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German Pages 1090 [1120] Year 2019
Politikwissenschaft
Außenpolitik
im Wandel.
Die Außenpolitik Spaniens von de r Diktatur Francos zur parlamentarischen Demokratie.
Inaugural-Dissertation zur Erlangung
des Doktorgrades
der PHILOSOPHISCHEN FAKULTÄT der Westfälischen Wilhelms—Universität zu
Münster
< Westf. )
vorgelegt von
Gerlinde
Fre ia Niehus
aus Bielefeld
1987
Band T
T a g d e r m u n d l i c h e n PrUfungi
12. N o v e m b e r
Dekam
Prof. Dr. G.
Kauffmann
Referenti
Prof. Dr. G. W.
Korreferent!
P r i v . - D o z . D r . J.
Wittkämper Bellers
1987
Lebenslauf Ich, Gerlinde-Freia Niehus, wurde am 6.9.1959 in Bielefeld a l s Tochter der Eheleute Wilhelm und Lisa Niehus geboren. Nach dem Besuch der Grundschule in Werther (Westf.) ging ich vier Jahre auf d a s dortige Gymnasium. Von da a u s wechselte ich 1972 auf d a s Bavink-Gymnasium in Bielefeld, an dem ich im Sommer 1978 die Abiturprüfung a b l e g t e . Im gleichen J a h r begann ich an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster mit dem Studium der P u b l i z i s t i k , Politikwissenschaft, Romanistik (Spanisch, Italienisch) und Germanistik. Seit 1979 a r b e i t e t e ich zudem a l s studentische Mitarbeiterin am I n s t i t u t f ü r Politikwissens c h a f t der Universität Münster. Während der Studienzeit absolvierte ich Studienaufenthalte in F r a n k r e i c h , England und Spanien sowie j o u r n a l i s t i s c h e P r a k t i k a bei Presse (lokale Tageszeitung, Pressestelle) und Rundfunk (Hessischer Rundfunk, Westdeutscher R u n d f u n k ) . Seit 1982 war ich a l s f r e i e Mitarbeiterin, s p ä t e r a l s Redaktionsvertretung vor allem beim Westdeutschen Rundfunk und beim Deutschlandfunk tätig. Anfang 1984 ging ich nach Madrid, um dort in einem d r e i j ä h r i g e n Forschungsaufenthalt meine Dissertation über spanische Außenpolitik zu v e r f a s s e n .
Gerlinde Freia Niehus Außenpolitik im Wandel
Editionen der Iberoamericana Reihe III Monographien und Aufsätze Herausgegeben von Walther L. Bernecker, Frauke Gewecke, Jürgen M. Meisel, Klaus Meyer-Minnemann Band 29
Gerlinde Freia Niehus
Außenpolitik im Wandel Die Außenpolitik Spaniens von der Diktatur Francos zur parlamentarischen Demokratie
I
Vervuert Verlag • Frankfurt am Main
1989
Gerlinde FreiaNiehus, geb. 1959 in Bielefeld. Studium der Politikwissenschaft, Romanis tik, Germanistik und Publizistik in Münster und Madrid. Forschungsaufenthalt von 1984bis 1987 in Spanien. Journalistische Tätigkeit von 1982bis 1987. Promotion in Politikwissenschaft an der Universität Münster 1987. Seitdem Referententätigkeit im Bereich Internationale Politik.
D6 CIP-Titelaufhahme der Deutschen Bibliothek Niehus, Gerllnde Freia: Aussenpolitik im Wandel: die Aussenpolitik Spaniens von der Diktatur Francos zur parlamentarischen Demokratie/Gerlinde FreiaNiehus. Frankfurt/Main: Vervuert (Editionen der Iberoamericana: Reihe 3, Monographien und Aufsätze; 29) Zugl.: MOnster (Westfalen), Univ., Diss.. 1987 ISBN 3-89354-829-7 NE: Editionen der Iberoamericana / 03 Bd. 1 (1989)
© Vervuert Verlag. Frankfurt am Main 1989 Alle Rechte vorbehalten Printed in West-Germany
"La pregunta es la yedra que nos cubre y despista Gira ante nuestros ojos prismas y encrucijadas. La respuesta es la misma pregunta disfrazada. Va como manantial y vuelve como espejo." Federico García Lorca Suites (1920 - 1923}
VII Inhaltsverzeichnis Vorwort Verzeichnis der Abbildungen Verzeichnis der Abkürzungen 1.
Einleitung« Politisches System. Svstemwandel und AuBenpolitlk
1.1. Der Theoriebegriff der Untersuchung 1.2. Das Forschungs-Design 1.3. Zur Tradition der Dichotomie von Diktatur und Demokratie 1.4. Zur Tradition des Antagonismus von Demokratie und AuSenpolitik 1.5. AuSenpolitik und Demokratie 1.6. Hypothesenbildung 1.7. Erläuterungen zu Wortprägungen und zur Materiallage 2.
Oberblick über die historischen Entwlcklunqsllnlen der spanischen AuSenpolitik: von der Diktatur Francos zur Demokratie. 1936 - 1986
Iberische Enge - AuBenpolitlk Spaniens unter Franco. 1936 - 1975» Allgemeine Grundzüge 2.1.1. Anfänge frankistischer AuBenpolitlk, 1936 - 1939 2.1.2. AuBenpolitlk im Zweiten Weltkrieg, 1939 - 1945 2.1.3. Isolationsphase spanischer Außenpolitik, 1945 - 1957 2.1.3.1. Der "Cerco", die "Umzingelung" 2.1.3.2. Außenpolitische Semi-Isolatlon 2.1.4. Begrenzte außenpolitische Öffnung Spaniens unter Franco, 1957 - 1975 2.1.4.1. Die Lancierung dieser Politik unter Castiella, 1957 - 1969 2.1.4.2. Außenpolitik in der Endphase des Frankismus, 1969 - 1975 2.1.4.2.1. Die Jahre der Technokraten vom Opus Dei, 1969 - 1973 2.1.4.2.2. Progressive Paralysierung spanischer Außenpolitik, 1973 - 1975
S.
1
S. S.
1 2
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29
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31 37 45
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54
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56
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65 65 66
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68
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72
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82
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82
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83
2.1.
2.2. 2.2.1. 2.2.1.1.
Der Aufbruch in die Welte - AuBenpolitlk Spaniens nach Franco. 1975 - 1986» Allgemeine Grundzüge Der Weg aus dem Schatten des Frankismus. Außenpolitik im Ubergang von der Diktatur zur Demokratie, 1975 - 1978 Das "Verkaufen" des Projektes "Demokratie"
Vili
2.2.X.2. 2.2.1.3. 2.2.2. 2.2.2.1. 2.2.2.2. 2.2.2.3.
3.
3.1. 3.1.1. 3.1.2. 3.1.3. 3.1.4. 3.2. 3.2.1. 3.2.2. 3.2.3. 3.2.4. 4.
Das "Auftauchen aus dem Tunnel" Die Lancierung einer Außenpolitik des Konsensus Die außenpolitische Öffnung. Die Außenpolitik des demokratischen Spanien, 1978 - 19861 Allgemeine Grundzdge Auf der Suche nach einer internationalen Standortbestimmungi D e r "Flirt" mit Neutralität und Dritt-Welt-Rolle, 1978 - 1980 Die Entscheidung fQr den Westeni Die Wendung zum Atlantismus, 1981 - 1982 Die Einbindung Spaniens in den Westeni Die Außenpolitik der PSOE-Regierung, 1982 - 1986
Oberblick über die Entwicklung der makropolitlschen Rahmenbedingungen spanischer Außenpolitik Externe Entscheidungsbedlngungsfaktoren als RaBmenbedingung Die strategische Stellung Die politische Großwetterlaget Internationale politische Interdependenzen Die wirtschaftliche Großwetterlagei Internationale wirtschaftliche Interdependenzen Internationales Recht und Integration Interne Entscheldungsbedingungsfaktoren alB Rahmenbedingung Die geographische Lage Die wirtschaftliche Kapazität Die militärische Kapazität Die politische Struktur Der Wandel des außenpolitischen Entscheldungssvstems beim Obergang vom Franco-Regime zur parlamentarischen Demokratie
Die Grundlagen zur Gestaltung von Außenpolitik! Die Rahmenbedingungen der spanischen Verfassungen 4.1.1. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen zur Gestaltung der Außenpolitik unter Franco 4.1.1.1. Die Organe der auswärtigen Gewalt 4.1.1.1.1. Der Staatschefi Der Diktator - absolutistischer Caudillo von Gottes Gnaden 4.1.1.1.2. Die Regierungi Handlangerorgan von Francos Gnaden 4.1.1.1.3. Die Cortes Espanolasi Resonanzkasten der Exekutive 4.1.1.2. Die Beteiligung des Volkes - eine Illusion 4.1.1.3. Der Abschluß von internationalen Verträgen parlamentarische Partizipation als Farce 4.1.1.4. Kriege, Allianzen und Geheimverträge Hoheitsgebiete Francos
S.
88
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92
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99
S. 102 S. 109 S. 121
S. 140 S. 140 S. 140 S. 142 S. 144 S. 146 S. S. S. S. S.
148 148 ISO 153 158
S. 162
4.1.
S. 162 S. 162 S. 163 S. 163 S. 165 S. 166 S. 167 S. 169 S. 173
IX 4.1.2.
Die verfassungsrechtlichen Grundlagen zur Gestaltung von Außenpolitik in der parlamentarischen Demokratie 4.1.2.1. Die Organe der auswärtigen Gewalt 4.1.2.1.1. Das Staatsoberhaupts Der König - höchster Repräsentant des Staates 4.1.2.1.2. Die Regierung! Leitungsorgan der Außenpolitik 4.1.2.1.3. Die Cortes Generalesi Kontroll- und Partizipationsorgan bei der Gestaltung von AuBenpolitik 4.1.2.2. Die Beteiligung des Volkes - ein Hauch von direkter Demokratie 4.1.2.3. Der Abschluß von internationalen Verträgen parlamentarische Partizipation mit Grenzen 4.1.2.4. Kriege, Allianzen und Geheimverträge schwierige Demokratisierung 4.1.2.5. Das Verfassungsgericht und die AuBenpolitik 4.1.2.6. Die Autonomen Gemeinschaften und die Außenpolitik 4.2. 4.2.1. 4.2.2. 4.3. 4.3.1. 4.3.2. 4.3.2.1. 4.3.2.2. 4.3.3. 4.3.3.1. 4.3.3.2. 4.3.4. 4.3.4.1.
4.3.4.2. 4.3.5. 4.3.5.1. 4.3.5.2. 4.3.5.3. 4.3.6.
Staatsoberhaupt und AuBenpolitik Die Machtzentralei Der Diktator General Francisco Franco Der "hybride" Monarch-Präsidenti König Juan Carlos I Regierung und Außenpolitik Allgemeine Grundmuster der Regierungstätigkeit im Bereich der Außenpolitik unter Franco und im demokratischen Spanien Die Regierungschefs Die Statthalter ihres Herrm Die Situation im frankistischen Spanien Die neuen Herreni Die Situation im demokratischen Spanien Das Kabinetti Der Ministerrat Das unumschränkte Exekutiv-Instrument des Diktators! Stellung und Bedeutung des Ministerrates unter Franco Die begrenzte Schaltzentrale! Stellung und Bedeutung des Ministerrates im demokratischen Spanien Minister, Ministerien und Außenpolitik Francos treue Helfen Stellung und Bedeutung der Minister im frankistischen Spanien Die Mitarbeiter-Equipei Stellung und Bedeutung der Minister im demokratischen Spanien Schwerpunkt: Das spanische Außenministerium von der Diktatur Francos zur parlamentarischen Demokratie Das Außenministerium und seine Stellung in der staatlichen Administration Demokratisierung der Struktur und der Entscheidungsfindung? Die OrganisationsBtruktur des Außenministeriums im Systemwandel Frankisten oder Demokraten? Außenpolitische FUhrungseliten und Elitenwandel im AuBenministerium Weitere direkt beteiligte Bürokratien
S. 174 S. 177 S. 177 S. 178 S. 179 S. 181 S. 184 S. 189 S. 191 S. 194 S. 197 S. 197 S. 202 S. 212 S. 212 S. 221 S. 221 S. 229 S. 239 S. 239 S. 248 S. 264 S. 264 S. 277 S. 303 S. 303 S. 307 S. 320 S. 333
X 4.3.6.1. 4.3.6.2. 4.3.6.3. 4.4. 4.4.1. 4.4.1.1. 4.4.1.2. 4.4.2. 4.4.2.1. 4.4.2.2. 4.4.2.2.1. 4.4.2.2.2. 4.4.2.2.3. 4.4.2.2.4. 4.4.2.2.5. 4.4.2.2.6. 4.4.2.2.7. 4.4.2.2.8. 4.4.2.2.9. 4.5. 4.5.1. 4.5.2. 4.5.3. 4.5.4. 4.5.5.
"Los Fontaneros" - Aufgabe und Bedeutung des "Gabinete" des Ministerpräsidenten Andere Ausschüsse und Kollektivorgane sowie ihre Bedeutung in Rahaen des auBenpolitiscben Entscheidungssystems Die Geheimdienste und ihre Bedeutung fUr die Gestaltung der Außenpolitik Parlament und Außenpolitik Die frankistischen Cortes Españolas und die Außenpolitik Die Partizipation der Cortes Españolas beim AbscbluB internationaler Verträge Die Anwendung der generellen politischen Kontrollinstruaente auf die Gestaltung von AuBenpolitik in den Cortes Españolas Die demokratischen Cortes Generales und die AuBenpolitik Grundmuster Problem- und Aktionsbereiche Außenpolitische Aspekte bei Wahl der Ministerpräsidenten und beim Mißtrauensvotum Das Budgetrecht als Recht zur Festsetzung der Rahmenbedingungen Kommissionen fUr Auswärtige Angelegenheiten Plenardebatten Die Partizipation der Cortes Generales beim Abschluß internationaler Verträge Die Anwendung der generellen politischen Kontrollinstrumente auf die Gestaltung der Außenpolitik in den Cortes Generales "Direkte" Außenpolitik Partizipation in der "Regierungs'-Außenpolitik Die Bedeutung der Fraktionsorgane bei der Formulierung außenpolitischer Positionen Die politischen Kräfte und ihr Einfluß auf die Gestaltung der spanischen Außenbezlehunqen Das Militär unter Franco und in der spanischen Demokratie Die katholische Kirche unter Franco und im demokratischen Spanien Vertikale Syndikate und demokratische Gewerkschaften Wirtschafts- und Finanzelite im vertikalen Syndikalismus und demokratische Arbeitgeberverbände Das "Movimiento Nacional" und die demokratischen Parteien
S. 333 S. 343 S. 354 S. 359 S. 359 S. 360 S. 364 S. 367 S. 367 S. 372 S. 372 S. 373 S. 373 S. 378 S. 379 S. 385 S. 393 S. 394 S. 394
S. 398 S. 399 S. 409 S. 412 S. 421 S. 427
XI 5.
5.1. 5.1.1. 5.1.2. 5.1.2.1. 5.1.2.1.1. 5.1.2.1.1.1. 5.1.2.1.1.2. 5.1.2.1.1.3. 5.1.2.1.1.4. 5.1.2.1.1.5. 5.1.2.1.1.6. 5.1.2.1.2. 5.1.2.1.2.1. 5.1.2.1.2.2.
5.1.2.1.2.3. 5.1.2.1.2.4. 5.1.2.1.3.
5.1.2.1.4.
5.1.2.2. 5.1.2.2.1. 5.1.2.2.1.1. 5.1.2.2.1.2.
5.1.2.2.1.3. 5.1.2.2.2. 5.1.2.2.2.1. 5.1.2.2.2.2.
Das außenpolitische Entscheidunqssvstem Spaniens in Fallstudien« Spanien in Europa Die Beziehungen Spaniens zur Bundesrepublik Deutschland Einleitung! Der historische Hintergrund Spanien - Bundesrepublik Deutschland! Die Beziehungen im politischen Bereich Die staatlich-gouvernementale Ebene Freundschaft auf Distanz. Die Beziehungen unter Franco, 1945 - 1975 Sondierungsphase, 1945 - 1950/51 Werben um Freundschaft, 1951 - 1957 Begrenzte Annäherung, 1957 - 1969 Verlangsamung der Annäherung, 1969 - 1973 Paralysierung der Annäherung, 1973 - 1975 Schlußfolgerungen Der Weg zur Partnerschaft. Die Beziehungen nach Franco, 1975 - 1986 Annäherung, 1975 - 1978 Profundisierung, Potenzierung und Ausbau, 1978 - 1982 a. Die Etappe der Suche nach einer internationalen Standortbestimmung b. Die Etappe der Entscheidung für den Westen Partner in Europa Schlußfolgerungen Bilaterale Vertragsbeziehungen Spanien Bundesrepublik Deutschland im Vergleicht Franco-Spanien - Bundesrepublik Deutschlaad versus demokratisches Spanien Bundesrepublik Deutschland Politische Kontakte auf der Ebene von Vertretern außenpolitischer Eliten im V e r gleicht Franco-Spanien - Bundesrepublik Deutschland versus demokratisches i Spanien - Bundesrepublik Deutschland Die nicht-staatliche Ebene Die Beziehungen auf Parteiebene Die Inexistenz dieser Ebene im frankistischen Spanien und die Existenz des "Anti-Systems" Die Integration des "Anti-Systems" und die Ausgestaltung dieser Ebene nach Franco a. Spanische Sozialisten - SPD b. Spanische Christdemokraten - CDU c. Spanische Liberale - FDP d. Spanische Konservative - CSU Schlußfolgerungen Die Beziehungen auf Gewerkschaftsebene Die Inexistenz dieser Ebene im frankistischen Spanien und die Existenz des "Anti-Systems" Die Ausgestaltung dieser Ebene nach Franco und die Integration des "Anti-Systems" a. Sozialistische Gewerkschaft UGT - DGB b. andere Gewerkschaften mit und ohne Dialogpartner
S. 453 S. 453 S. 458 S. 458 S. 458 S. S. S. S S. S. S.
458 458 460 462 466 469 472
S. 474 S. 474 S. 481 S. 482 S. 485 S. 491 S. 494
S. 499
S. 504 S. 506 S. 506 S. 506 S. S. S. S. S. S. S.
510 510 515 518 521 523 525
S. 525 S. 526 S. 527 S. 529
XII 5.1.3. 5.1.3.1. 5.1.3.2. 5.1.3.3. 5.1.3.4. 5.1.3.5. 5.1.4.
5.1.4.1. 5.1.4.2. 5.1.4.3. 5.1.4.4. 5.2. 5.2.1. 5.2.2. 5.2.2.1. 5.2.2.1.1. 5.2.2.1.1.1. 5.2.2.1.1.2.
5.2.2.1.1.3.
5.2.2.1.1.4.
5.2.2.1.1.5. 5.2.2.1.1.6. 5.2.2.1.2. 5.2.2.1.2.1.
Spanien - Bundesrepublik Deutschlandi Die Beziehungen im wirtschaftlichen Bereich Handel Investitionen Tourismus Gastarbeiter SchluBfolgerungen Spanien - Bundesrepublik Deutschlandi Die Beziehungen im militärischen, militärpolitischen und verteidigungspolitischen Bereich Historischer Hintergrund Die Beziehungen während des Frankismus Die Beziehungen nach Franco, 1975 bis heute SchluBfolgerungen Die Beziehungen Spaniens zu Osteuropa und der Sowjetunion Einleitungi D e r historische Hintergrund Spanien - Osteuropa und die Sowjetunion« Die Beziehungen im politischen Bereich Die staatlich-gouvernementale Ebene Von Feindseligkeit zur begrenzten Entspannung. Die Beziehungen unter Franco, 1939 - 1975 Vorläufer Die Phase der Feindseligkeit, 1939 - 1957 a. Die Etappe des Zweiten Weltkriegs b. Die Isolationsphase spanischer AuBenpolitik Die Phase der Respektierungspolitik, 1957 - 1969 a. Allgemeine Merkmale b. Die Normalfällei Rumänien, Polen, Ungarn, Bulgarien, Tschechoslowakei c. Drei Sonderfället DDR, Albanien und Jugoslawien d. Die Supermachti Die Sowjetunion Die Phase der begrenzten Entspannungspolitik, 1969 - 1973 a. Allgemeine Merkmale b. Die Normalfällei Rumänien, Polen, Ungarn, Bulgarien, Tschechoslowakei c. Drei Sonderfällei DDR, Albanien und Jugoslawien d. Die Supermacht! Die Sowjetunion Die Phase des Stillstands, 1973 - 1975 SchluBfolgerungen Von Normalisierung zu Entspannung und Ausbau. Die Beziehungen nach Franco, 1975 - 1986 Die Phase des Obergangs von der Diktatur zur Demokratie, 1975 - 1978i Normalisierung a. Generelle Merkmale b. Die Supermachti Die Sowjetunion c. Die osteuropäischen Staaten
S. S. S. S. S. S.
530 530 532 533 534 536
S. S. S. S. S.
536 536 538 542 546
S. 547 S. 547 S. 549 S. 549 S. S. S. S.
549 549 549 549
S. 550 S. 554 S. 554 S. 556 S. 560 S. 561 S. 564 S. 564 S. 566 S. S. S. S.
568 570 572 574
S. 578 S. S. S. S.
578 578 583 586
XIII 5.2.2.1.2.2. Die Phase des demokratischen Spanien, 1978 - 1986t Entspannung und Ausbau a. Generelle Kerkmale b. Die Etappe des "Flirts" mit Neutralität und Dritt-Welt-Rolle b.a. Die Supermachti Die Sowjetunion b.b. Die osteuropäischen Staaten c. Die Etappe der Entscheidung für den Westen c.a. Die Supermachti Die Sowjetunion c.b. Die osteuropäischen Staaten d. Die Ostpolitik der sozialistischen Regierung 5.2.2.1.2.3. SchluBfolgerungen 5.2.2.2. Die nicht-staatliche Ebene 5.2.2.2.1. Die Beziehungen auf Parteiebene 5.2.2.2.1.1. Die Inexistenz dieser Ebene im frankistischen Spanien und die Existenz des "Anti-Systems"i Spanische Kommunisten in der Illegalität bzw. im Exil und Osteuropa und die Sowjetunion 5.2.2.2.1.2. Die Integration des "Anti-Systems" und die Ausgestaltung dieser Ebene nach Franot Spanische Kommunisten und andere Parteien und der Osten 5.2.2.2.1.3. SchluBfolgerungen 5.2.2.2.2. Die Beziehungen auf Gewerkschaftsebene 5.2.2.2.2.1. Die Inexistenz dieser Ebene im frankistischen Spanien und die Existenz des "Anti-Systems"i Spanische Kommunisten und die Arbeiterkommissionen in der Illegalität bzw. im Exil und Osteuropa und die Sowjetunion 5.2.2.2.2.2. Die Integration des "Anti-Systems" und die Entfaltung dieser Ebene spanischer Außenbeziehungen nach Francoi CC.OO. und andere spanische Gewerkschaften und Osteuropa und die Sowjetunion 5.2.2.2.2.3. Schlußfolgerungen 5.2.3. Spanien - Osteuropa und die Sowjetunion! Die Beziehungen im wirtschaftlichen Bereich 5.2.3.1. Die Handelsbeziehungen von Franco bis heute 5.2.3.2. Andere wirtschaftliche Beziehungen 5.2.3.3. Schlußfolgerungen Spanien und die Europäische Integration. Die Beziehungen zu den Europäischen Gemeinschaften 5.3.1. Einleitungi Spanien und das Europa-Bild der Nachkriegszeit! Von der Diktatur Francos zur Demokratie 5.3.2. Spanien und die Europäischen Gemeinschaften! Die Beziehungen im politischen Bereich 5.3.2.1. Die staatlich-gouvernementale Ebene 5.3.2.1.1. Von der Isolation zur begrenzten Annäherung. Die Beziehungen unter Franco, 1939 - 1975 5.3.2.1.1.1. Isolation von Europa, 1939 - 1957
S. 591 S. 591 S. 592 S. 592 S. 594 S. 598 S. 598 S. 601 S. S. S. S.
603 605 613 613
S. 613
S. 621 S. 628 S. 630
S. 630
S. 633 S. 638 S. 640 S. 640 S. 642 S. 643
5.3.
S. 647 S. 647 S. 650 S. 650 S. 650 S. 650
XIV 5.3.2.1.1.2. Begrenzte Annäherung an Europa, 1957 - 1973 a. Allgemeine Merkmale b. Orientierungsphase, 1957 - 1962 c. "Endlose" Sondierungsgespräche, 1962 - 1967 d. Die Verhandlungen zum Präferenziellen Handelsabkommen, 1967 - 1970 e. Das Zusatzprotokoll von 1973 f. Strukturelle Beobachtungen 5.3.2.1.1.3. Schrittweise Paralysierung, 1973 - 1975 a. Allgemeine Merkmale b. Das Scheitern der Versuche von Neuverhandlungen 5.3.2.1.1.4. Heitere Schlußfolgerungen 5.3.2.1.2. Der Weg zur Integration. Die Beziehungen nach Franco, 1975/76 - 1986 5.3.2.1.2.1. Die Phase des Ubergangs von der Diktatur zur Demokratie, 1975/76 - 1978i Homologisierung und Annäherung a. Allgemeine Merkmale b. Homologisierung und Annäherung, 1975/76 - 1978 5.3.2.1.2.2. Die Phase des demokratischen Spanien, 1978 - 1986i Integration a. Die Etappe der UCD-Regierung, 1978/79 - 1982 a.a. Allgemeine Merkmale a.b. Die Verhandlungsphase 1979 - 1982• Vue d'ensemble a.c. Die Lancierung der Verhandlungen, 1982 b. Die Verhandlungen unter der PSOERegierung, 1983 - 1986 b.a. Allgemeine Merkmale b.b. Forcierung der Verhandlungen, 1983 - 1984 b.c. Die "Zielgerade"i Der "Verhandlungsmarathon" von 1984/85 b.d. Der Beitritt, 1986i Aspekte seiner Reichweite 5.3.2.1.2.3. Strukturelle Beobachtungen und Schlußfolgerungen 5.3.2.1.2.4. Ausblickt Die Partizipation Spaniens in der EG 5.3.2.2. Die nicht-staatliche Ebene 5.3.2.2.1. Die Inezistenz dieser Ebene im frankistischen Spanien und die Existenz des "Anti-Systems"i Spanische Europäisten und Europäische Integration 5.3.2.2.2. Die Integration des "Anti-Systems" und die Entfaltung dieser Ebene spanischer Außenbeziehungen nach Franco 5.3.2.2.3. Schlußfolgerungen 5.3.3. Spanien und die Europäischen Gemeinschaften! Die Beziehungen im wirtschaftlichen Bereich 5.3.3.1. Handel 5.3.3.2. Investitionen 5.3.3.3. Tourismus und Emigration 5.3.3.4. Schlußfolgerungen
S. 654 S. 654 S. 656 S. 660 S. S. S. S. S.
667 672 674 681 681
S. 682 S. 689 S. 692 S. 69 2 S. 692 S. 694 S. 702 S. 702 S. 702 S. 706 S. 715 S. 718 S. 718 S. 721 S. 729 S. 739 S. 743 S. 760 S. 762
S. 762 S. 768 S. 776 S. S. S. S. S.
778 778 786 792 796
XV 5.3.4.
5.3.4.2.
Spanien und die Europäische Integration! Die Beziehungen im militärischen, militärpolitischen und verteidigungspolitischen Bereich Formen und Ebenen der Zusammenarbeit von Franco bis heute SchluOfolgerungen
S. -796 S. 801
6.
Zusammenfassung und SchluBfolqerungen
S. 802
Anhang Ii Anhang 2i
Chronologie des Systemwandels Überblick über die Regierungen Francos
S. 889 S. 895
5.3.4.1.
S. 796
Anmerkungen
S. 901
Quellen- und Literaturverzeichnis
S.1058
XVI Vorwort "Es gibt, nicht nur ein Spanien, sondern mehrere Spanien, auf jeweils sehr verschiedenem ökonomischen, sozialen und kulturellen Niveau, und jeder Versuch, sie auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, kommt dem Bestreben gleich, die Wirklichkeit der Methodik zu opfern." (Juan Goytisolo, Spanien und die Spanier) Dieses Buch, das in Madrid entstand, fühlt sich zunächst und in erster Linie der spanischen Wirklichkeit verpflichtet. Der theoretische Rahmen soll an ihr auf seine Angemessenheit geprüft, nicht sie auf seine Bedürfnisse hin zurechtgebogen werden. Aus diesem Blickwinkel heraus soll damit auch ein Beitrag zur Ent-Mythifizierung des Spanien-Bildes geleistet werden; denn auch wenn die Existenz eines spanischen Mythos nicht geleugnet werden kann, ist dieser doch gleichzeitig immer Symptom fUr Verzerrung, Verklärung und Alterung, eine Erstarrung, die aufzubrechen wohl ebenfalls als Aufgabe von Wissenschaft anzusehen ist. Schließlich ist diese Abhandlung auch die Geschichte eines Weges, die Analyse eines Prozesses. Stellte Goytisolo schon Ende der 60er Jahre fest, daB Spanien nicht mehr "anders" ist, so muß doch sein weiteres Urteilt "Spanien ist noch nicht Europa, aber es hat - im Bösen wie im Guten - aufgehört, Spanien zu sein", im Lichte der jüngsten Geschichte revidiert werdem Spanien ist Europa - vielleicht sogar mit mehr Nachdruck und Elan, als er gegenwärtig im übrigen Europa zu spüren ist. Allen, die mich zu dieser Untersuchung ermutigt und bei ihrer Durchführung unterstützt haben, insbesondere auch den Freunden und Gesprächspartnern in Spanien, möchte ich mich für ihr großzügiges Entgegenkommen und Interesse an meiner Arbeit herzlich danken. Ohne die Kooperation des spanischen Außenministeriums, ohne die Dialogbereitschaft, Aufgeschlossenheit und die zahlreichen kritischen Anmerkungen der spanischen Politiker, Diplomaten, Parteiführer, Gewerkschafter, Arbeitgeber, Militärs, der Journalisten und Wissenschaftler in Spanien wäre das Projekt zumindest in dieser Form wohl nur schwerlich durchführbar gewesen. Mein Dank gilt auch dem Deutschen Akademischen Austauschdienst und der Friedrich-Naumann-Stiftung, die mir für die Durchführung der Studie Forschungsstipendien gewährten und damit ihre Realisierbarkeit sicherstellten. Zu besonderem Dank bin ich auch Prof. Dr. Gerhard W. Wittkämper, Prof. Dr. Manfred Knapp und Dr. Jürgen Bellers für ihre motivierende Unterstützung und konstruktive Kritik verpflichtet.
