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German Pages IX, 517 [505] Year 2020
Forum Dienstleistungsmanagement
Manfred Bruhn Karsten Hadwich Hrsg.
Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen Methoden – Potenziale – Einsatzfelder Band 2
Forum Dienstleistungsmanagement Reihe herausgegeben von Manfred Bruhn, Basel, Schweiz Karsten Hadwich, Stuttgart, Deutschland
Das „Forum Dienstleistungsmanagement“ informiert umfassend über neue Erkenntnisse zu einem aus Sicht von Wissenschaft und Praxis besonders relevanten Schwerpunktthema des Dienstleistungsmanagements. Es bietet einen Einblick in die aktuelle wissenschaftliche Diskussion dieses Schwerpunktthemas, ergänzt durch Praxisbeispiele, in denen Dienstleistungsunternehmen ihre praktischen Erfahrungen mit innovativen Managementmethoden vorstellen.
Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/16386
Manfred Bruhn · Karsten Hadwich (Hrsg.)
Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen Methoden – Potenziale – Einsatzfelder Band 2
Hrsg. Manfred Bruhn Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Universität Basel Basel, Schweiz
Karsten Hadwich Lehrstuhl für Dienstleistungsmanagement Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Universität Hohenheim Stuttgart, Deutschland
ISSN 2662-3390 (electronic) ISSN 2662-3382 Forum Dienstleistungsmanagement ISBN 978-3-658-30168-2 (eBook) ISBN 978-3-658-30167-5 https://doi.org/10.1007/978-3-658-30168-2 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detail lierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Vorwort Die Digitalisierung verändert Märkte und Branchen mit einer extrem hohen Geschwindigkeit. Mithilfe neuer Technologien, wie z. B. Künstlicher Intelligenz, Machine-LearningAnsätzen und anderen Ansätzen der Informations- und Kommunikationstechnologie, wie z. B. Social Media, mobilen Applikationen u.a.m., ergibt sich ein breites Spektrum an neuen Formen der gemeinsamen Wertschöpfung von Mensch und Maschine. Diese reichen von ferngesteuerten bis hin zu autonomen Systemen. Die Automatisierung ermöglicht das Angebot und die Erstellung von personalisierten Dienstleistungen zum Preis von Massenprodukten. In der Dienstleistungspraxis ergeben sich durch die verfeinerten Prozesse der Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen und in der Weiterentwicklung der Künstlichen Intelligenz sowohl Chancen, wie z. B. die Entwicklung innovativer Dienstleistungen und Geschäftsmodelle, als auch Risiken, wie z. B. die Reduzierung persönlicher Kontakte zum Kunden. In der Dienstleistungsforschung entsteht ein spannendes Forschungsfeld. So sind z. B. geeignete Managementinstrumente zur Steuerung von automatisierten und personalisierten Dienstleistungen in Ecosystemen zu entwickeln und die kundenseitige Akzeptanz der automatisierten Personalisierung von Dienstleistungen zu analysieren. Vor diesem Hintergrund wird im vorliegenden Sammelband die „Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen“ in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt. Damit widmet sich das diesjährige „Forum Dienstleistungsmanagement“ einer in Wissenschaft und Praxis aktuell sehr intensiv diskutierten Fragestellung. Die Relevanz und Aktualität des Themas haben sich auch in der starken Resonanz auf unser Call for Papers bemerkbar gemacht. Die Zahl der interessanten und hochwertigen Einreichungen sowie auch die Vielfalt der beteiligten Disziplinen ist so groß gewesen, dass wir uns entschieden haben, dem Thema zwei Bände zu widmen. In diesen zwei Bänden zeigen mehr als 80 profilierte Wissenschaftler und Vertreter der Praxis, was genau unter Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen zu verstehen ist und welche Fragestellungen und Konzepte zukünftig von Bedeutung sein werden. Im vorliegenden „Forum Dienstleistungsmanagement“ werden die Diskussionen zur Personalisierung und Automatisierung von Dienstleistungen sieben Themenbereichen zugeordnet, die sich in der Gesamtgliederung des „Forums Dienstleistungsmanagement“ wiederfinden: (1) Die Grundlagen und Rahmenbedingungen der automatisierten Personalisierung von Dienstleistungen befassen sich mit dem Begriff sowie technologischen und gesellschaftlichen Bestimmungsfaktoren. (2) Mit automatisierten personalisierten Kundeninteraktionen werden die Einsatzmöglichkeiten von Technologien im Service Encounter diskutiert.
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Vorwort
(3) Im Rahmen der digitalen Geschäftsmodelle werden insbesondere personalisierte Preisund Erlösmodelle betrachtet. (4) Mit Methoden und Instrumenten der Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen werden die Besonderheiten und Möglichkeiten von spezifischen Werkzeugen der Automatisierung und Personalisierung aufgezeigt. (5) Ein weiteres Themenfeld befasst sich mit den Potenzialen der Künstlichen Intelligenz bei der Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen. (6) Daraus ergeben sich spezifische Einsatzfelder der Blockchain und des Machine Learning im Dienstleistungskontext. (7) Darüber hinaus werden branchenspezifische Besonderheiten der Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen aufbereitet und Managementimplikationen abgeleitet. In Band 1 werden Konzepte der Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen, automatisierte personalisierte Kundeninteraktionen sowie digitale Geschäftsmodelle behandelt. Band 2 befasst sich mit den Methoden, Potenzialen und Einsatzfeldern der Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen. In beiden Bänden werden jeweils unterschiedliche branchenspezifische Perspektiven aufgezeigt. Insgesamt liegt damit eine sehr umfassende und facettenreiche Erörterung des Themas der Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen vor. Die Beiträge werden in beiden Bänden durch einen Literatur-Service ergänzt, der eine thematisch geordnete Zusammenstellung wichtiger Veröffentlichungen zum Themengebiet beinhaltet. Seit dem Jahr 2016 wird der vorliegende Sammelband durch die Veranstaltung „Forum Dienstleistungsmanagement“ an den Universitäten Basel und Hohenheim ergänzt. Hier greifen Wissenschaftler und Praktiker das aktuelle Thema in Vorträgen und Podiumsdiskussionen auf. Die Website zur Veranstaltung findet sich unter www.forum-dlm.ch. Unser herzlicher Dank für die Projektorganisation und Koordination dieser Ausgabe des Forums geht an Kerstin Sayer, M.Sc., und Denise Joecks-Laß, M.Sc., vom Lehrstuhl für Dienstleistungsmanagement der Universität Hohenheim und an die wissenschaftlichen Hilfskräfte des dortigen Lehrstuhls für die Unterstützung bei der Formatierung der Beiträge. Wir hoffen, dass das „Forum Dienstleistungsmanagement“ auch im Jahre 2020 wiederum sein Ziel erreicht, nicht nur eine aktuelle Forschungsdiskussion im Bereich Dienstleistungsmanagement zu fördern, sondern auch der Praxis dienlich ist und zugleich Wissenschaft und Dienstleistungsmanagern einen zusätzlichen Service-Nutzen liefert.
Basel und Hohenheim
MANFRED BRUHN KARSTEN HADWICH
Inhaltsverzeichnis
Vorwort .......................................................................................................................
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Teil A: Wissenschaftliche Beiträge Manfred Bruhn und Karsten Hadwich Automatisierung und Personalisierung als Zukunftsdisziplinen des Dienstleistungsmanagements ......................................................................................
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1. Methoden und Instrumente der Automatisierung und Personalisierung Susanne Robra-Bissantz, Christoph Lattemann, Ricardo Guerrero, Anna Maria Lux, Beke Redlich und Simon Fischer Der Mensch als Teil der Innovation – Eine „Service Canvas“ als anwendungsorientierter Bezugsrahmen ...................................................................... 47 Anne Füßl, Volker Nissen, Franz Felix Füßl und Simon Dopf Entwicklung eines Werkzeugs zur Geschäftsprozessanalyse auf Basis eines inferenzfähigen Wissensmodells .................................................................................
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Semih Akkaya und Michael Hepp Field Sales Transformation – Digital Services to improve Sales Processes and Productivity ................................................................................................................. 107
2. Potenziale der Künstlichen Intelligenz Anne-Sophie Tombeil, David Kremer, Jens Neuhüttler, Claudia Dukino und Walter Ganz Potenziale von Künstlicher Intelligenz in der Dienstleistungsarbeit ........................... 135
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Inhaltsverzeichnis
Angela Roth und Sascha Julian Oks Künstliche Intelligenz als Treiber für Dienstleistungsinnovation ............................... 157 Dominik Schneider, Frank Wisselink, Nikolai Nölle und Christian Czarnecki Influence of Artificial Intelligence on Commercial Interactions in the Consumer Market ......................................................................................................................... 183 Jens Neuhüttler, Rudolf Fischer, Walter Ganz und Dieter Spath Künstliche Intelligenz in Smart-Service-Systemen – Eine Qualitätsbetrachtung ....... 207 Mahei Manhai Li, Esther Bronner, Christoph Peters und Jan Marco Leimeister Künstliche Intelligenz und menschliche Kompetenz für Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen am Beispiel des Support................................ 235 Timo Strohmann und Susanne Robra-Bissantz A Virtual Companion for the Customer – From Conversation to Collaboration ........ 253 Sven Tuzovic und Stefanie Paluch You and Your Autopilot – How Consumers Perceive Semi-autonomous Cars .......... 273
3. Einsatzfelder der Blockchain und des Machine Learning Fabian Schär und Philipp Hübner Blockchain und Smart Contracts im Kontext der Prozessautomatisierung ................. 297 Florian Oliver Knauer und Andreas Mann Automatisierung und Vertrauensbildung in der Customer Journey von Dienstleistungskunden durch den Einsatz der Blockchain-Technologie .................... 317 Uwe Messer und Stefan Faußer Machine Learning Infusion in Service Processes ....................................................... 343
4. Branchenspezifische Besonderheiten Christian Wissing und Jeannette Trenkmann Automatisierte Services im Gesundheitswesen – Eine explorative Studie zu den Effekten digitaler Plattformen ..................................................................................... 367
Inhaltsverzeichnis
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Rabea Schrage und Peter Kenning Service Value von personalisierten Location-based Services – Eine differenzierte Analyse am Beispiel des deutschen Lebensmitteleinzelhandels ................................. 397 Armin Töpfer und Georg Brabänder Individualisierung und Personalisierung – Gesundheitsleistungen 4.0 entlang des Behandlungspfades ..................................................................................................... 425 Lisa Obst, Ronny Baierl, Franziska Bielefeldt und Anne-Katrin Haubold Maschinelle Dienstleister – Determinanten der Anwenderzufriedenheit in der sozialen Dienstleistungsbranche am Beispiel der Altenpflege .................................... 455 Raafat George Saadé, Golnaz Rezai und Holger Roschk Automation of Knowledge Processing and Learning.................................................. 473
Teil B: Serviceteil Ausgewählte Literatur zum Themengebiet „Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen“ ..................................................................... 501 Stichwortverzeichnis ................................................................................................... 511
Teil A: Wissenschaftliche Beiträge
Manfred Bruhn und Karsten Hadwich
Automatisierung und Personalisierung als Zukunftsdisziplinen des Dienstleistungsmanagements
1. Entwicklungstendenzen des Dienstleistungsmanagements 2. Automatisierung von Dienstleistungen 2.1 Gründe der Automatisierung 2.2 Automatisierungspotenziale bei Dienstleistungen 2.3 Nutzen und Herausforderungen für Dienstleistungsanbieter 2.4 Nutzen und Herausforderungen für Dienstleistungsnachfrager 3. Personalisierung von Dienstleistungen 3.1 Bedeutung der Personalisierung für Dienstleistungen 3.2 Personalisierungspotenziale bei Dienstleistungen 3.3 Nutzen und Herausforderungen für Dienstleistungsanbieter 3.4 Nutzen und Herausforderungen für Dienstleistungsnachfrager 4. Automatisierte Personalisierung von Dienstleistungen als Zukunftsdisziplin des Dienstleistungmarketing 4.1 Bedeutung der automatisierten Personalisierung 4.2 Zentrale Einsatzgebiete für die automatisierte Personalisierung 4.3 Formen der automatisierten Personalisierung 4.4 Ausgewählte Technologien für die automatisierte Personalisierung 4.5 Nutzen und Herausforderungen automatisierter Personalisierung für den Dienstleistungsanbieter und -nachfrager 5. Zukunftsperspektiven der automatisierten Dienstleistungen Literaturverzeichnis
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Bruhn und K. Hadwich (Hrsg.), Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen, Forum Dienstleistungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30168-2_1
___________________________ Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Manfred Bruhn ist Professor der Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing und Unternehmensführung, an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Basel und Honorarprofessor an der Technischen Universität München. Prof. Dr. Karsten Hadwich ist Inhaber des Lehrstuhls für Dienstleistungsmanagement am Institut für Marketing & Management der Universität Hohenheim.
1.
Entwicklungstendenzen des Dienstleistungsmanagements
Der Bedeutungszuwachs des Dienstleistungsgeschäfts beruht auf den technologischen Entwicklungen der Digitalisierung der letzten 30 Jahre sowie der wachsenden Bedeutung von Individualität in der Gesellschaft (Brühl 2015). Bestimmende Aspekte der Digitalisierung sind die Entwicklungen in den Informations- und Kommunikationstechnologien sowie deren zunehmende Verbreitung (Bruhn et al. 2019). Dabei beinhaltet die Digitalisierung den vermehrten Einsatz von digitalen Technologien, um Personen, Prozesse, Systeme, Konzepte, Unternehmen sowie deren Produkte und Dienstleistungen miteinander zu verbinden (Coreynen et al. 2017). Für Dienstleistungsanbieter bieten die technologischen Fortschritte der Digitalisierung neue Möglichkeiten für die Entwicklung und Implementierung von Dienstleistungsinnovationen sowie der Steigerung der Effizienz und Effektivität ihrer Leistungs- und Interaktionsprozesse (Coreynen et al. 2017). Das Dienstleistungsmanagement hat – wie auch andere Unternehmensbereiche und Forschungsdisziplinen – daher Wege und Ansätze zu identifizieren, um den mit der Digitalisierung verbundenen Transformationsprozesse erfolgreich zu begegnen. Während die fortschreitende Globalisierung eine immer engere Verzahnung der Volkswirtschaften und Unternehmen zur Folge hatte, sind die Folgen der zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung der persönlichen Lebensbereiche sowie die verschwimmenden Grenzen zwischen Privatem und Geschäftlichem erst jetzt erkennbar (Brühl 2015). Zentrale Herausforderungen für viele Unternehmen sind dabei z. B. der wachsende Wettbewerbsdruck, der auch immer häufiger von branchenfremden Unternehmen ausgelöst wird (z. B. in Form von Plattformbetreibern, die sich als Intermediäre zwischen Anbieter und Kunden drängen), die Verkürzung von Entwicklungszyklen von Produkten und Dienstleistungen, das mit den Erfolg von Social Media, Smartphone und dem Internet verbundene veränderte Kommunikationsverhalten vieler Kunden sowie der Wunsch der Kunden nach individuellen und passgenauen Lösungen zu einem angemessenen Preis (Bitner et al. 2000). Daher verfolgen Unternehmen vermehrt das Ziel, ihre Dienstleistungen zu personalisieren. Zeitgleich streben Unternehmen danach, ihre Dienstleistungsprozesse möglichst effizient zu gestalten, z. B. durch einen hohen Standardisierungsgrad, um die Kosten der Dienstleistungserstellung sowie die Komplexität des Managements der Dienstleistungsangebote möglichst gering zu halten. Daher sind Dienstleistungsanbieter ebenfalls bemüht, ihre Dienstleistungsangebote zu automatisieren. Folglich bewegen sich die Dienstleistungsanbieter zunehmend in einem Spannungsfeld zwischen Individualisierung und Automatisierung. Um das Spannungsfeld zwischen Automatisierung und Personalisierung abzuschwächen bzw. aufzulösen, stellen neue Technologien, wie z. B. Künstliche Intelligenz, MachineLearning-Ansätze und Informations- und Kommunikationstechnologien, wie z. B. Social
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Media, mobile Applikationen und Big Data Analytics, einen vielversprechenden Ansatz dar. Informations- und Kommunikationstechnologien ermöglichen die immer bessere Produktion und Bereitstellung von individuellen Dienstleistungen (Huang/Rust 2017; Bruhn et al. 2019), da diese mittels automatisierter Informationssammlung und -auswertung den Zeitaufwand und die wirtschaftlichen Aufwendungen deutlich reduzieren. Vor allem die Nutzung von Echtzeitdaten erlauben eine flexible und effiziente Personalisierung der Dienstleistung und tragen zum einen der wachsenden Heterogenität der Märkte und zum anderen der zunehmenden Individualisierung der Gesellschaft Rechnung. Das Paradigma, dass Dienstleistungen nur ein geringes Automatisierungspotenzial aufweisen, löst sich mit der wachsenden Intelligenz der Informations- und Kommunikationstechnologien immer weiter auf. Die bisherigen wissenschaftlichen Beiträge zum Thema Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen können je nach spezifischem Thema sieben Forschungslinien zugeordnet werden, die auch der Gliederung der beiden Sammelbände entsprechen. Das Band 1 gliedert sich aus drei thematischen Forschungslinien: (1) Die Diskussion um die Grundlagen und Rahmenbedingungen der automatisierten Personalisierung von Dienstleistungen befasst sich mit dem Begriff sowie technologischen und gesellschaftlichen Bestimmungsfaktoren. (2) Die automatisierte Personalisierung im Service Encounter diskutiert die Einsatzmöglichkeiten von Technologien im Rahmen der Kunde-Mitarbeitenden-Interaktion. (3) Im Rahmen der digitalen Geschäftsmodelle werden vor allem personalisierte Preisund Erlösmodelle betrachtet. Drei weitere Forschungslinien werden in Band 2 abgebildet: (4) Die Methoden und Instrumente der Automatisierung und der Personalisierung von Dienstleistungen untersuchen die Besonderheiten und Möglichkeiten von spezifischen Werkzeugen zur automatisierten Personalisierung von Dienstleistungen. (5) Ein weiteres Themenfeld befasst sich mit den Potenzialen der Künstlichen Intelligenz bei der Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen. (6) Daraus ergeben sich spezifische Einsatzfelder der Blockchain und des Machine Learning im Dienstleistungskontext. In beiden Bänden werden zuletzt: (7) Branchenspezifische Besonderheiten von automatisierten und personalisierten Dienstleistungen abgeleitet. Folgend werden die Grundlagen zur Automatisierung von Dienstleistungen (Abschnitt 2) sowie der Personalisierung von Dienstleistungen (Abschnitt 3) erläutert. Die Bedeutung der automatisierten Personalisierung, ihrer zentralen Einsatzgebiete sowie die Formen und relevante Technologien werden in Abschnitt 4 diskutiert. Abschnitt 5 beinhaltet die Zukunftsperspektiven der automatisierten Dienstleistungen.
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2.
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Automatisierung von Dienstleistungen
2.1 Gründe der Automatisierung Die Automatisierung stellt die Ausführung einer Tätigkeit mittels einer Technologie bzw. Maschine dar, die vorher von einem Mitarbeitenden ausgeführt wurde (Parasuraman/Riley 1997). Dabei kann der Grad der Automatisierung stark variieren. So können Technologien als Unterstützung für den Mitarbeitenden eingesetzt werden, indem sie häufig einfache und repetitive Aufgaben übernehmen. Des Weiteren sind intelligente Informationssysteme in der Lage, komplexe Entscheidungen zu treffen sowie die dazugehörigen Maßnahmen durchzuführen (Parasuraman/Riley 1997). Der anhaltende Trend zur Rationalisierung sowie die Zielsetzung von Produktivitätssteigerungen gelten dabei als Haupttreiber von Automatisierungsbestrebungen von Unternehmen (Engelhardt/Reckenfelderbäumer 2006). Seine Ursprünge hat die Automatisierung in der Automatisierung von Produktionsprozessen und -anlagen. Dabei ist die Automatisierung in drei Phasen einzuteilen (Langmann 2017): (1) Automatisierung durch Mechanisierung, (2) Automatisierung durch Elektrizität und Elektronik sowie (3) Automatisierung durch Informationstechnologien und Rechentechnik. Im Rahmen der Automatisierung im Dienstleistungskontext werden einzelne Aktivitäten oder alle Aktivitäten im Rahmen des Dienstleistungsprozesses durch automatisierte oder IT-geprägte Informationssysteme ersetzt (Jussen 2012). Auch wenn aufgrund der stärkeren Verknüpfung von physischen und digitalen Komponenten die Automatisierung von Dienstleistungen im letzten Jahrzehnt an Bedeutung gewonnen hat (Jussen 2012), stellt der Einsatz von Technologien im Dienstleistungskontext keinen neuen Trend dar. Vielmehr zeigt sich, dass bereits seit vielen Jahrzehnten die Unternehmen versuchen, mit Hilfe von Technologien Dienstleistungen zu automatisieren (Levit 1976) – so ersetzen z. B. Geldautomaten Bankmitarbeitende. Hierbei sind unterschiedliche Grade der Automatisierung zu unterscheiden: Entweder ist (1) keine Automatisierung vorhanden, (2) die Automatisierungstechnologie unterstützt die Aktivitäten im Rahmen der Dienstleistungen sowie (3) die Technologie übernimmt vollständig jene Aktivitäten, die vorher durch Mitarbeitenden oder Kunden im Rahmen der Dienstleistungserstellung übernommen wurden (Jussen 2012). Dienstleistungen werden automatisiert, wenn es sich um leicht standardisierbare und repetitive Aufgaben handelt, z. B. das Abheben von Geld an einem Bankautomaten. Hinter diesen Prozessen stehen klare Abfolgen und Handlungsstränge, die kaum Variation aufweisen und daher sehr gut von Maschinen umgesetzt werden können (Ding/Key 2016; Huang/Rust 2017). Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Automatisierung von Dienstleistungen noch nicht so weit vorangeschritten ist wie in der Produktion von Sachgütern. Die Bereitstellung und Erbringung von Dienstleistungen ist zum einen durch
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die Integration eines externen Faktors gekennzeichnet, über den im Rahmen eines automatisierten Dienstleistungsprozesses entweder im Vorfeld bereits sehr gute Kenntnisse über sein voraussichtliches Verhalten vorliegen oder die Automatisierungstechnologie ist in der Lage, situativ zu lernen und zu reagieren. Zum anderen führt der vorhandene immaterielle Anteil von Dienstleistungen ebenfalls zu Herausforderungen bei der Umsetzung von Automatisierungsbestrebungen im Rahmen von Dienstleistungen (Bruhn et al. 2019). Die Bedeutung der Automatisierung sowie die Darstellung des Forschungsstands zur Automatisierung von Dienstleistung wird in einem Beitrag im zweiten Teil von Band 1 diskutiert: Ricardo Guerrero, Lisa Lohrenz, Christoph Lattemann und Susanne Robra-Bissantz zeigen im Rahmen einer bibliometrischen Analyse ein Verständnis des Forschungsstandes über personennahe Dienstleistungen und Digitalisierung sowie Automatisierung zwischen 1971 und 2019. Der Beitrag fasst die Entwicklung der Digitalisierung und Automatisierung personennaher Dienstleistungen der letzten 50 Jahre zusammen und gibt einen Überblick über die einflussreichsten Forschungsrichtungen und Wissenschaftler, die für zukünftige Publikationen in diesem Forschungsgebiet richtungsweisend sein können.
2.2 Automatisierungspotenziale bei Dienstleistungen Das Automatisierungspotenzial von Dienstleistungen ist abhängig von dem Grad der Intensität der Automatisierung, d. h. wie stark eine Dienstleistung ohne das Eingreifen von Mitarbeitenden bereitgestellt und durchgeführt werden kann (Gua et al. 2012). Folglich beinhaltet die Diskussion um die Automatisierung von Dienstleistungen den Einsatz von Technologien zur Unterstützung oder Substitution der Mitarbeitenden in der Dienstleistungsbereitstellung und -ausführung. Das Angebot von Dienstleistungen ist durch drei Phasen gekennzeichnet (Bruhn et al. 2019): (1) dem Dienstleistungspotenzial, (2) dem Dienstleistungsprozess sowie (3) das Dienstleistungsergebnis. Das Dienstleistungspotenzial beinhaltet die intern vorgehaltenen Faktoren sowie deren Kombination, um die Dienstleistungen dem Kunden anbieten zu können – hierzu gehören z. B. im Hotel die Zimmer, das Restaurant als auch die Mitarbeitenden. Der Dienstleistungsprozess stellt die Bereitstellung der Dienstleistung dar und ist durch die Integration des externen Faktors in Form von Menschen, Objekten oder Informationen gekennzeichnet. Die nutzenstiftende Wirkung der Dienstleistung stellt das Dienstleistungsergebnis dar, dessen Grenzen zum Dienstleistungsprozess jedoch fließend sein können (Bruhn et al. 2019). Ausgewählte Beispiele an Technologien, die in den einzel-
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nen Phasen der Dienstleistungserstellung zur Verfügung stehen, sind in Abbildung 1 dargestellt. Dienstleistung Dienstleistungspotenzial
Automatisierungstechnologien (Beispiele)
Technologien zum Sammeln und Auswerten von Daten: Cookies, Beacons, Big Data Analytics, Data Mining, Künstliche Intelligenz
Technologien zur Speicherung von Daten: Cloud Computing, CRMSysteme
Technologien mit Substitutionseffekt: Self-Service Technologien, Service Roboter
Dienstleistungsprozess
Technologien mit Supportfunktion: Recommender Systeme, Big Data Analytics, Künstliche Intelligenz
Technologien im Rahmen der Kundenkommunikation: Social Agents und Bots
Dienstleistungsergebnis
Abbildung 1:
Konfiguratoren und Self-Design-Technologien Automatisierungstechnologien im Dienstleistungskontext
Jede dieser Phasen bietet unterschiedliche Ansatzpunkte für den Technologieeinsatz, der entweder das Ziel verfolgt, die Mitarbeitenden in den einzelnen Phasen zu unterstützen (Supportfunktion der Technologie) oder zu ersetzen (Substitutionsfunktion der Technologie) (z. B. Froehle/Roth 2004; Larivière et al. 2017; DeKeyser et al. 2019). Des Weiteren ermöglichen Automatisierungstechnologien ebenfalls die zunehmende Vernetzung verschiedener interner und externer Akteure (Vernetzungsfunktion) (Lariviére et al. 2017). Technologien und Automatisierungssysteme werden primär als Unterstützung der Mitarbeitenden im Dienstleistungsprozess eingesetzt (Larivière et al. 2017). Zentrale Einsatzgebiete sind dabei zum einen die direkte Kunde-Mitarbeitenden-Interaktion, die durch unterschiedliche Technologien unterstützt und moderiert wird, und zum anderen die Vorhaltung des Dienstleistungspotenzials. Der Technologieeinsatz in der Interaktion zwischen Mitarbeitenden und Kunden verfolgt das Ziel, die beteiligten Akteure in ihren Aufgaben zu unterstützen und dabei die Qualität der Interaktion zu erhöhen (DeKeyser et al. 2019). Folglich ergeben sich eine Vielzahl an Technologien und Automatisierungssysteme, die im Rahmen des Service Encounters von Bedeutung sind. Hierzu gehören z. B. die Bereitstellung von Apps zur Navigation in Einkaufszentren, Smart-Glasses oder auch Co-Design-Software wie sie z. B. von Ikea eingesetzt wird. Das Dienstleistungspotenzial stellt diejenigen Faktorkombinationen dar, die vom Dienstleistungsanbieter für die Produktion der Dienstleistungen vorzuhalten ist. Neben physischen Mitteln bzw. Hardwarekomponenten spielen dabei auch Informationen, ein gutes Wissensmanagement und das betriebliche Management eine wesentliche Rolle (Huang/ Rust 2017). Hier erlauben Datenbanken und Cloud-Speicher, Informationen strukturiert und zugriffsbereit zu lagern und zu analysieren. Des Weiteren setzen Unternehmen Tra-
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cking-Technologien zur Analyse des Kaufverhaltens ein, z. B. im E-Commerce, um wertvolle Informationen über den Kunden zu sammeln (Ketelaar/van Balen 2018). Die Substitutionsfunktion der Automatisierungstechnologie verfolgt das Ziel, Handlungen von Mitarbeitenden im Dienstleistungsprozess vollständig zu ersetzen (Marinova et al. 2017). Dies hat zur Folge, dass der Mitarbeitende z. B. in der Interaktion mit dem Kunden durch einen technologie-getriebenen Interakteur wie z. B. ein Social Bot oder einem Self-Check-in ersetzt wird. In diese Kategorie fallen jedoch auch Remote ServiceAngebote von Dienstleistungsanbietern, die den Kunden in der Interaktion ausschließen (DeKeyser et al. 2019). Die technologischen Weiterentwicklungen in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Machine Learning erlauben zunehmend auch die Automatisierung von komplexen Dienstleistungen – vom Dienstleistungspotenzial über den Dienstleistungsprozess bis hin zum Dienstleistungsergebnis (DeKeyser et al. 2019). Technologien und autonome Systeme können auch eingesetzt werden, um die Beziehungen und Interaktionen zwischen unterschiedlichen, am Dienstleistungsprozess beteiligten Akteuren, miteinander zu verbinden und zu organisieren (Lariviére et al. 2017). Zentrale Technologien sind hierbei Plattformen und das Internet der Dinge (IoT), die als Intermediäre unterschiedliche Partner zusammenbringen (Porter/Heppelmann 2014). Die Automatisierung von Dienstleistungen stellt dennoch schlussendlich keine „Entweder-Oder“-Entscheidung dar, da Mitarbeitenden und Kunden sich vielfach in der direkten Interaktion mit den Technologien befinden (Engelhardt/Reckenfelderbäumer 2006). Vielmehr ist zu evaluieren, in welchen Bereichen und mit welchen Automatisierungsgrad die Dienstleistungserstellung entweder effizienter, kundenorientierter oder kostengünstiger angeboten werden kann. Vor diesem Hintergrund diskutieren insgesamt vier Beiträge im zweiten Teil von Band 1 die Automatisierungspotenziale von Dienstleistungen: Marah Blaurock bewertet in ihrem Beitrag die erklärende Relevanz von Theorien über Service Encounter 1.0 in der Gegenwart von Service Encounter 2.0. Zu diesem Zweck werden zunächst die Schwerpunktveränderungen von Service Encounter 1.0 zu 2.0 skizziert und die relevantesten Theorien zum Service Encounter 1.0 identifiziert. Es wird ein Bewertungsschema entwickelt, exemplarisch eingesetzt und anhand der Rollentheorie bewertet. Eva-Helen Krehl untersucht in ihrem Beitrag die Rollen und Fähigkeiten der Mitarbeitenden in technologiebasierten Diensten. Die Autorin klassifiziert die verschiedenen Rollen der Technologie in der Servicebegegnung anhand der Archetypen von Keyser et al. (2019) und stellt die von Bowen (2016) und Larivière et al. (2017) identifizierten veränderten Schlüsselrollen der Mitarbeitenden vor, um einen kompetenzbasierten Rahmen für Dienstleistungsmitarbeitenden zu erstellen. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Authentizität positiver emotionaler Darstellungen bei traditionellen Dienstbegegnungen (d. h. Mensch-zu-Mensch-Interaktionen) besonders wichtig ist. Durch die Digitalisierung werden traditionelle zwi-
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schenmenschliche Interaktionen zugunsten von Mensch-Maschine Interaktionen ersetzt. Die vorliegende Studie von Stephan Olk und Dieter K. Tscheulin beantwortet die Frage nach der Relevanz der Authentizität von automatisierten Dienstbegegnungen. Anhand aktueller Forschungsergebnisse und der Ergebnisse einer Moderationsanalyse zeigen die Autoren, dass die Relevanz der Authentizität von der Generierung des Kunden abhängt. Marija Radic und Dubravko Radic beleuchten in ihrem Beitrag die Bedürfnisse aller Benutzergruppen hinsichtlich einer konkreten medizintechnischen IT-Plattform, die älteren multimorbiden Menschen ein unabhängiges Leben ermöglichen soll. Die Plattform verfolgt einen ganzheitlichen Versorgungsansatz, der unter anderem medizinische, soziale und pflegerische Dienstleistungen einer jeweiligen Region miteinander vernetzt und Teile der typischen Arzt-Patienten-Interaktionen automatisiert.
2.3 Nutzen und Herausforderungen für Dienstleistungsanbieter Aus Sicht des Dienstleistungsanbieters stehen dem Nutzen der Automatisierung von Dienstleistungen, z. B. in Form von Effizienzgewinnen, auch deutliche Herausforderungen, z. B. Verlust an Flexibilität, entgegen. Zentrale Motivation hinter den Automatisierungsbestrebungen sind daher Effizienzsteigerungen in der Produktion und Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen (Bitner et al. 2000; Engelhardt/Reckenfelderbäumer 2006; Marinova et al. 2017) sowie die damit verbundenen Kosteneinsparungspotenziale (Bruhn et al. 2019). Dabei liegt das Hauptaugenmerk bei der Entwicklung von Technologien zur Automatisierung von Funktionen und Aufgaben vor allem darin, Arbeit für den Mitarbeitenden zu erleichtern (David 2015). Des Weiteren eröffnet die Automatisierung eine zeit- und ortsunabhängige Bereitstellung der Dienstleistungen sowie ein höheres Standardisierungspotenzial (Bruhn et al. 2019). Durch den höheren Standardisierungsgrad wird ebenfalls eine konstantere Servicequalität erreicht, da individuelle Fehler reduziert werden (Bitner et al. 2000). Die Automatisierung von Dienstleistungen sind für Unternehmen jedoch ebenfalls mit Herausforderungen verbunden: Automatisierte Dienstleistungen beruhen oft auf standardisierten Arbeits- und Prozessschritten und führen demnach zu einem Verlust an Individualität und Flexibilität. Des Weiteren kann die persönliche Note der Dienstleistung verlorengehen (Engelhardt/Reckenfelderbäumer 2006), da die Kunden lediglich mit einer Maschine, die nach vorgeschriebenen Regeln arbeitet und reagiert, interagiert. Zusätzlich ist aus Anbietersicht zu beachten, dass Kundengruppen Berührungsängste im Umgang mit Technologien aufweisen (Engelhardt/Reckenfelderbäumer 2006; Aguirre et al. 2015; Ketelaar/van Balen 2018) und diese daher ablehnen. Auch auf Seiten der Mitarbeitenden können Akzeptanzprobleme entstehen, wenn diese Angst haben, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Zudem sind vielfach zum einen große Investitionen in die ITInfrastruktur zu tätigen und zum anderen sind geeignete Partner zu finden, die das
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Dienstleistungsunternehmen bei der Entwicklung und Bereitstellung von automatisierten Dienstleistungen unterstützen. Verbunden ist mit diesem Umstand eine wachsende Abhängigkeit sowie eine gestiegene Komplexität des Dienstleistungsmanagements (Georgiew et al. 2010).
2.4 Nutzen und Herausforderungen für Dienstleistungsnachfrager Für den Dienstleistungsnachfrager zeigt sich ebenfalls ein differenziertes Bild aus Nutzen und Herausforderungen bei der Inanspruchnahme von automatisierten Dienstleistungen. So entsteht für den Dienstleistungsnachfrager durch die Automatisierung ein Nutzen, weil er die Dienstleistungsangebote besser miteinander vergleichen kann. Aufgrund der mit der Automatisierung einhergehenden Standardisierung erfährt der Dienstleistungsnachfrager eine relativ verlässliche Dienstleistungsqualität (Brühl 2015). Ein weiterer zentraler Vorteil von automatisierten Dienstleistungen ist die ort- und zeitunabhängige Bereitstellung und Produktion der Dienstleistungen. Da die persönliche Interaktion im Rahmen von automatisierten Dienstleistungen im Regelfall auf ein Minimum reduziert wird und die Bereitstellung über 24h verfügbare Informationstechnologien erfolgt, ist der Nachfrager nicht mehr, z. B. auf Öffnungszeiten, angewiesen (Curran et al. 2003). Wissenschaftliche Studien, z. B. Hilton et al. (2013) und Pezoldt und Schliewe (2012), konnten nachweisen, dass Kunden, die Self-Service-Angebote nutzen zum einen diese als effizienter wahrgenommen haben und zum anderen eine höhere Kontrolle über die Qualität der Dienstleistungen empfunden haben. Zu den Herausforderungen zählt, dass die direkte persönliche Interaktion mit Unternehmensmitarbeitenden bei automatisierten Dienstleistungen in der Regel entfällt, sodass jene vom Kunden als unpersönlich und kalt wahrgenommen werden können (Riemer 2002). So ist die Anpassung der Dienstleistungen an den externen Faktor bei den meisten automatisierten Dienstleistungen nur eingeschränkt möglich bzw. erfordert den Einsatz von fortschrittlichen Technologien, die in der Lage sind, menschliches Verhalten sowie Emotionen zu antizipieren. Somit führen automatisierte Dienstleistungen aus Kundensicht meist zu einer Einschränkung der Flexibilität in der Kundeninteraktion. Weitere Herausforderungen, die für den Kunden mit automatisierten Dienstleistungen einhergehen, sind die Unsicherheit mit der Bedienbarkeit der eingesetzten Technologien sowie die Verwendung der zur Verfügung gestellten und gesammelten Daten und Informationen über den Kunden (Parasuraman/Colby 2015).
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Personalisierung von Dienstleistungen
3.1 Bedeutung der Personalisierung für Dienstleistungen Das Paradigma der Effizienzsteigerung und Kostensenkung der Industrialisierung von Dienstleistungen führten in der Vergangenheit bei vielen Unternehmen zu einem Bedeutungsverlust von individuell zugeschnittenen Leistungen (Ball et al. 2006). Einhergehend mit der wachsenden Bedeutung von Individualität in der Gesellschaft sowie den Grenzen des Massenmarketing geriet die Personalisierung von Produkten und Dienstleistungen jedoch seit den 1990er Jahren vermehrt in den Fokus der unternehmerischen Tätigkeiten zurück (Peppers et al. 1999; Ball et al. 2006). Erste umfangreiche Versuche von Unternehmen, personalisierte Leistungen für den Massenmarkt anzubieten, scheiterten jedoch vielfach, da es den Unternehmen nicht gelang, ausreichend Umsatz zu generieren, um die hohen Kosten der Personalisierung zu decken (Goy et al. 2007). Die Verbreitung des Internets sowie die Entwicklung von neuen Informations- und Kommunikationstechnologien, wie z. B. Big Data Analytics, erlauben Unternehmen eine deutlich kosteneffizientere Bereitstellung von personalisierten Produkten und Dienstleistungen, die mit den Preisen von Massenprodukten – im Sinne eines Mass-Customization-Ansatzes – mithalten können (Ball et al. 2006; Anshari et al. 2019). Die Personalisierung stellt die individuelle Anpassung einer Leistung, basierend auf den individuellen Bedürfnissen und Anforderungen des Rezipienten, dar (Tam/Ho 2006; Li 2016) und erfolgt im Dienstleistungskontext meist im Rahmen der Kunde-Mitarbeitenden-Interaktion. Anhand der konstitutiven Merkmalen von Dienstleistungen sind Dienstleistungen grundsätzlich durch eine personalisierte Komponente gekennzeichnet. Zentrale Merkmale von Dienstleistungen sind die Immaterialität der Leistungsbestandteile sowie eine enge Beziehung bzw. Zusammenarbeit zwischen Kunden und Mitarbeitenden (Intensität der Kunde-Mitarbeitenden-Beziehung) (Bruhn et al. 2019). Des Weiteren zeichnen sich Dienstleistungen häufig durch eine hohe Individualität des Leistungsangebots aus (Bruhn et al. 2015), da sich durch die notwendige Integration eines externen Faktors in Form z. B. einer Person, eines Objektes oder auch Informationen der Dienstleistungsprozess als auch das Dienstleistungsergebnis stark vom externen Faktor mitbestimmt wird (Bruhn et al. 2019). Die Mitarbeitenden passen somit die Dienstleistung auf die individuellen Gegebenheiten – bestimmt durch den externen Faktor – an. Dabei kann die Individualisierung der Dienstleistung in Form eines Kontinuums zwischen Standardisierung und vollständiger Kundenorientierung verstanden werden (Bruhn et al. 2015).
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3.2 Personalisierungspotenziale bei Dienstleistungen Ein wesentliches Merkmal von Dienstleistungen ist die Integration eines externen Faktors in Form von Menschen, Objekten oder auch Informationen. Häufig findet daher eine Personalisierung im Rahmen der Interaktion zwischen Mitarbeitenden und Kunden in der Dienstleistungsbereitstellung statt (Mitall/Lassar 1996; Gwinner et al. 2005). Hierbei kann der Mitarbeitende entweder den Interaktions- und Kommunikationsprozess, z. B. in Form von persönlicher Ansprache und Kommunikation (Bettencourt/Gwinner 1996), personalisieren, oder die vom Kunden eingebrachte Informationen nutzen, um die Dienstleistung für den Kunden zu personalisieren (Glass/Callahan 2015), indem die Dienstleistung an die situativen und persönlichen Rahmenbedingungen des Kunden anpasst (Shen/Ball 2009; Li 2016). Hierbei nutzt der Dienstleistungsmitarbeitende, ihm zur Verfügung gestellte Informationen sowie sein persönliches Wissen, um auf seinen Kunden individuell zu reagieren, z. B. indem der Mitarbeitende den Kunden persönlich mit den Namen anspricht oder Inhalte aus vorherigen Begegnungen wieder aufgreift (Bitner et al. 2000). Zusätzlich zu dem persönlichen Wissen und Erfahrungen des Mitarbeitenden mit dem Kunden, können das Abrufen von Kundeninformationen über Datenbanken während der Kundeninteraktion den Mitarbeitenden unterstützen, individuelle Beratung und Hilfe oder Angebote für den Kunden zu unterbereiten (Ansahri et al. 2019). Im Zuge der Digitalisierung stehen Unternehmen Informations- und Kommunikationstechnologien zur Verfügung, die sie sowohl bei der Sammlung und Auswertung von Kundeninformationen unterstützen als auch eine Bereitstellung von Echtzeitdaten ermöglichen, die die Unternehmen zur genaueren Personalisierung ihrer Dienstleistungen einsetzen können (Falter et al. 2018). Elektronische Dienstleistungen, die vornehmlich über das Internet vertrieben werden, generieren dabei einen wertvollen Datenschatz über den Kunden, der neben der Ableitung von Präferenzen auch durch z. B. aktuelles Kaufoder Klickverhalten entsteht. Es somit nicht verwunderlich, dass sich vor allem viele elektronische Dienstleistungen durch einen hohen Personalisierungsgrad auszeichnen (Goy et al. 2007). Der folgende Beitrag im zweiten Teil von Band 1 zeigt auf, wie persönlichkeitsbezogene Informationen genutzt werden können: Stefanie Arz und Andreas Mann beschreiben in ihrem Beitrag die Grundlagen und Gestaltungsmöglichkeiten einer Personalisierung auf der Grundlage von Persönlichkeitsmerkmalen der App-Nutzer. Ausgehend von den Ergebnissen einer empirischen Untersuchung bei 230 Probanden/-innen geben sie außerdem Hinweise für die praktische Umsetzung einer persönlichkeitsbasierten Personalisierung. Eine weite Verbreitung von Personalisierungsangeboten ist bei den so genannten Onlinebzw. Web-Dienstleistungen zu beobachten. Aufgrund der umfangreichen Kundendaten und -informationen, die die Kunden bei der Suche und Nutzung von Online-Diensten erzeugen, können z. B. das Design von Websites an die Bedürfnisse und Anforderungen der Kunden angepasst werden (Taylor/Davis/Jillapalli 2009). Zusätzlich können OnlineDienste genutzt werden, um ein Produkt selbst zu personalisieren, z. B. ermöglicht der
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Sportartikelhersteller Adidas den Kunden, ihren eigenen Schuh mittels eines OnlineKonfigurator zu designen (Adidas 2019). Personalisierung kommt auch dann immer zum Einsatz, wenn es darum geht, den Kunden in seinem Entscheidungsverhalten zu unterstützen und der Informationsüberlastung, dem so genannten Information Overload, zu begegnen. Der Information Overload beschreibt einen Zustand der Überforderung für den Kunden, wenn dieser aufgrund der großen Menge an Informationen nicht mehr in der Lage ist, diese angemessen zu verarbeiten (Lurie 2004). Die Personalisierung stellt hierbei ein Instrument für Unternehmen zur Reduzierung der Entscheidungs- und Suchkosten dar und wird häufig im ECommerce-Handel eingesetzt. So stellen Unternehmen den Kunden entweder nur diejenigen Informationen zu Verfügung, die für diese von Bedeutung sind, oder es werden den Kunden passende Produkte oder Dienstleistungen empfohlen (Shahabi/Chen 2003). Zentrale Herausforderung um sich im Wettbewerbsumfeld zu behaupten, ist aus Unternehmenssicht die Sicherstellung einer wahrnehmbaren Differenzierung im Wettbewerb (Bruhn et al. 2019). Personalisierung ist hier als Marketingstrategie zu verstehen, die mittels personalisierter Leistungen zum einen die Kundenzufriedenheit und somit langfristig die Kundenbindung steigert (z. B. Ball et al. 2006) und zum anderen die Wechselkosten des Kunden erhöht. Für den Kunden ist ein Anbieterwechsel bei der Inanspruchnahme von personalisierten Dienstleistungen mit hohen Kosten verbunden, da dieselbe Qualität der Dienstleistung nur durch die Bereitstellung relevanter Informationen sowie dem längerfristigen Lernen des neuen Anbieters über den Kunden erreicht werden kann (Riemer 2002).
3.3 Nutzen und Herausforderungen für Dienstleistungsanbieter Aus Sicht des Dienstleistungsanbieters stehen dem Nutzen der Personalisierung von Dienstleistungen, z. B. höhere Kundenzufriedenheit, auch deutlichen Herausforderungen, z. B. Datenschutzbedenken auf Seiten der Kunden, entgegen. Zum einen nutzen Dienstleistungsanbieter personalisierte Dienstleistungen, um die Angebotsvielfalt zu erhöhen, und zum anderen versuchen sie durch den mit der Personalisierung verbundenen Mehrwert („Added Value“) eine stärkere Differenzierung von Wettbewerbern in der Wahrnehmung der Kunden zu erreichen (Thirumalai/Sinha 2013). Personalisierte Dienstleistungen ermöglichen den Unternehmen, die Kundenzufriedenheit und -bindung zu steigern (Shen/Ball 2009). So haben z. B. die Autoren Ball, Coelho und Vilares (2006) einen positiven Zusammenhang zwischen personalisierten Dienstleistungen und Kundenzufriedenheit sowie -bindung nachgewiesen. Der dahinterliegende Wirkungsmechanismus nimmt an, dass eine personalisierte Dienstleistung die Bedürfnisse und Anforderungen des Kunden besser abbildet und damit die Zufriedenheit mit der angebotenen Dienstleistung erhöht. Zusätzlich ermöglichen personalisierte Dienst-
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leistungen die Durchsetzung von höheren Preisen sowie eine bessere Abschöpfung von Zahlungsbereitschaften (Arora et al. 2008). Trotz der mit der Personalisierung verbundenen Chancen und Nutzen sind viele Personalisierungsinitiativen von Unternehmen, z. B. Levi Strauss’s „Original Spin“ Jeans und Mattel’s „My Design Barbie“ (Franke et al. 2009) gescheitert (Ansari/Mela 2003). Dies zeigt, dass die Entwicklung und die Implementierung von personalisierten Dienstleistungen für Anbieter auch mit Herausforderungen verknüpft sind. Grundlage von personalisierten Dienstleistungen sind das Wissen und Know-how über den Kunden, um die Dienstleistung auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Kunden anzupassen. Jedoch stehen den wachsenden Informationsbedürfnissen der Anbieter die kundenseitigen Datenschutzbedenken und deren mangelnde Bereitschaft, Informationen zu teilen, gegenüber (Murthi/Sakar 2003; Chellappa/Sin 2005). Die Bedenken der Kunden hinsichtlich des Datenschutzes sind vor allem in Zuge der in der jüngeren Vergangenheit aufgedeckten Verletzung des Datenschutzes, wie z. B. bei Facebook, stark in den Fokus der Kunden gerückt (Awad/Krishnan 2006; Norberg et al. 2007). Dabei bezieht sich der Datenschutz sowohl auf die Sicherung der Daten vor unerlaubten Zugriffen als auch auf die rechtswidrige Weitergabe und den Verkauf von Informationen an Dritte (Kappes 2007). Ebenfalls haben Unternehmen die Kunden zu überzeugen, beziehungsspezifische Investments für das personalisierte Angebot zu tätigen (Riemer/Totz 2003). Gewährleistet die personalisierte Dienstleistung einen ausreichenden wahrgenommen Zusatznutzen für den Kunden, rücken die Datenschutzbedenken in den Hintergrund und Kunden sind gewillt die notwendigen Informationen dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen (Privacy Paradox) (Awad/Krishnan 2006; Norberg et al. 2007). Eine zentrale Herausforderung bei der Bereitstellung und Erbringung von personalisierten Dienstleistungen ist es, den richtigen Grad der Personalisierung für den passenden Kunden zu identifizieren und zu bestimmen. Nicht jeder Kunde ist an einer personalisierten Leistung interessiert und möchte daher auch keine hierfür notwendigen Informationen zur Verfügung stellen (Riemer 2002; Chen/Popovich 2003). Die Personalisierung von Dienstleistungen ist für Unternehmen mit spezifischen Investments, z. B. in Personal, verbunden. Die individuelle Anpassung der Dienstleistung an die individuellen Charakteristika, Erwartungen und Bedürfnisse der Kunden werden meist durch den Dienstleistungsmitarbeitenden in der jeweiligen 1:1-Situation übernommen (Surprenant/Solomon 1987; Bettencourt/Gwinner 1996). Dies setzt z. B. eine detaillierte Konsumentenforschung und -analyse zur anschließenden Kundensegmentierung voraus. Um diese Aufgaben adäquat zu erfüllen, sind Investitionen in gezieltes Personalmanagement und Training der Mitarbeiter von beachtlicher Bedeutung (Bettencourt/Gwinner 1996).
Automatisierung und Personalisierung als Zukunftsdisziplinen
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3.4 Nutzen und Herausforderungen für Dienstleistungsnachfrager Wie für den Dienstleistungsanbieter zeigt sich auch für den Dienstleistungsnachfrager, dass personalisierte Dienstleistungen mit Chancen und Herausforderungen für diesen verbunden sind. Der Nutzen von personalisierten Dienstleistungen liegt aus Nachfragersicht in der Befriedigung von individuellen Bedürfnissen sowie den damit verbundenen Mehrwert. Zudem erlaubt eine personalisierte Dienstleistung dem Kunden, seine Transaktionen deutlich effizienter umzusetzen sowie seine Entscheidungskomplexität zu reduzieren. Personalisierte Dienstleistungen ermöglichen dem Kunden, sein Bedürfnis nach Individualität und Einzigartigkeit zu befriedigen sowie ein damit verbundenes Bild bzw. Image an die Außenwelt zu transportieren (Lynn/Harris 1997; Fan/Poole 2006). Ein wesentlicher Vorteil der Personalisierung von Dienstleistungen aus Nachfragersicht ist ebenfalls die Unterstützungsfunktion, die durch die Personalisierung erreicht wird. So reduziert eine personalisierte Dienstleitung die Informationsüberlastung und führt für den Kunden zu einem verkürzten und erleichterten Entscheidungsprozess und schlussendlich zu einer höheren Effektivität der Transaktion (Stüber 2011). Dabei kann in diesem Zusammenhang auch von einer Kostenreduktion in Form von geringeren Such-, Risiko- und Transaktionskosten gesprochen werden (Wind/Rangaswamy 2001; Thirumalai/Sinha 2013). Für den Nachfrager sind die zunehmenden personalisierten Angebote der Dienstleistungsanbieter auch mit spezifischen Herausforderungen verbunden. So führt eine stetige Zunahme von personalisierter Leistungen zu einer mangelnden Vergleichbarkeit der Dienstleistungsangebote. Durch die Personalisierung können die Leistungsbestandteile der Dienstleistungen nur schwer verglichen werden. Daher können auch weniger verlässliche Urteile über die Angemessenheit des Preises getroffen werden (Brühl 2015). Des Weiteren haben Dienstleistungsnachfrager dem Dienstleistungsanbieter einen hohen Grad an Vertrauen gegenüberzubringen (Ball et al. 2006; Norberg et al. 2007). Die Personalisierung von Dienstleistungen beruht auf den vom Kunden aktiv oder passiv zur Verfügung gestellten Informationen. Von entscheidender Bedeutung wird sein, ob Kunden dem Dienstleistungsanbieter gegenüber das Vertrauen haben, dass dieser sorgfältig und verantwortungsbewusst mit den Daten umgeht und diese nicht missbräuchlich verwendet, verkauft und mit anderen Parteien teilt.
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4.
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Automatisierte Personalisierung von Dienstleistungen als Zukunftsdisziplin des Dienstleistungmarketing
4.1 Bedeutung der automatisierten Personalisierung Die wachsenden Bemühungen von Dienstleistungsanbietern, ihre Dienstleistungen zunehmend zu automatisieren, um Kosten zu reduzieren sowie den Kunden ein orts- und zeitunabhängiges Angebot anzubieten, führt zu einem höheren Standardisierungsgrad der Dienstleistung, der das Risiko beinhaltet, dass die mit Dienstleistungen verbunden Differenzierungswirkungen verlorengehen (Reichwald et al. 2012). Ein probates Instrument, um eine ausreichende Differenzierung vom Wettbewerb sicherzustellen, ist eine möglichst individuelle Ansprache der Kunden sowie die Bereitstellung von Dienstleistungen, die möglichst genau den Bedürfnissen und Anforderungen der Kunden entsprechen, d.h. die Dienstleistungen zu personalisieren (Riemer 2002). Aus dem Business-toConsumer-Bereich sind bereits einige erfolgreiche Beispiele bekannt, bei denen mit Hilfe von Automatisierung bzw. dem Einsatz von neuen Technologien ein personalisiertes Produkt schnell und effizient hergestellt wird. So eröffnete der Sportartikelhersteller Adidas vor vier Jahren zwei so genannte Speed Factories, in denen die Kunden schneller und individueller mittels Produktkonfiguratoren und 3D-Druck-Verfahren sich ihre eigenen Schuhe designen und produzieren lassen können (Adidas 2019). Auch wenn Automatisierung und Personalisierung unterschiedliche Ziele verfolgen, zeigt sich jedoch, dass beide Bereiche miteinander verbunden werden können. Technologien ermöglichen eine schnelle und effiziente Bereitstellung einer personalisierten Leistung (Ansari/Mela 2003; Versanen 2007; Ball et al. 2009). Die Automatisierung der Dienstleistungsbereitstellung kann als Instrument zur effizienten Bereitstellung von personalisierten Dienstleistungen angesehen werden (Leimeister 2012). Dabei ist zu unterscheiden, ob sich die Automatisierung auf die Bereitstellung von Informationen und deren Auswertung oder auf die Durchführung der personalisierten Dienstleistungen bezieht. So können z. B. die für die Personalisierung der Dienstleistungen notwendigen Informationen und Daten des Kunden mit Hilfe moderner Informationstechnologien in kurzer Zeit und mit geringem Aufwand gesammelt und den Dienstleistungsmitarbeitenden für die Personalisierung der Dienstleistungen zur Verfügung gestellt werden (Anshari et al. 2019). Mit der zunehmenden Verbreitung von digitalen Geräten (vor allem mobilen Endgeräten wie z. B. Smartphones) und der hohen Internetdurchdringung stehen den Unternehmen inzwischen eine Vielzahl an unterschiedlichen Daten und Informationen über den Kunden zur Verfügung (Glass/Callahan 2015). Zeitgleich existieren ausreichend Rechnerkapazitäten, um Informationen und Daten effizient und schnell auszuwerten, um diese für die Personalisierung von Dienstleistungen zu nutzen (Mülling 2019). Diese Rahmenbedingungen stellen daher optimale Voraussetzungen dar, um die Automatisierung von personalisierten Dienstleistungen voranzutreiben. Dabei stellen die vielfältigen Informa-
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tionen eine zunehmende Kundenorientierung sicher, die zum einen den Aufbau von langfristigen Kundenbeziehungen ermöglichen und zum anderen die Wechselkosten der Kunden erhöhen. Neben der Sicherstellung der Kundenorientierung und Stärkung der Kundenbeziehung gehen mit automatisierten und personalisierten Dienstleistungen häufig Anpassungen des Geschäftsmodells, insbesondere des Preis- bzw. Erlösmodells einher. Der Einsatz von modernen Informations- und Kommunikationstechnologien generiert für den Kunden einen zusätzlichen Nutzen, der aus der intelligenten Vernetzung von Produkten, Dienstleistungen und Informationstechnologien entsteht (Porter/Heppelmann 2014). Dabei ermöglichen Automatisierungstechnologien Geschäftsmodelle neu zu denken. Ebenfalls erlaubt die Automatisierung dynamischere und kundenorientiertere Preis- und Erlösmodelle. So können Unternehmen sich entscheiden, ob sie nur bestimmte Leistungen bepreisen, wie z. B. bei den so genannten Freemiummodellen, bei denen eine kostenlose Basisleistung durch kostenpflichtige Zusatzleistungen ergänzt wird, oder ob sie eine Personalisierung des Preissystems vornehmen. Die Entwicklung und Implementierung von neuen Geschäftsmodellen sowie Preis- und Erlösmodellen im Rahmen der automatisierten Personalisierung werden in vier Beiträgen im dritten Teil von Band 1 diskutiert: Die Einführung des Internet der Dinge erweitert die Möglichkeiten der Dienstleistungserbringung und ist aber gerade für KMUs eine große Herausforderung. In diesen stehen oft wenige Ressourcen für eine systematische Veränderung des Geschäftsmodells, die mit grundlegenden Auswirkungen auf Organisationsstruktur und Mitarbeiter einhergeht. Marlen Rimbeck, Hannes Reil, Jutta Stumpf-Wollersheim und Michael Leyer geben in ihrem Beitrag eine Übersicht und Analyse dieser Herausforderungen und zeigen Handlungsempfehlungen auf, welche Aspekte am meisten Beachtung in KMU bei der Einführung des Internet der Dinge bedürfen. Christian Lerch und Cornelius Moll gehen der Frage nach, in welchem Maße bereits heute kleine und mittelständische Unternehmen digitale Geschäftsmodelle entwickeln und anbieten. Hierfür analysieren sie auf Basis einer quantitativen Betriebsbefragung, welche Entwicklungsaktivitäten derzeit existieren und welche digitalen Technologien bei Geschäftsmodellangeboten eingesetzt werden. Zuletzt werden auf Basis der Ergebnisse Erfolgsfaktoren und Handlungsempfehlungen zur Steigerung der Innovationsfähigkeit mit digitalen Geschäftsmodellen abgeleitet. Stefan Roth, Anna Priester und Christopher Pütz diskutieren Geschäfts- und Erlösmodelle im Rahmen der Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen. Die Autoren eruieren die Potenziale der Digitalisierung sowohl für personalisierte Dienstleistungen als auch für innovative Preissysteme. Des Weiteren werden Implikationen personalisierter Preise erörtert, die zum einen aus der Verwendung personenbezogener Daten und zum anderen aus der Wahrnehmung und Akzeptanz des Preissystems resultieren.
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M. Bruhn und K. Hadwich Christian van Husen und Abdul Rahman Abdel Razek stellen in ihrem Beitrag ein Konzept zum Service Prototyping mit vier Design-Dimensionen vor, um Dienstleistungen bereits im Entwicklungsprozess erlebbar zu machen. Sie widmen sich insbesondere der Prozessdimension, die im Prototyping eine besondere Herausforderung darstellt. Am Beispiel eines Produkt-Service-Systems im Pay-per-Use-Konzept untersuchen sie den Einsatz immersiver Technologien für das Service Prototyping. Prototypen mit Hilfe von Augmented, Mixed und Virtual Reality werden verglichen und für verschiedene Anwendungszwecke Empfehlungen gegeben.
4.2 Zentrale Einsatzgebiete für die automatisierte Personalisierung Automatisierte Personalisierung von Dienstleistungen eröffnet den Unternehmen im Sinne eines Mass-Customization-Ansatzes (Hart 1996; Piller 2004), der die Bereitstellung von personalisierten Dienstleistungen zum Stückpreis von Massenprodukten verfolgt, die Chance, ihren Kunden individuelle Dienstleistungen schnell und effizient anzubieten. Häufig wird die automatisierte Personalisierung von Dienstleistungen bereits im Online-Handel bzw. E-Commerce eingesetzt. Aufgrund der weiten Verbreitung des Internet sowie den umfangreichen Daten und Informationen, die den Händlern im Online-Geschäft zur Verfügung stehen, können die Unternehmen zielgenau auf den Kunden ausgerichtete Leistungen entwickeln und anbieten (Porter/Heppelmann 2014; Cohen 2018). Neben Recommender Systemen, also der automatischen Empfehlung von Produkten und Dienstleistungen (Shahabi/Chen 2003), werden auch häufig OnlineKonfiguratoren eingesetzt, um den Kunden die Personalisierung eines Produktes oder Dienstleistung zu ermöglichen (Franke/Schreier 2010). Des Weiteren werden Unternehmensprozesse mit Hilfe von Automatisierungstechnologien standardisiert und effizient gestaltet, um die kostendeckende Bereitstellung von Dienstleistungen zu ermöglichen (Schöler 2004). Dabei können die Technologien in unterschiedlichen Prozessen mit verschiedenen Aufgaben bzw. Funktionen betraut werden. So können im Rahmen der Entwicklung von Dienstleistungen Technologien den Entwicklungsprozess beschleunigen oder die Vertriebsprozesse verbessern. Vor dem Hintergrund behandeln insgesamt drei Beiträge im ersten Teil von Band 2 Automatisierungstechnologien als Instrument für die automatisierte Personalisierung: Um personennahen Dienstleistungen weiterzuentwickeln und in ihrem Umfeld soziale und technische Innovationen zu generieren, ist ein kundenwertorientierter Ansatz im Zusammenspiel mit dem Einsatz neuer Technologien von Bedeutung. Anhand einer aus der Theorie verschiedener Wissenschaften hergeleiteten Betrachtung identifizieren Susanne Robra-Bissantz, Christoph Lattemann, Ricardo Guerrero, Anna Maria Lux, Beke Redlich und Simon Fischer hierfür relevante Einflussfaktoren. Die ‚Service Canvas‘ stellt im Ergebnis einen anwendungsorientierten Bezugsrahmen dar, der sowohl die Potenziale der Digitalisierung berücksichtigt, als auch den Menschen als Teil der Innovation einbezieht.
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iKnow ist ein Modell zur formalen Repräsentation von Wissen mit dem Ziel der Interferenzbildung und Problemlösung. Anne Füßl, Volker Nissen, Franz Felix Füßl und Simon Dopf entwickeln in ihrem Beitrag iKnow als Werkzeug zur automatisierten Analyse von Geschäftsprozessmodellen im Rahmen von Beratungsprojekten weiter. Prozessmodelle werden auf Basis von Analysekriterien hinsichtlich vorhandener Schwachstellen untersucht, um anschließend geeignete Verbesserungsmaßnahmen automatisiert ermitteln zu können. Darüber hinaus werden kontextbezogene Prozessinformationen sowie Expertenwissen durch die maschinellen Lernansätze von iKnow so integriert, dass diese die automatisierte Geschäftsprozessanalyse stetig verbessern. Digitale Dienstleistungen und der Einsatz von Technologien ermöglichen dem Vertrieb seine Produktivität und Effizienz zu steigern. Es stellt sich jedoch Frage, welche Technologie bzw. welches digitales Instrument in welcher Situation einzusetzen ist. Semih Akkaya und Michael Hepp untersuchen die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung im Vertriebskontext und erörtern, wie digitale Dienstleistungen existierende Vertriebsprozesse verbessern und die Produktivität steigern. Im dritten Teil von Band 2 stellen insgesamt drei Beiträge die Einsatzfelder der Blockchain und des Machine Learning dar: Fabian Schär und Philipp Hübner betrachten die Funktionsweise und die besonderen Charakteristika der Blockchain-Technologie und Smart Contracts. Sie analysieren deren Eigenschaften und untersuchen, wie sich diese auf die betriebswirtschaftliche Anwendbarkeit auswirken und zeigen Potenziale sowie Grenzen der Technologie im Kontext der Prozessautomatisierung auf. Nach einer theoretischen Analyse untersuchen sie die Charakteristika anhand beispielhafter Anwendungen der verschiedenen Wirtschaftssektoren. Sie kommen zum Schluss, dass die Breite der Anwendbarkeit überschätzt wird und in vielen Fällen enorme Abhängigkeiten bestehen. Kann die Blockchain hingegen in einem Bereich sinnvoll genutzt werden, dürften die Implikationen deutlich weitreichender ausfallen als dies zumeist dargestellt wird. Die Blockchain-Technologie gilt bei vielen Experten in Wissenschaft und Praxis als potenzieller Game Changer in Wirtschaft und Gesellschaft. Allerdings sind viele ihrer Anwendungsmöglichkeiten bisher kaum erkundet. Florian Oliver Knauer und Andreas Mann zeigen anhand einer Smartphone-Reparatur exemplarisch auf, wie sich eine klassische Customer Journey durch den Einsatz blockchain-basierter Anwendungen grundlegend wandelt und zur Reduktion von Kaufrisiken führen kann. Hieraus ergeben sich für Dienstleistungsanbieter erhebliche Implikationen für das Empfehlungs-/Reputations-, Integrations- und Customer Relationship Management. Uwe Messer und Stefan Faußer bieten einen systematischen Ansatz für die Einführung des maschinellen Lernens in Serviceprozessen und entwickeln einen maschinellen Lern- und Infusionsrahmen. Dieser Rahmen kann als Ausgangspunkt für For-
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M. Bruhn und K. Hadwich scher dienen und informiert Entscheidungsträger über die Einführung von Prinzipien des maschinellen Lernens in die Dienstleistungsaufgaben.
