection on such cases, there may be some residual tendency to suppose that alienation from one's values must be possible.1 Can't I find myself appalled by my own materialism and selfishness, and wouldn't this amount to a kind of estrangement from my own evaluative commitments and priorities? Certainly it sometimes seems natural to say things like this; the question is whether they really undermine the substantive model. I do not think they do. We need to be very clear about what exactly we are estranged from when we claim to be estranged from our own values. In the examples cited, the most plausible candidate, I would maintain, are patterns of action over time that reflect our own emotions and desires, where these in turn are essentially associated with evaluative thoughts, in the way sketched in sec. 1 above. When I reject my own materialism, for instance, I am rejecting my tendency to place inordinate importance on matters of material consumption and acquisition: the way conspicuous consumption presents itself to me as attractive, and the way in which this tendency influences my own choices and actions. Rejection of these tendencies must itself be motivated, however, and the standpoint which gives such rejection its authority is precisely the standpoint of evaluative reflection emphasized by the substantive model. Thus if I am appalled by my own materialism it must be the case that I question the evaluative thoughts latent in my own actions and feelings, and this is itself a matter of first-order evaluative reflection (leading to the judgment, for instance, that conspicuous consumption is at best a source of hollow and ephemeral pleasures). Far from undermining the
substantive model, cases of estrangement from one's own values thus seem to presuppose it. There is a different kind of example that might seem to raise doubts about the authority of evaluative reflection. This involves situations in which an agent reaches a clear verdict about what it would be best to do in contexts of decision that are themselves fairly trivial. Frankfurt himself offers the example of preferences regarding ice cream. If I like the flavor of (say) vanilla ice cream, it will probably be correct to say of me that I have reason to choose this flavor, and that the (moderate) consumption of vanilla ice cream is for me an intrinsically worthwhile activity. But it is equally likely that satisfaction of my ice cream preference is a matter of little or no real importance to me, something I do not really care about at all in the way that is significant for questions of identification. "There is no incoherence in appraising something as intrinsically valuable,
1
'
See David Velleman, What Happens When Someone Acts?, Mind 101 (1992), pp. 461-481, at p. 472. A different possibility to which Frankfurt is especially alert is that one might be essentially ambivalent at the level of deliberative reflection. Whereas Frankfurt would construe such ambivalence in terms of conflicting highest-order attitudes, I would contend that it is a matter of conflicting evaluative judgments. -
-
Caring, Reflexivity, and the Structure of Volition
227
and pursuing it actively as a final end that is worth having in itself, and yet not caring about it."1 Examples of this kind do not really tell against the substantive model, however. Here it is important to bear in mind that evaluative judgments represent responses to concrete contexts of decision. Thus the judgment that I have reason to choose vanilla ice cream is not a free-floating commitment that must compete with all my other commitments (to family, friends, projects, and the like). It is much more likely to be a response to a particular and constrained deliberative problem, such as the question of what to fix for dessert after a light summer meal. Within the deliberative context defined by this problem, my preference for vanilla ice cream might in fact be the most important consideration there is, so that the judgment that it would be best to have vanilla ice cream for dessert is that attitude with which I am most authentically identified. Of course, the deliberative context within which this judgment is arrived at is itself comparatively insignificant. It would be a mistake, however, to infer from the triviality of the deliberative context that the evaluative conclusion I draw within that context is one from which I am estranged in any way. There is a sense in which it seems right to say that considerations such as my preference for vanilla ice cream are matters of no real importance to me, in the grand scheme of things, and I shall discuss this kind of verdict in section 3 below. The present point is that the unimportance in this sense of my preferences regarding dessert is no basis for questioning the authority of evaluative judgments based on such preferences within their proper deliberative context. Often life presents us with deliberative problems that are in themselves comparatively trivial, and when this is the case, the sincere evaluative responses we devise to these problems have as good a claim as any attitudes to represent our distinctive point of view. The objections I have discussed to this point have all questioned the sufficiency of evaluative judgment for caring and identification. But Frankfurt seems to doubt the necessity of evaluation for caring as well. Thus it is a leitmotiv of his recent work that the persons and things we care most about, the objects of our love, do not engage our interest and attention because of our judgments regarding their antecedent value and We do not decide to care about a lover or a child (say), on grounds of a judgment about the independent worth of these persons or of the activity of caring about them. Rather we find that we care about particular persons and things, in a way that is both contingent and not subject to our own volitional control. And affective contingencies of this kind in turn determine what as a matter of fact is important to us. If we take caring to be the stance that is significant for questions of identification and authenticity, this suggests a basic doubt about the adequacy of accounts of the phenomenon in terms of the notion of evaluative judgment. Again, however, it is important to keep clearly in focus the kind of evaluative judgments that figure in the substantive model, as well as the context of deliberation to which those judgments represent responses. Frankfurt is surely correct to remark that
importance.2
Harry Frankfurt, On Caring, p.
159. This theme seems implicit in many of the essays collected in the second half of Necessity, Volition, and Love. See, for instance, On Caring, part 2, sec.5.
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unwilled contingency plays a large role in determining whom and what we love. But it does not follow from this that our standpoint as agents cannot be identified with the point of view of evaluative reflection about what we have reason to do. It is rarely (if ever) the case that we determine whom and what we love by deliberating about the question; rather we more or less fall into our loves, in processes that elude complete deliberative planning.1 Contingencies of affection and interest of this kind are clearly of immense importance in determining the shape and direction of our lives, and among the more significant ways they affect us is by giving us reason to do things that we would not otherwise have reason to do. To take a very elementary example, if I happen to love x, then the fact that I do becomes highly relevant when I think about how I should organize my life. Depending on the circumstances, it may for instance provide a sufficient reason for engaging in any number of activities together with x (going to a film or to a bar on Tuesday, or moving in together for the summer). Contingencies of love and affection are in this way directly and highly relevant to deliberative reflection about action, even if these contingencies themselves escape our deliberative control. In holding that evaluative judgment is authoritative for questions of identification and personhood, the substantive model need not contend that the reasons on which we base our conclusions about what it would be best to do are themselves matters that we have it in our power to influence directly. In can thus do full justice to the role of non-reasoned contingency in giving substance to our emotional lives. It is possible that Frankfurt would object that this account casts the deliberations of the lover in an overly self-conscious and scheming light. There is an interesting passage in his paper "On Caring" that contrasts the deliberations of a lover of x with those of a person acting out of duty, in situations in which each acts with the intention of helping x.2 Frankfurt remarks that the dutiful and the loving agents both have the same reason for (say) giving money to x: "namely, that the money will be helpful to him."3 The differences between them emerge when it comes to explaining why they regard the fact that giving the money would help x as a reason. The dutiful person takes this fact to be a reason, because they both believe that duty requires one to help x, and want to fulfill their moral obligations. With the lover, by contrast, the conception of the same fact as a reason can be explained solely by reference to the circumstance that they love x. There is no need to appeal in addition to the further circumstance that they want to do what love requires, since this is built into the circumstance that has already been appealed to; taking benefits to x to be reasons is in part constitutive of loving x in the first place. This passage suggests a challenge to my account of the deliberative relevance of contingencies of love and affection. I proposed that lovers properly regard such contingencies as sufficient reasons for engaging in joint activities with those they love, in con-
2 3
That love is contingent in this way does not mean that it is disconnected from evaluative thoughts about the value of the person who is loved. For a highly suggestive discussion of the evaluative commitments of love, see David Velleman, Love as a Moral Emotion, Ethics 109 (1999), pp. 338374. Harry Frankfurt, On Caring, pp. 174-176. Harry Frankfurt, On Caring, p. 175.
Caring, Reflexivity, and the Structure of Volition
229
crete contexts of practical deliberation. But Frankfurt might object that this assimilates actions done from love too closely to the paradigm of action out of duty. Just as the
dutiful agent reflects on the fact that helping would be right from the perspective of the desire to act rightly, so I seem to have represented lovers as reflecting on the fact of their love itself, from the perspective of the desire to be good lovers (or something of that sort). This distorts the essential immediacy of the motivational structures of love and affection, and turns action out of love into something altogether too self-conscious and intellectualized. I would respond by saying that Frankfurt's account of the motivational structure of love strikes me as altogether too sentimentalized. The problems begin with the contention that the dutiful and loving donors both give money to x for the same reason, viz., that doing so will help x. This contention confuses the agents' reasons with their immediate intentions; what the two donors have in common is the latter, not the former. Each donor aims to give x money, as a way of helping him, but their reasons for performing this action are different. For the dutiful donor, the considerations that speak in favor of helping x might include the fact that x is in serious need, and that it would be wrong to refrain from helping people in serious need when one can do so at little cost to oneself. For the loving donor, by contrast, the considerations that recommend helping x include essentially the fact that x is someone they love. Nor does the emotional immediacy of love exclude self-conscious awareness of this fact on the part of the lover. On the contrary, only by incorporating this fact in the deliberations of the lover can we capture the exclusivity of the reasons that love provides. After all, from the perspective of the lover it is not the case that the considerations that recommend helping x also recommend helping any other needy agent who might happen to come along. Clear-thinking lovers will acknowledge that their emotional entanglement with particular persons gives them reason to attend to the needs of those persons that do not generalize to cases in which the emotional basis of love is lacking.2 To think otherwise is to suppose that love is not merely immediate and spontaneous, but literally stupid. Frankfurt does not voice this complaint in so many words, but it seems strongly suggested by the things he does say. For instance: "it is merely a tautology that a lover takes the fact that a certain action would be helpful to his beloved as a reason for performing the action. His taking it as a reason for performing the action is not the outcome of an inference. That it provides him with this reason is not a conclusion that the lover reaches by reasoning from the premise that he loves his beloved" (On Caring, p. 176). Two points of clarification are in order here. First I do not mean to deny that the reasons of the lover are implicitly general in form. In fact they are (though the lover will probably not focus on this dimension in the heat of action). Thus the clear-thinking lover would acknowledge that any other lover as well has reasons to attend to the needs of those they love that do not apply to nonbeloved persons whose needs are similarly acute. Second, it should be stressed that I am not claiming that the lover's reasons are primarily reasons of moral duty. Like Frankfurt, I agree both that there are special moral duties pertaining to those with whom we are involved in close relationships, and that lovers nevertheless typically act out of love rather than out of a sense of these special duties (On Caring, p. 175; compare Autonomy, Necessity, and Love, p. 140). I also believe, however, that a sharper appreciation of the cognitive and normative commitments of ordinary loving action
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I can only speculate as to why Frankfurt should have been tempted to deny this point. There is a kind of non-cognitivism latent in his discussion of the motives of love and duty that seems to expunge from the conclusions of deliberative reflection the kind of content I have ascribed to them. Both the lover and the dutiful agent are represented as responding to the same "reason," which is the plain fact that giving money will help x. They differ in the considerations that lead them to "regard" this fact as a reason, where these considerations must account for their being actively motivated to provide monetary assistance. If we suppose that the additional motivating factor can only be something on the order of an essentially noncognitive pro-attitude, we will have cause to deny that the crucial difference between the dutiful and loving agents is a matter of the content of the reasons that they acknowledge and act on. That difference must rather be located on the side of the brute psychic forces that incline the two agents to perform the single kind of action to which they both find themselves attracted. For reasons sketched in sec. 1 however I do not find this noncognitive conception of desire plausible, and without it the way is open for a more perspicuous and compelling account of the different motivational structures of love and duty. In particular, we can acknowledge that emotional contingencies profoundly affect the deliberative reflections of lovers, providing them with reasons for action that they would not otherwise have, and appropriately altering thereby their conception of what it would be best to do.
3.
Reflexivity redux: The case of eudaimonistic deliberation
To this point I have been primarily concerned to challenge Frankfurt's account of identification and personhood in terms of higher-order desires. Reflexivity may be the condition that makes possible identifying practical deliberation, but I have contended that such deliberation is normally an attempt to reach first-order conclusions about our reasons for acting in particular ways. In ordinary contexts, our well-grounded verdicts about what we have most reason to do define our authoritative standpoint as agents, and we are autonomous when we succeed in acting in a way that is guided by and in accordance with such evaluative verdicts.2 Having made these points, however, I now want to glean a more positive message from Frankfurt's reflections on caring and the structure of volition. In particular, I shall try to identify a basic if rather specialized context of practical deliberation that exhibits
can '
help
compare
Actually,
to
soften the artificial
dichotomy between the motives of love and duty;
Velleman, Love as a Moral Emotion.
on
this
point,
Frankfurt's own account there must be some differences in the content of the which the two agents act. The dutiful agent conceives their situation as one in which the helping act is commanded by duty, whereas the lover sees the situation as one in which their beloved would be assisted; otherwise the different motivational structures attributed to the two types of agent would not get a grip, as it were. I discuss the idea of guidance by one's conception of what there is reason to do in my paper Three Conceptions of Rational Agency, Moral Theory and Ethical Practice 2 (1999), pp. 217-242. even on
reasons on
Caring, Reflexivity, and the Structure of Volition
231
the kind of directly reflexive structure familiar from Frankfurt's writings, and that is closely connected to the issues of caring and importance that have figured so prominently in his recent work. This is the context of what I should like to call eudaimonistic reflection. In reflection of this kind we step back from the large patterns of concern that shape our deliberations about concrete problems, and think about those concerns themselves. By concerns here I mean the kinds of commitment and activity that most fundamentally color our personality as agents what Christine Korsgaard refers to as aspects of our "practical identity," and Bernard Williams calls our "projects."1 Concerns of this kind serve to structure our ordinary deliberations about what to do in quotidian contexts, providing us with first-order reasons for choosing or rejecting particular alternatives that are open to us, in the ways already illustrated in sec. 2 above. In eudaimonistic reflection, however, we abstract from this dimension of our basic concerns, and think about those patterns of concern themselves, focusing on the contribution they make to our own lives. The question we ask in this kind of context, I would suggest, is not in the first instance whether we are made happy or well-off by virtue of having the kinds of projects we do. Happiness and well-being do not seem to me to be necessary touchstones for eudaimonistic reflection, and particular projects can reasonably be affirmed through such reflection without making positive contributions along these dimensions of assessment. Thus a devoted scientist or artist may endure great hardship and sacrifice in the interests of their grounding professional projects, and nevertheless affirm the contribution that these projects make to their own lives. In doing so, they would be asserting that their lives are made better by containing and being shaped by artistic and scientific activity not happier or pleasanter, to be sure, but more worthwhile and meaningful.2 For this reason it seems appropriate to refer to the reflection in question as "eudaimonistic," since eudaimonia is properly construed not as a matter of happiness or well-being, but of living well as a human being. Eudaimonistic reflection in this sense exhibits many of the features that Frankfurt takes to be important for identification and personhood. It is, in the first place, literally reflexive in a way ordinary practical deliberation is not. Take, for example, the kinds of projects or concerns that are most readily affirmed in contexts of this kind, namely sig-
-
See Korsgaard, The Sources of Normativity, pp. 100-102; and Williams, Persons, Character and Morality, as reprinted in his Moral Luck, Cambridge, England 1981, pp. 1-19. Korsgaard and Williams construe practical identities and projects as items that can successfully survive the kind of eudaimonistic reflection 1 am attempting to characterize; Korsgaard writes, for instance, that a practical identity is "a description under which you find your life to be worth living and your actions to be worth undertaking" (The Sources of Normativity, p. 101). I shall construe projects and practical identities more broadly, as basic structural features of our character and personality that are open to
eudaimonistic reflection. Frankfurt himself emphasizes questions of meaning in On the Usefulness of Final Ends, as reprinted in The Importance of What We Care about, pp. 82-94. Compare Susan Wolf, Happiness and Meaning: Two Aspects of the Good Life, in Ellen Frankel Paul, Fred D. Miller, Jr., and Jeffrey Paul, eds., Self-interest, Cambridge, England 1997, pp. 207-225. assessment in
232
R.
Jay Wallace
nifícant work and personal relationships. Friendships and work provide us with all manner of first-order reasons for engaging in particular activities that promote the interests of our friends and the goals given by our professional projects. In eudaimonistic reflection, however, we abstract from these particular contexts of decision, and think about our friendships and professional projects themselves, focusing on the contribution they make to the meaningfulness of our own lives. This, I would submit, is a kind of deliberation that is appropriately characterized as reflexive. Perhaps it would be misleading to say that deliberation of this sort is a matter of reflection on our first-order desires; certainly it does not proceed by focusing on first-order tendencies to action, construed in noncognitive terms as brute psychic pushes and pulls. Rather in eudaimonistic reflection we think about the emotional bases of our grounding projects (where these involve a significant cognitive dimension, as I argued in sec. 1 above), together with the activities that give expression to such emotions and commitments. Second, the projects and concerns we affirm through eudaimonistic reasoning seem correctly describable as matters of importance to us, things we care about in an especially significant way. When we say, for instance, that the pleasures of vanilla ice cream (discussed in sec. 2 above) are of no real importance, we can plausibly be taken to mean that those pleasures are not among the items that register within the context of eudaimonistic deliberation, as making our lives meaningful or worthwhile. Frankfurt seems to me wrong to suggest that importance in this sense is necessary for identification as I suggested above, in trivial contexts of decision our evaluative verdicts may be based on unimportant criteria of this kind, without that calling in question our identification with them for the purposes at hand. It is also worth bearing in mind that ephemeral bodily pleasures might well be among the things that do matter to a person, when thinking about what makes their life meaningful or worthwhile. There is nothing necessarily absurd or appalling about the view that at least part of what renders one's life worthwhile, from one's own point of view, is precisely the availability within it of a range of basic bodily satisfactions. On the other hand, most of us would probably not contend that minor culinary pleasures (say) can really compete with the kinds of concern that centrally shape our deliberations as agents; we do not care about them in the same way, and this can be construed as a verdict reached in eudaimonistic reflection about the things that make our lives meaningful or worth living. Third, endorsement of our projects and concerns in eudaimonistic reflection exhibits characteristic structural features that Frankfurt has drawn attention to in his recent work, involving relationships between means and ends. The kinds of projects that are most -
It presupposes, for instance, the general ability to imagine alternatives "of oneself emphasized in Jan Bransen, Identification and the Idea of an Alternative of Oneself, The European Journal of Philosophy 4 (1996), pp. 1-16. Note, however, that in some cases the projects on which eudaimonistic reflection focuses may be so fundamental to one's identity that one might not be able to imagine a concrete "alternative of oneself without them. Here a quotation from Gary Watson (Free Agency, p. 104, footnote 8) seems appropriate: "It is reported that H. G. Wells regarded the most important themes of his life to have been (1) the attainment of a World Society, and (2) sex."
