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German Pages [254] Year 2007
Hypomnemata Untersuchungen zur Antike und zu ihrem Nachleben
Herausgegeben von Albrecht Dihle, Siegmar Döpp, Dorothea Frede, Hans-Joachim Gehrke, Hugh Lloyd-Jones, Günther Patzig, Christoph Riedweg, Gisela Striker Band 170
Vandenhoeck & Ruprecht
Torsten Krämer
Augustinus zwischen Wahrheit und Lüge Literarische Tätigkeit als Selbstfindung und Selbsterfindung
Vandenhoeck & Ruprecht
Verantwortlicher Herausgeber: Siegmar Döpp
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN: 978-3-525-25269-7 Hypomnemata ISSN 0085-1671
Gedruckt mit Unterstützung der Trebuth-Stiftung zur Nachwuchsförderung in der Philosophie, Essen
© 2007, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co.KG, Göttingen / www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlages öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke. Printed in Germany. Umschlagabbildung: Wandfresko in der Lateranbibliothek (aus Wilpert, 1916) Druck und Bindung: c Hubert & Co, Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.
Inhalt
Vorwort
7
1
9
Einleitung ......................................................................................... 1.1 1.2 1.3
2
Problemstellung, Methode, Gliederung, Theorie .................. Die Begriffe »Sprache« und »Stil« – Das Analyseverfahren Forschungsüberblick ..............................................................
9 21 23
Der soziokulturelle und historische Kontext .................................... 2.1 Das traditionelle Bildungssystem........................................... 2.2 renovatio der heidnischen Kultur und christliche Bildungsfeindlichkeit am Ende des 4. Jahrhunderts ..............
47 47 55
2.3
60
Augustins Adressatenkreis .....................................................
3
Das Verhältnis zur antiken Bildung – Die theoretischen Schriften .. 70 3.1 Die Cassiciacum-Dialoge von 386 – Das Beispiel de ordine 70 3.2 Die Schrift de doctrina christiana – Buch 1-3 (396/397) ...... 95 3.3 Die confessiones (397–401) ................................................... 115 3.4 Die Schrift de doctrina christiana – Buch 4 (426/427) ......... 141
4
Augustins kulturelle Identität in den Briefen .................................... 160 4.1 4.2
Der Blickwinkel der Adressaten ............................................ 160 Das Bildungskonzept der Briefe ............................................ 178
5
Augustins kulturelle Identität in den Predigten – Ein Ausblick ....... 209
6
Schlußbetrachtung ............................................................................. 215
7
Literatur ............................................................................................. 224 7.1 7.2 7.3
Abkürzungen .......................................................................... 224 Wörterbücher und Datenbanken ............................................ 226 Primärliteratur ........................................................................ 226
6
Inhalt
7.4 7.5 8
Übersetzungen und Kommentare........................................... 227 Sekundärliteratur .................................................................... 228
Stellenregister ................................................................................... 246
Vorwort
Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um meine Dissertation, die 2006 am Fachbereich Sprach-, Literatur- und Medienwissenschaften der Universität Trier angenommen wurde. Mein besonderer Dank gilt dem Betreuer der Arbeit, Herrn Prof. Dr. Ulrich Eigler (Zürich), für die vielen anregenden Gespräche, die konstruktive Kritik und die zahlreichen Ratschläge. Den Herausgebern der »Hypomnemata« danke ich für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe und dem Verlag für die Hilfe bei der Drucklegung. Die Karl und Gertrud Abel-Stiftung hat meine Arbeit durch ein zweieinhalbjähriges Promotionsstipendium unterstützt. Ihr sei ebenso gedankt wie der Trebuth-Stiftung, die einen großzügigen Druckkostenzuschuss gewährt hat. Meiner Freundin Antonia und meiner Schwester Andrea danke ich dafür, dass sie das Manuskript Korrektur gelesen haben. Besonderen Dank aber schulde ich meinen Eltern, die mich während meines ganzen Studiums und während der Anfertigung dieser Dissertation maßgeblich unterstützt haben. Ihnen ist das Buch gewidmet. Dohr, im März 2007
Torsten Krämer
1 Einleitung
Bibendum igitur mihi erit de Lethaeo gurgite, iuxta fabulas poetarum, ne arguar scire quod didici. HIER. adv. Rufin. 1,30
1.1 Problemstellung, Methode, Gliederung, Theorie […] et in Africa usque adeo de his interrogatorem pateris neminem, ut nec te ipsum quis patiatur invenias eaque inopia episcopis exponenda ea mittere cogaris, quasi vero isti episcopi, etiam si adulescentes eodem, quo tu raperis, animi ardore vel potius errore quasi aliquid magnum haec discere curarunt, usque ad canos episcopales et usque ad cathedras ecclesiasticas ea sibi in memoria durare paterentur aut, si ipsi vellent, non illa etiam de invitorum cordibus curae maiores gravioresque secluderent aut, si aliqua ex eis in animis eorum nimia consuetudine remanerent, non etiam ipsa oblivione sepelire mallent recordata quam ineptia respondere quaesita [...] (AUG. epist. 118,2,9).1
Im Mittelpunkt der vorliegenden Dissertation stehen ausgewählte Werke, Briefe und Predigten Augustins. Sie sollen in einer kulturwissenschaftlich orientierten Analyse2 auf die Position untersucht werden, die der Kirchenvater im Umgang mit der heidnisch-antiken Kulturtradition des lateinischen Westens auf der einen und einer von christlichen Vorstellungen geprägten Lebens- und Gedankenwelt auf der anderen Seite eingenommen hat. In der
1 Die in dieser Arbeit verwendeten Abkürzungen folgen für die römischen Autoren dem Index des Thesaurus linguae Latinae (ThlL). 2 Kulturwissenschaftlich geprägte Textanalysen zeichnen sich dadurch aus, daß sie die zu behandelnden Werke aus ihrem historischen, materiellen und kulturellen Kontext heraus zu interpretieren versuchen und damit den äußeren Einflüssen, denen der Autor ausgesetzt ist, besondere Aufmerksamkeit widmen. Die Texte selbst gelten als kulturelle Dokumente, eine werkimmanente Betrachtungsweise wird abgelehnt. Vgl. dazu Lewis, S. 35f. Die Verwendung des Begriffes »Kultur« erfolgt in dieser Arbeit in Anlehnung an die Definition von Lewis, S. 13: »Culture is constructed by humans in order to communicate and create community. While society and community are assemblages of people, culture is an assemblage of imaginings and meanings. Culture begins with an imagining of the world about us; these imaginings are represented in some way. That is, they are formed in discourse, language, symbols, signs and texts – all concepts applied to meaning systems.«
10
Einleitung
Form eines kulturellen Gedächtnisses3 manifestierte die Bildungstradition des Westens sich in einem seit Jahrhunderten fest etablierten Literaturkanon, der nicht nur das Denken und Handeln, sondern auch die Sprache jedes Gebildeten bestimmte und ihm auf diese Weise kulturelle Identität verlieh. Im Christentum erwuchs dem traditionellen System ein konkurrierendes Modell der Weltdeutung, das sich nicht mehr an den Werken der klassischen Autoren als dem bis dahin allein gültigen Pool kulturellen Wissens, sondern an der Bibel orientierte und aus ihr für alle Lebensbereiche neue Antworten auf die Frage, was wahr oder falsch ist, bezog.4 Im Zuge dieser Neuausrichtung erfuhr auch die Bedeutung der traditionellen Literatursprache eine Herabsetzung. Gerade im 4. Jahrhundert stellten ihr asketische Mönchskreise die einfache Fischersprache der Heiligen Schrift, den sermo piscatorius,5 gegenüber.6 Die antike Rhetorik mit ihrer Hochschätzung ästhetischer Werte galt als sittliche Gefahr, die den Gläubigen von seiner Besinnung auf Gott abzubringen drohte.7 Radikale Vertreter gingen sogar so weit, jeder intellektuellen Betätigung eine Absage zu erteilen.8 In der Frage nach dem Umgang mit dem überkommenen Bildungsgut und seiner Sprache mußte auch Augustin sich um Lösungen bemühen, die zusammengenommen ein Bild seiner kulturellen Identität ergeben. In dieser Arbeit den Standpunkt des Kirchenvaters zwischen »Wahrheit und Lüge« zu bestimmen, heißt also, die Koordinaten dieser Identität zu definieren, die naturgemäß von traditionellen Vorstellungen beeinflußt war, zugleich aber auch kirchlichen und asketischen Ansprüchen gerecht werden mußte. Der erläuternde Untertitel »Literarische Tätigkeit als Selbstfindung und Selbsterfindung« weist darauf hin, daß Augustin darum bemüht war, die sich ihm und seinen Zeitgenossen stellende Problematik durch seine Arbeit als Kirchenschriftsteller zu bewältigen. Er war bestrebt, eine für seine Person gültige Position zu entwickeln, die von bereits existierenden Mustern ab3 Vgl. Assmann, Religion, S. 41. Vgl. außerdem unten, S. 17 m. Anm. 34, S. 18f. m. Anm. 39 u. S. 52 m. Anm. 43. 4 Irvine, S. 169: »[...] all claimed to have the right texts for their authority as well as the correct codes and interpretive discourse needed to disclose the meaning of those texts.« Zu dem christlichen und weltlichen Kanon als den beiden sich in der Spätantike gegenüberstehenden Textkorpora vgl. Fuhrmann, Bildung, S. 9–13. 5 Zum sermo piscatorius vgl. unten, S. 57 m. Anm. 76. 6 Zusammenfassend Eigler, lectiones vetustatis, S. 148: »Die neue Kultur beruht auf einem anderen Text, hat eine neue Sprache und eine andere Vergangenheit.« Dihle, S. 423 bringt die sich stellende Problematik folgendermaßen auf den Punkt: »War der Christenglaube überhaupt mit der alten Bildung zu vereinen, und sollte der Christ nicht die ungebildeten Fischer, die Jesu erste Jünger wurden, in seiner Ausdrucksweise eher zu Vorbildern nehmen als Rhetoren und Philosophen?« 7 Vgl. Eggersdorfer, S. 109, Balogh, S. 352 u. Gärtner, S. 130. 8 Vgl. dazu unten, S. 56f.
Problemstellung, Methode, Gliederung, Theorie
11
weichen konnte und im Rahmen einer kulturellen Selbstinszenierung gleichsam erst neu »erfunden« werden mußte. »Literarische Tätigkeit als Selbstfindung und Selbsterfindung« bedeutet demnach nichts anderes als die Konstruktion eines Intellektuellen- und Autorenkonzepts durch den Verfasser als Form der Bewältigung einer tiefgreifenden kulturellen Umbruchsituation.9 Das zu Beginn dieser Arbeit angeführte Zitat aus dem Brief an den Griechen Dioscorus läßt das Verlangen des Autors, sich von dem klassischen Bildungsstoff zu distanzieren, klar erkennen. Anläßlich der Bitte seines Briefpartners, ihm Fragen zu Ciceros Dialogen zu beantworten, zeichnet Augustin das Bild von Bischöfen, die zwar als adulescentes begierig das Wissen der Schule aufgesogen haben, sich als Kirchenmänner aber von ihrer kulturellen Erinnerung (memoria) lossagen wollen. In derselben Weise jedoch, wie es in dem Hieronymuszitat vom Beginn der Arbeit zum Ausdruck kommt,10 beweist auch die Stelle in Augustins Brief, daß ein vollständiges Vergessen aufgrund der nimia consuetudo nicht möglich ist. Diese Feststellung trifft keineswegs nur auf die Inhalte der traditionellen Bildung zu, sondern besitzt auch für deren Sprache Gültigkeit. Denn mag Augustin auch die Bedeutung des traditionellen Sprachgebrauchs herabsetzen, wenn er in de doctrina christiana davon spricht, sich an der Diktion der Bibel orientieren und die consuetudo veterum der Verständlichkeit seiner Aussagen unterordnen zu wollen;11 in der Praxis zeigt sich seine Redeweise noch immer von den Vorgaben des antiken Grammatik- und Rhetorikunterrichts geprägt. Die Positionierung gegenüber der überkommenen Bildungswelt erweist sich damit als dauerndes Ringen,12 bei dem Normen aufgestellt werden, deren dauerhafte Einhaltung sich als unmöglich erweist.
9 Dostálóva, S. 2 bezeichnet das 4. Jahrhundert als ein »Jahrhundert des Suchens einer neuen Identität, ein Jahrhundert der Bemühungen um eine neue, zeitgemäße Definition der griechischen Kultur und deren Stellung in der zeitgenössischen Welt.« Allen, S. 368 charakterisiert denselben Zeitraum als »pivotal in determining Christian attitudes to pagan literary traditions.« 10 Vgl. das Zitat oben, S. 9. 11 Vgl. z.B. doctr. christ. 2,13,19 u. unten, S. 155f. Zum Zusammenhang von auctoritas und consuetudo erklärt Lausberg, § 107,1: »Die auctoritas (L¼KB6, L¼KH>0) ist der als Norm geltende Sprachgebrauch anerkannter Autoren (Klassiker), also eine historisch auf die literarische Tradition orientierte Festlegung der consuetudo.« 12 Nur selten wird dieses Ringen in der modernen Forschung betont. Kaster, Islands, S. 161 jedoch nennt Augustin in einem Atemzug mit Hieronymus und führt mit Blick auf das Verhältnis der Christen des 4. Jahrhunderts zur traditionellen Bildung aus: »[...] and a few – most notably, in the West, Jerome and Augustine – were unable to reach any comfortable accommodation at all, and were haunted all their lives by the division between what they had been and what they had become.« Vgl. dazu auch die Position von Harrison unten, S. 19.
12
Einleitung
Augustins Werke belegen, daß der Autor das Aufeinandertreffen von heidnischer und christlicher Kultur in der Tat als Herausforderung an seine kulturelle Selbstorientierung verstand und sich zu einer Rechtfertigung seiner Position gezwungen sah. In den 426 verfaßten retractationes blickt der Kirchenvater auf seine bisherige literarische Produktion zurück, um dabei auf nicht weniger als 93 Werke einzugehen. Im Prolog erklärt er, daß derjenige, der seine Schriften in der Reihenfolge ihres Entstehens lese, möglicherweise die Fortschritte des Verfassers auf der Inhaltsebene wahrnehmen und sein Bemühen, sich auch sprachlich von der heidnischen Bildungswelt zu distanzieren, erkennen könne.13 In derselben Schrift tadelt er sich dafür, in contra Academicos Platon, den Platonikern und den akademischen Philosophen zu großes Lob gezollt zu haben, obgleich die christliche Lehre doch gegen ihre Irrtümer verteidigt werden müsse.14 Augustin, der in Brief 143 sagt, daß er versuche, beim Fortschreiten zu schreiben und beim Schreiben Fortschritte zu machen,15 beweist damit nicht nur seine Fähigkeit, sich selbstreflexiv mit seiner literarischen Tätigkeit auseinanderzusetzen; er fordert seine Leser auch dazu auf, die These, er habe sich von der traditionellen Kultur entfernt, kritisch zu überprüfen. Im zweiten Kapitel der Arbeit geht es daher darum, die Faktoren, die von außen auf Augustins kulturelle Orientierung einwirkten, näher zu beleuchten.16 Das traditionelle literarische System soll mit Blick sowohl auf seine Inhalte als auch auf seine gesellschaftsprägende Wirkung vorgestellt werden. Es wird zu verdeutlichen sein, welche Macht die jahrhundertealte Tradition auf all diejenigen ausübte, die in den Grammatik- und Rhetorikschulen mit ihr in Berührung kamen, und wie sie als Kommunikationsgrundlage der Oberschicht diente, deren soziale Stellung zu einem Großteil auf der traditionellen Bildung basierte. 13 retract. prol. 3: Nec illa sane praetereo quae cathecuminus iam, licet relicta spe quam terrenam gerebam, sed adhuc saecularium litterarum inflatus consuetudine scripsi, quia et ipsa exierunt in notitiam describentium atque legentium, et leguntur utiliter, si nonnullis ignoscatur; vel si non ignoscatur, non tamen inhaereatur erratis. Quapropter quicumque ista lecturi sunt, non me imitentur errantem, sed in melius proficientem. Inveniet enim fortasse quomodo scribendo profecerim, quisquis opuscula mea ordine quo scripta sunt legerit. Quod ut possit, hoc opere quantum potero curabo, ut eundem ordinem noverit. 14 Vgl. retract. 1,1,4. 15 epist. 143,2: Ego proinde fateor me ex eorum numero esse conari, qui proficiendo scribunt et scribendo proficiunt. Vgl. zu dieser Stelle Rist, S. 9. 16 Die vorliegende Arbeit stützt sich auf eine Überzeugung, wie sie z.B. von Mead, S. 241f., Krappmann, S. 9 u. Erikson, S. 15 u. S. 18 vertreten wird, die allesamt von einem dialektischen Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft ausgehen: Bei Krappmann heißt es an der angegebenen Stelle: »Identität ist nicht mit einem starren Selbstbild, das das Individuum für sich entworfen hat, zu verwechseln; vielmehr stellt sie eine immer wieder neue Verknüpfung früherer und anderer Interaktionsbeteiligungen des Individuums mit den Erwartungen und Bedürfnissen, die in der aktuellen Situation auftreten, dar.«
Problemstellung, Methode, Gliederung, Theorie
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Im zweiten Abschnitt des zweiten Kapitels soll die zur Zeit Augustins in christlichen Kreisen verbreitete Bildungsfeindlichkeit behandelt werden. Am Ende des 4. Jahrhunderts entbrannte die Auseinandersetzung zwischen heidnischer und christlicher Kultur noch einmal in voller Wucht,17 was innerhalb der Kirche zu unterschiedlichen Haltungen gegenüber der heidnischen Kultur und ihrem Bildungssystem führte. Seit der Mitte des 4. Jahrhunderts waren auch im Westen des Römischen Reiches Askesebewegungen aufgekommen, die sich durch eine relativ starke Bildungsfeindlichkeit auszeichneten18 und den Kirchenvater zur Bestimmung seiner eigenen Position zwangen.19 Wie weit der Rigorismus konservativer Kreise zur Zeit Augustins gehen konnte und unter welchem Druck der Bischof von Hippo bei seiner literarischen Tätigkeit stand, vermag ein Blick auf das Konzil von Karthago im Jahre 398 zu verdeutlichen: Die Mehrheit der Konzilsteilnehmer sprach sich hier für den Beschluß aus, Bischöfen die Lektüre heidnischer Bücher (libros gentilium) nur in Ausnahmefällen zu gestatten.20 Im Mittelpunkt des dritten Abschnitts steht der soziokulturell äußerst heterogene Adressatenkreis Augustins sowie die Folgen, die sich daraus für den kulturellen Standpunkt des Kirchenvaters ergaben. Nicht nur mit den Vertretern der überkommenen Bildung und mit Bildungsgegnern hatte Augustin als Priester und Bischof zu kommunizieren; vor allem in den Predigten mußte er sich auch an wenig oder gar nicht gebildete Zuhörer wenden, die es gleichzeitig mit den übrigen Gottesdienstbesuchern zu erreichen galt. Augustin hat sich vor allem in der Schrift de catechizandis rudibus aus der Zeit kurz nach 40421 damit auseinandergesetzt, daß jeder Prediger und Schriftsteller sich auf sein Publikum einzustellen habe. Deshalb wird auch auf dieses Werk im dritten Abschnitt des zweiten Kapitels einzugehen sein. Im dritten Teil der Arbeit sollen die zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten verfaßten und für kultur- und bildungstheoretische Fragen besonders aufschlußreichen Schriften de ordine (386), de doctrina christiana (396/397
17 Markus, S. 5: »From about 380 western churchmen and pagan aristocrats were facing each other from increasingly embattled positions. The unchecked assimilation of classical culture by Christians was now halted, even reversed, for forty years or more.« 18 Vgl. Pollmann, Untersuchungen, S. 76. 19 Freund, S. 19 spricht von der paganen »Lebenswelt und Kultur, von der sich die Christen einerseits absetzen und in der sie andererseits ihre geistigen Wurzeln haben und ihre eigene Position finden müssen.« 20 Vgl. Murphy, S. 402 u. Swearingen, S. 179f. Kaster, Guardians, S. 73 m. Anm. 73 verweist auf ein Verbot für Bischöfe, Klassiker zu lesen, das aus dem 5. Jahrhundert datiert und sich STAT. eccl. ant. p. 167,12 findet. Vgl. auch Eigler, lectiones vetustatis, S. 140 m. Anm. 208 u. Müller, S. 426 m. Anm. 1. 21 Die Datierung ist unsicher. Vgl. dazu Wermelinger, S. 101f.
14
Einleitung
u. 426/427) und confessiones (397-401)22 analysiert und die gewonnenen Ergebnisse im vierten Kapitel anhand der Briefe überprüft werden, ehe im fünften ein Ausblick auf die Predigten erfolgt. Auf diese Weise läßt sich die theoretische Position Augustins mit seinem praktischen Handeln vergleichen und der kulturelle Standpunkt des Kirchenvaters bestimmen. Weil der Blick sich auf Äußerungen Augustins richtet, die aus verschiedenen Lebensphasen datieren, bietet sich die Möglichkeit, den zu behandelnden Gegenstand als kontinuierliches Lebensproblem darzustellen und so zu einem repräsentativen Ergebnis für den ganzen Augustin zu gelangen. Der Frühdialog de ordine bietet sich für die beabsichtigte Studie deswegen an, weil Augustin sich in ihm noch ganz der antiken Bildungstradition verpflichtet weiß und als intellektuell selbständiger Denker und anspruchsvoller Literat am philosophischen Diskurs einer gelehrten Elite partizipiert, zugleich aber auch christliche Vorstellungen zu integrieren versucht. Anhand von de ordine läßt sich nicht nur Augustins Bildungskonzept der Frühzeit herausarbeiten; vielmehr ist auch ein Eindruck von der kulturellen Selbstwahrnehmung und Selbstinszenierung des Kirchenvaters zu gewinnen, mit dem die Aussagen anderer Schriften, Briefe und Predigten verglichen werden können. Theorie und Praxis der schriftstellerischen Tätigkeit Augustins lassen sich am Beispiel des Dialogs gleichermaßen studieren. In der Schrift de doctrina christiana, die bereits 396 begonnen, mit Teilen des dritten und dem ganzen vierten Buch aber erst 426/427 zum Abschluß gebracht worden ist,23 stellt Augustin sich dem Problem, daß die christliche Kirche bisher noch kein eigenes Erziehungssystem eingerichtet hatte, um mit der römisch-hellenistischen Bildungstradition konkurrieren zu können. Der Autor entwickelt deshalb eine christliche Bildungslehre, die zwar nicht vollständig auf die traditionell-antiken Vorstellungen verzichtet, sie aber kompromißlos der christlichen Wahrheit unterordnet. Augustins Werk, das Vössing als »manuel de communication«24 bezeichnet, ist im Rahmen dieser Arbeit deshalb heranzuziehen, weil es eine »theoretische 22 Zur Auswahl gerade dieser Schriften ist auf Daniel Doyle, S. 91, Anm. 1 zu verweisen: »The classic loci [für Augustins Bildungskonzept, Anm. d. Verf.] include his early works, the Dialogues of Cassiciacum (including Contra academicos, De beata vita, De ordine), the Confessions, and Teaching Christianity.« 23 Vgl. Kannengießer, S. 5. Das erste, zweite und dritte Buch (bis Kapitel 25,35) sind 396/397 fertiggestellt worden. In den retractationes heißt es an der Stelle 2,4,1: Libros de doctrina christiana, cum inperfectos conperissem, perficere malui quam eis sic relictis ad alia retractanda transire. Conplevi ergo tertium, qui scriptus fuerat usque ad eum locum, ubi commemoratum est ex evangelio testimonium de muliere quae abscondit fermentum in tribus mensuris farinae, donec totum fermentaretur. Addidi etiam novissimum librum, et quattuor libris opus illud implevi, quorum primi tres adiuvant ut scripturae intellegantur, quartus autem quomodo quae intellegimus proferenda sint. 24 Vössing, l’école antique, S. 162.
Problemstellung, Methode, Gliederung, Theorie
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Systematisierung und Reflexion seines praktischen Vorgehens und seiner Intentionen als Schriftsteller«25 verkörpert. Zumal im vierten Buch von de doctrina christiana lassen sich Widersprüche feststellen, die auf die schwierige Position des Kirchenvaters zwischen der traditionellen und der christlichen Kultur zurückzuführen sind. Dies soll in der vorliegenden Arbeit anders, als es in der bisherigen Forschung der Fall ist, hervorgehoben werden und keinesfalls zugunsten einer einheitlichen Rhetorikkonzeption Augustins unberücksichtigt bleiben. Zwar lassen sich schon in de ordine und in de doctrina christiana Momente der Distanz gegenüber der traditionellen E6>9:¾6 feststellen. Einen Höhepunkt erreicht der Versuch, eine scharfe Grenze gegenüber den klassischen Bildungsinhalten aufzubauen, aber erst in den confessiones der Jahre 397 bis 401. In den ersten neun Büchern läßt Augustin sein Leben bis zur Taufe im Jahre 387 Revue passieren, um dabei wiederholt kritisch zu seinem noch ganz der heidnischen Tradition verhafteten Bildungsweg und zu seiner Tätigkeit als Grammatik- und Rhetoriklehrer Stellung zu beziehen. Die confessiones sind als »Schuldbekenntnis« auch in der Frage nach dem Umgang mit den antiken Bildungsgütern zu verstehen. Sie geben dem Leser jedoch keine abschließende Lösung des Problems an die Hand, sondern zeigen sich allein um eine Selbstorientierung des Verfassers bemüht:26 Sich erinnernd schreibt er, um sich auf dem Wege der Erinnerung über seine Identität trotz der auseinanderstrebenden Kräfte seines Selbst Klarheit zu verschaffen.
Auch die confessiones belegen, daß Augustin sich einerseits von der traditionellen Bildung abwendet, sich andererseits aber nicht vollständig von ihr zu lösen vermag. Während der Kirchenvater für sich selbst einen vertretbaren Weg für den Umgang mit der heidnischen Literatur findet, lehnt er ihre Rezeption, die er für gefährlich hält, grundsätzlich ab, ein Vorgehen, das in der Forschung vielfach falsch interpretiert und als radikale Zurückweisung der überkommenen literarischen Bildung aufgefaßt worden ist. Das in der Forschung relativ selten behandelte27 Briefkorpus soll im vierten Kapitel der Arbeit in der Weise ausgewertet werden, daß Augustins 25 Pollmann, Doctrina christiana, Sp. 570. 26 Mayer, Identität, S. 311. Zu beachten ist, daß Mayers Feststellung sich auf die Hauptfigur »Anselm-Kristlein« in Martin Walsers Roman »Halbzeit« bezieht, aber auch für den Autor der confessiones Gültigkeit besitzt. Vgl. dazu auch Humphries, S. 131–136. 27 Vgl. Drobner, Studying Augustine, S. 23. Schon für Marrous umfassende Studie »Saint Augustin et la fin de la culture antique« des Jahres 1938 läßt sich feststellen, daß die Briefe nur wenig Berücksichtigung gefunden haben. Noch Parsons, Letters Vol. 1, S. XI beginnt die Einleitung zu ihrer Übersetzung der epistulae mit den Worten »The Letters of St. Augustine are not as well known as they deserve to be.« Rebillard, S. 127 betont zu Beginn seines Aufsatzes: »La correspondance d’Augustin n’a fait l’objet d’aucune investigation systématique dans les études récentes consacrées à la place de l’évêque dans le jeu des relations sociales à l’intérieur de la
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Einleitung
Korrespondenz mit solchen Adressaten analysiert wird, die ganz unterschiedlichen soziokulturellen Milieus entstammen. Nur so kann herausgearbeitet werden, wie der Kirchenvater auf die jeweils veränderte Kommunikationssituation reagierte. In einem ersten Abschnitt geht es darum zu bestimmen, welchem kulturellen Milieu Augustins Briefpartner zuzuordnen sind (4.1). Dabei gilt es gleichzeitig zu klären, wie die Briefpartner Augustins Bildung einschätzen, so daß gleichsam nach dem Ergebnis der kulturellen Selbstinszenierung des Kirchenvaters bei seinen Adressaten gefragt wird. In einem zweiten Abschnitt werden zunächst Augustins explizite Aussagen zur Bildung behandelt (4.2.1), ehe in einem zweiten und dritten Unterabschnitt der Umgang Augustins mit der heidnischen und christlichen Bildung und der Stil der Briefe überprüft werden sollen (4.2.2 u. 4.2.3). Besonders zu berücksichtigen ist, daß der Kirchenvater sich als Briefschreiber immer wieder von neuem auf seine Adressaten einstellen mußte. Zwar findet diese Einsicht in der Forschung durchaus Beachtung, ja Augustin wird in diesem Punkt sogar einiges Talent zuerkannt;28 keine Arbeit jedoch ist explizit der accomodatio,29 bei der Augustin sowohl inhaltlich als auch sprachlich die Belange seiner Briefpartner berücksichtigt, gewidmet, obgleich erst eine Untersuchung der Frage, wie der Autor die Form seiner Gedanken und seines Stils auf den jeweiligen Empfänger abstimmt, eine differenzierte Beurteilung seiner Haltung gegenüber dem antiken Bildungsgut und seiner Sprache und damit seiner kulturellen Identität erlaubt.30 Es wird zu sehen sein, daß die epistulae von der jeweiligen Kommunikationssituation bestimmt sind und ihr Verfasser sich je nach Kontext mehr in der heidnischen oder christlichen Bildungswelt bewegt. Von den etwa 700 erhaltenen sermones ad populum werden bis heute 559 als echt anerkannt.31 Im fünften Teil dieser Arbeit wird in einem kurzen Ausblick zu zeigen sein, inwieweit die heidnische Tradition inhaltlich und sprachlich Eingang in die Predigten gefunden hat. Insbesondere der Tatsache, daß Augustin gleichzeitig mit unterschiedlichen Adressatengruppen zu kommunizieren hatte, soll anhand ausgewählter Predigten Aufmerksamkeit geschenkt werden. Es stellt sich die Frage, ob es dem Kirchenvater gelunsociété romaine tardo-antique.« Literatur zum Briefkorpus Augustins liefern Pellegrino, Introduzione, S. CV–CVII, Divjak, Epistolae ex duobus codicibus nuper in lucem prolatae, S. LXXIV– LXXVII, ders., Epistulae, Sp. 1047–1057 u. Morgenstern, Briefpartner, S. 311–315. 28 Vgl. z.B. Zelzer, Briefliteratur, S. 346. 29 Zum Begriff der accomodatio vgl. Garzya, S. 127. 30 Ansätze finden sich bei Mohrmann, Schriftsteller, S. 119–121. 31 Für die Anzahl der Predigten vgl. Mühlenberg, Augustins Predigen, S. 9 u. Drobner, Predigten zum Buch Genesis, S. 9. Zwar sind auch die Predigten von der Klassischen Philologie lange Zeit unberücksichtigt geblieben (christiana non leguntur), heute aber genießen sie zumal aufgrund der neu entdeckten sermones wieder größere Aufmerksamkeit. Zu den neuen Predigten vgl. Klein, Die neuen Augustinus-Predigten, Chadwick, New sermons u. Madec, Augustin prédicateur.
Problemstellung, Methode, Gliederung, Theorie
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gen ist, auch die gebildeten Gottesdienstteilnehmer in ein neues christliches Kultursystem zu integrieren, das nach Möglichkeit den Bedürfnissen aller Zuhörer gerecht werden sollte. Auf die von der bisherigen Forschung zu wenig beachtete Unterscheidung zwischen prinzipiellen Aussagen zur Bildung und der praktischen Tätigkeit als Schriftsteller und Prediger lassen sich die Theoreme des britischen Soziologen Antony Giddens anwenden. Giddens bietet deswegen ein geeignetes Instrumentarium, um Augustins kulturellen Standpunkt zu bestimmen, weil er eine Ebene des praktischen Handelns von einer diskursiven Ebene unterscheidet.32 Während auf letzterer zumindest kompetente Akteure ihr Handeln reflektieren und problematisieren, geht es auf ersterer um das, »was charakteristischerweise schlicht getan wird.«33 Werden Augustins theoretische Erörterungen über die Auseinandersetzung zwischen heidnischer und dezidiert christlicher Kultur als diskursive Ebene aufgefaßt, dann läßt sich seine übrige sprechende und schreibende Tätigkeit, die das Problem nicht explizit behandelt, im Sinne praktischen Handelns verstehen, das von der Tradition konditioniert wird und vom Akteur weitgehend unkommentiert sich vollzieht.34 Augustins kulturelle Identität als Thema aufzugreifen bedarf angesichts der großen Zahl bereits erschienener Forschungsbeiträge einer besonderen Rechtfertigung. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die moderne Augustinforschung die theoretische Position des Kirchenvaters gegenüber der antiken Kultur und Bildung äußerst unterschiedlich beurteilt.35 Allgemein anerkannt wird lediglich, daß der Bischof von Hippo sich im Laufe seiner geistigen Entwicklung von der Überzeugung losgemacht hat, mit Hilfe der freien Wissenschaften (artes liberales) bereits in diesem Leben zu einer 32 Vgl. Giddens, S. 55f. 33 So Krön, S. 19, der sich auf Giddens, S. 57 bezieht. 34 Krön, S. 19 verweist auf die Berührungspunkte von Giddens »Überlegungen zu den Grundgegebenheiten sozialen Handelns und Pierre Bourdieus Konzept des Habitus«, unter dem die Besonderheiten eines persönlichen Verhaltensstils zu verstehen sind, die nach Bourdieu eben nicht persönlich bzw. frei gewählt, sondern gesellschaftlich bedingt sind. Zum Habitus-Begriff vgl. Treibel, S. 212f. Assmann, Das kulturelle Gedächtnis, S. 34 bemüht sich deswegen um einen Ersatz für den Begriff »Tradition«, weil dieser zu wenig deutlich werden lasse, daß kollektive Erinnerung auf Rekonstruktion beruhe. Der Traditionsbegriff, der Assmann zufolge »eine Kontinuität suggeriert, wo nur künstliche Rückgriffe nachweisbar sind« (Fauser, S. 127), wird deshalb durch den Terminus »kulturelles Gedächtnis« ersetzt. 35 Vgl. dazu den Forschungsüberblick unten, S. 23–35. Mohrmann, Kontinuität, S. 245 z.B. geht von einem positiven Verhältnis Augustins zum traditionellen literarischen System aus: »Seine [d.h. Augustins, Anm. d. Verf.] Antwort [auf die Frage nach dem Umgang mit der traditionellen Kultur, Anm. d. Verf.] beweist, daß auch er die literarische Tradition als solche ohne weiteres als normal akzeptiert.« Demgegenüber konstatiert zusammenfassend Swearingen, S. 181 m. Anm. 13: »[…] some scholars have depicted Augustine as a conservative opponent of any and all secular rhetorical and literary education.«
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Einleitung
Vereinigung mit Gott gelangen zu können.36 Die Frage jedoch, wie diese Einsicht sich auf den praktischen Umgang mit dem Bildungserbe der Antike ausgewirkt hat bzw. welche Bedeutung die auch im 4. und 5. Jahrhundert noch dominierende heidnisch-antike Kultur für einen christlichen Bischof hatte, dessen Rolle erst noch zu entwickeln war,37 ist bis heute umstritten38 und in der Weise, wie diese Studie es zu tun beabsichtigt, nur in Ansätzen untersucht: Sowohl der Unterscheidung zwischen einer prinzipiellen und einer praktischen Ebene im Umgang mit der traditionellen Bildungskultur als auch der Tatsache, daß Augustin sich an ganz verschiedene Adressatenkreise wandte, ist bisher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden. Die Mehrzahl der Forscher bestimmt Augustins Haltung gegenüber den antiken Wissenschaften, berücksichtigt aber – ganz gleichgültig, ob die Einstellung des Kirchenvaters als positiv oder als vollständiger Bruch eingeschätzt wird – zu wenig, daß Augustin sich nicht einfach aus der Welt zurückziehen konnte, eine Welt, die er nur dann zu erreichen vermochte, wenn er sie in ihrer Vielfalt akzeptierte und in der ihr eigenen Art und Weise anzusprechen wagte. Daraus resultierten synchrone und diachrone Verschiebungen seines kulturellen Standpunktes, die eine einheitliche Haltung gegenüber dem traditionellen Bildungsgut verhinderten und zu manchen Widersprüchen führten. Die vorliegende Arbeit unterscheidet sich eben dadurch von früheren Untersuchungen, daß sie Augustins Tätigkeit als Prediger und Schriftsteller nicht als Bemühen um eine allein der christlichen Seite gerecht werdende Position versteht. Jedes Individuum nämlich lebt in »vielfältiger kultureller
36 Vgl. unten, S. 110. 37 Cameron, S. 185: »This was a period when a variety of Christian roles, including that of bishop, were evolving [...]« 38 doctr. christ. 2,39,58 werden die artes liberales nur noch als Hilfsmittel zur Auslegung der Heiligen Schrift und zur Darstellung der christlichen Wahrheit betrachtet. Vgl. dazu Fuchs, S. 116–119 u. Schäublin, De doctrina christiana, S. 53f. Diese Entwicklung kann insofern als Geringschätzung von Wissen und Kultur aufgefaßt werden, als beide nun nicht mehr als Voraussetzung zur Erlangung des ewigen Heils angesehen wurden (vgl. Hadot, Erziehung, S. 129f.). Ist sie aber auch als Verwirklichung des asketischen Ideals der fuga saeculi zu verstehen, die sich im Sinne einer fortwährenden peregrinatio aus dieser Welt in das Reich Gottes am Vorbild von Wüstenmönchen orientierte, auf die Augustin bereits 386 in Mailand aufmerksam wurde, wie Brown, Macht und Rhetorik, S. 95f. und Dassmann, Fuga saeculi, S. 946 vermuten? Ist das berühmte Zitat aus den retractationes 1,3,2 (Verum et in his libris displicet mihi [...] quod multum tribui liberalibus disciplinis, quas multi sancti multum nesciunt, quidam etiam qui sciunt eas sancti non sunt;), das sich auf die Hochschätzung der artes liberales in de ordine bezieht und zweifellos die ägyptischen Wüstenmönche im Blick hat (so Festugière, S. 151), gar als Beweis dafür anzusehen, daß am Ausgang der Antike die bildungsfeindliche Komponente innerhalb der Kirche die Oberhand gewann? Diese Meinung vertreten Klein, Basilius’ Schrift, S. 165f. m. Anm. 14 und Uthemann, S. 173, Anm. 48, die beide auf die genannte Stelle der retractationes rekurrieren.
Problemstellung, Methode, Gliederung, Theorie
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Zugehörigkeit«39 und hat »an einer Vielzahl kollektiver Selbstbilder und Gedächtnisse teil.«40 Entsprechend partizipierte auch Augustin zugleich an der heidnischen und christlichen Kultur,41 ja für den Kirchenvater ist ein Standpunkt zwischen den beiden Bildungswelten zu konstatieren. Auch Carol Harrison verweist auf Augustins Gratwanderung zwischen heidnischer Antike und christlicher Kultur und betont, daß diese Gratwanderung auch heute noch eine entscheidende Frage der modernen Augustinforschung verkörpere:42 The question really was, and is, just how far he achieved, or failed to achieve, the difficult, almost amphibious movement, between them. How far was classical culture left behind? How much of it was taken up, adopted, transformed? How was this done? Can we speak of an emergent, distinctively Christian culture? What sort of culture was this?
Harrisons Ansatz, der in dieser Arbeit weiter verfolgt werden soll, unterscheidet sich dadurch von bisherigen Forschungsarbeiten, daß er Augustins Position nicht als unveränderliches Konzept versteht. Das eindeutig fixierte »Modell Augustin«, wie es in der modernen Forschung immer wieder dargestellt wird, hat nie existiert; vielmehr zeichnet Augustin sich in seinen Schriften eben nicht durch Eindeutigkeit aus, die eine Rezeption kirchlicher Observanz in ihn projizierte. Augustins uneinheitlich-flexible Haltung gegenüber der antiken Bildung, die darauf zurückzuführen ist, daß der Kirchenvater Teil einer vielschichtigen und dynamischen Zeit – eben der Spätantike ist – ist bisher zu wenig berücksichtigt worden. Gerade das Unbehagen darüber, daß die Forschung das ständige Bemühen des Bischofs von Hippo, seine Rolle als christlicher Intellektueller und Autor zu definieren, kaum thematisiert, ist als Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit zu betrachten. Die Studien von Averil Cameron, Sabine MacCormack und Stefan Freund nehmen ausschließlich die Textwelt der Gebildeten in den Blick.43 Im Gegensatz dazu beabsichtigt die vorliegende Arbeit, Augustins Position 39 Gardt/Haß-Zumkehr/Roelcke, S. 8. Vgl. auch Lewis, S. 15. 40 Assmann, Kollektives Gedächtnis, S. 11. 41 Harrison, S. 214: »Of course, Augustine, like all the Church Fathers, belonged to both cultures.« Zur christlichen Kultur als Teil der Antike vgl. den Aufsatz Fontaines, der den Titel »Christentum ist auch Antike« trägt. Vgl. außerdem Cameron, S. 121f., Eigler, La missione di trasmissione, S. 186, ders., lectiones vetustatis, S. 47, Harrison, S. 216, Chin, S. 181f. u. Tornau, S. 318. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Kritik Studers, Rez., S. 223 an der Vorgehensweise von Prestel, Rezeption: »Man vergißt dabei, daß die Christen im Römerreich, und das gilt hauptsächlich vom vierten und fünften Jahrhundert, selbst antike Menschen waren und sein wollten.« 42 Harrison, S. 214. 43 Vgl. Cameron, S. 5, MacCormack u. Freund. Zur Kritik an der Konzentration Camerons allein auf für ein gebildetes Publikum verfaßte Texte vgl. O’Donnell, Rez.
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zwischen dem vor allem literarisch überlieferten Kulturwissen der Heiden einerseits und dem der Christen andererseits zu beschreiben und dabei mit den sermones auch eine Gattung zu berücksichtigen, die sich zugleich an gebildete und ungebildete Hörer wandte. Das Verhältnis Augustins zum traditionellen literarischen System soll anhand des Umgangs mit den heidnischen Wissensinhalten und der überkommenen Literatursprache bestimmt werden. Während im ersten Fall direkte oder indirekte Bezugnahmen auf den heidnischen Bildungskanon wie z.B. Zitate, Bilder oder Vergleiche von Belang sind, muß für die Beurteilung der Sprache Augustins zunächst eine theoretische Grundlage geschaffen werden. Dazu soll im zweiten Abschnitt der Einleitung geklärt werden, was unter den Begriffen »Sprache« und »Stil« zu verstehen ist und wie beide untersucht werden können. Zu Beginn der Arbeit erfolgt im dritten Abschnitt ein Überblick über die für diese Dissertation relevante Augustinforschung, der zwei Aufgaben zu erfüllen hat: Zum einen soll er die wesentlichen Schwerpunkte, Methoden und Positionen der modernen Forschung vorstellen, zum anderen aber auch eine Einordnung der vorliegenden Arbeit in die Tradition bisheriger Untersuchungen ermöglichen.
»Sprache« und »Stil« – Das Analyseverfahren
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1.2 Die Begriffe »Sprache« und »Stil« – Das Analyseverfahren Unter Stil soll in dieser Arbeit die Art und Weise verstanden werden, in der den mitgeteilten Inhalten »sprachliche Form«44 gegeben wird. Diese Formgebung hängt von der Wirkung ab, die der Autor mit seinen Äußerungen zu erzielen beabsichtigt, und basiert darauf, sich eines Repertoires sprachlicher Elemente zu bedienen.45 Vorausgesetzt werden soll, daß Augustin ein und denselben Sachverhalt in einer nicht-stilistischen Variante einerseits, die auch als Normalsprache bezeichnet werden kann,46 und in einer stilistischen Alternative andererseits, die einer ästhetisierten Kunstsprache entspricht, vorzubringen vermag. Der Stil verändert keineswegs den Inhalt einer Aussage. Vielmehr wird mit der Abweichung von der neutralen, farblosen Form nur eine Hervorhebung der Inhalte angestrebt, die freilich Rückschlüsse auf das Selbstverständnis des Autors erlaubt: zumal in einer so stark von der Rhetorik geprägten Gesellschaft wie derjenigen Augustins war es notwendig, sich durch den Gebrauch einer Kunstprosa47 als Mitglied der traditionellen Elite zu erweisen und Anerkennung zu finden. Der Stil als Form des Umgangs mit Sprache erfährt vor diesem Hintergrund eine besondere Semantisierung: er zeigt an, ob der Autor sich als Mitglied der gebildeten Oberschicht versteht oder bewußt gegen deren Sprachnormen, die das einende Band der Elite darstellen, opponiert. Eine Selbststilisierung kann eben nicht nur darin bestehen, besonders anspruchsvolles Latein zu sprechen. Der Dichter Commodian ist bereits um die Mitte des 3. Jahrhunderts so weit gegangen, ganz bewußt lexikalische und syntaktische Fehler in seine Sprache einfließen zu lassen, um sich auf diese Weise von der klassischen Literatur zu distanzieren.48 Folglich ist festzuhalten:49 Auch das Bestreben, stilistische Mätzchen und Schnörkel zu vermeiden, ist stilistischer Natur. Um einer unliebsamen Konvention zu entgehen, verfällt man einer neuen Manier. Dem Stil kann sich kein Sprechender, kein Schreibender entziehen.
Hinzuweisen bleibt darauf, daß dem Bischof von Hippo, der sich sehr wohl bewußt war, daß schon sein Stil eine bestimmte Botschaft transportierte, sehr enge Grenzen gesetzt waren, sich von der traditionellen Literaturspra44 Vgl. Pinkster, S. 69. 45 Vgl. ebd., 70. 46 Vgl. Thieberger, S. 33. 47 Die Kunstprosa ist als die vornehmste Höhenlage der Prosa zu verstehen und wird in der Antike mit dem Ausdruck sermo rhetoricus bezeichnet (vgl. Curtius, Europäische Literatur, S. 159). 48 Vgl. Heck, S. 113. Zu Commodian vgl. auch Deproost, S. 106f. 49 Thieberger, S. 48.
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che zu entfernen. Mit Michel Foucault nämlich ist davon auszugehen, daß nicht jedes beliebige Individuum in jeder Situation alles Mögliche äußern darf, sondern in seinem Sprechen bestimmten Regeln unterliegt.50 Jeder Autor wird sowohl durch frühere Lektüren als auch durch gesellschaftliche Vorprägungen dessen, was sagbar und literaturfähig ist, beeinflußt, so daß er nie vollständig mit der ursprünglich gelebten Kultur zu brechen vermag. Um Augustins Stil zu bestimmen, soll das Augenmerk auf die Wortstellung und die Verwendung rhetorischer Figuren gerichtet werden. Des weiteren ist zu klären, ob Augustin sich der Parataxe oder Hypotaxe bedient und ob er einfache oder komplizierte Perioden konstruiert.51
50 Vgl. Thomas A. Schmitz, Literaturtheorie, S. 158. 51 Für die Analyse der Perioden stehen anders als für die Untersuchung der rhetorischen Figuren bisher nur wenige Methoden zur Verfügung. In dieser Arbeit soll auf die Überlegungen von Harold C. Gotoff zurückgegriffen werden, der sich in seiner Monographie ausführlich mit der Periodenbildung in Ciceros Rede pro Archia poeta auseinandergesetzt und auf diese Weise den Blick für die Untersuchung von Satzgefügen geschärft hat: »It is hoped that the observations growing out of the commentary which follows will be applicable in varying degree to Ciceronian periodicity in other works and to periodic prose composition in general« (Gotoff, S. 37). Vgl. zu dieser Thematik auch Johnson u. Coleman.
Forschungsüberblick
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1.3 Forschungsüberblick Die vorliegende Arbeit steht in der Tradition derjenigen Augustinforschung, die aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln das Verhältnis des Kirchenvaters zur überkommenen Kultur und Bildung der Antike beleuchtet. Insgesamt soll in diesem Überblick zwischen vier Forschungsrichtungen unterschieden werden: Die erste beschäftigt sich mit Augustins Haltung gegenüber den artes liberales und mit seiner Bedeutung für die Begründung eines christlichen Bildungs- und Schulsystems (1.3.1),52 wobei auf folgendes hinzuweisen ist: Viele Forscher sind allein an Augustins Position gegenüber der Beredsamkeit interessiert und stellen das vierte Buch der Schrift de doctrina christiana in den Mittelpunkt der Betrachtung (1.3.2). Das Ziel ihrer Arbeit sehen sie darin, den Grad der Abhängigkeit des augustinischen Rhetorikkonzepts von den Vorgaben Ciceros zu bestimmen, um auf diese Weise zu einer kulturellen Einordnung des Kirchenvaters zu gelangen. Während die zweite Richtung Augustins Werk in sprachlicher und stilistischer Hinsicht analysiert (1.3.3), untersuchen die Vertreter der dritten Gruppe im Rahmen der Diskursanalyse den Stellenwert der Rhetorik für die erfolgreiche Ausbreitung des Christentums, um dabei auch Augustins Tätigkeit als Prediger und Schriftsteller zu berücksichtigen (1.3.4). Eine vierte Gruppe von Forschern hat sich mit dem Publikum der Predigten Augustins beschäftigt und den Blick auf das soziokulturelle Milieu gerichtet, in dem Augustin sich bei seiner pastoralen Tätigkeit bewegt (1.3.5). 1.3.1 Augustins Verhältnis zu den artes liberales Hermann Reuter widmet sich in seinem Beitrag aus dem Jahre 1887 ausführlich Augustins Vorstellungen von weltlicher und geistlicher Wissenschaft. Er kommt zu dem Ergebnis, daß Augustin sich zwar zeitweise von der positiven Einschätzung der Philosophie, wie sie vor allem für die Monate unmittelbar nach seiner Bekehrung charakteristisch sei, entferne;53 keinesfalls aber sei mit Johannes Huber54 davon auszugehen, daß er die Philosophie um so geringer schätze, je tiefer er in die Theologie eindringe und je klarer er seine Ansichten über Gnade und Erbsünde formuliere.55 Seine 52 Einen Überblick zu diesem Zweig der Augustinforschung bietet für die Zeit von 1907 bis 1959 Kevane, St Augustine as an educator. 53 Vgl. Reuter, S. 449f. 54 Vgl. Huber, S. 241 u. S. 255. 55 Vgl. Reuter, S. 450, Anm. 2.
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Einstellung sei vielmehr erheblichen Schwankungen ausgesetzt, die auf den großen Erkenntnisdrang des Kirchenvaters als eines »Kulturmensch[en] ersten Ranges«56 zurückzuführen seien, der sich trotz aller Bemühungen nicht allein mit dem Glauben habe zufrieden geben können:57 Er lechzte nach der Erkenntnis, nicht bloß in der vorkatholischen Zeit seines Lebens, sondern auch da, als er getränkt mit den Gnadengütern der religiösen (auktoritativen) Offenbarung, zuweilen sich vorstellte derselben nicht mehr zu bedürfen. Er hat jenen Drang zurückzuweisen versucht, aber dieser ist bald genug wiedergekommen, um ihn zeitweilig zu übermannen oder doch die Ruhe des selbstgenügsamen Glaubens zu stören.
Als Beispiel für den inneren Zwiespalt Augustins verweist Reuter auf den Brief 118 an den Griechen Dioscorus, der aus dem Jahre 410 datiert: Der Bischof rate dem Adressaten zwar, mit der weltlichen Kultur zu brechen, beweise selbst aber umfassende Kenntnisse auf dem Gebiet der griechischen Philosophie und der lateinischen Literatur. Am Ende komme er sogar dem Anliegen des Briefpartners nach, ihm Fragen zu Ciceros Dialogen zu beantworten.58 Augustin, so Reuter, schätze die disciplinae saeculares freilich nicht um ihrer selbst willen, sondern erkenne in ihnen lediglich ein apologetisches Mittel, das es zu gebrauchen gelte: Die Kirche wolle nicht als irrationale Autorität verleumdet werden, sondern durch den Rückgriff auf die Wissenschaften ihre Überlegenheit auch wirklich erweisen.59 Reuter beschränkt sich darauf, Augustins Einschätzung der Dialektik, der Sprachkunde, der Geschichte und der Naturwissenschaften zu beleuchten und ihre positive Einschätzung durch den Kirchenvater hervorzuheben.60 Zwar warne Augustin auch vor übertriebener wissenschaftlicher Neugierde, doch handele es sich dabei um vorübergehende Stimmungen, die »durch die offenbar sehr ernst gemeinten Erklärungen über die Unentbehrlichkeit einer wissenschaftlichen Apologie«61 relativiert würden. Die Auseinandersetzung Augustins mit der paganen Welt werde »von einem geheimen Streit des Christentums mit dem Heidentum in seiner eigenen Seele«62 begleitet. Hermann Eickhoff hat 1897 Augustins Stellung zu den heidnischen Wissenschaften bestimmt und sie mit dem Standpunkt des Basilius von Caesarea verglichen. Das Ergebnis seiner Untersuchung, für die allein de doctrina christiana als Quelle herangezogen wurde, faßt Eickhoff dahingehend zu56 57 58 59 60 61 62
Reuter, S. 451. Ebd. Vgl. ebd., S. 452f. Vgl. ebd., S. 454. Vgl. ebd., S. 454–457. Ebd., S. 459. Ebd., S. 460.