Automatisierte Personalisierung spielt auch eine bedeutende Rolle in Bereichen der so genannten „Smart-Branchen“, wie z. B. Smart Mobility, Smart Homes und Smart Citys. Aufbauend auf modernen Informations- und Kommunikationstechnologien erfolgt, z. B. im Kontext der Mobilität, eine weitgehende Vernetzung zwischen unterschiedlichen Mobilitätsanbietern, wie z. B. der Bahn und verschiedenen Car-Sharing-Betreibern (Wolter 2012). Die weitreichenden Verflechtungen der verschiedenen Akteure und Nutzer wird im Regelfall mit Hilfe einer Plattform organisiert, deren Daten und Informationen genutzt werden, um z. B. Fahrgäste des öffentlichen Personennahverkehrs die schnellste und bestmöglichste Kombination an Mobilitätslösungen aufgrund seiner Präferenzen und Zielvorgaben anzubieten (Baumann/Plüschner 2016). Ein Beitrag im ersten Teil von Band 1 analysiert die Nutzenpotenziale automatisierter Personalisierung anhand unterschiedlicher Anwendungsbereiche: Rangina Ahmad, Simon Fischer, Christoph Lattemann und Susanne Robra-Bissantz identifizieren die Nutzenpotenziale der automatisierten Personalisierung durch eine strukturierte Literaturanalyse in den Anwendungsbereichen Smart Home, Smart Mobility, Health Care sowie E-Learning und diskutieren die Implikationen einer wertgetriebenen Entwicklungsperspektive. Mit den steigenden Erwartungen von Nutzern wächst der Druck auf Anbieter mit den technologischen Möglichkeiten Schritt zu halten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die automatisierte Personalisierung von Dienstleistungen ist auch im B2B-Geschäft von Relevanz. Ziel dabei ist, den Kunden für ihre Maschinen maßgeschneiderte Servicekonzepte anzubieten (Wind/Rangaswamy 2001) und so eine wahrnehmbare Differenzierung vom Wettbewerb zu erreichen. Hierbei setzten die Unternehmen vor allem auf das Internet of Things (IoT), das mittels Sensoren, Plattformen und Datenanalysen, die Maschinen und Akteure miteinander verbindet (Atzori/Iera/Morabito 2010; Xia et al. 2012). Mittels z. B. Predicitive Maintenance oder Remote Service können den Kunden auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Dienstleistungen angeboten werden. Neben der kommerziellen Nutzung gewinnt die automatisierte Personalisierung von Dienstleistungen in der Pflege und Medizin zunehmend an Bedeutung. So erhofft sich die Medizin mittels des Einsatzes von Datenanalysewerkzeugen sowie Künstlicher Intelligenz sowohl eine schnellere und bessere Diagnose als auch die Individualisierung der Behandlungen von Patienten (Hamet/Tremblay 2017; Bauer/Reiter 2018). Ein weiteres zentrales Einsatzfeld von Automatisierungstechnologien im medizinischen Kontext stellt die so genannte Telemedizin dar. Hierbei handelt es sich um eine Behandlung zwischen Arzt und Patient, die über eine Videokonferenztechnologie erfolgt (Brokmann et al. 2014). Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz ermöglicht zunehmend auch den Einsatz von humanoiden Robotern im Rahmen der Betreuung und Pflege von Patienten. Während die Akzeptanz von humanoiden Robotern in der Pflege in Deutschland eher gering ausfällt, wird der Einsatz von Robotern zur Unterstützung und Betreuung von Patienten
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in Japan bereits vielfach ausprobiert. So wird z. B. der Roboter Pepper in Altenheimen eingesetzt, um mit den Bewohner Gymnastikübungen durchzuführen und so das Pflegepersonal zu entlasten (Kyung-Hoon 2018).
4.3 Formen der automatisierten Personalisierung Bei der automatisierten Bereitstellung von personalisierten Dienstleistungen kann der Grad der Automatisierung variieren: Eine Dienstleistung oder einzelnen Komponenten der Dienstleistungen können entweder (1) teilautomatisiert oder (2) vollautomatisiert sein. Die teilautomatisierte Personalisierung von Dienstleistungen erfordert das Eingreifen und Handeln des Mitarbeitenden und/oder die aktive Integration des Kunden, um die Personalisierung durchzuführen (Lariviére et al. 2017; Marinova et al. 2017). Die Teilnahme des Kunden kann zum einen in Form von Bereitstellung relevanter Informationen für die Personalisierungsdurchführung, z. B. durch das Eingeben von persönlichen Daten, und zum anderen auch durch die Durchführung der eigentlichen Personalisierungsleistung, z. B. indem der Kunde aus vorgegebenen Modulen die für sich passende Dienstleistung zusammenstellt, erfolgen. Die Automatisierungstechnologien stellen hierbei vor allem ein Unterstützungsinstrument für das Unternehmen und dem Kunden dar (Parasuraman/Riley 1997). Bei einer vollautomatisierten personalisierten Dienstleistung übernimmt ein technisches System im Zusammenspiel mit Informationssystemen und anderen Maschinen die Informationssuche, -auswertung, trifft die Entscheidung über die zu wählenden Maßnahmen und führt diese am Ende auch aus. Die Vollautomatisierung von personalisierten Dienstleistungen bedeutet demnach, dass der gesamte Personalisierungsprozess von Technologien übernommen wird. In der Realität sind die vollautomatisierte personalisierter Dienstleistungen eher selten – vielmehr werden einzelne Aspekte des Dienstleistungsergebnisses und/oder einzelne Prozessschritte der Dienstleistung automatisiert. Der Fokus der eingesetzten Automatisierungstechnologien für die Bereitstellung von personalisierten Leistungen liegt vor allem in der Sammlung und Auswertung von Informationen und Daten über den Kunden, um darauf aufbauend zum einen möglichst aussagekräftige Kundenprofile zu erstellen und zum anderen passende Empfehlungen abzugeben. Eine wichtige Rolle nehmen dabei moderne Informationssysteme und -technologien ein, wie z. B. Big Data Analytics oder Künstliche Intelligenz (Shen/Ball 2009). Die automatisierte Personalisierung mit Hilfe von Informationstechnologien erfolgt durch den Einsatz von so genannten Personalisierungsapplikationen bzw. -systemen, die zum einen Informationen und Daten sammeln und auswerten und zum anderen nach bestimmten Vorgaben und Regeln die Individualisierung der Dienstleistung vornehmen (Fan/Poole 2006). Die Anforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten der Personalisierungsapplikationen sind vor allem Bestandteil der Forschung in der Wirtschaftsin-
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formatik (Grabner-Kräuter/Lessiak 2001). Zentrale Überlegungen betreffen vor allem das Verhalten der Personalisierungsapplikationen. Diese kann entweder statisch handeln, d. h. es erfordert die aktive Integration des Kunden für die Durchführung der Personalisierungsleistung oder dynamisch erfolgen. In diesem Fall entscheidet das Personalisierungssystem aufgrund der zur Verfügung stehenden Informationslage selbstständig über die Personalisierungsmaßnahmen (Fan/Poole 2006). Die Ausprägungen von automatisierten Personalisierung bei Dienstleistungen werden in einem Beitrag im ersten Teil von Band 1 dargestellt: Der zunehmende Einsatz von Technologien in der Dienstleistungsertellung sowie der Dienstleistungsinteraktion verändert nicht nur die Rolle des Mitarbeitenden sondern nimmt ebenfalls Einfluss auf die Aufgaben und Anforderungen der Kunden. Denise Joecks-Laß identifiziert mit Hilfe einer Typologie vier ideale Typen an automatisierten personalisierten Dienstleistungen, anhand derer die unterschiedlichen Rollen, Aufgaben und Anforderungen des Kunden diskutiert werden.
4.4 Ausgewählte Technologien für die automatisierte Personalisierung Das Angebot von innovativen und personalisierten Dienstleistungen ist wesentlich von denjenigen Technologien abhängig, die in der Lage sind, Informationen, Kompetenzen und Wissen von unterschiedlichen Akteuren und aus unterschiedlichen Quellen miteinander zu verbinden und zu integrieren (Redlich et al. 2018). Wenn also von automatisierter Personalisierung gesprochen wird, stellt die Personalisierung eine Toolbox an unterschiedlichen Technologien und Applikationen dar, die genutzt wird, um das Dienstleistungserlebnis zu individualisieren. Daher ist es nicht verwunderlich, dass im Rahmen der automatisierten Personalisierung unterschiedliche Technologien von Datenbanken, Cookies, Recommender Systemen bis hin zu Machine-Learning-Techniken und Künstlicher Intelligenz zum Einsatz kommen (Kramer et al. 2000). Im Rahmen der automatisierten Personalisierung werden Technologien eingesetzt, um die Individualisierung der Dienstleistung und des Produktes zu unterstützen oder durchzuführen. Der Personalisierungsprozess lässt sich grob in folgende Schritte gliedern (Adomavicius/Tuzhilin 2005): (1) Sammlung von relevanten Informationen über den Kunden, um ein möglichst umfangreiches Kundenprofil als Basis für die Personalisierung zu erstellen, (2) Adaption des Dienstleistungsangebots auf die Kundenbedürfnisse und -anforderungen, (3) Bereitstellung der personalisierten Dienstleistung und (4) Erfolgsmessung der Personalisierungsmaßname. Jede dieser Phasen kann nun mittels Automatisierungstechnologien unterstützt werden. So können Data Mining und User Tracking-Technologien für das automatisierte Sam-
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meln und Auswerten der Kundendaten eingesetzt werden (Schritt 1) oder Recommender Systeme für die automatisierte Bereitstellung der Dienstleistung angewandt werden (Schritt 2 und 3). In Abbildung 2 ist eine Übersicht möglicher Technologien im Rahmen des Personalisierungsprozesses von Dienstleistungen abgebildet. Ausgewählte Automatisierungstechnologien
Personalisierungsprozess
Schritt 1
Daten sammeln & auswerten und Kundenprofile erstellen
Big Data Analytics, Data Mining Cookies & Beacons Clickstream-Analyse Künstliche Intelligenz
Schritt 2
Personalisierung der Dienstleistungen an die Kundenbedürfnisse und -anforderungen
Künstliche Intelligenz Recommender Systeme Online-Konfiguratoren CRM-Systeme
Schritt 3
Bereitstellung der personalisierten Dienstleistung
Künstliche Intelligenz Virtuelle soziale Agenten Service Roboter
Schritt 4
Erfolgskontrolle und Ableitung von Maßnahmen
Big Data Analytics Künstliche Intelligenz Deep Learning und Machine Learning
Abbildung 2:
Automatisierungstechnologien im Personalisierungsprozess (Quelle: in Anlehnung an Adomavicius/Tuzhilin 2005, S. 85)
Zentrale Technologien für die automatisierte Personalisierung sind vor allem jene, die die Datensammlung und -aufbereitung automatisieren und den Mitarbeitenden in seinen Personalisierungsaktivitäten entweder unterstützen oder ersetzen. Daher werden im Folgenden die zentralen Technologien für die automatisierte Personalisierung ausführlicher dargestellt:
CRM Systeme, Big Data bzw. Big Data Analytics, Recommender Systeme, Künstliche Intelligenz.
Customer-Relationship-Management-Systeme (CRM) Eines der am weitesten verbreiteten Instrumente für die Personalisierung von Produkten, Dienstleistungen und Kundeninteraktionen stellen Customer-Relationship-Management-Systeme (CRM) dar, die als Informationstechnologien den Mitarbeitenden im Rahmen der Dienstleistungserstellung und der Personalisierung durch die Bereitstellung relevanter Kundeninformationen unterstützen (Anshari et al. 2019). Ziel ist es, trotz ho-
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her Kundenzahlen und -interaktionen diesen eine individuelle Erfahrung sowie Dienstleistung anzubieten. Dabei unterstützt das CRM-System die Mitarbeitenden, indem es alle relevanten Informationen der Kunden aus verschiedenen Kundeninteraktionen und Quellen speichert und abrufbar macht. Die Implementierung von CRM-Systemen kann Unternehmen in die Lage versetzen, einen Überblick über alle im Rahmen der verschiedenen Kundenkontaktpunkte gesammelten Daten zu erhalten. So haben Mitarbeitende bestenfalls einen 360°-Blick auf den Kunden, der in einer individuelleren Interaktion und Anpassung der Dienstleistung mündet (Xu et al. 2002). Ein erfolgreiches Beispiel von personalisierten Leistungen mittels des Einsatz von CRMSystemen ist die britische Supermarktkette Tesco. Das CRM-System wurde eingesetzt, um eine personalisierte Kundenansprache auf Basis von Segmentierungskriterien und Kundenprofilen zu erstellen (Pan/Lee 2003). Das CRM-System unterstützt dabei das Unternehmen bei der Erstellung der Kundenprofile, die auf den durch die Kundenkarten erfassten Einkäufe basieren. Auf Grundlage der Kundenprofile werden dann personalisierte Angebote in Form z. B. von Coupons an den Kunden verschickt (Humby 2008). Big Data and Big Data Analytics Das im letzten Jahrzehnt zu beobachtende rasante Wachstum an zur Verfügung stehenden Datenmengen als auch die Variabilität der Daten macht es erforderlich, neue Instrumente der Datenanalyse und -auswertung zu entwickeln und anzuwenden (Waller/ Fawcett 2013). Diese Umstände haben die stetig wachsende Bedeutung von Big-DataAnalytics-Technologien zur Folge. Unter Big Data Analytics wird die Auswertung von strukturierten und unstrukturierten Datenmengen verstanden, die das Ziel verfolgen, komplexe Verhaltensmuster und Zusammenhänge in einem großen Datenset zu identifizieren und abzuleiten (Mohant et al. 2015). Die Personalisierung einer Dienstleistung hängt im Wesentlichen von der Quantität und Qualität an verfügbaren Informationen und Daten über den Kunden ab, so dass Big Data und Big Data Analytics als Basistechnologie für die automatisierte Personalisierung von Dienstleistungen betrachtet werden können. Es kann unterschieden werden, ob Big Data Analytics genutzt wird, um Entscheidung und Maßnahmen zur erklären, um Handlungen zu unterstützen oder Vorhersagen zu treffen (LaValle et al. 2011). Big Data Analytics kommt im Rahmen der automatisierten Personalisierung zum Einsatz, wenn eine Vielzahl an unterschiedlichen Daten und verschiedenen Datenquellen gesammelt und ausgewertet werden müssen. Haupteinsatzgebiet stellen dabei Daten dar, die mittels digitaler Technologien generiert werden, also z. B. durch die Nutzung von Onlineshops, Smartphones und anderen mobilen Endgeräten. Jedes Mal, wenn ein Nutzer eine E-Mail versendet, einen Post in den sozialen Netzwerken verfasst, kommentiert oder liked oder in einem Onlineshop einkauft, wird eine Vielzahl an unterschiedlichen Daten und Informationen generiert (Anshari et al. 2019), die für die Personalisierung von Dienstleistungen verwendet werden können.
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E-Commerce Unternehmen haben stark von den Technologien im Zusammenhang mit Big Data Analytics profitiert. Dabei setzen die Unternehmen eine Vielzahl von unterschiedlichen Instrumenten wie z. B. Social Media Analytics, Text-Analyse-Instrumente, Data Mining und Data Clustering ein. E-Commerce-Unternehmen stellen vielfach auch Plattformbetreiber dar, wie z. B. Amazon oder eBay, die ihre Plattform nicht nur als Instrument nutzen, um Waren zu verkaufen oder Anbieter und Nachfrager schnell und einfach zusammenzubringen, sondern die Plattformbetreiber versuchen, basierend auf den IP-Adressen ihrer Nutzer, deren Verhalten zu beobachten, um so neue Geschäftsmöglichkeiten zu identifizieren (Mohanty et al. 2015). Big Data Analytics wird jedoch nicht nur im kommerziellen Bereich angewandt, sondern wird ebenfalls vermehrt z. B. im Gesundheitswesen oder in der Verwaltung zur Personalisierung ihrer Dienstleistungen eingesetzt. Die (Echtzeit-)Überwachung von persönlichen Gesundheitsdaten, z. B. über Fitnessarmbänder oder Smart Watches, ermöglichen den Ärzten bessere Diagnosen und auf den Patienten zugeschnittene Behandlungen durchzuführen. Des Weiteren erhoffen sich Ärzte eine bessere Diagnosequalität, wenn Befunde von verschiedenen Patienten ausgewertet werden (Rüping 2015). Recommender Systeme Im Zuge der automatisierten Personalisierung von Dienstleistungen spielen so genannte Recommender Systeme eine zentrale Rolle (Schafer et al. 1999). Dabei empfehlen die Recommender Systeme durch das Analysieren von großen und unüberschaubaren Mengen an Informationen diejenigen Produkte und Dienstleistungen an einen Kunden oder Anwender, die für diesen von Interesse sind (Ludmann 2017). Für Unternehmen stellen Recommender Systemen eine effiziente Möglichkeit dar, eine hohen Anzahl an unterschiedlichen Kunden individualisiert anzusprechen und den Kunden passende Angebote zu unterbreiten (Schafer et al. 1999). Für Kunden hingegen ermöglichen Recommender Systemen die Suchkosten und die Entscheidungskomplexität deutlich zu reduzieren, da der Algorithmus des Recommender-Systems den Suchprozess und die Kaufentscheidung deutlich vereinfacht (Schafer et al. 1999). Recommender Systeme beruhen auf der Analyse und Auswertung von unterschiedlichen Daten aus unterschiedlichen Quellen und stellen ein Anwendungsgebiet der Big Data Analytics dar. Im Allgemeinen sind zwei unterschiedliche Ansätze bei Recommender Systemen zu unterscheiden: Content-based Recommendation und Collaborative-based Recommendation. Erstere trifft die Empfehlung für die Dienstleistungen aufgrund des historischen Kaufverhaltens der betreffenden Person (Yu 1999; Groh et al. 2012), während die Empfehlungen mit Hilfe von Collaborative Filtering auf dem Verhalten von Nutzern und Kunden beruhen, die ähnliche Präferenzen aufweisen. Zusätzlich ist eine Kombination der beiden Ansätze in der Praxis weit verbreitet (Adomavicius/Tuzhilin 2005).
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Häufig eingesetzt werden Recommender Systeme im Online Handel bzw. E-Commerce. Dabei stehen unterschiedliche Informationen als Basis für die Empfehlung zur Verfügung wie z. B. die bisher getätigten Käufe, die soziodemographischen Daten des Kunden oder die meistverkauften Produkte eines Onlineshops (Schafer et al. 1999). Ziel der Recommender Systeme ist die Steigerung des Umsatzes, indem Besucher des Onlineshops zu Käufen animiert werden, Cross-Selling-Potenziale generiert werden und die Kundenbeziehung durch die personalisierten Interaktionen gefestigt wird (Schafer et al. 1999) Ein prominentes Beispiel ist der Online-Händler Amazon. Amazon verwendet zum einen so genannte On-site Empfehlungen, d. h. auf der Website werden Produktempfehlungen für den Nutzer angezeigt. Zum anderen bildet Amazon ebenfalls ab, welche Produkte der Kunde sich bereits angeschaut hat. Zudem werden dem Kunden Produkte angezeigt, die häufig in Kombination mit einem bestimmten Produkt gekauft wurden. Amazon verwendet daher einen hybriden Ansatz der verschiedenen Ansätze von Recommender Systemen (Rejoiner 2019) Künstliche Intelligenz Die Adaption des menschlichen Verhaltens sowie das selbstständige Lösen von komplexen Problemstellungen stellt ein wesentliches Merkmal der Künstlichen Intelligenz dar (Huang/Rust 2018; Kirste/Schürholz 2019). Grundlage für die selbstständige Problemlösung der Künstlichen Intelligenz ist die Datengewinnung, Datenauswertung und die Weiterverarbeitung der Informationen (Huang/Rust 2018). Künstliche Intelligenz bezeichnet die Fähigkeit einer Maschine, kognitive Aufgaben auszuführen wie z. B. die Fähigkeiten zur Argumentation, Problemlösung oder zum selbstständigen Lernen. (Kreutzer/Sirrenberg 2019). In der Entwicklungsgeschichte der Künstlichen Intelligenz ist zu beobachten, dass Aufgaben, die den Menschen generell schwerfallen, wie z. B. die Berechnung von komplexen Rechenaufgaben, der Künstlichen Intelligenz im Regelfall leichtfallen, während Aktivitäten, Handlungen und Entscheidung, die für den Menschen selbstverständlich sind, einer Künstlichen Intelligenz große Probleme bereitet, wie z. B. das Erkennen von Emotionen (Kreutzer/Sirrenberg 2019). Bei dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Rahmen der Dienstleistungserbringung ist zu beachten, dass – abhängig von der jeweiligen Dienstleistung – unterschiedliche Formen von Intelligenzen benötigt werden. Die Autoren Huang und Rust (2018) unterscheiden vier unterschiedliche Formen von Intelligenz, die im Rahmen der Dienstleistungsbereitstellung und -erbringung von Bedeutung sind: (1) (2) (3) (4)
Mechanische Intelligenz, Analytische Intelligenz, Intuitive Intelligenz und Empathische Intelligenz.
Mechanische Intelligenz bezieht sich auf die Fähigkeit, routinierte und repetitive Aufgaben auszuführen. Hierfür weist die Künstliche Intelligenz nur eingeschränkte Lernfähig-
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keiten auf, da es das Hauptziel der Anwendung ist, die ausgeführte Dienstleistung standardisiert und konsistent über den Zeitablauf zu erbringen. Die Fähigkeit, Informationen zu nutzen, um Probleme zu lösen und von diesen zu lernen, beschreibt die analytische Intelligenz einer Künstliche Intelligenz. In diesem Bereich werden vor allem MachineLearning-Technologien sowie Big-Data-Analytics-Technologien eingesetzt. Intuitive Intelligenz beschreibt die Fähigkeit der Künstlichen Intelligenz, kreativ zu denken und sich selbstständig an neue Situation anzupassen. Abgrenzungsmerkmal der intuitiven von der analytischen Intelligenz ist, dass die Künstliche Intelligenz deutlicher menschlicher agiert und reagiert. Die Fähigkeit, menschliche Emotionen zu erkennen, zu verstehen und angemessen auf diese zu reagieren, bezeichnet die empathische Intelligenz (Huang/ Rust 2018). Wird Künstliche Intelligenz für die automatisierte Personalisierung von Dienstleistungen eingesetzt, dann verfolgt sie das Ziel, relevante Kundenbedürfnisse zu identifizieren und das Kundenverhalten zu antizipieren. Dabei ist die Künstliche Intelligenz in der Lage, aus Kundendaten zu lernen und neue – in einigen Fällen auch für das Unternehmen unbekannte – Zusammenhänge zu entdecken und so dem Kunden einen für ihn relevanten Mehrwert zu generieren (Huang/Rust 2018). So bietet das britische Bekleidungsunterhemen Threatd einen auf Künstlicher Intelligenz beruhenden Stylist-Service an. Jede Woche erhalten die Kunden personalisierte Style-Empfehlungen, die sie bewerten können. In Verbindung mit einem Style-Quiz lernt die Künstliche Intelligenz immer besser den bevorzugen Bekleidungsgeschmack jedes einzelnen Kunden. Das Unternehmen ist somit in der Lage, trotz einer hohen Anzahl an unterschiedlichen Kunden, diesen einen persönlichen Stylisten an die Seite zu stellen und sich so von relevanten Wettbewerbern zu differenzieren (Morgan 2019). Künstliche Intelligenz kann auch in der direkten Interaktion zwischen einem Unternehmen und den Kunden eingesetzt werden. So nutzt das Handelsunternehmen Macy die Künstliche Intelligenz „Watson“ von IBM, um das Einkaufserlebnis der Kunden zu verbessern. Mit Hilfe von dem Smartphone können Kunden mit einem digitalen Assistenten chatten, der den Kunden z. B. bei der Navigation im Geschäft unterstützt oder aufgrund von vorher gestellten Fragen personalisierte Kaufempfehlungen gibt. Ebenso ist der digitale Assistent bei Macy in der Lage, Frustrationen beim Kunden zu erkennen, um dann einen Macy-Mitarbeitenden dazu zurufen (Morgan 2019). Dieser Einsatz von so genannten Virtual Social Agents bzw. Chat Bots und Service Roboter stellt ein zentrales Anwendungsfeld der Künstlichen Intelligenz im Dienstleistungskontext dar (Wischmann/Rohde 2019). Virtuelle Soziale Agenten stellen computer-generierte Charaktere dar, die mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz in der Lage sind, mit Kunden auf einer menschlich-ähnlichen Weise zu interagieren (Cassel et al. 2000). Während bei einem Social Chat Bot lediglich eine Chatfunktion die Interaktion zwischen den Kunden und der Künstlichen Intelligenz darstellt, zeichnen sich Virtuelle Soziale Agenten durch eine soziale Präsenz, d. h. durch ein menschliches Äußeres sowie Verhalten aus (Verhagen et al. 2014). Ein weiteres neu-
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es Anwendungsfeld für automatisierte Personalisierung von Dienstleistungen mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz stellt der Einsatz von Service Robotern dar, die eine Dienstleistung teil- oder vollautomatisch verrichtet (Schraft/Schmierer 1998). Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz ermöglicht den Servicerobotern, im Gegensatz zu den Ursprüngen der Industrierobotik die Übernahmen von kognitiven und kreativen Aufgaben, so dass der Roboter in die Lage versetzt wird, Dienstleistungsmitarbeitenden effizient zu unterstützen oder zu ersetzen (Decker et al. 2017). So setzen die Hilton Hotels einen Concierge-Roboter namens Connie ein, um ihren Gästen den Aufenthalt so angenehm und personalisiert wie möglich zu gestalten. Der Roboter steht in der Lobby, grüßt die Gäste und beantwortet Fragen. Ausgestattet mit der Fähigkeit, maschinell die menschliche natürliche Sprache zu verarbeiten, ist Connie in der Lage, die Gäste des Hilton Hotels besser kennenzulernen und personalisierte Empfehlungen auszusprechen (Morgan 2019). Vor diesem Hintergrund betrachten im zweiten Teil von Band 2 insgesamt sieben Beiträge, die Rolle und Aufgaben der Künstlichen Intelligenz bei der automatisierten Personalisierung von Dienstleistungen: Anne-Sophie Tombeil, David Kremer, Jens Neuhüttler, Claudia Dukino und Walter Ganz beschäftigen sich am Beispiel Sachbearbeitung als interne Dienstleistung mit den Gestaltungsoptionen für Unternehmen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) bei der Dienstleistungserbringung. Entlang der Gestaltungsfelder „Technologie“, „Tätigkeiten“ und „Prozesse“ stellen sie Einsatzgebiete und Potenziale des KI-Einsatzes vor und erläutern konkrete Maßnahmen und Kriterien der Entscheidungsunterstützung. Dabei verfolgen sie einen menschenzentrierten Ansatz des KI-Einsatzes, der sowohl die Arbeitsqualität als auch -effizienz fokussiert. Angela Roth und Sascha Julia Oks legen in ihrem Beitrag den Fokus insbesondere auf KI-initiierten und -basierten Innovationen im Bereich Dienstleistung. Inwieweit wirken sich die Potenziale der Künstlichen Intelligenz auf Dienstleistungsinnovationen aus, wo sind entsprechende Stellhebel und wo können Unternehmen ansetzen? Auf Basis bisheriger Erkenntnisse im Bereich Dienstleistung diskutieren sie mögliche Wirkungszusammenhänge. Dominik Schneider, Frank Wisselink, Nikolai Nölle und Christian Czarnecki stellen einen Rahmen vor, der einen ersten Überblick über den Einfluss von KI auf kommerzielle Interaktionen gibt. Dieser Rahmen fasst die Ergebnisse des Vergleichs zahlreicher Kundenreisen neuartiger KI-basierter Dienstleistungen mit entsprechenden Nicht-KI-Äquivalenten zusammen. Sven Tuzovic und Stefanie Paluch untersuchen die psychologischen Treiber der Verbraucher für die Akzeptanz von „Autonomous Vehicles“ im Rahmen eines größeren Forschungsprojekts zur Automatisierung. In dieser Studie analysieren sie, wie eine On-Road-Erfahrung mit einem teilautonomen Fahrzeug die Vertrauensüberzeugungen der Fahrer und die Akzeptanz autonomer Autos beeinflusst.
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Über die Qualitätswahrnehmung solcher Smart Service Systeme ist bisher jedoch wenig bekannt, insbesondere fehlen Ansätze zur Bewertung der Konzepte im Entwicklungsprozess. Jens Neuhüttler, Rudolf Fischer, Walter Ganz und Dieter Spath stellen daher ein integriertes Rahmenkonzept für KI-basiere Smart Service Systeme vor, das eine Bewertung anhand von Qualitätskategorien und -kriterien ermöglicht. Mahei Manhai Li, Ester Bronner, Christoph Peters und Jan Marco Leimeister beleuchten Möglichkeiten, wie der zunehmenden Komplexität digitaler Dienstleistungen und den einhergehenden Herausforderungen für den IT-Support mithilfe von Künstlicher Intelligenz, begegnet werden kann, um personalisiert Nutzerprobleme durch das Automatisierungspotenzial von Chatbots lösen zu können. Timo Strohmann und Susanne Robra-Bissantz stellen in ihrem Beitrag das Konzept des virtuellen Begleiters vor und zeigen seine Vorteile für den Dienstleistungssektor auf. Der virtuelle Begleiter ist eine neue Form der künstlichen Intelligenz, die ein kollaboratives Szenario zwischen Mensch und Informationstechnologie ermöglicht und so personalisierte Dienstleistungen möglich macht. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die automatisierte Personalisierung von Dienstleistungen den Einsatz von fortschrittlichen Technologien wie Big Data Analytics oder Künstliche Intelligenz erfordert. Dabei ist zu beachten, dass die Grenzen zwischen den einzelnen Technologien fließend sind und in der Praxis häufig eine Kombination unterschiedlicher Technologien zum Einsatz kommt, um den Kunden automatisierte personalisierte Dienstleistungen anzubieten.
4.5 Nutzen und Herausforderungen automatisierter Personalisierung für den Dienstleistungsanbieter und -nachfrager Ziel der automatisierten Personalisierung von Dienstleistungen ist es, die Vorteile der Automatisierung mit den Vorteilen der Personalisierung zu verbinden und dabei gleichzeitig die Nachteile der Automatisierung und Personalisierung abzuschwächen bzw. bestenfalls aufzulösen. In Abbildung 3 sind die jeweiligen Vor- und Nachteile der Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen aus Anbieter- und Nachfragerperspektive aufgelistet.
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Nutzen Herausforderungen Nutzen
Qualität und Effizienz steigern Standardisierung Kosten senken Angebotsvielfalt
Personalisierung
Differenzierung und Angebotsvielfalt Kundenzufriedenheit steigern Höhere Preisdurchsetzung
Verlust an Individualität Verlust an Flexibilität Akzeptanz der Technologie
Bereitschaft des Kunden Informationen
Abhängigkeit von Partnern
Kundensegmentierung
Bessere Vergleichbarkeit Konstante Qualität Orts- und Zeitunabhängige
Passgenaues Angebot Reduzierung von Such-, Risiko- und
sicherstellen
Nutzung gewährleisten
Herausforderungen
Dienstleistungsnachfrager
Dienstleistungsanbieter
Automatisierung
Unpersönlich und geringes Anpassungspotenzial
Eingeschränkte Flexibilität Bedienbarkeit Fehlerbehebung durch den
zu teilen
Datenschutz bzw. verantwortungsbewusster Umgang mit Daten
Transaktionskosten
Unterstützung bei Entscheidungen Mangelnde Vergleichbarkeit Schutz der persönlichen Daten Bereitstellung von Informationen
Anbieter
Abbildung 3:
Nutzen und Herausforderungen von Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen
Eine detaillierte Analyse der Chancen und Herausforderungen wird in einem Beitrag im ersten Teil von Band 1 vorgenommen: Manfred Bruhn sieht die Automatisierung und Personalisierung als zentrale Entwicklungen des Dienstleistungsmanagements. Dabei sind sowohl „Lichträume“ (Vorteile) als auch „Schattenräume“ (Nachteile) in diesem fortschreitenden Prozess zu berücksichtigen. In dem Zusammenhang werden zahlreiche Forschungsfragen aufgeworfen und thematisiert. Durch den Einsatz von Technologien, wie z. B. Recommender Systemen, Künstlicher Intelligenz oder Service Robotern, kann es Dienstleistungsanbieter gelingen, die Vorteile der Automatisierung in Form von Effizienz- und Qualitätssteigerungen und geringen Kosten mit den Vorteilen der Personalisierung von persönlicher Ansprache und Reduzierung von Such-, Risiko- und Transaktionskosten miteinander zu verbinden. Für den Dienstleistungsnachfrager zeigt sich ebenfalls, dass die automatisierte Personalisierung von Dienstleistungen die Vorteile der Automatisierung und Personalisierung zusammenbringt und somit einen höheren Mehrwert für den Nachfrager darstellt. Es zeigt sich jedoch, dass bestimmte Herausforderungen sowohl Anbieter als auch Nachfrager in den Mittelpunkt rücken, wenn personalisierte Dienstleistungen automatisiert angeboten werden. Diese sind:
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Akzeptanz und Bedienbarkeit der Technologien auf Seiten der Mitarbeitenden und der Kunden, Sammlung, Auswertung und Speicherung von persönlichen Informationen sowie Sicherstellung des Datenschutzes durch den Dienstleistungsanbieter, Bereitstellung der Dienstleistungen durch den Dienstleistungsanbieter mit Unterstützung von Partnern.
Automatisierte Personalisierung von Dienstleistungen erfordert den Einsatz und die Anwendung von fortschrittlichen und komplexen Technologien, deren Umgang sowohl von den Mitarbeitenden als auch von den Kunden erst erlernt werden muss. Auf Seiten der Mitarbeitenden müssen Dienstleistungsanbieter von automatisierten und personalisierten Dienstleistungen verstehen, wie die Technologien ihre Arbeit erleichtern und unterstützen können. Ist der Mitarbeitenden zudem auch Anwender der Technologie, ist es wichtig, diesen im richtigen Umgang zu schulen, damit in der Kunde-Mitarbeitenden-Interaktion keine Probleme aufgrund der mangelnden Kenntnisse des Mitarbeitenden über die eingesetzte Technologie auftreten (Larivíere et al. 2017). Zudem sind vom Dienstleistungsanbieter auf Seiten der Mitarbeitenden auftretende Skepsis gegenüber der Technologie zu identifizieren sowie eventuelle Ängste, die mit einer möglichen Substitution der eigenen Arbeitskraft verbunden sind, ernst zu nehmen und abzubauen. Auch die Dienstleistungsnachfrager sind im Umgang und in der Interaktion mit der eingesetzten Technologie zu begleiten und zu schulen. Aus der Forschung zu den inzwischen verbreiteten Self-Service-Technologien (z. B. Curran/Meuter 2005; Meuter et al. 2005) ist bekannt, dass die Akzeptanz von Kunden der Technologien von der Nutzerfreundlichkeit sowie dem wahrgenommenen Mehrwert, wie z. B. schnellere Bereitstellung, Zeitersparnis, positiv beeinflusst wird, es jedoch häufig auf Seiten der Kunden eine hohe Hemmschwelle gibt, die vor der Erstnutzung zu überwinden ist. Der Bedarf an Informationen über den Kunden sowie dem Kontext, in dem dieser sich bewegt, ist bei der automatisierten Personalisierung von Dienstleistungen als hoch einzuschätzen. Damit steigt auch gleichzeitig das Datenvolumen, das Unternehmen sowohl sammeln und auswerten als auch speichern müssen. Zentraler Punkt hierbei ist es für Unternehmen sicherzustellen, dass Kunden aufgrund eines wahrgenommenen Mehrwerts und Zusatznutzens bereit sind, dem Unternehmen persönliche Informationen über Präferenzen, Bedürfnisse und Kaufverhalten zur Verfügung zu stellen (Murthi/Sakar 2003; Chellappa/Sin 2005). Des Weiteren sind Unternehmen dazu verpflichtet vertrauensvoll und sicher mit den ihnen zur Verfügung stehenden Daten umzugehen. Dies bedeutet, dass die Informationen sicher vor dem Zugriff unbefugter Dritter wie z. B. Konkurrenten oder Hackern gespeichert werden als auch, dass Daten und Informationen über den Kunden nicht ohne deren Einverständnis an Dritte weitergegeben oder verkauft werden (Riemer 2002). Anbieter und Nachfrager von automatisierten und personalisierten Dienstleistungen befinden sich demnach in einem permanenten Spannungsfeld zwischen dem Bedürfnis der Nachfrager, so wenige Informationen wie möglich an den Anbieter zu geben und dem Bedürfnis der Anbieter, so viele Informationen wie möglich zu erhalten.
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Mit den Ursachen und Konsequenzen von Datenschutzbedenken befasst sich ersten Teil von Band 1 ein Beitrag: Anja Geigenmüller und Antonia Hoebbel geben in ihrem Beitrag einen Überblick über den Stand der Forschung zum Thema Privacy Concerns. Im Mittelpunkt stehen neben einer begrifflichen Auseinandersetzung vor allem Ursachen von Privacy Concerns und Verhaltenskonsequenzen mit Blick auf die Freigabe von Daten, aber auch auf die Initiierung bzw. Fortführung der Beziehung des Nachfragers zu einem Anbieter. Der Beitrag diskutiert Ansätze von Unternehmen zur Reduzierung von Privacy Concerns und gibt am Ende einen Ausblick auf Herausforderungen an die Marketingforschung. Der Einsatz von fortschrittlichen Technologien im Rahmen der automatisierten Personalisierung von Dienstleistungen erfordert für viele Unternehmen die Kooperation mit anderen Unternehmen, die z. B. die Technologien zur Verfügung stellen oder das Auswerten der Informationen und Daten übernehmen. So entsteht bei der Bereitstellung und Produktion von automatisierten und personalisierten Dienstleistungen ein Netzwerk von Akteuren, die die Dienstleitungen gemeinsam produzieren und bereitstellen. Aus Nachfragersicht führt dies zum einen zu einer besseren Qualität der Dienstleistung, da Spezialisten an der Entwicklung und Bereitstellung der Dienstleistungen mitarbeiten, zum anderen können aus Nachfragersicht z. B. Ansprechpartner nicht klar definiert sein. Für den Anbieter bedeutet die Bereitstellung der Dienstleistung mit unterschiedlichen Partner eine Steigerung der Komplexität in der Prozessgestaltung. So ist sicherzustellen, dass alle Partner ein gemeinsames Ziel verfolgen und miteinander und nicht gegeneinander arbeiten. Zudem sind Prozesse für die Abstimmung als auch der Fehlerbehebung zu implementieren. Die Relevanz von Kooperationen und Partnerschaften werden in einem Beitrag im ersten Teil von Band 1 diskutiert: Johannes Winter zeigt, dass es bei der Entwicklung automatisierter und personalisierter Produkte und Dienstleistungen mehr denn je auf eine kollaborative Zusammenarbeit von Industrie und Forschung in digitalen Wertschöpfungsnetzwerken ankommt. Dabei legt der Autor einen besonderen Fokus auf das grenzüberschreitende Business Partnering. Die Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen unterscheidet sich nicht nur durch die vielfältigen Aufgabenstellungen, sondern auch in der branchenspezifischen Umsetzung von Automatisierungstechnologien in der Bereitstellung der Dienstleistungen. Vor diesem Hintergrund befassen sich vier Beiträge des Sammelbandes im vierten Teil von Band 1 mit branchenspezifischen Aspekten der Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen: Matthias Hille und Freimut Bodendorf zeigen am Beispiel der Baubranche auf, wie sich digitale Dienstleistungen modular entwickeln lassen. Durch einen Baukasten von Smart-Service-Komponenten wird die Entwicklungsarbeit für digitale Dienstleistungen sowie des dazugehörigen Dienstleistungsportfolios erleichtert. Die quan-
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titativen Ergebnisse – kombiniert mit dem Modulbaukasten – ermöglichen ein erhebliches Steigerungspotenzial von digitalen Dienstleistungen in der Bauindustrie. Till Ackermann diskutiert die mit der Digitalisierung, Klimaschutz und Nachhaltigkeit verbundenen Herausforderungen des Mobilitätsmarktes anhand des Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Der Öffentliche Personennahverkehr kann dabei Rückgrat und Problemlöser der Mobilität sein, wenn er die Chance der digitalen Transformation nutzt, um individueller, datenbasierte und automatisierter zu werden sowie als Integrator der Mobilität alle multimodalen Angebote aus einer Hand anbietet. Auftragserfüllung und die Logistik der letzten Meile sind zentrale Servicekomponenten im Electronic Commerce, die zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen werden. Aktuelle Fortschritte bei der Digitalisierung von Logistikprozessen haben zu „Smart Logistics“-Technologien geführt, die die Automatisierung und Personalisierung der Last Mile-Belieferung stark vorantreiben können. Maria Madlberger zeigt auf, wie aktuelle Technologien, zum Beispiel digitale Objektbezeichner, das Internet der Dinge, Robotik, Drohnen oder autonome Fahrzeuge, die Automatisierung und Personalisierung der Last Mile-Belieferung steigern können. Pietro Beritelli und Thomas Bieger arbeiten konzeptionell die Potenziale und Herausforderungen für die Automatisierung und den Einsatz von Robotik am Beispiel des Tourismus auf. Sie diskutieren limitierende Faktoren wie die Kleinstrukturiertheit der Branche mit geringen Innovationsrenditen oder die dominierende Managementrationalität der Führungskräfte der Branche, die persönlichen Service immer noch als spezielles Qualitätsmerkmal erkennt. Weiterhin schlagen sie einen Orientierungsrahmen für die Entscheidung um Automatisierung in der Branche vor. Im vierten Teil von Band 2 behandeln insgesamt fünf Beiträge verschiedene branchenspezifische Aspekte der automatisierten Personalisierung von Dienstleistungen: Anhand von Experteninterviews sowie Markt- und Fallstudienanalysen untersuchen Christian Wissing und Jeannette Trenkmann digitale Plattformen des Gesundheitswesens. Ihr breites Spektrum automatisierter Dienstleistungen weist ein hohes ökonomisches Nutzenpotenzial auf, ist jedoch nicht unstrittig. Kritisiert werden z. B. das Monopolstreben und die potenzielle Diskriminierung durch Plattformalgorithmen. An dieser Diskussion ansetzend greift der Beitrag systematisch auf Merkmale und Kategorien digitaler Plattformen zurück, um deren Bedeutung und Effekte im Gesundheitswesen zu diskutieren. Rabea Schrage und Peter Kenning widmen sich am Beispiel des deutschen Lebensmittelhandels dem Service Value von personalisierten Location-based Services, die während des Einkaufs im Geschäft zum Einsatz kommen. Die Autoren untersuchen empirisch den Einfluss der verschiedenen Dimensionen des Service Value auf die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services und analysieren, inwieweit die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services ausgewählte
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M. Bruhn und K. Hadwich Zielgrößen zum einen auf den mobilen Dienst bezogen und zum anderen auf den Händler bezogen beeinflusst. Mit der Verwendung von Cyber-Physischen Systemen und den Kombinationen geeigneter Komponenten der digitalen Technologien sowie der Modularisierung von Prozess und Organisation entwickeln Armin Töpfer und Georg Brabänder mit Hilfe des Mass Customization-Ansatzes Wertschöpfungsketten, mit denen durch ihre Flexibilität eine intensive Integration des Patienten und eine hohe Anpassung an seine Präferenzen erreicht werden kann. Für den Anbieter in einem zunehmend wettbewerbsorientierten Gesundheitswesen lassen sich mit diesem Ansatz Differenzierungs- und Kostenvorteile realisieren. Robotik-Anwendungen gewinnen auch in der sozialen Dienstleistungsbranche an Bedeutung, wie Lisa Obst, Ronny Baierl, Franziska Bielefeld und Anne-Katrin Haubold am Beispiel der stationären Altenpflege darlegen. Der Dienstleistungserstellungsprozess verändert sich durch den Einsatz von Servicerobotik, indem statt bilateraler nun trilaterale Austauschbeziehungen im Vordergrund stehen. Basierend auf dem Modell von Kano et al. (1984) stellen sie mögliche Basis-, Leistungs- und Begeisterungsmerkmale der trilateralen Dienstleistungserstellung vor und diskutieren anschließend in Bezug auf die Gestaltung der Anwenderzufriedenheit. Aufgrund der stetig wachsenden Größe von Unterrichtsklassen und den begrenzt zur Verfügung stehenden Ressourcen kommt es immer häufiger zum Einsatz von Automatisierungstechnologien im Unterricht bei z. B. Peer Teaching Einheiten oder Online-Tutorials, mit dem Ziel zeitaufwendige Aufgaben durch einen schnellen Austausch sowie einer einfachen Kommunikation von Wissen zu ersetzen. Der Technologieeinsatz ermöglicht dabei nicht nur Bildungsprozesse zu automatisieren, sondern Lernende zu inspirieren und eine emotionale Verbindung zum Lernen und den Lerninhalten aufzubauen. In diesem Kontext zeigen Raafat George Saadé, Golnaz Rezai und Holger Roschk, dass die Lernziele eines automatisierten Lernkurses durch die Integration dreier System: dem menschlichen System, dem pädagogischen System und dem Wissenssystem (Knowledge System) erreicht werden können.
5.
Zukunftsperspektiven der automatisierten Dienstleistungen
Die Kombination von Big Data Analytics, Technologien der Künstlichen Intelligenz und den schnellen und umfangreichen Rechnerkapazitäten ermöglicht die schnelle und effiziente Bereitstellung von personalisierten Dienstleistungen (Cohen 2018). Sowohl die Dienstleistungsanbieter als auch die Dienstleistungsnachfrager können von dem wachsenden Einsatz neuer Technologie profitieren. Die bereits immer engere Verzahnung von
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Menschen und Technologien, die sich an der Bedeutung des Smartphones oder auch am vermehrten Einsatz von so genannten Wearables festmachen lässt, zeigt deutlich, dass der Technologieeinsatz auch in der Dienstleistungserstellung nicht nur ein Trend, sondern der neue Standard ist. Die Potenziale, die mit der wachsenden Automatisierung von Dienstleistungen einhergehen, bieten Unternehmen neue Anknüpfungspunkte zur Entwicklung neuer Dienstleistungen und Geschäftsmodelle. Die verfügbaren Daten und Informationen generieren für Unternehmen neue und wertvolles Wissen, das als Grundlage zur Verbesserung und Individualisierung des eigenen Dienstleistungsportfolios genutzt werden kann. Das sich durch die umfangreichen Daten und Informationen ganzheitlich ergebene Bild über die Kunden-, Wettbewerbs- und Marktbedingungen ermöglicht den Unternehmen zielgerichtet Maßnahmen für die Marktbearbeitung zu entwickeln und umzusetzen, um so die Qualität und Profitabilität ihrer Angebote zu steigern (Cohen 2018). Der Zugang zu Daten und deren Verwertung wird somit zunehmend für Unternehmen zum zentralen Wettbewerbsfaktor. Hierfür sind auf Seiten der Unternehmen, neue Fähigkeiten zu entwickeln. So sind Mitarbeitende zu schulen und neue Abteilungen und IT-Infrastrukturen zu schaffen. Mit dem wachsenden Grad an Vernetzung interagieren Unternehmen zunehmend in einem Ökosystem aus Kunden, Partnern und Wettbewerbern. Hier stellen sich für das Management zentrale Herausforderungen, dieses Ökosystem mit zu gestalten und zu steuern. Bei den großen Veränderungen innerhalb des Unternehmens darf jedoch der Kunde nicht aus dem Blickfeld geraten. Hier ist sicherzustellen, dass dieser bei fortschreitender digitaler Durchdringung angemessen begleitet wird. Zudem ist sicherzustellen, wie viel Automatisierung und Personalisierung vom Kunden akzeptiert wird. Für die Dienstleistungsforschung ergibt sich daher ein spannendes und dynamisches Forschungsfeld. So sind geeignete Managementinstrumente zur Steuerung von Ökosystemen und Partnern zu entwickelnt. Auch sind Maßnahmen zu identifizieren, die die Akzeptanz der automatisierten Personalisierung von Dienstleistungen sicherstellt bzw. den Kunden im Rahmen der Herausforderungen der digitalen Transformation angemessen begleitet. Ebenfalls ist vermehrt interdisziplinäre Forschung zu betreiben, da die Potenziale einer Technologie für die interne Prozessoptimierung als auch in der Kundenansprache nur identifiziert werden können, wenn ein Verständnis über die eingesetzte Technologie herrscht.
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1. Methoden und Instrumente der Automatisierung und Personalisierung
Susanne Robra-Bissantz, Christoph Lattemann, Ricardo Guerrero, Anna Maria Lux, Beke Redlich und Simon Fischer
Der Mensch als Teil der Innovation – Eine „Service Canvas“ als anwendungsorientierter Bezugsrahmen
1. Einleitung und Motivation 2. Theoretische Grundlagen 2.1 Digitale Transformation im Dienstleistungssektor 2.2 Entwicklungslinien 2.2.1 Individualisierung 2.2.2 Integration 2.2.3 Kollaboration 2.2.4 Digitalisierung 2.3 Gestaltungsbereiche 2.3.1 Werteversprechen (Customer Value, Value-in-Interaction, Value-in-Use) 2.3.2 Beziehungen 2.3.3 Service-Ökosystem 3. Gestaltung einer anwendungsorientierten Systematik 3.1 Forschungsdesign 3.2 Service Canvas 3.2.1 Werteversprechen im Kontext von Individualisierung, Integration, Kollaboration und Digitalisierung 3.2.2 Beziehungen im Kontext von Individualisierung, Integration, Kollaboration und Digitalisierung 3.2.3 Service-Ökosystem im Kontext von Individualisierung, Integration, Kollaboration und Digitalisierung
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Bruhn und K. Hadwich (Hrsg.), Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen, Forum Dienstleistungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30168-2_2
4. Erkenntnisse und weiteres Vorgehen 5. Zusammenfassung Literaturverzeichnis ___________________________ Prof. Dr. Susanne Robra-Bissantz leitet das Institut für Wirtschaftsinformatik der Technischen Universität Braunschweig und dort den Lehrstuhl Informationsmanagement. Christoph Lattemann ist Professor für Betriebswirtschaftslehre, Innovations- und Informationsmanagement an der Jacobs University Bremen und lehrt außerdem in Teilzeit als Professor für Entrepreneurship an der University of Agder in Norwegen. Ricardo Guerrero ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, Innovations- und Informationsmanagement an der Jacobs University Bremen. Anna Maria Lux ist wissenschaftliche Mitarbeiterin Forschungszentrum für Digitalisierung, Informatik und Informationstechnik (TUBS.digital) der TU Braunschweig. Beke Redlich, M.A., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftlehre, Innovationsund Informationsmanagement an der Jacobs University Bremen. Simon Fischer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Innovationsmanagement, Wirtschaftsinformatik und International Business an der Jacobs University Bremen.
1.
Einleitung und Motivation
Digitale Plattformen, virtuelle Assistenten, Künstliche Intelligenz, Cloudcomputing und Co. – immer mehr neue Technologien können zur Weiterentwicklung und Gestaltung von Dienstleistungen genutzt werden (Robra-Bissantz 2018). Doch noch haben nicht alle Sektoren der Dienstleistungsbranche das Potenzial der Digitalisierung für sich erschlossen: Während solche mit stärkerem Bezug zur Technik, die einem hohen Effizienzdruck und schnellem Wandel unterliegen – wie der Finanzsektor, die Produktion, die Logistik oder die Telekommunikation – in den vergangenen Jahren viele innovative Services generieren konnten, stehen Sektoren mit nah am Menschen orientierten Profilen noch vor der Herausforderung Digitalisierung und Dienstleistung zusammenzubringen (Kleinschmidt et al. 2016a). Personennahe Dienstleistungen (PD) in Betrieben wie Hotels, Restaurants, Kindergärten, Friseuren, Pflegeeinrichtungen und Handwerk führen Leistungen am und mit dem Menschen durch (Parasuraman et al. 1985; Mattila/Enz 2002) und entwickeln diese zum Teil auch gemeinsam mit ihm (Lattemann et al. 2019). Der Einsatz digitaler Technologien spielte dabei aufgrund der direkten menschlichen Interaktionen und der individuellen Anpassungen von Leistungen – und somit aus soziotechnischer Sicht – bisher eine untergeordnete Rolle. Heute sind PD geprägt durch sich kontinuierlich verändernde Lebens-, Konsum- und Arbeitsstile, die neue oder erweiterte Unterstützungsbedarfe im beruflichen und privaten Umfeld erfordern (Kleinschmidt et al. 2016b). Um der steigenden Nachfrage nach individuell auf die Bedürfnisse der Nutzer zugeschnittenen Dienste gerecht zu werden, braucht es auch innerhalb von PD soziale und technische Innovationen, die in einer zunehmenden Digitalisierung ihren Nährboden finden können (Kleinschmidt et al. 2016a). Die Charakteristik von PD, d. h. ihre besonders nahe Wirkung am Menschen, macht es erforderlich den Menschen in die Innovationsentwicklung als Teil der Innovation einzubeziehen – im Sinne eines Nutzers bzw. Kunden und als aktiven Mitwirkenden an der Dienstleistung (Lattemann/Robra-Bissantz 2019). Gemeinsam können im Resultat (a) das Werteversprechen der angebotenen Leistung, (b) die zugrunde liegenden Beziehungen zwischen Anbieter und Nutzer und die Rolle des Nutzers im (c) Service-Ökosystem gestaltet werden. Diese zu berücksichtigenden Bereiche der Innovation, von der der Mensch ein Teil ist, bezeichnen wir als Gestaltungsbereiche. Da der Mensch als Individuum Teil der Innovation wird, spielt die (1) Individualisierung von Leistungen im Entwicklungsprozess von Innovationen eine bedeutende Rolle. Individuell und bereits im frühen Stadium eines Innovationsvorhabens kann im Prozess auch über die Art und Weise der (2) Integration des Kunden und der (3) Kollaboration zwischen Anbieter und Kunde entschieden werden. Voraussetzung hierfür ist die Nutzung des Potenzials neuer Technologien und die Entscheidung über den Grad der (4) Digitalisierung für die Innovationsentwicklung von personennahen Dienstleistungen. Diese vier im
50 S. Robra-Bissantz, Ch. Lattemann, R. Guerrero, A.M. Lux, B. Redlich und S. Fischer Prozess der Innovationsentwicklung zu berücksichtigenden Elemente bezeichnen wir als Entwicklungslinien. Für den Erfolg innovativer Angebote ist heute nicht mehr nur die traditionelle Sach- oder Dienstleistung ausschlaggebend, sondern der damit einhergehende Wert für den Kunden (Payne et al. 2018). Da dieser Value-in-Use einen rein individuellen und kontextbezogenen Wert darstellt, der vom Nutzer wahrgenommen und bestimmt wird (Grönroos 2008; Vargo/Lusch 2008; Vargo/Akaka 2009; Grönroos 2011), ist die Integration des Nutzers in den Innovationsprozess entscheidend für eine gemeinsame Wertentwicklung. Dieser Vorgang, bei dem der Kunde als Begünstigter an der Entwicklung der Innovation selbst teilnimmt und die seinen Bedürfnissen entsprechenden Werte einbringt, wird als Co-Creation bezeichnet (Vargo/Lusch 2008). Wird die kundenseitige Wertschöpfung dagegen erst in der Interaktion zwischen dem Dienstleistungsanbieter und dem Begünstigten als nutzenstiftend empfunden (Robra-Bissantz 2018), spricht man vom Wert als Value-in-Interaction (Robra-Bissantz 2018). Gerade bei PD stehen zwangsläufig sowohl der Value-in-Use als auch der Value-in-Interaction im Zentrum der Betrachtung (Robra-Bissantz 2018). Wie diese Werte identifiziert und in den Innovationsprozess von PD übertragen werden können ist Gegenstand der aktuellen Forschung im Innovations- und Dienstleistungsmanagement und der Wirtschaftsinformatik. Alle drei Wissenschaftsbereiche beschäftigen sich – derzeit noch parallel und mit unterschiedlichen Herangehensweisen – mit der nutzerzentrierten Wertentwicklung und Dienstleistungsgestaltung vor dem Hintergrund zunehmender Digitalisierung (Cinquini et al. 2013). Ziel dieses Beitrags ist es, durch eine interdisziplinäre Perspektive Entwicklungslinien und Gestaltungsbereiche von PD zu beschreiben und über eine Service-Canvas in einen anwendungsorientierten Bezugsrahmen zu setzen.
2.
Theoretische Grundlagen
2.1 Digitale Transformation im Dienstleistungssektor Vor dem Hintergrund der Digitalisierung und des Einsatzes neuer Technologien in Unternehmen sind Geschäftsmodelle, Ideenfindungsprozesse und Methoden teils radikal und disruptiv (Mazzone 2014). Diese fortlaufende und bewusste Veränderung wird als Digitale Transformation verstanden. Gerade weil die Digitale Transformation allgegenwärtig ist, ist es bisher noch nicht gelungen, sie mit all ihren Einflüssen und Wirkungsmechanismen in eine allgemeingültige Definition zu fassen (Schallmo et al. 2017). Im Folgenden verwenden wir den Begriff der Digitalen Transformation aus der Perspektive der Wirt-
Der Mensch als Teil der Innovation
51
schaftsinformatik, mit dem Fokus auf den durch digitale Technologien in Informationssystemen (IS) angestoßenen Wandel von Geschäftsmodellen, Wertschöpfungsnetzen sowie Beziehungen und Prozessen (Robra-Bissantz 2018). In einem Kontext, in dem Informationssysteme Menschen umgeben und zum ubiquitären Interaktionspartner werden (Perl et al. 2017), verändern sich klassische Dienstleistungen zu und mit durch Informationstechnologie gestützten Interaktionen (E-Services) und eröffnen neue Potenziale in allen Sphären der Wertgenerierung unter der Prämisse der gleichberechtigten Einbindung der beteiligten Akteure (Robra-Bissantz 2018). Dort wo digitale Technologien vernetzt werden, brechen traditionelle Rollenverteilungen des Marktes auf und neue Beziehungen und Austauschleistungen erlauben eine Neubewertung gegebener Situationen. Hier können digitale Dienste menschliche Partner ersetzen und öffnen gleichzeitig neue Räume zur Interaktion und Zusammenarbeit (Robra-Bissantz/ Siemon 2018). Co-Creation eröffnet Unternehmen die Möglichkeit, während der Dienstleistungserbringung oder bereits vor der Einführung neuer Angebote deren Wert zusammen mit den zukünftigen Kunden zu definieren (Grönroos 2008, 2011b). Begegnungen der Anbieter mit ihren Kunden in gemeinsamen Räumen (Joint Spheres) können virtuell erfolgen wie z. B. über mobile Applikationen. Die gemeinsame Wertedefinition ermöglicht es, Angebote hinsichtlich Produkt, Dienstleistung und E-Services kundenorientiert zu gestalten und auf individuelle Bedürfnisse einzugehen (vgl. Abschnitt 2.2.1) (Piller et al. 2017). Hierzu müssen Anbieter bereit sein, neue Wege zu gehen und Kunden stärker in den Entwicklungsprozess von Dienstleistungen zu integrieren (vgl. Abschnitt 2.2.2) (Peschl 2018), Aufgaben abzugeben, dezentral zu unterstützen und kooperative, gleichberechtigte Partnerschaften zuzulassen (vgl. Abschnitt 2.2.3) (Robra-Bissantz 2018). All dies erfordert klare Entscheidungen hinsichtlich der Einführung von Enablern, die neue Anwendungen bzw. Leistungen erzeugen und dadurch einen zusätzlichen Nutzen generieren (vgl. Abschnitt 2.2.4) (Schallmo et al. 2017).
2.2 Entwicklungslinien Abgeleitet aus Erfahrungswerten verschiedener Branchen, aus der Digitalen Transformation und aus der Auseinandersetzung mit Geschäftsmodellen unterschiedlicher Dienstleistungen, lassen sich wesentliche Elemente im Entwicklungsprozess von Innovationen im Dienstleistungsbereich identifizieren (Menschner/Leimeister 2011; Kleinschmidt et al. 2016a; Becker et al. 2017), die im Folgenden näher beschrieben werden. Hierzu gehört die Erkennung und Berücksichtigung von individuellen Bedarfen und Situationen (vgl. Abschnitt 2.2.1), die Vernetzung und Zusammenführung von Unternehmen und Kunden in der Leistungserbringung (vgl. Abschnitt 2.2.2) und neue, dezentrale Formen der Kooperation und Kollaboration (vgl. Abschnitt 2.2.3), sowie die bewusste Digitalisierung von Aufgaben im Rahmen einer Digitalisierungsstrategie (vgl. Abschnitt 2.2.4).
52 S. Robra-Bissantz, Ch. Lattemann, R. Guerrero, A.M. Lux, B. Redlich und S. Fischer
2.2.1 Individualisierung Die Individualisierung wird heute häufig als Megatrend bezeichnet (Kölmel et al. 2019). Hierbei handelt es sich aber in der Tat um einen gesellschaftlichen Trend, der bereits seit den 1970er Jahren beobachtet wird und mit der Industrialisierung und Modernisierung der westlichen Gesellschaft einhergeht (Beck 1997). Dass Individualisierung von Produkten und Dienstleistungen darüber hinaus eine Marktchance darstellt, wurde von Unternehmen bereits seit längerem erkannt und über die Strategie der kundenindividuellen Massenproduktion umgesetzt. Die so genannte Mass Customization ermöglicht es Kunden, ein individuell angepasstes Produkt zu einem unwesentlich höheren Preis gegenüber Massenprodukten zu erwerben (Schaller et al. 2004). Ein Massenprodukt-orientierter Ansatz genügt dem heutigen Selbstverständnis der Kunden jedoch nicht mehr (Kölmel et al. 2019). Neue Technologien bieten Potenziale zur Ausgestaltung der Service Customization, d. h. Dienstleistungen die sich primär an individuellen Präferenzen von Kunden hinsichtlich Nachfrage, Nutzung und Bedeutung ausrichten (Reichwald et al. 2002; Kölmel et al. 2019): Durch die Digitalisierung hat sich die Individualisierung von Dienstleistungsangeboten bereits in einigen Bereichen als gängiger E-Service in unterschiedlichen Formen durchgesetzt – angefangen bei der Kommunikation, über die Angebotserstellung und die Produktion bis hin zu kuratierten Angeboten (Robra-Bissantz/Lattemann 2017). Mit der zunehmenden Möglichkeit der digitalen Interaktionen unter dem Einbezug autonomer Interaktionspartner nimmt die Wissensbasis bei Unternehmen über ihre Kunden zu. Ausgereifte Sensorik, die ambient oder aktiv verwendet werden kann, ist in der Lage die individuelle Situation des Kunden zu erfassen. Vernetzte Geräte können diese Informationen mit Umgebungswissen anreichern und Künstliche Intelligenz, Data Mining und Neuronale Netze ermöglichen die Übersetzung von Informationen zu Meinungsbilder, Stimmungen und Trends, die wiederum zur Lösungsentwicklung und Leistungserbringung verwendet werden können. Das Wissen über Wertvorstellungen, Präferenzen und Lebenssituation von Kunden ermöglicht es Unternehmen, individuelle Produkte und Dienstleistungen anzubieten: Sowohl Such-, Informations- und Entscheidungsaktivitäten, die vom Kunden ausgehen als auch Informations-, Beratungs- und Vereinbarungsaktivitäten des Anbieters helfen dabei, die richtige Individualisierungsfunktion für einen Kunden zu finden (Kölmel et al. 2019).
2.2.2 Integration Das Verständnis zur Rolle eines Kunden innerhalb einer Dienstleistung hat sich sowohl auf Forschungsseite durch Einflüsse der Service-Dominant Logic (SDL) (z. B. Vargo/Lusch 2004) und der Service Logic (SL) (z. B. Grönroos 2011b), als auch in der unternehmerischen Praxis verändert: Der Kunde wird zunehmend aktiv in den Prozess der Leistungserbringung einbezogen. In der Betriebswirtschaftslehre spricht man von Kunden-
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integration (Customer Integration), wenn Kunden freiwillig und unentgeltlich im Vertrauen auf Gegenseitigkeit bei der Ideen-, Produkt- oder Serviceentwicklung mitwirken, wobei z. B. soziale Anerkennung oder soziale Einbindung Anreize schaffen können (Robra-Bissantz/Lattemann 2005; Lattemann/Robra-Bissantz 2006). Maßnahmen der Kundenintegration erstrecken sich von klassischen Ideenwettbewerben, dem Beta-Testing von Produktvorschlägen, über die Mund-zu-Mund-Propaganda oder die Beratung von Kunde zu Kunde bis dahin, dass Kunden das eigentliche Produkt des Unternehmens erstellen (Robra-Bissantz/Siemon 2018). Im digitalen Zeitalter, das geprägt ist von digitalen Plattformen, virtuellen Netzwerken und mobilen Applikationen, hat die Leistungsbereitschaft der Kunden zur Beteiligung an der Entwicklung von Unternehmensleistungen grundsätzlich zugenommen (Peschl 2018). Der Wechsel vom passiven Konsumenten zum aktiven Gestalter, Co-Creator oder Prosumer zeigt sich in zunehmend mehr Ausprägungen: Kunden werden selbst zu Anbietern und Partnern. Sie übernehmen Aktivitäten der Dienstleistung selbst (Self-Service), übernehmen die Schaffung von Produkten nach Anleitungen (Do-it-Yourself) oder gestalten sogar selbst völlig neue Produkte (Maker-Bewegung). Dabei lassen sich sowohl die Einbindung der Kunden als auch die Schaffung von Anreizen durch E-Services individuell nach deren Vorlieben justieren (Robra-Bissantz/Lattemann 2017).
2.2.3 Kollaboration Der Begriff der Kollaboration bezeichnet in diesem Beitrag die Zusammenarbeit im unternehmerischen Kontext, wobei in der Ausführung verschiedene Formen und unterschiedliche Bedingungen existieren (Robra-Bissantz/Siemon 2018). Unterschieden wird dabei zwischen einer „koordinierten" Zusammenarbeit, die sich auf einzelne, individuell erbrachte Tätigkeiten für ein großes gemeinsames Ziel einer Gruppe bezieht, und einer „konzertierten" Zusammenarbeit, bei der ein Bündel an Tätigkeiten gemeinsam geleistet wird, deren Einzelteile nicht auf ein Individuum zurückzuführen sind (Randrup et al. 2016). In beiden Kollaborationsformen arbeiten die Beteiligten gemeinsam zur Erreichung bestimmter, gemeinsamer Ziele (Lurey/Raisinghani 2001). Im Rahmen eines Innovationsprozesses zur Serviceentwicklung können Kooperationen mit Kunden, Lieferanten oder auch Wettbewerbern dabei helfen, verborgenes und unbewusstes Wissen zu erschließen. Die gewonnenen Informationen können ein erweitertes Verständnis für die Bedürfnisse und Herausforderungen von Kunden beinhalten (von Hippel 1994; Thorn/Müller 2006). Den eigenen Innovationsprozess zu öffnen und dabei die sich bietenden Möglichkeiten von Informationstechnologien (IT) zu nutzen, kann für Unternehmen von großer Bedeutung für den Erfolg von Zusammenarbeit sein (Plattfaut et al. 2013; Cheng/Huizingh 2014; Plattfaut et al. 2015). Der Einsatz von IT steigert die Flexibilität in der Zusammenarbeit wesentlich, minimiert zeitliche und örtliche Beschränkungen und fördert die Akzeptanzsteigerung von Kooperationen. Neue Medien ebnen den Weg zu einer konzertierten Zusammenarbeit in digitalen Netzen und unterstützten den
54 S. Robra-Bissantz, Ch. Lattemann, R. Guerrero, A.M. Lux, B. Redlich und S. Fischer Aufbau kollaborativer Kompetenzen mit dem Ziel gemeinsamer Wertschöpfung (RobraBissantz/Siemon 2018). Entscheidend für das Gelingen einer Kollaboration mit Kunden ist die Fähigkeit eines Anbieters, Kundenfeedback einzuholen und für die Weiterentwicklung seiner Angebote nutzbar zu machen. Dazu müssen die Maßnahmen über die üblichen Call- und Kontaktcenter hinausgehen und das volle Potenzial digitaler Technologien nutzen, das sich über netzwerkbasierte Aufzeichnungen und Analysen, webbasiertes Beschwerdemanagement und insbesondere aus den sozialen, digitalen Plattformen erschließt (Robra-Bissantz/Lattemann 2017).