Caring, Reflexivity, and the Structure of Volition
233
to us, such as close friendships and significant work, can be reof final ends. Thus we have reason to help those with whom we are garded befriended for their own sake, regardless of the adventitious consequences of helping (within, for instance, our own hedonic economy). And yet, when we reflect on the contribution of friendship to our own lives, the fact that it provides us with final ends of this kind may be among the features that enable us to endorse it. Being the sort of person who has reason to help certain others for their own sake, in the way characteristic of friendship, may make our own lives more meaningful, insofar as it expands our horizon of concern and opens us to intense and otherwise inaccessible experiences. On the other hand, certain activities that have instrumental value, because (for instance) they are useful or productive in some way, can also be inherently valuable to us precisely on account of their exhibiting this kind of instrumental value." What makes it good for us to be committed to such activities for their own sake may in part be the fact that they represent forms of constructive work that are appropriate to our interests and talents. If we wish to emphasize the apparent air of paradox surrounding this, we could say that our projects are instrumentally valuable to us on account of the fact that they are sources of intrinsic or non-instrumental ends, and they are inherently valuable precisely insofar as they are instrumentally good in various ways. Frankfurt goes on to suggest that traditional Aristotelian accounts of the relation between ends and means have neglected these complex reciprocal structures of justification a questionable assertion, in my view, but not one that it is necessary to go into here. The example of Aristotle raises two further issues about eudaimonistic reflection that I should like briefly to touch on in conclusion. The first of these concerns the critical dimension of eudaimonistic deliberation. Aristotle himself appears to assume that reflection about questions of flourishing and the human good has critical potential. It is not merely the attempt to clarify what the deliberating agent happens, as a matter of contingent psychological fact, to care about, but raises questions about the worthiness of potential objects of care and concern. Moreover it seems to me that any plausible account of eudaimonistic reasoning should hold onto this critical dimension.5 Without it, reflexive contemplation of our first-order projects and concerns threatens to degenerate into an exercise in getting in touch with one's feelings, rather than being a genuine example of reasoning or deliberation.
obviously important as sources
-
1
3 4
See On Caring, pp. 172-174. Harry Frankfurt, On the Usefulness of Final Ends, especially pp. 90-91; On Caring, pp. 176-178. Compare Frankfurt, On Caring, p. 178. See especially On the Usefulness of Final Ends, pp. 82-84. Frankfurt would not necessarily disagree with this: see The Importance of What We Care about, sec. 6. He proposes one concrete criterion for critical assessment, namely that it be possible for the agent to care about a candidate project that is up for assessment (p. 94); but this clearly doesn't take us very far, since it is all too obviously possible for people to care about things that do not merit this attitude. Indeed, as I go on to argue in the text, eudaimonistic reflection typically begins from projects that an agent already cares about to some extent; in this deliberative context the question of the possibility of caring about the project up for assessment will already have been settled, and so be useless as a criterion that guides our critical reflection.
R.
234
Jay Wallace
In saying this, I do not mean to suggest that the question of what makes human life, in
perfectly objective answers are available general, meaningful or worthwhile. Eudaimonistic reflection is distinctively conducted from the agent's own point of view. In asking whether a candidate project contributes to the meaningfulness of our lives, we do not want to know whether it is meaningful or significant for other people, or from the point of view of the universe, but whether it is meaningful for us, and this will in part be a matter of whether we can find meaning in the project, or see it as making our lives worthwhile.1 We might concede that a given project is of a sort that can perfectly well contribute to the meaningfulness of a life, but not take our own lives to be meaningful in virtue of containing such a project. To this extent, eudaimonistic reflection will irreducibly be shaped by the personal sensibilities of the agent who is reflecting. On the other hand and this is where the critical dimension comes in it should not be thought that absolutely anything goes, or that the question of whether our own lives are meaningful is sufficiently answered by appealing to the psychological fact that we happen to find them meaningful. Earlier I suggested that the desires from which ordinary practical deliberation often begins can be viewed (in part) as cognitions of what we have reason to do, which are up for first-order assessment through the deliberation they provoke. In a somewhat analogous way, eudaimonistic reflection will typically take as its starting point some actual pattern of commitment or concern that already structures the deliberations and character of the agent; that a project plays this structuring role makes it the kind ofthing that the agent is inclined to care about, as making their life worthwhile, and the question to be answered in reflexive deliberation about the project in question is whether this is a reasonable or appropriate attitude to adopt. What is called for in such critical reflection, I to
-
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would suggest, is above all a matter of normative articulation. Eudaimonistic reflection is brought to a successful conclusion when agents are able to characterize their projects accurately as making a genuine contribution to the goodness of their own lives. Consider the kinds of cases that seem paradigmatically able to survive eudaimonistic scrutiny: namely, close personal relationships and significant work. It seems fairly obvious that these sorts of projects admit of true descriptions under which they can be seen to make important contributions to the goodness of the agent's own life. Friends, for instance, not only have first-order reasons for helping those with whom they are befriended and engaging with them in joint activities, they also are open to a range of enriching experiences and possibilities of emotional support in virtue of their friendships, and these can correctly be viewed as contributions to the goodness of their own lives. In other cases, however, we may find ourselves unable to arrive at a plausible account of how our ongoing projects and relationships contribute to the goodness of our own lives. We may be working exhausting hours on projects that are both intrinsically and subjectively uninteresting, fetishistically pursuing a certain conventional image of success, when alternative ways of making a reasonable living are open to us. Or perhaps certain of the relationships we are involved in turn out on reflection to be exploitative,
Compare Frankfurt, On the Usefulness of Final Ends, p. 85.
Caring, Reflexivity, and the Structure of Volition
235
otherwise self-destructive and debasing.1 In cases of this kind it seems ourselves caring about do not really merit this attitude, positive contributions to the meaningfulness of our own lives, and the possibility of this kind of verdict is what gives eudaimonistic reflection its critical edge. This brings me to morality, and to a final observation about eudaimonistic deliberation. I believe though there is not the space to defend the claim here that getting clear about the distinctively reflexive context of eudaimonistic deliberation can help us to understand better a traditional and important worry about the authority of moral requirements. The worry, forcefully expressed in certain writings of Bernard Williams', is that morality has little chance of being important to us in the way our grounding projects and commitments are, and that it consequently cannot hope to compete when its demands threaten to constrain our pursuit of those projects and commitments. There is a strong echo of this worry in Frankfurt's papers on caring, the suggestion that morality is not the sort ofthing that it makes sense to care about. In the terms I have been developing, the idea would be that when we step back from our first-order reasons to comply with moral demands, and ask about the ways in which morality affects our own lives, it may be difficult to see it as making the kind of direct contribution that (say) close friendships and significant work can make. Complying with moral requirements may keep us out of trouble, and encourage others to cooperate with us in our projects, but these are at best indirect contributions, not things that in their own right make our lives worthwhile and meaningful. This seems to me to be an important challenge, one that it is both necessary and illuminating to grapple with. At the same time, I would contend that traditional moral philosophy provides resources for thinking about this challenge that have hitherto been rather poorly understood. Thus part of the appeal of such theories as utilitarianism, Kantianism, and contractualism in ethics is that they provide at least implicit articulations of the contribution that morality is capable of making to the goodness of the agent's own life. The role of autonomy in Kant's ethics, for instance, can be understood in these terms, as an account of the way in which our own lives are made more worthwhile by our compliance with the apparently austere demands of morality. Similarly, utilitarianism seems to rest on a personal ideal of transcendence, to which our according lives acquire meaning and significance through our contribution to the good of all sentient creatures; while contractual ism suggests a motivating ideal of free and open rela-
parasitic, plausible
or
to say that the things we find that they are not intelligible as
-
-
For
a
helpful
discussion of the
Caring about Caring:
4
A
possibilities for critical reflection of this kind, see Annette Baier, Reply Frankfurt, as reprinted in her Postures of the Mind, Minneapolis to
1985, pp. 93-108. See for instance Persons. Character and Morality. See for instance The Importance of What We Care about, pp. 80-82; also the Preface to Necessity, Volition, and Love, p. x. Compare the ideal of transcendence discussed (though not endorsed) by Samuel Scheffler in Human Morality, New York 1992, pp. 120-121. The utilitarian vision of meaning through contribution to a cause that is larger than oneself finds especially clear expression in Peter Singer, How Are We
236
R.
Jay Wallace
tionship to our fellows.1 Much work remains to be done to characterize precisely the potential challenge to morality posed by personal projects and concerns, and the resources that moral philosophy can offer for responding to that challenge. But we should begin by situating both the challenge and the possible responses within the distinctive context of eudaimonistic reflection to which Frankfurt's work on the phenomenon of caring seems to point.
to Live? Ethics in
an Age of Self-interest, Oxford 1997). Compare Scanlon, What We Owe to Each Other, chap. 4. Many thanks for helpful feedback to audiences at the Australian National University, Macquarie University, Monash University, and to participants in the "Pflngstkurs" on Frankfurt's work at the Bielefeld University.
Warum sollen wir Ziele verfolgen? Monika Betzier
1.
Einleitung
Im Laufe
unseres
Lebens
verfolgen
wir die unterschiedlichsten Ziele: wir versuchen
Pläne, Projekte, Ideale und persönliche Bindungen in unseren Handlungen zu realisieren. Eine Person, die einen sie befriedigenden Beruf ausübt, einem interessanten Hobby nachgeht, Freundschaften pflegt und sich für Dinge engagiert, die ihr wichtig sind,
scheint ein erfülltes und sinnvolles Leben zu führen.2 Würden wir dagegen keine Ziele verfolgen, wäre unser Leben sinnlos, absurd oder zumindest langweilig. Die Qualität unseres Lebens scheint jedoch wesentlich davon abzuhängen, welche Ziele wir haben. Wenn wir überlegen, wie wir leben sollen, fragen wir uns, welche Ziele zu einem guten Leben beitragen. Da wir in der Regel viele unserer Ziele selbst auswählen können, stellt sich die Frage, wie wir diese bewerten. Auf welcher Basis entscheiden wir, welche Ziele wir gegenüber anderen bevorzugen sollen? Welche Ziele tragen zu einem guten und sinvollen Leben bei? Was macht unser Leben überhaupt gut und gar sinnvoll3? Eine klassische Auffassung stellt die konsequentialistische Konzeption dar, derzufolge Ziele ausschließlich als Handlungsfolgen im Gegensatz zu den Handlungen selbst beurteilt werden. Die Mittel, d.h. auch die Handlungen, die wir zur Realisierung dieser Für hilfreiche Kommentare
zu
früheren Versionen dieses Aufsatzes danke ich herzlich Peter
Baumann, Rüdiger Bittner, Barbara Guckes, Günther Patzig und R. Jay Wallace. Ich profitierte
4
ebenso von der Diskussion meines Beitrags, den ich an der Zentralen Einrichtung für Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsethik der Universität Hannover vortragen konnte. Für Hinweise danke ich insbesondere Paul Hoyningen-Huene, Peter Schaber, Tatjana Tarkian und Marcel Weber. Voraussetzung hierfür ist allerdings, daß unsere biologisch bedingten Bedürfnisse bereits befriedigt sind. Den in der englischsprachigen Diskussion gebräuchlichen Begriff „meaningful" übersetze ich als „sinnvoll". Vgl. D. Wiggins (1976); S. Wolf (1997). Zur Charakterisierung einer streng konsequentialistischen Position vgl. J. Raz (1986) 268f. Eine Kritik an der Trennung von Handlungen und Handlungsfolgen in der strengen Version des Konsequentialismus formulierte bereits B. Williams (1973) 83f. Selbst wenn im Rahmen des Konsequentialismus Handlungen ein intrinsischer Wert zugeschrieben wird, werden diese danach beurteilt, ob sie einen jeweils besseren Zustand darstellen. Vgl. B. Williams (1973) 88.
238
Monika Betzier
Ziele wählen, erhalten ihren Wert dagegen ausschließlich von den als realisierte Zustände aufgefaßten Zielen. Diese lassen sich im Hinblick auf die Größe des von ihnen repräsentierten Werts ordnen und vergleichen, die den alleinigen Grund zur Wahl eines bestimmten Ziels darstellt. Selbst subjektive Empfindungen wie Lust lassen sich demzufolge als Zustände nach der maximalen Realisierung dieses Werts bewerten. Im Rahmen utilitaristischer Theorien des Wohlergehens wird die Bedeutsamkeit oder das Gelingen eines Lebens an der Gesamtsumme solcher innerhalb des betreffenden Lebens realisierter Zustände bemessen. Harry Frankfurt will in seinem 1992 erschienenen Aufsatz „On the Usefulness of Final Ends" ein umfassenderes' und authentischeres' Verständnis von Zielen und deren Funktion in unserer Suche danach, wie wir leben sollen, entwickeln. Er hält dies für eine Aufgabe, die an eine Theorie praktischer Vernunft gestellt werden muß. Schließlich müssen wir in praktischer Überlegung bestimmen, welche Ziele unser Leben sinnvoll machen. Die Grenzen einer konsequentialistischen Konzeption liegen auf der Hand. Der Wert eines Ziels scheint sich keinesfalls auf die als Zustände beschreibbaren und meßbaren Handlungsfolgen zu beschränken. Er hängt auch davon ab, welche Funktion ein Ziel im Leben einer Person hat. Gegen eine ,pan-rationalistische' Auffassung will Frankfurt zeigen, daß Ziele und hierbei scheint er v.a. letzte, d.h. umfassende und weitreichende Ziele zu meinen nicht nur um ihrer selbst willen gewünscht und verfolgt werden, sondern selbst einen instrumenteilen Wert besitzen.4 Seiner Meinung nach sind Ziele auch nützlich, weil sie uns in komplexer Weise tätig sein lassen. Ein Grund zur Wahl eines Ziels scheint somit nicht nur zu sein, welchen intrinsischen Wert ein Ziel maximal realisiert, sondern ebenso „what it is like for the person to pursue [a goal]"5. Eine große Rolle scheint hierbei die Art und Qualität der Tätigkeiten zu spielen, die mit dem Verfolgen eines Ziels verbunden und die keinesfalls auf rein hedonistische Erfahrungen reduzierbar sind. Frankfurt will berücksichtigen, daß Ziele eine spezifische Rolle im Leben konkreter Personen -
-
2
4
5
Vgl. J. Griffin (1986) 34ff, der eine Variante dieser aggregativen Auffassung vertritt. Harry Frankfurt ( 1992a) 83. B. Williams (1973) 116, weist daraufhin, daß der Wert eines Ziels gerade durch die Rolle konstituiert sein kann, die bestimmte Handlungen im Leben einer Person spielen. Wenn sich eine Person bereits mit bestimmten Zielen und Projekten identifiziert, die zu einem großen Teil ihr Leben ausmachen, kann der Wert weiterer Ziele nicht unabhängig davon beurteilt werden. Zuletzt hat T. Scanion (1998) Kap. 2, auf überzeugende Weise ausgeführt, daß viele wertgeschätzte Ziele nicht teleologisch und damit als Zustände aufgefaßt werden können, die wir hervorbringen müssen. Frankfurt schreibt diese Position Aristoteles zu. Vgl. H. Frankfurt (1992a) 82f.; (1998) 469. Ich halte diese Interpretation zumindest für einseitig. Aristoteles faßt Ziele zudem auch als Tätigkeiten und nicht nur als Zustände. Auf die Probleme einer Aristoteles-Interpretation kann ich hier jedoch nicht eingehen. Frankfurt lehnt sich zugleich auch etwas unkritisch an das aristotelische Mittel-
Ziel/Zweck-Modell an, um dieses dann umzudeuten und Ziele selbst in ihrem Charakter als Mittel zu fassen. Er behält damit nicht nur eine instrumentalistische Auffassung bei. Wie sich noch zeigen wird, engt er damit auch unseren rationalen Umgang mit der Wahl von Zielen stark ein. Vgl. A. Kolnai ( 1962) 209. Ich danke auch Günther Patzig für eine hilfreiche Diskussion. H.Frankfurt (1992a) 86.
Warum sollen wir Ziele
verfolgen?
239
spielen. Indem wir Ziele verfolgen, üben wir eine Vielfalt einzelner Tätigkeiten aus, die unser Leben mehr oder weniger erfüllen. Gegen die traditionelle konsequentialistische Auffassung betont Frankfurt folglich den intrinsischen Wert unserer Handlungen und Aktivitäten. In diesem Sinne hält Frankfurt auch ein Leben, das allen moralischen Anforderungen genügt, noch nicht für ein die betreffende Person erfüllendes Leben, weil ihr eine „invigorating conception of what to do with himself'1 fehlen mag. Eine Bedingung dafür, daß wir in dieser Weise tätig sind, ist, daß uns etwas wichtig ist und ergreift.2 Nicht jedes Ziel ist uns in diesem Sinne wichtig.3 Ziele sind jedoch nützlich, wenn wir sie wählen, weil sie uns wichtig
sind. Es liegt in der Tat nahe zu behaupten, daß nur die betreffende Person selbst, um deren Ziele und damit um deren Leben es geht, den Wert dieser Ziele beurteilen muß. Wir müssen schließlich selbst zu der Meinung gelangen, ein gutes Leben zu führen. Ob unsere subjektiven Einstellungen für eine solche Bewertung ausreichen, möchte ich allerdings in Frage stellen. Frankfurt läßt weitgehend offen, welche Eigenschaften diese Tätigkeiten genau besitzen, die Ziele nützlich zu machen scheinen. Ebenso vage bleiben seine Ausführungen zu den Voraussetzungen der Ziel wähl: das, was uns wichtig ist und uns daher tätig werden läßt, bestimmt er gerade dadurch, daß es uns ergreift und in diesem Sinne gar nicht von uns kontrolliert werden kann. Im folgenden werde ich Frankfurts Konzeption nützlicher Ziele näher analysieren. Ich werde zunächst darlegen, daß Frankfurt Tätigsein und Ergriffensein als die Bedingungen dafür ausweist, daß Ziele nützlich sind und in diesem Sinne forderlich für ein gelungenes Leben. Vor dem Hintergrund von Frankfurts eigenen, wenn auch ungenauen Ausführungen darüber, was es heißen könnte, in komplexer Weise tätig zu sein und Dinge zu verfolgen, die uns wichtig sind, werde ich schließlich untersuchen, ob die Erfüllung dieser Bedingungen tatsächlich die Nützlichkeit von Zielen zeigen kann. Wie die Diskussion verschiedener Beispiele zeigen wird, erlauben Frankfurts Ausführungen unterschiedliche Interpretationen dieser Bedingungen. Ich werde für die These argumentieren, daß die von ¡hm genannten Bedingungen entweder nicht notwendig oder nicht hinreichend sind, um Ziele als nützlich zu bewerten. Die pathologischen Varianten seiner Konzeption verdanken sich meines Erachtens seiner formalistischen und nonkognitivistischen Deutung der Bedingungen nützlicher Ziele. Der von ihm attestierte Wert von Zielen scheint dagegen substantielle Vorannahmen über das Gute und Richtige vorauszusetzen, die von den erwähnten Bedingungen nicht eingelöst werden können. Abschließend werde ich ausführen, inwiefern eine kognitivistische Interpretation der Frankfurtschen Bedingungen den Nutzen eines Ziels angemessener ausweisen könnte, ohne auf deren Einsichten zu verzichten. Ich werde in diesem Zusammenhang einige '
Harry Frankfurt ( 1998) 467. Da „etwas
3
4
wichtig sein" oder „am Herzen liegen" lediglich unbefriedigende Übersetzungen des englischen Worts ,Caring' darstellen, werde ich bisweilen den englischen Terminus beibehalten Wenn wir uns mit den Wünschen, die uns zum Verfolgen eines Ziels motivieren, nicht aus ganzem Herzen identifizieren, ist dieses Ziel nicht wichtig. Vgl. H. Frankfurt ( 1998) 469.