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sammen, daß Augustin alle heidnischen Künste, Fertigkeiten und Wissenschaften nur unter der Bedingung als für den Christen nützlich und brauchbar erachte, daß sie etwas zum Verständnis der Heiligen Schrift und zur Darstellung der christlichen Wahrheit beitragen könnten.63 Augustin unterscheide sich damit von Basilius, denn der Grieche erkenne in den Wissenschaften der antiken Welt eine Propädeutik für den angehenden Christen, durch die er auf die A $:>6 und I:A:>nI=0 der christlichen Religion vorbereitet werde.64 Im übrigen schätze Augustin an den artes mehr die formale als die inhaltlich-materielle Seite. Dies beweise seine Hochachtung vor den Disziplinen der disputatio und der eloquentia, deren Form Augustin auch als Christ sorgfältig beibehalten und in den Dienst seiner Religion gestellt habe. Besondere Aufmerksamkeit widmet Eickhoff Augustins Einschätzung der Rhetorik im vierten Buch von de doctrina christiana.65 Er hat in dieser Frage eine der beiden wesentlichen Positionen der modernen Augustinforschung begründet, die seither immer wieder vertreten und von Gegnern zu widerlegen versucht wurde:66 Die eloquentia hat große Bedeutung für den Christen. Mag sie auch nicht für jeden Kleriker zwingend notwendig sein; derjenige, der die Heilige Schrift auslegt, der den rechten Glauben verteidigt und Häresien bekämpft, muß sich mit ihren Regeln »schulmäßig«67 vertraut machen. Eickhoff stellt Augustins Rhetorik in die Nachfolge Ciceros.68 Neben den Aufgaben der Beredsamkeit (docere, delectare und flectere) habe Augustin die Einteilung der genera dicendi von Cicero übernommen, wobei allerdings ein wichtiger Unterschied zu beachten sei: Während der heidnische Redner mit den drei Stilarten jeweils eine der genannten Aufgaben verfolge, beabsichtige der christliche Prediger, mit jedem einzelnen Vortragsstil zugleich alle drei Ziele zu verwirklichen.69 Zwar hatte schon Eickhoff sich zu Augustins Einfluß auf den damaligen Schulbetrieb und seine Methoden geäußert und die Meinung vertreten, der Bischof von Hippo habe auf diesem Gebiet keine Veränderungen angestrebt und nirgends den Versuch unternommen, der Jugend das Studium der weltlichen Literatur zu verbieten;70 die Bedeutung des Kirchenvaters als Pädagoge und Initiator eines christlichen Bildungswesens hat aber erst Franz Xaver Eggersdorfer in seiner Arbeit aus dem Jahre 1907 umfassend gewür63 Zum Folgenden vgl. Eickhoff, S. 19. 64 Vgl. ebd., S. 9. 65 Vgl. ebd., S. 15–18. 66 Vgl. dazu ausführlich unten, S. 35–37. 67 Eickhoff, S. 15 68 Vgl. ebd., S. 16. 69 Vgl. ebd., S. 17. 70 Ebd., S. 19: »Nicht nur die, welche ein weltliches Amt bekleiden wollen, sondern auch die Kleriker müssen nach seiner [d.h. Augustins, Anm. d. Verf.] Meinung diese Schulen besuchen.«
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digt. Wie Reuter und Eickhoff untersucht auch er, wie Augustin sein Verhältnis zu den artes liberales definiert, stellt seine Studie aber auf eine größere Materialbasis. Dies macht es ihm möglich, zwischen zwei Perioden zu differenzieren, die er durch Augustins Bischofsweihe im Jahre 395 voneinander getrennt sieht und die seiner Meinung nach in den Werken de ordine und de doctrina christiana ihren Niederschlag gefunden haben.71 In seinem Frühwerk sei Augustin noch davon überzeugt gewesen, daß der Mensch mit Hilfe der freien Wissenschaften bereits in diesem Leben zur philosophischen Wahrheit gelangen und Gott schauen könne. Als Bischof aber habe er parallel zu seiner theologischen Entwicklung, die ihn von der Betonung des freien Willens zur Gnadenlehre geführt habe, allmählich den Stellenwert der Philosophie und der artes liberales im Leben des Christen relativiert.72 Die profanen Wissenschaften seien jetzt nicht mehr als Propädeutik für die Philosophie, die den Menschen schon zu Lebzeiten zur vita beata führen könne, sondern nur noch als wichtiges Hilfsmittel für die Schriftexegese betrachtet worden.73 Die Meinung Augustins bezüglich der freien Wissenschaften faßt Eggersdorfer in der Weise zusammen, daß derjenige, der aus der Gesellschaft der Heiden ausgezogen sei, die artes nicht gänzlich aufgeben müsse, sondern sie im Dienste der göttlichen Wahrheit auch weiterhin verwenden dürfe.74 Damit habe Augustin das Verhältnis zwischen heidnischer und christlicher Bildung geklärt und einen mittleren Standpunkt zwischen der schroffen Ablehnung christlicher Fanatiker auf der einen und dem Synkretismus eines Synesius oder Sidonius Appolinaris auf der anderen Seite bezogen.75 Hervorzuheben bleibt, daß Augustin Eggersdorfer zufolge zwar energisch gegen die traditionelle Rhetorikschule polemisiere, die sprachliche Bildung aber unangetastet lassen wolle. Allein der Stoff, an dem sich die Unterweisung orientiere, sei, so Eggersdorfer im Unterschied zu Eickhoff,76 in den Augen des Kirchenvaters einer Veränderung zu unterziehen und müsse durch die Heilige Schrift ersetzt werden.77 In der Frage, ob Augustin auch eine darüber hinausgehende Umgestaltung der antiken Schule ins Auge gefaßt habe, vertritt Eggersdorfer die Meinung, daß es zur Zeit des Kirchenvaters in erster Linie darauf angekommen sei, eine theoretische Grundlage für die Einrichtung einer katholischen Schule
71 72 73 74 75 76 77
Vgl. Eggersdorfer, S. 14. Vgl. ebd., S. 99–107. Vgl. ebd., S. 127f. Vgl. ebd., S. 130. Vgl. ebd., S. 129. Vgl. oben, S. 25. Vgl. Eggersdorfer, S. 117.
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zu schaffen, deren praktische Umsetzung für die frühe Kirche aufgrund des Mangels an sozialen Ressourcen aber noch nicht möglich gewesen sei.78 Hans Becker vertritt in seiner Monographie von 1908 die These, daß Augustins Entwicklung anders, als der Kirchenvater sie in den confessiones beschreibe, verlaufen sei. Die Bekehrung Augustins bedeute keineswegs einen absoluten Bruch mit der Vergangenheit, wie Becker durch die im Werk des Kirchenvaters zu findenden Bildungselemente nachzuweisen sich bemüht.79 Joseph Stiglmayr hat fünf Jahre nach Becker in seiner Studie »Kirchenväter und Klassizismus« wie Eggersdorfer eine sich allmählich verändernde Beurteilung der weltlichen Wissenschaften durch den Kirchenvater festgestellt. Während Augustin in de ordine ihren idealen Gehalt und erzieherischen Wert noch sehr hoch einschätzte und es für möglich halte, nicht nur durch den Glauben, sondern auch durch Vernunfterkenntnis zu Gott zu gelangen, würden die septem artes liberales im sechsten Buch der Schrift de musica nicht mehr als unumgänglich notwendig für die Erkenntnis des Göttlichen und den inneren Frieden des Herzens betrachtet und in de doctrina christiana auf das unbedingt Notwendige beschränkt.80 Trotz seiner Kritik an der Schule, die sich ganz in der Sphäre der Götter- und Heroenmythen bewege, habe Augustin nicht die Sprache, sondern nur den »betäubenden Wein« (conf. 1,16,26), die durch die Sprache vermittelten Inhalte, angeklagt.81 Stiglmayr betont, daß der Kirchenvater den paganen Autoren gegenüber einen offen und unbefangenen Blick beweise, so daß Vergil als poeta magnus omniumque praeclarissimus atque optimus bezeichnet werden könne.82 Max Wundt setzt sich in seinem Beitrag von 1922 mit der Auffassung seiner Vorgänger auseinander, daß Augustin insgesamt drei Bekehrungen durchlaufen habe, zu denen neben dem Bekanntwerden mit Ciceros Hortensius der Einfluß der Neuplatoniker und das Gartenerlebnis von Mailand zu zählen seien.83 Der älteren Augustinforschung steht Wundt deswegen kritisch gegenüber, weil sie die Entwicklung des Kirchenvaters nur bis zur Taufe des Jahres 387 oder wenig darüber hinaus in den Blick nehme, entscheidende Veränderungen der Folgezeit aber nicht berücksichtige. Tatsächlich jedoch bestehe eine tiefe Kluft zwischen den Frühschriften (386390) auf der einen und den confessiones (397-401) auf der anderen Seite, die auf den Eintritt Augustins in die Kirchenämter und das intensive Stu78 79 80 81 82 83
Vgl. Eggersdorfer, S. 129. Vgl. Becker, S. 155. Vgl. Stiglmayr, S. 56–58. Vgl. ebd., S. 58. Vgl. ebd., S. 61–63. Das Zitat findet sich civ. 1,3 p. 7, 2f. Wundt, S. 53 verweist für diese These auf Peters, S. 195f.
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dium des Neuen Testaments mit besonderer Berücksichtigung der Paulusbriefe zurückzuführen sei.84 Wundt selbst geht von einem vierten Wendepunkt in der Entwicklung Augustins aus, den er nicht als allmählichen Wandel, sondern als einen scharfen Bruch verstanden wissen will und den er auf den Beginn des Jahres 391 datiert:85 Während die frühe Schriftstellerei bis zum Jahre 390 ebenso wie die Briefe desselben Zeitraums um die von der ratio bestimmte antike Wissenschaft kreise, sei mit der Ordination zum Presbyter (391) eine Veränderung festzustellen, die sich an den beiden Predigten Augustins von Ostern 391 ebenso wie an der Abhandlung de utilitate credendi (391) und dem Brief 21 nachweisen lasse: Während in den beiden sermones auf jede philosophische Argumentation verzicht werde, stehe in der genannten Schrift der Glaube über der ratio. Die Epistel schließlich sei ganz von dem Gedanken des Kirchentums und der paulinischen Rechtfertigungslehre geprägt.86 Einen überaus wichtigen Beitrag zu dem hier vorzustellenden Bereich der Augustinforschung hat der französische Philologe und Kulturhistoriker Henri-Irénée Marrou geleistet. Seine Monographie »Saint Augustin et la fin de la culture antique« mag heute mit Blick auf die vom Autor vertretene Einschätzung der Spätantike als einer kulturellen Verfallszeit als überholt gelten;87 für Augustins Entwicklung eines christlichen Kultursystems in der Schrift de doctrina christiana ist sie immer noch von größter Bedeutung. Im ersten Teil seiner Untersuchung stellt Marrou die Entwicklung Augustins bis zum Jahre 386 dar, um dabei ausführlich das überkommene Bildungs- und Wissenschaftsideal zu charakterisieren, das in der Vorstellung vom vir eloquens et doctus kulminierte, in der Kaiserzeit aber zumindest im politischen Bereich zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken war.88 Auch Augustin, so Marrou, habe sich der gekünstelten Rhetorik seiner Zeit bedient und nicht zuletzt in seinen Briefen Gebrauch von ihr gemacht.89 Im zweiten Hauptteil schildert Marrou das neue Lebensideal Augustins, der nach der Lektüre des Hortensius im Jahre 373 seine von literarischästhetischen Idealen geprägte Weltanschauung zugunsten der Philosophie aufgegeben habe. Auch Marrou ist der Ansicht, Augustin habe in dieser Zeit die Vorstellung vertreten, daß das Studium der septem artes liberales ganz auf die Philosophie ausgerichtet werden müsse, damit der Philosoph über das Studium der Wissenschaften zu einer Geisteshaltung gelange, die ihn dazu bringe, per corporalia [...] ad incorporalia (retract. 1,6) emporzu84 85 86 87 88 89
Vgl. Wundt, S. 54. Vgl. ebd., S. 55 u. S. 60. Vgl. ebd., S. 62. Vgl. dazu Hadot, Erziehung, S. 99–101. Vgl. Fuhrmann, Rhetorik, S. 65. Zu den Briefen vgl. Marrou, Ende der antiken Bildung, S. 83–91.
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steigen.90 Marrou hebt hervor, daß Augustin nicht nur die Notwendigkeit einer vorbereitenden Kultur erkannt, sondern in de ordine erstmals auch ein Programm zur Durchführung einer religiös-wissenschaftlichen Bildungsarbeit aufgestellt habe, ohne aber konkrete Organisationsanweisungen für den niederen Unterricht und das höhere Studium zu erteilen.91 Im dritten und letzten Teil seiner Arbeit zeigt Marrou anhand der Schrift de doctrina christiana, in welchem Umfang Augustin Elemente der antiken Bildung und Wissenschaft in sein neues christliches Kulturideal eingebaut hat. Er weist darauf hin, daß Augustin als praktisch tätiger Priester und Bischof kulturell einen völlig neuen Standpunkt entwickelt habe, der sich aus seiner religiösen Haltung herleite und das in de doctrina christiana dargelegte Kulturprogramm bestimme. Dieses sei durch die strenge Unterordnung aller Manifestationen des Geisteslebens unter die religiöse Zielsetzung charakterisiert, die die ganze Lehre von der augustinischen Bildungskultur beherrsche.92 Robert R. Bolgar bestimmt das Verhältnis Augustins zur antiken Kultur deutlich positiv. Zwar habe der Kirchenvater das geplante Kompendium der artes liberales nicht zu Ende geführt, die fertiggestellten Teile aber beurteile er auch in den retractationes noch als wertvoll.93 Mit dieser Ansicht unterscheidet Bolgar sich von vielen Gelehrten, die wie Harald Fuchs oder Giovanni di Napoli auf die Stelle 1,3,2 der retractationes verweisen,94 um die ablehnende Haltung des späten Augustin gegenüber den antiken Wissenschaften zu verdeutlichen.95 Zwar ist auch Bolgar der Meinung, daß der christliche Prediger sich Augustin zufolge allein an der Bibel schulen könne; er sieht damit aber keine Frontstellung des Kirchenvaters gegen die klassische Literatur überhaupt verbunden:96 As regards content, he realised that there was material of great value in both poets and prose writers which could not be excerpted and would need to be gathered from the original texts so that Christians would always have to rely on the firmness of their principles to enable them to retain good and to give the bad no foothold in their memory.
Insgesamt kommt Bolgar zu dem Ergebnis, daß Augustin dem antiken Kulturerbe gegenüber eine mittlere Position vertrete: Niemals habe er die Möglichkeit eines abrupten Bruchs mit der griechisch-römischen Antike ins 90 91 92 93 94 95 96
Vgl. Marrou, Ende der antiken Bildung, S. 255. Vgl. ebd., S. 337f. Vgl. ders., Saint Augustin, S. 510. Vgl. Bolgar, S. 53. Vgl. oben, S. 18, Anm. 38. Vgl. Fuchs, S. 117 u. di Napoli, S. 351. Bolgar, S. 54.
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Auge gefaßt. Er sei der Überzeugung gewesen, »that while a limited amount of borrowing from paganism was vitally necessary, the amount could be limited.«97 Ganz im Gegensatz zu Bolgar ist Augustin für Franz Georg Maier der »fanatische Konvertit«98, der sich von der spätantiken Kultur ab- und einer neuen christlichen Kultur zuwendet, die er »weitgehend von der klassischen Tradition zu reinigen suchte und allein auf die grundlegenden Bedürfnisse christlichen Lebens in einem sehr strengen Sinn beschränkte.«99 Albert C. Outler schlägt in seinem Aufsatz des Jahres 1959 den Weg Bolgars ein, um dabei dessen positive Einschätzung der Haltung Augustins gegenüber den Frühschriften noch zu übertreffen. Selbst in den retractationes präsentiere der Bischof sich als christlicher Klassizist, der um eine gerechte Balance zwischen Christentum und antiker Kultur bemüht sei und die Synthese zwischen Glauben und klassischer Kultur vollzogen habe.100 Zugunsten der Formel credo ut intellegam habe Augustin jeden einseitigen Rationalismus oder Fideismus verworfen.101 Während Olof Gigon Augustins Verhältnis zur antiken Bildung als »durch und durch positives«102 beurteilt und Eugene Kevane wie Bolgar und Outler davon ausgeht, daß der Bischof auch an seinem Lebensende noch den Platz der Rhetorik und Philosophie in seiner Liste der sieben freien Künste der »pro-paideia«103 bestätige, vertritt Hagendahl in seiner Monographie »Augustine and the Latin classics« die These, daß sich bei dem Kirchenvater in der Zeit nach seiner Ordination eine deutliche Abneigung und Feindseligkeit gegenüber der profanen Kultur feststellen lasse:104 To sum up: the change in attitude after the ordination finds expression mainly in two respects: (1) the total lack of quotations from the classics in the great majority of theological writings and the remarkable decrease in such quotations altogether; (2) the pronounced aversion and hostility to profane culture shown whenever he passes judgment on this or that aspect of it. In view of these circumstances we must conclude that the old Christian prejudice against the cultural tradition obtained a strong ascendency over Augustine.
Auch Peter Stockmeier stützt sich in seinem Beitrag auf die Stelle retractationes 1,3,2. Er weist darauf hin, daß Augustin noch an seinem Lebensende von den Skrupeln geplagt worden sei, sich allzu intensiv mit der antiken 97 Bolgar, S. 54. 98 Maier, S. 31. 99 Ebd. 100 Vgl. Outler, S. 215. 101 Vgl. ebd., S. 219. 102 Gigon, S. 141. 103 Kevane, Paideia, S. 177, Anm. 61. 104 Hagendahl, Augustine and the Latin classics Vol. 2, S. 717.
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Kultur beschäftigt zu haben. Der Autor spreche schon in de civitate dei keinesfalls mehr von den artes liberales, sondern charakterisiere die Wissenschaften nun deutlich abwertend als saeculares, um sich auf diese Weise von ihnen zu distanzieren.105 Frederick van Fleteren geht es in seiner Studie von 1977 darum, genau zu bestimmen, bis zu welchem Zeitpunkt Augustin die Überzeugung vertreten hat, mit Hilfe der artes liberales zu einer zeitlich begrenzten geistigen Vereinigung mit Gott gelangen zu können. Im Gegensatz zu Wundt106 datiert van Fleteren den entscheidenden Wendepunkt auf das Jahr 394/395. Zwar seien bereits im zweiten Buch von de sermone domini in monte (393/394) Tendenzen eines Umschwungs wahrzunehmen, einen Höhepunkt erreiche die veränderte Anschauung aber erst gegen Ende des Jahres 394, als Augustin in Karthago von seinen Mitbrüdern dazu aufgefordert werde, ihre Fragen zum Brief des Paulus an die Römer zu beantworten, bzw. zu Beginn des Jahres 395, wenn er sich in Hippo daran mache, den Brief des Apostels an die Galater zu kommentieren.107 Franz Weissengruber hat angesichts der divergierenden Positionen von Marrou108 und Gigon109 die Frage nach »Augustins Wertung von Grammatik und Rhetorik im Traktat contra Cresconium« aus dem Jahre 406 zu beantworten versucht. Weissengruber zufolge will Augustin die Grammatik allein für die Jugend reservieren und distanziere sich auf diese Weise von seiner eigenen Vergangenheit; Schulbildung im herkömmlichen Sinne lasse der Kirchenvater nur noch als kindliche Vorbereitung auf den Ernst der späteren religiösen Existenz gelten.110 Das antike Bildungsgut mit Grammatik und Rhetorik an seiner Spitze werde von Augustin zwar als nützlich, aber nicht als an sich wertvoll und erstrebenswert betrachtet, ja es fungiere nur noch als Mittel im Dienste eines höheren Zwecks. In seiner Einstellung gegenüber der Rhetorik, so Weissengruber, überwinde Augustin die Vorurteile gewisser Christen, auf die sich sein Kritiker Cresconius stütze, der in der Beredsamkeit eine Gefährdung für die Wahrheit erkenne.111 Der Schrift an Cresconius sei zu entnehmen, daß Augustin die Rhetorik unter der Bedingung akzeptiere, daß sie in ihrer dienenden Rolle dem wirkungsvollen Ausdruck der veritas verpflichtet sei. Zusammenfassend erklärt Weissen-
105 247, 2f. 106 107 108 109 110 111
Vgl. Stockmeier, Glaube, S. 450f. Stockmeier bezieht sich auf die Stelle civ. 6,2 p. Vgl. oben, S. 27f. Vgl. van Fleteren, S. 12–14. Vgl. oben, S. 28f. Vgl. oben, S. 30. Vgl. Weissengruber, Grammatik und Rhetorik, S. 114. Vgl. ebd., S. 123.
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gruber ganz auf der Linie Marrous, auf den er in diesem Zusammenhang in einer Fußnote verweist:112 Das bedeutet eine Überwindung der antiken Auffassung von Grammatik und Rhetorik. Wollte man, wie Gigon es tut, »sein Verhältnis zur antiken Bildung ein durch und durch positives« nennen, dann dürfte man dies nach den Äußerungen in Contra Cresconium jedenfalls nicht im Sinne der Antike verstehen, die an ihrer hohen Einschätzung bis ans Ende unverbrüchlich festhielt.
Harald Hagendahl hat 1983 noch einmal den Blick auf die lateinischen Kirchenschriftsteller von Tertullian bis Cassiodor und ihre Position gegenüber der profanen literarischen Tradition gelenkt. Vor allem der sechste Abschnitt seines zweiten Kapitels ist für die vorliegende Arbeit von Bedeutung.113 Hagendahl widmet sich hier unter dem Stichwort »Äußere und innere Haltung« auch am Beispiel Augustins des für die christlichen Autoren typischen Widerspruchs, sich theoretisch gegen das traditionelle Bildungserbe auszusprechen, praktisch aber die Form der Klassiker zu bewundern und das Genie der alten Schulautoren anzuerkennen.114 Den Höhepunkt der ablehnenden Haltung Augustins, so Hagendahl, sei in den confessiones festzustellen, denen sich eine Abneigung und Feindlichkeit gegen die Kulturtradition entnehmen lasse, die an Tertullian erinnere. Auch in de civitate dei sei der Umfang des Kulturerbes, das Augustin nicht verwerfe, nur gering; ein Widerspruch in der Haltung des Kirchenvaters sei freilich insofern zu konstatieren, als dieser in de doctrina christiana in der profanen Bildung zumindest ein nützliches Hilfsmittel auch für den christlichen Prediger erkenne. Christian Gnilka hat sich in der Reihe »Die Methode der Kirchenväter im Umgang mit der antiken Kultur« in zwei Bänden von 1984 und 1993 mit dem kulturellen Umschichtungsprozeß, der sich beim Übergang von der heidnischen zur christlichen Welt vollzogen hat, beschäftigt. Anhand von Stellen aus de doctrina christiana und de civitate dei kommt Gnilka für Augustin zu dem Ergebnis, daß der Christ die überkommene gesellschaftliche und kulturelle Ordnung nur unter der Bedingung beibehalte, daß sie seiner religiösen Überzeugung nicht widerstreite.115 Aus der Erfüllung dieser Kondition ergeben sich nach Gnilka einschneidende Folgen und tiefgreifende Wandlungen für die spätantike Kultur, wie das augustinische Werk auf Schritt und Tritt beweise. Für die Beredsamkeit hält Gnilka fest, daß sie Augustin zufolge zwar auch falsche Überzeugungen hervorrufen könne; da 112 Weissengruber, Grammatik und Rhetorik, S. 124. Weissengruber verweist auf Marrou, Saint Augustin, S. 510. 113 Vgl. Hagendahl, Tertullian, S. 83–93. Speziell zu Augustin vgl. ebd., S. 86f. 114 Zum Folgenden vgl. ebd., S. 87. 115 Vgl. Gnilka, Kultur und Conversion, S. 134f.
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sie aber auch zur Wahrheitsvermittlung diene, sei nicht die Fähigkeit der Rede als solche schuldhaft, sondern die Verkehrtheit derer, die sie schlecht gebrauchen.116 In ihrer Arbeit von 1989 beurteilt auch Ilsetraut Hadot Augustins Einstellung zur antiken Kultur:117 Wenn man die Intensität in Betracht zieht, mit der Augustin in der cassicianischen und Mailänder Epoche an Wissen und Kultur hing und an ihre Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit glaubte, so kann man sich einen Begriff von dem Ausmaß des Bruches machen, der sich wenig später in Augustin vollzieht und ihn zur Geringschätzung all dessen führt, was vorher sein Leben ausmachte. Jetzt ist es für ihn nicht mehr das Wissen, das, begleitet vom Tugenderwerb, den Menschen bereichert und ihn zu Gott hinführt, sondern allein die Gnade Gottes, die auch den völlig Unwissenden erwählen kann.
Als »eine erhebliche Bresche in die traditionelle Suche nach Weisheit«118 bewertet John Doignon das Vorgehen Augustins, nicht auf das Erbe der antiken Kultur zurückzugreifen, um die anstehenden religiösen und philosophischen Fragen der Zeit zu beantworten, sondern den Glaubensakt als notwendige Voraussetzung des philosophischen Weges zu bestimmen. Doignon kommt in seiner Untersuchung zu dem Ergebnis, daß Augustin während seiner schriftstellerischen Tätigkeit von Cassiciacum zwar die literarischen und ethischen Werte seiner Zeit berücksichtige, sich aber schon zu diesem frühen Zeitpunkt aus dem Konsens der ihn umgebenden Kultur herauszulösen beginne.119 Ernst Dassman vertritt sowohl in seiner Monographie des Jahres 1993 als auch in seinem Aufsatz von 1996 die These von einem grundlegenden Bruch des Kirchenvaters mit der spätantiken Kultur. Vor dem Hintergrund der von ihm entwickelten Erbsünden- und Gnadenlehre sei der Bischof von Hippo allmählich zu einer Geringschätzung der vormals für ihn so bedeutenden traditionellen Bildungsinhalte gelangt und habe sich im Sinne einer fortwährenden peregrinatio aus dieser Welt in das Reich Gottes das asketische Ideal der fuga saeculi zu eigen gemacht.120 116 Vgl. Gnilka, Begriff des »rechten Gebrauchs«, S. 87f. 117 Hadot, Erziehung, S. 129f. Geerlings, Marrou, S. XXVI schließt sich der Einschätzung Hadots an. 118 Doignon, Augustinus in Cassiciacum, S. 65. 119 Vgl. ebd., S. 65. 120 Vgl. Dassmann, Christus und Sokrates, S. 44f. u. ders., Fuga saeculi, S. 945–949. Vgl. auch Brown, Macht und Rhetorik, S. 96 u. conf. 8,6,14f. u. 8,8,19. Dassmann, Fuga saeculi, S. 946 beschreibt Augustins Haltung gegenüber der Welt folgendermaßen: »Historisch betrachtet muß man sagen, daß die Christenheit die von Augustinus eröffnete Möglichkeit, die Welt zu gebrauchen, begeistert ergriffen und im christlichen Humanismus der Renaissance zu kultureller Hochblüte entwickelt hat. Doch Augustinus ist diesen Weg nicht vorgegangen.«
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1997 hat Richard Klein in einer Untersuchung zur »Bedeutung von Basilius’ Schrift ›ad adolescentes‹ für die Erhaltung der heidnisch-griechischen Literatur« in wenigen Worten auch den Standpunkt Augustins in der Auseinandersetzung zwischen heidnischer und christlicher Kultur thematisiert. Verglichen mit den Alexandrinern erkennt Klein in den Äußerungen der retractationes einen Rückschritt; denn wenn Augustin bedauere, in früheren Jahren der vorbereitenden Wissenschaft so viel Raum gegeben zu haben, dann weise dies darauf hin, daß am Ausgang der Antike die bildungsfeindliche Komponente innerhalb der Kirche die Oberhand gewonnen habe.121 Sabine MacCormack thematisiert im zweiten Kapitel ihrer Arbeit »The shadows of poetry: Vergil in the mind of Augustine« den unterschiedlichen Umgang von Heiden und Christen mit Sprache und Grammatik.122 Sie vertritt die Meinung, daß Augustin sich allmählich aus der traditionellen Kultur herausgelöst habe: das sechste Buch von de musica sei speziell an Christen adressiert, denen MacCormack eine eigene Literatur und Sprache zuerkennt und die sie deshalb als »culturally self-sufficient«123 bezeichnet.124 Christian Tornau hat sich im Jahre 2002 mit Augustins Haltung gegenüber dem Bildungswesen seiner Zeit beschäftigt. Tornau richtet den Blick vornehmlich auf die confessiones und betont, daß Augustin weniger die expliziten Ziele und Inhalte der Grammatik- und Rhetorikschulen als vielmehr die gesellschaftliche Rolle von Bildung und ihre sozialisierenderzieherische Wirkung ablehne.125 Der Kirchenvater kritisiere, daß die traditionelle Schule ausschließlich zur sprachlichen Vollkommenheit erziehen wolle und damit zur Festsetzung falscher Wertvorstellungen beitrage: Gut sei nach dem Empfinden der Anhänger des traditionellen Systems nur derjenige, der gut sprechen könne.126 Tankred Howe kommt in seinem Aufsatz »Weisheit und Demut bei Augustinus« zu dem Ergebnis, daß Augustin die Vorstellung einer »doppelten Gnadenlehre«127 vertreten habe, bei der zwischen dem Gnadenakt der eigentlichen Bekehrung eines Menschen zum Glauben an Christus und dem Gnadenakt des Verständnisses der biblischen Schriften unterschieden werden müsse:128 Während der erste Gnadenakt, das heißt die Bekehrung, ein einmaliges Ereignis darstellt, kann und muß der zweite Gnadenakt, das heißt das Schriftverständnis als ein 121 122 123 124 125 126 127 128
Vgl. Klein, Basilius’ Schrift, S. 165. Vgl. MacCormack, S. 45–88. Ebd., S. 66. Vgl. ebd., S. 59–63. Vgl. Tornau, S. 319. Vgl. ebd., S. 325 Howe, S. 226. Ebd.
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Wachsen im Glauben beziehungsweise in der Weisheit, immer wieder neu erfahren werden.
Anders als Hadot129 hebt Howe die Bedeutung der Bildung bei Augustin auch noch in de doctrina christiana hervor. Der Mensch sei zwar von der Gnade Gottes abhängig; ihm komme aber die Aufgabe zu, sich mit Hilfe der Bildung aktiv am Erkenntnisprozeß zu beteiligen. 1.3.2 »Christliche Rhetorik« im vierten Buch von de doctrina christiana Marrou hat die Schrift de doctrina christiana in den Mittelpunkt seiner Studie gerückt und mit mehreren der von ihm vertretenen Überzeugungen den Widerspruch anderer Forscher hervorgerufen. Zum Gegenstand einer bis heute anhaltenden Diskussion sind die Fragen geworden, ob die Schrift als Hermeneutik oder als Rhetorikhandbuch aufzufassen sei, ob das vierte Buch in die Tradition klassischer Rhetorik eingereiht werden könne und an wen Augustin sich mit seinem Werk richte. Gegen Eggersdorfer, der die Ansicht vertritt, de doctrina christiana sei als »Studienordnung für Kleriker«130 aufzufassen, erklärt Marrou, daß es sich bei dem Werk um eine »charte fondamentale de la culture chrétienne«131 handele und das vierte Buch den normalen Typus der höheren christlichen Kultur definiere.132 Eugene Kevane setzt das Substantiv doctrina inhaltlich mit dem griechischen E6>9:¾6 gleich und spricht sich in mehreren Beiträgen dafür aus, in Augustins Schrift ein philosophisches Konzept für die Erziehung der christlichen Jugend zu sehen, dem im heidnischen Bereich vergleichend Ciceros de oratore an die Seite gestellt werden könne.133 In jüngster Zeit hat Christoph Schäublin alle bisherigen Definitionsversuche zurückgewiesen und de doctrina christiana als ars scripturarum bezeichnet. Schäublin versteht das Werk als ein Programm, das weder auf eine christliche Kultur noch auf eine christliche Erziehung abziele, sondern ganz auf das Studium der Bibel ausgerichtet sei.134 Dieses Programm wende sich nicht an einzelne Kleriker oder Intellektuelle, sondern bedürfe als »research project«135 vieler Mitarbeiter, um realisiert werden zu können.
129 Vgl. oben, S. 33. 130 Eggersdorfer, S. 140. 131 Vgl. Marrou, Saint Augustin, S. 332, S. 339, S. 342, S. 413 u. S. 638. 132 Vgl. ebd., S. 638. 133 Vgl. Kevane, Augustine’s de doctrina christiana, S. 102, S. 120 u. S. 130f. u. ders., Translatio imperii, S. 458f. 134 Vgl. Schäublin, De doctrina christiana, S. 55. 135 Ebd.
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Besondere Aufmerksamkeit hat Marrou mit der These erregt, daß sich in de doctrina christiana das Ende der antiken Kultur ankündige, weil Augustins Pädagogik aus folgendem Grund revolutionär sei: Der Kirchenvater vertrete im vierten Buch seiner Schrift den Standpunkt, daß der Christ seine Redefähigkeit allein durch die Lektüre der Bibel und der Kirchenväter erwerben, gleichzeitig aber auf das Studium des festen Regelsystems der eloquentia, wie es in den Grammatik- und Rhetorikschulen seit Jahrhunderten vermittelt wurde, verzichten solle.136 Bis heute hat sich in dieser Frage eine Kontroverse erhalten, die freilich schon vor Marrou eingesetzt hat und die sich dadurch auszeichnet, daß ein Teil der Forscher Augustins Rhetorikkonzept in die Nähe Ciceros rückt, während die übrigen von einer umwälzenden Neuerung sprechen.137 Stellvertretend für diejenigen Forscher, die Augustins Rhetorik in der Tradition Ciceros sehen, seien hier Eskridge, Sullivan, Comeau, Testard, Hagendahl und Alfonsi genannt,138 denen auf der anderen Seite neben Marrou z.B. Baldwin, Oroz, Murphy, Mohrmann, Fortin und Prestel gegenüberstehen.139 1996 hat Karl-Heinz Uthemann gegen Christoph Schäublin Stellung bezogen, der die »These vom Ciceronianischen Erbe«140 erneut aufgegriffen hat.141 Uthemann behauptet, daß in der christlichen Beredsamkeit Augustins die Rhetorik keine Funktion mehr besessen und sich folgerichtig eine »andere, eine nicht-rhetorische Kultur«142 angekündigt habe. Barbara Kursawe vertritt bei der Beurteilung von Augustins Verhältnis zur antiken Rhetoriktradition, die sie u.a. anhand von de doctrina christiana, de trinitate, de ordine, de catechizandis rudibus, den Predigten und Briefen vornimmt, eine mittlere Position. In der Frage, an welchen Stellen seines umfangreichen Oeuvres Augustin die officia oratoris (docere, delectare, flectere) thematisiere und wie er zu ihnen Stellung beziehe, kommt die Forscherin zu folgendem Ergebnis: Während Augustin in den meisten Fäl136 Vgl. Marrou, Saint Augustin, S. 517. Anders Kevane, Augustine’s de doctrina christiana, S. 120f., Anm. 111, der davon ausgeht, daß diese Form der Ausbildung in der Rhetorik nur für ältere Priesteramtskandidaten bestimmt gewesen sei: »He [d.h. Augustin, Anm. d. Verf.] has them in mind in this other way toward eloquence, and dispenses them, if time presses too heavily on them, from the study of rhetoric that he retains so definitely for the adulescentuli.« 137 Einen Überblick bieten Kevane, Augustine’s de doctrina christiana, S. 104f., Press, Subject and structure, S. 99f. m. Anm. 2 u. 3, Prestel, Rezeption, S. 11–22 u. Uthemann, S. 147, Anm. 2. 138 Vgl. Eskridge, S. 50, Sullivan, S. 8, Comeau, S. 21, Testard, S. 231–254, Hagendahl, Augustine and the Latin classics Vol. 2, S. 553–569, vor allem S. 554 u. S. 565–567, ders., Tertullian, S. 56f. u. Alfonsi, S. 5. 139 Vgl. Baldwin, S. 4, McNew, S. 13, Mohrmann, Saint Augustine, S. 358, Oroz, S. 491, Fortin, S. 100 u. Prestel, Rezeption, S. 16–18. 140 Uthemann, S. 148. 141 Vgl. Schäublin, Umfeld der christlichen Predigt, S. 30f. 142 Uthemann, S. 173.
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len den überkommenen Vorstellungen folge, seien auch Aussagen zu finden, an denen er sich über sie hinausbewege oder sie sogar umgestalte bzw. sich von ihnen entferne.143 Als wichtigste Unterschiede zur traditionellen Rhetorik benennt Kursawe, daß Augustin die Anwendung von Zwang (v.a. im Umgang mit Häretikern) fordere und das Wirken Gottes in jeder Phase einer Rede als gegeben betrachte: Auch wenn der Prediger oder Katechet schlecht spricht, so werden die Zuhörer Augustin zufolge dennoch durch das Wirken Gottes erreicht.144 Augustin verändert die rhetorische Tradition nach Kursawe auch dadurch, daß er auf eine grundsätzliche Unvereinbarkeit zwischen dem Anliegen des Redners, seine Zuhörer zu belehren, und der Notwendigkeit der Gnade Gottes für das Verstehen verweist.145 Kürzlich hat Wilhelm Blümer sich in einem Aufsatz mit Augustins Einstellung gegenüber der Rhetorik beschäftigt und dabei den Zeitraum von der Taufe im Jahre 387 bis zum Jahre 428 untersucht. Blümer nimmt die Auffassung Eduard Nordens als Ausgangspunkt seiner Arbeit, der in der »Antiken Kunstprosa« behauptet, daß Augustins Beurteilung der eloquentia erst in de doctrina christiana positiv ausfalle, während frühere und vor einem ungebildeten Publikum geäußerte Beurteilungen der Rhetorik deutlich negativer seien.146 Blümer kommt bei seiner Studie zu einem ganz anderen Ergebnis:147 Wir haben gesehen, daß die in De doctrina Christiana zugrundegelegte Einschätzung auch in anderen Schriften verschiedensten Charakters nachzuweisen ist, daß somit NORDENS Unterscheidung zwischen »für das weitere Publikum bestimmten Werken« und »dem sich an den Kreis nur der Hochgebildeten wendenden ... Werk de doctrina christiana« die Verhältnisse kaum treffen dürfte [...] Die Kontinuität in der Haltung Augustins zur Eloquenz zeigt sich in der prinzipiellen Übereinstimmung der einzelnen Stellungnahmen mit den Kerngedanken des vierten Buchs De doctrina Christiana [...] Ausgangspunkt Augustins ist die Feststellung der Ambivalenz der Rhetorik und der Notwendigkeit ihres rechten Gebrauchs.
1.3.3 Augustins Sprache und Stil Joseph Balogh hat 1927 als erster Forscher den Blick ausschließlich auf Augustins Umgang mit der antiken Rhetorik gerichtet. Balogh ist nicht bei der theoretischen Position des Kirchenvaters stehen geblieben, sondern »Augustins ›alter und neuer Stil‹« steht im Mittelpunkt seines Aufsatzes, 143 144 145 146 147
Vgl. Kursawe, S. 49–97 u. S. 153–161. Vgl. ebd., S. 56f. Vgl. ebd., S. 99–152. Vgl. Blümer, S. 66 u. Norden, S. 533f. Blümer, S. 80f.
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der die einzelnen Phasen des augustinischen »Kampfes mit dem schönen Wort«148 nachzuzeichnen beabsichtigt und zu diesem Zweck auf vier Stellen aus den confessiones rekurriert: Balogh untersucht neben der dort geschilderten Hortensius- und Bibellektüre die Begegnung mit dem Manichäer Faustus und Ambrosius. Das Ergebnis seiner Untersuchung lautet, daß Augustin die Rhetorik anders als die Heiden nicht als Selbstzweck, sondern als Mittel im Dienst der eigenen Sache verstehe. Augustins Kunst bestehe darin, aus Cicero, Tertullian, der Bibel und der ambrosianischen Hymnik einen neuen Stil geschaffen zu haben.149 Unter denjenigen Forschern, die sich mit dem Stil und der Sprache Augustins beschäftigen, kommt Christine Mohrmann die größte Bedeutung zu, wenngleich ihre Position nicht ohne Widerspruch geblieben ist. Zusammen mit ihrem Lehrer Schrijnen gehört sie zu den herausragenden Vertretern der Nijmegener Schule. Gegen Norden und Barry, die beide von Einflüssen der sophistischen Rhetorik auf die Predigten Augustins ausgehen,150 vertritt sie die These von der »altchristliche[n] Sondersprache«.151 Mohrmann faßt unter diesem Begriff nicht nur Besonderheiten in der Lexik augustinischer Predigten zusammen, die sie durch die Terminologie der christlichen Dogmatik und Liturgie bzw. durch direkte Anklänge aus lateinischen Bibelübersetzungen geprägt sieht; sie zählt auch Wortneubildungen und semasiologische und syntaktische Neuerungen dazu, die sie im Gegensatz zu den Auffälligkeiten im Wortschatz als »mittelbare (indirekte) Christianismen«152 bezeichnet. Gerade hier setzt die Kritik mehrerer Forscher an, die sich mit Mohrmanns Standpunkt beschäftigen: Schwer zu beweisen bleibt nämlich, was von dem, was Mohrmann anführt, als wirklicher Christianismus und was als allgemeine spätlateinische Neuerung bzw. Vulgarismus aufzufassen ist. So geht z.B. Fridh davon aus, daß die christlichen Schriftsteller sich im Vergleich zu ihren heidnischen Zeitgenossen weniger an die literarische Tradition gebunden fühlten und die Möglichkeiten der lebendigen Sprache freier nutzten, die freilich auch von den Heiden gesprochen wurde.153 148 Balogh, S. 352. 149 Vgl. ebd., S. 354. 150 Vgl. Norden, S. 550 u. Barry, S. 252. 151 In ihrer Monographie von 1965 (1. Auflage 1932) behandelt Mohrmann »Die altchristliche Sondersprache in den Sermones des hl. Augustin«. Vgl. auch den Aufsatz von Josef Schrijnen. Zu der Auseinandersetzung mit Norden und Barry vgl. Schuchter, S. 115–117. Schuchter vertritt eine mittlere Position und beschränkt sich in ihrem Beitrag »Zum Predigtstil des Hl. Augustinus« darauf, eine kurze Darstellung der rhetorischen Elemente zu geben, die für die sermones Augustins charakteristisch sind. 152 Mohrmann, Entstehung und Entwicklung, S. 11. 153 Fridh, S. 681. Gegen die Auffassungen von Schrijnen und Mohrmann wenden sich auch Devoto, S. 322, Löfstedt, S. 68–87, Brandenburg, S. 76f. m. Anm. 30, Hagendahl, Tertullian, S. 10f. u. S. 52, von Albrecht, Rez., S. 179f. u. Marti, S. 622.
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Auch Auerbach bleibt nicht bei der theoretischen Einordnung der Rhetorikkonzeption Augustins stehen, sondern ist darum bemüht, ihre praktische Umsetzung anhand ausgewählter Texte des Kirchenvaters zu verdeutlichen: Augustin übernehme von Cicero zwar die drei genera dicendi, unterscheide sich aber insofern von dem Römer, als bei diesem die Stilhöhe vom Inhalt, bei dem christlichen Prediger dagegen von der Redeabsicht abhänge.154 Seine an Augustin entwickelte These wendet Auerbach auf die gesamte christliche Literatur lateinischer Sprache an, deren Stil er durch eine Mischung des Erhabenen und des Niedrigen gekennzeichnet sieht: Obgleich die Gegenstände der christlichen Literatur allesamt bedeutend seien, würden sie in einfachen, allgemein zugänglichen, zuweilen volkssprachlichen und »kraß realistische[n]«155 Worten erläutert. Insgesamt werde eine Stilart verwendet, die Auerbach als sermo humilis bezeichnet, der in der antiken Theorie streng vom erhabenen Sprachstil, dem sermo gravis oder sublimis, habe getrennt werden müssen.156 Zwar wird diese Ansicht auch heute noch von einzelnen Forschern vertreten;157 es fehlt aber nicht an Stimmen, die der Vorstellung eines spezifisch christlichen sermo humilis ablehnend gegenüberstehen und Auerbach u.a. die »gewaltsame Vereinfachung einer komplizierten Sachlage«158 vorwerfen. Auch Schäublin hat sich gegen die Annahme eines spezifisch christlichen sermo humilis etwa bei Ambrosius gewandt und damit ausdrücklich Stellung gegen Oberhelman bezogen, der seinerseits in der Tradition Auerbachs steht.159 Während Oberhelman die These vertritt, Ambrosius habe seine Predigten zunächst mit Rücksicht auf seinen Hörerkreis in sehr anspruchsloser Form gehalten und erst im nachhinein für die Veröffentlichung nach allen Regeln der rhetorischen Kunst überarbeitet,160 ist Schäublin davon überzeugt, daß der Rhetorikprofessor Augustin von der Redefer154 Vgl. Auerbach, Literatursprache, S. 30. 155 Ebd., S. 43. 156 Auerbach, Mimesis, S. 147: »In der antiken Theorie hieß der hohe, erhabene Sprachstil sermo gravis oder sublimis; der niedere sermo remissus oder humilis; beide mußten streng getrennt bleiben. Im Christlichen dagegen ist von vornhinein beides verschmolzen, insbesondere in der Inkarnation und Passion Christi, in denen sowohl sublimitas wie humilitas, und beide im Übermaße, verwirklicht und vereinigt sind.« 157 Vgl. z.B. Kaster, Guardians, S. 83, Anm. 233, Oberhelman, S. 125f. u. Studer, Schola christiana, S. 109. 158 Norberg, S. 187. Zur Kritik an Auerbach vgl. auch Hess, S. 173–211, Curtius, Lehre von den drei Stilen, S. 57–70, Dronke, S. 362f., Brandenburg, S. 76f., Hagendahl, Tertullian, S. 57 u. von Albrecht, Rez., S. 181. 159 Vgl. Schäublin, Umfeld der christlichen Predigt, S. 29. 160 Vgl. Oberhelman, S. 101 u. S. 124f. An der zuletzt genannten Stelle unterscheidet Oberhelman zwischen dem »colloquial sermon in sermo humilis« und der revidierten Fassung »in good stylistic prose«. Für Augustins Predigten ist durch retract. epil. bezeugt, daß die Mitschriften seiner Predigten nicht überarbeitet worden sind (vgl. Merkt, S. 77f. m. Anm. 9).
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tigkeit des Ambrosius nie so, wie in den confessiones geschildert,161 habe beeindruckt werden können, wenn sich der Mailänder Bischof des sermo humilis bedient habe. Auch Bruna Pieri gelangt bei einem Vergleich zwischen dem Stil der confessiones und der sermones zu einem die Kontinuität betonenden Ergebnis:162 Il confronto stilistico fra Confessiones e Sermones di Agostino fa emergere il prevalere del genus temperatum – sfruttato ancora nella classica funzione epidittico-laudativa – nelle prime, del genus grande – finalizzato al movere di ciceroniana memoria – nei secondi. Una simile permanenza e valorizzazione della retorica classica trova non solo una spiegazione biografica nella storia della conversione di Agostino, ma anche una giustificazione filosofico-teologica nella semiotica del vescovo di Ippona che consente di superare l’antitesi (tanto pagano quanto cristiana) fra res e verba, e di risolvere in una coincidenza di scopi l’antinomia fra due volti dello stile di Agostino, quello dell’interiorità e quello della predicazione.
1.3.4 Augustin und der christliche Diskurs Anders als Ramsay MacMullen, der in seiner Monographie von 1984 den christlichen Diskurs als irrelevanten Faktor für die Christianisierung bezeichnet,163 hebt Michael Mann als einer der ersten Forscher überhaupt die Bedeutung der Rhetorik und eines spezifisch christlichen Diskurses für die erfolgreiche Ausbreitung des Christentums hervor, die er durch die Sehnsucht der Christen nach sozialer Identität gefördert sieht.164 Auch Mann beschreibt die literarische Kultur als das einende Band der römischen Oberschicht, durch das die Eliten sich kulturelle Identität und Macht sicherten, zugleich aber auch ein System von moralischen Normen etablierten, die es aus Stabilitätsgründen zu beachten galt.165 Mann untersucht, auf welche Weise der christliche Diskurs sich ausbreiten konnte. Anders als in der traditionell gebildeten Oberschicht, die als elitäre und exklusive Gemeinschaft zu betrachten ist, sollte von der christlichen Glaubensgemeinschaft niemand aufgrund seiner fehlenden Bildung ausgeschlossen werden. Dies hatte eine Veränderung der Kommunikationsstrukturen zur Folge. Zwar beruhte auch die Verständigung innerhalb der neuen Religion auf schriftlichen Texten; da aber auch die illitterati miteinbezogen werden mußten, waren sie darauf angewiesen, daß ihnen die Inhal161 162 163 164 165
Vgl. conf. 5,14,24. Pieri, S. 540. Vgl. MacMullen, Christianizing, S. 20f. Vgl. Michael Mann, S. 309. Vgl. ebd., S. 314–316.
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te z.B. von Gemeindebriefen wie die des heiligen Paulus von Kirchenvorstehern vorgelesen wurden.166 Die traditionelle Bildungsoberschicht des Reiches hat sich an dieser Veränderung nicht beteiligt, wie Mann mit der Charakterisierung der Eliten als »having an insular cultural life and a contempt for the intellects of those beneath them«167 verdeutlicht. Averil Cameron hat sich 1991 mit der Frage beschäftigt, wie es dem Christentum gelungen ist, einen – um mit Michel Foucault zu sprechen – »totalizing discourse«168 zu etablieren, unter dem eine umfassende Interpretation der Wirklichkeit zu verstehen ist, die entweder herkömmliche und dem heidnischen Diskurs entstammende Deutungen in ihrem Sinne gestaltete oder vollkommen verwarf.169 Camerons Standpunkt zeichnet sich dadurch aus, daß sie die Gegensätze zwischen dem heidnisch traditionellen Literatursystem und der Art und Weise, wie die Christen sich artikulierten,170 nicht als übermäßig groß betrachtet.171 Wie von Siegmar Döpp gefordert,172 untersucht Cameron den christlichen Diskurs, wie er sich in Auseinandersetzung mit dem überkommenen System entwickelt und verändert hat, freilich nicht ohne seinerseits die Gesellschaft und Kultur, in die er eindrang, zu beeinflussen.173 1.3.5 Die Hörerschaft der sermones Auch mit der Hörerschaft der sermones Augustins haben sich bereits zahlreiche Forscher beschäftigt, um dabei zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen zu gelangen. Die Vorstellung von der Spätantike als einer kulturellen und wirtschaftlichen Verfallszeit hat die Geschichtsschreibung des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts bestimmt174 und konnte nicht ohne Auswirkungen auch auf die Beurteilung des antiken Erziehungswesens und der Literatur bleiben. Daß dabei nicht selten auch die intellektuellen Fähigkei166 Vgl. Michael Mann, S. 316. 167 Ebd. 168 Cameron, S. 2. 169 Vgl. ebd., S. 21 u. de Bruyn, S. 406. 170 Cameron, S. 5 definiert den Begriff »Diskurs« folgendermaßen: »I mean by it all the rhetorical strategies and manners of expression that I take to be particularly characteristic of Christian writing.« 171 Vgl. ebd., S. 20f. 172 Döpp, S. 21 betont, daß die »Interdependenz von Heidnischem und Christlichem größere Aufmerksamkeit« verdiene »als das von moderner Literaturgeschichtsschreibung suggerierte Nebeneinander.« 173 Vgl. Cameron, S. 4. 174 Vgl. dazu Fuhrmann, Spätantike, S. 15f., Geerlings, Marrou, S. XVf., Lößl, S. 347, Studer, Kirche als Schule des Herrn, S. 497 u. Uthemann, S. 147.
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ten, die den Hörern Augustins zugebilligt wurden, eine negative Einschätzung erfahren haben, läßt sich an den Ausführungen Donders’, van der Meers, Oberhelmans und Kleins verdeutlichten.175 Alle vier Forscher gehen davon aus, daß sich die Gottesdienstgemeinde Augustins zum größten Teil aus den gar nicht oder nur wenig gebildeten Unterschichten von Hippo Regius rekrutiert habe. Zwar sind van der Meer und Klein der Meinung, daß zumindest eine »kleine Kaste«176 in der Stadt existiert habe und die Zahl der Lese- und Schreibkundigen sogar recht groß gewesen sei.177 Nicht aber an sie habe Augustin seine Predigten gerichtet, sondern an die infirmi und pauperes, die indocti und ignobiles,178 die Oberhelman zufolge in einem ihrem Bildungsstand angemessenen Stil, dem schon erwähnten sermo humilis, angesprochen worden sind.179 Dieser Ansicht entsprechend hat Auerbach bereits 1958 in dem Adjektiv humilis neben anderen Assoziationen sowohl die soziale und geistige humilitas der Adressaten als auch die humilitas des Stils der Heiligen Schrift erkannt, den nachzuahmen sich der christliche Prediger zum Ziel gesetzt habe.180 Dieser Sichtweise von der Zusammensetzung des Kirchenvolkes in Hippo Regius steht eine andere gegenüber, die sich von der soeben skizzierten erheblich unterscheidet. Hadot weist darauf hin, daß sich insbesondere aufgrund archäologischer Funde etwa seit den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts ein bedeutender Wandel in der Bewertung der kulturellen und sozialen Situation der hellenistischen und kaiserzeitlichen Städte Vorderasiens und Nordafrikas vollzogen habe.181 Spätestens seit den Studien von Claude Lepelley sei von einer wirtschaftlichen und kulturellen Blüte der Städte Nordafrikas im 4. und 5. Jahrhundert auszugehen, die sich bereits unter Diokletian abzuzeichnen beginne und selbst mit dem Beginn der Vandalenherrschaft nicht gänzlich zusammenbreche.182 Vor diesem Hintergrund ist zu vermuten, daß zumindest in den Städten ein noch funktionierendes Schulwesen, das tief in der antiken Tradition wurzelte, existierte. Van der Meer freilich behauptet in seinem Buch, daß es z.B. in Thagaste keine Mittelschule, d.h. also keinen Grammatiklehrer, gegeben habe, und dies vermutlich auch für Hippo Regius der Fall gewesen sei.183 Im Gegensatz dazu verweist Hadot auf folgenden Sachverhalt: Augu175 176 177 178 179 180 181 182 183
Vgl. Donders, S. 101. van der Meer, S. 170. Vgl. Klein, Arm und Reich, S. 484f., Anm. 11. Vgl. ebd., S. 487. Vgl. Oberhelman, S. 125f. Vgl. oben, S. 39. Vgl. Hadot, Erziehung, S. 99. Vgl. ebd., S. 100. Vgl. van der Meer, S. 170.
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stin selbst habe in Thagaste Grammatik gelehrt, wie er im zweiten Buch seines Dialogs contra Academicos andeute und sein Biograph Possidius in der vita Augustini (1,2) explizit überliefere.184 Daraus aber, daß Romanius als Euerget der Stadt Thagaste Augustin (im Jahre 376) nur ungern als Lehrer nach Karthago habe ziehen lassen (c. acad. 2,2,3), folgert Hadot, daß in Thagaste sehr wohl ein an einem Unterricht in Grammatik interessiertes Publikum vorhanden war, und daß Romanius Wert darauf legte, daß guter Grammatikunterricht in Thagaste erteilt wurde.185
Diese um vieles positivere Charakterisierung der nordafrikanischen Bildungssituation findet sich vor allem in den Beiträgen der neueren Augustinforschung vertreten, die z.T. auch zu einer neuen Vorstellung von der Hörerschaft Augustins und ihres Bildungsstandes gelangt ist. Anhand von knapp fünfzig Stellen aus den sermones hat Pellegrino bereits 1979 das Bild eines heterogen zusammengesetzten Publikums entworfen und gelangte dabei zu folgendem Schluß:186 We cannot expect to find Augustine mentioning all the various classes of hearers whom he saw in front of him. It seems obvious, nonetheless, that these various classes were in fact present and that the congregation included people of all ages and both sexes, all the classes of society, all the professions, and all degrees of education.
Wurden hier also anders, als es noch bei van der Meer der Fall gewesen war, nicht nur die ungebildeten Zeitgenossen als Hörerschaft Augustins vorausgesetzt, so behauptet MacMullen, der die extremste Ansicht der Gegenseite vertritt, daß Augustin als ehemaliger Rhetor seine Kunstfertigkeit vollständig zur Anwendung gebracht und dabei in erster Linie die reichen und gebildeten Mitglieder der Gemeinde als Adressaten im Auge gehabt habe.187 Pauperes, wie Klein sie annimmt,188 schließt MacMullen als Gottesdienstteilnehmer aus, denn unter den Armen, an die Augustin sich nur ganz vereinzelt wende,189 seien keineswegs städtische Bettler, sondern kleine Landbesitzer zu verstehen, die sogar über teure Sklaven verfügt hätten.190 Nur für bestimmte Feiertage nimmt MacMullen auch die Anwesenheit von Kleinbauern an, die zu diesem Zweck vom Land in die Stadt gekommen seien und die Augustin angesichts der Tatsache, daß sie sich 184 Vgl. Hadot, Erziehung, S. 121f. 185 Ebd., S. 122. 186 Pellegrino, General introduction, S. 87. Die Charakterisierung der Hörerschaft Augustins bei Pellegrino basiert auf der von Pontet, S. 55–62. 187 Vgl. MacMullen, The preacher’s audience, S. 508–511. Vgl. dazu auch Brown, Macht und Rhetorik, S. 101. 188 Vgl. oben, S. 42. 189 Anders Pontet, S. 55: »Le prédicateur s’adresse tour à tour aux uns et aux autres.« 190 Vgl. MacMullen, The preacher’s audience, S. 509.