2.2.4 Digitalisierung So vielfältig der Begriff der Digitalisierung auch genutzt und auf unterschiedlichen Ebenen betrachtet wird, so geht es generell um die Transformation des Analogen ins Digitale. Dieser rein technologische Vorgang, im Englischen als Digitization bezeichnet, bildet die Grundlage einer tiefgreifenden Veränderung in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft, die weit über eine bloße Abbildung von Prozessen und Informationen ins Digitale hinausgeht. Es ist die Einführung digitaler Technologien in nahezu all unseren Lebens- und Arbeitsbereichen, die ein verändertes Miteinander bewirkt und neue Werte schafft – man spricht bei dieser weiterführenden Interpretation von Digitalisierung (Digitalization) (Brennen/ Kreiss 2016; Hess 2019). Die schnelle Verbreitung digitaler Technologien setzt einen enormen Wandel in Gang, der Unternehmen vielfältige Chancen bietet. Um diese Chancen zu ergreifen ist jedoch eine aktive (Neu-)Ausrichtung auf digitale Märkte notwendig. Insbesondere Unternehmen, die keine ursprünglich digitalen Strukturen besitzen, benötigen für eine erfolgreiche Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle eine Strategie in klar definierten Handlungsfeldern, wie sie z. B. „Kunde” und „Leistungsversprechen” darstellen (Gimpel/Röglinger 2015). Im Rahmen einer (Teil-)Automatisierung mittels IT werden Aufgaben, die sich in Unternehmen wiederholen und immer wieder in gleicher Art und Weise anfallen, bereits seit einiger Zeit vom Menschen auf den Computer übertragen (Hess 2019). Der flächendeckende Einsatz von Sensoren und Aktoren, zunehmende Vernetzung, neue Möglichkeiten mobiler Kommunikation und die Nutzung von Enabler-Technologien wie z. B. Big Data und Künstlicher Intelligenz, ermöglichen es auch komplexe Dienstleistungen zu automatisieren und gleichzeitig völlig neue Anwendungen bzw. Leistungen (z. B. Bedarfsvorhersagen) zu generieren (Schallmo 2016), sowohl für das Unternehmen als auch für den Kunden. In der Entwicklung von Dienstleistungsinnovationen ist deshalb der Grad der Digitalisierung im Sinne einer sinnhaften Automatisierung individuell unternehmerisch abzuwägen und zu entscheiden, an welcher Stelle der Einsatz z. B. eines digitalen Partners gegenüber einer persönlichen menschlichen Betreuung für den Kunden Mehrwert bringt.
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2.3 Gestaltungsbereiche Das durch die digitale Transformation geprägte Wettbewerbsumfeld erfordert von Unternehmen die Fähigkeit, sich selbst und ihr Geschäftsmodell digital, agil und service-orientiert weiterzuentwickeln (Lusch et al. 2010). Dies setzt voraus, dass sie die für die Innovationsentwicklung entscheidenden Gestaltungsbereiche fortlaufend anpassen, zu denen das zu gebende Werteversprechen ihrer Produkte und Dienstleistungen (vgl. Abschnitt 2.3.1), die Geschäftsbeziehungen (vgl. Abschnitt 2.3.2) und das Service-Ökosystem (vgl. Abschnitt 2.3.3) zählen.
2.3.1 Werteversprechen (Customer Value, Value-in-Interaction, Value-in-Use) Das Werteversprechen eines Produktes oder einer Dienstleistung setzt sich zusammen aus dem Customer Value, dem Value-in-Use und dem Value-in-Interaction. Die Orientierung am Customer Value ist für den Erfolg eines Unternehmens essenziell, da er ein strategisches Instrument zur Gewinnung und Bindung von Kunden darstellt (Wang et al. 2004; Chen/Quester 2006) und dabei helfen kann, sich von Wettbewerbern zu differenzieren (Zeithaml 1988; Gale et al. 1994; Zeithaml et al. 1996; Parasuraman 1997; Woodruff 1997). Ferner ermöglicht der Customer Value die Ausbildung von Wettbewerbsvorteilen (Woodruff 1997; Mizik/Jacobson 2003; Spiteri/Dion 2004) und stellt somit die Grundlage aller Dienstleistungsaktivitäten dar (Holbrook 1996). Da es sich beim Customer Value um individuelle und unterschiedliche Werte eines jeden Kunden handelt, ist eine übergeordnete Spezifizierung nicht genauer zu formulieren (Holbrook 2006). In den letzten zwei Jahrzehnten haben Konzept und Verständnis des Werteversprechens einen grundlegenden Perspektivwechsel erfahren. Die ehemalige Fokussierung auf den Wert des Ressourcenaustauschs zwischen Kunden und Unternehmen wird abgelöst durch einen Fokus auf Ressourcenintegration, Value-in-Interaction und Value-in-Use. Diese neue Perspektive beeinflusst auch die Sicht auf den Customer Value (Payne et al. 2017), da die traditionelle Sichtweise der Dienstleistung mit dem Fokus auf die Wertschöpfung durch die SDL (Vargo/Lusch 2004, 2008) und die SL (Grönroos 2011b) in Frage gestellt wird. Dies bedeutet, dass der Wert nicht an den Kunden geliefert werden kann, sondern der Wert vielmehr „vom Kunden anhand des eigentlichen Value-in-Use ermittelt“ wird (Vargo/Lusch 2004, S. 7) und dass ein Value-in-Interaction zum Value-in-Use eines Akteurs beitragen kann (Robra-Bissantz 2018). Aus diesem zeitgenössischen Blickwinkel erkennt und bestimmt zum einen der Kunde den Wert, und zum anderen wird der Wert durch Ressourcenintegration mitgeschaffen (Vargo/Lusch 2004, 2008). Der Prozess der Ressourcenintegration verlagert sich von der Sphäre des Kunden (Customer Sphere) in eine gemeinsame Sphäre (Joint Sphere) von Kunde und Anbieter, d. h. die Schaffung des Value-in-Use wird gleichermaßen zur Verantwortung des Dienstleisters und des Kunden (Eggert et al. 2018).
56 S. Robra-Bissantz, Ch. Lattemann, R. Guerrero, A.M. Lux, B. Redlich und S. Fischer Diese neue gemeinsame Verantwortung entspricht dem heutigen komplexen Wettbewerbsumfeld, in dem immer mehr Kunden eine Beteiligung an der Wertschöpfung fordern (Sánchez-Fernández et al. 2009). Durch die Digitalisierung werden heute neue Wertschöpfungsmöglichkeiten geschaffen: So werden beispielsweise digitale Ressourcen vermehrt dazu genutzt, um neue Quellen für Wettbewerbsvorteile zu erschließen und den Customer Value zu identifizieren.
2.3.2 Beziehungen Unternehmerische Beziehungen, unabhängig von Business to Business (B2B) oder Business to Customer (B2C), sind seit Jahrzehnten Gegenstand wirtschaftswissenschaftlicher Betrachtungen und nehmen an Bedeutung zu (Wilkinson 2001; Ritter/Gemunden 2003). Sie werden hier zusammenfassend als Geschäftsbeziehungen bezeichnet und bilden die Grundlage für Wertschöpfungspotenziale (Ulaga 2003; Ulaga/Eggert 2005). Um diese Wertschöpfungspotenziale zu heben, braucht es im Sinne von SDL und SL ein neues Verständnis im Kundenbeziehungsmanagement, da sich die Wertschöpfung nicht mehr nur auf den Austausch von Ressourcen bezieht. Stand früher die Profitmaximierung einzelner Transaktionen im Vordergrund, so gilt es für Unternehmen heute, die Profitabilität ihrer Angebote entlang der Lebensdauer ihrer Kundenbeziehungen zu bewerten (Vargo/ Lusch 2008). Dabei umfassen die Austauschbeziehungen auf den heutigen Märkten Kunden-Firmen- und/oder Kunden-Kunden-Interaktionen, bei denen der Kunde als Co-Produzent teilnimmt und sogar selbst im Kundenbeziehungsmanagement aktiv wird (Grönroos 2008, S. 307). Innerhalb dieses Konstrukts sind Kunden nicht mehr nur die zu betrachtenden Objekte, sondern vielmehr aktive Partner, die die Geschäftsbeziehungen formen. Kunden sind Akteure, die freiwillig mit Unternehmen zusammenarbeiten, die Beziehungen pflegen und gestalten und an der Wertschöpfung mitwirken (Greenberg/Greenberg 2008). Die Digitalisierung bietet für dieses neue Rollenverständnis viele unterstützende Möglichkeiten. Überwiegend werden digitale Technologien dafür genutzt, um Kunden interaktiv einzubeziehen, zu befähigen und zu beteiligen (Straker/Wrigley 2016). Derzeit nutzen Firmen Web 2.0-Technologien wie Blogs, Wikis, soziale Netzwerke und virtuelle Communities vor allem, um sich auf Kunden-Unternehmen- oder Kunden-Kunden-Interaktionen zu konzentrieren und über eine interaktive Zusammenarbeit diese Beziehungen im Sinne einer gemeinsamen Wertschöpfung zu formen (Greenberg/Greenberg 2008). Eine Vielzahl von Studien (Boyd/Spekman 2004; Holland/Naudé 2004; Ndubisi/Iftikhar 2012) bestätigt, dass der Einsatz von IT und digitalen Werkzeugen die Unternehmens- und Kundenbeziehungen verbessert und eine größere Wertschöpfung ermöglicht, nicht nur für die Kunden selbst (Boulding et al. 2005), sondern auch für die zugehörigen sozialen Netzwerke (Greenberg/Greenberg 2008).
Der Mensch als Teil der Innovation
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2.3.3 Service-Ökosystem Ein dritter Gestaltungsbereich, der Unternehmen eine ergänzende Perspektive in ihrer Weiterentwicklung bietet und sich ebenfalls aus der SDL ableitet, ist der des Service-Ökosystems. Definiert wird es als „ein relativ eigenständiges, sich selbst anpassendes System von Akteuren, die Wert auf die Integration von Ressourcen legen, und die durch gemeinsame institutionelle Vereinbarungen und gegenseitige Wertschöpfung durch den Austausch von Dienstleistungen verbunden sind” (Vargo/Lusch 2016, S. 10). In der Entwicklung von Dienstleistungen eignet sich die Adaption der Service-Ökosystem-Perspektive als dynamischer, systematisierter Ansatz zur Untersuchung von Interaktions- und Austauschhandlungen zwischen verschieden Stakeholdern, bzw. Akteuren, da hier alle Akteure sowie Technologien als Ressource für der Wertschöpfung berücksichtigt werden (Lusch/Nambisan 2015). Durch diesen Perspektivwechsel wird der Begriff des Wertes dahin verändert, dass der Vorgang der Value Creation als Ergebnis gemeinsamer Anstrengungen von Unternehmen, Kunden und weiteren Akteuren (z. B. Lieferanten, Dienstleistungsanbieter, Technologien) zur Value Co-Creation wird (Vargo et al. 2008). Der reale Wert (Smith 1776) oder Value-in-Use wird in diesem Konzept durch Integration und Anwendung von Ressourcen abgeleitet und bestimmt. Ebenso durch die Betrachtung von Technologie als Akteur können andere Akteure ihre Fähigkeit zur Rekonfiguration der Ressourcenintegration innerhalb des Ökosystems selbst erweitern, beispielsweise in Bezug auf die Fähigkeit von IT und den Austausch und die Koordination von Wissen (Nambisan 2013). Dies macht deutlich, wie menschliche Akteure innerhalb eines Ökosystems ihre Verhaltensmuster zur Integration von Ressourcen ändern und anpassen können, und wie Technologie als Akteur zu dieser Transformation beiträgt (Sklyar et al. 2019). Schlussendlich ermöglicht die Service-Ökosystem-Perspektive Erkenntnisse über die Dynamik unterschiedlicher Akteure von zu entwickelnden Dienstleistungen, das durch die SDL gestützt wird, wobei eine Kundenzentrierung den übergeordneten Fokus darstellt (Vargo/Lusch 2008; Merz et al. 2009).
3.
Gestaltung einer anwendungsorientierten Systematik
3.1 Forschungsdesign Die vorliegenden Analysen basieren methodisch auf einem gestaltungsorientierten Forschungsansatz, dem so genannten Design Science Research (DSR) (Hevner et al. 2004). Bei der Anwendung von DSR wird ein lösungsorientierter Weg beschritten, der auf konkrete Probleme im Kontext von Informationssystemen eingeht (Hevner et al. 2004). Ziel dieses Ansatzes ist es, ein praxisrelevantes Problem mit Hilfe eines theoriegeleiteten Artefakts zu lösen und den Nutzenzuwachs, der durch die Lösung entsteht, zu bewerten. Ein
58 S. Robra-Bissantz, Ch. Lattemann, R. Guerrero, A.M. Lux, B. Redlich und S. Fischer Artefakt kann unterschiedliche Formen annehmen, wie Methoden, Modelle oder Instanziierungen (Hevner et al. 2004). Die dem Beitrag zugrunde liegende Forschung folgt dem Ansatz der DSR, indem aus der Theorie eine „Service Canvas“ (ein Artefakt im Sinne der DSR) abgeleitet wurde, die einen werte- und nutzerzentrierten Bezugsrahmen für die Innovationsentwicklung von digitalisierten PD darstellt. Sowohl der Design- als auch der Evaluierungsprozess der Service Canvas erfolgen dabei iterativ und strukturiert (Gregor/Hevner 2013). Zur Bestimmung und Reflektion der Elemente, die nachfolgend beschrieben werden, wurde auf die SDL (Vargo/Lusch 2004) sowie auf die jüngsten Konzepte im Themengebiet der kundenorientierten Wertschöpfung (Grönroos 2008; Vargo/Lusch 2008; Vargo/ Akaka 2009; Grönroos 2011a) zurückgegriffen, da sie die Logik des neuen digitalen Marktes besser als die traditionelle, produktorientierte Marktperspektive abbilden können. Im Folgenden gehen wir im Detail auf unser Artefakt, die „Service Canvas“, ein.
3.2 Service Canvas Die Service Canvas ist ein Teilergebnis eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Begleitprojektes zur Bekanntmachung „Personennahe Dienstleistung” (BeDien), in der acht Verbundprojekte im Zeitraum 2019 bis 2022 gefördert werden und an denen die Service Canvas erprobt wird. Im Rahmen der Innovationsentwicklungvon PD dient die Service Canvas dazu, die Resultate als Bereiche zu Gestaltung der Innovation aufzuzeigen und den wesentlichen Betrachtungspunkten im Entwicklungsprozess gegenüberzustellen. Aus diesen Gestaltungsbereichen und Entwicklungslinien spannt sich eine zweidimensionale Matrix auf. Die horizontal angeordneten Entwicklungslinien von PD bilden Spalten, resultierend aus den gewählten Betrachtungspunkten (1) Individualisierung, (2) Integration, (3) Kollaboration und (4) Digitalisierung. Vertikal als Zeilen angeordnet sind die Gestaltungsbereiche mit den Elementen (a) Werteversprechen, (b) Beziehungen und (c) Service-Ökosystem. So ergibt die Service Canvas insgesamt 12 Felder (siehe Abbildung 1), die zur Identifikation von Innovationspotenzialen für PD herangezogen werden können und dabei den Menschen als Teil der Innovation einbeziehen.
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Gestaltungsbereiche
Entwicklungslinien (1)
(2)
(3)
(4)
Individualisierung
Integration
Kollaboration
Digitalisierung
Werteversprechen
1a
2a
3a
4a
Beziehungen
1b
2b
3b
4b
ServiceÖkosystem
1c
2c
3c
4c
Abbildung 1:
Service Canvas für personennahe Dienstleistungen
3.2.1 Werteversprechen im Kontext von Individualisierung, Integration, Kollaboration und Digitalisierung Der Grad der Individualisierung eines Angebotes beeinflusst das Werteversprechen, das das Unternehmen dem Kunden gibt. Der SDL folgend können Serviceangebote mit Unternehmen, Konsumenten und weiteren Stakeholdern gemeinsam gestaltet werden (Skålén et al. 2015). Doch die zu entwickelnde Dienstleistung muss nicht unbedingt ein Angebot sein, das für eine große Anzahl von Kunden standardisiert ist. (1a) Individuelle, situierte Dienstleistungsangebote sind Werteversprechen, die in ihrer Ausprägung auf einen einzigen Kunden zugeschnitten sind. Die Erfahrung, die der Kunde mit dem Werteversprechen macht, ist individuell und wird ebenso individuell wahrgenommen, genutzt und bewertet (Prahalad/Ramaswamy 2004). Diesen Gedanken weiterführend kann beispielsweise ein Unternehmen eine Dienstleistung anbieten, die für unterschiedliche Kunden in individualisierten Varianten nutzbar ist und die jeweiligen Kundenbedürfnisse (Bedürfnisse, Verhalten, Vorlieben) separat berücksichtigt. Die Integration von Kunden in die Entwicklung von Werten kann sich für Unternehmen zu einer Schlüsselstrategie entwickeln (Prahalad 2000), denn (2a) Kundenkompetenzen tragen wesentlich zum Erfolg einer Dienstleistungsstrategie bei (Danneels 2002). Kundenkompetenzen prägen den Prozess der gemeinsamen Wertschaffung bei der Entwicklung eines neuen Produktes oder einer neuen Dienstleistung (Prahalad 2000). Damit der Kunde sein Wissen, seine Fähigkeiten und sein Engagement in den Innovationsprozess einbringen kann, ist es erforderlich, dass das Unternehmen sich öffnet und den Kunden in den Dienstleistungsentwicklungsprozess integriert. Für den Kunden ändert sich dadurch seine Rolle von einem reinen Nachfrager zu einem Prosumer. Während in der Innovationsentwicklung der Fokus zumeist auf dem Output, d. h. der Innovation, liegt, tritt durch Kollaboration eine Prozessperspektive in den Vordergrund, die eine (3a) gemeinsame Dienstleistungsentwicklung anstrebt. Hierbei wird das Werteversprechen der Dienstleistung vom Unternehmen und Kunden gemeinsam gestaltet und eine
60 S. Robra-Bissantz, Ch. Lattemann, R. Guerrero, A.M. Lux, B. Redlich und S. Fischer echte Dienstleistungserfahrung (Service Experience) geschaffen, die sich unterschiedlicher Ressourcen bedient (Prahalad/Ramaswamy 2004; Vargo/Lusch 2004, 2008). Die gemeinsame Dienstleistungsentwicklung (oder auch Co-Creation) setzt voraus, dass alle Akteure eng miteinander in Verbindung stehen und aktiv im Prozess involviert sind, um gemeinsam an der Erschaffung von Werten und Erfahrungen zu partizipieren. Hierbei agieren Kunden mit eigenen, von Unternehmensseite oder von anderen Marktakteuren zur Verfügung gestellten Ressourcen, um ihr Wohlbefinden oder persönlichen Erfahrungen durch einen Service zu verbessern (Vargo/Lusch 2008). Die Betrachtung des Werteversprechens im Kontext der Digitalisierung führt zwangsläufig zu (4a) digitalen Dienstleistungen mit dazugehörigen Geschäftsmodellen (Arnold et al. 2016; Kiel et al. 2017). Für die entsprechenden Geschäftsmodelle gewinnen Aspekte der Value Creation, der Value Proposition (Werteversprechen) und des Value Capture (Werterfassung) besondere Bedeutung (Mezger 2014; Teece 2018). Für die Umsetzung von digitalen Dienstleistungen müssen Unternehmen Art und Umfang des Einsatzes digitaler Technologien, wie z. B. digitaler Plattformen, sorgfältig abwägen. Die begleitenden Geschäftsmodelle müssen dahingehend gestaltet sein, dass der Kunde das Werteversprechen über die digitale Dienstleistung wahrnehmen kann und eine durchgängige, positive Erfahrung in der Nutzung der Dienstleistung erlebt (Visnjic et al. 2018).
3.2.2 Beziehungen im Kontext von Individualisierung, Integration, Kollaboration und Digitalisierung Berücksichtigt man in der Gestaltung der unternehmerischen Beziehungen den Aspekt der Individualisierung, führt dies zu einer (1b) individuellen Passung von Dienstleistungen. Die Ausgestaltung der Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden hin zur Co-Creation bietet Unternehmen vor allem die Chance, Zugriff auf Wissen und Kompetenzen der Kunden zu erlangen. Co-Creation impliziert die Bereitschaft des Kunden seine Rolle von einem konsumierenden zu einem proaktiven Akteur zu verändern und für den Entwicklungsprozess einer Innovation relevante Ressourcen einzubringen (Grönroos 2000). In dieser Rolle handelt der Kunden aber nicht zwangsläufig nur im Sinne seiner individuellen Bedürfnisse, Vorlieben oder Verhaltensweisen. Vielmehr trägt er auch zu Angeboten bei, die für eine breitere Masse bestimmt sind, indem er Informationen und Erfahrungen aus der Nutzung bereits bestehender Dienstleistungen in den Innovationsprozess einbringt (Chatterjee 2013). Erst die individuelle Passung von Dienstleistungen stellt sich als Prozess dar, der das Gestalten und das Konsumieren von individuellen Lösungen beschreibt. In diesem Fall ist der Kunde derjenige, der als Co-Producer oder Co-Designer bei seiner eigenen kundenspezifischen Dienstleistung agiert (Schaller et al. 2004). Die Integration des Kunden zu Entwicklung von Innovationen im Bereich der Geschäftsbeziehungen führt dazu, dass (2b) Kundenwissen für den unternehmerischen Wertschöpfungsprozess nutzbar gemacht werden kann. Eine solche Einbindung des Kunden in den Innovationsprozess kann unternehmensseitig zum Erwerb von neuem Wissen (z. B. Wissen über Kundenpräferenzen) und neuen Fähigkeiten (z. B. Kommunikationsfähigkeiten,
Der Mensch als Teil der Innovation
61
Fähigkeiten im Kundenkontakt) führen (Emden et al. 2006) und entscheiden Wettbewerbsvorteile schaffen (Blazevic/Lievens 2008). Primäres Ziel der Integration des Kunden muss es aber sein, gemeinsam Dienstleistungen zu innovieren (Rindfleisch/Moorman 2001; Sandmeier 2009; Homburg/Kuehnl 2014). Entscheidend ist dabei, dass nicht nur ein einzelner Kunde oder eine homogene Kundengruppe in den Wertschöpfungsprozess integriert werden; vielmehr sollte eine Heterogenität und Vielzahl angestrebt werden. Kundenwissen kann z. B. in Form von Feedback und Vorschlägen eingebracht werden und entspricht einer Expertise, die durch unterschiedliche Nutzergruppen gebildet wird und in unterschiedlichen Phasen der Serviceentwicklung Eingang in ein Unternehmen findet. Basiert die Beziehung von Unternehmen und Kunden auf Kollaboration, werden (3b) Soziale Interaktionen möglich. Im Kontext von PD werden soziale Interaktionen als auf Beziehungen beruhende, umfassende interaktive Kollaboration auf unterschiedlichen Ebenen zwischen diversen Akteuren verstanden (Butcher/Dalton 2014). Soziale Interaktionen wurden in der Vergangenheit bereits als Schlüsselmerkmal in der Entwicklung von Dienstleistungen erkannt (Sampson 2000; Akaka/Vargo 2015; Chuang/Hsieh 2015). Sie werden nicht nur durch die geschäftlichen Beziehungen zwischen Unternehmen und Kunden charakterisiert, sondern auch durch das persönliche kundenseitige Engagement, sich unmittelbar an der Service Experience zu engagieren (Mills/Margulies 1980; Chase 1981; Mills et al. 1983). In der Vergangenheit war die Service Experience ausschließlich geprägt durch persönliche Interaktionen. Heute können webbasierte Schnittstellen die Service Experience digital erweitern, wodurch Kunden und Anbieter unabhängig von Zeit und Ort in Interaktion treten können (Nicholls 2005; Heinonen 2008; Georgi/Mink 2013). Die durch die Digitalisierung erweiterten Möglichkeiten der Interaktion begünstigen die Gestaltung der Beziehungen zwischen Anbieter und Kunden dahingehend, dass sie das Potenzial bieten einen (4b) Value-in-Interaction zu generieren. Der Value-in-Interaction bezieht sich hierbei auf den Wert, den ein Kunde über verschiedene Kontaktpunkte in einem bestimmten Zeitraum hinweg aus verschiedenen direkten Interaktionen mit dem Dienstleistungsanbieter erfährt (Robra-Bissantz 2018). Die Generierung dieses Wertes ist nur möglich, wenn diese zwischen dem Dienstleistungsanbieter und dem Kunden stattfindenden Interaktionen über konfigurierbare Kontrollpunkte erfasst werden (Pagani 2013). Durch das Messen, Analysieren und Auswerten von Interaktionen mittels dieser Kontrollpunkte können Aussagen zur Nützlichkeit funktionaler Komponenten hergeleitet werden, die zur Entwicklung eines nachhaltigen bzw. marktfähigen Dienstleistungsangebotes beitragen.
3.2.3 Service-Ökosystem im Kontext von Individualisierung, Integration, Kollaboration und Digitalisierung Die Individualisierung von Leistungen ermöglicht es, eine (1c) dynamische Anpassung der eigenen Kompetenzen in einem Service-Ökosystem vorzunehmen. Kompetenzen werden in Service-Ökosystemen über die Bereitstellung und Annahme von Operanden und
62 S. Robra-Bissantz, Ch. Lattemann, R. Guerrero, A.M. Lux, B. Redlich und S. Fischer Operanten Ressourcen ausgetauscht (Vargo/Lusch 2004). Operande Ressourcen sind meist physischer und statischer Natur, dienen allerdings als Träger der Kompetenzen von Akteuren und ermöglichen oder erleichtern die Aktivitäten im Kontext der Wertgenerierung (Lusch/Nambisan 2015). Operante Ressourcen hingegen sind dynamische Kompetenzen, wie z. B. Wissen, Fähigkeiten oder Fertigkeiten, die in der Lage sind andere Ressourcen neu zu konfigurieren und so einen neuen Wert schaffen (Robra-Bissantz 2018). Sie sind daher zumeist immateriell und ungleich schwerer an andere Akteure übertragbar (Lusch/Nambisan 2015). Neben dieser inhärenten Herausforderung der eingeschränkten Übertragbarkeit von dynamischen Kompetenzen, sehen Unternehmen sich oftmals mit weiteren Herausforderungen bezüglich der Anpassung eigener Kompetenzen konfrontiert (Duening/Click 2005): Die Knappheit von Fachkräften und fehlendes Know-how darüber, wie Kundenbedürfnisse zufriedengestellt und neue Dienstleistungsangebote entwickelt werden können, führen dazu, dass Innovationsentwicklungen und Wertschöpfungsprozesse gehemmt werden (Knight/Kim 2009). In solchen Situationen greifen Unternehmen auf Kompetenzen oder Wissen externer Quellen zurück, wie z. B. Unternehmenspartner, Kunden und andere Stakeholder. Dieser Prozess der Kompetenzentwicklung über die Einbindung mehrerer Akteure stellt erneut ein starkes Argument zur Berücksichtigung des menschlichen Faktors im Innovationsentwicklungsprozess und für Co-Creation dar (Wetter-Edman et al. 2014). Das Einbringen von externen Kompetenzen wird vor dem Hintergrund der steigenden Komplexität und Interdependenz von Geschäfts- und Kundenbeziehungen zunehmend relevant (Akaka et al. 2015). Die eingebrachten Informationen und Erkenntnisse ermöglichen es, individualisierte, neue Wertangebote zu schaffen und dadurch die Beziehung zwischen den Akteuren zu stärken (Piller/Müller 2004). Die (2c) Wertkompetenzplanung setzt sich mit der Integration von Akteuren im ServiceÖkosystem auseinander. Innerhalb eines Service-Ökosystems sollten die Value Creation und die Entwicklung von Innovationen wechselseitig und synergetisch geprägt sein (Laursen/Salter 2006). Die gemeinschaftliche Wertgenerierung baut darauf auf, dass die Akteure eine Vielzahl an Wertangeboten schaffen und diese durch das Einbringen von Kompetenzen gemeinsam realisieren und verbessern (Vargo et al. 2015; Robra-Bissantz 2018). Dieser Ansatz begründet sich in der Beobachtung, dass Unternehmen nur selten allein Innovationen und Wert kreieren. Der Innovationsprozess stellt viel mehr eine interaktive Beziehung mit Herstellern, Nutzern und vielen anderen Akteuren dar (Laursen/Salter 2006), der durch das Schaffen von Synergien dazu beitragen kann das Kollaborationsnetzwerk zu optimieren. Eine synergetische Partnerschaft wird erreicht, indem ergänzendes Wissen, Fertigkeiten und Ressourcen von unterschiedlichen Akteuren und Unternehmen integriert werden (Robra-Bissantz 2018). Ein hohes Maß an Synergien befähigt Unternehmen dazu neue und bessere Wege für die Lösung von komplexen Problemen zu finden und die Beziehung zu Kunden und Partnern zu festigen (Lasker/Weiss 2003). Die Integration von Akteuren ermöglicht so neue Mehrwerte für Kunden zu generieren und innovative Dienstleistungsangebote gemeinschaftlich zu entwickeln. Durch die Zusammenarbeit im unternehmerischen Kontext, zum Erreichen eines gemeinsamen Ziels mit Hilfe von iterativen, kundenorientierten und flexiblen Praktiken, entsteht im Service-Ökosystem (3c) Agilität durch Kollaboration. Für Unternehmen ist Agilität
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die Grundlage für den Erfolg bei der kontinuierlichen Verbesserung ihrer Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit durch Innovationen (Sambamurthy et al. 2003). Des Weiteren umfasst Agilität die Fähigkeiten eines Unternehmens mit Kunden zu interagieren, interne Abläufe zu orchestrieren und Beziehungen mit anderen Akteuren des Ökosystems zu verwerten (Cronin et al. 2000; Nambisan 2002). Agilität durch Kollaboration wird auch als Partnering Agility bezeichnet (Venkatraman/Henderson 1998). Partnering Agility bezieht sich auf die Fähigkeit, die Vermögenswerte, das Wissen und die Kompetenzen von Akteuren eines Ökosystems durch Allianzen, Partnerschaften und Joint Ventures unternehmerisch zu nutzen (Venkatraman/Henderson 1998). Durch diese Fähigkeit wird der Aufbau eines Netzwerks strategischer, erweiterter oder virtueller Partnerschaften möglich, um Innovationspotenziale zu evaluieren und Mehrwerte für Kunden zu schaffen (Sambamurthy et al. 2003). Die Fähigkeit zur Zusammenarbeit ermöglicht es einem Unternehmen auch sein erweitertes Netzwerk zu ändern oder anzupassen, wenn es Zugriff auf Vermögenswerte, Kompetenzen oder Wissen benötigt, die sich derzeit nicht in seinen Netzwerken befinden (Dyer/Singh 1998). Der Einsatz von IT, z. B. in Form von digitalen Plattformen oder Portalen, birgt großes Potenzial für den Aufbau und die Verbesserung der Kollaboration (Nambisan 2002). Digitalisierung in Service-Ökosystemen ermöglicht die Umsetzung von (4c) Digitalen Kundenschnittstellen, die dazu beitragen, Innovationen im Bereich von Kundenbeziehungen und Service-Entwicklungsaktivitäten zu fördern (Um/Yoo 2016). Um IT-fähige Dienstleistungen zu entwickeln und einen Wettbewerbsvorteil im Hinblick auf die kombinierte Nutzung von Technologien zu erzielen, suchen Unternehmen nach anderen Unternehmen, mit denen sie zusammenarbeiten und Allianzen bilden können (Barrett et al. 2012). Eine Herausforderung von Service-Ökosystemen liegt im Aufbau von Strukturen, die Partizipation ermöglichen und gleichzeitig erlauben die Koordination von Interaktionen zwischen Netzwerkakteuren hinsichtlich ihrer Art und Weise zu prägen (Lusch/Nambisan 2015). Wichtig ist es, Schnittstellen bereitzustellen und den Zugriff auf geeignete Ressourcen oder Ressourcenbündel zu erweitern, um den kollaborativen Innovationsprozess zu unterstützen und die Möglichkeiten für Service-Innovationen zu verbessern (Lusch/Nambisan 2015). Vor diesem Hintergrund haben sich Serviceangebote von SingleInterface-Systemen zu Multi-Interface-Systemen entwickelt, bei dem die Technologie eine zentrale Rolle sowohl für Interaktionen im Vordergrund als auch für Unterstützungsprozesse im Hintergrund einnimmt (Patrício et al. 2008). Während Unternehmen beim Design von Dienstleistungen früher hauptsächlich die Bereitstellung physischer Schnittstellen, wie z. B. Geschäfte, beachten mussten, erfordern moderne Serviceangebote einen digital-unterstützten Service-Schnittstellen-Mix. Der richtige Einsatz neuer Technologien ermöglicht es, Kundeninteraktionen und im Hintergrund laufende Supportprozesse zu koordinieren und dabei Kompetenzen und Ressourcen zu definieren, die für ein zufriedenstellendes Kundenerlebnis erforderlich sind (Patrício et al. 2008).
64 S. Robra-Bissantz, Ch. Lattemann, R. Guerrero, A.M. Lux, B. Redlich und S. Fischer
4.
Erkenntnisse und weiteres Vorgehen
Um personennahen Dienstleistungen (PD) weiterzuentwickeln und in ihrem Umfeld soziale und technische Innovationen zu generieren, ist ein kundenwertorientierter Ansatz im Zusammenspiel mit dem Einsatz neuer Technologien von Bedeutung (Lattemann et al. 2019). Die Charakteristik von PD, d. h. ihre besonders nahe Wirkung am Menschen, macht es erforderlich den Menschen in die Innovationsentwicklung als Teil der Innovation einzubeziehen – im Sinne eines Nutzers bzw. Kunden und als aktiven Mitwirkenden an der Dienstleistung (Lattemann/Robra-Bissantz 2019). Theoretische Grundlagen, die diese Perspektive stützen und zur Identifizierung von für die Entwicklung von PD relevanten Einflussfaktoren herangezogen werden können, finden sich in der SDL (z. B. Vargo/Lusch 2004) und der SL (z. B. Grönroos 2011b). Beide Strömungen stellen den Wert für den Kunden in den Fokus und berücksichtigen inhärent technologische Einflüsse auf die Innovation von Dienstleistungen (z. B. Barrett et al. 2015). Hieraus, sowie aus weiteren Forschungsbeiträgen des Innovations- und Dienstleistungsmanagements und der Wirtschaftsinformatik, haben wir zu berücksichtigende Bereiche der Innovation als Gestaltungsbereiche vorgestellt und die ihnen im Prozess der Innovationsentwicklung zu berücksichtigenden Entwicklungslinien beschreibend gegenübergestellt. Als resultierende Entwicklungslinien sind Individualisierung, Integration, Kollaboration und Digitalisierung zu nennen, die Gestaltungsbereiche fassen wir zusammen in Werteversprechen, Beziehungen und Service-Ökosystem. Die Auseinandersetzung mit Gestaltungsbereichen und Entwicklungslinien zeigt, dass es eine Vielzahl möglicher Kombinationen mit unterschiedlichen Ausprägungen gibt. Daraus ergeben sich differenzierte Vorgehensweisen und Ergebnisse in der Entwicklung von PD, bzw. hinsichtlich des Innovationsprozesses (siehe Abbildung 2).
Gestaltungsbereiche
Entwicklungslinien Individualisierung
Integration
Kollaboration
Digitalisierung
Werteversprechen
Individuelle, situierte Angebote
Kundenkompetenzen
Gemeinsame Dienstleistungsentwicklung
Digitale Dienstleistungen
Beziehungen
Individuelle Passung
Kundenwissen
Soziale Interaktionen
Value in Interaction
Dynamische Anpassung eigener Kompetenzen
WertkompetenzPlanung
Agilität durch Kollaboration
Digitale Kundenschnittstellen
ServiceÖkosystem
Abbildung 2:
Service Canvas für personennahe Dienstleistungen
Der Mensch als Teil der Innovation
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Die vorgestellte Service Canvas für PD stellt eine theoriebasierte Systematik dar, die eine nutzerzentrierte Entwicklung von Werten offenlegt und den Mensch als Teil der Innovation berücksichtigt. Die Service Canvas ist dabei als ein Schaubild von Möglichkeiten und Potenzialen in der Entwicklung und Gestaltung von PD zu verstehen. Die Motivation zur Entwicklung der Service Canvas liegt in einer für Forschung und Praxis erleichterten Anwendung in der Auseinandersetzung und Entwicklung von PD. Die Anwendung der Matrix soll keineswegs implizieren, dass jede Ausprägung von individuell, situierten Angeboten bis über digitale Kundenschnittstellen, einbezogen werden muss. Vielmehr macht es die Service Canvas Unternehmen möglich zu prüfen, welche der Kombinationen aus Gestaltungsbereichen und Entwicklungslinien relevant für das eigene Vorhaben sind und einen Mehrwert für das eigene Unternehmen, Kunden und Stakeholdern bieten. Ähnlich verhält es sich mit der Anwendung der Service Canvas für Forschungszwecke. Bei der Auseinandersetzung mit PD können wissenschaftliche Vorhaben sich der Matrix bedienen, um systematisch bestehende oder zu entwickelnde PD zu analysieren und gleichermaßen in den Kontext der zugrunde liegenden Forschungsbereiche und Themen einzuordnen. In Form einer Matrix dargestellt bietet die Service Canvas eine schnell zu erfassende Übersicht. Diese kann sukzessiv weiterentwickelt und mit neuen Erkenntnissen aus Wissenschaft und Praxis erweitert oder verändert werden. Hierzu ist eine beständige und anhaltende Überprüfung der Gültigkeit der Service Canvas erforderlich – eine Aufgabe, derer sich das Forscherteam des wissenschaftlichen Begleitprojektes BeDien stellt, indem die Service Canvas nach und nach anhand der acht zu begleitenden Forschungsprojekte der BMBF-Bekanntmachung „Personennahe Dienstleistung” hinsichtlich Anwendbarkeit und Gültigkeit validiert wird. Es bestehen bereits mehrere Optionen zur Spezifikation der Service Canvas. Zum einen kann die hier vorliegende Service Canvas Grundlage zur Entwicklung eines Reifegradmodells für Unternehmen werden, das über eine Quantifizierung der verschiedenen Ausprägungen Lücken und Chancen für die Innovationsentwicklung von PD aufweist und ihre Einflüsse z. B. auf das Service-Ökosystem des Unternehmens verdeutlicht. Gleichzeitig könnte ein Service Canvas-Reifegradmodell einen Vergleich unterschiedlicher PD über Unternehmensgrenzen hinweg erlauben. Dies wäre ein für Forschungszwecke entsprechend zeitgemäßes Werkzeug, um die digitale Transformation von PD übergeordnet zu betrachten und zu analysieren. Zum anderen ist es möglich, die einzelnen Ausprägungen, wie Kundenwissen oder soziale Interaktion, mit entsprechenden Methoden zu hinterlegen, die die Entwicklung einer PD im Hinblick auf bestimmte Ausprägungen unterstützt. Beispielsweise könnten bestehende Methoden, wie Touchpoint Analysis die Gestaltung und Entwicklung digitaler Schnittstellen unterstützen. Weiterhin können nutzerzentrierte Ansätze der Innovationsentwicklung
66 S. Robra-Bissantz, Ch. Lattemann, R. Guerrero, A.M. Lux, B. Redlich und S. Fischer (z. B. Design Thinking) angewendet werden, um Kollaboration und Beziehungen im Sinne von sozialer Interaktion zu gestalten, mit dem gemeinsamen Ziel der Value Co-Creation. Während sich dieser Beitrag auf die Vorstellung der Service Canvas als eine theoriebasierte Systematik konzentriert und die hergeleiteten aktuellen Gestaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten von PD offenlegt, lässt sich feststellen, dass die Überführung der Service Canvas z. B. in ein Reifegradmodell oder als „Playbook” weitere Potenziale für die Forschung bietet.
5.
Zusammenfassung
Dieser Beitrag zeigt auf, wie in der Innovationsentwicklung personennaher Dienstleistungen (PD) Mensch und Technik zur Innovation beitragen, bzw. ein Teil von ihr werden können. Die Relevanz der Fokussierung auf PD wird in der interdisziplinären Betrachtung aktueller Forschung im Bereich des Dienstleistungs- und Innovationsmanagements sowie der Wirtschaftsinformatik hervorgehoben. Bei PD handelt es sich um einen Forschungsbereich, der in Bezug zur Digitalen Transformation bisher noch wenig betrachtet wurde. Entsprechend fehlt bislang eine Systematik für Forschung und Praxis, die die potenziellen Ausprägungen zur Entwicklung und Gestaltung von PD offenlegt. Um eine anwendungsorientierte Systematik zu schaffen, wurde unter Zuhilfenahme der Gestaltungsforschung eine theoretische Herleitung von Entwicklungslinien und Gestaltungsbereichen vorgestellt, die in einzelne Betrachtungspunkte unterteilt werden kann. Hierbei lässt sich feststellen, dass die Kombination einzelner Gestaltungsbereiche entlang der Entwicklungslinien zu unterschiedlichen Ausprägungen von Ergebnissen führt. Die sukzessiv erweiterbare Matrix soll Unternehmen und Forscherteams dabei unterstützen PD zu entwickeln, zu erforschen und zu gestalten. Die so genannte Service Canvas entspricht einer anwendungsorientierten Systematik, die den Menschen als Teil des Innovationsprozesses in der Entwicklung technischer und sozialer Innovationen berücksichtigt.
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Anne Füßl, Volker Nissen, Franz Felix Füßl und Simon Dopf
Entwicklung eines Werkzeugs zur Geschäftsprozessanalyse auf Basis eines inferenzfähigen Wissensmodells
1. iKnow als Grundlage zur Geschäftsprozessanalyse 1.1 Kontext und Zielstellung – Virtualisierung und Automatisierung wissensintensiver Dienstleistungen 1.2 Methodik und Aufbau 2. State of the Art – iKnow 2.1 iKnow als abstraktes Modell 2.1.1 Elemente und Assoziationsklassen in iKnow 2.1.2 Ergebniserzeugung und Deduktionsalgorithmen 2.1.3 Maschinelle Lernansätze 2.2 iKnow zur Analyse von Geschäftsprozessen 3. Entwicklung des Geschäftsprozessanalyse-Werkzeugs 3.1 Gestaltung der Wissensbasis zur Geschäftsprozessanalyse 3.1.1 Modellierung von Schwachstellen 3.1.2 Modellierung von Verbesserungsmaßnahmen 3.1.3 Modellierung von Analysekriterien 3.2 Input – Analyse von BPMN-Modellen im XML-Format 3.2.1 Voraussetzungen an BPMN-Modelle 3.2.2 Erweiterung der Wissensbasis zur Identifikation von Pools 3.2.3 Gestaltung der BPMN-Schnittstellen 3.3 Output – Ergebniserzeugung durch deduktive Inferenzbildung 3.4 Maschinelle Lernkomponenten 4. Evaluation des Geschäftsprozessanalyse-Werkzeugs
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Bruhn und K. Hadwich (Hrsg.), Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen, Forum Dienstleistungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30168-2_3
4.1 4.2
Kurzbeschreibung der Prototyp-Anwendung Geschäftsprozessanalyse – Befehlseingabe und Ergebnisgewinnung
5. Zusammenfassung und Ausblick Literaturverzeichnis ___________________________ Anne Füßl, M.Sc., TU Ilmenau, ist Mitarbeiterin und Doktorandin am Fachgebiet Wirtschaftsinformatik für Dienstleistungen. Univ.-Prof. Dr. Volker Nissen, TU Ilmenau, ist Leiter des Fachgebietes Wirtschaftsinformatik für Dienstleistungen. Dr.-Ing. Franz Felix Füßl, va-Q-tec AG, ist Leiter der Softwareentwicklung. Simon Dopf, B.Sc., Camelot ITLab, Center of Excellence Data Driven Applications, ist Consultant.
1.
iKnow als Grundlage zur Geschäftsprozessanalyse
1.1 Kontext und Zielstellung – Virtualisierung und Automatisierung wissensintensiver Dienstleistungen Mit dem Wandel der Digitalisierung hat sich in den vergangenen Jahren die Weltwirtschaft zunehmend verändert (Peitz/Waldfogel 2012; Downes/Nunes 2013). Entlang der Wertschöpfungskette werden Produktions-, Handels- und Informationsflüsse sowie Geschäftsmodelle unterschiedlichster Branchen durch neuartige Technologien der Digitalisierung transformiert (Downes/Nunes 2013; Werth et al. 2016). Die Digitalisierung als innovationstreibende Vernetzung unterschiedlicher Wirtschaftsbranchen kann als Veränderung von realen Prozessen und Leistungen zu informationssystembasierten Diensten beschrieben werden, die die Autonomisierung, Flexibilisierung und Individualisierung innovativer Geschäftsmodelle unterstützen (Hamidian/Kraijo 2013; Cole 2015; Werth et al. 2016). Neben dem industriellen Sektor durchlebt auch der Dienstleistungssektor einen rasanten Wandel, der nicht nur die bisherigen Geschäftsmodelle in Frage stellt, sondern auch die Wettbewerbsbedingungen in den jeweiligen Märkten zunehmend beeinflusst. Dies gilt insbesondere für wissensintensive Beratungsleistungen, beispielsweise in den Feldern der Rechtsberatung, Wirtschaftsprüfung und im Consulting (Parakala 2015; Nissen 2018). So ist auch die Branche der Unternehmensberater, trotz positiver Umsatzentwicklung, mit neuen Herausforderungen konfrontiert (Nissen 2013, 2018). Zum einen nimmt die Konkurrenz von Anbietern aus Billiglohnländern und Freelancern im Bereich von Standardleistungen zu. Zum anderen betreten neue Wettbewerber mit innovativen, häufig plattformbasierten Geschäftsmodellen und technologiegetriebenen Beratungsansätzen den Markt (Christensen et al. 2013; Nissen 2018). Auf der Klientenseite ist eine zunehmende Professionalisierung im Umgang mit Unternehmensberatung zu beobachten. Kunden werden selektiver und modularer beim Einkauf von Beratungsleistungen. Auch hat die Preissensitivität der Klienten bei Standardleistungen zugenommen. Im Ergebnis wird genauer überlegt, für welche Teile eines Projektes externe Beratung überhaupt benötigt wird. Neue, technologiebasierte Beratungsmodelle sind heute für Kunden akzeptabel, wenn sie ihren Bedürfnissen besser Rechnung tragen als klassisches Consulting und einen klareren ROI bieten. Zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit ist die Sicherung des Wissens- und Erfahrungsvorsprungs gegenüber Mitbewerbern und Kunden ein zentrales Anliegen von Unterneh-
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mensberatungen. Dementsprechend stehen sie vor der Aufgabe auf aktuelle Veränderungen zu reagieren und technologische Innovationen zu nutzen (Nissen 2018). Die Virtualisierung von Beratungsleistungen kann, angesichts der beschriebenen Herausforderungen, eine Strategie zur Sicherung des nachhaltigen Unternehmenserfolgs sein und klassische Angebote der Unternehmensberatung ergänzen. Der Grundgedanke bei der Virtualisierung von Beratungsleistungen besteht darin, den persönlichen Vor-Ort-Kontakt von Berater und Klient durch gezielten Einsatz von Technologie auf ein sinnvolles Minimum zu reduzieren (Nissen et al. 2015). Sie kann damit als Strategie zur digitalen Transformation des Beratungsgeschäftes bezeichnet werden. Eine wesentliche Motivation ist der Wunsch, im traditionell schlecht skalierenden Geschäftsmodell der Unternehmensberatung (mehr Projekte brauchen entsprechend mehr Berater) durch Technologieeinsatz eine höhere Skalierbarkeit zu erreichen. Hierfür sind ganz unterschiedliche Ansätze entwickelt worden (Werth et al. 2016), deren Extremfall das vollautomatisierte (also rein technologiebasierte) Consulting ist. Notwendig zur Realisierung dieser ambitionierten Vision sind geeignete Artefakte. Der vorliegende Beitrag stellt hierzu das Werkzeug iKnow vor. Es beruht auf einem formalisierten Wissensrepräsentationsmodell, Mechanismen automatischer Inferenz sowie maschinellen Lernansätzen. Wie einer aktuellen Marktanalyse des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater e. V. (BDU) zu entnehmen ist, konzentriert sich der Wandel der klassischen Beraterleistung zu digitalen Beratungstechnologien heute noch vorrangig auf etablierte Kommunikations-, Dokumentations- und Groupware-Systeme (Nissen et al. 2019). Der Einsatz von weiter fortgeschrittenen technologiebasierten Werkzeugen, beispielsweise auf der Basis Künstlicher Intelligenz oder moderner Data und Process Mining Ansätze, könnte jedoch die Wettbewerbssituation von Beratungsanbietern nachhaltig verbessern, Kostensenkungspotenziale schaffen und zu höheren Deckungsbeiträgen führen (Nissen 2018). Ein weiteres Argument für das Ausschöpfen des digitalen Entwicklungspotenzials der Beratungshäuser zeichnet sich auch klientenseitig ab. Die Bereitschaft zur Nutzung von Algorithmic-, Self-Service- und Plattform-Consulting-Ansätzen wird offensiv bekundet. Dies lässt auf eine Akzeptanz derartiger Beratungstechnologien im Markt schließen (Lünendonk et al. 2016; Nissen et al. 2019). iKnow ist ein abstraktes Modell zur formalen Repräsentation von Wissen mit dem Ziel der Inferenzbildung und Problemlösung (Füßl 2016). Wissen kann in Form von Ontologien formal strukturiert und visualisiert werden. Unter Einbezug von variablen Einflussfaktoren ermöglichen algorithmische Methoden die deduktive Inferenzbildung und damit das logische Schlussfolgern auf Basis von modelliertem Wissen. Unter Anwendung maschineller Lernansätze kann auf diese Weise neues Wissen akquiriert und entsprechend formal repräsentiert werden. Generell dient das Modell in Form eines wissensbasierten Systems der IT-gestützten Entscheidungsfindung und kann unabhängig vom inhaltlichen Kontext bei beliebigen Entscheidungsproblemen genutzt werden. Aufgrund des wissensintensiven Charakters der Beratungsbranche kann das inferenzfähige Wissensmodell gezielt zur Wissensverarbeitung und Entscheidungsunterstützung innerhalb von Beratungsprojekten eingesetzt werden. Die Einsatzmöglichkeiten von iKnow im Beratungskontext sind vielseitig. In einem Pilotprojekt wird zunächst die Analyse von Geschäftsprozessen
Entwicklung eines Werkzeugs zur Geschäftsprozessanalyse
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betrachtet (Füßl et al. 2018), da Beratungsprojekte in den Phasen der Problemanalyse und -lösung eine umfassende Untersuchung von Geschäftsprozessen in Form von Situationsanalysen erfordern (Nissen 2007). Das Ziel des Beitrags ist die Weiterentwicklung und Evaluation von iKnow als Werkzeug zur automatisierten Analyse von Geschäftsprozessmodellen im Rahmen von Beratungsprojekten. Business Process Model and Notation (BPMN) Modelle sollen auf Basis geeigneter Analysekriterien hinsichtlich vorhandener Schwachstellen untersucht werden, um anschließend geeignete Verbesserungsmaßnahmen automatisiert ermitteln zu können. Darüber hinaus gilt es, kontextbezogene Prozessinformationen sowie Expertenwissen durch die maschinellen Lernansätze von iKnow in das zu entwickelnde Werkzeug so zu integrieren, dass diese die automatisierte Geschäftsprozessanalyse stetig verbessern.
1.2 Methodik und Aufbau Im Forschungsbereich der Wirtschaftsinformatik lässt sich das Ziel des Beitrags als Gestaltungsziel dem konstruktionswissenschaftlichen Paradigma (Design Science) zuordnen. Design Science bzw. der gestaltungsorientierte Forschungsansatz fokussiert die Veränderung bestehender Sachverhalte mit dem Ziel, neue und innovative Artefakte zur Problemlösung zu erschaffen. Dabei können beispielsweise Konzepte, Modelle, Entwicklungsmethoden oder Werkzeuge konstruiert werden (Wilde/Hess 2007; Schreiner et al. 2015). Als methodisches Rahmenwerk wählen die Autoren den Design Science Research Ansatz nach Peffers et al. (2007). Für den Entwurf des Geschäftsprozessanalyse-Werkzeugs als neues Artefakt gilt es, das formale Modell iKnow gemäß den Ansprüchen an ein automatisiertes Geschäftsprozessanalyse-Werkzeug anzupassen und zu erweitern. Demnach basiert die methodische Entwicklung des Artefakts auf einer formal-deduktiven Analyse (Schreiner et al. 2015). Zur Demonstration und Evaluation des GeschäftsprozessanalyseWerkzeugs soll anschließend ein Prototyp konstruiert und angewandt werden. Im Rahmen dieses Beitrags steht die Evaluation des Artefakts im Vordergrund. Das evolutionäre Vorgehen zur Entwicklung des technischen Prototyps soll in diesem Beitrag dagegen nicht näher beschrieben werden. Der Artikel ist in fünf Abschnitte gegliedert. Im Anschluss an die Forschungsmotivation werden zum einen die theoretischen Grundlagen zum inferenzfähigen Modell iKnow gegeben. Die Grundstruktur des abstrakten Modells lässt sich durch seine Grundelemente, die deduktiven Schlussfolgerungsalgorithmen und seine maschinellen Lernansätze beschreiben. Zum anderen soll das bisherige Konzept des Pilotprojekts von iKnow zur Analyse von Geschäftsprozessen vorgestellt und von anderen Ansätzen in diesem Umfeld, wie beispielsweise Process Mining, abgegrenzt werden. Anhand der Teilbereiche des Konzepts wird in Abschnitt 3 die Weiterentwicklung des Geschäftsprozessanalyse-Werkzeugs auf Basis der formalen Beschreibung von iKnow deduktiv beschrieben. In Abschnitt 4
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folgt zunächst eine kurze Vorstellung des konstruierten Prototyps. Die anschließende Evaluation soll mit Hilfe des technischen Prototyps und anhand eines exemplarischen BPMNProzesses durchgeführt werden. Dabei wird geprüft, ob das entwickelte Geschäftsprozessanalyse-Werkzeug anwendbar und dementsprechend zur IT-gestützten Situationsanalyse im Rahmen von Beratungsprojekten einsetzbar ist. Der Beitrag endet mit einer kurzen Zusammenfassung zum entstandenen Erkenntnisgewinn und gibt einen Ausblick zu weiteren Forschungsanstrengungen.
2.
State of the Art – iKnow
2.1 iKnow als abstraktes Modell Das abstrakte Modell iKnow wurde auf Basis ontologiebasierter Wissensrepräsentationen entwickelt, besitzt Deduktionsalgorithmen zur automatisierten Schlussfolgerung sowie maschinelle Lernansätze. Im Folgenden wird das Modell in seiner Grundstruktur nach Füßl (2016) vorgestellt.
2.1.1 Elemente und Assoziationsklassen in iKnow iKnow besteht aus einer vierstufigen Ebenen-Architektur (L1 bis L4, siehe Abbildung 1). Diese Ebenen repräsentieren eine Eingabe- (L4), Datenüberführungs- (L3), Informationsverarbeitungs- (L2) und Abstraktionsschicht (L1). Jede Ebene enthält mindestens ein Element und verarbeitet Daten bzw. Informationen in unterschiedlicher Detailtiefe. Die Elemente werden durch verschiedene Assoziationen und Regeln in Form eines gerichteten und kantengewichteten Graphen miteinander verbunden. Dabei ermöglichen Assoziationsregeln die Integration geeigneter Methoden des maschinellen Lernens. In Abbildung 1 ist das Metamodell von iKnow als Graph sowie die vier Hauptelemente abgebildet. Nach Graphen- und Mengentheorie lässt sich die im Graphen G = (V, E, i) enthaltene Menge V in fünf Teilmengen unterscheiden: L0, L1, L2, L3, L4 ؿV(G). L0 wird als Solution bezeichnet und repräsentiert das jeweilige Analyseziel bzw. das Ergebnis, das auf Basis von Deduktionsalgorithmen erzeugt wird. Die Ebenen L3 und L4 stellen die Elemente Feature und Data Source dar. Sie dienen als Anwendungsschicht für die Kommunikation und Integration von Daten und Informationen, wie beispielsweise Geschäftsprozessmodelle. Data Source-Elemente (L4) erfassen über ein einfaches Request-Response-Prinzip Daten aus externen Quellen, wie beispielsweise Messinstrumente oder Sensoren, oder Nutzerfragen an den Anwender. Feature-Elemente (L3) werden als Einflussfaktoren auf eine modellierte Wissensbasis bzw. eine Situation verstanden. Beispielsweise können die Kompatibilität zwischen zwei ITSystemen, der Anteil manueller Tätigkeiten, oder die persönliche Motivation Einflüsse auf
Entwicklung eines Werkzeugs zur Geschäftsprozessanalyse
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einen Geschäftsprozess darstellen. Ein Feature ist mindestens einem anderen Element, einer Cell oder einem Item, zugeordnet. Es kann zwischen den folgenden Feature-Typen unterschieden werden: Input-Feature für Eingabewerte, Single- und Multiple-Choice-Feature für die Auswahl zugeordneter Elemente.
G = (V, E, i) V(G) = {v0, …, vn} E(G) = {e0, …, en} I = iG Legende: G: gerichteter, kantengewichteter Graph V: Menge aller Knoten (Elemente) E: Menge aller Kanten (Assoziationen) I : Abbildung, die jeder Kante e אE ein Paar i(e) = {x,y} von Elementen x, y אV zuordnet
Abbildung 1:
Elemente der vier Ebenen-Architektur (Quelle: Füßl et al. 2018, S. 327)
Cells (L2) und Items (L1) können im Kontext der Wissensrepräsentation als semantische Bausteine oder auch als Kontextblöcke verstanden werden. Sie sammeln Daten, indem sie ihre Assoziationen mit Hilfe von Algorithmen analysieren und diese in Informationen umwandeln. Cells stellen demnach die Basis zur Generierung von Wissen dar. Durch die Verknüpfung mehrerer Cells können sie auf Informationen anderer Elemente zugreifen. Informationen, die in Cells hinterlegt sind, können von Items verwendet werden. Jedes Item stellt einen abstrakten Informationsgehalt dar, der eine oder mehrere Ausprägungen bzw. Instanzen beschreibt. Items werden als deskriptive Sichtweise auf das im Modell gespeicherte Wissen verwendet, während Cells eine bestimmte Situation mit konkreten Instanzen abbilden. Eine Cell SAP ERP stellt beispielsweise eine konkrete Ausprägung des übergeordneten Items IT system dar. Um Aufgaben, Funktionen oder Tätigkeiten als Wissenselemente abzubilden, stellt das Modell darüber hinaus so genannte Activity-Elemente zur Verfügung. In erster Linie repräsentieren sie Aktionen, die von einer Rolle,
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einer Person oder einem Subjekt ausgeführt werden können. Activities können ebenso wie Cells Gegenstand der Inferenzbildung sein und lassen sich Ebene L2 zuordnen (grafisch als Achteck darstellbar). Combinings entstehen durch die Verknüpfung einer Activity und einer Cell oder eines Items (beispielsweise document process), oder zweier Cells bzw. Items (beispielsweise process manager) und führen somit ebenfalls zu einer Informationsanreicherung. Im Modell iKnow beschreiben verschiedene Assoziationen Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen den Wissenselementen (Knoten) einer Wissensbasis. Durch vordefinierte Assoziationsklassen lassen sich Wissensmodelle in iKnow so formalisieren, dass Deduktionsalgorithmen einheitlich genutzt werden können und somit die logische Inferenzbildung ermöglichen. Um einen Großteil von Wissensrepräsentationen abzubilden, dienen die nachfolgenden fünf Basis-Assoziationsklassen (Füßl 2016). Die is-Assoziation kann auf den Ebenen L1 und L2 verwendet werden, um Vererbungsstrukturen, Klassifizierungen oder Instanziierungen zwischen Elementen bestimmen zu können. Die has-Assoziation ermöglicht die Zuordnung von Eigenschaften bzw. Attributen, um Elemente zu spezifizieren. Can-Assoziationen stellen den häufigsten Kanten-Typ zwischen Cells und Activities oder Combinings dar und dienen der Zuweisung von Fähigkeiten eines Objekts oder Subjekts. Part-of-Assoziationen agieren als Teil-Ganzes-Beziehungen. Im Gegensatz zur has-Assoziation, bei der alle verknüpften has-Elemente einzeln und unabhängig voneinander existieren können, stellt die part-of-Assoziation eine verbindliche Beziehung dar. Used-for-Assoziation kennzeichnen den Verwendungszweck von Elementen, indem sie zwischen Elementen der Ebenen L1 und L2 (Cells, Items, Activities oder Combinings) modelliert werden. Die Verwendung der Elemente und Assoziationsklassen zur Wissensrepräsentation kann in Abschnitt 3 nachvollzogen werden.
2.1.2 Ergebniserzeugung und Deduktionsalgorithmen Im Modell iKnow besitzt jeder Knoten bzw. jedes Element ein spezifisches Ergebnis, das durch benachbarte Knoten und dessen Ergebniserzeugung beeinflusst wird. Zur Generierung eines Elementergebnisses ist ein boolescher Ausdruck zu berechnen, der sich durch die Gestaltung von Constraints ergibt. Ziel der Integration von Constraints ist es, die Inferenzbildung im Wissensmodell effizienter zu gestalten, in dem die schrittweise Verarbeitung von Elementen durch eine möglichst niedrige Anzahl an Pfaddurchläufen erfolgt. Jeder Constraint kann die booleschen Werte true (1) oder false (0) annehmen. Die jeweilige Berechnungsformel wird in den Elementen der Ebenen L1 und L2 (Items, Cells, Activities oder Combinings) als Result Expression formuliert. Sofern ein Element den Wert false annimmt, wird dieser Knoten für die weiteren Verarbeitungsschritte der Ergebnisgewinnung mittels Deduktionsalgorithmen ausgeschlossen. Dieser Prozess der Knotenreduktion während der Ergebniserzeugung wird als Deductive Reasoning Element Pruning (DREP) bezeichnet und stellt eine Verbesserungsmaßnahme bei der deduktiven Inferenzbildung dar. Mittels Constraints lässt sich die Anzahl der zu durchlaufenden Elemente in der Ergebniserzeugung effizient reduzieren. Das Generieren von Ergebnissen hängt vom
Entwicklung eines Werkzeugs zur Geschäftsprozessanalyse
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jeweiligen Elementtyp ab, dessen Ergebnis erzeugt wird. Folgende Aussagen stellen die bisherigen Kernregeln zur Ergebniserzeugung in iKnow dar:
Ergebnisse von Items, Cells, Activities und Combinings nehmen boolesche Werte (true, false, 0, 1) an oder sind leer. Die Result Expression ist abhängig von modellierten Constraints. Items, Cells und Combinings sind true, wenn mindestens ein benachbarter is-Vorgänger ebenfalls true ist. Das Ergebnis eines Input-Features hängt vom jeweiligen Eingabewert ab. Ein Singleoder Multiple-Choice-Feature kann das Ergebnis jedes benachbarten Elements erzeugen, sofern diese part-of-Vorgänger des Features sind. Data-Source-Elemente haben kein Ergebnis. Sie agieren lediglich als Schnittstelle, um die für Feature-Elemente benötigten Daten bereitzustellen.
In der empirischen Sozialforschung wird unter der Deduktion die Schlussfolgerung vom Allgemeinen auf etwas Spezielles verstanden. Auf dem Gebiet wissensbasierter Systeme kann die Deduktion als Inferenztechnik verstanden werden. Sie ermöglicht zum einen die Abfrage des explizit hinterlegten Wissens in einem Wissensmodell und zum anderen das logische Ableiten von virtuellem aus gespeichertem Wissen (Bibel 1992; Dewey/Suhr 2002). Die Grundarchitektur von iKnow bietet ebenfalls zwei Sichtweisen auf ein Wissensmodell: eine deskriptive Sicht, die explizites Wissen auslesen kann, und eine entscheidende Sicht, die Wissen auf Basis variabler Einflussfaktoren generiert. Dabei ist es möglich, beide Sichten so miteinander zu verknüpfen, dass beschreibende bzw. explizite Wissenselemente unter der Berücksichtigung variabler Einflussfaktoren identifiziert und gegebenenfalls neue virtuelle Wissenselemente abgeleitet werden können. Einflussfaktoren stellen z. B. Features dar, die wiederrum durch eine Data Source bestimmt werden, sowie alle auf einem Ergebnispfad enthaltenen Elementergebniswerte. Zur Deduktion werden verschiedene Algorithmen bereitgestellt, die in Form eines wissensbasierten Systems angewandt werden können. Grundlage der Deduktionsalgorithmen bilden die Elemente und Assoziationsklassen des Modells. Die vier Hauptalgorithmen (Isn’t-it?, Kind-of?, Partof? und Find!) nach Füßl (2016) werden im Rahmen der Entwicklung des Geschäftsprozessanalyse-Werkzeugs in Abschnitt 3 vorgestellt und verwendet.
2.1.3 Maschinelle Lernansätze Im Folgenden werden zwei induktive Schlussfolgerungsmechanismen des aktuellen Entwicklungsstands von iKnow beschrieben, die sich auf den Zusammenhang zwischen Klassen und ihren Konkretisierungen zurückführen lassen und für die Entwicklung des Geschäftsprozessanalyse-Werkzeugs relevant sind.
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Ein konkretes Element, dass durch eine is-Assoziation mit einem abstrakten Element verbunden ist, erbt die Eigenschaften des Abstrakten (Merkmalsübertragungen von Abstraktionen auf Konkretisierungen). Jedes Item mit einem is-Nachfolger als Item erbt sowohl abstrakte als auch konkrete Eigenschaften des Elternelements. Abstrakte Eigenschaften könnten beispielsweise die Durchlaufzeit oder die Datenverwaltungsart darstellen. Ein konkretes Merkmal wäre hingegen die Eigenschaft Ineffektivität als Ausprägung eines Items Qualitätsmangel. Ein Medienbruch als Item weist ebenfalls die konkrete Eigenschaft Ineffektivität auf. Demzufolge erben alle abstrakten Klassen des Medienbruchs die konkrete Eigenschaft Ineffektivität. Sofern das erbende Element eine Cell ist, kann möglicherweise nicht exakt geschlussfolgert werden, welche konkreten Ausprägungen des zu vererbenden Elements auf die erbende Cell angewandt werden. Ein möglicher Ansatz zur Lösung dieses Problems bietet der Einbezug von Gewichten, Wahrscheinlichkeiten oder Nutzerinteraktionen im Modell. Bei der Ausführung des Isn’t-it?, Kind-of? oder Part-of? Algorithmus kann es zu Konflikten kommen. Der Ergebniswert eines Features kann beispielsweise auf Basis mehrerer Constraints verschiedene Elemente als Lösungsmenge definieren. In diesem Fall könnte entweder kein eindeutiges Lösungselement identifiziert werden oder sich wiedersprechende Elemente in der Lösungsmenge befinden. Eine Möglichkeit dieses Problem zu lösen, liegt in der Integration von Interaktionen mit einem Expertenanwender. Mit dem Anlegen eines neuen Wissenselements kann demzufolge durch eine Nutzerinteraktion eine Bestätigung aller verknüpften Wissenselemente, die auf Basis von Merkmalsübertragungen und Deduktionsalgorithmen identifiziert wurden, angefordert werden. Die Nutzerinteraktion mit einem Experten stellt in diesem Zusammenhang auch die Möglichkeit bereit, weitere Wissenselemente zu modellieren.