Monika Betzier
240
Adäquatheitsbedingungen formulieren, die erfüllt sein müssen, damit wir Ziele als wertvoll beurteilen können, ohne pathologischen Varianten ausgeliefert zu sein. Zunächst bedarf es jedoch der Rekonstruktion der Bedingungen, unter denen Ziele für Frankfurt als nützlich gelten. 2. Warum Ziele nützlich sind 2.1 Die formale Bedingung:
Tätigsein und Sinn des Lebens
Ziele sind Frankfurt zufolge nützlich und besitzen einen instrumentellen Wert, weil sie uns auf vielfältige Weise handeln lassen.1 In diesem Sinne sind Ziele wertvoll, sofern sie im konkreten Leben von Personen eine komplexe Rolle spielen. Doch damit scheint Frankfurt nicht allzu viel zu sagen. Was genau kann es heißen, daß uns Ziele tätig sein lassen? Wie können diese Tätigkeiten näher charakterisiert werden, die dank der Ziele um ihrer selbst willen wertvoll sind? In Frankfurts Ausführungen lassen sich zwei, miteinander zusammenhängende Bestimmungen (1) zum Ausmaß der Tätigkeit sowie (2) zu den mit dieser Tätigkeit verbundenen mentalen Einstellungen unterscheiden, die es erlauben, Ziele zu bewerten:
(1) Die betreffende Person muß sich einer Tätigkeit „to some considerable extent"3 widmen. Dies zeigt sich daran, wie komplex diese Tätigkeit ist und in welchem Maße sie unser Leben durchdringt, d.h. daran, ob „the network of activity to which it gives rise has greater complexity and if it radiates more extensively within the person's li-
fe"4.
Das Ausüben einer solchen Tätigkeit impliziert, sich in einem spezifischen Netzwerk von Gefühlen, Emotionen, Gedanken und Handlungen zu befinden.5
(2)
Es läßt sich zunächst eine formale erachtet werden können:
Bedingung dafür formulieren, daß Ziele als nützlich
(fBZ) Ziele
sind nützlich, wenn sie eine Person auf komplexe, ihr gesamtes affektivolitionales und kognitives Leben erfüllende und durchdringende Weise handeln lassen. Ich nenne diese Bedingung „formal", da sie keine inhaltliche Bestimmung der Tätigkeiten und der mit ihnen assoziierten Einstellungen vorgibt, die Ziele nützlich machen. Sie betrifft lediglich die Form der Tätigkeiten, d.h. deren Intensität und Dauer. Sofern Ziele uns tätig sein lassen, verleihen sie wie Frankfurt dies ausdrückt unserem Leben Sinn. Er läßt zwar weitgehend offen, was genau unser Leben sinnvoll oder erfüllt macht. Er scheint jedoch auf den Unterschied aufmerksam machen zu wollen, der ves,
-
-
Vgl. H. Frankfurt (1992a) 2
3 4 5
84. Frankfurt
danach, Nutzen zu suchen und Schaden
zu
richten wir sogar ganz vermeiden.
zufolge
Vgl.
H. Frankfurt (1992a) 83. H.Frankfurt (1992a) 86. H.Frankfurt (1992a) 91. Vgl. H. Frankfurt (1992a) 86f.
Vgl.
H. Frankfurt
(1997) 162.
generell
unser
Handeln
Warum sollen wir Ziele
verfolgen?
241
im Verfolgen eines Ziels und im Erreichen eines Ziels besteht. Im Verfolgen eines Ziels sind wir selbst als handelnde Personen in vielfältiger Weise tätig. Es kommt Frankfurt zufolge darauf an, wie wir ein Leben verbringen. Dies macht einen Unterschied für unser eigenes Leben. Dieser besteht allerdings weder darin, daß wir ein glückliches Leben führen, noch daß wir notwendigerweise Ziele verfolgen, die wir wünschen. Worin besteht er dann? Aus Frankfurts Äußerungen läßt sich meines Erachtens nur schließen, daß die Tätigkeit selbst, vorausgesetzt sie genügt oben genannte Bestimmungen, unser eigenes Leben bedeutsam und erfüllt macht. Die Realisierung eines Ziels, die als Zustand gemäß eines objektiven, ggf. moralischen Wertmaßstabs beurteilt werden kann, erfüllt dagegen in vielen Fällen keineswegs unser eigenes Leben. Frankfurt versucht, dies an folgendem Beispiel zu verdeutlichen: „For instance, it might be possible for someone to bring about an
enormous
benefit to mankind
merely by pressing a button. A life devoted to bringing about that benefit, in which the only meaningful activity was pressing the button, would be less meaningful than one devoted to a final end that was of smaller value but that could be pursued only by complex and varied activ-
ity."2
Wenn wir durch einen bloßen Knopfdruck einen großen Nutzen bewirken, ist dies aufgrund der Trivialität des Knopfdrucks von geringer Bedeutung für unser eigenes Leben. Was ein Leben „reich" und „komplex" macht, ist vielmehr die Tätigkeit selbst, die mit dem Verfolgen der Ziele verbunden ist. So erhielte unser Leben durch das Ausüben eines solchen Berufs Bedeutung, der uns auf unterschiedlichste Weise tätig sein läßt und in diesem Sinne erfüllt. Die Bedeutung scheint auch darin zu bestehen, daß unser Leben durch das andauernde tätige Verfolgen von Zielen thematische Kontinuität' erhält.' Wir sind dadurch disponiert, die Ziele aufrecht zu erhalten. Ziele zu haben ist so ein Mittel dafür, komplexe Tätigkeiten ausführen zu können,4 die ihrerseits an sich wünschenswert sind und unserem Leben Bedeutung verleihen. So gilt z.B. auch Arbeit nicht nur als nützlich, weil wir durch Arbeit ein Gut produzieren. Das Gut, um dessentwillen wir arbeiten, ¡st auch nützlich für die Arbeit selbst als Tätigkeit. Diese Tätigkeit muß jedoch noch eine weitere Bedingung erfüllen. Sie muß Dingen gewidmet sein, die uns wichtig sind.5 Doch wann ist uns etwas wichtig?
2.2. Die substantielle Bedingung: Was
uns am
Herzen
liegt
Eine weitere Bedingung dafür, tätig zu sein und Ziele zu verfolgen, ist, daß uns etwas wirklich wichtig ist und am Herzen liegt. Wir müssen Frankfurt zufolge von etwas ergriffen sein. Ich möchte diese Bedingung .substantiell' nennen, da sie unsere inhaltlich
Vgl. H. Frankfurt (1997)
2 3
4 5
157ff. Wir wünschen schließlich allerhand Dinge, die uns eigentlich nichts oder nicht viel bedeuten. Vgl. H. Frankfurt (1998) 470f. H. Frankfurt (1992a) 87, Fn. 5. Vgl. H. Frankfurt (1997) 162. Vgl. H. Frankfurt (1982) 84. Frankfurt ist sogar der Auffassung, daß wir mitunter gerechtfertigt sind, moralische Verpflichtungen zu verletzen, wenn eine andere Handlungsoption für die betreffende Person .bedeutsamer' ist. Vgl. H. Frankfurt (1982) 81 f. Vgl. H. Frankfurt ( 1992a) 84. Vgl. H.Frankfurt (1992a) 85.
242
Monika Betzier
bestimmbaren Interessen und Wertungen ausdrückt, gleich wie diese im einzelnen spezifiziert werden. Doch was liegt uns am Herzen, das Ziele nützlich erscheinen läßt? Frankfurt begnügt sich mit der Feststellung, daß unsere volitionale Natur zu einem bestimmten Grad festgelegt ist.1 Bestimmte Dinge sind einer Person einfach wichtig. Wie
sich dies? Frankfurt zufolge ist eine Person motiviert „by a concern for it"2, der sich durch eine bestimmte Pro- oder Contra-Einstellung zeigt. Das, was einer Person wichtig ist, bezeichnet Frankfurt auch als fundamentale Tädiese ist dadurch charakterisiert, daß wir gewillt und engagiert sind, unsere sogenannten volitionalen Prädispositionen, d.h. unsere ursprünglichen ProEinstellungen, zu erhalten, selbst wenn wir diese nicht immer ausleben können.4 Wenn uns etwas ergreift, können wir einfach nicht umhin, bestimmte Wünsche zu haben, selbst wenn sie irrational oder unsinnig sind. Selbst wenn wir uns wie unfreiwillig Süchtige wünschen, sie nicht zu haben, oder wenn wir uns gar nicht im klaren darüber sind, daß wir sie haben, bleibt diese Einstellung des ,Caring' erhalten.5 Sie ist insofern von Wünschen unterschieden, die wir aufgrund von Information und Einsicht revidieren oder aufgeben können. Das, was uns wichtig ist, scheinen wir dagegen nicht willentlich ändern zu können. Frankfurt räumt zwar ein, daß unsere Bewertungsbasis nicht konstant bleiben muß. So erwähnt er kausale Einflüsse, die bewirken, daß unser Wille zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich ist. Diese Veränderung unterliegt jedoch nicht unserem bewußten Einfluß. Unsere volitionalen Prädispositionen sind nicht Gegenstände unserer Wahl. Entscheidungen, die wir frei treffen können, machen auch nur vor dem Hintergrund dieser Prädispositionen Sinn. Aus diesem Grunde spricht Frankfurt wohl auch von „Notwen-
zeigt
tigkeit'3:
2
3 4
7
B. Helm (1996) 79f, versucht gegen Frankfurt zu zeigen, daß wir aufgrund von Werten sehr wohl kontrollieren können, was uns wirklich wichtig ist. Er scheint hier ein objektivistisches Wertverständnis zugrunde zu legen, das er jedoch nicht näher begründet. H. Frankfurt (1992a) 93. Vgl. H. Frankfurt (1993) 111 : „This entails that he purposefully direct his attention, attitudes, and behavior in response to circumstances germane to the fortunes of the object about which he cares." H.Frankfurt (1997) 162. Vgl. H. Frankfurt (1997) I61f. Frankfurt spricht in diesem Zusammenhang von „commitment". Vgl. (1988) 182f. Selbst in Anbetracht rationaler Überlegung kann es sein, daß wir uns nicht dazu bringen können, eine dadurch gestützte Handlungsoption ausführen zu wollen. Wir revoltieren dann dagegen, daß rationale Überlegung unseren Willen formt, der bereits in anderer Weise prädisponiert ist und womit wir uns identifizieren. Vgl. H. Frankfurt (1997) 161f. Vgl. H. Frankfurt (1988) 186. Unser determinierter Wille ist eine Bedingung dafür, daß wir überhaupt rational handeln können. Die Grenzen unseres Willens können sich allerdings ändern. Frankfurt spricht auch von einer Einstellung zu unseren Wünschen, die anzeigt, daß wir unsere Wünsche aufrecht erhalten. Vgl. Frankfurt (1998) 474: „It is essentially a matter of whether he is committed to this desire or whether he is prepared to give it up." Vgl. H. Frankfurt (1988) 186f; (1992a) 93. Er erwägt auch die Möglichkeit des Irrtums über das, was uns wichtig ist. Dieser liegt seiner Meinung nach an der mangelnden Würdigung dessen, was einer Person wirklich wichtig ist. Vgl. H. Frankfurt (1992a) 85, Fn. 3.
Warum sollen wir Ziele
243
verfolgen?
digkeit". Sie stellen eine unausweichliche Notwendigkeit dar,1 indem sie ergreifen und so die evaluative Basis für weitere Ziele darstellen.
uns
einfach
not antecedently in the grip of some such necessity fails to satisfy a necesa rational choice of final ends. If his volitional character is unfixed, for condition making sary or if it is under the direct control of his own will, he cannot proceed in any reasoned way to determine how we should live."2
„A person who is
Daß wir „in the grip" von etwas sind, ist die Voraussetzung dafür, Ziele zu wählen. Diese können folglich gar nicht von einem unparteiischen, neutralen Standpunkt aus bewertet werden. Ein solcher Versuch, der unsere volitionalen Prädispositionen negieren würde, wäre Frankfurt zufolge hoffnungslos und unvernünftig." Als Basis der Beurteilung von Zielen muß der betreffenden Person bereits irgendetwas wichtig sein. Sie kann eine Entscheidung nur vor dem Hintergrund ihres persönlichen Standpunktes und damit ihres zumindest bis zu einem gewissen Grade determinierten Willens treffen.4 Wenn wir daher die Frage stellen, welche Ziele wir wählen und damit, wie wir leben sollen, müssen wir bereits wissen, was uns wichtig ist, d.h. welche Gefühle, Wünsche, Moralvorstellungen, persönliche Bindungen, Ideale u.a. für uns Bedeutung besitzen.5 Das, was uns wichtig ist, stellt somit eine substantielle Bedingung für die Wahl von letzten Zielen dar, um im Verfolgen dieser Ziele tätig zu werden: -
-
(sBZ) Eine
Person kann nur dann Ziele wählen, wenn sie aufgrund ihres partikularen Standpunkts volitionale Prädispositionen hat, die sich ihrer unmittelbaren freiwilligen Kontrolle entziehen. Diese sind Ausdruck dessen, was dieser Person wichtig ist, wenn sie gegenüber anderen Wünschen, Einsichten und äußeren Zwängen résistent
bleiben.
Nun habe ich versucht, Frankfurts Konzeption nützlicher Ziele im Hinblick auf eine formelle und substantielle Bedingung zu differenzieren. Vor diesem Hintergrund möchte ich nun eine generelle Bedingung für den Nutzen von Zielen formulieren:
(BZ)
Ziele sind nützlich,
sie eine Person auf komplexe, ihr gesamtes affektiLeben kognitives möglichst umfassend und durchdringend tätig sein lassen. Voraussetzung dafür, überhaupt Ziele zu haben und tätig zu werden, ist, daß eine Person volitional dergestalt prädisponiert ¡st, daß ihr bestimmte Dinge wichtig sind und sie ergreifen. wenn
ves, volitionales und
1
2 3
Vgl. H. Frankfurt (1997) 170. Vgl. H. Frankfurt (1993) 111. H. Frankfurt (1992a) 94. Vgl. H. Frankfurt (1982) 86f. Vgl. H. Frankfurt (1992a) 93. Vgl. H. Frankfurt (1992b) 101. Dieser determinierte Wille ist allerdings unser eigener, sofern wir uns aus ganzem Herzen mit ihm identifizieren. Vgl. H. Frankfurt (1992b) 101. Vgl. H. Frankfurt (1988) 178. Wir wären einem Obermaß an Freiheit ausgeliefert, wenn wir nicht bereits volitionale Prädispositionen hätten, die uns leiteten. Vgl. H. Frankfurt (1993) 109. Er spricht in diesem Zusammenhang auch von einem „fixed point". Vgl. (1993) 110. Vgl. H. Frankfurt (1992a) 92. Diese Frage erscheint insofern „systematically inchoate", da sie vorauszusetzen scheint, wonach sie fragt: um Ziele als wertvoll bzw. nützlich zu beurteilen, müssen wir bereits von etwas ergriffen sein.
Monika Betzier
244
Was kann Frankfurt aber genau meinen, wenn er zum einen behauptet, daß (1) Ziele nützlich dafür sind, daß wir in komplexer und unser Leben durchdringender Weise tätig sind und zum andern betont, daß (2) wir nicht kontrollieren, was uns wichtig ist, sondern geradezu „in the grip" von etwas sein müssen, um überhaupt tätig zu werden? Ist dies überhaupt ein plausibles Konzept? Können die beiden Bedingungen zeigen, daß Ziele nützlich sind? Um dies zu überprüfen, werde ich nun Tätigkeiten untersuchen, die ausdrücken, daß einer Person etwas wichtig ist.
3. Verschiedene
Weisen, Ziele aus ganzem Herzen zu verfolgen
heißen, Dinge zu tun, die einem wichtig sind? Sind die von Frankfurt hinreichend, um auszuweisen, daß Ziele nützlich sind? Wie Bedingungen genannten sich zeigen wird, können wir in verschiedener Hinsicht in dem von Frankfurt gemeinten Sinne tätig sein und Dinge tun, die uns wichtig sind, ohne den Nutzen der damit verbundenen Ziele einsichtig zu machen. Frankfurt läßt zwar offen, was er unter „Nutzen" („usefulness") genau versteht. Klar ¡st, daß sich der Nutzen für die jeweilige Person selbst ergeben soll, die Ziele verfolgt. Ist damit jede Art von Ziel bereits nützlich? Der Nutzen von Zielen erschöpft sich in Frankfurts Konzeption darin, Tätigkeiten auszuführen, weil wir von etwas ergriffen sind. Der Begriff des Nutzens impliziert meines Erachtens jedoch in jedem Fall, daß das betreffende Ziel Schaden vermeiden und zum Besseren dienen soll. Ich werde dafür argumentieren, daß Frankfurts Konzeption nützlicher Ziele unter den von ihm genannten Bedingungen nicht überzeugt. Diese erlauben einen aufgrund ihres Formalismus, zum andern aufgrund ihrer nonzum kognitivistischen Deutung pathologische Varianten, die keinesfalls zeigen können, daß Ziele nützlich sind. Der Begriff des Nutzens enthält selbst aus der Perspektive der ersten Person bereits substantielle Voraussetzungen, die weder im Hinblick auf unser Wohlergehen noch moralisch neutral sein können. Betrachten wir im folgenden, welche Arten von Tätigkeiten Frankfurts Konzept zuläßt, die eine Person aus ganzem Herzen verfolgt. Was kann
es nun
-
-
3.1. Passionen und Ideale 3.1.1. Der obsessive Insektensammler
Stellen wir uns folgendes Beispiel vor: Hans hat eine Passion für Insekten. Er sammelt Insekten aller Art, um sie dann zu klassifizieren, in einem speziell von ihm entwickelten Verfahren zu konservieren und schließlich hinter Glas gerahmt aufzuhängen. Er verfolgt diese Tätigkeit aus vollem Herzen. Er geht förmlich darin auf, „seine" Insekten zu sammeln. Dieses Ziel, eine umfassende Kollektion aller mitteleuropäischen Insekten anzulegen, beinhaltet nicht nur vielfältige und komplexe Tätigkeiten. So liest Hans zahlreiche zoologische Bücher, begibt sich in die Wälder auf die Suche nach Insekten, beschäftigt sich mit deren Konservierung etc. Dieses Hobby bestimmt auch vollständig das Leben von Hans, der es mit Passion und einem umfangreichen zoologischen Wissen verbunden mit dem
Warum sollen wir Ziele
verfolgen?