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kulturell um Welten von dem Publikum unterschieden, das er für gewöhnlich in der Kirche vorfand, wohl als barbaroi empfunden habe.191 Hubertus R. Drobner äußert im Vorwort seiner Übersetzung zu den Predigten Augustins über das Bischofsamt die Überzeugung, daß der Kirchenvater seine theologischen Ausführungen keineswegs auf die Ansprüche des »gemeine[n] Volk[es]«192 herabgestimmt oder die Lehre sogar vereinfacht habe. Vielmehr sei die Theologie der Predigten identisch mit derjenigen der Werke, wobei allerdings folgendes zu beachten sei: häufig finde sie sich anschaulicher und praktischer dargestellt und wirke oft auch ausgewogener, weil sie in der Katechese weitgehend von polemischer Kontraposition habe frei bleiben können. Im Gegensatz dazu hat Aviad M. Kleinberg bereits 1987 am Beispiel der Schrift de agone christiano nachzuweisen versucht, daß Augustin seine Predigten und Schriften auf sein Publikum abgestimmt habe, indem er z.B. in der genannten Abhandlung, die eloquio Latino ineruditi (retract. 2,3) gewidmet sei, ganz bewußt theologische Sachverhalte unerwähnt lasse, die seinen Adressaten aufgrund ihrer mangelnden Vorbildung unverständlich geblieben wären.193 Mit Blick auf die Predigten Augustins formuliert Kleinberg:194 The huge body of sermons still awaits a comprehensive study that would give us a clearer idea of the concepts which Augustine preached to his community and of their development through time.
Eine weniger extreme Position als MacMullen vertritt Schäublin, der sich mit den paganen Elementen der christlichen Exegese und Predigt beschäftigt hat und in beiden Fällen trotz mancher Unterschiede deutliche Verbindungslinien zwischen der heidnischen und christlichen Welt herausarbeiten konnte.195 Schäublins Ergebnisse sind um so bedeutender, als auch sie zumindest implizit ein gewisses Maß an Bildung bei der Kirchengemeinde voraussetzen. So ist z.B. die Behauptung des Forschers, daß Augustins Publikum die Nähe der christlichen Homilie zur paganen Deklamation sehr
191 Vgl. MacMullen, The preacher’s audience, S. 510. 192 Drobner, »Für euch bin ich Bischof«, S. 11. 193 Vgl. Kleinberg, S. 16–33. 194 Ebd., S. 26. 195 Vgl. Schäublin, Prägung der christlichen Exegese, S. 159 u. ders., Umfeld der christlichen Predigt, S. 47–49. Zur Verwendung von bereits beim Grammatiker erworbenen Methoden im Umgang mit der Heiligen Schrift äußert sich auch Studer, Delectare et prodesse, S. 500: »In seinen beachtlichen Ausführungen über die Lesung (›lectio‹) der Heiligen Schriften und die weitere Beschäftigung (›exercitatio‹) mit ihnen, übernimmt er indes weitgehendst die Auslegungsmethoden, welche er in der Schule beim Studium der klassischen Autoren gelernt und dann auch gelehrt hatte.«
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wohl empfunden habe,196 überhaupt nur unter der Voraussetzung haltbar, daß die Zuhörer bereits selbst einmal im Unterricht des Rhetors »deklamiert« oder zumindest den z.T. auch öffentlich vorgetragenen Redeübungen anderer Deklamatoren beigewohnt hatten. Den Beifall, der Augustin für seine Predigten gespendet wurde, wertet Schäublin als ein Zeichen dafür, daß in der Kirche neben dem Anspruch, geistliche Erbauung zu finden, zuweilen auch das Verlangen existierte, mindestens ebenso »deklamatorisch erfreut«197 zu werden. Studer hat in zwei Aufsätzen gezeigt, daß Augustin bei seiner Verkündigung auf das herkömmliche Schulsystem und auf die Erfahrungen, die seine Hörer mit diesem gemacht hatten, rekurriert. Auch hier ist zu sagen, daß die Strategie, die Kirche als »neue Schule« zu präsentieren und durch Bezüge zum herkömmlichen Schulunterricht ganz bewußt Assoziationen bei den Gläubigen zu wecken, überhaupt nur dann erfolgreich sein konnte, wenn Augustins Zuhörer zumindest den Elementarunterricht beim ludi magister besucht und hier u.a. Lesen und Schreiben gelernt hatten. Wenn Studer die Meinung vertritt, daß die Häufigkeit der Vergleiche zwischen Kirche und Schule in den opera Augustiniana dadurch zu erklären sei, »daß Augustinus sich wohl bewußt war, daß er damit bei vielen Gläubigen gut ankam«198, setzt er zunächst stillschweigend voraus, was er dann ausdrücklich enthüllt:199 Auch wenn bei weitem nicht alle lesen und schreiben konnten, gab es doch viele, die die Schule besucht hatten oder auch, wie er selbst, eine höhere Bildung besaßen.
Angesichts der zahlreich verwendeten termini technici aus dem Bereich der antiken Schule stellt Studer bereits in seinem Beitrag aus dem Jahre 1989 fest, daß Augustin in einer Vielzahl von Predigten keineswegs seine Vergangenheit als Grammatiker und Rhetoriker verleugne.200 Er äußert hier allerdings eine Ansicht, die er 1996 nicht mehr mit demselben Nachdruck vertritt: Es seien vor allem die exegetischen Vorträge an ein gebildeteres Publikum,201 weit weniger aber die Festreden, wie sie z.B. an den Osterfesttagen gehalten worden seien, in denen Augustin sich eines Vokabulars 196 Vgl. Schäublin, Umfeld der christlichen Predigt, S. 36. 197 Ebd. Dagegen Uthemann, S. 150, Anm. 8: »Diese Zielsetzung [dem ästhetischen Genuß des Publikums zu dienen, Anm. d. Verf.] hat in der Predigt nur ein beschränktes, relatives Recht, nämlich bezogen auf das genus grande.« 198 Studer, Kirche als Schule des Herrn, S. 487. 199 Ebd. Anders Hill, St Augustine’s theory, S. 594, der die Ansicht vertritt, daß Augustin vor einem Publikum predigte, »of whom not one in a thousand shared his own literary culture.« 200 Vgl. Studer, Delectare et prodesse, S. 504 m. Anm. 49. 201 Etwa ein Drittel der enarrationes in psalmos und ein großer Teil der tractatus in Iohannis evangelium wurden als zuvor diktierte Predigten von Klerikern der Gemeinde vorgelesen (vgl. Frank, Sapienter et eloquenter, S. 262.
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bediene, das an den Schulbetrieb erinnere. Sieben Jahre später modifiziert Studer seine Aussage dahingehend,202 daß er [d.h. Augustin, Anm. d. Verf.] die liturgische Gemeinde oder eventuell den Kreis von intellektuell besonders interessierten Christen als eine Art Schule verstand, in der die Bibel in ähnlicher Weise gelesen, erklärt und aktualisiert wurde, wie man in der Grammatik, Rhetorik, Philosophie und anderen Fachgebieten die hervorragendsten Autoren der Vergangenheit studierte.
Zwar hebt Studer auch im zweiten Aufsatz, den er angesichts der in der Zwischenzeit erschienenen Forschungsliteratur bereits in »größerer Klarheit in der Sache«203 verfaßt haben will, hervor, daß die Bemühungen Augustins darauf gerichtet gewesen seien, die intellektuelle Bildung vor allem der Fortgeschrittenen zu fördern.204 Davon aber, daß Augustin den Topos von der schola Christi insbesondere für die Hörer und Leser etwa der enarrationes in psalmos reserviert habe,205 ist nicht mehr die Rede. Darüber hinaus lassen auch die von Studer angeführten Quellennachweise erkennen, daß zur Bearbeitung des Themas in etwa ebenso viele Stellen aus den sermones ad populum wie aus dem Psalmenkommentar herangezogen worden sind. Konrad Vössing stellt in seiner Dissertation die Bildungssituation in Hippo Regius für die Zeit Augustins dar. Im Gegensatz zu van der Meer, Brown, Chadwick und Harris geht er davon aus, daß die traditionelle Bildung und ihre Einrichtungen in Hippo zu Beginn des 5. Jahrhunderts sehr wohl noch präsent gewesen seien.206 Vössing verweist auf die Existenz bedeutungsvoller literarischer Freundeskreise in Hippo, denen auch Volusianus, Marcellinus und Nectarius angehörten, bei denen es sich um begeisterte Anhänger der überkommenen literarischen Kultur handelt, die mit Augustin in Briefkontakt standen.207
202 Studer, Kirche als Schule des Herrn, S. 497. 203 Ebd., S. 485. Studer erwähnt hier den Aufsatz Schäublins aus dem Jahre 1992. 204 Vgl. ebd., S. 487. 205 Zum Ort der Verkündigung der enarrationes vgl. Fiedrowicz, Psalmus, S. 24, der davon ausgeht, daß die Auslegungen der Psalmen nur selten in Hippo, dafür aber um so häufiger in Karthago vorgetragen worden sind. 206 Vgl. Vössing, Schule und Bildung, S. 236f. Vössing bezieht sich auf van der Meer, S. 170, Brown, Christianity, S. 92, Chadwick, Augustin, S. 7 u. Harris, S. 298. 207 Zum Briefwechsel mit Volusianus und Nectarius vgl. unten, S. 162f., S. 186f., S. 202, 204 (Volusianus) u. S. 161f., S. 184 u. S. 194–198 (Nectarius).
2 Der soziokulturelle und historische Kontext
2.1 Das traditionelle Bildungssystem Vom 1. Jahrhundert v. Chr. bis zum Ende der römischen Kaiserzeit war für die jungen Leute der oberen sozialen Schichten der grammatischrhetorische Bildungstyp am verbreitetsten1 und auch zur Zeit Augustins noch in einem festen institutionellen Rahmen verankert:2 Auf den Besuch der Elementarschule, in der die Schüler beim magister ludi (litterarii) das Rechnen, Lesen und Schreiben lernten, folgte der Unterricht beim grammaticus, der als Propädeutik für die sich anschließende Rednerausbildung das theoretische Studium des regelkonformen Sprechens (ars recte dicendi) und die Erklärung der klassischen Dichter (enarratio poetarum) umfaßte.3 Erst beim rhetor wurden die Schüler in die Redekunst eingeführt, die in Rom zur Zeit der Republik das wichtigste Instrument jedes Anwalts und Politikers darstellte, in der Kaiserzeit aber – zumindest was den ursprünglichen Wirkungsbereich der eloquentia, die politische Rede vor dem Volk, betrifft – an Bedeutung verlor.4 Seit dem Ende der Republik wurde der Unterricht zweisprachig im Lateinischen und Griechischen erteilt.5 Während der Fremdsprachenunterricht sich bis zum Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. auch im Westen des Reiches noch in der Weise vollzog, daß die Schüler die griechische Sprache und 1 Vgl. Hill, St Augustine’s theory, S. 589, Scholl, S. 506, Kaster, Guardians, S. 11, Hadot, Erziehung, S. 106 u. S. 115, dies., Geschichte der Bildung, S. 23, Studer, Eruditio veterum, S. 333, Marrou, Ende der antiken Bildung, S. 4, Fuhrmann, Philologie, S. 173 u. Fussl/Pingree, Sp. 475. 2 Vgl. Wolf, S. 31, Marrou, Geschichte der Erziehung, S. 365–370 u. S. 389–423 u. ders., Ende der antiken Bildung, S. 3–137. Vössing, Augustins Schullaufbahn, S. 886 erkennt die drei genannten Unterrichtsebenen zwar an und sieht in ihnen »gewissermaßen die Idealtypen der römischen Schule« (ebd., S. 891), die sich theoretisch klar voneinander unterscheiden lassen und generell aufeinander bezogen sind; er warnt aber davor, hinsichtlich der konkreten Organisation von starren Normen auszugehen: »Die ›Regel‹ war vielmehr eine große Variationsbreite« (ebd., S. 891). Vgl. dazu auch ders., Geschichte der römischen Schule, S. 476–478. 3 QUINT. inst. 1,4,2 teilt die Grammatik in zwei Teile, und zwar in die recte loquendi scientia und die poetarum enarratio. Vgl. dazu Kaster, Guardians, S. 11 m. Anm. 1 u. Engels, Sp. 353. 4 Vgl. Marrou, Ende der antiken Bildung, S. 76f. Vgl. z.B. die häufigen Klagen über die corrupta eloquentia schon bei Quintilian (seine verlorene Schrift trug den Namen de causis corruptae eloquentiae) oder Tacitus (dialogus de oratoribus 28-30). Zu den antiken Theorien über Entwicklung und Verfall der Redekunst vgl. Heldmann. 5 Vgl. Engels, Sp. 353.
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Der soziokulturelle und historische Kontext
Literatur vollständig beherrschten und sogar selbständig Reden und Verse verfaßten, begann die Qualität und der Umfang der Unterweisung hier seit dem 3. Jahrhundert n. Chr. zu sinken.6 Für Augustin ist davon auszugehen, daß er griechische Texte nur mit Mühe verstand und nicht dazu in der Lage war, sich in der fremden Sprache mündlich oder schriftlich zu artikulieren.7 Der Teil des Grammatikunterrichts,8 der den Schülern die Regeln des richtigen Sprechens und Schreibens vermittelte, beschäftigte sich vor allem mit der korrekten Phonologie und Morphologie des Lateinischen, während die Syntax nur ganz rudimentär behandelt wurde.9 Einen wichtigen Punkt dieser im eigentlichen Sinn grammatischen Schulung stellte die Untersuchung von Sprachfehlern (vitia) bei den klassischen Dichtern dar, wie sie sich z.B. in Barbarismen, Solözismen und Metaplasmen manifestierten.10 Mit den sprachlichen Inkorrektheiten setzten die Schüler sich nicht nur deswegen auseinander, um künftig selbst solche vitia zu vermeiden; vielmehr sollten die aus metrischen oder ästhetischen Gründen resultierenden und damit bewußten Fehler der analysierten Autoren als Beispiel und Legitimation für eigene sprachliche Unrichtigkeiten dienen, die künstlerischen Motiven entsprangen und darauf abzielten, die Virtuosität des Verfassers zu erweisen.11 Der Unterricht beim grammaticus orientierte sich keineswegs am Latein der Gegenwart, sondern an der Kunstsprache ausgewählter Autoren der Vergangenheit, deren Vorbildfunktion alle, die zu den Gebildeten zählen wollten, anerkennen mußten.12 Livius Andronicus, Ennius, Plautus und Terenz erreichten teilweise schon zu Lebzeiten den Rang von Schulautoren. Erst in augusteischer Zeit führte Q. Caecilius Epirota »Vergil und die anderen neuen Dichter«13 in den Bildungskanon ein, ehe im Laufe des 1. Jahrhunderts n. Chr. auch Ovid, Lukan, Statius, Horaz, Cicero und Sallust Einzug in den Unterricht hielten. Gegen Ende desselben Jahrhunderts erfolgte eine Rückkehr zu den veteres Latini wie Ennius. In der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts wurden die Klassiker, d.h. diejenigen Autoren, die vor dem 6 Vgl. Hadot, Geschichte der Bildung, S. 23. 7 Vgl. Altaner, Augustinus, S. 151f., Hadot, Erziehung, S. 117f., dies., Geschichte der Bildung, S. 23 u. Marrou, Ende der antiken Bildung, S. 25–41. 8 Der folgende Überblick über das traditionelle Bildungssystem konzentriert sich auf die Darstellung der lateinischen Schule, die in ihrer Organisation und ihren Methoden ganz mit ihrem griechischen Vorbild übereinstimmt. Zum Grammatikunterricht vgl. auch Stanley F. Bonner, S. 189–249. 9 Vgl. Kaster, Islands, S. 153, ders., Guardians, S. 12 u. Marrou, Ende der antiken Bildung, S. 10–12. 10 Zum Folgenden vgl. Marrou, Ende der antiken Bildung, S. 11–13. 11 Vgl. ebd., S. 12. 12 Zum Folgenden vgl. Engels, Sp. 354. 13 SUET. gramm. 16,2.
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2. Jahrhundert n. Chr. gelebt hatten, zum Gegenstand des Lektüreprogramms, das sich nun aus einigen bedeutenden Namen zu formieren begann.14 Vergil, Terenz, Sallust und Cicero galten seither als die Säulen des römischen Literaturunterrichts. Von Cassiodor (inst. 1,15,7) werden sie in Anlehnung an das Handbuch des Arusianus Messius, der die vier Autoren in seiner Schrift exempla elocutionum als sprachliche Vorbilder empfahl, als quadriga Messii bezeichnet.15 Sie regelten den Sprachgebrauch, die consuetudo,16 die nicht auf dem gewohnheitsmäßigen Sprachduktus der ungebildeten Menge, sondern auf der von allen Gebildeten geteilten Literatursprache basierte.17 Größeres Gewicht als auf die Grammatik im eigentlichen Sinn legte der Unterricht auf dieser zweiten Stufe des römischen Bildungssystems auf das Studium der bereits erwähnten Dichter, das sich in vier Phasen vollzog und seit Varro aus der lectio, emendatio, enarratio und dem iudicium bestand:18 Lectio war der Vorgang, durch den ein Leser sich den Text in der Weise erarbeiten mußte, daß er sich über die aus Buchstaben, Silben, Wörtern und Sätzen bestehenden Elemente Klarheit verschaffte (discretio), damit er das Ganze dann in sinngemäßer Betonung laut lesen konnte (pronuntiatio). Der Vorgang der emendatio ergab sich aus der Übertragung der Manuskripte und verlangte vom Leser (oder von dessen Lehrer), daß er in die Abschrift Korrekturen einfügte, womit manchmal die Versuchung einherging, den Text zu verbessern. Im Zuge der enarratio stellte man Eigentümlichkeiten des Vokabulars sowie der rhetorischen und literarischen Form fest (oder machte Ausführungen zu ihr); vor allem aber diente sie der Interpretation des Textinhalts (explanatio). Iudicium hieß der Prozeß der Beurteilung der ästhetischen Qualitäten beziehungsweise des moralischen und philosophischen Werts eines Textes (bene dictorum conprobatio).
Hinzuweisen bleibt darauf, daß der antike Unterricht keine Schulfächer im heutigen Sinne kannte. Im Zuge des Sachkommentars, den der grammaticus zu dem jeweiligen Text vornahm, wurden jedoch Kenntnisse z.B. in Biologie, Geschichte, Geographie, Geometrie, Arithmetik, Astronomie und Musiktheorie vermittelt.19 14 Vgl. Marrou, Geschichte der Erziehung, S. 406 u. Studer, Schola christiana, S. 89. 15 Vgl. Marrou, Geschichte der Erziehung, S. 407. 16 Zur Verwendung des Substantivs consuetudo bei Augustin vgl. Zumkeller, Consuetudo, Sp. 1253–1266. Speziell zur Bedeutung »Sprachgebrauch« vgl. ebd., Sp. 1257–1259. 17 QUINT. inst. 1,6,45: Nam ut transeam, quem ad modum vulgo imperiti loquantur, tota saepe theatra et omnem circi turbam exclamasse barbare scimus. Ergo consuetudinem sermonis vocabo consensum eruditorum, sicut vivendi consensum bonorum. 18 Parkes, S. 137. Vgl. auch Banniard, Europa, S. 34–36 u. Marrou, Ende der antiken Bildung, S. 17–23. In der antiken Literatur findet sich diese vierfache Methode der grammatischen Tradition bei Quintilian an den Stellen inst. 1,4,1–3 u. 1,8,1–21 beschrieben. 19 Vgl. Vössing, Schule und Bildung, S. 374 u. ders., Geschichte der römischen Schule, S. 472.
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Die Aufgabe des Rhetoriklehrers bestand darin, die Schüler theoretisch und praktisch in der Beredsamkeit zu unterweisen.20 Die Einführung in die rhetorische Technik (ars) behandelte die verschiedenen Gattungen der Rede (genera causarum) ebenso wie die fünf Aufgaben bzw. Arbeitsgänge des Redners (officia oratoris).21 Letztere umfaßten die inventio (Auffindung des Stoffes), die dispositio (Anordnung des Stoffes), die elocutio (Stilisierung), die memoria (Einprägen) und die pronuntiatio (Vortrag). Für jedes dieser officia war eine Reihe von Einzelvorschriften und Richtlinien zu beachten,22 die hier deswegen, weil in späteren Kapiteln dieser Arbeit Augustins Stil besondere Aufmerksamkeit zukommen wird, nur für den Bereich der elocutio vorgestellt werden sollen: Solange die politischen Verhältnisse Roms es zuließen, hatte die Anwendung der Rhetorik vor allem in Gerichtsverhandlungen und politischen Reden ihren Platz. Das Ziel des Redners bestand ausschließlich im persuadere, d.h. darin, das Auditorium von der Richtigkeit der vorgetragenen Inhalte zu überzeugen. Um dieses Ziel zu erreichen, standen drei Mittel zur Verfügung, denen ebenso viele Stilarten entsprachen:23 Sollten die Zuhörer auf dem Wege sachlicher Argumentation (probare, docere) für die eigene Position gewonnen werden, dann hatte der Redner sich des schlichten Stils (genus tenue) zu bedienen. Ging es darum, das Publikum durch eine ansprechende Redeweise wohlwollend zu stimmen (conciliare, delectare), dann war der mittlere Stil, das genus medium, einer anmutigen und poetischen Prosa zu verwenden. Beabsichtigte der Redner jedoch, seinem Anliegen dadurch Erfolg zu verleihen, daß er seine Zuhörer affektisch erregte (commovere, perturbare, flectere), dann mußte er auf den erhabenen und pathetischen Stil des genus grande oder sublime zurückgreifen. Für jede der genannten Stilarten waren vier Stilqualitäten verbindlich: Neben der beim Grammatiker erlernten Sprachrichtigkeit (Latinitas, puritas), die alles umfaßte, was zur korrekten Verwendung der Sprache gehörte,24 war die Klarheit (perspicuitas) der eigenen Aussagen zu beachten.25 Ein guter Redner zeichnete sich dadurch aus, daß er sich bei seinen Ausführungen an den Möglichkeiten des Publikums, an den eigenen Fähigkeiten und an der Wichtigkeit des Gegenstands orientierte und somit das Erfordernis der Angemessenheit (aptum) beachtete.26 Schließlich wurde eine Ausschmückung der Rede (ornatus) erwartet, die sich auf die Anord20 Vgl. Marrou, Ende der antiken Bildung, S. 43. Zum Rhetorikunterricht allgemein vgl. Stanley F. Bonner, S. 250–327. 21 Zum Folgenden vgl. Fuhrmann, Rhetorik, S. 77f. 22 Vgl. Lausberg, §§ 40–43 (inventio), §§ 46–90 (dispositio) u. § 45 (memoria u. pronuntiatio). 23 Vgl. CIC. orat. 21 u. Fuhrmann, Rhetorik, S. 114 u. S. 143–145. 24 Vgl. Lausberg, §§ 103–129. 25 Vgl. ebd., §§ 130–161. 26 Vgl. Fuhrmann, Rhetorik, S. 118–123.
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nung der Gedanken und Worte, die Wortwahl, den Satzbau, den Klang und den Rhythmus bezog.27 Nachdem die Regeln der officia oratoris vom Lehrer erläutert und von den Schülern auswendig gelernt worden waren, schloß sich das Studium anerkannter Vorbilder an (imitatio), wobei jetzt nicht mehr wie beim grammaticus die Dichter, sondern die Redner und Historiker im Mittelpunkt des Interesses standen und in großen Teilen auswendig gelernt wurden.28 Schließlich bereiteten die Schüler sich durch eine Art Aufsatzübung, wie sie auch schon im Grammatikunterricht in den sogenannten EGD9:¾6 zum zentralen Diskussionsgegenstand entwikkelte.55 Damit ging eine innerchristliche Diskussion einher, die zwischen mehr an der überkommenen Bildung orientierten Christen und asketischen Mönchskreisen geführt wurde.56 Für die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts ist auf einen Assimilationsprozeß zu verweisen, in dessen Verlauf christliche Intellektuelle zu einer Symbiose von Christentum und klassischer Kultur gelangten.57 In der Mitte des 4. Jahrhunderts zeigten die Christen kaum Hemmungen gegenüber der klassischen Literatur, ja nicht einmal gegenüber den religiösen Traditionen der Heiden, die in dieser Literatur weitergegeben wurden.58 Demgegenüber bedeutete das Schulgesetz Julian Apostatas vom Juni 362 einen Rückschlag,59 der die Folgezeit trotz des frühen Todes Julians (363) und der Aufhebung des Gesetzes (364)60 in der Westhälfte des Römischen Reiches prägte.61 Durch den kaiserlichen Erlaß wurde christlichen Lehrern die Behandlung des traditionellen Literaturkanons im Unterricht untersagt, weil Julian von ihnen verlangte, das, was sie lehrten, auch tatsächlich zu
53 Vgl. Marrou, Ende der antiken Bildung, S. 3–278. 54 Darauf, daß gerade gebildete Christen das Wiederaufleben der alten Kultur zum Problem wurde, weist auch Zelzer, Symmachus, S. 157 am Beispiel des Hieronymus hin: »Besonders im Jahr 384, als in Rom das Heidentum wieder etwas erstarkte [...] wurde Hieronymus, wie die eingangs zitierte Traumvision zeigt, seine besondere Vorliebe für die klassische Literatur zum Problem, weil er dadurch, so glaube ich, sein Ziel, Nachfolger des achtzigjährigen Papstes Damasus zu werden, bedroht sah [...]« 55 Vgl. Markus, S. 8. 56 Vgl. Cameron, S. 179 u. Eigler, La missione di trasmissione, S. 187f. 57 Vgl. Markus, S. 2f., der auf das Vergilcento Probas als Beispiel dafür verweist, daß Christen und Heiden sich in der Dichtung einander zu nähern begannen. 58 Vgl. Saddington, S. 86 u. Markus, S. 3. 59 Zum Inhalt des Gesetzes vgl. AMM. 22,10,7 u. 25,4,20. Augustin nimmt auf das Gesetz conf. 8,5,10 Bezug. 60 Vgl. Nesselrath, S. 80. 61 Vgl. Markus, S. 4f.
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glauben.62 Obwohl christlichen Schülern der Zugang zum Unterricht auch weiterhin offenstand, empfand die christliche Elite den Vorstoß des Kaisers als Versuch, den Anhängern der neuen Religion den Zugang zu jeder höheren Bildung zu versperren.63 Die heftige Reaktion der Christen auf das Gesetz verdeutlicht, wie hoch die traditionelle E6>9:¾6 auch von ihnen eingeschätzt wurde.64 Sie erweist Julians Vorgehen als ein für seine Zeit anachronistisches Bemühen, einen Keil zwischen heidnische und christliche Kultur zu treiben.65 Mit Julians Gesetz wurde die überkommene Bildung zum wichtigsten Streitpunkt in dem Konflikt zwischen Heiden und Christen, der auch innerkirchlich zu Polarisierungen führte.66 Die Bedrohung durch das Christentum führte am Ende des 4. Jahrhunderts innerhalb der römischen Oberschicht zu einer Orientierung an der vetustas, die Ulrich Eigler zugleich als Autorenkanon, als die von diesem abgeleitete klassische Sprache und als vorbildliche Epoche der Vergangenheit definiert.67 Männer wie Symmachus befürchteten, daß zusammen mit ihrer Religion auch ihr gesamtes geistiges und literarisches Erbe ausgelöscht werden könne. Sie bemühten sich deshalb darum, die alte literarische Kultur neu zu beleben.68 Wie Kaiser Julian knapp zwanzig Jahre zuvor zeigte sich nun auch die römische Aristokratie darum bemüht, das klassische Kulturerbe allein für die Heiden zu beanspruchen und die Christen von der gemeinsamen Tradition auszuschließen. Parallel dazu kam es seit der Mitte des 4. Jahrhunderts zur Verbreitung asketischer Mönchskreise auch im Westen,69 die sich gegen die klassische Bildung und z.T. sogar gegen jede intellektuelle Betätigung aussprachen70 und damit die Restaurationsbestrebungen der Heiden noch verstärkten. Karla Pollmann vermittelt in ihrer Monographie einen Eindruck von den
62 Vgl. Juln. Imp. ep. 61 c. Vgl. auch Speck, S. 362 u. Vössing, Geschichte der römischen Schule, S. 492f. 63 Vgl. Nesselrath, S. 79. 64 Hagendahl, Tertullian, S. 85: »Nichts hat bei intellektuellen Christen solche Entrüstung erweckt, wie die Gefahr, vom Unterricht ausgeschlossen zu werden.« Vgl. dazu auch Ellspermann, S. 4, Dostálová, S. 1 m. Anm. 1 u. Cameron, S. 133 u. S. 138f. 65 Vgl. Markus, S. 4. 66 Vgl. Stockmeier, Glaube, S. 449f., Eigler, La missione di trasmissione, S. 187f. u. ders., Rez. 67 Vgl. Eigler, lectiones vetustatis, S. 10. 68 Vgl. Levine, S. 208–211, Fuhrmann, Literatur der Spätantike, S. 73–75, Zelzer, Ambrosius, S. 203 u. dies., Symmachus, S. 147f. u. S. 157. 69 Eine »Phänomenologie des westeuropäischen Mönchtums im Überblick« bietet Prinz, Askese, S. 13–27. Vgl. auch Lorenz, S. 1–61 u. Lienhard, S. 82–110. 70 Für das westliche lateinische Mönchtum und sein Verhältnis zur antiken Bildungstradition vgl. Prinz, Askese, S. 59–67.
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Tendenzen innerhalb der Kirche des 4./5. Jahrhunderts, das Bibelverständnis stark mit religiösen, überrationalen Erfahrungen zu verbinden und dabei Gnade, Prädestination oder den praktischen Lebenswandel gegen ein intellektuelles Schriftverständnis auszuspielen.71
Als Beispiele für diese Haltung verweist die Forscherin auf Johannes Cassian und Priszillian.72 Beide zeichneten sich dadurch aus, daß sie die Fähigkeit, die Bibel auszulegen, als Gnadengeschenk Gottes und damit als charismatisch73 betrachteten, wodurch jede wissenschaftlich fundierte Beschäftigung mit der Heiligen Schrift überflüssig wurde. Für Cassian ist auf eine Stelle in den conlationes zu verweisen, die erkennen läßt, daß mit der charismatischen Grundhaltung eine Ablehnung der antiken Bildungstradition einherging: der Autor gesteht ein, daß die Kenntnis der traditionellen Literatur ein Hindernis für das Seelenheil darstelle. Die intensive Beschäftigung mit den klassischen Autoren habe ihn so geschwächt, daß sein Geist, vergiftet von den heidnischen Gedichten, sogar während der Gebetszeiten über die törichten Fabeln und Kriegsgeschichten nachsinne, in denen er als Junge unterrichtet worden sei.74 Während die Vertreter der älteren Apologetik wie Tertullian vor allem gegen die Inhalte der weltlichen Literatur polemisierten, ist für die kirchlichen Autoren am Ende des 4. und zu Beginn des 5. Jahrhunderts eine Ablehnung der traditionellen Literatursprache festzustellen, die unter dem Druck asketischer Mönchskreise erfolgte. Der berühmte Traum, in dem Hieronymus sich aufgrund seiner allzu sehr an Cicero geschulten Ausdrucksweise vor Gott angeklagt sah,75 zeigt ebenso wie die Empfehlung des Paulinus von Nola, sich der Schlichtheit der Fischersprache, des sermo 71 Pollmann, Untersuchungen, S. 84. 72 Vgl. ebd., S. 77–82. 73 Vgl. dazu unten, S. 103f. 74 conl. 14,12: [...] quippe cui praeter illas generales animae captivitates, quibus non dubito infirmos quosque pulsari extrinsecus, speciale inpedimentum salutis accedit per illam quam tenuiter videor adtigisse notitiam litterarum, in qua me ita vel instantia paedagogi vel continuae lectionis maceravit intentio, ut nunc mens mea poeticis illis velut infecta carminibus illas fabularum nugas historiasque bellorum, quibus a parvulo primis studiorum inbuta est rudimentis, orationis etiam tempore meditetur, psallentique vel pro peccatorum indulgentia supplicanti aut inpudens poematum memoria suggeratur aut quasi bellantium heroum ante oculos imago versetur, taliumque me phantasmatum imaginatio semper inludens ita mentem meam ad supernos intuitus adspirare non patitur, ut cotidianis fletibus non possit expelli. Vgl. dazu Weissengruber, Monastische Profanbildung, S. 404, Prinz, Askese, S. 60 u. Eigler, La missione di trasmissione, S. 193. Frank, John Cassian, S. 425 führt aus, daß Cassian sich mit der conlationes 14,12 vorgenommenen negativen Beurteilung seiner literarischen Bildung als Teil der asketisch-monastischen Tradition erweise, wie sie sich auch in dem 22. Brief des Hieronymus an Julia Eustochium greifen lasse. 75 Vgl. epist. 22,30. Zum Traum des Hieronymus vgl. Eiswirth, S. 9–29, Kelly, S. 41–44, Adkin, Style, S. 287–291, ders., Content, S. 177–186, ders., Jerome’s vow, S. 161–167, Feichtinger, S. 54–77, Rebenich, Hieronymus, S. 37–41 u. Zelzer, Symmachus, S. 146f. u. S. 157.
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piscatorius,76 zu bedienen,77 daß die Frage nach dem richtigen Umgang mit der klassischen Sprache im Zentrum einer sowohl zwischen Heiden und Christen, aber auch innerkirchlich geführten Bildungsdiskussion stand.78 Noch für Caesarius von Arles (502-542) ist durch seine Schüler die Erscheinung eines Traumgesichts überliefert, die auf ein problematisches Verhältnis zur traditionellen Bildung schließen läßt.79 Die Haltung der Christen zur klassischen Sprache blieb bis zu dem Zeitpunkt, da die literarische Bildung innerhalb des Klerus gleichsam als »kulturelles Unterbewußtsein«80 Bestand hatte,81 ein Gradmesser für orthodoxes oder abweichendes Verhalten. Die Absage an die antiken Wissenschaften, an die Grammatik und ihre Texte markierte bis zum Beginn des 6. Jahrhunderts den Kern jeder Bekehrung.82 Obgleich zur Zeit Augustins der Umgang mit der klassischen Sprache im Mittelpunkt der Diskussion stand, blieb die Position der Christen auch gegenüber der Philosophie ein ständig aktuelles Thema. Aufgrund einer in Kirchenkreisen noch sehr lebendigen Opposition gegenüber der weltlichen Philosophie83 sah der Kirchenvater sich vor die Herausforderung gestellt, 76 Zur Ideologie des sermo piscatorius vgl. etwa den zweiten Korintherbrief 11,6, HIER. epist. 57,12,4 u. AUG. civ. 22,5 p. 559, 18–25 (vgl. Tornau, S. 322, Anm. 28). Zum sermo piscatorius bzw. zur rusticitas der Kirchenschriftsteller vgl. auch Sittl, S. 560f., Vischer, S. 327f., Hagendahl, Piscatorie et non Aristotelice, S. 184–193 u. Curtius, Europäische Literatur, S. 56. Für Cyprians Forderung, daß der schlichte, kunstlose Stil der Bibel den Stil der Verkündigung prägen müsse, vgl. Uthemann, S. 154–156. 77 Vgl. epist. 5,6. Zu Paulinus von Nola vgl. Erdt, Kohlwes, Kirsch, Paulinus von Nola, ders., Poetologie u. Skeb. 78 Cameron, S. 123: »Language, and the control of language, are at the heart of the ›struggle‹ between pagan and Christian culture in the fourth century.« Vgl. auch Hagendahl, Tertullian, S. 83, Brown, Macht und Rhetorik, S. 97–99, Prestel, Antike Rhetorik, S. 54f., Klein, Basilius’ Schrift, S. 165, Eigler, La missione di trasmissione, S. 186–188 u. ders., Rez. 79 Vgl. Prinz, Mönchtum, S. 286, der auf VITA Caes. Arel. 1,9 verweist. 80 Ders., Askese, S. 60. 81 Ders., Mönchtum, S. 290 spricht von einem »Schrumpfungsprozeß der sprachlichen und literarischen Bildung«, der sich in dem Anliegen Isidors von Sevilla (~560–636), die »mager gewordenen Reste antiker Bildungstradition noch einmal« (ebd., S. 288) zusammenzufassen, manifestiere. Dieser Prozeß sei erst zum Stillstand gekommen, als das Christentum auch Völker außerhalb des romanischen Kulturkreises erfaßt und eine autochthone Priesterschaft mit neu zu erwerbenden Lateinkenntnissen nötig gemacht habe: »So war es keineswegs paradox, daß der Wiederbeginn klassischer Bildungsbestrebungen, so fragmentarisch er auch sein mochte, außerhalb der romanischen Kulturwelt einsetzte [...]« (ebd., S. 290). 82 Vgl. Illmer, S. 436. Studer, Schola christiana, S. 100: »Die Bekehrung zum Glauben oder zum monastischen Leben schloss also einen gewissen Abstand von der literarischen Kultur ein.« Eigler, La missione di trasmissione, S. 186 charakterisiert die Situation am Ende des 4. Jahrhunderts folgendermaßen: »Alla fine del quarto secolo conversio non significa più la semplice conversione al cristianesimo, mantenendo la propria cultura: anzi, la conversione era connessa con un cambiamento fondamentale della vita tradizionale.« 83 Vgl. Kevane, Paideia, S. 157f., Klein, Basilius’ Schrift, S. 165 u. Nesselrath, S. 87.
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den christlichen Standpunkt gegenüber heidnischen Lehren abzugrenzen und den Stellenwert von göttlicher Autorität und menschlicher Vernunft für das eigene Denken zu bestimmen.84 Bekanntlich ist Augustin der bedeutendste Vertreter eines Christentums platonischer Prägung.85 Die grundsätzlich positive Einschätzung der Philosophie, die in dieser Synthese zum Ausdruck kommt, steht im Gegensatz zu der Haltung der lateinischen christlichen Vorgänger des Kirchenvaters, denn für Tertullian, Cyprian, Hilarius und Ambrosius ist eine »philosophie-kritische«86 Sichtweise zu konstatieren, die sich an einer bereits in der Bibel angelegten Philosophiefeindlichkeit orientierte87 und von Augustin eine Rechtfertigung der eigenen Position gegenüber seinen Zeitgenossen verlangte.88
84 Klein, Die frühe Kirche, S. 94 spricht von einem letztlich unlösbaren Problem, »das mit der Antithese von Gottbezogenheit der christlichen Lehre und autonomem Charakter einer humanistischen Paideia gegeben war« und auch von Augustin wahrgenommen wurde. 85 Vgl. Geerlings, Augustinus, S. 93–97 u. ders., Lehrer der Gnade, S. 149. 86 Fuhrer, Philosophie, S. 293. 87 Während Paulus im ersten Korintherbrief (1,20 u. 3,19) davon spricht, daß Gott die Weisheit dieser Welt zur Torheit gemacht habe (vgl. Barclay, S. 198), warnt er im Kolosserbrief (2,8) vor Philosophie und leerem Trug secundum traditionem hominum (vgl. Fuhrer, Philosophie, S. 291). Für weitere Bibelstellen vgl. Klein, Christlicher Glaube, S. 50f. m. Anm. 1 u. 2. 88 Zu Ambrosius vgl. Wlosok, Sp. 629 u. Dassmann, Fuga saeculi, S. 942–945. Zum Legitimationsbedürfnis christlicher Schriftsteller wie Augustin vgl. Stockmeier, Glaube, S. 436 u. Fuhrer, Philosophie, S. 294.
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2.3 Augustins Adressatenkreis Augustins kulturelle Selbstorientierung mußte sich deswegen als besonders schwierig erweisen, weil der Bischof von Hippo sich vor dem Hintergrund des in den vorangehenden Abschnitten dargestellten Umwälzungsprozesses als Prediger und Schriftsteller an soziokulturell äußerst unterschiedliche Gesellschafts- und Bildungsschichten wandte. Die einzelnen Gruppen traten mit eigenen Rollenerwartungen an den Kirchenvater heran, der mit Hochgebildeten zu kommunizieren, aber auch als allen verständlicher Seelsorger zu handeln und die Vorstellungen bildungsfeindlicher Strömungen zu berücksichtigen hatte. Selbst gegen Ende des 4. Jahrhunderts war weder die Gesellschaft noch die Kultur vollständig christianisiert, und die heidnische Reaktion unter Julian Apostata hielt trotz ihres episodenhaften Charakters auf kirchlicher Seite die Angst vor dem Rückfall ins Heidentum lebendig.89 Um einer solchen Entwicklung entgegenzuwirken, mußte die aristokratische und intellektuelle Elite als die gesellschaftliche Oberschicht möglichst in ihrer Gesamtheit zum Christentum bekehrt werden.90 Die Tatsache, daß deren Mitglieder es aufgrund ihrer höheren Bildung in der Regel ablehnten, sich allein auf den Glauben zu beschränken, und statt dessen die christliche Lehre auch geistig zu durchdringen verlangten, konnte Augustin ebenso wenig unberücksichtigt lassen wie folgenden Sachverhalt: Wenn er auch bei den gebildeten Heiden missionarische Erfolge erzielen wollte, hatte er seine Ausführungen dem Bildungsniveau seiner Hörer und Leser anzupassen und dabei nicht zuletzt ihren literarisch-ästhetischen Ansprüchen, die sich an den im Literaturunterricht vermittelten Normen orientierten, zu genügen.91 In derselben Weise war mit den Angehörigen der Bildungsoberschicht, die bereits zum Christentum konvertiert waren, zu verfahren; denn auch sie 89 Vgl. Daut, S. 172f., MacMullen, Christianizing, S. 83, Cameron, S. 4, Praet, S. 19–24 u. Dietmar Schmitz, Rez., S. 168. Zu Julians Schulgesetz vom Juni 362 vgl. oben, S. 55f. 90 Wie wichtig es war, gerade die Elite für das Christentum zu gewinnen, verdeutlicht Augustin in psalm. 54,13: Ille nobilis si christianus esset, nemo remaneret paganus (vgl. Chadwick, Augustine on pagans, S. 19). Zur Präsenz der Heiden in Nordafrika am Ende des 4. Jahrhunderts vgl. Beyerhaus, S. 14f. u. S. 18, van der Meer, S. 53–71, Eck, S. 276–278 u. S. 287 u. Vössing, Schule und Bildung, S. 165f., S. 217–219 u. S. 495–501. Das Fortleben des Heidentums noch zu Beginn des 5. Jahrhunderts verdeutlichen auch die Predigten, die Augustin anläßlich der Eroberung Roms durch die Westgoten in den Jahren 410 und 411 gehalten hat. Vgl. dazu unten, S. 213f. m. der Anm. 22 angeführten Literatur. 91 Vgl. Fuchs, S. 109. Darauf, daß mit dem Zuwachs, den die Kirche seit Konstantin aus allen sozialen Schichten erhielt, eine Neubeurteilung der antiken Bildungstradition einherzugehen hatte, verweist auch Hagendahl, Tertullian, S. 49. Den Fortbestand des grammatisch-rhetorischen Bildungsideals auch im 4. Jahrhundert heben Fuhrmann, Antike, Sp. 697f. u. Brown, Macht und Rhetorik, S. 59 hervor.
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zeigten sich nur selten dazu bereit, im Tausch gegen die neue Religion auf die empfangene Bildung, die ihren sozialen Aufstieg erst ermöglicht hatte, zu verzichten.92 Eine besondere Gruppe stellten die sogenannten »halben« oder »nominalen« Christen dar, die nicht um des Glaubens, sondern um sozialer und beruflicher Vorteile willen zum Christentum übergetreten waren und noch ganz in der Tradition heidnischer Bildung standen.93 Die Unterschiede zwischen der traditionellen Literatursprache und dem Stil der Bibel,94 aber auch zwischen Christentum und Philosophie waren vor gebildetem Publikum als möglichst gering zu erweisen, um auch diesen Kreis für die eigene Sache zu gewinnen.95 Auf der anderen Seite war es wichtig, bildungsfeindliche Christen davon zu überzeugen, daß eine Öffnung gegenüber der philosophia nicht im Widerspruch zu den biblischen Vorgaben stand. Rücksicht zu nehmen hatte Augustin aber auch auf die
92 Vgl. Kaster, Islands, S. 161 u. Speck, S. 362. Augustin selbst macht discipl. 11,12 deutlich, daß Christen ihre Söhne nur zu dem Zweck in die Schule schickten, um ihnen einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen (vgl. Eggersdorfer, S. 117 u. Vössing, Schule und Bildung, S. 251). Daß auch er gehofft hat, die Rhetorik werde ihm die Karriere als kaiserlicher Beamter ermöglichen, geht aus der Stelle conf. 6,11,19 hervor. Daß die literarische Bildung in der Spätantike erst »als ein entscheidender Bestandteil in der Selbstdarstellung der Eliten greifbar wird«, betont Eigler, lectiones vetustatis, S. 10. 93 Vgl. dazu Daut, passim, Kennedy, S. 157f., Sutherland, S. 151 u. Klein, Stellenwert der heidnischen Literatur, S. 102. Augustin kommt auf diese Personengruppe catech. rud. 7,11 u. 14,21 zu sprechen. 94 »Die Hauptschwierigkeit bestand darin, die Bibel als Sprachwerk der rhetorisch geschulten heidnischen Bildungsschicht annehmbar zu machen« (Curtius, Lehre von den drei Stilen, S. 64). 95 Vgl. Norden, S. 515f., Dörrie, Theologie, S. 43–47 u. Dassmann, Christus und Sokrates, S. 43. Dörrie, Theologie, S. 45 geht von einer grundsätzlichen Unvereinbarkeit von Christentum und Platonismus aus. Ohne die eigene Lehre in ihrer Substanz zu verändern, habe sich die christliche Seite nur zu dem Zweck der »Sprache, Metaphorik und (manchmal) Denkgewohnheiten« des Platonismus bedient, um durch diese scheinbare Toleranz den »substantiell unvereinbaren Platonismus mit Entschiedenheit auszuschließen und fernzuhalten.« Aland, S. 11–30 verweist als Beispiel dafür, wie christliche Autoren die römische Oberschicht durch »die Methode der behutsamen Elastizität« (ebd., S. 12) für die neue Religion zu gewinnen versuchten, auf den Octavius des Minucius Felix. Fiedrowicz, Apologie, S. 151 begründet die Annäherung des Christentums an den Platonismus anders als Dörrie: »Vielmehr ging es den Apologeten nicht zuletzt darum, die christlichen Glaubensüberzeugungen so darzustellen, daß sie dem Platonismus, der als geistige Macht ja auch in ihrem eigenen Denken lebte, nicht allzusehr widersprachen. Daneben bestand ein apologetisches Interesse am Nachweis, daß gerade heftig attackierte christliche Lehren mit allgemein akzeptierten platonischen Auffassungen durchaus Übereinstimmungen aufwiesen (Arnob., nat. 2,13–14).« Augustins Synthese von Christentum und Platonismus hat in der modernen Forschung zu ganz unterschiedlicher Kritik geführt. Einen Überblick bietet Crouse, S. 38–43, der z.B. auf den Standpunkt von Anders Nyrgen (Eros und Agape. Gestaltwandlungen der christlichen Liebe. Gütersloh 1930) verweist, in dessen Augen Augustin die christliche Lehre durch den Platonismus verfälscht hat. Daß der Zweifel an der Legitimität der Synthese von Christentum und Antike nie ganz verstummt ist, betont Stockmeier, Glaube, S. 433.
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kaum oder gar nicht gebildeten Christen, die zumal in der Predigt nicht durch die Ausführungen des Kirchenvaters überfordert werden durften.96 Sprachlich und inhaltlich verlangten gerade die zahlreichen Briefe, die an andere Bischöfe und Kleriker seiner Kirche, an katholische Laien, Beamte, Häretiker, Heiden oder Freunde gerichtet waren,97 ein hohes Maß an Flexibilität von Augustin. Als ernstzunehmender Gesprächspartner konnte der Kirchenvater gebildeten Briefpartnern gegenüber nur dann erscheinen, wenn er epistolographische Vorschriften beachtete, deren Tradition bis in das 4. Jahrhundert v. Chr. zurückreichte und die durch die Vermittlung der Schule bis in die Spätantike jedem Gebildeten bekannt geblieben waren.98 Der Verfasser eines offiziellen Amts- oder Freundschaftsbriefes hatte wie der Redner von der Rhetorik vorgeschriebene Regeln einzuhalten und damit sein standeskonformes Verhalten als Mitglied der spätantiken Elite und ihrer Kommunikationsformen zu beweisen.99 Schon die Notwendigkeit, sich auf die Adressaten seiner Briefe einzustellen, konnte nicht ohne Folgen für die kulturelle Selbstwahrnehmung Augustins bleiben. Bei seiner Predigttätigkeit lief der Kirchenvater darüber hinaus sogar Gefahr, den Makel der Uneinheitlichkeit auf sich zu ziehen und geradezu unverständlich zu wirken,100 wenn er sich nicht dem Sprachmilieu seiner Zuhörer anpaßte.101 In den Predigten sah Augustin sich zur selben Zeit nicht nur Gebildeten und Bildungsgegnern, sondern auch Christen, die oft nur die Elementarschule besucht oder gar keine Ausbildung
96 Die Rücksicht, die der Sprecher auf sein Publikum zu nehmen hat, verdeutlicht Thieberger, S. 60 an einem anschaulichen Beispiel: »Eine solche Anpassung (die bis zur Anbiederung gehen kann) erreicht bei politischen Versammlungen und Wahlreden ihren Höhepunkt. Derselbe Politiker wird vor Gastwirten anders sprechen als vor Bauarbeitern oder vor Gymnasiallehrern.« 97 Zum sozialen Hintergrund der Briefpartner Augustins vgl. Morgenstern, Das soziale Umfeld, S. 332–339 u. ders., Briefpartner, S. 8–126. 98 Vgl. Bruggiser, S. 3, Zelzer, Briefliteratur, S. 323–328, Rebillard, S. 128 u. Divjak, Epistulae, Sp. 894. 99 Vgl. Eck, S. 291 u. Rebenich, Rez., S. 267–269. Vischer, S. 324: »Wer überhaupt gelesen werden wollte, mußte sich nach den Gesetzen der Rhetorik ausdrücken.« 100 Auf den Unterschied, als Autor einen bestimmten Adressaten oder als Redner ein gemischtes Publikum anzusprechen, verweist Augustin catech. rud. 15,23: [...] volo cogites aliam esse intentionem dictantis, cum lector futurus cogitatur; et aliam loquentis, cum praesens auditor adtenditur [...] Zum Problem der Mehrfachadressierung vgl. Kühn, S. 51–66 u. Wodak/de Cillia/Reisigl, S. 171. »Das Problem der Verständlichkeit wird besonders relevant, wenn Texte mehr als einen Adressaten haben [...]« (Hoffmann, S. 72). Unverständlichkeit, die daraus resultiere, daß der Autor sich zu sehr auf die stilistische Gestaltung seines Werkes konzentriere, hält Laktanz inst. 5,1,24–28 Cyprian vor (vgl. Uthemann, S. 156–159). 101 Auf die Möglichkeit, daß der Empfänger einer Aussage dem Sender sprachlich unterlegen ist und einfach nicht versteht, was dieser meint, verweist Thieberger, S. 58. Die Gefahr der Verständniserschwerung, die z.B. auf »kalkulierter Ausschmückung durch ungewöhnliches Wortmaterial und originelle Metaphorik« basiert, thematisiert Lindner, S. 11.
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genossen hatten, gegenüber.102 Die Forderung, die Hieronymus in einem seiner Briefe ausspricht, verdeutlicht, welche Schwierigkeit sich für jeden christlichen Prediger bei seinen sermones ergab, die nicht nur für eine Bildungselite, sondern für alle Zuhörer verständlich sein sollten:103 Ecclesiastica interpretatio, etiam si habet eloquii venustatem, dissimulare eam debet et fugere, ut non otiosis philosophorum scholis paucisque discipulis, sed universo loquatur hominum generi (epist. 48,4,3).
Hinzuweisen ist darauf, daß selbst die traditionell Gebildeten sich in den sermones mit einer Redeform konfrontiert sahen, die in mancher Hinsicht Unterschiede zu den beim Rhetor propagierten Regeln aufwies.104 Ungebildete Zuhörer dagegen mußten Partien, die sprachlich an den Normen des überkommenen Bildungskanons orientiert waren, befremdlich finden.105 Eine intellektuelle Überforderung des Publikums war vor allem dann zu befürchten, wenn Augustin tiefgreifende philosophisch-theologische Probleme erörterte, die sowohl dem Inhalt als auch der Sprache nach an Passagen aus Werken erinnerten, die wie de civitate dei an gebildete Zeitgenossen unter den Heiden und Christen gerichtet waren. Dies ist z.B. in den Predigten 240 bis 242 der Fall: In ihnen setzt Augustin sich mit der Ansicht neuplatonischer Philosophen auseinander, die der christlichen Lehre von der Wiederauferstehung ihre Zustimmung verweigern, um dabei mehrfach auf Stellen aus dem »Gottesstaat« zu rekurrieren.106 Die Kunst des Predigers, den eigenen Vortrag in einer für alle Beteiligten verständlichen Weise zu gestalten, hat Andreas Merkt folgendermaßen charakterisiert:107 In den Predigten vermittelt der Prediger sozusagen zwischen zwei Kommunikationssystemen: der Schriftkultur der Gebildeten, repräsentiert durch den Prediger und
102 Zur sozialen Zusammensetzung der Kirchengemeinde von Hippo vgl. oben, S. 41–46. 103 Auch die Anekdote, der zufolge Johannes Chrysostomos mitten in einer seiner Predigten von einer alten Frau unterbrochen und dazu aufgefordert worden sein soll, sich einer Sprache zu bedienen, die auch das einfache Volk verstehe, verweist auf das Problem, wie es in dem Zitat aus dem Brief des Hieronymus greifbar wird und auch für Augustin bestand. 104 Zur Neuheit der Homilie äußert sich Schäublin, Umfeld der christlichen Predigt, S. 27: »In der Tat steht ihr weder ein Gegenstück im paganen Kult zur Seite (dieser kennt keine ›heiligen Texte‹), noch lässt sie sich sonst aus einer ihr genau entsprechenden paganen Redeform herleiten – zumindest nicht aus einer, die im Unterricht des Rhetors vermittelt worden wäre.« Vgl. auch Merkt, S. 76, Anm. 2 u. die dort verzeichnete Literatur. 105 Vgl. doctr. christ. 2,14,21. 106 Vgl. dazu Alfeche, S. 95–112. Zu den Adressaten der Schrift de civitate dei vgl. Vössing, Schule und Bildung, S. 504. 107 Merkt, S. 79. Vgl. auch Banniard, Viva voce, S. 36, auf den Merkt sich bezieht.
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einen eher kleinen Teil der Gemeinde, und der mündlichen Kultur der Illiterati, die das Gros des Kirchenvolkes stellten.108
Cassiodor liefert in der praefatio zu seinen im Jahre 537/538 vollendeten variae, einer Sammlung der von ihm entweder eigenverantwortlich oder im Namen des jeweiligen Gotenkönigs oder des römischen Senats verfaßten Briefe, Edikte und Modellbriefe,109 eine Begründung für den Titel seines Werkes. Sie zeigt, wie heterogen das Publikum dieses spätantiken Autors zusammengesetzt war, der sich darum bemüht, seine literarische Tätigkeit auf die individuellen Bedürfnisse seiner Leser abzustimmen:110 Librorum vero titulum, operis indicem, causarum praeconem, totius orationis brevissimam vocem, variarum nomine praenotavi, quia necesse nobis fuit stilum non unum sumere, qui personas varias suscepimus ammonere. Aliter enim multa lectione satiatis, aliter mediocri gustatione suspensis, aliter a litterarum sapore ieiunis persuasionis causa loquendum est, ut interdum genus sit peritiae vitare quod doctis placeat (var. praef. 15).