2.2 iKnow zur Analyse von Geschäftsprozessen Unter der allgemeinen Prozessanalyse wird die systematische Zerlegung eines Prozesses in seine Bestandteile verstanden, um ein ganzheitliches Prozessverständnis zu schaffen sowie Schwachstellen und Verbesserungspotenziale zu erkennen (Miebach 2009). Nach Gadatsch (2008) ist ein Geschäftsprozess die zielorientierte, zeitliche Abfolge von Tätigkeiten, die von mehreren Organisationen oder Organisationseinheiten mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien durchgeführt werden können. Die Geschäftsprozessanalyse beschäftigt sich mit der Dokumentation, Analyse und Verbesserung eines Ist-Zustandes. Ausgangspunkt ist die Modellierung von Ist-Geschäftsprozessen, indem die Abfolge von Aktivitäten, Rollen und Verantwortlichkeiten sowie gegebenenfalls zugehörige Dokumente und Systeme dokumentiert werden. Dafür ist eine formale Prozessbeschreibung erforderlich. Basierend auf der Architektur integrierter Informationssysteme (ARIS) gibt es zwei Hauptnotationen für die Modellierung von Geschäftsprozessen: die ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK) und die Business Process Model and Notation (BPMN). Ist-Geschäftsprozessmodelle werden auf Basis der aus der Unternehmensstrategie abgeleiteten Geschäftsprozessziele hinsichtlich Effektivität und Effizienz analysiert.
Entwicklung eines Werkzeugs zur Geschäftsprozessanalyse
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Beispielsweise können unproduktive oder überflüssige Tätigkeiten, unnötige Schleifen, sowie ungenügende Rollenvergabe und Verantwortlichkeiten, aber auch suboptimale ITUnterstützung oder ähnliche Mängel mit dem Ziel der Verbesserung und Optimierung bestehender Geschäftsprozesse identifiziert werden. Mögliche Indikatoren für derartige Schwachstellen in einem Geschäftsprozess sind z. B. Kapazitätsauslastung, Durchlaufzeit oder Prozesskosten. Zur operativen Untersuchung von Schwachstellen und Durchführung von Prozessverbesserungsmaßnahmen wird von Staud (2006) und Gadatsch (2008) eine individuelle Erarbeitung von Analysekriterien als Checkliste empfohlen. Mit einem Geschäftsprozessmodell in Form einer EPK oder BPMN können Informationen eines Ist-Zustandes oder einer Problemsituation formal beschrieben werden. Im Rahmen eines Beratungsprojektes stehen für die Dokumentation und Analyse eines aktuellen Prozesszustandes verschiedene Methoden und IT-Systeme zur Verfügung. Ein bekanntes Beispiel ist Process Mining. Diese Technik ermöglicht die Rekonstruktion und Analyse von Geschäftsprozessen auf Basis digitaler Spuren in IT-Systemen (van der Aalst 2016). Einzelne Prozessschritte, die in einem System hinterlegt sind, können zusammengeführt und in Form eines ganzheitlichen Prozesses visualisiert werden. Ziel dieses Ansatzes ist es, implizite und versteckte Prozessinformationen aus den Daten eines IT-Systems aufzudecken. Process Mining lässt sich jedoch lediglich auf IT-Systeme anwenden, die die jeweiligen Log-Daten zu einem Prozess bereitstellen. Ein weiterer Ansatz ist die Geschäftsprozesssimulation zur Beurteilung des dynamischen Verhaltens von Prozessen (Jochem/Balzert 2010). Hieraus ergeben sich Erkenntnisse, mit denen Abläufe im Zusammenspiel von Mensch-Aufgabe-Technik verbessert werden können. Die Ergebnisse der Geschäftsprozesssimulation umfassen quantitative zeit- und kostenbezogene Daten zur Prozessausführung. In beiden Ansätzen können weiche Einflussfaktoren, wie z. B. Kundenzufriedenheit oder Mitarbeitermotivation sowie implizites Prozesswissen der interagierenden Prozessbeteiligten nicht berücksichtigt werden. Die Analyse kann lediglich auf Basis vorhandener Daten aus IT-Systemen oder Prozessmodellen durchgeführt werden. Darüber hinaus unterstützen beide Ansätze kaum die Interpretation der gewonnenen Ergebnisse sowie gezielte Entscheidungen für Prozessverbesserungen. Um diese Nachteile zu überwinden und die automatisierte Geschäftsprozessanalyse mit kontextbezogenen Informationen sowie Expertenwissen zu bereichern, kann das abstrakte Modell iKnow als Grundlage für die Entwicklung eines wissensbasierten und inferenzfähigen Geschäftsprozessanalyse-Werkzeugs dienen. Abbildung 2 veranschaulicht den Grobentwurf von iKnow zur Analyse von Geschäftsprozessen.
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Maschinelle Lernansätze___
Wissensbasis zur Analyse von Geschäftsprozessen Wissensmodell G = (V, E, i G): Explizites Wissen inkl. Analysekriterien, Schwachstellen und Verbesserungsmaßnahmen
Input_____________
L4
L3
Einlesen und Analyse eines Geschäftsprozesses Definition Interface
L2 Cell
Data Source
has
Feature
L1 is
Output____________ Item
Activity is
Combining Input: Definierte Eingabewerte aus Geschäftsprozessmodell
Abbildung 2:
Einflussfaktoren: Analysekriterien
Identifikation von Schwachstellen und deren Interpretation für geeignete Verbesserungsmaßnahmen Deduktionsalgorithmen
?!
Output: Wissensmodell inkl. Schwachstellen und Verbesserungsmaßnahmen
Grobentwurf zur Analyse von Geschäftsprozessen (Quelle: in Anlehnung an Füßl et al. 2018, S. 340)
Ausgangspunkt zur Geschäftsprozessanalyse bildet die Gestaltung eines Wissensmodells gemäß der Formvorschrift des abstrakten Modells iKnow (G = (V, E, i G)). Anhand von Geschäftsprozesszielen gilt es, Indikatoren als Analysekriterien, daraus resultierende Schwachstellen sowie geeignete Verbesserungsmaßnahmen als explizites Wissen zu modellieren. Zur Analyse eines Geschäftsprozesses soll der Fokus zunächst auf Modellen der Notationsvorschrift BPMN liegen. Über ein definiertes Interface, das in Ebene L4 als Data Source-Element zu implementieren ist, können die für die Geschäftsprozessanalyse notwendigen Input-Daten aus einer BPMN-Datei ausgelesen werden. Die Analysekriterien werden in Form von Feature-Elementen modelliert und beeinflussen damit die mittels Deduktionsalgorithmen erzeugten Ergebnisse. Der generierte Output kann die Beantwortung von Fragestellungen nach optimierten Prozessen, möglichen Schwachstellen oder geeigneten Verbesserungsmaßnahmen umfassen. Die im abstrakten Modell iKnow vorgesehenen maschinellen Lernansätze können mit jedem analysierten Prozessmodell zu einer Anpassung des bestehenden Wissensmodells führen. Auf diese Weise kann die Wissensbasis zur Analyse von Geschäftsprozessen stetig verbessert werden, was demzufolge auch eine Verbesserung der Ergebnisgewinnung impliziert. Der Feinentwurf dieses Konzepts wird im folgenden Abschnitt formal-deduktiv auf Basis der theoretischen Grundlagen zum Modell iKnow abgeleitet und detailliert beschrieben.
Entwicklung eines Werkzeugs zur Geschäftsprozessanalyse
3.
87
Entwicklung des Geschäftsprozessanalyse-Werkzeugs
3.1 Gestaltung der Wissensbasis zur Geschäftsprozessanalyse Im Gegensatz zu bisherigen Prozessanalysemethoden wird mit Hilfe von iKnow nicht nur Wissen aus einem zu untersuchenden Geschäftsprozessmodell verwendet, sondern alle den Prozesselementen zugrunde gelegten Informationen, die in einer iKnow-Wissensbasis enthalten sind. Auf diese Weise ist es möglich, generische Wissensstrukturen in die Inferenzbildung bzw. den Entscheidungsprozess zu integrieren und die Ergebnisse einer Prozessanalyse in nachfolgenden Analysen zu berücksichtigen. Grundlage einer solchen iKnow-Wissensbasis bilden Wissensmodelle gemäß der formalen Beschreibung von iKnow. Für das zu entwickelnde Werkzeug ist es notwendig, explizites Wissen zur Geschäftsprozessanalyse als generisches iKnow-Wissensmodell zu gestalten. Der Umfang modellierter Prozessschwachstellen und geeigneter Verbesserungsmaßnahmen hat direkten Einfluss auf die Qualität der Analyseergebnisse. Aus diesem Grund soll die Integration neuer Wissenselemente und damit die Erweiterung der Wissensbasis jederzeit möglich sein. Die Gestaltung der Wissensbasis wird schrittweise in den folgenden Abschnitten erläutert.
3.1.1 Modellierung von Schwachstellen Repräsentiert werden Schwachstellen als Elemente der Ebene L2, die mittelbare oder unmittelbare is-Vorgänger des Items weak point sind. In Abbildung 3 sind auf diese Weise die vier Schwachstellen data redundancy, media break, system break und organizational break als Combinings modelliert.
data
media
system
optimized
Abbildung 3:
organizational
Auszug des Wissensmodells Gprocess_analysis
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Gemäß der formalen Beschreibung eines iKnow-Wissensmodells als Graph ergeben sich daraus folgende graphentheoretische Formeln:
Gprocess_analysis = (V, E, i) V(Gprocess_analysis) = {vweak_point, vbreak, vmedia_break, vmedia, vsystem_break, vsystem, vorganizational_break, vorganizational, vredundancy, vdata_redundancy, vdata, vprocess, voptimized_process, voptimized} Eis(Gprocess_analysis) = {e1, e2, e3, e4, e5, e6, e7} e1(voptimized_process, vprocess), e2(vdata_redundancy, vweak_point), e3(vbreak, vweak_point), e4(vdata_redundancy, vredundancy), e5(vmedia_break, vbreak), e6(vsystem_break, vbreak), e7(vorganizational_break, vbreak) Epart-of(Gprocess_analysis) = {e8, e9, e10, e11, e12} e8(voptimized, voptimized_process), e9(vdata, vdata_redundancy), e10(vmedia_break, vmedia), e11(vsystem_break, vsystem), e12(vorganizational_break, vorganizational) Γpos (Gprocess_analysis) = {γ1(e13(voptimized_process, vweak_point))} γ1(e13(voptimized_process, vweak_point)): r(vweak_point) == false
Das Element optimized process stellt ein Combining dar, bestehend aus dem Item process und dem beschreibenden Wissenselement optimized als Cell. Γpos(Gprocess_analysis) definiert die Menge aller Constraints bzw. Bedingungen im Modell. Der Constraint γ1(e13(voptimized_process, vweak_point)): r (vweak_point) == false) soll angeben, ob ein Prozess Verbesserungspotenzial besitzt und ist in Abbildung 3 durch eine gestrichelte Linie zwischen den Knoten voptimized_process und vweak_point dargestellt. Liegt eine Schwachstelle im zu analysierenden Geschäftsprozess vor, besitzt nicht nur das entsprechende Combining (hier: data redundancy, media break, system break oder organizational break) den Wert true, sondern auch alle jeweiligen is-Nachfolger. Demnach ist das Item weak point true, wenn eine Schwachstelle im analysierten Geschäftsprozess identifiziert wurde. Sofern beispielsweise das Combining media break true ist, werden auch die is-Nachfolger-Elemente break und weak point true. Mit Hilfe des eingangs beschriebenen Constraint γ1(e13(voptimized_process, vweak_point)) wird das Ergebnis des Knoten voptimized_process nur dann true, wenn das Ergebnis des Knoten r(vweak_point) false ist. Auf diese Weise ist das Combining optimized process über den Constraint γ1(e13(voptimized_process, vweak_point)) mit allen im Modell vorliegenden Schwachstellen (Knoten vweak_point, dessen is-Vorgänger vdata_redundancy und vbreak, sowie vmedia_break, vsystem_break und vorganizational_break) verknüpft. Damit eignet sich das Combining optimized process als Einstiegspunkt zum Prüfen, ob es sich bei einem Geschäftsprozess um einen optimierten Prozess handelt. Im Folgenden wird die Entwicklung des Geschäftsprozessanalyse-Werkzeugs am Beispiel der Schwachstelle media break beschrieben und demonstriert.
3.1.2 Modellierung von Verbesserungsmaßnahmen Da die Wissensbasis zur Geschäftsprozessanalyse nicht nur aus potenziellen Schwachstellen besteht, sondern auch geeignete Verbesserungsmaßnahmen integrieren soll, gilt es, das Wissensmodell Gprocess_analysis aus Abbildung 3 zu erweitern. Die Verknüpfung von Schwachstellen und geeigneten Verbesserungsmaßnahmen erfolgt durch das Combining handle media break. Die in Abbildung 4 modellierten Verbesserungsmaßnahmen und
Entwicklung eines Werkzeugs zur Geschäftsprozessanalyse
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Hilfsmittel erheben als Wissensbasis zur Analyse von Geschäftsprozessen keinen Anspruch auf Vollständigkeit und dienen hier vor allem der Veranschaulichung. Anhand der beschriebenen Beispiele lässt sich die Wissensbasis jedoch beliebig erweitern.
improvement
rules
groupware communication
workflow management
coordination
Abbildung 4:
Verbesserungsmaßnahmen und Hilfsmittel als Auszug des Wissensmodells Gprocess_analysis
Verbesserungsmaßnahmen werden stets als Combinings, bestehend aus einer Activity und einer Cell oder ebenfalls einem Combining, modelliert. Somit ist die Cell communication über eine part-of-Assoziation ein Teil des Combinings improve communication, das wiederrum über eine is-Assoziation der Activity improve zuzuordnen ist. Über weitere isAssoziationen lassen sich sämtliche Verbesserungsmaßnahmen mit dem Combining improvement measure verknüpfen und sind dementsprechend als solche gekennzeichnet. Die used-for-Assoziationen zwischen den einzelnen Verbesserungsmaßnahmen und dem Combining handle media break drückt die Verwendbarkeit dieser im Umgang mit Medienbrüchen aus: define rules used-for handle media break. Auf die gleiche Weise modelliert, können die beiden Combinings groupware system und workflow management system als Hilfsmittel zur Realisierung der Verbesserungsmaßnahmen improve communication oder improve coordination genutzt werden, beispielsweise: workflow management system used-for improve communication. Die Bedeutung der used-for-Assoziationen zur Ermittlung geeigneter Verbesserungsmaßnahmen und sinnvoller Hilfsmittel wird in Abschnitt 3.3 im Rahmen der deduktiven Inferenzbildung deutlich.
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A. Füßl, V. Nissen, F.F. Füßl und S. Dopf
3.1.3 Modellierung von Analysekriterien Die Integration von Analysekriterien innerhalb der Wissensbasis ist notwendig, um mögliche Schwachstellen in einem zu analysierenden BPMN-Modell identifizieren zu können. Dazu werden Feature-Elemente der Ebene L3 benötigt, um die jeweiligen Ausprägungen der Analysekriterien als Einflussgrößen einer Schwachstelle zu bestimmen. Gemäß der formalen Beschreibung von iKnow müssen Feature-Elemente über definierte Data Source-Elemente (L4) verknüpft werden (Füßl 2016). Darüber hinaus gilt es, erforderliche Ergebniswerte bezüglich einzelner Analysekriterien (so genannte Result Expressions) zu bestimmen. Für den Einstieg in die Geschäftsprozessanalyse auf Basis einer iKnow-Wissensbasis müssen die zu analysierenden BPMN-Modelle im XML-Format vorliegen. Demnach handelt es sich bei den Data Source-Elementen um Schnittstellen (Interfaces) zum BPMN-Modell. In Abbildung 5 sind drei Data Source-Elemente als Rauten dargestellt. Über has-Assoziationen sind diese mit Feature-Elementen verknüpft. Die gestrichelten Kanten zwischen den Feature-Elementen und den Combinings (existing manual task und existing user task) bzw. der Cell (IT system break) kennzeichnen vorhandene Constraints und Result Expressions. Sofern eine Bedingung dieser Elemente erfüllt ist, erhält auch der is-Nachfolger media break den Wert true. Medienbrüche können wie folgt identifiziert werden:
Ein Benutzer-Task beschreibt laut BPMN eine Aktivität, bei der ein Mensch im Dialog mit einem IT-System arbeitet. Demnach liegt ein Medienbruch vor, wenn mindestens ein Benutzer Task in einem Geschäftsprozess modelliert ist (Allweyer 2015), Result Expression: r(vnumber_of_user_tasks) > 0. Eine weitere Möglichkeit zur Identifikation von Medienbrüchen zwischen Mensch und IT-System ist die Identifikation von manuellen Tasks ohne IT-Unterstützung. Ist in einem BPMN-Model ein manueller Task enthalten, wobei gleichzeitig im Prozess auch ein IT-System verwendet wird, weist dies auf einen Medienbruch hin (Allweyer 2015). Das Combining existing manual task wird demnach von zwei Feature-Elementen beeinflusst: r(vnumber_of_manual_tasks) > 0 AND r(vnumber_of_IT_systems) > 0. Wenn mindestens zwei unterschiedliche IT-Systeme als nicht integrierte Systeme im Geschäftsprozess verwendet werden, kann dies ebenfalls als Medienbruch bezeichnet werden. Die Result Expression der zugehörigen Ergebnis-Cell IT system break lautet wie folgt: r(vnumber_of_IT_systems) > 1. Dabei ist die Integration von IT Systemen im vorliegenden BPMN-Modell entsprechend zu kennzeichnen (siehe Abschnitt 3.2.1, Nr.(3)), bzw. im Zweifel mittels Nutzerfragen an den Agenten in Erfahrung zu bringen.
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IT system break
existing
Abbildung 5:
Analysekriterien als Feature-Elemente der Schwachstelle vmedia_break
Das in diesem Abschnitt gestaltete Wissensmodell Gprocess_analysis bildet mit der Modellierung von Analysekriterien, Schwachstellen sowie Verbesserungsmaßnahmen eine Wissensbasis als Ausgangslage zur Analyse eines in Form einer XML-Datei vorliegenden BPMN-Geschäftsprozesses.
3.2 Input – Analyse von BPMN-Modellen im XML-Format 3.2.1 Voraussetzungen an BPMN-Modelle Zur Sicherstellung der Anwendbarkeit der vorgestellten Wissensbasis müssen BPMNModelle eine einheitliche Modellierungsvorschrift erfüllen. Nach Freund und Rücker (2017) sowie Allweyer (2015) sind folgende Voraussetzungen an die zu analysierenden Prozessmodelle zu stellen: (1) Jede Tätigkeit, die ohne IT-Unterstützung erfolgt, wird als manueller Task gemäß BPMN modelliert. (2) Sofern Daten oder Informationen durch eine Tätigkeit des Prozesseigners das Medium wechseln, gilt es, die entsprechende Aktivität als Benutzer-Task gemäß BPMN zu modellieren. (3) Wenn eine Aktivität oder ein Teilprozess durch ein IT-System automatisiert erfolgt, ist dieses IT-System sowie alle integrierten Systeme als solches in einem BPMNModell mittels Pool und gegebenenfalls integrierter Lanes (Allweyer 2015) zu repräsentieren.
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3.2.2 Erweiterung der Wissensbasis zur Identifikation von Pools Das in Abbildung 5 dargestellte Data Source-Element IT systems bpmn interface liefert die Anzahl der in einem Prozess modellierten IT-Systeme für das assoziierte Feature-Element number of IT systems. In einem BPMN-Prozessmodell werden neben IT-Systemen auch Organisationseinheiten, Personen als Prozessbeteiligte sowie (Teil-) Prozesse durch Pools visualisiert und in einer BPMN-XML-Datei als solche gekennzeichnet. Um eine Unterscheidung dieser Pool-Attribute vornehmen zu können, benötigt die Wissensbasis Gprocess_analysis eine Erweiterung. Hierzu gilt es, alle initial bekannten IT-Systeme, Organisationseinheiten, Personen und (Teil-) Prozesse in die Wissensbasis aufzunehmen. Eine iKnow-Wissensbasis erhebt zu keiner Zeit Anspruch auf Vollständigkeit. Aus diesem Grund können bei der Analyse eines BPMN-Geschäftsprozesses alle bisher nicht bekannten Pools durch Nutzerfragen einem Pool-Attribut zugeordnet werden. Dadurch kann sich die Wissensbasis mit jedem zu analysierenden Prozessmodell erweitern. Eine ausführliche Beschreibung zum kontinuierlichem Lernen auf Basis neuer Prozesselemente folgt in Abschnitt 3.4.
3.2.3 Gestaltung der BPMN-Schnittstellen Zur Identifikation der abstrakten Schwachstelle media break gibt es drei konkrete Ausprägungen, die als is-Vorgänger im Wissensmodell Gprocess_analysis zu finden sind (Abbildung 5). Jede Ausprägung (IT system break, existing manual task und existing user task) ist über eine definierte Result Expression mit einem oder mehreren Einflussfaktoren bzw. FeatureElementen verknüpft (Kap. 3.1.3). Um eine Result Expression zu bestimmen, benötigt jedes Feature-Element über ein Data Source-Element vom Typ Interface den notwendigen Eingabewert aus der XML-Datei des zu analysierenden BPMN-Prozessmodells. Für alle drei modellierten Data Source-Elemente ist jeweils eine Schnittstelle zur XML-Datei des Geschäftsprozesses zu definieren, die den für das jeweilige Feature-Element erwarteten Eingabewert zurückgibt. Da jedes BPMN-Prozessmodell in einem standardisierten XMLFormat vorliegt, kann die Abfragesprache XML Path Language (XPath) zur Funktionsgestaltung der Schnittstellen genutzt werden (Klettke/Meyer 2003; Skulschus et al. 2011). Auf eine detaillierte Beschreibung und Definition der drei Schnittstellen wird in diesem Beitrag verzichtet.
3.3 Output – Ergebniserzeugung durch deduktive Inferenzbildung Grundlage der Ergebnisgewinnung bilden die Inputwerte der Feature-Elemente. Sie repräsentieren Ausprägungen bzw. Eigenschaften eines Geschäftsprozesses. Durch die Verwendung dieser Werte wird in der Wissensbasis enthaltenes Expertenwissen über die Gestaltung und Optimierung von Prozessen mit Eigenschaften eines konkreten BPMNModells verknüpft (Füßl 2016). Das Erzeugen der Analyseergebnisse erfolgt dann durch
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deduktive Inferenzbildung. Nachfolgend werden zur Demonstration vier zentrale Prozessanalysefragen unter Verwendung von Deduktionsalgorithmen detailliert beschrieben: (1) Handelt es sich um einen optimierten Prozess? Den Einstieg in die Prozessanalyse bildet die Frage, ob es sich bereits um einen optimierten Prozess handelt. Hierzu wird der Isn’t-it? Algorithmus auf das Combining optimized process angewandt. Dieser ist für einen einfachen Entscheidungsprozess in iKnow zuständig. Er stellt anhand der Werte assoziierter Feature-Elemente, der Lösung von Result Expressions sowie der Assoziationsklassen und Elementtypen einer Wissensbasis fest, ob das Combining optimized process den Ergebniswert true oder false besitzt (Füßl 2016). Abbildung 6 veranschaulicht die einzelnen Iterationsschritte. Isn‘t-it? Kind-of?
(5)
(6)
IT system break
(3)
(7)
(2)
existing
(8) optimized
(1)
weak point
Abbildung 6:
Ergebnisgewinnung durch Isn't-it und Kind-of? Algorithmus
Schritt (1) stellt den Einstieg über das zu prüfende Wissenselement optimized process dar. Da der Ergebniswert dieses Elements durch einen Constraint und eine Result Expression vom Element weak point abhängig ist (ex(voptimized_process, vweak_point): r(vweak_point) == false), erwartet das Wissenselement optimized process den Ergebniswert des Items weak point. Sofern in Schritt (1) noch kein Rückgabewert von weak point vorliegt, durchläuft der Isn’tit? Algorithmus iterativ alle is-Vorgänger und prüft die assoziierten Elemente auf vorhandene Ergebniswerte. Diese Vorgehensweise repräsentieren die Schritte (2) und (3). Nach Schritt (3) liegen drei is-Vorgänger zum Element media break vor. In Schritt (4) wird zunächst analysiert, welchen Ergebniswert der benachbarte Vorgänger IT system break
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aufweist. Dieser Ergebniswert wird durch eine Result Expression zum Feature-Element number of IT systems beeinflusst, was durch einen modellierten Constraint in Abbildung 6 zu erkennen ist (ex(vIT_system_break, vnumber_of_IT_systems): r(vnumber_of_IT_systems) > 1). Sofern in Schritt (4) kein Rückgabewert aus der Result Expression existiert, wird in Schritt (5) die für die Result Expression notwendige Einflussgröße über das Feature-Element vom Typ Input number of IT system abgefragt. Schritt (6) löst schließlich das assoziierte Data Source-Element vom Typ Interface aus. Gemäß der definierten Schnittstelle wird der erforderliche Eingabewert des Feature-Elements aus einem verknüpften BPMN-Prozessmodell extrahiert. Alle durchlaufenen Iterationsschritte erhalten in entgegengesetzter Reihenfolge nun ihre Rückgabewerte. Je nachdem, ob das Element weak point nun das Ergebnis true oder false generiert, gibt das Einstiegselement optimized process den Endergebniswert zur ersten Frage zurück:
r(voptimized_process) = true Å r(vweak_point) == false bzw. r(voptimized_process) = false Å r(vweak_point) == true.
Ausgehend von Schritt (4) durchläuft der Isn’t-it? Algorithmus sequenziell jeden is-Vorgänger solange, bis einer dieser den Ergebniswert true zurückgibt. Demzufolge werden die Schritte (7) und (8) bei Beantwortung der ersten Frage nur dann ausgelöst, sofern nicht einer der benachbarten is-Vorgänger des Elements media break bereits true ist. Dieses Vorgehen beruht auf der effizienten Inferenzbildung im abstrakten Modell iKnow mittels DREP (Füßl 2016). (2) Welche Schwachstellen liegen vor? Zur anschließenden Beantwortung der Frage welche konkreten Schwachstellen vorliegen, wird der Kind-of? Algorithmus auf das Wissenselement weak point eingesetzt. Dieser dient zur Identifikation aller benachbarten is-Vorgänger eines Knotens mit dem Ergebniswert true (Füßl 2016). Im ersten Iterationsschritt wird zunächst das Element weak point als Einstiegselement verwendet und geprüft, ob der is-Vorgänger break den Ergebniswert true besitzt (Schritt (2), Abbildung 6). Daraufhin werden in Schritt (3) alle assoziierten isVorgänger des Ausgangselements break analysiert. Im Beispiel aus Abbildung 6 ist lediglich das Element media break als Vorgänger modelliert, das wiederum mit drei is-Vorgängern verknüpft ist. Im Vergleich zum Isn’t-it? Algorithmus werden unter Anwendung des Kind-of? Algorithmus alle is-Vorgänger (IT system break, existing manual task und existing user task) analysiert, ob diese den Rückgabewert true besitzen. Demnach erfolgen die Schritte (7) und (8) unter Anwendung des Kind-of? Algorithmus obligatorisch. Je nachdem, ob ein benachbarter is-Vorgänger bereits unter Beantwortung der ersten beiden Analysefragen analysiert wurde, wird entweder der bereits vorhandene Ergebniswert zurückgegeben oder die weiteren Schritte (5) und (6) zur Ermittlung des Rückgabewertes ausgelöst. In Abhängigkeit zum jeweiligen Einstiegselement umfasst demnach die Lösungsmenge des Kind-of? Algorithmus alle benachbarten is-Vorgängerelemente mit dem Rückgabewert true. Somit wird bei einem vorhandenen Medienbruch die Beantwortung der Frage, welche Schwachstellen vorliegen, zunächst das Ergebnis break zurückgeben. Bei der Anschlussfrage, welche konkreten Medienbrüche vorliegen (Kind-of?), würde die
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Lösungsmenge die Wissenselemente IT system break, existing manual task und existing user task umfassen, bei denen der Ergebniswert true ist. (3) Welche Verbesserungsmaßnahmen sind geeignet? Weiterhin sind während der Prozessanalyse geeignete Verbesserungsmaßnahmen zu ermitteln. Für diesen Zweck steht in iKnow der Find! Algorithmus zur Verfügung. Er ist in der Lage hinsichtlich eines abstrakten Wissenselements konkrete Lösungsvorschläge zu finden und dient auf diese Weise der Behebung zuvor ermittelter Schwachstellen. Dazu wird zum einen eine Klassifizierung des/der gesuchten Elements/e zur Prozessverbesserung benötigt, die durch entsprechende is-Assoziationen im Wissensmodell zu repräsentieren sind. Zum anderen ist eine Spezifizierung der Verwendbarkeit erforderlich, um die Erfüllung des Zwecks der gesuchten Wissenselemente zu bestimmen (Füßl 2016). Demzufolge verfügen die gesuchten Verbesserungsmaßnahmen jeweils über eine is-Assoziation zum Combining improvement measure als Klassifizierung sowie eine used-for-Assoziation zum Combining handle media break als Verwendungsoption (Abbildung 7). Find!
improvement
Klassifizierung
rules groupware
communication Klassifizierung
workflow management
coordination Analysefrage 4
Abbildung 7:
Analysefrage 3
Ergebnisgewinnung durch Find! Algorithmus
Zur Beantwortung der Analysefrage drei benötigt der Find! Algorithmus folgende Eingabeinformation: Find improvement measure to handle media break. Dabei gelten die beiden benannten Wissenselemente jeweils als Einstiegspunkte. Ausgehend vom Verwendungszweck handle media break werden alle benachbarten used-for-Vorgänger mit der Konkretisierung bzw. Klassifizierung improvement measure in die Lösungsmenge der Analysefrage drei aufgenommen. Im modellierten Beispiel wären dies: define rules, improve communication und improve coordination.
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(4) Welche Hilfsmittel sind geeignet? Um geeignete Hilfsmittel für die Umsetzung einzelner Verbesserungsmaßnahmen zu ermitteln, kann ebenfalls die in Analysefrage drei beschriebene Vorgehensweise unter Anwendung des Find! Algorithmus genutzt werden. Mit den Eingabeinformationen: Find tool to improve communication oder Find tool to improve coordination werden die jeweiligen used-for-Vorgänger der Klassifizierung tool als Ausprägung/en zurückgegeben (groupware system und/oder workflow management system). Die vorgestellten Beispiele zur Erläuterung der Outputgenerierung stellen keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Anhand der beschriebenen Vorgehensweise ist es jedoch möglich, weitere Schwachstellen und zugehörige Analysekriterien der Wissensbasis hinzuzufügen bzw. für jede spezifische Schwachstelle geeignete Verbesserungsmaßnahmen und geeignete Hilfsmittel in Form von Expertenwissen zu modellieren. Darüber hinaus können Wissenselemente über has-Assoziationen Eigenschaften (z. B. groupware-system-has- installation-type oder groupware-system-has-features) erhalten, die beispielsweise während der Analysefragen drei und vier (durch Einsatz des Characteristics? Algorithmus) zusätzliche Informationen zu einzelnen Verbesserungsmaßnahmen und Hilfsmitteln liefern (Füßl 2016).
3.4 Maschinelle Lernkomponenten Das Geschäftsprozessanalyse-Werkzeug kann neben der reinen Prozessanalyse verschiedene maschinelle Lernansätze des Modells iKnow nutzen, um kontinuierlich die Qualität der Analyse zu verbessern. Maschinelles Lernen innerhalb eines Systems bildet das Lernen aus Daten oder Informationen ab, die Erfahrungen mit einer Anwendung repräsentieren (Alpaydın 2004). Im Folgenden werden drei induktive Lernansätze für das Geschäftsprozessanalyse-Werkzeug beschrieben: (1) Lernen durch neue Wissenselemente in Geschäftsprozessmodellen Wie bereits in den Abschnitten 3.2.2 und 3.2.3 erwähnt, kann jede Analyse eines Geschäftsprozesses zu einer Anpassung oder Erweiterung der Wissensbasis bzw. des Wissensmodells Gprocess_analysis führen. Feature-Elemente repräsentieren die Analysekriterien, die zur Bestimmung von Schwachstellen notwendig sind. Sie erfordern von einem Geschäftsprozess in Form einer XML-Datei bestimmte Eingabewerte (Abschnitt 3.1.3, Abbildung 5). Sofern das Wissensmodell Gprocess_analysis die in der BPMN-XML-Datei enthaltenen Prozesselemente noch nicht kennt, kommt eine maschinelle Lernkomponente in Form einer Nutzerfrage zum Einsatz. Diese Form des maschinellen Lernens kann auch als überwachtes Lernen bezeichnet werden (Ertel 2009; Russell/Norvig 2010). Für den Anwendungsfall, alle im modellierten Prozess enthaltenen IT-Systeme zu analysieren, wird über das Data Source-Element IT systems bpmn interface (Abbildung 5) die Funktion counter IT systems aufgerufen (Abschnitt 3.2.3). Dabei wird mit Hilfe des Isn’t-it? Algorithmus geprüft, ob es sich bei den im Prozess befindlichen Pools um IT-Systeme handelt,
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die im Wissensmodell Gprocess_analysis bekannt sind. Alle Pools bzw. Wissenselemente, die im Wissensmodell bisher nicht integriert sind, werden gebündelt und per Multiple-ChoiceNutzerfrage dem betreffenden Element im Wissensmodell (beispielsweise dem Combining IT system) zugeordnet. Der Anwender des Geschäftsprozessanalyse-Werkzeugs beantwortet nun dem System, ob die unbekannten Pool-Elemente IT-Systeme sind. Er handelt demnach als Agent eines wissensbasierten und lernenden Systems (Ertel 2009). Durch die Beantwortung derartiger Fragen entstehen zum einen weitere is-Ausprägungen eines übergeordneten Elements. Zum anderen wird beim Hinzufügen von Combinings, wie beispielsweise groupware system, geprüft, ob ein Bestandteil des neuen Combinings bereits vorhanden ist. Auf diese Weise soll das zweifache Anlegen gleicher Wissenselemente verhindert und neue Wissenselemente mit bestehenden sinnhaft verknüpft werden. Für weitere Analysen kann somit die Anzahl unbekannter Prozesselemente bzw. Wissenselemente stetig verringert werden. Zwar führt dieser Lernprozess zu keiner Verbesserung der Analyseergebnisse, jedoch wird der zeitliche Aufwand des Analyseprozesses beim Einlesen von weiteren Prozessmodellen reduziert. (2) Lernen von Combinings durch Merkmalsübertragungen Mit der Entwicklung des Geschäftsprozessanalyse-Werkzeugs wurde die Definition von Combinings im abstrakten Modell iKnow spezifiziert und um das induktive Lernen durch Merkmalsübertragungen erweitert. Das Bilden von Combinings beruht stets auf zwei Elementen der Ebenen L1 und/oder L2 (siehe Abbildung 8). Ein Element stellt jeweils einen Vorgänger über eine part-of-Assoziation zum Combining dar (vx). Das jeweilige andere Element ist durch eine is-Assoziation als Nachfolger mit dem Combining verknüpft (vz). Am Beispiel optimized process stellt die Cell optimized ein Teil des Combinings dar und das Combining optimized process ist eine Konkretisierung des Items process. Sofern nun ein neues Combining improve process dem Wissensmodell hinzugefügt wird (vy), soll automatisch eine part-of-Assoziation zu dem bereits bestehenden Item process gebildet werden. Bei improve handelt es sich um eine Aktivität und ist dementsprechend als solche zu modellieren. Somit repräsentiert das Combining improve process eine Konkretisierung der Activity improve. Auf Basis dieser Modellierungsvorschrift und der in iKnow vorgesehenen Merkmalsübertragung lassen sich folgende Regeln des induktiven Schlussfolgerns für Combinings formulieren:
Combinings erben alle konkreten Eigenschaften einer Cell als is-Nachfolger. Combinings erben alle abstrakten Eigenschaften eines Items als is-Nachfolger. Combinings erben alle Eigenschaften einer Activity als is-Nachfolger.
Die Evaluation der Regeln soll in diesem Beitrag jedoch nicht durchgeführt werden.
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ݒ௭
ݒ௫ part-of
݁ଵ ݒ௫ ǡ ݒ௬ ݁ଵ ܧ א௧
is
ݒ௬
݁ଶ ݒ௬ ǡ ݒ௭ ݁ଶ ܧ א௦
Modellierungsvorschrift: vx : Cell, Combining oder Item vy : (neues) Combining vz : Activity, Cell, Combining oder Item
optimized
Abbildung 8:
Modellierungsvorschrift und Beispiel zweier Combinings
(3) Überwachtes Lernen durch Rückfragen an Experten Die durch die Prozessanalyse ermittelten Ergebnisse sollen ferner durch einen Experten als Agent des wissensbasierten Geschäftsprozessanalyse-Werkzeugs auf ihre Korrektheit und Vollständigkeit untersuchbar sein, sodass bei Bedarf eine Anpassung der Wissensbasis möglich ist. Zum einen soll der Experte die Möglichkeit haben die vorgeschlagenen Verbesserungsmaßnahmen und Hilfsmittel (Deduktionsschritte vier und fünf, Abschnitt 3.3) aus dem Analyseergebnis zu streichen, wenn diese für die Behebung der ermittelten Schwachstelle(n) nicht geeignet sind. Zum anderen soll das Analyseergebnis um fehlende Verbesserungsmaßnahmen bzw. Hilfsmittel erweitert werden können, in dem diese dem Wissensmodell hinzugefügt werden (analog zum Lernen durch neue Wissenselemente in Geschäftsprozessmodellen, siehe oben). Auf diese Weise kann das Wissensmodell für zukünftige Geschäftsprozessanalysen stetig verbessert werden (Füßl et al. 2018). Komplexer gestaltet sich hingegen eine Situation, in der eine vorliegende Schwachstelle nicht oder eine unzutreffende Schwachstelle identifiziert wurde. In diesem Fall liegt die Fehlerquelle in der Definition der Data Source-Schnittstelle. Im Beispiel aus Abbildung 5 soll das Data Source-Element user tasks bpmn interface eine Liste mit den Name-Attributen der gezählten Elemente erzeugen, sodass der Experte diese mit den tatsächlich im Modell vorliegenden Elementen vergleichen kann. Wird eine Abweichung festgestellt, gilt es, die definierte Schnittstelle zu modifizieren. Sofern die Liste jedoch korrekt ist, wird eine
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fehlerhafte Formulierung der Result Expression des betreffenden Elements (hier existing user tasks) impliziert. Die genaue Gestaltung dieser maschinellen Lernkomponente zum überwachten Lernen würde eine sehr ausführliche Darstellung erfordern und steht daher im Rahmen dieses Beitrags nicht im Fokus.
4.
Evaluation des Geschäftsprozessanalyse-Werkzeugs
4.1 Kurzbeschreibung der Prototyp-Anwendung Zur Demonstration und Evaluation des entwickelten Geschäftsprozessanalyse-Werkzeugs wurde eine Windows-Anwendung als Prototyp konstruiert. Die Entwicklung des Prototyps basiert auf C# und dem GUI-Toolkit Windows-Forms der Microsoft .NET Frameworks. Die Architektur der Windows-Anwendung umfasst zwei voneinander entkoppelte Hauptkomponenten. Der iKnow Core enthält alle Klassen und Methoden, die für das Geschäftsprozessanalyse-Werkzeug erforderlich sind. Der iKnow Editor repräsentiert eine vereinfachte Benutzeroberfläche für die Anwendung des Prototyps. Für die Analyse eines Geschäftsprozessmodells gilt es zunächst eine Wissensbasis über mögliche Prozessschwachstellen, Verbesserungsmaßnahmen und Hilfsmittel initial zu erstellen. Mit Hilfe entsprechender Eingabebefehle wurde somit die für die Geschäftsprozessanalyse notwendige Wissensbasis über ein Editorfenster (sprich im iKnow Editor) erzeugt. Im Folgenden wird der konstruierte Prototyp für die Prozessanalyse anhand eines exemplarischen Geschäftsprozesses demonstriert und evaluiert.
4.2 Geschäftsprozessanalyse – Befehlseingabe und Ergebnisgewinnung Der betrachtete Beispielprozess beschreibt den Ablauf einer Auftragsproduktion und erfüllt die in Abschnitt 3.2.1 vorgestellten Voraussetzungen für BPMN-Geschäftsprozessmodelle. Er besteht aus drei Pools, die ein Bestellsystem, ein Unternehmen und einen Logistikdienstleister repräsentieren. Das Unternehmen lässt sich vereinfacht in die Organisationseinheiten Kundenservice, Produktion und Versand strukturieren. Durch den Bedarf eines Kunden und das anschließende Aufgeben einer Bestellung wird im Bestellsystem eine Prozessinstanz erzeugt. Per Nachricht wird der Kundenservice informiert, der anschließend einen Kundenauftrag erstellt und an die Produktion übergibt. Der Task zum Fertigungsauftrag stellt einen Teilprozess dar, der nicht näher spezifiziert wird. Nach dem Verpacken der Lieferung und dem Drucken der Versanddokumente werden diese vom Logistikdienstleister unterzeichnet und die Bestellung ausgeliefert. Der Versand nimmt
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die Versandinformation auf und veranlasst eine Bestätigung der Lieferung im Bestellsystem. Abbildung 9 veranschaulicht den beschriebenen Prozess grafisch als BPMN-Modell.
Abbildung 9:
Geschäftsprozess einer Auftragsproduktion als BPMN-Modell
Vor Beginn einer Prozessanalyse wird im Prototyp zunächst die notwendige Wissensbasis geladen. Anschließend kann die Analyse des Geschäftsprozesses auf Basis der in Abschnitt 3.3 vorgestellten Fragestellungen bzw. Analyseschritte zur Identifikation von Medienbrüchen erfolgen. Die Beantwortung der Einstiegsfrage wird im Prototyp über folgende Befehlseingabe ausgelöst: (1) < isnt-it "optimized process"
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Dazu wird das Einlesen des zu untersuchenden Prozesses erfordert. Es öffnet sich ein Editorfenster, um den Beispielprozess im BPMN-Format zu selektieren und zu laden. Gemäß des in Abschnitt 3.3 beschriebenen Deduktionsprozesses wird der Beispielprozess analysiert, ob das Wissenselement optimized process den Ergebniswert true oder false besitzt. Da im Prozess die drei Poolbezeichnungen der Wissensbasis noch nicht bekannt sind, wird vom Prototyp eine Nutzerfrage zur Klärung der Wissenselemente erzeugt (Abbildung 10, links). Nachdem das Bestellsystem als IT-System manuell selektiert wurde, wird dieses für zukünftige Analysen der Wissensbasis hinzugefügt. Dies ist in Abbildung 10 (rechts) anhand der Logs cell "Bestellsystem" created und is-association from "Bestellsystem" to "IT system" created protokolliert. Anschließend erfolgen die Berechnungen der Result Expressions. Aus der Logausgabe ist abzulesen, dass es sich um kein IT system break handelt (r(vnumber_of_IT_systems) = 1 Æ false). Die Anzahl vorhandener Benutzertasks beträgt vier (r(vnumber_of_user_tasks) = 4 Æ true), weshalb das Vorhandensein von Benutzertasks im Beispielprozess mit dem Ergebniswert true bewertet wird. Daher erhalten auch die is-Nachfolgerelemente media break, break und weak point den Ergebniswert true, sodass die Antwort der Einstiegsfrage false ergibt (Abbildung 10, rechts, erste Zeile der Logausgabe: NO).
Abbildung 10: Screenshot des Analyseschritts Isn't-it? "optimized process" Die zweite Fragestellung, welche konkreten Schwachstellen im Prozess vorliegen, kann mit Hilfe folgender Befehlseingaben untersucht werden: (2) < kind-of "weak point" (3) < kind-of "break" (4) < kind-of "media break" Dabei werden für die zweite und dritte Befehlseingabe die bereits berechneten Ergebniswerte zurückgegeben. Demnach lautet das Ergebnis des zweiten Befehls „break“ und das
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Ergebnis des dritten Befehls „media break“. Der Deduktionsprozess, der mit dem vierten Befehl ausgelöst wird, erfordert die Analyse aller benachbarten is-Vorgänger des Elements media break. Die Elemente IT system break und existing user tasks wurden bereits aufgrund des in iKnow zugrunde gelegtem DREP analysiert (Abbildung 10). An dieser Stelle erfolgt nun die noch ausstehende Analyse des is-Vorgängers existing manual tasks. Da sich im Beispielprozess zur Auftragsproduktion drei manuelle Tasks befinden und gleichzeitig ein IT-System (r(vnumber_of_manual_tasks) = 3 AND r(vnumber_of_IT_systems) = 1 Æ true), erhält das Wissenselement existing manual tasks den Rückgabewert true. Das Endergebnis auf die vierte Befehlseingabe bzw. die Fragestellung, welche konkreten Medienbrüche vorliegen, lautet demnach: existing user tasks und existing manual tasks. Zur Beantwortung der dritten und vierten Fragestellung, welche Verbesserungsmaßnahmen und welche Hilfsmittels dafür geeignet sind, können die nachfolgenden Befehlseingaben genutzt werden: (5) (6) (7) (8)
< used-for "improvement measure" "handle media break" < used-for "tool" "improve coordination" < used-for "tool" "improve communication" < used-for "tool" "define rules"
Der fünfte Befehl bezieht sich auf Verbesserungsmaßnahmen. Die Befehle sechs bis acht werden zur Identifikation von geeigneten Hilfsmitteln verwendet. Die Frage, welche Verbesserungsmaßnahmen hinsichtlich des analysierten Beispielprozesses geeignet sind, umfasst die in Abschnitt 3.1.2 modellierten Maßnahmen: define rules, improve communication und improve coordination. Das Ergebnis ergibt gemäß der modellierten Wissensbasis bei der Befehlseingabe sechs die folgenden Antworten: workflow management system und groupware system. Die siebente Befehlseingabe enthält lediglich den Ergebniswert groupware system und für die achte Befehlseingabe wird eine leere Menge als Ergebniswert bzw. die Antwort nothing found zurückgegeben. Zur Verbesserungsmaßnahme define rules befinden sich in der bisher modellierten Wissensbasis derzeit noch keine Hilfsmittel.
5.
Zusammenfassung und Ausblick
Mit dem Ziel der Entwicklung eines Geschäftsprozessanalyse-Werkzeugs auf Basis von iKnow wurde das bestehende Grobkonzept (Füßl et al. 2018) am Beispiel von Medienbrüchen verfeinert, weiterentwickelt und evaluiert. Hierzu war es notwendig, die Wissensbasis über Schwachstellen und Verbesserungsmaßnahmen zu modifizieren (insbesondere die Ebenen L3 und L4) und Data Source-Elemente durch Interfaces so zu definieren, dass die für die Analyse relevanten Daten aus BPMN-Modellen gezielt extrahiert werden können. Weiterhin wurde die deduktive Inferenzbildung durch Anwendung der von iKnow bereitgestellten Deduktionsalgorithmen verfeinert, um praxistaugliche Ergebnisse während der Prozessanalyse zu erhalten. Zur kontinuierlichen Verbesserung der Analyseergebnisse
Entwicklung eines Werkzeugs zur Geschäftsprozessanalyse
103
konnten einzelne maschinelle Lernansätze von iKnow auf das zu entwickelnde Geschäftsprozessanalyse-Werkzeug übertragen werden. Die betrachtete Analyse des Beispielprozesses zur Auftragsproduktion zeigt, dass das konzipierte Geschäftsprozessanalyse-Werkzeug unter Verwendung des konstruierten Prototyps für BPMN-Modelle ausführbar ist und die erarbeiteten Prozessanalysefragen (Abschnitt 3.3) umgesetzt werden konnten. In Beratungsprojekten kann das Geschäftsprozessanalyse-Werkzeug zur automatisierten Situationsanalyse während der Beratungsphasen Problemanalyse und Problemlösung zunächst unterstützend eingesetzt werden. Darüber hinaus ist es denkbar, dass Werkzeug zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen von Self-Service-Anwendungen den Beratungsklienten als intelligentes Analyse-Tool zur Verfügung zu stellen, wie dies laut BDU-Studie (Nissen et al. 2019) künftig erwartet wird. Klienten könnten ihre eigenen Prozessmodelle analysieren und mögliche Verbesserungsmaßnahmen bzw. Hilfsmittel ohne persönlichen Beratereinsatz ermitteln. Die weiteren Entwicklungsschritte des Geschäftsprozessanalyse-Werkzeugs umfassen die Konzeption und Integration eines überwachten Lernverfahrens. In diesem Zusammenhang gilt es, den konstruierten Prototyp technisch weiterzuentwickeln und eine benutzerfreundliche und für Berater geeignete Nutzeroberfläche, anstelle des prototypischen iKnow Editors, zu gestalten. Anschließend wäre eine Evaluation mit Beratungsunternehmen anzustreben, um zum einen den Analyseprozess und die Ergebnisgenerierung möglichst breit zu validieren, sowie zum anderen die Praxistauglichkeit zu überprüfen. Um spezifische Eigenschaften eines zu analysierenden Prozesses besser zu berücksichtigen und so die Analyseergebnisse zu präzisieren, wäre es zielführend weitere Wissenselemente (Verbesserungsmaßnahmen und Hilfsmittel) mit Constraints bzw. Result Expressions zu modellieren. Im untersuchten Beispielprozess könnte etwa das Hilfsmittel groupware system nur geeignet sein, wenn ein Prozess manuelle Tasks umfasst. Durch die Result Expression r(vnumber_of_manual_tasks) > 0 könnte dann sichergestellt werden, dass nur in dieser Situation groupware system Teil der Lösungsmenge ist. Darüber hinaus ist es sinnvoll den Integrationsgrad zwischen zwei IT-Systemen zu ermitteln, um die Identifikation und Auswirkungen eines Medienbruchs zu spezifizieren. Die Bestimmung von Datensynchronisation sowie zentraler oder dezentraler Datenspeicherorte wird beispielsweise dafür notwendig sein. Somit ist ein Medienbruch auch in Verbindung mit weiteren Schwachstellen, wie Systembrüchen oder Datenredundanzen, zu analysieren, anstatt einzelne Schwachstellen lediglich isoliert voneinander zu untersuchen. Aufgrund der von iKnow bereitgestellten maschinellen Lernkomponenten ist das Geschäftsprozessanalyse-Werkzeug in der Lage, sich mit jedem Anwendungsfall bzw. mit jedem zu analysierenden Geschäftsprozess kontinuierlich zu erweitern und die Analyseergebnisse, auch bei individuellen Prozessen, zu verbessern. Zur Identifikation von Schwachstellen ist es denkbar, die bisherig definierten Schnittstellen zwischen iKnow und einer BPMN-Datei durch ein künstliches neuronales Netz (KNN) zu ersetzen. Hierzu gilt es, Eingabeneuronen mit einer zu analysierenden BPMN-Datei (beispielsweise über die
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gestalteten XPath-Funktionen) sowie Ausgabeneuronen zur Ergebnisgenerierung mit den Wissenselementen (bzw. Knoten) der Schwachstellen zu vernetzen. Mit der Integration von überwachten Lernverfahren könnte das KNN so trainiert werden, dass es bei bestimmten Eingabemustern Schwachstellen identifiziert und dafür sinnvolle Verbesserungsmaßnahmen und Hilfsmittel empfohlen werden (Kruse et al. 2015). Darüber hinaus könnte die konzeptionelle und technische Integration eines KNN das Geschäftsprozessanalyse-Werkzeug durch eine Vielzahl variationsreicher Anwendungsdaten trainieren und somit zur beschleunigten Wissenserweiterung und Ergebnisverbesserung beitragen.
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Semih Akkaya and Michael Hepp
Field Sales Transformation – Digital Services to improve Sales Processes and Productivitiy
1. Introduction 2. Success Factors and its applicable Digital Services to become excellence in Field Sales 2.1 Sales Strategy 2.2 Sales Controlling 2.3 Sales Organizations and Processes 3. Research Methodology 3.1 Research Goals and Questions 3.2 Research Process 4. Findings and Analysis of Requirements to become excellence in Sales 4.1 Factors why Field Salespeople waste Time in capturing sales-relevant Data/Information 4.2 Why provisioned Sales Content and Information affects the Productivity of Salespeople 4.3 Preparation of sales-relevant Reports 4.4 Quality of sales-relevant Content and Information 4.5 Performance of Online Applications 4.6 Hypothesis Testing 4.7 Hybrid data-capturing Forms 4.8 Sales-enablement Platform 4.9 Centralized and standardized Sales Dashboards 5. Theoretical Contribution, Implications for Managers, Limitations and Implications for further Research
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Bruhn und K. Hadwich (Hrsg.), Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen, Forum Dienstleistungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30168-2_4
5.1 5.2 5.3
Theoretical Contribution Implications Limitations and Implications for further Research
References ___________________________ Semih Akkaya, MBA, is IT Manager Collaboration and Apps at Walter AG. Dr. Michael Hepp, is Vice President Digital Business and Transformation and Member of the Executive Management Team at Walter AG.
1.
Introduction
Technological change is a constant companion in human history. What is new is the intensity and the speed of such change and how technology influences us (Katzengruber/ Pförtner 2017). Sales forces today faces various challenges, whether from inside and outside their companies. On the one hand, customers continually raise their expectations. The internet and internet-based technologies provide customers before they make a purchase the possibility to inform themselves quickly and effectively about product alternatives, best services, and the newest market trends. Therefore, customers demand salespeople to be exactly well informed, quick, and accessible on demand. Furthermore, buying procedures are becoming more complex, and customers demand customized solutions. On the other hand, intense competition places great pressure on salespeople. A sales force must deal with increased numbers and complexities of products. Often, these products have less differences to competitor products. Shorter product lifecycles require salespeople to update their product knowledge more often (Serdaroglu 2009). It must be considered that administrative tasks reduce the active time with the customer (Pufahl 2015). As a consequence, firms invest in information technologies (IT) to improve sales force effectiveness (Shoemaker 2001; Serdaroglu 2009). A customer relationship management (CRM) system is one of the systems which are used by the sales forces. However, digitalization in sales goes beyond a pure CRM system. Digitalization in sales means utilizing innovative and process-oriented software or hardware-based technologies that help sales organizations or individual salespeople in planning, steering, executing, and controlling their activities throughout the different stages of the sales process (Elste 2016). According to Serdaroglu (2009) and Morgan/Inks (2001), sales-specific hardware and IT are often called sales force automation (SFA) technologies, which help salespeople to store, retrieve, and analyze customer-related data and manage information throughout the sales process-cycle. Through these systems, companies can automate and digitize their processes to achieve cost savings (Kilian/Mirski 2016). However, companies should not be blinded by the buzzword “Digitalization” (Belz et al. 2018). To enable digitalization in sales requires employees, processes, technology, and organizations to be involved in the innovation cycle (Katzengruber/Pförtner 2017). Changing technological advances have made many companies reconsider their salesforce organization (Jobber/Lancaster 2015). Traditionally, sales improve randomly and in small steps. To remain competitive, it is necessary to develop and launch new and fundamental sales solutions. This process requires establishing special units or teams, in addition to classic sales organizations (Belz et al. 2018). In addition to technical and organizational aspects, one of the most important factors that requires attention is the people who play a
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central and important role in digitalization (Kilian/Mirski 2016) and greatly impact the success or failure of the transformation (Katzengruber/Pförtner 2017). To support companies with the digitalization in sales we would like to answer how digital sales technologies and processes can improve the efficiency of the daily activities of field salespeople? To answer this question, we examine the main challenges and issues of field salespeople in daily sales activities, and what type of new or improved sales technologies or processes can support the field sales engineers to become more productive and effective? Hence, the paper is structured as follow: After the introduction, we described the research goals, followed by the delimitations and research strategy as well as the design. In Chapter 2, we show the current research status and explains the research gap. Chapter 3 is focused on the research methodology and the process. Then the findings are discussed. Chapter 5 represent our recommendations and considerations based on the discussed findings. Finally, the study concludes with its theoretical contribution and managerial implications, as well as suggestions for further research.
2.
Success Factors and its applicable Digital Services to become excellence in Field Sales
This chapter explores the literature and determines the current knowledge and different aspects of how to achieve Sales Performance Excellence (SAPEX) while considering the factor of digitalization, which seems to be a “advantage and disadvantage” for salespeople in the sense that it increases equally the productivity and the job insecurity (Johnson/Bharadwaj 2005). This aspect helps to understand the latest matters in the relevant field. Companies that want to compete against international competition need to control their global sales. To further increase the effectiveness and efficiency in sales, organizations inevitably require new sales approaches, tools, and a new understanding of their sales policy (Lips 2014). One successful practice example is the SAPEX framework (Figure 1), which enables companies to effectively manage their sales force in an international market (Lips 2014).
Field sales transformation – Digital services to improve processes and productivity
Figure 1:
111
Dimensions of Sales Performance Excellence (Source: based on Lips/Horváth 2016, p. 308)
Each dimension is connected and influences the others. In this context, sales performance can only be achieved if all dimensions are considered (Lips 2014). The outer circle further distinguishes the main dimensions of sales people development, sales strategy, sales organization and processes, and sales controlling. According to Petersen (2017), the abovelisted dimensions are the main elements that need to be aligned to achieve SAPEX. When considering digitalization in sales, companies need to recognize an additional determinant called Digital Sales Excellence to achieve SAPEX. The objective of Digital Sales Excellence is to increase sustainable sales and position a competitive sales force by
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the innovative and process-oriented usage of IT-based tools in the areas of strategic sales decisions and operative sales processes (Binckebanck 2016). Therefore, the literature review explores the following subsections: How SAPEX can be achieved considering the various dimensions while recognizing the factors of digitalization. Following subsections contribute to answering the second research questions (formulated in chapter 3), focusing on the dimensions Sales Strategy, Sales Controlling and Sales Organization and Processes.
2.1 Sales Strategy The dimension of sales strategy in the SAPEX framework defines target markets and customers, product and services, and the sales channels. Sales force needs to know the potential of these dimensions and, accordingly, prioritize their activities (Lips 2014). Changing markets, disruptive innovations, commoditization of products, and formation of new market spaces causes transformation pressure for companies (Binckebanck 2016). The success of a sales strategy is largely due to the data regarding markets, customers, and competitors. Companies that have the necessary knowledge and understanding of the potential and the customers in the relevant markets can develop an effective sales strategy (Pufahl 2015). New technologies enable broader market coverage, an extensive understanding of the individual needs of the customer, and comprehensive automation of marketing activities (Binckebanck 2016). A starting point for companies to build individualized customer profiles and marketing measures is customer-relevant data, which is the primary challenge for firms and is often called Big Data in this context. Targeting and profiling help companies to identify customers, customer segments, and their preferences from the existing customer-related data, and enable companies to build individualized customer profiles, marketing content, and customer-specific solutions (products and services). Through methods like matching agents, collaborative filtering, feedback and learning, and rulebased systems an individualized content for the customer can be distributed (Binckebanck 2016). The product and service portfolio positioning is an essential part of the sales strategy (Pufahl 2015). This positioning determines how the company is perceived in the market and influences the sustained sales (Pufahl 2015/Kofler 2018). With digitalization, products and services are subject to continuous change. Digital technologies enable product innovation. Such technologies may supplement existing products and/or services or they may be the base for the implementation of new products and/or services (Kofler 2018). Digital technologies have also an influence in process innovation. Such technologies impact how products are developed and manufactured. This is the basis to increase the overall efficiency and improve the customer service (Kofler 2018).
Field sales transformation – Digital services to improve processes and productivity
113
2.2 Sales Controlling To achieve SAPEX, a sales-controlling system with the three main areas: sales reporting, sales planning, and sales-controlling concepts (Lips 2014) is necessary. Regarding sales reporting, decision-relevant information is processed and presented to the sales management via sales dashboards (Lips/Horváth 2016). Sales planning defines, financial and nonfinancial key figures (e.g. KPI). In addition, scenario calculations, simulations, and consolidations of the planned sales targets are covered in sales planning (Lips 2014). The sales-controlling concept monitors and measures sales performance, compares and analyzes actual versus target figures, and derives countermeasures (Pufahl 2015). Controlling and analysis possibilities have increased extraordinarily through expanding customer and market-relevant data. Big Data in combination with business-intelligence systems provide new opportunities in the area of sales reporting, planning, and controlling (Lips/Horváth 2016). In the area of sales reporting, data warehouse and frontend technologies, enable companies to design business intelligence (BI)-based controlling-cockpits (Schön 2018). Using such an approach, companies can automate the creation processes of sales reports and planning figures, resulting in less workload for the departments involved in such creation (Schön et al 2013). An additional benefit in the area of sales reporting offers Big Data with real-time nonfinancial market information (data), which, in the past, was accessed manually and with great effort through public databases. These types of data can be provided as an individualized report for salespeople. The reporting show information’s like market analysis, market monitoring, and competitor profiles, so that they can better prepare their customer appointments or quotations (Lips/Horváth 2016).
2.3 Sales Organizations and Processes Based on digitalization and an example process, standardization and automation examples within a sales process are introduced. The example sales process covers pre-sales, sales, and after-sales, consisting of six sales phases and eleven process (working) steps (see Figure 2).
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Sales
Pre-sales
Market Planning
Customer Planning
Sales Planning
Lead Collection and Qualify
Contact Lead and Qualify
Lead Management
Establish and Maintain Contact
Check Customer Demands
Clarify Request
Contact Management
After-sales
Create Quote and Negotiation
Follow-up Quotations
Quotation Management
Process Order Order Management
Customer Care
After-Sales
Customer Sales Enablement Business Intelligence Big Data CRM/ERP/other Internal and External Sources
Figure 2:
Example Sales Process with Supporting Technologies Supporting (Source: Based on Pufahl 2015, p. 139)
The entire process concerns customers, in which technologies such sales enablement, business intelligence, Big Data, or CRM provide support services for the sales force. Within CRM systems, the entire sales process is represented. All customer-relevant information collected from the different sales activities is stored and connected in the CRM system. This system offers salespeople the possibility to monitor and analyze the customer activities from the lead management to the after-sales management (Pufahl 2015). Big Data offer sales new opportunities in the area of evaluating a large amount of customer-related data and gaining competitive advantages by better adapting to customers, their needs, and their behavior. Therefore, different data sources, such as the CRM system, the enterprise resource planning (ERP) system, and supply chain management (SCM) systems are connected to obtain heuristic findings (e.g. customer needs, shopping behavior and the prediction of what they might purchase next (Cseh/Marx 2016). With the help of business intelligence (BI), structured and unstructured data from internal sources, such as CRM, ERP, and SCM systems, and external sources, such as websites, social media, and external databases, are processed (Schön 2018). With the integrated frontend technology in the BI systems, companies can implement cockpits or reports for sales (Schön 2018) with dynamic figures and diagrams, which increase the analysis ability and save time accessing the information (Schön et al 2013). But to increase the productivity in sales and to satisfy customer demand, salespeople need enablement and individualized content for each phase of the sales process (Matthews/ Schenk 2018). In the sales-planning phase, market, market potentials, and competitors are assessed, and the market development is planned (Pufahl 2015). Big Data, advanced analytics, and business-intelligence technologies provide new opportunities in the area of sales planning. For companies, Big Data is the new raw material (Katzengruber/Pförtner 2017). Algorithms
Field sales transformation – Digital services to improve processes and productivity
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enable the accurate, rapid, and automated extraction and analysis of data (Gentsch 2018), while artificial intelligence (AI) processes the datasets, recognizes the interactions, finds connections between the data, and predicts and/or prescript measures (Lips/Horváth 2016). With the help of business intelligence, the creation process for the visualization of the planning figures can be automated (Schön et al 2013). Lead management covers the overall process in which potential buyers are identified, educated, engaged with, qualified, and transferred to sales (Süphan 2015). Technologies in the area of lead management help to automate activities within the process, such as lead generation, lead nurturing, and the qualification of leads before they are delivered to sales (Süphan 2015). In the contact-management phase, salespeople contact leads or existing customers via a personal visit, phone call, or written correspondence (Pufahl 2015). Therefore the sales force needs to document customer-related information (e.g. address, contacts person) opportunities and activities of customer (e.g. planning and follow-up of customer visit) (Schulze 2013). Through the implementation of CRM systems, the documentation of sales activities can be standardized within the sales force (Pufahl 2015). However, CRM systems encounter resistance from salespeople. The complicated data-capturing process is one reason for this (Schulze 2013). Therefore, data capturing should be easy and possible to do directly from the customer (Heidenstecker 2014). Classic activities within the quotation and order-management phase are the initial registration of the new customer in the internal systems, creating quotes, obtaining approvals for quotes, and tracking the status of quotes (Pufahl 2015). Modern quotation solutions provide functionalities such as automatically populating the quote with the data related to the customer (e.g. name, address, and quotation number). Even an integrated workflow functions is possible that enable the beginning and control of the approval process for quotes with special conditions, in which the approval of higher authorities might be required. Analytics functions within the tool help to track the status of the quotes, which makes it easier to follow them up (Rubicon n.d.). In case of order management customers today have multiple channels available through which to submit an order (Otto et al. 2009). For those orders via email or fax, these used to take time to process and required, occasionally, a follow-up call to confirm an address or part number. Artificial-intelligence-enabled solutions can automate the process of reading incoming orders via fax and email using a standardized format and directly enter them into the order-management system (Essaides 2017). In the after-sales phase, customer care plays an important role and contributes to the sustainable growth of sales (Pufahl 2015). Today’s customer expects 24/7 service, everywhere, via any channels and any device. Thus, companies need to design their customer service based on customer expectation (Bruijn 2017). In this area, enterprise assistance, such as chatbots and other conversational user interfaces, is designed based on customerservice representatives. Chatbot technologies engage customers in conversation, carrying
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out marketing, sales, and support tasks just as human customer-service representatives do (Janarthanam 2017). In case the chatbot cannot process a too complex question, AI use the data to identify the best representative available to address the customer’s requirements (Salesforce 2019).
3.
Research Methodology
3.1 Research Goals and Questions The proposal of this contribution is to analyze the existing in-use digital sales tools and sales activities of field salespeople from a case company in the mechanical engineering sector. Based on the findings, recommendations are provided for new digital sales technologies and processes that support and improve the execution of the daily sales tasks of salespeople. Consequently, the following main research question was formulated:
How can new or improved digital sales technologies and processes improve the efficiency of the daily activities of field salespeople?
Answering the main research question provides a framework for identifying which timeconsuming and routine sales tasks it would be beneficial to invest in new or improved sales technologies or processes so that the productivity and effectiveness of field salespeople can increase. The main research question is extensive and includes aspects that need to be researched in detail. Therefore, the following two research sub-questions have been formulated: (1) What are the main challenges and issues of field salespeople in daily sales activities, and which sales technologies are, or are not, in use for particular tasks? To obtain a better understanding of today’s challenges of salespeople, the first objective is to reveal such issues and to evaluate in which areas rapid benefits can be realized by implementing new or improved sales technologies or processes. Therefore, a case company from the mechanical engineering sector was selected as subject of research. (2) What type of new or improved sales technologies or processes can support the field salespeople to become more productive and effective? Answering this sub-question is a prerequisite for this contribution to research possible solutions and how these impacts the productivity of field salespeople and other functions involved in the sales process of the case company.