245
Wunsch, seine Sammlung auch bald der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, verfolgt. Er hätte früher vielleicht auch andere Interessen gehabt, aber die Insekten stellten sich als das heraus, was ihm am wichtigsten war. Er ist in Frankfurts Sinne wahrlich „in the grip" des Insektensammelns. Er ist gewillt, dieser Tätigkeit auch angesichts anderer Optionen auszuleben. Er ist so ergriffen von ihr, daß er oft vergißt, andere alltägliche Dinge zu besorgen. Er achtet weder auf seinen Haushalt noch auf seine Körperpflege. Eigentlich denkt er an nichts anderes als an Insekten. Er vernachlässigt seine Verpflichtungen gegenüber seiner Familie und erscheint oft zu spät an seinem Arbeitsplatz. Kann man dieses Ziel als nützlich ausweisen, da Hans komplexe Tätigkeiten ausübt und Dingen nachgeht, die ihm wichtig sind? Meines Erachtens zeigt dieses Beispiel, daß Frankfurts Konzeption des Tätigseins aus ganzem Herzen defizitär ist. Sie muß eine obsessive Tätigkeit wie die des Insektensammlers als nützliches Ziel charakterisieren, da sie alle Bedingungen erfüllt. Sie ist komplex, umfassend, anhaltend, erfüllt vollständig Hans' Leben und er ist ergriffen von Insekten. Ähnliches trifft auf andere Arten pathologischer Tätigkeiten wie auf Suchtphänomene zu. Eine Person, der es am Herzen liegt, Telefonbücher auswendig zu lernen, verfolgt demnach ebenfalls ein nützliches Ziel. Auch Sisyphos rollte den Stein mit Sinn, wenn er davon selbst überzeugt wäre. Eine Massenmörderin würde unter diesen Umständen ebenso Ziele verfolgen, die ihr Leben erfüllen und die ihr wichtig sind. Obsessive Tätigkeiten scheinen jedoch nicht einmal den minimalen Anforderungen rationalen Handelns zu genügen. Sie vereiteln eine angemessene Reaktion auf Gründe. So hätte ein Besessener wie Hans gute Gründe, nicht alles liegen und stehen zu lassen, um seiner Sammlerleidenschaft zu frönen, die eine kompensatorische Funktion besitzt und ihn andere Probleme verdrängen läßt. Die Tatsache, daß Hans auf diese Weise tätig sein möchte, kann nicht zeigen, daß ein Grund für diese Tätigkeit besteht. Wir müssen jedoch genauer erkunden, was ,rational' und ,angemessen auf Gründe zu reagieren' heißen kann. Frankfurt betont nämlich an anderer Stelle gerade die Bedeutung, die unsere volitionalen Prädispositionen angesichts rationaler besitzen. Seiner Meinung nach kann das, was uns am Herzen liegt, die Grenzen rationalen Überlegens und Urteilens anzeigen, da dies uns auch in die Irre führen könne. Er
Überlegung
scheint zu glauben, daß das, was uns ergreift, selbst eine Rationalitätsbedingung etabliert. Es stellt einen Handlungsgrund dar, der in einem .fundamentalen' Sinne unseren Willen und damit ausdrückt, wer wir sind. Das, was uns am Herzen liegt, kann Frankfurt zufolge gerade aufzeigen, daß mit unserem überlegten Urteil etwas nicht stimmt. Dies mag selbst mitunter unvernünftig sein.3 Doch unter welcher Voraussetzung kann D.
Wiggins (1976) 92ff.
führt dieses Beispiel an. Im obigen Fall ist jedoch davon abzusehen, daß außen gezwungen wurden, den Stein zu rollen. Es geht in diesem Zusammenhang lediglich darum, ob ein Ziel bedeutsam ist, wenn es von der betreffenden Person in Frankfurts Sinn wichtig genommen wird. Vgl. H. Frankfurt (1988) 190. Vgl. H. Frankfurt (1988) 189. Frankfurt operiert folglich mit zwei Rationalitätsbegriffen. Zum einen versteht er darunter, daß wir in Übereinstimmung mit unserem Urteil geleitet sind. Zum andern spricht er von einer „fundamental rationality (190), derzufolge der spezifische Inhalt oder Charakter unseres Willens uns dazu führt, gegen unser eigenes reflektiertes Urteil zu handeln. Er
Sisyphos
2
von
Monika Betzier
246
zumal wenn es unserem eigenen reflektierten Urteil entgegenwas uns ergreift steht zeigen, daß es nicht selbst irrational ist? Unsere Unfähigkeit z.B., unserem reflektierten Urteil zu folgen, kann dies meines Erachtens nicht ausschließen. Frankfurt räumt zwar selbst ein, daß uns auch oft die falschen Dinge wichtig sind. So würde er vielleicht auch den obsessiven Insektensammler als eine Person beurteilen, die ihr Hobby wichtig nimmt und dennoch kein wichtiges Ziel verfolgt. Es ist auch seiner Meinung nach besser, wenn uns ,wertvolle' Dinge wichtig sind. Dennoch verleiht Frankfurt unserer Einstellung des ,Caring', durch die wir zum Ausdruck bringen, was uns wichtig ist, einen intrinsischen Wert gegenüber dem Objekt, auf das sie sich richtet. Selbst wenn etwas nicht wirklich wert ist, wichtig genommen zu werden und selbst wenn wir wünschten, daß uns etwas nicht so wichtig wäre, hält Frankfurt es für einen konstitutiven Faktor zielgerichteten Verhaltens, einfach nicht umhin zu können, etwas wichtig zu nehmen. Aus der Tatsache, daß wir manche unserer Einstellungen einfach nicht durch einen Willensakt ändern können, folgt jedoch nicht deren fundamentale Rationalität', die sich gegenüber unserem überlegten Urteil mit Recht durchzusetzen hat. Obsessionen, die diese Art volitionaler Notwendigkeit ausdrücken, sind keineswegs fundamentalerer Natur als unsere Urteile. Sie besitzen selbst eine Entwicklungsgeschichte. Ebensowenig sind unsere Ziele immer schon gegeben. Auch Hans ist nicht immer schon vom Insektensammeln ergriffen. Eine solche Form des ,Caring' bildet sich erst aus.3 Sie ist kein Ausdruck eines natürlichen oder ursprünglichen Interesses, sondern entstand unter bestimmten Bedingungen. Die genaue Untersuchung dieser Bedingungen mag Psychologen und Medizinern vorbehalten bleiben. Es scheint aber klar zu sein, daß sich Obsessionen u.a. auch als Verdrängungsmechanismus entwickeln, der uns davon abhält, uns mit Problemen unserer persönlichen Geschichte auseinanderzusetzen. In der Genese von Hans' ,Caring' zeigt sich, daß er sich nicht mit etwas identifiziert hat, weil er dies aus ganzem Herzen wollte, sondern aus psychischer Not. Er konnte daher in dieser Identifikation nicht auf Gründe reagieren. Hans manipuliert sich auf diese Weise selbst und verdrängt den möglichen Konflikt, der jedoch nicht darin besteht, daß verschiedene seiner Wünsche inkompatibel sind, sondern daß er kein kohärentes Verständnis seiner selbst und der von ihm gemachten Erfahrungen ausprägen kann. Die Identität einer Person reduziert sich nicht auf die Identifikation mit ihren Wünschen und damit auf die Ausbildung von Dingen, die ihr wichtig sind. Sie besteht auch wesentlich in der kohä-
das,
-
-
renten
1
Deutung gemachter Erfahrungen.
spricht in diesem Zusammenhang auch von einer „mode of rationality that pertains to the will itself ( 190) und die insofern zu unserer wesentlichen Natur gehört. Vgl. H. Frankfurt ( 1988) 190. So betont auch A.Kolnai (1962) 203ff, daß es gerade eine Aufgabe unserer Überlegung ist, sich gegenseitig ausschließende Ziele zu bewerten und miteinander zu konfrontieren. In diesem Sinne kritisiert auch E. Ullmann-Margalit (1992) 81, Frankfurts Dezisionismus, demzufolge wir in unsere Präferenzen hineingeboren sind und willentlich nicht umhin können, bestimmte Dinge wichtig zu finden.
Warum sollen wir Ziele
verfolgen?
247
Auch die Perpetuierung seiner Leidenschaft ist das Resultat inneren Zwangs und nicht Ausdruck fundamentaler Rationalität.1 Frankfurt hält es zwar gerade für ein Zeichen unserer Autonomie, wenn die betreffende Person sich aus ganzem Herzen mit dem identifiziert, was sie will. Innerer Zwang liegt Frankfurt zufolge nur vor, wenn Hans die Identifikaton mit seinem ursprünglichen Wunsch, Insekten zu sammeln, ablehnt und trotzdem nicht anders kann, als Insekten zu sammeln.2 Sofern Hans dies nicht tut, ist er nach Frankfurts Auffassung autonom. Hierbei übersieht er, daß Hans' Identifikation mit seinem Wunsch selbst eine Folge der Obsession sein kann. Er ist sich gar nicht bewußt darüber, daß sie ihm schadet. Unter diesen Umständen ist er gar nicht in der Lage, ein reflektiertes Urteil über seine Obsession zu fallen und diese ggf. abzulehnen.3 Die formale Bedingung der komplexen Durchdringung einer Tätigkeit legt zudem nahe, daß Frankfurt die Kontinuität, die eine solche Tätigkeit im Leben einer Person hat, positiv bewertet und begründete Veränderung für weniger komplex und durchdringend halten muß.4 Frankfurt kann mithilfe der von ihm genannten Bedingungen nicht zeigen, daß die obsessive Sammlerleidenschaft ein nützliches Ziel für Hans darstellt, da es ihm Schaden zufügt.5 Hans verfolgt dieses Ziel nicht aus Gründen, die zu seinem Wohlergehen oder anderweitig zu fassenden Nutzen beitragen. Er flieht durch seine Obsession davor, das zu tun, wozu er bessere Gründe hat. Hätte er z.B. seine Obsession frühzeitig therapiert oder ihrem Entstehen entgegengewirkt, könnte er ein Leben frei von inneren Zwängen führen. Diese erlauben ihm nämlich nicht, diejenigen Ziele zu wählen, die ihm auch dann noch wichtig sind, wenn er deren Wert hinterfragt. Sie erlauben ihm nicht, aus Erfahrung oder aufgrund überlegter Urteile zu lernen und persönliche Probleme zu konfrontieren. Frankfurt gibt ferner nichts an die Hand, das einen Vergleich verschiedener Weisen des ,Caring' ermöglichen würde. Er scheint zu leugnen, daß das Verfolgen verschiede-
4
Wenn eine Person durch ihr ganzes Leben hindurch obsessiv ist, ist sie selbst unfähig, andere Handlungsgründe anzuerkennen. Vgl. R.J. Wallace (1994) 172. Dies heißt jedoch keineswegs, daß sie nützliche Ziele verfolgt oder gute Gründe hat, sich ihrer Obsession hinzugeben. Vgl. H. Frankfurt (1987) 163. Eine Person übernimmt Frankfurt zufolge dann Verantwortung für ihren ,Charakter', wenn sie sich mit ihren Dispositionen identifiziert. Vgl. (1987) 171 f. Seine Konzeption personaler Autonomie hat Frankfurt erstmals entwickelt in H. Frankfurt (1971). Hans ist daher auch nicht „ambivalent" im Sinne Frankfurts, da er keine inkompatiblen Wünsche hat. Er ist selbst der Überzeugung, nur Insekten sammeln zu wollen. Vgl. H. Frankfurt ( 1992b) 99. Daraufweist auch E. Ullmann-Margalit (1992) 71, hin. Vielleicht könnte dieser Schaden „ausgeglichen" werden, wenn aufgrund einer Obsession ein grosser Wert für andere geschaffen wird. Dies gilt z.B. für Künstler, die sich selbst unter Umständen aufgrund ihrer Bessessenheit Schaden zufügen können, zugleich aber ein bedeutendes Kunstwerk schaffen. Peter Schaber wies mich am Beispiel von van Gogh auf diese Problematik hin. Frankfurt kann den Unterschied im Resultat einer Obsession gar nicht berücksichtigen, geht es ihm ja in er-
ster Linie um die Identifikation aus ganzem Herzen, die er für hinreichend hält, um den Nutzen von Zielen auszuweisen. Vgl. D. Wiggins (1976) 98. Um das, was uns am Herzen liegt, berücksichtigen zu können, ohne inneren Zwängen zu verfallen, plädiert A. Kolnai (1962) 215, für eine Wahl „mit" (wenn auch nicht „aus") Vernunft.
Monika Betzier
248 ner
Herzen vielfach inkompatibel sein kann. Da es ja denkbar Hans noch andere Tätigkeiten aus ganzem Herzen hätte verfolgen kön-
Tätigkeiten aus ganzem
ist, daß selbst
nen, die nun durch seine vollständige Hingabe an das Sammeln von Insekten vereitelt sind, wäre es auch für ihn gut zu wissen, wie er zwischen unterschiedlichen Dispositio-
auszuwählen vermag, daß er innere Zwänge von nicht zwanghaften Weisen des ,Caring' zu unterscheiden vermag. Um dies zu tun, reicht es jedoch nicht aus, Einstellungen, die ausdrücken, daß uns etwas wichtig ist, über unser reflektiertes Urteil zu stellen. Der Nutzen von Zielen kann nicht darin bestehen, daß wir inneren Zwängen wie Obsessionen erliegen. Frankfurt kann nicht mehr berücksichtigen, daß wir mit komplexen Tätigkeiten vor uns selbst fliehen und uns behindern können, das zu tun, wozu wir bessere Gründe haben. nen so
3.1.2. Der fanatische Tierschützer Im Fall des obsessiven Insektensammlers ging es um den nicht-moralischen, d.h. persönlichen Nutzen einer Passion. Könnte sich der instrumenteile Wert von Zielen unter den genannten Bedingungen für moralische Ziele erweisen? Können Ziele nützlich sein, weil sie uns zu moralischem Handeln Anlaß geben? Meines Erachtens erlauben Frankfurts Bedingungen auch moralische Besessenheit. Diese kann jedoch ebensowenig zeigen, daß Ziele nützlich sind. Wenn wir Ideale und Moralvorstellungen als Ziele unseres Handelns in Frankfurts Sinne verfolgen, ist nämlich nicht ausgeschlossen, daß die mit ihnen verbundenen komplexen Tätigkeiten unmoralisch sind. Selbst wenn wir zugestehen, daß Frankfurts Konzeption in moralischer Hinsicht unvollständig ist, so scheint sie mir von vornherein inkompatibel zu sein mit einer Konzeption, die normative Kriterien für den (moralischen) Wert von Zielen ein-
klagt.
Stellen wir uns einen fanatischen Tierschützer vor: Ein Tierschützer ist bereit, um jeden Preis für die Rechte der Tiere zu kämpfen. Er nimmt es sogar in Kauf, gegen Gesetze zu verstoßen. So versucht er im Supermarkt, Kunden am Kauf von Fleisch zu hindern. Diejenigen, die sich nicht abhalten lassen, werden wüst beschimpft. Den örtlichen Metzger hat er durch Telefonterror dazu bewegen wollen, sein Geschäft aufzugeben. In einem Pelzgeschäft hat er versucht, Pelzmäntel mit Farbe zu beschädigen und so deren Verkauf zu unterbinden. Der Tierschützer übt viele verschiedene Tätigkeiten aus, die sein ganzes Leben durchdringen und er ist ergriffen von der Idee, für die Rechte der Tiere einzutreten. In diesem Fall sind die formalen ebenso wie die substantiellen Bedingungen dafür, nützliche Ziele zu verfolgen, erfüllt. Das Beispiel zeigt jedoch, daß mit dem Verfolgen des Ziels, für die Rechte der Tiere einzutreten, moralisch nicht rechtfertigbare Tätigkeiten einen intrinsischen Wert erhalten. Die moralischen Ziele seines Engagements geben Anlaß zu unmoralischen Tätigkeiten, die die Rechte anderer Personen verletzen. Die von dem fanatischen Tierschützer ausgeübten Tätigkeiten sollen Frankfurt zufolge wohl zeigen, daß das Ziel des Tierschutzes nützlich ist für den betreffenden Tierschützer, gleich welche Auswirkungen dies auf andere hat. Er ist schließlich ergriffen J. Raz
(1997b) 225, weist auf dieses Problem hin.
Warum sollen wir Ziele
249
verfolgen?
und übt komplexe Tätigkeiten aus. Er kann vielleicht sogar stolz darauf sein, so konsequent die Rechte der Tiere zu verteidigen. Daß Ideale und moralische Ziele normativen Standards unterliegen, scheint für die Person, die sie verfolgt, nach Frankfurt keine Bedeutung oder gar Autorität zu besitzen. Sofern diese selbst ihr Ziel aktiv und aus ganzem Herzen verfolgt, bedarf es keiner weiteren Kriterien, die das Verfolgen der betreffenden Ziele angemessen machen. So würde wohl Frankfurt selbst sagen, der Tierschützer verfolge für sich ein nützliches Ziel, auch wenn es unmoralisch und insofern nicht „nützlich" für andere ist.1 Was für den Tierschützer selbst gut ist, muß nicht gut für andere sein. Da es sich jedoch bei Tierschutz bereits selbst um ein moralisches Ziel handelt und insofern auch dem fanatischen Tierschützer die Moral am Herzen liegen muß verfolgt er dieses Ziel aufgrund der damit verbundenen unmoralischen Tätigkeiten auf unangedann ist das Ziel messene Weise. Entweder die Moral ist ihm nicht wirklich wichtig des Tierschutzes auch für den Tierschützer selbst nicht nützlich oder er muß einen moralischen Standpunkt einnehmen, der unmoralische Tätigkeiten ausschließt. Es ist nicht hinreichend, daß eine Person von einem moralischen Ideal ergriffen ¡st und die Art und Weise der Verwirklichung dieses Ideals selbst bestimmt. Ein solches Ziel würde seinen moralischen und damit normativen Inhalt verlieren, auf den sich die Person, der Moral wichtig ist, jedoch richtet. Ein moralisches Ziel ist daher nicht nützlich für die Person, die es verfolgt, nur weil es die Frankfurtschen Bedingungen erfüllt. Frankfurt mag zwar zugestehen, daß unmoralische Tätigkeiten schlecht sind. Gleichwohl werden sie von den von ihm ausgeführten Bedingungen nicht ausgeschlossen, die in Bezug auf moralische wie nicht-moralische Werte neutral bleiben. Der Nutzen moralischer Ziele kann sich aber auch für die Person, der diese Ziele wichtig sind und sie deshalb verfolgt, nicht in unmoralischen Tätigkeiten erweisen. Dem fanatischen Tierschützer fehlt ein angemessenes Urteil darüber, was es heißt, ein moralisches Ziel zu -
-
-
-
verfolgen.