Cassiodor unterteilt seine Adressaten in drei große Gruppen, die sich in ihrer Bildung voneinander unterscheiden und deswegen jeweils in einem anderen Stil angesprochen werden müssen: Die multa lectione satiati sind der aristokratischen Oberschicht zuzuordnen, deren gemeinsames Erkennungsmerkmal die grammatisch-rhetorische Bildung darstellt. Ihnen gegenüber stehen solche Leser, die aufgrund ihrer geringeren Bildung auch nur einen mittelmäßigen Geschmack (mediocris gustatio) für die Bildungsinhalte, d.h. vor allem für die klassischen Autoren und ihre Sprache, entwickelt haben. Schließlich werden diejenigen erwähnt, die in ihrem Leben kaum oder gar nicht mit der »feinen Redeweise«111 (litterarum sapor) des traditionellen Literaturkanons in Berührung gekommen sind.112 Dadurch, daß Cassiodor sich in seiner Diktion auf die verschiedenen Adressaten seiner Schriftstücke einzustellen beabsichtigt, unterscheidet er sich von Cicero. Zwar geht auch dieser davon aus, als Redner genau unterscheiden zu müssen, vor welcher Zuhörerschaft er spricht,113 die auch gleichzeitig aus docti und indocti bestehen konnte; selbst in seinen Ansprachen vor dem populus aber weicht er nur stilistisch, nicht aber sprachlich von seinem 108 Der Bildungsstand der Kirchengemeinde Augustins ist in der Forschung umstritten. Vgl. dazu oben, S. 41–47. 109 Zu den variae vgl. Barnish. 110 Zur Interpretation der Stelle vgl. Eigler, lectiones vetustatis, S. 114–117. Vgl. auch Garzya, S. 127, Anm. 43. 111 Georges, Sp. 2487. 112 Der Rhetor Agamemnon bezeichnet PETRON. 3,1 die Redeweise des Encolp als sermonem [...] non publici saporis. 113 Vgl. z.B. CIC. de orat. 3,211: Refert etiam qui audiant, senatus an populus an iudices, frequentes an pauci an singuli, et quales […]
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übrigen Werk ab.114 Dieses ist als ganzes in der traditionellen Literatursprache gehalten, die freilich mehrere Höhenlagen und Stilabstufungen umfaßt.115 Ein Gegensatz zu Cassiodor auf der einen und zu Cicero auf der anderen Seite läßt sich für Gregor den Großen (540-604) feststellen: der letzte lateinische Kirchenvater richtet seine literarische Tätigkeit am Übergang von Antike zum Mittelalter zumindest der Theorie116 nach nicht mehr an der literarischen Bildung der Oberschicht und ihrer Sprache aus, gegen deren Normen er sich in der Vorrede seiner moralia in Iob sogar ausdrücklich wendet:117 [...] non metacismi collisionem fugio, non barbarismi confusionem devito, situs modosque etiam et praepositionum casus servare contemno, quia indignum vehementer existimo, ut verba caelestis oraculi restringam sub regulis Donati (moral. epist. 5).
Genau das, was bisher zur Dignität118 der Oberschicht beitrug, die korrekte Handhabung der Sprache, wird nun als indignum beurteilt.119 Ein wichtiger Grund für Gregors Haltung ist darin zu sehen, daß am Ausgang des 5. und zu Beginn des 6. Jahrhunderts120 die letzten Reste der traditionell gebildeten aristokratischen Oberschicht verschwanden, so daß für diesen Zeitpunkt mit Auerbach »das Ende des antiken literarischen Publikums«121 und der Beginn eines neuen Sprachstils anzusetzen ist:122 Es gibt im 6. Jahrhundert immer noch einige Autoren, deren Stil etwas von klassischer Tradition verrät. Da ist Cassiodor, Avitus von Vienne, Ennodius von Pavia, Arator; und sogar noch in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts Venantius Fortunatus. Meist sind sie bis zum Absurden maniriert. Daneben aber erscheint nun unverblümt eine literarische Gebrauchsprosa von großer Schlagkraft, die sich in Satzbau, Tonfall 114 Vgl. Kröner, S. 313. Mohrmann, Kontinuität, S. 241 verweist darauf, daß der Abstand zwischen der Literatursprache und der Umgangs- bzw. Gebrauchssprache in klassischer Zeit gering gewesen sein dürfte. 115 Vgl. Auerbach, Literatursprache, S. 187. 116 Zum Vorwurf des Gegensatzes zwischen Theorie und Praxis bei Gregor dem Großen vgl. Banniard, Europa, S. 153. Vgl. auch Prinz, Mönchtum, S. 287f., der betont, daß Gregors literarische Bildung schon weit entfernt sei von der, die sich für Augustin, Hieronymus oder Faustus von Riez (455–480) feststellen lasse. 117 Vgl. Sittl, S. 561. 118 Zur dignitas als Bezeichnung sprachlicher Erhabenheit ist auf CIC. part. 90–92 zu verweisen: [...] hoc primum intellegamus, hominum esse duo genera, alterum indoctum et agreste, quod anteferat semper utilitatem honestati, alterum humanum et politum, quod rebus omnibus dignitatem anteponat. Vgl. auch AUG. conf. 3,5,9, wo von der dignitas Tulliana die Rede ist. 119 Diese bereits am Ende des 5. Jahrhunderts bestehende »neue Kommunikationssituation« beschreibt Eigler, lectiones vetustatis, S. 139. 120 Die Situation des 5. Jahrhunderts charakterisiert Kaufmann, S. 222: »Die Kluft zwischen den solcherart [d.h. traditionell, Anm. d. Verf.] Gebildeten und den ›Ungebildeten‹, nämlich der breiten Masse, wurde im 5. Jahrhundert immer breiter.« 121 Auerbach, Literatursprache, S. 189. 122 Ebd., S. 66f. Vgl. auch Grundmann, S. 22.
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und Ausdruck der Umgangssprache anpaßt. Ihr erster bedeutender Vertreter ist, so viel ich sehe, Caesarius von Arles; Gregor der Große bediente sich dieser Schreibart; ihr Meister ist Gregor von Tours.
Augustin sieht sich am Ende des 4. und zu Beginn des 5. Jahrhunderts noch vor dieselbe Herausforderung gestellt, wie Cassiodor sie in den variae beschreibt: Der von Werk zu Werk, von Brief zu Brief und von Predigt zu Predigt veränderte Adressatenkreis, der jeweils ein unterschiedliches Bildungsniveau aufwies und mit dem in den sermones sogar gleichzeitig zu kommunizieren war, zwang auch den Kirchenvater dazu, in seiner kulturellen Ausrichtung flexibel zu bleiben. Der Kirchenvater mußte sich bei seiner Tätigkeit als Schriftsteller, Prediger und Briefpartner je nach Publikum innerhalb des überkommenen literarischen Systems bewegen können, andererseits aber auch in einem von der Bibel bestimmten Diskurs, der sich sprachlich am Ideal des sermo piscatorius orientierte, Aussagen treffen. Daß Augustin aus Gründen der Verständlichkeit theoretisch die Forderung stellt, gleichsam die »Senderstilistik« der »Empfangsstilistik«123 anzugleichen, geht aus den Schriften de catechizandis rudibus und de doctrina christiana hervor. In dem zuletzt genannten Werk liefert Augustin praktische Beispiele für die drei verschiedenen Stilhöhen (genera dicendi), indem er zuerst aus der Bibel und später aus Cyprian und Ambrosius zitiert.124 Auch zu seinem eigenen Stil bezieht Augustin über die Äußerung in den retractationes125 hinaus an zwei weiteren Stellen seines umfangreichen Oeuvres Stellung. Auf diese Weise wird nicht nur eine Vorstellung davon vermittelt, welche Stilebenen der Kirchenvater unterscheidet; vielmehr ist auch zu erkennen, wie sehr er in der Wahl seines Sprachduktus von seiner Umwelt bestimmt wurde. Zu Beginn der Schrift de genesi contra Manichaeos (388-389) verweist der Autor auf die an ihn gerichtete Bitte gebildeter Christen (eruditi liberalibus litteris), er solle sich der communis loquendi consuetudo bedienen, wenn er auch von den weniger Gebildeten (ab imperitioribus) verstanden werden wolle. Diesen nämlich sei es kaum möglich gewesen, seine Schrift de moribus ecclesiae catholicae et de moribus Manichaeorum (388-389) zu verstehen.126 Augustin beschließt daher, daß der Irrglaube der Manichäer in
123 Thieberger, S. 65. 124 Vgl. doctr. christ. 4,21,45–50 u. unten S. 142–146. 125 Vgl. oben, S. 12, Anm. 13. 126 gen. c. Manich. 1,1,1: Placuit enim mihi quorumdam vere christianorum sententia, qui cum sint eruditi liberalibus litteris, tamen alios libros nostros, quos adversus Manichaeos edidimus, cum legissent, viderunt eos ab imperitioribus, aut non aut difficile intelligi, et me benevolentissime monuerunt ut communem loquendi consuetudinem non desererem, si errores illos tam perniciosos ab animis etiam imperitorum expellere cogitarem. Hunc enim sermonem usitatum et
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dem neuen Werk nicht ornato politoque sermone, sondern rebus manifestis widerlegt werden müsse,127 woraus sich folgender Schluß ziehen läßt: Die Verständnisschwierigkeiten der imperitiores resultieren aus der von Augustin verwendeten Sprache, die sich allzu sehr rhetorisch gefärbt zeigt: der Umgangs- bzw. Alltagssprache,128 die als communis, usitatus und simplex bezeichnet wird und die sowohl von den docti als auch indocti verstanden werden kann, steht der ornatus politusque sermo gegenüber: der Sprachgebrauch der Gebildeten, der sich an der seit Jahrhunderten tradierten Literatursprache orientiert, ist von der Normalsprache zu unterscheiden.129 Über die soeben interpretierte Stelle hinaus, ist auf die Schrift de agone christiano (396/397) zu verweisen, für die Augustin in den retractationes ebenfalls eine Beurteilung des Stils vornimmt, den er als sermo humilis charakterisiert und folgendermaßen rechtfertigt: Liber de agone christiano fratribus in eloquio Latino ineruditis humili sermone conscriptus est, fidei regulam continens et praecepta vivendi (retract. 2,3).
simplicem etiam docti intelligunt, illum autem indocti non intelligunt. Vgl. dazu insgesamt Malaspina, S. 82f. u. Banniard, Viva voce, S. 83. 127 gen. c. Manich. 1,1,1: Si eligerent Manichaei quos deciperent, eligeremus et nos verba quibus eis responderemus: cum vero illi et doctos litteris, et indoctos errore suo persequantur, et cum promittunt veritatem, a veritate conentur avertere; non ornato politoque sermone, sed rebus manifestis convincenda est vanitas eorum. 128 Curtius, Europäische Literatur, S. 159: »Wer auf ein breiteres Lesepublikum hoffte und einen umfangreichen Stoff zu bewältigen hatte, konnte sich dieses Mediums [der Kunstsprache, Anm. d. Verf.] nicht bedienen, sondern mußte einen der Umgangssprache angenäherten sermo simplex wählen.« 129 Die Bedeutung des communis sermo erhellt aus LUCIF. moriend. 11, l. 18f.: Noster sermo est communis, contra vester politus, ornatus, qui etiam dici mereatur disertus […] Vgl. auch VINCENT. LER. comm. 1,6: Sed iam in nomine Domini quod instat adgrediar, ut scilicet a maioribus tradita et apud nos deposita describam relatoris fide potius quam auctoris praesumptione, hac tamen scribendi lege servata, ut nequaquam omnia sed tantum necessaria quaeque perstringam, neque id ornato et exacto sed facili communique sermone, ut pleraque significata potius quam explicata videantur. Daß die simplicitas sermonis darin besteht, auf rhetorische Stilmittel zu verzichten, geht aus HIER. in Ezech. 14,1, p. 318, 7 hervor: Itaque post quattuordecim homilias in Hieremiam, quas iam pridem confuso ordine interpretatus sum, et has quattuordecim in Ezechielem per intervalla dictavi, id magnopere curans, ut idioma supradicti viri et simplicitatem sermonis, quae sola ecclesiis prodest, etiam translatio conservaret omni rhetoricae artis splendore contempto – res quippe volumus, non verba laudari –, et illud breviter admonens, ut scias Origenis opuscula in omnem scripturam esse triplicia. Der sermo simplex und communis ist mit dem sermo humilis gleichzusetzen, der von allen Adressaten verstanden wird. Vgl. dazu auch CAES. AREL. serm. 114,2: Et haec quidem secundum litteram, sicut in libris sanctorum scriptum invenimus, caritati vestrae rustico et simplici sermone, quem toti intellegere possint, insinuanda credidimus, ut habeatis quid respondere possitis inmundissimis et sacrilegis Manichaeis: quia, sicut iam dictum est, filii Israhel antiquorum patrum suorum terram recipiunt, non alienam quasi per iniustitiam tollunt.
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Auch in diesem Werk ist die Wahl der Stilebene von dem adressierten Publikum abhängig.130 Augustin entscheidet sich demnach sowohl in de genesi contra Manichaeos als auch in de agone christiano ganz bewußt gegen eine literarisch anspruchsvolle Formulierung seiner Aussagen. Zu beachten ist allerdings, daß er den sermo seiner Abhandlungen jeweils rechtfertigt und damit zu erkennen gibt, wie sehr er sich an die traditionelle Literatursprache und ihre Normen gebunden fühlt. Augustin kommt auch in de catechizandis rudibus auf das Problem der Mehrfachadressierung zu sprechen.131 Er führt aus, daß eine Gruppe von Taufbewerbern sehr heterogen zusammengesetzt sein könne, worauf der Katechet Rücksicht zu nehmen habe: […] multumque interest, et cum ita dicimus, utrum pauci adsint an multi; docti an indocti an ex utroque genere mixti; urbani an rustici an hi et illi simul; an populus ex omni hominum genere temperatus sit (catech. rud. 15,23,2).
Augustin erklärt in derselben Schrift, wie mit Zuhörern verfahren werden soll, die in den liberales doctrinae unterrichtet worden sind (catech. rud. 8,12) oder die den traditionellen Grammatik- und Rhetorikunterricht besucht haben (quidam de scholis usitatissmis grammaticorum oratorumque venientes, catech. rud. 9,13,1). Auch gibt er Anweisungen für den Umgang mit denjenigen Katechumenen, die Verstand oder aber eine geringe Auffassungsgabe besitzen (catech. rud. 9,13,7).132 Wie die Unterweisung all dieser Personen jedoch simultan vonstatten gehen soll, läßt der Autor, der nur versichert, alle erreichen zu wollen,133 in de catechizandis rudibus offen. In der vorliegenden Arbeit wird zu zeigen sein, daß der Kirchenvater sich im Zweifelsfall an den intellektuellen und sprachlichen Möglichkeiten der Ungebildeten orientiert, daß mit dieser Rücksichtnahme jedoch keine Bildungsfeindlichkeit einhergeht. Augustin, das wird auch in de catechizandis rudibus deutlich, hält es für legitim, gebildete Zuhörer nicht zuletzt über den Weg einer ästhetisch ansprechenden Sprache für das Christentum zu gewinnen.134 130 Kleinberg, S. 25: »As the Retr tells us, DAC was written for those readers ›eloquio latino ineruditis‹. This does not necessarily mean that they were ›punic-speaking‹, but that they did not belong to the cultured élite. These brothers were not educated in the classical writers and classical style. It is reasonable to assume that they were more accustomed to the simpler style of the old Latin translation of the Bible than to Virgil (or Augustine).« 131 In de catechizandis rudibus wendet Augustin sich an den Diakon und Katecheten Deogratias von Karthago, der den Bischof von Hippo darum gebeten hatte, ihm einen Leitfaden zur Einführungskatechese für Nichtchristen zu schreiben (vgl. catech. rud. 1,1). 132 Vgl. dazu Reil, S. 29–36. 133 An der Stelle serm. 339,4 heißt es z.B.: Praedicare, arguere, corripere, aedificare, pro unoquoque satagere magnum onus, magnum pondus, magnus labor. 134 Vgl. dazu die Interpretation der Stelle catech. rud. 8,12 unten, S. 136f.
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Die Stelle catech. rud. 9,13 läßt auch folgendes klar erkennen. Zwar fordert Augustin die grammatisch-rhetorisch Gebildeten dazu auf, über die sprachlichen Fehler mancher Bischöfe und Kleriker hinwegzusehen und das Augenmerk auf die vorgetragenen Inhalte zu legen.135 Er selbst verdeutlicht jedoch gerade in diesem Kapitel, wie elegant er sich der lateinischen Sprache zu bedienen vermag.136 Die Vorgabe, sich an den Adressaten zu orientieren, heißt also – und das wird in der Forschung häufig übersehen – nicht zwangsläufig, das traditionelle literarische System und seine Normen vollständig zu verwerfen.
135 catech. rud. 9,13,4–6: His enim maxime utile est nosse, ita esse praeponendas verbis sententias, ut praeponitur animus corpori. Ex quo fit, ut ita malle debeant veriores quam disertiores audire sermones, sicut malle debent prudentiores quam formosiores habere amicos. Noverint etiam non esse vocem ad aures dei nisi animi affectum: ita enim non irridebunt, si aliquos antistites et ministros ecclesiae forte animadverterint vel cum barbarismis et soloecismis deum invocare, vel eadem verba quae pronuntiant non intellegere perturbateque distinguere. Non quia ista minime corrigenda sunt, (ut populus ad id quod plane intellegit, dicat amen,) sed tamen pie toleranda sunt ab eis qui didicerint, ut sono in foro sic voto in ecclesia benedici. 136 Vgl. Reil, S. 36 u. die catech. rud. 9,13,6 zu findende Paronomasie Itaque forensis illa nonnumquam forte bona dictio, numquam tamen benedictio dici potest.
3 Das Verhältnis zur antiken Bildung – Die theoretischen Schriften
3.1 Die Cassiciacum-Dialoge von 386 – Das Beispiel de ordine 3.1.1 Der biographisch-intellektuelle Hintergrund Bei den Schriften de ordine, contra Academicos und de beata vita handelt es sich um die Frühdialoge Augustins, die im Herbst 386 in der Nähe von Mailand verfaßt worden sind.1 Nach seiner Bekehrung im August 386 beschloß Augustin, seinen Lehrberuf aufzugeben, zog es jedoch vor, den Unterricht bis zu den Weinleseferien fortzusetzen, um seinen Rückzug auf diese Weise möglichst »geräuschlos« (non tumultuose) zu vollziehen.2 Die Herbstferien verbrachte Augustin auf dem Landgut seines Freundes Verecundus in Cassiciacum,3 wohin ihn neben seiner Mutter Monika auch sein Sohn Adeodatus, sein Bruder Navigius, die Cousins Lartidianus und Rusticus, die beiden Schüler Licentius und Trygetius und sein Freund Alypius begleiteten.4 In den retractationes wird der Aufenthalt in Cassiciacum als christianae vitae otium bezeichnet,5 das der Vorbereitung auf die Taufe des folgenden Jahres dienen sollte und den Beginn eines neuen Lebens markiert. Bereits zu einem früheren Zeitpunkt hatte Augustin mit Freunden den Plan gefaßt, remoti a turbis otiose vivere.6 Dieses Vorhaben, für das Augustins Freund und Förderer Romanianus größte Begeisterung entwickelte, scheiterte am Widerstand der Lebensgefährtinnen der amici.7 Von diesem ersten Plan ist ein »redimensionierter«8 zu unterscheiden, den Augustin c. acad. 2,2,4 gegenüber Romanianus erwähnt. Er ist zeitlich zwischen den 1 Die drei Dialoge hat Augustin den Stellen retract. 1,2 u. 1,3,1 zufolge parallel verfaßt. 2 conf. 9,2,2–4. 3 Vgl. ord. 1,2,5, conf. 9,3,5 u. 9,4,7. Zur kontrovers diskutierten Lokalisierung von Cassiciacum vgl. Fuhrer, Contra Academicos, S. 12 m. Anm. 45 u. die dort angeführte Literatur. Fuhrer spricht sich für eine Identifikation mit dem 30 bis 40 km nordwestlich von Mailand gelegenen Cassago Brianza und gegen Casciago bei Varese aus. 4 Vgl. c. acad. 1,1,4, beat. vit. 6 u. ord. 1,2,5. 5 retract. 1,1,1. 6 conf. 6,14,24. 7 Vgl. conf. 6,15,25. 8 Fuhrer, Contra Academicos, S. 85.
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ersten Plan und das Bekehrungserlebnis vom Sommer 386 einzuordnen, darf aber nicht mit der in Cassiciacum verwirklichten Lebensform gleichgesetzt werden.9 Für alle drei Pläne sind »je unterschiedliche konzeptuelle Hintergründe«10 anzunehmen, die in der Forschung sehr kontrovers diskutiert werden.11 Fuhrer verweist auf das Vorbild neuplatonischer und christlicher Lebensformen, zugleich sei aber auch die Bedeutung der am Ende des 4. Jahrhunderts wiederbelebten Tradition des otium liberale, das schon Cicero propagiert habe, nicht zu unterschätzen:12 Augustins redimensioniertes Projekt war jedenfalls ursprünglich klar nach traditionell-philosophischen (in der römischen Kultur durch Cicero geprägten) Vorstellungen ausgerichtet [...] Im otium von Cassiciacum [...] hat er zudem sicherlich neuplatonische Konzepte in die Tat umzusetzen versucht, wobei auch die Bezeichnung Christianae vitae otium in retratc. 1,1,1 durchaus ihre Berechtigung hat – allerdings nicht im Sinn einer Lebensform nach streng monastischen Regeln.
Das Leben in Cassiciacum ist ganz der Philosophie gewidmet ist. Während in contra Academicos die stoisch-skeptische Erkenntnislehre diskutiert und in de beata vita die Frage nach dem höchsten Ziel menschlichen Lebens behandelt wird, geht es in de ordine um die göttliche Ordnung der Welt und die Funktion und die Beschaffenheit des Bösen. Die Gespräche wurden von Schnellschreibern festgehalten und zu einem späteren Zeitpunkt in ihre endgültige Form gebracht.13 Für alle drei Cassiciacum-Dialoge ist daher von einem hohen Maß an Stilisierung auszugehen.14 Im folgenden soll Augustins Selbstinszenierung als Autor innerhalb eines bestimmten kulturellen Milieus, sein Verhältnis zur grammatisch-rhetorischen Bildung und zur Philosophie, das Konzept augustinischer Schriftstellerei und schließlich das Verhältnis von Bildung und Glaube analysiert werden. Wie Augustin seine Rolle als Schriftsteller in den Frühdialogen versteht und in welcher Literaturlandschaft er seine Erstlingswerke situiert, soll exemplarisch vor allem an dem Dialog de ordine aufgezeigt werden.
9 Vgl. Fuhrer, Contra Academicos, S. 85. 10 Ebd., S. 87. 11 Für eine Übersicht vgl. O’Donnell, Confessions Vol. 2, S. 379–381, Fuhrer, Contra Academicos, S. 85–87 u. dies., Glauben, S. 270–272. 12 Fuhrer, Contra Academicos, S. 87. Trout, S. 133 bemüht sich in seinem Aufsatz darum, »the ultimate incompatibility of the tradition of otium honestum and the logic of a still nascent ascetic ideal« aufzuzeigen. Er untersucht zu diesem Zweck den sozialen und religiösen Kontext des Rückzugs Augustins. 13 Vgl. c. acad. 1,1,4 u. Gerald Bonner, Sp. 532. 14 Fuhrer, Frühdialoge, S. 310 betont mit Blick auf die Cassiciacum-Dialoge: »Es kann also nicht darum gehen, nach dem gelebten Ideal zu fragen, sondern nach dem postulierten Ideal, wie es in dieser Dialog-Trilogie illustriert und inszeniert wird.«
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Das Verhältnis zur antiken Bildung – Die theoretischen Schriften
3.1.2 Das kulturelle Milieu der Frühdialoge Die Schrift de ordine ist im Rahmen eines kulturellen Milieus entstanden, von dem die Vorrede und die übrigen Partien des Werkes, die sich unmittelbar an den Adressaten Zenobius wenden, ein anschauliches Bild vermitteln: Ordinem rerum, Zenobi, cum sequi ac tenere cuique proprium tum vero universitatis, quo cohercetur hic mundus et regitur, vel videre vel pandere difficillimum hominibus atque rarissimum est. Huc accedit, quod, etiamsi quis haec possit, non illud quoque valet efficere, ut dignum auditorem tam divinis obscurisque rebus vel vitae merito vel habitu quodam eruditionis inveniat (ord. 1,1,1).
Zu Beginn der praefatio hebt Augustin hervor, daß die Erkenntnis des ordo eine äußerst schwierige und kaum zu bewältigende Aufgabe bedeute. Augustin hat de ordine verfaßt, d.h., er zählt sich selbst zu den wenigen philosophischen Schriftstellern, denen es gelingt, den komplexen Sachverhalt geistig zu durchdringen und darzustellen. Die Schrift ist nicht an jeden beliebigen Adressaten gerichtet, sondern bedarf eines Lesers, der sich aufgrund seines Lebenswandels (vitae merito) oder seiner geistigen Bildung (habitu quodam eruditionis) eines Werkes wie de ordine als würdig erweist. Augustin hat ihn in Zenobius gefunden, der sich schon lange mit der zu erörternden Frage befaßt und dem der Dialog gewidmet ist.15 Zwar handelt es sich bei dem Hinweis auf die Schwierigkeit des Themas ebenso wie bei der Hochachtung vor dem Adressaten um literarische Topoi, wie sie auch in den philosophischen Schriften Ciceros begegnen;16 zu erkennen ist aber, daß sowohl der Verfasser als auch der Empfänger der Schrift am philosophischen Diskurs einer Bildungselite partizipieren. Diese setzt sich aus den ceteri, qui nobiscum his negotiis solent interesse und den familiares nostri (ord. 1,9,27) zusammen, deren Abwesenheit Augustin mit Blick auf das bevorstehende Gespräch über die Ordnung bedauert, um im folgenden seine schriftstellerische Tätigkeit mit ihrem Fehlen zu legitimieren: Er verweist auf den informativen Charakter des Dialogs, der den Freunden und Bekannten, an die das Werk über Zenobius hinaus gerichtet ist,17 über den Verlauf
15 Zu Zenobius vgl. Morgenstern, Briefpartner, S. 8f. 16 CIC. nat. deor. 1,1: Cum multae res in philosophia nequaquam satis adhuc explicatae sint, tum perdifficilis, Brute, quod tu minime ignoras, et perobscura quaestio est de natura deorum, quae et ad cognitionem animi pulcherrima est et ad moderandam religionem necessaria. fin. 3,6: Atque haec quidem de rerum nominibus. De ipsis rebus autem saepenumero, Brute, vereor ne reprehendar, cum haec ad te scribam, qui cum in philosophia, tum in optimo genere philosophiae tantum processeris. 17 So auch Trout, S. 144, Anm. 29.
Die Cassiciacum-Dialoge von 386 – Das Beispiel de ordine
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und das Ergebnis der Diskussion Auskunft geben soll.18 Indem Augustin auch die Zusammensetzung der Teilnehmer an dem Gespräch auf das Walten der Ordnung zurückführt (Et sic fortasse ordo ipse poscebat, qui eorum procuravit absentiam, ord. 1,9,27), stellt er zugleich seine literarische Arbeit in einen größeren Kontext, denn er versteht auch diese als von der göttlichen Vorsehung bedingt. Augustin hat als Adressaten von de ordine seine Freunde und Bekannten im Blick, zu denen neben seinem Gönner Romanianus vor allem Nebridius, Verecundus, Hermogianus und Manlius Theodorus zählen.19 Auch mit den Mitgliedern des sogenannten »Mailänder Kreises«, in dem sich philosophisch-neuplatonisch gebildete Intellektuelle wie der Rhetor Marius Victo18 ord. 1,9,27: Sed quia id non evenit, legent litteras nostras, quoniam instituimus iam de istis rebus verba non perdere resque ipsas a memoria fugaces scriptorum quasi vinculo, quo reducantur, innectere. 19 Die Freunde Augustins behandelt ausführlich Morgenstern, Das soziale Umfeld, S. 332 u. ders., Briefpartner, S. 8–12. Zu Romanianus vgl. ders., Briefpartner, S. 10f. u. Fuhrer, Contra Academicos, S. 4f.: Bei Romanianus handelt es sich um den Vater des Licentius. Er stammte wie Augustin aus Thagaste, wo er ein Mitglied der sozialen Oberschicht war. Schon früh interessierte er sich für die geistigen Anlagen Augustins, dem er das Studium finanzierte. Augustin hat seinem Gönner neben anderen Schriften den Dialog contra Academicos gewidmet. Im zweiten Buch dieser Schrift bedankt er sich für die erfahrenen Wohltaten (c. acad. 2,2,3). Romanianus hatte sich wie Augustin den Manichäern angeschlossen und scheint über die Konversion seines Freundes zum Katholizismus verstimmt gewesen zu sein. Erst in de vera religione rechtfertigt Augustin Romanianus gegenüber seine Entscheidung. In contra Academicos zeugen die Proömien von Augustins Bemühen, Romanianus zu einem der Philosophie gewidmeten Leben zu bewegen. Zu Nebridius vgl. Morgenstern, Briefpartner, S. 9f.: Nebridius stand bei dem Grammatiker Verecundus, dem das Landgut in Cassiciacum gehörte, als Hilfslehrer im Dienst (conf. 8,6,13). In den erhaltenen zwölf Briefen (epist. 3–14) diskutiert er mit Augustin grammatikalische, philosophische, psychologische und theologische Probleme. Kurz nach der Taufe Augustins an Ostern 387 konvertierte Nebridius zum Katholizismus, empfing aber erst unmittelbar vor seinem Tod im Jahre 389 die Taufe. Zu Hermogianus vgl. Morgenstern, Briefpartner, S. 8: Von Hermogianus, einem katholischen Laien, der wahrscheinlich ebenfalls zum ›Mailänder Kreis‹ gehörte und mit dem Augustin seit seiner Mailänder Zeit (384–386) befreundet war, ist ein Bild aus dem Brief zu gewinnen, den Augustin ihm 386/387 noch aus Cassiciacum übersandt hat: Hermogianus ist mit dem Standpunkt der Akademiker vertraut, denn er hat Augustins Academici libri, die gerade erst fertiggestellt worden sind, bereits studiert. Augustin fordert den Freund dazu auf, sein erstes Urteil über die Bücher, das mehr der Freundschaft als der Wahrheit verpflichtet sei, zu überdenken und speziell das Ende des dritten Buches erneut einer kritischen Prüfung zu unterziehen (epist. 1,3). Manlius Theodorus ist Augustins Schrift de beata vita gewidmet, in der er ihn als »hochgebildeten und großen Theodorus« (vir humanissime atque magne Theodore, beat. vit. 1) bezeichnet. Er erwähnt ihn auch in de ordine als Verfasser philosophischer Werke und spricht von ihm als einem vir et ingenio et eloquentia et ipsis insignibus muneribusque fortunae et [...] mente praestantissimus (ord. 1,11,31). Theodorus war der gesellschaftlich angesehenste unter den Freunden Augustins, zu dessen politischen, philosophischen und charakterlichen Begabungen der Dichter Claudian sich in einem Panegyrikus bewundernd äußert (vgl. Schwarz-Kirchenbauer/Schwarz, S. 353, Anm. 1). Zwar zog er sich 383 aus der Politik zurück, um auf einem Landsitz die Schriften de natura rerum und de metris zu verfassen. Für das Jahr 399 aber ist sein Name für das Konsulnamt bezeugt (vgl. Brown, Augustinus, S. 75).
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rinus, Ambrosius oder der bereits genannte Theodorus um den Priester Simplicianus als dem eigentlichen Mittelpunkt des Zirkels20 zusammenfanden,21 sind als Leser der Schrift vorzustellen. Von ihnen erhofft der Verfasser sich wie einst Cicero22 kritische Reaktionen auf seinen Dialog und damit Erörterungen, die zu einem Lehrgebäude über die Ordnung führen können (ord. 1,9,27). Aufgrund seiner intellektuellen Fähigkeiten weiß Augustin sich nicht nur an der Spitze seines philosophisch interessierten Freundeskreises; in der Vorrede zu de ordine zählt er sich auch zu den optima ingenia, die sich intensiv mit der Frage, warum Gott das Leid unter den Menschen zuläßt, beschäftigen (ord. 1,1,1). Davon überzeugt, daß die Ordnung Gottes die ganze Welt mit all ihren positiven und negativen Erscheinungen umfaßt, distanziert Augustin sich in einer provozierenden Frage von allen, die diese Ansicht nicht zu teilen vermögen: Sed quis tam caecus est mente, ut quicquam in movendis corporibus rationis quod praeter humanam dispositionem ac voluntatem est, divinae potentiae moderationique dare dubitet? (ord. 1,1,2).
Besonders auffällig ist, daß Augustin die geistigen Fähigkeiten derjenigen, die mit dem Übel in der Welt hadern und Zweifel an der Allmacht Gottes hegen, abwertet. Er verdeutlicht damit, daß die Lösung der Frage nach dem Bösen verstandesmäßig und nicht etwa auf der Basis des Glaubens beantwortet werden soll. Wenig später kommt der Verfasser noch einmal auf die minus eruditi homines zu sprechen, die aufgrund ihrer Geistesschwachheit (imbecilla mens) die Ordnung deswegen nicht begreifen, weil sie ihre Denkkraft (cogitatio) übersteigt (ord. 1,1,2). Demgegenüber steht Augustins positive Selbsteinschätzung, die sich an der Charakterisierung des Zenobius, wie sie der Autor an einer späteren Stelle der praefatio und noch einmal am Ende des ersten Gesprächs vornimmt, ablesen läßt: Wenn schon beim Empfänger der Schrift ein Zeichen künftiger Weisheit (signum in te futurae sapientiae, ord. 1,2,4) wahrzunehmen ist, um wieviel mehr muß dies für Augustin selbst zutreffen, an den sich der Adressat mit der Frage nach dem Übel in der Welt ratsuchend wendet (ord. 1,7,20).
20 Vgl. O’Donnell, Confessions Vol. 3, S. 6. 21 Zu den bekannten Mitgliedern dieses Personenkreises vgl. Madec, Le milieu milanais, S. 195–200. Zum Mailänder Kreis vgl. auch Caramella, S. 49–54, Solignac, S. 529–536 u. Fuhrer, Contra Academicos, S. 42f. m. Anm. 128. 22 CIC. Tusc. 2,4: [...] sed tamen tantum abest ut scribi contra nos nolimus, ut id etiam maxime optemus. In ipsa enim Graecia philosophia tanto in honore numquam fuisset, nisi doctissimorum contentionibus dissensionibusque viguisset.
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Die Tatsache, daß Zenobius Augustin in einem Gedicht (bono carmine) dazu aufgefordert hat, sich über die Frage nach der Ordnung zu äußern (ord. 1,7,20), wirft ein Licht auf das kulturelle Milieu, in dem Augustin sich während seines Aufenthalts in Cassiciacum bewegt: Er pflegt Kontakte zu gebildeten Zeitgenossen, die auf eine ansprechende literarische Gestaltung ihrer Gedanken größten Wert legen.23 Dies bestätigt auch Augustins Sorge, daß das Gespräch in einer »ausgefeilteren« Form (elimatius) festgehalten werden müsse, da er es »keinen groben Ohren« (grossis auribus) schulde (ord. 1,7,20). Auf die literarischen Ansprüche seiner Adressaten ist auch die Dialogform des Werkes zurückzuführen:24 Denn, wie der Erfolg der Dialoge des Mallius Theodorus beweist, war diese alte Art von Werken immer beliebt und profitierte vom immensen Wissensdurst [...] Die Dialoge entsprechen somit der Erwartung eines Publikums, das äußerstes Interesse am kulturellen Austausch zeigt.
Auch in seinem Streben nach schriftstellerischem Ruhm, das etwa in den Worten ea ipsa quae nos inlicit fama (ord. 1,10,30) zum Ausdruck kommt, erweist Augustin sich als Teil des traditionellen literarischen Systems: »Die Themendarstellung ist eine Prüfung für das Ansehen des Autors, sein guter Ruf hängt von ihr ab.«25 Tatsächlich bekennt Augustin in den im Anschluß an die Frühdialoge verfaßten soliloquia, daß die Sorge um diesen Ruf ihn erst am Ende der Redaktion der ersten drei Dialoge verlassen habe.26 Licentius und Trygetius,27 die beiden wichtigsten Gesprächspartner von de ordine, verfolgen auch ohne die Anleitung Augustins wissenschaftliche Interessen. So wird bereits in der Vorrede berichtet, daß Licentius sich mit der Dichtkunst beschäftigt, während Trygetius der Geschichte zugetan ist (ord. 1,2,5), so daß beide sich an den Inhalten des traditionellen Schulunterrichts bilden.28 Alle Teilnehmer des Gesprächs über die Ordnung sind mit philosophischer Literatur vertraut, wie Augustins gelegentliche Hinweise, dieser oder jener Sachverhalt sei ihnen aus den Büchern der Gelehrten 23 Vgl. Trout, S. 144, Anm. 29. 24 Doignon, Augustinus in Cassiciacum, S. 51f. Darauf, daß mit der Dialogform eine Begrenzung des Publikums auf eine gebildete Schicht erfolgt, verweist auch Foley, S. 53. 25 Ebd., S. 52. Aus den Briefen 1 u. 3 an Hermogianus bzw. Nebridius geht hervor, daß die Dialoge sehr schnell Verbreitung fanden. 26 Vgl. ebd., S. 56. In den soliloquia heißt es 1,10,17: (Ratio): Quid honores? – (Augustinus): Fateor, eos modo ac paene his diebus cupere destiti. 27 Vgl. Morgenstern, Briefpartner, S. 11f. (Licentius) u. Fuhrer, Contra Academicos, S. 7–10 (Licentius) u. S. 11f. (Trygetius). 28 Zwar wurden weder die poetica noch die historia als einzelne Fächer unterrichtet. Beim grammaticus aber wurden die Werke der Dichter gelesen und analysiert, wobei der Sachkommentar gegebenenfalls auch eine historische Einordnung des Inhalts umfaßte. Vgl. dazu oben, S. 49 m. Anm. 19.
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bekannt, beweist (ord. 1,11,31 u. 2,3,10). Der Umgang der Dialogpartner ist von demselben Humanitätsideal geprägt, wie es auch bei Cicero begegnet: Jeder zeichnet sich dem anderen gegenüber durch Höflichkeit aus und freut sich über dessen intellektuelle Fortschritte (ord. 1,3,8; 1,3,9 u. 1,6,16). 3.1.3 Traditionelle Bildung als maßgeblicher Bezugsrahmen in de ordine Über die formalen, sprachlichen und thematischen Berührungspunkte mit den Dialogen Ciceros29 hinaus lassen sich Stellen aus de ordine anführen, die belegen, wie sehr die Teilnehmer der Diskussion noch der grammatischrhetorischen Bildung der Antike verbunden sind. Zunächst ist auf die acht wörtlichen Zitate, die in die Schrift Eingang gefunden haben, zu verweisen. Während sechs von ihnen jeweils zur Hälfte aus Vergil und Terenz als den wichtigsten Dichtern des antiken Schulunterrichts in lateinischer Sprache stammen,30 sind nur zwei der Bibel entnommen.31 Daraus kann zwar nicht der Schluß gezogen werden, daß die Teilnehmer der Diskussion entschieden heidnische Vorstellungen vertreten.32 Festzuhalten ist aber, daß Licentius, der neben Augustin als einziger der Gesprächspartner auf die Dichter zurückgreift, die literarische Bildung der antiken Schule nicht nur genossen hat, sondern sein erworbenes Wissen durch das Zitieren von Versen auch zur Schau stellt. Anders als bei Augustin fällt dies bei dem jüngeren der beiden Männer sofort ins Auge: Zwar bekennt Licentius unmittelbar im Anschluß an die strenge Zurechtweisung durch Augustin reumütig seinen Fehler, sich zu sehr der Dichtung zu widmen. Bezeichnenderweise bringt er dies aber in dem Teilvers Egomet meo indicio quasi sorex zum Ausdruck, auf dessen Herkunft aus Terenz (Eun. 1024) er ausdrücklich verweist (ord. 1,3,9). Licentius meint, sich durch sein bisheriges Verhalten, das sich in der ablehnenden Haltung gegenüber der von Augustin angeregten philosophischen Erörterung über den ordo rerum manifestiert, wie eine Maus, die durch ihr Piepsen auf sich aufmerksam macht, verraten zu haben. Diese Formulierung beweist, daß Licentius mit der Abkehr von der eigenen Dichtertätigkeit keinesfalls auch auf den kulturellen Fundus, den die pagane Poesie ihm bietet, zu verzichten oder seine 29 Vgl. dazu Gunermann, Ciceronische Sprache, passim, ders., Tradition, S. 183f., Foley, S. 62f. u. Fuhrer, Philologie, S. 559. 30 Zum Lektürekanon der traditionellen Schule vgl. oben, S. 48f. 31 Die Vergilstellen finden sich ord. 1,4,10; 2,11,34 u. 2,20,54; auf Terenz wird ord. 1,3,9; 1,7,20 u. 2,7,21 zurückgegriffen. Zu den wörtlichen Zitaten aus der Bibel vgl. ord. 1,8,22 u. 1,11,32. 32 Thimme vertritt demgegenüber die These, daß Augustin in de ordine noch stark im Heidentum verwurzelt sei (vgl. Dyroff, S. 15, Anm. 1).
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literarischen Kenntnisse sogar zu verleugnen beabsichtigt. Im Gegenteil offenbart die Tatsache, daß Licentius gerade diesen Vers des Terenz in Anlehnung an die Mäuse (sorices) aufgreift, die ihn in seiner Nachtruhe gestört und so das Gespräch mit Augustin erst in Gang gebracht haben (ord. 1,3,6), wie situationsgerecht der junge Dichter Zitate des traditionellen Bildungskanons zu verwenden vermag. Das literarische Spiel als Ausweis der eigenen Bildung erfährt eine Steigerung in den Worten hodie perii, die den ersten Teil des Verses aus Terenz vervollständigen, von Licentius aber voller Zuversicht in sein Vorhaben, sich nun mit ganzer Kraft der Philosophie zu widmen, in das Gegenteil hodie inveniar verändert werden. Mag Licentius sich also auf der Inhaltsebene von der Dichtkunst distanzieren, kulturell und sprachlich zeigt er sich auch weiterhin der traditionellen Literatur verpflichtet. Er selbst bekennt denn auch, daß sein Wechsel von der poetica zur philosophia sich nur allmählich vollziehe und noch in den Anfängen stecke: Nam illa [sc. philosophia, Anm. d. Verf.] est, ut tibi cotidie probanti iam coepi credere, vera et inconcussa nostra habitatio (ord. 1,3,9). Interessant zu sehen ist, daß Augustin auf den Fortschritt des Licentius mit einem Vergilzitat antwortet und der sich anschließende Passus auf drei Stellen aus der Aeneis basiert:33 sic pater ille deus faciat! Perducet enim ipse, si sequimur, quo nos ire iubet atque ubi ponere sedem, qui dat modo augurium nostrisque inlabitur animis. Nec enim altus Apollo est, qui in speluncis in montibus in nemoribus nidore turis pecudumque calamitate concitatus inplet insanos, sed alius profecto est, alius ille altus veridicus atque ipsa – quid enim verbis ambiam? – veritas, cuius vates sunt, quicumque possunt esse sapientes. Ergo adgrediamur, Licenti, freti pietate cultores, et vestigiis nostris ignem perniciosum fumosarum cupiditatum opprimamus (ord. 1,4,10).
Gunermann spricht zu Recht davon, daß Augustin sich aus Freude über den geistigen Fortschritt des Licentius »zu einem Vergilzitat hinreißen«34 lasse; 33 Vgl. Schelkle, S. 98–100, Hagendahl, Augustine and the Latin classics Vol. 2, S. 437f. u. Gunermann, Tradition, S. 190–193. 34 Gunermann, Tradition, S. 185. Die Stelle weist mehrere textkritische Probleme auf, die in der Forschung zu unterschiedlichen Lösungen geführt haben. Während die unter dem Buchstaben 7 zusammengefaßten Handschriften A, S und T die Vergilstelle Aen. 10,875 (sic pater ille deum faciat, sic altus Apollo ! / incipias [...]), auf die Augustin zu Beginn des Zitates rekurriert, in der Form sic pater ille deus faciat, sic altus Apollo! / Incipias! überliefern, ist in den übrigen codices H, M, P, R und R² nur die Variante sic pater ille deus faciat überliefert. Während Knöll, S. 128, Keseling, S. 120 und Wilhelm M. Green, Stromata patristica 2, S. 104 u. ders., CCL 29, S. 94 sich in ihren Ausgaben bzw. Übersetzungen für die verkürzte Fassung entscheiden, die auch Müller, S. 77–81 favorisiert, bevorzugen Schelkle, S. 99, Perl, S. 11 und Gunermann, Tradition, S. 190 die Variante der Handschriftenfamilie 7. Hagendahl, Augustine and the Latin classics Vol. 2, S. 437 hält den vollständigen Vers zwar deshalb für wahrscheinlicher, weil vom altus Apollo auch im
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denn daß Augustins Reaktion emotional motiviert ist, macht der Satz deutlich, der dem Vers unmittelbar vorangeht: Augustin spürt die Freudengefühle geradezu in sich aufsteigen. Wie groß sie sind, geht aus dem Infinitiv abundare hervor, der durch die Formulierung multo uberius noch eine Steigerung erfährt. Sie bewegen Augustin dazu, »frohlockend« das Dichterwort auszusprechen. Das Zitat aber allein affektiv begründet zu sehen hieße die tieferen Ursachen für seinen Gebrauch zu verkennen. Schon die Worte sic pater ille deus weisen eine bewußte Veränderung gegenüber der Vorlage auf, denn Augustin sieht sich gezwungen, die polytheistische Vorstellung vom Vater der Götter (pater ille deum) in christlichem Sinne umzugestalten.35 Auch das mit Perducet eingeleitete Satzgefüge unterscheidet sich trotz der z.T. wörtlichen Entlehnungen dem Inhalt nach von Vergil: Im Epos wendet Aeneas sich fragend an Apollo, wer die Trojaner auf ihren Irrfahrten führen solle, wohin der Gott ihnen den Weg weise und wo sie ihre Wohnsitze gründen sollten. Schließlich bittet er den Gott darum, ihm und seinen Gefährten ein Zeichen zu geben und sich in ihre Seelen zu senken (Aen. 3,84–89). Demgegenüber formuliert Augustin seinen Gedanken als feste Zuversicht: Er vertraut auf denjenigen, der sie führen wird, der bereits ein Vorzeichen geschickt hat und sich schon in ihre Seelen hineinsenkt. Augustin hat nicht den Zeussohn Apollo im Auge, sondern Christus, dessen Ordnung die Mäuse, nach denen Licentius schlägt, auf den Plan gerufen und damit erst zu dem Gespräch zwischen Augustin und seinen Schülern geführt hat. Dies wird im nächsten Satz explizit formuliert. Keinesfalls, so Augustin, sei vom folgenden Abschnitt die Rede sei. Weil es sich dabei allerdings um keinen schlüssigen Beweis handele, will er die Frage unbeantwortet lassen. Auch Schelkle, S. 99 führt den Inhalt der nachfolgenden Sätze als Beleg für seine Auffassung an, verweist darüber hinaus aber auf drei weitere Argumente: Erstens sei die handschriftliche Bezeugung für das längere Zitat mindestens ebenso gut wie für das kürzere. Zweitens müsse als unwahrscheinlich gelten, daß ein Korrektor den Halbvers sic pater ille deus faciat durch das anstößige sic altus Apollo ergänzt habe. »[V]or allem aber hätte niemand das nachhängende incipias angefügt, während es leicht erklärlich ist, daß man eben des Anstoßes wegen einen Teil strich« (ebd.). Drittens schließlich sei bei den von den Maurinern verwendeten Handschriften, wie sie von Migne verwendet worden seien, auch die Lesart sic altus Iesus zufinden. Diese Korrektur aber sei nur möglich gewesen, wenn bei Augustin der vollständige, inakzeptable Vergilvers zu lesen gewesen sei, denn »als freierfundene Zufügung läßt sich das nicht erklären« (ebd.) Die für das längere Zitat angeführten Argumente weist Müller, S. 77, der sich gegen die in der u.a. von Schelkle verteidigten Lesart enthaltenen Gleichsetzung von Christus und Apoll ausspricht, als unhaltbar zurück. Die Behauptung, die spätere Nennung des altus Apollo erfordere aus Gründen der Verständlichkeit das ungekürzte Zitat aus der Aeneis, hält Müller keineswegs für zwingend. Im Gegenteil sei sie sogar der »Stilisierung des Cassiciacumkreises unangemessen und verfiele dem Verdikt, taedium zu erregen« (ebd., S. 77f.). 35 Ebd., S. 99: »Einige geringwertigere (bei Migne genannte) Handschriften der Mauriner boten sogar wie der Virgilvers pater deum. Man wird sich hier nach dem Gewicht der Handschriften für pater Deus entscheiden. Augustin hat offenbar die allzubefremdlichen Worte mit Bedacht geändert.«
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altus Apollo Vergils die Rede, der in Höhlen, auf Bergen und in Hainen, bewegt von Weihrauchduft und Tieropfern, die Verzückten erfülle; vielmehr sei ein anderer, ja »jener andere erhabene Wahrsager« gemeint, der in Anlehnung an Joh. 14,6 mit der Wahrheit selbst gleichgesetzt wird.36 Schelkle verweist darauf, daß Apollo auch sonst in der christlichen Literatur als Christus ähnlich und mit ihm verwandt aufgefaßt werde, wie der bei Paulinus von Nola überlieferte Vers eines unbekannten Dichters beweise:37 salve, o Apollo vere, Paean inclite, pulsor draconis inferi !
Hier soll nicht so weit gegangen werden, die Verwendung des vollständigen Vergilverses Aen. 10,875 für Augustin anzunehmen und damit von einer Gleichsetzung Apolls mit Christus auszugehen. Dennoch ist gegen die Position Müllers einzuwenden, daß der »Zielpunkt« der vorliegenden Stelle nicht nur auf »Trennung und Dissoziation«38 beruht. Selbst wenn die Übersetzung Keselings zugrunde gelegt wird,39 der Müller offenbar folgt,40 ist bei aller Distanz in sprachlicher Hinsicht auch eine Verbindung zwischen den beiden Gottheiten festzustellen, die vom Autor bewußt angelegt ist: obgleich Augustin sich darum bemüht, seine Aussagen inhaltlich gegenüber paganen Überzeugungen abzugrenzen, lehnt er sich in seinem Vokabular überaus eng an den römischen Dichter an. So wird durch die zweifache Verwendung des alius zwar der Gegensatz zwischen den Göttern hervorgehoben. Die Tatsache aber, daß beide als altus41 bezeichnet werden und der christliche als veridicus zudem eine Charakterisierung erfährt, die als Epitheton ornans ebenso gut zu dem heidnischen Orakelgott paßt,42 verweist auf folgendes: Augustin gebraucht an der vorliegenden Stelle ganz bewußt die Sprache Vergils, um christliche Positionen zu verdeutlichen.
36 Vgl. Gunermann, Tradition, S. 191 m. Anm. 33. 37 Vgl. Schelkle, S. 100 u. PAUL. NOL., [carm., app.] 2,51f. Vgl. außerdem Detschew, Sp. 529. 38 Müller, S. 78. 39 Keselings Übersetzung der Stelle ord. 1,4,10 lautet: »Denn nicht Apollo ist groß, der in Höhen, auf Bergen, in Hainen die Menschen mit Raserei erfüllt, aufgereizt durch Weihrauchduft und Tieropfer, vielmehr gibt es einen anderen, jenen anderen, großen, der die Wahrheit verkündet und mehr noch – was soll ich denn um die Sache herumreden? – die Wahrheit selbst ist;« 40 Vgl. die Übersetzung, die Müller, S. 78, Anm. 223 anführt und von der er sich distanziert: »›Und der erhabene Apollo ist nicht die Naturkraft. Sondern der erhabene Apollo ist ein völlig anderer ... ‹.« 41 Daß Augustin vom altus Apollo spricht, muß nicht zwangsläufig als Anerkennung des paganen Gottes verstanden werden. Auch die Vorstellung, Augustin spreche hier ironisch vom »erhabenen Apoll«, ist abzulehnen. Die Formulierung altus Apollo läßt sich vielmehr als wertneutrales Zitat des Vergiltextes verstehen. 42 Vgl. z.B. SEN. Ag. 254f.: […] Sola sed turba eminet / tenetque regem famula veridici dei.
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Sicher ist Augustin schon aufgrund seiner Schulbildung und seiner Tätigkeit als Grammatik- und Rhetoriklehrer sprachlich noch stark im heidnischen Milieu verhaftet, auf dessen Texte er zurückgreift, um neue Inhalte zu vermitteln. In diesem Vorgehen aber läßt sich auch eine pädagogische Maßnahme erkennen: Mit Rücksicht auf seine Adressaten bedient Augustin sich der Dichtung Vergils, um von dieser gemeinsamen Basis aus die Gegensätze zwischen paganen und christlichen Standpunkten um so deutlicher hervorheben zu können. Dies macht der Relativsatz, der das Substantiv veritas näher erläutert, deutlich: Augustin spricht hier von vates, die in seinen Schriften fast ausschließlich als pagane Seher begegnen,43 die um »das Zukünftige oder dem Menschen Verborgene durch göttliche Eingebung«44 wissen. Wenn Augustin diesen für ihn dezidiert heidnischen Begriff45 ins Christliche überträgt, dann läßt sich das nicht als unbewußter Gebrauch einer Vokabel verstehen, die durch die Lektüre der römischen Klassiker Eingang in seinen Wortschatz gefunden hat. Vielmehr ist davon auszugehen, daß er das Wort absichtlich verwendet, weil sein Publikum mit ihm vertraut ist und seine Bedeutung auch dann versteht, wenn es in einen religiös fremden Bereich transferiert wird.46 Im letzten Satz des zu besprechenden Passus scheut Augustin nicht davor zurück, sich selbst und Licentius in derselben Weise als freti pietate cultores zu bezeichnen, wie dies bei Vergil von den Verehrern Apolls gesagt wird (Aen. 11,787f.). Wo die Inhalte bei dem Dichter aber für Christen nicht haltbar oder ihrem Aussagewert nach unbedeutend sind, nimmt Augustin selbständig Veränderungen vor: Nicht auf glühender Kohle schreiten er und sein Schüler im Vertrauen auf Gott einher, wie Arruns in der Aeneis 43 AUG. epist. 258,5: Quod ex Cymaeo, id est ex Sibyllino carmine se fassus est transtulisse Vergilius, quoniam fortassis etiam illa vates aliquid de unico salvatore in spiritu audierat, quod necesse habuit confiteri. 44 Menge, S. 134. 45 Vgl. dazu z.B. die Stellen c. Faust. 13,1: Porro autem nos natura gentiles sumus, id est, quod Paulus praeputium vocat, sub alia nati lege et praefatoribus aliis, quos gentilitas vates appellat [...] u. trin. 4,17: Quod qui potuerunt ab eis vates, a nostris prophetae appellati sunt, quamquam et prophetarum nomen non omnino alienum est a litteris eorum. 46 Zelzer, Symmachus, S. 150f. spricht mit Blick auf die Vergilanklänge des Ambrosius in seinen Antworten auf die relatio des Symmachus von einem »missionarischen Programm«, das auch in anderen Werken des Bischofs von Mailand festzustellen sei und darin bestehe, die heidnische Tradition in christlichem Sinne umzudeuten. Die Forscherin verweist auf folgende Parallelentwicklung: »Vergleichbar ist hier etwa der von Chr. Mohrmann herausgestellte Wandel in der Haltung gegenüber heidnisch-traditionellem Sprachgut in der christlichen Liturgie- und Gebetssprache: bis ins 4. Jh. vermied man geflissentlich alte Termini der heidnischen Sakralsprache, etwa precari und pontifex, gleichsam als bedrohlich, dann aber, bei der Bildung einer christlichen Sakralsprache im Zuge der Latinisierung der Liturgie der römischen Kirche, übernahm man bereits selbstverständlich altrömische Elemente als ehrwürdiges altes Gebetsgut« (Zelzer, Ambrosius, S. 208). Zelzer rekurriert auf Mohrmann, Die Rolle des Lateins, S. 43f.