Field sales transformation – Digital services to improve processes and productivity
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3.2 Research Process The first research question is answered by combining qualitative and quantitative research methods (mixed methods), for which both qualitative and quantitative data were collected, analyzed, and evaluated (Kuckartz 2014). Using the interviews, observations, and an internal document review, the necessary qualitative data were collected to answer the first research question. A structured survey was conducted to provide a comprehensive coverage of possible results and to assess the qualitative research results. The collected qualitative data provided the baseline information for the survey. The combination of the two data sources allowed a more in-depth analysis, the ability to determine contradictions and similarities, and to obtain new insights (Baran/Jones 2016). The second research questions is answered via the literature review that helps to determine a theoretical framework for possible improvements in the sales force of the case company (Schütz/Röbken 2016). For the analysis of the qualitative data collected from the internal document reviews, interviews, and observations, the grounded theory method was used (Kuckartz 2014). Grounded theory was chosen because of multiple reasons: Firstly, a regular and repeated sales process was analyzed, for which the theory is useful. Furthermore, this approach provides methods for the systematic and detailed analysis of data in the early stages and for the interplay between data collection and analysis (Myers 2008). Finally, the approach allows the development of a hypothesis once the qualitative data are collected (Auerbach/ Silverstein 2003). For the analysis of the quantitative data collected from the online survey, descriptive statistics were used to summarize, visualize, and calculate the descriptive measures (Taylor 2005). The results of the quantitative research supported testing the hypothesis derived from the qualitative research (Gelo et al. 2008). The responses of the interviewees and the participant observations were summarized considering the main messages and views. This helped to obtain a better overview of the data. The internal documents were studied before and after the interviews and the participant observations and covered as data to assist and confirm the findings (Ridder 2016). With the open-coding process, the data consisting of documents, interviews, and observations records were compared for similarities and differences and labeled using categories. Thus, it was possible, using the axial-coding method, to group the categories in similar results/themes. Then, the selective-coding process help to identify connections and patterns between the groups and to derive core categories (Corbin/Strauss 1990). Regarding the collected data from the online survey, in the initial stage of the survey, each response possibility of the closed questions was pre-coded by assigning appropriate numerical responses. Regarding the single open-ended question, it was coded using the method for the collected qualitative data explained in the previous paragraph.
118
4.
S. Akkaya and M. Hepp
Findings and Analysis of Requirements to become excellence in Sales
This chapter presents the detailed findings of the qualitative and quantitative research. The results of the qualitative and quantitative research are summarized and grouped in the respective following sections. The hypotheses derived from the results of the qualitative research (case study) are tested based on the results of the quantitative research. Regarding the findings of the qualitative and quantitative research, the insights obtained from the literature review are considered in this chapter.
4.1 Factors why Field Salespeople waste Time in capturing salesrelevant Data/Information The internal document review made evident that salespeople use different types of Excel-, Word-, or PowerPoint-based templates to capture sales-relevant data. The insights obtained from the internal document review helped, during the interviews, to ask more detailed questions concerning how data are captured, and to pay close attention while observing how the salespeople collected data/information during their daily sales activities. The salespeople confirmed during the interviews that, directly after the customer visits or in the office, their written notes are digitized manually, either by entering them into the CRM system or in digital notebooks. Therefore, the interviewees were asked why the CRM system is not used to capture the activities. 15 out of 17 interviewees answered that poor internet connection at the customer location is the main reason that activities are not captured directly into the CRM system. In addition, the interviews made it clear that the CRM system works only with an internet connection and a virtual private network (VPN) connection to the company’s internal network. Based on the first structured results of the interviews and observations, this contribution hypothesizes that: H1: If salespeople would have a standardized form application (with mandatory fields, language neutral, etc.) that covers various forms to capture sales-relevant data/information offline, with the possibility to synchronize the captured data back to the relevant source systems (e.g. CRM system), this would be helpful for them in their daily sales tasks.
4.2 Why provisioned Sales Content and Information affects the Productivity of Salespeople A significant finding from the interviews is the number of information sources that salespeople obtain sales-relevant content. 22 information sources for the salespeople of the case
Field sales transformation – Digital services to improve processes and productivity
119
company was identified. This information was obtained from the internal document reviews, the interviews, and the observations. However, this does not mean that salespeople use all of these sources in the same way during their daily sales activities. The internal document review helped reveal that most of the sources are fragmented and isolated from each other. Hence, it is not possible for salespeople to begin search queries across multiple sources. To collect further insights regarding the information sources and the time that salespeople spend searching sales-relevant content, one specific question addressed this issue in the online survey. Figure 3 illustrates that 70.06 percent of the survey participants collect or receive their daily sales-relevant information from more than five sources.
58,50%
60% 50% 40% 30%
29,93%
20% 11,56% 10%
0% 1) < 5 sources
Figure 3:
2) 5-10 sources
3) > 10 sources
Results of question 3: From how many information sources do you collect or receive sales-relevant content or information? (n = 294)
Analyzing the results of the question in Figure 4, it is evident that 76.18 percent of the surveyed salespeople spend more than 30 minutes of their working day finding sales-relevant information or content.
120
S. Akkaya and M. Hepp
40%
35,71%
35% 28,57%
30%
25% 19,39%
20% 15%
11,90%
10% 5%
4,42%
0% 1) < 15 min
Figure 4:
2) 15-30 min
3) 30-60 min 4) 60-120 min 5) > 120 min
Results of question 1: In an average day, how much time do you typically spend searching for sales-relevant content or information? (n = 294)
Based on the insights regarding how much time salespeople spend for searching of information and the number of information sources they use the following hypotheses have been formulated: H2: If salespeople have too many information sources, as a consequence they do not know where they can find sales relevant information and content supporting their daily sales activities. H3: If salespeople would have one single place with all sales relevant data, then this would be helpful for them to find the daily sales task relevant information. H4: When salespeople access quick to sales relevant information/content, this helps to be more productive in their daily tasks.
4.3 Preparation of sales-relevant Reports From the interviews and observations, it is evident that salespeople use different types of Excel-, PDF-, or PowerPoint-based reports that mainly contain customer and sales-related numerical information. The interviewees stated that such reports are especially important when preparing for or following-up a customer visit. The Excel-based reports consist of cell and column entries and, often, different types of formula. Furthermore, the examined reports generally did not contain any visual charts.
Field sales transformation – Digital services to improve processes and productivity
121
In the interviews, the salespeople mentioned that they use five to seven reports. The online survey determined that 77.55 percent of the surveyed salespeople use more than five reports (Figure 5), which is consistent with the findings from the interviews. 60% 50,34% 50% 40% 27,21%
30% 22,45%
20% 10% 0% 1) < 5 reports
Figure 5:
2) 5-10 reports
3) > 10 reports
Results of question 6: How many Excel, PDF or PPT based reports are you using today? (n = 294)
Further aspects that the interviewees addressed during the interviews were that they often make manual adjustments within the reports they are provisioned with. In detail, the following manual actions are determined as adjustments within the reports: Manually creating visual charts or graphics for sales-specific figures; changing the layout for a better user experience; and defining new sets of calculations within the reports. The online survey shows that 86.39 percent of the participants spend more than one hour creating their own Excel-based reports (on average/week).
122
S. Akkaya and M. Hepp
40%
36,73%
35% 30% 25,17%
24,49%
25% 20% 15%
8,16%
10%
5,44% 5%
0% 1) < 1 hour
Figure 6:
2) 1-3 hours
3) 3-5 hours
4) 5-7 hours
5) > 7 hours
Results of question 7: In a weekly average, how much time do you typically spend to create your own excel based reports with customer and sales relevant KPIs and figures? (n = 294)
Based on the findings in Section 4.3 the following hypothesis has been defined for testing: H5: If salespeople would have a standardized dashboard with customer-related information, such as sales figures, open orders delivery status, etc., this would save time in their daily sales activities.
4.4 Quality of sales-relevant Content and Information Since salespeople spend significant time adjusting the reports they receive, it is essential to understand whether they have quality issues with the provisioned content. The collected feedback from the interviews revealed that the salespeople often make manual adjustments not only in reports consisting of figures, but even in product- and marketing-related content, before it is presented or shared with their customers. The interviewees mentioned that the content often includes too much information that is not adapted to the individual needs or interests of the customers. It was not possible in the interviews and observations to identify the type of quality issues that require manual adjustments. Therefore, the following hypotheses have been formulated and are tested using the quantitative results of the online survey in Section 4.6.
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H6: When salespeople get sales-relevant information and content, provided from different departments then they can use immediately the content without any changes or adoptions. H7: When salespeople get sales-relevant information and content, provided from different departments they are satisfied with the quality of the content with regards to their needs.
4.5 Performance of Online Applications The interviews and observations revealed that the salespeople cannot work with the webbased tools without a proper internet connection. However, if the salespeople have an internet connection, then the web-based tools or apps they are using work properly. Only the CRM system often has performance issues, since a VPN connection is required. The following hypothesis has been formulated for testing: H8: When salespeople use the online applications (e.g. Online Catalog, CRM, etc.), then they are satisfied with the performance of the applications.
4.6 Hypothesis Testing Figure 7 visualizes nine statements derived from the findings of the internal document review, the interviews, and the observations. Those statements were evaluated according to the following scales from the salespeople (‘agree’, ‘slightly agree’, ‘slightly disagree’, and ‘disagree’). Four of the nine evaluated statements (S) display a statistical significance because the average absolute deviation computed to the mean ADM(J) < 0.667 (ADM(J) < c/6); c = number of response categories in a Likert scale. For a Likert-scale evaluation with four response categories, average absolute deviations ADM(J) that are below 0.667 (4/6) are statistically significant (Burke/Dunlap 2002; Smith-Crowe/Burke 2002). Considering the statements (S) and the test for statistical significance, hypotheses H1, H3, H4, and H5 are accepted; whereas, hypotheses H2, H6, H7, and H8 are rejected. The hypotheses test is explained in Figure 6. It is remarkable that S6 is statistically nonsignificant because the average absolute values are 0.007 above the statistically significant level of 0.667.
Figure 7: (S3) It would be helpful for me to find all my sales relevant information/content e.g. files, reports, etc. in one single place.
(S4) I can find quickly sales relevant information / content to compelete my daily sales tasks.
(H3) Accepted because (S3) = Significant
(H4) Accepted because (S4) = Non-significant
(H5) Accepted because (S5) = Significant
(H6) Rejected because (S6) = Non-significant
(H7) Rejected because (S7) = Non-significant
(H8) Rejected because (S8) = Non-significant
(H3) If salespeople would have one single place with all sales relevant data, then this would be helpful for them to find the daily sales task relevant information.
(H4) When salespeople access quick to sales relevant information / content, this helps to be more productive in their daily tasks.
(H5) If salespeople would have a standardized dashboard with customer-related information, such as sales figures, open orders delivery status, etc., this would save time in their daily sales activities.
(H6) When salespeople get sales-relevant information and content, provided from different departments at the case company, then they can use immediately the content without any changes or adoptions.
(H7) When salespeople get sales-relevant information and content, provided from different departments at the case company, they are satisfied with the quality of the content with regards to their needs.
(H8) When salespeople use the online applications of the case company (e.g. the case company GPS, mythe case company, Online Catalog, CRM, etc.), then they are satisfied with the performance of the applications.
(S8) I am satisfied with the performance of the online application of the case company (e.g. the case company GPS, mythe case company, Online Catalog, CRM, etc.).
(S7) I am satisfied with the quality of sales-relevant information/content provided from different departments within the organization.
(S6) I can use sales-relevant information/content, provided from different deparments, directly without any changes or adoptions in my daily sales tasks.
(S5) A standardized sales dashbaord with the most important figures and KPIs e.g. invoicing, open orders, DSO, etc. would save me time.
(S2) I know where I can find sales relevant information/content to complete my daily sales tasks.
Arithmetic Mean
(H2) Rejected because (S2) = Significant
2,054
2,299
2,330
1,269
2,136
1,167
1,718
Median
(H2) If salespeople have too many information sources, as a consequence they do not know where they can find sales relevant information and content supporting their daily sales activities.
2,000
2,000
2,000
1,000
2,000
1,000
2,000
Standard Deviation 0,906
0,856
0,814
0,546
0,886
0,424
0,718
0,666
0,820
0,734
0,663
0,299
0,784
0,180
0,516
0,443
Variance
1,000
0,696
0,710
0,674
0,417
0,707
0,285
0,610
0,569
ADM(I)
1,435
>
>
>
13.000 Pflegedienste > 13.000 Pflegeheime > 20.000 Apotheken > 70.000 Arztpraxen in Deutschland
Externe Herausforderungen des Entlassmanagements (Quelle: Greschke 2017)
Verweildauer in Tagen
Automatisierte Services im Gesundheitswesen
377
Der Pflegeüberleitungsprozess soll durch die algorithmus-gesteuerte Organisation des Entlassmanagements für alle Beteiligten effizienter und transparenter werden. Recare erfasst dabei digital anonymisierte Patientendaten und gleicht diese mit freien Kapazitäten in Pflegeeinrichtungen ab. Zum einen soll so die Verweildauer von Patienten im Krankenhaus – so genannte passive Liegetage – verringert und eine optimale Anschlussversorgung gewährleistet werden. Zum anderen soll die automatisierte Patientenüberleitung für eine bessere Auslastung von Ressourcen im stark fragmentierten Umfeld der Nachsorgeeinrichtungen sorgen. Dabei passt sich der selbstlernende Algorithmus an frühere Vermittlungen an, um eine kontinuierliche Optimierung zu erzielen. Durch die vollautomatisierte Abwicklung der Dienstleistung sollen Kosten eingespart und die involvierten Akteure (Klinikpersonal, Sozialdienste, Ärzte usw.) von zeitintensiven Routinetätigkeiten entlastet werden. Zudem verspricht die erhöhte Prozesstransparenz eine effizientere Kommunikation der Kliniken mit den Krankenkassen. Gerade der Nachweis fallgerechter Nachversorgungspläne soll verbessert werden. Daneben wird sich eine erhöhte Servicequalität bzw. eine passgenaue Nachversorgung der Patienten versprochen. Der Einbezug persönlicher Präferenzen soll die Patientenzufriedenheit zusätzlich erhöhen. Ende: Fallstudie zur Nachversorgung von Patienten Die folgende Fallstudie thematisiert ein grundsätzlich kontrovers diskutiertes Thema – die Vermittlung von Honorarärzten (ausführlich dazu Keller/Wilkesmann 2014). Schätzungsweise bis zu 5.000 Ärztinnen und Ärzte sind in Deutschland als Honorarärzte im Einsatz – verlässliche Daten fehlen allerdings, was auch darin begründet ist, dass der Begriff des Honorararztes gesetzlich nicht festgeschrieben ist (Andres 2013; Teske 2014; Schwinn 2019). Nach Definition der Bundesärztekammer sind Honorarärzte „Fachärztinnen und Fachärzte, die in medizinischen Einrichtungen zeitlich befristet auf Honorarbasis tätig sind“ (Schalkhäuser 2011, S. 291). Aus Sicht der Honorarkräfte ist die Motivation zur freien Mitarbeit vielfältig. Als Gründe werden oftmals die Unzufriedenheit mit unflexiblen Strukturen im Klinikbetrieb, fehlende Autonomie und kaum vorhandene Möglichkeiten, in Teilzeit zu arbeiten, genannt. Zudem wird mit besseren Verdienstmöglichkeiten (unter anderem durch die volle Vergütung aller geleisteten Arbeitsstunden), selbstbestimmtes Arbeiten und das Kennenlernen verschiedener Kliniken sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch flexiblere Arbeitszeiten argumentiert (Teske 2014). Start: Fallstudie zur Vermittlung von Honorarärzten Die deutschen Kliniken artikulieren seit geraumer Zeit einen deutlichen Fachärztemangel (Sert 2018b). Insbesondere die Personalbedarfsdeckung für Nacht- und Wochenenddienste ist problematisch; immer mehr Krankenhäuser sind davon betroffen. Eine mögliche Lösung für diese Herausforderung ist das befristete Engagement von Honorarkräften über Stellenanzeigen im Internet, Mund-zu-Mund-Propaganda oder Agenturen. Diese übernehmen neben der Vermittlung von Honorarärzten auch administrative Aufgaben
378
Ch. Wissing und J. Trenkmann
(Teske 2014). Dennoch ist der Rekrutierungsprozess häufig ineffizient (siehe Abbildung 4). Die Abstimmung über das Chefarztsekretariat, die Personalabteilung und die verantwortliche Agentur zeigt i. d. R. Medienbrüche, Intransparenzen und Fehleranfälligkeiten. Zudem sind die Rückfragen erfahrungsgemäß hoch, was den Rekrutierungsprozess zusätzlich erschwert (Sert 2018b).
Abbildung 4:
Traditionelle Rekrutierung externer Honorarkräfte (Quelle: Sert 2018b, S. 4)
An dieser Stelle setzen Plattformen zur automatisierten Vermittlung von Honorarärzten wie Nurse-to-rent, Notarztbörse und SeDiDoc an. Im Zentrum des Vermittlungsprozesses steht das automatisierte, algorithmus-gesteuerte Matching zwischen Honorarkraft und Klinik. Die Präzision der Matches basiert auf positiven Netzwerkeffekten. Eine steigende Anzahl von Klinikgesuchen nach Honorarärzten macht die Plattform für weitere Honorarärzte attraktiv – mehr Ärzte erhöhen die Attraktivität für weitere Kliniken, ihre Bedarfe auf der Plattformen anzubieten. Ebenso automatisiert verläuft die Rechnungsstellung durch die Plattform nach der Honorartätigkeit. Aus der Sicht der Kliniken sollen die automatisierten Plattformservices die Einbindung von Honorarkräften erhöhen, vereinfachen und beschleunigen. Somit sollen auch sehr kurzfristige Personalbedarfsdeckungen, z. B. bei krankheitsbedingten Ausfällen, ermöglicht werden (Sert 2018a). Zudem soll die Komplexität von administrativen Prozessen reduziert werden, was Produktivität und Versorgungsqualität fördert. Auch aus der Perspektive des medizinischen Personals sind die Gründe für eine Nutzung der Vermittlungsplattformen für eine Honorararzttätigkeit vielfältig, wie auch im folgenden Interview mit Dagmar Zwiesigk deutlich wird.
Automatisierte Services im Gesundheitswesen
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Interview mit Dagmar Zwiesigk zur Vermittlung von Honorarärzten Hintergrundgespräch mit Dagmar Zwiesigk, Fachärztin Klinik für Anästhesie, Schmerztherapie, Intensiv- und Notfallmedizin am Krankenhaus DRK Kliniken Berlin Köpenick: Wo sehen Sie allgemeine Gründe für die Honorararzttätigkeit aus ärztlicher Perspektive? Zum einen bringt der Arztberuf im Krankenhaus durch fehlende Standardarbeitszeiten, 24-Stunden-Schichten und Bereitschaftsdienste eine problematische Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit sich – und das unabhängig vom Geschlecht. Zusätzlich ist durch die nachteilige Anrechnung von Bereitschaftsdiensten auf die Arbeitszeit die Work-LifeBalance oftmals alles andere als ausgeglichen (Anmerkung der Autoren: Die seit 2004 geltende Tariföffnungsklausel – „Opt-out"-Regelung gemäß § 7 Abs. 2a Ar-bZG i. V. m. Abs. 7 ArbZG – erlaubt es, bei regelmäßigem Vorliegen von Bereitschaftsdienst in erheblichem Umfang die Arbeitszeit ohne Ausgleich auf über 8 Stunden werktäglich zu verlängern). Die gesetzlichen Rahmenbedingungen wie eine unterschiedliche Tarifzugehörigkeit je nach Statusgruppe (z. B. Gehaltstarifvertrag für Medizinische Fachangestellte und Arzthelferinnen) sowie verschiedene Gewerkschaftszugehörigkeiten (Marburger Bund für Ärzte, ver.di für Pflegekräfte), sorgen zudem dafür, dass es keine einheitliche Interessensvertretung gibt, die diesen suboptimalen Arbeitsbedingungen geschlossen entgegentritt. Um dem hohen Zeitdruck bei Tätigkeiten in der stationären Versorgung und dem hohen Maß an administrativen Tätigkeiten zu entfliehen, ist die Ausübung einer Honorararzttätigkeit durchaus attraktiv. Zum einen kann man durch die selbst gewählten Dienste flexibel über seine Einsatzzeiten entscheiden und so Einsätze viel besser planen. Zum anderen stellt die Honorararzttätigkeit eine Möglichkeit dar, einen Einblick in viele verschiedene Krankenhäuser oder Stationen zu bekommen und diese so besser kennenzulernen. Für Kliniken liegt natürlich der Vorteil in der kurzfristigen Überbrückung von Vakanzen. Welche Vorteile bietet eine Plattformvermittlung via hireadoctor, SeDiDoc oder Notarztbörse und wie läuft eine solche Vermittlung ab? Gegenüber herkömmlichen Vermittlungsagenturen bietet die Nutzung von Plattformen für mich den Vorteil der Personalisierung von Angeboten, d. h. ich erhalte nur solche Vorschläge, die exakt meinen Qualifikationen und Präferenzen entsprechen. Zudem muss ich mir meine potenziellen Arbeitseinsätze gar nicht selbst suchen, sondern kann aus den automatisch vorgeschlagenen Angeboten auswählen. Der Prozess der automatisierten Personalbeschaffung ist zudem für die Kliniken zeitlich schneller, und auch der manuelle Aufwand in der Abwicklung ist deutlich reduziert. Voraussetzung für eine honorarärztliche Notarzttätigkeit ist z. B. eine Festanstellung von mindestens 15 Stunden pro Woche oder eine Praxisniederlassung nach §23c SGB IV. Die Anmeldung erfolgt mit dem Qualifikationsprofil und den erforderlichen Nachweisen. Auch eigene Präferenzen, beispielsweise zu Einsatzort und -zeit können angegeben werden. Die Plattform prüft dabei die Korrektheit der Urkunden und übernimmt auch Vermittlung und Abrechnung. Die Dienste werden der Klinik als honorarärztliche Tätigkeit in Rechnung gestellt, und die Plattformen verdienen dabei eine Vermittlungsgebühr. Sobald neue Dienste nachgefragt werden, erhalte ich
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Ch. Wissing und J. Trenkmann
automatisch eine E-Mail mit Angaben über Ort, Dauer, Honorar und Rahmenbedingungen des Einsatzes, etwa auch über die durchschnittliche Einsatzfrequenz pro Dienst als Notärztin, was zusätzliche Planungssicherheit bedeutet. Per Klick auf den Link kann ich mich einfach für diesen Dienst anmelden. Welche Effekte der Vermittlung von Honorararzttätigkeiten durch Plattformen konnten Sie beobachten? Wie schon beschrieben vereinfachen und erleichtern Plattformen zunächst die Vermittlung solcher Tätigkeiten. Vor Ort kann die Integration in bestehende Teams problematisch sein. Oft ist eine mangelnde Teamfähigkeit – die ja z. B. gerade im OP oder der Anästhesie essenzielle Voraussetzung für reibungslosen Abläufe ist – zu beklagen. Zudem kommt es natürlich vor, dass die vermittelten Honorarärzte keine Kenntnis von hausinternen Routinen, Abläufen und Verantwortlichkeiten haben (wie erfolgt beispielsweise das Abholen oder Umlagern der Patienten, die Medikamentenausgabe usw.). Von Honorarärzten in Kliniken wird allerdings auch ein hohes Maß an Mobilität und Flexibilität erwartet, sodass meines Erachtens auch nicht jeder für eine solche Tätigkeit geeignet ist. Zudem nutzen nicht nur Ärzte, sondern auch das Pflegepersonal solche Plattformen oder Vermittlungsagenturen. Nach meiner Beobachtung haben z. B. ca. 85 Prozent der Intensivpflegekräfte ihre Arbeitszeit reduziert, um freiberuflich tätig zu werden. Gleichzeitig sind aber Stellen im eigenen Haus unbesetzt, sodass die Kliniken wiederum Leasing- oder Vermittlungskräfte anfordern müssen, um Engpässe zu überbrücken, während die angestellten Schwestern in anderen Häusern arbeiten. Die Vermittlungsdienste werden also auch zur Gehaltsaufbesserung genutzt. Überall dort, wo keine oder sehr wenig stationäre Versorgung (also Patientengespräche, Visiten und administrative Aufgaben wie Untersuchungsdokumentation) stattfindet und die Tätigkeiten eher prozess- und nicht so sehr patientenfokussiert sind, werden sowohl medizinische Einrichtungen als auch Klinikpersonal von Vermittlungsplattformen profitieren. Als Beispiele würde ich Teleradiologie, Notarzteinsätze oder Anästhesie nennen. Ende: Fallstudie zur Vermittlung von Honorarärzten
4.
Effekte von Plattformen im Gesundheitswesen
4.1 Märkte und Wettbewerb Die Forschung zur Einflussnahme digitaler Plattformen auf die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse im Gesundheitswesen steht noch am Anfang. Angenommen werden darf, dass gerade der Arbeitsmarkt, ein zentraler Faktormarkt der Gesundheitsbranche, und die (ersten und zweiten) Gütermärkte rund um die Patientenversorgung von Plattformen beeinflusst sein werden.
Automatisierte Services im Gesundheitswesen
381
Die Effekte von Plattformen auf die Arbeitsmärkte des Gesundheitswesens sind differenziert zu diskutieren. Es kann argumentiert werden, dass Plattformen zu mehr Erwerbstätigkeit führen und die Bildung neuer Arbeitsformen fördern (Biegón et al. 2017). Ein Grund dafür ist der niederschwellige Zugang zu Arbeit und Erwerb, den Plattformen schaffen. Zumeist muss nur ein Nutzerkonto angelegt werden, um am automatisierten Vermittlungsprozess der Plattform teilzuhaben, der zu Erwerbstätigkeiten führen kann. Ein weiterer Grund ist das plattformtypische Anreizsystem für Erwerbssuchende. Häufig werden attraktive (Zusatz)Einkommen in Aussicht gestellt. Zudem werden in der Regel Tätigkeiten angeboten, die, algorithmus-gesteuert, den eigenen Präferenzen und Kompetenzen entsprechen und selbstbestimmt geleistet werden können. Neben der Spezialisierung und Flexibilisierung der eigenen Arbeit kann dies auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. Die Vorteile für die Auftraggeber fasst Hill (2006) wie folgt zusammen: „The advantage for a business […] is obvious: It can lower labor costs dramatically [...] since it is not responsible for health benefits, social security, unemployment or injured workers’ compensation, paid sick or vacation leave and more. Contract workers, who are barred from forming unions and have no grievance procedure, can be dismissed without notice.” In dieser Aussage spiegelt sich auch die zentrale Kritik am Geschäftsmodell Plattform wider. Plattformen, so die Kritiker, tragen dazu bei, dass Erwerbstätigkeiten vermehrt von Contract Workers, d. h. von selbständigen Vertragsdienstleistern, geleistet werden – zu Lasten von Anstellungsverhältnissen. Typische Verbindlichkeiten der Arbeitgeber (unter anderem Versicherungspflichten) und bewährte arbeitsvertragliche und sozialrechtliche Schutzrechte (z. B. Urlaub, Mutterschutz) fallen damit weg (Schreyer/Schrape 2018) bzw. werden von Plattformen oftmals bewusst umgangen (Schürmann/Trenkmann 2019). Zudem wird die Befürchtung geäußert, dass die Bewertungs- und Auktionsmechanismen einiger Plattformen den wechselseitigen Konkurrenz- und somit Kostendruck zwischen den Vertragsdienstleistern in unvertretbarem Maß fördern (Schmidt 2017). Ebenso wird diskutiert, ob die algorithmus-gesteuerten Plattformdienste zu mehr Rationalisierung und somit zur Reduktion von Erwerbstätigkeiten und Arbeitsplätzen insgesamt führen (Wolter et al. 2016). Im Hinblick auf den Wettbewerb in den Gütermärkten des Gesundheitswesens lassen sich vorteilhafte und problematische Effekte von Plattformen argumentieren. Kritiker sprechen Plattformen ein quasi systemimmanentes Monopolstreben zu (Gumz et al. 2019). Dies kann zu einem temporären oder dauerhaften Missbrauch von Marktmacht führen. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Pfadabhängigkeit, die in der Regel auf Netzwerk- und Lockin-Effekten basiert. Demnach erscheint es der breiten Masse an Nutzern häufig sinnvoll, sich in einer Branche auf eine Plattform zu konzentrieren. Zudem können starke Skalenerträge monopolistische Tendenzen fördern (Dobusch/Schüßler 2013). Ebenso kann das Streben von Plattformen nach Verbundeffekten dazu führen, dass sich ihre Marktmacht in andere Märkte überträgt. In diesem Zusammenhang ist auch zu diskutieren, wie viele Plattformen überhaupt, d. h. absolut bzw. branchenübergreifend von Nutzern mit welcher Intensität genutzt werden. Auch das intensive Data Mining von zahlreichen Plattformen
382
Ch. Wissing und J. Trenkmann
und die entsprechende Ausnutzung von personenbezogenen Daten können zur Monopolbildung beitragen. Allerdings können Plattformen auch wettbewerbsfördernd wirken. So haben sie das Potenzial, Transaktionskosten signifikant zu reduzieren. Zudem können Plattformen einen höheren Wettbewerb innerhalb einer Akteursgruppe auslösen, was gerade in hochregulierten Wettbewerbssituationen markteffizient sein kann. So legt die Fallstudie zum Entlassmanagement nahe, dass auf der Nachversorgerseite des Plattformnetzwerkes eine zunehmende Spezialisierung von Leistungen eintreten kann, was positiv auf die Qualität der Versorgungsservices einzahlen kann. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass Plattformen weniger stabil sind als angenommen. Nach Lichtblau und Bertenrath (2015) sind netzwerkbasierte Monopole und Lock-in-Effekte nicht resistent gegenüber Innovationen, staatlichen Interventionen oder rechtlichen Regulierungen. Hinzu kommt das so genannte Multihoming, das sich bereits in unterschiedlichen Branchen gezeigt hat. Diese Mehrfachanbindung von einer oder mehreren Akteursgruppen fördert die Konkurrenz der Plattformen untereinander und wirkt somit der Monopolbildung entgegen (Bundeskartellamt 2015).
4.2 Versorgung und Chancengleichheit Es sind zahlreiche Effekte von digitalen Plattformen des Gesundheitssystems auf die Gesellschaft denkbar – plausibel erscheinen insbesondere Effekte auf die medizinische Versorgung und die Chancengleichheit im Gesundheitswesen. Wie und mit welcher Intensität digitale Plattformen das fragmentierte und stark regulierte Gesundheitswesen in Deutschland genau beeinflussen, ist zu untersuchen. Ein verbessertes Matchmaking von Angebot und Nachfrage kann die Gesundheitsversorgung fördern. So legt die Fallstudie zur Vermittlung von Honorarkräften eine verbesserte, kurzfristige Personalbedarfsdeckung durch Plattformen nahe, was die Versorgungssituation a priori verbessert. Ähnliches lässt sich der Fallstudie zum Entlassmanagement entnehmen. Das entsprechende Plattformmodell zeigt die Potenziale, die Liegezeit der Patienten nachhaltig zu verringern und die Patienten schneller in eine fach- und fallgerechte Nachversorgung zu überstellen. Hinzu kommen Effizienzgewinne der beteiligten Akteure durch eine höhere Prozessqualität sowie -transparenz und geringere Fehlerquoten. Werden diese Zugewinne in das Gesundheitswesen reinvestiert, fördert dies die Versorgung. Allerdings hat das letztgenannte Argument einen ambivalenten Charakter. Denn nach Andres (2013) kann auch argumentiert werden, dass intermediäre Vermittler dem Gesundheitswesen Geld entziehen (z. B. durch Provisionen o. ä.), das nicht in die Versorgungssysteme zurückfließt. Zudem lassen beide Fallstudien auf die Gefahr schließen, dass ein algorithmus-gesteuertes, unreguliertes Matchmaking von Plattformen Fehlanreize bei den beteiligten Akteursgruppen setzt. Demnach kann mit einem (starken) Bemühen der Akteursgruppen gerechnet werden, sich von den Angeboten der anderen Akteursgruppe nur
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die attraktivsten auszusuchen, um die unattraktiven anderen zu überlassen (Cherry Picking). So lässt die Fallstudie zum Entlassmanagement auf die Gefahr schließen, dass sich die Nachversorger (z. B. Physiotherapien oder Pflegedienste) auf jene Patienten konzentrieren, die wirtschaftlich effizient behandelt werden können und komplexere, therapeutisch problematischere Fälle vernachlässigen. Zudem zeigt die Fallstudie zur Vermittlung von Honorarkräften die Gefahr, dass sich die Honorarkräfte auf die attraktivsten Kliniken konzentrieren und unattraktive Angebote nicht berücksichtigen. Die Diskussion, ob Plattformen diskriminierende Tendenzen im Gesundheitswesen fördern oder auslösen, ist gemäß den gesichteten Studien in erster Linie mit zwei Fragen zu verbinden. Zum einen ist die gleichgestellte Bezahlung zu diskutieren; zum anderen die Gleichbehandlung von Personengruppen mit Benachteiligungen. Dazu zählen Menschen mit Behinderung, Langzeiterkrankungen oder Migrationshintergrund sowie Kinder bildungsferner Eltern und Frauen. Im Hinblick auf eine gleichgestellte Bezahlung existieren Stimmen, die Plattformen grundsätzlich positive Effekte zusprechen. Argumentiert wird hauptsächlich mit besseren Zugängen von Benachteiligten zu Faktor- und Gütermärkten, die durch Plattformen geschaffen werden. A priori verbessern sich dadurch unterprivilegierte Einkommenssituationen (Fraiberger/Sundararajan 2015). Kritiker hingegen führen an, dass Plattformen in erster Linie privilegierte Bevölkerungsschichten fördern und die Situation von Unterprivilegierten verschärfen. Schor (2017) spricht in diesem Zusammenhang von einer „Upward Redistribution of Opportunity” bzw. von einer nach oben gerichteten Umverteilung von Chancen. Als Grund wird angeführt, dass in Plattformnetzwerken überproportional häufig gut ausgebildete Fachkräfte vertreten sind. Ihr Streben nach Zusatzeinkommen verdrängt Unterprivilegierte selbst aus prekären Beschäftigungsverhältnissen. Ein weiterer Grund ist das Konzept der Vertragsdienstleistung, dem die meisten Plattformen folgen. Dies bietet dem Einzelnen dann ökonomische Vorteile, wenn sein Haupteinkommen aus sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen stammt. Generiert er sein Haupteinkommen durch Plattformen, tendiert selbiges in vielen Fällen zur Armutsgrenze (Petropoulos 2018). Im Hinblick auf die Gleichbehandlung von Menschen in Versorgungs- und Wirtschaftssystemen zeigen digitale Plattformen einen ambivalenten Charakter. So mehren sich Studien, die allgemein den Schluss nahelegen, dass Plattformen Diskriminierung fördern (Schor 2017). Edelman et al. (2017) stellen z. B. fest, dass Airbnb-Vermieter signifikant häufiger Unterkunftsgesuche ablehnen, die von Menschen mit afrikanisch-klingenden Nachnamen stammen. Nachnamen gleichen Typs sind nach Ge et al. (2016) dafür verantwortlich, dass bei Uber und Lyft doppelt so häufig Mitfahrten abgelehnt werden oder längere Wartezeiten entstehen. Die Studien zu TaskRabbit von Thebault-Spieker et al. (2015) implizieren, dass Servicegesuche für unterprivilegierte Stadtviertel häufiger abgelehnt werden. Ali et al. (2019) zeigen, wie Facebook automatisiert Stereotypen bei der (autonomen) Distribution von Stellenanzeigen bedient. Jobangebote in der Technikforschung erhalten primär weiße Männer, Taxijobs vor allem farbige Nutzer und Stellen an der Supermarktkasse werden vorzugsweise Frauen gezeigt. Befunde dieser Art können mit der Peerto-Peer-Struktur von Plattformen begründet werden. Präferenzen, Meinung und Ansichten
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der Nutzer prägen ihr Netzwerkverhalten und -kommunikation. Dies kann sich auch in der Arbeitsweise jener Algorithmen widerspiegeln, die das Matching zwischen Angebot und Nachfrage auf der Plattform steuern. Allerdings zeigt insbesondere die Fallstudie zum Entlassmanagement, dass die gezeigten Probleme bekannt sind und an Lösungen gearbeitet wird – im konkreten Fall durch die Anonymisierung von Patientenprofilen bzw. Nachversorgungsgesuchen durch die Plattform.
4.3 Management und Planung Ein zentraler Akteur des deutschen Gesundheitssystems ist das Krankenhaus (Bundesministerium für Gesundheit 2019b). Aus Sicht der strategischen Planung durch das Klinikmanagement stehen Plattformen für die Integration von Intermediären in das eigene Wertschöpfungssystem. A priori erhöht sich mit Intermediären die Arbeitsteilung in der Wertschöpfung, woraus sich eine Reihe von Implikationen für das Planungsverhalten einer Klinik ableiten lassen. Im Kern fördern Intermediäre die Auslagerung von Arbeitsaufgaben. Die Suche nach Vertragsdienstleistern wird vereinfacht, das Angebot kann vielfältig sowie qualitativ hochwertig sein und ist zudem standardisiert abrufbar. Zusätzlich bieten renommierte Plattformbetreiber Zusatzservices, wie Reports, Dokumentation, Kommunikationstools oder Leistungsabrechnung. Ebenso werden i. d. R. Sicherheitsmechanismen zum Schutz vor Betrug oder Untreue eingesetzt, was die Unsicherheit vor der Auftragsvergabe reduzieren soll (Ceccagnoli 2014). Zudem liegen die Vertragskosten für die plattformvermittelten Dienste häufig unter den (eigenen) Kostensätzen der (internen) Klinikdienste. Hinzu kommt die niederschwellige Teilnahmemöglichkeit an den automatisierten Plattformservices. Die Eintrittsbarrieren sind tendenziell gering, da die Plattformen auf positive Netzwerkeffekte angewiesen sind und somit viele Serviceanbieter integrieren müssen, um zu wachsen oder die kritische Masse von Nutzern zu stabilisieren (Haller/Wissing 2018). Diesen Vorteilen steht jedoch eine Reihe von Nachteilen gegenüber. Durch die Zwischenschaltung von intermediären Plattformen in das Wertschöpfungssystem besteht die Gefahr für die Kliniken, dass der direkte Kontakt zu Faktor- und Gütermärkten verloren geht und somit Knowhow abfließt. Zudem fördern Plattformen den Wettbewerb der Kliniken um die attraktivsten Transaktionsgegenstände der Plattformen, wie z. B. um Nachversorger, Honorarkräfte oder Equipment. Ebenso können Intermediäre die Fluktuation von Vertragsdienstleistern fördern. Hohe Transaktionskosten können diese dazu bewegen, graduelle Unzufriedenheiten mit einer Klinik zu akzeptieren und nicht durch einen Wechsel zu sanktionieren. Sinken nun die Transaktionskosten durch Plattformen, wird ein Wechsel begünstigt. Daneben ist die Plattformnutzung mit Gebühren verbunden. Gerade bei Erreichen von monopolähnlichen Stellungen der Plattformen können diese eine signifikante Höhe erreichen. Hinzu kommt die Vulnerabilität, wenn es um die Zusammenarbeit mit Plattformen geht. Gerade im Hinblick auf rechtliche Regulierungen sind sie anfällig, was die Fallstudie zur
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Vermittlung von Honorarkräften nahelegt: Nach einem aktuellen Urteil des Bundessozialgerichtes vom 4. Juni 2019 sind Honorarärzte keineswegs freiberuflich beschäftigt, sondern unterliegen der Sozialversicherungspflicht. Ärzte, die als Honorarärzte in einem Krankenhaus tätig werden, sind fachlich weisungsgebunden und damit regelmäßig nicht als Selbständige anzusehen. Da sie auch keine unternehmerischen Entscheidungsspielräume haben und kein unternehmerisches Risiko tragen, sondern die Ressourcen des Krankenhauses nutzen, sind sie als Beschäftigte des Krankenhauses sozialversicherungspflichtig (Schwinn 2019). Erste Auswirkungen dieser weitreichenden Entscheidung auf Vermittlungsplattformen sind bereits sichtbar. Die Plattform Doc to rent hat bekanntgegeben, ihre Geschäftsverbindungen mit Krankenhäusern auf Arbeitnehmerüberlassungen zu reduzieren – eine honorarärztliche Vermittlungstätigkeit sei nicht mehr realisierbar. Die Honorarärzte-Genossenschaft Locumcert hat ihren Betrieb auf Grund des BSG-Urteils bis auf weiteres eingestellt. Die Frage, ob Honorarärzte zukünftig grundsätzlich abhängig beschäftigt sind, ist jedoch noch nicht endgültig entschieden. Eine weitere Verschiebung weg von Honorarärzten hin zu Zeitarbeit und Arbeitnehmerüberlassungen ist zu erwarten. Die Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung (DGIV) schlägt vor, Honorarärzte wie Notärzte von der Sozialversicherungspflicht zu befreien und plädiert für innovative Versorgungsformen (DerHonorararzt 2019). Die Zusammenarbeit mit Plattformen kann aus Sicht der strategischen Planung im Krankenhaus mit weiteren Problemen behaftet sein. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung digitaler Plattformen ist auch deren Regulierung Bestandteil der öffentlichen Diskussion. Krisch und Plank (2018) werfen Fragen nach dem Umgang mit der politischen und gesellschaftlichen Macht der Intermediäre auf. Neben den Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb, um Nutzer bzw. Verbraucher angemessen zu schützen, bedarf vor allem die Nutzung großer Mengen an (personenbezogener) Daten einer einheitlichen gesetzlichen Regelung (Demary 2016). Ebenso sind Datenportabilität und Datenaustausch sowie der Umgang mit persönlichen Daten zu regulieren, um Missbrauch vorzubeugen – etwa, wenn Patientendaten das Krankenhaus verlassen und nachstehenden Versorgern zugänglich gemacht werden (Krisch/Plank 2018). Für Plattformen im Gesundheitssektor gelten bei der Weitergabe und Verarbeitung von Gesundheitsdaten weitere besondere Erfordernisse. Neben der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung, die das Datenschutzrecht in Europa harmonisiert, sind die Anforderungen an die (elektronische) ärztliche Dokumentation, die Einsichtnahme in Patientenakten sowie an die IT- und Datensicherheit in Arztpraxen und Krankenhäusern zu erfüllen (Bundesärztekammer/Kassenärztliche Bundesvereinigung 2018). Studien zur Digitalisierung im Gesundheitswesen machen deutlich, dass die Vorteile der Digitalisierungsstrategien deutscher Krankenhäuser vor allem im operativen Bereich zu finden sind. Als Beispiele werden das papierlose Krankenhaus und die Optimierung von Prozessen zur Behandlungsqualität oder zum Erreichen von Einsparungen genannt (Roland Berger 2018). Auch die Kooperation mit Plattformen kann Effekte dieser Art generieren bzw. noch positiv verstärken. So ermöglichen Vermittlungsplattformen für Klinikpersonal durch die Standardisierung von Prozessen eine flexible und dabei automatisierte
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Personalbedarfs- und -einsatzplanung. Krankenhäuser profitieren von einer kurzfristigen und passgenauen Personalbedarfsdeckung, da die Suchaufträge automatisch mit den vorhandenen Nutzerprofilen abgeglichen werden. Die vollautomatisierte Vertragsabwicklung erlaubt es, die Personalbeschaffung auf operativer Ebene insgesamt kosteneffizient zu gestalten (Sert 2018a). Auch im Bereich des Schnittstellenmanagements zwischen stationärer Behandlung und Nachversorgung von Patienten können Kliniken von Plattformdiensten profitieren. Da manuelle Prozesse automatisiert erfolgen, können beispielsweise Entlassungen schneller bearbeitet und die durchschnittlichen Liegezeiten im Krankenhaus verringert werden. Damit verknüpft sind auch positive Effekte hinsichtlich der strategischen Steuerung der Verweildauer und der langfristigen Personalplanung. In der Nachversorgung verbessern sich durch Automatisierung die kurzfristige Ausnutzung freier Kapazitäten und dementsprechend auch die Kostensituation der Kliniken.
4.4 Mitarbeitende und Vertragsdienstleister Plattformen können die Arbeit des einzelnen sowohl in der Klinik, bei Vertragsdienstleistern oder bei anderen Akteuren unterstützen. Durch die bereits beschriebene Automatisierung administrativer Prozesse kann eine Entlastung von manuellen Routinetätigkeiten erfolgen, was zu einer Fokussierung der Tätigkeit auf wertschöpfende Aktivitäten bzw. zu einer Ausweitung des individuellen Arbeitsinhaltes (im Sinne von Job Enrichment und Enlargement) führen kann. Nutzeneffekte für die über Personalvermittlungsplattformen eingesetzten Ärzte sind z. B. in der auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnittenen Vermittlung von Arbeitseinsätzen zu sehen (Sert 2018a). Ein lernender Algorithmus vermittelt Ärzte automatisiert an medizinische Einrichtungen. Durch die individualisierten Angebote verringern sich die Suchkosten für entsprechende Stellen. So erhalten die Ärzte automatisch nur Angebote, die ihren Qualifikationen und vorher angegebenen Präferenzen entsprechen. Dabei ist der Zugang zum Vermittlungsportal einfach, auch über mobile Endgeräte, möglich. Für die Übernahme der Vermittlung honorarärztlicher Tätigkeiten stellen die Plattformen den Krankenhäusern eine Vermittlungsgebühr in Rechnung. Darüber hinaus erfolgt die Abrechnung der vermittelten Dienstleistungen ebenfalls direkt zwischen Klinik und Plattform, wobei die Rechnungen nach Beendigung der Tätigkeit automatisch generiert und versendet werden – die Ärzte haben also mit den umfangreichen administrativen Routinetätigkeiten wenig zu tun. Da nachhaltige Verbesserungen durch eine einheitliche Interessensvertretung aller Akteure in der Gesundheitsversorgung nicht absehbar sind, werden plattformvermittelte honorarärztliche Tätigkeiten als eine Möglichkeit erachtet, diesen Problemen (in Teilen) zu entgehen. Durch die selbst gewählten Dienste können Einsatzzeiten flexibilisiert und besser geplant werden. Zudem können Einblicke in andere Kliniken, Stationen und Arbeitsweisen gewonnen werden. Nicht zuletzt liegen die Honorare der zeitlich befristet tätigen Ärzte mit bis zu 150 EUR pro Stunde deutlich über denen der festangestellten (Schwinn 2019).
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Die Fallstudie zum Entlassmanagement zeigt, dass auch Schnittstellen in der Überleitung von Patienten stark von manuellen Routinetätigkeiten geprägt sind, die hohe Zeitkosten verursachen. Dabei kann auch die Dokumentationspflicht in der Praxis aus Zeitgründen nicht immer eingehalten werden. Werden diese Prozesse automatisiert und von Plattformen wie Recare bereitgestellt, kann auch hier eine Entlastung der Mitarbeitenden der betroffenen Akteure (Kliniken, Kassen, usw.) erfolgen. Allein durch die Digitalisierung von Daten lässt sich hier ein effizienterer Prozess abbilden bzw. wird der Prozess der Überleitung überhaupt erst dokumentiert und damit transparent und messbar. So können die Case Manager des Sozialdienstes, die für das Entlassmanagement zuständig sind, freigewordene Kapazitäten stärker wichtigeren Aufgaben widmen, die z. B. die individuelle Beratung und Betreuung von Patienten und Angehörigen betreffen. Da Krankenhäuser seit 2017 für ein standardisiertes Entlassmanagement sorgen müssen und die Zahl der Krankenhausentlassungen und Überleitungen aus der Akutversorgung zukünftig noch weiter steigt (Bölt 2019), können langfristig eine bessere Auslastung der Sozialdienste und somit eine Erhöhung der Ergebnisqualität erreicht werden. Auch auf Seiten der Vertragsdienstleister bzw. Nachversorger sind positive Effekte in Form von belastbaren und verbindlichen Entlass- und Überleitungsprozessen sichtbar. So profitieren Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen nicht nur von einem individualisierten Matchmaking durch passgenauere, automatisierte Empfehlungen, sondern auch von einer bedarfsgerechteren Kommunikation. Die Möglichkeit, individuell und zeitversetzt auf die Nachfragen zur Anschlussversorgung reagieren zu können, ist insbesondere für ambulante Pflegedienste ohne Angestellte (Solo-Selbständige) zeitsparend und entlastend. Allerdings lassen sich auch kritische Hypothesen zur Auswirkung von automatisieren Plattformdiensten auf die Mitarbeitenden formulieren. So betonen Matzner et al. (2018) die Gefahren, die aus dem Verlust von zwischenmenschlichen Kontakten entstehen, der durch Automatisierung gefördert wird. Zudem sehen Marinova et al. (2017) das Problem, dass Empathie und Interaktionsfähigkeit von Mitarbeitenden leiden, wenn die Automatisierung relevante Teile des Arbeitsalltags bestimmt. Hinzu kommen mögliche Ängste vor einem Arbeitsplatzverlust, der die Mitarbeitendenproduktivität mindern kann (Sparrow/ Sparrow 2006). Darüber hinaus lässt insbesondere die Fallstudie zur Vermittlung von Honorarkräften auf Integrationsgefahren schließen. Eine mangelnde Team- und Einbindungsfähigkeit in bestehende Strukturen und Alltagsabläufe bedroht die Integration und kollegiale Kooperation (Heller/Frank 2010). Zudem kommt es vor, dass die vermittelten Honorarärzte keine Kenntnis von hausinternen Routinen, Prozessen und Verantwortlichkeiten haben und auch keine administrative Verantwortung übernehmen (Teske 2014). Im schlimmsten Fall können fachliche Risiken, fehlendes Interesse an struktureller Arbeit und das Gehaltsgefälle anstelle einer Entlastung zu Demotivation und zusätzlicher Belastung bei festangestellten Mitarbeitenden des Krankenhauses führen – ein Effekt, der durch die zunehmende Inanspruchnahme von Plattformangeboten noch verstärkt wird. Die geäußerte Unzufriedenheit festangestellter Mitarbeitender von Krankenhäusern über das hohe Gehaltsgefälle im Vergleich mit ihren honorarärztlichen Kollegen ist durchaus verständlich: „Durch den Kontakt mit den Leihärzten kommen einige Fachärzte zudem auf die
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Idee, ebenfalls unabhängig tätig zu sein oder die Stelle zu reduzieren, um an den freien Tagen honorarärztlich tätig zu werden und so das Einkommen zu steigern“ (Andres 2013, S. 261). Dennoch können Honorarärzte die Stammbelegschaft entlasten, da sie häufig bei Kapazitätsengpässen eingesetzt werden (Keller/Wilkesmann 2014).
5.
Fazit und Ausblick
Digitale Plattformdienste setzen an strukturellen Unvollkommenheiten von Märkten an. Plattformen in einem hochregulierten und zudem stark fragmentierten Umfeld wie dem Gesundheitswesen bedürfen besonderer Qualitäts-, Sicherheits- und Datenschutzkontrollen. Eine Gesundheitsplattform muss die Interessen und Ziele vieler Akteure sowie die zugrunde liegenden Fragen von Verantwortlichkeit und Haftung sinnvoll ausbalancieren. Daher ist es z. B. für Plattformanbieter notwendig, die Art und den Grad der Offenheit bei der Implementierung und Skalierung einer digitalen Plattform sorgfältig zu berücksichtigen (Fürstenau/Auschra 2016). Das digitale Gesundheitswesen der Zukunft muss die Verbesserung der medizinischen Versorgung gewährleisten, wobei die Unterstützung der Informationsflüsse zwischen Leistungserbringern und Patienten eine zentrale Rolle spielt (Elmer 2017). Daran können digitale Plattformen im Gesundheitswesen einen wichtigen Anteil leisten, wie der vorliegende Beitrag zeigt. So können Plattformen effizienzsteigernd auf Prozesse in Administration und Verwaltung, aber auch auf die Allokation von medizinischen Ressourcen und Diensten wirken. Bereits heute werden interne Services mit Unterstützungsfunktion von vielen Einrichtungen des Gesundheitswesens ausgelagert. Zukünftig können auch verstärkt klinische Dienstleistungen automatisiert über Plattformen abgewickelt werden. Daneben ist auch die Entscheidungsunterstützung für die medizinische Forschung zugunsten einer stärkeren Patientenorientierung denkbar, bei der Plattformen eine größere Rolle spielen können – z. B. durch die Analyse von Patientendaten auf Peer-to-Peer-Plattformen oder in Form von Telemedizin (Holland 2018). Studien prognostizieren zudem eine stärkere vertikale Integration von Kliniken und die Vernetzung zu größeren, lokalen Versorgungszentren, die in der Lage sind, effiziente und ganzheitliche Services zu erbringen (McKinsey 2016). Auch hier können digitale Plattformtechnologien (z. B. selbstlernende Algorithmen für das Matchmaking) und ihre positiven Netzwerkeffekte die Zusammenarbeit mit Spezialisten fördern. Allerdings lässt die zukünftige Entwicklung von automatisierten Plattformservices im Gesundheitswesen noch Fragen unbeantwortet. Die Folgen für den Arbeitsmarkt aufgrund neuer Digitalisierungskonzepte bzw. neuer Geschäftsmodelle sind bisher nicht vollständig absehbar. Zudem werden die heute schon existierenden technischen Möglichkeiten zum Teil noch durch juristische Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit eingeschränkt (Rasche 2017). Weiterhin ist unklar, ob sich arbeits- und sozialrechtliche Regulierungen als Innovationsbremse erweisen (Biegón et al. 2017). In diesem Zusammenhang wird auch
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ein verstärktes Augenmerk auf die bereits angestoßene Regulierungsdebatte von Plattformmonopolen zur richten sein; spätestens dann, wenn die Technologieführer aus anderen Märkten, wie z. B. Google, Tencent oder Alibaba in das Gesundheitswesen einsteigen. Damit ist unserer Meinung auch die Diskussion von Chancengleichheit und Diskriminierung in der Gesundheitsversorgung zu verbinden, wenngleich das Problem erkannt scheint und an Lösungen gearbeitet wird. Lösungen werden auch für den nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen der Gesundheitswirtschaft benötigt. Zu den entsprechenden Effekten automatisierter Dienste besteht Forschungsbedarf. Belastbare Befunde liegen für das Gesundheitswesen kaum vor. Negative Rebound-Effekte (Santarius 2017) sind ebenso denkbar wie Verbesserungen der Ressourcenauslastung (Edelman et al. 2019). Diese Ambivalenz erscheint nicht nur charakteristisch für die Frage der Nachhaltigkeit, sondern auch für Rolle und Bedeutung digitaler Plattformen im Gesundheitswesen im Allgemeinen. Weitere Forschung ist unserer Meinung nach notwendig, um mögliche Negativeffekte digitaler Dienste einzugrenzen und ihre Potenziale umfänglich zu fördern – im Sinne aller Akteure der Gesundheitsversorgung. „Im europäischen Vergleich ist Deutschland bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen abgehängt“, so Volker Amelung, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Managed Care (BMC). Während im internationalen Ausland Video-Sprechstunden, elektronische Patientenakten und digitale Diagnosetools Standard sind, fällt der Trend zu digitalen Versorgung in Deutschland verhalten aus (McKinsey 2018). Huang und Rust (2018) sehen eine mögliche Ursache darin, dass Dienstleistungen im Allgemeinen schwierig zu automatisieren seien, da sie kontextabhängiges Verständnis und interaktive Kommunikation voraussetzen. Der Ausbau der digitalen Infrastruktur im Gesundheitswesen bietet jedoch viele Chancen, administrative Prozesse effizienter zu gestalten, Krankheiten früher zu erkennen, Patienten in Behandlungen mit einzubinden und letztlich die Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern (McKinsey 2018). Die Bundesregierung forciert im Rahmen ihrer eHealth-Strategie Maßnahmen zur Beschleunigung der Einführung digitaler Anwendungen im Gesundheitswesen. Verschiedene gesetzliche Maßnahmen (unter anderem eHealth-Gesetz, Ausbau von Telematik-Infrastruktur und Telemedizin, elektronische Patientenakte) versprechen verbesserte Erreichbarkeit und Leistungsansprüche durch mehr digitale Angebote. Zeitgleich mit der Digitalisierung des Gesundheitswesens muss die Regulierung von Nutzer- und Nutzungsdaten neu definiert werden, um beispielsweise den Schutz von Patientendaten auf Plattformen zu gewährleisten oder auch um Hackerangriffen auf medizinische Einrichtungen vorbeugen zu können (Ärzteblatt 2019). Mittels digitaler Technologien lassen sich nicht nur Kosten in Milliardenhöhe einsparen und Gesundheitsdaten effektiver auswerten, sondern – so die Zielstellung – auch der Fachkräftemangel in ländlichen Regionen bekämpfen und die Patientenversorgung in der Fläche verbessern (PwC 2012). Nicht zuletzt lassen sich durch digitale Vernetzung und automatisierte Dienste bestehende Ineffizienzen in der Kommunikation und der Versorgung signifikant reduzieren. Davon sollen in erster Linie die wichtigsten Faktoren im
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Dienstleistungssystem Gesundheit profitieren – die Patienten. An ihrem Wohl wird sich die Digitalisierung des Gesundheitswesens messen lassen müssen.
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Rabea Schrage und Peter Kenning
Service Value von personalisierten Locationbased Services – Eine differenzierte Analyse am Beispiel des deutschen Lebensmitteleinzelhandels
1. Personalisierte Location-based Services – Ein vielversprechendes, aber wenig erforschtes Marketingkonzept 2. Theoretische Konzeptualisierung des Service Value und Hypothesenentwicklung 2.1 Dimensionen und Auswirkungen des Service Value auf marketingrelevante Zielgrößen, bezogen auf den mobilen Dienst 2.2 Auswirkungen der Zufriedenheit mit dem mobilen Dienst auf marketingrelevante Zielgrößen, bezogen auf den Händler 3. Methodik 3.1 Datenerhebung und Stichprobe 3.2 Operationalisierung der Konstrukte 4. Ergebnisse der empirischen Untersuchung 5. Diskussion und Implikationen 6. Limitationen und zukünftige Studien 7. Fazit Literaturverzeichnis
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Bruhn und K. Hadwich (Hrsg.), Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen, Forum Dienstleistungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30168-2_16
___________________________ Rabea Schrage, M.Sc., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für BWL, insbesondere Marketing an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Univ.-Prof. Dr. Peter Kenning ist Inhaber des Lehrstuhls für BWL, insbesondere Marketing an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Die Datenerhebung erfolgte im Rahmen der Abschlussarbeit von Lena Schulze Severing.
1.
Personalisierte Location-based Services – Ein vielversprechendes, aber wenig erforschtes Marketingkonzept
Infolge der zunehmenden Verbreitung von Smartphones gewinnen mobile Dienstleistungen immer mehr an Bedeutung (Saarijärvi et al. 2014). Bei diesen Dienstleistungen handelt es sich generell um „Angebote von Potenzialen in Form von Leistungsfähigkeiten, bei denen über ortsflexible, datenbasierte und interaktive Informations- und Kommunikationstechnologien ein externer Faktor (Kunde oder Objekt des Kunden) integriert wird und an ihm gewollte Veränderung durchgeführt werden (...)“ (Reichwald 2002, S. 25). Insbesondere für Handelsunternehmen bieten mobile Dienstleistungen eine Möglichkeit, sich von der bestehenden Konkurrenz und dem intensiven Wettbewerb innerhalb der Branche zu differenzieren (Saarijärvi et al. 2014; Ahlert et al. 2018). Zahlreiche Händler nutzen bereits mobile Dienstleistungen, z. B. in Form von Apps, die es dem Kunden erlauben, mobil zu bezahlen oder eigene Einkaufslisten zu erstellen (Edeka 2018; Rewe 2018). Eine noch neue Form von mobilen Dienstleistungen, speziell für den Point of Sale (POS), sind so genannte Location-based Services (LBS), die als „(...) a type of service that provides customized information or functions based on customer location and surrounding environment through mobile devices on mobile networks” (Heo/Kim 2017, S. 141) verstanden werden. Durch neuere In-Store-Technologien (z. B. der iBeacon Technologie), ist es möglich, Kunden im Geschäft zu lokalisieren und in Abhängigkeit der jeweiligen Position im Geschäft standortbasierte Angebote via Smartphone zu senden (Inman/Nikolova 2017). Die kontextspezifischen Informationen können zusätzlich mit der individuellen Kaufhistorie (z. B. aus Loyalitätsprogrammen), verknüpft werden. Dies ermöglicht es Handelsunternehmen, ihre Kunden mit personalisierten Angeboten direkt vor dem jeweiligen Produktregal anzusprechen (OnyxBeacon 2018). Voraussetzung ist die entsprechende App des Händlers auf dem mobilen Endgerät des Kunden (Inman/Nikolova 2017). Erste empirische Befunde deuten darauf hin, dass Kunden derartige personalisierte Location-based Services am POS nutzen würden (Comarch 2017). Trotz der zahlreichen Einsatzmöglichkeiten, die sich für Handelsunternehmen und Kunden durch derartige mobile Dienste am POS ergeben, bleibt die Verbreitung von mobilen Diensten im stationären Geschäft aber häufig hinter den Erwartungen der Unternehmen und Entwickler zurück (Emarketer 2016; Iyer et al. 2018). Zwar gibt es Pilotprojekte, wie z. B. von Payback (Cancom 2017), dennoch werden diese mobilen Dienste noch nicht flächendeckend eingesetzt und von Kunden genutzt. Bemerkenswert war in diesem Zusammenhang das Scheitern des amerikanischen Unternehmens Shopkick im deutschen Markt (Handelsblatt 2016). Da ein Grund für diese auf den ersten Blick widersprüchlichen
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R. Schrage und P. Kenning
Befunde darin gesehen werden kann, dass die wesentlichen Treiber der langfristigen Nutzung von personalisierten Location-based Services noch nicht hinreichend verstanden wurden, wird die Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Betrachtung von personalisierten Location-based Services am POS deutlich. Bisherige Studien widmeten sich entweder standortbasierten Diensten (Hühn et al. 2017) oder personalisierten Diensten (Aguirre et al. 2015) und fokussierten dabei insbesondere die Akzeptanz bzw. die Faktoren, welche die Nutzungsintention beeinflussen (Nysveen et al. 2005; Kang et al. 2015). Diese erklären die individuelle und initiale Akzeptanz, berücksichtigen jedoch nicht, welche Faktoren dazu beitragen, dass der mobile Dienst dauerhaft genutzt wird (Hernandez-Ortega et al. 2017). Die dauerhafte Nutzung zu verstehen erscheint jedoch für den Erfolg von entsprechenden personalisierten Location-based Services von besonderer Bedeutung zu sein (Evanschitzky et al. 2014). Die Forschung im Kontext von Dienstleistungen hat gezeigt, dass insbesondere der vom Kunden wahrgenommene Wert den Erfolg der jeweiligen Dienstleistung determiniert. In der bestehenden Dienstleistungsliteratur stellt in diesem Kontext der so genannte Service Value (engl. Customer Perceived Value) ein zentrales Konzept dar (Bruhn/Hadwich 2014), das den Wert umfasst, den der Kunde mit der jeweiligen Leistung des Anbieters verbindet (Woodruff 1997). Empirische Studien zeigen, dass der Service Value eine wesentliche Voraussetzung für die Kundenzufriedenheit darstellt (Heskett et al. 1994; McDougall/Levesque 2000; Lam et al. 2004) und sich ferner positiv auf die Kundenloyalität auswirkt (Agustin/Singh 2005). Vor diesem Hintergrund soll sich die vorliegende Studie dem von Kunden wahrgenommenen Service Value für personalisierte Locationbased Services widmen. Während eine Vielzahl an Studien den Service Value im Kontext von mobilen Dienstleistungen eindimensional konzeptualisierte (z. B. Lin/Wang 2006; Kuo et al. 2009), folgt die vorliegende Studie vergangener Kritik (Lin et al. 2005; Sánchez-Fernández et al. 2009) und verwendet einen mehrdimensionalen Messansatz. Dabei wird der Service Value mit Hilfe von verschiedenen Dimensionen erfasst. Auf diese Weise wird eine differenzierte Betrachtung des Service Value ermöglicht (Bruhn/Hadwich 2014). Im Hinblick auf die damit beschriebene Notwendigkeit einer theoretischen Weiterentwicklung wird in diesem Beitrag das Ziel verfolgt, die Relevanz verschiedener Dimensionen des vom Kunden wahrgenommenen Service Value für personalisierte Location-based Services am POS und deren Auswirkungen auf marketingrelevante Größen empirisch zu untersuchen. Dabei unterscheidet der vorliegende Beitrag die Auswirkungen auf ausgewählte Zielgrößen bezogen auf den mobilen Dienst zum einen und bezogen auf den Händler zum anderen. Wie bereits erwähnt, widmeten sich bisherige Veröffentlichungen primär den Faktoren, die Konsumenten zu einer Nutzung bzw. zu einer Ablehnung von mobilen Diensten bewegen (Hubert et al. 2017), die Wirkung von personalisierten Location-based Services am POS auf zentrale vorökonomische Größen, wie z. B. Kundenzufriedenheit und Loyalität, wurde hingegen bisher unzureichend untersucht (Hernandez-Ortega et al. 2017). Dies ist insbesondere aus betriebswirtschaftlicher Sicht problematisch, da sich eine höhere Kundenloyalität positiv auf den erwirtschafteten Umsatz und andere ökonomische Erfolgsgrößen auswirkt (Heskett et al. 1994). Es ergeben sich mithin die folgenden Forschungsfragen:
Service Value von personalisierten Location-based Services
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Welche Dimensionen des vom Kunden wahrgenommenen Service Value beeinflussen die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services am POS und wie beeinflusst die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services wiederum die Absicht des Kunden personalisierte Location-based Services weiterhin zu nutzen?
Inwieweit hat die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services am POS einen Einfluss auf marketingrelevante Zielgrößen (d. h. Kundenzufriedenheit, Loyalität), bezogen auf den Händler?
Die Analyse von personalisierten Location-based Services für den POS erfolgt exemplarisch für den stationären Lebensmitteleinzelhandel. Dies ergibt sich zum einen aus der Tatsache, dass Lebensmittel in Deutschland weiterhin überwiegend im stationären Geschäft gekauft werden (HDE/IFH 2018). Zum anderen werden zwischen 50 und 60 Prozent der Kaufentscheidungen erst während des Einkaufs am POS getroffen (Bues et al. 2017). Dies betont die unternehmerische Relevanz von mobilen Diensten speziell für den stationären Lebensmitteleinzelhandel. Mit Blick auf die beschriebene Zielsetzung ist der Beitrag wie folgt gegliedert: Im Anschluss an den einleitenden Abschnitt wird in Abschnitt 2 die theoretische Konzeptualisierung des Service Value dargelegt und der bisherige Forschungsstand überblicksartig dargestellt. Ferner werden die Forschungshypothesen entwickelt. Dabei fokussiert der erste Teil zunächst die Hypothesen bezogen auf den mobilen Dienst, während der zweite Teil die Hypothesen bezogen auf den Händler umfasst. Im darauf folgenden Abschnitt 3 erfolgt die Beschreibung der methodischen Vorgehensweise. Die Ergebnisse der empirischen Analyse werden in Abschnitt 4 dargestellt, die in Abschnitt 5 kritisch diskutiert werden. Basierend darauf werden theoretische sowie praktische Implikationen abgeleitet. Im Anschluss folgt in Abschnitt 6 die Darstellung der Limitationen der Arbeit. Ferner werden mögliche Ansatzpunkte für zukünftige Forschungsarbeiten erörtert. Die Arbeit endet mit einem Fazit in Abschnitt 7.
2.