Es hat sich gezeigt, daß die von Frankfurt angeführten Bedingungen nicht hinreichend sind, um den Nutzen von Zielen zu erweisen. Wenn wir voraussetzen, daß mit „Nutzen" gemeint ist, daß etwas nicht zum Schaden, sondern zum Besseren für die betreffende Person sein soll, sind die Bedingungen zu schwach. So können Tätigkeiten diese Bedingungen erfüllen, die entweder eine Folge innerer Zwänge sind oder die unangemessen sind mit Bezug auf die Ziele, auf die sie sich richten. Das, was uns wichtig ist und uns daher zum Handeln veranlaßt, kann uns in die Irre führen. Die Tatsache, daß uns etwas ergreift, stellt keinen guten Grund dar, ein Ziel zu verfolgen. Aus der These, daß Ziele Mittel sind zum Verfolgen einer komplexen Tätigkeit, folgt nicht, daß diese Tätigkeit als Ausdruck einer volitionalen Prädisposition einen intrinsischen Wert für unser Leben besitzen muß. Sie kann uns nämlich abhalten, überlegte Urteile zu fallen und eine korrekte Einschätzung darüber zu entwickeln, was gut bzw. richtig für uns und/oder für andere ist.
Ich danke R. Jay Wallace, der mir diese Präzisierung vorgeschlagen hat. Auch hier wird deutlich, daß die Bedeutung der Moral bei Frankfurt bleibt.
systematisch unterbelichtet
Monika Betzier
250
Frankfurt ist sich zwar dessen bewußt. Er scheint jedoch der Auffassung zu sein, daß wir das, was uns wichtig ist, nicht aufgrund von Überlegung zurückweisen können. Weder Rationalität oder Moral noch Erziehung, Erfahrung oder Therapie scheint er für Möglichkeiten zu halten, unsere Einstellungen, die uns ergreifen, zu revidieren. Auch wenn wir dies Frankfurt zugestehen, folgt aus der Tatsache unseres ,Caring' ebensowenig der behauptete Nutzen von Zielen wie aus den komplexen Tätigkeiten, die mit diesen Zielen verbunden sind. Wenn Ziele einfach nur nützlich sind, sofern sie uns Anlaß geben, aktiv zu werden und das zu tun, was uns wichtig ist, ist der Begriff des Nutzens unterbestimmt. Im folgenden möchte ich eine weitere Form des Caring' betrachten, die sich auf zwischenmenschliche Beziehungen richtet. Vielleicht kann sich ja hier erweisen, daß derartige Beziehungen durch unsere volitionalen Prädispositionen konstituiert werden und in diesem Sinne als Ziele nützlich bzw. wertvoll sind, weil sie uns diese ausleben lassen. ,
3.2. Liebe als Form des
Caring' Formen des ,Caring', ,
Schließlich gibt es die in substantieller Weise unabhängig sind von dem Wert und der Verwirklichung eines Ziels. Frankfurt zufolge zeichnet sich Liebe gerade dadurch aus, kein letztes Ziel zu haben.1 Sie scheint Tätigkeit aus ganzem Herzen und Selbstzweck zugleich zu sein. Doch inwiefern ist Liebe um ihrer selbst willen wertvoll? Frankfurt faßt sogenannte „aktive"2 Liebe als Tätigkeit, die unserem Leben Sinn gibt. Sie impliziert ein Interesse an der Tätigkeit des Liebens selbst, das frei von Eigeninteresse ist. Liebe ist Frankfurt zufolge dadurch charakterisiert, ,selbstlos' und ,desinteressiert' den Zielen der geliebten Person zu dienen und sich dergestalt um sie zu sorgen. Wir identifizieren hierbei ihre Interessen als unsere eigenen. Liebe ¡st so um ihrer selbst willen wertvoll, gerade weil sie einer geliebten Person nützt.6 Ähnlich wie andere Weisen des ,Caring' ist auch Liebe eine relativ stabile motivationale Einstellung, eine „non-voluntary and complex volitional structure"7, die bestimmt, wie wir zu handeln geneigt sind und uns verhalten. Wir können zwar nicht frei wählen, wen wir lieben. In diesem Sinne nimmt uns Liebe Im Gegensatz zu den ,rohen' Leidenschaften und Impulsen, die uns versklaven, zeichnet Frankfurt Liebe jedoch als eine „Konfiguration"9 unseres Willens aus. Sie bestimmt unseren Willen und macht uns dadurch gleichzeitig zu autonomen Personen mit einem festgelegten
„gefangen"8.
1
2
4
5 6 7 8 9
Vgl.
H.Frankfurt (1997) 167. H.Frankfurt (1994) 133. Vgl. H. Frankfurt (1997) 171. Ohne Liebe wäre Vgl. H. Frankfurt (1994) 133; (1997) 177. H. Frankfurt (1994) 134. Vgl. H. Frankfurt (1994) 134; (1997) 174. H. Frankfurt (1997) 165. Vgl. (1994) 128. H.Frankfurt (1994) 135. H. Frankfurt (1994) 137.
unser
Leben
verarmt.
Warum sollen wir Ziele
251
verfolgen?
Willen.1 Auch wenn wir nicht umhin können, die Interessen der geliebten Person wichtig zu nehmen, und uns dementsprechend verhalten, stellt Liebe ein Element unserer gefestigten volitionalen Natur und damit unserer Identität als Personen dar. Frankfurt begründet diese Auffassung allerdings nicht näher. Es läßt sich nur vermuten, daß der behauptete Altruismus der aktiven Liebe eine Art Selbsterziehung impliziert. Indem eine Person den Interessen einer anderen geliebten Person als einem idealen Ziel dienen will, versucht sie auch, dieses Ideal in sich selbst zu verwirklichen, „namely, the ideal of living a life that is devoted to the interests and ends of his beloved" .
Betrachten wir den Fall einer solchen Liebe, die Frankfurt insbesondere in der Zuneigung von Eltern zu ihren Kindern gegeben sieht. Kann Liebe wegen ihres Nutzens, d.h. interesselos den Interessen einer geliebten Peson zu dienen, wertvoll sein? Eine Mutter identifiziert die Interessen und Ziele ihrer Kinder als die ihren. Sie will, daß deren Wünsche in Erfüllung gehen. Die Wünsche der Kinder bestehen darin, möglichst viele Süßigkeiten zu essen, spät ins Bett zu gehen und nicht im Haushalt zu helfen. Hat diese Mutter ein nützliches Ziel in der Liebe zu ihren Kindern, weil sie deren Interessen dient? Schließlich handelt sie aus Liebe, da ihre Fürsorge nicht aus Eigennutz erfolgt. Diese altruistische Haltung ist Frankfurt zufolge nützlich für die liebende Person selbst. Sie ist jedoch auch Frankfurts Äußerungen zufolge nur für die liebende Person nützlich, sofern sie auch der geliebten Person nützt. Der Liebe der Mutter kann jedoch die falsche Meinung darüber zugrunde liegen, worin das Wohlergehen ihrer Kinder besteht. Sie kann ihren Kindern sogar schaden, indem sie deren Interessen dienen will. Sie kann langfristig ihre Kinder davon abhalten, selbständig zu werden. Eine solche Mutter „nützt" ihren Kindern jedoch nicht mit ihrer Liebe. Daher kann die Liebe auch nicht nützlich für sie selbst sein. Frankfurt sieht Liebe selbst als einen Handlungsgrund an: daß eine Handlung den Interessen der geliebten Kinder dient, ist ein Grund, eine solche Handlung auszuführen.5 Da er Liebe jedoch mit Interessensidentifikation gleichsetzt die Interessen der Kinder von der liebenden Mutter mißverstanden werden können folgt auch aus der Liebe nicht, daß sie wegen ihres „Nutzens" wertvoll ist. Um in Frankfurts Sinne nützlich zu sein, müßte die Mutter die Interessen ihrer Kinder daraufhin bewerten, ob sie ihrem Wohlergehen überhaupt dienen. Andernfalls wären die unmittelbaren Interessen ihrer Kinder ein Grund, daß Liebe in Frankfurts Sinne weniger ihr Leben bestimmt.6 -
-
Daher ist die Autorität, die Liebe auf eine Person ausübt, „the authority over him of the essential ( 1994) 138. Vgl. H.Frankfurt (1994) 137. H. Frankfurt (1994) 139. Liebe definiert so die Motive eines idealen Selbst. Vgl. S. Wolf (1997) 218, die ausführt, daß ein Gefühl mit einer falschen Meinung verbunden sein kann. Vgl. H. Frankfurt (1997) 176. D. Velleman (1999) 353, weist daraufhin, daß Liebe keinen „urge to benefit" beinhalten muß. Im Gegensatz zu Frankfurt hält er Liebe auch nicht für eine motivationale Pro-Einstellung mit einem Resultat nämlich der geliebten Person zu nutzen sondern für eine Einstellung, die wir gegennature of his own individual will". H. Frankfurt
2
5
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Monika Betzier
252
Hierbei übersieht er meines Erachtens, daß auch Einstellungen wie Liebe nur dann in dem von ihm charakterisierten Sinne um ihrer selbst willen wertvoll sind, wenn sie tatsächlich „nützlich" sein können, zumal er in diesem Fall den Nutzen für die liebende Person gerade über den Nutzen bestimmt, der der geliebten Person durch die Liebe erwächst.1 Die Bedingung dafür, daß Liebe in Frankfurts Sinn nützlich ist, ist jedoch, daß sie auch einer kognitiven Korrektur unterworfen werden kann. Sie muß daraufhin bewertet werden, ob die Interessen der geliebten Person berechtigt und für sie gut sind. Andernfalls können auch solche Einstellungen schaden. Welche Bedingungen müssen also erfüllt sein, damit,Caring' ein Grund für das Verfolgen von Zielen sein kann? Frankfurt scheint zumindest darin recht zu behalten, daß die Ausübung von Tätigkeiten, die uns wirklich wichtig sind, unserem Leben Sinn verleihen können. Doch stellt dies auch einen guten Handlungsgrund dar? Wie die Diskussion der Beispiele gezeigt hat, machen innere Zwänge, unangemessenes Verfolgen von Zielen, Mißachtung oder Fehleinschätzung seiner eigenen Bedürfnisse oder der Bedürfnisse anderer unser Leben gewiß nicht sinnvoll. Die von Frankfurt genannten Bedingungen sind in allen Fällen nicht hinreichend, um den Nutzen von Zielen zu erweisen.
4. Umfassende Ziele Nicht nur, daß das,
ergreift,
nicht notwendigerweise den Nutzen von Zielen deren Nutzen grundsätzlich nicht aus einer uns eraufzeigen kann; gibt Ziele, volitionalen greifenden Prädisposition heraus, die uns erst tätig werden läßt, bewertbar ist. In diesen Fällen sind die von Frankfurt angeführten Bedingungen nicht notwendig, um den Nutzen von Zielen zu erweisen. Um welche Ziele handelt es sich hierbei? Insbesondere umfassende Ziele4, d.h. solche, die zumeist eine große Spanne unseres Lebens betreffen bzw. die weitreichende Konsequenzen für unser Leben besitzen, können nicht auf der Basis dessen, was uns zum Zeitpunkt der Entscheidung für bestimmte solcher Ziele wichtig ist, als nützlich gelten. In vielen Fällen wissen wir gar nicht, welches dieser umfassenden Ziele uns wirklich am Herzen liegt, da uns die für deren Bewertung notwendige Erfahrung fehlt.5 Aufgrund ihrer weitreichenden Konsequenzen es
1
4
was uns
auch
über Personen einnehmen. Vgl. S. Darwall (1999) 186: „The good parent sees his child's welfare as mattering because he sees his child as mattering." Die affektive Komponente der Liebe zu einer anderen Person bleibt in Frankfurts Analyse merkwürdig unterbelichtet. Interessanterweise faßt Frankfurt diese Möglichkeit in „On the Necessity of Ideals" selbst kurz ins Auge. Vgl. H. Frankfurt (1993) 116: „The relationship between love and reason is an ancient philosophical theme, which it would be well for us to explore anew". Vgl. A. Baier (1982) 94f, die die Möglichkeit der Kritik unseres „Caring" betont und sich gegen Frankfurts „Fatalismus" wendet. J. Raz (1986) 293ff. hat diesen Terminus mitgeprägt. Dergestalt umfassende Ziele sind insofern auch „diffuse" Ziele, die „prägnanten" Zielen, die einer Person deutlich vor Augen stehen, zugrundeliegen. „Diffuse" Ziele können erst im weiteren Ver-
Warum sollen wir Ziele
verfolgen?
253
sind Entscheidungen zwischen umfassenden Zielen jedoch besonders wichtig für uns. Ein klassisches Beispiel stellt die Wahl zwischen verschiedenen Berufsoptionen dar. Frankfurt müßte im Fall umfassender Ziele entweder behaupten, daß man zwischen derartigen Zielen nicht sinnvoll wählen kann oder zeigen, daß der Nutzen solcher Ziele doch auf der Basis unserer volitionalen Prädispositionen, unabhängig von der mit diesen Zielen zu machenden Erfahrung, bestimmt werden kann. Betrachten wir zunächst den letzten Fall. Stellen wir uns Judy vor, die mit 18 Jahren beschließt, auf das Abitur zu verzichten und Rocksängerin zu werden. Sie ist sich sicher, daß dies genau der Beruf ist, den sie will. Sie kann nicht umhin, diese Tätigkeit wichtig zu finden. Ist dies ein guter Grund für Judy, diesen Beruf zu ergreifen? Ihre Begeisterung für diesen Beruf ist nur dann hinreichend, wenn sie weiß, ob er tatsächlich ihrer Begeisterung zu entsprechen vermag. Zudem muß sie ausschließen, daß ihr „grip" die Folge eines inneren Zwangs ist, der den Vergleich mit ihren anderen Dispositionen von vornherein verbieten könnte. Die mangelnde Erfahrung und der Mangel an Wissen darüber, was es heißt, ein Leben als Rocksängerin zu verbringen, läßt es jedoch unplausibel erscheinen, den Wert des Berufsziels auf der unhinterfragten Basis eines „grip" zu beurteilen. Dieser ist nicht hinreichend für die Bewertung umfassender Ziele. Es bedarf zumindest weiterer Ressourcen wie Informationen über den betreffenden Beruf und die eigene psychische Biographie. Der „grip" ist jedoch, um auf den ersten Fall zu kommen, in vielen Fällen auch nicht notwendig zur Bewertung umfassender Ziele, da wir ohne Erfahrungen nicht wirklich ergriffen sein können. Dennoch vermögen wir Kriterien anzugeben, die eine Wahl zwischen solchen Zielen rechtfertigen. Ich werde im folgenden sogar zu argumentieren versuchen, daß wir umfassende Ziele erst einmal verfolgen müssen, um herauszufinden, ob und wenn ja, welches Ziel uns ein Tätigsein
ganzem Herzen ermöglicht. Nun kann Frankfurts Konzeption zwar berücksichtigen, daß wir nicht von einem idealen Beobachterstandpunkt aus entscheiden können, was uns wichtig ist im Leben. Wir können nur von einer bereits vorhandenen Perspektive ausgehen. Dies impliziert jedoch meiner Meinung nach nicht, daß wir nur auf der Basis dessen, was uns ergreift, ein weitreichendes Ziel bewerten können. Die Wahl zwischen verschiedenen Berufen erfolgt aus mehreren Gründen unter Unsicherheit. So können wir uns in der Einschätzung täuschen, ob wir in der Ausübung eines Berufs erfolgreich sein werden. Ebenso können wir uns in der Bewertung irren, was uns gefallt und was uns wichtig ist. Wir wissen aber v.a. nicht, „what it is like to pursue a goal". Wir wissen nicht wirklich, was es heißt Krankenpfleger zu sein oder Lehrer oder etwas anderes. Wir können dies auch gar nicht wissen, weil uns die von Frankfurt so betonte Erfahrung des erst zu wählenden Berufs fehlt. Im Gegenteil, in vielen Fällen können wir erst aus der Perspektive eines Berufs heraus beurteilen, inwiefern er uns Und so verfolgen wir ein Ziel, um aus
ergreift.2
1
folgen „prägnanter" Ziele genauer beschrieben werden. Ich danke Peter Baumann, der mich auf diesen Zusammenhang aufmerksam gemacht hat. Dies mag sich relativieren, wenn Judy tatsächlich schon Erfahrungen als Rocksängerin gesammelt hat. D. Sobel (1994) 797ff, führt aus, daß wir erst im Rahmen konkret gemachter Erfahrungen zu spezifischen Bewertungen gelangen können, wobei unterschiedliche Erfahrungen zu unterschiedlichen
Monika Betzier
254
in der dann gemachten Erfahrung des zunächst allgemein und abstrakt gewählten Berufsziels zu bewerten, ob wir den dann konkret gewordenen Beruf aus ganzem Herzen Der wirkliche „grip" folgt in solchen Fällen somit aus einer Wahl, die wir mit besten möglichen Gründen getroffen haben. Doch welche Gründe können wir anführen, gerade wenn wir keine Erfahrungen besitzen und somit nicht wirklich ergriffen sind? Wir können einen Komplex von Informationen berücksichtigen, die uns aufklären können über die Aussichten, die Möglichkeiten und die jeweilige Lebensweise, die mit einem Beruf verbunden sind. Wir können versuchen, uns darüber klar zu werden, welche Talente und Dispositionen wir besitzen, die uns für diesen oder jenen Beruf geeigneter machen.2 Wirklich ergriffen können wir jedoch erst sein, wenn wir die konkrete Berufserfahrung machen. Erst dann ist eine Identifikation aus ganzem Herzen mit unseren Dispositionen in Frankfurts Sinne überhaupt möglich." Die von Frankfurt genannten Bedingungen erlauben uns gar nicht, ein umfassendes Ziel zu wählen und sind daher nicht notwendig.
verfolgen.1
5.