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von sich und seinen Gefährten mit Blick auf Apollo ausruft. Augustin fordert Licentius vielmehr dazu auf, zusammen mit ihm das verderbliche Feuer ihrer glühenden Begierden auszutreten. Auch das Zitat aus den Georgica (2,481f.) im zweiten Buch von de ordine zeigt,47 daß Augustin zur Illustration seiner Gedanken vornehmlich auf den kulturellen Bestand der heidnischen Antike rekurriert. An der Stelle ord. 2,11,34 wird nur indirekt ein theologisches Problem erörtert, das Augustin anders als ord. 1,4,10 nicht dazu bewegt, seine Leser durch besondere pädagogische Maßnahmen dort abzuholen, wo sie kulturell stehen. Augustin geht es nur darum, den Unterschied zwischen dem Inhalt und der rhythmischen Gestaltung einer Aussage zu verdeutlichen. Zu diesem Zweck führt er geradezu selbstverständlich das Vergilzitat an, obgleich ein beliebiger Vers aus den Psalmen der Bibel in derselben Weise hätte verwendet werden können und auch von Heiden verstanden worden wäre. Auch die exempla des Dialogs sind allesamt der heidnischen Welt und den Schriften ihres Bildungskanons entnommen. So untermauert Trygetius eine seiner Thesen durch einen Vergleich mit Cicero: In derselben Weise, wie der römische Konsul über alle seine Tugenden auch dann verfügt hätte, wenn sie nicht, durch die Verschwörung Catilinas auf die Probe gestellt, allen sichtbar geworden wären, sei Gott schon zu dem Zeitpunkt dazu fähig gewesen, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, da das malum noch nicht in der Welt existiert habe (ord. 2,7,22). Die ablehnende Haltung Augustins gegenüber dem Theater und der Schauspielkunst ist in der Forschung bereits herausgearbeitet worden.48 Sie läßt sich anhand einer Aussage aus de catechizandis rudibus verdeutlichen, vor deren Hintergrund das ord. 2,11,34 herangezogene Beispiel des tanzenden histrio besondere Aufmerksamkeit verdient: In de catechizandis rudibus warnt der Autor diejenigen, die sich ernsthaft darum bemühen, Gottes Wege zu befolgen, vor dem schlechten Einfluß solcher Menschen, die zwar Christen seien, aber z.B. als Trinker, Betrüger und Ehebrecher nicht nach Gottes Gesetzen lebten. Als nominale Christen seien sie noch ganz dem Heidentum verfallen, wie Augustin durch eine Gegenüberstellung von ecclesia und theatrum verdeutlicht: Dieselben Massen, die an den Feiertagen der Christen in den Kirchen zu finden seien, zögen an den Festtagen der Heiden in die Theater (catech. rud. 25,48). Angesichts dieser Aussage ist um so bemerkenswerter, daß Augustin ord. 2,11,34 unvoreingenommen auf den paganen Kulturbetrieb Bezug
47 Der Text lautet quid tantum Oceano properent se tinguere soles / hiberni vel quae tardis mora noctibus obstet. Er ist auch Aen. 1,745f. zu finden. 48 Vgl. Jürgens, S. 248f.
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nimmt und das exemplum des tanzenden Schauspielers aus ihm bezieht.49 Wenn er darüber hinaus von einer »geflügelten Venus« und einem »Cupido im Mantel« spricht und dabei voraussetzt, daß seine Leser erkennen, daß für gewöhnlich genau umgekehrt Venus als palliata und Cupido als pinnatus dargestellt wird,50 dann beweist das folgendes: Augustin hat ein Publikum im Blick, das die traditionelle Bildung genossen hat, die der Autor in de ordine nicht einmal in denjenigen Bereichen ablehnt, die er später in den confessiones (3,2,2-4) mit Nachdruck verurteilt.51 Schon die bisherige Analyse hat die Nähe Augustins ebenso wie die seiner Gesprächspartner und Leser zur grammatisch-rhetorischen Tradition der Antike erwiesen. Dies wird noch deutlicher, wenn solche Passagen untersucht werden, an denen Augustin explizit auf einzelne Regeln, die dem Grammatikunterricht entstammen, zu sprechen kommt. An der Stelle ord. 2,4,12 beabsichtigt Augustin, anhand mehrerer Beispiele zu veranschaulichen, daß auch diejenigen Dinge von der Ordnung Gottes umfaßt werden, die ihr wie das Böse in der Welt scheinbar unvereinbar gegenüberstehen. Nachdem sogar Henkern ein Platz in der Ordnung eines gut regierten Staates zuerkannt und selbst dem unsittlichen Geschäft der Dirnen Sinn beigemessen worden ist, treten ord. 2,4,13 Solözismen und Barbarismen in den Mittelpunkt der Betrachtung. Augustin erklärt, daß gerade der Dichter sie gerne verwende, sie als eindeutige Verstöße gegen die Sprachnorm (manifesta vitia) aber als Metaplasmen und Schemata bezeichne. Damit wird auf folgenden Sachverhalt angespielt: Während die Schüler im Grammatikunterricht Fehler in der lautlichen Zusammensetzung des Einzelwortes und der Syntax52 als vitia angerechnet bekamen, galt ihr bewußter Gebrauch durch die Dichter und Schriftsteller als licentia poetarum und wurde sogar als virtus gerühmt.53 Vor diesem Hintergrund spricht Augustin ord. 2,4,13 von den genannten Figuren als der »Würze« (suavissima condimenta) in den Gedichten, betont allerdings, daß ein bestimmtes Maß nicht überschritten werden dürfe, was 49 Auch Jürgens, S. 249 weist darauf hin, daß Augustin die afrikanischen Christen zwar vom Besuch der Schauspiele abzuhalten versuche, in seinen Schriften aber immer wieder auf die eigenen Kenntnisse zurückgreife, um die Heiden zu bekämpfen oder schwierige Sachverhalte anschaulich zu erklären. 50 Den geflügelten Cupido nennt Cicero an der Stelle nat. deor. 3,58 (vgl. Keseling, S. 244). 51 Vgl. dazu unten, S. 118f. 52 Zu dieser Definition von Barbarismen und Solözismen vgl. Lausberg, §§ 118 u. 125,1. Augustin selbst erklärt die beiden Begriffe u.a. doctr. christ. 2,13,19. Vgl. dazu unten, S. 155f. 53 Vgl. Lausberg, § 109, der VICTORIN. gramm. frg. p. 35,6 zitiert: Nunquam ergo soloecismus excusari potest: si a nobis per imprudentiam fiat, vitium est; si a poetis vel oratoribus affectate dicatur, figura locutionis et appellatur Graece H8dB6. An der Stelle frg. p. 37,3 heißt es: Barbarismus nullo modo excusari potest: si a nobis per imprudentiam fiat, vitium est; si a poetis vel oratoribus, virtus locutionis et appellatur Graece B:I6EA6HBn0. Vgl. dazu auch oben, S. 48.
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auch für die Prosa und etwa vor dem Volk und vor Gericht zu haltende Reden gelte. Auch mit der Forderung nach einem abwechslungsreichen Gebrauch der Stilarten (Summissa quaedam impolitaeque simillima ipsos saltus ac venustos locos sese interponens inlustrat oratio, ord. 2,4,13) werden Regeln angesprochen, die sich bereits bei Cicero und Quintilian finden und bei Augustin später auch in de doctrina christiana begegnen.54 Die Behandlung philosophisch-theologischer Probleme stellt hohe Ansprüche an die sprachlichen Fähigkeiten der Dialogpartner, denen Licentius nicht immer gerecht wird. Wiederholt gesteht er ein, seine Gedanken nicht in Worte fassen zu können (ord. 2,1,3; 2,6,18 u. 2,7,20). Vor allem das Formulieren von Definitionen, das die Grundlage jeder systematischen Erörterung darstellt, fällt ihm schwer (ord. 2,2,4 u. 2,5,17). Entsprechend häufig wird diese Aufgabe Augustin überlassen, der sich als ehemaliger Rhetor nicht nur dieser Herausforderung gewachsen sieht. Auch sein Repertoire an Beispielen scheint unerschöpflich. Während er selbst eine seiner Thesen gleich durch vier similitudines zu veranschaulichen vermag und noch unzählige weitere anführen könnte, kommt seinem Schüler Trygetius zu demselben Sachverhalt nicht eine einzige in den Sinn (ord. 2,4,12). Damit ist auf die große Bedeutung der grammatisch-rhetorischen Ausbildung der antiken Schule verwiesen. Sie hat Augustin nicht nur eine erfolgreiche Karriere als Rhetorikprofessor ermöglicht, auch seine philosophische Schriftstellerei ist ohne sie nicht denkbar. Augustin steht in de ordine also nicht nur theoretisch in der Tradition antiker Rhetorik. Auch praktisch verkörpert er während des Dialogs den orator perfectus, der von Alypius für seine ansprechende Darstellung gelobt wird. Er selbst bezeichnet sich angesichts der anerkennenden Worte denn auch als verborum [...] magister, dem er den Freund als den »Meister der Verwirklichung«55 (rerum magister) des von ihm ord. 2,8,25–9,27 beschriebenen Lebensideals gegenüberstellt (ord. 2,10,28). Für Augustins kulturelle Selbsteinordnung und die Quellen, an denen er sich in Cassiciacum orientiert, ist die Tatsache bezeichnend, daß die Schüler Licentius und Trygetius nicht durch die Bibel, sondern durch die Lektüre des von Cicero verfaßten Hortensius für die Philosophie als Suche nach der Wahrheit gewonnen werden (c. acad. 1,1,4). Vor diesem Hintergrund ist nicht verwunderlich, daß in contra Academicos zahlreiche Zitate aus Ciceros Protreptikos, aber auch aus vielen anderen seiner philosophischen Werke Eingang gefunden haben, während auf Bibelstellen in derselben Weise, wie es auch für de ordine der Fall war, nur zweimal zurückgegriffen wird (c. acad. 2,2,1 u. 2,3,9). Die große Bedeutung, die vor allem Augustins 54 Vgl. CIC. orat. 103, QUINT. inst. 10,2,22 u. 12,10,70 u. AUG. doctr. christ. 4,22,51–54. 55 Übersetzung nach Perl, S. 64.
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Schüler dem Philosophen Cicero beimessen, läßt sich an einer Passage des ersten Buches ablesen. In der für contra Academicos entscheidenden Frage, ob schon die Suche nach der Wahrheit oder nur die Wahrheit selbst zum glücklichen Leben führe,56 verweist Licentius, der als Verteidiger der Akademiker bereits in der Suche das Ziel erblickt, auf die maiores nostri, von denen bekannt sei, daß sie allein durch ihr philosophisches Fragen weise und glücklich gelebt hätten (c. acad. 1,2,6). Bleibt an dieser Stelle noch unklar, wer unter den Vorfahren zu verstehen ist, so liefert der folgende Paragraph die Antwort: Als Trygetius die Ansicht der Akademiker zurückweist, stellt Licentius ihm die Frage, ob bei ihm die auctoritas maiorum etwas zähle. Auf die Antwort, daß dies nicht grundsätzlich der Fall sei, konkretisiert Licentius, wie es sich mit Karneades und »unserem Cicero« verhalte (Quid, inquit Licentius, de illo nostro Cicerone quid tandem existimas?, c. acad. 1,3,7). Beide Philosophen werden also ganz selbstverständlich als geistige Autorität anerkannt, ohne daß ihre Verwurzelung in der heidnisch-antiken Geisteswelt als Problem aufgefaßt würde. Die Verortung der eigenen kulturellen Position, wie sie hier vorgenommen wird, erfährt noch dadurch eine Steigerung, daß Trygetius Cicero in der zu diskutierenden Thematik einiges Gewicht zugesteht und ihn zunächst sogar als Weisen bezeichnet, um sich wenig später nur deswegen von seinem früheren Urteil zu distanzieren, weil er gegen die akademische Sichtweise des Licentius und damit zugleich gegen Cicero selbst zu argumentieren beabsichtigt (c. acad. 1,3,8).57 Licentius weist Cicero an derselben Stelle das Verdienst zu, die Philosophie in lateinischer Sprache begonnen und zur Vollendung gebracht zu haben, während Augustin c. acad. 1,6,16 seinerseits auf die – freilich auch bei anderen Autoren überlieferte – Definition der Weisheit als das Wissen von den menschlichen und göttlichen Dingen zurückgreift. Zwar vertritt Trygetius einen der skeptischen Ansicht Ciceros entgegengesetzten Standpunkt, doch auch dies hindert ihn nicht daran, den Römer unter die maiores zu rechnen, und dies sogar dann, wenn er sich von Karneades als der alia Graeca pestis distanziert, um gleichzeitig die maiores nostri zu schonen (c. acad. 2,12,27). Am Ende des zweiten Buches hebt schließlich auch Alypius, der zwischenzeitlich die Verteidigung der Akademiker von Licentius übernommen hat, die auctoritas magnorum excellentiorumque philosophorum hervor, unter denen unzweifelhaft Karneades und
56 Das Thema des Dialogs wird erstmals c. acad. 1,2,5 benannt. 57 Vgl. dazu auch c. acad. 1,8,24: Augustin faßt am Ende des ersten Buches den bisherigen Gesprächsverlauf zusammen und bestimmt das Verhältnis des Trygetius zu Cicero in der dargestellten Weise.
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Cicero zu verstehen sind, die für die Gesprächspartner die Exponenten skeptischer Philosophie darstellen (c. acad. 2,13,30).58
3.1.4 Literarische und philosophische Bildung – pulchrior est philosophia Trotz der im vorangehenden Abschnitt nachgewiesenen Verwurzelung Augustins im traditionellen Bildungssystem ist für de ordine eine kritische Haltung des Autors gegenüber der literarischen Kultur seiner Zeit festzustellen, die in denjenigen Abschnitten des Dialogs greifbar wird, die die »Bekehrung« des Licentius von der Dichtkunst zur Philosophie beinhalten. Schon wenn Augustin seinem Schüler herausfordernd zugesteht, daß er zurecht lieber bei Kalliope bleibe als sich über das unregelmäßige Rauschen des Flußlaufes zu wundern, wird der Gegensatz zwischen dem studium poeticae und der philosophia thematisiert (ord. 1,3,8); denn während die Muse metonymisch für die Dichtung steht, ist das mirari, dem im Griechischen -DXPU]HLQ entspricht, als die Ursache allen Philosophierens zu verstehen.59 Für Augustin überragt die Frage nach dem ordo rerum bei weitem den Helikon, dessen Gipfel Licentius bereits wie der Himmel vorkommt (ord. 1,3,8). Auch hier stellt Augustin der philosophischen Tätigkeit die Arbeit des Dichters gegenüber, um sich dabei der Doppeldeutigkeit des Substantivs caelum zu bedienen. Traditionell nämlich beschreiben die heidnischen Dichter mit dem Bild, den Himmel oder die Sterne zu erreichen, ihr Streben nach literarischem Ruhm.60 In christlichem Sinne dagegen bezeichnet das Wort den Wohnsitz Gottes und das Sein bei Gott als letztes Ziel jedes Gläubigen.61 Augustins Verhältnis zur Dichtkunst geht auch aus der Stelle ord. 1,5,16 hervor. Die poetica wird hier den mediocres litterae zugeordnet, von denen der Autor die Philosophie als den Höhepunkt und das Ziel jeder wissenschaftlichen Ausbildung ausdrücklich unterscheidet. Den Gegensatz zwischen Philosophie und Dichtkunst bringt Licentius selbst zum Ausdruck,
58 Fuhrer, Contra Academicos, S. 230 vermutet, daß es sich bei Alypius’ Quelle für die Darstellung der skeptischen Position ausschließlich um Cicero handelt. 59 Eckstein, S. 7f. u. S. 8, Anm. 1: »Auch nach Aristoteles steht am Anfang der Philosophie das ›Sich-Verwundern‹ (-DXPU]HLQ).« 60 HOR. carm. 1,1,36: sublimi feriam sidera vertice. OV. met. 15,875: parte tamen meliore mei super alta perennis / astra ferar nomenque erit indelebile nostrum […] 61 In dem von der Deutschen Bischofskonferenz herausgegebenen Katholischen Erwachsenen-Katechismus, S. 109 heißt es: »Für die Bibel besteht kein Zweifel daran, daß Gott allein der Himmel des Menschen, d.h. die Erfüllung seiner tiefsten Wünsche und Sehnsüchte ist. Himmel ist dort, wo Gott ist, wo man ihm begegnet und nahe ist.«
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wenn er seine Abkehr von der Poesie und seine Hinwendung zu philosophischen Themen in den Worten gipfeln läßt: Pulchrior est philosophia, fateor, quam Thisbe, quam Pyramus, quam illa Venus et Cupido talesque omnimodi amores (ord. 1,8,21).
Wenn er ein letztes Mal auf die überwundene Leidenschaft zu sprechen kommt, vermag er sie nur noch als nugae illae carminis mei zu charakterisieren (ord. 1,8,23). Die Philosophie schätzt Augustin demgegenüber viel höher ein. Kommt er in contra Academicos auf sie zu sprechen, dann stimmt er regelmäßig einen Lobpreis auf sie an. Nach der Niederlegung des Lehrberufs hat er sich in das gremium philosophiae geflüchtet, die ihn vom Aberglauben der Manichäer befreit hat, weil sie die Abwendung von der Sinnenwelt hin zur Welt des Intelligiblen lehrt und die Schau Gottes bereits in diesem Leben zu ermöglichen verheißt (c. acad. 1,1,3). Die Philosophie hilft Augustin, seinen Begierden zu entrinnen, seine Sorgen abzulegen, zur Vernunft zu kommen, zu sich selbst zu finden und mit Entschlossenheit nach der Wahrheit zu suchen (c. acad. 2,2,4). Ein günstiges Schicksal ist für ihn nur ein solches, das ihm Muße zum Philosophieren gewährt, und ein glückliches Leben kann seiner Meinung nach nur auf philosophischer Tätigkeit basieren (c. acad. 2,2,4). Auch Licentius zeichnet in demselben Dialog ein überaus positives Bild von dem philosophischen otium in Cassiciacum, das allen Beteiligten völligen Seelenfrieden, Freiheit des Geistes von den körperlichen Gebrechen, Trieblosigkeit und ein vernunftgemäßes Leben ermöglicht (c. acad. 1,4,11). An der Stelle c. acad. 1,1,3 spricht Augustin der Philosophie folgendes Verdienst zu: Ipsa enim docet et vere docet nihil omnino colendum esse totumque contemni oportere, quicquid mortalibus oculis cernitur, quicquid ullus sensus attingit.
Dem Zitat ist zu entnehmen, daß Augustin sich zweifellos von neuplatonischen Konzepten leiten läßt, die anders als die materialistisch ausgerichteten Vorstellungen der Stoiker und Epikureer die Abkehr von der diesseitigen Welt hin zur Welt des Geistes und der Ideen vertreten. Dieser von Augustin empfundene und immer wieder betonte Gegensatz läßt sich auch der Stelle ord. 1,11,32 entnehmen, die zwei Feststellungen erlaubt: Augustin beschränkt sein Lob der Philosophie zwar auf die neuplatonische Richtung; diese aber bemüht er sich entschieden gegenüber einer Verurteilung der Philosophie überhaupt, wie sie im Kolosserbrief 2,8 zum Ausdruck kommt,62 zu verteidigen: 62 Zur Stelle aus dem Kolosserbrief vgl. oben, S. 59, Anm. 87.
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Nam ne quid, mater, ignores, hoc Graecum verbum, quo philosophia nominatur, Latine amor sapientiae dicitur. Unde etiam divinae scripturae, quas vehementer amplecteris, non omnino philosophos, sed philosophos huius mundi evitandos atque inridendos esse praecipiunt. Esse autem alium mundum ab istis oculis remotissimum, quem paucorum sanorum intellectus intuetur, satis ipse Christus significat, qui non dicit: ›regnum meum non est de mundo‹, sed: regnum meum non est de hoc mundo. Nam quisquis omnem philosophiam fugiendam putat, nihil nos vult aliud quam non amare sapientiam (ord. 1,11,32).
Die Formulierung huius mundi stellt eine seltene Textvariante dar, die sich durch das eingefügte Demonstrativpronomen von anderen Überlieferungen unterscheidet.63 Sie ist auf einen Typ altlateinischer Bibelübersetzungen zurückzuführen, der im 4. Jahrhundert in Oberitalien auch in der Mailänder Diözese benutzt worden ist und der mehr oder weniger auch dem von Augustin in den Frühschriften verwendeten Bibeltext entspricht.64 Fuhrer verweist darauf, daß das Demonstrativpronomen hic sowohl im Alten als auch im Neuen Testament in Verbindung mit dem Substantiv mundus begegne, das wie das griechische @nHBD0 mit oder ohne Pronomen die geschaffene, vergängliche Welt bezeichne. Zwar könne auch die bei Augustin zu findende Übersetzung der Kolosserbrief-Stelle 2,8 in diesem Sinn verstanden werden; Augustin aber lege die Formulierung huius mundi durch den Rückgriff auf Joh. 18,36 (›regnum meum non est de mundo‹, sed: regnum meum non est de hoc mundo) in einer Weise aus, die auch mor. eccl. 21,38 und epist. 1,1 u. 118,3,20 begegne und die auf eine Verurteilung der Philosophie dieser Welt im Gegensatz zur platonischen abziele. Fuhrer vermutet, daß Augustin durch Diskussionen innerhalb des Mailänder Kreises zu dieser pro-platonischen Auslegung von Kol. 2,8 gelangt sei und daß wohl auch die seltene Textvariante von einem nicht näher bestimmbaren Mailänder Gelehrten stamme.65 Wie ablehnend Augustin dem zeitgenössischen Bildungsbetrieb gegenübersteht, geht daraus hervor, daß er die Gemeinschaft von Cassiciacum in klarer Abgrenzung von seiner früheren Lehrtätigkeit als schola nostra bezeichnet (ord. 1,3,7), der er als doctor und magister voransteht (ord. 1,4,11 u. 1,10,29). Sie ist als Gegenentwurf zur herkömmlichen Schule zu verstehen, von der Augustin sagt, er freue sich, ihr entronnen zu sein (ord. 1,9,27). Kritik übt der Autor nicht zuletzt an seinen ehemaligen Schülern, die am Nutzen der ihnen vermittelten Inhalte offenbar kein Interesse gezeigt und in ihrer Ruhmsucht nur nach »eitlem Beifall« gestrebt haben. Während Augustins Beiträge sich während des Dialogs über die Ordnung dem Autor 63 Vgl. Fuhrer, Philosophie, S. 295 u. dies., Frühdialoge, S. 318. 64 Zum Folgenden vgl. dies., Philosophie, S. 295–297. 65 Vgl. ebd., S. 298.
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zufolge durch inhaltliche Vollständigkeit und sprachliche Prägnanz auszeichnen (plene ac breviter, ord. 2,10,28), wird der in der schola illa trainierte Vortragsstil als geschwätziges Wortgeklingel diffamiert (ord. 1,9,27). 3.1.5 Augustins Modell philosophischer Schriftstellerei Philosophische Schriftstellerei muß sich Augustin zufolge gleichermaßen durch formale und inhaltliche Vorzüge auszeichnen. Selbst die Dichtung wird als Gattung keinesfalls pauschal zurückgewiesen, wie die Aufforderung an Licentius, zu den Musen zurückzukehren, beweist (Vade ergo interim ad illas Musas, ord. 1,8,24). Freilich verlangt Augustin von seinem Schüler, das begonnene Gedicht über Pyramus und Thisbe gegenüber der Vorlage Ovids in christlichem Sinne zu modifizieren, um es auf diese Weise seinem Inhalt nach aufzuwerten: Licentius soll den Fluch des Pyramus über den vermeintlichen Tod seiner Geliebten aufgreifen.66 Dieser Fluch sei das Resultat einer häßlichen Begierde und giftiger Leidenschaften und müsse durch das Lob der reinen und wahren Liebe ersetzt werden, durch die den Wissenschaften ergebene und tugendhafte Seelen sich mittels der Philosophie mit dem Verstand vereinigen und nicht nur dem Tod entfliehen, sondern auch ein seliges Leben genießen könnten.67 In die Prosa führt Augustin trotz der vielen Übereinstimmungen mit Cicero eine literarische Neuheit ein: Erstmals in der lateinischen Literatur überhaupt nimmt mit Monika eine Frau an einem philosophischen Dialog teil. Augustin sieht sich aus diesem Grund zu einer Rechtfertigung gezwungen, die sich über den eigentlichen Gegenstand hinaus zu einer Wesensbestimmung philosophischer Literatur, wie sie dem Autor vorschwebt, entwickelt. In ord. 1,11,31 lehnt Monika es ab, daß ihre Frage nach dem Fortschritt der Erörterung festgehalten und später in die schriftliche Ausarbeitung des Dialogs aufgenommen werden soll. Sie begründet ihre Haltung mit dem Hinweis auf die überkommene literarische Tradition, denn in den Büchern, die ihr von ihrem Sohn und seinen Schülern her bekannt seien, werde die Teilnahme von Frauen an philosophischen Diskussionen nicht überliefert: Atque interea mater ingressa est quaesivitque a nobis, quid promovissemus; nam et ei quaestio nota erat. Cuius et ingressum et rogationem cum scribi nostro more iussis-
66 Vgl. OV. met. 4,111–118. 67 ord. 1,8,24: […] deinde totus adtollere in laudem puri et sinceri amoris, quo animae dotatae disciplinis et virtute formosae copulantur intellectui per philosophiam et non solum mortem fugiunt verum etiam vita beatissimia perfruuntur.
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sem: Quid agitis? inquit; numquidnam in illis quos legitis libris etiam feminas umquam audivi in hoc genus disputationis inductas? (ord. 1,11,31).
Augustin weist die Bedenken seiner Mutter zurück. Er versichert ihr, sich nicht um die Urteile überheblicher und unkundiger Menschen zu kümmern, die sich beim Lesen allein auf die formale Gestaltung ihrer Bücher konzentrierten, und zwar in derselben Weise, wie sie auch im Umgang mit anderen Menschen nicht überlegen, quales ipsi, sed qualibus induti vestibus sint et quanta pompa rerum fortunae praefulgeant (ord. 1,11,31). Augustin vertritt die Ansicht, daß philosophische Schriftstellerei sich in erster Linie über ihre Inhalte zu definieren habe, unter keinen Umständen aber auf das Bemühen um sprachliche und stilistische Eleganz reduziert oder um jeden Preis überkommenen Gattungsregeln unterworfen werden dürfe. Als ideale Leser hat Augustin solche Menschen im Blick, die mit einer »gewissen Würze feiner Bildung« (aspersi [...] quibusdam condimentis humanitatis, ord. 1,11,31) ausgestattet sind. Mit den zuerst genannten Vertretern weisen sie zwar insofern eine Gemeinsamkeit auf, als auch sie sich der äußeren Form gegenüber nicht gleichgültig zeigen; anders als jene aber bleiben sie nicht bei den »golden verzierten Toren« stehen, sondern dringen über die ansprechende äußere Form um so leichter zu den »innersten Heiligtümern der Philosophie« vor (facile per aureas depictasque ianuas ad sacrosancta philosophiae penetralia perducuntur, ord. 1,11,31). In einem literaturgeschichtlichen Rückblick erklärt Augustin, daß die maiores nostri für diese Art von Lesern Ausreichendes geleistet hätten (ord. 1,11,31). Diese Aussage ist insofern bemerkenswert, als Augustin hier offenkundig von heidnischen und nicht von christlichen Literaten spricht. Die Bücher nämlich, auf die Monika Bezug nimmt, sind, wie Augustin noch in demselben Kapitel erklärt, mit denen der maiores identisch, die demzufolge auch von der schola in Cassiciacum gelesen worden sind. Die Lektüre des Dialogs Hortensius ist für die Schüler Augustins bezeugt68 und auch Ciceros Academici libri, die ebenfalls in der Form eines Gesprächs verfaßt waren,69 sind vermutlich in der Bibliothek des Landgutes vorhanden gewesen.70 Festzuhalten ist also, daß Augustin die Ansprüche, die er an philosophische Schriften stellt, in den Werken Ciceros, den er c. acad. 3,18,41 als noster Tullius bezeichnet, in besonderer Weise erfüllt sieht. Freilich weiß Augustin auch innerhalb der christlichen Literatur geeignete Vorbilder zu benennen und führt zu diesem Zweck seinen Zeitgenossen
68 Vgl. c. acad. 1,1,4. 69 Vgl. von Albrecht, Geschichte Bd. 1, S. 425. 70 Vgl. Keseling, S. 33.
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und Freund Theodorus an.71 An ihm macht Augustin noch einmal deutlich, in welchen Bereichen sich philosophische Literatur auszuzeichnen hat: Theodorus übertrifft andere Philosophen zwar auch mit seinem ingenium, seiner eloquentia und den insignia muneraque fortunae; vor allem aber zeichnet er sich durch seinen Verstand (mens) aus (ord. 1,11,31). Bei der schriftlichen Behandlung philosophischer Themen legt Augustin eben Wert auf eine ansprechende Darstellung. Größere Bedeutung aber mißt er der geistigen Substanz eines Werkes bei, die niemals hinter der Beredsamkeit zurücktreten darf. Für seine eigenen Bücher wünscht Augustin sich Leser, die seine Vorstellungen von Form und Inhalt philosophischer Schriften teilen. Die Gründe allerdings, die für diesen Wunsch angeführt werden, sind als Bescheidenheitstopos zu verstehen und verweisen genau auf das Gegenteil von dem, was sie aussagen: Augustin meint, sich als Autor noch keinen Namen gemacht zu haben. Außerdem könnten seine bisherigen Schriften aufgrund ihrer formalen Gestaltung womöglich auf Verachtung stoßen (ord. 1,11,31). Die Realität indes sieht anders aus: Wie kunstvoll gerade die Frühdialoge gestaltet sind, wird bereits beim ersten Lesen deutlich. An der vorliegenden Stelle wird selbst die scheinbar negative Beurteilung der eigenen literarischen Fähigkeiten durch das Bild der vilitas liminis zum Ausdruck gebracht, das auf die »golden verzierten Tore« der früheren Stelle Bezug nimmt und ihnen antithetisch gegenübergestellt wird. Daß de ordine den gehobenen Ansprüchen der gebildeten Adressaten gerecht werden muß, wird bereits zu Beginn der Schrift betont.72 Der spätere Bischof weiß genau, für wen er schreibt, und er ist sich sicher, sein Publikum auch als Schriftsteller nicht zu enttäuschen. Wird noch in Rechnung gestellt, daß Augustin als Rhetorikprofessor in Mailand den Angehörigen der Oberschicht sehr wohl bekannt war und gerade wegen seiner eloquentia gerühmt wurde,73 dann läßt sich sagen, daß der Autor sich zwar bescheiden gibt, seine literarische Tätigkeit in Wahrheit aber in die Tradition der maiores einordnet und auch den Vergleich mit Theodorus nicht scheut. Hinzuweisen bleibt darauf, daß Augustin dies alles mehr implizit zum Ausdruck bringt. In erster Linie geht es ihm um die Charakterisierung des idealen Lesers, der so beschaffen sein muß, daß er Monikas Teilnahme an dem Dialog akzeptiert und auch die übrigen Gesprächspartner nicht verachtet. Die Herkunft letzterer wird mit dem Verweis auf literarische Vorbilder 71 Zu Theodorus vgl. oben, S. 73 m. Anm. 19. 72 Vgl. oben, S. 75. 73 »As a rhetor and man of letters Augustine was eminently successful; both his teaching and his public oratory introduced him to the wealthy and educated strata of Milanese society and he could reasonably have expected further advancement of his public career« (Trout, S. 133). Zu Augustins Ansehen als Rhetoriklehrer vgl. z.B. conf. 5,12,22.
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legitimiert, denn in den Schriften hochgelehrter Menschen seien sogar philosophierende Schuster zu finden, die als Beispiel für die unteren sozialen Schichten angeführt werden.74 Am Ende des Kapitels wird schließlich sogar die Neuheit, daß mit Monika eine Frau an philosophischen Erörterungen beteiligt ist, relativiert. Obgleich Augustin zu Beginn noch mit Nachdruck seine Unabhängigkeit gegenüber Gattungszwängen und damit gegenüber dem traditionellen literarischen System hervorgehoben hat,75 betont er nun, daß auch bei den veteres Frauen philosophiert hätten.76 Entscheidend für Augustin ist jedoch, daß Monikas Liebe zur Weisheit sie als Vertreterin der wahren Philosophie ausweist (ord. 1,11,32), die Augustin erneut von derjenigen dieser Welt77 unterscheidet und die auch von der Heiligen Schrift gutgeheißen wird. Monika sei bereits so weit vorgedrungen, daß sie weder von einem schweren Schicksalsschlag noch vom Tod erschreckt werden könne. In ihrer Haltung manifestiere sich geradezu der Gipfel der Philosophie, so daß Augustin seine Mutter nicht nur guten Gewissens in sein literarisches Werk aufnehmen kann, sondern gemeinsam mit seinen Freunden sogar ihr Schüler werden möchte. MacCormack will bereits für de beata vita eine Verdrängung der Autorität Vergils durch Bezugnahmen auf Ambrosius feststellen und damit auf einen Wechsel Augustins von einem in das andere literarische System verweisen.78 Viele Stellen jedoch beweisen, daß der Kirchenvater auch in diesem Dialog nicht nur in der Praxis aus dem sprachlich-stilistischen Fundus des antiken Rhetorikunterrichts schöpft, sondern auch die Bewunderung für das literarische Genie der römischen Klassiker nicht verleugnet. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel dafür bietet die Stelle beat. vit. 10, an der ein Beitrag Monikas zu dem philosophischen Gespräch vom Autor ganz in Übereinstimmung mit den Aussagen in de ordine folgendermaßen kommentiert wird: Ipsam, inquam prorsus, mater, arcem philosophiae tenuisti. Nam tibi procul dubio verba defuerunt, ut non sicut Tullius te modo panderes, cuius de hac sententia verba ista sunt [...] (beat. vit. 10).
74 Vgl. Mühlenberg, »Über die Ordnung«, S. 362f., Anm. 34. 75 Vgl. oben, S. 88f. 76 Mühlenberg, »Über die Ordnung«, S. 363, Anm. 36 nennt Diotima in Platons Symposion und den Dialog »Aspasia« des Sokratikers Aischines. 77 Vgl. dazu oben, S. 86f. 78 Vgl. MacCormack, S. 55.
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Cicero wird hier zum Ideal stilisiert, das sich in der Dichotomie von inhaltlicher und sprachlicher Qualität manifestiert.79 Zwar kann die angeführte Passage für sich alleine betrachtet auch in der Weise interpretiert werden, daß Monika sich nur durch die im Verhältnis zu ihren Gedanken weniger wichtige formale Gestaltung ihrer Aussage von Cicero unterscheide, worin eine Relativierung der Bedeutung von Sprache gesehen werden könnte. Angesichts der Tatsache aber, daß Augustin das Zitat aus dem Hortensius vollständig anführt und damit zugleich einen Eindruck sowohl vom Inhalt als auch von der Form ciceronianischer Schriftstellerei vermittelt, auf den Monika begeistert reagiert, ist die hohe Wertschätzung, die Augustin für den Römer aufbringt, nicht zu verkennen. 3.1.6 Das Verhältnis von Bildung und Glaube Durch das hohe Lob, das Augustin seiner Mutter an den bereits interpretierten Stellen zukommen läßt, wird ein Gegensatz zwischen Monika auf der einen und den viri doctissimi auf der anderen Seite aufgebaut; denn obgleich erstere überhaupt keine wissenschaftliche Ausbildung genossen hat, übertrifft sie die durch den Unterricht in den artes liberales und vor allem das Studium der Philosophie hochgebildeten Männer. Dies überrascht um so mehr, als Augustin gerade in de ordine die Meinung vertritt, daß der Mensch durch die in den liberales disciplinae (ord. 1,1,3) erworbene intellektuelle Bildung, die eruditio (ord. 1,2,4), Gott schon in diesem Leben schauen und auf diese Weise glücklich leben könne.80 Augustin kommt auf das Problem u.a. ord. 2,17,45 zu sprechen, um dabei auch die für diese Untersuchung so wichtige Frage nach der Bedeutung der grammatischen und rhetorischen Bildung zu thematisieren. Mit Blick auf das dargelegte Bildungsprogramm und die Möglichkeiten seiner Mutter, sich mit dessen Inhalten zu beschäftigen, sagt er: Quod vero ex illis ad id, quod quaerimus, opus est, ne te quaeso, mater, haec velut rerum inmensa quaedam silva deterreat. Etenim quaedam de omnibus eligentur numero paucissima, vi potissima, cognitione autem multis quidem ardua, tibi tamen, cuius ingenium cotidie mihi novum est et cuius animum vel aetate vel admirabili temperantia remotissimum ab omnibus nugis et a magna labe corporis emergentem in se multum surrexisse cognosco, tam erunt facilia quam difficilia tardissimis miserrimeque viventibus. Si enim dicam te facile ad eum sermonem perventuram, qui locu79 Die Hochachtung, die Augustin Cicero erweist, kommt auch c. acad. 3,16,36 zum Ausdruck: [...] nec mihi ullo pacto tantum adrogaverim, ut Marcum Tullium aliqua ex parte sequar industria vigilantia ingenio doctrina [...] Vgl. dazu auch Foley, S. 52. 80 Zur eruditio disciplinarum liberalium vgl. auch ord. 1,8,24; 2,5,14; 2,5,15 u. 2,9,26.
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tionis et linguae vitio careat, profecto mentiar […] Sed tu contemptis istis vel puerilibus rebus vel ad te non pertinentibus ita grammaticae paene divinam vim naturamque cognosces, ut eius animam tenuisse, corpus disertis reliquisse videaris (ord. 2,17,45).
Hinzuweisen ist darauf, daß Augustin in de ordine zwar das Studium der Wissenschaften als Voraussetzung für die Schau Gottes und ein glückliches Leben betrachtet;81 diejenigen allerdings, die zu träge, mit anderen Dingen beschäftigt oder aufgrund ihres Alters82 nicht mehr dazu in der Lage sind, die artes zu erlernen, sollen den Glauben zu Hilfe nehmen, damit sie um die Geheimnisse, die ihr eigenes Leben, die Welt oder Gott betreffen, wissen.83 Zwei Wege nämlich sind es, die Augustin zufolge aus der Dunkelheit der Dinge führen können: entweder der Verstand oder wenigstens die Autorität, der immer dann größte Bedeutung zukommt, wenn sich die mysteria – wie etwa dasjenige der Trinität – nicht rational verstehen, sondern nur glauben lassen.84 Monika steht stellvertretend für all diejenigen, die keineswegs in den artes liberales bewandert sind und dennoch die arx philosophiae (beat. vit. 10) erklimmen. Sie besitzt ingenium, natürlichen Verstand, mit dessen Hilfe sie das Wesentliche theoretisch zu begreifen vermag, ohne praktisch in den artes bewandert zu sein. Augustin deutet in de beata vita an, daß Monikas Verständnis auch für schwierige philosophische Sachverhalte als Gnadenakt Gottes aufzufassen sei;85 der intuitive Weg ihres Erkenntniszuwachses und Wissens ist also diametral von dem in de ordine konzipierten Bildungsmodell verschieden und wurde von Augustin wohl auch als seltene Ausnahme betrachtet.86 Interessant zu sehen ist, daß der Autor an der hier zu besprechenden Stelle auch seine Position zum traditionellen Grammatikunterricht genau bestimmt. Wenn Monika zugestanden wird, die »fast göttliche Kraft und Natur der Grammatik richtig« (ord. 2,17,45) zu erkennen, ohne sich selbst einer von sprachlichen Fehlern freien Redeweise bedienen zu können, ja wenn schließlich die eigentlichen Ziele des Unterrichts als pueriles res bezeichnet werden, dann erhellt daraus eine deutliche Kritik des Kirchenva81 Vgl. ord. 2,9,26 u. 2,16,44. 82 Augustin zufolge müssen die artes von Jugend auf erlernt werden. Vgl. dazu ord. 2,16,44. 83 Vgl. ord. 2,5,15. 84 ord. 2,5,16: Duplex enim est via, quam sequimur, cum rerum nos obscuritas movet, aut rationem aut certe auctoritatem. Zur auctoritas als selbstverständlicher Voraussetzung für jeden Lernakt, der auf der Unterweisung durch einen Lehrer beruht, vgl. Lütcke, S. 80–84. 85 An der Stelle beat. vit. 10 kommentiert Augustin Monikas Begeisterung für ein Zitat aus dem Hortensius folgendermaßen: In quibus verbis illa sic exclamabat, ut obliti penitus sexus eius magnum aliquem virum considere nobiscum crederemus me interim, quantum poteram, intellegente, ex quo illa et quam divino fonte manarent. 86 Vgl. dazu unten, S. 108f.
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ters an den überkommenen Bildungsinhalten: So bedeutend die Grammatik mit der Einteilung der Buchstaben, der Laute, Silben und Wörter auch sein mag;87 das Wissen um die von den Grammatikern behandelten mythologischen Stoffe (ord. 2,12,37) wird ebenso abgelehnt wie die strenge Vermeidung von Solözismen und Barbarismen, die in Augustins Zeit sogar so weit gehen konnte, daß selbst in Ciceros Reden gegen Catilina vitia nachgewiesen wurden (ord. 2,17,45).88 Am Ende dieses Kapitels sei auf das Verhältnis von traditioneller Bildung und Philosophie auf der einen und christlicher Religion auf der anderen Seite in den Frühdialogen hingewiesen,89 das hier nur an einem Aspekt von contra Academicos aufgezeigt werden soll: Augustin sieht den Zweck der Schrift darin, Romanianus zur Philosophie zu bewegen (c. acad. 1,1,1; 1,1,4; 2,3,8). Wie ein Blick auf das Proömium beweist, geht der Verfasser jedoch keineswegs davon aus, daß der Mensch ohne göttlichen Beistand zu einem der Philosophie gewidmeten Leben, eben zu einem günstigen Schicksal, zu gelangen vermag: Romanianus, so Augustin, habe seine Tugendhaftigkeit, die das Resultat philosophischer Beschäftigung darstellt, noch nicht zur Vollendung gebracht, so daß Gebete zu Gott nötig seien, damit er den Freund sich selbst zurückgebe. Auch zu Beginn des zweiten Buches verdeutlicht Augustin, daß der Mensch das auxilium divinum erflehen müsse, um den Hafen der Philosophie mit all seiner Sicherheit und Freundlichkeit zu erreichen (c. acad. 2,1,1). Tägliche Gebete sollen für günstigen Fahrtwind sorgen (c. acad. 2,1,1), wobei die Fürbitten Augustins der Unterstützung durch den Willen und den Intellekt des Romanianus bedürfen und – was von besonderer Wichtigkeit ist – der Freund darf unter keinen Umständen an der Erhörung der Bitten durch Gott zweifeln (c. acad. 2,2,2). 87 Vgl. dazu ord. 2,12,36, wo die anima der Grammatik beschrieben wird. So auch Doignon, Dialogues philosophiques, S. 299, Anm. 219. Daß die Grammatik als diejenige Wissenschaft, die sich mit den figmenta der Dichter beschäftigt, nicht selbst Täuschungen bewirkt, betont Augustin soliloq. 2,11,19. 88 Vgl. dazu den Kommentar von Doignon, Dialogues philosophiques, S. 299, Anm. 217. Doignon verweist auf GELL. 17,1,1, wo der Autor behauptet, daß Cicero parum integre atque improprie atque inconsiderate schreibe. Vgl. auch ebd., Anm. 218: Doignon weist darauf hin, daß DIOM. gramm. 2,453 ein Mytazismus für den Beginn der ersten Rede gegen Catilina festgestellt werde: Myotacismi quoque sunt, cum in fine partis orationis invenitur m littera et incipiat sequens a vocali quae non sit loco consonantis posita. Haec enim scribitur quidem, non autem enuntiatur, ut ›quousque tandem abutere‹. Zum Mytazismus vgl. Lausberg, § 458. An der Stelle ord. 2,4,13 empfiehlt Augustin, »in eine gut gebaute Rede auch einmal ein wenig Nachlässigkeit und Ungeglättetes einzufügen« (Übersetzung nach Perl, S. 49). Ein Zuviel wird dort aber auch von ihm, der ord. 2,17,45 gegen die allzu strengen Grammatiker polemisiert, abgelehnt. Vgl. Saddington, S. 96, der für de ordine von einer »chastened grammar that won Augustine’s approval« spricht. 89 Zum »Thema der religiösen Praxis« in den Frühdialogen vgl. ausführlich Fuhrer, Frühdialoge, S. 311–321.
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3.2 Die Schrift de doctrina christiana – Buch 1-390 (396/397)91 3.2.1 Der biographisch-intellektuelle Hintergrund Kurz nach seiner Taufe an Ostern 387 entschloß Augustin sich, nach Afrika zurückzukehren, um dort mit Monika, Adeodatus und einigen Freunden, darunter Evodius, der ebenfalls aus Thagaste stammte und sich Augustin bereits in Italien angeschlossen hatte, ein zurückgezogenes Leben zu führen.92 Augustins genaue Pläne für sein zukünftiges Leben sind nicht bekannt, und möglicherweise hatte er zum damaligen Zeitpunkt auch noch keine konkreten Vorstellungen entwickelt.93 Nachdem Monika in Ostia gestorben war, wurden Augustin und seine Begleiter durch den Einfall des Magnus Maximus in Italien von der Überfahrt nach Afrika abgehalten. Die Gruppe zog sich nach Rom zurück, wo sie den Winter 387/388 verbrachte. Erst nachdem Maximus gefangengenommen und hingerichtet worden war, stand im Juli 388 der Seeweg offen,94 so daß Augustin im Herbst desselben Jahres über Karthago in seine Heimatstadt gelangte. Hier lebte er zusammen mit seinen Anhängern fast drei Jahre auf dem familieneigenen Grundbesitz. Possidius, der Biograph Augustins, beschreibt die Zeit in Thagaste folgendermaßen:95 Ad quos veniens et in quibus constitutus ferme triennio et a se iam alienatis curis saecularibus, cum iis qui eidem adhaerebant, deo vivebat, ieiuniis, orationibus, bonisque operibus, in lege domini meditans die ac nocte. Et de iis quae sibi deus cogitanti atque oranti intellecta revelabat; et praesentes et absentes sermonibus ac libris docebat.
Das Leben in der klosterähnlichen Gemeinschaft96 unterschied sich dadurch von dem otium in Cassiciacum, daß nun nicht mehr die Abgeschiedenheit am Rande der Gesellschaft gesucht wurde, sondern ein Austausch etwa mit dem ortsansässigen Klerus erfolgte. Peter Brown weist freilich darauf hin, daß die neue Lebensform schon damals ganz unterschiedlich interpretiert 90 Auf den Inhalt des dritten Buches wird am Ende von 3.2.5 nur kurz eingegangen (vgl. unten, S. 113f.). Die für diese Arbeit relevante Stelle des dritten Buches wird bei der Behandlung des vierten Buches erörtert (vgl. unten, S. 155). 91 Inhaltsübersichten finden sich u.a. bei Kevane, Paideia, S. 168–175, Press, Subject and structure, S. 116, ders., Content and argument, S. 169–180, Pollmann, Doctrina christiana, Sp. 557–565 u. Sluiter, S. 252f. 92 Vgl. conf. 9,8,17. 93 Vgl. Brown, Augustinus, S. 109. 94 Vgl. AUG. c. Petil. 3,25,30. 95 Vgl. POSSID. vita Aug. 3,1. 96 Zum Klosterleben in Thagaste vgl. Lawless, Augustine of Hippo, S. 45–58.
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werden konnte. Für Nebridius z.B. sei Augustins Kreis eine Versammlung von Philosophen geblieben. Brown selbst hebt hervor, »wie nahe Augustinus und sein Kreis noch immer entlang der Grenze zwischen christlichem und heidnisch religiösem Empfinden sich bewegten.«97 Im Januar 391 brach Augustin zum alten Seehafen Hippo auf. Er hoffte, dort einen interessierten Freund für ein gemeinsames Leben im Kloster gewinnen zu können.98 Dieses plante er offenbar in Hippo zu führen, wo er sich bei seinem Besuch nach einem geeigneten Ort für die Gründung eines monasterium umsah.99 Augustin vermied es, Städte zu besuchen, deren Bischofsstuhl vakant war, weil er befürchtete, zum Dienst in der Kirche bestellt zu werden.100 In Hippo stand der Grieche Valerius als Bischof den katholischen Christen voran, so daß hier keine Gefahr drohte.101 In einem Gottesdienst aber, an dem auch Augustin teilnahm, kam Valerius auf die schwierige Situation seiner Gemeinde zu sprechen und verlangte von den Anwesenden, einen Presbyter zu benennen und einzusetzen.102 Augustin wurde ergriffen und vor den Bischof gedrängt, der unter den Tränen des ausgewählten Kandidaten die Ordination vornahm.103 Um dem neuen Presbyter die Möglichkeit zu bieten, auch weiterhin in einer Mönchsgemeinschaft zu leben, überließ Valerius ihm ein Gartengrundstück in der Nähe der katholischen Basilika von Hippo. Augustin errichtete hier ein Kloster,104 das auch über eine kleine Bibliothek verfügte, aus der die Mönche täglich zu bestimmten Zeiten Bücher entleihen konnten.105 Das eigentliche Studium trat in der neuen Umgebung freilich zurück, und von philosophischen und literarischen Gesprächen, wie sie die Zeit in Cassiciacum und Thagaste geprägt hatten, ist jetzt nicht mehr die Rede.106 Dies ist nicht nur auf die veränderten Aufgaben und Interessen Augustins 97 Brown, Augustinus, S. 115. 98 AUG. serm. 355,2: Veni ad istam civitatem propter videndum amicum, quem putabam me lucrari posse deo, ut nobiscum esset in monasterio […] 99 Ebd.: Ego, quem deo propitio videtis episcopum vestrum, iuvenis veni ad istam civitatem, ut multi vestrum noverunt. Quaerebam ubi constituerem monasterium, et viverem cum fratribus meis. 100 Ebd.: Veni [...] quasi securus, quia locus habebat episcopum. POSSID. vita Aug. 4,1: solebat autem laicus, ut nobis dicebat, ab eis tantum ecclesiis quae non haberent episcopos, suam abstinere praesentiam [...] 101 Vgl. AUG. serm. 355,2 u. POSSID. vita Aug. 4,1. 102 Vgl. POSSID. vita Aug. 4,2. 103 Vgl. AUG. serm. 355,2 u. POSSID. vita Aug. 4,2f. 104 Vgl. AUG. serm. 355,2 u. POSSID. vita Aug. 5,1. Vgl. zu diesem »Gartenkloster« auch Zumkeller, Mönchtum, S. 62–70. 105 Vgl. Zumkeller, Mönchtum, S. 63. Zur Bibliothek Augustins vgl. POSSID. vita Aug. 18,8 u. 31,5 u. 7. Vgl. auch von Harnack, S. 24–27, Altaner, Bibliothek, S. 73–78, Scheele, S. 61–78, Gamble, S. 165–168 u. Drecoll, S. 317–319. 106 Vgl. Zumkeller, Mönchtum, S. 67.
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seit seiner Priesterweihe zurückzuführen; auch der Bildungsstand der Mönche, der vermutlich unter demjenigen der früheren Gemeinschaft lag, trug dazu bei.107 Augustins Vorstellung von der Ausübung des Priesteramts geht aus einem Brief hervor, der in der Zeit vor 395 an den donatistischen Bischof Maximinus verfaßt worden ist.108 Der Verfasser erklärt, schon deswegen nicht von der Wiedertaufe eines Diakons schweigen zu dürfen, weil er nicht vorhabe, im kirchlichen Amt seine Zeit mit Nichtigkeiten zu vertreiben. Außerdem werde er vor Gott Rechenschaft für die ihm anvertrauten Schafe ablegen müssen.109 Als Bischof wird Augustin sein seelsorgerisches und kirchenpolitisches Engagement später in ganz ähnlicher Weise rechtfertigen: In Brief 34 aus dem Jahr 396/397 betont er, die Aufgabe eines Bischofs bestehe darin, diejenigen zu widerlegen, die falsche Lehren aufstellen.110 Zu schweigen aber verbiete ihm Gott selbst, der ihm auftrage, zu reden und sein Wort zu predigen.111 In einer Predigt aus den letzten Jahren seines Lebens112 macht Augustin deutlich, worin er die Erfüllung seiner Aufgabe als Seelsorger erkennt, die sich diametral von dem angestrebten Rednerruhm früherer Tage unterscheidet. Quid autem volo? quid desidero? quid cupio? quare loquor? quare hic sedeo? quare vivo? Nisi hac intentione, ut cum Christo simul vivamus? Cupiditas mea ista est, honor meus iste est, gloria mea ista est, gaudium meum hoc est, possessio mea ista est. Sed si non me audieritis, et tamen ego non tacuero, animam meam liberabo. Sed nolo salvus esse sine vobis (serm. 17,2,2).
Augustins entschlossener Kampf gegen die Manichäer und Donatisten, der bereits die ersten Jahre seines Priestertums bestimmte, kann angesichts dieser Grundhaltung nicht überraschen. In beiden Konflikten spielte auch der Umgang mit der traditionellen Bildung eine nicht unerhebliche Rolle: Da die Manichäer danach strebten, rationale Erkenntnis zu erlangen und dieser den einfachen Glauben unterordneten,113 konnte Augustin sich seinen 107 Vgl. Zumkeller, Mönchtum, S. 67 108 Zur Datierung von epist. 23 vgl. Divjak, Epistulae, Sp. 950. 109 Vgl. epist. 23,6. 110 Vgl. epist. 34,4. 111 Vgl. epist. 35,1f. 112 Zur Datierung der Predigt 17 auf die Jahre 425–431 vgl. Hill, Sermons, S. 371, Anm. 1. 113 Vgl. Gerald Bonner, Sp. 536. Neumann, S. 16: »Der Manichäismus räumte der Vernunft einen höheren Rang ein als die katholische Kirche, die von ihren Anhängern verlangte, bestimmte Glaubensinhalte auf bloße Autorität hin zu akzeptieren.« Der manichäische Bischof Faustus von Mileve geht davon aus, daß seine Religion die eines vernünftigen Mannes sei. AUG. c. Faust. 20,3 heißt es: Ego ab his in hoc quoque multum diversus incedo, qui ipsum me, si modo sim dignus, rationabile dei templum puto, vivum vivae maiestatis simulacrum Christum filium eius accipio, aram mentem bonis artibus et disciplinis inbutam. Faustus, der mit Cicero und Seneca vertraut war, bat Augustin noch in einem fortgeschrittenen Alter darum, ihm seine literarischen Studien
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Gegnern gegenüber nur dann als ernstzunehmender Gesprächspartner erweisen und Erfolge erzielen, wenn er auf einer Ebene argumentierte, die ihren intellektuellen Ansprüchen genügte. Demgegenüber verlangte die Auseinandersetzung mit dem Donatismus ein Abrücken von den Standards der elitären Kommunikationsformen, wie Augustin in den retractationes (1,20) selbst erklärt: angesichts der Tatsache, daß die dezidiert afrikanische Sekte114 zumal für das humillimum vulgus eine Bedrohung darstellte, entschloß Augustin sich, die Unwissenden (imperiti) und Ungelehrten (idiotae) über den Standpunkt der Häretiker aufzuklären und ihn ihrem Gedächtnis einzuprägen. Zu diesem Zweck wandte er sich von traditionellen Literaturgattungen ab und bediente sich der Sprache des Volkes: [...] psalmum qui eis cantaretur per Latinas litteras feci, sed usque ad V litteram. Tales autem abecedarios appellant. Tres vero ultimas omisi; sed pro eis novissimum quasi epilogum adiunxi, tamquam eos mater adloqueretur ecclesia. Hypopsalma etiam, quod respondetur, et prooemium causae, quod nihilominus cantatur, non sunt in ordine litterarum; earum quippe ordo incipit post prooemium. Ideo autem non aliquo carminis genere id fieri volui, ne me necessitas metrica ad aliqua verba quae vulgo minus sunt usitata conpelleret (retract. 1,20).115
Wie aktuell die Diskussion um die richtige Haltung gegenüber der überkommenen Bildung und speziell der Rhetorik in den neunziger Jahren des 4. Jahrhunderts war, geht auch aus dem Streit Augustins mit Hieronymus hervor, der von den beiden Gelehrten seit 394/395 über die richtige Auslegung der Galaterstelle 2,11–14 geführt wurde. In seinem Kommentar zum Galaterbrief und in seinen epistulae an Augustin behauptete Hieronymus, der Bericht des Paulus über seine Divergenzen mit Petrus in Antiochia beruhe allein auf literarischer Fiktion (simulatio), wie sie auch Rednern zugestanden werde.116 Paulus tadle Petrus an der betreffenden Stelle nicht tatsächlich dafür, daß er als Jude aufgetreten sei. Er habe das Verhalten des Apostels vielmehr nur deswegen kritisiert, um sich eine Gelegenheit zur Verkündigung des Evangeliums zu verschaffen.
vervollständigen zu helfen (vgl. conf. 5,6,11). Zu Faustus vgl. auch unten, S. 128–130. Vgl. auch epist. 118,5,32: Augusin trifft für die Häretiker seiner Zeit und damit auch für die Manichäer folgende Feststellung: Porro illi, qui, cum in unitate atque communione catholica non sint, christiano tamen nomine gloriantur, coguntur adversari credentibus et audent inperitos quasi ratione traducere, quando maxime cum ista medicina dominus venerit, ut fidem populis imperaret. 114 Zum Donatistenstreit vgl. Jochen Martin, S. 14–18. 115 Vgl. dazu Banniard, Viva voce, S. 81f. 116 Vgl. HIER. in Gal. 2,11f. p. 406f. Vgl. dazu Fortin, S. 97–99, Cole-Turner, S. 155, Ray, S. 323, Hennings, S. 121–130 u. Fürst, S. 26f.