Theoretische Konzeptualisierung des Service Value und Hypothesenentwicklung
Der Begriff des Service Value ist in der bestehenden Literatur nicht einheitlich definiert und wird in der Dienstleistungsforschung als „komplexes und schwer greifbares Konzept“ beschrieben (Bruhn/Hadwich 2014, S. 7). Basierend auf der bestehenden Literatur kann der Service Value sowohl aus der Kunden- als auch aus der Anbieterperspektive betrachtet werden. Der Service Value aus der Anbieterperspektive umfasst den Wert eines Kunden für das Unternehmen (Woodruff 1997) und wird häufig als Customer Lifetime Value operationalisiert (Günter/Helm 2006). Der Service Value aus einer kundenorientierten Sichtweise hingegen umfasst den Wert, den der Kunde mit der jeweiligen Leistung des Anbieters verbindet (Woodruff 1997). Wie bereits in der Einleitung erwähnt, stellt dieser eine
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zentrale Voraussetzung für den (ökonomischen) Erfolg einer Dienstleistung dar (Voeth et al. 2008). Vor diesem Hintergrund fokussiert der vorliegende Beitrag den vom Kunden wahrgenommenen Wert von personalisierten Location-based Services. Im Folgenden wird der Begriff des kundenorientierten Service Value verwendet (Hadwich/Wendt 2014). Dieser umfasst den Wert, der durch die Nutzung von personalisierten Location-based Services während des Einkaufs im stationären Geschäft, also am POS, für den Kunden entsteht. Gemäß der etablierten Sacrifice-Benefit-Theorie von Zeithaml (1988) ist der kundenorientierte Service Value das Ergebnis eines Kosten-Nutzen-Abgleichs. Für die Konzeptualisierung sowie Operationalisierung des Service Value aus Kundensicht existieren in der Literatur verschiedene Ansätze (Bruhn/Hadwich 2014). In den ersten Jahren wurden zunächst eindimensionale Messansätze verwendet, die insbesondere den monetären Wert fokussierten (Dodds et al. 1991; McDougall/Levesque 2000; Chen/Dubinsky 2003; Yang/ Peterson 2004). Diese Ansätze wurden jedoch zunehmend aufgrund ihrer Einfachheit kritisiert (Lin et al. 2005; Sánchez-Fernández et al. 2009). Um die Komplexität des Service Value entsprechend abbilden zu können, wurden später mehrdimensionale Konzeptualisierungen eingeführt (Sheth et al. 1991; Sweeney et al. 1996; Mathwick et al. 2001). Dabei wird der Service Value mit Hilfe von verschiedenen Dimensionen erfasst. Auf diese Weise ist eine differenzierte Betrachtung des Service Value möglich (Bruhn/Hadwich 2014). Zudem existieren in der Literatur verschiedene mehrdimensionale Ansätze, die unterschiedliche Dimensionen des Service Value berücksichtigen und neben monetären Dimensionen auch nicht-monetäre Dimensionen umfassen (z. B. Sheth et al. 1991). Eine der ersten mehrdimensionalen Konzeptualisierungen des Service Value wurde von Sheth et al. (1991) entwickelt. Die Autoren unterscheiden dabei fünf Dimensionen (Functional Value, Social Value, Emotional Value, Epistemic Value, Conditional Value). Später beschäftigten sich eine Reihe von Studien konkret mit dem Service Value im Bereich des E-Commerce (Mathwick et al. 2001; Heinonen 2004). Im Kontext von mobilen Dienstleistungen erweiterte Pura (2005) die Konzeptualisierung von Sheth et al. (1991), indem die Autorin den Functional Value ausdifferenzierte – in den Convenience Value und den Monetary Value. Nach Pura (2005) besteht der Service Value bei mobilen Dienstleistungen aus insgesamt sechs Dimensionen − dem Social Value, Emotional Value, Conditional Value, Monetary Value, Convenience Value sowie Epistemic Value. Vor dem Hintergrund, dass in der vorliegenden Studie ebenfalls ein mobiler Dienst betrachtet wird, wird die Konzeptualisierung von Pura (2005) als theoretische Grundlage für das Forschungsmodell des vorliegenden Beitrags verwendet.
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2.1 Dimensionen und Auswirkungen des Service Value auf marketingrelevante Zielgrößen, bezogen auf den mobilen Dienst Der Social Value (sozialer Wert) beschreibt den wahrgenommenen Wert aus der Anerkennung durch eine oder mehrere spezifische soziale Gruppen, die ein Kunde durch den Kauf oder durch die Nutzung eines Produktes oder Services erhält (Sweeney/Soutar 2001; Asche 2017). Bereits in frühen Arbeiten zum Value-Konzept fand der Social Value besondere Beachtung. Sheth et al. (1991) sowie Sweeney et al. (1996) identifizierten den Social Value als eine Dimension des kundenorientierten Service Value. An diese Erkenntnisse knüpft die Konzeptualisierung des kundenorientierten Service Value von Pura (2005) an. Die Autorin beschreibt, dass im Kontext von mobilen Services der Social Value eine wesentliche Rolle spielt. Die Argumentation wird durch empirische Studien gestützt, die belegen, dass der Social Value verhaltensrelevante Größen, wie z. B. die Zahlungsbereitschaft für mobile Dienste (Pihlström/Brush 2008), beeinflusst sowie die Zufriedenheit mit mobilen Diensten determiniert (Iyer et al. 2018). Es wird folgende Hypothese abgeleitet: H1: Der Social Value hat einen positiven Einfluss auf die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services am POS. Der Emotional Value (emotionaler Wert) ist definiert als „perceived utility acquired from an alternative’s capacity to arouse feelings or affective states“ (Sheth et al. 1991, S. 161) und adressiert den hedonischen Wert einer Dienstleistung (Pura 2005). Der Emotional Value umfasst Gefühle, wie beispielsweise Freude, Angst, Begeisterung oder Ärger (Holbrook/Hirschman 1982). Empirische Studien belegen, dass die Nutzung von mobilen Diensten zu einem Gefühl von Freude und Begeisterung seitens der Kunden führen kann (z. B. Yang/Jolly 2006). Weiterhin bestätigten Deng et al. (2010) in ihrer Studie, dass positive Emotionen die Zufriedenheit mit mobilen Diensten steigern können. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen Wang et al. (2013). So zeigen die Autoren, dass der Emotional Value die Nutzungsabsicht von mobilen Diensten positiv beeinflusst. Es wird folgende Hypothese abgeleitet: H2: Der Emotional Value hat einen positiven Einfluss auf die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services am POS. Der Conditional Value (situationsbedingter oder wahrgenommener bedingter Wert) wird definiert als „perceived utility acquired by an alternative as the result of the specific situation or set of circumstances facing the choice maker“ (Sheth et al. 1991, S. 162). Demnach hängt der Conditional Value vom Kontext ab und existiert nur in einer bestimmten Situation (Holbrook 1996; Asche 2017). Mobile Dienste ermöglichen es, bestimmte Kontextfaktoren (z. B. den Standort des Nutzers) in die Leistung zu integrieren und dem Nutzer auf die jeweilige Nutzungssituation zugeschnittene Informationen zur Verfügung zu stellen (Gummerus/Pihlström 2011). Vor diesem Hintergrund konkretisierte Pura (2005) den Begriff des Conditional Value. Demnach entsteht der Conditional Value durch die
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Anpassung der Information auf die jeweilige Situation des Nutzers (Pura 2005). Die zentrale Bedeutung des Conditional Value im Kontext von mobilen Diensten wurde in der Studie von Pura (2005) empirisch bestätigt. So zeigen die Studienergebnisse, dass der Conditional Value den stärksten Einfluss auf die Nutzungsabsicht hat (Pura 2005). Weiterhin belegen Schrage et al. (2019) im Rahmen eines Choice-Experiments, dass mobile Dienste, die den Standort sowie die Kaufhistorie des Nutzers einbeziehen, einen positiven Einfluss auf die Produktwahl haben. Basierend auf früheren Studien, die die Bedeutung des Conditional Value für mobile Dienste belegen, wird somit folgende Hypothese abgeleitet: H3: Der Conditional Value hat einen positiven Einfluss auf die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services am POS. Der Monetary Value (monetärer Wert) ist definiert als „good value for money and an acceptable price level” (Pura 2005, S. 527). Nach Puras Verständnis steht beim Monetary Value das Preis-Leistungs-Verhältnis im Zentrum. Der Monetary Value beschreibt, inwiefern der Preis für eine mobile Dienstleitung akzeptabel ist (Pura 2005). Der angesprochene monetäre Nutzen dürfte für den im Beitrag betrachteten mobilen Dienst nicht relevant sein, da derartige mobile Dienste von den Handelsunternehmen in der Regel für den Kunden kostenfrei angeboten werden. Für den vorliegenden Kontext umfasst der Monetary Value daher das monetäre Einsparpotenzial, das sich für den Kunden durch die Nutzung des personalisierten Location-based Service ergibt (in Anlehnung an Dickinger/Kleijnen 2008; Liu et al. 2015). Frühere Studien haben gezeigt, dass der Monetary Value die Zufriedenheit mit mobilen Diensten (Oyedele et al. 2018) positiv beeinflusst. Basierend darauf wird die folgende Hypothese abgeleitet: H4: Der Monetary Value hat einen positiven Einfluss auf die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services am POS. Neben der monetären Wertdimension umfasst der kundenorientierte Service Value auch nicht-monetäre Dimensionen. In der Dienstleistungsforschung stellt der Convenience Value ein zentrales Konzept dar (Brown 1990) und wird definiert als „ease and speed of achieving a task effectively and conveniently“ (Pura 2005, S. 516) Der Convenience Value entsteht z. B. durch zeitliche Vorteile oder ergibt sich aus einer einfachen Nutzung einer Dienstleistung (Brown 1990; Liu et al. 2015). Auch bessere Eigenschaften im Vergleich zu Alternativen werden vom Convenience Value erfasst (Pura 2005). Es wird angenommen, dass insbesondere im Kontext von mobilen Diensten dem Convenience Value eine besondere Bedeutung zukommt. So zeigen beispielsweise Pihlström und Brush (2008), dass der Convenience Value im Vergleich zum Monetary Value einen stärkeren Einfluss auf die Wiederkaufabsicht hat. Weiterhin belegen frühere Studien, dass der Convenience Value die Zufriedenheit mit dem mobilen Diensten positiv beeinflusst (Iyer et al. 2018). Basierend darauf wird die folgende Hypothese abgeleitet: H5: Der Convenience Value hat einen positiven Einfluss auf die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services am POS.
Service Value von personalisierten Location-based Services
405
Gemäß Pura (2005) stellt der Epistemic Value (epistemologischer Wert) eine weitere Dimension des kundenorientierten Service Value dar. Der Epistemic Value entsteht immer dann, wenn ein Produkt bzw. eine Dienstleistung beim Kunden Neugierde weckt, etwas Neues bietet und/oder den Wunsch nach Wissen erfüllt (Sheth et al. 1991). Im Rahmen des vorliegenden Untersuchungskontexts kann angenommen werden, dass der mobile Dienst es Kunden ermöglicht, ihren Einkauf auf eine neue Art und Weise zu erledigen. Folglich werden Kunden im Rahmen der Nutzung des neuen mobilen Dienstes einen Epistemic Value wahrnehmen. Basierend auf früheren Studien, die belegen, dass der Epistemic Value einen starken Einfluss auf das Kaufverhalten hat (Sheth et al. 1991), wird die folgende Hypothese abgeleitet: H6: Der Epistemic Value hat einen positiven Einfluss auf die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services am POS. In der Marketingforschung wurde in zahlreichen empirischen Studien die Kundenzufriedenheit als zentrale Determinante der Kundenloyalität bestätigt (Homburg/Bucerius 2012). Unter Loyalität wird “a deeply held commitment to rebuy or repatronize a referred product/service consistently in the future, thereby causing repetitive same-brand or same brand-set purchasing“ (Oliver 1999, S. 34) verstanden. Eine Studie von Deng et al. (2010) zeigte im Kontext von mobilen Services, dass Nutzer mit einer höheren Zufriedenheit tendenziell eine stärkere Absicht aufweisen, den jeweiligen mobilen Service weiter zu nutzen und weiterzuempfehlen. Daraus resultiert die folgende Hypothese: H7: Die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services am POS hat einen positiven Einfluss auf die Loyalität gegenüber personalisierten Location-based Services.
2.2 Auswirkungen der Zufriedenheit mit dem mobilen Dienst auf marketingrelevante Zielgrößen, bezogen auf den Händler Einige wenige Studien widmeten sich in der Vergangenheit dem direkten Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit mit mobilen Diensten und marketingrelevanten Zielgrößen, die sich speziell auf den Händler beziehen. Im Rahmen einer Studie von Djelassi et al. (2018) über Self-Service-Technologien im Lebensmitteleinzelhandel attestierten die Autoren einen so genannten Übertragungseffekt („Spillover-Effekt“) von der Zufriedenheit der Self-Service-Technologie auf die kundenseitige Wahrnehmung und Bewertung des Händlers. Die Ergebnisse zeigen, dass die Zufriedenheit mit der Self-Service-Technologie einen positiven Einfluss auf die Zufriedenheit mit der Einkaufsstätte des Händlers hat (Djelassi et al. 2018). Marzocchi und Zammit (2006) fanden in ihrer Studie zu Self Scanning-Technologien heraus, dass die Zufriedenheit mit Self Scanning einen positiven Einfluss auf die Intention des Kunden hat bei dem jeweiligen Händler auch in Zukunft einzukaufen. Angesichts dieser Befunde werden die folgenden Hypothesen abgeleitet:
406
R. Schrage und P. Kenning
H8: Die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services am POS hat einen positiven Einfluss auf die globale Zufriedenheit mit dem Händler. H9: Die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services am POS hat einen positiven Einfluss auf die Loyalität gegenüber dem Händler. Abbildung 1 stellt die bis hierhin abgeleiteten Hypothesen noch einmal überblicksartig dar. Service Value
Social Value Loyalität gegenüber pers. Location-based Services am POS
Emotional Value H2+
Bezogen auf den mobilen Dienst
H1+
H7+
Conditional Value
H3+
H8+
Zufriedenheit mit dem Händler
H9+
Monetary Value H5+
Loyalität gegenüber dem Händler H6+
Convenience Value
Bezogen auf den Händler
Zufriedenheit mit pers. Location-based Services am POS
H4+
Epistemic Value
Abbildung 1:
3.
Forschungsmodell
Methodik
3.1 Datenerhebung und Stichprobe Zur Prüfung der postulierten Hypothesen wurde eine Online-Befragung durchgeführt. Für diese wurde ein Szenario-basiertes Design gewählt. Zu Beginn des Fragebogens erhielten die Probanden zunächst eine Einführung in die Thematik. Dabei wurde beschrieben, dass es nun möglich ist, während des Lebensmitteleinkaufs im Geschäft via Smartphone Rabattcoupons zu erhalten, die auf das individuelle Einkaufsverhalten zugeschnitten sind und die den Standort des Nutzers in die Auswahl der Coupons mit einbeziehen. Die Erklärung wurde jeweils mit Bildern und erläuterndem Text dargestellt. Um sicherzugehen, dass die Information sorgfältig gelesen wurde, wurden die Teilnehmer gebeten, eine entsprechende
Service Value von personalisierten Location-based Services
407
Kontrollfrage zu beantworten. Im Anschluss wurden die Teilnehmer zu ihren Einstellungen hinsichtlich der im Forschungsmodell verwendeten Konstrukte befragt. Insgesamt nahmen 189 Personen an der Befragung teil. Nach der Bereinigung von unvollständigen und inkonsistenten Datensätzen umfasst die finale Stichprobe 170 Personen, wovon 77,1 Prozent weiblich und 22,9 Prozent männlich waren. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer betrug 31,5 Jahre (SDAlter = 12,74).
3.2
Operationalisierung der Konstrukte
Die Operationalisierung der im Forschungsmodell verwendeten Konstrukte erfolgte mit Hilfe von etablierten Multi-Item Skalen aus der bestehenden Literatur, die für den vorliegenden Untersuchungskontext modifiziert wurden. Die Teilnehmer bewerteten die Aussagen im Fragebogen auf einer 7-stufigen Likert-Skala (1 = „stimme voll und ganz zu“, 7 = „stimme überhaupt nicht zu“). Das Konstrukt Social Value wurde in Anlehnung an Pura (2005) mit drei Items gemessen. Das Konstrukt Emotional Value wurde mit Hilfe von zwei Items nach Pura (2005) gemessen. Darüber hinaus wurde ein Item von Yi und Hwang (2003) hinzugefügt. Folglich wurde das Konstrukt Emotional Value mit insgesamt drei Items gemessen. Die Operationalisierung des Konstrukts Conditional Value erfolgte nach Pura (2005) mit jeweils zwei Items. Die Skala wurde für den vorliegenden Untersuchungskontext leicht modifiziert, indem ein zusätzliches Item entwickelt wurde. Demnach wurde das Konstrukt Conditional Value mit insgesamt drei Items gemessen. Für die Operationalisierung des Konstrukts Monetary Value wurde die Skala von Mimouni-Chaabane und Volle (2010) mit jeweils drei Items verwendet. Der Convenience Value sowie Epistemic Value wurden in Anlehnung an die Skala von Pura (2005) mit jeweils drei Items operationalisiert. Die Konstrukte Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services und Zufriedenheit mit dem Händler wurden in Anlehnung an Huddleston et al. (2009) mit jeweils drei Items operationalisiert. Das Konstrukt Loyalität gegenüber personalisierten Location-based Services wurde gemäß Yang und Petersen (2005) mit drei Items gemessen. Die Operationalisierung des Konstrukts Loyalität gegenüber dem Händler wurde mit vier Items in Anlehnung an Yang und Petersen (2005) gemessen. Abbildung 2 stellt die Operationalisierung der latenten Konstrukte zusammenfassend dar.
408
R. Schrage und P. Kenning
Konstrukt
Items
Quelle
„Durch die Nutzung des personalisierten, standortbasierten, mobilen Dienstes würde ich mich von anderen akzeptiert fühlen.“ „Durch die Nutzung des personalisierten, standortbasierten, mobilen Dienstes würde ich einen guten Eindruck bei anderen Menschen machen.“
Social Value
Pura (2005)
„Durch die Nutzung des personalisierten, standortbasierten, mobilen Dienstes würde ich mich sozial bestätigt fühlen.“ „Durch die Nutzung des personalisierten, standortbasierten, mobilen Dienstes würde ich Freude empfinden.“ Emotional Value
„Durch die Nutzung des personalisierten, standortbasierten, mobilen Dienstes würde ich mich gut fühlen.“
Pura (2005) Yi und Hwang (2003)
„Durch die Nutzung des personalisierten, standortbasierten, mobilen Dienstes würde mir das Einkaufen Spaß machen.“ „Ich würde die Informationen, die ich von dem personalisierten, standortbasierten, mobilen Dienst erhalte, wertschätzen.“
Conditional Value
„Ich würde die Informationen, die ich von dem personalisierten, standortbasierten, mobilen Dienst erhalte, wertschätzen, weil die mir weiterhelfen würden.“
Pura (2005)
„Ich würde die Informationen, die ich von dem personalisierten, standortbasierten, mobilen Dienst erhalte wertschätzen, weil diese mir in einer bestimmten Situation weiterhelfen würden.“ „Durch die Nutzung des personalisierten, standortbasierten, mobilen Dienstes würde ich bei einem Einkauf viel Geld sparen.“ Monetary Value
„Durch die Nutzung des personalisierten, standortbasierten, mobilen Dienstes würde ich bei meinem Einkauf weniger Geld ausgeben.“ „Durch die Nutzung des personalisierten, standortbasierten, mobilen Dienstes habe ich bezogen auf meine Einkäufe geringere finanzielle Kosten.“
Abbildung 2:
Operationalisierung der latenten Konstrukte
MimouniChaabane und Volle (2010)
Service Value von personalisierten Location-based Services
Konstrukt
409
Items
Quelle
„Ich würde die einfache Nutzung des mobilen Dienstes wertschätzen.“ Convenience Value
„Ich würde die Zweckmäßigkeit des mobilen Dienstes wertschätzen.“
Pura (2005)
„Ich würde die Möglichkeit, den mobilen Dienst unverzüglich über mein Handy nutzen zu können, wertschätzen.“ „Ich würde den personalisierten, standortbasierten, mobilen Dienst nutzen, um meinen Einkauf auf eine andere Art und Weise zu erledigen.“ „Ich würde den personalisierten, standortbasierten, mobilen Dienst nutzen, um eine neue Technologie zu testen.“
Epistemic Value
Pura (2005)
„Ich würde den personalisierten, standortbasierten, mobilen Dienst aus Neugier nutzen.“
Zufriedenheit mit pers. Locationbased Services
„Verglichen mit anderen ähnlichen mobilen Diensten, wäre ich mit solch einem mobilen Dienst sehr zufrieden.“ „Basierend auf meinen Erfahrungen mit solch einem mobilen Dienst wäre ich sehr zufrieden damit.“
Huddleston et al. (2009)
„Generell wäre ich sehr zufrieden mit solch einem mobilen Dienst.“ „Ich würde Freunde und Verwandte anregen solch einen mobilen Dienst weiterhin zu nutzen.“ Loyalität gegenüber pers. Location-based Services
„Ich hätte vor, solch einen Dienst weiterhin zu nutzen.“
Yang und Petersen (2005)
„Ich hätte vor, solch einen Dienst häufiger zu nutzen.“ „Vergleichen mit anderen Lebensmitteleinzelhändlern wäre ich mit diesem Händler sehr zufrieden.“ Zufriedenheit mit dem Händler
„Basierend auf meinen Erfahrungen mit diesem Händler wäre ich sehr zufrieden mit ihm.“
Huddleston et al. (2009)
„Generell wäre ich sehr zufrieden mit diesem Händler.“
Abbildung 2:
Operationalisierung der latenten Konstrukte (Fortsetzung)
410
R. Schrage und P. Kenning
Konstrukt
Items
Quelle
„Ich würde positive Dinge über diesen Händler gegenüber anderen Menschen sagen.“
Loyalität gegenüber dem Händler
„Ich würde anderen, die nach meiner Meinung fragen, diesen Händler empfehlen.“
Yang und Peterson (2005)
„Ich würde Freunde und Verwandte anregen bei diesem Händler einzukaufen.“ „Ich hätte vor, weiterhin bei diesem Händler einzukaufen.“
Abbildung 2:
4.
Operationalisierung der latenten Konstrukte (Fortsetzung)
Ergebnisse der empirischen Untersuchung
Die im Forschungsmodell aufgestellten Hypothesen wurden mit Hilfe einer Strukturgleichungsanalyse in AMOS 25 geprüft. Für die Reliabilitäts- sowie Validitätsprüfungen der Konstruktmessungen wurde zunächst eine konfirmatorische Faktorenanalyse durchgeführt. Dabei erreichten alle Konstrukte die in der Literatur geforderten Grenzwerte für Cronbachs Alpha (Nunnally 1978), Composite Reliability (Bagozzi/Yi 1988) und der durchschnittlich erklärten Varianz (Fornell/Larcker 1981). Auch die Faktorladungen der Konstrukte lagen über dem geforderten Mindestwert von 0,7 (Hair et al. 1998) (bis auf die Faktorladung des Konstrukts Epistemic Value (0,69)). Ferner erfüllen alle Konstrukte (mit Ausnahme der Beziehung von Epistemic Value und Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services) das für die Prüfung der Diskriminanzvalidität etablierte FornellLarcker Kriterium (Fornell/Larcker 1981). Insgesamt können die Konstrukte daher als ausreichend reliabel und valide angesehen werden. Abbildung 3 stellt die Ergebnisse der Analyse des Messmodells zusammenfassend dar. Anzahl Items
M (SD)
Cronbachs Alpha
Composite Reliability
DEV
Social Value
3
5,52 (1,44)
0,913
0,915
0,781
Emotional Value
3
4,16 (1,70)
0,932
0,935
0,827
Conditional Value
3
3,72 (1,55)
0,920
0,924
0,802
Monetary Value
3
3,88 (1,41)
0,840
0,839
0,633
Convenience Value
3
3,82 (1,66)
0,901
0,925
0,805
Konstrukt
Abbildung 3:
Analyse des Messmodells
Service Value von personalisierten Location-based Services
411
Anzahl Items
M (SD)
Cronbachs Alpha
Composite Reliability
DEV
Epistemic Value
3
3,68 (1,50)
0,778
0,733
0,532
Zufriedenheit personalisierte LBS
3
4,06 (1,49)
0,940
0,942
0,844
Loyalität personalisierte LBS
3
4,03 (1,66)
0,947
0,95
0,864
Zufriedenheit Händler
3
3,86 (1,60)
0,941
0,941
0,841
Loyalität Händler
4
3,78 (1,57)
0,943
0,945
0,810
Konstrukt
Abbildung 3:
Analyse des Messmodells (Fortsetzung)
Im Anschluss erfolgte die Analyse des Strukturmodells, das neben den im Forschungsmodell relevanten Konstrukten auch Kontrollvariablen beinhaltete (d. h. Erfahrung mit derartigen mobilen Diensten, Smartphone-Nutzungsintensität). Die globalen Gütemaße erfüllten die in der Literatur geforderten Anforderungen und wiesen damit auf einen insgesamt guten Model-Fit hin (χ2/df=1,931; CFI=0,927; RMSEA=0,074). Die Ergebnisse der Hypothesenprüfung zeigen, dass sechs der insgesamt neun aufgestellten Hypothesen bestätigt werden konnten. In Hypothese H1 wurde angenommen, dass der Social Value einen positiven Einfluss auf die Zufriedenheit mit personalisierten Locationbased Services hat. Dies konnte nicht bestätigt werden (β = 0,065, p = 0,20). Auch der vermutete Zusammenhang des Emotional Value und der Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services (H2) wurde nicht bestätigt (β = 0,10, p = 0,30). Die Ergebnisse zeigen hingegen einen positiven und signifikanten Zusammenhang zwischen dem Conditional Value und der Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services (β = 0,208, p < 0,1). Hypothese H3 kann somit bestätigt werden. Hypothese H4 beschrieb, dass der Monetary Value die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services positiv beeinflusst. Dies kann nicht bestätigt werden (β = -0,073, p = 0,236). Bestätigt werden konnte hingegen der vermutete Einfluss des Convenience Value (β = 0,345, p < 0,1) (H5) und des Epistemic Value (β = 0,374, p < 0,001) (H6) auf die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services. Der in Hypothese H7 vermutete Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services und der Loyalität gegenüber personalisierten Location-based Services konnte bestätigt werden (β = 0,931, p < 0,001). Ferner konnte bestätigt werden, dass die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services einen positiven Einfluss auf die globale Zufriedenheit mit dem Händler (β = 0,899, p < 0,001) (H8) und auf die Loyalität gegenüber dem Händler hat (β = 0,841, p < 0,001) (H9). Abbildung 4 stellt die Ergebnisse der empirischen Untersuchung zusammenfassend dar.
412
R. Schrage und P. Kenning
Hypothesen
Pfad
SDPfadkoeffizient
Ergebnis
H1
Social Value → Zufriedenheit personalisierte LBS
0,065 (n. s.)
Nicht bestätigt
H2
Emotional Value → Zufriedenheit personalisierte LBS
0,10 (n. s.)
Nicht bestätigt
H3
Conditional Value → Zufriedenheit personalisierte LBS
0,208*
Bestätigt
H4
Monetary Value → Zufriedenheit personalisierte LBS
-0,073 (n. s.)
Nicht bestätigt
H5
Convenience Value → Zufriedenheit personalisierte LBS
0,345*
Bestätigt
H6
Epistemic Value → Zufriedenheit personalisierte LBS
0,374***
Bestätigt
H7
Zufriedenheit personalisierte LBS → Loyalität personalisierte LBS
0,931***
Bestätigt
H8
Zufriedenheit personalisierte LBS → Zufriedenheit Händler
0,899***
Bestätigt
H9
Zufriedenheit personalisierte LBS → Loyalität Händler
0,841***
Bestätigt
***p < 0,001; **p < 0,05; *p < 0,1; n. s. = nicht signifikant (p > 0,1)
Abbildung 4:
5.
Ergebnisse der Hypothesenprüfung
Diskussion und Implikationen
Das Ziel des vorliegenden Beitrags war es, den Einfluss der verschiedenen Dimensionen des kundenorientierten Service Value auf die Zufriedenheit mit personalisierten Locationbased Services empirisch zu untersuchen. Ein weiteres Ziel bestand darin, die Wirkung der Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services auf ausgewählte Zielgrößen bezogen auf den mobilen Dienst zum einen (d.h. Loyalität gegenüber personalisierten Location-based Services) und bezogen auf den Händler zum anderen (d.h. Zufriedenheit mit dem Händler und Loyalität gegenüber dem Händler) zu analysieren. Basierend auf den Ergebnissen lassen sich erste praktische Implikationen für Unternehmen ableiten, die im Rahmen des Marketing-Management-Prozesses zu berücksichtigen sind. Die Ergebnisse der Strukturgleichungsanalyse bestätigen einen positiven Zusammenhang zwischen dem Epistemic Value und der Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services (H6). Je höher der vom Kunden wahrgenommene Epistemic Value, desto höher ist die Zufriedenheit des Kunden mit personalisierten Location-based Services. Das Er-
Service Value von personalisierten Location-based Services
413
gebnis steht im Einklang mit früheren Studien, die belegen, dass der Epistemic Value einen signifikanten Einfluss auf die Kaufverhalten hat (Sheth et al. 1991; Pihlström/Brush 2007). In der vorliegenden Studie stellt der Epistemic Value den stärksten Einflussfaktor für die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services dar. Um den Epistemic Value zu steigern, könnten Unternehmen zunächst die Neuheit des mobilen Dienstes für den Einkauf im Geschäft betonen. Auf diese Weise kann die Neugier des Kunden adressiert werden. Um das Streben nach Informationen zu adressieren, könnten Unternehmen im Rahmen von Kommunikationsstrategien hervorheben, dass personalisierte Locationbased Services zusätzliche Informationen während des Einkaufs bereitstellen. Gleichzeitig weist Pura (2005) darauf hin, dass der Epistemic Value auch dazu führen kann, dass der mobile Dienst nur kurzfristig genutzt wird. Nach der ersten Nutzung könnte dieser für Kunden uninteressant werden, da die Neugier der Kunden gestillt wurde. Für einen langfristigen Epistemic Value sollte überlegt werden, wie die Neugier auf Dauer aufrechterhalten werden kann. Um einen „Strohfeuer-Effekt“ (Evanschitzky et al. 2014) zu vermeiden, mag es sinnvoll sein, gelegentlich neue Informationen bereitzustellen oder sogar neue Funktionen in den mobilen Dienst zu integrieren, die gegebenenfalls nur temporär nutzbar sind. Die Ergebnisse der Studie bestätigen zudem einen positiven Zusammenhang zwischen dem Convenience Value und der Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services (H5). Das bedeutet, je höher der vom Kunden wahrgenommene Convenience Value von personalisierten Location-based Services, desto zufriedener ist der Kunde mit dem mobilen Dienst. Dies steht im Einklang mit früheren Studien, die ebenfalls den Convenience Value als zentrale Determinante der Zufriedenheit mit mobilen Diensten identifizierten (Iyer et al. 2018). Unternehmen könnten im Rahmen von Kommunikationsstrategien daher hervorheben, dass personalisierte Location-based Services den Einkauf einfacher und effizienter gestalten. Kleijnen et al. (2007) weisen unter anderem darauf hin, insbesondere zeitliche Vorteile zu betonen. Beispielsweise kann der Kunde während des Einkaufs mobile Coupons bequem und einfach auf seinem Smartphone erhalten und muss diese nicht mehr ausdrucken oder suchen (Yang/Kim 2012; Liu et al. 2015). Weiterhin konnte der postulierte positive Zusammenhang zwischen dem Conditional Value und der Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services bestätigt werden (H3). Die Ergebnisse deuten an, dass mobile Dienste, die die Kaufhistorie sowie den Standort des jeweiligen Kunden im Geschäft berücksichtigen, die Zufriedenheit mit dem mobilen Dienst steigern können. Dies steht im Einklang mit bisherigen Befunden der Forschung (Pura 2005; Deng et al. 2010; Asche 2017). Im Hinblick auf mögliche Kommunikationsstrategien für personalisierte Location-based Services könnten unter anderem die kontextbezogenen Vorteile hervorgehoben werden. So könnten Unternehmen zum einen betonen, dass der Standort des jeweiligen Kunden im Geschäft berücksichtig wird. Zum anderen könnte darauf hingewiesen werden, dass Kunden keine standardisierten Botschaften (z. B. aktuelle Wochenangebote) erhalten, sondern – stattdessen – mobile Coupons, die auf die individuellen Interessen des Kunden zugeschnitten sind.
414
R. Schrage und P. Kenning
Entgegen unserer Vermutung konnte der postulierte Zusammenhang zwischen dem Social Value und der Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services (H1) nicht bestätigt werden. Demnach wird die Zufriedenheit des Kunden mit personalisierten Location-based Services nicht von den Urteilen und Meinungen der Peergroup beeinflusst. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen Deng et al. (2010), die ebenfalls keinen signifikanten Effekt des Social Value auf die Zufriedenheit im Kontext von mobilen Diensten bestätigten konnten. Die Autoren schlussfolgern, dass die Meinungen von Dritten insbesondere vor und während der Einführung neuer Technologien eine Rolle spielen (Deng et al. 2010). Infolge der zunehmenden Erfahrung mit mobilen Services nimmt folglich der Einfluss des Social Value ab. Für Unternehmen lässt sich ableiten, dass eine Ansprache auf Basis des Social Value nicht geeignet ist, um die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services zu steigern. Ferner haben Gefühle und affektive Zustände (Emotional Value) keinen Einfluss auf die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services (H2). Das Ergebnis der vorliegenden Studie steht ebenfalls in Kontrast zu bisherigen Erkenntnissen. So wurde in einer Reihe von Studien die Bedeutung des Emotional Value für mobile Dienste validiert (Pura 2005; Pihlström/Brush 2008; Alalwan et al. 2017). Andere Studien deuten hingegen darauf hin, dass dies nicht per se gilt (Deng et al. 2010). Eine mögliche Erklärung liefern Karjaluoto et al. (2019). Die Autoren argumentieren, dass hedonische Aspekte für die initiale Akzeptanz relevant sind, während utilitaristische Aspekte insbesondere die Zufriedenheit determinieren (Karjaluoto et al. 2019). Besonders interessant ist, dass der Monetary Value in der vorliegenden Studie keinen Einfluss auf die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services hat (H4). Demnach führen monetäre Vorteile, die sich durch die Nutzung von personalisierten Locationbased Services während des Einkaufs im Geschäft ergeben, nicht zu einer Steigerung der Zufriedenheit mit dem mobilen Dienst. Dieses Ergebnis erscheint auf den ersten Blick verwunderlich. So können Kunden personalisierte Rabattcoupons erhalten, die an der Kasse am Ende des Einkaufs eingelöst werden können. Bisherige Studien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen bezüglich der Relevanz der monetären Wertdimension. Deng et al. (2010) zeigen ebenfalls, dass der Monetary Value keinen Einfluss auf die Zufriedenheit hat. Basierend auf den Ergebnissen von Kano et al. (1984) argumentieren Hadwich und Keller (2013) im Rahmen einer empirischen Studie zur Beschwerdezufriedenheit im Social Media-Bereich, dass die Prozessfairness eine Basisanforderung darstellt, die bei Vorhandensein nicht zu Zufriedenheit führt, aber bei Nichtvorhandensein Unzufriedenheit auslöst. In ähnlicher Weise könnte für den vorliegenden Kontext angenommen werden, dass die monetären Vorteile eine Basisanforderung für Kunden darstellen überhaupt personalisierte Location-based Services im Geschäft zu nutzen, die bei Nichtvorhandensein Unzufriedenheit auslöst aber bei Vorhandensein nicht zu Zufriedenheit führt. Demnach führt eine stark rabattorientierte Kommunikationsstrategie, so wie in der Vergangenheit häufig in der Praxis zu beobachten, nicht zu einer Steigerung der Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services und daher auch weder zu einer Erhöhung der Zufriedenheit mit dem Händler noch zu einer Stärkung der Loyalität gegenüber dem Händler. Weiterhin könnte der Versuchsaufbau der vorliegenden Studie dazu geführt haben, dass
Service Value von personalisierten Location-based Services
415
hinsichtlich des Monetary Value nur relativ wenig Varianz erzeugt wurde (siehe Abbildung 3). Dies könnte den nicht-signifikanten Zusammenhang zwischen dem Monetary Value und der Zufriedenheit ebenfalls erklären. Bezogen auf die Wirkung der Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services bestätigen die Ergebnisse den postulierten positiven Zusammenhang mit der Loyalität gegenüber dem mobilen Dienst (H7). Es zeigt sich, dass Kunden mit einer höheren Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services tendenziell eine stärkere Absicht zeigen, diesen auch weiter zu nutzen. Frühere Studien stützen diese Erkenntnis (Iyer et al. 2018). Darüber hinaus belegen die Ergebnisse der vorliegenden Studie, dass die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services sowohl einen positiven Einfluss auf die globale Zufriedenheit mit dem Händler (H8) hat, als auch auf die Loyalität gegenüber dem Händler (H9). Damit wird der in der bestehenden Literatur attestierte Übertragungseffekt („Spillover-Effekt“) bestätigt (Djelassi et al. 2018). So beeinflusst die spezifische Zufriedenheit mit einer Technologie (d.h. personalisierter Location-based Service) die kundenseitige Wahrnehmung und Bewertung des Händlers. Konkret bedeutet das Ergebnis für Unternehmen, dass ein mobiler Touchpoint am POS das Potenzial besitzt, die globale Zufriedenheit mit dem Händler zu steigern sowie die Loyalität gegenüber dem Händler zu stärken. Neben den praktischen Implikationen leisten die Ergebnisse der Studie einen Beitrag zur bestehenden Service Value-Forschung im Kontext mobiler Dienstleistungen. So beinhaltet der vorliegende Beitrag eine erste Studie, die die Konzeptualisierung sowie die Auswirkungen des vom Kunden wahrgenommenen Service Value von personalisierten Location-based Services mit Hilfe eines Szenarios untersucht. Die Studie adressiert ferner den von Bruhn und Hadwich (2014) im Kontext des Service Value konstatierten „Mangel an systematischen Arbeiten mit Bezug auf verschiedene Dienstleistungen“ (Bruhn/Hadwich 2014, S. 27). Ein zentraler Erkenntnisbeitrag für die Dienstleistungsforschung ist die Bestätigung der Mehrdimensionalität des Service Value für personalisierte Location-based Services, die speziell während des Einkaufs im Geschäft genutzt werden. Bisherige Studien wählten in der Vergangenheit für die Konzeptualisierung des Service Value primär eindimensionale Messansätze und berücksichtigten dabei ausschließlich den monetären Wert von mobilen Diensten (Lin/Wang 2006; Kuo et al. 2009). Interessant ist, dass im vorliegenden Beitrag ausschließlich nicht-monetäre Dimensionen die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services determinieren. Das Ergebnis deutet darauf hin, dass für mobile Dienste, die während des Einkaufs im Geschäft (Lebensmitteleinkauf) verwendet werden, Abwechslung, Effizienz und Kontextrelevanz entscheidende Wertdimensionen darstellen, die zu einer Steigerung der Zufriedenheit mit dem mobilen Dienst führen. Die Ergebnisse hinsichtlich der Mehrdimensionalität sollten zukünftige Studien anregen, den wahrgenommen Wert von mobilen Diensten für den POS in differenzierter Form zu betrachten.
416
R. Schrage und P. Kenning
Ein weiterer Erkenntnisbeitrag für die Dienstleistungsforschung besteht darin, dass die Ergebnisse die Relevanz des Service Value für die Kundenzufriedenheit mit personalisierten Location-based Services bestätigen, und an bisherige Forschungsergebnisse anknüpfen, nach denen der Service Value die Kundenzufriedenheit positiv beeinflusst (Bruhn/ Hadwich 2014). Ferner erweitern die Ergebnisse die bisherigen Erkenntnisse, indem der Einfluss des Service Value speziell auf marketingrelevante Zielgrößen, bezogen auf den Händler, untersucht wurde. So stellen personalisierte Location-based Services am POS einen Ansatzpunkt dar sowohl die Zufriedenheit mit dem Händler zu steigern als auch die Kundenloyalität zu stärken.
6.
Limitationen und zukünftige Studien
Der vorliegende Beitrag unterliegt Limitationen, die zugleich als mögliche Ansatzpunkte für zukünftige Studien dienen können. Im Rahmen der Auswertung der Ergebnisse werden unter anderem Hypothesen angenommen, die das Signifikanzniveau von 0,05 überschreiten. Zukünftige Studien könnten für die Prüfung der postulierten Hypothesen eine Stichprobe mit einer höheren Fallzahl verwenden. Ferner wird in der vorliegenden Studie auf ein Convenience Sample zurückgegriffen. Um die Aussagekraft der Ergebnisse zu erhöhen, könnten zukünftige Studien eine repräsentative Stichprobe verwenden mit einer ausgewogenen Verteilung ausgewählter Merkmale, wie z. B. Alter und Geschlecht. Weiterhin sollte bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden, dass im Rahmen der Befragung ein Szenario verwendet wurde. Die Ergebnisse leisten zwar einen ersten Erkenntnisgewinn, zukünftige Studien sollten dennoch die Generalisierbarkeit der Ergebnisse in Form eines Feldexperiments überprüfen.
7.
Fazit
Für Handelsunternehmen bieten mobile Dienstleistungen eine zunehmend bedeutsame Differenzierungsmöglichkeit (Saarijärvi et al. 2014; Ahlert et al. 2018). Eine in diesem Zusammenhang relativ neue Form stellen personalisierte Location-based Services dar, die es Handelsunternehmen ermöglichen, ihren Kunden während des Einkaufs im Geschäft sowohl personalisierte (basierend auf der Kaufhistorie) als auch standortbezogene Angebote via Smartphone zu senden. Trotz der Einsatzmöglichkeiten bleibt die Verbreitung dieser mobilen Dienste im stationären Geschäft hinter den Erwartungen zurück (Iyer et al. 2018). Eine Möglichkeit, diese Diskrepanz zu erklären, bieten Befunde der Dienstleistungsforschung, die zeigen, dass insbesondere der vom Kunden wahrgenommene Service Value den Erfolg von Dienstleistungen determiniert (Bruhn/Hadwich 2014). Vor diesem Hintergrund war das Ziel des vorliegenden Beitrags, die Relevanz verschiedener Dimensionen des Service Value von personalisierten Location-based Services für den POS und
Service Value von personalisierten Location-based Services
417
deren Auswirkungen auf marketingrelevante Größen empirisch zu untersuchen. Für die Datenerhebung wurde eine Online-Befragung durchgeführt (n = 170). Die Ergebnisse der Strukturgleichungsmodellierung zeigen, dass Kunden während des Einkaufs im Geschäft im Hinblick auf personalisierte Location-based Services die Funktionen wertschätzen, die den Einkauf auf eine neue Art und Weise erlebbar machen (Epistemic Value), den Kaufprozess einfacher und effizienter gestalten (Convenience Value) und ausschließlich kontextrelevante Informationen (Conditional Value) beinhalten. Der Epistemic Value, Convenience Value sowie Conditional Value determinieren die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services. Interessant ist, dass der Social Value, der Emotional Value sowie der Monetary Value keinen Einfluss auf die Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services haben. Weiterhin bestätigen die Ergebnisse den positiven Einfluss der Zufriedenheit mit personalisierten Location-based Services auf ausgewählte Zielgrößen bezogen auf den mobilen Dienst zum einen (Loyalität gegenüber des personalisierten Location-based Services) und bezogen auf den Händler zum anderen (Zufriedenheit mit dem Händler und Loyalität gegenüber dem Händler). Es zeigt sich, dass ein mobiler Touchpoint am POS das Potenzial besitzt, die globale Zufriedenheit mit dem Händler zu steigern sowie die Loyalität gegenüber dem Händler zu stärken. Insgesamt belegen diese Ergebnisse, dass eine fortschreitende Personalisierung auch im stationären Handel unter bestimmten und noch weiter zu bestimmenden Voraussetzungen betriebswirtschaftlich sinnvoll sein könnte.
Literaturverzeichnis Aguirre, E./Mahr, D./Grewal, D./de Ruyter, K./Wetzels, M. (2015): Unraveling the personalization paradox – The effect of information collection and trust-building strategies on online advertisement effectiveness, in: Journal of Retailing, Vol. 91, No. 1, S. 34-49. Agustin, C./Singh, J. (2005): Curvilinear effects of consumer loyalty determinants in relational exchanges, in: Journal of Marketing Research, Vol. 42, No. 1, S. 96-108. Ahlert, D./Kenning, P./Brock, C. (2018): Handelsmarketing – Grundlagen der marktorientierten Führung von Handelsbetrieben, 2. Aufl., Heidelberg. Alalwan, A./Dwivedi, Y./Rana, N.P. (2017): Factors influencing adoption of mobile banking by Jordanian bank customers – Extending UTAUT2 with trust, in: International Journal of Information Management, Vol. 37, No. 3, S. 99-110. Asche, M. (2017): Companion Apps – Produktbegleitende Apps als Nutzentreiber, Dissertation, Freie Universität Berlin. Bagozzi, R.P./Yi, Y. (1988): On the evaluation of structural equation models, in: Journal of the Academy of Marketing Science, Vol. 16, No. 1, S. 74-94.
418
R. Schrage und P. Kenning
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Armin Töpfer und Georg Brabänder
Individualisierung und Personalisierung – Gesundheitsleistungen 4.0 entlang des Behandlungspfades
1. Stärkere Wert- und Nutzenorientierung auf die Adressaten 1.1 Aktuelle Situation 1.2 Wertschöpfung im Gesundheitswesen – Individualisierung und Personalisierung als spezifische Patientenorientierung 2. Übertragung des Mass-Customization-Ansatzes auf Gesundheitsleistungen 2.1 Mass-Customization-Ansatz 2.2 Integration des Patienten in den Leistungserstellungsprozess 2.3 Modularisierung der Leistung von Prozess und Organisation 2.4 Bildung von Varianten 2.4.1 Innovative Diagnose- und Behandlungsmethoden 2.4.2 Telemedizinische Anwendungen 2.4.3 Delegation und Substitution 2.4.4 Vernetzung 2.5 Konfiguration und Koordination 3. Kosten- und Differenzierungswirkungen des Mass- Customization-Ansatzes 3.1 Kostenwirkungen 3.2 Differenzierungswirkungen 4. Fazit Literaturverzeichnis
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___________________________ Prof. Dr. Armin Töpfer ist Chairman der Forschungsgruppe Marktorientierte Unternehmensführung (FGMU) der Technischen Universität Dresden und des MBA-Studiengangs Health Care Management an der Dresden International University sowie der M+M Consulting GmbH in Kassel. Herr Dipl.-Kfm. Dipl.-Psych. Georg Brabänder, M.A., ist niedergelassen als Psychologischer Psychotherapeut in Homburg/Saar und Vorstand der Gesundheitsgenossenschaft Homburg/Saarpfalz (GeHoSa) sowie Doktorand an der Forschungsgruppe Marktorientierte Unternehmensführung (FGMU) der Technischen Universität Dresden.
1.
Stärkere Wert- und Nutzenorientierung auf die Adressaten
1.1 Aktuelle Situation Partizipation und Empowerment der Patienten haben sich im deutschen Gesundheitswesen sowohl auf der Ebene der direkten Arzt-Patienten-Beziehung als auch auf der Ebene der Wahrnehmung kollektiver Patientenrechte mehr und mehr durchgesetzt (Gromnica-Ihle 2013). Auch in der Rolle von Innovatoren spielen Patienten und Angehörige mittlerweile eine Rolle: Ihr Wissen über und ihre Erfahrungen mit der jeweiligen Erkrankung bergen ein großes Potenzial für die Entwicklung neuer Behandlungen, Therapien und Pflegeleistungen sowie medizinischer Geräte in sich, das noch nicht erschlossen ist (Habicht et al. 2012). Die daraus resultierenden erhöhten Anforderungen an die Anbieter verstärken den schon bestehenden Wettbewerbsdruck im Gesundheitsbereich und erzwingen eine höhere Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung, um die angestrebte Wert- und Nutzensteigerung mit den verfügbaren Kostenstrukturen erreichen zu können. Bislang wird – sowohl im medizinischen als auch im pflegerischen Bereich – primär mit Kostensenkungsstrategien agiert, die alleine nicht einem umfassenden Qualitätsverständnis entsprechen. Es ist auch nicht zu begründen, warum bei einer Gesundheitsleistung „als höchstem Gut“ (Hinz et al. 2010, S. 901ff.) die Leistung nicht passgenau an den medizinischen Notwendigkeiten sowie gleichzeitig an den Anforderungen und Lebensumständen des Patienten ausgerichtet wird. Gesundheit ist ein lebensnotwendiges, nicht käufliches Gut und auf Krankheit kann nicht wie auf andere Konsumgüter willentlich verzichtet werden. Krankheit ist ein nicht von dem einzelnen Individuum steuerbares Ereignis, sondern ein Lebensrisiko, und der Patient hat in der Regel nicht die Möglichkeit, Art, Zeitpunkt und Umfang der in Anspruch zu nehmenden Gesundheitsleistungen selbst zu bestimmen. Außerdem ist der Patient im Allgemeinen nicht in der Lage, die ärztliche Tätigkeit fachkundig zu beurteilen und zu kontrollieren, was durch seinen emotionalen Zustand vor allem bei ernsthaften Erkrankungen noch verstärkt wird (Deppe 1997).
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A. Töpfer und G. Brabänder
„Das Gesundheitssystem der Zukunft wird sich auf dem Smartphone abspielen und nicht mehr in den Wartesälen der Kliniken oder Praxen“ (Rytina 2018). Beim Hauptstadtkongress (HSK) „Medizin und Gesundheit 2018“ in Berlin wurde diskutiert, wie Künstliche Intelligenz die Arbeit von Ärzten ersetzen bzw. ergänzen kann. Dabei wurde die auf KI beruhende Online-Präsenz „Ada App“ vorgestellt, die nach Eingabe von erkennbaren Symptomen Verdachtsdiagnosen abgeben kann und Zugriff auf eine medizinische Datenbank liefert. „One-Life“ gibt mit ihrer App werdenden Müttern und jungen Eltern Tipps zu gesundem Verhalten und zur Arzt-Patienten-Kommunikation. Die großen Fortschritte der Digitalisierung haben ein Bündel von Technologien zunächst für die Realisierung der Industrie 4.0 erbracht und spielen mittlerweile eine zunehmend größere Rolle bei Dienstleistungen und damit auch im Healthcare-Bereich. Zentrale Komponenten der Digitalisierung sind hier der durchgängige Einsatz von Sensoren, der Ausbau der Mensch-Computer-Interaktion, die Nutzung mobiler Endgeräte (mHealth), die BigData-Technologien und der Einsatz des Maschinenlernens. Zusätzlich hat der Einsatz von Robotern und von Künstlicher Intelligenz deutlich zugenommen. Apple hat aktuell seine Computeruhr mit erweiterten Gesundheitsfunktionen auf den Markt gebracht. Damit lassen sich mittels Bewegungssensoren z. B. ein Sturz des Trägers oder mittels einer EKG-Funktion Einschränkungen der Herzleistung erkennen. In den USA ist die Apple-Watch bereits von der US-Gesundheitsaufsicht FDA als Medizinprodukt zugelassen worden. Mit den Kombinationen geeigneter Komponenten der jeweiligen Technologien lassen sich Qualität und Wert von Gesundheitsleistungen steigern und Unternehmen können schneller auf Marktentwicklungen und den Wettbewerb reagieren. Ein Beispiel für die Kombination von Technologien stellt die Smartphone-Plattform MEUM der chinesischen Firma iCarbonX dar, die aus Sensor-Daten auf der Haut, aus Gensequenzierungen und aus weiteren Informationen über den Nutzer ein möglichst exaktes Gesundheitsprofil errechnet, dass nach eigenen Angaben mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 90 Prozent vorhergesagt werden kann, ob der Patient z. B. an Diabetes erkranken wird. Dies erlaubt eine frühzeitige spezielle Diagnostik und eine zielorientierte Prävention und Behandlung. Gesundheitsleistungen 4.0 bezeichnen die Verzahnung von bislang üblichen Gesundheitsleistungen, die im deutschen Gesundheitssystem von gesetzlichen und privaten Krankenkassen finanziert und von stationären und ambulanten Leistungserbringern erbracht werden, mit den Technologien der Digitalisierung. Im Unterschied zu den im persönlichen Kontakt erbrachten Gesundheitsleitungen können Gesundheitsleistungen 4.0 durch die
Individualisierung und Personalisierung – Gesundheitsleistungen 4.0
429
personelle, räumliche und zeitliche Trennbarkeit von Leistung und Leistungserbringer unter den Gegebenheiten der jeweiligen Wertschöpfungsprozesse und unter Einbezug aller Akteure erbracht werden. Damit entsteht das Potenzial, viele bestehende Wertschöpfungsketten in den drei Sektoren des Gesundheitswesens (stationär, ambulant und zuhause) zu verändern, neue entstehen zu lassen und so Leistungen bereitzustellen, die individuell an die Bedürfnisse und Lebensrealitäten des Patienten angepasst werden können. Durch die Digitalisierung können Wertschöpfungsketten in Form von Behandlungspfaden weitergedacht und verlängert werden, sodass vorher nicht-bekannte oder nicht-realisierbare Methoden und neue Geschäftsmodelle entstehen können. Somit können wesentlich mehr Optionen zur Verfügung stehen, Krankheiten individuell zu behandeln bzw. zu verhüten. Ein Beispiel hierfür ist in Deutschland das Wertschöpfungsnetzwerk „Gesundes Kinzigtal“ (Hildebrandt 2014), eine Kooperation von verschiedenen Haus-, Fach- und Klinikärzten, Psychotherapeuten, Pflege- und Reha-Einrichtungen. Es plant und koordiniert im Rahmen eines Vertrages zur integrierten Versorgung die Behandlung von Versicherten bestimmter Krankenkassen. Der Fokus des Geschäftsmodells liegt hier nicht auf inkrementalen Innovationen, sondern auf Innovationen, die neue Produktausprägungen in Verbindung mit neuen Geschäftsmodellen schaffen und die unter Nutzung innovativer Informations-, Kommunikations- und Big Data-Technologien auf Outcome, also auf konkrete Wirkung, statt auf eine Erhöhung der Leistungsmenge ausgerichtet sind. Das Netzwerk produziert positive Effekte nicht nur auf der Ebene der Wirtschaftlichkeit, sondern auch bei der Analyse von harten Ergebnisendpunkten, wie der Sterblichkeitsrate. Der Fokus liegt hier auf der konsequenten Integration des Patienten in die Leistungserstellung. Allerdings basiert das aktuell vorherrschende Verständnis von Individualisierung primär auf einem biomechanistischen Paradigma und steht im Kontrast zu einem biopsychosozialen Verständnis, bei dem neben den biomedizinischen auch die psychosozialen Komponenten eine zentrale Rolle spielen (Kollek 2012). Die bisher in der Literatur vorliegende Begriffsvielfalt von auf den einzelnen Patienten bezogenen Gesundheitsleistungen sowie eine damit einhergehende Begriffsunschärfe wollen wir auf die folgende Weise überwinden (Töpfer/Brabänder 2018): Als Individualisierung von Gesundheitsleistungen bezeichnen wir den generellen konzeptionellen Ansatz einer Ausrichtung auf Individuen einer vergleichbaren Gruppe zur Überwindung einer unspezifischen Standardisierung. Eine Personalisierung ist dann weiterführend die noch stärkere Differenzierung als konkrete Umsetzung auf den einzelnen Patienten mit seinem spezifischen Krankheitsbild und seinen persönlichen Lebensumständen. Die bisher häufiger verwendeten Begriffe Stratifizierung und Präzisionsmedizin fokussieren weniger auf die ethisch-moralische Grundeinstellung und den konzeptionellen Ansatz. Vielmehr stellen sie in den Mittelpunkt, durch neueste Diagnostik und den nach-
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A. Töpfer und G. Brabänder
folgenden Einsatz neuer, auf die Merkmale des einzelnen Patienten oder bestimmter Patientengruppen ausgerichteter Diagnose- und Therapieverfahren die Effektivität der Behandlung zu steigern, unerwünschte Nebeneffekte zu vermeiden und die Kosten zu reduzieren. In unserer Systematik sind unter einer Stratifizierung also notwendige, aber für eine umfassende Patientenorientierung nicht hinreichende Diagnose- und Behandlungsmethoden zu verstehen, die im Rahmen einer Individualisierung und Personalisierung als Optionen genutzt werden können, also: „The right treatment for the right person at the right time“ (Krömer 2012). Ein Beispiel für die Individualisierung von Diagnoseverfahren für immobile und bettlägerige Patienten stellt die Kooperation des Loretto-Krankenhauses in Freiburg mit dem Medizintechnik-Unternehmen Siemens Healthineers dar: Mit dem 32-Zeilen CT „Somatom go.Up“ und dem digitalen Röntgengerät „YsioMax“ von Siemens Healthineers werden durch eine hohe Flexibilität bei der Positionierung ein Höchstmaß an Untersuchungskomfort sowie kürzere Untersuchungszeiten für immobile Patienten erreicht. Eine geringere Strahlenbelastung lässt sich damit zugleich erzielen. Die fachliche Auswertung erfolgt durch die telemedizinische Anbindung an die Klinik für Diagnostische Radiologie im St. Josefskrankenhaus in Freiburg. Ziel einer Individualisierung und Personalisierung von Gesundheitsleistungen ist somit – entsprechend der gängigen betriebswirtschaftlichen Definition – die Bereitstellung von Leistungsbündeln (Engelhardt et al. 1993) unter Einsatz von innovativen digitalen Technologien. Damit können auf spezifische medizinische, pflegerische und persönliche Bedürfnisse und Lebensumstände zugeschnittene Angebote offeriert werden, die sich über alle maßgeblichen Kontaktpunkte des Patienten im Präventions-, Diagnose- und Behandlungs- sowie Pflegeprozess erstrecken können und – auf der Basis von Empathie und ethischer Klarheit – die Gesundung des Patienten anstreben. In anderen Branchen wie im Konsumgüter- und im Investitionsgüterbereich ist die Individualisierung schon seit Anfang der 1990er Jahre und damit seit längerem eine Strategieoption und hat zu einer Steigerung der Kundenzufriedenheit sowie zum Erlangen von Wettbewerbsvorteilen geführt und sich dadurch bewährt (Becker 2006) (vgl. auch Abschnitt 2.1).
1.2 Wertschöpfung im Gesundheitswesen – Individualisierung und Personalisierung als spezifische Patientenorientierung Generell wird die Wertschöpfung einer Dienstleistung in der unmittelbaren Interaktion des Adressaten mit dem Anbieter erbracht; zusätzlich ist die Wertschöpfung aber auch aus den Perspektiven anderer Anspruchsgruppen zu beurteilen. Das deutsche Gesundheitswesen ist gekennzeichnet durch die Finanzierung der Leistungen über die Solidargemeinschaft der Versicherten, durch einen hohen medizinischen Versorgungsstandard, durch eine freie
Individualisierung und Personalisierung – Gesundheitsleistungen 4.0
431
Arztwahl und einen universellen Krankenversicherungsschutz. Die Hauptakteure im deutschen Gesundheitssystem sind – als Leistungsempfänger die versicherten Personen und im Krankheitsfalle die Patienten, als Leistungsfinanzierer, also Kostenträger, die Krankenversicherungen sowie als Anbieter von Leistungen die stationären und ambulanten Ärzte und Therapeuten – und sie bilden somit ein komplexes Dreiecksverhältnis. Dadurch entstehen sehr komplexe Kunden- und Anspruchsgruppenbeziehungen, die eine Anpassung der klassischen Ansätze des Managements von Kundenbeziehungen nötig machen (Tscheulin/Dietrich 2010). Eine Änderung des klassischen Marketingmix wird alleine schon dadurch notwendig, dass die Patienten in der Regel nicht die Preise kennen, da diese von den Leistungserbringern und Kostenträgern ausgehandelt werden. Dadurch kann es schnell zu einer Anspruchsinflation kommen, die die Kosten im Gesundheitssystem weiter nach oben treiben. Zusätzlich ist gerade im Gesundheitssektor als zentrale Dienstleistungsbranche der Service zumindest ein gleich wichtiger selbständiger Marketingmix-Bereich neben den anderen vier klassischen Bereichen (Töpfer 2017, S. 460). Daraus resultieren viele Regulierungen für die Leistungsanbieter, sowohl was die Erlaubnis zur Leistungserbringung als auch die Leistung selbst in Bezug auf Qualitätssicherung und Wirtschaftlichkeit betrifft. Beispielsweise ist im §12 Sozialgesetzbuch (SGB V) – im so genannten WANZ-Prinzip – geregelt, dass Leistungen, die von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen. Darüber hinaus haben sie das Maß des Notwendigen nicht zu überschreiten. Aus diesen Gründen sehen sich die Leistungserbringer einer Vielzahl von externen Ansprüchen und Anforderungen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Qualität gegenüber. Ein Beispiel für den zusätzlichen Nutzen für die Anspruchsgruppen stellt der Einsatz von navigierter Tumorchirurgie mit dem robotergestützten Kameraführungssystem SOLOASSIST dar; es ist deutlich kleiner und mobiler als das Da Vinci System. Für den Patienten resultieren daraus mehr Sicherheit und eine schnellere Rehabilitation, für die Krankenversicherungen als Kostenträger weniger Nebenwirkungen und weniger Krankheitstage, die sonst kostensteigernd wirken (Traub et al. 2018). Durch die Individualisierung als generelle konzeptionelle Ausrichtung auf Individuen und die sich daran anschließende konkrete Personalisierung des Behandlungspfades für den einzelnen Patienten lassen sich zumindest teilweise wesentliche Erwartungen und Anforderungen anderer relevanter Akteure befriedigen. Insbesondere für den Patienten als wichtigsten Adressaten stellt dann die Personalisierung eine so genannte „Unique Customer Value Proposition“ dar, als ein einzigartiges kundenwertorientiertes Leistungsversprechen (Töpfer 2007, S. 552), das auch für das Unternehmen wertsteigernd ist. Aber nicht nur aus wettbewerblichen Gründen ist die Individualisierung und Personalisierung der Leistung wesentlich, sondern auch medizinische und juristische Anforderungen
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begründen das Recht des Patienten auf individuelle Behandlung und auf die Berücksichtigung persönlicher Präferenzen. Da oft die vorläufige und die endgültige Diagnose nicht übereinstimmen, ist der Arzt vertraglich verpflichtet, im Rahmen der Behandlung die ursprünglich gestellte Diagnose fortlaufend zu überprüfen und anzupassen. Das Selbstbestimmungsrecht und der geäußerte Wille des Patienten sind ebenfalls entscheidend und nicht nur die medizinische Indikation (Laufs 2010). Auch Mediziner selbst sprechen sich für mehr Individualisierung aus. Die ärztlichen Behandlungsleitlinien seien zu einem „akademischen Selbstzweck“ geworden. Nötig sei es, eine Brücke zu schlagen zwischen dem individuellen Anspruch des Patienten und dem wissenschaftlichen Standard (Staeck 2019). Über die Patientenzufriedenheit lassen sich die Fallzahlen sowie der Umsatz und Gewinn steigern. Daraus resultiert auch eine höhere Attraktivität für die dort Beschäftigten als engagierte, umfassend qualifizierte und leistungsstarke Mitarbeitende sowie ebenfalls für Partner. Auf dieser Basis lassen sich Wertschöpfungsnetzwerke aufbauen, die eine hohe Reaktionsfähigkeit am Markt ermöglichen und auch den Krankenversicherungen Vorteile verschaffen. Hohe Patientenzufriedenheit und -bindung sowie ein hohes medizinisches Niveau führen am Markt zu Wettbewerbsvorteilen und für Kapitalgeber der Krankenversicherungen zu Überschüssen, die zur Schaffung weiterer neuer Wertschöpfungspotenziale eingesetzt werden können. Legt man, wie in anderen Branchen längst üblich, auch bei Gesundheitsleistungen eine deutlich höhere Kunden- bzw. Patientennähe als wesentliches Qualitätskriterium zugrunde, dann stellen sich für einen Anbieter von Gesundheitsleistungen im wettbewerblichen Umfeld die folgenden drei Fragen:
2.
Wie kann eine Gesundheitsleistung so gestaltet werden, dass sie dem Patienten als Individuum sowie anderen relevanten Akteuren als Stakeholdergruppen einen wahrnehmbar höheren physischen und psychischen Nutzen bietet? Wie kann eine solche Leistung im deutschen Gesundheitssystem vor dem Hintergrund von DRGs als Fallpauschalen und von Budgetierungen der Leistungserbringer wirtschaftlich produziert werden? Welche Erfolgsmodelle und Barrieren gibt es bzw. sind zu erwarten?