Gerlinde Freia Niehus
XVII Abkür zuñera V e r z e i c h n i s A.A. AG A.I.D. ALADI A.P. BIRD BOC BOCG B.O.E. CEE CEOE CEPAL CES CESEDEN CESID CFI CIOSL CHT CC.OO. CSCE D. de S. ECOSOC e.e.v. bzw. E.e.v. FAD F.E. FMI
Auswärtiges Amt Autonome Gemeinschaften Asociación Internacional de Desarrollo (IDA) Asociación Latinoamericana de Integración Alianza Popular (Volksallianz) Banco Internacional der Reconstrucción y Desarrollo Boletín Oficial de las Cortes Boletín Oficial de las Cortes Generales Boletín Oficial del Estado Comunidad Económica Europea (EG) Confederación Española de Organizaciones Empresariales Comisión Económica para América Latina Confederación Europea de Sindicatos (Europäischer Gewerkschaftsbund / BGB) Centro de Estudios Superiores de la Defensa Centro Superior de Información de la Defensa Corporación Financiera Internacional Confederación Internacional de Organizaciones Sindicales Libres (Internationaler Bund Freier Gewerkschaften / IBFG) Conferencia Mundial del Trabajo Comisiones Obreras (Arbeiterkommissionen) Conferencia de Seguridad y Cooperación en Europa Diario de Sesiones Consejo Económico y Social (der EG)
entrada en vigor Fondo Africano de Desarrollo Fuero de los Españoles Fondo Monetario Internacional (Internationaler Währungsfonds) F.S.M. Federación Sindical Mundial (Weltgewerkschaftsbund ) G.Z.T. Gemeinsamer Zolltarif (der EG) IEPG Independent European Program Group (span. Abk.: GEIP - Grupo Europeo Independiente de Programa) I.S. Internacional Socialista (Sozialistische Internationale) IVA Impuesto sobre el valor añadido (Mehrwertsteuer) K.f.A.A. Kommission für Auswärtige Angelegenheiten LC Ley Constitutiva de las Cortes L.O.E. Ley Orgánica del Estado LOTC Ley Orgánica del Tribunal Constitucional L.R.J. Ley de Régimen Jurídico de la Administración del Estado M. de AA.EE. Ministerio de Asuntos Exteriores OCDE Organización de Cooperación y Desarrollo Económico OEA Organización de Estados Americanos OID Oficina de Información Diplomática OIT Organización Internacional de Trabajo (ILO) ONU Organización de las Naciones Unidas (UNO) OTAN Organización del Tratado del Atlántico Norte PCE Partido Comunista de España PDP Partido Demócrata Popular
XVIII R.D. R.D.A. REDI R.E.I. R.P.I. R.F.A. Regl. S.V. bzw. Span. Verf. U.C.D. UEO U.G.T. VGB
Real Decreto República Democrática de Alemania (DDR) Revista Española de Derecho Internacional Revista de Estudios Internacionales Revista de Política Internacional República Federal de Alemania (BRD) Reglamento (Geschäftsordnung) Spanische Verfassung (von 1978) Unión de Centro Democrático Unión Europea Occidental (Westeuropäische Union) Unión General de Trabajadores Weltgewerkschaftsbund
XIX
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
Band I 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29.
Außenpolitik-System Politisches System - Input-Output-Modell Kontinuum Identität - Heterogenität Außenpolitisches Strukturprinzip und politisches System Bruttoinlandsprodukt nach Sektoren Erwerbstätigkeit nach Sektoren Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes Anstieg der Kilitärausgaben der NATO-Länder (Incremento de los gastos militares de la OTAN, 1972 - 1981) Zahl der spanischen Streitkräfte 1939 - 1986 Index Uber NATO-Verteidigungsausgaben (Indices of NATO Defence Ezpenditure in Constant Prices) Verteidigungsausgaben Spaniens Staatsaufbau Franco-Spaniens Staatsorgane Spaniens (nach Franco) Haushalt des spanischen AuBenministeriums 1975 bis 1986 Haushalt des spanischen AuBenministeriums ia Gesamthaushalt des spanischen Staates Planstellen des diplomatischen Korps im spanischen Außenministerium Organigramm des spanischen AuBenministeriums Stand 1965 (Organigrama del Ministerio de Asuntos Exteriores, 1965) Organigramm des spanischen AuBenministeriums Stand 1985 Sozio-ideologische Komponenten der politischen Familien des Franco-Regimes Politische Ausrichtung der FQhrungselite im spanischen Außenministerium Ausmaß der Kollaboration der politischen und administrativen Führungselite im AuBenministerium mit dem frankistischen Spanien Frankistische Führungselite und "newcomer" im spanischen AuBenministerium 1975 - 1982 Ausmaß der Kollaboration mit dem frankistischen Spanien im Fall der Besetzung der wichtigsten Botschafterposten Schema der spanischen Nachrichtendienste (Esquema de los servicios de información españoles) Handhabung der generellen politischen Instrumente parlamentarischer Kontrolle auf die auswärtige Gewalt des Staates Handhabung der generellen politischen Instrumente parlamentarischer Kontrolle auf die auswärtigen Beziehungen (nach Themen) Die auswärtigen Beziehungen Spaniens zur Franco-Zeit Die auswärtigen Beziehungen Spaniens im Kontext der parlamentarischen Demokratie
S. S. S.
5 20 28
S. S. S. S. S.
46 151 151 151 151
S. 157 S. 157 S. S. S. S.
157 157 160 161
S. 308 S. 308 S. 309 S. 318 S. 319 S. 321 S. 328 S. 330 S. 330 S. 332 S. 359 S. 387 S. 388 S. 451 S. 452
XX
Band II 30. Bilaterale Vertragsbeziehungen Spanien Bundesrepublik Deutschland im Vergleich 31. Deutsche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu Besuch in Spanien 32. Spanische Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu Besuch in der Bundesrepublik 33. Spanien - Bundesrepublik Deutschland! Handelsbeziehungen 1968 - 1985 34. tfachstumsraten des spanisch-deutschen Handels 35. Deutsche Direktinvestitionen in Spanien, 1960 - 1984 36. Deutsche Touristen in Spanien 37. Spanische Emigration in die Bundesrepublik, 1960 - 1980 38. Gemischte spanisch-sowjetische Unternehmen (Empresas mixtas hispano-soviéticas) 39. Spanische Unternehmen, die mit der UdSSR handeln (Empresas españolas que comercian con la URSS) 40. Vertragsabschlüsse zwischen Spanien und Osteuropa und der Sowjetunion 41. Vertragsabschlüsse zwischen Spanien und Osteuropa und der Sowjetunion im Vergleich 42. Delegationen und Vertreter außenpolitischer Eliten aus Osteuropa und der UdSSR in Spanien 43. Delegationen und Vertreter außenpolitischer Eliten aus Spanien in Osteuropa und der UdSSR 44. Spanien - Osteuropa und die UdSSRi Handelsbeziehungen 45. ranking spanischer Handelspartner im Osten unter Franco, 1970 - 1975 46. ranking spanischer Handelspartner im Osten nach Franco, 1976 - 1984 47. Handelsbeziehungen mit Osteuropa und der UdSSR unter Franco, 1970 - 1975 48. Handelsbeziehungen mit Osteuropa und der UdSSR nach Franco, 1976 - 1984 49. Relatives Gewicht der osteuropäischen Länder und der EG-Länder im spanischen Außenhandel nach Produkten (Pesos relativos de los países del este y la CEE en el comercio exterior de España por productos) 50. Relative Bedeutung des Osthandels im spanischen Außenhandel . 51. Handel Spaniens mit den osteuropäischen Ländern (Comercio de Espana con los países del este) 52. Handel Spanien - Osteuropa (Comercio Espana - Países Este) 53. Handel Spaniens mit der EG (Comercio de Espana con la CEE) 54. Zusammensetzung des spanischen Handels mit der EG (Composición del comercio de Espana con la CEE) 55. Spanien - EGi Außenhandel 56. Handel Spaniens mit der EG, 1970 - 1984 (Comercio de Espana con la CEE, 1970 - 1984) 57. Handel Spaniens mit der EG der Sechs, Neun und der Zehn (Comercio de Espana con la CEE de los Seis, Nueve y Diez)
S. 499 S. 505 S. 505 S. 530 S. 530 S. 532 S. 533 S. 535 S. 582 S. 582 S. 609 S. 610 S. 611 S. 612 S. 644 S. 644 S. 644 S. 644 S. 644
S. 645 S. 645 S. 646 S. 646 S. 782 S. 782 S. 783 S. 784 S. 784
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58. EFTAi H a n d e l s b i l a n z m i t S p a n i e n (EFTAi B a l a n z a c o m e r c i a l de E s p a n a ) 59. EGi H a n d e l s b i l a n z m i t S p a n i e n (CEEi B a l a n z a c o m e r c i a l de E s p a n a ) 60. E i n f u h r a u s l ä n d i s c h e n K a p i t a l s (Rangfolge n a c h L ä n d e r n ) ( R e l a c i ó n de i n v e r s i o n e s de capital extranjero por países) 61. D i r e k t i n v e s t i t i o n e n d e r E G - L ä n d e r in S p a n i e n 62. S p a n i s c h e I n v e s t i t i o n e n i n d e n L ä n d e r n d e r Europäischen Gemeinschaft 63. G e o g r a p h i s c h e A u f t e i l u n g d e r s p a n i s c h e n Auslandsinvestitionen (Distribución geog r á f i c a de las i n v e r s i o n e s e s p a ñ o l a s e n el e x t e r i o r ) 64. T o u r i s m u s in S p a n i e n 65. E i n n a h m e n d u r c h T o u r i s m u s 66. H e r k u n f t s l ä n d e r d e r T o u r i s t e n , 1980 - 1981 ( P r o c e d e n c i a de los t u r i s t a s , p o r p a í s e s , 1980 - 1981) 67. H e r k u n f t s l ä n d e r d e r T o u r i s t e n , 1982 - 1985 ( P r o c e d e n c i a de los t u r i s t a s , 1982 - 1985) 68. K o n t i n e n t a l e D a u e r - E m i g r a t i o n n a c h Z i e l l ä n d e r n (Emigración c o n t i n e n t a l p e r m a n e n t e s e g ú n p a í s e s de d e s t i n o ) 69. R e g i s t r i e r t e k o n t i n e n t a l e E m i g r a t i o n (1959 - 1970) ( E m i g r a c i ó n c o n t i n e n t a l a s i s t i d a , 1959 - 1970) 70. M i n i s t e r in F r a n c o s f r ü h e r e n R e g i e r u n g e n (Ministers in F r a n c o ' s E a r l i e r G o v e r n m e n t s ) 71. M i n i s t e r s in F r a n c o s s p ä t e r e n R e g i e r u n g e n (Ministers in F r a n c o ' s L a t e r G o v e r n m e n t s ) 72. Die 113 M i n i s t e r F r a n c o s (Los 113 m i n i s t r o s de F r a n c o ) 73. K a r r i k a t u r " S p a n i e n (USA)"
S.
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S. S.
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S. 896 S. 896 S. 897 S.1008
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1. Einleitung: Politisches System, Systemwandel und Außenpolitik 1.1. Der Theoriebegriff der Untersuchung Menschliche Erkenntnis ist nur möglich, wenn sich das erkennende Subjekt vorgegebener Ordnungsschemata b e d i e n t , mit deren Hilfe "Wirklichkeit" s t r u k t u r i e r t , geordnet, der Erkenntnis zugänglich gemacht werden k a n n . Erkennen impliziert somit nach Haftendorn immer einen komplexen Reduktions- und Konstruktionsprozeß, wobei a l s Filter bei den Schritten Selektion, Abstraktion und Konstruktion die Erkenntnisziele, (1) die Erkenntnisbedingungen (2) und die Erkenntnismethoden (3) w i r k e n . In einem wissenschaftlichen Erkenntnisprozeß haben dabei Theorien, in einem formalen Sinn d e f i n i e r t a l s "Sätze von Aussagen, die in einem logischen Zusammenhang stehen, die einer wissenschaftlichen Untersuchung a l s Bezugsrahmen dienen, eine b e g r i f f lich-systematische Ordnung der Ergebnisse ermöglichen und zu p r a k t i schem Handeln befähigen können" (4) eine v i e r f a c h e Funktion: neben einer Selektions- und Ordnungsfunktion eine E r k l ä r u n g s f u n k t i o n und eine operative Funktion. (5) Im Bewußtsein der Tatsache, daß die internationale Politik über eine Vielzahl verschiedener Theorieansätze v e r f ü g t und keiner von ihnen den Anspruch a l l e i n i g e r Gültigkeit f ü r sich erheben k a n n , (6) wurde der vorliegenden Untersuchung der deduktiv-empirische Theoriebegriff des Szientismus' zugrunde g e l e g t . Das primäre Erkenntnisziel richtet sich damit auf die o b j e k t i v i e r t e , d. h . i n t e r s u b j e k t i v ü b e r p r ü f b a r e und wiederholbare Beschreibung und Erklärung von Strukturmustern mit dem Fernziel der Aufstellung einer - p a r t i e l l e n - heuristischen Theorie der I n t e r n a t i o n a l e n Politik. (7) Dazu werden in der Forschungspraxis a u f g r u n d v o r w i s s e n s c h a f t l i c h e r , vortheoretischer Erfahrungen operationale Hypothesen formuliert, deren Gültigkeit dann in einem empirischen Forschungsprozeß v e r i f i z i e r t oder f a l s i f i z i e r t w i r d . Das Ergebnis sind begrenzte, a b e r in sich stringente und i n t e r s u b j e k t i v ü b e r p r ü f b a r e Thesen, (8) denen so lange der Rang von Gesetzmäßigkeiten zugebilligt w i r d , b i s sie an neu a n a l y s i e r t e r Wirklichkeit s c h e i t e r n . Das erkenntnismethodische Instrumentarium d i e ses Theorieansatzes, so wie es von Easton f ü r den Behavioralismus zusammengefaßt wurde, (9) im wesentlichen a b e r auch f ü r die anderen Richtungen und Ansätze des szientistischen Schule g i l t , e r l a u b t dabei begrenzte Prognosen in Form von w e n n - d a n n - Sätzen, aber zunächst keine allgemeine Theorie; vielmehr müßten die im empirischen Forschungsprozeß gewonnenen Thesen in anschließenden Forschungsstufen in näher zu definierende Beziehung zueinander gestellt werden, um damit die Bildung von Teil-Theorien oder auch " n u r " von Ansätzen und Konzepten zu e r l a u b e n . Um d a s leisten zu können, reicht es einer Wissenschaftsrichtung, die ihre Wissenschaftlichkeit weder in der F r a ge einer Wertgerichtetheit von Theorie noch emanzipatorisch in der Umsetzung i h r e r Resultate in politisches Handeln s i e h t , sondern vor allem a l s Selbstzweck d e f i n i e r t , jedoch um a l s wissenschaftlich r e l e v a n t eingestuft werden zu können, nicht a u s , die jeweilige Forschungsneugier an einem bestimmten Gegenstand durch eine Anhäufung von Wissen über Einzelphänomene zu b e f r i e d i g e n , vielmehr muß d a s jeweilige Spezialphänomen in einen größeren theoretischen Kontext eingeordnet und von dort aus unter dem Aspekt seiner heuristischen politikwissenschaftlichen Fruchtbarkeit betrachtet werden. (10) Auf unseren Fall ü b e r t r a g e n , hieße damit die grundlegende zu lösende Aufgabenstellung: Was leistet der Fall Spanien f ü r die Theorie der internationalen Beziehungen? Welche, wenn auch sicherlich n u r punktuellen E r k e n n t n i s se kann man f ü r die theoretische Auseinandersetzung mit Außenpolitik und internationalen Beziehungen aus einer Untersuchung s p a n i s c h e r Außenpolitik von Franco bis in die Gegenwart gewinnen?
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1.2. Das Forschungs-Design In der Absicht, der oben erwähnten Aufgabenstellung gerecht zu werden, befaßt sich die vorliegende Untersuchung mit der Gegenüberstellung und dem Vergleich der Gestaltung von Außenpolitik vor dem Hintergrund eines geschlossenen mit der vor dem Hintergrund eines offenen politischen Systems am Beipiel Spaniens. Sie vermutet damit Wechselbeziehungen zwischen den genannten Größen, hypothetisch d . h . zwischen politischem (den verschiedenen politischen Systemen) bzw. Systemwandel einerseits und der Außenpolitik eines Landes a n d e r e r s e i t s , Interdependenzen, deren Eruierung - wenn vorhanden i h r v o r d r i n g l i c h e s erkenntnisleitendes Interesse i s t . Die Analyse der Außenpolitik Spaniens a l s theorieorientierte F a l l s t u d i e kann also g r u n d s ä t z l i c h unter zwei Fragekomplexen angegangen werden, die sich logisch trennen l a s s e n , in der politischen P r a x i s a b e r eng zusammenhängen: 1) Die Untersuchung s p a n i s c h e r Außenpolitik vor dem Hintergrund u n t e r s c h i e d l i c h e r politischer Systeme kann der Fall Spanien a l s Typ verstehen f ü r die Gestaltung von Außenpolitik in einer a u t o r i t ä r e n Diktatur und in einer parlamentarischen Demokratie. Damit will sie einen Beitrag leisten zur Diskussion der Dichotomie geschlossenes v e r s u s offenes politisches System und Außenpolitik. 2) Die Analyse s p a n i s c h e r Außenpolitik vor dem Hintergrund zweier verschiedener politischer Systeme kann den Fall Spanien, als dynamischen Prozeß, a l s Wandel der Gestaltung von Außenpolitik vor dem Hintergrund eines Demokratisierungsprozesses von einer a u t o r i t ä r e n Diktatur zu einer parlamentarischen Demokratie a u f f a s s e n . Unter diesem Aspekt des Systemwandels will sie einen Beitrag leisten zur Diskussion der Demokratisierung von Außenpolitik. Damit steht die Untersuchung methologisch vor zwei Kernproblemen: Sie will zwar nicht politische Systeme miteinander v e r g l e i c h e n , a b e r sie will außenpolitische Entscheidungssysteme und deren makropolitische Rahmenbedingungen gegenüberstellen und einem Vergleich u n t e r e i n a n d e r und im Hinblick auf die Demokratisierungsproblematik z u g ä n g lich machen; sie will die Außenpolitik a l s out-put-Funktion der jeweiligen außenpolitischen Entscheidungssysteme einer a u t o r i t ä r e n Dikt a t u r und einer parlamentarischen Demokratie miteinander bzw. mit Blick auf die Frage der Demokratisierung von Außenpolitik v e r g l e i chen. Die Problemlösung wird bei p r i n z i p i e l l e r Anwendung der szientistischen Wissenschaftstheroie unter Berücksichtigung verschiedener Forschungssätze a n g e g a n g e n , um so Engpässen, die bei einer Beschränkung auf nur eine Vorgehensweise a u f t r e t e n würden, aus dem Wege gehen zu können. Ausgangspunkt soll dabei d a s E r k e n n t n i s i n s t r u mentarium der Systemtheorie a l s Sammelbecken der h i e r verwendeten Forschungsansätze b i l d e n . (11) Je nach i h r e r Reichweite erscheint dabei die Systemtheorie von ihrem S e l b s t v e r s t ä n d n i s her " a l s ein i n t e g r i e r t e r Satz von Konzepten, Hypothesen und (hoffentlich mit der Zeit) bewiesenen Annahmen. An die Theorie wird in diesem Zusammenh a n g die Erwartung g e r i c h t e t , daß sie ein i n t e g r i e r t e s System von theoretischen Aussagen mit einem hohen Grad an Allgemeingültigkeit b i l d e t , d a s sich auf alle oder f a s t alle s i g n i f i k a n t e n Elemente einer kleinen , a b e r erschöpfenden Zahl von allgemeinen Systemen bezieht und d a s sich auf wichtige Phänomene in vielen Einzeldisziplinen anwenden l ä ß t . ( . . . ) Zum anderen kann man die allgemeine S.vstemtheorie auch a l s eine Reihe von Techniken oder a l s Bezugsrahmen f ü r eine systematische Analyse a u f f a s s e n . Dann interessieren weniger die spezifischen Annahmen und Aussagen dieser Theroie a l s vielmehr die durch sie gewonnenen Anregungen f ü r die Organisation und Analyse von Fakten, die sich a u s der Anwendung des systemtheoretischeri
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Begriffs der Isomorphie ergebenden Einsichten, der Reichtum der a n a l y t i s c h e n Konzepte und der Wert e i n e s systemtheoretischen B e z u g s rahmens f ü r die V e r a r b e i t u n g g r o ß e r Datenmengen." (12) Die v o r l i e g e n de Studie geht von dem zweiten V e r s t ä n d n i s von Systemtheorie a u s und b e g r e i f t d a r u n t e r die B e s c h r e i b u n g e i n e r Methode, mit deren Hilfe eine systematische Analyse komplexer s o z i a l e r und p o l i t i s c h e r Systeme e r folgt bzw. erfolgen kann. Die B a n d b r e i t e der von i h r dazu zur Verfügung g e s t e l l t e n Ansätze i s t g r o ß . (13) Die mittels e i n e s Ansatzes gewonnenen Aussagen über einen bestimmten Eereich "Wirklichkeit" sollen dabei ein für den d i s k u t i e r t e n Problemzusammenhang r e l e v a n t e s ( a b e r n a t ü r l i c h auch r e l a t i v i e r t e s ) System b e g r ü n d e n . Insofern ist ein systemtheoretisch o r i e n t i e r t e s Vorgehen auch Konstruktivismus: "Die jeweils entworfenen Systeme s t e l l e n den Versuch dar, durch eine besondere e r k e n n t n i s t h e o r e t i s c h e und methodologische Konstruktion die Erfahrungselemente der A l l t a g s w i r k l i c h k e i t zusammenzufassen, zu o r d nen und in d e r Form e i n e s Systems d a r z u s t e l l e n . " (14) Dies l i e g t jedoch b a s i e r e n d auf e i n e r Zielsetzung d e r Systemtheorie, ausgehend von einem d e f i n i e r t e n E r k e n n t n i s i n t e r e s s e a l s Instrument zur Lösung der speziellen Erkenntnisprobleme zu f u n g i e r e n , d u r c h a u s im Rahmen ihrer Intention und i h r e s S e l b s t v e r s t ä n d n i s s e s , (15) wobei d a s so durch ein systemtheoretisch o r i e n t i e r t e s Vorgehen gewonnene, k o n s t r u i e r t e Systemmodell entsprechend des zugrundeliegenden Erkenntnisint e r e s s e s und des Ausschnitts a n a l y s i e r t e r p o l i t i s c h e r W i r k l i c h k e i t a l s s p e z i f i s c h e , s e l e k t i v e Problemlösung einzustufen i s t : " W i s s e n s c h a f t l i c h e Erkenntnismodelle sind dadurch g e k e n n z e i c h n e t , daß i h r e Konstruktion in v e r e i n f a c h t e r Form der S t r u k t u r des r e a l e n S a c h v e r h a l t e s ents p r i c h t , über den man etwas e r f a h r e n w i l l . Aus d i e s e r Ähnlichkeit ergeben sich die h e u r i s t i s c h e (was g i b t es Neues und I n t e r e s s a n t e s ?) und die p r o g n o s t i s c h e (was ist zu e r w a r t e n ? ) Funktion von Modellen a l s Instrument w i s s e n s c h a f t l i c h e r A n a l y s e . " (16) Dies soll geschehen eingedenk der Warnung E l l w e i n s : "Die Systemtheorie ( k a n n ) a l s ein Weg b e t r a c h t e t werden, a u f dem man die Gefahr vermeidet, sich a n s Besondere und B e l i e b i g e zu v e r l i e r e n . Dem s t e h t a l l e r d i n g s die a n d e r e Gefahr g e g e n ü b e r , daß man nämlich sich seinem eigenen t h e o r e t i s c h e n Konstrukt, eben dem System, a u s l i e f e r t und ü b e r s i e h t , was im j e w e i l i gen Systemmodell nicht a u f g e a r b e i t e t oder nur s c h e i n b a r a u f g e a r b e i t e t w i r d . " (17) Vor der e i g e n t l i c h e n Anwendung und Umsetzung s y s t e m t h e o r e t i s c h e r E r kenntnismodelle scheint es jedoch a n g e b r a c h t , einige Grundbegriffe der vorliegenden Untersuchung zu erörtern und (soweit d a s bei d e r a r t i g komplexen B e g r i f f e n ü b e r h a u p t möglich i s t ) zu k l ä r e n . Zunächst der B e g r i f f des Systems, bei dem, d i e s sei e i n g a n g s gleich betont, keine e n d g ü l t i g e Definition möglich i s t , da j e d e r systemtheoret i s c h e Ansatz sich h i e r e i g e n e Begriffsbestimmungen g e s c h a f f e n h a t , die sich teilweise d e c k e n , teilweise a n d e r e Merkmale hervorheben, d r i t t e nur implizit e n t h a l t e n oder auch d e f i n i t o r i s c h n i c h t b e r ü c k s i c h t i g e n . (18) Immerhin zeichnet sich jedoch so etwas wie ein gemeinsamer Nenner a b . So heben die meisten Autoren h e r v o r , d a ß es sich bei einem System um eine b e l i e b i g e Gesamtheit h a n d e l t , die sich a u s Teilen (Systemelementen) mit bestimmten E i g e n s c h a f t e n zusammens e t z t , wobei die Teile durch bestimmte Beziehungen m i t e i n a n d e r v e r b u n den s i n d . (19) Für die a n a l y t i s c h e B r a u c h b a r k e i t d i e s e s Systembeg r i f f s sind noch zwei Momente w i c h t i g : a ) die Interdependenz a l l e r Systemelemente u n t e r e i n a n d e r , so d a ß Veränderungen e i n e s T e i l s Konsequenzen für die anderen Elemente haben und damit d a s System a l s Ganzes b e t r e f f e n ; und b ) die Abgrenzung des Systems g e g e n ü b e r e i n e r Umwelt, mit der es in Wechselbeziehungen s t e h t , wobei die Umwelt a l s Komplex a l l j e n e r Gegenstände, Elemente und Prozesse anzusehen i s t .