Schlußbemerkung
Frage, der ich nachzugehen versuchte, war, ob die in Frankfurts Sinne formulierten Bedingungen für den Nutzen von Zielen notwendig und hinreichend sind. Meine AntDie
lautet, daß sie dies nicht sind. Der interessante Ausgangspunkt Frankfurts war, auf Aspekte hinzuweisen, die Ziele sinnvoll und nützlich machen können, ohne sich mit wort
einem
Vergleich realisierter Zustände zu begnügen. Es erwies sich jedoch als problema-
Bewertungen von Zielen führen.
1
Gerade wenn wir zwischen umfassenden Zielen wählen müssen, können wir nicht mehr auf einen volitionalen Fixpunkt rekurrieren, von dem aus wir weitreichende Entscheidungen treffen können. Wir benötigen die jeweilige Innenperspektive gemachter Erfahrungen, um eine sinnvolle Entscheidung zu fallen. Vgl. C. Rosati (1995) 296, die ebenfalls betont, daß uns erst eine bestimmte Entscheidung z.B. für einen Beruf zu einer bestimmten Person (mit einem bestimmten ,Caring') macht. Nur unter den Bedingungen gemachter Erfahrungen können wir ergriffen werden (vgl. 30Iff). D. Schmidtz (1995) 63ff, beschreibt umfassende Ziele wie Berufe als „maieutische" Ziele, für die ein konkreter Beruf als Mittel gewählt wird. So führt er aus, daß „part of the point of choosing a career is that we want and do not yet have the set of attitudes that goes with pursuing a particular career in a wholehearted way. We might have reasons to choose an end in part because of reasons we expect to develop for pursuing that end". Verschiedene Berufsoptionen müssen daher auch nicht als inkommensurabel gelten. Vgl. M. Betzier (1999) 303-310. Es kann höchstens eingewendet werden, daß wir uns zusätzlich zu der Information über den jeweiligen Beruf auch zu ihm „hingezogen" fühlen müssen. Dies könnte eine Art ,Caring' im schwachen Sinne darstellen, wenn wir auch aufgrund mangelnder Erfahrung nicht im starken Sinne „ergriffen" sein können. Auf diesen Punkt machte mit R.Jay Wallace aufmerksam. Vgl. T. Scanion (1998) Kap. 1. der ebenfalls daraufhinweist, daß gerade dieser affektive Aspekt eine Rolle bei der Berufswahl spielt. Andernfalls würde uns die Berufswahl vielleicht auch leichter fallen als sie dies in der Regel tut. -
-
4
Warum sollen wir Ziele
255
verfolgen?
zeigen, wie die subjektiven Bedingungen vom spezifischen Standpunkt einer zugleich den Nutzen von Zielen bestimmen können. Für den behaupteten Nutzen müßten sich schließlich gute Gründe angeben lassen, die der betreffenden Person nicht zum Schaden, sondern zum Besseren gereichen. Der Wert von Zielen hängt schließlich davon ab, daß bestimmte Bedingungen erfüllt sind, die uns Gründe zum Verfolgen dieser Ziele geben.1 Hierzu gehören normative Vorannahmen darüber, was Ziele in einem
tisch
zu
Person
moralischen ebenso wie in einem nicht-moralischen Sinne für die betreffende Person wertvoll macht. Damit lädt man sich jedoch auch weit größere Begründungs- und Erklärungslasten auf, die Frankfurt gerade vermeiden wollte. Viele Tätigkeiten, die den Frankfurtschen Bedingungen genügen, schaden uns und zeigen keinesfalls den behaupteten Nutzen der Ziele an. Etwas wichtig zu nehmen, stellt noch keinen Grund dar, ein bestimmtes Ziel zu verfolgen. Derartige Einstellungen machen Ziele nicht nützlich. Wir müssen vielmehr der Überzeugung sein, daß das, was uns wichtig ist und tätig werden läßt, einen guten Grund für ein Ziel darstellt. Vor dem Hintergrund dieser Diagnose möchte ich abschließend fragen, auf welcher Basis wir dann vernünftigerweise Ziele bewerten und gegenüber anderen bevorzugen. Was folgt aus der bisherigen Analyse der Frankfurtschen Bedingungen? In denjenigen Fällen, in denen diese Bedingungen nicht hinreichend sind denken wir an den obsessiven Insektensammler, den fanatischen Tierschützer sowie die antiautoritäre Mutter müssen wir nach einer Reparatur dieser Bedingungen Ausschau halten. Eine kognitivistische Interpretation der Dinge, die uns wichtig sind und in komplexer Weise tätig werden lassen, kann meines Erachtens den substantiellen Vorannahmen, die im „Nutzen" unserer Ziele liegen, besser entsprechen. Es lassen sich folgende Adäquatheitsbedingungen anführen, deren Erfüllung Ziele als nützlich ausweisen kann: -
-
Tätigkeiten, die das ausdrücken, was uns wichtig ist, dürfen keine Folge inneZwangs sein. Sie müssen danach beurteilt werden, ob sie uns auch nicht zu unserem eigenen Schaden handeln lassen. In solchen Urteilen soll eine möglichst korrekte Einschätzung darüber entwickelt werden, was gut für uns ist (vgl. obsesdie
-
ren
siver -
Insektensammler).2
Tätigkeiten müssen daraufhin bewertet werden können, ob sie zum Verfolgen gegebener Ziele angemessen sind. Die Angemessenheit läßt sich hinsichtlich von Standards beurteilen, denen insbesondere moralische Ziele und Ideale genügen. Sie müssen durch Urteile motiviert oder begleitet sein, die beinhalten, was gut für andere ¡st (vgl. fanatischer Tierschützer, anti-autoritäre Mutter). So notiert Ch. Korsgaard (1983) 267: „The conditions of our lives make various things valuable to in various ways, and it is sometimes artificial to worry about whether we value those things as means or as ends. It is the conditions themselves that make the things good, that provide the various reasons for their goodness. The question is not whether the thing possesses a special attribute, but whether these reasons are sufficient to establish the goodness of the thing." So will z.B. J. Raz (1997b) 226, unsere Einstellungen auf ihre „proper responsiveness to reasons" zu überprüfen. Dies impliziert für ihn im wesentlichen, daß wir uns diese selbst verständlich machen können. us
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256 Es hat sich ebenso
gezeigt, daß die Frankfurtschen Bedingungen in ihrer nonVersion bei umfassenden Zielen gar nicht notwendig ist. Deren Nutzen läßt sich nicht aufgrund dessen bewerten, was uns ergreift und in diesem Sinne wichtig ist. Gleichwohl können wir solche Ziele (zumindest bis zu einem gewissen Grad) mithilfe von Informationen über das Ziel ebenso wie über eine Kenntnis unserer eigenen Voraussetzungen beurteilen. Die kognitivistische Interpretation der Bedingungen Frankfurts erlaubt jedoch auch eine Bewertung umfassender Ziele. Ziele können nur in Frankfurts Sinne nützlich oder gar sinnvoll sein, wenn sie uns Projekte verfolgen lassen, die wir als wertvoll beurteilen. Mit diesen Einschränkungen mag Frankfurts Kritik an der konsequentialistischen Auffassung, die die Bedeutung des Verfolgens von Zielen unterbewertet, diese zumindest um eine Dimension erweitem. Die Frage, die sich in der Folge stellt und die hier offen bleiben muß ist, wie der Nutzen eines Ziels dann festgestellt wird, da wir diesen sowohl im Hinblick auf den Wert des realisierten Zustands als auch auf die Tätigkeit, die mit dem Verfolgen des Ziels verbunden ist, beurteilen können. Ob und wie Tätigkeit und Zustand wiederum verglichen und gewichtet werden können, muß einer weiteren Untersuchung überlassen bleiben. kognitivistischen
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Warum sollen wir Ziele
verfolgen?
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Rationalism in Ethics Harry Frankfurt
1. One of the most creative and robust tendencies in recent philosophical discussions of ethics, at least in the English-speaking world, has been the development of various rationalistic accounts of moral truth. The proponents of these accounts are characteristically inspired by a distinctively Kantian ambition. They hope to show that the precepts of morality are implicit in the precepts of reason, and that these precepts can therefore be derived and demonstrated without invoking any resources other than those that are provided by reason itself. Needless to say, ethical rationalists differ from one another in a number of philosophically significant ways. It is their common endeavor, however, to prove that moral principles and moral commands can be rigorously elicited from the requirements of rationality alone. They are essentially devoted to making it clear that a priori constraints, which are both impersonal and incontestably authoritative, suffice to provide decisive validation for the imperatives of the moral law. The defining thesis of ethical rationalism, then, is that failing to accede to the requirements of morality is an offense against reason. According to this thesis, moral principles are logically or conceptually necessary truths. They can be strictly derived from the analysis of concepts such as those of rationality, or agency, or personhood, or the like; and they cannot be rejected without incurring fatal incoherence or contradiction. Ethical rationalists hope that deriving moral truths in this way will unequivocally legitimate the authority of the moral law. They also hope -and perhaps even more fundamentally that the derivations will illuminate the essential nature of moral truth by demonstrating that moral normativity has its source in the requirements of rationality itself. -
2. The
requirements of morality have frequently been considered to be rather dubious uncompelling. Many people have affirmed, or at least suspected, that they are essentially arbitrary, with nothing to support them but attitudes and feelings that are ultimately no more than personal or cultural idiosyncracies. Ethical rationalists maintain, to the contrary, that the provisions of the moral law actually possess an incontrovertible authority that is no less legitimate and no less independent of contingencies than the universally binding authority of logical and conceptual truth. Indeed, they believe that and
Harry Frankfurt
260
the warrant of moral principles and the warrant of logical and conceptual truths are ultimately the same. On their account, there is the same conclusive basis for submitting to the prescriptions and prohibitions of morality in our volition and in our conduct as there is for avoiding fallacy and contradiction in our thought. Doing the former is merely, as they see it, a special case of doing the latter. That moral requirements are conditions of rationality is, of course, the claim that Kant made for his Categorical Imperative. It is also the claim made by contemporary ethical rationalists for the particular moral principles with which they are especially concerned. Thus Thomas Nagel asserts in connection with his insightful and provocative defense of altruism that "Just as there are rational requirements on thought, there an rational requirements on action", and he goes on to explain that since "the requirements of ethics are rational requirements..., the motive for submitting to them must be one which it would be contrary to reason to To reject or to disobey the Categorical Imperative or the imperatives of altruism, then, is as much a contravention of reason -according to Kant and to Nagel, respectively as it would be to transgress the laws of thought. To neglect or to defy the commands of the moral law is no less contrary to reason than it is to affirm a contradiction or to commit any other logically prohibited
ignore."1 -
mistake.
3.
Many of the analyses and arguments that ethical rationalists have elaborated
in order and to support their claims are both ingenious and penetrating. Their work has enhanced our understanding of a number of significant conceptual relationships. However, and regardless of the valuable philosophical benefits that they have provided, I believe that their central enterprise is fundamentally and irretrievably misconceived. As an attempt to explain the basis of moral truth and to account for the moral authority of various principles and requirements pertaining to volition and to conduct, ethical rationalism cannot possibly succeed. This evaluation of ethical rationalism is manifestly severe. I must immediately make it clear, however, that I intend its focus to be quite limited. In particular, I must not be construed as implying any explicit or implicit challenge to the claim that some of the principles commonly articulated as elements of the moral law may be susceptible to rigorous proofs that rely exclusively upon considerations that are entirely a priori. Thus, in attempting to justify my evaluation of ethical rationalism, I shall neither criticize nor even confront any of the specific arguments by which its proponents have attempted to establish that the moral authority of one or another precept or imperative is guaranteed by reason. Nor shall I so much as consider the general proposition that it is possible to provide strictly rational guarantees for some of the requirements that morality is ordinarily understood to impose. This is not because I believe that ethical rationalism is correct either in its particular or in its general views concerning the susceptibility of moral precepts to a priori demonstration. As a matter of fact, I am inclined to doubt all of the claims that Kant and others have made to the effect that one or another principle of morality is rationally to
explain
Thomas Nagel, The
Possibility-of Altruism, Oxford 1970, p. 3.
Rationalism in Ethics
261
demonstrable; and I am also inclined to suppose that any claim ofthat kind is bound to be mistaken. In my judgment, the fact that a moral error has been committed does not by any means entail that there has been a lapse in rationality. No breach of logical or of conceptual necessity is inherent, so far as I can see, in denying or in contravening the requirements of morality. Whether my inclinations in these matters are sound or unsound is not germane, however, to the complaint against ethical rationalism that I propose to develop here. The validity of that complaint does not depend in any way upon whether the principles of volition and of conduct with which moral philosophy is concerned are or are not implicit in the requirements of rationality; nor does it depend upon whether those principles can or cannot be known a priori. Since I believe that it will be helpful to dispose from the start of issues that might irrelevantly disrupt the focus of my discussion, I shall temporarily set aside my inclinations. Within the limits of the present context, accordingly, I shall stipulate that it actually is possible to construct impeccably a priori demonstrations of at least some of the principles that are generally thought to belong to the moral law. 4. So let us take it as given that there are morally pertinent principles of volition and of conduct that can be rigorously demonstrated simply on the basis of a priori logical and conceptual considerations. Let us suppose, in other words, that principles generally recognized as enunciating moral requirements can be shown to be as conclusively guaranteed by pure reason as the theorems of mathematics and other unequivocally necessary truths. My contention is that even if this is granted, ethical rationalism is nonetheless radically defective. Even if it is correct in its claim that the principles in question are implicit in the very nature or essential conditions of rationality, ethical rationalism cannot provide a viable and helpful account of moral normativity or of moral truth. The doctrine suffers from a crippling and intractable difficulty that is rooted in an untenable assumption, which has to do not with the logical but with the moral status of the princi-
ples that are at issue. Briefly stated, the difficulty is this: to demonstrate that a principle of conduct or of volition is necessitated by reason does not in any way serve to establish that it is also morally required; and, by the same token, to demonstrate that someone has violated the
conditions of rationality does not in any way show that the person has done anything morally unacceptable. Falling into incoherence or contradiction is not as a such a moral lapse. Explaining to a person that he has violated the requirements of rationality may lead him to regret and to be ashamed of his error, but in itself it provides him with no basis at all for feeling guilty about what he has done. It is primarily because they wish to defend the interests of morality, of course, that ethical rationalists are eager to demonstrate that moral requirements can be conclusively that is
validated by strictly rationalistic means. Thus, they are committed to the presumption that the principles with which they are concerned will somehow be shown convincingly to possess legitimate moral authority if it can be shown that those principles are warranted by reason. But this presumption is quite mistaken. However rigorously and indisputably it may be possible to derive a principle from the requirements of rationality
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such proof can demonstrate that the principle possesses any legitimate moral whatsoever. It may be that certain arguments developed by ethical rationalists authority are useful in promoting various other worthwhile goals. Insofar as ethical rationalism purports to vindicate the moral authority of the principles and imperatives with which it is concerned, the enterprise cannot even begin to get off the ground.
alone,
no
5. The trouble with rationalism in ethics is that it is unable to avoid an error that may plausibly be construed as an analogue or a variant of the naturalistic fallacy. Needless to say, ethical rationalists do not attempt as ethical naturalists do to derive moral truths from perceptual judgments or from other statements of empirical fact. There is a fundamental respect, however, in which ethical rationalism has very much the same fatally misconceived structure as the naturalistic doctrines that G. E. Moore and others have so effectively criticized. Like those doctrines, ethical rationalism goes irretrievably wrong -
-
in its essential conviction that moral conclusions can properly be inferred from nonmoral premises. In the case of ethical naturalism, the non-moral premises from which it is supposed that moral conclusions can be deduced are contingent empirical propositions. In the case of ethical rationalism, they are necessary truths pertaining to a priori logical or conceptual relationships. In both cases, there is a hopeless effort to derive judgments with authentic moral authority from judgments that have absolutely no authority ofthat kind at all. It is no more possible in the one case than in the other to get something out of nothing. From the fact that there is sufficient empirical evidence for a certain conclusion, or from the fact that the conclusion is required by the necessities of rational thought, it certainly follows that the conclusion is established as true. That the truth of a proposition is guaranteed by a rigorous a priori demonstration or by a conclusive inference from reliable empirical data does not entail, however, that the proposition possesses any moral authority. The requirements of reason in themselves cannot be the source of moral authority or moral normativity. Demonstrating that some principle is a logically or conceptually necessary truth does nothing to demonstrate that accepting the principle is a moral requirement or that contravening the principle is morally prohibited. Acknowledging a failure in reasoning does not entail acknowledging any moral failure, nor does getting an argument right entail any moral credit. Unless the premises of an argument are alsomehow known to be the ready morally authoritative, argument cannot provide its conclusion with moral authority. Whatever other benefits a strictly rationalistic demonstration of some principle may bring, it cannot provide a specifically moral basis for accepting the principle. The arguments upon which ethical rationalists rely may prove that certain principles make rationally compelling claims upon us, but they cannot prove that any principle makes a claim upon us that is morally compelling. In other words, the fundamental ground of morality cannot be located in the requirements of reason. 6. To reveal a mistake in the reasoning upon which a person has relied in accepting some belief may perhaps make it clear that the person is ignorant, or that he is stupid, or
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that he is in some other respect cognitively deficient. But it surely does not imply it does not even suggest that there is anything in the slightest degree morally improper about him or about what he believes. It may provide a reasonable basis for doubts concerning the level of his intelligence or the degree of his sophistication, but it provides no basis whatsoever for doubts concerning his moral character or for a judgment that he deserves any measure of moral opprobrium or moral blame. To be sure, errors in reasoning may sometimes be due to influences that are morally disreputable. People who are capable of reasoning well sometimes reason badly because they are blinded by malice or by bigotry, or because they pay culpably insufficient attention, or because they permit themselves to be guided by wishful thinking under circumstances in which self-indulgence of that sort is reprehensible. In such cases, an adverse moral judgment of the person who reasons badly may well be warranted. However, it is plainly not the error in reasoning itself that is then the basis for the complaint. Rather, the person merits condemnation because of his irresponsibility or in virtue of the motivation by which his thinking was misguided. People are not morally blameworthy just because they reason badly, nor are they morally admirable just because they reason well. It is appropriate to respond to moral failures in a way that is quite unlike the way in which it is appropriate to respond to failures in the exercise of reason. Moral deficiencies and transgressions tend to arouse, and are generally acknowledged to justify, a sort of criticism that is notably distinct from the criticism that tends to be aroused and regarded as justified by deficiencies in rationality. The former naturally elicit and are considered to warrant a kind of opprobrium that differs quite fundamentally from the kind of opprobrium that ¡s naturally elicited and thought to be warranted by the latter. Even the most blatant errors in reasoning do not in themselves lead us to conclude that there are flaws in a person's moral character. Revealing that one is a fool evokes criticism of a different sort than revealing that one is a knave. The requirements of rationality do not account for the specific and peculiar type of authority and force that moral principles enjoy. The supposition that these principles are required by reason cannot be what accounts for the fact that accepting sound moral principles is a moral requirement and that violating such a requirement entails varieties of blame and of guilt that are not entailed by failures in rationality. Ethical rationalism is surely mistaken, then, in its account of what supports the moral law. Getting morality right is not essentially a matter of reasoning successfully, and getting it wrong is not essentially a matter of failing to recognize what the conditions of rationality demand. It cannot be by the authority of reason alone that the moral law is guaranteed. -
-
7. The
fallacy in the dialectical maneuver of attempting to establish moral truths by deriving them from non-moral empirical premises has been recognized for so long that familiarity has rendered it transparent and unmistakable. The fallacious attempt by ethical rationalists to establish moral truths by deriving them from non-moral premises may be somewhat less obvious and less manifestly futile than it is in the case of naturalistic accounts of morality. After all, there can be no doubt that the requirements of rationality are truly normative. Reason has an undeniable and powerfully constraining authority.