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Mit der Auslegung des Hieronymus setzt Augustin sich in mehreren Briefen117 und in den beiden Werken de mendacio (395) und contra mendacium (420) auseinander.118 Zwar handelt es sich bei beiden Schriften in erster Linie um Traktate erkenntnistheoretischen und ethischen Inhalts, in denen der Autor das Wesen der Lüge definiert und sie in allen Erscheinungsformen ablehnt. Festzustellen ist jedoch, daß beide opuscula auch den Gegensatz zwischen christlicher Lehre und den Konventionen griechischrömischer Rhetorik thematisieren.119 Schon der Beginn von de mendacio läßt in den Worten Magna quaestio est de mendacio, quae nos in ipsis cotidianis actibus nostris saepe conturbat (d. mend. 1,1) erkennen, daß es um mehr gegangen ist als um einen Gelehrtenstreit von bloß theoretischer Bedeutung. Ray faßt diesen Sachverhalt mit Blick auf de mendacio und contra mendacium folgendermaßen zusammen:120 Beyond the foreground of strictly theological controversy there is, I believe, a conflict between Christian conscience and the utilitarian ethic of the pagan rhetorical schools.
Bereits in der Schrift de mendacio, die Augustins letztes Werk als Priester darstellt,121 wendet der Autor sich gegen die Lüge als Mittel rhetorischer Praxis.122 In den Kapiteln 8 und 43 weist der Verfasser die Sichtweise des Hieronymus zurück. Die Beurteilung der Lüge, die Augustin in contra mendacium vornimmt, stimmt mit der Position überein, die der Kirchenvater in de mendacio vertritt. Demzufolge spricht er sich gegen das Vorhaben seines Adressaten Consentius, die Priszillianisten durch bewußtes Lügen zum Christentum bekehren zu wollen, aus.123 Auch Tornau erkennt in den beiden gegensätzlichen Interpretationen der Galaterstelle ein unterschiedliches Verhältnis der beiden Kirchenväter zum traditionellen Bildungswesen.124 Er betont, daß der Mönch aus Bethlehem 117 Für die Auseinandersetzung zwischen Augustin und Hieronymus sind die Briefe 28, 40, 71 und 82 von Bedeutung, die aus der Zeit von 394/395 bis 405 datieren. Für eine Übersicht vgl. Divjak, Epistulae, Sp. 930–933. 118 Vgl. Lawless, Augustine of Hippo, S. 61. 119 Diesen Sachverhalt betont besonders Ray. Brinton, S. 439–443 beleuchtet zumindest kurz die Fiktion als wichtigen Gegenstand der antiken Rhetorik. Die übrige Forschung hat sich mit beiden Schriften fast ausschließlich unter ethischen Aspekten auseinandergesetzt. Vgl. als neuere Arbeiten zu de mendacio und contra mendacium die Aufsätze von Ramsey und Feeham und den von Natali herausgegebenen Kommentar. 120 Ray, S. 322. 121 Vgl. Lawless, Augustine of Hippo, S. 61. 122 Vgl. d. mend. 14,25: Nam primum est ad evitandum capitale mendacium longeque fugiendum, quod fit in doctrina religionis: ad quod mendacium nulla condicione quisquam debet adduci. 123 Vgl. c. mend. 1,1: Sed non mihi persuadetur eos [sc. Priscillianos; Anm. d. Verf.] de latebris suis nostris esse mendaciis eruendos. 124 Zum Folgenden vgl. Tornau, S. 333–336.
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anders als sein Briefpartner aus Hippo das Verhalten der Apostel an den Normen des zeitgenössischen Bildungsbetriebes messe und das mendacium officiosum der traditionellen Rhetorik125 unhinterfragt auch den Aposteln zugestehe, ein Vorgehen, gegen das Augustin sich entschieden zur Wehr setze. 3.2.2 Augustin als Bischof und die Schrift de doctrina christiana Im Jahr der Entstehung von de mendacio machte Valerius sich daran, Augustin schon zu seinen Lebzeiten zum Mitbischof zu bestellen, da er die Abberufung seines Priesters auf einen vakanten Bischofsstuhl befürchtete.126 Die Weihung wurde vermutlich in der Mitte des Jahres 395 vollzogen, ehe der Tod des Valerius im Jahre 396 Augustin zum alleinigen Bischof von Hippo machte.127 Der erste Teil von de doctrina christiana128 ist wie die confessiones129 zu Beginn des Episkopats verfaßt worden. Es stellt sich die Frage, warum dieses in bildungstheoretischer Hinsicht so bedeutende Werk gerade zu diesem Zeitpunkt entstanden ist. Aufgrund des Fehlens expliziter Aussagen des Kirchenvaters lassen sich nur Spekulationen anstellen, die im Rahmen dieser Arbeit auf das problematische Verhältnis der Kirche zur traditionellen Bildung bezogen werden sollen. Für de doctrina christiana ist davon auszugehen, daß Augustin seinen Lesern vor allem angesichts der Auseinandersetzungen mit den Manichäern und Donatisten eine wissenschaftlich fundierte Anleitung zur Bibelauslegung an die Hand zu geben beabsichtigte. Diese sollte die Ergebnisse der eigenen Exegese transparent und nachprüfbar machen, um damit zugleich als Instrument zur Bekämpfung häretischer Positionen zu dienen.130 Pollmann verweist auf die Anleihen, die es zu diesem Zweck in der paganen Wissenschaftstradition zu machen galt, weil das Christentum keine eigene intellektuelle Kultur hervorgebracht habe. Sie spricht davon, daß die Schrift primär innerkirchlich ausgerichtet sei, allerdings insofern einen apologetischen Aspekt aufweise, als die Bibelauslegung den Ansprüchen einer pagan 125 Vgl. dazu QUINT. inst. 2,17,27f.: Nam et mendacium dicere etiam sapienti aliquando concessum est, et adfectus, si aliter ad aequitatem perduci iudex non poterit, necessario movebit orator: imperiti enim iudicant et qui frequenter in hoc ipsum fallendi sint, ne errent. Zum color als einer von zwei Arten zu täuschen vgl. QUINT. inst. 4,2,88–100. 126 Vgl. Gerald Bonner, Sp. 537. 127 Vgl. ebd., S. 538. 128 Zur Entstehungszeit von de doctrina christiana vgl. oben, S. 14, Anm. 23. 129 Zu den confessiones vgl. unten, S. 115–140. 130 Vgl. Pollmann, Untersuchungen, S. 68.
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gebildeten christlichen Gruppe gemäß habe etabliert werden sollen.131 Diesen letzten Punkt gilt es im Zusammenhang der vorliegenden Arbeit besonders hervorzuheben. Er läßt erkennen, daß die von Augustin in de doctrina christiana entwickelte Position der Rechtfertigung bedurfte, die sich aus den im zweiten Kapitel der Arbeit dargestellten Alternativen im Umgang mit der traditionellen Bildung ergab:132 Augustin sah sich vor die Herausforderung gestellt, entweder traditionell gebildeten Christen zu folgen oder den Vorstellungen asketischer Mönchskreise mit ihrer entschiedenen Bildungsfeindlichkeit gerecht zu werden. Daß die Entstehung von de doctrina christiana vor diesem Hintergrund zu sehen ist und demzufolge auch eine Positionierung Augustins bedeutet, ist schon dem Prolog des Werkes zu entnehmen, in dem der Verfasser sich mit den Vertretern der »Antipaideia«133 auseinandersetzt.134 Wird darüber hinaus in Rechnung gestellt, daß Augustin zumal von Bischöfen eine klare Positionierung gegenüber dem heidnischen Bildungskanon verlangt,135 dann läßt sich de doctrina christiana als Versuch der kulturellen Selbstorientierung verstehen, die von einem Kirchenmann in seiner Position erwartet wurde, und zwar um so mehr, wenn er wie Augustin als ehemaliger Rhetorikprofessor tief in der alten Bildung verwurzelt war.136 3.2.3 Der Prolog von de doctrina christiana – Die Synthese von scientia und Charisma Die Analyse des Prologs von de doctrina christiana erweist sich für das Thema dieser Arbeit deswegen als besonders ergiebig, weil Augustin hier Position gegenüber bildungsfeindlichen Kreisen bezieht, wie sie bereits im zweiten Kapitel dieser Arbeit vorgestellt worden sind.137 131 Vgl. Pollmann, Untersuchungen, S. 68. 132 Vgl. oben, S. 55–59. 133 Kevane, Paideia, S. 159. 134 Roger P.H. Green, S. xi veranschlagt die Bedeutung asketischer Mönchskreise für die Entstehung der Schrift zu gering: »It does not seem that the work was undertaken in a polemical spirit. Or in response to particular adversaries. In the preface he indeed anticipates criticism of his programme, but it seems unlikely that he is reacting to a particular sect or group […]« Anders akzentuiert Swearingen, S. 179: »[...] De Doctrina can be viewed as a watershed of evolving objections to secular rhetorical teaching, logic, and literature – objections that had begun even before Augustine’s conversion and that he shared with many others. At the same time it is directed at conservative movements within the Church.« 135 Vgl. dazu das Zitat zu Beginn dieser Arbeit, das dem Brief 118 an Dioscorus entstammt. 136 Markus, S. 12 versteht nicht de civitate dei, sondern de doctrina christiana als Augustins »real adversus paganos,« gehe es dem Kirchenvater in seiner Schrift doch darum, eine christliche Kultur und Erziehung zu skizzieren, die eine Alternative zur traditionellen E6>9:¾6 verkörpere. 137 Vgl. oben, S. 55–59.
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Zunächst benennt Augustin Inhalt und Intention seines Werkes: er beabsichtigt, allen, die sich dem Bibelstudium widmen, Regeln für die Auslegung der Heiligen Schrift an die Hand zu geben, die sowohl die Lektüre anderer Exegeten als auch besonders die eigenständige Interpretation der Bibel ermöglichen sollen.138 Zu Beginn des ersten Buches wird dieses Vorhaben präzisiert: Die Auslegung der sanctae scripturae hängt nicht nur von der Art und Weise ab, wie ihr Inhalt offengelegt wird (modus inveniendi), sondern auch davon, wie der, der die Bibel interpretiert, seine Erkenntnisse weitergibt (modus proferendi).139 Bevor Augustin auf den eigentlichen Gegenstand seiner Schrift zu sprechen kommt, kündigt er in der Manier Ciceros140 an, möglichen Kritikern von de doctrina christiana, mit denen er offenbar fest rechnete, kurz antworten zu wollen (doctr. christ. prol. 3). Augustin unterscheidet drei Gruppen potentieller Gegner, von denen die beiden ersten sich dadurch auszeichnen, daß sie die Vorschriften des Autors entweder nicht verstehen oder das, was sie in der Theorie begriffen haben, praktisch nicht umzusetzen vermögen. Eine dritte Gruppe erkennt Augustin in denjenigen, die davon ausgehen, die Bibel aufgrund eines divinum munus, d.h. kraft göttlicher Inspiration, auslegen zu können und deshalb eines Werkes wie de doctrina christiana nicht zu bedürfen (doctr. christ. prol. 2). Den beiden zuerst genannten Gruppen erwidert Augustin in wenigen Worten ganz auf der Linie seiner bereits in de magistro entwickelten lernund erkenntnistheoretischen Position: zwar könne er praecepta als Hilfsmittel bereitstellen, das Augenlicht im Sinne von Erkenntnis aber sei von Gott als dem »inneren Lehrer«141 zu erbitten.142 138 doctr. christ. prol. 1: Sunt praecepta quaedam tractandarum scripturarum, quae studiosis earum video non incommode posse tradi, ut non solum legendo alios, qui divinarum litterarum operta aperuerunt, sed etiam ipsi aperiendo proficiant. 139 doctr. christ. 1,1,1: Duae sunt res, quibus nititur omnis tractatio scripturarum, modus inveniendi, quae intellegenda sunt, et modus proferendi, quae intellecta sunt. De inveniendo prius, de proferendo postea disseremus. Vgl. dazu Press, Doctrina, S. 99. 140 CIC. fin. 1,1f. heißt es: Non eram nescius, Brute, cum, quae summis ingeniis exquisitaque doctrina philosophi Graeco sermone tractavissent, ea Latinis litteris mandaremus, fore ut hic noster labor in varias reprehensiones incurreret [...] contra quos [sc. vituperatores, Anm. d. Verf.] omnis dicendum breviter existimo. 141 Die Formulierung magister interior begegnet u.a. epist. 266,4: Verum tamen, quia, cum illic essem, te quidem per aetatem verecundante boni parentes et amantissimi bonorum studiorum tuorum, quanto pietatis veraeque sapientiae ardore flagrares, mihi intimare dignati sunt et benivolentissime petierunt, ne tibi instruendae, in quo opus esset, meam operulam denegarem, admonendam te his litteris credidi secundum supra dictas optiones, ut quaeras, quod vis, ne sim superfluus, si conatus fuero docere, quod scis, dum tamen firmissime teneas, quod, etsi aliquid salubriter per me scire potueris, ille te docebit, qui est interioris hominis magister interior, qui in corde tuo tibi ostendit verum esse, quod dicitur, quia neque qui plantat, est aliquid, neque qui rigat, sed qui incrementum dat deus.
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Mit der dritten Gruppe setzt Augustin sich ausführlich bis zum Ende des Vorworts auseinander, was die Bedeutung dieser Art von Gegnern unterstreicht. Auf ihren epistemologischen Standpunkt nimmt der Autor in den Worten divinum munus, magnum dei donum und facultas [...] divinitus tradita Bezug.143 In der Forschung werden ihre Vertreter als »Charismatiker« bezeichnet, weil hinter der Formulierung divinum munus der griechische Terminus 8UG>HB6 vermutet wird.144 Er bezeichnet eine göttliche Gnadengabe, die sich eben auch in der Form eines verständigen Umgangs mit der Bibel manifestieren konnte.145 Wen Augustin konkret im Auge hat, läßt sich dem Prolog nicht entnehmen. Ulrich Duchrow ist der Meinung, daß es sich um Mönche aus der Umgebung des Johannes Cassian als einem der wichtigsten Vertreter der »Anti-Paideia«146 zur Zeit des Kirchenvaters handele.147 Duchrow vertritt die Ansicht, daß der Prolog erst nach der Fertigstellung des Gesamtwerkes im Jahre 426/427 verfaßt worden sei.148 Somit bestehe die Möglichkeit, daß Augustin sich zu Beginn von de doctrina christiana mit Gedanken aus den von 420 bis 426 entstandenen conlationes Cassians auseinandersetze.149 Cornelius Mayer lehnt den Identifikationsversuch Duchrows deswegen ab, weil er die Spätdatierung des wohl bereits 396/397 für die separate Veröffentlichung der beiden ersten Bücher verfaßten Prologs für unzutreffend hält.150 Zwar wird heute in der Tat allgemein die Frühdatierung anerkannt;151 Karla Pollmann geht dennoch davon aus, daß das in den conlationes Cassians verarbeitete Gedankengut bereits zu einem früheren Zeitpunkt im Westen bekannt geworden sei.152
142 Zur Lern-, Erkenntnis- und Sprachtheorie Augustins in de magistro vgl. die Literaturübersicht bei Pollmann, Untersuchungen, S. 110, Anm. 4 u. unten, S. 106. Den Hauptgedanken von de magistro wiederholt Augustin retract. 1,12: Per idem tempus scripsi librum cuius est titulus de magistro, in quo disputatur et quaeritur et invenitur, magistrum non esse qui docet hominem scientiam nisi deum, secundum illud etiam quod in evangelio scriptum est: Unus est magister vester Christus. Zur Diskussion, ob Augustins sprach- und erkenntnistheoretischer Standpunkt sich in de doctrina christiana gegenüber de magistro verändert hat, vgl. Mayer, »Res per signa«, S. 108–112, Uthemann, S. 164–172 u. Sluiter, S. 251. 143 Vgl. doctr. christ. prol. 2, 4 u. 8. 144 Vgl. Mayer, »Res per signa«, S. 102, Anm. 7. 145 Vgl. Pollmann, Untersuchungen, S. 78. 146 Kevane, Paideia, S. 159. 147 Vgl. Duchrow, S. 166–169. Zu Cassian vgl. auch Rousseau, S. 169–239, Eigler, La missione di trasmissione, S. 193 u. oben, S. 56–58. 148 Vgl. Duchrow, S. 169–172. 149 Vgl. ebd., S. 171. 150 Vgl. Mayer, »Res per signa«, S. 106–108. 151 Vgl. Pollmann, Doctrina christiana, Sp. 553 m. Anm. 12. 152 Vgl. dies., Untersuchungen, S. 77f.
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Festzuhalten bleibt, daß Augustin sich der Existenz asketischer Mönchskreise bewußt ist, die jede Form von Bildung und zumal die literarische ablehnen und damit ein Werk wie de doctrina christiana für überflüssig erachten. Aus diesem Grund sieht er sich zu einer Entgegnung gezwungen: Iam vero eorum qui divino munere exultant et sine talibus praeceptis, qualia nunc tradere institui, se sanctos libros intellegere atque tractare gloriantur et propterea me superflua voluisse scribere existimant, sic est lenienda commotio, ut quamvis magno dei dono iure laetentur, recordentur se tamen per homines didicisse vel litteras […] (doctr. christ. prol. 4).
Interessant zu sehen ist, daß Augustin keinen Anstoß an dem magnum dei donum nimmt, über das sich zu freuen er seinen Gegnern auch an anderen Stellen des Prologs zugesteht.153 Augustin konzentriert sich vielmehr auf den Nachweis, daß der konsequente Charismatiker, verstanden als derjenige, der ohne jede Unterweisung durch Menschen allein durch die göttliche Gabe der Inspiration zum Verständnis der Bibel gelangt, nicht existiert. Die Kritiker Augustins müssen zugestehen, daß nicht nur sie selbst das Lesen als notwendige Voraussetzung für das Bibelstudium in der Schule erlernt haben; sogar für den heiligen Antonius als den Exponenten des asketischen und bildungsfeindlichen Mönchtums154 wird konstatiert, daß er als Analphabet zwar die Bibel allein durch Zuhören im Gedächtnis behalten und durch eigenes Nachdenken verstanden habe. Dennoch habe auch er zumindest die Sprache, die das verstehende Hören erst ermögliche, von seinen Mitmenschen erlernen müssen (doctr. christ. prol. 4). In überspitzter Form führt Augustin seinen Adressaten vor Augen, wie wenig sie selbst ohne Unterweisung auskommen: Wären sie konsequente Charismatiker, was offensichtlich nicht der Fall sei, dann würden sie darauf verzichten, ihren Kindern das Sprechen beizubringen, um sich statt dessen auf ein Pfingstwunder zu verlassen (doctr. christ. prol. 4). 153 Positive Äußerungen gegenüber den Charismatikern finden sich auch doctr. christ. prol. 2 u. 5. 154 Vgl. dazu Athanasius an der Stelle v. Anton. 1,1 u. Brunert, S. 27. Zu Antonius vgl. auch Lohse, S. 190–197 u. Bacht, S. 183–229. Zum Verhältnis von Augustin zu Antonius sagt Frank, Antonius, Sp. 383: »In Augustins eigener monastischer Lebensform und in der Entfaltung seines monastischen Programms spielt Antonius keine Rolle.« Vgl. dazu auch die Beiträge von Monceaux, passim, Trout, S. 136 u. Howe, S. 224. Zum Unterschied zwischen Augustin und Antonius ist auch auf Zumkeller, Mönchtum, S. 30f. zu verweisen: »Augustinus war kein Freund einsamer Isolierung. Gewiß liebte er Beschaulichkeit und Stille, aber stets suchte er sie im Kreis von Gleichgesinnten [...] Auch wollte er keinen vollen Bruch mit der Umwelt und ihren sozialen Forderungen herbeiführen. Von Anfang an galt deshalb seine uneingeschränkte Hochschätzung dem Lebensideal der Zönobiten.« Vgl. auch Lawless, Decentring of asceticism, S. 144 u. S. 158, Anm. 13: »Before the time of Gregory the Great, no individual in the Latin West was more engagé than Augustine of Hippo, whose flight from the world, fuga mundi, though essentially spiritual and a matter of the heart, was never a matter of geographical relocation.«
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Im folgenden bestimmt Augustin sein eigenes Verhältnis zur Bildung positiv, indem er in Anlehnung an Weish. 7,13 dazu auffordert, sich das, was durch einen Menschen gelernt werden kann, ohne Hochmut anzueignen und weiterzugeben.155 Die Vorteile, die sich daraus für die christliche Gemeinschaft ergeben, verdeutlicht Augustin an den negativen Auswirkungen, die er als Folgen aus der Haltung der konsequenten Charismatiker befürchtet: ihr Standpunkt erweise sich nicht nur als antiintellektuell, sondern sei auch antisozial, weil der Charismatiker nicht mehr des Kontakts mit anderen Christen im Gottesdienst als dem Ort der Schriftauslegung und Verkündigung bedürfe (doctr. christ. prol. 5). Augustin hält dieser Entwicklung das Beispiel des heiligen Paulus gegenüber: zwar habe Gott sich persönlich an diesen gewandt und ihn gleichsam als Charismatiker, der die Gnade Gottes erfahre, unterwiesen; dennoch sei Paulus zu einem Menschen geschickt worden, um von diesem die Sakramente zu empfangen und der Kirche verbunden zu werden (doctr. christ. prol. 6). Augustin zufolge hegt also Gott selbst den Wunsch, die Menschen durch Menschen zu belehren, wie der Autor anhand weiterer exempla aus der Heiligen Schrift belegt.156 Der konsequente Charismatiker, der die Gemeinschaft mit anderen Christen aufgibt und die ihm von Gott eingegebenen Erkenntnisse nicht tradiert, widerspricht damit dem Willen Gottes und der von ihm vorgesehenen Heilsordnung. Augustin erweist das Prinzip des per homines discere nicht nur empirisch anhand von biblischen Beispielen als Wesensmerkmal der humana condicio (doctr. christ. prol. 6).157 Er hebt auch hervor, daß ohne dieses
155 Vgl. doctr. christ. prol. 5: Immo vero et quod per hominem discendum est, sine superbia discat et, per quem docetur alius, sine superbia et sine invidia tradat, quod accepit […] 156 Darauf, daß Wissensvermittlung eine »ureigene und ursprüngliche Aufgabe der Kirche« ist, verweist auch Kopp, S. 27: »Man kann es mit Blick auf das Wirken Jesu begründen: Zu ihm kam ›alles Volk, und er lehrte sie‹ (Markusevangelium 2,13). Das in der deutschen Bibelübersetzung verbreitete Wort Jünger bedeutet nichts anderes als Schüler.« Auf die gottgewollte Verkündigung durch Menschen kommt Augustin auch doctr. christ. 4,16,33 zu sprechen. Vgl. dazu Primmer, S. 77 u. Sluiter, S. 251, Anm. 16. 157 Zur humana condicio vgl. Pollmann, Untersuchungen, S. 87–89. Pollmann verweist gegen Mayer, »Res per signa«, S. 104 darauf, daß unter dem Begriff humana condicio nicht nur die Sündhaftigkeit des Menschen verstanden werden dürfe, die eine unmittelbare Erkenntnis Gottes und der Wahrheit verhindere. Vielmehr sei der anthropologische Begriff, der bei Augustin in der Tat auch synonym zu infirmitas hominis gebraucht werde, mit zwei für das positive Menschenbild in de doctrina christiana zentralen Sachverhalten verknüpft: »[...] dem discere, also der Fähigkeit zu lernen und zu erkennen, und der dies ermöglichenden caritas, Ausfluß der Gnade, die als komplexe Grundgröße vertikal Gott und den Menschen sowie horizontal die Menschen miteinander verbindet [...]« (ebd., S. 89). Vgl. auch Prestel, Rezeption, S. 43f. Zur unterschiedlichen Bedeutung der menschlichen Sprache vor und nach dem Sündenfall vgl. auch Harrison, S. 223.
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gottgewollte Prinzip des Lehrens und Lernens durch Menschen der Liebe (caritas) in der Welt überhaupt kein »Zugang« (aditus) geboten werde.158 Entscheidend ist nun, daß Augustin trotz der Betonung, daß der Mensch nach dem Willen Gottes und aus heilsökonomischer Notwendigkeit durch den Menschen lernen soll, keineswegs die Bedeutung des Charismas aus den Augen verliert. Dies geht nicht nur daraus hervor, daß Augustin die göttliche Gnadengabe an keiner Stelle des Prologs negativ beurteilt, es wird auch an folgender Äußerung deutlich: Augustin führt Moses als Beispiel dafür an, daß Gott sich zwar direkt an den Menschen wende, ihn aber durch andere Menschen belehren wolle: Moses habe durch seinen Schwiegervater den Rat erhalten, auf welche Weise er ein so großes Volk wie das der Israeliten regieren solle (Exod. 18,14–26). Der Prophet sei den Worten gefolgt, weil er gewußt habe, daß jede Empfehlung eines Menschen nicht diesem selbst zugesprochen werden dürfe, sondern von Gott als der unwandelbaren Wahrheit stamme (doctr. christ. prol. 7). Auch doctr. christ. prol. 8 spricht Augustin davon, daß der Mensch durch Gott, der im Innern des Menschen lehre, zur Erkenntnis gelange. Der Gedanke, daß der Belehrende selbst sein Wissen von Gott hat und damit göttlich inspiriert bzw. der Gnade Gottes teilhaftig geworden ist, wird hier in den Worten Quid enim habemus, quod non accepimus? wiederholt. Augustin verbindet also seine Vorstellung, daß der Mensch durch Menschen belehrt werden muß, mit der Auffassung der Charismatiker, durch das divinum munus zur Erkenntnis zu gelangen, in einer Weise, die der Beschreibung des Erkenntnisvorgangs in de magistro entspricht: Die Belehrung von außen, deren Legitimation im Prolog so nachdrücklich verteidigt wird, kann nur als Hilfe dienen,159 das Verstehen selbst ist einzig und allein ein divinum munus, d.h., es beruht auf der Gnade Gottes, die das Erkennen überhaupt erst ermöglicht.160
158 Die Notwendigkeit der Belehrung durch Menschen als Teil der humana condicio wird auf diese Weise mit einer »tieferen, den Heilsstatus des Menschen ausdrückenden Bedeutung versehen [...]« (Prestel, Rezeption, S. 39). 159 Sluiter, S. 247: »The two most basic functions of language are to transmit knowledge and to recall information.« In der ersten Hälfte von de magistro erklärt Augustin, daß Lernen ohne Zeichen unmöglich sei. Die signa ihrerseits aber werden durch die Dinge kennengelernt, die der Mensch bereits kennt, ohne schon um ihre Bezeichnung zu wissen: Etenim cum primum istae duae syllabae, cum dicimus ›caput‹, aures meas impulerunt, tam nescivi quid significarent, quam cum primo audirem legeremve sarabaras. Sed cum saepe diceretur ›caput‹, notans atque animadvertens, quando diceretur, repperi vocabulum esse rei, quae mihi iam erat videndo notissima. Quod priusquam repperissem, tantum mihi sonus erat hoc verbum; signum vero esse didici, quando, cuius rei signum esset, inveni, quam quidem, ut dixi, non significatu, sed aspectu didiceram. Ita magis signum re cognita quam signo dato ipsa res discitur (mag. 10,33). Zum Problem der Belehrung durch Sprache vgl. auch Howie, S. 183–207. 160 Brunner, S. 99–103 spricht mit Blick auf die Synthese, die Augustin vornimmt, von einer »Konvergenz der Linien« (ebd., S. 99).
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Am Ende des Prologs deckt Augustin ein weiteres Mal die Inkonsequenz seiner charismatischen Kritiker auf, die – wohl aus Gottesfurcht – ihr eigenes Wissen weitergeben, anstatt ihre Mitmenschen an die göttliche Inspiration zu verweisen. Augustin bezieht aus diesem Sachverhalt eine Rechtfertigung für sein eigenes Vorhaben, in de doctrina christiana Regeln für das Bibelstudium zu vermitteln; wenn schon die Charismatiker ihre Erkenntnisse tradierten, um wieviel mehr sei es dann ihm selbst, der die Belehrung des Menschen als gottgewollt ansehe, erlaubt, die Aufgabe eines Lehrers zu übernehmen (doctr. christ. prol. 8f.). 3.2.4 Das erste Buch – Der Gebrauch der Welt Mit der im Prolog formulierten Synthese von scientia und Charisma wendet Augustin sich vom Ideal der ungebildeten Wüstenmönche ab, wie es in der asketischen Literatur seiner Zeit zumal gestützt auf das Vorbild des heiligen Antonius weite Verbreitung fand.161 Die Anachoreten zogen sich nicht nur aus der menschlichen Gemeinschaft zurück, sie verzichteten auch auf die geistigen Errungenschaften der Welt. Zwar versteht Augustin das diesseitige Leben als peregrinatio zum ewigen Leben;162 seine Vorstellung von der fuga saeculi impliziert jedoch nicht, Einsiedler zu werden oder auf das, was sich zum Nutzen des christlichen Glaubens gebrauchen läßt, zu verzichten.163 Augustin verdeutlicht dies im ersten Buch von de doctrina christiana, in dem er alle Dinge der Welt in zu genießende (frui) und zu gebrauchende (uti) unterteilt:164 während allein der trinitarische Gott um seiner selbst willen zu genießen ist, gebraucht der Christ alle anderen mit seinem Glauben zu vereinbarenden Dinge nur deswegen, um zu Gott zu gelangen.165 Die
161 Die Unbildung des Antonius propagiert Athanasius (gest. 373) in der vita Antonii als normsetzendes Bild. Darauf, daß die vita in den westlichen Provinzen des Reiches in der Form einer lateinischen Übersetzung schnell an Popularität gewann, verweist Brunert, S. 17f. u. S. 19f. 162 Vgl. doctr. christ. 1,4,4; 1,17,16; 1,30,31 u. 1,34,38. 163 Zum Verhältnis von Augustin zu Antonius vgl. oben, S. 104, Anm. 154. 164 doctr. christ. 1,3,3: Res ergo aliae sunt, quibus fruendum est, aliae quibus utendum, aliae quae fruuntur et utuntur. Illae quibus fruendum est, nos beatos faciunt. Istis quibus utendum est, tendentes ad beatitudinem adiuvamur et quasi adminiculamur, ut ad illas, quae nos beatos faciunt, pervenire atque his inhaerere possimus. 165 doctr. christ. 1,4,4–5,5: [...] sic in huius mortalitatis vita peregrinantes a domino, si redire in patriam volumus, ubi beati esse possimus, utendum est hoc mundo, non fruendum, ut invisibilia dei per ea, quae facta sunt, intellecta conspiciantur, hoc est, ut de corporalibus temporalibusque rebus aeterna et spiritalia capiamus. Res igitur, quibus fruendum est, pater et filius et spiritus sanctus eademque trinitas […]
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Bestimmung des Menschen im Diesseits erblickt Augustin darin, Gott als unsichtbares Wesen in den geschaffenen Dingen der Welt zu erkennen.166 Am Ende des ersten Buches kommt Augustin auf Einsiedler zu sprechen,167 bei denen es sich um asketische Wüstenheilige handelt, wie sie seit der Mitte des 4. Jahrhunderts vor allem in Ägypten zu finden waren.168 Anders als die Gegner, mit denen der Kirchenvater sich im Prolog auseinandersetzt, ist hier von Anachoreten die Rede, die ohne jedes Schrifttum und demzufolge auch ohne die Bibel leben. Augustin beurteilt dies positiv, was folgendermaßen zu erklären ist: Er geht davon aus, daß diejenigen, die Glaube, Hoffnung und Liebe haben, nicht mehr der Heiligen Schrift bedürfen, es sei denn, um andere zu unterrichten. Diese Feststellung steht nicht im Gegensatz zu der im Prolog vertretenen Position gegenüber den Charismatikern, bei der eine Synthese von göttlicher Inspiration und menschlicher Belehrung propagiert wurde. Die Aussage des Autors, die Eremiten stützten sich nur zum Unterrichten auf die Bibel, beweist nämlich, daß es sich bei ihnen nicht um eine antiintellektuelle Gruppe handelt, die weder auf die Bibel noch auf ein Regelwerk wie doctrina christiana zurückgreift. Vielmehr geht es offenbar um Christen, die selbst über das Studium der Heiligen Schrift zum Glauben gelangt sind. Nur deswegen, weil sie den Glauben bereits leben, Gottes Gebote verwirklichen und Liebe zu Gott und den Nächsten als »das Ziel des Gesetzes und aller göttlichen Schriften« (doctr. christ. 1,35,39) entwickelt haben,169 bedürfen sie nicht mehr der sanctae scripturae. Augustin erkennt diesen Zustand als Ideal an, ist sich aber bewußt, daß der durchschnittliche und ständig neu zu belehrende Christ ununterbrochen der Unterweisung durch die Bibel als dem Fundament des Glaubens bedarf, der die Liebe erst ermöglicht.170 Damit wird aber auch einer Schrift wie de doctrina christiana und den in ihr vorgestellten Wissenschaften ein Existenzrecht eingeräumt. Daß die Bibel dennoch ebenso wie die artes nur ein Hilfsmittel darstellt, »das der mit Glaube, Hoffnung und Liebe
166 Vgl. auch doctr. christ. 1,30,31: Augustin weist darauf hin, daß die Engel Gott bereits genießen, nach dem auch die Menschen sich sehnen. Er fährt dann fort: [...] et quantum in hac vita fruimur vel per speculum vel in aenigmate, tanto eam peregrinationem et tolerabilius sustinemus et ardentius finire cupimus. 167 doctr. christ. 1,39,43: Homo itaque fide et spe et caritate subnixus eaque inconcusse retinens non indiget scripturis nisi ad alios instruendos. Itaque multi per haec tria etiam in solitudine sine codicibus vivunt. Unde in illis arbitror iam impletum esse, quod dictum est: Sive prophetiae evacuabuntur, sive linguae cessabunt, sive scientia evacuabitur. 168 Vgl. Simonetti, S. 415 u. Pollmann, Die christliche Bildung, S. 221, Anm. 74. Zur Entstehung der Wüstenaske in Ägypten vgl. auch Dihle, S. 418f. 169 Vgl. doctr. christ. 1,36,40. 170 So auch Howe, S. 226.
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Ausgerüstete für seine Person hinter sich lassen kann«171, steht dazu nicht im Widerspruch. 3.2.5 Das zweite Buch – Der usus iustus und die doctrinae gentilium Im zweiten Buch von de doctrina christiana überträgt Augustin die Vorstellung vom uti auf die Wissenschaften, für deren Gebrauch er die von Origenes stammende Auslegung der Exodusstellen 3,21f., 11,2 und 12,35f. übernimmt:172 In derselben Weise, wie die Israeliten bei ihrem Auszug aus Ägypten zwar vor den Götzenbildern und den schweren Lasten der Ägypter geflohen seien, jedoch nach Gottes Willen auch Gefäße und Kostbarkeiten von Gold und Silber sowie Kleider für einen besseren Nutzen weggeführt hätten, verhalte es sich auch mit der Rezeption der paganen Wissenschaften durch die Christen: […] sic doctrinae omnes gentilium non solum simulata et superstitiosa figmenta gravesque sarcinas supervacanei laboris habent, quae unusquisque nostrum duce Christo de societate gentilium exiens debet abominari atque vitare, sed etiam liberales disciplinas usui veritatis aptiores et quaedam morum praecepta utilissima continent [...] (doctr. christ. 2,40,60).
Entscheidend für die Übernahme des heidnischen Bildungsgutes ist für Augustin die Formel des usus iustus, des »rechten Gebrauchs«.173 Er besteht darin, die Reichtümer der heidnischen Kultur durch eine kritische Auswahl zu säubern und so als Propädeutik für den christlichen Glauben wirksam zu machen.174 Augustin gibt seinen Lesern Kriterien für die Auswahl der paganen Wissenschaften an die Hand:175 Nützliche Kulturtechniken seien selbst dann zu übernehmen, wenn die superstitio profanorum sie mit dem heidnischen Mythos verbinde und z.B. Merkur als göttlichen Erfinder der Buchstaben preise (doctr. christ. 2,18,28). Augustin betont, daß der Christ sich im Umgang mit dem heidnischen Wissen keinesfalls fremder Güter bediene, denn gleichgültig, wo die Wahrheit begegne, immer sei sie auf den einen Gott zurückzuführen, dessen Vorsehung alles durchdringe (doctr. christ. 2,40,60).176 Die nützlichen Wissenschaften seien deshalb auch in der 171 Brunner, S. 102. Vgl. auch Mayer, »Res per signa«, S. 111. 172 Vgl. Simonetti, S. 473. Die Stelle bei Origenes findet sich ep. ad Gregorium 2. 173 doctr. christ. 2,40,60: [...] et, quo perverse atque iniuriose ad obsequia daemonum abutuntur, cum ab eorum misera societate sese animo separat, debet ab eis auferre christianus ad usum iustum praedicandi evangelii. 174 Vgl. dazu Gnilka, Begriff des »rechten Gebrauchs«, S. 88–91. 175 Zum Folgenden vgl. Prestel, Antike Rhetorik, S. 57f. 176 Derselbe Gedanke begegnet auch doctr. christ. 2,18,28: [...] immo vero quisquis bonus verusque christianus est, domini sui esse intellegat, ubicumque invenerit veritatem [...]
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Bibel zu finden, die schädlichen jedoch würden dort verurteilt (doctr. christ. 2,42,63). Nützlichkeit, Wahrheit und Enthaltensein in der Heiligen Schrift gelten damit aus christlicher Sicht als notwendige Voraussetzungen für den Gebrauch der heidnischen Wissenschaften.177 Bereits im zweiten Buch kommt Augustin auf den Gebrauch der Beredsamkeit zu sprechen, die er gemeinsam mit der Dialektik behandelt. Sowohl die Kunst der disputatio als auch der eloquentia hält Augustin grundsätzlich für neutral. Allein der Mensch sei dafür verantwortlich, sie gut oder schlecht zu gebrauchen und etwa als Sophist in der Dialektik mit trügerischen Schlüssen zu arbeiten oder in der Beredsamkeit über das vernünftige Maß hinaus dem Wortschmuck nachzujagen.178 Das Recht des Christen, sich der beiden Disziplinen zu bedienen, liegt nach Augustin darin begründet, daß sie von Gott eingerichtet und damit wahr sind: Die Tatsache, daß z.B. »die Äußerung der Liebe einen Hörer gewinnt, eine brevis et aperta narratio besonders informativ ist oder varietas der Langeweile vorbeugt, diese Wirkgesetze hat der Mensch nicht selbst gemacht, sondern findet sie als Grundmuster vor (II,36,54f.).«179 Anders als in de ordine betont Augustin in de doctrina christiana, daß die Wissenschaften nicht zum seligen Leben führen können (doctr. christ. 2,37,35 u. 2,39,58). Die doctrinae seien außerdem nüchtern und sorgfältig zu unterscheiden; es gelte, den bei Terenz (Andr. 61) formulierten Grundsatz Ne quid nimis zu beachten (doctr. christ. 2,39,58). Dieser rechtfertige es auch, nicht im Eigenstudium auf pagane Werke zurückzugreifen, sondern 177 Vgl. Prestel, Antike Rhetorik, S. 57. In der zweiten Hälfte des zweiten Buches vertieft Augustin diese Kriterien. Er untersucht die profanen Wissenschaften auf ihre Verwendbarkeit für Christen: Augustin nimmt eine Unterscheidung der doctrinae in menschliche und göttliche vor und unterteilt erstere in abergläubische und nichtabergläubische, wobei er bei den nichtabergläubischen noch einmal zwischen überflüssigen und luxuriösen auf der einen und vorteilhaften und notwendigen Wissenschaften auf der anderen Seite differenziert (doctr. christ. 2,19,29 u. 2,25,38f.). Augustin zufolge dürfen allein diejenigen Wissenschaften, die nicht luxuriös und überflüssig sind und zu denen z.B. die Kenntnis der Gewichts- und Maßeinheiten, die Buchstaben und die Sprachen zählen, von einem Christen übernommen werden (doctr. christ. 2,25,39–26,40). Bei den von Gott eingerichteten Wissenschaften, die der Mensch nicht erfindet, »sondern durch die Untersuchung dessen, was durch die Zeiten überliefert oder von göttlicher Seite eingerichtet worden ist, hervorbringt« (doctr. christ. 2,27,41), unterscheidet Augustin diejenigen, die sich auf die körperliche Sinneswahrnehmung beziehen, von denen, die der geistigen Vernunft bedürfen. Unter ersteren weist Augustin der Geschichtsschreibung (doctr. christ. 2,28,42), den Naturwissenschaften (doctr. christ. 2,29,45) und mit Einschränkungen der Astronomie (doctr. christ. 2,29,46) einigen Nutzen für das Studium der Heiligen Schrift zu. Mit den technischen Künsten wie z.B. dem Hausbau, der Medizin oder dem Ackerbau empfiehlt Augustin sich sparsam und kursorisch nur insoweit zu beschäftigen, als es für das Verständnis der übertragenen Redensarten der Bibel erforderlich ist (doctr. christ. 2,30,47). 178 doctr. christ. 2,31,48: Quamquam etiam sermo non captiosus, sed tamen abundatius quam gravitatem decet, verborum ornamenta consectans sophisticus dicitur. 179 Prestel, Antike Rhetorik, S. 58.
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bereits existierende und von Christen verfaßte Kompendien etwa etymologischer oder geschichtlicher Natur zu gebrauchen (doctr. christ. 2,39,59). An welchen Vorbildern Augustin seinen Umgang mit dem antiken Bildungsgut orientiert und wer ihm den Weg für seine Tätigkeit als Kirchenschriftsteller und Prediger weist, läßt sich der Stelle doctr. christ. 2,40,61 entnehmen. Unter Auslassung noch lebender Personen, unter denen in erster Linie Hieronymus, Paulinus von Nola und Ambrosius zu verstehen sind,180 nennt Augustin Cyprian (gest. 258), den er als doctor suavissmus und martyr beatissimus bezeichnet, außerdem Laktanz (gest. um 325), Marius Victorinus (gest. um 365), Optat von Mileve (zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts) und Hilarius, den Bischof von Poitiers (gest. 315-367). Auch die griechischen Kirchenlehrer (innumerabiles Graeci) werden wie Moses als Beispiele von Männern genannt, die vollgeladen mit Gold, Silber und Kleidung die »Bildungsschätze« aus Ägypten weggetragen haben. Wie kritisch diese theoretische Selbsteinordnung mit Blick auf die Klärung der zu beantwortenden Frage nach Augustins kulturellem Standpunkt zu betrachten ist, geht daraus hervor, daß sich der Umgang des Ambrosius mit dem traditionellen Bildungsgut und seiner Sprache erheblich von demjenigen des Hieronymus oder des Paulinus von Nola unterscheidet. Michaela Zelzer gelangt für den Bischof von Mailand, der anders als Paulinus nie auf den Gedanken gekommen wäre, sich für ein Vergilzitat zu entschuldigen,181 zu folgender Einschätzung:182 Er brach nicht mit der Tradition, in der er aufgewachsen war, wie es Hieronymus nach der berühmten Traumvision mit dem Vorwurf Ciceronianus es non Christianus getan hat oder zumindest angibt, getan zu haben; ganz bewußt knüpfte Ambrosius an die altrömische Tradition an und setzte sie in christlicher Umdeutung fort. Hier zeigen sich in gewisser Weise zwei Welten: die des Hieronymus, der in der heidnischen literarischen Tradition – die er sehr liebte – eine Bedrohung der Redlichkeit des christlichen Verkünders sah, und des Ambrosius, der über eben diese heidnische Kulturtradition, mit der er aufgewachsen war, souverän verfügte und sie seinen christlichen, missionarischen Zielen dienstbar machte.
Auch für Cyprian ist festzustellen, daß er seine Episteln zwar ausgesprochen rhetorisch stilisiert, in seinem Werk jedoch anders als bei Laktanz keine heidnischen Autoren zitiert.183 Laktanz hat als erster christlicher Autor lateinischer Sprache überhaupt Passagen aus Werken des klassischen Literaturkanons angeführt, und zwar in der Absicht, die Gegner seines Glau-
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Vgl. Pollmann, Die christliche Bildung, S. 235, Anm. 175. Vgl. Zelzer, Symmachus, S. 156, die sich auf die Stelle PAUL. NOL. epist. 22,3 bezieht. Dies., Ambrosius von Mailand, S. 208. Zu Cyprian vgl. von Albrecht, Geschichte Bd. 2, S. 1242–1252.
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bens mit ihren eigenen Waffen zu schlagen.184 So findet z.B. Vergil, der in den divinae institutiones als nostrorum primus Maro (inst. 1,5,11) und poeta noster (inst. 1,5,19) bezeichnet wird, als Gewährsmann für christliche Glaubensinhalte Verwendung. Die aufgeschlossene Haltung, die Laktanz gegenüber der traditionellen Literatur an den Tag legt, bleibt keineswegs nur auf deren Inhalte beschränkt. Auch ihren sprachlichen und formalen Idealen hat sich der Autor so eng angeschlossen, daß die Humanisten ihm große Bewunderung entgegenbrachten und Pico della Mirandola ihm sogar den Namen Cicero christianus verlieh.185 Differenzen sind auch zwischen den Kirchenschriftstellern der lateinischen West- und der griechischen Osthälfte des Römischen Reiches zu konstatieren,186 die Augustins Aussage doctr. christ. 2,40,61 als zu undifferenziert erscheinen lassen. Insgesamt betrachtet, zeichnen sich die kappadokischen Kirchenväter durch eine stärkere und vor allem offenkundigere Berücksichtigung der heidnischen E6>9:¾6 aus.187 Bei Basilius von Caesarea (gest. 379), Gregor von Nazianz (gest. 390) und Gregor von Nyssa (gest. nach 394) verbindet sich mit der sprachlich-stilistischen Anlehnung an die Vorbilder der griechischen Klassik zugleich eine Bejahung der traditionellen Bildungsinhalte.188 Über die Beschäftigung mit der heidnischen Literatur hinaus halten die drei führenden Bischöfe des Ostens auch die Unterweisung in den übrigen Fächern der septem artes liberales für unerläßlich.189 Freilich ist auch hier auf Widersprüche hinzuweisen, wie sie Friedhelm Mann z.B. für die Haltung Gregors gegenüber der Rhetorik in de infantibus praemature abreptis herausgearbeitet hat. Mann kommt zu dem Ergebnis, daß Gregor die Rhetorik zwar ablehne und an ihre Stelle »das einfache, bäurische Wort der Wahrheit« (@¼NDCI6 IqC An9:¾6 darauf reduziert, mit Hilfe grammatisch-rhetorischer Bildung, die abwertend als linguosae artes bezeichnet wird,200 zu Ruhm und Ansehen in dieser Welt zu gelangen.201 Aus der Sicht Augustins werden damit falsche Reichtümer (falsae divitiae) erstrebt, von denen er in einer seiner Predigten die Hinwendung und Liebe zu Gott als verae divitiae unterscheidet.202 Die Formulierung puero id proponebatur, obtemperare monentibus verweist auf den physischen und psychischen Druck, der von Lehrern, Eltern und der Gesellschaft auf Augustin ausgeübt wurde,203 um das seit Jahrhunderten204 gültige Bildungsziel zu erreichen. Seine Umsetzung erfolgte in der Schule, so daß Augustin sagen kann: 199 Z.B. AUG. lib. arb. 1,25: (Evodius) Quid est bona voluntas? (Augustinus) Voluntas, qua adpetimus recte honesteque vivere et ad summam sapientiam pervenire. 200 Vgl. ThlL VII 2, 1454,83–1455,1. 201 So auch conf. 1,12,19: Illi enim non intuebantur, quo referrem quod me discere cogebant praeterquam ad satiandas insatiabiles cupiditates copiosae inopiae et ignominosae gloriae. 202 serm. 359 A,13f.: Divitiae sunt verae, sunt falsae. Falsas divitias iniquitas appellat, appellat divitias, nam verae divitiae apud deum sunt [...] Ecce unde iniquitas quia beatum dixerunt populum cui abundant ista. Aliam beatitudinem non viderunt, aliam quae vera est non quaesierunt. Totum desiderium suum in terrena felicitate consumpserunt. Cor sursum levare noluerunt. Iste autem qui gemit et vult a talibus liberari, quid dicit? Cum dixisset de filiis alienis iniquis: beatum dixerunt populum cui haec sunt, quasi diceretur illi: tu autem quem dicis beatum? Beatus populus cuius est dominus deus ipsius. Ecce verae divitiae. 203 Für die Prügelstrafe der Lehrer vgl. conf. 1,9,14f. Der Ehrgeiz der Eltern ist den Stellen conf. 2,2,4 u. 2,3,8 zu entnehmen. Daß die grammatisch-rhetorische Bildung hohes Ansehen genoß, geht aus conf. 1,10,16 u. 1,13,21 hervor. 204 Die Tradition ist in folgenden Worten greifbar: Et tamen, si segnis in discendo essem, vapulabam. Laudabatur enim hoc a maioribus, et multi ante nos vitam istam agentes praestruxerant
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Inde in scholam datus sum, ut discerem litteras, in quibus quid utilitatis esset ignorabam miser (conf. 1,9,14).
Mit den litterae sind die Inhalte des Elementarunterrichts gemeint, bei denen es sich um Schreiben, Lesen und Rechnen handelt.205 Ihren Nutzen hat Augustin als Kind nicht eingesehen (conf. 1,9,14), und er haßte sie ebenso wie den griechischen Fremdsprachenunterricht beim @n0.206 Als Bischof tadelt Augustin sein damaliges Verhalten, das ihn dazu veranlaßt, sich conf. 1,9,14 als miser zu bezeichnen. In conf. 1,13,20 bekennt er ein aus christlicher Sicht noch größeres Vergehen, das ihn rückblickend sogar zum miserrimus macht: Der ablehnenden Haltung gegenüber dem Primärunterricht steht eine Vorliebe für den beim Grammatiker behandelten Bildungsstoff gegenüber. Seine Position in den confessiones hat sich dagegen diametral verändert: Nam utique meliores, quia certiores, erant primae illae litterae, quibus fiebat in me et factum est et habeo illud, ut et legam, si quid scriptum invenio, et scribam ipse, si quid volo, quam illae, quibus tenere cogebar Aeneae nescio cuius errores oblitus errorum meorum et plorare Didonem mortuam, quia se occidit ab amore, cum interea me ipsum in his a te morientem, deus, vita mea, siccis oculis ferrem miserrimus (conf. 1,13,20).
Augustin schätzt die Kulturtechniken des Lesens und Schreibens als Bischof höher ein als die Inhalte des traditionellen Literaturunterrichts. Um zu bestimmen, worin für ihn der Unterricht auf der ersten Stufe den der zweiten übertrifft, ist neben dem angeführten Zitat auch die Stelle conf. 1,13,22 zu berücksichtigen.207 Augustin hält die beim magister ludi erworbenen Fähigkeiten für »sicherer« (certiores, conf. 1,13,20) und »nützlicher« (utiliores, conf. 1,13,22) als die »Fabeleien der Dichter« (poetica illa figmenta, conf. 1,13,22), in denen er nur »Nichtigkeiten« (illa inania, conf. 1,13,22) erblickt. Das Kriterium der konkreten Anwendbarkeit und Wahrheit des zu aerumnosas vias, per quas transire cogebamur multiplicato labore et dolore filiis Adam (conf. 1,9,14). 205 Zum Elementarunterricht vgl. oben, S. 47. 206 conf. 1,13,20: Quid autem erat causae, cur Graecas litteras oderam, quibus puerulus imbuebar, ne nunc quidem mihi satis exploratum est. Adamaveram enim Latinas, non quas primi magistri, sed quas docent qui grammatici vocantur. Nam illas primas, ubi legere et scribere et numerare discitur, non minus onerosas poenalesque habebam quam omnes Graecas. 207 conf. 1,13,22: [...] non clament adversus me venditores grammaticae vel emptores, quia, si proponam eis interrogans, utrum verum sit quod Aenean aliquando Carthaginem venisse poeta dicit, indoctiores nescire se respondebunt, doctiores autem etiam negabunt verum esse. At si quaeram, quibus litteris scribatur Aeneae nomen, omnes mihi, qui haec didicerunt, verum respondent secundum id pactum et placitum, quo inter se homines ista signa firmarunt. Item si quaeram, quid horum maiore vitae huius incommodo quisque obliviscatur, legere et scribere an poetica illa figmenta, quid non videat, quid responsurus sit, qui non est penitus oblitus sui? Peccabam ergo puer, cum illa inania istis utilioribus amore praeponebam vel potius ista oderam, illa amabam.