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deren Veränderung das System beeinflussen und die umgekehrt vom Verhalten des Systems beeinflußt werden können. (20) Die Komplexität von Systemen hängt dabei ab von verschiedenen Qualitäten seiner Bestandteile. Drei Qualitäten der Systemstruktur können unterschieden werden: - V a r i e t ä t , d. h . die Anzahl der strukturbildenden Elemente; - Konnektivität, d. h . der Beziehungsreichtum zwischen den Elementen; - V a r i a b i l i t ä t , d. h . die Beziehungskonstellation, die Anordnung der Beziehungen der Elemente. (21) Auch unterscheidet man verschiedene Beziehungsqualitäten (22) und konkretisiert die Art und Weise, in der sich Beziehungen zwischen den Elementen oder auch zwischen System und Umwelt d a r s t e l l e n , a l s Austausch von Energie (z. B. Machtanwendung), Materie (z. B. Handel) und Information (z. B. Kommunikation). (23) Angesichts der Vielzahl von Systemen in der Wirklichkeit haben sich verschiedene Kriterien zu ihrer Klassifikation eingebürgert: Man unterscheidet im Seinsbereich zwischen realen und idealen Systemen, hinsichtlich der Entstehung zwischen künstlichen und natürlichen Systemen, im Hinblick auf die Beziehungen zur Umwelt zwischen offenen und geschlossenen Systemen, unter dem Aspekt i h f e r Beschreibbarkeit zwischen einfachen, komplexen und hyperkomplexen Systemen und bezüglich der Vorhersagbarkeit ihrer Wirkungsabläufe zwischen determinierten und probabilistischen Systemen. (24) Auch können Systeme untergliedert werden, wobei derartige Systemteile a l s Subsysteme oder auch a l s Systemelemente bezeichnet werden. Aus systemtheoretischer Sicht interessiert bei einer Systemanalyse nicht so sehr die F r a g e : "Was ist ein System?" a l s vielmehr die Fragestellung: "Was geschieht in einem System?" (25) Insofern werden Systeme nicht in erster Linie konzipiert a l s s t a r r e Konglomerate von Einzelelementen, sondern a l s dynamische Verhaltenssysteme. (26) Damit stellt sich die Notwendigkeit, bei der Erörterung der System-Problematik drei weitere Elementarkaterogien zu unterscheiden: a ) Funktion b) Struktur c) Prozeß a) Unter Funktion versteht man herkömmlich die Aufgabe, die Leistung eines Teils im Rahmen eines Ganzen: Wind und Wasser haben die Funktion, Gebirge durch Erosion abzutragen; essen hat die Funktion, menschliches Leben zu erhalten e t c . b ) Unter Struktur wird die Gliederung, der Aufbau, die Anordnung der Elemente in einem System verstanden: "A structure is defined by the arrangements of its p a r t s . Only changes of arrangements are structural changes. A system is composed of a structure and of interacting p a r t s . Both the structure and the parts a r e concepts, related to, but not identical with real agents and agencies. Structure is not something we see. The anthropologist Meyer Fortes put this well. 'When we describe s t r u c t u r e ' , be s a i d , 'we are in the realm of grammar and s y n t a x , not spoken word. We discern structure in the 'concrete r e a l i t y ' of social events only by virtue of having first established structure by abstraction from 'concrete r e a l i t y " (...). Since structure is an abstraction, it cannot be defined by enumerating material c h a r a c t e r i s t i c s of the system. It must instead be defined by the arrangement of the system's parts and by the principle of that arrangements." (27) c) Und unter Prozeß versteht man herkömmlich ein Geschehen, einen Vorgang oder Verlauf, der mit einer gewissen Regelmäßigkeit in einem zeitlichen Kontinuum a b l ä u f t . (28) Diese Katerogien lassen sich analytisch-gedanklich trennen, sind innerhalb eines Systems aber eng miteinander verflochten: Die Handlungselemente, aus denen sich ein Prozeß zusammensetzt, haben für das System, in dem sie stattfinden, eine funktionale ( g g f . auch dysfunktionale oder nicht-funktionale) Bedeutung und wenn dabei auch
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dem Ablauf eines Prozesses (im Gegensatz zur Struktur) das Charakteristikum des Fließenden, des Dynamischen zu eigen i s t , (29) v e r weist doch das Moment der Kontinuität des Geschehens auf seine strukturellen Voraussetzungen. Die Elemente des hier zu bildenden Systems sind: - externe/interne Entscheidungsbedingungsfaktoren a l s Außenpolit i k - r e l e v a n t e r Ausschnitt von Wirklichkeit - das außenpolitische Entscheidungssystem - Formulierung und Realisierung von Außenpolitik Der Verbund dieser Elemente, angeordnet in einem einfachen Regelk r e i s , soll a l s Außenpolitik-System bezeichnet werden:
Zu einem System werden die Elemente dabei durch das spezifische erkenntnisleitende Interesse dieser Untersuchung (die Analyse der Beziehungen zwischen politischem System, Systemwandel und Außenpolit i k ) bzw. durch den damit entstehenden S i n n - , Handlungs- und Funktionszusammenhang . Das Außenpolitik-System will a l s Erkennungsmodell spezifische, s e l e k t i ve Problemlösung sein. Dazu wird es abhängige Variable vor dem Hintergrund zweier unabhängiger Variablen a n a l y s i e r t , d . h . , einmal wird ihm die Schablone "geschlossenes politisches System" und danach die Schablone "offenes politisches System" unterlegt, wobei anhand dieses Vorgehens jeweils beobachtet werden k a n n , wenn j a , dann wie, wann und in welchem Maße die unterschiedlichen Schablonen ihren jeweils (wie vermutet werden kann: unterschiedlichen) "Abdruck" im Außenpolitik-System h i n t e r l a s s e n . Dabei sind zwei extreme Hypothesen theoretisch denkbar: Das Relief A eines politischen Systems X wird einem Außenpolitik-System B unterlegt und man stellt f e s t , daß dessen Profil die exakte Wiederholung des Profils des politischen Systems X i s t ; d . h . , in diesem Fall wäre das politische System der einzige Faktor, der die Ausgestaltung des Außenpolitik-Systems prägen würde. Dem wäre folgende Hypothese gegenüberzustellen: Das Relief A' eines politischen Systems X' wird einem Außenpolitik-System B' unterlegt und man kann feststellen, daß dessen Profil an keiner Stelle Berührungspunkte mit dem Profil des politischen Systems X' aufweist; d . h . , in diesem Falle wäre das politische System für die Ausprägung des Außenpolitik-Systems völlig unerheblich. Solche hypothetischen Untersuchungsergebnisse sind unwahrscheinlich, müssen aber zumindest a l s theoretische Möglichkeiten eingeräumt werden. Ein solches analytisches Vorgehen läßt in jedem Fall sichtbar werden (wenn vorhanden) - wo, wie, in welchem Maße ein politisches System X ein AußenpolitikSystem B formt;
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wo, w i e , in welchem Maße ein p o l i t i s c h e s System X ein A u ß e n p o l i t i k System B nicht formt, d . h . d i e Formung des Außenpolitik-Systems auf andere Faktoren z u r ü c k g e f ü h r t werden muß; - w o , w i e , in welchem Maße ein p o l i t i s c h e s System Y ein A u ß e n p o l i t i k System C formt, und z w a r 1. identisch mit d e r Ausgestaltung von B, oder aber 2. in Abweichung zu der Ausgestaltung von B (an d i e s e r Stelle käme die Demokratisierungsproblematik zum T r a g e n ) - wo, w i e , in welchem Maße ein p o l i t i s c h e s System Y ein A u ß e n p o l i t i k System C nicht formt, d . h . d i e Formung des Außenpolitik-Systems auf andere Faktoren z u r ü c k g e f ü h r t werden muß. Durch d i e s e Vorgehensweise, d i e g l e i c h z e i t i g auch ein Felektionsmechanismus i s t , gewinnt man Zonen der I n t e r a k t i o n zwischen den beiden Größen " p o l i t i s c h e s System" und " A u ß e n p o l i t i k - S y s t e m " , deren e i n g e h e n dere A n a l y s e im Rahmen dieser Untersuchung und ihres e r k e n n t n i s l e i tenden Interesses von besonderer Wichtigkeit i s t . Anders a u s g e d r ü c k t : Stellt man f e s t , daß e i n e Größe Gl ( z . B. der Konsum von Rioja in Madrid) unabhängig ist von einer Größe G2 ( z . B. der Zahl der herrenlosen Hunde und Katzen) und eine Hypothesenbildung ( z . B. Je höher die Zahl der herrenlosen Hunde und Katzen, desto stärker s t e i g t / s i n k t der Rioja-Konsum in M a d r i d ) deshalb müßig i s t , kann e i n e Eruierung der "Wechselbeziehungen" l o g i s c h e r w e i s e nicht e r f o l g e n . A l l e n f a l l s kann man sich f r a g e n , warum keine Wechselbeziehung b e s t e h t , und auf diese Weise g l e i c h z e i t i g a u f z e i g e n , wo das p o l i t i s c h e System k e i n e g e s t a l t e n d e K r a f t auf das Außenpolitik-System ausübt. Im Hinblick auf das oben s k i z z i e r t e Vorgehen s t e l l t sich jedoch noch die Notwendigkeit e i n e r Klärung w e i t e r e r G r u n d b e g r i f f e : a ) Was soll als "Schablone", d. h. unabhängige Variable, jeweils zugrunde g e l e g t werden? Anders a u s g e d r ü c k t : Was ist ein p o l i t i sches System? b ) Was soll v e r s t a n d e n werden unter den d r e i konstitutiven Elementen des Außenpolitik-Systems? Das h e i ß t , was sind externe/interne Entscheidungsbedingungsfaktoren als Außenpolitik-relevanter Ausschnitt von W i r k l i c h k e i t ? Was ist das außenpolitische Entscheidungssystem? Was ist Außenpolitik? zu a ) Was ist in " p o l i t i s c h e s System"? Wie so ö?t ist auch h i e r die F r a g e l e i c h t e r g e s t e l l t a l s beantwortet. Als Folge der V i e l f a l t systemtheoretischer Ansätze haben d i e v e r s c h i e denen Schulen der Systemtheorie h i e r durchaus v e r s c h i e d e n e Modelle des p o l i t i s c h e n Systems e n t w i c k e l t . Politik erscheint z . B. a l s Kommunikations- und Steuerungssystem ( k y b e r n e t i s c h e r A n s a t z ) , a l s s o z i a l e s Handlungssystem (behavioralistischer Ansatz), als Entscheidungssystem ( f u n k t i o n a l e r A n s a t z ) . (30) Almond unterscheidet v i e r Strukturelemente politischer Systeme: das Handlungssystem, die R o l l e , das Machtmonopol und die Orientierung p o l i t i s c h e n Handelns. (31) Nach Parsons und Easton v e r s t e h t man unter einem politischen System auch den Bereich der Z i e l - und Wertbestimmung sowie -Zuteilung in einem Gemeinwesen. Luhmann b e g r e i f t darunter v o r allem Handlungssysteme, die d a r a u f s p e z i a l i s i e r t s i n d , allgemein anerkannte bindende Entscheidungen herzustellen, und z w a r e i n e r s e i t s a u f g r u n d von Plänen und Programmen sowie a n d e r e r s e i t s durch "Mechanismen der Gewährleistung von Zustimmung". (32) In der vorliegenden Arbeit muß f ü r das Verständnis von "politischem System" nicht erneut die Diskussion der v e r g l e i c h e n d e n Lehre p o l i t i s c h e r Systeme a u f g e g r i f f e n w e r d e n , vielmehr kann das Ergebnis ihrer Überlegungen als bekannter Stand der Wissenschaft vorausgesetzt und auf den Fall Spanien angewendet w e r d e n . Unter "politischem System" soll dabei zunächst g e n e r e l l v e r standen werden "der O b j e k t b e r e i c h , der d i e Gesamtheit politischen
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Handelns i n n e r h a l b e i n e r G e s e l l s c h a f t umfaßt, in dem p o l i t i s c h e F u n k tionen auf Grund v o r g e g e b e n e r Strukturen durch Systemelemente w a h r g e nommen werden und sich in M a c h t b i l d u n g s - und E n t s c h e i d u n g s p r o z e s sen n i e d e r s c h l a g e n " . (33) Die B e g r i f f e " o f f e n e s " bzw. " g e s c h l o s s e n e s " p o l i t i s c h e s System sollen dabei a l s Synonyme v e r s t a n d e n werden für (im F a l l des e r s t e r e n ) ein Modell p o l i t i s c h e r Ordnung zur Ausübung von Herrschaft in Form e i n e r k o n s t i t u t i o n e l l e n Demokratie bzw. p r ä z i s e r im F a l l e S p a n i e n s : in Form e i n e r p a r l a m e n t a r i s c h e n Demokratie bzw. a l s Oberbegriff der konstitutiven Merkmale e i n e r p a r l a m e n t a r i schen Demokratie; und im zweiten Fall ist es Synonym für ein nicht-demokratisches Modell p o l i t i s c h e r Ordnung zur Ausübung von Herrschaft in Form e i n e r a u t o r i t ä r e n Diktatur bzw. summarischer Oberbegriff für dessen k o n s t i t u t i v e C h a r a k t e r i s t i k a . (34) Den Ausdrücken offenes bzw. g e s c h l o s s e n e s p o l i t i s c h e s System wurde dabei in der Regel der Vorzug g e g e b e n , weil s i e im S p r a c h g e b r a u c h weniger normativ b e f r a c h t e t sind a l s die g e l ä u f i g e r e n B e g r i f f e "Demokratie" und " D i k t a t u r " . Durch diese d e f i n i t o r i s c h e n Dispositionen der " S c h a b l o n e " des politischen Systems geht die Untersuchung - ohne die zentrale Bedeutung des S t a a t e s für p o l i t i s c h e Vorgänge in einem p o l i t i s c h e n System aus den Augen v e r l i e r e n zu wollen - über die sich im zur Diskussion stehenden Zusammenhang a l s zu eng erweisende Ebene des N a t i o n a l s t a a t e s h i n a u s und will auch z e n t r a l e n i c h t - s t a a t l i c h e , g e s e l l s c h a f t l i c h e Dimensionen der H e r r s c h a f t s a u s ü b u n g in i h r e r Bedeutung für die Gestaltung von Außenpolitik mit b e r ü c k s i c h t i g e n . Die Dichotomie der K l a s s i f i z i e r u n g von offenem und geschlossenem p o l i t i s c h e n System ist dabei nur ein O b e r b e g r i f f . In der p o l i t i s c h e n Wirklichkeit sind S c h a t t i e r u n g e n , Abstufungen und Nuancierungeri von " o f f e n e r " b i s " g e s c h l o s s e n e r " a n z u t r e f f e n , so daß in der P r a x i s wohl eher ein Kontinuum von "extrem o f f e n " b i s "extrem geschlossen" v o r l i e g t , wo der Fall Spanien ( u n t e r bzw. nach F r a n c o ) an e i n e r bestimmten Stelle bzw. an bestimmten Stellen der Offenheit bzw. Geschlossenheit eingeordnet werden muß. Weder ist die Offenheit e i n e s p o l i t i s c h e n Systems notwendigerweise in immer gleichem Grade v o r h a n den noch ist die Geschlossenheit in immer gleichem Maße g e g e b e n . So kennen j a sowohl Diktaturen L i h e r a l i s i e r u n p s p r o z e s s e a l s auch Demok r a t i e n Elemente und Phasen e i n e s A u t o r i t a r i s m u s . Unter p r i n z i p i e l l e r B e i b e h a l t u n g des Genotyp-Merkmals offen bzw. geschlossen kann ein nicht-demokratisches politisches Ordnungsmodell mehr oder weniger geschlossen sein und/oder werden, und auch die p r i n z i p i e l l e Offenheit e i n e s demokratischen p o l i t i s c h e n Ordnungsmodells kann zu- oder a b nehmen. D. h . , p r i n z i p i e l l müssen die zugrunde gelegten Variablen auch a l s solche und nicht etwa a l s Konstante a u f g e f a ß t werden. Wenn dennoch die Dichotomie offenes und g e s c h l o s s e n e s p o l i t i s c h e s System (bzw. Demokratie v e r s u s D i k t a t u r ) a u f r e c h t e r h a l t e n wird und werden k a n n , dann d e s h a l b , weil im Zentrum d e r Differenzierung p o l i t i s c h e r Systeme die F r a g e nach den u n t e r s c h i e d l i c h e n Formen der H e r r s c h a f t s ausübung (Machtverteilung, - a u s ü h u n g und - k o n t r o l l e ) , des g e s e l l s c h a f t l i c h e n Willensbildungsprozesses und der P a r t i z i p a t i o n steht und h i e r die p r i n z i p i e l l e Trennung zwischen den u n t e r s c h i e d l i c h e n S t r u k t u ren und Formen des p o l i t i s c h e n Zusammenlebens gemäß den v e r s c h i e d e nen politischen Ordnungsmodellen wieder deutlich zutage treten. D. h . , e s wird angenommen, daß auf einen Kontinuum von extrem offen b i s extrem g e s c h l o s s e n , an e i n e r S t e l l e X eine Art " W a s s e r s c h e i d e " existiert, woran ablesbar ist, ob ein p o l i t i s c h e s System zum Pol " G e s c h l o s s e n h e i t " oder zum Gegenpol "Offenheit" t e n d i e r t . Zeichnet das offene p o l i t i s c h e System eine P l u r a l i t ä t von Machtzentren, e i n e g e t e i l t e Machtausübung mit Machtkontrolle, ein r e l a t i v f r e i e r I n f o r m a t i o n s f l u ß , ein weitgehend f r e i e r Wettbewerb der Ideen sowie eine a u s diesem
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Wettbewerb durch Kompromiß und Verhandlung hervorgegangene Regierung sowie die Möglichkeit zur politischen Partizipation der Gesellschaft aus, fehlen eben diese Merkmale weitgehend in geschlossenen politischen Systemen. Hier herrscht eher ein Monismus des Machtzentrums, die Machtausübung ist zentriert, eine Machtkontrolle fehlt weitestgehend, der Informationsfluß wird mehr oder weniger stark gesteuert, ein Wettbewerb der Ideen wird weitgehend unterdrückt, eine Beteiligung am Willensbildungsprozeß ist nur machtmäßig bevorzugten Gruppen gestattet, die die Gesellschaft manipulieren. Das Gemeinwohl oder die "nationalen Interessen" werden von oben ohne störende Konkurrenz durch den Herrscher oder die das Machtmonopol innehabende Elite durchgesetzt, während in einem offenen politischen System der Prozeß (zumindest idealtypisch) umgekehrt v e r l ä u f t : Das Gemeinwohl wird "von unten" ermittelt durch einen gesellschaftlichen I n t e g r a t i o n s - und Verhandlungsprozeß. (35) Ein Systemwandel ist dann e r r e i c h t , wenn in einem Transformationsprozeß die Mehrheit der konstitutiven Merkmale eines geschlossenen politischen Systems (autoritäre Diktatur) durch die eines offenen politischen Systems (parlamentarische Demokratie) ersetzt wurde. zu b) Was soll verstanden werden unter den drei konstitutiven Elementen des Außenpolitik-Systems? Zunächst! Was sind externe/interne Entscheidungsbedingungsfaktoren a l s Außenpolitik-relevanter Ausschnitt von Wirklichkeit? Externe Entscheidungsbedingungsfaktoren (strategische Stellung, internationale politische und wirtschaftliche Interdependenzen, internationales Recht und Integration) sowie interne Entscheidungsbedingungsfaktoren (geographische Lage, wirtschaftliche und militärische Kapazität sowie politische Stuktur) konstituieren die makropolitischen Rahmenbedingungen der Gestaltung spanischer Außenpolitik. Sie sind vergleichbar dem Grundriß eines Hauses: Man kann ihn zwar ändern (Wände einreißen, neue aufbauen, Teile anbauen e t c . ) , aber er ist zunächst als solches gegeben und verleiht dem Leben im Haus gewisse Grundstrukturen und prinzipielle Rahmenbedingungen, die jeder Bewohner in irgendeiner Form in Rechnung stellen muß. Externe und interne Entscheidungsbedingungsfaktoren definieren somit die operationale Handlungsumwelt, genauer: den Bezugsrahmen potentiell Außenpolitik-relevanter Makrofaktoren und Bedingungen, in der/dem nationale außenpolitische Akteure agieren bzw. agieren können und müssen, wenn sie Außenpolitik g e s t a l t e n . Nicht alle Teile der operationalen Handlungsumwelt kommen in jedem außenpolitischen Aktionsbereich jeweils gleichzeitig oder gleichmäßig stark zum Tragen: Für die Entscheidung über den Abschluß eines Kulturabkommens wird die militärische Kapazität wohl nur selten ein wichtiger Maßstab für die Entscheidungsfindung sein; bei einem Abkommen über militärische Kooperation hat dieser Faktor jedoch grundlegende Bedeutung. Das heißt: Aus der operationalen Handlungsumwelt gehen jeweils die nach außenpolitischem Aktionsbereich variierenden ' s e t t i n g s ' hervor, innerhalb deren ein außenpolitisches Entscheidungssystem und seine Akteure Außenpolitik gestalten können und müssen. Diese werden durch Transaktion (von Materie, Energie und Information) in das außenpolitische Entscheidungssystem eingespeist. Damit stellt sich die nächste Frage: Was ist das außenpolitische Entscheidungssystem? Ähnlich wie beim Terminus der "Außenpolitik" liefert die politikwissenschaftliche Forschung auch im Hinblick auf den Begriff des "außenpolitischen Entscheidungssystems" (36) ein breites Spektrum von verschiedenen Definitionen. Im umfassendsten Sinne versteht sie dabei unter außenpolitischem Entscheidungssystem die Gesamtheit a l l e r Variablen,
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die auf die Gestaltung von Außenpolitik einwirken; im engsten Sinne begreift sie darunter " n u r " das Zustandekommen außenpolitischer Entscheidungen im Regierungsapparat. Während die erste Definition a u f grund ihrer Universalität den Rahmen dieser Forschungsarbeit gesprengt h ä t t e , erscheint die zweite als zu exklusiv und kann einer politischen Wirklichkeit in einem nationalen Binnenbereich, wo an der Gestaltung von Außenpolitik eben nicht nur (wenn auch sicher noch in hervorragender Weise) der Regierungsapparat beteiligt i s t , sondern eine Vielzahl nongouvernementaler oder auch n i c h t - s t a a t l i c h e r Akteure ebenfalls eine zentrale Rolle spielen, nicht gerecht werden. Außerdem würde man durch eine derartige definitorische Disposition zentrale Phänomene einer Interaktion zwischen politischem System und Außenptjlitik-System ausschließen und lieferte damit eine in jedem Fall stark verkürzte Sicht des zur Diskussion stehenden Zusammenhangs. (37) Der der Untersuchung zugrunde gelegte Begriff des außenpolitischen Entscheidungssystems liegt also zwischen diesen beiden Extremen. Sie versteht darunter den für die Gestaltung von Außenpolitik relevanten, ausdifferenzierten und funktional-spezifischen Objektbereich, der die Gesamtheit strukturierten außenpolitisch-relevanten Handelns innerhalb einer Gesellschaft umfaßt, in dem außenpolitische Funktionen aufgrund vorgegebener Strukturelemente wahrgenommen werden und sich in außenpolitischen Machtbildungs- und Entscheidungsprozessen niederschlagen. Die Einheit des außenpolitischen Entscheidungssystems sind Akteure bzw. die von ihnen gebildeten Institutionen (Organisationen), mit deren Hilfe die Interaktionen und die Relationen des Systems erfaßt werden sollen. Insofern kann ein außenpolitisches Entscheidungssystem auch a l s Akteursstruktur verstanden werden, wenn man unter Struktur ein Muster von strukturierten, sich herausbildenden Interaktionen zur Erfüllung bestimmter außenpolitischer Funktionen versteht. Wenn damit - bei prinzipieller Aufrechterhaltung der Trennung zwischen politischem System und außenpolitischem Entscheidungssystem die beiden Größen definitorisch in eine gewisse Nähe zueinander gerückt werden, so geschieht dies vorwissenschaftlich auf einer jedoch logisch begründbaren Annahme: Wenn man den Abdruck des Reliefs A eines politischen Systems X in einem AußenpolitikSystem B sowie die Bedeutung einer Demokratisierung von X für B beobachten will, wird dies natürlich dann am genauesten, wenn man die beiden Größen möglichst eng zusammenlegt, während im Fall der Wahrung eines größeren Abstands zwischen den beiden Faktoren notgedrungen im Außenpolitik-System ihren Abdruck nur die "hervorragendsten" Merkmale des politischen Systems finden, viele Nuancen, Differenzierungen e t c . bei einem solchen Vorgehen aber verlorengingen. Bliebe zuletzt noch der Terminus "Außenpolitik" zu k l ä r e n . Die vorliegende Arbeit orientiert sich am systemtheoretischen Verständnis von Außenpolitik. Mit und in Außenpolitik nimm,t die in einem in der Regelung seiner inneren Ordnung (wenigsten dem Anspruch nach) unabhängigen Herrschaftssystem organisierte nationale Gesellschaft ihre allgemein politischen, wirtschaftlichen, militärischen und sozialkulturellen Interessen gegenüber ihrem internationalen Umfeld wahr. Außenpolitik umfaßt damit also einen "Prozeß der Anpassung der Ziele eines Akteurs wie, der zu ihrer Verwirklichung benutzten Mittel an die wechselnden Bedingungen und Erfordernisse des internationalen Systems", (38) ist somit Reaktion auf von außen kommende strukturelle Einflüsse und aktuelle Handlungen, als auch "jene nach innen verbindlichen Entscheidungen nationaler Entscheidungsträger wie deren Umsetzung in politische Handlungen, die darauf zielen, von den Entscheidungsträgern positiv bewertete Aspekte des internationalen Systems zu erhalten oder negativ bewertete Aspekte zu ihren Gunsten zu v e r ä n -
- l o d e r n " (39) und ist damit E i n w i r k u n g auf d i e i n t e r n a t i o n a l e Umwelt b z w . d e r e n S t r u k t u r i e r u n g . (40) Dieser u m f a s s e n d e Begriff von Außenpolitik w u r d e b e w u ß t g e w ä h l t in dem Bemühen, e i n e r p o l i t i s c h e n Wirklichkeit g e r e c h t zu w e r d e n , in d e r d i e " k l a s s i s c h e " Außenpolitik a l s d a s g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e Handeln e i n e s N a t i o n a l s t a a t e s oder d e r ihn r e p r ä s e n t i e r e n d e n a u ß e n p o l i t i s c h e n E n t s c h e i d u n g s t r ä g e r (im Normalfall d i e R e g i e r u n g ) g e g e n ü b e r a n d e r e n N a t i o n a l s t a a t e n ( R e g i e r u n g e n ) und g g f . auch i n t e r n a t i o n a l e n O r g a n i s a tionen (und Analyse von Außenpolitik sich d a n n auf den d i p l o m a t i s c h p o l i t i s c h e n V e r k e h r , auf V e r t r a g s a b s c h l ü s s e , S t a a t s b e s u c h e e t c . b e s c h r ä n k t e ) zwar immer noch einen K e r n b e r e i c h a u ß e n p o l i t i s c h e n H a n delns ausmacht, in d e r a b e r g l e i c h z e i t i g a u c h d i e v e r s c h i e d e n e n H a n d l u n g s b e r e i c h e , A k t e u r t y p e n und S t r a t e g i e n ( s t a a t l i c h bzw. n i c h t s t a a t l i c h , g o u v e r n e m e n t a l und n o n g o u v e r n e m e n t a l ) m i t e i n a n d e r v e r b u n den werden und wo " R e g i e r u n g s - A u ß e n p o l i t i k " mit e i n e r V i e l f a l t von ergänzenden, komplementierenden, konkurrierenden, vorbereitenden, v e r t i e f e n d e n e t c . n o n g o u v e r n e m e n t a l e n Maßnahmen e i n h e r g e h t . So k a n n d a n n in d e r p o l i t i s c h e n P r a x i s d i e A u s l a n d s r e i s e e i n e s R e g i e r u n g s c h e f s manchmal n u r e r k l ä r t w e r d e n , wenn man d i e b i l a t e r a l e n p r i v a t w i r t s c h a f t l i c h e n A k t i v i t ä t e n in Rechnung s t e l l t , oder ein gemeinsames i n t e r n a t i o n a l e s Vorgehen zweier L ä n d e r z . P . in e i n e r i n t e r n a t i o n a l e n g o u v e r n e m e n t a l e n O r g a n i s a t i o n wird n u r d u r c h d i e B e a c h t u n g e i n e r v o r h e r i g e n A b k l ä r u n g d i e s e r Politik ü b e r den i n t e r n a t i o n a l e n P a r t e i e n k a n a l v e r s t ä n d l i c h . "Die Analyse von Außenpolitik muß d a h e r d r e i Ebenen m i t e i n a n d e r v e r b i n d e n . Sie muß Außenpolitik zunächst als n a t i o n a l s t a a t l i c h e s V e r h a l t e n b e s c h r e i b e n . Sie muß d a n n a b e r auch d i e Zusammenhänge sowohl mit i n n e r g e s e l l s c h a f t l i c h e n a l s a u c h mit i n t e r n a t i o n a l e n F a k t o r e n h e r s t e l l e n . Dies muß wiederum sowohl auf die v e r s c h i e d e n e n H a n d l u n g s b e r e i c h e a l s auch auf d a s V e r h ä l t n i s n i c h t g o u v e r n e m e n t a l e r und g o u v e r n e m e n t a l e r Maßnahmen in Bezug g e s e t z t w e r d e n " . (41) Ein solches V e r s t ä n d n i s von Außenpolitik legt a u c h die engen Verflechtungen zwischen I n n e n - und Außenpolitik einerseits sowie Außenpolitik und I n t e r n a t i o n a l e r Politik a n d e r e r s e i t s offen bzw. e b n e t den Weg zu e i n e r O f f e n l e g u n g d e r W e c h s e l b e z i e h u n g e n . Können und müssen I n t e r n a t i o n a l e Politik und Außenpolitik a n a l y t i s c h und b e g r i f f l i c h v o n e i n a n d e r g e t r e n n t w e r d e n , h ä n g e n sie in d e r p o l i t i s c h e n Wirklichkeit doch eng zusammen, d a s c h l i e ß l i c h n a t i o n a l e E n t s c h e i d u n g s t r ä g e r in i h r e r Außenpolitik auf S t r u k t u r e n , E n t w i c k l u n g und B e d i n g u n g e n d e s i n t e r n a t i o n a l e n Systems r e a g i e r e n , a l s d a n n auch d u r c h i h r e E n t s c h e i d u n g e n und H a n d l u n g e n d i e s e s System wiederum b e e i n f l u s s e n , zu d e s s e n Akteuren sie j a im ü b r i g e n auch g e h ö r e n . Sowohl d i e B e t r o f f e n h e i t von a l s a u c h d i e E i n f l u ß m ö g l i c h k e i t auf Faktoren des i n t e r n a t i o n a l e n Systems u n t e r l i e g t S c h w a n k u n g e n und h ä n g t u . a . vom Grad d e s H a n d l u n g s s p i e l r a u m s , den M a c h t p o s i t i o n e n , Zielen und Zwecken d e r I n t e r a k t i o n , dem Grad d e r V e r f l e c h t u n g e t c . a b . (42) In jedem F a l l s i n d i n t e r n a t i o n a l e s System u n d i n t e r n a t i o n a l e Politik im V e r s t ä n d n i s d e r Systemtheorie mehr a l s d i e Summe d e r A u ß e n p o l i t i k e n , (43) wenn auch letztere nach wie vor den wohl wichtigsten Bestandteil derselben a b g e b e n . (44) Die b e g r i f f l i c h e T r e n n u n g von I n n e n - und A u ß e n p o l i t i k , d i e auch d i e s e U n t e r s u c h u n g vornimmt und d i e a n g e s i c h t d e r doch immer noch u n t e r s c h i e d l i c h e n B e d i n g u n g e n , u n t e r denen sich Außenpolitik r e a l i s i e r t und a n g e s i c h t s d e r T a t s a c h e , ' d a ß t r o t z e i n e r " a n a c h r o n i s t i s c h e n S o u v e r ä n i t ä t " (45) ein Z u s t a n d d e r " W e l t i n n e n p o l i t i k " noch in weiter Ferne i s t , z u m i n d e s t im Sinne e i n e r S c h w e r p u n k t b i l d u n g zu w i s s e n s c h a f t l i c h e n Analysezwecken a u f r e c h t e r h a l t e n werden k a n n , d a r f (und a u c h d a s will d a s oben b e s c h r i e b e n e A u ß e n p o l i t i k - V e r s t ä n d n i s l e i s t e n ) n i c h t ü b e r d i e engen Bindungen zwischen b e i d e n Bereichen h i n w e g -
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täuschen. Daß hier die traditionelle Trennung von Außen- und Innenpolitik a l s überholt angesehen werden muß (46) und man vielmehr von einer wechselseitigen Bedingtheit beider Bereiche auszugehen h a t , ist ein allgemein geteilter Konsens der politikwissenschaftlichen Forschung. (47) Letzten Endes vermutet j a gerade auch diese Arbeit (wenn auch ausgehend von einer spezifischen Fragestellung) Interdependenzen zwischen der Politik im Binnenbereich und der politischen Projektionen nach außen, Wechselbeziehungen, zu deren Verständnis sie beitragen möchte. Dabei wird die These vom Primat der Außenpolit i k , wie sie vom Ausdruck her beansprucht, den immensen Komplex der Beziehungen zwischen Innen- und Außenpolitik zu definieren, und zwar dahingehend, daß der Außenpolitik eine Vorrangstellung gegenüber der Innenpolitik gebühre und sich die Ausgestaltung i n n e n - , g e s e l l schaftlicher und wirtschaftspolitischer Entscheidungs- und Handlungsstrukturen der außenpolitischen Systemerhaltung und -erweiterung unterzuordnen haben, heute nicht nur aus ideologiekritischen Gründen abgelehnt, sondern sie hat sich auch aus empirisch-analytischen Gründen a l s unbrauchbar erwiesen. (48) Die Konstruktion dieses Außenpolitik-Systemmodells wird dabei zunächst einmal inspiriert und beeinflußt von einem entscheidungstheoretischen Ansatz vor allem in Form der Modelle Snyders (49) und Brechers, (50) allerdings versehen mit einigen Modifizierungen. Die Studie teilt mit den genannten Ansätzen die Annahme, daß nach wie vor ein hochwirksamer Weg, zu einer angemesseneren Behandlung der internationalen Beziehungen zu gelangen, darin besteht, die Analyse auf Ebene des Nationalstaates durchzuführen, weil Handlungsstrategien und der Einsatz von Ressourcen auch in Zukunft auf nationaler Ebene definiert und entschieden werden. (51) In gewisser Modifizierung sieht die vorliegende Untersuchung dabei im Nationalstaat zwar die nach wie vor in ihrer Bedeutung hervorragendste politische Handlungseinheit, geht allerdings auch von der Notwendigkeit einer Einbeziehung n i c h t s t a a t l i c h e r , nongouvernementaler nationaler Akteure in die Außenpolitik-Analyse a u s . (52) Dementsprechend sollen auch nichtstaatliche, nongouvernementale außenpolitische Akteure a l s außenpolitische Entscheidungsträger bezeichnet werden; der Begriff der außenpolitischen entscheidungstragenden Elite ist dagegen auf Entscheidungsträger im staatlich-gouvernementalen Bereich begrenzt. Geteilt wird auch die Idee eines Bezugsrahmens potentiell Außenpolitik-relevanter Faktoren und Bedingungen (Brecher spricht hier von der operationalen Handlungsumwelt), wobei die immense Vielfalt der Faktoren gerade im Snyderschen Ansatz angesichts des großen abgedeckten Zeitraums dieser Studie eine qualitative Beschränkung auf die "Eckpfeiler" außenpolitischer Entscheidungsfindung (makropolitische Rahmenbedingungen) notwendig machte. Die Untersuchung übernimmt auch die prinzipielle Offenheit des Ziels von Außenpolitik, greift also nicht auf essentialistisch - ontholotgische Definitionen z. B . einer realistischen Schule zurück, führt anhand der Unterscheidung Brechers von außenpolitischen issue-areas aber einen außenpolitischen Ziel- und Interessenpluralismus e i n . (53) Anknüpfungspunkt ist ferner die allgemeine Zielgerichtetheit außenpolitischen Handelns. (54) Das Denkmodell des Entscheidungsansatzes erlaubt dabei zunächst die Identifizierung der Entscheidungsträger, die Beschreibung ihrer Handlungen und I n t e r a k tionen sowie die Entscheidung selbst daraufhin zu untersuchen, welche Entscheidungsträger in welcher Weise am Zustandekommen der Entscheidung beteiligt waren. "Indem derart die wirklichen Entscheidungsträger ermittelt werden, wird die t r a d i t i o n a l i s t i s c h e , rein l e g a l i s t i s c h institutionelle Beschreibung des politischen Willensbildungsprozesses überwunden - eine Sicht, in der formelle Kompetenzen mit t a t s ä c h -