Übertragung des Mass-Customization-Ansatzes auf Gesundheitsleistungen
2.1 Mass-Customization-Ansatz Für die Individualisierung von Produkten hat sich in vielen Branchen bereits der MassCustomization-Ansatz bewährt. Der Ausdruck ist ein Oxymoron, das die gegensätzlichen
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Begriffe Standardisierung – Mass (Production) – und Individualisierung – Customization – miteinander verbindet und die Herstellung von Gütern nach den individuellen Wünschen der Kunden mit (fast) der gleichen Effizienz einer Massenproduktion bewirkt (Pine 1999). Mass Customization ist ein Produktionskonzept, das speziell für die Unterstützung hybrider Strategien entwickelt wurde, es strebt gleichzeitig die beiden Erfolgsfaktoren Kostengünstigkeit und hohen Kundenutzen durch Vielfalt an (Corsten 1998). Zunächst für Sachleistungen entwickelt, liegen mittlerweile auch Untersuchungen für die Anwendung des Ansatzes im Dienstleistungsbereich (Piller/Meier 2001) und im Gesundheitsbereich (Linke 2011) vor. In dem Maße, in dem eine Individualisierung durch Dienstleistungen zunimmt, können durch den Anbieter eher Wettbewerbsvorteile in den Teilleistungen realisiert werden (Töpfer/Brabänder 2018). Wesentlicher Treiber für die Entwicklung und Umsetzung des Mass-Customization-Ansatzes ist heute – unter Beachtung der Kostenaspekte – die dynamische Entwicklung der Digitalisierungstechnologien (Piller 2006) und die Verwendung von Cyber-Physischen Systemen (CPS). Darunter sind Technologien zu verstehen, mit denen die Lücke zwischen der virtuellen und der realen Welt geschlossen werden kann und die in der Lage sind, mit Menschen und Dingen zu interagieren (Bruhn/Hadwich 2017). Cyber-Physische Systeme stellen in Verbindung mit dem Cloud Computing (d. h. Ressourcen der Informationstechnik werden über Netzwerke bereitgestellt) eine Querschnittstechnologie für unterschiedliche Einsatzgebiete wie Prävention, Diagnose, Therapie und Pflege dar, mit denen Leistungen virtualisiert, ubiquitär, in Echtzeit erbracht sowie multimedial gesteuert und kommuniziert werden können (acatech 2011). Auf diese Weise können bisher analoge Prozesse digitalisiert sowie neue, nur digital mögliche Prozesse und datengesteuerte Entscheidungsunterstützungssysteme eingesetzt werden, die es – unter Wahrung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen – ermöglichen, nutzensteigernde standardisierte sowie individualisierte Teilleistungen als Gesundheitsleistungen 4.0 miteinander zu verknüpfen. Im deutschen Gesundheitssystem gestaltet sich dies derzeit noch als schwierig, da der Datensicherheit der Patienten generell ein sehr hoher Stellenwert zugeschrieben wird und seit dem 25. Mai 2018 auch die neue Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union (EU-DSGVO) in Kraft getreten ist. Sie hat die Privatsphäre zu schützen, indem sie den Nutzern die Kontrolle über ihre personenbezogenen Daten zurückgibt. Leistungserbringer müssen die Einhaltung des Datenschutzes nachweisen, bei Verstößen gegen die Vorgaben gelten harte Sanktionen. Gesundheitsdaten gehören zu den besonderen Arten personenbezogener Daten. Grundsätzlich ist es nur erlaubt Daten zu erheben, die für die Behandlung nötig sind. Darüber hinausgehende Informationen und die Weitergabe an Dritte sind nur mit Einwilligung des Dateneigentümers, also des Patienten, zulässig. Die von Patienten erhaltenen Informationen unterliegen nicht nur dem Datenschutz, sondern auch der Verschwiegenheitspflicht. Beim Datenschutz geht es vor allem darum, wann und wie Daten von natürlichen Personen
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verarbeitet werden dürfen. Gerade bei der Personalisierten Medizin geht es um sehr sensible Daten, die nicht immer zu anonymisieren sind und die leicht mit anderen Daten sowie sonstigem Wissen abgeglichen werden können. Für die Entwicklung präziser personalisierter Therapien stellen sie aber gerade die Grundlage für die Behandlung dar. Während der Gesunde seine Daten nicht hergeben möchte, interessiert sich der Kranke weniger für den Datenschutz, sondern stimmt eher zu, wenn Daten ausgewertet werden und er die beste Behandlung erhält. Insofern entsteht hier sowohl für den Patienten als auch für den behandelnden Arzt ein Zielkonflikt, den es auf der Basis von Sachkompetenz und ethischer Klarheit – im besten Fall partizipativ und konsentiert – zu lösen gilt. Ziel des Datenschutzes ist eine digitale Souveränität mit dem Ziel, einen Ausgleich zwischen den Interessen des Eigentümers an Sicherheit und Privatheit und den Interessen der Anwender nach Austausch, Nutzen und Teilen der Daten. Die Voraussetzung dafür ist eine „Data Literacy“, gemeint ist ein kompetenter Umgang mit Daten in Bezug auf Datenzugriff und -nutzung, also die Fähigkeit, Daten „lesen“ zu können und für das eigene Handeln zu verstehen (Kuhn 2018). Die Datensicherheit betrifft dann die konkreten Maßnahmen, die zu treffen und einzuhalten sind, also wie die Sicherheit der Daten gewährleistet werden kann. Für die Datensicherheit hat das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahre 2008 ein branchenübergreifendes Computergrundrecht mit den Prinzipien der Datenverfügbarkeit, des Datenschutzes und der Datenintegrität formuliert (Töpfer 2019). Umsetzungsvorschriften und -vorschläge formulieren dann die Organe der Selbstverwaltung, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Kammern der Ärzte und Therapeuten. Die gesetzlichen Vorgaben zum Schutz der Daten erfordern erhebliche Investitionen in Datenschutz und Datensicherheit sowie in die Entwicklung ethischer digitaler Prinzipien in der Unternehmenskultur und in die Bereitstellung der entsprechenden Instrumente. Die Leistungserbringer im deutschen Gesundheitssystem sind nur z. T. dafür gerüstet. Die große Mehrheit von untersuchten Arztpraxen in Deutschland bietet Cyber-Kriminellen weitgehend ungeschützte Schwachstellen, obwohl die Ärzte sich selbst als geschützt sehen (Burghardt 2019). Auch Medizinprodukte können gehackt werden, dies haben Cyber-Crime-Szenarien wie das Hacking von Herzschrittmachern und Insulinpumpen gezeigt (Schlimpert 2018). Aber auch Krankenhäuser sind vermehrt CyberAttacken ausgesetzt, bei denen mit Trojanern Gesundheitsdateien verschlüsselt werden mit der Drohung, sie zu veröffentlichen oder sogar zu verändern. Die Gesundheitsdaten sind wertvoll, weil sie Unangenehmes für Patienten enthalten und diese dadurch Nachteile haben könnten, z. B. bei Versicherungen oder beim Arbeitgeber (Schwinn 2019). Weitere wesentliche Gestaltungselemente des Mass-Customization-Ansatzes sind die stärkere Einbindung des Patienten in die Leistungserstellung mit dem Ziel einer gemeinsamen Wertschöpfung sowie die Modularisierung der Leistungsprozesse und die Koordination der einzelnen Teilleistungen in einen durchgängigen personalisierten Prozess. Diese Gestaltungselemente, die rechtlichen und ethisch-moralischen Anforderungen an
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die Leistung selbst sowie an deren Erbringer erfordern besondere Fähigkeiten und das Einfühlungsvermögen der Mitarbeitenden. Hinzu kommt, dass sich wegen der Beschränkungen durch die Budgetierungen im deutschen Gesundheitswesen keine höheren Preise erzielen lassen, sodass die personalisierten Leistungen mindestens kostendeckend erbracht werden müssen. Die individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) sind dabei nicht Gegenstand der Betrachtung, weil nach Ansicht des Gemeinsamen Bundesausschuss kein ausreichender Nutzen belegt ist und/oder die Leistungen außerhalb des Versorgungsumfangs gesetzlicher Krankenversicherungen liegen. Sie können nur als Zusatzleistungen privat abgerechnet werden. Vor dem Hintergrund der derzeitigen schnellen Entwicklung der digitalen Technologien und ihrer Anwendbarkeit im Gesundheitswesen erscheint die Forschung, bezogen auf die Übertragbarkeit des Mass-Customization-Ansatzes, auf Gesundheitsleistungen als vielversprechend.
2.2 Integration des Patienten in den Leistungserstellungsprozess Zunächst wurde die Kundenbeteiligung primär als wesentlicher Einflussfaktor für die Kostensenkung durch die Produktivitätssteigerung betrachtet. Inzwischen hat sie sich zu einem koordinierten Managementansatz entwickelt, in dem die Kundenintegration als ein Instrument des Relationship Marketing eingesetzt wird und durch die Erschließung von implizitem Wissen zu einem wichtigen Treiber im Innovationsprozess geworden ist (Bruhn/Stauss 2009). Kundenintegration lässt sich definieren als „aktive Teilnahme des Nachfragers an einer vertraglich vereinbarten Leistungserstellung durch Einbringung externer Faktoren bzw. Übernahme von Teilleistungen, sodass die Leistungsaktivitäten des Anbieters beeinflusst bzw. partiell ersetzt werden“ (Büttgen 2007). Diese Definition lässt sich auf Gesundheitsleistungen übertragen, mit dem Zusatz, dass die Leistungsaktivitäten in einem höheren Maße als bei anderen Dienstleistungen wegen der Besonderheit des Gutes den Anforderungen an Empathie und an gesetzlichen Regelungen genügen müssen sowie transparent in jedem Schritt einen Patientennutzen adressieren müssen. Ein zentrales Element des Mass-Customization-Ansatzes stellt die möglichst umfassende Einbeziehung des Patienten in die Planung und Durchführung der Diagnose- und Behandlungsprozesse zur gemeinsamen Planung und Durchführung eines personalisierten Behandlungspfades dar. Die aktive Mitwirkung fördert die Beziehung zwischen Anbieter und Patient im Sinne einer spezifischen Patientenorientierung. Die Grundlage dafür ist eine gemeinsame Entscheidungsfindung zwischen Arzt und Patient, das „Shared Decision Making“ (SDM). Darunter versteht man einen Interaktionsprozess zwischen Patient und Arzt mit dem Ziel, unter aktiver Beteiligung des Patienten auf Basis geteilter Informationen, bezogen auf die vom Arzt vorgeschlagenen Behandlungsoptionen, zu einer gemeinsam verantworteten Übereinkunft zu kommen (Simon/Härter 2010). Allerdings haben Studien gezeigt, dass die Erwartungen an SDM ebenso wie die an das aus Nordamerika importierte Konzept „Choosing wisely“ sich einerseits bislang nicht vollständig haben
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erfüllen lassen und, dass die Ärzteschaft von einer souveränen Übernahme der Grundprinzipien professioneller Gesprächsführung und Kommunikation z. T. weit entfernt ist. Andererseits lässt sich der Widerstand von Patienten in Form von Non-Compliance auch als Ausdruck des Strebens nach Autonomie deuten. Dieses Verhalten wird dann erst mit einem umfassenden Blick auf den Patienten als handelndes Subjekt interpretierbar (Schmacke 2018). Dies betont einmal mehr die Bedeutung der Empathie für den gesamten Integrationsprozess. Ausdruck einer aktiven Rolle von Patienten findet sich im Open Innovation-Ansatz, einer Form der interaktiven Wertschöpfung von Konsumenten und Produzenten. Er beschreibt den Innovationsprozess als einen „vielschichtigen offenen Such- und Lösungsprozess, der zwischen mehreren Akteuren über die Unternehmensgrenzen hinweg abläuft“ (Reichwald/Piller 2009.) Durch die Vernetzung auf Internet-Plattformen findet der Ansatz auch im Gesundheitswesen Anwendung (Schmidt 2017). Die Integration führt zu Patientenbindung und ermöglicht dem Anbieter Zugang zu dem impliziten Patientenwissen als Customer Insights über das Befinden und Verhalten des Patienten (PwC Research Institute 2018) sowie zu Rückmeldungen, aus denen Verbesserungsprozesse und Innovationen entwickelt werden können. Die besondere Rolle der Integration des Patienten trägt den gesetzlichen Forderungen in Deutschland (Patientenrechtegesetz) Rechnung und steigert dadurch die Bereitschaft des Patienten zur Verantwortungsübernahme für den gesamten Verlauf. Dies erhöht die Chancen auf ein besseres Krankheitsverständnis und mehr Kontrolle über die Gesundheitsleistung. Ein Beispiel für eine gelungene Integration von Patienten und Angehörigen: Das „Rapid Recovery Programm“ für den Hüft- oder Kniegelenkersatz wurde entwickelt, um alle Aspekte der Patientenversorgung von der präoperativen Untersuchung bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus und darüber hinaus zu optimieren. Dank des Programms kann die durchschnittliche Dauer des Krankenhausaufenthalts trotz individueller Behandlung eines jeden Patienten reduziert werden. Noch vor ihrer Einweisung ins Krankenhaus nehmen die Patienten an einer Schulung teil. Sie haben die Möglichkeit, einen Verwandten oder Freund mitzubringen, der ihnen als Coach helfen und zur Seite stehen wird. Es werden Informationen zu allen Aspekten des Gelenkersatzeingriffs gegeben und die Patienten können Fragen stellen. Sie lernen alle Mitglieder des Behandlungsteams kennen. Das verringert Ängste und Sorgen darüber, was die Operation mit sich bringen wird. Die Patienten werden ermutigt, selbst Verantwortung für ihren Heilerfolg zu übernehmen und aktiv daran mitzuwirken. Entscheidend ist dabei, konsequent die Patientenperspektive einzunehmen und darauf zu fokussieren, inwieweit die jeweils geplanten Maßnahmen einen zusätzlichen Nutzen für den Patienten liefern (Linke/Heitmann 2016).
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Eine noch weitergehende Integration des Patienten stellt das Projekt „Open Notes“ dar, bei dem Patienten Zugriff auf ihre Befunde und die Notizen des Arztes zu ihrer Erkrankung erhalten (Esch et al. 2015). Dies führt zu mehr zusätzlichen Informationen für den Patienten und im besten Fall – wenn dies nicht als erweiterte Kontrollmöglichkeiten verstanden wird – zum Aufbau von Vertrauen. Eine konsequente und umfassende Integration des Patienten wirkt sich also generell positiv auf die Patientenströme und damit Fallzahlsteigerungen aus und ist deshalb ein zentraler Ansatzpunkt zum Aufbau und Ausbau strategischer Wettbewerbsvorteile.
2.3 Modularisierung der Leistung von Prozess und Organisation Grundlage für die Individualisierung der einzelnen Gesundheitsleistung ist die Analyse der Wertschöpfungskette „Behandlungspfad“ als strategischer Rahmen zur Ermittlung und Realisierung potenzieller Wettbewerbsvorteile (Osterloh/Frost 2006). Da im deutschen Gesundheitssystem die Leistungen größtenteils in voneinander getrennten Sektoren, stationär und ambulant, erbracht werden, ist für die Analyse des Individualisierungspotenzials eine integrierte und kostenorientierte Betrachtung nötig. Als weitere Instrumente zur Entwicklung innovativer Diagnose-, Behandlungs- und Pflegeleistungen können z. B. auch Design Thinking und Living Labs eingesetzt werden. Das Design Thinking ist eine spezielle, teambasierte Kreativitäts- und Problemlösungsmethode, die sich auf Empathie für Patienten, Neuformulierung von Problemstellungen und die Gestaltung verschiedener Lösungsideen fokussiert, die zügig mit und an Patienten getestet und evaluiert werden können (Pferzinger/Rammerstorfer 2017). Damit können Patienten frühzeitig an der Entwicklung von innovativen Diagnose- und Therapieprozessen partizipieren, was wiederum die Integration in den Behandlungsprozess und die eigene Verantwortungsübernahme steigert. Unter Living Labs versteht man eine noch weitergehende Einbeziehung der Nutzer in den Entwicklungs-, Test- und Evaluierungsprozess, dadurch, dass der Anwendungsbezug unter realitätsnahen Bedingungen getestet und weiterentwickelt werden kann. Die Verfügbarkeit und Vernetzung verschiedener Sensoren erlauben es, Bewegungs- und Vitaldaten sowie weitere Daten von Personen zu erfassen, um daraufhin Assistenzfunktionen oder Dienstleistungen zu realisieren (Kunhardt 2018). Während die Standardisierung von Behandlungspfaden das Ziel verfolgt, Varianten möglichst zu vermeiden, hat die Individualisierung und Personalisierung genau das entgegengesetzte Ziel, nämlich die Aufbau- und Ablauforganisation für die Konfiguration von werthaltigen Varianten auszustatten und zu befähigen. Dies lässt sich durch eine Modularisierung der einzelnen Teilleistungen des Behandlungspfades erreichen. Die Modularisierung erfolgt durch die Dekomposition (Zerlegung) des standardisierten Behandlungspfades in zielführende Teilleistungen (Module) und durch die Hinzunahme von sinnvollen Varianten unter Verwendung von Digitalisierungstechnologien. Der konkrete personalisierte Behandlungspfad entsteht durch die Kombination der Module je nach medizinischer Notwendigkeit und nach den Anforderungen von Patienten. Varianten lassen sich bilden
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hinsichtlich Ort, Zeitpunkt, Leistungserbringer, Behandlungsmethoden, Vergütungsformen und dem Ausmaß der Eigenbeteiligung (siehe Abbildung 1). Koordination/ Prozessverantwortlicher
Q
Krankenhäuser, Niedergelassene, Medizinische Versorgungszentren, Ärztenetze Sektorenintern, -extern, -übergreifend, organisationsintern, -extern, -übergreifend
Teilleistung A
Ort
Teilleistung B
Operativ
Zeitpunkt
Akteur
Stratifiziert Konventionell
= Quality Gates DRG = Diagnosis Related Group DMP = Disease Management Q = Qualität Programm Z = Zeit GKV = Gesetzliche K = Kosten Krankenversicherung I = Innovation
Teilleistung C
Selbstzahler
Ambulant
Z
Teilleistung D
Delegation
GKV
Konservativ
Legende
Abbildung 1:
Vertikale, horizontale, laterale Kooperationen, Outsourcing von NichtKernkompetenzen
Kernprozess/ Pfad/ DRG/ DMP Prävention/ Nachsorge – Medizinisch/ Pflegerisch/ Individuelle Leistungen
K
Telemedizin
Substitution
Stationär
I
Systematisches Raster für eine Personalisierung von Gesundheitsleistungen
Als wesentlicher intern gerichteter Werttreiber ist auf der Basis von Investitionen in leistungsfähige Kostenrechnungssysteme eine Prozessorganisation mit ergebnisverantwortlichen Einheiten zu etablieren, die klare Schnittstellenregelungen an den Quality Gates aufweist (Töpfer 2007; Schmitt/Pfeifer 2010; Timinger 2017). An diesen „Qualitätstoren“ werden die vorab festgelegten Anforderungen an die Qualität in inhaltlicher, zeitlicher und kostenmäßiger Hinsicht geprüft und umfänglich bezogen auf das geforderte Ergebnisniveau bewertet.
2.4 Bildung von Varianten Die Bildung von Varianten erfolgt auf der Basis von bereits standardisierten Behandlungspfaden oder von Disease Management-Programmen. Dazu stehen mehrere aufbau- und ablauforganisatorische Möglichkeiten bzw. Methoden zur Verfügung, die sich durch die
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Technologien der Digitalisierung erheblich ausbauen und erweitern lassen. Damit erhöhen sich die Chancen für weitere Individualisierungen und Personalisierungen sowie auf die damit verbundenen Wirkungen.
2.4.1 Innovative Diagnose- und Behandlungsmethoden Für patientenspezifische Gesundheitsleistungen ist seit einigen Jahren die bereits vorstehend angesprochene Stratifizierung und Präzisionsmedizin als Therapieoption in der Diskussion. Ihr Ziel ist es, durch neueste Diagnostik und den anschließenden Einsatz neuer, auf die Merkmale des einzelnen Patienten oder einzelner Patientengruppen ausgerichteter Therapieverfahren die Effektivität der Behandlung zu steigern, unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden und die Kosten zu reduzieren. Beispiele aus unterschiedlichen medizinischen Fachgebieten:
Onkologie: Die Behandlung von Akuter Lymphatischer Leukämie bei Kindern und einer speziellen Form von Lymphomen kann mittels CAR-T, also der Entwicklung von „chimären Antigen-Rezeptoren“, für jeden Patienten individuell durchgeführt werden. Damit lassen sich Leukämiezellen erkennen und abtöten. Erste Ergebnisse zeigen z. T. eine vollständige Remission und das Fehlen sichtbarer Tumorzeichen im Computertomogramm (Chustecka 2013). Innere Medizin: Es gibt neue Therapieoptionen mit monoklonalen Antikörpern für Patienten mit Colitis Ulcerosa und Morbus Crohn. Wenn Patienten nicht auf Standardtherapien ansprechen, können diese neuen Therapieoptionen als Alternativen zur operativen Behandlung dienen (Eckert 2014). Kardiologie: Mit einer neuen EKG-basierten Vorhersagemethode aus dem Universitäts-Herzzentrum Freiburg/Bad Krozingen lässt sich das Schlaganfallrisiko eines Patienten deutlich früher als bisher ermitteln. Nach den Studien der Forscher korreliert das Risiko für einen Schlaganfall mit einer elektrischen Leistungsverzögerung, die mit dem Elektrokardiogramm (EKG) ermittelt werden kann. Diese Methode ermöglicht die Erkennung potenziell gefährdeter Personen und damit auch eine frühzeitige präventive Therapie (Ärzte Zeitung online 2019). Radioonkologie: Die Extrakranielle Stereotaktische Bestrahlung ist eine Präzisionsbestrahlung für frühe Stadien eines Bronchialkarzinoms und einzelne Lungenund Lebermetastasen, bei der nur wenige Therapiesitzungen ausreichen und damit mit weniger Belastung verbunden sind.
Bei diesen Methoden gibt es allerdings einige Einschränkungen. So existieren bislang nur relativ wenig Erkrankungen, die mit diesen Methoden zu behandeln sind, da für viele Erkrankungen eine hohe Komplexität von unterschiedlichen genetischen Merkmalen, von Umwelteinflüssen und von persönlichen Faktoren für den Ausbruch und den Verlauf relevant sind. Außerdem besteht noch ein Mangel an hochwertigen Testverfahren für das
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Erkrankungsrisiko. Bevor im deutschen Gesundheitssystem die Kosten von den Krankenversicherungen übernommen werden, müssen die Verfahren ihren klinischen Nutzen unter Beweis stellen. Bei den relativ kleinen Fallzahlen ist dies mit statistisch belegbarer Evidenz schwierig. Insofern ist die Anzahl der verwendeten Verfahren bislang überschaubar. Allerdings ist aufgrund der Digitalisierung und der Verfügbarkeit von Big Data eine erhebliche Steigerung zu beobachten. Ein weiterer wichtiger Ansatz innovativer Methoden besteht darin, durch die Untersuchung des genetischen Risikos und der Überwachung spezifischer Biomarker – also von messbaren Parametern biologischer Prozesse – einen Wirkstoff schon vor dem Ausbruch einer Erkrankung einzusetzen, um möglichst frühe Zeitfenster für das Eingreifen nutzen zu können, also durch Disease Interception früher zu überwachen und abzuwehren. Ein Beispiel für die Bedeutung der Genforschung und den Stellenwert der translationalen – also auf eine schnelle und umfassende Verbreitung abzielende – Ausrichtung für zukünftige zielgerichtete Behandlungsmethoden von schweren depressiven Erkrankungen stellt die Entdeckung von 30 neuen genetischen Varianten dar, die mit Depressionen in Verbindung stehen. Auf der Basis weiterer Forschung sind wirksamere und nebenwirkungsärmere Medikamente für bestimmte Patientengruppen zu erwarten (Wray/Ripke 2018). Als wichtige intern gerichtete Werttreiber lassen sich Partnerschaften mit Medizintechnik-, Pharma- und Technologieunternehmen anführen, die Full-Service-Lösungen zur Verfügung stellen können, um den gesamten Behandlungspfad zu optimieren sowie generell die Investition in eine translationale Ausrichtung zu identifizieren. Regenerative Behandlungsmethoden werden für den einzelnen Patienten individuell zusammengestellt und vor Ort in der Klinik angewendet. Deshalb ist die räumliche Nähe zwischen Produktion und Anwendung, zwischen Pharmaunternehmen, Labors und Kliniken wichtig. Parallel dazu müssen ethische Standards klar vom Unternehmen, den Führungskräften sowie den einbezogenen Mitarbeitenden gelebt und nach außen kommuniziert werden, damit Patienten sich nicht als Versuchspersonen anonymer Pharmaunternehmen empfinden. Als extern gerichtete Erfolgsfaktoren erhalten Patienten größere Wahlmöglichkeiten zwischen konventionellen und innovativen Verfahren mit gezielten und z. T. auch nebenwirkungsärmeren Behandlungsmöglichkeiten.
2.4.2 Telemedizinische Anwendungen Die Eigenschaft von Gesundheitsleistungen 4.0, ohne zeitliche Verzögerungen und ortsunabhängig mit Telemedizin erbracht werden zu können, ergibt einen großen Spielraum für innovative Gestaltungsoptionen an allen Stellen der Wertschöpfungskette und zwar sowohl als Potenzialfaktor für eine prozessorientierte Organisationsgestaltung als auch als Anwendungstool für eine Produktivitätssteigerung.
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Beispielsweise können bestimmte klassische verhaltenstherapeutische Behandlungsverfahren bei nachgewiesener Wirksamkeit auch online durchgeführt werden. Sie haben einen Nutzen besonders für internet-affine oder für mobilitätsbeschränkte Nutzer und können bei großer räumlicher Entfernung zu einem Psychotherapeuten oder von Menschen mit Kontaktstörungen eingesetzt werden. Durch den Austausch gültiger Informationen über räumliche und/oder zeitliche Distanzen zwischen den zur Lösung des medizinischen Problems involvierten Leistungserbringern und den Patienten lassen sich Diagnostik und Therapie gezielter auf bestimmte Personengruppen abstimmen und die Behandlung patientenbezogen feinsteuern. Patienten erfahren eine Nutzensteigerung durch eine schnellere Rückmeldung ihrer Daten und ihres Gesundheitsstatus. Die mit der Sammlung und Verwertung von Daten verbundenen Probleme lassen sich mit der Blockchain-Technologie lösen, mit der ein System aufgebaut werden könnte, das alle medizinischen Daten sammelt und nur vom Eigentümer der Daten für bestimmte Nutzer sowie zu bestimmten Zeitpunkten freigegeben werden kann (Bartling 2019). Blockchain-Daten, also Daten, die nicht zentral gespeichert werden, sondern auf einer Vielzahl von Computern, sind immer komplett, genau, vertrauenswürdig und breit verfügbar (Bogdan 2018). Es wäre dann nicht mehr möglich, dass Daten ohne das Wissen von Patienten für andere Zwecke genutzt werden. Patienten werden damit frühzeitig für ihre Symptome sensibilisiert und können sich mehr mit ihrer Erkrankung, den Behandlungsalternativen und der Gesundheitsleistung auseinandersetzen. Dies fördert die Adhärenz, also das Befolgen und Einhalten von Empfehlungen in dem Sinne, dass der Patient sich als aktiver Partner verstehen kann, dessen Zustimmung zu den ärztlichen und therapeutischen Empfehlungen nötig ist. Dadurch erhöhen sich die Chancen auf eine Steigerung der Behandlungsqualität. Die Externalisierung standardisierter anbieterseitiger Aktivitäten erhöht die Chancen für die Realisierung von Kostensenkungspotenzialen. Gut ausgewählte Patienten mit Herzinsuffizienz ziehen aus einer Fernüberwachung erheblichen Nutzen. Sie verbringen weniger Tage wegen Herzinsuffizienz im Krankenhaus und haben eine geringere Sterblichkeit. Das sind die Kernergebnisse der TIMHF2-Studie, an der 1.538 Patienten mit Herzinsuffizienz der NYHA-Stadien II/III aus 113 kardiologischen Praxen und Zentren sowie 87 Hausarztpraxen deutschlandweit teilnahmen (Grätzel von Grätz 2018). Allerdings gibt es auch einige Hindernisse, die es von der Politik und der Selbstverwaltung noch zu überwinden gilt. Auf der Seite der Leistungserbringer in Deutschland ist die Finanzierung wegen der noch fehlenden Abrechenbarkeit der Leistung nicht ausreichend
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gewährleistet. Für viele Ärzte entspricht diese Entwicklung außerdem nicht ihrer Vorstellung von einer Arzt-Patienten-Beziehung, in der persönliche Interaktion jetzt zumindest teilweise durch technische Lösungen ersetzt wird. Hinzu kommt, dass durch die notwendige Datenübertragung eine weitere Betrachtungsdimension erforderlich wird, die fest definierte Messpunkte und Schlüsselindikatoren (Key Performance Indicators) benötigt. Anwendungsbeispiele für telemedizinische Anwendungen aus dem Carus-Consilium in Dresden (Müller et al. 2017): (1) Telecoaching: Fernanwendung für die Versorgung und kontinuierliche Nachsorge von Patienten mit Herzschwäche (2) Telestroke: Casemanager organisieren die ambulante Nachsorge von Schlaganfallpatienten und nutzen die Plattform zur technischen Organisation der Zusammenarbeit. Ein wesentlicher Werttreiber für die Akzeptanz von Seiten der klinisch tätigen ärztlichen und nicht-ärztlichen Leistungserbringer ist es deshalb, diese zwei Personengruppen in die Entwicklung der Leistungen einzubinden, um Einfluss auf die Anwenderfreundlichkeit, die Anwendbarkeit und insbesondere auf den Umgang mit sensiblen Daten nehmen zu können und so die Herausforderungen der „digitalen Transformation“ proaktiv anzunehmen. Auf dem 121. Deutschen Ärztetag im Mai 2018 wurden konkrete Regelungen zum Fernbehandlungsverbot in der ärztlichen Berufsordnung diskutiert. Die Delegierten haben einer Änderung der ärztlichen Berufsordnung zugestimmt und das bisher geltende berufsrechtliche Verbot der ausschließlichen Fernbehandlung gelockert. Wesentliche konkrete Ergebnisse sind (Krüger-Brand 2018):
Eine ausschließliche Behandlung über Kommunikationsmedien ist im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt gewahrt bleibt sowie zudem der Patient entsprechend aufgeklärt wird. Es ist notwendig, dass die Fernbehandlung in die bestehenden Versorgungsstrukturen eingebunden wird. Fernbehandlung im vertragsärztlichen Sektor ist nur Vertragsärzten im Rahmen des Sicherstellungsauftrages gestattet. Der persönliche Arzt-Patienten-Kontakt stellt weiterhin den „Goldstandard“ des ärztlichen Handelns dar.
Die ersten Schritte dazu sind eingeleitet. Im April 2018 begann in einer Testregion Deutschlands das Fernbehandlungs-Pilotprojekt „DocDirekt“ mit einer Online-Sprechstunde, bei der Kassenpatienten mit einem Telearzt in Kontakt treten können. Das Projekt ist finanziert durch einen Strukturfonds der Krankenkassen. Es gibt dazu aber auch kritische Stimmen, die darauf hinweisen, dass Digitalisierung damit nicht für Patienten gedacht ist, sondern primär einen ökonomischen Aspekt hat. Da es künftig noch mehr Gemeinden ohne den normalen Hausarzt geben wird, kann die Telemedizin bei der
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Versorgung in diesen Gebieten eine wichtige Rolle übernehmen, so der neue Präsident der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt (Kaiser 2019). Durch Schnelligkeit und Ersetzbarkeit der ärztlichen Expertise lässt sich die betreffende Gesundheitsleistung zwar effizienter erbringen, aber für eine gute Diagnostik sei der persönliche, direkte Kontakt das geforderte Niveau. Das Deutsche Telemedizinportal bietet umfängliche Informationen zu telemedizinischen Projekten und zu telemedizinischen Leistungen.
2.4.3 Delegation und Substitution Als Delegation wird die zeitlich befristete oder unbefristete Übertragung von Tätigkeiten von einer Berufsgruppe auf eine andere bezeichnet, wobei die juristische Verantwortung prinzipiell bei der delegierenden Person verbleibt und es einen Nachweis der Befähigung des die Tätigkeit übernehmenden Mitarbeitenden bedarf. Substitution dagegen bezeichnet die vollständige und juristisch eigenverantwortliche Übernahme einer Tätigkeit. Delegation und Substitution bieten neue Möglichkeiten zum Einsatz von Pflegepersonal und von Nicht-Pflegepersonal aus ökonomischen Gründen, wegen des Fachkräftemangels und zur Entlastung des ärztlichen und pflegerischen Personals. Die Delegationsmöglichkeiten werden allerdings nicht in dem gleichen Maß genutzt werden können wie in der Industrie oder in anderen Dienstleistungsbranchen, da es zum einen um das hohe Gut der Gesundheit geht und zum anderen die berufsständischen Regelungen geändert werden müssten. Hinzu kommen bei fortschreitender Digitalisierung rechtliche Fragestellungen zu Verantwortung und Haftung beim Einsatz von Robotik und Künstlicher Intelligenz (Töpfer/Leffler 2018). Es wird in Zukunft möglicherweise sehr schnell der Tatbestand des Behandlungsfehlers erfüllt sein, wenn verfügbare digitale Technologien nicht genutzt werden (Müschenich/Wamprecht 2019). Delegation und Substitution sind dann besonders sinnvoll, wenn es auf Flexibilität und Schnelligkeit ankommt, wie es bei den zunehmend komplexer werdenden Erkrankungen der Fall ist. Dafür sind neben anderen Berufsgruppen auch technische Unterstützungs- und Assistenzsysteme geeignet. Sie können Transparenz in die Datenmenge bringen und das Wissen bereitstellen, das zur Diagnostik und zur Therapie notwendig ist, sowie spezifische Aufgaben übernehmen. Insgesamt können dadurch die Abläufe effizienter gestaltet und die Qualität der Versorgung erhöht werden. Ein Beispiel für die Verbesserung der Notfallversorgung durch Delegation und Substitution: Bei einer patientennah durchgeführten Diagnostik mit einfachen Geräten und hoher Therapierelevanz, die auch von Nicht-Laboranten durchgeführt werden kann, lässt sich insbesondere die Notfallversorgung effizient steuern. Dazu dienen kleine mobile Diagnosegeräte, die über eine App für das Smartphone gesteuert werden, nicht als Ersatz für teure Spezialgeräte, sondern um relevante Informationen für erste diagnostische Aussagen und Einsichten zu gewinnen (Zauner et al. 2018).
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So lassen sich mit Big Data-Technologien die exponentiell wachsenden Datenmengen – insbesondere klinische, epidemiologische, molekularbiologische, bildgebende und ökonomische – besser bewältigen, und es lassen sich Computermodelle mit Laborexperimenten verbinden, um neues Wissen zu generieren. Damit können wiederum bessere Modelle sowie neue Experimente und letztlich damit für den Behandler präzisere Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten für den einzelnen Patienten entwickelt werden. Durch den Einsatz von softwaregestützter Medizintechnik als Navigationssysteme lassen sich Operationsprozesse in kleinste Teilschritte zerlegen, die Schritt für Schritt abgearbeitet und gleichzeitig dokumentiert werden. Daraus resultiert eine wirtschaftlichere und sicherere Operationsleistung. Voraussetzung für die Auswahl der zu delegierenden/ substituierenden Teilleistungen ist die genaue Analyse des zu erzielenden Zusatznutzens für den Patienten sowie von Qualitäts-, Kosten-, Zeit- und Innovationsaspekten bzw. -vorteilen innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette. Beispiel aus der Onkologie: Der Onkologe kann mittels DataThereHouse auf Daten zugreifen, die verstreut an vielen unterschiedlichen Stellen vorliegen: Arztbriefe, pathologische Befunde, radiologische Untersuchungen, CTs, Sonografien, Biopsien, Blutproben, Daten aus der Gensequenzierung, aktuelle Forschungsliteratur. Mit Hilfe von maschinellem Lernen kann der Arzt auf der Basis einer Reihe von einheitlichen Auswertungskriterien dann schneller und einfacher zu Therapieentscheidungen für Patientengruppen mit bestimmten Indikationen oder für Einzelpatienten kommen. Beispiel aus der Psychiatrie: Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz können MRT-Bilder so ausgewertet werden, dass Ärzte in der Lage sind abzuschätzen, ob jemand mit einer ersten depressiven Episode an einer uni- oder bipolaren Depression leidet und wie gut jemand auf eine Elektrokrampftherapie anspricht. Dies bedeutet, dass sehr früh eine klare Therapieentscheidung möglich ist. Beispiele aus der Robotik: Einzelne Operations- und Unterstützungsprozesse können mit Brainlab – also einer Kombination von Soft- und Hardware zur Optimierung von Operationen – strukturiert, digitalisiert und automatisiert werden. Die Operationsschritte werden angesagt, abgearbeitet und gleichzeitig dokumentiert. Dadurch werden eine bessere Ergebnisqualität und eine höhere Wirtschaftlichkeit erreicht. Mit den Methoden der Virtual Reality (der Nutzer erlebt vollständig eine künstliche Welt) und der Augmented Reality (der Nutzer taucht in eine mit virtuellen Informationen ergänzte Realität ein) können komplexe Operationen detailliert geplant sowie direkt für eine intraoperative Unterstützung genutzt werden. Mit „SpectoVive“ lassen sich in Echtzeit Computertomografie-Daten in eine dreidimensionale virtuelle Umgebung umwandeln, die dem Operateur ein realistisches Bild der Umgebung gibt. Das Robotersystem „MicroSurge“ wurde entwickelt für den Einsatz bei minimalinvasiven Eingriffen. Die OP-Geräte werden von Roboterarmen gehalten und vom Chirurgen ferngesteuert. Das System liefert dabei nicht nur die optische Einsicht ins Operationsgebiet, sondern ermöglicht sogar ein haptisches Feedback.
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Pflegeleistungen profitieren ebenfalls von den Fortschritten der Robotik. Speziell die Pflege, in der der Fachkräftemangel zu Arbeitsverdichtung, zu vermehrter physischer und psychischer Belastung sowie zu einem Mangel an Fachkräften geführt hat, wird das Potenzial innovativer Robotertechnik verstärkt nutzen. Über elektronische Pflegeplanungs- und Dokumentationssysteme hinaus können mobile Roboter und fahrerlose Transportsysteme bei Routinetätigkeiten entlasten. Das Projekt „Servicerobotik zur Unterstützung bei personenbezogenen Dienstleistungen“ (SeRoDi), bietet einen Pflegewagen, der sich autonom bewegen, sich selbst befüllen und einen Teil der Dokumentation übernehmen kann und damit Personal entlastet sowie Zeit für zwischenmenschliche Tätigkeiten schafft (Schiller/Friedrich 2018). Auch pflegebedürftige Menschen selbst können intelligente Assistenzsysteme in den eigenen Räumen nutzen (Ambient Assisted Living), um ein selbstbestimmtes Leben so lange wie möglich zu führen. Ein Beispiel dafür ist das Projekt „AssistMobil“, ein Rollstuhl, der Treppen bewältigen und auch als Fahrersitz in ein Auto integriert werden kann. Alle Wege des Alltags können ohne Umsteigen und ohne die Hilfe einer zweiten Person bewältigt werden (Wolf et al. 2017). Extern gerichtete Erfolgsfaktoren sind eine stärkere Patientenorientierung mit einer größeren Auswahl unter den Leistungserbringern und den Methoden sowie schnellere, präzisere Prozesse und Ergebnisse. Wesentliche Werttreiber sind zum einen der anzustrebende Bewusstseinswandel für die veränderte ärztliche Rolle durch die Einbindung der Ärzte in entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen (formell und inhaltlich) sowie zum anderen klar definierte eigenständige Handlungs- und Entscheidungsbereiche mit Ergebnisverantwortung für das eigene Handeln nachgeordneter Personen und nicht zuletzt eine Führung, die bereit und imstande ist, die Kompetenz und Fähigkeit der Mitarbeitenden in diese Richtung zu entwickeln und zu fördern. Dies gilt auch für die Ausbildung in den Pflegeberufen, die schon lange an fehlender Anerkennung und Nachwuchssorgen leiden. Hier können innovative Ausbildungskonzepte z. B. für die Altenpflegeberufe die Situation verbessern, in denen Ausbildungsteams unter Anleitung lernen, sich um eine ganze Station zu kümmern und selbstgesteuert ohne Führungsstrukturen auszukommen (Beeger 2019). Hinzu kommt, dass Ärzte und Mitarbeitende aus den Pflegeberufen eine Offenheit und im besten Fall eine Affinität technischen Systemen gegenüber benötigen. Generell ist der mögliche „Lost of Skills“ bei der Nutzung von Assistenz- und Unterstützungssystemen zu berücksichtigen.
2.4.4 Vernetzung Individualisierung und Personalisierung auf einem hohen medizinischen Niveau machen generell die Vernetzung mit leistungsstarken Partnern notwendig, da die komplexeren
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Krankheitsbilder mit veränderten Diagnose- und Therapieerfordernissen unter dem Kosten- und Konkurrenzdruck eine Fokussierung auf die Kernkompetenzen erfordern. Gesundheitsleistungen als Dienstleistungen 4.0 erleichtern das Management von Schnitt- und Verbindungsstellen sowie der oben angesprochenen Quality-Gates erheblich. Die technischen Neuerungen machen Mensch-Maschine-Kommunikation und Interaktion ausschließlich über Technologien möglich. Damit wird die Standardisierung von Teilleistungen erheblich vereinfacht. Aber Empathie kann so verloren gehen. Je nach Auswahl der Teilleistung innerhalb der Wertschöpfungskette können Varianten gebildet werden durch horizontale Vernetzungen mit anderen Versorgern der gleichen Stufe. Die vertikale Vernetzung von Arztpraxis und Krankenhaus sowie Medizinischen Versorgungszentren bietet die größte Auswahl an Variationsmöglichkeiten, da hier der niedergelassene Leistungserbringer in seiner Rolle als Gate-Keeper oder als Arzt des Vertrauens einen personalisierten Behandlungspfad mit allen genannten Gestaltungselementen gemeinsam mit dem Patienten konfigurieren kann. Hier ist allerdings zu beachten, dass in Deutschland bislang Leistungen, die stationär erbracht werden, eine höhere Vergütung erhalten als im Fall der ambulanten Erbringung. Dies wird absehbar zu weiteren Regelungen führen, um Wirtschaftlichkeitspotenziale zu heben. Laterale Kooperationen mit Medizintechnikunternehmen sind nötig, um Prozessund Leistungsinnovationen – auch aus der Rückmeldung durch die Integration des Patienten über Customer Insights – zu entwickeln und handhabbar zu machen. Extern gerichtete Erfolgsfaktoren von stationären und ambulanten Leistungserbringern sind auf den Patienten ausgerichtete personalisierte Leistungen auf hohem medizinischem Niveau. Er profitiert darüber hinaus von Zeitvorteilen und Wahlmöglichkeiten bei der Auswahl der Leistungserbringer. Voraussetzung für eine sinnvolle Vernetzung im Rahmen einer Individualisierungsstrategie ist auch hier die schon angesprochene genaue Analyse des zu erzielenden Zusatznutzens für den Patienten innerhalb des Behandlungspfades. So lassen sich mit sektorinternen und sektorenübergreifenden Pfaden in Wertschöpfungsketten und Wertschöpfungsnetzwerken Kosten- und Differenzierungsvorteile aufbauen. Ein Beispiel dafür ist der Shared Care-Ansatz für seltene Erkrankungen, in dem alle am Versorgungsprozess Beteiligten ihren jeweiligen Beitrag zur Versorgungs- und Wertschöpfungskette in Form von Modulen abgestimmt erbringen können. Es erfolgt eine strukturierte sektoren- und berufsgruppenübergreifende Abstimmung der Therapie mit den individuellen Präferenzen der Patienten und Angehörigen. Das Konzept ist primär für seltene Erkrankungen entwickelt worden, hat aber sowohl aufgrund der Multidisziplinarität als auch der Informations- und Qualifikationsasymmetrien sowie der zentralen Bedeutung der Einbeziehung der Patienten und Angehörigen eine hohe Relevanz für die Entwicklung personalisierter Gesundheitsleistungen. Der Shared Care-Ansatz kann damit hinsichtlich der Übertragbarkeit auf andere Krankheitsbilder einen wesentlichen Impuls liefern.
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Wesentliche Werttreiber für die Individualisierung von Leistungen in vernetzten Versorgungsstrukturen entstehen durch die Auswahl leistungsstarker Partner und eine evidenzbasierte Qualitätsmessung auf der Basis gemeinsamer Standards sowie durch die Investition in leistungsfähige IT-Systeme.
2.5 Konfiguration und Koordination Die Personalisierung des konkreten Behandlungspfades selbst (sektorenintern oder sektorenübergreifend sowohl stationär, ambulant und im häuslichen Umfeld) erfolgt in einem gemeinsamen und partizipativen Abstimmungsprozess (Co-Design-Prozess) des Anbieters mit dem Patienten durch die Konfiguration des Pfades auf der Basis von klinischen Leitlinien und Kosten-Nutzen-Erwägungen als eine bedarfsgerechte und patientenorientierte Zusammenstellung der einzelnen Module mit dem Ziel, das Optimum für den Patienten zugleich mit einem möglichst hohen Deckungsbeitrag für die Klinik, die Praxis, das MVZ oder das Ärztenetz zu erreichen. An dieser Stelle können auch die für die erlebte Qualität und den erlebten Nutzen patientenrelevanten Kontaktpunkte – Touchpoints im Rahmen der Customer Journey – bestimmt werden und zugleich ihre Berücksichtigung und Steuerung geplant werden. Dabei gilt es, die Erwartungen des Patienten empathisch mit den realistischen Möglichkeiten abzugleichen, um Enttäuschungen zu vermeiden. Für den kontinuierlichen Verbesserungsprozess kann im Verlauf die Servicequalität in Echtzeit (SQE)® abgefragt und verbessert werden (Töpfer et al. 2017). Als eine Herausforderung erweist sich bislang noch das Problem der Wissenspräsentation, d. h., wie Informationen aus den unterschiedlichen Datenquellen und aufgrund der mangelnden Interoperabilität der verschiedenen Informationssysteme gewonnen und dargestellt werden können. Die aus der gemeinsamen Entwicklung und Gestaltung gewonnenen Informationen können zum Aufbau und zur Stabilisierung der Anbieter-Patienten-Beziehung und als Impulse für Innovationen genutzt werden. Eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung in den Unternehmen ist die durchgängige Koordination des Gesamtprozesses durch einen Ansprechpartner auf Facharztniveau, der sowohl für den Patient und die Angehörigen zur Verfügung steht als auch für die Experten der einzelnen Module den Gesamtprozess steuert.
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3.
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Kosten- und Differenzierungswirkungen des Mass- Customization-Ansatzes
3.1 Kostenwirkungen Zusätzliche Kosten einer Individualisierung oder Personalisierung sind zu erwarten durch die Erhöhung der Varietät und die Komplexität in den einzelnen Funktionalbereichen für den Aufbau der technologisch fortschrittlichen, aber notwendigen Informations- und Kommunikationsinstrumente für die Entwicklung innovativer Gesundheits- und Pflegedienstleistungen. Hinzu kommen im Unternehmen selbst und im Falle von Vernetzungen mit Leistungspartnern bereichsübergreifend steigende Transaktionskosten. Chancen auf Kostensenkungspotenziale entstehen aufgrund der Externalisierung der anbieterseitigen Aktivitäten durch die Nutzung der Digitalisierungskomponenten bei der Leistungserstellung sowie bei der Kommunikation. Die stärkere Integration von Patienten führt zu einer Zunahme der Adhärenz, also zu seinem aktiven Mitwirken am Gesundungsprozess auf der Basis einer konsentierten Entscheidung für eine bestimmte Behandlung. Dadurch wird es möglich, Leistungen auch im direkten Umfeld des Nachfragers zu erbringen (Anbieterintegration), was zu einer Steigerung der Akzeptanz und Qualitätswahrnehmung führt. Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit einer höheren Effektivität der Behandlung. Die höhere Attraktivität der Leistung steigert das Image der medizinischen Einheit und damit die Chancen auf eine Erhöhung der Fallzahlen sowie auf Skalen- und Lerneffekte in den einzelnen Modulen. Eine teamorientierte und modulare Organisation führt zum Abbau von Schnittstellen und zur Reduktion von Reibungsverlusten. Dies erhöht die Chancen auf eine Reduktion der qualitätsmanagementbezogenen Kosten und auf höhere Deckungsbeiträge.
3.2 Differenzierungswirkungen Durch die auf die persönlichen Lebensumstände und Anforderungen des Patienten abgestimmte Leistung auf einem hohen medizinischen Niveau ist der Patient ein ernstgenommener Partner im Behandlungsprozess geworden. Die stärkere Patientenintegration in den Leistungserstellungsprozess durch Digitalisierungskomponenten schafft Zugang zum impliziten Wissen des Patienten (Customer Insights). Daraus können Erkenntnisse aus bisher so nicht gesehenen Ursachen-Wirkungs-Beziehungen gezogen werden und Potenziale für innovative pflegerische und medizinische Leistungsangebote resultieren. Die Modularisierung von Prozess und Organisation erleichtert den Aufbau von Wertschöpfungsketten und Wertschöpfungsnetzen mit engagierten und leistungsstarken Kooperationspartnern. Dies erhöht die Marktmacht eines derartigen Leistungsverbundes und den Zugang zu Selektivverträgen mit Krankenkassen als Kostenträger. Auch für Letztere können Kooperationen mit Anbietern von individualisierten Leistungen im Rahmen von
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Selektivverträgen zu einem Wettbewerbsvorteil führen. Die Wirkungen, wie Einsparungen durch frühe Diagnosen, frühzeitige Behandlungen und das Vermeiden nicht-zielführender Therapien, können als Treiberfaktoren für Kostenträger wirken, selbst als Innovator am Markt aufzutreten (Eppinger et al. 2011). Mit dem Aufbau und der Nutzung von Gesundheitsleistungen 4.0 bietet der Anbieter Patienten und ihren Angehörigen vielfältige Wahlmöglichkeiten, Gesundheitsleistungen an ihre persönlichen Bedürfnisse und Präferenzen anzupassen.
4.
Fazit
Der Mass-Customization-Ansatz greift den Leitgedanken auf, dass auf der Basis von stabilen Prozessen in Form von etablierten Behandlungspfaden und einer konsequenten Nutzung der digitalen Technologien Gesundheitsleistungen 4.0 aufgebaut werden können und durch eine weitgehende – auf Erfahrung und Vertrauen basierende – Einbindung des Patienten individualisierte und personalisierte Gesundheitsleistungen auch wirtschaftlich „produziert“ werden können. Für den Patienten resultiert daraus das Angebot eines einzigartigen kundenwertorientierten Leistungsversprechens, das für den Anbieter die wichtigste Voraussetzung und Vorgabe zum Erreichen einer stabilen Wettbewerbsposition darstellt. Bisherige Ansätze von Individualisierungen und Personalisierungen existieren schon, sie sind aber primär aus Effizienzgesichtspunkten entwickelt worden und wurden noch nicht systematisch als gemeinsamer Wertschöpfungsprozess von Patient und Anbieter zur Erhöhung des Patientennutzens strukturiert. Es wird in Zukunft darauf ankommen, Behandlungskonzepte zu entwickeln, mit denen individuelle Krankheitsbilder und Patientenpräferenzen abgebildet werden können, statt den Patienten möglichst passend in ein vordefiniertes und standardisiertes diagnostisches Schema einzuordnen.
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Lisa Obst, Ronny Baierl, Franziska Bielefeldt und Anne-Katrin Haubold
Maschinelle Dienstleister – Determinanten der Anwenderzufriedenheit in der sozialen Dienstleistungsbranche am Beispiel der Altenpflege
1. Servicerobotik in der sozialen Dienstleistungsbranche am Beispiel der Altenpflege 1.1 Die Pflegebranche: Ausgangslage und Veränderungspotenziale 1.2 Einsatz von Servicerobotik in der Pflege im Überblick 2. Zur Positionierung von Servicerobotik im Dienstleistungserstellungsprozess 2.1 Von bilateralen zu trilateralen Beziehungen 2.2 Zum Kano-Modell als Analyseraster 3. Analyse der trilateralen Dienstleistungserstellung 3.1 Basismerkmale 3.2 Leistungsmerkmale 3.3 Begeisterungsmerkmale 4. Konsequenzen hinsichtlich der Gestaltung der Anwenderzufriedenheit in der sozialen Dienstleistungsbranche Literaturverzeichnis
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Bruhn und K. Hadwich (Hrsg.), Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen, Forum Dienstleistungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30168-2_18
___________________________ Prof. Dr. Ronny Baierl ist Inhaber der Professur für Schlüsselqualifikationen sowie Institutsdirektor des Zentrums für fachübergreifende Bildung an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden. Prof. Dr. Anne-Katrin Haubold ist Professorin für Betriebswirtschaftslehre/Personalmanagement sowie Leiterin der Arbeitsgruppe Human Factors and Resources an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden. Lisa Obst und Franziska Bielefeldt sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen in der Arbeitsgruppe Human Factors and Resources an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden.
1.
Servicerobotik in der sozialen Dienstleistungsbranche am Beispiel der Altenpflege
1.1 Die Pflegebranche: Ausgangslage und Veränderungspotenziale „Diese Branche boomt in Deutschland“ – während diese Aussage bezogen auf ein kommerzielles Dienstleistungsunternehmen für Zufriedenheit bei Managern und Anteilseignern führen dürfte, treibt sie im Kontext der sozialen Dienstleistungen, insbesondere der Pflege, den Verantwortlichen, vor allem den Sozialpolitikern, die Schweißperlen auf die Stirn. Prognostiziert wird für Deutschland ein Anstieg des Anteils der Pflegebedürftigen an der Gesamtbevölkerung von 3,5 Prozent im Jahre 2015 auf 4,6 Prozent im Jahre 2030. Dies bedeutet in absoluten Zahlen, dass in einem Zeitraum von nur 15 Jahren 761.000 zusätzliche Pflegebedürftige in Deutschland zu versorgen sind (Demographieportal des Bundes und der Länder 2018). Die Altenpflegebranche zählt zudem zu denjenigen Branchen, für die die Bundesagentur für Arbeit einen erheblichen Fachkräftemangel ausweist: Auf 100 offene Stellen kommen lediglich 32 Arbeitslose (BfA 2017). Diese Entwicklung trifft zusammen mit dem Fachkräftemangel in der Pflegebranche: Im Jahre 2015 waren etwa eine Mio. Berufstätige (bzw. rund 770.000 Vollzeitäquivalente) in der Pflegebranche beschäftigt (Statistisches Bundesamt 2017). Bundesweit ist mit einem Personaldefizit von 400.000 bis 500.000 Vollzeit-Arbeitskräften in der Pflegebranche bis zum Jahre 2030 zu rechnen (Enquete-Kommission Sachsen 2019). Diese Lücke durch BerufsanfängerInnen zu füllen, ist nicht allein aus demographischen Gründen schwierig: Das Berufsfeld Pflege gilt als wenig attraktiv unter Ausbildungssuchenden. In einer Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege (2019) äußerten nur sechs Prozent der befragten SchülerInnen den Wunsch, in der Pflege zu arbeiten. Nach ihren Kriterien für die Berufswahl befragt, wurden neben guter Bezahlung und freien Wochenenden auch gute Arbeitsbedingungen häufig genannt (Eggert et al. 2019). Die Arbeitsbedingungen in der Pflegebranche werden jedoch in einer Vielzahl an Studien als belastend beschrieben (Zimber/Weyerer 1999; Gregersen 2004; Gregersen et al. 2009; Chicoki et al. 2015; Höhmann et al. 2016). Höhmann et al. (2016) identifizieren ein weites Spektrum an 19 Belastungsfaktoren, die sie drei Ebenen zuordnen: der gesellschaftlichen Ebene (z. B. fehlende gesellschaftliche Wertschätzung), der Ebene des Arbeitsumfelds (z. B. fehlende Zeitsouveränität) sowie der persönlichen Ebene (z. B. Umgang mit Tod und Sterben). In der Befragung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (Institut DGB-Index Gute Arbeit 2016) gaben 59 Prozent der in der Pflege Beschäftigten an, sie könnten sich aufgrund der gegenwärtigen Arbeitsbedingungen nicht vorstellen, bis zur Regelaltersgrenze in ihrem Beruf zu arbeiten (über alle Branchen hinweg sagten dies 47 Prozent der Befragten).
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Vor dem Hintergrund dieser ungünstigen demographischen Entwicklung kann ein Bedarf an innovativen Lösungen zur Behebung des Fachkräftemangels in der Altenpflege konstatiert werden. Neben Qualifizierungsoffensiven und der Gewinnung ausländischer Pflegekräfte rücken die so genannten assistiven Technologien zunehmend in den Fokus des Interesses. Zielsetzung ihres Einsatzes in komplexen sozialen Dienstleistungsfeldern wie der stationären Altenpflege ist es, die Pflegekräfte in einigen ihrer Aufgabenfeldern zu entlasten und somit Zeit und Ressourcen für diejenigen Arbeitstätigkeiten zu schaffen, die menschlichen Kontakt erfordern. Die oben genannten Zahlen und Fakten verdeutlichen den Handlungsdruck, der in Bezug auf die Gestaltung des Arbeitsfelds Pflege in Deutschland besteht. Auf bundespolitischer Ebene wurden vor allem zwischen November 2018 und Juni 2019 durch neue Gesetze die Weichen gestellt, um diesem Handlungsdruck zu begegnen. Die so genannte Pflegeoffensive, in die gleich drei Bundesministerien eingebunden waren (Gesundheitsministerium, Arbeitsministerium, Sozialministerium), klammert dabei den Technikeinsatz in der Pflege nicht aus, wie das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) zeigt. In ihm ist geregelt, dass die Pflegeversicherung die Anschaffung von digitalen Systemen und technischen Hilfsmitteln mit bis zu 12.000 EUR und bis zu einer Grenze von 40 Prozent kofinanziert (Art. 11 Abs. 3 Abschnitt 8 PpSG).
1.2 Einsatz von Servicerobotik in der Pflege im Überblick Es besteht keine einheitliche Definition des Begriffes Roboter. Vielmehr existieren verschiedene Versuche, Maschinen aller Art und mit unterschiedlichen Graden an Autonomie und Mobilität zu beschreiben. Unter Robotik ist nach dem ISO Standard 8373 ein in Bezug auf zwei oder mehr Achsen programmierbarer, bedienbarer Mechanismus zu verstehen, der über ein gewisses Maß an Autonomie verfügt und sich in seiner Umgebung bewegen kann, um geplante Tätigkeiten auszuführen (DIN EN ISO 8373:2012). In Abgrenzung zu Industrierobotern gibt die oben genannte ISO-Norm nur den Hinweis, dass Serviceroboter all jene Roboter umfassen, die nicht für industrielle Zwecke eingesetzt werden. Serviceroboter werden vor allem in der Altenpflege als hilfreiches Instrument beschrieben, da sie – auch im häuslichen Einsatz – helfen, die Fähigkeiten der Pflegebedürftigen zu erhalten und diese bei der Verrichtung der Alltagstätigkeiten zu unterstützen (Broekens et al. 2009). Wie ein systematisches Review (Obst et al. 2019) zeigt, weist die Forschung zur Verwendung von Servicerobotern in der stationären Altenpflege einige Besonderheiten auf, die im Folgenden dargelegt werden sollen. Erstens ist das Feld der angewandten Technologien sehr weit. Hier finden sich etwa teilautomatische Duschsysteme und Badewannen, die Älteren eine weitgehend autonome Körperpflege ermöglichen sollen (Beedholm et al. 2015; Klein/Schlömer 2018). Weiterhin existieren interaktive Kleinroboter, unter anderem in Form von Plüschtieren wie der Roboterrobbe „Paro“ (entwickelt von Takanori Shibata am AIST), die im Rahmen von Therapien für demenziell Erkrankte deren Wohlbefinden und Interaktion steigern sollen
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und eine Alternative zu klassischen Tiertherapien darstellen (Birks et al. 2016; Jung et al. 2017). Diese Kleinroboter werden sowohl im ambulanten Bereich als auch in stationären Einrichtungen der Altenpflege eingesetzt. Überdies existieren auch Assistenzsysteme, die auf das Tätigkeitsfeld von Beschäftigten in der Altenpflege ausgerichtet sind – etwa zur Bewegungsstimulation im Bereich der Physiotherapie (Gerling et al. 2016) oder als intelligente Hebehilfe zur Unterstützung der Altenpfleger (Wright 2018). Zweitens sind – im Gegensatz zur Situation in industriellen Settings – Robotikanwendungen im weiteren Sinne noch nicht im Regelbetrieb im Einsatz. Nur sehr wenige, wie etwa „Paro“, haben bisher Marktreife erlangt. Die in den ausgewerteten wissenschaftlichen Fachartikeln publizierten Studien beziehen sich ausschließlich auf den Testbetrieb von technologischen Anwendungen in der stationären Altenpflege. Drittens ist eine weitere Besonderheit des Robotikeinsatzes in der Altenpflege in der Bewohnerzentriertheit der Studien zu sehen: Der Fokus des Forschungsinteresses liegt primär auf der Akzeptanz der eingesetzten Technologien durch den älteren Menschen. Nur sehr wenige Studien befassen sich auch oder ausschließlich mit Fragen der Akzeptanz und des Nutzungsverhaltens durch die Beschäftigten der stationären Altenpflege (Obst et al. 2019). Die vorangestellten Ausführungen verdeutlichen, dass es einen Forschungsbedarf gibt im Hinblick auf ein vertieftes Verständnis des Zusammenwirkens von Anwendungen der Servicerobotik sowie den zwei wesentlichen Nutzergruppen, nämlich den älteren Menschen und dem Personal. Der im Folgenden dargestellte theoretische Ansatz liefert hierzu ein Rahmenmodell, aus dem im letzten Teil des Abschnitts entsprechende konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.
2.
Zur Positionierung von Servicerobotik im Dienstleistungserstellungsprozess
2.1 Von bilateralen zu trilateralen Beziehungen Diesem Beitrag liegen die Grundgedanken der Service-Dominant Logic zugrunde (vgl. auch im Folgenden insbesondere Vargo/Lusch 2004). Dieser Denkansatz stellt bewusst den Gegenpol zur weit verbreiteten Goods-Dominant Logic dar, in der Unternehmen Güter herstellen und hierbei Werte in diesen Gütern gebunden werden. Folglich wird dieser gebundene Wert nach dem Verkauf des Guts beim Kunden vernichtet bzw. sukzessive abgebaut. Aus Sicht der Service-Dominant Logic dienen Güter jedoch einzig der Dienstleistungserbringung, die zudem bei und unter Mitwirkung des Kunden generiert wird. Dies impliziert, dass auch – bzw. insbesondere im hier vorliegenden Fall einer offensichtlichen primären Dienstleistungserbringung – der Erwerb, die Implementierung und der Einsatz
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eines Roboters aus dem Blickwinkel der Service-Dominant Logic analysiert werden sollten. Insofern wird weder ein Kühlschrank – als meistverwendetes Beispiel zur Erläuterung dieses Blickwinkels – noch ein Roboter, der einen bestimmten gebundenen Wert hat und anschließend der (steuerlichen) Abschreibungslogik folgend jährlich an Wert verliert, beschafft. Vielmehr werden Kühlschrank oder eben Roboter erworben, um mit diesen eine Kühl- oder Pflegedienstleistung zu generieren. Diese konträre Sichtweise auf ökonomisches Handeln hat weitreichende Konsequenzen. Zum einen steht der Gebrauchswert, statt des Tauschwerts, eines Guts im Vordergrund. Zum anderen erfolgt die Wertschöpfung immer gemeinsam mit dem Kunden. Stark verkürzt lässt sich dies im oberen Teil der Abbildung 1 durch den Interaktionspfeil zwischen Kunden und Unternehmen erkennen.
Kunden
Bewohner
Service-Dominant Logic
Interaktion akti 1
Interaktion 3
Unternehmen
Beschäftigte
Interaktion 2
Roboter
Abbildung 1:
Übergang von bilateralen zu trilateralen Interaktionen
Wird nunmehr dieser grundlegende Interaktionsprozess bei der Dienstleistungserbringung auf die hier vorliegende Fragestellung bei der Inkludierung von Robotern in der stationären Pflege übertragen, spannen sich diverse potenziell denkbare Interaktionen auf. Der untere Teil von Abbildung 1 fasst dieses illustrativ zusammen. Neben der augenscheinlichen Umschreibung von Kunde durch Bewohner (von stationären Pflegeeinrichtungen) und Unternehmen durch Beschäftigte (in der Pflege) ergeben sich drei direkte Interaktionen:
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(1) Zunächst einmal spielen sowohl derzeit, vermutlich aber auch künftig, die menschlichen Interaktionsprozesse zwischen Bewohnern und Beschäftigten weiterhin eine elementare Rolle in der stationären Pflege (Interaktion 1). (2) Darüber hinaus treten jedoch auch die Beschäftigten mit ihren maschinellen Kollegen in Interaktion, da Serviceroboter eingesetzt werden können, um das Personal zu entlasten und beispielsweise den Informationsfluss zu optimieren oder sie körperlich zu erleichtern (Interaktion 2). (3) Abschließend interagieren auch die Bewohner selbstständig mit Robotern, wenn diese beispielsweise im therapeutischen Kontext eingesetzt werden (Interaktion 3). Neben diesen drei direkten Interaktionen, die letztlich auf der Inkludierung eines weiteren Teilnehmenden basieren, verdienen zwei spezifische Konstellationen indirekter Natur besondere Aufmerksamkeit:
Eine zunächst intuitiv plausible Konstellation ist diejenige Dienstleistungserstellung zwischen Beschäftigten und Bewohnern, die mit Hilfe der Roboter erbracht wird (vgl. gepunktete Interaktionsverbindung). Denkbar wäre hier beispielsweise der Transport von Gegenständen im Auftrag der Beschäftigten zu den Bewohnern durch Roboter. Insofern stellt dieser Fall eine Kombination der Interaktionen 2 und 3 dar. Aufgrund der Relevanz zwischenmenschlicher Beziehungen ist davon auszugehen, dass die indirekte Interaktion keinen vollständig verdrängenden Charakter auf die Interaktion 1 hat. Darüber hinaus ist denkbar, dass die zwischenmenschliche Interaktion durch Roboter verändert wird und Roboter damit auf Interaktion 1 einwirken (vgl. gestrichelte Interaktionsverbindung). Aus inhaltlicher Sicht lässt sich hier beispielsweise der Fall subsummieren, in dem Beschäftigte durch Unterstützungsleistungen der Roboter entlastet werden, um schlichtweg mehr Zeit für zwischenmenschliche Interaktionen zu gewinnen. Zudem ist eine abschwächende Wirkung auf die zwischenmenschliche Interaktion denkbar, wenn beispielsweise Roboter Teilaufgaben in Gruppentherapien übernehmen – sei es durch Vorlesen von Geschichten oder Zeigen von Erinnerungsfotos.
Insofern wird durch den Übergang von einer bilateralen zu einer trilateralen Dienstleistungserstellung nicht nur die Anzahl der direkten Interaktionen von eins auf drei erhöht; vielmehr spielen auch indirekte Effekte eine wesentliche Rolle. Damit spannt sich letztlich das Forschungsfeld für eine detaillierte Analyse dieser Interaktionen auf.
2.2 Zum Kano-Modell als Analyseraster Eines der am weitesten verbreiteten und zugleich intuitiv sehr eingängigen Modelle zur Erklärung von Kundenzufriedenheit bei komplexen Produkten ist das nach seinem Entwickler benannte Kano-Modell (vgl. auch im Folgenden insbesondere Kano et al. 1984). Kern dieses Modells ist, dass Kundenzufriedenheit aus Qualität resultiert, der Wirkzusammenhang jedoch zum einen in der Regel nicht linear und zum anderen in Abhängigkeit
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von Merkmalsarten zum Tragen kommt. Hierzu wird im Wesentlichen zwischen drei Erscheinungsformen unterschieden:
Zunächst einmal stellen Basismerkmale derart grundlegende Erwartungen dar, dass diese in der Regel erst bei Nichterfüllung als relevant wahrgenommen werden. Falls dies der Fall ist, folgt Unzufriedenheit. Eine Erbringung der Basismerkmale führt jedoch nicht zu gesteigerter Zufriedenheit. Zudem charakterisieren Leistungsmerkmale die kundenseitigen Erwartungen, die typischerweise im Vorfeld artikuliert werden können und deren Erbringen zur Zufriedenheit führt. Eine etwaige Nichterbringung führt darüber hinaus zu Unzufriedenheit. Letztlich führen Begeisterungsmerkmale bei Erbringung zu Zufriedenheit. Eine Nichterbringung dieser Merkmale hat jedoch keine Auswirkung, da diese Merkmale in der Regel unerwartet sind.
Zudem kann sich die Eingruppierung gewisser Merkmale über die Zeit hinweg verschieben: Was derzeit ein Begeisterungsmerkmal wäre, kann in einigen Monaten zu einem Leistungsmerkmal und in einigen Jahren zu einem Basismerkmal werden. Diese differenzierte Betrachtung ermöglicht es, Kundenzufriedenheit im Dienstleistungserstellungsprozess im Detail zu analysieren und die zugrunde liegenden Ursachen zu erforschen. Da der Mitwirkung der Kunden – bzw. der im hier vorliegenden Fall Bewohner und Beschäftigten – besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte und zudem durch den aufgezeigten Übergang von bilateralen zu trilateralen Interaktionen eine Problemraumerweiterung auftritt, empfiehlt es sich, im nachfolgenden Abschnitt die Dienstleistungserstellung unter Mitwirkung eines Kollegen Roboter strukturiert zu analysieren. Hierbei ist davon auszugehen, dass Kunden mit Benutzern bzw. Anwendern der neuen Technologie gleichzusetzen sind, und infolgedessen in Abhängigkeit vom Analysefokus sowohl Bewohner als auch Beschäftigte inkludieren kann. Der Zielsetzung dieses Beitrags folgend, stehen die direkten Interaktionen 2 (Roboter – Beschäftigte) und 3 (Roboter – Bewohner) im Vordergrund der weiteren Ausführungen. Allerdings ließen sich aus diesen die aufgezeigten indirekten Beziehungen zumindest prinzipiell ableiten.
3.