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perhaps it is more or less understandable that this normativity should be confused authority and the constraint of the moral law. Moreover, it is easy to appreciate the appeal that ethical rationalism possesses for those who are concerned to support steady moral conviction and conscientious rectitude against the inhibiting and undermining effects of skepticism. Philosophers anxious to promote willing acceptance of the imperatives of morality are quite understandably inclined to think that it would be both intellectually significant and morally salutary to discover that principles for the guidance of our conduct can be demonstrated just as conclusively as logical and conceptual truths that are universally and uncontroversially acknowledged to be indispensable in guiding our thought. Indeed, it may seem to go pretty much without saying that, as an antidote to skepticism, nothing can be more effective than decisively rigorous proof. Nevertheless, although reason is unquestionably normative, and while its demands are certainly difficult to oppose or to resist, its normativity is not moral normativity. Rationality is not as such a moral requirement or a moral norm; the authority that reason possesses, and that radiates from it, is not moral authority. The failure of a person to conform to the demands of reason is merely, as such, an intellectual or a cognitive failure. It is not a moral failure, which would of itself entail that the person is appropriately liable to attributions of opprobrium or guilt and which would bear adversely upon his personal character. Therefore, whatever proofs reason may generate exclusively from its own resources necessarily fail to supply their conclusions with any distinctively moral authority. Such proofs simply cannot establish the particular type of claim that is, the specifically moral claim that the imperatives of morality must essentially make. If the arguments devised by ethical rationalism were thoroughly unflawed, they would demonstrate only that the imperatives with which they conclude are supported by the authority of reason. That would do nothing, however, to show that those imperatives are correctly to be regarded as morally authoritative. It would not show that there are any moral grounds for acceding to them or that there is any moral fault in declining to do so. There are, in fact, principles of conduct or volition that can be established entirely on a priori grounds but that have no moral authority. It is often maintained, for example, that anyone who wills an end must be disposed also to will the means to that end. No doubt this formulation needs to be refined and qualified in various ways. But it would surely seem that some such principle, articulating an elementary requirement of prudence or of practical reason, is a necessary truth that can be demonstrated exclusively upon the basis of logical and conceptual analysis. No one is likely to claim, however, that the requirement is authoritative in any way other than as a condition of rationality. It is supported by the authority of reason, but it is not a moral requirement. Thus, even if the arguments of ethical rationalism established conclusively that reason guarantees the legitimate authority of certain imperatives of conduct or volition, the arguments would not thereby establish that those imperatives possess any moral authority. So
with the
-
-
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8. When Thomas Nagel undertakes to show that there are rational requirements on conduct "just as" there are rational requirements on thought, he may appear to be seeking a decisive rebuttal of moral skepticism. But if the requirements on conduct are dictated merely by reason, and have as little distinctively moral normativity as do the rational
requirements on thought, his undertaking is actually irrelevant to the problem of vindicating the moral authority of moral principles. In sidestepping the question of whether requirements on conduct have any specifically moral force, Nagel is, in effect, changing the subject. Suppose it really could be demonstrated, as Nagel maintains, that there are "rational conditions on desire and action which derive from a basic requirement of altruism." Suppose Nagel is correct in his claim that "susceptibility to certain motivational influences, including altruism, is a condition of rationality, just as the capacity to accept certain theoretical arguments is thought to be a condition of rationality."1 In other words suppose it could be proven conclusively that people who are not appropriately altruistic are guilty of a certain failure in rationality. The fact that there is a fallacy or a contradiction in their reasoning, or that they have fallen into some other kind of intellectual error or deficiency, would not warrant any judgment that there is a breach of morality in their attitudes or in their conduct. A person who accepts the imperative of altruism simply out of a belief that accepting this imperative is required by reason is not altruistic because altruism is required by the moral law. There is no more moral credit in being altruistic merely because rational considerations require it than there is in adhering to the principle that willing an end entails willing the means or, for that matter, in accepting the Pythagorean theorem. Demonstrating that altruism is a condition of rationality does not demonstrate that it is also a condition of morality. Indeed, it does nothing to show that the issue of altruism has anything to do with morality at all. Thus ethical rationalism can provide no significant assistance either in identifying which principles of conduct and volition are morally authoritative or, more generally, in accounting for the difference between being morally required and not being morally required. However successful its arguments and proofs may be in revealing what reason demands, they can offer no basis for deciding whether any principle is an imperative of morality. Concern with the requirements of reason is naturally appealing to philosophers, but it is nonetheless a distraction from issues of a specifically moral character. Insofar as ethical rationalism is exclusively preoccupied with whether accepting certain principles is a condition of rationality it wholly neglects even to address the question of whether or not accepting them is a condition ofmorality ? op. cit., p. 3. Moral judgments sometimes depend heavily upon judgments of rationality; and in cases ofthat sort, the two judgments may appear to be nearly the same. For instance, judgments concerning what is fair are often closely related to judgments concerning determinations of equality. Thus, the error of a morally incorrect view concerning what would be fair may be rather directly related to a bad calculation. But a person who feels guilty for acting unfairly is feeling something quite different from mere regret for having made a mathematical blunder. If the person is justifiably a target of moral blame, this is not because he calculated erroneously. No moral opprobrium attaches to errors ofthat kind as such.
Nagel,
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Harry Frankfurt
What makes immoral conduct and attitudes morally wrong is not that they involve lapses in the exercise of reason. Intellectual ineptitude does not entail any degree of wickedness; nor does the cogency of a person's intellectual processes entail any degree of moral credit. Moral condemnation and moral praise must rest upon some basis other than evaluations of logical or conceptual acuity. Violations of the requirements of reason are in themselves morally neutral. Showing that conformity to a principle or an imperative is a condition of rationality leaves entirely open the question of whether it is a moral requirement as well. Insofar as ethical rationalists like Nagel devote themselves to demonstrating what reason requires, they ignore the question of what is required by morality. Accordingly, they cannot expect to succeed in validating the moral law. The most that they can hope from their endeavors is to provide an alternative to it.1 9. Perhaps it will be objected that I have misunderstood ethical rationalism, and that I have attributed to its adherents doctrines that they have neither any inclination nor any need to maintain. Thus it might possibly be suggested that, for one thing, I mistakenly believe ethical rationalists to claim or to imply that conforming to the requirements of morality requires that people consciously recognize and appreciate the a priori reasoning by which moral principles can be demonstrated. According to this suggestion, I attribute to ethical rationalists the view that being moral entails understanding how to derive the precepts of morality from the essential conditions of rationality. They can effectively rebut my critique of their position, then, merely by explaining that they are by no means committed to the preposterous notion that morality requires that degree of
philosophical virtuosity.
But I do not believe ethical rationalists to be committed in any way to the doctrine that no one can be moral without an explicit and lucid comprehension of how to derive the imperatives of morality from the requirements of reason. It would plainly be absurd to maintain that no altruistic person can have been entitled to full moral credit for his altruism until philosophers had made available to him a rationally compelling argument by which, on the basis of a priori premises, the altruistic imperative is rigorously proved; and, of course, it would be equally absurd to maintain that there can be no immorality in transgressing the altruistic imperative until such an argument is available. The lives led by some people were morally admirable, and the lives of others were morally reprehensible, long before anyone even pretended to have developed impeccable rationalistic explanations and justifications of what the moral law commands. There is no reason for ethical rationalists to deny this, nor do I imagine that they are committed to denying it. My critique of their position is not directed against the egregiously untenable doctrine that moral requirements can be fulfilled satisfactorily only by someone who understands clearly how to demonstrate their authority. Rather, it is directed against a doctrine to which a number of philosophers do adhere and that is in No doubt questions of rationality do have a certain minimal and merely formal bearing upon questions of morality, since a principle that is self-contradictory or otherwise incoherent naturally could not articulate a legitimate moral imperative. We cannot be morally obligated to satisfy unintelligible or logically impossible conditions. Apart from this utterly non-substantive pertinence, however, the fact that something is a condition of rationality simply has no bearing upon issues of morality.
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267
fact essential to ethical rationalism: viz., that what is wrong with failing to satisfy moral requirements is that the failure violates the requirements of rationality. My point is not that ethical rationalists propose to evaluate the morality of agents on the basis of inappropriate epistemic criteria. It is that they are mistaken as to the conditions and criteria of moral truth. They erroneously insist that what qualifies certain principles of conduct or volition as legitimately authoritative moral imperatives is that those principles are commanded by reason. Their error consists in claiming that being moral is a matter of satisfying the requirements of rationality and that being immoral is a matter of violating those requirements. 10. A second objection to my argument may appear to be more pertinent and more effective. According to this objection, I have overlooked an obvious and crucially significant distinction; and this has led me into a serious misunderstanding of what ethical rationalism really involves. The doctrine does not entail, as I incorrectly suggest, that what is wrong with violating the principles of morality is essentially the same as what is wrong with making a mistake ¡n reasoning or in conceptual analysis. In fact, ethical rationalists neither assert nor imply that the failures implicated in contraventions of moral imperatives are fundamentally nothing more than failures in rationality. It is grossly misleading for me to maintain that they are committed to maintaining that there is no important difference between violating the moral law and violating the laws of thought. Thus, my complaint against them is quite unjustified. The elaboration of this line of defense might run more or less as follows. There is a decisive and utterly elementary difference between errors concerning the truths of morality and errors concerning a priori truths that have to do with non-moral matters. This difference is conveyed by the incontrovertible tautology that errors of the former kind have to do with morality while errors of the latter kind do not. It may be true that failures in reasoning are all alike insofar as they violate the conditions of rationality. But failures in reasoning, and our responses to them, are significantly differentiated by the domains in which they occur. Just as someone who tends to make mistakes in the domain of mathematics reveals a specifically mathematical deficiency, so a tendency to contravene the moral law warrants judging specifically that a person is morally deficient. We consider people to be weak in mathematics not just because they reason poorly, but because they reason poorly about mathematical issues; and in the same way, we consider people to be morally shabby not just because they reason poorly but because they reason poorly about issues of morality. The peculiar type of blame or opprobrium with which we appropriately respond to transgressions of moral imperatives is not elicited by an error that simply violates the generic requirements of reason. Rather, it is a response warranted by an error that specifically concerns the particular requirements of morality. Thus, morally pertinent error differs essentially from irrationality of other kinds. This defense of ethical rationalism is not really to the point. It fails to provide any answer at all to the question of what makes it appropriate for errors concerning issues of morality to arouse a type of response that is radically different from the type of response that is appropriately aroused by errors concerning non-moral issues. Being immoral is
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particular way of being stupid; nor is being weak in reasoning a particular way a poor moral character. However, ethical rationalism leaves entirely without explanation the source or ground of the particular variety of normativity that is specifically moral. Moral faults and flaws justifiably incur imputations of opprobrium and guilt precisely because they are transgressions against the distinctive kind of authority with which moral imperatives are endowed. An error in reasoning does not in itself justifiably incur imputations of that sort; it does so only when it has a morally objectionable cause. But the only authority that ethical rationalism invokes, or to which it refers, is the authority of reason. It offers no account whatsoever of moral authority. In other words, it says nothing about why our responses to moral transgressions should differ from our responses to other failures to satisfy the conditions of rationality. Unless our standard moral attitudes are hopelessly inappropriate, there must be some warrant for obeying the precepts of the moral law other than whatever warrant may be provided by the authority of reason. Otherwise, there is nothing wrong with disobeying the moral law except that doing so entails inconsistency or incoherence. But it is clear that those faults are in themselves morally innocuous. Thus, even if ethical rationalists were to succeed in demonstrating the principles of morality to be logically or conceptually necessary truths, that would add nothing to our understanding either of whether or of why those truths are legitimately to be accorded moral authority. It would not help us in any way to understand what is special about the imperatives that we identify as moral precepts, which distinguishes them from non-moral precepts of reason. Indeed, the proofs offered by ethical rationalism would not contribute anything even to enabling us to determine whether the precepts that are customarily identified as belonging to the moral law are genuinely pertinent to morality at all. Reason cannot, by its own inherent powers alone, show which principles are moral principles. With respect to whether a principle that is required by reason is also required by morality, reason as such can have nothing much to say. The question can be answered only by determining whether it is justifiable that conscientious adherence to the principle should earn moral credit and that willful contravention of the principle should warrant moral opprobrium. Now to determine this clearly requires that a moral judgment be made. No matter how rigorously it may be possible to demonstrate that some principle is required by reason, the demonstration will leave open the question of whether the principle is required as a matter of morality. Whether a principle is a moral principle is itself a moral question, in other words, which cannot be settled on the basis of non-moral considerations alone. Regardless of how indisputably those considerations show that the principle must be accepted, they cannot show that it must be accepted as a principle of morality. not just
a
of having
11. The appeal of the rationalist approach lies primarily in its promise to immunize morality against skepticism by imbuing it with the compelling authority of reason. Reason demands that we be coherent in our thinking, that we avoid fallacious inferences, and that we accept the logical consequences of our beliefs. No one seriously questions the legitimacy of these requirements. No one imagines that they are merely conventional, or denigrates their authority on the grounds that they express merely individual
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cultural habits or prejudices. To be sure, philosophers do wonder from time to time about the basis upon which the authority of reason rests. But hardly anybody actually rejects its authority; there are very few real skeptics about whether it is reasonable to be rational. So if it could be shown that rationality entails acceding to the commands of the moral law, that would be pretty much the end of skepticism concerning whether its commands do genuinely warrant acceptance. To those philosophers and others who are interested in promoting or in defending the strictures of morality, this might well bring considerable relief. It seems to me that there is more than one sort of relief that it might bring. First of all, it would naturally suggest that uncertainties and conflicts over moral principles are susceptible to being effectively resolved by logical analysis and argument; and this might well be taken to offer considerable hope that moral disputes and doubts may be eliminated, or substantially reduced, without resort to coercive or otherwise non-rational measures. There is a widespread preference, at least in certain circles, for minimizing reliance upon the use of such measures. Those who share that preference might understandably be relieved by the possibility that rational discourse may suffice to cope effectively with situations of moral conflict that might otherwise have to be dealt with in less appealing ways. Of course, relief of this variety requires an assumption that might prove to be excessively sanguine. Even if rationally based agreement concerning moral principles should be theoretically possible, the likelihood of actually reaching that sort of agreement might nonetheless be remote. It must be acknowledged, after all, that people cannot always be counted upon to listen to reason. The fact that decisive refutations of moral skepticism were available might turn out not to make much practical difference so far as concerns the prevalence or the persistence of moral conflict. The prospect of deriving a second sort of relief from a rationalistic refutation of moral skepticism may be somewhat more reliable and, perhaps, even more enticing. The availability of cogent a priori demonstrations of moral principles would enable people who concur with those principles to escape the necessity of accepting a responsibility that they might find rather burdensome. People who agree to a mathematical proposition because to do so is required by reason do not thereby display any individual tastes or predilections. They agree to the proposition in virtue of the impersonal rationality of agreeing to it, rather than because it satisfies any of their own interests or inclinations. The fact that the proposition is one to which they have decided to adhere does not reflect or expose the particular character of their minds. The decision is not personal. Insofar as people can account for having adopted a belief by referring to a rationally compelling proof, this takes them personally off the hook. It means that the belief reveals nothing about them, but only something about the impersonal requirements of reason. Thus, it shows that their commitment to the belief does not implicate any of their individual peculiarities and preferences. Their decision concerning what to believe is therefore not to be construed as the outcome of a personal judgment or a personal inclination. It was simply dictated by reason. They themselves had no choice in the matter. It was not really up to them at all. or
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Ethical rationalism offers to get us off the hook by proposing that our adherence to moral principles may properly be based entirely upon considerations that do not require us to make any personal decision or personal commitment. This is not in its favor. Indeed, it is another manifestation of the fact that ethical rationalism misunderstands the nature and the point of moral normativity. Precisely because it does relieve us of personal responsibility for our moral convictions, it misconstrues what morality is and how morality counts in our lives. Whether people conscientiously adhere to the principles of morality, or fail to adhere to them, is not supposed to be independent of the kinds of people they are. On the contrary, it is rightly taken to be very much a revelation of and a basis for evaluating their personal characters. Morality is fundamentally and essentially a matter of putting us firmly and appropriately on the hook. To be sure, ethical rationalism can acknowledge that people may be personally responsible with regard to the strength (or the weakness) of character that they display in obeying (or in disobeying) principles of conduct or volition that they understand to be conditions of rationality. But since the rationalist program systematically evades considering the specifically moral aspect of such principles, the personal characteristic at issue can hardly be a strength (or a weakness) of moral character. The strength (or weakness) merits no greater moral credit (or blame) than a person would merit for applying (or for failing to apply) the Pythagorean theorem when he recognizes that the requirements of geometry demand that he proceed in accordance with that principle.
12. Ethical rationalists are motivated in large part by an anxiety about whether the precepts of morality can reliably command sufficient respect and allegiance. They are concerned that unless the
requirements of the moral
law
can
be
provided with conclusive a
priori support, which shows the authority of those requirements to be both unquestionable and independent of any contingency, the universal importance of conforming to them will seem uncertain. As long as moral principles lack absolutely irrefutable validation, they fear, skeptics and relativists will find it easy to generate and to sustain corrosive doubts concerning just how legitimate and just how authoritative moral principles
actually are. Thus, Nagel explains that his aim is to develop for certain moral principles a "grounding" that "can meet the conditions of inescapability which should attach to ethics." In his judgment, "it will [...] not do to rest the motivational influence of ethical considerations on fortuitous or escapable inclinations."2 That would not definitively resolve the moral uncertainties by which individuals are troubled or the moral conflicts that disturb their relationships with others. Nagel therefore proposes to "rescue the subject" from the possibility that its requirements can be avoided, by providing at least some of those requirements with proofs as rigorous and as decisive as those by which mathematical theorems are established. In his judgment, any support for morality that is less impersonal or less conclusive than that really will not do. If there were genuine proofs that acceding to moral imperatives is a condition of rationality, then the authority of those imperatives would be uncontroversial. Of course, 2
Op. cit., p. 1. Ibid., p. 6.