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lichem E i n f l u ß g l e i c h g e s e t z t w u r d e n " . (55) Am Ende d i e s e s P r o z e s s e s steht die a n a l y t i s c h e Erfassung eines Entscheidungsapparates aus verschiedenen Entscheidungseinheiten, d i e sich n a c h K r i t e r i e n wie Größe, S t r u k t u r ( i n t e r n ) , S t e l l u n g im E n t s c h e i d u n g s a p p a r a t , B e z i e h u n gen zu a n d e r e n Einheiten, Existenzdauer etc. unterscheiden lassen. (56). Auf d i e t h e o r e t i s c h e n Nachteile u n d d i e b e i s e i n e r vollständigen Anwendung in d e r F o r s c h u n g s p r a x i s a u f t a u c h e n d e n Probleme ( s c h w e r z u g ä n g l i c h e u n d k a u m e m p i r i s c h zu b e w ä l t i g e n d e Datenmenge) h a b e n schon z a h l r e i c h e Autoren h i n g e w i e s e n . (57) Vor allem f ü h r t d i e "Beschränkung der Analyse auf d i e j e w e i l s vom Entscheidungsträger p e r z i p i e r t e Situation ( . . . ) letztlich nicht über die Beschreibung des S t a t u s quo h i n a u s . Wenn wir mehr w i s s e n wollen a l s d e r H a n d e l n d e , d a n n müssen w i r den b e h a v i o r a l i s t i s c h e n Ansatz ü b e r w i n d e n . " (58) Der K e r n p u n k t d e s m e t h o d i s c h e n Vorgehens d e s E n t s c h e i d u n g s a n s a t z e s , d u r c h e i n e A n a l y s e d e r von den E n t s c h e i d u n g s t r ä g e r n perzipierten R e a l i t ä t und d e r d a r a u f a u f b a u e n d e n E n t s c h e i d u n g e n d i e Welt d e r Entscheidungsträger nachzuvollziehen, ist auch einer der Hauptkritikp u n k t e R o s e n a u s : " I t i s t h e o b s e r v e r who r e c o n s t r u c t s t h e world of t h e d e c i s i o n - m a k e r . This r e c o n s t r u c t e d world may not be t h e same world t h a t t h e o b s e r v e r himself would c o n s t r u c t on t h e b a s i s of h i s e x p e r i e n c e a n d t r a i n i n g , b u t n e i t h e r is it t h e world of t h e d e c i s i o n m a k e r . Some d e g r e e of d i s t o r t i o n i s i n h e r e n t in t h e v e r y f a c t t h a t t h e o b s e r v e r must u s e h i s own c o n c e p t s a n d t e r m s to f o r m u l a t e w h a t he p e r c e i v e s t h e d e c i s i o n - m a k e r ' s p e r c e p t i o n s to b e . ( . . . ) (Und, G.N.) l i k e a n y i n d i v i d u a l , t h e d e c i s i o n - m a k e r is not l i k e l y to be a w a r e of a l l t h e s t i m u l i to which h e is in f a c t r e s p o n d i n g , a n d t h u s w h a t he r e p o r t s p e r c e i v i n g may not be t h e e n t i r e b a s i s of h i s a c t i o n s . " (59) Die V e r f a s s e r i n schließt sich dieser Kritik an und v e r t r i t t als Gegenposition d e n S t a n d p u n k t , d a ß " t h e o b s e r v e r ' s p e r c e p t i o n s a n d a s s e s s m e n t s must o r g a n i z e t h e a n a l y s i s . . " (60) Das h e i ß t g e n a u e r : Der (vom Systemwandel j a / n e i n ? in einem z e i t l i c h e n Kontinuum m o d i f i z i e r t e ? ) B e z u g s r a h m e n p o t e n t i e l l a u ß e n p o l i t i s c h r e l e v a n t e r F a k t o r e n und B e d i n g u n g e n w i r d 'in Form von je n a c h a u ß e n p o l i t i s c h e m A k t i o n s b e r e i c h modifizierten, Außenpolitik-relevanten 'settings' durch Transaktion von M a t e r i e , E n e r g i e u n d I n f o r m a t i o n in d a s a u ß e n p o l i t i s c h e E n t s c h e i d u n g s s y s t e m e i n g e s p e i s t . Hier e r s c h e i n e n d i e I d e o s y n k r a s i e n (Rosenau) der Entscheidungsträger und damit ihre jeweilige Perzeption als i n t e r v e n i e r e n d e V a r i a b l e n und a l s n o t w e n d i g e r u n d l o g i s c h e r 'link' zwischen den Quellen von A u ß e n p o l i t i k u n d dem außenpolitischen Verhalten ( E n t s c h e i d u n g u n d H a n d l u n g ) s e l b s t . In Übereinstimmung mit dem E n t s c h e i d u n g s a n s a t z g e h t d i e U n t e r s u c h u n g d a v o n a u s , d a ß A u ß e n p o l i t i k a u s E n t s c h e i d u n g e n u n d H a n d l u n g e n b e s t e h t , wobei b e i d e B e g r i f f e n o t w e n d i g e i n e n H a n d e l n d e n ( A k t e u r ) u n d e i n e Umwelt e i n s c h l i e ß e n . E n t s c h e i d u n g e n werden d a b e i von Akteuren a l s G r u n d e i n h e i t e n d e s a u ß e n p o l i t i s c h e n E n t s c h e i d u n g s s y s t e m s g e t r o f f e n f ü r d i e von ihnen vertretenen E i n h e i t e n . (61) Entscheidungen sollen dabei im Sinne Brechers a l s output verstanden w e r d e n , und z w a r a l s "an i d e n t i f i a b l e choice amonfc f o r e i g n p o l i c y o p t i o n s " , (62) w ä h r e n d Formul i e r u n g " r e f e r s to t h e m a k i n g of p o l i c y , t h e methods t h r o u g h which environmental stimuli act a s t i n p u t s a n d lead to d e c i s i o n s . " (63) Handlung ist dabei E n t s c h e i d u n g s a u s f ü h r u n g (Realisierung) als der " p r o c e s s of c o n v e r t i n g d e c i s i o n s into a c t s . " (64) Wenn d a b e i e i n e U n t e r t e i l u n g d e s E n t s c h e i d u n g s p r o z e s s e s z . B. in e i n e P h a s e vor und n a c h e i n e r H a u p t e n t s c h e i d u n g v e r m i e d e n w u r d e , so d e s h a l b , weil es " i r r e f ü h r e n d ( i s t ) , die Hauptentscheidung a l s feststehende Trennungsl i n i e im Prozeß a n z u s e h e n . R e a l i s t i s c h e r i s t e s , den Prozeß a l s ein k o n t i n u i e r l i c h e s Ganzes ohne s t r e n g e D i f f e r e n z i e r u n g s e i n e r Teile a n z u -
- 13 s e h e n . " (65) Wird dann im folgenden von Einfluß auf den Entscheidungsprozeß die Rede s e i n , so bedeutet Einfluß die Teilnahme am Entscheidungsprozeß ohne die Macht, eine formelle Entscheidung zu f ä l l e n . (66) Das besondere Problem des E n t s c h e i d u n g s a n s a t z e s ist d a r i n zu sehen, daß er zwar a l s Grundlage und zur Bildung des h i e r verwendeten Außenpolitik-Systems f r u c h t b a r gemacht werden k a n n , daß er a b e r nicht zu problemorientierten Hypothesenbildung und F r a g e s t e l l u n g an d a s System ( g g f . die Systeme) b e i t r ä g t und i n s p i r i e r t . (67) Es bedarf d e s h a l b einer Ergänzung und Erweiterung d e r theoretischen Konzeption d i e s e r Studie. Zur systematischen Erschließung der Dimensionen dieses AußenpolitikSystems und seiner Systemelemente bedient sich die Untersuchung eines kybernetischen und s t r u k t u r e l l - f u n k t i o n a l e n Systemverständnisses sowie des Ansatzes der vergleichenden Analyse von Außenpolitik. Im Einklang mit der allgemeinen Systemtheorie fordert Deutsch f ü r ein (politisches) System die Interdependenz a l l e r Systemelemente u n t e r e i n a n d e r , so daß Veränderungen eines Elementes Konsequenzen f ü r die anderen Elemente und damit f ü r d a s Ganze h a b e n . (68) Interdependenz a l s d a s Merkmal, d a s d a s System zusammenhält, liegt im Fall menschlicher Akteure a l s dem Grundelement eines politischen Systems in Form von Transaktion v o r , wobei T r a n s a k t i o n den T r a n s f e r von Materie, Energie oder Information u m f a ß t . (69) Die r e l a t i v e Häufigkeit d e r Transaktion ist dabei der Maßstab zur Beurteilung der Frage nach der Existenz eines Systems und d a n a c h , ob eine Einheit noch Element des Systems ist oder n i c h t . (70) Ein d e r a r t i g e r " F i l t e r " soll auch a l s Selektionsmechanismus bei der Konstruktion des AußenpolitikSystems angelegt werden, um auf diese Weise ein Ganzes a u s im Hinblick auf die Problemstellung r e l e v a n t e n Systemelementen zu gewinnen. (71) Systeme haben verschiedene Arten der Abgrenzung gegenüber i h r e r Umwelt. (72) Deutsch unterscheidet zwischen Systemen mit einer mehr oder weniger scharf gezogenen Grenzlinie und einer Grenzzone. (73) Je nachdem wie schnell und a b r u p t bzw. langsam und sukzessiv die Häufigkeit der Transaktion zwischen System und Umwelt abnimmt, kann man unterscheiden zwischen einem System mit Uberwiegender Geschlossenheit bzw. überwiegender Offenheit gegenüber seiner Umwelt. Auch dieses Konzept kann e r k e n n t n i s f ö r d e r n d auf den Fall Spanien angewandt werden, vor allem, indem man der Frage n a c h g e h t , ob d a s h i e r zu a n a l y s i e r e n d e außenpolitische Entscheidungssystem, einmal vor dem Hintergrund der Franco-Diktatur und dann des demok r a t i s c h e n Spaniens, die Qualität eines offenen oder geschlossenen Systems a u f w e i s t . (74) Hier kann zunächst a l s Arbeitshypothese vermutet werden, daß sich die Geschlossenheit, die d a s gesamte politische System des Frankismus kennzeichnet, auch im außenpolitischen Entscheidungssystem Franco-Spaniens w i e d e r f i n d e t , während die Offenheit des politischen Systems im Spanien nach Franco sich auch auf dessen außenpolitisches Entscheidungssystem ü b e r t r ä g t . Neben der Transaktion verbindet die Elemente eines Systems nach Deutsch noch die Kovarianz der Wertzuteilung (Vergütung), die d a r i n b e s t e h t , d a ß bei der Änderung der Wertzuteilung f ü r eine Einheit des Systems auch bei den anderen Systemelementen Änderungen der Vergütungen e i n t r e t e n . (75) Zwei Arten der Kovarianz können (theoretisch) unterschieden werden: die positive Kovarianz ("was gut f ü r A i s t , i s t auch gut f ü r B,C,D) eines Solidaritäts-Systems und die n e g a t i v e Kovarianz (was gut f ü r A i s t , ist schlecht f ü r B, C und D) eines Konflikt-Systems. (76) Liegt eine überwiegend positive Kovarianz v o r , werden die Systemelemente nach weiterer Integration s t r e b e n ; ü b e r -
- 14 wiegt die negative Kovarianz, tendiert das System zur Auflösung. In der Wirklichkeit politischer Systeme liegt dabei jedoch Uberwiegend eher eine Mischform der Kovarianz vor, die Deutsch als konkurrierende Kooperation oder kooperierende Konkurrenz bezeichnet. (77) Ausgehend von dieser Reflexion Deutschs, kann man folgende Überlegungen anstellen, die den Bezug zum Fall Spanien deutlich machen: Bleiben Systemelemente trotz Konkurrenz dennoch in ihrem Systemverband, dann deshalb, weil zwischen ihnen eine Interessengemeinschaft besteht und damit zunächst der Minimalkonsens, nach dem im gegebenen Systemverbund am besten der Selbsterhalt der Systemelemente gewährleistet werden kann. Somit ergibt sich der Systemerhalt als das von der kybernetischen Systemtheorie geforderte grundlegende (wenn auch natürlich nicht das einzige) Zielinteresse, die prinzipielle Zweckbestimmung des Systems. (78) Wenn einzelne (Sub)systeme den Selbsterhalt anstreben, so können sie das entweder im (partiellen) Einklang mit anderen (Sub)systemen oder (als anderes Extrem) im gewalttätigen Konflikt mit anderen (Sub)systemen. Will ein System A die Abschaffung, Auflösung, Zerstörung eines Systems B, um dann (wenn dies erreicht werden sollte) ggf. B durch A (oder einen Teil von A) zu ersetzen, handelt es sich um antagonistische Systeme, die zueinander stehen im Verhältnis System - Anti-System (oder auch: Körper Antikörper). Das gleiche gilt für Subsysteme, die im Falle einer derartigen Konstellation im System selbst eine antagonistische Spannung verursachten. Das ist unabhängig von der Größe und Beschaffenheit der Systeme: Dieser Antagonismus gilt für eine Katze, die einen Vogel frißt, genauso wie für einen Computer XY, der einen anderen vom Markt verdrängen soll, oder für ein Land, das über ein anderes herfällt, um es seinem Besitz einzuverleiben. Dererlei Überlegungen geben den Anlaß und bilden die Grundlage zu fragen, ob man im zu analysierenden empirischen Außenpolitik-System im Fall Spaniens (an einer bestimmten Stelle) einen derartigen Antagonismus ausmachen kann oder ob im Sinne Deutschs die konkurrierende Kooperation der Systemelemente vorherrscht. Da Diktaturen, selbst wenn sie als stabile Regimes einzustufen sind, im Normalfall eine geringere Akzeptanz bei ihrer nationalen Bevölkerung finden und das Phänomen der Regimeopposition gerade auch in Spanien als Bewegung des Antifrankismus immer präsent war, wird vermutet, daß sich mit derartigen antagonistischen Akteuren auch das außenpolitische Entscheidungssystem auseinandersetzen mußte. Zentrales Charakteristikum von Gesellschaftssystemen ist nach Deutsch jedoch die Fähigkeit des Systems zur Selbststeuerung. Mit dem Begründer der Kybernetik Wiener sieht Deutsch in Gesellschaftssystemen "selbstregulierende Netzwerke der Kommunikation" mit den grundlegenden Merkmalen der Organisation (die Fähigkeit, Nachrichten zu übermitteln und auf sie zu reagieren), der Kommunikation und der Steuerung. (79) Die Funktionsfähigkeit selbststeuernder Netzwerke wird dabei gesichert durch Empfangsorgane (receptors), Wirkorgane (effectors) und Regelkreise. Sie garantieren nach Deutsch die Autonomie des Systems. (80) Ein gesellschaftliches System, das sich selbst steuern will, muß dazu einen dreifachen permanenten Informationsfluß empfangen und verarbeiten können: Informationen aus der Um- und Außenwelt des Systems; gespeicherte Information aus der Vergangenheit und aktuelle Informationen über sich und alle Elemente des Systems. (81) Gesellschaftliche Systeme können ohne einen Bezug zu anderen Systemen der Um- und Außenwelt nicht existieren. Selbst wenn sie sich wie z. B. die DDR durch ihren Mauerbau symbolisch ( ! ) davon abgeschlossen haben, treiben sie z. B. doch einen intensiven Außenhandel. Und selbst wenn man ein politisches System als geschlossen bezeichnet, ist
- 15 damit j a mehr eine Tendenz angegeben denn ein absoluter Reinzustand beschrieben. Die Informationen, die ein soziales System Uber seine Rezeptoren aus der Um- und Außenwelt e r l a n g t , konditionieren dabei wesentlich durch die Wirkorgane das Verhalten des Systems. Im Fall Spaniens kann man anhand dieser Überlegungen folgende Fragen aufwerfen: Hat sich im Bereich der Außenpolitik der vom AußenpolitikSystem aus der Um- und Außenwelt empfangene Informationsfluß im Zuge des Systemwandels von einem geschlossenen zu einem offenen politischen System geändert? Auch könnte man in diesem Zusammenhang der Frage nachgehen, ob Zahl und Qualität der "Empfangsorgane" (Auswärtiger Dienst, Regierung/Minister, Geheimdienste, Bürokratien, Reisen, weitere Kontaktmöglichkeiten e t c . ) sich g g f . vor dem Hintergrund eines offenen politischen Systems anders darstellen a l s vor dem Hintergrund eines geschlossenen politischen Systems. Ausgehend von der mutmaßlichen Geschlossenheit des außenpolitischen Entscheidungssystems Franco-Spaniens, ist anzunehmen, daß sich diese (sollte sie sich nachweisen lassen) auch reduzierend auf den aus der Um- und Außenwelt empfangenen Informationsfluß auswirkt (bzw. umgekehrt die Offenheit des außenpolitischen Entscheidungssystems Informationsfluß steigernd niederschlägt). "Hat ein System keine Informationen aus der Vergangenheit gespeichert, so vermag es keine derartigen Informationen zu v e r a r b e i t e n , um sie für die Steuerung seines Verhaltens zu nutzen." (82) Dies ist natürlich ein Extrem; in der Wirklichkeit erfolgt eher eine (teilweise) Manipulation von Nachrichten aus der Vergangenheit, einige werden verschüttet, übertüncht, teilweise sicherlich auch gelöscht, andere gehen unabsichtlich verloren oder werden gezielt abgeändert. Über j e weniger Informationen aus der Vergangenheit ein System verfügen kann, desto "unerfahrener"; "unwissender" ist es auch, desto schwerer wird ein Lernen aus der Vergangenheit. In totalitären Systemen hat man in diesem Zusammenhang häufig Verfahren der Umerziehung, der politischen und sozialen "Gehirnwäsche" beobachten können, aber auch Demokration kennen Manipulationsmechanismen (Stichwort: Public Relations, Reklame, politische Kampagnen e t c . ) . In Spanien beherrschte die Gründung des frankistischen Systems " l a total determinación de romper con los antecedentes políticos, heredados de la Restauración y de la República", (83) während der Wechsel vom Frankismus zur Demokratie j a kein Bruch mit der Vergangenheit gewesen i s t , sondern ein prozeßhafter Übergang, womit sich im Hinblick auf das zu analysierende Außenpolitik-System die Frage a n s c h l i e ß t , ob derartige Phänomene vor dem Hintergrund des geschlossenen bzw. des offenen politischen Systems in Spanien im Hinblick auf die Gestaltung von Außenpolitik beobachtet werden können und wenn j a , in welchem Umfang. Da Franco sein Regime besonders in den ersten Jahren nach dem Bürgerkrieg auch durch gewaltsame Säuberungen (Verfolgung und Ermordung politischer Gegner, d. h . in erster Linie Republikaner) konsolidierte, wird vermutet, daß sich dies auch auf die Gestaltung von Außenpolitik übertrug; Wissen aus der Vergangenheit hier also reduzierter ist als im Kontext des demokratischen Spaniens. Genauso essentiell wie ein Informationsstrom aus der Vergangenheit ist das Wissen eines Systems über sich selbst und seine Systemelemente. Manipuliert es dieses Wissen, verzerrt es z. B. zu Wunschbildern von sich s e l b s t , nimmt andere Teile seiner Identität nicht wahr oder weiß nichts von der Existenz einzelner Systemelemente, führt dies zu einer graduellen Ausschaltung von Bewußtsein. Im Anschluß an diese Überlegungen Deutschs ließe sich dabei im Hinblick auf das zu a n a l y s i e r e n de Außenpolitik-System die Frage aufwerfen, inwiefern hier vom p o l i t i -
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sehen Systemwandel eine innovierende Kraft auf diesen Informationsfluß über sich selbst ausgeht. Ist der außenpolitische Informationssammlungs-, -selektions- und -analyseprozeß, den man in einem Außenpolitik-System beobachten kann, vor dem Hintergrund eines offenen politischen Systems anders/besser/schlechter/umfassender/exklusiver e t c . a l s der, den man vor dem Hintergrund eines geschlossenen politischen Systems beobachten kann? Da angenommen wird, daß außenpolitische Ideologie und Dogmen im frankistischen Spanien eine größere Rolle spielen, (84) den Informationssammlungs-, -selektions- und -analyseprozeß stärker prägen, wird für das frankistische Spanien ein geringeres Wissen über sich selbst vermutet a l s im Fall der Gestaltung von Außenpolitik vor dem Hintergrund des demokratischen Spaniens. Die Funktionsfähigkeit eines sozialen Systems a l s selbstregulierendes Netzwerk kann dabei nach Deutsch nur gewährleistet werden, wenn zur Steuerung Rückkopplungsvorgänge vorhanden sind, bei denen - so die theoretische Idealvorstellung - der vom System erzielte Ist-Wert mit dem ursprünglich eingegebenen Soll-Wert verglichen wird und das System auf dieses Feedback mit neuen Steuerungsbefehlen reagieren kann. (85) In der Praxis treten jedoch häufig Mängel bei diesen Rückkopplungsvorgängen auf: "Sind diese gestört, so ist das wichtigste Funktionskriterium der Systeme nicht gegeben, ihre Lernfähigkeit, d. h . viele Änderungen durch eine interne Neuordnung der Elemente durchzuführen. Dadurch können sowohl die Anpassungsfähigkeit wie auch die I n i t i a t i v - und Innovationsbereitschaft erheblich beeinträchtigt werden. Solche 'Wachstumsschäden' treten in politischen Systemen häufig a u f . Kaum vorhandene oder fehlende politische Konkurrenzsituationen (Chance des Machtwechsels), Konstruktionsfehler in der Aufbauorganisation des Systems, Ablehnung des Gesamtsystems durch bedeutende Gruppen der Bevölkerung führen zu Abnutzungserscheinungen im politischen A l l t a g . " (86) Die Zahl der Fehlleistungen nimmt durch solche gestörten Rückkopplungsvorgänge immer mehr zu; die Differenz zwischen tatsächlichem Ist-Wert und angestrebtem Soll-Wert wird immer größer. Die Häufigkeit von Fehlleistungen während eines Regelvorganges, die damit grundlegend sind für die Gesamtleistung eines Systems, hängt ab von vier Faktoren: Belastung ( l o a d ) , Verzögerung ( l a g ) , Gewinn ( g a i n ) und Führung ( l e a d ) . (87) "Entscheidungssysteme von Staaten, sozialen Gruppen bzw. Individuen werden um so mehr belastet, j e häufiger sie auf Veränderungen der Umwelt reagieren müssen. Da jeder Regelvorgang auf der Grundlage einer Nachrichtenverarbeit.ung erfolgt, stellen die Kapazitäten der Informations- und Kommunikationskanäle eines Systems die Kriterien seiner Belastbarkeit d a r . " (88) Ausgehend von diesen Überlegungen, stellt sich damit im Hinblick auf den Fall Spanien und das zu analysierende Außenpolitik-System die Frage, ob h i e r im Zuge des politischen Systemwandels sich im Hinblick auf die Gestaltung von Außenpolitik eine unterschiedliche Kapazität der Informations- und Kommunikationskanäle abzeichnet, z. B. hinsichtlich der Belastbarkeit der außenpolitischen Entscheidungsträger, der Institutionen wie Regierung oder Parlament. Gibt es irgendwo Entscheidungsstaus a l s Indiz dafür, daß die Kanäle den Anforderungen der Umwelt, dem Ansturm ihrer Informationen nicht gerecht werden? (89) "Die Steuerfähigkeit sozialer Systeme hängt darüber hinaus von der Zeitspanne a b , in der eine Regierung, P a r t e i , Interessengruppe usw. in der Lage i s t , auf Krisensituationen gezielt zu antworten. Es handelt 6ich hierbei um die Verzögerung (Lag) in der Reaktion eines Systems. Die Wirkung der geforderten Entscheidung bestimmen die folgenden Faktoren: Zeitdauer des Erkennens der Krise, Dauer der
- 17 Entscheidungsfindung, Reaktions- und Umstellungszeiten der betroffenen Teilsysteme beim Eintreffen neuer Informationen, Effizienz der Steuerungs- und Kontrollmechanismen." (90) Auch in diesem Fall bietet sich eine Möglichkeit, ausgehend von diesen Überlegungen eine systematische Dimension des zu untersuchenden empirischen AußenpolitikSystems zunächst in Form einer Fragestellung zu erschließen: Ändert sich vor dem Hintergrund des Systemwandels die im AußenpolitikSystem des autoritären und des demokratischen Spaniens beobachtbare Reaktionsfähigkeit? Wieviel Zeit braucht das Außenpolitik-System zum Erkennen der Notwendigkeit neuer Befehle und wie lange braucht es zu einer Entscheidung? (91) "Quantitative und qualitative Verhaltensänderung eines Systems werden zusätzlich durch den Gewinn (Gain) beeinflußt, der durch jeden korrigierenden Schritt erreicht wird. Es handelt sich dabei um die tatsächlich eintretende Verhaltensänderung, die durch die Schnelligkeit der Reaktion des Systems auf eintreffende Nachrichten e r f o l g t . " (92) Überträgt man dies auf den Problemzusammenhang dieser Arbeit, läßt sich im Hinblick auf diese Dimension eines Systems die folgende Fragestellung ableiten: Zeigt eine Untersuchung der Gestaltung von Außenpolitik vor dem Hintergrund eines geschlossenen bzw. eines offenen politischen Systems, welches Außenpolitik-System zu sensib l e r e n , angemesseneren und dazu notwendigerweise auch schnelleren korrigierenden Schritten in der Lage i s t , um so schneller und näher an den gewünschten Soll-Zustand eines Systems heranzukommen? Welches System vermeidet hier leichter Über- öder Untersteuerung, bei denen man einen Fehler nur durch den nächsten ersetzt? Normalerweise geht man hierbei davon aus, daß zentralisierte Netze im allgemeinen zu schnelleren Reaktionen als jeweils erneute Systemsteuerung in der Lage sind, während dezentralisierte Netze diese Entscheidungsfreudigkeit nicht ausweisen, einen "Gewinn" somit schwerer erreichen. Läßt sich ähnliches auch anhand einer Untersuchung des Falls Spaniens bestätigen? (93) Unter "Führung" (Lead) versteht man in kybernetischen Regelungsmodellen die Fähigkeit, die Entfernung zwischen der exakt vorausberechneten Position des beweglichen Ziels und der tatsächlichen Position, von der zuletzt Signale empfangen wurden, zu berechnen. (94) Es geht also um die Fähigkeit zur Planung, zur zukunftorientierten Projektion von Handeln. Was läßt sich darüber anhand des Falls Spanien aussagen? Vor dem Hintergrund welches politischen Systems ist die Kapazität zur Planung und zukunftorientierten Steuerung des Außenpolitik-Systems besser, deutlicher ausgeprägt? (95) Wichtigstes Funktionskriterium sozialer Systeme ist im Sinne der Kybernetik ihre Lernfähigkeit, definiert a l s die Kapazität "neuauftauchenden Einzelproblemen oder Problemketten mit einer Neuordnung der inneren Struktur zu begegnen, um auf diesem Wege adäquate Problemlösungen zu erhalten" . (96) Von dieser Lernfähigkeit a l s Fähigkeit zur Weiterentwicklung hängt weitgehend die Überlebenschance des Systems a b . Wird diese Kapazität reduziert, kann das zu schweren Beeinträchtigungen der Systemfunktionen bis hin zur Systemauflösung führen. Ein solches (partielles) Versagen wird von Deutsch a l s pathologisches Lernen bezeichnet. (97) Deutsch nennt dabei sechs Symptome pathologischen Lernens, die alle zu einer Verringerung der Lernfähigkeit führen können: Verlust an Macht, durch die sich ein System gegenüber seiner Umgebung behaupten soll; Verlust an Aufnahmefähigkeit; Verlust an Steuerungsfähigkeit; Verlust an Speicherkapazität; Verlust an Fähigkeit zu teilweiser oder fundamentaler interner Neuordnung. (98) Lassen sich derartige Symptome eines pathologischen Lernens auch anhand des hier zu analysierenden Außenpolitik-Systems ausmachen?
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Und wenn j a , dann wo mehr, in dem, das sich vor dem Hintergrund des Franeo-Regimes oder vor dem des demokratischen Spaniens a b zeichnet? Deutsch weist darauf h i n , daß die Lernfähigkeit anhand von zwei voneinander unabhängigen Maßstäben übérprüft werden k a n n : "einmal durch einen äußerlichen Test der Gesamtleistung des Systems in einer gegebenen Situation, so wie man zum Beispiel die Lernfähigkeit von Ratten im Versuchslabyrinth und die von Armeen in der Schlacht testen kann; und zum anderen durch eine Analyse seiner inneren Struktur. Die größere Lernfähigkeit einer Ratte im Vergleich zu der eines Frosches kann man schon aus dem größeren Umfang und der komplizierteren Struktur ihres Zentralnervensystems ableiten, und die größere Lernfähigkeit oder Anpassungsfähigkeit einer Armee im Vergleich zu einer anderen läßt sich voraussagen, wenn sie (bei sonst gleichen Bedingungen) über bessere Nachrichtenverbindungen und Transportmittel und Uber eine größere 'operative Reserve' an Kriegsmaterial und ungebundenen Arbeitskräften v e r f ü g t . " (99) Beide Überlegungen sollen später bei einer Analyse des Außenpolitik-Systems wieder aufgegriffen werden. Deutsch k l a s s i f i z i e r t soziale Systeme nach ihrer Fähigkeit, mit der sie sich mit den aus der Umwelt an sie gestellten Forderungen a u s e i n a n dersetzen, und kommt dabei zu vier Kategorien: selbstzerstörerische Systeme, die möglicherweise auch unter relativ günstigen Umweltbedingungen zusammenbrechen; lebensunfähige Systeme, die mit großer Wahrscheinlichkeit Problemlagen ihrer Umwelt nicht lösen; lebensfähige Systeme, die in der Lage sind, unter einer begrenzten Vielfalt von Umweltbedingungen zu überleben, und schließlich die sich selbst e n t wickelnden und erweiternden Systeme. (100) Angesichts der Tatsache, daß das frankistische System sich in den Jahren 1975-1978 langsam auflöste, war e s , bzw. ist es zumindest in letzter Instanz geworden, ein letztendlich lebensunfähiges, wenn nicht sogar selbstzerstörerisches System - selbstzerstörerisch j a gerade auch angesichts der Tatsache, daß die "transición" "von innen" unter Leitung und Kontrolle der von Franco eingerichteten Institutionen und der in ihnen vorherrschenden politischen Elite durchgeführt wurde. (101) Erleichtert hat den Untergang dabei sicherlich der Anachronismus des Systems in einem modernen, demokratischen europäischen Kontext, sein "desfase" (Phasenverschiebung) im Kontext einer sehr viel fortschrittlicheren spanischen Gesellschaft. So offenbarte sich in letzter Instanz seine Unfähigkeit, die Krise des Frankismus zu meistern, durch interne Reformen zu einem Frankismus ohne Franco zu gelangen. (102) Das gilt aber nicht für die Jahrzehnte davor (und das ist sehr viel länger, a l s manch anderes System überlebte), in denen der Frankismus sehr wohl seine Lebensfähigkeit bewiesen h a t . Diese Feststellungen lassen sich aus einer Perspektive des historischen "Besserwissens" treffen, ein Vorteil des Betrachters, wenn er Dinge aus einer Position der gewissen zeitlichen Distanz analysieren kann, zeitliche Distanz, die auch erlaubt, dem System des demokratischen Spaniens zu attestieren, daß es seine Lebensfähigkeit teilweise unter schwersten Belastungsproben (103) zweifelsohne bewiesen hat und wie andere industrialisierte Systeme auch a l s ein sich entwickelndes und erweiterndes System eingestuft werden k a n n . (104) Im Hinblick auf die Analyse des empirischen Außenpolitik-Systems sind einige Spezifizierungen notwendig: Man k a n n , ausgehend von den Überlegungen Deutschs, zunächst der Frage nachgehen, inwiefern die im Hinblick auf das/die politische(n) System(e) Spaniens vorgenommenen Kategorisierungen auch auf das Außenpolitik-System übertragbar s i n d . Theoretisch müßte man dabei die Möglichkeit einräumen, daß das Außenpolitik-System quasi ein "Eigenleben" führt und man zu ganz anderen
- 19 Kategorisierungen gelangen k a n n . Es muß j a nicht notgedrungen der Fall s e i n , daß das Außenpolitik-System der Franco-Zeit sich dysfunktional zu den übrigen nationalen Systemen v e r h i e l t , ihren Selbsterhalt oder Weiterentwicklung also erschwerte bzw. ihre Auflösung beschleunigte. Auch ist es theoretisch j a durchaus denkbar, daß das Außenpolitik-System der Franco-Zeit den Zusammenbruch des Frankismus überlebte, weil es sich eben um ein lebensfähiges System h a n d e l t ( e ) . Es wäre also zu f r a g e n , a) vor welchem Systemhintergrund (Franco-Spanien/Demokratie) da6 Außenpolitik-System im Hinblick auf seinen Selbsterhalt und seine Fähigkeit zur Weiterentwicklung a l s überlegener eingestuft werden k a n n ; verhält es sich funktional/dysfunktional zu den übrigen nationalen Systemen? b) welche Merkmale, Bestandteile, Prozeßmuster des Außenpolitik-Systems den Zusammenbruch des Frankismus überlebten und somit auch das Außenpolitik-System vor dem Hintergrund des demokratischen Spaniens auszeichnen. Im Falle des zweiten Frageansatzes wären wir dann bei der Demokratisierungsproblematik des Außenpolitik-Systems, auf die im folgenden noch näher eingegangen werden s o l l . (105) Im Unterschied dazu ist Blickwinkel des ersten Frageansatzes die Untersuchung spanischer Außenpolitik vor dem Hintergrund zweier unterschiedlicher politischer Systeme (offen/geschlossen.) (106) Das kybernetische Systemverständnis ermöglicht den Zugriff zu einigen zentralen Dimensionen des Verhaltens des zu analysierenden Außenpolitik-Systems; es ermöglicht allerdings keinen sehr präzisen Zugriff zu seiner Struktur bzw. der Wahrnehmung von Funktionen durch Strukturelemente, da die Zuordnung von Akteuren und Institutionen zu k y b e r netischen Größen wie Empfangsorgane, Wirkorgane, Regler oder auch Meßfühler von der jeweiligen Fragestellung a b h ä n g t , d . h . ständig v a r i i e r t , und bei der Betonung ablauforganisatorischer Prozesse die aufbauorganisatorische Struktur in den Hintergrund gedrängt wird. Aber gerade auch unter diesem Aspekt und im Hinblick auf die Demokratisierungsproblematik des Außenpolitik-Systems kann man bei der Untersuchung des Außenpolitik-Systems vor dem Hintergrund zweier unterschiedlicher politischer Systeme deutliche Innovationen vermuten. Deshalb soll im folgenden die systematische Erschließung der Dimensionen des Außenpolitik-Systems aus Sicht der Kybernetik mit einem strukturell-funktionalen Ansatz erweitert werden. Ausgangspunkt soll dabei das kybernetische Funktionsmodell des politischen Systems s e i n , so wie es von Easton entworfen und von Almond weiter ausgeführt wurde. (107) Ausgangspunkt des Funktionsmodells ist die Vorstellung, daß politische Grundfunktionen in jedem politischen System erfüllt werden. Dementsprechend verfügt auch jedes System über eine bestimmte Struktur. "Das für a l l e politischen Systeme a l s gesellschaftliches Leitsystem geltende Charakteristikum ist die Herstellung verbindlicher Entscheidungen durch Auswahl einer Problemlösung aus alternativen Möglichkeiten". (108) Das Schema des Systemmodells von Easton beruht dabei auf einem dynamischen Wirkzusammenhang:
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Politisches System — Input-Output-Modell
Quelle: Wüthe, G.: Die Lehre von den politischen Systemen, S. 123.