Analyse der trilateralen Dienstleistungserstellung
3.1 Basismerkmale Im Folgenden soll darauf eingegangen werden, welche Merkmale im Prozess der trilateralen Dienstleistungserstellung den einzelnen Ebenen des Kano-Modells am Beispiel der stationären Altenpflege zugeordnet werden können. Grundsätzlich ist die Einordnung in Basis-, Leistungs- und Begeisterungsmerkmale häufig individuell und von den Präferenzen und Anforderungen des Einzelnen abhängig: Für Einrichtungen, deren Personal zum
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hohen Anteil Deutsch nicht als Muttersprache spricht, wäre beispielsweise ein Roboter mit diversen Sprachen zur Auswahl ein klares Leistungsmerkmal; für andere eher ein Begeisterungsmerkmal, jedoch kein essentielles Kriterium. An dieser Stelle sei auf Abbildung 2 verwiesen, die einen Serviceroboter im Einsatz zeigt.
Abbildung 2:
Robotisches Assistenzsystem im Praxiseinsatz (Mit freundlicher Genehmigung von © Frank Bahrmann, Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden [2019]. All Rights Reserved)
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Zunächst müssen vor der möglichen Nutzung des Roboters in der stationären Altenpflege grundlegende Fragen geklärt werden, die essenziell für eine gelingende Implementation sind – beispielsweise die Akzeptanz des Systems durch die künftigen Anwender, der Grad an Autonomie und Transparenz des Roboters sowie allgemeine Haftungsfragen. In dem Moment, in dem die Entscheidung für einen Serviceroboter fällt, werden zwangsläufig diverse Kriterien, Eigenheiten und Funktionen in Betracht gezogen, um ein geeignetes Modell zu finden und erfolgreich in die bestehenden Arbeitssysteme zu integrieren, die im Folgenden exemplarisch erläutert werden. Ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht nicht. Als Basismerkmale werden all jene Merkmale definiert, die bei Einsatz eines Roboters in einer stationären Pflegeeinrichtung als selbstverständlich und grundlegend angesehen werden. Vor dem tatsächlichen Einsatz eines Roboters in der Altenpflege steht zunächst die Klärung einiger Grundvoraussetzungen für den Einsatz. Dazu zählt, dass der Roboter Sicherheitsstandards einhält und zugelassen ist. Des Weiteren sollte selbstverständlich Datenschutzkonformität gegeben sein. Gleichzeitig muss vorab geklärt werden, welche Daten von Bewohnern und Beschäftigten aufgezeichnet werden und inwiefern diese gespeichert und weiterverwendet werden dürfen und durch wen. Außerdem muss der geplante Einsatz für die Einrichtung und die diversen Anwendergruppen ethisch vertretbar sein. Um diese Frage zu klären, kann unter Umständen eine Ethikkommission zurate gezogen werden. Grundsätzlich muss die technische Reife des Produkts gegeben sein, sodass dessen Einbettung und Benutzung in der Pflegeeinrichtung ohne häufige Ausfälle und dadurch entstehende Unterbrechungen ermöglicht wird. Daraus resultierende Verzögerungen würden den Alltag für Beschäftigte und Bewohner in der Pflegeeinrichtung stören und somit die Akzeptanz reduzieren. Essentiell ist weiterhin eine angemessene Arbeitsgeschwindigkeit des Roboters. Momentan sind existierende Systeme teilweise derat langsam, dass der Einsatz aus Effizienzgründen kaum lohnenswert ist. Darüber hinaus kann eine einfache Bedienung des Roboters als Basismerkmal angesehen werden, die es auch technischen Laien ermöglicht, ihn ohne große Vorkenntnisse zu benutzen. Als Basis für die (Erst-)Anwendung muss dabei zumindest ein Bedienhandbuch vom Hersteller zur Verfügung gestellt werden. Aus technischer Sicht zählen zu den Basismerkmalen ebenfalls eine ausreichende Reichweite sowie Laufzeit. Darüber hinaus sollte die Kompatibilität des Geräts mit gängigen Anschlüssen gegeben sein, um die Einpassung in die Einrichtung zu erleichtern und evtl. Hürden abzubauen. Wichtig ist darüber hinaus auch die eigentliche Größe des Roboters. Er sollte problemlos gelagert und transportiert werden bzw. sich frei durch die Gänge und Türen bewegen können. Letztlich liegt ein Basismerkmal auch in der Funktion des Roboters selbst. Je nach Robotertyp können Serviceroboter in einer stationären Altenpflegeeinrichtung verschiedene Funktionen übernehmen – von Reinigung über die Therapie bis zur Dokumentation. Wichtig ist hierbei vor allem, dass der Roboter dezente Unterstützung bietet und nicht den Alltag von Beschäftigten oder Bewohnern stört oder Personen bedrängt bzw. belästigt. Zu guter Letzt spielen auch die Kosten eines Roboters für die Pflegeeinrichtung eine entscheidende Rolle. Aufgrund der sich aus dem zum 01.01.2019 in Kraft getretenen Pflegepersonal-Stärkungsgesetz ergebenden Möglichkeit für Träger, 40 Prozent der Investitionskosten für digitale
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Hilfsmittel aus Bundesmitteln refinanzieren zu lassen (maximal 12.000 EUR), ist die Bedeutung der Investitionskosten als Basismerkmal gesunken (Pflegepersonalstärkungsgesetz, Art. 11, Absatz 3, Abschnitt 8). Allerdings spielen die Aufwände für die Inbetriebnahme, den dauerhaften Einsatz und die Wartung weiterhin eine entscheidende Rolle als Basismerkmal.
3.2 Leistungsmerkmale Den Basismerkmalen nachgeschaltet lassen sich diverse potenzielle Leistungsmerkmale definieren, die explizit verlangt werden und relevant bei Kaufentscheidung und Anwendung sind. Die Erfüllung dieser Kriterien verschafft dem Käufer bzw. Anwender Zufriedenheit. Auch an dieser Stelle sei betont, dass die Anforderungen an den Roboter über Einrichtungen und Nutzergruppen hinweg variieren können. Ein wichtiges Leistungsmerkmal wäre beispielsweise der After-Sales-Service, den Unternehmen der Pflegeeinrichtung nach Anschaffung des Roboters bieten. Zunächst soll hierbei die Begleitung bei der Implementierung durch den Hersteller genannt werden. Um die Einführung zu unterstützen, sollte diese womöglich vom Hersteller durch eine umfangreiche Nutzerschulung der Beschäftigten der Pflegeeinrichtung begleitet werden. Nach der Begleitung der Implementierungsphase sollte das Unternehmen der Pflegeeinrichtung fortlaufend schnelle und zuverlässige Unterstützung bieten. So könnte es beispielsweise bei möglichen Störungen einen Ansprechpartner geben, der entweder telefonisch berät oder, wenn nötig, die Einrichtung besucht, um etwaige Reparaturen durchzuführen und Hilfestellungen zu geben. Ebenso können Unterstützung und Erinnerungen zu Systemupdates gewünscht werden oder diese gleich automatisch erfolgen. In Bezug auf die Funktion des Roboters und die von ihm übernommenen Aufgaben wäre ein weiteres Leistungsmerkmal die Relevanz der vom Roboter übernommenen Arbeitspakete. Zum einen sollte die Übernahme der spezifischen Arbeitspakete durch den Roboter von den Beschäftigten gewollt sein. Zum anderen muss die Aufgabenallokation so gestaltet sein, dass ein echter Zugewinn (z. B. an Zeit oder körperlicher Entlastung) durch den Roboter entsteht. Dieser Zugewinn kann beispielsweise bei der Roboterrobbe „Paro“ ein positiver Therapieeffekt sein, der durch gesteigertes Wohlbefinden oder angeregte Kommunikation der Bewohner nachweisbar wird. Auch kann ein positiver Effekt in der körperlichen Entlastung der Beschäftigten liegen, beispielsweise durch Heberoboter „Robear“ (entwickelt vom RIKEN_SRK Collaboration Center). Um den Robotereinsatz effizient zu ermöglichen, kann es zudem bedeutsam sein, dass die Bedienung des Roboters für den Anwender intuitiv und damit auch schnell erfolgen kann. Allgemein kann eine ansprechende Optik und Haptik des Systems als mögliches Leistungsmerkmal angesehen werden. Da der Roboter in den Alltag der Beschäftigten und Bewohner integriert wird, ist ein angenehmes Äußeres wichtig, das sich vom Aussehen einer bloßen „Maschine“ abhebt. Hinsichtlich der äußerlichen Gestaltung von Robotern in der Pflege gibt es verschiedenste Gestaltungsmöglichkeiten und -präferenzen: von der katzenähnlichen „JustoCat“ (entwickelt von Ro-
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byn Robotics AB) über humanoide Roboter wie „Pepper“ (entwickelt von Aldebaran Robotics SAS und SoftBank Mobile Corp.) bis hin zu Roboterplattformen wie Scitos (entwickelt von MetraLabs GmbH), die auch bei „Anna Constantia“ (entwickelt an der HTW Dresden) verwendet wurde. Im Zusammenleben und -arbeiten ist darüber hinaus oftmals wichtig, dass der Roboter proaktiv vorgeht, insofern dies bei seiner Funktionalität denkbar ist. So sollte „Pepper“ beispielsweise die Personen ansprechen, um ihnen vom Wetter zu berichten bzw. fragen, ob sie etwa einen Witz hören möchten. Neben der Proaktivität sollte auch eine Flexibilität gegeben sein, die die Möglichkeit bietet, auf verschiedene Situationen zu reagieren und beispielsweise Hindernissen auszuweichen oder über verschiedene Kommunikationsbausteine (z. B. mehrere Begrüßungsvarianten) zu verfügen. Insbesondere bei Robotern, die auch zur Unterhaltung genutzt werden, ist es wichtig, dass ein breites Spektrum an Unterhaltungsmöglichkeiten angeboten wird. Der Roboter „Anna Constantia“ wird beispielsweise zur Unterstützung bei der Demenztherapie eingesetzt und liest dort Horoskope und Nachrichten vor oder singt gemeinsam mit den Bewohnern. Um den Therapieeinsatz unterhaltsam zu gestalten ist es wichtig, dass „Anna Constantia“ ein großes Repertoire an verschiedenen Liedern und Texten hat. Weiterhin könnte die Gesichtserkennung durch den Roboter ein Leistungsmerkmal sein, denn durch das (Wieder-)Erkennen der Beschäftigten und Bewohner kann auch eine persönliche Begrüßung erfolgen, was wiederum dem Roboter eine menschliche Note verleiht und so auch die Akzeptanz steigern kann. Im Feld der Spracherkennung lässt sich darüber hinaus ein weiteres Leistungsmerkmal verorten. Insbesondere kann hier die Erkennung von Fremdsprachen und Dialekten ein Merkmal sein, was bei Nichterfüllung zu Frustration und Unzufriedenheit bei den Anwendern des Roboters führt. In der Altenpflege in Deutschland sind bereits jetzt zahlreiche ausländische Fachkräfte aktiv (Pütz et al. 2019) – für einen möglichen Robotereinsatz wäre das Verstehen verschiedener Sprachen und Akzente demnach wichtig. Darüber hinaus ist unter Umständen auch das Erkennen von Dialekten oder das Verständnis von, aufgrund der demenziellen Erkrankungen, schwer verständlicher Sprache von Bedeutung.
3.3 Begeisterungsmerkmale Im folgenden Abschnitt sollen all jene Merkmale aufgeführt werden, die zu Zufriedenheit führen, jedoch nicht zwangsläufig erwartet werden. Dabei können beispielsweise Zusatzleistungen des Herstellers genannt werden. Zunächst könnte der Hersteller die stationäre Pflegeeinrichtung bei der Finanzierung des Roboters unterstützen. Dies kann durch Hilfe bei der Beantragung von möglichen Zuschüssen erfolgen oder aber durch Beratung zum Thema Finanzierung und das Bereitstellen diverser Finanzierungsmodelle. Außerdem wäre eine Unterstützung der Pflegeeinrichtung durch den Hersteller bei der Aufklärung von Externen hilfreich. Durch die Bereitstellung von Kommunikationshilfen können Angehörige, Ärzte, Apotheken usw. informiert werden. Als weitere Leistungen des Herstellers können Zusatzmaterialien zum Roboter angeboten werden, wie eine Schutzhülle für
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einen humanoiden Roboter. Auch sind Ersatzteile für schnell verschleißende Elemente und Pflege- bzw. Reinigungsprodukte im Lieferumfang denkbar. Darüber hinaus könnten Rabatte für weitere Produkte des Herstellers gewährt werden. Auch sind das Angebot einer Mitgliedschaft in einer entsprechenden Nutzer-Community und die Möglichkeit zur Vernetzung attraktiv. Außerdem kann die Einladung und Vergünstigung zur Teilnahme an Fachtagungen und Messen ein attraktives Begeisterungsmerkmal sein. Verschiedene Begeisterungsmerkmale können sich auch aus der eigentlichen Funktion des Roboters ergeben. Zum einen bieten Individualisierungs- und Personalisierungsmöglichkeiten die Chance, den Anwender zu begeistern. Eine Individualisierung und Anpassung auf persönliche Präferenzen bietet sich sowohl optisch als auch funktional an. Im Rahmen der technischen Möglichkeiten kann der Roboter nach den Wünschen der Pflegeeinrichtung optisch gestaltet und so beispielsweise in Unternehmensfarben oder mit Unternehmenslogo ausgestattet werden. Aber auch eine Anpassung der Funktionen kann die Anwender erfreuen, wenn auf deren spezifische Wünsche eingegangen wird. Durch Erweiterungsmöglichkeiten, die nachträglich gekauft werden können, kann die Funktionalität erhöht und an die individuellen Anforderungen angepasst werden. Sowohl in der Interaktion mit den Beschäftigten als auch mit den Bewohnern bieten sich diverse Möglichkeiten zur Personalisierung. Über eine individuelle Begrüßung hinaus ist hier eine auf den Einzelnen angepasste Funktionalität möglich. Der Roboter könnte aber auch über Hintergrundinformationen verfügen, die ihm etwa eine persönlichere Kommunikation ermöglichen, indem er beispielsweise Nachfragen zur Familie an den Bewohner stellt. Im Bereich des Sprachsystems des Roboters kann ein Begeisterungsmerkmal die Sprachausgabe darstellen. Ist die Sprache möglichst menschlich mit einer angenehmen Sprachmelodie und Betonung, dann ist die Kommunikation angenehmer für die Anwender. Allerdings kann diese Vermenschlichung des Roboters auch abschreckend wirken und wird individuell verschieden aufgenommen. Perspektivisch können auch Funktionalitäten, die sich unter dem Begriff der Künstlichen Intelligenz subsumieren lassen, ein Begeisterungsmerkmal darstellen. Mit Hilfe maschinellen Lernens wäre ein Roboter z. B. in der Lage, über einfache vorgefertigte Algorithmen und Handlungsoptionen hinausgehend autonomer zu agieren und Anpassungen am System vorzunehmen. Besonders in der Kommunikation zwischen Mensch und Roboter würden sich durch Künstliche Intelligenz neue Möglichkeiten eröffnen, indem durch das maschinelle Lernen eine menschenähnliche Kommunikation mit Bezug auf das vorher Gesagte möglich wird, die über bloße Wettervorhersagen oder Gesprächsfloskeln deutlich hinausgeht. Aufgrund der Tatsache, dass ein Roboter diverse Daten erhebt, wäre auch denkbar, dass diese für medizinische oder unternehmerische Zwecke aufbereitet und genutzt werden können. Beispielsweise wäre ein Roboter in der Lage, Veränderungen in Qualität oder Quantität in der Kommunikation mit einem Bewohner zu verzeichnen und könnte nützliche Informationen liefern, inwieweit eine Verbesserung bzw. Verschlechterung der Sprachkompetenz eines Bewohners vorliegt.
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Die Abbildung 3 listet alle zuvor genannten Merkmale im Überblick auf: Basismerkmale
Sicherheitsstandards Datenschutzkonformität Ethische Vertretbarkeit Technische Reife Einfache Bedienung Bedienhandbuch Reichweite & Laufzeit Kompatibilität Größe Unterstützung, nicht Belastung Kosten usw.
Leistungsmerkmale
After-Sales-Service Sinnvolle Arbeitspakete Effektivität/Effizienz im (therapeutischen) Einsatz Intuitive Bedienung Optik und Haptik Proaktivität Unterhaltsamkeit Flexibilität Gesichts- und Spracherkennung usw.
Begeisterungsmerkmale
Abbildung 3:
4.
Finanzierungshilfen Zusatzmaterialien Ersatzteile/Pflege-/ Reinigungsprodukte Vergünstigungen Teilnahme NutzerCommunity Veranstaltungseinladungen Individualisierung und Personalisierung Sprachausgabe Künstliche Intelligenz/ maschinelles Lernen Data Analytics usw.
Anwendung der Merkmalskategorien des Kano-Modells auf den Anwendungsfall der Servicerobotik in der stationären Altenpflege (Quelle: in Anlehnung an Kano et al. 1984, S. 5)
Konsequenzen hinsichtlich der Gestaltung der Anwenderzufriedenheit in der sozialen Dienstleistungsbranche
Wie die vorangegangene Analyse gezeigt hat, sind in der sozialen Dienstleistungsbranche trilaterale Leistungsbeziehungen anzutreffen, sodass hinsichtlich der Gestaltung die voraussichtlich nicht immer deckungsgleichen Gestaltungsanforderungen der Beschäftigten als auch der Bewohner in Einklang zu bringen sind. Weiterhin hat die Analyse gezeigt, dass die Bandbreite an möglichen Basis-, Leistungs- und Begeisterungsmerkmalen von Robotikanwendungen in diesem Dienstleistungskontext groß ist. Aus der Zusammenschau beider Analysestränge lassen sich drei grundsätzliche Problemfelder hinsichtlich der Gestaltung der Anwenderzufriedenheit ableiten, die im Folgenden kurz skizziert werden: Problemfeld 1: Im Kontext der Altenpflege stellen die Bewohner eine wichtige, aber vulnerable Anwendergruppe im Dienstleistungserstellungsprozess dar. Die Vulnerabilität ergibt sich aus den physischen und kognitiven Einschränkungen, mit der die Mehrzahl der Bewohner von Altenpflegeeinrichtungen konfrontiert ist. So ist es beispielsweise einem demenziell erkrankten Menschen ab einem gewissen Krankheitsstadium nicht mehr möglich zu verbalisieren, inwieweit sie oder er zufrieden ist. In empirischen Studien wird die
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Anwenderzufriedenheit z. T. indirekt erschlossen über die Einschätzung der Pflegenden, ob die Bewohner sich in der Interaktion mit dem Roboter weniger agitiert bzw. ruhiger verhalten (z. B. Bemelmans et al. 2013). Hier stellt sich die methodische Frage, ob diese Fremdbeurteilung die tatsächliche Anwenderzufriedenheit adäquat widerspiegelt – gegebenenfalls ist das ruhige Verhalten des Bewohners auf persönliche Unsicherheit, Irritation oder kurzfristige Ablenkung im Umgang mit der Robotikanwendung zurückzuführen. Drängend stellen sich hier ethische Fragen: Inwieweit ist es moralisch vertretbar, in die pflegerische Dienstleistung, die gegenüber der vulnerablen Gruppe der Bewohner erbracht wird, einen Serviceroboter einzusetzen? Problemfeld 2: Mit ansteigender Merkmalsebene werden die individuellen und situativen Begebenheiten von den Anwendern anders gewichtet, sodass Abweichungen und Kontroversen wahrscheinlicher werden. Bei den Basismerkmalen dürften sich Entscheider und Anwender noch einig sein, danach variiert die Relevanz für die verschiedenen Anwendergruppen stärker. Die Anschaffungs- und Instandhaltungskosten beispielsweise interessieren vor allem die Geschäftsführung und weniger die Bewohner und Beschäftigten eines Wohnbereichs. Im alltäglichen Umgang mit einem Serviceroboter ist dafür für die Beschäftigten womöglich essenziell, dass eine umfassende Schulung und begleitende Unterstützung erfolgt, der Roboter sinnvolle Aufgabenpakete übernimmt und das Personal entlastet. Für den Bewohner zählen womöglich eher die Optik und der Grad an Unterhaltungspotenzial als Zusatzzubehör und Reinigungsprodukte. Problemfeld 3: Einzelne Basis-, Leistungs- und insbesondere Begeisterungsmerkmale laufen Gefahr, die Anwenderzufriedenheit einer Anwendergruppe auf Kosten der Verletzung von Rechten anderer Anwendergruppen zu steigern. Dies gilt z. B. für das Merkmal der Data Analytics: Aus Sicht der Organisation, die einen Serviceroboter im Einsatz hat, ist es interessant auswerten zu können, wie häufig ein bestimmter Bewohner mit dem Serviceroboter in einem bestimmten Zeitfenster interagiert hat. Auch hier stellen sich wieder ethische wie auch datenschutzrechtliche Fragen: Welche Daten werden über den einzelnen Bewohner gesammelt, gespeichert und ausgewertet? Ist dies therapeutisch gerechtfertigt und notwendig? Ähnliche Fragen lassen sich auch in Bezug auf die Individualisierung des Dienstleistungserstellungsprozesses stellen: Ist es ethisch vertretbar, dass ein Roboter die Vorlieben eines Bewohners genauestens kennt und damit in seinem Einsatz immer „menschenähnlicher“ wird? Aus der kurzen Skizzierung der genannten drei Problemfelder wird deutlich, dass die Gestaltung der Anwenderzufriedenheit mit maschinellen Dienstleistern in der sozialen Dienstleistungsbranche ein diffiziles Unterfangen ist, das durch rechtliche und ethische Reflexionen begleitet werden muss. Ethisch-normative Leitplanken für die Gestaltung des Robotikeinsatzes – speziell in der Altenpflege – liefert z. B. der Code of Conduct der American Nurses Association (2015). Kontextübergreifend relevant sind hier weiterhin die so genannten Ethik-Leitlinien für eine vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz, die 2018 durch die Europäische Kommission (2018) herausgegeben wurden. Im Sinne eines handlungsleitenden Gestaltungsansatzes sei hier weiterhin auf die DIN EN ISO 6385 verwiesen, die eine menschzentrierte Gestaltung (digitalisierter) Arbeitsprozesse beschreibt (vgl. auch Hacker 2018).
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Abschließend ist festzuhalten, dass viele der genannten Merkmale derzeit noch nicht in vollem Umfang verfügbar sind. Momentan kommt kaum ein Roboterprojekt über den Prototypenstatus hinaus. Einzelne, wie beispielweise „Paro“, sind schon kommerziell im Einsatz (Fuest 2018). Bis Roboter tatsächlich flächendeckend in der stationären Altenpflege eingesetzt werden und Pflegekräfte wesentlich entlasten können, wird noch viel Zeit vergehen. Entsprechend besteht die Chance, die im vorliegenden Beitrag skizzierten Aspekte in der Entwicklung der maschinellen Dienstleister für die soziale Dienstleistungsbranche zu berücksichtigen.
Literaturverzeichnis American Nurses Association (2015): Code of ethics for nurses with interpretive statements, Silver Spring, MD. Beedholm, K./Frederiksen, K./Skovsgaard Frederiksen, A.-M./Lomborg, K. (2015): Attitudes to a robot bathtub in danish elder care – A hermeneutic interview study, in: Nursing & Health Sciences, Vol. 17, No. 3, S. 280-286. Bemelmans, R./Gelderblom, G./Spierts, N./Jonker, P./de Witte, L. (2013): Development of robot interventions for intramural psychogeriatric care. In: GeroPsych, Vol. 26, No. 2, S. 113-120. Birks, M./Bodak, M./Barlas, J./Harwood, J./Pether, M. (2016): Robotic seals as therapeutic tools in an aged care facility – A qualitative study, in: Journal of Aging Research, Vol. 2016, S. 1-7. Bundesagentur für Arbeit (2017): Fachkräftemonitor 2017, Nürnberg. Broekens, J./Heerink, M./Rosendahl, H. (2009): Assistive social robotics in elderly care – a review, in: Gerontechnology, Vol. 8, No. 2, S. 94-103. Chichoki, M./Quehenberger, V./Zeiler, M./Krajic, K. (2015): Gesundheit am Arbeitsplatz in der stationären Altenbetreuung, in: Prävention und Gesundheitsförderung, 10. Jg., Nr. 3, S. 206-221. Demografieportal des Bundes und der Länder (2018): Anzahl der Pflegebedürftigen steigt vor allem bei den Hochbetagten, http://www.demografie-portal.de/SharedDocs/Informieren/DE/ZahlenFakten/Pflegebeduerftige_Anzahl.html (Zugriff am 05.11.2018). Eggert, S./Schnapp, P./Suhlmann, C. (2019): Schülerbefragung Pflege – Eigene Erfahrungen und Interesse an Pflegeberufen, Berlin. Enquete-Kommission Pflege in Sachsen (2019): Abschlussbericht, Dresden. Europäische Kommission (2018): Ethik-Leitlinien für eine vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz. Brüssel. Fuest, B. (2018): Keine Chance für Roboter, https://www.welt.de/print/die_welt/finanzen/article178943036/Keine-Chance-fuer-Roboter.html (Zugriff am 15.08.2019).
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Raafat George Saadé, Golnaz Rezai and Holger Roschk
Automation of Knowledge Processing and Learning
1. Introduction 2. Background – Transforming Learning 3. Knowledge Management in Automated Learning 4. Design of Automated Learning System 4.1 Human Subsystems 4.2 Resource Subsystem (Knowledge Assets) 4.3 Learning Environment Subsystem 5. Behaviorism, Cognitivism and Constructivism in Automated Learning Systems 5.1 Behaviorism 5.2 Cognitivism 5.3 Constructivism 6. Conclusion References ___________________________ Golnaz Rezai, PhD, is a Research Associate of Marketing at Concordia University, Montréal, Canada. Raafat George Saadé, PhD, is a Professor of Supply Chain and Business Technology Management at Concordia University, Montréal, Canada. Holger Roschk is a full professor of Service Management at University of Klagenfurt, Austria.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Bruhn und K. Hadwich (Hrsg.), Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen, Forum Dienstleistungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30168-2_19
1.
Introduction
In an attempt to improve the quality and efficiency of the education industry, information technology (IT) has quickly become a tool for active learning and exploration (Holmes et al. 2015). The COVID-19 pandemic clearly accentuated this trend and the need for online teaching. The spread of the Internet along with information and communication technology (ICT) which began in latter of the 20th century have changed the emphasis of education from acquisition of knowledge to knowledge creation (Nof et al. 2015). It also leads to further customized education and training with more learneroriented than instructor-oriented approaches and enables students to better engage in the learning process (Edward et al. 2018). The spread of COVIDǦ19 across the world, accentuates the importance of automation learning which is seen as a turning point in education industry. Many universities and learning and development professionals are transitioning quicker from classroom or blended learning to fully online courses while others are struggling to get the required technology for online learning. This coping mechanism has caused challenges in the paradigm of pedagogy that needs be changed and should be supported by the various diverse automated educational, learning, and technological tools such as peer-learning, self-directed learning, adaptive learning, game-based learning (GBL), gamification, augmented and virtual reality. This chapter therefore identifies the transformative and pedagogical power of automation in education and provides a framework for our colleagues at universities across the world to consider conducting online education in unseen circumstances such as current COVID-19 pandemic. A successful automation-in-learning example would be distance learning which has gone through multitude of iterations from directed and non-interactive to flexible twoway communications and group-orientation mode (Akyüz/Samsa 2009). In fact, with the significant recent advances in information technology and the different roles that information technology has positioned itself to play, there have been many speculations that the “intelligent machines” will replace teachers in the next decade (Edward et al. 2018). This is a very realistic expectation especially with the latest advances in Machine Learning (ML) and its successful implementation, not only influencing learning methodologies and instructions but the educational system as a whole. On the other hand, todays’ students are more likely to be in control with their leaning needs and process as it leads them to perform better in situations that consider their area of interests, learning style and preference (Wanner/Palmer 2015). As the focus on personalizing and autonomous learning increases facilitated by advanced information technology tools, learning methods can increasingly offer more opportunities for enhanced personal learning paths. Yet, these learning tools based on advanced information technologies are still very specialized and specific in their purpose of learning a specific subject. They do not play a
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role in the management of learning and the learning process which Learning Management Systems claim to do. Learning Management Systems today are still primarily content management and do not address pedagogy or instructional strategy nor have the ability to automate the learning process including assessment of learning goals. To some extent, automated learning has started being used by many educators (probably also enforced due to recent COVID-19 events) and many processes are happening automatically, such as grading quizzes and exams, notifications and forums, are simple examples of automations. However, automation is still an emerging concept in the learning paradigm as its potential can reach much farther into the learning process. For example, integrating learning with Customer Relationship Management (CRM) to create workflow based learner behavior is one of the high values that automation can provide. Meeting the needs and behavior of each learner by automatically adjusting the level of knowledge and its form of processing will facilitate the success (in terms of absorption and assimilation) of their knowledge acquisition performance by ensuring that the learner receives the support needed. Intelligent components can monitor learner interactions and help increase the motivation and engagement of the learner and between them resulting in improved learning environment and outcomes (Lee/Yuan 2018). As an example, automation requires learners to connect their critical and design thinking skills (Saadé et al. 2012). Designed, developed and implemented games in order to facilitate learning process is another example of automation in education. GBL designs aim to teach distinct skills or specific learning outcomes, rather than being a complete pedagogical system (Nousiainen et al. 2018). Game elements along with augmented and virtual reality can bring pedagogical values by increasing learner engagement and sustaining motivations (Hung et al. 2015; McKaren et al. 2017). Despite the fact that designing GBL aims at creating a much more exciting and engaging experience for learners, both e-learning and GBL facilitate the transfer of knowledge, skills and attitudes to learners and create a delivery system to meet learner’s educational needs and goals. However, creating an automated course, or designing an automated classroom (face to face or online), requires the consideration of the learning environment as a system and the integration of three subsystems necessary to achieve desirable learning outcomes. These subsystems are: The human subsystem, the pedagogical subsystem, and the subject area subsystem. The literature on automation in education has stagnated on the prediction and assessment of learner’s performance and automation grading systems (Edwards 2003; Wilcox 2015). Moreover, there is a large body of research on E-Tools and IT-enabled tools such as virtual reality, and games developed and used for learning. However, they are highly specific in the subject matter they target and are very useful to being a part of the learning environment system mentioned above. In addition, all these advances in IT for learning have culminated today to the Internet of Things hype promising even greater opportunities for the design of automation in learning. Since the subject matter focus of this chapter is automation in knowledge processing and learning, it is important to frame the notion and perspective of the word automation as it
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is considered herein. There does not seem to be a consensus on the definition of automation and we select here three sources:
Encyclopedia Britannica: Automation is the application of machines to tasks once performed by human beings or, increasingly, to tasks that would otherwise be impossible. Dictionary.com: Automation is the technique, method, or system of operating and controlling a process by highly automatic means, as by electronic devices, reducing human intervention to a minimum. Technopedia.com: Automation is the creation of technology and its application in order to control and monitor the production and delivery of various goods and services.
Considering those three definitions, we can identify the elements of automation, namely electronic devices (machines), and less human intervention, with technopedia.com adding the element of purpose (monitoring). We see that this notion of automation is suitable for the industrial revolution and the world of manufacturing for example where robots are being used, or today, maybe self-driving cars. However, the use of automation in the context of learning is dubious. We therefore make an attempt to provide a more suitable definition for automation in the context of learning. Working with the three definitions above, we select concepts of creation, electronic devices, systems, control and monitor. We would replace these concepts into today’s terminology and propose the following definition of automation in the learning context: Automation in learning (AiL) is the development, implementation and use (creation) of information technologies (replacing electronic devices and machines) integrating the human, pedagogy and knowledge (subject area) subsystems into a learning system capable of intelligent knowledge acquisition (replacing control and monitor). This definition does not indicate automation as a series of steps/tasks for learning, or technologies that are adaptable to student responses and adjust levels of difficulties but rather the systems view of automation where overall management of a learning activity requires the consideration of digital innovation as enablers for the integration of the three proposed subsystems. The definition also does not advocate or insinuate the replacement of teachers and tutors with intelligent components, but rather emphasizes the need to use artificial intelligence and big data to better target (by individualizing) learning tasks, tools, media and communication for the learner. The definition calls for the elimination of the one-learning-method-for-all to be replaced by intelligent targeted knowledge and the view of learning to exist outside space and time and as an evolutionary process that occurs differently among individuals. The dream (ultimate goal) is optimal continuous improvement of the individual by learning – period; the rate at which this occurs is irrelevant.
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2.
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Background – Transforming Learning
Learning is the collective pursuit of truth characterized by consensus, transparency and performance through transferring knowledge (LeCun et al. 2015). This statement, although accurate, continues to represent elements of the classical teacher-students view. The need for a paradigm shift in our collective understanding of learning considering the level of digital innovations today requires us to view that: Learning is the collective pursuits of truth characterized by sharing knowledge and acknowledge the differences in which this truth is experienced. Reviewing the body of knowledge, automation entails the use of information technology by which it promotes consensus because it is record-keeping. It is also transparent because participants are able to communicate, validate and transfer not just the content but also the perceived value inherent the content. Many theories explain how to maximize learning that accounts for learning in three domains: knowledge, skills and attitudes. It is quite difficult to categorize these theories as they are overlapped but there is a way to categorize them based on their focus. First group would be “Instrumental Learning Theories” which includes behavioral theories, cognitive learning and experiential learning theories. These theories prompt learning based on competency, psychological process of mind and experiences (Ashby/Valentin 2017; Schlüter et al. 2017). Humanistic theories focus on individual development and self-actualization. They promote self-directed learning emphasizing on individual freedom and autonomy (Durning/Artino 2011; Arghode et al. 2017). Transformative learning theories emphasize on critical reflection and learner’s assumptions and critical re-examinations (Christie et al. 2015). There are also social theories of learning with the focus on context and community. These theories entail the idea that learning occurs within the social activities and setting in which learning takes place (Akers/Jensen 2017). Recently, the motivational and reflective models are widely discussed to relate learning process to two elements; motivation and reflection (Harvey et al. 2016). This is more like deliberate practice which helps to develop knowledge through motivation, feedback and reflection. In automation’s scheme (e.g. gamification or GBL) first the learner has concrete experience upon which they reflect. Through their reflection they are able to abstract concept, then they consolidate their understanding with their peers. At the end, this provides them with concrete experiences which help them make the appropriate generalization and the cycle continues. As for educators, it is important to design activities that allow the cycle to continue and be followed. Thus automation facilitates the interaction among learners and their interaction with educators through online discussion, collaboration and two way communications (Cerezo et al. 2016). The use of automation in learning makes the learning process a holistic experience that all the stakeholders take parts and therefore, learner’s engagement and interaction with their peer, course content and educator is necessary. Interactive multimedia learning materials offers many pedagogical advantages
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such as flexibility in learning, and provides reusable resources that respond to both learners and educators’ needs (Saadé/Kira 2007). The learning process acquires creating new knowledge, relating it to what is already known and developing new understanding based on intended learning outcomes. Thus, by applying automated tools, the learning outcomes should be more associated with developing new ideas which is then applied, analyzed and evaluated (Reddy et al. 2017). For automated courses, learning outcomes can further refined using Bloom’s taxonomy with Anderson’s modifications. Automation changes education into more personalized model and there are debates to personalize exam question based on Bloom’s taxonomy in automated environment. Doing so stimulates actual learning processes and even weaker learners are able to perform better in their exam (Goyal/Rajalakshmi 2018). The reality is, in automated education, a lot of learning takes place outside of the classroom and adapting to individual learning styles and personalizing the education to each learner will offer highly efficient learning at the individual’s natural pace and level of challenge. With the adoption of virtual and augmented reality technologies, learning is getting more interesting and exciting than ever. Augmented reality (AR) is a technology that enables students to link what they are observing in the real world to their prior knowledge (Chen et al. 2015). The application of this technology can create tangible and exciting experience for the learners by which they explore new forms of learning in the various subjects (Hwang 2016). The use of games with AR applications seem be an effective way as it proposes that gaming experiences in learning are useful for problem-solving and building motivation (Yang 2012; Hwang et al. 2014). Most importantly, some studies pointed out GBL could provide students with opportunities to explore and acquire knowledge (Boyle et al. 2014). Not only do augmented reality and game design require students to be familiar with media and technology, they also require students to be creative and critical thinker, therefore they have great potential to facilitate student’s 21 st century skill development (Qian/Clark 2016). According to Geisinger (2016), the 21 st century learning is divided into two categories of skills; innovation skills (e.g. critical thinking, creativity collaboration and communication) and information media and technology skills. The fact is that it is not always possible to evaluate and measure 21st century skills using traditional educational and assessment practices as their emphasis is on standardization and conformity (e.g. standardized testing and one correct answer). The AR and GBL, on the other hand, provide means of assessing 21st century skills by necessitating and valuing these skills (Squire 2011; Binkley et al. 2012; Romero et al. 2015; Siddiq et al. 2016). Meanwhile, research has shown that learning theories such as constructivism and flow theory can be incorporated with game design learning (Anderson 2011; Boyle et al. 2011) and it is most likely to lead to effective learning by providing players with adaptive challenge, curiosity, self-expression, discovery, immediate feedback, clear goals, player control, immersion, collaboration and competition (Chan/Yuen 2014; Huang et al.
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2018). Congruently, previous research studies indicate that while gamification is gaining ground in education, there is a need to pay more attention to the contextual factors affecting the learning process (Dicheva et al. 2015) as the process of learning new things is not just about surface learning and acquiring knowledge, rather than it is about being able to make sense and make use of it (McLean et al. 2016). Individual learners have different learning styles in addition to their personality and demographic characteristics. Therefore, the gamification pedagogy and learning environment should allow them to explore their social roles (inside and outside of the game), form hypotheses, test new ideas, and develop skills by playing. Incorporating automation in pedagogy (e.g. GBL) has a significant impact on retention as learners are motivated to practice and refine applying new knowledge and skills (McLaren et al. 2017). Looking through the lens of pedagogy (which is relatively ignored in the literature of ITenabled learning), the use of pedagogy-embedded automation is of primary importance to help optimize individualized learning by enabling and sustaining problem solving, critical and creative thinking skills. However, such automation tools need to consider the three main subsystems of learning. Knowledge management is able to emphasize on aligning learning analytics application with learning design, so that the analytic driven feedback from learners will be congruent with the subject matter and pedagogical regime.
3.
Knowledge Management in Automated Learning
Literature on knowledge management in automated learning is scarce. Relatively few researchers have addressed the importance of knowledge management perspective in education/learning and even fewer are found to discuss knowledge management in the context of automated learning. Knowledge management regards learning as a part of a knowledge sharing process allowing the acquisition, dissemination, organization, and assimilation of information. Knowledge management, especially in learning, is very important in today’s shared global economy. Automated learning systems should provide learners with innovations to assist and facilitate knowledge construction and dissemination. Joint use of knowledge management processes and automated learning systems creates a considerable amount of opportunities and provides a more flexible set of options for both learners and educators. According to Ras et al. (2005), both knowledge management and online learning programs facilitate learning and competence development from two different perspectives: Knowledge management emphasizes on sharing knowledge among learners and automated learning focuses on the individual acquisition of new knowledge. Moreover, the ultimate goal of knowledge management is the development of an automated environ-
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ment for the identification of sources, acquisition, processing and disseminating knowledge, and its use for successful learning experiences. Today, course-based learning is not sufficient for learners because the integration of different necessary resources is a challenge, and different valuable sources are abundant (Altun 2017). Knowledge management allows users to organize and share these resources, increase student retention and archive operational excellence. Typically, the creation of an automated course relies on the state of knowledge management associated with automated learning subsystems which are human subsystem, the pedagogical subsystem and the subject area subsystem. Therefore, there is a need to design a model that encapsulates the subsystems and can be used to structure, plan and deliver successful learning experiences.
4.
Design of Automated Learning System
The primary objective of automation in learning systems is the streamlining of accurate identification of sources, creation, acquisition, reception, and transmission of knowledge. This objective is the driving force behind the construction and communication of knowledge. It includes strategies that determine communication between learner and subject matter, instructor and learner, and between learners. Saadé et al. (2011) explained that the underlying idea of modeling IT-enabled instructional systems (in the present paper referred to as automated learning systems) is an explicit division of the instructional system into specific subsystem: The interplay between these subsystems entails both technical and non-technical components which represent the behavioral, cognitive and constructivist learning paradigms. This is not a trivial problem as it promotes the diversification of knowledge processing mechanisms minimizing learning biases and maximizing learning efficiencies. This substantial mix of behavioral, cognitive and constructivist ingredients into the subsystems can be realized through information technology automation IT-enabled tools/technologies should be designed in such a way to meet the pedagogical needs of learners and the approaches to teaching and learning in the classroom/online. Therefore, an automated learning system not only is about the interactivity and multimedia but it is also about the holistic learning experience which spans across four levels of knowledge processing, that of within the self, collaborative with peers, influence on society, and world impact. The critical link, therefore, is between the theories of human learning and an autonomous body of knowledge about instructional and pedagogical phenomena, and learning environmental design. The challenge is to construct an autonomous, IT-enabled learning environment that provides an optimal individualized experience. Up to this date, research in learning systems remain to be focused on investigating
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the technical quality and rather neglect the pedagogy and how to guide the learner to make the most effective use of ICT learning environment (Lanzilotti et al. 2011). ICT methodologies can support the design of appropriate automated learning systems; however, there is a need to adopt these methodologies to the students’ learning styles and to assure learners’ interaction with the systems is as natural and intuitive as possible. The current trend in designing online/automated learning systems is empirical, however stronger synergy should be stablished between human needs and experience; knowledge assets and resources; and ICT learning environment. To achieve this objective, researchers should study and practitioners should develop innovative designs of IT-enabled tools that meet the following requirement:
Assess current level of knowledge, Guide learners to make the most effective use of the didactic content, Build a personalized learning plan and follow progress of learning with ability to change and modify plan as needed, Focus on learning = “learner-centered” Establish strong links between the subsystems, Design and embed pedagogies that consider the links between the learning theories, Consider individual learning differences, Be clear on bloom level’s integration into the pedagogical process and learning strategy, Pay attention to the learning environment.
We propose a framework in Figure 1. In order to ensure a user-system interaction that facilitates an autonomous learning process, we emphasize the interaction dimension between the subsystems which are pedagogical, technological and procedural. It is impossible to ignore the influence of these interfaces on learning process and thus they should be defined and evaluated. The constructs of our proposed framework are:
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Pedagogy Behaviorism Cognitivism Constructivism Knowledge Assets Subsystem Repository Architecture Sources Format/Media Data Dictionary
1
Human Subsystem Learner Instructor Assistant 3
6
2
Procedures/Processes Tasks Instructional Strategy Knowledge Processing (Nonaka SECI Model)
Figure 1:
Information Technology Subsystem Application & Tools Programs & Software Animation Augmented Reality Gaming
Human Computer Interaction – HCI Colors Layouts Design Fonts Click processing
Proposed Framework for Automated Learning System
4.1 Human Subsystems This subsystem entails the interaction between:
Learner and instructor (student to subject matter expert) Learner and learner (peer to peer) Learner and tutor (student and learning support) Learner and content (student and subject matter) Instructor and content (subject matter expert and knowledge assets and sources – Tacit, explicit) Instructor and tutor (subject matter expert and learner support establishing strategies and support mechanisms to learning) Tutor and content (Learner support and subject matter – management of knowledge assets and resources)
The communication is crucial for automation and the management of information technology tools and knowledge assets. With this perspective, the focus shifts from linear professor-to-student content delivery to a learning approach that emphasizes the management of knowledge assets and its mobilization via communication and collaboration.
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This subsystem involves features that encourage connecting, relating, sharing and other sorts of interactions that intelligent components can be actively engaged and involved while at the same time promote, encourage and motive the engagement of the participants, namely tutor, instructor and learner. Efforts to developing and maintaining this subsystem is essential to the overall automation design, mainly because it can be challenging for the participants (learners, instructors and tutors) to effectively manage and individualize the knowledge assets. The various forms of built-in communication mechanisms would facilitate knowledge acquisition, creation, and transmission. It also gives the instructional designers the ability to support the learners based on their needs and requirements.
4.2 Resource Subsystem (Knowledge Assets) Focus on knowledge as a strategic asset is of significant importance to the automation of learning because of its complex multi-dimensional nature. For example, every single concept can be formulated (packaged in any single form or mixed formats: text, video, animation, sound byte, gamed, simulated, presentation etc.; and at multiple depths of knowledge such as novice, intermediate and advanced) differently. Looking at the state of the web today, everyone agrees that the resources are numerous for any concept, yet unfortunately there is no way to figure out the quality of those resources. Therefore, an important part of the automation paradigm is the management of these socalled knowledge assets. This is a gigantic subject matter all-together and outside the scope of this chapter but the areas of research and application that need to dealt with include data warehouses, big data, and knowledge management and processing. Ultimately, the central theme of the resources subsystem is to enhance the efficiency and effectiveness of knowledge manipulation/management for the learner and organization. Thus, managing knowledge successfully is essential to achieve the automated learning’s goals. It was about three decades ago, when Nonaka and Takeuchi (1996) developed the SECI Model (Socialization, Externalization, Combination and Internalization) for Knowledge Management and Nonaka’s theory states ongoing knowledge creation is the source of continuous innovation and sharing. Nonaka (1994) defines knowledge “as a dynamic human process of justifying personal belief toward the truth.” This understanding emphasizes that knowledge is essentially related to human action. As a fundamental basis for the “automated learning system framework” we focus attention on the interaction between knowledge assets (resources subsystem) and the human subsystem. This aspect involves presentation of the knowledge creating materials and E-tools to the learner and learner’s activity performed during the interaction with the knowledge asset.
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4.3 Learning Environment Subsystem Introducing ICT into education was the answer for those who wanted to make education more accessible and available (Noor-Ul-Amin 2013). The movement of education industry towards quality assurance can be achieved by creating learning environment through efficient use of technology (Valtonen et al. 2015). Positive and safe learning environment is viewed in the literature as one of the major elements for student engagement. The ICT learning environment is primarily an asynchronous environment which facilitates engagement that leads to critical thinking and deeper learning. ICT has the potential to accelerate and deepen skills and to motivate and engage students in self-regulated feedback (Gros 2016). Unfortunately, the ICT learning environment promises have not been realized since most educational spaces base their learning environments on linear learning processes with little innovation (if any) with regards to measurable engagement, critical thinking and deeper learning. These measures in present learning environment spaces are still the same for decades. The notion of automation provides many opportunities for a paradigm shift and methodologies innovation simply due to the possibility of capturing and managing pertinent learner data. For example, developing and using the notions of a cognitive efficiency metric, learner persistence, and peer-index. The fact that ICT increases the flexibility of delivery of education raises the importance of engagement and feedback by both educators and learners. Larson and Lockee (2013) pointed out that media selection is a key task in designing an efficient automated learning environment. Successful media selection requires consideration of two aspects of ICT environment which are engagement and interaction (Czerkawski/Lyman 2016). Obviously, ICT environment enables learners to access materials anytime and from anywhere but the environment should be designed in such a way to build the interaction between learners and the delivery technology itself. Yet, the selection of media is important to facilitate not only the interaction between learners and delivery technology but also the interaction between learners with their peers and educators. A study by Czerkawski and Lyman (2016) indicated that the following human computer interaction (HCI)-related aspects must be considered when it comes to designing an automated learning environment:
Interaction and collaboration Feedback strategy Media and technology selection in order to support automated learning
The body of knowledge on HCI is rich and dominated by computer science and software engineering. However, when it comes to learning environments, little has been published. The nature of learning in online settings is different from the environments being used as a software.
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Using the context of our definition of automation, human-IT systems refers to the integration of human needs with IT to fulfill function through their two-way interaction. The promise of automation in this two-way interaction is the notion of intelligence from both interacting parties. The mode of this interaction is a process of transferring knowledge assets through various inputs to allow the construction of individualized knowledge. In the leaning context, this is a creation mechanism. Typically, in HCI software mode, through the interface, the learner inputs instructions and the software present the results. In the learning context and with automation, both parties are intelligent such that instructions and presentation of results can occur either way and even be negotiated. These interactions can occur at the data, image, voice, or intelligence levels. The goal is not anymore to execute a task but to complete a goal/objective. There are yet many more HCI-factors that can be considered today for the development of efficient and effective learning environment and include (Chao 2009):
Knowledge Assets Repository Interactions: Data, Image, Voice, Intelligent Structures and Processes: Cognitive Loading, Tasks, Purpose, Design, Interactivity, Consistency, Ease of Use Visual Design: Cognitive Loading, Memory Considerations, Colors (color related to psychological reaction such as red to fervency; orange to joy; yellow to hope; green to peace; blue to equability; purple to elegance; black to fear; white to holiness; and grey to modesty), Clarity, Fonts
ICT learning environment plays an important task as mediator of cognitive development as it has changed the characteristics of problems and learning tasks. Moreover, it has also changed the educator’s role from “sage on the stage” to “guide on the side”. In fact, the explicit inclusion of the interaction aspect is one of the novelty of our approach as a great contribution to learning comes from this interaction which we called it pedagogy. Pedagogy is understood to be an important indicator of quality of the relationship between learning techniques and learner engagement (Ferguson et al. 2015). On the other hand, previous research about automated learning systems (e.g. open educational resources (OER), massive open online courses (MOOCs), social media, options for assessment, learning analytics, new forms of credentials, and augmented and virtual reality) the most important issues, concern how technology is changing the pedagogy (Niemi/ Multisilta 2016; O’Dowd/Lewis 2016). What is clear is that new technologies increase flexibility and access to education. In looking at the pedagogical changes and their implications for students, faculty, staff, and institutions, we need to look at the learning theories and learner engagement as contributing factors in automated learning (see Figure 1, No 1).
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5.
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Behaviorism, Cognitivism and Constructivism in Automated Learning Systems
Learning theories are applied to explain learning processes (Goldie 2016) and how they can be embedded into learning automation processes. The purpose of elaborating to the fundamental learning theories in automated learning environments is to explore how learning can be integrated, explain the factors influence learning and design the best way to transfer knowledge in order to achieve suitable and targeted learning outcomes (Graham et al. 2014). We elaborate on behaviorism, cognitivism and social constructivism theories as the foundations in our proposed framework pedagogical dimension. For each learning theory, we elaborate on three basic question to help guide in the use of those pedagogies in learning automation, namely: How does learning occur (Explore)? Factors influencing learning (Explain); and the best way to transfer the knowledge (Design).
5.1 Behaviorism Explore – How does learning occur? The focus of this theory is how individuals behave and it equates to the idea that all behaviors are acquired through conditioning. The behaviorist school of thought postulates that learning is accomplished when a proper response is demonstrated by external stimuli from the environment. Therefore, the learner is characterized as being responsive to positive or negative feedback conditioning and learning will occur through associations. Explain – The factors influence learning? The environmental conditions and factors such as the prominence of the stimuli and the timing of its presentation followed by positive/negative response/feedback plays an important role in how quickly an association is formed. Also in this approach learners do not work independently and their behavior is closely controlled by teachers and environmental condition. Design – The best way to transfer the knowledge The behavioristic approach for learning suggests defining sequences of instructions using conditional techniques. Thus, involving in the situations with similar features allow behavior to transfer across the learning situation. According to Weegar and Pacis (2012), in this approach, a teacher has to set the right response or criteria and students are individually assessed and controlled. Once their performance and behavior are based on the criteria (set by teacher), it can be stated that the students acquired the new knowledge.
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In case of automated learning, the various technological tools can primarily be designed in the context of behaviorist theories and the computer-assisted instruction (CAI) is one of the recent examples. However, the acquisition of higher-level skills or those that require a greater depth of processing such as language development, problem solving, inference generating, critical thinking cannot be adequately explained and achieved by behavioral principles.
5.2 Cognitivism Explore – How does the learning occur? Unlike behaviorism, in cognitivism the learner is viewed as an information processor with the emphasis on promoting the mental processing functions (not stimulus or conditioning). The focus of cognitive theory is on the use of memory, motivation, thinking, and reflection. Explain – The factors influence learning? Cognitivism sees learning as an internal process and therefore the main factor influencing learning is the processing capacity of the learner and the amount of mental effort expended during the learning process. However, cognitive theory emphasizes the role environmental cues play in facilitating learning. The environmental cues aim to guide learners how to perceive, interact with others, and respond to the learning environment (Jung 2019). Design – The best way to transfer the knowledge According to cognitive psychology, transfer is a function of how new information integrates with existing information from long-term memory. Bloom (1956) established a taxonomy of learning that moves learning theory toward issues of cognition. It is related to the development of intellectual skills and to stress the importance of problem solving as a higher order skill. Since this approach is concerned about identifying and describing mental processes that effects learning, the teaching strategy should enhance the learning process by directing learner’s attention to important and critical information, highlighting and reasoning novel information. There is a need to mention this concept has led to several technology-based developments in teaching such as intelligent tutoring system, and pre-determined learning outcomes.
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5.3 Constructivism Explore – How does the learning occur? Another predominant learning theory is constructivism, which asserts that learning is contextual and learning activities are designed to motivate learners to contextualize the information as they personally experience it. This is an active procedure as students enter the process of building knowledge by trying to clarify the events of the learning environment, which could be automated as well. Constructivists believe that learners do not transfer knowledge from the external world into their memories; rather they build personal interpretations of the world based on individual experiences and interactions. Explain – The factors influence learning? Both learner and environmental factors are critical in the constructivism theory and learners are seen individually as a unique active learner with their own ability to solve the problems, conduct research and work within a group. According to Weegar and Pacis (2012), educators also play key roles to assist and support the learning process and to encourage students to formulate their own ideas and conclusions. Design – The best way to transfer the knowledge According to constructive psychology, transfer can be facilitated by involvement in authentic tasks in meaningful contexts. Adoption of the constructivism theory enhances learner’s ability to solve problems, interact with peer and instructors, and make more constructive decision. Constructivists believe that learners consciously strive to seek relationship between variables through their similarities and differences and to test hypotheses or assumption. The constructivist position assumes that transfer and learning are social processes requiring communication and interaction. To them each individual is unique, they have different experiences from their interactions and therefore the outcome of the behavior cannot be predictable or deterministic. Thus, this social process cannot effectively be replaced by technology, although technology may facilitate it. “Online Collaborative Theory” is a good example of the concurrence of constructivist approach and automated (especially online) learning environment (Harasim 2017). There is also a need to talk about connectivism theory which developed by Downes and Cormier in 2012 based on Massive Open Online Course (MOOC) strategy. Their main focus is on learner and learning materials such as autonomy, access to the content, diversity of material and massive interaction between leaners and co-operative learning. However, this theory is still controversial as it is not clear about the role of educators and environment. The connectivist’s view is more on individual participants, networks and the flow of information than the role of teacher or formal learning institution. Such
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learning is still very useful as part of pedagogy for automated education as it often depends heavily on social media and the availability of students. Different theories of learning reflect different positions on the nature of knowledge processing and sustainability. However, theories do not automatically guide and tell educators and instructors how to teach. Indeed, theories of behaviorism, cognitivism and constructivism were all developed in experimental labs (e.g. psychology, neuroscience, and psychotherapy) which were not related to the education field. Shaped by educators’ experiences, pedagogy must take into consideration the context in which learning theory takes place, and decide how to move from the theoretical position to the practical one of applying these theories within an educational experience. With today’s advances in IT, great opportunities become available for automation in learning.
6.
Conclusion
In light of current landscape of COVIDǦ19 outbreak, shift to automated learning should be supported by academic readiness and effective delivery. This chapter concludes successful shift will occur when the three subsystems (human, knowledge and learning environment) are integrated. Online engagement has been highlighted consistently by many researchers as having significant and critical influences on student’s learning process (Chen et al. 2010; Hampton/Pearce 2016). Ultimately, the notion of automation-inlearning is to engage participants namely instructors, tutors, and learners, with knowledge. Past exploration by Redmon et al. (2018), considered five elements for effective students’ engagement in the online (and automated) environment: social engagement, cognitive engagement, behavioral engagement, collaborative engagement, and emotional engagement. These elements were drawn from the existing body of literature, problematized the notion of student online engagement. Each element represents indicators that will encourage the teachers and educators to critically reflect on the framework before they decide on their pedagogical positions (Redmon et al. 2018). The indicators for social engagement are sense of belonging, trust and, developing relationships and community. Cognitive engagement considers the active process of learning and therefore it is related to thinking critically, justifying decision, deep understanding and integrating ideas. Behavioral engagement is also called academic engagement with the indicators such as developing academic skills, supporting and encourage peer, identifying opportunities and challenges and upholding online norms. As Redmon et al (2018) mentioned collaborative engagement is related to developing relationship including learning with peers, relating and connecting to the faculty members, industry and developing professional networks. Lastly, emotional engagement is about learner emotional reaction to learning process. Indicators such as committing to learning, giving value and
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showing interest, recognizing motivation and managing expectations are the indicators of these elements. Pittaway and Moss (2014) suggested that it is essential for educators and teachers to adopt engagement practices before engaging the students. By reflecting on these elements, educators are able to critically consider the type of pedagogy they want to employ to facilitate knowledge transformation and learning process. The human system links to ICT learning environment via procedural functions that creates effective automated learning experiences by establishing a personalized learning environment, structuring group and individual communication, and creating work-based contexts. Due to this link, learning experience can move away from the “one-size-fitsall” approach and moving towards becoming more adaptable, flexible, relevant, and realistic. It also helps educators to gain a deeper insight into what content and which learning strategies are needed by the class down to the individual level. Number three in Figure 1 is HCI which identifies the interaction between knowledge asset subsystem and ICT learning environment. The goal is to create a user-friendly interaction that is effective, efficient and safe. It focuses on different interactive ways that technologies can help to make learning easier and more pleasant for learners and educators. Game based learning (GBL), virtual and augmented reality are some of the examples of HCI. Better HCI results in better knowledge management systems and authoring tools, and helps students to learn better by engaging them in the learning process that increases their attention and focus, motivates them to practice higher-level critical thinking skills, and promotes meaningful learning experiences. The learning happens at the intersection of the three subsystems (see Figure 1, No. 6). Authentic automated learning success can only occur when the three subsystems (human, knowledge and learning environment) are synchronistically integrated. Automated learning is underpinned by a commitment to aligning pedagogy, assessment and curriculum and developing proper interaction and engagement among peers and between learners and educators.
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3.
Einsatzfelder der Blockchain und des Machine Learning
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4.
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508 Ausgewählte Literatur zum Themengebiet „Automatisierung und Personalisierung“ Chen, Z./Dubinsky, A.J. (2003): A conceptual model of perceived customer value in ecommerce – A preliminary investigation, in: Psychology and Marketing, Vol. 20, No. 4, S. 323-347. Deppe, H.-U. (1997): Wettbewerb im Gesundheitswesen – Ökonomische Grenzen und ethische Fragen, in: Systhema, 11. Jg., Nr.1, S. 31-41. Dickinger, A./Kleijnen, M. (2008): Coupons going wireless – Determinants of consumer intentions to redeem mobile coupons, in: Journal of Interactive Marketing, Vol. 22, No. 3, S. 23-39. Gregersen, S. (2004): Gesundheitsrisiken in ambulanten Pflegediensten, in: Badura, B./Schellschmidt, H./Vetter, C. (Hrsg.): Fehlzeitenreport 2004 – Gesundheitsmanagement in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, Bern, S. 183-201. Gummerus, J./Pihlström, M. (2011): Context and mobile services’ value-in-use, in: Journal of Retailing and Consumer Services, Vol. 18, No. 6, S. 521-533. Huddleston, P./Whipple, J./Mattick, R.N./Lee, J. (2009): Customer satisfaction in food retailing – Comparing specialty and conventional grocery stores, in: International Journal of Retail and Distribution Management, Vol. 37, No. 1, S. 63-80. Iyer, P./Davari, A./Mukherjee, A. (2018): Investigating the effectiveness of retailers´ mobile application in determining customer satisfaction and repatronage intentions? A congruency perspective, in: Journal of Retailing and Consumer Services, Vol. 44, No. 5, S. 35-243. Karjaluoto, H./Shaikh, A.A./Saarijärvi, H./Saraniemi, S. (2019): How perceived value drives the use of mobile financial services apps, in: International Journal of Information Management, Vol. 47, S. 252-261. Keller, B./Wilkesmann, M. (2014): Untypisch atypisch Beschäftigte – Honorarärzte zwischen Befristung, Leiharbeit und (Solo-)Selbstständigkeit, in: Industrielle Beziehungen, 21. Jg., S. 99-125. Kleijnen, M./De Ruyter, K./Wetzels, M. (2007): An assessment of value creation in mobile service delivery and the moderating role of time consciousness, Journal of Retailing, Vol. 83, No. 1, S. 33-46. Klein, B./Schlömer, I. (2018): A robotic shower system, in: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 51. Jg., S. 25-31. Kuhn, S. (2018): Medizin im digitalen Zeitalter – Transformation durch Bildung, in: Deutsches Ärzteblatt, 115. Jg., Nr. 14, S. A 633-8. Kuo, Y./Wu, C./Deng, W. (2009): The relationships among service quality, perceived value, customer satisfaction and post-purchase intention in mobile value-added services, in: Computers in Human Behavior, Vol. 25, No. 4, S. 887-896. Lin, H./Wang, Y. (2006): An examination of the determinants of customer loyalty in mobile commerce contexts, in: Information & Management, Vol. 43, No. 3, S. 271-282.
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Stichwortverzeichnis
Cognitivism 487ff.
A Acceptance 278ff. Affective Appraisal 287 Anwenderzufriedenheit 455ff. Artificial Intelligence 183ff., 241, 255ff., 345f.
Commercial Interactions 183ff. Constructivism 487ff. Consulting 77f. Consumer Market 183ff. Conversational Agent 256f.
Automation 276ff., 473ff.
COVID19 475f.
Autonome Systeme 209
Crowdsupport 240ff.
Autonomous
Customer(s’)
-
-
Driving 279f. Vehicle 276ff.
B
Experience 185ff. Journey 185ff. 317ff. Relationship Management 337f.
Behaviorism 487ff.
Cyber-physische Systeme 433
Bitcoin 306
D
Blockchain 297ff. Business Process Management 152
Datenerfassung im Vertrieb 118 Decision Process 185ff.
C
Design 476ff.
Canvas 265ff.
Design Science Research 57f.
Chatbot 256ff.
Dienstleistungen 317ff.
Cognitive
Dienstleistungs-
-
Absorption 284 Appraisal 283
-
arbeit 135ff. innovation 157ff. systeme 163ff.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Bruhn und K. Hadwich (Hrsg.), Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen, Forum Dienstleistungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30168-2
512
Stichwortverzeichnis
Digital(e) -
Plattformen 367ff. Sales Excellence 110ff. Technologien 428ff. Transformation 78
Digitalisierung, Digitalization 54 -
I Individualisierung 425ff. Integrationsmanagement 336 Interaktionsprozess 435
im Vertrieb 107ff.
Distributed Ledger(-) 297ff. -
Hybrid Intelligence 241ff.
Technology 319
K Kano-Modell 461f. KI-
E
-
Effizienz 107ff.
Einsatzmöglichkeiten 142ff. Technologien 142ff.
eLearning 473ff.
Knowledge Management 480f.
Empfehlungs- und Reputationsmanagement 335f.
Künstliche Intelligenz 78, 135ff., 157ff., 207ff., 235ff.
Empirische Routine 146
L
Entlassmanagement 382ff.
Location-based Services 397ff.
Entwicklungslinien 51 ePedagogy 473ff.
M
Ethereum 310
Machine Learning/Maschinelles Lernen 142ff., 343ff.
F
Mensch-Technik-Arbeitsgestaltung 152
Framework 188ff.
Mobile Dienstleistungen 399
G
Modularisierung -
Geschäftsprozessmanagement 75ff.
von Leistungsprozessen 437f. der Organisation 437f.
Gestaltungsbereiche 55ff. Gesundheits-
leistungen 4.0 425ff. wesen 367ff.
Grenzobjekt 170ff. H Honorarärzte 377ff.
P Personalisierung, Personalization 397ff., 425ff. Personennahe Dienstleistungen 49f. Plattformökonomie 367ff. Produktivität 107ff.
Stichwortverzeichnis T
Prozess-
513
automatisierung 297ff. optimierung 84f. qualität 150
Task Automation 347ff. Tokenisierung 308 Tool Support Collaboration 261ff.
Q
Trilaterale Beziehungen 459ff.
Qualität 215ff. V
S
Value Co-Creation 57
SAE 276ff. Sales -
Value-in-Use 55ff. Dashboard 126f. Enablement 126 Performance Excellence 110ff.
Service(-) -
Blueprint 354 Canvas 47ff. Dominante Logic 459f. Engineering 221 Process 343ff. Robotik 458ff. Roboter/Robots 458ff. System(e) 207ff., 238 Value 397ff.
Smart -
Cities 473ff. Contracts 297ff. Service Systems 240
Soziale Dienstleistungsbranche 455ff. Stationäre(r) -
Value in Interaction 55ff.
Altenpflege 455ff. Handel 397ff.
Structural Assurances 322ff. Support 235ff. Systemvertrauen 322ff.
Vertrauen 317ff. Vertrieb 107ff. Vertriebsprozess 107ff. Virtual -
Assistant 256ff. Companion 253ff.
Virtuelle Beratung 77f. W Wissensbasiertes System 83ff.
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Forum Dienstleistungsmanagement Manfred Bruhn / Karsten Hadwich (Hrsg.)
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Automatisierung und Personalisierung von Dienstleistungen
Kooperative Dienstleistungen
Band 1: Konzepte – Kundeninteraktionen – Geschäftsmodelle 2020, X, 520 S., Geb. ISBN 978-3-658-30165-1 Band 2: Methoden – Potenziale – Einsatzfelder 2020, X, 513 S., Geb. ISBN 978-3-658-30167-5
Spannungsfelder zwischen Service Cooperation und Service Coopetition 2019, X, 626 S., Geb. ISBN 978-3-658-26388-1
Manfred Bruhn / Karsten Hadwich (Hrsg.)
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Service Business Development
Dienstleistungen 4.0
Band 1: Strategien – Innovationen – Geschäftsmodelle 2018. IX, 656 S., Geb. ISBN 978-3-658-22425-7 Band 2: Methoden – Erlösmodelle – Marketinginstrumente 2018. IX, 609 S., Geb. ISBN 978-3-658-22423-3
Band 1: Konzepte – Methoden – Instrumente. 2017. IX, 555 S., Geb. ISBN 978-3-658-17549-8 Band 2: Geschäftsmodelle – Wertschöpfung – Transformation 2017. IX, 563 S., Geb. ISBN 978-3-658-17551-1
Manfred Bruhn / Karsten Hadwich (Hrsg.)
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Servicetransformation
Interaktive Wertschöpfung durch Dienstleistungen
2016. X, 830 S., Geb. ISBN 978-3-658-11096-3
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Service Value als Werttreiber
Dienstleistungsmanagement und Social Media
2014. X, 510 S., Geb. ISBN 978-3-658-02139-9
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Dienstleistungsproduktivität
2012. X, 512 S., Geb ISBN 978-3-8349-4000-1
Band 1: Management, Prozessgestaltung, Kundenperspektive 2011. X, 507 S. Geb. ISBN 978-3-8349-2805-4 Band 2: Innovationsentwicklung, Internationalität, Mitarbeiterperspektive 2011. X, 484 S Geb. ISBN 978-3-8349-2801-6
Manfred Bruhn / Bernd Stauss (Hrsg.)
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Serviceorientierung im Unternehmen
Kundenintegration
2010. XII, 551 S., Geb. ISBN 978-3-8349-1773-7
2009. XII, 569 S., Geb. ISBN 978-3-8349-1027-1
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