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271
that would by no means imply that their authority would be inescapable in any practical at sense. It would remain not only quite possible, but hardly any more difficult at all least, for many people to elude or to disobey the moral law. The proofs would in no way guarantee a general conformity to moral requirements, nor even significantly strengthen their grip. There is surely not much basis either in history or in common experience for anticipating that the conditions of rationality, regardless of how cogently they may be established or how lucidly they may be explained, are likely to prevail over the ubiquitous and powerful forces from which moral uncertainty and disagreement derive. Nagel is eager to forestall and to counter the motivating influence upon people of their contingent inclinations. But whether people are, as a matter of fact, actually moved by learning the demands of reason is no less a matter of fortuitous and escapable circumstances. In any case, there may often be more effective and more economical ways of eliminating moral confusion and disorder than by showing that a priori justifications of the imperatives of morality are available. -
-
13. It seems that ethical rationalists find themselves unable or unwilling to be fully confident that their moral principles are both correct and definitively authoritative unless they can demonstrate that those principles are entailed as conditions of rationality. Now there are, to be sure, domains in which the degree to which confidence in a belief or attitude is warranted depends upon the strength of the evidence by which the belief or attitude ¡s supported. There are other domains, however, in which it would be rather egregiously misguided to insist that confidence is appropriate only insofar as it is commensurate with evidence that precludes reasonable hesitation or doubt. Conscientious parents do not generally suffer any noticeable uncertainty about whether it is really legitimate for them to be committed to the welfare of their small children. They are unquestioningly confident that their commitment is legitimate. Moreover, their confidence does not usually rest upon a conviction that proofs are available showing that a commitment by parents to the welfare of their small children is somehow required. The commitment is not ordinarily either dictated or reinforced by considerations of logical or conceptual necessity; nor is it likely to be motivated particularly by an interest in satisfying the conditions of rationality. The commitment is naturally motivated by love. It is made out of love for their children, and it is by love that it is sustained. The reason parents are confident of the legitimacy of being committed to their children is that they are confident in loving them. It is certainly possible for this confidence to be shaken by evidence that the children are unworthy of love or that loving them is likely to have unacceptable consequences. To seek reassurance concerning issues ofthat sort pertaining to what we are committed to out of love is far from being the same, however, as making it a condition of commitment that there be rigorous demonstrations proving that we are required to love it. Confidence in loving does not depend upon, nor is it susceptible to being provided with, that kind of support. Now it is not only living things that we are capable of loving. Ways of life, and paradigms of personal conduct and of social order, are also possible objects of love. Com-
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272
mitments to moral principles may be made and supported out of love for the ¡deals of individual and social life that those principles define and at which commitments to them aim. Thus, a commitment to honest relationships, or to the relief of suffering, or to a harmonious society may be grounded in love of straightforwardness and trust, of human well-being, or of cooperative and fraternal association. What people love is, no doubt, a logically contingent matter. Nevertheless, it would hardly be apposite to characterize it as fortuitous. Love is not a mere transient inclination or affect, which may adventitiously or frivolously come and go. Genuine love is inspired and constrained by the deepest and most essential aspects of personal character and constitution. Apart from the feelings that accompany it, love also implicates a complex volitional structure, which plays a significant role in guiding and shaping our desires and intentions. Moreover, the grip of love upon us is not only both powerful and persistent, but it can neither be imposed nor terminated by our own deliberate choice. It is not casually susceptible to immediate voluntary control. To the extent that the motivational influence of ethical considerations rests upon love, the influence of those considerations is by no means readily escapable.
subject.1
14. It may finally be love, then, that can truly rescue the In the end, it seems to the fundamental most of moral is source not in our me, normativity rationality but in our love for the condition and style of life that moral principles envisage. Like any love, this love imposes restrictions upon the will; it limits what it is actually possible for us to do or to refrain from doing. These limits of possibility are not determined by any necessities of reason. They are grounded in necessities of the will. Volitional necessities do not essentially pertain to what reason shows universally to be inconceivable but, rather, to what is for us by virtue of our attitudes and commitments simply unthinkable. Insofar as the imperatives of morality are guaranteed at all, it is not because acceding to them is a condition of rationality. It is because violating them injures or diminishes what we love, and that is something we cannot knowingly and deliberately bring ourselves to do. Of course, it cannot be presumed that all people will love the same things. We must even recognize the likelihood that some people will love what we ourselves fear or despise. In such cases, moreover, there may very well be no way of demonstrating by neutral and unconditionally acceptable rational methods that our opponents have made a mistake or that the position to which we adhere is objectively correct. This by no means implies, however, that it would be unjustifiably arbitrary or unreasonable for us to defend what we love against those by whom it is threatened and to promote it despite the resistance or indifference of those to whom it does not appeal. Parents are not considered to be acting unreasonably or unjustifiably if they continue to love their children with unshaken confidence and devotion even after they discover that their children are regarded elsewhere with disdain or contempt. Nor are parents condemned for defending their children from harm, even when it is clear that there is no -
My thought here is similar, I believe, Philippa Foot's:
-
"But what
reason
could there be for
refusing
to call a man a just man if he acted justly because he loved truth and liberty, and wanted every man to be treated with a certain respect?", Morality as a System of Hypothetical Imperatives, in her Virtues and Vices, Oxford, 1978, p. 165.
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273
way to prove that assaults against their children are unwarranted. To be sure, parental love is rooted in such palpable and vividly compelling natural instinct that it is rarely questioned; we ordinarily cannot distance ourselves from it enough to create a space for skepticism. Our moral responses are more unstable; their value to us is more elusive. Thus our confidence in them is less naturally secure and less immune to doubt. It may therefore become important for us to understand what it is that we love in the morality to which we adhere, and to appreciate what role it plays in our lives. There is no reason for us to believe, however, that the unavailability of rigorous demonstrations of our moral principles should undermine our confidence in the vision of life that they define or that it should inhibit our readiness to resist those whose vision conflicts with ours.1
Here is another observation by Philippa Foot, to which the views I am articulating seem similar: "We are apt to panic at the thought that we ourselves, or other people, might stop caring about the things we do care about...But it is interesting that the people of Leningrad were not struck by the thought that only the contingent fact that other citizens shared their loyalty and devotion to the city stood between them and the Germans during the terrible years of the siege. Perhaps we should be less troubled than we are by fear of defection from the moral cause." Op. cit., p. 167.
Hinweise
zu
den Autorinnen und Autoren
Peter Baumann, Privatdozent am Philosophischen Seminar der Universität Göttingen; derzeit Visiting Associate Professor am Philosophy Department des Swarthmore College. Buchpublikationen: Macht und Motivation, Opladen 1993; Die Autonomie der Person, Paderborn 2000.
Monika Betzier, Wissenschaftliche Assistentin am Philosophischen Seminar der Universität Göttingen. Buchpublikationen: Ich-Bilder und Bilder-Welt, München 1994; Ästhetik und Kunstphilosophie von der Antike bis zur Gegenwart in Einzeldarstellungen (hg. zus. mit J. Nida-Rümelin), Stuttgart 1998; Harry Frankfurt, Freiheit und Selbstbestimmung (hg. zus. mit B. Guckes), Berlin 2000.
Rüdiger Bittner, Professor an der Abteilung Philosophie der Universität Bielefeld. Buchpublikationen: Materialien zu Kants Kritik der praktischen Vernunft (hg. zus. mit K. Cramer), Frankfurt/M. 1975; Das ästhetische Urteil. Beiträge zur sprachanalytischen Ästhetik (hg. zus. mit P. Pfaff), Köln 1977; Moralisches Gebot oder Autonomie, Freiburg/München 1983 (in englischer Übersetzung: What Reason Demands. Cambridge 1989). John M. Fischer, Professor am Department of Philosophy der University of California, Riverside. Buchpublikationen: Moral Responsibility (hg.), Ithaka 1986; God, Foreknowledge and Freedom (hg.), Stanford University Press 1989; Ethics: Problems and Principles (hg. zus. mit M. Ravizza), Harcourt Brace Jovanovich 1991; Perspectives on Moral Responsibility (hg. zus. mit M. Ravizza), Ithaka 1993; The Metaphysics of Death (hg.), Stanford University Press 1993; The Metaphysics of Free Will: An Essay on Control, Blackwell 1994; Responsibility and Control: A Theory of Moral Responsibility (zus. mit M. Ravizza), Cambridge 1997. Harry Frankfurt, Professor am Department of Philosophy der Princeton University. Buchpublikationen: Demons, Dreamers, and Madmen: the Defense of Reason in Descartes' Meditations, Indianapolis 1970 (in französischer Übersetzung: Demons, Rêveurs, et Fous, Paris 1989); Leibniz: a Collection of Critical Essays (hg.), New York 1972; The Importance of What We Care About, Cambridge 1988; Necessity, Volition, and Love, Cambridge 1999.
Hinweise
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Barbara Guckes, Habilitandin an der Abteilung Philosophie der Universität Bielefeld; Habilitationsstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Buchpublikationen: Das Argument der schiefen Ebene, Stuttgart 1997; Harry Frankfurt, Freiheit und Selbstbestimmung (hg. zus. mit M. Betzier), Berlin 2000. Martina Herrmann, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Abteilung Philosophie der Universität Bielefeld. Buchpublikation: Identität und Moral, Berlin 1995. Anna Kusser, Wissenschaftliche Mitarbeiterin; Forschungsprojekt „Zur Rolle von Prinzipien in der Ethik" finanziert durch den Schweizerischen Nationalfonds. Buchpublikation: Dimensionen der Kritik von Wünschen, Frankfurt/M. 1989.
Alfred Mele,
Professor am Department of Philosophy der Florida State University, Tallahassee. Buchpublikationen.- Irrationality, Oxford 1987; Springs of Action, Oxford 1992; Mental Causation (hg. zus. mit J. Heil), Oxford 1993; Autonomous Agents, Oxford 1995; The Philosophy of Action (hg.), Oxford 1997; Self-Deception Unmasked, Princeton [im Erscheinen].
Barbara Merker, Professorin
Institut für Philosophie der Universität Frankfurt/M.. Buchpublikationen: Selbsttäuschung und Selbsterkenntnis. Zu Heideggers Transformation der Philosophie, Frankfurt/M. 1988; Angemessenheit. Zur Rehabilitierung einer philosophischen Metapher (hg. zus. mit G. Mohr und L. Siep), Würzburg 1998. am
Michael
Quante, Wissenschaftlicher Assistent am Philosophischen Seminar der Universität Münster. Buchpublikationen: Hegels Begriff der Handlung, Stuttgart-Bad Cannstatt 1993; Hirntod und Organentnahme (hg. zus. mit J.S. Ach), Stuttgart-Bad Cannstatt 1997, 2. Aufl. 1999; Perspektiven der Humangenetik (hg. zus. mit F. Petermann u. S. Wiedebusch), Paderborn 1997; Pragmatic Idealism: Critical Discussions of Nicholas Rescher's Philosophical System (hg. zus. mit A. Wüstehube), Amsterdam 1998; Personale Identität (hg.), Paderborn 1999; Xenotransplantation (hg. zus. mit A. Vieth), Paderborn 2000; Ethik der Transplantationsmedizin, (zus. mit J.S. Ach und M. Anderheiden) Erlangen 2000. Gottfried Seebaß, Professor am Fachbereich Philosophie der Universität Konstanz. Buchpublikationen: Das Problem von Sprache und Denken, Frankfurt/M. 1981; Social Action (hg. zus. mit R. Tuomela), Dordrecht 1985; Wollen, Frankfurt/M. 1993. Wil-
lensfreiheit und Determinismus, Berlin 2002. Holmer Steinfath, Hochschuldozent am Fachbereich Philosophie der Universität Konstanz. Buchpublikationen: Selbständigkeit und Einfachheit: Zur Substanztheorie des Aristoteles, Frankfurt/M. 1991; Was ist ein gutes Leben? (hg.), Frankfurt/M. 1998, Orientierung am Guten. Praktisches Überlegen und die Konstitution von Personen, Frankfurt/M. 2001.
Ralf Stoecker, Privatdozent an der Abteilung Philosophie der Universität Bielefeld. Buchpublikationen: Was sind Ereignisse? Berlin/New York 1992; Reflecting Davidson (hg.), Berlin/New York 1993; Der Hirntod, Freiburg/München 1999.
277
Jay Wallace, Professor am Department of Philosophy der University of California at Berkeley. Buchpublikationen: Responsibility and the Moral Sentiments, Cambridge/Mass; 1994; Reason, Emotion and Will (hg.), Aldershot 1999. Gary Watson, Professor am Department of Philosophy der University of California, Riverside. Buchpublikation: Free Will (hg.), Oxford 1982; zahlreiche Aufsätze, insbesondere zu Willensfreiheit und Verantwortung. R.
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Alexander v. Aphrodisias. 211 128, 129 Anderson, J. Aristoteles. 137,199,201,203,
.211,233 Arneson, R. J. 759 Audi, R.41 Augustinus. 189,207,205 205 Bach, J.S.
Bargh, J.A. 198 Baumann, P. 97 Bayle, P.202 Baier, A.235, 252 Berofsky, B. 41 Blackburn, S. 220 Blumenfeld, D.9, 14, 47, 52 Bramhall, J.211 702 Brand, M. Bransen, J. 232 Bratman, M.E. 172,221 Broome, J. 182 702,211 Chisholm, F. Christman, J. 120, 122, 124,1301, .756, 759 .
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Cicero.270 Copp, D.22f. Costa, M. 49 138 Crusius. 211 Damaszenus, J. Darwall, S. 252, 256 Davidson, D.43, 102 ff, 141 70 Dennett, D. Descartes, R. 202,211
Dostojewski, F.M.
205
Double R.
62
Dworkin, G. 80, 759, 769 Edwards, J. 205
Feinberg, J.
80
Fichte, J. G.117 70, 73, 20, 23, 26, Fischer, J. M. 27, 28f, 32, 46ff, 67, 68ff.
Flanagan, 0. Foley, R.
128 40 Foot, Ph. 272, 273 Freud, S. 201 Friedman, M.A. 720, 132 799 Fromm, E. Fulda, H. F.182 40 Gallois, A. Gaylin, W. 732 Ginet, C. 11,26,29,44,45,49,51 80 Gipson, M. 1. Goethe, J.W. 188 103 Goldman, A. .
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Gosepath, St.87 Greenspan P. S. 184
Griffin, J.238 Guarini, G.B. 205 Haji, 1. 221,27 720 Harman, G. Hart, H.L.A. 211 733,199 Hegel, G.W. Heinaman, R. 29 Helm, B.242 Herbart, J.F. 205,211 Hobbes, Th. 70,201,205,211,215 Hölderlin, Fr. 733 .
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Personenregister
280 182 Horstmann, R.-P. Hossenfelder, M.137 153,203 Hume,D. 73,14,18,19,20 Hunt,D.P. 205 James, W. Kane, R. 11, 73,21, 26, 27,30, 31, 33, 41,44,50, 51, 59ff. Kant, 1. 59, 108f, 733, 138, 156, 181f, 193f, 79,201, 204, 208f, 212, 260ff. Katzoff, Ch. 73 .
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.
....
Kenny, A. 203 Kierkegaard,S. 168.177 Klein, M. 29, 47 Kolnai, A. 238,247 277,275,231,255 Korsgaard, Ch. .
Kristjansson, K. .
.
722
Lamb, D. 43 Leder, M.753 Lehrer, K.41.132 202 Leibniz, G.W. Lewis, D. 40 Locke, D. 67 Locke, J. 14, 18, 19,205 Luther, M. 66, 174Í, 180, 187, 189, 191f. 790 Mackie, J.L. McCann, H. 49 .
Maclntyre, A.
225
McKenna,M. 16f., 52 Marx, K. 199 Melden, A.I.: 112 Mele, A. R. 73, 14f, 26ff, 30, 32, 33f, 34, 50, 59, 159 ...
Mill, J. St. 705 Moore, G.E. 40,262 Nagel, Th. 260ff. Narveson, J. 40 Naylor, M. B. 10,28, 43, 52 Nemesios.211 Nida-Rümelin, J. 7 Nozick, R. 30,37, 74, 184 Nunner-Winkler, G. 85 Otsuka, M. 18,21 Pereboom, D. 29 Pike, N. 50
Plantinga, A.
45
Platon. 137, 188,205 Prauss, G. 735
265,270 Ravizza, M. 70, 73, 20, 23, 26. 27, 28f, 32, 46ff., 67, 68ff. Raz, J. 220, 221, 237, 248, 252, 256 211 Reid, Th.
Pythagoras. .
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.
.
Rescher, N.202 14 f., 26, 50 Robb, D. 254 Rosati, C. Rousseau, J.J. 138 Rowe, W. 28 Ryle, G. 112,205 Scanion, T.M.220, 236, 238, 254 235 Scheffler, S. Schiller, Fr. 188 Schlick, M. 82 254 Schmitz, D. Schopenhauer, A. 202, 205 Searle, J. 49 Seneca. 137 Shakespeare, W. 792 Siep, L. 733 235 Singer, P. Sinnott-Armstrong, W.23 Skinner, B.F. 70 Slote, M. 76,80 Sobel, D. 254 Speak, D. 73 Stamm, M. 767 Stampe, D. W. 80 Steinfath, H.87. 208, 209 Strawson, P. 779 Stump, E. 15f, 26 Taylor, R. 61,102, 128
Thalberg, 1.
702,103,112,720,
.
Thomas
v.
Aquin.
121,722 205,212
Tugendhat, E. 199,211 Ullmann-Margalit, E.246, 247 van Inwagen, P.70, 25, 28, 29, 33f, 40 Velleman, D. 108,226,225,252 Waddell, E. 124 Wallace, J. R. 23,247 Warfield, TA. 12 Watson, G. 75,706,121,156, .
170,218,225,232 Wells, H. G. 232 Widerker, D. 11, 73, 22f, 26, 43, 44ff,51 .
.
281
Wiggins, D.
Williams, B.
.
.
.
.
Wittgenstein.
60, 6If, 63, 237, 245 50,231,235,237,238
L. .
.
WolfS.
.
722 26
112
87,231,237.251,256 11, 17f, 18, 21f, 26,44,49,51
Wyma,K.
Young, R. Zagzebski, L.
Kursiv gesetzte Seitenzahlen beziehen sich auf den Fußnotentext.