Inputs sind Wirkungen aller Art, die das politische System aktivieren. Sie können aus der internationalen Umwelt, aus dem Binnenbereich (Gesellschaft) oder auch aus dem System selbst kommen. (109) Es gibt zwei Arten von Inputs: Forderungen (demands), d . h. allgemeine Erwartungen an das System, und Unterstützungen (supports), d.h. Leistungen für das System. Auf der Input-Seite des Systems werden dabei drei Funktionen ausgefüllt: die der Interessenartikulierung (Auswahl und Formulierung von Forderungen, nach Priorität und bestimmten Ordnungsgesichtspunkten); die der Interessenaggregation ( a l s Verbindung von Forderungen zu alternativen politischen Handlungskonzepten) und die der politischen Rekrutierung. (110) Forderungen und Unterstützungen bewirken im zentralen politischen System Transformationsprozesse (conversion processes), in denen sich p o l i tische Entscheidungen herausbilden: "Das Politische System als Entscheidungszentrum fungiert als Steuerungszentrale, als komplexer Apparat etwa in der Art eines Computers. Die Eingaben werden r e g i s t r i e r t und in Ausgaben umgewandelt, während die Rückkopplung als ausgleichender Mechanismus wirkt." (111) In den Transformationsprozessen, jetzt auf der Output-Seite des Systemmodells, kommen drei weitere universelle Funktionen eines politischen Systems zum Ausdruck: die Regelformulierung (rule-making-function), d . h . die Setzung a l l gemein verbindlicher Normen; die Regelanwendung (rule-applicationfunction), d . h . der Bezug der allgemeinen Normen auf die besondere Situation und die Regelkontrolle (rule-adjudication-function), d . h . die Prüfung der Regelanwendung als Form der Rückkopplung. "Es liegt auf der Hand, daß diese drei universellen Output-Funktionen weitgehend den drei klassischen Staatsgewalten entsprechen, allerdings mit dem nicht unwichtigen Unterschied, daß sie hier nicht institutionell (wie etwa bei Montesquieu) verstanden werden, sondern rein funktional und daß dabei ihre Ausübung nicht an die Existenz verschiedener Institutionen (Gewalten) notwendig gebunden i s t . " (112) Ähnlich wie beim kybernetischen Systemverständnis beruhen auch hier alle Input-Output-Operationen in der Interaktion auf Austausch von Energie (Macht), Materie (Güter) und Information. (113) Auch das Funktionsmodell des politischen Systems sieht einen Rückkopplungsmechanismus v o r : "Die Wahrnehmung der drei Funktionen (auf der OutputSeite, G.N.) bedeutet Leistungen an das soziale System, die entweder die Befriedigung oder die Nichtbefriedigung der gestellten Forderungen bringen und sich dadurch positiv oder auch negativ (stützend oder schwächend) auf die Unterstützungen der Gesellschaft gegenüber dem politischen System auswirken können." (114) Unter den genannten
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funktionalen Aspekten des Systemmodells lassen sich verschiedene p o l i tische Systeme in zweierlei Hinsicht vergleichen: Welche Arten von Strukturen führen die Funktionen aus? In welchem Stil führen die Strukturen die Funktionen durch? (115) Allerdings muß man eines bedenken: "Vom Konzept des Funktionsmodells her ist eine allgemeingültige vergleichende Analyse politischer Systeme dann möglich, wenn eine systematische Verbindung zwischen Funktion und Struktur (Strukturelementen) hergestellt werden k a n n . Die F r a g e , ob diese Verbindung sich a l s ein einfaches Entsprechungsverhältnis d a r s t e l l t , in dem jede Funktion nur von einem bestimmten Typ von Strukturelementen ausgeübt wird, ist nach dem Prinzip des Äquivalenzfunktionalismus zu v e r n e i n e n . * (116) Demzufolge läßt sich der Typ eines Modells politischer Systeme a l s besondere Ausformung in der Zuordnung von Strukturelementen oder Teilen von ihnen zu Funktionen bestimmen. Konkrete politische Systeme können so mit Hilfe dieses analytischen Instrumentariums in ihrem besonderen Funktions-Struktur-Zusammenhang charakterisiert werden. Nach Wuthe läßt sich dabei folgendes Klassifikationsschema von Strukturelementen mit quasi universeller Geltung e r s t e l l e n : " 1 . Sozio-ökonomische Gruppierungen; vornehmlich a l s Interessenverbände; 2. Parteien und Fraktionsbildungen; 3. Gesetzgebende Körperschaften - Parlamente und beratende Versammlungen; 4 . Exekutiven - Regierungen und andere Vollzugsorgane; 5. Verwaltungsorgane - Bürokratien, i n c l . Militär, auch Kommunalbehörden; 6. Rechtsprechungsorgane, J u s t i z . " (117) Auch wenn diese Strukturelemente vor allem anhand demokratisch verfaßter politischer Systeme entwickelt wurden, nimmt man doch a n , daß diese Typen von Strukturelementen in irgendeiner Variante oder auch in Übergängen in jedem politischen System anzutreffen s i n d . (118) Dabei können die genannten Funktionen des Systemmodells mit den Strukturelementen in Verbindung gebracht werden, was dann beispielsweise im Fall eines demokratischen politischen Systems folgende (hypothetische) Kombination zuließe: 1. Artikulation Verbände 2. Aggregation Parteien 3. Rekrutierung Parteien/Verbände 4 . Regelformulierung Legislative - Parlament 5. Regelanwendung Exekutive - Regierung und Verwaltung 6. Regelkontrolle Justizwesen 7. Kommunikation Öffentlichkeit - Massenmedien. (119) Auf diese Weise kann man zeigen, "daß die institutionelle oder organisatorische Ausgestaltung der politischen Strukturen zur Warnehmung der genannten Input-Output-Funktionen sehr verschieden sein k a n n , je nach der historisch bedingten politisch-sozialen Gesamtsituation und den ideologischen Bedingungen." (120) Wenn dabei auch die genannten Strukturelemente aus der Anschauung vornehmlich westlicher politischer Systeme gewonnen wurden, sind sie jedoch, wenn man sie von ihren inhaltlichen Bezügen, ihren historischen, empirischen und normativen Voraussetzungen trennt und a b s t r a h i e r t , sie also auf der Ebene der Struktur e r f a ß t , (121)als allgemeine Analyseelemente v e r wendbar. Das gilt für das frankistische Spanien um so mehr, a l s sich sein Schöpfer bemühte, unter Beibehaltung seiner diktatorischen Vollmachten seinem System eine Tarnmaske nach dem Vorbild westlicher Demokratien überzustülpen.
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Das von Easton und Almond allgemein f ü r Politik entwickelte Funktionsmodell ermöglicht dabei einen systematischen Zugriff auf s t r u k t u r e l l f u n k t i o n a l e Dimensionen des zu analysierenden empirischen Außenpolitik-Systems. I n p u t s a l s Wirkungen a l l e r Art, die d a s außenpolitische E n t s c h e i d u n g s system aktivieren, wären externe Entscheidungsbedingungsfaktoren ( a u s der i n t e r n a t i o n a l e n Umwelt) oder i n t e r n e E n t s c h e i d u n g s b e d i n g u n g s faktoren ( a u s dem Binnenbereich, dem sozialen System) oder stammten auch aus dem System s e l b s t . Auch h i e r könnte man zwei Arten von I n p u t s unterscheiden, Forderungen und Unterstützungen formeller (immaterieller) oder materieller Art a n / f ü r d a s außenpolitische Entscheidungssystem. Als Funktion d e r I n p u t - Seite erschien dabei die I n t e r e s s e n a r t i k u l a t i o n a l s die Formulierung und Auswahl a u ß e n p o l i t i s c h e r Forderungen nach P r i o r i t ä t und bestimmten O r d n u n g s g e s i c h t s p u n k t e n ; die I n t e r e s s e n a g g r e g a t i o n a l s Verbindung von außenpolitischen Forderungen in a l t e r n a t i v e n außenpolitischen Handlungskonzepten und die außenpolitische Rekrutierung a l s Selektionsmechanismus f ü r die Bereitstellung außenpolitischer E n t s c h e i d u n g s t r ä g e r . Das außenpolitische Entscheidungssystem selbst f u n g i e r t e auch h i e r a l s eine S t e u e r u n g s z e n t r a l e , wo außenpolitische Eingaben r e g i s t r i e r t und Forderungen und Unterstützungen in Transformationsprozessen zu außenpolitischen Ausgaben umgewandelt werden, erscheint mithin a l s d e r Objektbereich, der die Gesamtheit s t r u k t u r i e r t e n a u ß e n p o l i t i s c h - r e l e v a n t e n Handelns i n n e r h a l b einer Gesellschaft u m f a ß t , in dem außenpolitische Funktionen a u f g r u n d vorgegebener Strukturelemente wahrgenommen werden und sich in außenpolitischen Machtbildungs- und Entscheidungsprozessen n i e d e r s c h l a g e n . (122) Auf der Output-Seite s t ä n d e n d a n n auch h i e r die drei Systemfunktionen der Regelformulierung, d . h . die Setzung allgemeinverbindlicher außenpolitischer Normen (z. B. V e r t r ä g e , Abkommen, Absprachen e t c . ) , d e r Regelanwendung, d . h . die Durchführung der allgemeinen außenpolitischen Normen in p r a k t i s c h e Außenpolitik und der Regelkontrolle, d . h . die Überwachung der E i n h a l t u n g der außenpolitischen Regeln. Auch h i e r wäre ein Rückkopplungsmechanismus (Befriedigung j a / n e i n der Forderungen, Bestätigung j a / n e i n der Unterstützung) a l s Rückwirkung der Outputs des außenpolitischen Entscheidungssystems auf die I n p u t s aus dem i n t e r n a t i o n a l e n System oder a u s dem Binnenbereich ( d a s Gesamtsystem Gesellschaft oder auch dessen Subsysteme, wie p o l i t i s c h e s , soziales, ökonomisches System) zu fordern. So weit d a s allgemeine Funktionsmodell des Außenpolitik-Systems. Relev a n t und e r k e n n t n i s f ö r d e r n d im Hinblick auf die Problemstellung dieser Studie wird dieses Abstraktionsmuster, wenn man es a l s v e r gleichendes Analyseinstrument einsetzt und die schon erwähnten zwei Fragen an es r i c h t e t : Welche Arten von Strukturen f ü h r e n die Funktionen aus? In welchem Stil führen die Strukturen die Funktionen a u s ? Die von Wuthe vorgenommene Normalform der Zuordnung von Funktionen und Strukturelementen beim Modell eines demokratisch v e r f a ß t e n politischen Systems (123) müßte d a b e i im Fall des AußenpolitikSystems Spaniens p r i n z i p i e l l differenzieren zwischen a) der FrancoZeit und b) d e r Situation im demokratischen S p a n i e n . Danach kann man hypothetisch folgende Zuordnungen a u f s t e l l e n :
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Funktion- Artikulation - Aggregation - Rekrutierung - Regelfonmil ierung - Regelanwendung - Regelkontrolle - Kommunikation
b) -
Funktion Artikulation Aggregation Rekrutierung Regel forimi llerung Regel anwendung Regelkontrolle Koounlkatlon
Strukturelement reglmelnteme Interessengruppen / politische 'Familien" des Franco-Regimes reglmelnterne Interessengruppen / polltische "Familien" des Franco-Regimes Staatsoberhaupt aus dem Kreis der polltischen Familien des Regimes Staatsoberhaupt mit "Exekutlv-Instrunenten* Exekutive lenkt Legislative (Parlament) Staatsoberhaupt mit Exekutiv-Instrunent Regierung lenkt Reglerungsapparat und Verwaltung Staatsoberhaupt mit Exekutlv-Instrument Regierung überwacht Judikative reglnelntern / Öffentlichkeit u. Massenmedien vom Staat manipuliert und gelenkt Strukturelement Verbünde / Interessengruppen Partelen Partelen / Verbinde Legislative (Parlament) / Regierung Exekutive (Regierung) und Verwaltung Justizwesen / Parlament Öffentlichkeit / Massenmedien
Inwiefern diese schematische Zuordnung idealtypisch ist und in der außenpolitischen Wirklichkeit einer Differenzierung/Revision bedarf, wird eine eingehende Analyse des empirischen Außenpolitik-Systems zeigen. Die zweite, an das Funktionsmodell zu richtende F r a g e , zielt ab auf die Beurteilung der Systemfähigkeiten. Die Kategorien von Kriterien zur Einstufung der Systemfähigkeiten leitete Almond ab aus der Art, wie sich ein System zur Umwelt v e r h ä l t : (124) Er unterscheidet vier Arten von Fähigkeiten: "extraktiv - Unterdrückung von aus der Bevölkerung kommenden Forderungen und Abkapselung gegen solche aus der internationalen Umwelt; regulativ - Verhaltenszwang, um größtmögliche Leistungen aus der Bevölkerung herauszuholen; distributiv - Umverteilung von Leistungen von einer Bevölkerungsgruppe zu anderen; responsiv - stärkerer Einfluß von Forderungen aus den g e s e l l schaftlichen Gruppen auf die Regierungsmaßnahmen." (125) Inwiefern sich daraus ein Gegensatzpaar von extraktiv-regulativ für das Außenpolitik-System der Franco-Zeit und responsiv im Fall des demokratischen Spanien konstruieren l ä ß t , wird zu klären sein. Der Maßstab demokratischer Prinzipien, so wie er in seiner Bedeutung für die Gestaltung von Außenpolitik poch näher zu klären sein wird, (126) wird dabei in der vorliegenden Studie ständig bei der Betrachtung der Strukturelemente d e s ( r ) Außenpolitk-Systems(e) bzw. des(r) außenpolitischen Entscheidungssystem(e) zum Tragen kommen und ebenfalls Bezugspunkt für die vergleichende Analyse beider Systeme sein. Allerdings soll dabei nicht zu einer normativen Verklärung. beigetragen, sondern zu einer kritischen Überprüfung der normativen Demokratieideale angeregt werden. Das Modell des(r) außenpolitischen Entscheidungssystems(e) soll dabei in folgender Gliederung seiner Elemente analysiert und verglichen werden: 1. Generelle Regelordnung: Rahmenbedingungen der spanischen Verfassungen 2. Außenpolitische Entscheidungsinstitutionen: Staatsoberhaupt Regierung, Regierungsapparat und Verwaltung Legislative/Parlament
- 24 3 . Politische Kräfte: Militär Kirche Arbeitnehmerorganisation/Gewerkschaften Wirtschafts- und Finanzelite/Arbeitgeberorganisationen Parteien Indem die Arbeit die Gestaltung von Außenpolitik vor dem Hintergrund zweier unterschiedlicher politischer Systeme einander gegenüberstellen und miteinander vergleichen will, inspiriert sie sich - wenn auch mit gewissen Modifizierungen - an dem Ansatz der vergleichenden Analyse von Außenpolitik, so wie er im wesentlichen von Rosenau, McGowan, Shapiro u . a . entwickelt worden i s t . (127) Für die Entstehung dieses Ansatzes gibt Rosenau zwei Ursachen a n : zum einen eine Inspiration bei der Nachbardisziplin der comparative politics und zum anderen die Gründung zahlreicher Nationalstaaten in den 60er Jahren. (128) Man kann aber noch andere Gründe hinzufügen: Einmal die Einsicht, daß die hohen Ansprüche der Systemtheorie nicht so schnell verwirklicht werden können, womit " a plea for empirical testing of middle range theories was sounded more and more frequently in the theoret i c a l debate. Several authors stressed the point, that we need more firmly based knowledge about the input from the actors into the international system before we can hope for a substantial increase in our understanding of its workings." (129) Und daneben dann vor allem auch eine gewisse Skepsis gegenüber dem Decision-making-Ans a t z , an dem man k r i t i s i e r t e , sich zu eng auf Mechanismen des Prozesses zu konzentrieren, Inhalt und Resultate (outputs) aber zu vernachlässigen. (130) Die Berechtigung eines solchen Ansatzes leitete man dabei vor allem aus der Notwendigkeit der Überwindung der historisierenden Einzelfallstudien in der Politikwissenschaft a b , die sich damit begnügen, durch Anhäufung von Einzelinformationen einen spezifischen Fall zu k l ä r e n , aber nicht dazu beitragen, das allgemein beklagte Theoriedefizit von Außenpolitik-Forschung - und sei es auch nur punktuell abzubauen. (131) Dabei ist man sich natürlich darüber im k l a r e n , daß "the comparative method is only one of these ways and it is not necesarily the best method for all purposes. It is most useful with respect to the generation and testing of propositions about foreign policy behavior that apply to two or more political systems. Only by identifying similarities and differences in the external behavior of more than one national actor can a n a l y s i s move beyond the p a r t i c u l a r case to higher levels of generalization. On the other hand, if the researcher is concerned with the processes of only a single system, then the comparative method may not be as valuable a s the case h i s t o r y . " (132) Es gibt in der Außenpolitik-Forschung verschiedene Bezugsrahmen und Modelle, die zwar in der Regel nicht explizit für die vergleichende Analyse von Außenpolitik entwickelt wurden, die aber trotzdem für ein solches Vorhaben fruchtbar gemacht werden können oder könnten was wohl auch in jedem Fall der beste Prüfstein zur Kontrolle ihres heuristischen Wertes ist bzw. wäre. Dabei beanspruchen sie in der Regel alle nicht, eine Theorie von Außenpolitik zu sein in dem Sinne, daß Kausalbeziehungen zwischen den bestimmenden Faktoren der außenpolitischen Entscheidung und ihrer Umsetzung in Handlungen herges t e l l t würden. Vielmehr bewegt man sich generell auf dem Niveau von Vor-Theorien (Pre-theories) oder Bezugsrahmen (frame of reference). Das g i l t sowohl für das Modell Snyders, (133) für das von Brecher und seinen Mitarbeitern entwickelte Modell, (134) als auch für die Entwürfe Rosenaus (135) oder den von McGowan/Shapiro skizzierten Bezugsrahmen. (136) Die vorliegende Studie wird dabei in der Hauptsache von den beiden erstgenannten Bezugsrahmen beeinflußt. (137)
- 25 Der systematische Einsatz des Vergleichs a l s Forschungsmethode und Mittel der Erkenntnis, (138) ist dabei eine Möglichkeit, theorieorientierte Forschung zu betreiben, denn "von der bloßen Beschreibung von Tatbeständen aus führt der Vergleich in der systematisierenden Ordnung und Interpretation der Beziehungen zwischen diesen Gegebenheiten hin zur Theoriebildung". (139) Damit dies g e l i n g t , d. h . damit im Sinne des Szientismus die Formulierung von wenn-dann-SätzeiMnöglich wird, bedarf es jedoch der Klärung einiger Grundvoraussetzungen: Zunächst bedarf es einer Definition und Operationalisierung der Variablen: "Rare is the inquiry that specifies the independent and dependent v a r i a b l e s that are being investigated, that sets forth explicit hypotheses in which the relationship of the v a r i a b l e s is posited, and that generates data designed to test the hypotheses in which the relationship of the v a r i a b l e s is posited, and that generates data designed to test the hypotheses. ( . . . ) Instead v a r i a b l e s are usually analyzed in terms of the way they operate in the p a r t i c u l a r situation being examined. Consequently they are rarely seen to vary - to slacken or intensify, widen oder narrow, rise or f a l l , grow or diminish, strengthen or weaken. The words 'more' or ' l e s s ' do not pervade the literature of the f i e l d . " (140) Die wichtigste Unterscheidung, die hier getroffen wird, ist die zwischen unabhängigen und abhängigen Variablen. Die vergleichende Analyse von Außenpolitik sieht dabei in der Regel in den Inputs, die für die Gestaltung von Außenpolitik relevant sind, die unabhängigen Variablen, (141) und in Außenpolitik als das Anpassungsverhalten eines Akteurs die abhängige V a r i a b l e , (142) verlangt aber auch die Analyse von Outcomes und Feedback. (143) Denkbar ist natürlich auch ein umgekehrtes Vorgehen. (144) Keine rechte Einigkeit besteht dabei d a r i n , wie Außenpolitik als abhängige Variable operationalisiert werden sollte, z. B. a l s Entscheidung, a l s "event" oder a l s "issue a r e a " . (145) Allerdings schließen sich die Kategorien gegenseitig nicht aus, sondern können eher a l s eine Steigerung der Umfassenheit gesehen werden. Genauso wichtig ist eine nähere Operationalisierung der unabhängigen Variablen, bei denen sich vor allem zwei Probleme ergeben: Geht man von einer zu großen Zahl unabhängiger Variablen a u s , dann ist ex post facto praktisch jedes Verhalten e r k l ä r b a r ; allerdings erfährt man dann auch wenig bis nichts über die relative Bedeutung der unabhängigen Variablen für die Außenpolitik. (146) Umgekehrt ist die Wahl einer unabhängigen Variable a l s Ausgangspunkt zur Erklärung von Außenpolitik genauso sinnlos ( v g l . z. B. Vertreter der geographischen Schule, der realistischen Schule oder auch den neomarxistischen Ansatz), denn ein solches Vorgehen gibt vor, das außenpolitische Verhalten eines Landes durch einen Faktor erklären zu können, was banalisierend ist und a l s konstruierte Monokausalität einer komplexen politischen Wirklichkeit nie gerecht werden k a n n . Die vorliegende Studie geht von einer grundsätzlichen Dichotomie der unabhängigen Variablen (politisches System) aus (eben: geschlossenes - offenes politisches System), die dabei a l s Oberbegriff für die konstitutiven Merkmale einer autoritären Diktatur bzw. einer parlamentarischen Demokratie verstanden werden, (147) und deren ( j e weils unterschiedliche?) gestaltende Kraft auf drei Ebenen untersucht wird: auf die operationale Handlungsumwelt ( i n p u t ) , auf das außenpolitische Entscheidungssystem und auf die Außenpolitik (output). (148) Die in der Literatur häufig verwendete Unterscheidung zwischen e x t e r nen und internen unabhängigen Variablen führt dabei j e nach Forscherinteresse leicht zu einer Überbetonung der einen oder der anderen Kategorie von Variablen. Auch sind die Arbeiten, die sich allgemein mit der relativen Bedeutung beider Gruppen und der Variablen untereinander befassen, selten und nicht immer sonderlich informa-
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t i v . (149) Diesem Problem, das eben ein Problem einer " n u r " vortheoretischen Außenpolitik-Forschung ist, sieht sich auch diese Arbeit ausgesetzt, wenn sie die Bedeutung zentraler interner Faktoren ( p o l i tische Systeme) für die Gestaltung der Außenbeziehungen untersuchen w i l l . Allerdings ist dies kein Grund zur Resignation: Im Zuge einer akademischen Arbeitsteilung und angesichts einer nach wie vor nicht vorhandenen Theorie der Außenpolitik ist es durchaus sinnvoll und zu rechtfertigen, zunächst einmal die Variablen zu trennen und ihre Bedeutung für die Gestaltung von Außenpolitik getrennt zu untersuchen, um dann im nächsten Schritt nach einer Akkumulation von Wissen über verschiedene Variablen schon generalisierende Aussagen treffen zu können. Vorausgesetzt, man verliert bei der Untersuchung nicht aus den Augen, daß die ausgewählten unabhängigen Variablen eben eine Auswahl darstellen und nicht deterministisch a l l e s auf sie zurückgeführt, durch sie e r k l ä r t werden k a n n . Dafür, daß theorieorientierte Forschung (und damit Akkumulation von Wissen) hier in Form des wissenschaftlichen Vergleichs möglich wird, bedarf es jedoch noch der Klärung weiterer Grundvoraussetzungen: Zentrale Voraussetzung ist auch die Beantwortung der Frage, was verglichen werden soll."Should one compare ends or means, decisions or outcomes, attributes or behavior, nations or individuals, objective conditions or official perceptions, resources a v a i l a b l e or strategies employed, organizational processes or policy contents? Or are a l l these factors necessary to a thorough-going comparative a n a l y s i s ? The answer depends entirely on what genotypic phenomena are of interest to the r e s e a r c h e r . " (150) Diese Freiheit in der Materialgrundlage des Vergleichs enthebt den Forschenden jedoch nicht der Verantwortung und der Aufgabe, den Vergleich von außenpolitischen Phänomenen in einem theorierelevanten Kontext vorzunehmen. Um dieses leisten zu können, schlägt Rosenau vor, "to treat the 'what-to-compare' question as three questions: What units of behavior are to be compared? What independent v a r i a b l e s are to be compared? What dependent v a r i a b l e s are to be compared? If the analyst has a conception of the actors whose foreign policy activities are to be explained (behavioral u n i t s ) , and if he h a s elaborated the range of possible actions in which the actors can engage (dependent v a r i a b l e s ) as a consequence of variations in a specified set of antecedents to their actions (independent v a r i a b l e s ) , then any comparisons he makes are bound to be both theoretical and relevant. They will be theoretical because he will be relating variations in the sources of foreign policy behavior to variations in the behavoir itself. They will be relevant because comparison will be subordinate to the need to explain the correlations between the two types of v a r i a b l e s . " (151) Wenn die vorliegende Studie dieses Vorgehen anwenden w i l l , sind dazu noch einige Präzisierungen erforderlich. Zunächst: Es können sinnvollerweise nur Teile politischer Wirklichkeit verglichen werden, die weder völlig identisch noch absolut verschieden sind. Das heißt: "Zur Durchführung eines Vergleichs zwischen zwei gegebenen Größen bedarf es eines dritten Moments, eines 'tertium comparationis 1 , das die Relation (R) des Gemeinsamen zwischen ihnen a u s d r ü c k t . " (152) Zum Beispiel: Franco vereinigte a l s Staatschef in seiner Person eine absolutistische Machtfülle; der König ist ein konstitutioneller Monarch; gemeinsamer Nenner: Beide sind die höchsten Repräsentanten des spanischen Staates ihrer Zeit. Außenpolitische Phänomene können dabei immer vergleichbar gemacht werden, vorausgesetzt, man betrachtet sie von einer höheren Abstraktionsstufe a u s . (153) Die Vergleichsgrundl a g e , die Vergleichsobjekte der Studie implizieren dabei eine gewisse
- 27 Modifizierung zum üblichen Vorgehen in der vergleichenden Analyse von Außenpolitik. Besteht jenes in der Regel aus einem Vergleich der außenpolitischen Phänomene einer mehr oder weniger großen Anzahl verschiedener Staaten in einem gewählten synchronen Zeitraum, erfolgt im F a l l der vorliegenden Untersuchung der Vergleich anhand eines Landes, Spanien, (das der Franco-Zeit und heute), der damit zwangsläufig in einem zeitlichen Kontinuum, also diachron durchgeführt wird. Dieser Unterschied ist auch speziell im F a l l der Dichotomie offenes - geschlossenes politisches System und Außenpolitik anzutreffen. Hier basieren bisherige vergleichende Studien von Außenpolitik auf einer Gegenüberstellung verschiedener offener politischer Systeme (vorzugsweise die USA und England) mit verschiedenen geschlossenen politischen Systemen (vorzugsweise UdSSR, Hitler-Deutschland, kommunistische S t a a t e n ) . Der Grund ist naheliegend: Will man etwas über das (unterschiedliche?) außenpolitische Verhalten von Diktaturen und Demokratien erfahren, muß man schon auf verschiedene Länder zurückgreifen, denn ein wirklicher Systemwandel eines Landes von einem geschlossenen zu einem offenen politischen System oder umgekehrt ist selten und häufig von Rückfällen b e g l e i t e t . Der synchrone Vergleich hat dabei (neben der Tatsache, daß er auch eine Anpassung an das verfügbare historische empirische Material d a r s t e l l t ) einen Vorteil: Er vermeidet Verzerrungen, die durch die zeitliche Entwicklung mit ihren entsprechenden Auswirkungen auf eine Reihe von Variablen (wie w i r t schaftliche und militärische Kapazität, soziale, kulturelle V a r i a b l e n , internationale Weltwirtschaftslage, Stand der internationalen Beziehungen e t c . ) auftreten können. Andererseits sieht er sich dann aber auch einer großen Vielzahl von Störfaktoren gegenüber: Bei zwei oder mehreren Staaten mit verschiedenen (offen/geschlossen) politischen Systemen kommen bei der Gestaltung von Außenpolitik noch so viele jeweils länderspezifische Variablen zum Tragen (eben die unterschiedliche geographische Lage, die unterschiedliche wirtschaftliche, militärische Kapazität, die unterschiedliche Geschichte und Tradition, die unterschiedliche Eingebundenheit in internationale Beziehungen, die unterschiedliche s t r a t e g i s c h e Position e t c . e t c . ) , denn schließlich gleicht kein Land dem anderen, so daß die Variationen im außenpolitischen Verhalten, die man dann mutmaßlich auf die Unterschiedlichkeit der Systeme zurückführt, g a r nicht notwendigerweise auf diese zurückgeführt werden können, sondern entstehen, weil es sich eben um unterschiedliche Länder handelt mit unterschiedlichen Traditionen, unterschiedlichen dauerhaften außenpolitischen Interessen und Möglichkeiten, unterschiedlichen geographischen Verflechtungen und Orientierung e t c . . All diese Verzerrungen (und das sind außerordentlich viele, wenn man bedenkt, daß das politische System j a nur ein (wenngleich sicherlich wichtiger) Komplex von Variablen aus einer ungezählten Vielfalt zur Konditionierung von Außenpolitik i s t , e n t f a l len im Fall Spaniens, eben weil h i e r die Gestaltung von Außenpolitik ein und desselben Landes (vor dem Hintergrund zweier unterschiedlicher politischer Systeme) verglichen wird und werden k a n n , wenn man den Fall Spanien a l s Typ versteht für die Gestaltung von Außenpolitik vor dem Hintergrund einer autoritären Diktatur und einer parlamentarischen Demokratie. Insofern t r i t t die Bedeutung, die dem Vorhandensein eines offenen bzw. geschlossenen politischen Systems für die Gestaltung der Außenbeziehungen eines Landes zukommt, • hier sehr viel mehr in "Reinkultur" zutage, wenngleich man a l s Einschränkung natürlich immer die Diachronie des Vergleichs mit ihren entsprechenden Auswirkungen und Transformationen bei der Ausformung einiger Variablen mit in Rechnung stellen muß. Allerdings halten sich diese verzerrenden Effekte durchaus in Grenzen: Zunächst ist der