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erlernenden Stoffes ist für ihn von größter Bedeutung. Er sieht es für die Konventionen des Lesens und Schreibens erfüllt, die dem, der sie sich aneignet, zuverlässige Erkenntnisse bieten. Sie lassen sich zum Nutzen des eigenen Lebens auch nach christlichen Maßstäben gebrauchen. Anders verhält es sich mit der Dichtung, die schon deswegen kritisch zu betrachten ist, weil sie, wie zumindest gelehrtere Grammatiker offen bekennen, keine authentischen Inhalte vermittelt (conf. 1,13,22).208 Bedenklicher freilich ist, daß der Zwang, die errores des Aeneas im Sinne des alten Bildungsideals mit seiner soziale Promotion fördernden Komponente auswendig zu lernen, zur Vergessenheit gegenüber den eigenen moralischen Irrwegen führt: Die Beschäftigung mit den Irrfahrten des römischen Helden und das Weinen über den Tod der verlassenen Dido haben Augustin davon abgehalten, sich der Entfremdung von Gott, die als Sterben aufgefaßt wird (in his a te morientem, conf. 1,13,20), bewußt zu werden. Er hat sie »trokkenen Auges« (siccis oculis, conf. 1,13,20) ertragen. Augustin präzisiert conf. 1,13,21, warum ihm die Inhalte des Grammatikunterrichts im Vergleich zu den primae litterae als nutzlos erscheinen. Die Stelle erlaubt es, eine Parallele zur Theaterleidenschaft im dritten Buch der confessiones zu ziehen: Aus dem Paradoxon si prohiberer ea legere, dolerem, quia non legerem quod dolerem (conf. 1,13,21), das sich auf die Lektüre der Aeneis bezieht, läßt sich folgendes ablesen: Augustin ist es in seiner Jugend bei der Beschäftigung mit dem Werk allein um den dabei erfahrenen Schmerz gegangen, der daraus resultierte, daß er sich mit den Charakteren des Epos identifizierte.209 Als ethisch bedenklich ist dieses Verhalten deswegen einzustufen, weil der Schmerz nur zur Freude des Rezipienten erstrebt wurde,210 wie die Ausführungen im dritten Buch der 208 Tornau, S. 322 ist der Ansicht, daß Augustins Angriff auf den Wahrheitsgehalt der Aeneis auch treffen würde, »wenn alle Erzählungen der ›Aeneis‹ historisch richtig wären oder wenn statt der mythologischen Dichtung Vergils das historische Epos Lukans Schullektüre wäre.« Tornau ist bei dieser Ansicht zu sehr auf die sprachliche Schulung beim grammaticus fixiert, die aber eben auch historisches Wissen vermitteln sollte, das Augustin doctr. christ. 2,28,42 selbst dann, wenn es in heidnischen Geschichtswerken begegnet, für wertvoll hält: Quicquid igitur de ordine temporum transactorum indicat ea quae appellatur historia, plurimum nos adiuvat ad libros sanctos intellegendos, etiamsi praeter ecclesiam puerili eruditione discatur. Welche Kenntnisse Vergils Aeneis vermitteln konnte, verdeutlicht Coffin, S. 174, der sich mit dem Verhältnis Augustins zu dem römischen Dichter beschäftigt: »The poet’s testimony is accepted on matters of mythology, geography, science, art, indeed on all questions of general knowledge.« Zu Augustins Kritik an der mangelnden Historizität der Aeneis vgl. auch Springer, S. 338. 209 conf. 3,2,2 bezieht Augustin sich auf die Theateraufführungen und stellt fest: Nam eo magis eis movetur quisque, quo minus a talibus affectibus sanus est [...] 210 Mit Blick auf das bei der Dichterlektüre empfundene Vergnügen spricht Augustin von den in eis vanis peccata delectationum mearum (conf. 1,15,24). Im dritten Buch stellt er dem falschen Mitleid für die Schauspieler das wahre gegenüber: Haec certe verior misericordia, sed non in ea delectat dolor (conf. 3,2,3).
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confessiones erkennen lassen: Die Didosage weckt in Augustin denselben Affekt, den der Autor auch beim Betrachten von Theaterstücken erfahren haben will. Für Augustins Handeln bleibt er hier wie dort ohne Bedeutung: Quid est, quod ibi homo vult dolere cum spectat luctuosa et tragica, quae tamen pati ipse nollet? Et tamen pati vult ex eis dolorem spectator et dolor ipse est voluptas eius […] Sed qualis tandem misericordia in rebus fictis et scenicis? Non enim ad subveniendum provocatur auditor, sed tantum ad dolendum invitatur et actori earum imaginum amplius favet, cum amplius dolet (conf. 3,2,2).
Den res fictae und scenicae, zu denen auch die Inhalte der Aeneis gehören,211 wird pauschal jede Relevanz für das eigene Handeln abgesprochen, wobei der Grund für diesen Mangel ausschließlich bei der Dichtung bzw. bei den Theateraufführungen, keineswegs aber auf der Seite des Rezipienten gesehen wird. Gegen die Sichtweise Augustins ist einzuwenden, daß im vierten Buch der Aeneis zwar in der Tat Sympathie mit Dido geweckt werden soll;212 die Schuld an der Überreaktion auf die geschilderten Inhalte liegt allerdings beim Autor der confessiones,213 der sich aufgrund seiner persönlichen Situation besonders empfänglich für die Darstellung gerade der tragischen Liebesleidenschaft zwischen Dido und Aeneas zeigt.214 Augustins Beurteilung der Nützlichkeit von Dichtung überhaupt und der Aeneis im besonderen, wie sie in den confessiones vorgenommen wird, weicht von früheren Äußerungen des Kirchenvaters ab. In de ordine führt er aus, daß die Vernunft den Dichtern die rationabilis mendaciorum potestas zugestehe (ord. 2,14,40). In den soliloquia spricht er von dem Dichtwerk, der fabula, als einem compositum ad utilitatem delectationemve mendacium (soliloq. 2,11,19), das zwar mendax, nicht aber fallax sei (soliloq. 2,9,16). Augustins Position in den confessiones erweist sich vor diesem Hintergrund als auffällig, und zwar um so mehr, als die praktische Verwendung des traditionellen mythologischen Stoffes in den »Bekenntnissen« von dem in diesem Werk vertretenen theoretischen Standpunkt abweicht.215 Dies läßt sich nur dadurch erklären, daß Augustin die Beschäftigung mit der traditionellen Literatur in den confessiones als besonders gefährlich darstellen möchte. Der Leser soll nicht den Eindruck gewinnen, Augustins Probleme 211 Vgl. dazu das Zitat oben, S. 52, Anm. 41. 212 Müller, S. 186, Anm. 264: »[...] die Sympathie [Augustins, Anm. d. Verf.] mit Dido überrascht nicht, sondern entspricht der Wirkungsabsicht der Aeneis.« 213 Ebenso Fichter, S. 42: »[…] Augustine pointedly places the blame for his error on himself and his schoolmasters rather than Virgil.« 214 Wie hoch Augustin die Rolle des Rezipienten für den richtigen Umgang mit geschriebener oder gesprochener Sprache taxiert, geht auch aus der Stelle conf. 5,13,23 hervor: Die Predigten des Bischofs von Mailand hört Augustin zunächst nur deswegen, um sich an der einnehmenden Art des Vortrags zu erfreuen. 215 Vgl. dazu unten, S. 123f.
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mit der Aeneis seien auf die Person des Kirchenvaters beschränkt. Die beschriebenen Verirrungen sollen vielmehr auf potentielle Leser des Epos als abschreckendes exemplum wirken. Auf eine differenzierte Haltung gegenüber der Dichtung, wie sie für die Praxis in den confessiones festzustellen ist und im dritten Buch sogar explizit bestätigt wird,216 war deshalb im Zusammenhang dieser Schrift zu verzichten. Angesichts wörtlicher und sinngemäßer Zitate aus der Aeneis und vermeintlicher Parallelen zum Epos Vergils in den confessiones wird in der modernen Forschung die These vertreten, der Kirchenvater habe eine christianisierte Form der Aeneislektüre für möglich gehalten.217 Catherine M. Chin ist der Ansicht, daß Augustin der Aeneis an der Stelle conf. 1,13,20 zwar jeden Wert abspreche, indem er ihr die Erkenntnis Gottes kontrastierend gegenüberstelle; andererseits werde durch Augustins Darstellung seiner Erfahrungen mit dem Gedicht bezeugt, wie sehr es den Leser emotional anzusprechen vermöge und darüber hinaus sogar als Metapher für die Liebe zwischen Gott und den Menschen dienen könne.218 Chin geht so weit zu sagen, daß die »Bekenntnisse« auch eine Lesart erlaubten, bei der die Gegensätze zwischen Christentum und klassischer Antike miteinander zu verschmelzen begännen: Augustin sei dann als sterbende Dido, als ziellos umherirrender Aeneas und sogar als der Dichter Vergil zu verstehen.219 Chins Beobachtungen basieren auf den Ergebnissen einer Studie von Camille Bennett, die ihrerseits in eine Reihe mit den Untersuchungen von John O’Meara und Andrew Fichter gestellt werden kann.220 Alle vier Forscher gehen von einer bewußten Gestaltung der confessiones nach dem Vorbild der Aeneis aus. Bennett unterscheidet zwischen der Sichtweise des jungen Augustin und der des Bischofs: als puer habe Augustin um Dido
216 conf. 3,6,11 stellt Augustin die grammaticorum et poetarum fabellae über die Lehren der Manichäer. Auch von den Inhalten des Grammatikunterrichts sagt der Autor jetzt, daß sie im Vergleich zu den manichäischen decipula nützlicher (utiliores) seien. Er führt auch eine Begründung an, die obige Interpretation für Augustins differenzierten Umgang mit der heidnischen Literatur als richtig erweist: Quanto enim meliores grammaticorum et poetarum fabellae quam illa decipula! Nam versus et carmen et Medea volans utiliores certe quam quinque elementa varie fucata propter quinque antra tenebrarum, quae omnino nulla sunt et occidunt credentem. Nam versum et carmen etiam ad vera pulmenta transfero; volantem autem Medeam etsi cantabam, non adserebam, etsi cantari audiebam, non credebam: illa autem credidi. 217 Vgl. die Literatur bei Schindler, S. 353f., Anm. 3 u 4. 218 Vgl. Chin, S. 181. 219 Vgl. ebd. 220 Vgl. die Aufsätze von O’Meara u. Fichter. Fichter, S. 42 nimmt für conf. 1,13,20 Parallelen zwischen den »Bekenntnissen« und der Aeneis an, die er z.B. in den errores des Eposhelden und den Irrwegen des Lesers oder in Didos Liebe zu Aeneas und Augustins Leidenschaft für die Erscheinungen dieser Welt erkennt.
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geweint, ohne zu wissen, daß diese Tränen in Wirklichkeit ihm selbst galten:221 From the perspective offered by the older, converted Augustine, we are made to see how inadequate the young Augustine was to discern the truth in what he read. It was not just that, in weeping for Dido, he was really weeping for himself parted from God, «virtus maritans mentem meam» (emphasis mine), but also that, in weeping, like Aeneas, for Dido, he unwittingly acknowledged himself to be not the abandoned but the abandoner, whose errores took him from his love. Aeneas wept for the dead Dido; Augustine had no notion that he was dying.
Erst der reife Augustin kennt Bennett zufolge den wahren Grund für den in der Schule so emotionalen Umgang mit der Aeneis. Vor diesem Hintergrund vertritt die Forscherin folgende Meinung: Indem Augustin conf. 1,13,20 die Irrfahrten des Aeneas mit seinen eigenen moralischen Verirrungen parallel setze und auch Bezüge zwischen der Liebesleidenschaft Didos und seiner Liebe zur Welt herstelle, bringe er zum Ausdruck, daß es auch für Christen einen »sicheren Weg«222 gebe, die Aeneis zu lesen, den die confessiones sogar selbst illustrierten. Bennett ist davon überzeugt, daß der Kirchenvater mit Hilfe der Vergilreminiszenzen das Ziel verfolge, seine Leser in der Rezeption des römischen Dichters »umzuerziehen«.223 In der Forschung ist diese Interpretation auf scharfe Kritik gestoßen. In Auseinandersetzung mit O’Meara, Fichter und Bennett behauptet Gerhard Anselm Müller, daß die »wenigen und punktuellen Entsprechungen zur Aeneis [...] durchgängig zutreffender als Zufälle bzw. Parallelen aus den allgemeinsten Strukturen menschlichen Lebens und Erzählens zu erklären«224 seien. Während Müller für die Studie O’Mearas ein hohes Maß an willkürlich gesehenen Vergilreminiszenzen konstatiert, weist er Bennetts These von den Tränen des jungen Augustin als vermeintlich »unbewußte[m] Eingeständnis des eigenen desolaten Zustands«225 als »eine problematische Überfrachtung«226 zurück.
221 Bennett, S. 56. 222 Ebd., S. 48: »This position [d.h., die Bibel den Klassikern als Bildungsbuch vorzuziehen, Anm. d. Verf.] is not surprising; what is, is that there was also a safe way to read Vergil – a way the Confessions itself illustrates.« 223 Ebd.: »[H]e means, we discover, to re-educate his readers in the use of Vergil.« Fichter, S. 42 bringt seine Vorstellung vom Ziel dieser christianisierten Form der Aeneislektüre folgendermaßen auf den Punkt: »Thus, for instance, had the youthful Augustine been fully aware of the parallels between his own and Aenea’s ›wanderings‹, or his and Dido’s passions, the Aeneid might have served as an exemplum to move him in the direction of moral insight.« 224 Müller, S. 185. 225 Ebd., S. 186, Anm. 264. 226 Ebd.
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Entscheidende Bedeutung für die Beurteilung der Positionen O’Mearas, Fichters, Bennetts und Chins kommt der Tatsache zu, daß Augustin bei seiner Aeneislektüre eben keine Konsequenzen im Sinne einer Umkehr in Betracht gezogen hat. Daher stellt sich die Frage, ob die Parallelen zwischen ihm und den Eposgestalten, wie sie von den genannten Forschern hervorgehoben werden, überhaupt ausreichen konnten, um als Exempel zu fungieren, das Selbsterkenntnis fördert und den Leser zur Veränderung seines Lebens bewegt. Vor diesem Hintergrund läßt sich gegen Bennett einwenden, daß die confessiones keineswegs den Weg einer gefahrlosen und in christlicher Sicht erfolgreichen Dichterlektüre aufzeigen wollen, sondern im Gegenteil gerade das Scheitern des jungen Augustin im Umgang mit dem römischen Nationalepos akzentuieren.227 Augustin hält es denn auch für besser, die Bibel an die Stelle des bisherigen Bildungsstoffes zu setzen. Mit Blick auf die in der Schule behandelte Lektüre sagt er conf. 1,15,24 zunächst noch ohne konkrete Bezugnahme auf die Heilige Schrift: Didici enim in eis multa verba utilia; sed et in rebus non vanis disci possunt, et ea via tuta est, in qua pueri ambularent.
Erst an der Stelle conf. 1,17,27 wird der Autor deutlicher. Er fragt, ob es keine anderen Texte als die Aeneis gegeben habe, um seine geistigen und sprachlichen Anlagen zu fördern.228 Seine Antwort lautet: Laudes tuae, domine, laudes tuae per scripturas tuas suspenderent palmitem cordis mei, et non raperetur per inania nugarum turpis praeda volatilibus.
Mit Ferrari sind die confessiones zwar zurecht als »account of Augustine’s personal pilgrimage from the literature of paganism to the pages of the Holy Scriptures«229 zu bezeichnen. Zu fragen bleibt allerdings, welche Bedeutung den Rückgriffen auf die Werke des traditionellen Literaturkanons zukommt, wie sie etwa an der Stelle conf. 1,13,20 begegnen.230 Es gilt zu diskutieren, 227 Gegen die Auffassung, Augustin gehe von einem »sicheren Weg« der Aeneislektüre aus, ist auch noch einmal an den kirchenhistorischen Kontext zu erinnern: Gerade zu dem Zeitpunkt, da Augustin an den confessiones arbeitete, sprach sich das Konzil von Karthago im Jahre 398 dafür aus, Bischöfen die Lektüre heidnischer Literatur nur in Ausnahmefällen zu gestatten. Vgl. dazu oben, S. 13 m. Anm. 20. 228 conf. 1,17,27: Itane aliud non erat, ubi exerceretur ingenium et lingua mea? 229 Ferrari, S. 174. 230 Vgl. die Stellen bei Müller, S. 182–209. Für Hieronymus ist Deproost, S. 103f. vor dem Hintergrund eines für diesen Kirchenvater festzustellenden Auseinanderklaffens von Theorie und Praxis zu folgender Beurteilung gelangt: Zwar entrüste sich Hieronymus in den bekannten Worten »Que viennent faire Horace avec le psautier, Maron avec les évangiles, Cicéron avec l’apôtre?« (epist. 22,29) über die Öffnung der Christen gegenüber der heidnischen Literatur; die Gedanken aber, derer er sich dabei bediene, seien diejenigen des Aeneas, wie sie VERG. Aen. 4,335f. zu finden seien. Vgl. zur Haltung des Hieronymus auch Eigler, La missione di trasmissione, S. 189.
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wie Augustin, der grundsätzlich die Bibel der klassischen Literatur vorzieht, seinen Umgang mit dem traditionellen Schulkanon und insbesondere mit Vergil zu regeln beabsichtigt. In der Tat läßt sich für die confessiones ein neuer Weg im Verhältnis zur klassischen Literatur feststellen, ein Weg, der sich von dem falschen der Jugendzeit ebenso unterscheidet wie von dem von Bennett als »sicher« bezeichneten. Für Augustin bestand die Möglichkeit, z.B. Hieronymus zu folgen, der in seinem berühmten Brief an Julia Eustochium vor Gott das Versprechen ablegte, nie mehr heidnische Bücher lesen zu wollen.231 In den confessiones zeigt Augustin sich im Vergleich zu Hieronymus zurückhaltender, freilich ohne seine ablehnende Haltung gegenüber der profanen Literatur aufzugeben. Er erklärt, eher dazu bereit zu sein, »die Irrfahrten des Aeneas und alles sonst dergleichen«232 zu vergessen als das Schreiben und Lesen. Augustin genügt mit dieser Haltung den Erwartungen bildungskritischer Kreise innerhalb der Kirche,233 ohne sich wie Hieronymus auf eine Position festzulegen, die letztlich gar nicht einzuhalten war. Bei Verstößen mußte sie unweigerlich Kritiker wie Rufin auf den Plan rufen, der Hieronymus im Jahre 401 des Meineids bezichtigte, weil er die Klassiker so häufig erwähne.234 Augustin erklärt in den confessiones zwar grundsätzlich seine Bereitschaft, die traditionelle kulturelle Erinnerung aufzugeben; eine Verpflichtung, wie Hieronymus sie sich auferlegt, kommt für den Bischof von Hippo jedoch nicht in Betracht. Der Kirchenvater ist sich offenbar bewußt, daß zumindest er selbst sie im Gegensatz zu Schülern, die nur die Bibel kennengelernt haben, nicht einzuhalten vermag.235 Im übrigen geht Augustin offenbar trotz seiner radikalen Haltung in den confessiones nicht davon aus, die heidnische Dichtung insgesamt kompromittieren zu müssen: Wie sehr der Verfasser von der alten Bildung durchdrungen ist, beweisen die confessiones und gerade diejenigen Stellen, an denen die genossene Erziehung 231 HIER. epist. 22,30,5: Tandem ad praesidentis genua revoluti, qui adstiterant precabantur, ut veniam tribueret adulescentiae, ut errori locum paenitentiae commodaret exacturus deinde cruciatum, si gentilium litterarum libros aliquando legissem. Ego, qui tanto constrictus articulo vellem etiam maiora promittere, deiurare coepi et nomen eius obtestans dicere: ›Domine, si umquam habuero codices saeculares, si legero, te negavi.‹ 232 conf. 1,13,22: Nam ecce paratior sum oblivisci errores Aeneae atque omnia eius modi quam scribere et legere. 233 Vgl. Swearingen, S. 181. 234 Vgl. RUFIN. apol. adv. Hier. 2,4–13. 235 Die Unmöglichkeit, sich vollständig der ursprünglichen kulturellen Identität, ihrer Texte und ihrer Sprache zu entledigen, hat schließlich auch Hieronymus in seiner Apologie gegen Rufin eingeräumt. Dies geht aus der polemischen Feststellung des Kirchenvaters hervor, die dieser Arbeit als Zitat vorangestellt worden ist: Hieronymus erwidert auf die Angriffe Rufins mit der Feststellung, daß er wohl Lethe werde trinken müssen, um sich nicht mehr an die heidnische Literatur der Schule zu erinnern. Vgl. dazu das Zitat oben, S. 9 u. die Ausführungen S. 11.
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verurteilt wird, sehr deutlich. Bereits Schelkle hat diesen Sachverhalt mit Blick auf Augustins Darstellung seiner in der Rhetorenschule vorgetragenen Junorede (conf. 1,17,27) folgendermaßen auf den Punkt gebracht:236 Augustin spricht hier – das zu sehen ist fast köstlich – eben mit den Worten dessen, der ihm angeblich so fremd ist, und den er gerne vergessen möchte. Denn voller Virgilreminiszenzen sind diese Sätze.
Für Augustin ist mit Blick auf die confessiones von einer Position gegenüber dem traditionellen literarischen System auszugehen, bei der eine grundsätzliche Ablehnung der alten Inhalte einen Rekurs auf dieselben keinesfalls verbietet. Speziell die Bezugnahme auf Orestes und Pylades im vierten Buch der confessiones vermag Augustins Umgang mit dem heidnischen Mythos zu verdeutlichen: Augustin stellt fest, daß er in seiner Jugend mehr an seinem Leben als an seinem Freund gehangen habe, wodurch er sich von Pylades und Orestes unterscheide, von denen erzählt, vielleicht aber auch nur fabuliert werde, sie hätten deswegen lieber zusammen sterben wollen, weil ihnen ein Leben ohne den anderen schlimmer erschienen sei als der Tod (conf. 4,6,11). Der Autor bedient sich eines bekannten und aussagekräftigen exemplum der heidnischen Literatur. Gerade dadurch, daß er seine Historizität in Frage stellt, es aber dennoch gebraucht, bescheinigt er ihm eine tiefere Wahrheit und legitimiert damit seine Verwendung. Kritischer Umgang mit dem kulturellen Kapital der heidnischen Antike ist also vonnöten. Augustin hält dies jedoch für eine schwierige und in den Schulen nicht erfüllte Aufgabe. Er lehnt den traditionellen Unterricht deshalb ab, ohne für seine eigene Person auf die in christlichem Kontext verwendbaren Inhalte zu verzichten. Interessant zu sehen ist, daß mit der Zurückweisung der Klassikerlektüre nicht zugleich ein Affront gegen die grammatisch-rhetorische Ausbildung überhaupt verbunden ist. Keinesfalls wird Sprachkompetenz, die u.a. eines umfassenden Wortschatzes bedarf und ein zentrales Anliegen der überkommenen Bildung darstellt, verurteilt. Augustin vertritt die Auffassung, sich auch als Christ um die Sprache kümmern zu müssen. Als Bischof ist er für die utilia verba dankbar, die Gott ihn in der Schule selbst beim Lernen an den Nichtigkeiten hat zuteil werden lassen;237 neben der sozial-
236 Schelkle, S. 85. 237 An der Stelle conf. 1,15,24 stellt Augustin alles, was er Nützliches in den Knabenjahren gelernt hat, in den Dienst Gottes, um auch hier eine klare Grenze zu ziehen, die dem Tenor der zuvor interpretierten Aussagen entspricht: [...] tibi serviat quod loquor et scribo et lego et numero. An dieser Stelle vermag der Autor allerdings auch der Beschäftigung mit dem Mythos, dessen Nichtigkeit er durch die dreifache Verwendung des Wortes vanus erneut akzentuiert, eine positive Seite abzugewinnen: [...] quoniam cum vana discerem, tu disciplinam dabas mihi et in eis vanis
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distinktiven Funktion der Bildung mit ihrer Vermittlung moralisch falscher Werte ist es der Stoff, an dem sich die Unterweisung vollzieht, der Augustins Prüfung nicht standhält, wie auch folgendes Zitat belegt: Non accuso verba quasi vasa electa atque pretiosa, sed vinum erroris, quod in eis nobis propinabatur ab ebriis doctoribus, et nisi biberemus, caedebamur nec appellare ad aliquem iudicem sobrium licebat (conf. 1,16,26).
Alle übrigen Stellen in den confessiones, die auf die Unterweisung beim grammaticus Bezug nehmen, üben Kritik an der moralischen Indifferenz des Unterrichts, der sich allein darauf konzentriere, die Ausdrucksfähigkeit und Sprachbeherrschung der Schüler zu fördern. In conf. 1,18,28 spricht Augustin von den falschen Vorbildern, die ihm empfohlen worden seien: Sie sind deswegen abzulehnen, weil sie sich beim Erzählen eigener guter Taten für Sprachfehler schämen, dagegen aber Stolz empfinden, wenn sie Lob für ihre grammatikalisch richtig und stilistisch ansprechend vorgetragenen Liebesgenüsse erwerben.238 Ein weiteres Beispiel für die sprachliche Förderung beim grammaticus, bei der die moralische Erziehung unberücksichtigt bleibt, schließt sich conf. 1,18,29 an. Die genau beachteten und ständig tradierten Regeln über Buchstaben und Silben werden in einer chiastisch angeordneten Antithese der von Gott empfangenen ewigen Regeln des unvergänglichen Heils gegenübergestellt. Während die Menschen erstere einhalten, werden letztere vernachlässigt.239 Ein auf Rednerruhm bedachter Richter sei mehr darauf konzentriert, sich während seiner Anklage nicht zu versprechen und gegen die überkommenen Lautsatzungen »omo« statt »homo« zu sagen, als sich bewußt zu werden, womöglich einen Menschen (homo) aus der Gesellschaft der Menschen zu beseitigen.240 Augustin bezeichnet die Grammatikschule abschließend als öffentlichen Kampfplatz,
peccata delectationum mearum dimisisti mihi. Didici enim in eis multa verba utilia […] (conf. 1,15,24). 238 conf. 1,18,28: Quid autem mirum, quod in vanitates ita ferebar et a te, deus meus, ibam foras, quando mihi imitandi proponebantur homines, qui aliqua facta sua non mala si cum barbarismo aut soloecismo enuntiarent, reprehensi confundebantur, si autem libidines suas integris et rite consequentibus verbis copiose ornateque narrarent, laudati gloriabantur? 239 conf. 1,18,29: Vide domine deus, et patienter, ut vides, vide, quomodo diligenter observent filii hominum pacta litterarum et syllabarum accepta a prioribus locutoribus et a te accepta aeterna pacta perpetuae salutis neglegant [...] 240 Ebd.: Quam tu secretus es, habitans in excelsis in silentio, deus solus magnus, lege infatigabili spargens poenales caecitates supra inlicitas cupiditates, cum homo eloquentiae famam quaeritans ante hominem iudicem circumstante hominum multitudine inimicum suum odio immanissimo insectans vigilantissime cavet, ne per linguae errorem dicat: inter hominibus, et ne per mentis furorem hominem auferat ex hominibus, non cavet.
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auf dem er einen Barbarismus mehr zu fürchten gehabt habe als den Neid auf Mitschüler, denen es gelungen sei, sich fehlerfrei auszudrücken.241 3.3.3 Augustins Einschätzung der Rhetorik Bei der Einschätzung des antiken Rhetorikunterrichts kommt Augustin auf dieselben Kritikpunkte zu sprechen, wie sie soeben für die Grammatikschule herausgearbeitet worden sind. Die Stelle conf. 2,3,5 läßt zwei Dinge klar erkennen: Für die traditionelle Erziehung ist in Augustins Sichtweise allein die soziale Wirksamkeit der überkommenen Bildung von Bedeutung. Die Vermittlung moralischer Werte bleibt hier völlig außer acht. Augustins Vater Patricius dient in den confessiones als Paradebeispiel eines Mannes, der seinem Sohn unter großen finanziellen Anstrengungen zwar schulische Bildung zu dem Zweck sozialer Promotion zuteil werden läßt, für die innere Entwicklung des Jungen jedoch kein Interesse zeigt: Multorum enim civium longe opulentiorum nullum tale negotium pro liberis erat, cum interea non satageret idem pater, qualis crescerem tibi aut quam castus essem, dummodo essem disertus vel desertus potius a cultura tua, deus, qui es unus verus et bonus dominus agri tui, cordis mei (conf. 2,3,5).
Nicht nur der Grammatikunterricht entfernt Augustin von Gott.242 In dem zitierten Abschnitt wird derselbe Sachverhalt auch für die Unterweisung beim Rhetor konstatiert. Augustin bringt dies in einer Antithese zum Ausdruck, die durch die Paronomasie disertus vel desertus eine Akzentuierung erfährt: der sprachlichen Bildung als dem höchsten Ziel der rhetorischen Kultur der Spätantike steht das Verlassensein von Gott gegenüber. Die Unterweisung in den studia, quae honesta vocabantur, unter denen die Fächer der literarischen Bildung, also Grammatik, Dialektik und Rhetorik, zu verstehen sind, zielt Augustin zufolge allein auf die Betätigung vor Gericht, wo es durch Rechtsverdrehungen zu glänzen und Ruhm zu erwerben gilt (conf. 3,3,6). Im vierten Buch der confessiones bezeichnet Augustin sich mit Blick auf seine Zeit als Schüler und Dozent der Rhetorik als »Verführer« und »Verführter« und als »Betrogener« und »Betrüger« (conf. 4,1,1), um wenig später noch einmal kritisch über seine Lehrtätigkeit zu reflektieren:
241 conf. 1,19,30: Horum ego puer morum in limine iacebam miser, et huius harenae palaestra erat illa, ubi magis timebam barbarismum facere quam cavebam, si facerem, non facientibus invidere. 242 Vgl. oben, S. 118f.
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Docebam in illis annis artem rhetoricam et victoriosam loquacitatem victus cupiditate vendebam. Malebam tamen, domine, tu scis, bonos habere discipulos, sicut appellabantur boni, et eos sine dolo docebam dolos, non quibus contra caput innocentis agerent, sed aliquando pro capite nocentis (conf. 4,2,2).
Die Stelle zeigt, wie sehr Augustin darum bemüht war, den Pflichten des Lehramts zu genügen. Er wünschte sich, zumindest nach den Maßstäben der antiken Schule »gute Schüler« zu haben. Gerade indem er diese ganz traditionell und – aus dem Blickwinkel des überkommenen Systems – ohne Lug und Trug unterrichtete, brachte er ihnen Listen bei. Die Formulierung et eos sine dolo docebam dolos verweist auf die Internalisierung des zeitgenössischen Bildungssystems und seiner Zielsetzungen durch den Autor. Sie verhindert eine Beurteilung des eigenen Handelns nach allgemeingültigen moralischen Werten und erschwert die Abkehr von den alten Strukturen. Augustin mag seine Schüler in der Nachfolge Ciceros243 dazu angehalten haben, die bei ihm erworbenen Kenntnisse vor Gericht nur gegen Schuldige zur Anwendung zu bringen; die Art und Weise, wie er selbst gegen den Mißbrauch der Rhetorik in den confessiones polemisiert, zeigt jedoch, daß sein Anliegen ohne Erfolg geblieben ist. Zu sehen ist also, daß die rhetorische Schulung mit ihrer gesellschaftlichen Bedeutung zur Zeit Augustins ein System verkörpert, das alle Beteiligten in einem festen Rahmen einschließt, der selbst dann, wenn einzelne ihn zu durchbrechen oder zu humanisieren versuchen, durch den regulierenden Einfluß der übrigen Gesellschaftsmitglieder unverändert Bestand hat.244 Augustin hat am Ende seines Bekehrungsweges die gesellschaftsprägenden Mechanismen des zeitgenössischen Bildungssystems durchschaut. Für seine eigene Person hat er es abgelehnt, seine Tätigkeit als Rhetorikprofessor fortzusetzen. Eine Erneuerung der Schule von »innen her«245, wie Luigi Alfonsi sie annimmt, ist für Augustin jedoch allenfalls ein theoretisches Konstrukt geblieben, wie der Rückzug aus dem Lehrberuf beweist: Im neunten Buch der confessiones berichtet Augustin davon, den Entschluß gefaßt zu haben, den »Dienst [s]einer Zunge zurückzuziehen vom Markte der Geschwätzigkeit«246, um der Jugend nicht länger die Möglichkeit zu
243 Vgl. O’Donnell, Confessions Vol. 2, S. 207, der auf die Stelle CIC. off. 2,51 verweist. 244 Schon der Rhetor Agamemnon erklärt PETRON. 4f., daß auch diejenigen unter den Redelehrern, die etwas an der Ausbildung verbessern möchten, vor den Bedürfnissen der Eltern und Schüler kapitulieren müssen (vgl. Dörrie, Ziel der Bildung, S. 14). 245 Alfonsi, S. 11 behauptet von Augustin, »daß er die traditionelle Schule in ihrer äußeren Gestalt annimmt, indem er sie von innen her erneuert, sie mit einer neuen Verantwortung ausstattet, indem er Verständnis aufbringt für die von ihr geforderte Anstrengung, und schließlich indem er in der dort üblichen Lektüre wesentliche Inhalte entdeckt.« 246 Übersetzung nach Bernhart, S. 425.
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bieten, die Waffen für ihr Toben aus seinem Mund zu kaufen.247 Als Bischof fürchtet Augustin sich außerdem vor der Kritik, nach dem Bekehrungserlebnis im August 386 noch bis zu den Weinleseferien auf dem »Katheder für Lug und Trug«248 gesessen zu haben, ehe er im November den Mailändern auftrug, sich nach einem anderen »Worthändler« für ihre Schüler umzusehen.249 Bei aller Kritik, die Augustin in den confessiones am traditionellen Unterricht übt, ist zu berücksichtigen, daß er die Rhetorik nicht grundsätzlich ablehnt, sondern sich gegen die Art und Weise ihres Gebrauchs, wie er sie am Beispiel seiner eigenen Person beschrieben hat, ausspricht und die in der Schule unterschwellig vermittelten Wertvorstellungen, die Tornau als »hidden curriculum«250 bezeichnet, verurteilt. Seine im Grunde neutrale Position gegenüber einer rhetorisierten Sprache geht am deutlichsten aus der im fünften Buch beschriebenen Begegnung mit Faustus von Mileve hervor, bei dem es sich um einen Bischof der Manichäer handelt, deren Sekte Augustin von 373 bis 383 angehörte.251 Augustin berichtet, er habe neun Jahre lang die Ankunft des Faustus erwartet, von dem er sich Antworten auf Fragen der Schöpfung und des Glaubens erhoffte.252 In den confessiones wird Faustus zwar zugestanden, die Sache der Manichäer sprachlich überaus angenehm vertreten zu haben;253 diese Fähigkeit wird vom Autor jedoch ausdrücklich als irrelevant für die Vermittlung wahrer Sachverhalte erklärt. Sed quid ad meam sitim pretiosiorum poculorum decentissimus ministrator? Iam rebus talibus satiatae erant aures meae, nec ideo mihi meliora videbantur, quia melius dicebantur, nec ideo vera, quia diserta, nec ideo sapiens anima, quia vultus congruus et decorum eloquium (conf. 5,6,10).
Augustin läßt sich schon im Jahre 383 nicht mehr von der sprachlichen Eleganz des Faustus täuschen. Er hat sich bereits zu diesem Zeitpunkt ein Stück weit aus dem oben beschriebenen Rahmen gesellschaftlicher Nor247 conf. 9,2,2: Et placuit mihi in conspectu tuo non tumultuose abripere, sed leniter subtrahere ministerium linguae meae nundinis loquacitatis, ne ulterius pueri meditantes non legem tuam, non pacem tuam, sed insanias mendaces et bella forensia mercarentur ex ore meo arma furori suo. 248 conf. 9,2,4: Pecasse me in hoc quisquam servorum tuorum, fratum meorum, dixerit, quod iam pleno corde militia tua passus me fuerim vel una hora sedere in cathedra mendacii. 249 conf. 9,5,13: Renuntiavi peractis vindemialibus, ut scholasticis suis Mediolanenses venditorem verborum alium providerent, quod et tibi ego servire delegissem et illi professioni prae difficultate spirandi ac dolore pectoris non sufficerem. 250 Vgl. oben, S. 54 m. Anm. 50. 251 Vgl. O’Donnell, Confessions Vol. 2, S. 297. 252 Vgl. conf. 5,6,10. 253 Ebd.: Ergo ubi venit, expertus sum hominem gratum et iucundum verbis et ea ipsa, quae illi solent dicere, multo suavius garrientem.
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men, die allein von der grammatisch-rhetorischen Bildung bestimmt werden und nicht den Inhalt, sondern die Form in den Mittelpunkt stellen, befreit und unterscheidet sich dadurch von den übrigen Manichäern, denen Faustus schon deshalb klug und weise vorkommt, weil sie sich an seiner Sprache vergnügen.254 Der Autor weiß den Beifall, den er der Beredsamkeit des Faustus spendet, von der Wahrheitsfrage in den Dingen zu trennen, in die er damals einzudringen begehrte.255 Der Verfasser warnt zwar davor, beredsam vorgetragene Inhalte mit der Wahrheit gleichzusetzen; gleichzeitig aber ist er darum bemüht, bei seinen Lesern nicht den Eindruck zu erwecken, als lehne er die Rhetorik generell ab. Zu diesem Zweck läßt er eine Erklärung folgen, die Bezug nimmt auf die im 4. Jahrhundert heftig diskutierte Frage, wie Christen mit Sprache umzugehen haben: Sensi autem aliud genus hominum etiam veritatem habere suspectam et ei nolle adquiescere, si compto atque uberi sermone promeretur. Me autem iam docuerat deus meus miris et occultis modis, et propterea credo, quod tu me docueris, quoniam verum est, nec quisquam praeter te alius doctor est veri, ubicumque et undecumque claruerit. Iam ergo abs te didiceram nec eo debere videri aliquid verum dici, quia eloquenter dicitur, nec eo falsum, quia incomposite sonant signa labiorum; rursus nec ideo verum, quia impolite enuntiatur, nec ideo falsum, quia splendidus sermo est, sed perinde esse sapientiam et stultitiam, sicut sunt cibi utiles et inutiles, verbis autem ornatis et inornatis sicut vasis urbanis et rusticanis utrosque cibos posse ministrari (conf. 5,6,10).
Augustins Formulierung aliud genus hominum bezieht sich auf asketisch orientierte und bildungsfeindliche Vertreter innerhalb der Kirche,256 für deren Haltung sich aus der antiken Literatur Belege anführen lassen, die ganz mit der in den confessiones zu findenden Charakterisierung übereinstimmen. So wendet sich z.B. der Christ Octavius in dem gleichnamigen 254 conf. 5,6,10: Illi autem, qui eum mihi promittebant, non boni rerum existimatores erant, et ideo illis videbatur prudens et sapiens, quia delectabat eos loquens. 255 conf. 5,3,3: Iam venerat Carthaginem quidam Manichaeorum episcopus, Faustus nomine, magnus laqueus diaboli, et multi implicabantur in eo per inlecebram suaviloquentiae. Quam ego iam tametsi laudabam, discernebam tamen a veritate rerum, quarum discendarum avidus eram [...] 256 Ebenso Courcelle, Recherches, S. 42: »Il se contente d’allusions cinglantes à ses ennemis personnels, les chrétiens de sa connaissance [...]« O’Donnell, Confessions Vol. 2, S. 299 vertritt die Ansicht, daß Augustin mit den Worten aliud genus hominum auf die skeptischen Akademiker anspiele, zu deren Philosophie der Kirchenvater sich seit seiner Übersiedelung nach Rom im Jahre 383 hingezogen fühlte und deren Standpunkt der Forscher als Gegensatz zu dem der leichtgläubigen Manichäer verstanden wissen will. Gegen diese Vermutung ist darauf hinzuweisen, daß es Augustin nicht in erster Linie darum geht, Skepsis und Leichtgläubigkeit einander gegenüberzustellen. Zu kritisieren ist auch, daß die Akademiker den Wahrheitsgehalt gerade sprachlich anspruchsvoll formulierter Inhalte abgelehnt haben sollen, wofür es in den antiken Quellen keine Hinweise gibt.
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Dialog des Minucius Felix deswegen gegen die Rhetorik, weil der Sinn (ratio) einer Aussage um so einleuchtender hervortrete, je einfacher die Rede sei.257 Das angeführte Zitat beweist, daß Augustin selbst in den confessiones, die häufig als überaus bildungs- und rhetorikfeindlich beurteilt worden sind,258 im Unterschied zu strengen Asketen einen neutralen Standpunkt gegenüber der Rhetorik bezieht259 und dabei offenbar die Verwendung einer Kunstprosa ebenso wie den Gebrauch der Normalsprache akzeptiert. Dem Leser wird freilich nicht mitgeteilt, wie der Autor seine eigene literarische Tätigkeit in formaler Hinsicht zu gestalten beabsichtigt, so daß unklar bleibt, ob er eine rhetorisch stilisierte Sprache oder eine schlichte Diktion für sein eigenes Schreiben favorisiert. Beide Optionen werden vom Autor anerkannt, ohne daß conf. 5,6,10 ausdrücklich eine Selbsteinordnung vorgenommen würde. Dies hat in der modernen Forschung zu ganz unterschiedlichen Beurteilungen sowohl der theoretischen Haltung Augustins zur Sprache als auch ihrer praktischen Anwendung in den confessiones geführt. Es gilt daher zu klären, ob der Bischof in den »Bekenntnissen« überhaupt eine eindeutige Position für seine literarische Tätigkeit bestimmt und wie er das vorliegende Werk sprachlich gestaltet. Im dritten Buch wird von dem berühmten »Hortensius-Erlebnis« des Jahres 373 berichtet. Im Rhetorikunterricht ist Augustin auf den Protreptikos Ciceros gestoßen, der in ihm eine Hinwendung zur Philosophie als der Sehnsucht nach Weisheit und eine Abkehr von einer allein nach ästhetischliterarischen Kriterien bestimmten Weltanschauung bewirkt (conf. 3,4,7). Als Folge dieser Lektüre wendet Augustin sich an die Heilige Schrift, scheitert jedoch aus Gründen, die er aus der Sicht des Bischofs folgendermaßen kommentiert: Itaque institui animum intendere in scripturas sanctas et videre, quales essent. Et ecce video rem non compertam superbis neque nudatam pueris, sed incessu humilem, 257 MIN. FEL. 16,6. Vischer, S. 325 kommentiert die Haltung nicht näher bezeichneter kirchlicher Autoren folgendermaßen: »Sehr oft erklären sie, daß sich unter wohlgeformten Worten Lüge und Verdorbenheit verbergen. Sobald die Menschen die Wahrheit nicht kennten, seien sie gezwungen, sie durch schöne Worte zu ersetzen. Die kunstvolle Form ist darum von vornherein verdächtig, der Wahrheit entspricht vielmehr die schlichte Rede.« 258 Für Augustins angeblich negative Haltung gegenüber der Rhetorik in den confessiones vgl. Semple, S. 150 u. Burleigh, S. 339. Semple, S. 150 ist der Meinung, daß Augustin lieber durch seine Inhalte als durch seine Sprache überzeugen wolle. Diese Auffassung bringe er als »his new literary creed« an der Stelle conf. 5,6,10 zum Ausdruck. Sutherland, S. 143 betont, daß in der Forschung sehr häufig eine rhetorikfeindliche Haltung aus den confessiones herausgelesen worden sei: »But his eventual conversion did not, as has too often be assumed, imply a rejection of words, of eloquence.« Kopperschmidt, S. 360 spricht für die confessiones von einer »Diffamierung der Rhetorik«. Vgl. dazu Prestel, Rezeption, S. 11 m. Anm. 1. 259 So auch Mohrmann, Saint Augustine, S. 358, Sutherland, S. 144 u. Blümer, S. 77.
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successu excelsam et velatam mysteriis, et non eram ego talis, ut intrare in eam possem aut inclinare cervicem ad eius gressus. Non enim sicut modo loquor, ita sensi, cum attendi ad illam scripturam, sed visa est mihi indigna, quam Tullianae dignitati compararem. Tumor enim meus refugiebat modum eius et acies mea non penetrabat interiora eius. Verum autem illa erat, quae cresceret cum parvulis, sed ego dedignabar esse parvulus et turgidus fastu mihi grandis videbar (conf. 3,5,9).
Augustins Beurteilung der Bibel hat sich von 373 bis zur Niederschrift der confessiones völlig verändert. Sein Urteil fiel damals viel negativer aus, als es in den »Bekenntnissen« der Fall ist. Der Zugang zur Schrift blieb ihm aufgrund seines intellektuellen Hochmuts verschlossen, der sich gegen ihre im Vergleich mit Cicero als unwürdig empfundene sprachliche Form und Denktradition sträubte.260 Die scripturae sanctae werden als ein Gebäude mit niedrigem Eingang (incessu humilis) vorgestellt, womit auf zwei Eigenschaften verwiesen wird: zum einen auf die Demut (humilitas) dessen, der in sie einzudringen begehrt, und zu diesem Zweck seinen Nacken beugen und seinen Stolz (tumor) ablegen muß; zum anderen auf die äußere Form der Bibel. Die formale Einordnung der Heiligen Schrift, wie sie hier vorgenommen wird, stimmt mit derjenigen überein, die sich conf. 6,5,8 findet. Die Bibel wird als ein Werk beschrieben, das sich in gemeinverständlichen Worten und schlichtestem Ausdruck der Allgemeinheit darbietet und im Gegensatz zur traditionellen Literatursprache keine sozial-distinktive Funktion besitzt: […] verbis apertissimis et humillimo genere loquendi se cunctis praebens et exercens intentionem eorum, qui non sunt leves corde, ut exciperet omnes populari sinu [...] (conf. 6,5,8).
In den confessiones betont Augustin die schlichte formale Gestaltung der Heiligen Schrift.261 Inwiefern sie beim »Voranschreiten erhaben« ist, läßt 260 Feldmann, Sinn-Suche, S. 110f. zeigt, daß Augustin bei seiner Bibellektüre nicht nur von dem literarischen Stil der Bibel abgestoßen worden ist. Bei der Beschäftigung mit der Schrift seien zwei Traditionen aufeinandergestoßen, nämlich die lateinisch-griechische Sprach- und Denkstruktur, wie Augustin sie im Hortensius aufgenommen habe, und die israelisch-frühchristliche: »Die eine arbeitet mit scharfen Begriffen, baut logisch auf und arbeitet mit rationalen Folgerungen. Die jüdisch-christliche erzählt und berichtet von Erfahrungen, die Menschen in Jahrhunderten gemacht haben« (ebd., S. 111). Augustin vermag diese beiden Traditionen im Jahre 373 noch nicht in Einklang zu bringen. 261 Zu verweisen ist neben den bisher angeführten Stellen auch auf conf. 12,27,37: [...] In quibus adhuc parvulis animalibus, dum isto humillimo genere verborum tamquam materno sinu eorum gestatur infirmitas, salubriter aedificatur fides, qua certum habeant et teneant deum fecisse omnes naturas, quas eorum sensus mirabili varietate circumspicit. Quorum si quispiam quasi vilitatem dictorum aspernatus extra nutritorias cunas superba imbecillitate se extenderit, heu! cadet miser [...] u. conf. 12,30,41: Et scio tamen illas veras esse sententias. Exceptis carnalibus, de quibus quantum existimavi locutus sum – quos tamen bonae spei parvulos haec verba libri tui non territant alta humiliter et pauca copiose [...]
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sich an Augustins eigener Entwicklung ablesen, wie er sie im fünften Buch der confessiones beschreibt: Als Rhetorikprofessor in Mailand hört er die Predigten des Bischofs Ambrosius zunächst nur deswegen, um sich bei gleichzeitiger Verachtung der Inhalte an ihrer Sprache zu erfreuen.262 Diese Einstellung erfährt allmählich einen Wandel: Die allegorisch-mystische Auslegung einiger alttestamentlicher Texte durch Ambrosius trägt zur Lösung scheinbar unentwirrbarer Rätsel (aenigma) bei, vor die Augustin sich bei einer wörtlichen Interpretation gestellt sah.263 Genau diese Rätselhaftigkeit mancher Stellen in der Bibel macht den intellektuellen Reiz der Heiligen Schrift aus.264 Erst zu dem Zeitpunkt also, da Augustin in seinem Bibelverständnis voranschreitet, wird gewinnt die Heilige Schrift für ihn an Bedeutung. Trotz dieses Plädoyers für die sprachliche Form und den intellektuellen Gehalt der Bibel ist darauf hinzuweisen, daß Augustin mit der Aufwertung der sacrae litterae nicht zugleich eine Herabsetzung der traditionellen Sprach- und Denkstruktur, wie sie bei Cicero z.B. im Hortensius begegnet, verbindet. Zum Zeitpunkt der Niederschrift der confessiones hält Augustin die Bibel anders als noch im Jahre 373 für würdig, mit der Tulliana dignitas als dem Maßstab der klassischen Literatursprache verglichen zu werden. Eine Kritik an letzterer aber läßt sich daraus nicht ableiten. Hinzuweisen bleibt darauf, daß Augustin, der in den confessiones die schlichte Form der Bibel hervorhebt, auch nicht davon ausgeht, die formalen Besonderheiten der Heiligen Schrift auf der einen und Ciceros auf der anderen Seite gleichsetzen zu können. Beide besitzen ihre eigene Würde, ohne daß der Kirchenvater wie später in de doctrina christiana den Versuch unternähme, die Bibel formal dem traditionellen Literaturkanon als ebenbürtig an die Seite zu stellen bzw. ihre Überlegenheit gegenüber den Klassikern auch gemessen an deren Maßstäben zu erweisen.265 Auch die Stelle conf. 9,4,7 läßt sich nicht als Beleg dafür anführen, daß Augustin, der den Gebrauch der Rhetorik in den confessiones ganz allgemein akzeptiert, für seine eigene Person einer unrhetorischen Sprache den 262 conf. 5,13,23: Et studiose audiebam disputantem in populo, non intentione, qua debui, sed quasi explorans eius facundiam, utrum conveniret famae suae an maior minorve proflueret, quam praedicabatur, et verbis eius suspendebar intentus, rerum autem incuriosus et contemptor astabam et delectabar suavitate sermonis [...] 263 conf. 5,14,24: [...] maxime audito uno atque altero et saepius aenigmate soluto de scriptis veteribus, ubi, cum ad litteram acciperem, occidebar. Spiritaliter itaque plerisque illorum librorum locis expositis iam reprehendebam desperationem meam illam dumtaxat, qua credideram legem et prophetas detestantibus atque inridentibus resisti omnino non posse. 264 Dies bringt Augustin z.B. auch gen. ad litt. 1,20 p. 29 zum Ausdruck: Er teilt seinen Lesern mit, daß er nach besten Kräften auf mehrfache Weise das Buch Genesis ausgelegt und Stellen zu klären versucht habe, die, um den Geist zu schärfen, dunkel gehalten seien. 265 Vgl. dazu unten, S. 142–148.
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Vorzug einräumt. Der Autor berichtet von seinem Rückzug auf das Landgut des Verecundus in Cassiciacum und den dort betriebenen Wissenschaften, die in den Frühdialogen ihren Niederschlag gefunden haben.266 Auf eben diese Dialoge kommt Augustin zu sprechen, um dabei folgende Beurteilung vorzunehmen: Ibi quid egerim in litteris iam quidem servientibus tibi, sed adhuc superbiae scholam tamquam in pausatione anhelantibus testantur libri disputati cum praesentibus et cum ipso me solo coram te; quae autem cum absente Nebridio, testantur epistulae (conf. 9,4,7).
Zwar geht Augustin davon aus, daß bereits die Frühdialoge auf Gott ausgerichtet sind und diesem dienen; Kritik übt er allerdings daran, daß sie immer noch die »Schule des Hochmuts« atmen. Das Bild des Atmens während einer Pause (tamquam in pausatione) ist aus dem Bereich des Sports übernommen und in der Forschung folgendermaßen gedeutet worden: wie das laute Atmen der erschöpften Sportler, die sich in einem Wettkampf gegenüber gestanden haben, zu Beginn der Pause noch deutlich zu hören ist, so war auch der Stolz der Schule im Stil der Cassiciacum-Dialoge noch zu vernehmen.267 Die Stelle ist immer wieder in der Weise interpretiert worden, daß Augustins Kritik an der sprachlichen Gestaltung der Frühdialoge als Distanz gegenüber dem traditionellen literarischen System und damit gegenüber der Rhetorik aufzufassen sei.268 Ist die Stelle conf. 9,4,7 aber als literarische Selbsteinordnung zu verstehen, bei der Augustin sich implizit zu einem entgegengesetzten, womöglich sogar asketischen Modell bekennt, das er in den confessiones bereits zur Anwendung bringt? Eine genauere Betrachtung der hier zu behandelnden Stelle zeigt, wovon der Kirchenvater sich im neunten Buch der confessiones tatsächlich distanziert: In der Kritik an der superbiae schola darf keineswegs eine grundsätzliche Ablehnung jeder rhetorisch anspruchsvollen Gestaltung erblickt werden, wie sie für die traditionelle Literatur typisch ist. Dies ist schon deswegen abzulehnen, weil Augustin sich im ersten Buch der confessiones ausdrücklich nicht gegen die beim grammaticus vermittelten Worte wen266 Zu den Frühdialogen vgl. oben, S. 70–94. 267 Vgl. O’Donnell, Confessions Vol. 3, S. 85. O’Donnell verweist an derselben Stelle auf einen Unterschied im Stil der Frühschriften auf der einen und der confessiones, de civitate dei und der epistulae auf der anderen Seite: während Augustin in ersteren indirekt abhängige Aussagen in einem Verhältnis von 55 zu 1 im a.c.i. formuliere, statt sie in einem quod-Satz zum Ausdruck zu bringen, verändere sich das Verhältnis in letzteren auf eine Quote von 11,5 zu 1, um in den sermones sogar auf 2 zu 1 herabzusinken. Vgl. auch Mohrmann, Schriftsteller, S. 91, die sich wie O’Donnell auf Th. Dokkum: De constructionis analyticae vice accusativi cum infinitivo fungentis usu apud Augustinum. Snecae 1900, S. 67 bezieht. 268 Vgl. z.B. Balogh, S. 363.
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det269 und im fünften Buch einen neutralen Standpunkt gegenüber der Rhetorik bezieht.270 Der Akzent liegt an der vorliegenden Stelle deutlich auf der superbia, die in der übersteigerten formalen Gestaltung ihren Ausdruck findet, um bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Inhalte die Virtuosität des Autors zu erweisen. Das Prinzip des l’art pour l’art, das Auseinanderfallen von Form und Inhalt, wird von Augustin kritisiert, ohne daß damit eine Zurückweisung der Rhetorik verbunden wäre. Die persönliche Selbstüberhöhung in den Dialogen von Cassiciacum, die sowohl auf konkreten Aussagen als auch auf der Zurschaustellung inhaltsleerer Kunstfertigkeit beruht, führt ihn dazu, sich in den confessiones von den Anfängen seiner literarischen Tätigkeit zu distanzieren. Dies erscheint insofern gerechtfertigt, als vor allem für de ordine in der Tat ein beträchtliches Maß an Selbstinszenierung festgestellt werden konnte: denn obgleich Augustin sich in seinem Dialog von der traditionellen Schule distanziert, obgleich er die wahre Philosophie der Dichtkunst voranstellt und auch das Ideal der Übereinstimmung von Form und Inhalt philosophisch-theologischer Schriftstellerei propagiert,271 ist auch folgendes festgestellt worden: Der Autor sieht sich selbst an der Spitze einer hochintellektuellen Elite philosophischtheologisch interessierter Freunde und Bekannter, die er mit seinen Schriften zu erreichen und deren Anerkennung er sich in der Form schriftstellerischen Ruhmes zu sichern begehrt.272 Die Widmungspassage von de beata vita (beat. vit. 5) ist in der Forschung als Beispiel für den »leerlaufenden Kulturbetrieb«273 der Spätantike, wie er im Kapitel 2.1 dieser Arbeit vorgestellt und in diesem und im vorangehenden Kapitel anhand der confessiones behandelt worden ist, angeführt worden:274 Im Ton devot, konventionell in Form und Anlage, beladen mit traditionellen Topoi und Wendungen, repräsentiert dieses Stück Literatur eben jene Rhetorik, von der wir hier sprechen. Augustin verwendet alle sprachlichen Tricks, die imstande sind, die Begriffs- und Bedeutungslosigkeit dieses Abschnitts emotional zu überspielen. So fallen im lateinischen Text fast rituell zu nennende Beschwörungsformeln auf, die den Sprachduktus pathetisch erhöhen. Syntaktische Parallelen, Wortspiele, Stabreime, Endreime stilisieren diesen Text auf hohem affektivem Niveau, und ein Gipfelpunkt ist zweifellos erreicht, wo Augustin in seine Prosa eine ganz neue Kunstform einbringt: Erstmalig überhaupt in der lateinischen Prosa verwendet Augustin akzentuierende Rhythmen […] ›Nichts zu sagen zu haben – und es ausdrücken zu können‹, so
269 270 271 272 273 274
Vgl. oben, S. 124–126. Vgl. oben, S. 128-130. Vgl. oben, S. 70–94. Vgl. oben, S. 73–75. Schwarz-Kirchenbauer/Schwarz, S. 149. Ebd., S. 149f.
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hat Karl Kraus einmal die Kunst der Journalisten charakterisiert. Die überladene Sprachform der Widmung ruft Assoziationen solcher Art dem Leser ins Gedächtnis.