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Systemwandel s e l b s t in r e l a t i v kurzer Zeit und weitgehend reibungslos über die Bühne gegangen, und dann zeigt ein Blick auf die makropolitischen Rahmenbedingungen spanischer Außenpolitik, daß sich ihre Dynamik durchaus in überschaubaren Grenzen h ä l t , (154) was zum großen Teil auf dem spezifischen Charakter d e r a r t i g e r " E c k p f e i l e r " der außenpolitischen Entscheidungsfindung b e r u h t , denen sui generis ein wenn ü b e r h a u p t , dann nur sehr gemächlicher Wandel in h i s t o r i s c h e r Perspektive zu eigen i s t . (155) Dabei f ä l l t jedoch auch eine solche h i e r verwendete Vergleichsgrundlage noch in den Bereich der vergleichenden Analyse von Außenpolitik. (156) Auch wenn der F a l l Spanien also a l s ein sehr viel rigoroserer Prüfstein für die Bedeutung e i n e s bestimmten politischen Systems im Hinblick auf die Gestaltung der Außenbeziehungen e r s c h e i n t und daraus seine Berechtigung a b l e i ten k a n n , b a s i e r e n die gewonnenen Generalisierungen auf e i n e r (theor i e o r i e n t i e r t e n ) E i n z e l l ä n d e r s t u d i e . Zu ihrer weiteren Erhärtung oder Widerlegung wären z u s ä t z l i c h e vergleichende Studien ( z . B. mit Portug a l , Griechenland, lateinamerikanischen Ländern) notwendig, die j e doch den Rahmen dieses Projektes gesprengt h ä t t e n . Im Unterschied zu anderen Studien der vergleichenden Analyse von Außenpolitik wird dabei h i e r jedoch das gesamte politische System bzw. die gesamten unterschiedlichen politischen Systeme a l s Ausgangspunkt in Beziehung gesetzt zum gesamten (zu den gesamten) k o n s t r u i e r ten Außenpolitik-Systemen und ihren konstitutiven B e s t a n d t e i l e n . Eine gewisse Modifizierung dieser Studie besteht auch h i n s i c h t l i c h der Forschungstechnik, der Frage, wie v e r g l i c h e n wird, denn viele Untersuchungen, die sich der vergleichenden Analyse von Außenpolitik verpflichtet fühlen, wählen rein quantitative Forschungstechnik e n . (157) Doch ist diese Form des Vorgehens keineswegs die einzig mögliche und auch nicht unbedingt immer die e r g i e b i g s t e . (158) Die vorliegende Untersuchung verwendet im wesentlichen nicht das s t a t i s t i s c h - q u a n t i t a t i v e V e r f a h r e n , sondern überprüft die Hypothesen mitt e l s e i n e s in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung gleichermaßen e r l a u b t e n v e r b a l - q u a l i t a t i v e n Vorgehens, in d a s jedoch q u a n t i t a t i v e Elemente i n t e g r i e r t werden, wenn ihre Erfassung im Rahmen dieser Studie möglich w a r . (159) Auch beim v e r b a l - q u a l i t a t i v e n Verfahren s t e l l t sich die Notwendigkeit einer Klärung seiner K r i t e r i e n . Vergleicht man außenpolitische Entscheidungssysteme, makropolitische Rahmenbedingungen oder auch Außenpolitik, ist anzunehmen, daß die V e r g l e i c h s e r g e b n i s s e sowohl Ähnlichkeiten a l s auch Unterschiede f r e i l e gen werden und damit auf einem Kontinuum mit den beiden Polen " I d e n t i t ä t " e i n e r - und "Heterogenität" andererseits einzuordnen wären. Heterogen!tat / Individualität
Identität / Gleichheit «
Ahn 1 i chke i t
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Unterschiedlichkeit
Das h e i ß t , d a s v e r b a l - q u a l i t a t i v e Verfahren b e d i n g t , daß Vergleichserg e b n i s s e in e i n e r O r d i n a l s k a l a einzuordnen s i n d , (160) die die Rangordnung bzw. die Verschiebung einer Rangordnung deutlich macht. Die Hypothesenbildung wird deshalb in der Regel von einem "mehr" oder "weniger" (und nicht "entweder - oder") auszugehen haben bzw. einem " j e mehr/weniger" - "desto mehr/weniger". Zum B e i s p i e l : Wenn ein offenes/geschlossenes politisches System gegeben i s t , dann liegt mehr/weniger Einfluß g e s e l l s c h a f t l i c h e r Faktoren auf die Gestaltung von Außenpolitik vor. Und: Je geschlossener/offener ein p o l i t i s c h e s System, desto s t ä r k e r / s c h w ä c h e r ist der Einfluß von Ideologie a u f die Gestaltung von Außenpolitik. Wenn h i e r Abweichungen e n t s t e h e n , sei es zu einem "entweder - oder" (161) bzw. zu einem
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- 29 "sowohl - a l s auch", (162) ist dies ein Indiz f ü r die dominierende Bedeutung des Faktors politisches System bzw. f ü r seine Unbedeutenh e i t . Außerdem muß bei der Hypothesenbildung und i h r e r Überprüfung eines bedacht werden: "Variables v a r y by d e f i n i t i o n , but the r a n g e over which they can theoretically do so is f r e q u e n t l y no s p e c i f i e d , so t h a t the r e l a t i o n s h i p s posited by the theory a r e ; not susceptible to incisive empirical i n v e s t i g a t i o n . Studies a p p e a r all to often in which the key v a r i a b l e s a r e conceived as h a v i n g only .one form and a r e not even treated a s dichotomous. They a r e in effect constants and not v a r i a b l e s , which makes it impossible to build comprehension of how foreign policy behavios is likely to f l u c t u a t e a s the conditions t h a t underlie it a l t e r . " (163) 1 . 3 . Zur Tradition der Dichotomie Die Idee, offene und geschlossene politische Systeme e i n a n d e r gegenüberzustellen und u n t e r bestimmten Aspekten zu v e r g l e i c h e n , ist keineswegs neu, sondern blickt auf eine Tradition z u r ü c k , deren Anfänge sich bis in die Antike zurückverfolgen l a s s e n . Athen und Sparta gelten a l s die Archetypen offener bzw. geschlossener p o l i t i scher Systeme. In den Bereich der politischen Philosophie wird die Dichotomie h ä u f i g durch eine Gegenüberstellung von Piaton und Aristoteles ü b e r t r a g e n . "The defense of Plato h a s been h a r d put to transform Plato into a f r i e n d and ally of modern, l i b e r a l , constitutional democracy r a t h e r than of the closed society. The case for Aristotle, while not on philosophical grounds completely r e a s s u r i n g , i s , in the realm of political ideas and influence, f a r more s u p p o r t i v e of constitutionalism and l i b e r t y . " (164) Auch wenn die Kritik Poppers, (165) bei der er Piaton a l s T o t a l i t a r i s t a n g r e i f t , zumindest nach den Maßstäben, die Friedrich und Brzezinski f ü r t o t a l i t ä r e Staaten aufgestellt h a b e n , a l s übertrieben erscheint (und daneben die a n t i k e "polis" eigentlich jeder Vergleichsprundlage mit den modernen totalitären Diktaturen e n t b e h r t , die j a eben auch n u r t o t a l i t ä r a u f g r u n d des vorhandenen technologischen Entwicklungsstandes sein können), so ist im Kern die Staatsvision Piatons (wie sie vor allem in "Politeia" und "Nomoi" zum Ausdruck kommt) die Propagierung eines geschlossenen politischen Systems, v e r t e i d i g t Piaton doch die Herrschaft der weisen, philosophischen F ü h r e r ( " d a s Königtum d e r wahren Philosophen als Bedingung f ü r die Verwirklichung des S t a a t e s " ) , (166) die a l s sehende Hüter Lenker der Geschicke des Staates sein müssen. (167) Diesen Philosophen-Königen müssen, weil sie die letzte Wahrheit kennen und "ein P a r a d i e s auf Erden" schaffen wollen, alle anderen folgen, wobei die Erziehung zur Gefolgschaft, sei es im öffentlichen, p r i v a t e n , w i r t s c h a f t l i c h e n , r e l i g i ö s e n e t c . Bereich d a s wichtigste zu lösende Problem bei der Umsetzung des idealen Staates d a r s t e l l t . (168) Geschlossenheit ist d e s h a l b a u s zwei Gründen notwendig und wünschenswert: Einmal um den Prozeß der Gründung des perfekten Gemeinwesens möglichst s t ö r u n g s f r e i d u r c h f ü h r e n zu können und d a n n , wenn dies e r r e i c h t i s t , weil nun die einzige Aufgabe d a r i n bestehen k a n n , den I d e a l - S t a a t zu bewahren und zu schützen, sei es vor internen Mißfunktionen oder störenden externen Einflüssen. (169) Wandel und Vielfalt sind a n g e s i c h t s einer beinah erreichten menschlichen Perfektion die größten G e f a h r e n , während S t a b i l i t ä t und die vollkommene Einheit a l s höchstes Gut des Staates erscheinen. (170) Demgegenüber werden d a n n die Demokratie und d e r demokratische Mensch zu den vier Hauptarten von schlechten S t a a t s und Seelenverfassungen gezählt , (171) die a l s "eine anmutige und regierungslose und buntscheckige V e r f a s s u n g , welche gleichmäßig Gleichen wie Ungleichen eine gewissen Gleichheit a u s t e i l t " , (172) sich
- 30 selber durch ihre Unersättlichkeit an Freiheit zugrunde richtet. (173) Damit nimmt Piaton beispielsweise eine Entwicklung wie die der messianistischen Jakobiner als totalitäre Demokraten vorweg. Auch Aristoteles, ausgehend von einer Sechsertypologie drei guter und drei zu verwerfender Staatsformen, klassifiziert zunächst die Demokratie als Entartungsform der Politeia und stimmt damit zumindest auf den ersten Blick (wie auch später Cicero und Seneca) mit Piaton überein. (174) Die Einstufung der Demokratie als "Pöbelherrschaft" und mithin schlechte Staatsform durch die größten Staatsphilosophen der Antike sollte für rund zwei Jahrtausende für die politische Entwicklung der Staaten bedeutungsvoll sein. Es wurde dabei jedoch zumindest im Fall von Aristoteles häufig übersehen, wie viele Züge die von ihm vorgeschlagene Politeia mit dem gemein hat, was man später unter Demokratie verstand. Auch war die aristotelische Klassifizierung der Demokratie als entartete Staatsform keine pauschale Verdammung; vielmehr unterschied er vier Formen der Demokratie, wobei die älteste, die bäuerliche Daseinsform, auch die beste Demokratie gründen läßt, während die schlechteste Demokratie für ihn die "äußerste Demokratie" war, in der alle ohne Unterschied in den Genuß der staatsbürgerlichen Rechte kommen. (175) Von da an war es noch ein langer Weg der Auseinandersetzung um Vorund Nachteile demokratischer und nicht-demokratischer Ordnungsmodelle. Reine Demokratie wurde von der großen Mehrheit der politischen Theoretiker bis ins 20. Jahrhundert hinein abgelehnt. Instabilität, Herrschaft der Dummen, Minderwertigen und Besitzlosen (des "Pöbels"), Neigung zur Despotie und zum Anarchismus galten als unvermeidliche Folgen der Demokratie. Selbst die Theoretiker der Republik zur Zeit der englischen Revolution hielten eine "reine Demokratie" für verwerflich; oligarchische und aristokratische Elemente sollten bewahrt bleiben. (176) Auch Rousseau zweifelte an der Realisierbarkeit der Demokratie in seiner Zeit. Im "Gesellschaftsvertrag" schließt er das Kapitel über die Demokratie mit dem pessimistischen Urteil ab, daß Demokratie nicht für die Menschen, sondern nur für ein Volk von Göttern in Frage käme. (177) Wenn diese Resignation bei ihm keine prinzipielle Abkehr vom Ideal der reinen Demokratie bedeutet, so deshalb, weil Rousseau davon ausging, daß es eben seine Zeit war, die für diese Form der Demokratie noch nicht reif war. Im Zuge der Französischen Revolution taucht der Demokratiebegriff zum ersten Mal mit einer positiven Konnotation auf, lieferte dann aber prompt durch die "Entartung" der Demokratie als totalitäre Demokratie der Jakobiner den Kritikern dieses politischen Ordnungsmodells neues Argumentationsmaterial. In seiner Abhandlung über die Demokratie in Amerika malte ein konservativer Konstitutionalist wie Tocqueville eine Art Untergangsvision der Folgen des Demokratisierungsprozesses. Als schlimmste Konsequenzen erschienen ihm die Tyrannei der Mehrheit, die Nivellierung der Bildung, die Ausbreitung von Mittelmäßigkeit, der Abbau der Gewaltenteilung. Erst die Kritik John Stuart Mills an Tocquevilles allzu großer Ausweitung des Demokratiebegriffs relativierte dieses Negativurteil. So sollte sich das Bild zugunsten der Demokratien erst im 20. Jahrhundert wenden. Praktisch alle Staaten sind sich heute darin einig, daß die Demokratie eine wünschenswerte Staatsform sei, und selbst die, die es nach westlichem Demokratieverständnis nicht sind, verzichten nicht auf dieses Prädik a t . Auch die Gegner der Demokratie verstecken ihre Skepsis oder Ablehnung gern hinter Kontroversen über die beste Organisationsform moderner Demokratien oder in Vorschlägen zur Realisierung "besonde-
- 31 r e r " Demokratien, die die Probleme der hergebrachten überwunden haben. Doch: Trotz dieser allgemeinen Demokratie-Euphorie (sei 6ie nun echt oder n i c h t ) , eines ist zum großen Teil auch bis heute noch geblieben - und das wird wohl nur v e r s t ä n d l i c h , wenn man sich in der Rückschau kurz die außerordentlichen Widerstände und die j a h r tausendealte Skepsis, gegen die sich demokratische Ordnungsmodelle durchzusetzen h a t t e n , vergegenwärtigt: der Glaube bzw. die weitverbreitete Überzeugung von der Benachteiligung der Demokratien bei der Gestaltung von Außenpolitik oder umgekehrt: die Nachteilhaftigkeit der Demokratie für die Außenpolitik bzw. allgemein: der Glaube oder die Überzeugung von einem Antagonismus zwischen Demokratie und Außenpolitik. 1 . 4 . Zur Tradition des Antagonismus von Außenpolitik und Demokratie "In der Behauptung, Außenpolitik und Demokratie reimten sich nicht, weil sie angeblich unterschiedlichen Prinzipien gehorchten, gefror die Beziehung beider zur gängigen Unvereinbarkeitsthese, die die t r a d i tionelle Überlieferung insgesamt stark beeinflußt h a t . " (178) Die Diskussion hierüber begann in der Hauptsache im 19. Jahrhundert, a l s absehbar wurde, daß den Außenbeziehungen der Nationen eine zunehmende Bedeutung zukam und zukommen würde. Zwar hatten schon vorher besonders im Zuge der Diskussion um die Gewaltenteilungslehre vor allem Locke und Montesquieu sich mit den Besonderheiten der auswärtigen Angelegenheiten und der mit ihr befaßten auswärtigen Gewalt beschäftigt, doch sollte die erste schon klassische Problematisierung unter dem Blickpunkt eines Antagonismusses zwischen Außenpolitik und Demokratie Tocqueville vorbehalten sein. Er kommt 1835 bei seiner Untersuchung über die Demokratie in Amerika zu folgendem Schluß: "Foreign politics demand scarcely any of those qualities which a democracy possesses; and they require, on the contrary, the perfect use of almost all those faculties in which it is deficient. Democracy is favourable to the increase of the internal resources of the State; it tends to diffuse a moderate independence; it promotes the growth of public s p i r i t , and fortifies the respect which is entertained for law in all classes of society; and these are advantages which only exercise an indirect influence over the relations which one people bears to another. But a democracy is unable to regulate the details of an important undertaking, to persevere in a design, and to work out its execution in the presence of serious obstacles. It cannot combine its measures with secrecy, and it will not await their consequences with patience. These are qualities which more especially belong to an individual or to an a r i s t o c r a c y ; and they are precisely the means by which an individual people attains to a predominant position . . . " (179) Selten sollte ein Urteil, das j a eigentlich mehr politische Prophetie denn Ergebnis umfassender Studien war, zu vergleichbarem Prestige und ähnlichen Ehren des allgemeinen Glaubens gelangen. Es hat "bis auf den heutigen Tag die Vorstellungen über die Stellung der Außenpolitik in der demokratischen Theorie beeinflußt. Die hieran anknüpfende Schlußfolgerung, daß wegen dieser strukturellen Schwäche der Demokratie ihre Außenpolitik als ein Sonderbereich zu behandeln s e i , auf den die demokratischen Regeln nur unter gewissen Veränderungen, j a nur partiell angewandt werden könnten, ist ebenfalls bis in die jüngere Theorie weitergeführt worden." (180) Der vermeintliche Antagonismus von Demokratie und Außenpolitik, den Karl auch besonders unter dem Aspekt des Ideologieverdachtes untersucht, (181) stützte und stützt sich dabei vor allem auf die folgenden Argumente:
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Einen Schwerpunkt der Argumentation bilden die Begründungsstränge, die den Gegenstand von Außenpolitik anführen, die aus sich selbst heraus jene Sach- und Systemzwänge hervorbringe, die unabhängig vom guten Willen der Demokratie nicht zugänglich seien. Außenpolitik beträfe vor allem "existentielle" Fragen: die militärische Sicherheit, das Überleben und das "Nationale Interesse" einer Gemeinschaft als Ganzes, ihren Einfluß, Rang, ihr Prestige e t c . . In diesem Bereich dürften jedoch die öffentliche Meinung oder auch das Parlament wegen unzureichender Sachkenntnis, häufiger Meinungsschwankungen und Unfähigkeit zu schnellem Handeln nur in stark eingeschränktem Maße die Entscheidung im demokratischen Sinne beeinflussen. Außenpolitik sei (und müsse sein) vielmehr "sachlogisch gouvernemental". Auch habe nicht nur das Volk mangels Bildung ein v ö l l i g ungenügendes Fachwissen für eine demokratische Partizipation und würde somit (wenn man es ließe) falsch entscheiden, sondern auch der mangelnde materielle Besitz der Masse würde dazu führen, daß sie eine kurzsicht i g egoistische Außenpolitik zur Befriedigung ihrer persönlichen Bedürfnisse durchsetzen wollte, wobei der ( k u r z f r i s t i g e ) Popularismus der Außenpolitik jedoch l a n g f r i s t i g zwangsläufig das Gesamtwerk in Gefahr brächte. (182) Insgesamt läuft das auf den Vorwurf hinaus, daß "the internal pressures of politics may forment a policy that conflicts with the
supposed
necessities
of
the
State
in
relation
to
the
outside
world." (183) Ein weiterer Nachteil der Demokratien sei darin zu erblicken, daß Differenzen mit anderen Ländern zum Disput innerhalb eines demokratischen Gemeinwesens werden könnten. Je mehr Mitbestimmungsrechte man den zerstrittenen Kräften aber zugestanden habe, desto handlungsunfähiger werde das Land nach außen und desto wahrscheinlicher sei auch ein außenpolitischer Zickzackkurs. Diese Argumente zielen schon ab auf das Entscheidungsgefüge, wonach nicht so sehr die Außenpolitik als solche, sondern vielmehr die Demokratie das hemmende Prinzip bürge. (184) Diese Demokratiekritik artikuliert sich einerseits " a l s Sorge um die eingeschränkte außenund innenpolitische Handlungsfähigkeit und Bewegungsfreiheit des politischen Systems und dessen staatliche U n v e r s e h r t h e i t ^ . . . ) Andererseits g r e i f t eine andere Richtung außenpolitischer Demokratiekritik deren Schwierigkeiten in kulturpessimistischer Absicht auf - und dies in unterschiedlich gehaltvollen Gedankengängen. Die radikalste Variante der Kritik benutzt die Beurteilung der außenpolitischen Leistungen der westlichen Demokratien schließlich dazu, um über diesen Umweg das gesamte demokratische Gebäude aufzubrechen, dessen Institutionen zu verunglimpfen und die demokratischen Ideale herabzusetzen." (185) Zur Durchführung dieser verschiedenen Kritikabsichten bediente und bedient man sich einer Reihe von Einzelargumenten, von denen hier nur die wichtigsten kurz skizziert werden sollen: Ursache einer a priori schwachen Position der Demokratien sei die potentielle Instabilität ihrer Außenpolitik: " I n order to pursue effectively the objectives of a State in world a f f a i r s , a steady gaze and an unflagging w i l l are required. With the ends and execution of policy dependent upon a shifting majority, the policy of today may be rejected tomorr o w . " (186) Damit zusammenhängend, und das wird angeführt als weitere Schwäche der Demokratie, sei ihre Außenpolitik nicht nur latent i n s t a b i l , die generierten Wechsel seien überdies auch noch Auswirkungen von und determiniert durch interne(n) Auseinandersetzungen, die wenig zu tun haben mit der Stellung des Landes im Kräftespiel der internationalen Umwelt.
- 33 Ein weiteres Bedenken richtet sein Augenmerk auf den möglicherweise zu geringen Handlungsspielraum außenpolitischer Entscheidungsträger: Aus Furcht vor den Konsequenzen unpopulärer Entscheidungen, die ihm zu Hause Schwierigkeiten einbringen könnten, träfe der Außenpolitiker nicht eine Entscheidung, die er eigentlich für notwendig erachte. Er vermeide Kritik, auch wenn dabei die populäre Politik nicht unbedingt mit der "richtigen" Politik zusammenfiele. Riskiere er es dennoch und träfe gegen internen Druck die seiner Überzeugung nach richtige, wenn auch unpopuläre Entscheidung, könne er bei ihrer Umsetzung dank nationaler Widerstände scheitern (z. B. Negierung der Wiederwahl), was für Amtsnachfolger jeweils eine Warnung sein dürfte. Ausgehend von der Komplexität der Materie, wird dabei auch argument i e r t , daß es eigentlich nur die Regierung s e i , die aufgrund ihrer Aufgabenstellung, Instrumente und Spezialisierung den Themenbereich kompetent überschauen könne und daneben ethisch verpflichtet s e i , das beste für das Land zu wollen. Wenn sie es nicht vollständig erreiche, dann niemand, denn einen qualifizierteren Akteur gäbe es nicht. Somit könnten demokratische Mißstimmungen in Form öffentlicher Auseinandersetzungen, kritische Äußerungen und Einflußnahmen von Parlament und politischen Kräften die Verhandlungsposition des Außenministers bzw. der Regierungsvertreter allgemein im Grunde nur schwächen, weil sie ihnen in "den Rücken fielen" und damit dem nationalen Interesse schadeten. (187) Auch, wird argumentiert, führe der Mangel an Zentralisierung p o l i t i scher Willensbildung und Entscheidungsfindung dazu, daß in Demokratien Außenpolitik vor allem auch die Einheitlichkeit, Integration und Harmonie fehle, die notwendig s e i , um effektiv sein zu können, und das Land - ganz nach Piaton - mit seiner "Zügellosigkeit und Buntscheckigkeit" (188) mit hundert Stimmen rede, die alle etwas anderes sagten. Im Ausland höre man dann zwar viel Geläute, aber keinen Einklang. Vor allem diese Argumente haben dann dazu geführt, daß in der internationalen Politik im wesentlichen die Vertreter einer r e a l i s t i schen Schule (Morgenthau, Kissinger e t c . ) forderten und fordern, daß Außenpolitik von einer weiteren Demokratisierung geschützt werden müsse, und zwar angesichts der Existenz so v i e l e r - überlegener Diktaturen im eigenen Interesse der jeweiligen Demokratien. Oder wie es Waltz ironisiert: "Engaged in mortal combat with a monster, one must become a monster himself." (189) Zu diesem Standpunkt eines Antagonismusses zwischen Außenpolitik und Demokratie wurden Gegenpositionen entwickelt, vor allem seit zunehmend deutlicher wurde, daß angesichts eines steigenden Umfangs der Außenbeziehungen die automatische Zuordnung der auswärtigen Gewalt zu einer Sonderfunktion der Exekutive die per se schwierige Balance in der Gewaltentrennung völlig aus dem Gleichgewicht b r ä c h t e . Bereits im 19. Jahrhundert wurde vor allem von Seiten Liberaler, Pazifisten, Sozialisten und Radikaler argumentiert, daß eine Demokratie - wenn sie denn wirklich eine sein solle - nicht nur die Innenpolitik demokratisch gestalten müsse, sondern zwangsläufig auch die Außenpolitik, (190) schließlich sei "die demokratische Kontrolle der Politik nach innen und außen unteilbar . (191) Kontrolle durch das Volk aber bringe Frieden und damit das wichtigste Gut der Menschheit. Diese Argumentation wurde um die Jahrhundertwende von den Haager Friedenskonferenzen aufgegriffen und bildet einen der Kernpunkte des politischen Denkens Wilsons. Sie ist a l s eines der Hauptmotive der von ihm betriebenen Gründung des Völkerbundes anzusehen. (192) Doch führte das Aufkommen dieser Gegenbewegung
- 34 nicht dazu, daß das Urteil Tocquevilles als überwunden ad acta gelegt wurde: "De Tocqueville was not refuted. He was to be transcended, and this by a double process: improvement in the tone and temper of international relations as more as more states joined the charmed circle of democracy, and growth in the capacities of the ordinary citizen to unterstand and thus to regulate the world about him. For years the discussion of democratic c a p a b i l i t i e s in the world of foreign policy fastened upon these two points." (193) So argumentierte Pollard, der Bildungsstand des Volkes könne durch Erziehung angehoben werden; sei ein ausreichendes Basiswissen vorhanden und verstünde das Volk die Hauptmerkmale und Konditionen der Außenpolitik seines Landes, sei kein berechtigter Grund mehr vorhanden, weshalb es nicht die Kontrolle über diese Außenpolitik ausüben sollte. (194) Die Kopplung der Berechtigung des Volkes auf die Kontrolle über Außenpolitik an ein Wissen über die internationale Umwelt, die Bedingungen der Außenpolitik usw., die dem Volk bei vorhandenem Grundwissen zu gewährende Berechtigung zur Beurteilung und Absteckung der Rahmenrichtlinien der Außenpolitik läßt sich dabei stillschweigend auf eine Prämisse der Gegenseite e i n : nämlich daß der kollektive Volkswille zunächst einmal weniger wert ist als der Wille eines einzelnen (Ministers; Regierungschefs) oder eines reduzierten Zirkels (Regierung), was gleichzeitig die Annahme impliziert, daß die weisen Führer (die Philosophenkönige) wirklich die Regierung bilden eine Behauptung, deren Beweis erst noch zu liefern wäre. Doch ist diese Argumentation noch in anderer Hinsicht problematisch: Wer bestimmt denn, wann ein Volk (oder die von ihm ins Parlament gewählten Repräsentanten) über das ausreichende Fachwissen verfügen, um damit die Berechtigung zur Kontrolle über die Außenpolitik zu erlangen? Däs dürfte doch wohl naheliegenderweise die Regierung s e i n , die dabei aus sich selbst heraus auch kein großes Interesse haben dürfte, dem Volk eine umfassende Berechtigung zur Kontrolle oder sogar Mitgestaltung zu attestieren. Und außerdem "one need not be an economist to fear unemployment, a pedagogue to resent poor states schools, a sociologist to worry about juvenile delinquency. The citizen can know that something is wrong and impress his concern upon politician and party without knowing or even pretending to know just how to set things r i g h t . " (195) Auch könnte man die Frage aufwerfen, ob nicht die Demokratie, selbst wenn zu ihrer Einführung zunächst ein gewisser Bildungsstand ihrer Mitglieder benötigt wurde, von da an aus sich selbst heraus ein System i s t , das gerade auch durch die Ermöglichung der Partizipation permanent Möglichkeiten und Anreize zur Weiterbildung offeriert und somit eine Entziehung der Berechtigung von Kontrolle über die Außenpolitik quasi systemimmanent unbegründet i s t . Und selbst, wenn ein Volk oder seine von ihm gewählten Repräsentanten sich " i r r e n " sollten bei einer außenpolitischen Entscheidung, kann man a priori davon ausgehen, daß ihre Irrtümer häufiger und schwerer sind a l s die der Regierungen? Neben diesen Überlegungen zur Komplexität der Materie von Außenpolitik müßte die Argumentation mit dem Gegenstand von Außenpolitik a l s Ursache eines Antagonismusses zur Demokratie und Demokratisierung aber noch aus einer anderen Perspektive hinterfragt werden: Leitet sich nicht gerade aus dem "existentiellen" Charakter der Außenpolitik - die sich im Atomzeitalter sogar in einer Sphäre bewegt, die den physischen Untergang ganzer Länder, j a der gesamten Welt verursachen kann - eine heute mehr denn j e zuvor ganz besondere Berechti-
- 35 gung ab für eine Forderung nach umfassender demokratischer L e g i t i mierung von Außenpolitik? Außerdem ereignen sich - wie Kaiser hervorhebt - weitreichende Strukturwandlungen beim Gegenstand der Außenpolitik: Thematisch expandierten vor allem die Themenbereiche von Außenpolitik, die selbst orthodoxer Interpretation zufolge demokrat i s i e r b a r seien, d. h . vor allem die ökonomischen und technischen, technologischen Sachfragen, (196) während die eigentlichen " k l a s s i schen" Themen der "hohen" Außenpolitik einen relativen Rückgang erlebten. Damit zeichnen sich im Hinblick auf eine Demokratisierung von Außenpolitik zwei Möglichkeiten a b : "Entweder wird durch den relativen Rückgang der ' k l a s s i s c h e n ' Bereiche und die relative Expansion der sozialen, technologischen und ökonomischen Bereiche außenpolitischer Aktivitäten ( . . . ) der demokratisierbare Bereich der Außenpolitik wachsen, oder aber diese Umstrukturierung entzieht die betreffenden, bisher zur 'Innenpolitik' gehörigen Bereiche der dort wirksamen demokratischen Mitbestimmung und siedelt sie im Bereich der Außenpolitik a n , wo die Neigung besteht, unter Hinweis auf die dort gültigen Sonderregeln die demokratische Dimension einzuengen." (197) In jedem Fall läßt sich jedoch die Argumentation mit Außenpolitik " a l s eines nicht ohne politisch-existentielles Risiko demokratisierbaren Bereiches ( . . . ) nicht mehr ohne weiteres aufrechterhalten". (198) Karl erhärtet in seiner Anlayse vor allem den Ideologieverdacht im Falle eines aus "Sach- und Systemzwängen" vertretenen Antagonismusses von Demokratie und Außenpolitik: "Die reflektierte Beschäftigung mit empfindlichen und gefährdeten Belangen der Gesamtnation ließ ein Bewußtsein entstehen, für das die Exklusivität nicht nur a l s persönlich angenehm, sondern auch a l s sachlich angemessen erscheinen mußte: 'der Paternalismus wurde zur ideologischen Versuchung des demokratischen Diplomaten'." (199) Der ideologische Kern einer solchen Position heißt für ihn "tendentiell freie herrschaftliche Verfügung über die Richtung und Ziele der auswärtigen Politik, die im analogen Anschluß an einen Essay von Jürgen Fijalkowski im Rufe steht, nach wie vor 'die öffentlichen (hier: auswärtigen, WDK) Angelegenheiten a l s Objekt einer ihm selbst vorbehaltenen bevormundenden Fürsorge zu behandeln und einen eigenen Herrschaftsehrgeiz zu h a b e n , der sich mit Hinweisen auf sachliche Funktionserfordernisse zwar verhüllt, in Wahrheit die übrigen Bürger aber von der Teilnahme an der p o l i t i schen Willensbildung und Entscheidungsfindung fernzuhalten s t r e b t " ' . (200) Aber auch der zweite Begründungsstrang, der davon ausgeht, daß der Hemmschuh die Demokratie selber sei (und nicht in erster Linie die Außenpolitik), vor allem verbunden mit der These, "Demokratien seien eben wegen ihrer umständlichen, beständigen Schwankungen ausgesetzten Praxis innerstaatlicher Willensbildung ungeschickt, unzuverlässig und wenig erfolgreich in der Führung auswärtiger Politik", (201) muß hinterfragt werden. Meinungsschwankungen und Unfähigkeit zu schnellem Handeln können theoretisch natürlich genauso autoritäre Entscheidungsträger auszeichnen, wobei in diesem Falle die Negativ-Folgen für eine kontinuierliche Außenpolitik zumindest potentiell noch größer sein könnten, da der größere Machtumfang dieser außenpolitischen Eliten auch rigorosere Kursänderungen zuläßt, da niemand da i s t , solche Willkürakte zu stoppen. Eine Unfähigkeit zu schnellem Handeln ist dabei ihrerseits auch denkbar a l s Folge eines "Flaschenhalseffekt e s " außenpolitischer Entscheidungsfindung im Rahmen einer stark zentralisierten Entscheidungsfindung, die dann eben auch vor allem zu Entscheidungsstaus vor der Tür der zentralen außenpolitischen Machthaber (Entscheidungsinstitutionen) führt.
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Auch die Behauptung von den Negativ-Folgen einer internen A u s e i n a n dersetzung in Demokratien auf deren Außenpolitiken muß . in F r a g e gestellt werden: Nur weil Interessenkonflikte in demokratischen p o l i tischen Systemen offen z u t a g e treten (können), heißt d a s j a noch lange n i c h t , d a ß sie in geschlossenen a u t o r i t ä r e n Systemen f e h l e n . Sie können dort sogar sehr viel h e f t i g e r s e i n , weil r i v a l i s i e r e n d e Gruppen den Tod des Tyrannen e r s t r e b e n , um sich selbst auf seinen Thron zu setzen. (202) Die dabei angenommene Schwächung der Verhandlungsposition der Regierung ist e b e n f a l l s nicht zwingend logisch, denn g e n a u s o gut kann eine demokratische Regierung mit Verweis auf die Kritik im Binnenbereich gegenüber Verhandlungspartnern argumentieren, daß ein weiterer Verzicht auf Anforderungen nicht möglich s e i , solle nicht das. gesamte außenpolitische Projekt zu Hause auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen, d . h . (neben den möglichen inhaltlichen Bereicherungen a u s einer solchen Auseinandersetzung) kann dieser Kontext auch zur Stärkung der Verhandlungsposition eingesetzt werden. Der Vorwurf eines Mangels an S t a b i l i t ä t und Kontinuität der Außenpolitik demokratischer politischer Systeme a l s Folge der dort stattfindenden internen Auseinandersetzungen l ä ß t sich historisch zweifelsohne an vielen Beispielen belegen. Doch, wie Waltz zu Recht bemerkt, ist S t a b i l i t ä t und Kontinuität in der Außenpolitik n a t ü r l i c h kein Wert in s i c h , denn was g e f r a g t s e i , sei " n u r " die Kontinuität in einer g u t e n , erfolgreichen Politik. (203) Vor den Gefahren eines Kontinuitätsmangels sind a u t o r i t ä r e Systeme dabei genauso wenig g e f e i t : zunächst einmal, weil h i e r die mächtigsten außenpolitischen Entscheidungsträger g g f . entweder kein Interesse a n , keine Fähigkeit zu oder auch keine Notwendigkeit nach einer kontinuierlichen Außenpolitik vorweisen oder a u c h , weil sie in einem außenpolitischen Zickzack-Kurs die beste Methode' zur Erhaltung i h r e r Macht erblicken können. Ein in der Regel geringerer Machtumfang und damit eine tendentiell begrenztere außenpolitische Bewegungsfreiheit zumindest bei den wichtigsten außenpolitischen Entscheidungsträgern der Demokratie sowie die Notwendigkeit einer größeren Rücksichtnahme auf die Lage im Binnenbereich kann g g f . auch seine positiven Seiten h a b e n : Das weitgehend unüberlegte Stolpern in Risiken kann leichter vermieden werden, und auch wenn "democracies less often enjoy the b r i l l a n t success t h a t bold acts secretly p r e p a r e d and r u t h l e s s l y executed may b r i n g . With the ground of action more throroughly prepared and the content of policy more widely d e b a t e d , the may, however, s u f f e r fewer resounding f a i l u r e s . " (204) Auch stellt sich die F r a g e , ob nicht die Behauptung einer in Sachen Außenpolitik wenig erfolgreichen Demokratie a l s "Legende von der Unterlegenheit demokratischer Außenpolit i k " (205) e i n g e s t u f t werden muß. Denn "im äußersten Krisen-und Kriegsfall h a t in unserem J a h r h u n d e r t auch stets eher die Demokratie a l s ihr Widerpart eine erfolgreiche Lösung gefunden" . (206) Es soll an dieser Stelle nicht beantwortet werden, ob man es im Falle d e r These vom Antagonismus zwischen Außenpolitik und Demokratie mit e i n e r historischen Wahrheit zu tun h a t oder vielmehr mit einem d e r bestgehüteteri politischen Mythen, der einer wissenschaftlichen Untersuchung nicht s t a n d h ä l t . Das wird Aufgabe dieser Studie s e i n . Es sei h i e r n u r kurz die Zwischenbilanz Karls aufgenommen, der k o n s t a t i e r t , d a ß "weder kann aus den vorliegenden Materialien geschlossen werden, d a ß die Demokratie ein der Außenpolitik tatsächlich verschlossenes Gebiet bleiben muß, noch sind weitreichendere Befunde a u s d e r Auffassung zu entnehmen, daß die westlich-demokratischen Staaten außenpolitisch a u s Gründen eventuell unterlegen gewesen s i n d , d i e aus den Prinzipien ihrer demokratischen Verfassung erwachsen s i n d " . (207)
- 37 1 . 5 . Außenpolitik und Demokratie In historischer Perspektive hatte die Demokratie in der Außenpolitik sicherlich auch dank der Rückendeckung durch die genannten Argumente einer These vom Antagonismus zwischen Demokratie und Außenpolitik - immer einen schweren Stand: In der Regel zeichnet sich ein in der P r a x i s der Gewaltenteilung mehr oder weniger umfangreiches Übergewicht der Exekutive (Regierung) bei der Gestaltung von Außenpolitik a b , (208) während weder Judikative noch Legislative die in anderen Politikbereichen selbstverständlichen Kontroll- und Partizipationsrechte besitzen. Dieses chronische Demokratie-Defizit in der Außenpolitik ist vor allem auch auf die Geschichte der parlamentarischen Demokratie zurückzuführen: "Als nämlich das Bürgertum dem Monarchen s c h r i t t weise dessen politische Kompetenzen entzog und diese den von seinen Interessen beherrschten Parlamenten ubertrug, blieben Außen- und Wilitärpolitik relativ lange in der alleinigen Verantwortung der Monarchie. Ein spezifischer Verhaltenskodex, Geheimhaltung und personelle Rekrutierung von Offizieren, Beamten und Diplomaten sorgten z . B . in Deutschland relativ lange dafür, daß Parteien und Parlamente nur geringen Einfluß auf diesen Politikbereich b e s a ß e n . " (209) Und Karl macht darauf aufmerksam, daß "die pragmatische, d . h . der bürgerlichen Interessenlage entsprechende Aufteilung der Ausübung innen- und außenpolitischer Macht zwischen Krone und Bürgertum auf Kosten und unter Aufgabe des Anspruchs einer demokratischen Teilhabe an der Außenpolitik erfolgte?. (210) "Die damit begründete Richtung zur Entwicklung einer politischen Disparität im Verhältnis beider verfestigte sich bei immer weiter fortschreitender innerer Demokratisierung durch Machtbeteiligung und soziale Zugeständnisse in zweifacher Weise: zum einen schloß eine geschickt geführte und nach innen verschleierte Geheimhaltungs- und Zusatzabkommenspolitik die gewählten Volksvertreter und die Öffentlichkeit von der Verantwortlichkeit für die traditionelle auswärtige Politik a u s , zum anderen verlagerten sich mehr und mehr die außenpolitisch relevanten Verhandlungen und Vereinbarungen in die unkontrollierbaren Zirkel der betroffenen Bürok r a t i e und Wirtschaft." (211) Dieses Demokratiedefizit der Außenpolitik bzw. die Disparität von innen- und außenpolitischer Demokratie konnte auch in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg durch Verfechter einer offenen Diplomatie und einer außenpolitischen Prärogative der öffentlichen Meinung kaum überwunden werden. (212) "Zwar gelang e s , die Geheimdiplomatie nachhaltig zu diskreditieren und abzuschaffen, jedoch erwies sich die Beteiligung der Öffentlichkeit nicht als das geeignete Mittel, die strukturellen Probleme einer Synchronisation von außen- und innenpolitischer Demokratie zu bewältigen." (213) Allerdings zeichnet sich in jüngerer Zeit eine Entwicklung a b , die eine stärkere Beschneidung der Prärogative der Exekutive bei der Gestaltung von Außenpolitik mit sich b r i n g t : Seidelmann verweist auf die im Zuge des Vietnam-Krieges in den USA eingeschränkte außenpolitische und insbesondere Kriegführungskompetenz des Präsidenten; auf Friedensbewegungen, die in außen- und sicherheitspolitischen Fragen Öffentlichkeit und Betroffenheit herstellen und durch die von ihnen umgesetzten Akzeptanzkrisen politische Eliten und Parlamente zu einem stärkeren Engagement in diesen Themen bewegen; auf die internationale Parteienkooperation und die Bemühungen des Europäischen Parlaments um parlamentarische Kompetenzen. (214) "Parlament, Öffentlichkeit, Parteien und politische Bewegungen sind dabei nicht nur Außenpolitik unmittelbar beeinflussende Akteure, sondern auch ihrerseits Objekt und Bezugspunkt von
- 38 Außenpolitik a n d e r e r Länder geworden. So werden also auch Akteure im gouvernementalen Vorfeld f ü r die außenpolitische Willensbildung wichtiger, wobei die Folgen f ü r i n s t i t u t i o n a l i s i e r t e Kompetenzverteil u n g , Akzeptanzbereitschaft und demokratische Beteiligung noch nicht abzusehen s i n d . " (215) Der Systemwandel, den Spanien in der zweiten Hälfte der 70er J a h r e e r l e b t e , h a t t e i n h a l t l i c h die Qualität einer Transformation des p o l i t i schen Systems einer a u t o r i t ä r e n Diktatur in d a s einer p a r l a m e n t a r i schen Demokratie. Es h a n d e l t sich also um einen Demokratisierungsproz e ß . Das verleiht dem Systemwandel (sowie den am Fall Spanien ü b e r p r ü f b a r e n Hypothesen) eine q u a l i t a t i v e E i n s c h r ä n k u n g , a b e r damit auch eine P r ä z i s i e r u n g . Somit k a n n man die bereits formulierten extremen antithetischen Hypot h e s e n , (216) - d a s politische System ist der einzige F a k t o r , der d a s AußenpolitikSystem p r ä g t ; - d a s politische System ist völlig unerheblich f ü r die Ausprägung des Außenpolitik-Systems mit zwei anderen Grundpositionen k o r r e l i e r e n : (217) - Demokratie und Außenpolitik sind v e r e i n b a r , und es e x i s t i e r t in der politischen Wirklichkeit ein solcher Zusammenhang im positiven Sinne; - Demokratie und Außenpolitik sind p r i n z i p i e l l u n v e r e i n b a r , und es e x i s t i e r t in der politischen Wirklichkeit ein Antagonismus. Sind die beiden Faktoren u n v e r e i n b a r , d a n n wäre zu e r w a r t e n , daß d a s Außenpolitik-System im Kontext des Frankismus dem, wie es vor dem Hintergrund eines demokratischen Systems e x i s t i e r t , überlegen i s t , denn störende, zersetzende Demokratie im Binnenbereich konnte in diesem Fall nicht in es e i n d r i n g e n . Auch müßten bzw. dürften idealtypisch in d e r Ausprägung des Außenpolitik-Systems in der Zeit Francos und dann im Kontext der spanischen Demokratie so gut wie keine bzw. n u r die unvermeidlichsten Unterschiede a u f t r e t e n , denn d a n n würde d a s Außenpolitik-System seinen eigenen mehr oder weniger a u t o r i t ä r e n j e d e n f a l l s nicht-demokratischen Gesetzen gehorchen. Ein Demokratisierungsprozeß im Binnenbereich des Landes erzeugte h i e r einen Antagonismus verbunden mit der Notwendigkeit des AußenpolitikSystems, sich gegen d a s k o n k u r r i e r e n d e a n t a g o n i s t i s c h e politische System zu b e h a u p t e n . Ein Idealzustand wäre dann möglich und e r r e i c h t , wenn möglichst wenig Demokratie in d a s Außenpolitik-System e i n s i c k e r te bzw. möglichst wenig von einer a u t o r i t ä r e n , nicht-demokratischen S t r u k t u r i e r u n g aufgegeben werden müßte, d . h . , die Innovationen von d e r Zeit unter zur Zeit nach Franco tendierten im I d e a l f a l l gegen Null. Sind demgegenüber die beiden Faktoren Demokratie und Außenpolitik v e r e i n b a r und e x i s t i e r t in der politischen Wirklichkeit ein solcher positiver Zusammenhang, wäre zu e r w a r t e n , daß d a s Außenpolitik-System vor dem Hintergrund des demokratischen Spaniens dem der Franco-Zeit überlegen i s t . Auch müßte der Systemwandel im Außenpolitik-System erhebliche Innovationen g e n e r i e r e n . Außenpolitik und Demok r a t i e strebten damit nach I n t e g r a t i o n ; die Innovationen von der Zeit unter zur Zeit nach Franco tendierten im I d e a l f a l l gegen n . Dahinter steht mit anderen Worten die hypothetische Überlegung, daß es ja g g f . n u r oder überwiegend Merkmale eines geschlossenen politischen Systems s i n d , die ein Außenpolitik-System p r ä g e n bzw. im I d e a l f a l l p r ä g e n sollten, während Merkmale eines offenen politischen Systems in einem Außenpolitik-System minimiert werden (müssen), oder umgekehrt: d a ß eine volle Integration von Strukturprinzipien demokratischer p o l i t i -
- 39 scher Systeme in das Außenpolitik-System erfolgt bzw. erfolgen sollte, wozu jedoch a l s Voraussetzung die Existenz von Demokratie im Binnenbereich erforderlich i s t . D. h . , es wäre theoretisch eine Situation denkbar, nach der ein Außenpolitik-System sui generis nicht-demokratisch ist bzw. die Nicht-Demokratisierung a n s t r e b t , auch bzw. gerade wenn es vor dem Hintergrund eines demokratisch geprägten nationalen Binnenbereiches e x i s t i e r t . Der umgekehrte F a l l : demokratisches Außenpolitik-System und undemokratischer Binnenbereich ist nicht denkbar, denn nur eine demokratische Innenpolitik schafft die Voraussetzungen für eine demokratische Außenpolitik. D. h . , Franco-Spanien konnte keine demokratische Außenpolitik r e a l i s i e r e n , aber das bedeutet noch lange nicht, daß die Außenpolitik Spaniens nach Franco demokratisch ist. Aus derartigen Überlegungen ergibt sich die Notwendigkeit einer Klärung des Außenpolitik-relevanten Demokratiebegriffs. D. h . , was b e deutet Demokratie in der Außenpolitik? Kaiser stellt vier Forderungen an eine politikwissenschaftliche Beschäftigung mit dieser Problematik: - Die Politikwissenschaft muß davon abrücken, das Problem demokratischer Außenpolitik verkürzend nur a l s Frage nach der außenpolitischen Rolle des Parlaments zu verstehen, denn "das Problem demokratischer Außenpolitik ist keineswegs nur ein Problem des Parlaments und auch nicht nur der parlamentarischen Kontrolle, sondern überspannt das gesamte Spektrum, das von s t a a t l i c h - b ü r o k r a t i s c h e r Einzelaktion in der sich verändernden internationalen Umwelt bis hin zur Verästelung demokratischer Meinungsbildung zum Bürger reicht". (218) - Eine Untersuchung der demokratischen Dimensionen von Außenpolitik muß einhergehen mit einer Revidierung von unangemessenen Theorien über Regierungsprozeß, Rolle des Parlaments und der Gewaltenteilung. - Die Analyse muß auf den nach außen gerichteten Herrschaftsprozeß und seine internationalen Umweltbedingungen ausgedehnt werden. "Eine Erörterung der demokratischen Dimensionen in der Außenpolitik muß deshalb von einer empirischen Analyse der Veränderungen des I n t e r n a tionalen Systems ausgehen und prüfen, welche Auswirkungen sich hieraus für die Außenpolitik industrialisierter Demokratien ergeb e n . " (219) - Gemäß dem Theorie-Praxis-Verhältnis von Politikwissenschaft stellt sich neben der Revision ihrer Theorien im Lichte der neuen empirischen Befunde auch die Aufgabe, "neue Instrumente und Handlungsanleitungen für die Praxis zu e r a r b e i t e n , die der Durchsetzung des demokratischen Prinzips in der Außenpolitik dienlich sein können. (220) Allerdings: Was der Autor im einzelnen unter diesen demokratischen Prinzipien in der Außenpolitik versteht, wird nicht verraten, lediglich recht tautologisch umschrieben. (221) Man kann es sich bei der Aufgabe zu definieren, was Demokratie in der Außenpolitik bedeutet, natürlich einfach machen und a l s "demokratische Außenpolitik" die Außenpolitik bezeichnen, die von (westlichen) Demokratien r e a l i s i e r t wird. Doch - (neben der Tatsache, daß angesichts einer positiven Konnotation des Begriffs "demokratisch" damit einer Art "Selbstbeweihräucherung" das Wort geredet würde) wäre für ein analytisches Eindringen in die Materie nichts erreicht - im Gegenteil: der Weg würde verschüttet, eine Analyse der Problematik per Definition überflüssig. (222) Denkt man an so manches außenpolitische Phänomen z. B. während der Adenauer-Ära, (223) der Ostpolitik unter Brandt (224) oder in jüngerer Zeit der Reagan-Administration, drängt sich jedoch automatisch die Frage a u f , ob dies denn noch a l s
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"demokratische Außenpolitik" bezeichnet werden k a n n , sei es unter dem Aspekt, auf welche Art und Weise die Außenpolitik zustande gekommen ist (Struktur-Prozeß-Dimension) oder unter dem Gesichtspunkt der angestrebten Ziele und eingesetzten Mittel ( i n h a l t l i c h - n o r m a t i v e Dimension). Ein solcher Ansatz problematisiert die Frage demokratischer Außenpolitik dabei nicht nur im Hinblick auf Entstehung und Binnen Vollzug, sondern auch unter dem Aspekt ihres Vollzugsablaufs im i n t e r n a t i o n a l e n System. "Dies bedeutet eine Auffächerung in zwei Dimensionen. Einmal heißt d i e s , demokratische Außenpolitik in diesem Sinne erkennt nicht uneingeschränkt im Gleichsetzungsverfahren die Außenpolitik demokratisch v e r f a ß t e r politischer Systeme a l s 'demokrat i s c h ' a n ; sie erscheint somit nicht eo ipso und u n a b h ä n g i g vom I n h a l t der beschlossenen Maßnahmen a l s ' d e m o k r a t i s c h 1 . Andererseits fordert diese Haltung, die I n h a l t e ihrer demokratischen Normen auch f ü r den i n t e r n a t i o n a l e n Bereich anzuwenden, schwieriger noch: sie in diesem Handlungsbereich zu bestimmen." (225) "Dieser Auffassung nach k a n n eine Außenpolitik n u r dann al6 demokratisch bezeichnet werden, wenn sie sowohl durch einen innenpolitischen Konsensus legitimiert und prozessual ausreichend kontrolliert den gesellschaftlichen I n t e r e s sen der eigenen Bevölkerung korrespondiert a l s auch gleichzeitig bei i h r e r grenzüberschreitenden Ausführung in hinreichendem Maße der Beachtung und E i n h a l t u n g demokratischer Grundprinzipien v e r p f l i c h t e t b l e i b t . " (226) Damit h a t man einen vom Input des Systems h e r orientierten Außenpolitik-relevanten Demokratiebegriff und einen vom Output des System h e r gesehenen Demokratiebegriff gewonnen. Analytische Grundkategorie dieses Demokratiebegriffs ist dabei d a s n a t i o n a le Gemeinwesen: "Die Beibehaltung des Bezugs zum keineswegs ' e i n h e i t lich ' verstandenen n a t i o n a l e n System ist f ü r einen r e a l i s t i s c h e n Demok r a t i s i e r u n g s a n s a t z u n e r l ä ß l i c h . Denn die entscheidende Frage l a u t e t e : Wo sonst a l s im jeweiligen nationalen System soll die demokratische Beteiligung ihren Ursprung haben?" (227) Wenden wir uns den einzelnen Aspekten eines so problematisierten Verständnisses von Demokratie in der Außenpolitik zu: Zu den Input-Dimensionen des Außenpolitik-relevanten Demokratiebeg r i f f s : Hier stellen sich vor allem zunächst folgende F r a g e n : Verläuft der Prozeß der außenpolitischen Willensbildung demokratisch in dem Sinne, d a ß möglichst alle Willensäußerungen der Basis in diesen Prozeß e i n g e h e n , d . h . , g i b t es eine möglichst optimale Verwirklichung von politischer I n t e r e s s e n a r t i k u l a t i o n und Partizipation? Und a l l g e meiner: Gibt es einen Analogschluß "demokratische Innenpolitik = demokratische Außenpolitik"? Sind Strukturen und Prozesse in demokratischen Systemen so g e s t a l t e t , daß Art und Weise des Zustandekommens von Außenpolitik automatisch auch demokratisch ist? Dormanns Kritik, daß in dieser Allgemeinheit die Formulierung bloßes Postulat sei llt.de Centro y Surantrlca
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Direc.d. Servicios Centrales .
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Quelle: eigene Ausarbeitung nach Angaben von Presidencia del Gobierno/ ' Secretarla General Tècnica/Centro de Información Administrativa Gula de la Administración Central del Estado. Madrid. 1965.
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Entscheidungsgremiums. (734) Dies verdeutlicht dann aber auch die Tatsache, daß das spanische Außenministerium derzeit schon über fünf oberste Führungsorgane (zwei auf der Ebene von Staatssekretariaten, drei auf der Ebene von Untersekretariaten) v e r f ü g t , (735) sowie über siebzehn Generaldirektionen, während es im Außenministerium zur Franco-Zeit im Normalfall ein, im Höchstfall zwei oberste Führungsorgane (oberhalb der Ebene von Generaldirektoren, aber unterhalb der Ministerebene) und höchstens bis zu elf Generaldirektionen waren. (736) Darin spiegelt sich dann auch gleichzeitig die vor dem Hintergrund einer umfassenden außenpolitischen Öffnung und einer damit einhergehenden außerordentlichen Intensivierung der Projektion ins internationale Umfeld sich damit vor allem dem Spanien des offenen politischen Systems stellende Notwendigkeit, sich gegenüber internationalen Akteuren (Regierung, internationale Organisationen e t c . ) durch Spitzenpolitiker und -beamte vertreten zu lassen - ein Erfordernis, das das außenpolitisch mehr oder weniger isolierte Franco-Spanien nicht, zumindest nicht in diesem Maße, kannte, da bei den insgesamt wenigen Anlässen der Außenminister allein oder g g f . noch ein Stellvertreter für ihre Abdeckung ausreichte. 4.3.5.3. Frankisten oder Demokraten? Außenpolitische und Elitenwandel im Außenministerium
Führungseliten
Wer handhabt und personifiziert nun das im Zuge des Systemwandels modifizierte Willensbildungs- und Entscheidungsinstrument "Außenministerium"? Stehen den außenpolitischen Top-Entscheidungsträgern hier die alten außenpolitischen Eliten des Frankismus oder neue Eliten des demokratischen Spaniens für die Umsetzung ihrer Politik zur Verfügung? Das spanische Außenministerium verfügt - im Unterschied zu der überwiegenden Mehrzahl der übrigen Ministerien des frankistischen Systems - über eine, im Vergleich zu diesen, wesentlich liberalere Tradition. Zwar kann man keinen der Außenminister Francos als Demokraten bezeichnen, doch zeigt sich bei einer genaueren Untersuchung der politischen Ausrichtung der Ministerien unter Franco auf Ministerebene, daß die Außenminister der Jahre 1938 bis 1975 in der Regel nicht zu den ultra-autoritären, teilweise faschistischen p o l i tischen Familien (737) des Frankismus zu rechnen sind. So t r i f f t Amando de Miguel, (738) seiner Klassifizierung der politischen Elite des Franco-Systems in Militärs, Primo de Rivera-Gruppe, Traditionalisten, Monarchisten, Falangisten, Katholiken, Integristen, Technokraten, Techniker (739) folgend, für das spanische Außenministerium die folgenden Einstufungen und Charakterisierungen: - Conde de Jordana (Februar 1938 - August 1939): Militär - Juan Beigbeder Atienza (August 1939 - Oktober 1940): Techniker - Serrano Suner (Oktober 1940 - September 1942): Falangist - Conde de Jordana (September 1942 - August 1944): Militär - Lequerica (August 1944 - Juli 1945): Techniker - Alberto Martin Artajo (Juli 1945 - Februar 1957): Katholik - Fernando Maria de Castiella (Februar 1957 - Juni 1973): Katholik - Gregorio Lopez Bravo (Oktober 1969 - Juni 1973): Technokrat - Laureano Lopez Rodo (Juni 1973 - Dezember 1973): Technokrat - Pedro Cortina Mauri (Januar 1974 - Dezember 1975): Techniker (740) Die einzelnen ideologischen Komponenten der verschiedenen politischen Familien des Franco-Regimes werden dabei ihrer Wichtigkeit nach wie folgt zugeordnet:
- 321 Sozio-ideologische Komponenten der politischen Familien des Franco-Regimes
J Z COMPONENTES
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Rsgonorac tonismo corporatMata
X Conse'vadurlsmo nacionalista
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4. Terce'lsmo utópico S. THunfalIsmo Importai 1. Nostalgia litoral 7. Naclonal-c atoilctsmo 8. Calasi rotismo antropológico 9, Pstrrnalismo elHtst»
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10. Tecnoera>lsmo de »'rol litis 11
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IDEOLOGICOS
1. Autoritarismo Milco ?
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Católicos
LOCALIZACION DE LOS COMPONENTES IDEOLOGICOS EN LAS DISTINTAS FAMILIAS r _ r _ t _ _ r .
Populismo aperturista
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NOTAS: - El área de cada cuadro representa aproximadamente la distribución por "familias" de cada uno de los ccnponentes ideológicos. - Las "familias" se ordenan según el aproximado orden cronológico en que intervienen de una manera destacada en los Gabinetes. - Los componentes ideológicos se ordenan según la mayor o menor presencia en cada ina de las "familias", tal caro éstas van apareciendo en el tiempo.
Quelle: Miguel, Amando de: Sociología del Franquismo. S.236.
- 322 Die politische Elite der Katholiken, die für das spanische Außenministerium durch die Außenminister Martin Artajo (Amtszeit: 12 Jahre) und Fernando Maria de Castiella (Amtszeit: 12 Jahre) besondere Bedeutung erlangt h a t , wird dabei von de Miguel folgendermaßen charakterisiert: "Los católicos se resisten a ser llamados 'demócratas c r i s t i a n o s ' casi con la misma vehemencia con que los f a l a n g i s t a s se oponen a ser identificados como ' f a s c i s t a s ' . No obstante, en muchos de los pertenecientes a ambos grupos hay un alto aprecio de esa otra identificación, digamos, más ' e u r o p e a ' . Desde luego, para ser 'demócratas c r i s t i a n o s ' , les f a l t a a los Ministros de la familia católica un ápice más de creencia en la democracia y un grado menos de acuerdo en los principios ideológicos de un régimen autoritario". (741) Die Vertreter der folgenden Generation der Technokraten - im Falle des Außenministeriums repräsentiert von López Bravo und López Rodó denen de Miguel eine "perfecta mixtura de libertad económica y de autoritarismo político" (742) bescheinigt, werden dann beschrieben als "el gobernante católico no f a l a n g i s t a , no militar, no primorriverista ( . . . ) no t r a d i c i o n a l i s t a , no monárquico, no de la 'santa c a s a ' y no estrictamente 'técnico' que la vox populi suele asociar a l a s empresas del Opus Dei. 0 quizás eran simplemente los técnicos del acercamiento económico a los páises c a p i t a l i s t a s ricos (y por eso mismo a los socialistas ricos también), los que querían c u r a r a los españoles de todos los malos de la a u t a r q u í a " . (743) Die Techniker - und dazu gehört im Falle des spanischen Außenministeriums der letzte Außenminister Francos, Cortina Mauri, sind dann "típicamente los altos funcionarios con una multiplicidad de puestos y a veces de cuerpos administrativos, y algunos también con conexiones en la esfera p r i v a d a . Casi todos ellos ascienden al Ministerio por una estrecha relación con Carrero o con Arias. De tener alguna ideología expresa, estos últimos técnicos se distinguen negativamente por una moderada actitud a n t i f a l a n g i s t a y antitecnocrática, y positivamente por una aquiescencia a la llamada 'solución P r í n c i p e ' . En una p a l a b r a , son el posfranquismo". (744) Bleibt festzuhalten, daß erstens von Seiten der Außenminister das spanische Außenministerium, zum Beispiel im Vergleich zu dem Ministerium der Nationalen Bewegung oder zum Arbeitsministerium, über eine wesentlich l i b e r a l e r e Tradition verfügt. Doch es kommen noch weitere Aspekte hinzu, die diese Tendenz zusätzlich unterstützen: Zum einen das, was der spätere Außenminister der Monarchie, José María de Areilza, ironisch als "Die diplomatische Deformierung" (745) bezeichnet. Aufgrund seines Berufes hält sich - so Areilza - der Diplomat des frankistischen Staates häufig jahrzehntelang in demokratischen Staaten auf und gewinnt durch seine Arbeit nicht nur Einblick in die Politik, Wirtschaft und Kultur eines solchen Landes, sondern auch in sein Funktionieren als demokratischer Rechtsstaat: "El diplomático aprende a dialogar a base de una respetuosa audición de la opinión a j e n a . No se t r a t a de r e b a t i r al antagonista sin dejarlo exponer sus razones, ni mucho menos de a l t e r a r estas con argumentos propios intercalados, como en las c e l t i b é r i c a s tertulias de c a f é . Calibra el diplomático, por residir permanantemente a l l í , los íntimos resortes de l a s naciones en la que t r a b a j a " . (746)
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Das heißt: Der Diplomat des autoritären, frankistischen Staates g e wöhnt sich an demokratische Lebensformen, "exponiendose así al inevitable contagio de los principios y formas políticas que p r e dominan en el mundo c i v i l i z a d o " . (747) Mit solchen politischen Vorstellungen gerät er dann unfehlbar in Konflikt mit den politischen Maximen überzeugter Frankisten. Doch "Mi amigo, el deformado, puede estar tranquilo con su b a g a j e de experiencia acumulada en tantos años de servicio exterior. En el sentido de la proporción, el equilibrio en el juicio, la visión dinámica del mundo, el apetito de reformas esenciales en el modo de ser nacional son otros tantos ingredientes del patriotismo positivo del que anhela una España mejor". (748) Von diesen demokratischen spanischen Diplomaten im Ausland, sei es, daß sie dort zu Demokraten wurden, sei es, daß sie mit diesen politischen Grundwerten schon dort ankamen, findet man im "Escalafón" (749) der Carrera Diplomática, und zwar zu einem Zeitpunkt lange vor Francos Tod eine ganze Reihe. So war Fernando Schwartz, unter der sozialistischen Regierung u. a . Generaldirektor des Amtes für Diplomatische Informationen im Außenministerium, 1968 Vizekonsul in London, (750) Fernando Perpiñá-Robert, u. a . technischer Generaldirektor und Untersekretär für Auswärtige Angelegenheiten, ebenfalls als Vizekonsul in München, Mariano Berdejo, u. a. Generaldirektor für Europa, war zur Zeit Francos als Botschaftssekretär in Washington. Alle drei genannten Diplomaten gelten und galten damals als PSP (751) - beziehungsweise PSOE-Anhänger. Man kann diese Liste noch beliebig erweitern: Jesús Núñez Hernández, der als einer der ältesten aktiven PSOE-Anhänger g i l t , arbeitete von 1970 bis 1975 als Botschaftsrat in der spanischen Botschaft in Bonn, Emilio Casinello Aubán, Mitglied und Kandidat des Partido Socialista Popular (PSP), war von 1969 bis 1973 in der spanischen Botschaft in Dar-Es-Salam, Pedro Bermejo Marín, ebenfalls PSOE-nah, arbeitete von 1969 bis 1971 in der spanischen Botschaft in Washington und Joaquín Ortega S a l i nas, unter dem Außenminister Pérez-Llorca Subsecretario (Untersekret ä r ) im Außenministerium, daneben aber aber schon zu Franco-Zeiten PSOE-Sympathisant, arbeitete als Botschaftssekretär von 1969 bis 1972 in Caracas. Darüber hinaus findet man in der außenpolitischen Administration des autoritären, frankistischen Staates aber nicht nur in den diplomatischen Vertretungen im Ausland spanische Diplomaten, die bereits zu diesem Zeitpunkt ihren politischen Wertvorstellungen nach Demokraten waren, sondern auch im Ministerium in Madrid selbst: So war Marcelino Oreja A g u i r r e , der spätere spanische Außenminister, noch zu Lebzeiten Francos Mitbegründer des christ-demokratischen Oppositionskreises " T á c i t o " , (752) Mitglied des Obersten Rates für Auswärtige Angelegenheiten, Amaro González de Mesa, ab 1977 Generaldirektor für kulturelle Beziehungen, g a l t schon im Außenministerium des Franco-Staates als Vertreter der linken Mitte und war dennoch von 1970 bis 1972 Direktor für die Beziehungen zum Vatikan; José Joaquín Puig de la Bellacasa, schon unter Franco ein Vertreter des demokratischen, liberalen Zentrums und später von 1978 bis 1980 unter Oreja Staatssekretär, war von 1961 bis 1971 als Botschaftssekretär auf verschiedenen Posten im Außenministerium. Máximo Cajal y López, schon zu Lebzeiten Francos ein Vertreter der linken Mitte und später unter dem Außenminister Marcelino Oreja Generaldirektor des Amtes für Diplomatische Information war von 1968 bis 1970 in der spanischen Botschaft in Paris, anschließend zwei Jahre im Range eines Botschaftssekretärs im Madrider Ministerium. Fernando Morán, u. a . Außenminister der PSOE-Regierung, ebenfalls noch unter Franco
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Mitglied der illegalen Partei PSI (753) bzw. PSP, ist von 1968 bis 1970 Generalsubdirektor (754) für A f r i k a . Von 1971 bis 1973 ist er dann in gleichem Rang für Afrika und den Nahen und Mittleren Orient zuständig. Alle diese Diplomaten, die eindeutig ihren politischen Wertvorstellungn nach Demokraten sind und teilweise sogar zur demokratischen Oppositionen des Franco-Regimes gehören, haben jedoch in den letzten Jahren des frankistischen Systems aufgrund ihres Alters (sie gehören in der Regel den Geburtsjahrgängen 1930 bis 1940 an) (755) und der daraus resultierenden Zahl der Dienstjahre nicht, oder besser: noch nicht, Schlüsselpositionen in der Administration des spanischen Außenministeriums inne, da sie in der Hauptsache im " r a n k i n g " der spanischen Diplomaten, dem "Escalafón" den Rang eines Botschaftssekretärs erster Klasse (756) bekleiden. Fine der wenigen Ausnahmen, die in diesem Zusammenhang zu nennen wären, ist Enrique Larroque de la Cruz. Von 1973 bis Ende 1975 Generaldirektor für Internationale Technische Kooperation, scheidet er 1976 aus dem aktiven Dienst aus, um den Partido Liberal (Liberale Partei) zu gründen. (757) Somit kann man zusammenfassend festhalten, daß auf einer mittleren bis unteren Administrationsebene das spanische Außenministerium schon zu Lebzeiten Francos mit eindeutig demokratischen Kräften gewissermaßen "unterwandert" war, so daß der erste demokratische Außenminister der spanischen Monarchie, José María de Areilza (demokratisch zwar nicht von seiner Legitimierung her, denn er gehörte einer nicht-gewählten Regierung an, wohl aber durch seine politischen Wertvorstellungen) (758) sich aus diesem Grund nicht bei seiner Amtsübernahme mit einer monolithisch-frankistischen Administration, "Außenministerium" konfrontiert sah, sondern mit einer Administration, die nach innen schon zu einer Liberalisierung und Demokratisierung im Sinne eines politischen Pluralismus angesetzt hatte. Diese Tendenz der Demokratisierung des spanischen Außenministeriums zu Lebzeiten Francos wurde zum anderen zusätzlich noch durch einen weiteren Faktor unterstützt: die sogenannte "escuela de Tierno Galv á n " (Schule Tierno G a l v á n s ) . Enrique Tierno Galván, Vertreter der linken demokratischen Opposition und Gründer der illegalen Oppositionspartei Partido Socialista en el Interior (759), aus der dann 1971 die Sozialistische Volkspartei (Partido Socialista Popular) hervorging, ist neben seiner Arbeit als Universitätsdozent und seinem politischen Engagement für den Sozialismus in Spanien auch im Zusammenhang mit dem spanischen Außenministerium und dessen Diplomatie von Bedeutung. Er gab nämlich in den 40er, 50er und 60er Jahren Unterricht vor allem im Themenbereich politischer Kultur, aber auch Staatsrecht und internationales Recht (760) an angehende Diplomaten, d . h . , bei ihm haben sich v i e l e auf die verschiedenen Themen der spanischen Diplomatenschule vorbereitet. Dabei versuchte er - wie sein ehemaliger Schüler und damaliger technischer Generaldirektor im spanischen Außenministeriuir, Fernando Perpiñá berichtet, im Unterricht nicht, seine Schüler zu seiner Vision des Sozialismus in Spanien zu bekehren, dennoch waren seine Darstellungen eines demokratischen Staates für die meisten derartig a t t r a k t i v , daß sie sich überzeugen ließen. (761) So konstatiert Tierno Galván in der Rückschau: "Es evidente que de mi casa salian con una configuración espiritual o por decirlo ast, con una mentalidad que no era la mentalidad del sistema, y eso tuvo que i n f l u i r en su cargo posterior, en sus puestos". (762) Wie effektiv dieser Unterricht für die Formierung demokratischer politischer Wertvorstellungen angehender spanischer Diplomaten gewesen sein muß, wird deutlich, wenn Tierno darauf
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verweist, daß "Franco se quejó de que los muchachos que salían de l a Escuela (gemeint ist die Diplomatenschule, G. N.) salían con ideas l i b e r a l e s . Incluso me culpaban a mi de haber sido uno de la promotores de esta situación". (763) Auf Druck des frankistischen Regimes und vor allem auch angesichts der Tatsache, daß seine Schüler in der 2. Hälfte der 60er J a h r e bei den Examina politisch diskreminiert wurden, hat Tierno dann ab 1966 diesen Unterricht Schritt für Schritt e i n g e s t e l l t . (764) Diese personalpolitische Situation des spanischen Außenministeriums in den letzten Jahren des Franco-Regimes und die darin festzustellenden Ansätze zu einer Demokratisierung bedeuten nun natürlich umgekehrt n i c h t , daß das Außenministerium noch unter Franco zu einem Hort der Demokratie und einem Zufluchtsort a l l e r spanischen Demokraten geworden s e i . Denn schließlich findet man einerseits Demokratisierungstendenzen (im Sinne einer Ersetzung der frankistischen Kräfte durch demokratische) fast ausschließlich nur auf einem r e l a t i v niedrigen Administrations- und Entscheidungsniveau des Entscheidungsapparates "Außenministerium", während andererseits - wie zu zeigen sein wird in den politischen und administrativen Schlüsselpositionen des Außenministeriums in den letzten Jahren der Franco-Diktatur zahlreiche Vertreter einer frankistischen Elite (765) anzutreffen sind. Im einzelnen s t e l l t e sich die Situation in der FUhrungselite des Außenministeriums, wie sie im Dezember 1975 der erste spanische Außenminister der Monarchie, Areilza, bei seiner Amtsübergabe vorfand, wie folgt d a r : (766) 1. Gabinete Diplomático del Ministro: Gabinete Técnico del Ministro: 2 . Subsecretaría 3 . Dirección General de Política Exterior. 4 . Dirección General de Europa
konservativ-liberaler Diplomat stark konservativer Diplomat; Mitglied des Opus Dei gemäßigt konservativer Diplomat Vertreter der extremen Rechten; F r a n kist unabhängiger, professioneller Karrierediplomat
5. Dirección General de America del Norte y Extremo Oriente Vertreter der Ultrarechten 6. Dirección General de Africa, politisch nicht festgelegter, Próximo y Medio Oriente professioneller Diplomat 7. D i r e c c i ó n G . d e Iberoamérica Vertreter der Ultrarechten 8. Dirección General del Servicio Exterior konservativer Diplomat 9. Dirección General de Relaciones Económicas I n t e r n a - unabhängiger, professioneller cionales Karrierediplomat 10. Dirección General de Rela- konservativer, dialogbereiter ciones Culturales Diplomat 11. Dirección General de Asuntos Consulares konservativer Diplomat 12. Dirección General de Cooperación Técnica I n t e r nacional l i b e r a l e r Diplomat (767) 13. Oficina de Información Vertreter der extremen Rechten; Diplomática Frankist 14. Secretaría General Técnica Vertreter der extremen Rechten; Frankist
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15. Dirección General de Organizaciones y Conferencias Internacionales
konservativer Diplomat
Inwieweit ä n d e r t sich nun diese Konstellation d e r politischen a d m i n i s t r a t i v e n Führungselite durch die Amtsübernahme Areilzas?
und
Kurz nach seiner Amtsübernahme, d . h . im J a n u a r / F e b r u a r 1976 und nach der ersten Reorganisierung des spanischen Außenministeriums der Monarchie,bietet sich d a s folgende Bild: 1. Gabinete del Ministro (768) 2. Subsecretaría 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.
Konservativer Diplomat Liberal-konservativer Diplomat Dirección General de Auflösung nach Decreto Política Exterior 804 / 1976 Dirección General de Europa u n a b h ä n g i g e r , p r o f e s s i o y Asuntos Atlánticos neller Karrierediplomat Dirección General de América del Norte y Pacífico konservativer Diplomat Dirección General de Afrika y Asia Continental Sozialist Dirección G.de Iberoamérica konservativer Diplomat Dirección General del Servicio Exterior konservativer Diplomat Dirección General de Relaciones Económicas I n t e r n a - u n a b h ä n g i g e r , p r o f e s s i o cionales neller Karrierediplomat Dirección de Relagemäßigt k o n s e r v a t i v e r ciones Culturales Diplomat Dirección General de Asuntos Consulares konservativer Diplomat Dirección General de Cooperación Técnica Internacional l i b e r a l e r Diplomat unabhängig-liberaler Oficina de Información Diplomat Diplomática progressiver C h r i s t d e Secretaría General Técnica mokrat Dirección General de O r g a n i zaciones y Conferencias k o n s e r v a t i v e r Diplomat Internacionales
Wechsel Wechsel Wechsel Kontinuität Wechsel Wechsel Wechsel Kontinuität Kontinuität Wechsel Kontinuität Wechsel Wechsel Wechsel Kontinuität
Was l ä ß t sich nun a u s diesem Wechsel der Führungselite im spanischen Außenministerium folgern? Erstens: Die eigentlichen Frankisten in Führungspositionen des Außenministeriums wurden ohne Ausnahme durch Diplomaten e r s e t z t , die ihren politischen Wertvorstellungen nach Demokraten waren oder zumindest bereit waren, bei einer Demokratisierung des politischen Systems in Spanien mitzuarbeiten. Dieses wird sowohl von dem damaligen Außenminis t e r Areilza a l s auch seinem ehemaligen S t a a t s s e k r e t ä r , Marcelino O r e j a , b e s t ä t i g t . (769) Die somit isolierten f r a n k i s t i s c h e n Diplomaten wurden jedoch nicht wie bei einer regelrechten Säuberung in den einstweiligen Ruhestand v e r s e t z t , sondern vielmehr auf in der Regel unwichtigere Posten abgeschoben. So wurde der damalige Generaldirektor f ü r Außenpolitik, mit Sicherheit ein F r a n k i s t , nachdem man seine Generaldirektion aufgelöst h a t t e , Botschafter in Luxemburg. (770) Ähnliches gilt f ü r die ehemaligen, von i h r e r politischen Orientierung her
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frankistischen bzw. ultrarechten Generaldirektoren für Nordamerika, Iberoamerika sowie für den ehemaligen Technischen Generaldirektor und den Generaldirektor des Amtes für Diplomatische Information. (771) Zweitens: Daneben gibt es im spanischen Außenministerium natürlich einen Elitenwechsel, der nicht mit einem Systemwechsel von einem autoritären Regime zu einem demokratischen Rechtsstaat e r k l ä r t werden kann, da hier demokratisch-orientierte oder demokratiefähige Diplomaten durch ebensolche ersetzt werden. In diesem Fall sind drei Ursachen denkbar, die allerdings auch in Kombination auftreten können: - Umstrukturierung der Administration: So entfielen nach der Reorganisierung nach Decreto 804/1976 die Posten des "Director del Gabinete diplomàtico del Ministro" und des "Director del Gabinete tècnico del Ministro", weil beide Aufgaben im "Gabinete del Ministro" vereinigt wurden. (772) - Ersetzung durch Vertrauenspersonen. Dieses gilt in erster Linie für den direkten Mitarbeiterstab des Ministers, also das "Gabinete del Ministro" bzw. das Untersekretariat, und e r k l ä r t den dort festzustellenden Wechsel in der Führungsposition. Häufig ist die Vertrauensperson dabei gleichzeitig ein persönlicher Freund. Und "da in Spanien, wie mit wenig Übertreibung gesagt wird, ' a l l e s mit Hilfe von Freunden geregelt w i r d 1 , ist der Anteil der einzelnen Ressorts an den 'freien DeSignierungen ' für den Einfluß des Ministers innerhalb des Systems und darüber hinaus für seine politische Rolle nach einem Amtsverlust, eventuell auch im privaten Bereich, wesentl i c h " . (773) Solche Überlegungen mögen bei der Ernennung des neuen Direktors des Gabinete del Ministro zum 23.1.1976 mitgespielt haben. Es handelt sich um einen Schwager des damaligen Außenministers José Maria de Areilza. (774) - Normale Fluktuation bei der Stellenbesetzung: Aufgrund der spezifischen Charakteristika des Berufs "Diplomat" ist die Fluktuation in einem Außenministerium, wo die Diplomaten, um in der Hierarchie der Carrera Diplomàtica in den nächst höheren Rang aufsteigen zu können, eine bestimmte Anzahl von Dienstjahren im Ausland abgelei stet haben müssen, (775) natürlich größer a l s in jedem anderem Ministerium. Dies e r k l ä r t zum Beispiel den Elitenaustausch in der Generaldirektion für Kulturelle Beziehungen. (776) Hier wird der Generaldirektor zum Botschafter in Straßburg ernannt, um, nach Aussage Areilzas, (777) "den Weg zum Eintritt Spaniens in den Europa-Rat zu ebnen". Ähnliches g i l t für den Wechsel in der Generaldirektion für Afrika, wo der ehemalige Generaldirektor zum Chef der Wirtschaftsdelegation Spaniens in der UdSSR wird, (778) kurz vor der Errichtung diplomatischer Beziehungen mit der UdSSR und den übrigen Ostblockstaaten sicherlich kein unwichtiger Posten. - Sonderfälle: Dies gilt sicherlich für den Elitenwechsel in der Generaldirektion für Internationale Technische Kooperation, wo der Generaldirektor Anfang 1976 ausscheidet, um eine liberale Partei zu gründen. (779) Drittens: Daneben scheint es für das persönliche, berufliche Fortune der Diplomaten im spanischen Außenministerium in der Zeit des Übergangs von der Diktatur Francos zur Demokratie besonders opportun gewesen zu sein, a l s (demokratisch oder demokratiefähiger) konservativer oder a l s unabhängig, professioneller Karrierediplomat zu g e l ten, denn diese beiden Kategorien haben in der Regel den Systemwechsel in Spanien, die fortschreitende Etablierung eines demokratischen Rechtsstaates und schließlich sogar den Regierungswechsel von UCD (780) zum PSOE (781) ohne berufliche Nachteile überdauert. (782)
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So war zum Beispiel Jaime de Pinies Botschafter Spaniens bei der UNO, und zwar seit 1968, also unter Franco, unter der UCD-Regierung und danach auch unter einer s o z i a l i s t i s c h e n Regierung in Spaniens. (783) Stellt sich nun n a t ü r l i c h im Zusammenhang mit der Frage nach einem Elitenwechsel im spanischen Außenministerium im h i e r untersuchten Zeitraum 1975 b i s 1982 die Frage, inwieweit der bei der Amtsübernahme Areilzas f e s t g e s t e l l t e Austausch g e w i s s e r Eliten von Dauer i s t , ober ob nicht nach und nach f r a n k i s t i s c h e Eliten wieder an Bedeutung und Einfluß gewinnen. Im Überblick sieht die Entwicklung der Jahre 1975 b i s 1982 unter dem Aspekt "Politische Ausrichtung der Führungseliten im spanischen Außenministerium" wie folgt a u s : (784) P o l i t i s c h e Ausrichtung der Ftihrungselite Im spanischen Außenministeriuni
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1975
1976
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Gabinete del M i n i s t r o
liberaler Rechter/Upus Uei
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Subsecretaría
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Secretarla de Estado
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Secretarla de Estado para las Comunid.Europ. D.G. de P o l í t i c a Exter
extreme Rechte/Frankist
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unabhängiger,professioneller Karrierediplomat
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O.G.América de Norte y P a c l f .
extrem Rechter
D.G. A f r i c a y A s i a Contín.
p o l i t i s c h neutral
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D.G. I b e r o américa
extrem Rechter
» Konservat.
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Konservativer Sozialist
Konservativer
D.G. S e r v i c i o Exterior O.G. Reí. Econ.intern.
1982
Pferez-Llorca
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professioneller Karrierediplomat » stark Konservat.
D.G.Reí. Culturales
Konservativer
» moderat Konservat.
O.G. Asunt. Consulares
Konservativer * a p o l i t i s c h , protession.Diplomat
D.G. Coop. Técn.lnternac.
Liberaler
D.G. Organiz. Conf. Intern.
Konservativer
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* sozialdemokratischer. PSOE-naher Diplomat
stark Konservativer
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» professioneller Diplomat
stark Konservativer
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» M i t t e - / l i n k s - V e r t r e t e r ; Sympathisant mit PSP
» liberal-konservativer
» Liberaler
»Liberalkonserv.
p r o f e s s i o n e l l e r Diplomat
» liberal-prefessioneller Diplomat *
Konservativer
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» p r o f e s s i o n e l l - k o n s e r v a t i v e r Diplomat» PSOE-Mitqlied Konservativer
extrem Konservativer
D.G. de la OID
extrem Rechter/Frankist
» unabhanqio» unabhängiger l i b e r a l e r uipb. Diplomat
Secretaría General Técnica
extrem Rechter/Frankist
. oroaressiver Christdemokrat
»
»Mitte-links» vertr./PSPnah Konservater
»profession. Diplomat
» Sozialist/PSPHitglied
UCD-naher Diplomat
«Konservativ-Liberaler »liberal-konservativer Christdemokrat
Quelle: eigene Ausarbeitung nach Angaben von Vertretern der außenpolitischen Führungselite im spanischen Außenminister!!».
Danach ist f e s t z u s t e l l e n , daß seit dem Amtsantritt Areilzas und dem von ihm durchgeführten Elitenaustausch f r a n k i s t i s c h e Eliten, h i e r im Sinne von Diplomaten, die die 1 politischen Wertvorstellungen des Frankismus t e i l e n , nicht wieder vorkommen. Dennoch muß e i n e s - zumindest theoretisch - eingeräumt werden. Es i s t ja d u r c h a u s denkbar, daß Vertreter der diplomatischen Führungs-
- 329 e l i t e im spanischen Außenministerium der zu Ende gehenden FrancoZeit (unter denen man dann a u c h , wie gezeigt, in der Spätphase des Franco-Systems Diplomaten mit f r a n k isti sehen Wertvorstellungen i d e n t i f i zieren k a n n ) im Zuge der Demokratisierung des spanischen politischen Systems, a u s welchen Gründen auch immer, zu Demokraten geworden s i n d , um d a n n erneut Führungsposten im spanischen Außenministerium innezuhaben. Nimmt man hier a l s Unterscheidungsmerkmal die T a t sache, ob die Vertreter der politischen und administrativen F ü h r u n g s e l i t e im Außenministerium der Jahre 1976 bis 1982 schon im Außenmini sterium des frankistischen Staates FUhrungsposten, d. h. "altos c a r g o s " , (785) innehatten oder ob sie vielmehr ihre Karriere im Kontext eines demokratischen Systems gemacht haben und somit ihre Glaubwürdigkeit als Demokrat nicht durch ein hohes Maß an Kollaboration mit einer a u t o r i t ä r e n Diktatur in Frage gestellt werden muß, so stellt man folgendes f e s t : Von den insgesamt 54 Diplomaten, die in den Jahren 1976 bis 1982 politische und a d m i n i s t r a t i v e Führung6posten im spanischen Außenministerium i n n e h a t t e n , waren 38 (= 70,4 %) "neweomer", d . h . , sie hatten im Außenministerium des f r a n k i s t i s c h e n Systems noch keine Posten auf der Ebene der "altos cargos" inne und haben somit i h r e Karriere im wesentlichen im Kontext eines demokratischen politischen Systems gemacht. 16 Diplomaten (= 29,6 %) h a t t e n hingegen schon f r ü h e r , noch zu Lebzeiten Francos einen Führungspo sten im Außenministerium i n n e . Von diesen 16 Diplomaten, die sich durch dieses hohe Maß an Kollaboration mit einer a u t o r i t ä r e n Diktatur auszeichnen, arbeiteten 8 in Führungspositionen unter dem Außenmirli s t e r Areilza, (786) 5 unter dem Außenminister Marcelino Oreja (787) und 3 unter dem Außenminister Pérez-Llorca. (788) Einen Überblick bietet die folgende G r a p h i k . (789) Aus dem b i s h e r Gesagten folgt: Parallel zur allgemeinen Demokratisierung des spanischen politischen Systems fand im spanischen Außenministerium ein Elitenwechsel s t a t t , bei dem in einer ersten Phase die Diplomaten ir.it f r a n k i s t i s c h e n politischen Wertvorstellungen durch demokratisch-gesinnte oder z u mindest demokratie-fähige Diplomaten ersetzt wurden und bei dem in einer zweiten Phase, die sich teilweise mit der ersten zeitlich überdeckt, (790) f ü r die entscheidenden politischen und a d m i n i s t r a t i ven Führungsposten, begünstigt durch einen Generationswechsel, (791) in immer s t ä r k e r zunehmendem Maße nur solche Diplomaten e r n a n n t wurden, die zwar ihre Ausbildung im f r a n k i s t i s c h e n System a b g e schlossen und den Start ins Berufsleben begonnen h a t t e n , die jedoch nicht zu den f r a n k i s t i s c h e n Eliten z ä h l e n , in dem Sinne, d a ß sie noch zü Cebzeiten Francos Führungsposten in dem E n t s c h e i d u n g s a p p a r a t "Außenministerium" i n n e h a t t e n . Insoweit ist dem ehemaligen Außenminister Pérez-Llorca zuzustimmen, wenn er f e s t s t e l l t : "Es evidente que dentro de la e s t r u c t u r a f u n c i o n a r i a l ha h a b i d o en estos años una ( . . . ) democratización b a s a d a en la promoción a puestos importantes de nuevas c a r a s , de nuevos r o s t r o s , de nuevos p e r s o n a j e s , que a p o r t a b a n una s a v i a democrática mayor a la imagen de la c a r r e r a . Esto empezó con Areilza, siguió con Oreja, continuó conmigo". (792) Diese schrittweise Ersetzung f r a n k i s t i s c h e r Eliten durch solche, die sich nicht durch ein hohes Maß der Kollaboration mit der a u t o r i t ä r e n Diktatur Francos auszeichnen, findet man auch auf dem Niveau der Außenminister der spanischen Monarchie und ab 1978 der spanischen Demokratie b e s t ä t i g t . Denn während José Maria de Areilza und Marcelino Oreja noch Führungsposten im f r a n k i s t i s c h e n System innegehabt hatten (Areilza war unter Franco Botschafter in Buenos Aires, Washing-
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Ausmaß der Kollaboration der politischen und administrativen 1976
Führuncselite im M.de AA.EE. mit dem frankistl^chen Spanien
1977
1978
Areilza +
Minister Gabinete del Ministro
-
Subsecretarla
+
D.G. de Europa y Asuntos Atlánticos
+
1979
19S0
M. Oreja
1981
1982
J.P.Pérez-Llorca
4
_ -
D.G. de América del Norte y Pacifico D.G. de Africa y Asia Continental
-
D.G. de Iberoamérica
4
D.G. del Servicio Exterior
4
D.G. de Relaciones Econ&micas Internacionales
4
D.G. de Relaciones Culturales
+
D.G. de Asuntos Consulares
4
_ 4
_ 4
_
-
*•
D.G. de Cooperación Técnica Internacional Oficina de Informaci&n Diplomática
-
Secretaría General Técnica
-
D.G. de Organizaciones Y Conferencias
Internacionales
-
4 4
Conseio Superior de Asuntos Exteriores
4 4
Secretarla de Estado de Asuntos Exteriores Secretarla de Estado para las Comunidades
-
4 4
Europeas
+ t "altos cargos" unter franco bereits innegehabt (aus Auslandsposten oder im Ministerium selbst) - 3 "newconer",d.h. vor Ernennung nicht auf der Ebene der "altos cargos" tätig gewesen,d.h. nicht zur frankistischen außenpolitischen Elite zählend Quelle: eigene Ausarbeitung nach den Unterlagen des spanischen Außensinisteriums
Frankistische Führungselite und "Newcomer" im spanischen Außenministerium 1975-1982
Jahrgang 1910-1920
38 "Newcomer"
t6 Vertreter frankistischer Elite
2
8
1920-1930
17
7
1930-1940
17
1
1940-1950
2
-
Quelle: eigene Ausarbeitung nach: Ministerio de Asuntos Exteriores (Hrsg.): Extracto de las Hojas de Servicio del Personal ¿le la Carrera Diplomática. Madrid, 1982.
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ton und P a r i s , wobei Washington und P a r i s für Spanien mit Sicherheit zu den wichtigsten Botschaften gehören; Marcelino Oreja war unter dem Außenminister Castiella von 1962 bis 1970 Direktor des technischen Kabinetts des Außenministeriums), (793) waren José Pérez-Llorca und später auch Fernando Morán Außenminister, die zu keinem Zeitpunkt einer frankistischen Elite angehörten. (794) So war Pérez-LLorca a l s Student Mitglied der linkskatholischen b i s linkssozialistischen AntiFranco-Gruppe "Felipe", (795) nahm dann später durch Erfahrungen im Berufsleben weiter rechts liegende Positionen e i n , "doch nie akzeptierte er irgendeine Form der Zusammenarbeit mit dem Franco-Regime: so ist er einer der wenigen UCD-Spitzenpolitiker mit einer ganz eindeutig demokratischen Vergangenheit". (796) Ähnliches g i l t für den Außenminister Fernando Morán, der führendes Mitglied der unter Franco verbotenen demokratischen Oppositionspartei PSI, (797) später PSP, (798) war. Doch auf der anderen Seite bedeutet dieser stufenweise Austausch der Führungselite im spanischen Außenministerium in den Jahren 1975 bis 1982 auch, daß es keine allumfassende Säuberung der außenpolitischen Administration zu einem bestimmten Zeitpunkt (zum Beispiel nach Verabschiedung der demokratischen Verfassung im Dezember 1978) gegeben h a t , sondern vielmehr eine " t r a n s i c i ó n " (Übergang), wie sie auch in der Wandlung des übrigen politischen Systems Spaniens von einer autoritären Diktatur zu einem demokratischen Rechtsstaat festgestellt werden kann. (799) Beispiele für diese trotz weitreichendem Elitenaustausch nicht-durchgeführte Säuberung oder " r u p t u r a " (800) mit dem frankistischen Apparat sind - neben den bereits genannten (801) Carlos Robles Piquer (im frankistischen System Generaldirektor für Information im Ministerium für Information und Tourismus sowie Botschafter in Libyen; später, in der spanischen Demokratie u . a . Staatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten), (802) Gabriel Mañueco de Lecea (im frankistischen Außenministerium u. a . Generalsekretär für Afrika und Arabische Welt sowie Botschafter in Zypern; im Außenministerium der spanischen Demokratie u . a . S t a a t s s e k r e t ä r für Auswärtige Angelegenheiten, gegenwärtig Botschafter in Washington) (803) und andere. (804) Generell, wenn auch mit einigen Modifizierungen und Nuancen, b e s t ä tigt dies auch die Entwicklung des Elitenwandels im Hinblick auf die Besetzung der spanischen Botschaften im Ausland, auf die hier ein kurzer Seitenblick geworfen werden s o l l , da es j a theoretisch möglich i s t , daß sich der schrittweise Elitenwechsel auf das Ministerium in Madrid beschränkt, während die Posten im Ausland nach wie vor an außenpolitische Elitenvertreter vergeben werden könnten, die auch schon durch ihr hohes Maß an Kollaboration zur außenpolitischen Elite des frankistischen Systems gerechnet werden konnten. (805) Beschränkt man sich einmal auf die elf für Spanien wichtigsten Botschaft e r , (806) stellt sich die Entwicklung wie folgt d a r : (807) Von den insgesamt 34 Botschaftern, die im Zeitraum 1976 - 1986 diese Ämter bekleideten, hatten 18 bereits noch zu Lebzeiten Francos politische Führungsposten innegehabt (52,9 %), während 16 Botschafter dieses hohe Maß an Kollaboration mit dem frankistischen System nicht vorweisen (47,06 %). Der Anteil der außenpolitischen Elitenvertreter, die auch schon zur frankistischen Elite zählten, ist - zumindest im Fall der wichtigsten Botschaften - also deutlich höher a l s im Außenministerium s e l b s t . (808) Allerdings zeigt sich auch _hier deutlich ein Elitenwandel, jedoch im Vergleich erst mit z e i t l i c h e r Verzögerung: Während unter der UCD-Regierung die e l f wichtigsten Botschafterposten
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