Augustins litterae atmen deshalb den »Stolz der Schule«, weil seine sprachlichen Fähigkeiten, die im Übermaß zur Anwendung kommen, zwar schon Gott dienen, aber noch nicht vollständig auf diesen ausgerichtet sind. Noch steht der Autor zu sehr im Vordergrund und droht den Blick auf den eigentlichen Gegenstand zu versperren. Die superbia als Charakteristikum des zeitgenössischen Kulturbetriebs steht der christlichen humilitas feindlich gegenüber. Stimmt mit dieser Interpretation die Aussage retract. prol. 3 überein, die in der Forschung in Bezug zu der Stelle conf. 9,4,7 gesetzt worden ist?275 Augustin kündigt an, auch die Frühschriften in die Durchsicht seiner Werke einbeziehen zu wollen. Für diese nimmt er folgende Charakterisierung vor:276 Nec illa sane praetereo quae cathecuminus iam, licet relicta spe quam terrenam gerebam, sed adhuc saecularium litterarum inflatus consuetudine scripsi […] (retract. prol. 3).
Zunächst sind Augustins Worte deshalb zu tadeln, weil sie ganz offensichtlich nicht mit seinem früheren Bekenntnis in den soliloquia (1,10,17) übereinstimmen. Als Augustin die Frühdialoge niederschreibt, mag er seinen weltlichen Ehrgeiz zwar bereits insofern abgelegt haben, als er nun nicht mehr als Rhetorikprofessor arbeitete; darauf aber, daß er als Literat Ansehen bei seinen Lesern gewinnen wollte, ist bereits hingewiesen worden und wird vom Autor in den soliloquia als das Streben nach den honores selbst bekannt.277 Es erscheint demnach nicht gerechtfertigt, an der vorliegenden Stelle, von dem Substantiv consuetudo ausgehend, eine Distanz gegenüber dem traditionellen literarischen System als der consuetudo veterum feststellen zu wollen.278 Entscheidende Bedeutung kommt hier dem prädikativ verwendeten inflatus zu. Das Wort bringt als stilkritischer Fachbegriff den Schwulst der Rede- oder Sprechweise zum Ausdruck,279 die nicht als typisch für die ganze traditionelle Literatur angesehen werden darf, sondern zumal für den Manierismus der zweiten Sophistik zur Zeit Augustins Gültigkeit besitzt. Wie an der Stelle conf. 9,4,7 ist also auch hier eine Kritik an der übertriebe275 S. 85. 276 277 278 279
Vgl. z.B. Balogh, S. 363, Bernhart, S. 887, Anm. 15 u. O’Donnell, Confessions Vol. 3, Vgl. zu dieser Stelle auch oben, S. 12, Anm. 13. Vgl. oben, S. 75 m. Anm. 26. Vgl. Eigler, lectiones vetustatis, S. 125. Vgl. dazu unten, S. 150, Anm. 352.
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nen sprachlichen Stilisierung zu beobachten, die keineswegs eine Ablehnung der traditionellen consuetudo aus dem Geist der Askese bedeutet. Die Richtigkeit dieser Interpretation wird durch Augustins Aussagen in der wenig später als die confessiones verfaßten Schrift de catechizandis rudibus bestätigt. An der Stelle catech. rud. 8,12 gibt der Autor dem Adressaten der Schrift, dem Diakon Deogratias aus Karthago, die Anweisung, wie er mit einem Katechumenen umzugehen habe, der liberalibus doctrinis excultus sei. Augustin geht hypothetisch davon aus, daß der Kandidat, der sich an Deogratias wendet, durch die Lektüre der Bibel oder kirchlicher Autoren dazu bewegt worden ist, sich der Kirche anzuschließen. Sei dies der Fall, so solle Deogratias die bisherige Lektüre seiner Schüler kommentieren: […] de his aliquid in principio loquaris, collaudans eos pro diversitate meritorum canonicae auctoritatis et exponentium sollertissimae diligentiae, maximeque commendans in scripturis canonicis admirandae altitudinis saluberrimam humilitatem, in illis autem pro sua cuiusque facultate aptum superbioribus et per hoc infirmioribus animis stilum sonantioris et quasi tornatioris eloquii (catech. rud. 8,12,3).
Deogratias soll bei den hochgebildeten Katechumenen vor allem auf den wohlklingenden und gleichsam gedrechselten Stil der kirchlichen Literaten verweisen, unter denen Autoren wie z.B. Minucius Felix, Cyprian und Laktanz zu verstehen sind. Augustin hält diese Kirchenschriftsteller für geeignet, die traditionell gebildeten Katechumenen durch ihre sprachlichstilistische Form zu begeistern. Daran ist zu erkennen, daß der Autor die traditionelle consuetudo keineswegs ablehnt, eine consuetudo, an die frühere Kirchenautoren sich auch dem Empfinden Augustins nach sehr eng angelehnt haben, wenn er ihnen Erfolg bei den Anhängern des überkommenen Literatursystems zutraut. Michael Mazzega behauptet, daß der liberalibus doctrinis excultus, von dem in catechizandis rudibus die Rede sei, sich aufgrund seines Bildungsstolzes nur ungern in den Fragen des Glaubens belehren lassen wolle. Er unterscheide sich damit von dem Leser des carmen paschale des Sedulius, der sich durch den »Stolz eines verfeinerten Geistes, der nur kunstvolle Werke lesen will [...]«,280 auszeichne. Gegen diesen Standpunkt ist einzuwenden, daß sich die superbia auch der wissenschaftlich Gebildeten in catechizandis rudibus nicht zuletzt in dem Stolz (superbioribus) auf die eigene literarische Bildung manifestiert. Erst diese Bildung macht es möglich, daß die betreffenden Katechumenen eine »Schwäche« für die genannten Kirchenschriftsteller entwickeln, von denen Hieronymus den Laktanz als quasi quidam fluvius eloquentiae Tullianae 280 Mazzega, S. 20. SEDUL. carm. pasch. 1,4 mahnt der Dichter seine Leser: nec quaeras opus hic codicis artificis.
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bezeichnet.281 Er genügte damit den literarischen Ansprüchen traditionell gebildeter Kreise, an deren Geschmack sich – so sind die Aussagen in de catechizandis rudibus zu verstehen – auch Augustin orientiert, wenn es für die Ausbreitung des christlichen Glaubens förderlich erscheint. Nicht nur für die Haltung, die Augustin in den confessiones gegenüber der Rhetorik einnimmt, lassen sich in der Forschung ganz unterschiedliche Meinungen feststellen. Auch die Beurteilung der Sprache und des Stils fallen so unterschiedlich aus, daß der Kirchenvater in die Nähe entweder der Bibel oder des traditionellen literarischen Systems gerückt wird. Mit Blick auf den Stil der »Bekenntnisse« vertritt Semple folgende Position:282 There is an austere paucity of ornament in the Confessions. His Latin seems to me skeletal in its compact articulation. I would enjoy it more, if it were clothed with flesh and humanity. It can indeed rise with his mood to a severe ecstasy. But on the whole it is, to my ear, unmusical and plain – the right instrument for one who wishes to influence us more by his thoughts than by his phrases, and to whom the matter is of paramount importance.
Ferrari verweist auf die oben zitierte Stelle conf. 6,5,8, an der die einfache sprachliche Form der Bibel hervorgehoben wird.283 Der Forscher erachtet die stilistische Eigenart der Heiligen Schrift, wie sie hier beschrieben wird, als mit derjenigen der confessiones vergleichbar: »Indeed, what Augustine wrote of the Holy Scriptures in his Confessions can well be applied to his work itself.«284 Den Auffassungen von Semple und Ferrari stehen die Meinungen von Eduard Norden, Christine Mohrmann und Bruna Pieri gegenüber. Norden spricht vom »Gottesstaat« und den »Bekenntnissen« als von »in mehr klassischem Stil und (soweit das möglich war) klassischer Sprache verfaßten, an die ganze gebildete Welt gerichteten großen Werke[n] [...]«285 Mohrmann ist der Ansicht, daß neben de civitate dei und den Briefen auch die confessiones in einer »sehr gepflegten Sprache abgefaßt«286 seien.287 Pieri schließlich hat für die confessiones den überwiegenden Gebrauch des genus temperatum herausgearbeitet.288 Dieser mittlere Redestil zeichnet sich durch 281 Vgl. HIER. epist. 58,10. 282 Semple, S. 150. 283 Vgl. oben, S. 131. 284 Ferrari, S. 175. 285 Norden, S. 621. 286 Mohrmann, Schriftsteller, S. 91. 287 So auch Luke, S. 339: »His great work De civitate dei, which was addressed to pagan critics who held Christianity responsible for the disintegration of the Roman empire, has a truly classical and literary character, and this is true of the Confessions as well, for the book, though looser in structure, is yet fully stylized and remarkable for its cadences and periods.« 288 Vgl. Pieri, S. 540 u. oben, S. 40.
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die vollkommene sprachliche Form unter Einsatz aller rhetorischen Mittel, besonders der Stilfiguren aus289 und ist von dem in den confessiones propagierten sermo humilis der Bibel klar zu unterscheiden. In der Tat ist mit Blick auf die Gestaltung der confessiones von einer künstlerischen Form der »Bekenntnisse« zu sprechen, die sich sowohl in dem bis heute heftig diskutierten Aufbau des Werkes als auch in seinem Stil manifestiert.290 Letzterer läßt sich keinesfalls in der Weise, wie Semple es tut, charakterisieren.291 Vielmehr ist trotz einer starken Beeinflussung durch die Sprache der Psalmen und einer eher parataktisch als hypotaktisch geprägten Satzstruktur, wie sie für de civitate dei typisch ist,292 davon auszugehen, daß Augustin mit der Fülle von Bildern […], mit lyrischen Partien [...], mit Allegorien, mit lebhaft geschilderten Einzelereignissen [...], mit hymnischen Einlagen [...], mit strophisch gebauten antithetischen Sätzen [...], einprägsamen Chiasmen und klassisch kurzen Formulierungen [...], mit den die Gedankenführung nach rückwärts und vorwärts meisterhaft skizzierenden Proömien, mit seinen durch anschauliche Plastizität sich auszeichnenden Deskriptionen seelischer Vorgänge [...], mit den komplizierte Gedankenentwicklungen auf engstem Raum rekapitulierenden Abschnitten [...]293
nicht einer asketisch orientierten Schreibweise zugeordnet werden kann, die sich bewußt und in aller Schärfe von der traditionellen Literatursprache abwendet und sich ihrer Stilmittel konsequent enthält. Als Fazit ist für die Analyse der confessiones festzuhalten, daß Augustin gegenüber der Aeneis als dem wichtigsten Gegenstand des traditionellen Schulunterrichts auf einer diskursiven Ebene eine limitische Struktur zu konstruieren versucht, sich aber dennoch in der Form von Zitaten und Anspielungen ihrer Inhalte bedient. Auch verurteilt der Kirchenvater die schwülstige Sprache seiner Frühdialoge, hält die Rhetorik an sich jedoch für neutral. In den confessiones kommt Augustin zwar nicht explizit auf seine eigene stilistisch-sprachliche Ausrichtung zu sprechen; sein Werk steht jedoch der traditionellen Literatursprache und ihren Ausdrucksformen sehr nahe. Angesichts dieser Ergebnisse kann nicht überraschen, daß die »Bekenntnisse« in der modernen Forschung oft als bildungs- und rhetorikfeindlich betrachtet worden sind294 und daß Augustin, zumal weil er trotz seiner Kri289 Vgl. Pollmann, Die christliche Bildung, S. 252, Anm. 109. Zum genus temperatum bzw. medium vgl. auch oben, S. 50. 290 Zur literarischen Einheit der confessiones vgl. Holzhausen, S. 519–536. 291 Vgl. dazu oben, S. 137. 292 Vgl. Feldmann, Confessiones, Sp. 1181. 293 Ebd., S. 1183. 294 Vgl. z.B. die Haltung Hagendahls oben, S. 30.
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tik an dem alten Schulstoff auf Vergil zurückgreift, eine widersprüchliche Haltung vorgeworfen worden ist.295 Anhand einer Stelle aus Catherine M. Chins Aufsatz läßt sich eben dieses Verständnis von der Position des Kirchenvaters veranschaulichen:296 The articulation of ›Christianity‹ and ›classicism‹ as distinct entities in contemporary scholarship is in some ways a historiographical reproduction of the opposition Augustine attempts to maintain, albeit unsuccessfully, in the Confessions. Much scholarly attention has been paid to this opposition; less has been paid to its failures.
Gegen Chin ist darauf hinzuweisen, daß Augustin keinesfalls »erfolglos« einen Gegensatz zwischen heidnischer und christlicher Antike zu schaffen sich bemüht, gleichsam als sei der Kirchenvater nicht dazu in der Lage gewesen, sich an seine theoretischen Forderungen zu halten. Gerade die Tatsache, daß die confessiones in der modernen Forschung als Höhepunkt der bildungsfeindlichen Haltung Augustins verstanden worden sind, beweist, welchen »Erfolg« Augustins Strategie in den »Bekenntnissen« gezeitigt hat. Der Autor stilisiert die Aeneislektüre zum abschreckenden exemplum, das nicht als Manifestation seiner grundsätzlichen Haltung gegenüber der heidnischen Dichtung aufgefaßt werden darf, sondern eher aus der Verantwortung des Bischofs resultiert, der sich der Möglichkeit einer falschen Beschäftigung mit der paganen Literatur bewußt ist. Augustins Standpunkt gegenüber der antiken Dichtung geht in den confessiones aus Vernunftgründen, die eine differenzierte Beurteilung nicht erlauben, über die eigentliche Position des Kirchenvaters hinaus, wie sie auch in diesem Werk auf der praktischen Ebene greifbar ist und im dritten Buch sogar ausdrücklich benannt wird.297 Augustin bleibt auch in den confessiones der alten Bildungswelt verpflichtet. Zwar zielt seine Kritik darauf ab, den traditionellen Schulbetrieb zu erschüttern, seine Inhalte als überaus gefährlich darzustellen und zumal der sozialen Bedeutung der E6>9:¾6 eine Absage zu erteilen. Andererseits setzen selbst die confessiones die traditionelle Bildung des Lesers an vielen Stellen voraus, wie die Passage conf. 2,5,11 verdeutlicht: Augustin führt in den Worten Nam et de quo dictum est vaecordi et nimis crudeli homine, quod gratuito potius malus atque crudelis erat ganz so, als wisse jeder, von wem die Rede sei, eine zunächst nicht weiter bestimmte Person ein, die der Leser offenbar an dem wenig später folgenden, aber nicht eingeleiteten
295 Vgl. oben, S. 30. 296 Chin, S. 182. 297 Vgl. oben, S. 119f. m. Anm. 216.
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Zitat aus Sallust erkennen soll, um erst am Ende des Kapitels den Namen Catilinas explizit zu nennen.298 Damit bedarf auch die These Christian Tornaus, wie sie oben vorgestellt worden ist,299 einer Korrektur. Es erscheint fraglich, ob ein traditionell gebildeter Rezipient der Schrift bei der Lektüre des Werkes »beträchtlich verunsichert«300 werden mußte. Die confessiones selbst stehen in einem intertextuellen Verhältnis zu dem alten Bildungskanon, auf den sie zurückgreifen und den sie auf diese Weise stützen, um so auch das Wissen ihrer Leser zu bestätigen. Die confessiones propagieren nicht eine Vernichtung der traditionellen Bildung, auch wenn sie sich gegen die soziale Bedeutung der E6>9:¾6 und die daraus resultierenden Verirrungen wie das Streben nach Ruhm und Ansehen aussprechen. Auf einer tieferen Ebene zeigen gerade die »Bekenntnisse«, daß eine Synthese von klassischer und christlicher Bildung möglich ist, ohne daß Augustin dies aus den genannten Gründen explizit formuliert. In der Forschung ist das, was der Autor in den confessiones tatsächlich ablehnt, bisher zu wenig herausgearbeitet worden. Das Augenmerk wurde zu sehr auf die polemische Haltung des Kirchenvaters gegenüber der Aeneislektüre und seinem Handeln als Schüler und Lehrer der Rhetorik gerichtet. Daß der Autor gerade dies beabsichtigt hat, erscheint angesichts der Tatsache, daß sein Werk zunächst an seine Mitbrüder gerichtet war,301 als wahrscheinlich. Auch sein neutrales Verhältnis gegenüber der Rhetorik und das Vorgehen, sich nicht ausdrücklich zu einer sprachlich anspruchsvollen Gestaltung seines Werkes zu bekennen, die er de facto jedoch zur Anwendung bringt, weisen darauf hin, daß ihm daran gelegen ist, rhetorik- und bildungskritische Kreise nicht gegen sich aufzubringen.
298 O’Donnell, Confessions Vol. 2, S. 134: »The postponement of the name clearly expects the reader to identify the familiar villain from the words of allusive quotation presented.« 299 Vgl. oben, S. 115. 300 Tornau, S. 332. 301 Grasmück, S. XXVI: »So sind die ›Bekenntnisse‹ wohl zunächst für jene gebildete Elite, die Geistesmänner (viri spirituales) gedacht, die ihr Leben asketisch verstehen und als Diener Gottes (servi dei) gestalten wollten.« Zum Adressatenkreis, der Gott ebenso wie das ganze Menschengeschlecht umfaßt, vgl. die Stellen conf. 2,3,5; 5,10,20; 9,12,33; 9,13,37 u. 10,4,5f. Vgl. auch Feldmann, Confessiones, Sp. 1176f.
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3.4 Die Schrift de doctrina christiana – Buch 4 (426/427) Im vierten Buch von de doctrina christiana kommt Augustin auf den modus proferendi als den zweiten Teil der tractatio scripturarum zu sprechen.302 Er gibt Anweisungen, wie der Prediger die bei der Bibelexegese gewonnenen Erkenntnisse an seine Hörerschaft weitergeben soll. Augustin entwickelt ein Konzept christlicher Rhetorik, das es unter Berücksichtigung zweier Fragen zu untersuchen gilt: In welchem Verhältnis steht Augustins Modell zum traditionellen literarischen System, wie es im zweiten Kapitel dieser Arbeit vorgestellt worden ist,303 und auf welche Weise versucht der Kirchenvater, mit seiner Haltung auch den bildungs- und rhetorikfeindlichen Kreisen innerhalb der Kirche gerecht zu werden? Im Gegensatz zu bisherigen Untersuchungen soll dabei auf Augustins Ringen zwischen diesen beiden Polen304 besonderes Augenmerk gelegt werden. Zu Beginn des Buches dämpft der Autor die Erwartungen seiner Leser, die der Meinung sind, er werde rhetorica praecepta vermitteln und ihnen ein theoretisches Regelwerk, eine ars grammatica, an die Hand geben (doctr. christ. 4,1,2). Augustin spricht der theoretischen Unterweisung zwar nicht jeden Nutzen ab, betont aber, daß eine solche von ihm weder in dem vorliegenden noch in einem anderen Werk erwartet werden dürfe. Von seiner Vergangenheit als Grammatik- und Rhetoriklehrer rückt der Verfasser damit zumindest auf der diskursiven Ebene deutlich ab.305 Aus der relativ ablehnenden Position gegenüber der Rhetorik als einer schulmäßig vermittelten Kunstlehre ergibt sich für Augustin jedoch keine Zurückweisung der praktischen Anwendung der ars rhetorica, die in der eloquentia ihren Ausdruck findet.306 Rhetorik, verstanden als die Fähigkeit, beredt zu sprechen, wird von Augustin in de doctrina christiana als neutral beurteilt (in medio posita facultas eloquii, doctr. christ. 4,2,3).307 Sie läßt sich zu guten und bösen Zwecken verwenden. Anders als in den »Bekennt302 Zu den Formulierungen modus proferendi und tractatio scripturarum vgl. doctr. christ. 1,1,1 u. 4,1,1. 303 Vgl. oben, S. 47–54. 304 Zu den beiden Koordinaten, zwischen denen Augustins Haltung sich bewegt, vgl. auch Oberhelman, S. 126, Eigler, La missione di trasmissione, S. 186 u. Klein, Stellenwert der heidnischen Literatur, S. 102f. 305 Foster, S. 464: »In fact, the early paragraphs of DDC IV can be read more as a praeteritio than as a refutatio of the ars rhetorica as it was traditionally understood.« 306 doctr. christ. 4,3,4: Sed quaecumque sunt de hac re observationes atque praecepta, quibus cum accedit in verbis plurimis ornamentisque verborum linguae solertissima consuetudo, fit illa quae facundia vel eloquentia nominatur, extra istas litteras nostras seposito ad hoc congruo temporis spatio apta et convenienti aetate discenda sunt eis, qui hoc celeriter possunt. 307 Dieselbe Aussage findet sich schon an der Stelle doctr. christ. 2,31,48.
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nissen« fordert der Verfasser seine Leser zu Beginn von de doctrina christiana explizit dazu auf, die eloquentia als Waffe gegen diejenigen, die sie mißbrauchen, zur Anwendung zu bringen (doctr. christ. 4,2,3).308 Augustin zufolge soll die Beredsamkeit sowohl über die Nachahmung geeigneter Vorbilder als auch über mündliche und schriftliche Übungen erworben werden (doctr. christ. 4,3,4).309 Der Kirchenvater unterscheidet sich damit von der traditionellen Schule, für die das Studium der eloquentia nicht nur auf imitatio und exercitatio, sondern auch auf theoretischem Unterricht, der ars, basierte.310 Augustin lehnt freilich auch das theoretische Studium nicht vollständig ab.311 Die ars wird allerdings auf einen passenden Zeitraum (seposito ad hoc congruo temporis spatio) und eine bestimmte Altersgruppe (adolescentuli) beschränkt, deren Vertreter zudem in der Lage sein müssen, sich die Regeln schnell anzueignen (doctr. christ. 4,3,4). Kevane geht davon aus, daß die von Augustin geforderte imitatio als Weg zur eloquentia nur für ältere Priesteramtskandidaten gelte.312 Dagegen ist einzuwenden, daß Augustin den jungen Leuten zwar in der Tat die Möglichkeit einräumt, die eloquentia in der Rhetorenschule zu erwerben; selbst von diesen aber kommen nur diejenigen für den herkömmlichen Weg der Unterweisung in Frage, die noch durch keine andere Verpflichtung innerhalb der Kirche gebunden sind. Besondere Aufmerksamkeit ist der Begründung zu widmen, die Augustin für seinen Standpunkt anführt und die den Weg der imitatio als Ideal für alle Altersgruppen erweist: Quoniam si acutum et fervens adsit ingenium, facilius adhaeret eloquentia legentibus et audientibus eloquentes quam eloquentiae praecepta sectantibus [...] (doctr. christ. 4,3,4).
Eine noch größere Veränderung gegenüber dem gewohnten Schulunterricht bedeutet der Kanon, an dem die zukünftigen Prediger ihre Sprache orientieren sollen: Nicht mehr Cicero und Vergil gelten in de doctrina christiana als maßgebliche Vorbilder, sondern der Bibel, den Apokryphen313 und den 308 Zur Haltung in den confessiones vgl. oben, S. 126–130. 309 Prestel, Antike Rhetorik, S. 61 übersieht, daß Augustin die exercitatio durchaus empfiehlt. Zu weiteren Stellen, an denen die Bedeutung der exercitatio hervorgehoben wird, vgl. doctr. christ. 2,37,55 u. 4,11,50. 310 Vgl. Prestel, Antike Rhetorik, S. 61. 311 So auch Foster, S. 463. 312 Vgl. Kevane, Augustine’s de doctrina christiana, S. 120 u. Foster, S. 463. 313 doctr. christ. 4,3,4: [...] nec desunt ecclesiasticae litterae, etiam praeter canonem in auctoritatis arce salubriter conlocatum, quas legendo homo capax, etsi id non agat, sed tantummodo rebus, quae ibi dicuntur, intentus sit, etiam eloquio, quo dicuntur, dum in his versatur, imbuitur accedente vel maxime exercitatione sive scribendi sive dictandi, postremo etiam dicendi, quae secundum pietatis ac fidei regulam sentit.
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Kirchenschriftstellern,314 von denen Cyprian und Ambrosius namentlich genannt sind (doctr. christ. 4,21,45–50), wird diese Funktion zugewiesen. An die Stelle der klassischen Autoren treten nicht nur die ecclesiastici viri, von denen zumindest diejenigen des 4. Jahrhunderts sich ganz in den Bahnen des traditionellen rhetorischen Systems bewegten, so daß die lateinische Patristik dieser Zeit als klassizistisch-ciceronianische Epoche betrachtet werden kann;315 sogar die von vielen Christen und Heiden als formal minderwertig betrachtete Bibel316 verdrängt die bisherigen Ideale und macht ihre Lektüre, zumindest was die rhetorische Ausbildung anbelangt, überflüssig.317 Bevor Augustin diesen Gedanken fortführt, bestimmt er das Verhältnis von Weisheit (sapientia) und Beredsamkeit (eloquentia), um dabei eine klare Hierarchisierung vorzunehmen:318 Zwar kommt der Weisheit die größte Bedeutung zu, doch nützt sie weniger, wenn sie ohne Beredsamkeit vorgetragen wird. Die eloquentia ohne sapientia wird dagegen als völlig negativ betrachtet. Augustin wendet sich mit dieser Aussage gegen die zeitgenössische Rhetorik der zweiten Sophistik, die der Form größeres Gewicht als dem Inhalt beimaß.319 Zugleich bezieht er aber auch Position gegenüber bildungs- und rhetorikfeindlichen Gruppen innerhalb der Kirche, wie folgendes, an Lukrez orientiertes Bild320 belegt: Heilbringende Inhalte werden Augustin zufolge leichter rezipiert, wenn der Prediger sie beredsam vorträgt: Sed salubri suavitate vel suavi salubritate quid melius? (doctr. christ. 4,5,8). Augustin ist sich bewußt, wie befremdlich seine Empfehlung, sich an der eloquentia der Bibel zu orientieren, zumal auf klassisch gebildete Leser wirken mußte. An der Stelle doctr. christ. 4,6,9 nimmt er deshalb die Frage 314 doctr. christ. 4,5,8: Sunt ergo ecclesiastici viri, qui divina eloquia non solum sapienter, sed eloquenter etiam tractaverunt; quibus legendis magis non sufficit tempus, quam deesse ipsi studentibus et vacantibus possunt. 315 Vgl. Hagendahl, Tertullian, S. 54f. u. Studer, Schola christiana, S. 90–92. 316 Vgl. Sedlmayr, S. 110f. u. Brandenburg, S. 75f. Für weitere Stellen, die eine Ablehnung der Bibelsprache erkennen lassen, vgl. HIER. epist. 53,10: Nolo offendaris in scripturis sanctis simplicitate et quasi vilitate verborum, quae vel vitio interpretum vel de industria sic prolatae sunt, ut rusticam contionem facilius instruerent et in una eademque sententia aliter doctus, aliter audiret indoctus. Vgl. auch CASSIOD. inst. 1,15 u. ISID. sent. 3,16 (vgl. Curtius, Europäische Literatur, S. 56). 317 Vgl. Simonetti, S. 531f. u. S. 535 u. MacCormack, S. 65f. 318 Augustin bezieht sich auch an dieser Stelle auf Cicero, der zu Beginn seiner Schrift de inventione (1,1) ausführt: Saepe et multum hoc mecum cogitavi, bonine an mali plus attulerit hominibus et civitatibus copia dicendi ac summum eloquentiae studium. Der Römer kommt zu dem Ergebnis, daß »wisdom is the necessary condition for oratory’s having a political benefit« (Foster, S. 466). 319 Vgl. Sutherland, S. 140 u. Adamik, S. 292. 320 Vgl. LUCR. 1,936–950 u. Simonetti, S. 535.
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vorweg, ob die Bibelautoren, die auctores nostri, nur als weise oder auch als beredt zu bezeichnen seien, und zwar nur, um seine frühere Einschätzung noch zu übertreffen: Sobald er die Schriftsteller der Bibel verstehe, könne ihm nicht nur nichts weiser, sondern auch nichts beredsamer erscheinen.321 Augustin bemüht sich, die These von der überragenden eloquentia der sacrae litterae in dem Abschnitt doctr. christ. 4,7,11–21 an Beispielen aus der Heiligen Schrift zu belegen. Stellen aus Paulus und Amos werden wie im Grammatikunterricht einer Stilanalyse unterzogen, so daß anhand des Römerbriefes eine Klimax sowie Kola, Kommata und eine Periode nachgewiesen und die dabei verwendeten Fachtermini schulmäßig erklärt werden. Augustin ist sich bewußt, wie sehr sein Vorgehen der Arbeit eines herkömmlichen Lehrers gleicht (doctr. christ. 4,7,11 u. 14),322 und dies, obwohl er sich zu Beginn des Buches vehement dagegen gewehrt hat, rhetorica praecepta zu vermitteln.323 Aus diesem Grund sieht er sich zu einer Rechtfertigung gezwungen, die beweist, daß es dem Autor darum geht, die Bibel gegenüber dem klassischen Literaturkanon aufzuwerten und den Standpunkt ihrer Kritiker zu entkräften: Die exemplarische Untersuchung der beiden Autoren Paulus und Amos verfolgt den Zweck, diejenigen, die sich aufgrund ihrer literarischen Bildung zu einer negativen Beurteilung des Bibelstils berechtigt sehen, mit ihren eigenen Waffen zu schlagen: die Heilige Schrift entbehrt nicht der Beredsamkeit; vielmehr verraten sich ihre vermeintlich hochgelehrten Kritiker gerade dadurch als unzulänglich gebildete Menschen, daß sie die nostri auctores für verachtenswert halten.324 Wenngleich für de doctrina christiana also eine Veränderung sowohl der Lehr- und Lernmethoden als auch des Bildungskanons, an dem sich der christliche Redner schulen soll, festzustellen ist, so wird dennoch keine Abkehr von den Maßstäben der traditionellen Rhetorik vollzogen, die ganz im Gegenteil von Augustin auch für die Beurteilung der Bibel und der Kirchenschriftsteller herangezogen werden. 321 doctr. christ. 4,6,9: Hic aliquis forsitan quaerit, utrum auctores nostri, quorum scripta divinitus inspirata canonem nobis saluberrima auctoritate fecerunt, sapientes tantummodo an eloquentes etiam nuncupandi sint. Quae quidem quaestio apud me ipsum et apud eos, qui mecum, quod dico, sentiunt, facillime solvitur. Nam ubi eos intellego, non solum nihil eis sapientius, verum etiam nihil eloquentius mihi videri potest. 322 Harrison, S. 218: »[...] he is more than tacitly aware that what he is doing might be perceived as a rather decadent selling-out to pagan critics and the over-refined sensibilities of an educated, cultured rhetor, in a manner which is inimical both to the aims, and the methods, of biblical writers.« 323 Vgl. oben, S. 141. 324 doctr. christ. 4,7,14: Sed male doctis hominibus respondendum fuit, qui nostros auctores contemnendos putant, non quia non habent, sed quia non ostentant, quam isti diligunt, eloquentiam.
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Der Autor weiß um die Brisanz seiner Feststellung, die ihm leicht den Vorwurf einbringen konnte, sich als Christ allzu sehr von der Rhetorik leiten zu lassen.325 Aus diesem Grund wiederholt er doctr. christ. 4,6,10 noch einmal seine Vorstellung von der stilistischen Qualität der Bibel, nimmt dabei allerdings folgende Präzisierung vor: Possem quidem, si vacaret, omnes virtutes et ornamenta eloquentiae, de quibus inflantur isti, qui linguam suam nostrorum auctorum linguae non magnitudine, sed tumore praeponunt, ostendere in istorum litteris sacris, quos nobis erudiendis et ab hoc saeculo pravo in beatum saeculum transferendis providentia divina providit. Sed non ipsa me plus quam dici potest in illa eloquentia delectant, quae sunt his viris cum oratoribus gentilium poetisve communia. Illud magis admiror et stupeo, quod ista nostra eloquentia ita usi sunt per alteram quandam eloquentiam suam, ut nec deesset eis nec emineret in eis, quia eam nec improbari ab illis nec ostentari oportebat; quorum alterum fieret, si vitaretur, alterum putari posset, si facile agnosceretur (doctr. christ. 4,6,10).
Die Passage gibt zu erkennen, daß die eloquentia der Heiligen Schrift sich in Augustins Augen in der Art und Weise, wie sie sich der Rhetorik, der eloquentia nostra,326 bedient, von dieser unterscheidet.327 Eben durch ihren spezifischen Gebrauch, dessen Ergebnis Augustin als per alteram quandam eloquentiam suam bezeichnet, ergibt sich für den Autor ein Bibelstil, der Schwulst (tumor) vermeidet und bei dem Form und Inhalt eine Einheit bilden. Wie schon in den confessiones328 wendet Augustin sich auch in de doctrina christiana in erster Linie gegen die Auswüchse der Rhetorik, wie sie vor allem für die Vertreter der zweiten Sophistik typisch waren, ohne sich gegen das traditionelle literarische System insgesamt zu wenden.329 Dies geht auch daraus hervor, daß Augustin zwar eine von Wortverschwendung geprägte Stelle in einem Brief Cyprians der Nüchternheit der christlichen Bildung gegenüberstellt, damit aber keine Ablehnung des mittleren und erhabenen Stils verbindet, wie folgende Überlegung beweist: Augustin behauptet, daß Cyprian nie wieder so schwülstig wie in dem betreffenden Brief gesprochen habe,330 führt später aber drei Stellen aus dem Werk dieses
325 Vgl. Harrison, S. 218. 326 Vgl. Foster, S. 485. 327 Ebd., Anm. 126: »On pagan rhetoric: vi 10 (30–31), where Augustine uses the expression per alteram quandam eloquentiam suam to mark a distinction only of use [...]« Vgl. auch Harrison, S. 220 u. Blümer, S. 68. 328 Zur Haltung in den confessiones vgl. oben, S. 128–130. 329 Vgl. Harrison, S. 220. 330 doctr. christ. 4,14,31: Est tale aliquid in epistola beatissimi Cypriani, quod ideo puto vel accidisse vel consulto factum esse, ut sciretur a posteris, quam linguam doctrinae christianae sanitas ab ista redundantia revocaverit et ad eloquentiam graviorem modestioremque restrinxerit, qualis in eius consequentibus litteris secure amatur, religiose appetitur, sed difficillime impletur.
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Autors an, um jeweils eines der drei genera dicendi in seinen Schriften nachzuweisen (doctr. christ. 4,21,45, 47 u. 49). Freilich läßt sich deswegen, weil das Verhältnis der Christen zur Rhetorik im 4. Jahrhundert nicht unbefangen war, auch in de doctrina christiana das Bestreben erkennen, gegenüber der Rhetorik überhaupt Distanz zu wahren:331 Dies ist schon daran deutlich geworden, daß der Kirchenvater die herkömmlichen Methoden zur Vermittlung rhetorischer Fähigkeiten um die ars reduziert und den traditionellen Literaturkanon durch ein christliches Textkorpus ersetzt.332 Augustin betont darüber hinaus, daß die Beredsamkeit der Bibel sich den Inhalten auf ganz natürliche Weise anschließe (doctr. christ. 4,5,10). Von Paulus z.B. werde sie keineswegs derart gebraucht, daß der Apostel bewußt und schulmäßig den Regeln der Beredsamkeit folge (doctr. christ. 4,7,11). Harrison weist darauf hin, daß sich selbst diese Argumentation auf klassische Rhetoren zurückführen lasse, die sie benutzt hätten, um sich gegenüber Anfeindungen von seiten rhetorikfeindlicher Philosophen zu legitimieren.333 Dies zeigt, daß Augustin auch dann, wenn er sich von dem traditionellen literarischen System abzusetzen bemüht, tief in diesem verwurzelt bleibt. In der modernen Forschung ist Augustins Versuch, die Bibel als rhetorisch zu erweisen, sehr kritisch beurteilt worden. Norden bezeichnet das Vorgehen des Kirchenvaters als »höchst eigenartige[s] Unternehmen«,334 weil von den biblischen Autoren überhaupt nur Paulus sinnvoll nach den Maßstäben der antiken Stilistik beurteilt werden könne.335 MacCormack geht selbst für die Beispiele, die Augustin aus Cyprian und Ambrosius anführt, um auch die Beredsamkeit der Kirchenschriftsteller zu belegen (doctr. christ. 4,21,45–50), davon aus, daß sie nicht dazu geeignet gewesen seien, einen heidnischen Leser zu überzeugen.336 Wenn Augustin sich trotzdem ganz bewußt für die rhetorische Qualität der Bibel ausspricht und den Bibelstil gegenüber der traditionellen Litera331 Vgl. dazu ausführlich unten, S. 153–159. 332 Vgl. oben, S. 142f. 333 Vgl. Harrison, S. 219. 334 Norden, S. 527. 335 Vgl. ebd., S. 528. 336 Dagegen ist einzuwenden, daß Laktanz (inst. 5,1,27) von einem traditionell gebildeten Kritiker Cyprians berichtet, der den Kirchenschriftsteller zwar wegen der von ihm behandelten Gegenstände kritisiert, ihm aber rhetorische Begabung (elegans ingenium) zuerkannt habe (vgl. Uthemann, S. 157f.). Augustins Bemühen, die Bibel der traditionellen Literatur als ebenbürtig an die Seite zu stellen, ist keineswegs als ein so ungewöhnliches Unternehmen zu betrachten, wie Nordens Urteil vermuten lassen könnte. Norden selbst führt Beispiele aus Philon, Flavius Josephus, Origenes, Eusebius und Hieronymus an, die verdeutlichen, daß der von Augustin in de doctrina christiana vertretene Standpunkt keine singuläre Erscheinung darstellt, sondern in einer langen Tradition steht.
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tursprache aufwertet, dann zeugt dies von der Macht, die das überkommene literarische System auch im Jahre 426/427 noch auf ihn auszuüben vermag:337 Obgleich die in de doctrina christiana eingenommene Position schon damals sowohl bei klassisch gebildeten Befürwortern der Rhetorik als auch bei ihren bildungsfeindlichen Gegnern auf Kritik gestoßen sein dürfte, bemüht Augustin sich, seinen Standpunkt durch eine philologische Beweisführung zu erhärten. Augustins Haltung gegenüber der Rhetorik ist jedoch Schwankungen ausgesetzt, die bis hin zu Widersprüchen reichen und darauf zurückzuführen sind, daß der Autor die auctores nostri einerseits in das alte System einzugliedern sich bemüht, der eloquentia andererseits aber nicht zuviel Bedeutung beimessen möchte: Die Bibel ist genauso rhetorisch wie die heidnische Literatur, verfügt aber über eine sich gleichsam natürlich und unbewußt einstellende Beredsamkeit, die nicht leicht zu erkennen ist. Mit Blick auf eine Stelle im zweiten Korintherbrief ist von der vermeintlich nicht leicht zu erkennenden Beredsamkeit der Bibel die Rede, die Augustin zufolge jedoch als großer Strom der eloquentia dahinfließt und sogar von demjenigen bemerkt wird, der schnarchend vor sich hinschläft.338 Simonetti versucht die überraschende Behauptung Augustins von der enormen Beredsamkeit der Heiligen Schrift durch die Annahme zu mildern, daß der Kirchenvater keineswegs der ganzen Bibel hohe rhetorische Qualität zuerkenne. Den Nachweis, daß in den ecclesiasticae litterae alle Elemente der klassischen Rhetorik zu finden seien, erbringe der Kirchenvater nur, um zu belegen, daß ihre Verfasser zwar in der Lage gewesen seien, sich in den Formen der traditionellen eloquentia zu artikulieren; diese Fähigkeit aber hätten sie aus Gründen der Demut ganz vereinzelt und zudem nur in Übereinstimmung mit den thematisierten Inhalten zur Anwendung gebracht, worin ihr besonderer Reiz liege.339 Gegen Simonetti ist darauf hinzuweisen, daß Augustin an keiner Stelle von de doctrina christiana zu erkennen gibt, seine Beurteilung des Bibelstils nur auf einige wenige Passagen aus der Heiligen Schrift zu beziehen. An der Stelle doctr. christ. 4,6,10 ist der Blick auf die Gesamtheit der scripturae sanctae gerichtet, von der Augustin behauptet, daß ihr die Beredsamkeit nicht fehle (ut nec deesset eis nec emineret in eis). Auch zwei weitere 337 Zur Macht des traditionellen Systems auf die christliche Literatur überhaupt vgl. Hagendahl, Tertullian, S. 52–54. 338 doctr. christ. 4,7,12: Quanta sapientia ista sint dicta, vigilantes vident. Quanto vero etiam eloquentiae cucurrerint flumine, et qui stertit, advertit. 339 Simonetti, S. 536: »Non gli [d.h. Augustin, Anm. d. Verf.] sfugge che solo saltuariamente quelle norme vi si trovano osservate [...] Agostino qui parla infatti di un’altera eloquentia degli scrittori biblici, in virtù della quale essi hanno fatto uso solo saltuario anche delle norme della retorica tradizionale.«
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Male wird bewußt der Eindruck erweckt, als ließen sich beliebig viele Beispiele für die biblische Beredsamkeit anführen. So konstatiert Augustin am Ende der Analyse des zweiten Paulustextes: Longum est cetera persequi vel in aliis sanctarum scripturarum locis ista monstrare. Quid, si etiam figuras locutionis, quae illa arte traduntur, in his saltem, quae de apostoli eloquio commemoravi, ostendere voluissem? (doctr. christ. 4,7,14).
An derselben Stelle weist Augustin den möglichen Einwand seiner Leser zurück, er habe Paulus deshalb ausgewählt, weil es sich bei ihm um das einzige Beispiel für die Beredsamkeit der Bibel handele.340 Um diese These zu widerlegen, beschäftigt der Autor sich im folgenden mit dem Text des Propheten Amos, um stellvertretend für alle prophetae auch dessen eloquentia zu erweisen.341 Zusammenfassend sagt Augustin doctr. christ. 4,7,21, ohne eine Einschränkung im Sinne Simonettis vorzunehmen: Quapropter et eloquentes quidem, non solum sapientes, canonicos nostros auctores doctoresque fateamur tali eloquentia, qualis personis eiusmodi congruebat.
Simonettis Deutung berücksichtigt zu wenig, daß Augustin der Bibel deshalb Beredsamkeit zuerkennt, um sie auch klassisch gebildeten Christen und heidnischen Kritikern annehmbar zu machen und ein alternatives Bildungsprogramm zu entwickeln, das dem alten in nichts nachstehen sollte. Dem Autor geht es darum, die Heilige Schrift als rhetorisch zu erweisen: in ihr sind, wie Augustin verdeutlicht, alle Stilarten enthalten; daß das genus humile dabei den größten Teil ausmacht, wird in de doctrina christiana gerade nicht betont.342 Daß der Kirchenvater es dennoch so gesehen hat,343 geht daraus hervor, daß Augustins Beurteilung der sprachlichen und stilistischen Qualitäten der Bibel in anderen Werken nicht so ausfällt, wie es für de doctrina christiana festgestellt werden kann:344 Bereits in de vera religione aus den Jahren 389 bis 391 wird die Heilige Schrift in stilistischer Hinsicht in derselben Weise 340 doctr. christ. 4,7,14: Sed forte quis putat, tamquam eloquentem nostrum elegisse me apostolum Paulum. 341 doctr. christ. 4,7,15–21. Daß Amos stellvertretend für alle Propheten behandelt wird, geht aus doctr. christ. 4,7,16 hervor. 342 Augustins These von der rhetorischen Kunstfertigkeit der Bibelautoren dient Vischer, S. 329f. zufolge dazu, eine Legitimation für die eigene stilistisch anspruchsvolle Predigtätigkeit zu gewinnen: »Es kommt nach Augustin einfach darauf an, das zu tun, was die biblischen Schriftsteller auch getan haben: man muß klar reden, aber doch die Anmut nicht verabscheuen, und muß je nach dem Zweck, den man verfolgt, den entsprechenden Stil wählen.« 343 Curtius, Europäische Literatur, S. 56: »Zwar hatten schon Hieronymus, Augustin, Cassiodor und Isidor auf sprachkünstlerische Entsprechungen zwischen der Bibel und dem heidnischen Schrifttum aufmerksam gemacht. Aber diese Männer standen doch der antiken Sprachkultur zu nahe, um die Kluft zwischen deren Maßstäben und dem Bibellatein zu übersehen.« 344 Zu den confessiones vgl. oben, S. 131f. m. Anm. 261.
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charakterisiert, wie es später auch in den enarrationes in psalmos (392– 420), im Brief 137 (412) und in de genesi ad litteram (401–414) der Fall ist: Sie bietet intellektuell anspruchsvolle Inhalte in einer einfachen Sprache dar, die allen Menschen zugänglich ist und anders als die traditionelle Literatursprache nicht nur eine Bildungsoberschicht erreicht:345 Audiamus itaque scripturam, humiliter excelsa dicentem, cum et parvulis nutriendis sumenda porrigit, et maioribus exercendis perscrutanda proponit (in psalm. 105,35).
Die entscheidende Formulierung für die Bezeichnung der Stilebene der Heiligen Schrift ist bei Augustin diejenige der humilitas.346 Sie findet sich explizit oder implizit in jeder der angeführten Stellen. Auerbach hat gezeigt, daß sich mit diesem Begriff drei Gedankengruppen verbinden, von denen hier diejenige am wichtigsten ist, die sich auf die humilitas des Bibelstils bezieht.347 Angesichts der ablehnenden Haltung, die gebildete Heiden und Christen diesem gegenüber zum Ausdruck brachten, bezieht Augustin in den genannten Werken wie viele christlich-spätantike Schriftsteller vor und nach ihm eine Verteidigungsposition, bei der er die Niedrigkeit und Demut des Stils ganz bewußt anerkennt und einen erhabenen Gegenstand mit ihr verbindet.348 Selbst in de doctrina christiana bleibt Augustin dieser Charakterisierung des Bibelstils treu, den er hier folgendermaßen beschreibt:
345 Die übrigen Stellen lauten: vera relig. 99: [...] quid prosit tanta loquendi humilitas [...]; epist. 137,5,18: Modus autem ipse dicendi, quo sancta scriptura contexitur, quam omnibus accessibilis, quamvis paucissimis penetrabilis! Ea, quae aperta continet, quasi amicus familiaris sine fuco ad cor loquitur indoctorum atque doctorum; ea vero, quae in mysteriis occultat, nec ipsa eloquio superbo erigit, quo non audeat accedere mens tardiuscula et inerudita quasi pauper ad divitem, sed invitat omnes humili sermone, quos non solum manifesta pascat, sed etiam secreta exerceat veritate hoc in promptis quod in reconditis habens; gen. ad litt. 1,20 p. 29: Sed cum tam multis exitibus verba scripturae, quae tractavimus, exponantur, cohibeant se tandem, qui litteris inflati saecularibus haec ita posita, ut omnia pia corda nutriant, velut inperitum atque inpolitum aliquid exagitant, sine pennis in terra reptantes et volaturarum avium nidos inridentes. 346 Zur Bedeutung von humilitas und humilis als stiltheoretischen Begriffen vgl. CIC. orat. 76: Cicero zeichnet hier das Bild des attischen Redners, der sich dadurch auszeichnet, daß er einfach (summissus) und schlicht (humilis) ist, consuetudinem imitans [...] Vgl. auch CIC. orat. 196: Quos autem numeros cum quibus, tamquam purpuram, misceri oporteat, nunc dicendum est, atque etiam quibus orationis generibus sint quique accomodatissimi. Iambus enim frequentissimus est in iis, quae demisso atque humili sermone dicuntur [...]; QUINT. inst. 2,4,9; 6,3,28, 8,3,18 u. 11,1,6; SERV. Aen. 1,118 u. 8,456. Vgl. auch Gudeman, S. 312, der von humilis als dem Gegensatz von sublimis, magnificus und grandis spricht. Zu weiteren Stellen für humilis vgl. ThlL VI 3, 3108,73–3109,72. 347 Für die beiden anderen Gedankengruppen vgl. oben, S. 42. 348 Vgl. dazu Norden, S. 521–525, der zahlreiche Beispiele aus der Ost- und Westhälfte des Römischen Reiches für diese Argumentationsweise anführt. Vgl. außerdem Sedlmayr, S. 111, Hagendahl, Piscatorie et non Aristotelice, S. 187–189 u. ders., Tertullian, S. 54.
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[…] alios autem, quanto videtur humilior, tanto altius non ventositate, sed soliditate transcendit (doctr. christ. 4,6,9).
In beinahe denselben Worten, wie sie de catechizandis rudibus 8,12 begegnen,349 verweist Augustin auch in de doctrina christiana auf die in formaler Hinsicht vermeintliche Schlichtheit der Bibel, der die »Festigkeit ihrer inhaltlichen Substanz«350 (soliditas)351 gegenübersteht, durch die sie sich von dem inhaltsleeren Schwulst (ventositas)352 weltlicher Autoren unterscheidet. Auffallend ist, daß Augustin die stilistische humilitas der Bibel in de doctrina christiana viel weniger akzentuiert, als dies sonst der Fall ist. Eine Begründung für diesen Sachverhalt ist darin zu sehen, daß der Kirchenvater die Bibel gegenüber ihren Gegnern durch die Einordnung in das traditionelle Rhetoriksystem aufzuwerten versucht, was aber mit der grundlegenden Überzeugung von der stilistischen humilitas der Heiligen Schrift nicht zu vereinbaren ist. Das bei Augustin für gewöhnlich zu beobachtende Eingeständnis, daß die Bibel sich einer schlichten Sprache und eines schlichten Stils bedient, kollidiert in de doctrina christiana mit dem Bemühen, die Heilige Schrift rhetorisch aufzuwerten, um sie auf diese Weise auch gebildeten Lesern annehmbar zu machen.353 Augustins kompliziertes Verhältnis zur biblischen eloquentia, wie es für de doctrina christiana festzustellen ist, hat in der Forschung zu unterschiedlichen Einschätzungen darüber geführt, welche Art der Beredsamkeit der Kirchenvater den Predigern in seinem Werk empfiehlt. Aus Simonettis Feststellung kann nur gefolgert werden, daß der Kirchenvater gerade die in weiten Teilen schlichte Form der Bibel, den sermo humilis, als zu imitierendes Vorbild für den christlichen Prediger ansieht, wie es zumal von
349 Vgl. das Zitat oben, S. 136. 350 Übersetzung nach Pollmann, Die christliche Bildung, S. 156. 351 Die Bedeutung des Substantivs soliditas bzw. des dazugehörigen Adjektivs solidus läßt sich gut an der Stelle CIC. de orat. 3,103 erkennen. In Ciceros Dialog führt der Gesprächspartner Crassus aus, daß ein Redner so geartet sein solle, daß er eine strenge (austeram) und gediegene (solidam), nicht süßliche (dulcem) und abgeschmackte (decoctam) Anziehungskraft (suavitatem) besitze. Das Wort solidus steht Piderit, S. 447 zufolge im Gegensatz zu einer »Geziertheit, hinter der nichts ist [...]« Das Adjektiv bezeichnet eine »wirkliche Anmut, die auf innerer Gediegenheit beruht, nichts Gemachtes ohne inneren Gehalt« (ebd.). Der Gegensatz zu solidus findet sich bei Augustin mit inflatus ausgedrückt: Maxime autem isti docendi sunt scripturas audire divinas, ne sordeat eis solidum eloquium, quia non est inflatum [...] (catech. rud. 9,13). 352 Im Stil ventosus zu sein bedeutet dasselbe, wie sich inflatus oder tumidus zu zeigen. Gemeint ist die zu starke Betonung der formalen Gestaltung, die den Inhalt unberücksichtigt läßt. 353 Howe, S. 228: »So tritt dann bei Augustinus das Deutungsmodell einer vermeintlich bewußten ›stilistischen Demut‹ der biblischen Autoren hinter dem Ziel der Schrift »Über die christliche Wissenschaft« zurück, in welcher er nicht nur den Versuch unternahm, exemplarisch Elemente antiker Stilistik auch für die paulinischen Schriften und den Propheten Amos nachzuweisen, sondern die Bibel als Ganze in das Zentrum eines christlichen Bildungsprogramms zu stellen.«
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Auerbach behauptet worden ist.354 Auch Foster geht davon aus, daß Augustin sich für die imitatio der diligens neglegentia ausspreche.355 Hill geht sogar so weit zu behaupten, daß Augustin in de doctrina christiana das Verbot ausspreche, im erhabenen Stil zu predigen.356 Die Beantwortung der Frage, wie Augustin die Beredsamkeit der Bibel einschätzt und welche eloquentia er für die christlichen Prediger vorsieht, wird dadurch erschwert, daß der Kirchenvater nicht nur die Bibelautoren als nachzuahmende exempla betrachtet,357 sondern den Predigern auch die Lektüre der Kirchenschriftsteller ans Herz legt.358 Augustin empfiehlt also eine eloquentia, die er gleichermaßen in der Bibel und in den Schriften der ecclesiastici viri verwirklicht sieht, und dies, obgleich er in de catechizandis rudibus selbst auf den Gegensatz in der stilistischen Gestaltung der scripturae canonicae auf der einen und der utiles tractatores auf der anderen Seite verweist: Während er den kanonischen Schriften einen Inhalt von bewundernswerter Tiefe in einem bescheidenen Stil zuerkennt, spricht er mit Blick auf nicht näher genannte Kirchenschriftsteller von einem wohlklingenden, gleichsam gedrechselten Sprachstil, der selbst den Geschmack klassisch gebildeter Taufbewerber gerecht zu werden vermag.359 Augustin erteilt dem christlichen Prediger keineswegs den Rat, sich allein oder vornehmlich des sermo humilis zu bedienen, ja die diligens neglegentia, die Cicero orat. 78 mit dem genus submissum gleichsetzt, muß nur dann notwendig zur Anwendung kommen, wenn die vorgetragenen Inhalte aufgrund ihres Schwierigkeitsgrades in einer anderen Weise überhaupt nicht verstanden weren können.360 Zwar spricht Augustin doctr. christ. 4,11,26 denjenigen seine Hochachtung aus, die den Lehrstoff sogar dann, wenn er nachlässig und ungepflegt vorgetragen wird, kennenlernen wollen. Augustin ist jedoch Realist genug, um die Bedürfnisse der Rezipienten
354 Zur Position Auerbachs vgl. oben, S. 39f. u. S. 42. 355 Vgl. Foster, S. 487f. 356 Hill, St Augustine’s theory, S. 596: »It is the manner of exposition that must be adapted to the capacity of the hearers. That is why Augustine forbore to preach in the grand style.« 357 Zu beachten ist die Einschränkung, die Augustin doctr. christ. 4,8,22 vornimmt: Sed nos etsi de litteris eorum, quae sine difficultate intelleguntur, nonnulla sumimus elocutionis exempla, nequaquam tamen putare debemus imitandos nobis eos esse in his, quae ad exercendas et elimandas quodammodo mentes legentium et ad rumpenda fastidia atque acuenda studia discere volentium, celandos quoque, sive ut ad pietatem convertantur, sive ut a mysteriis secludantur, animos impiorum, utili ac salubri obscuritate dixerunt. 358 Vgl. oben, S. 142f. m. Anm. 314. 359 Vgl. catech. rud. 8,12. Die Stelle ist oben, S. 136 zitiert. 360 doctr. christ. 4,10,24: Cuius evidentiae diligens appetitus aliquando neglegit verba cultiora nec curat, quid bene sonet, sed quid bene indicet atque intimet, quod ostendere intendit. Unde ait quidam, cum de genere tali elocutionis ageret, esse in ea quandam diligentem neglegentiam. Augustin bezieht sich auf CIC. orat. 78.
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nicht außer acht zu lassen: Der christliche Prediger muß für die »Würze« in seinen Vorträgen sorgen, um seine Zuhörer zu erreichen: Sed quoniam inter se habent nonnullam similitudinem vescentes atque discentes, propter fastidia plurimorum, etiam ipsa, sine quibus vivi non potest, alimenta condienda sunt (doctr. christ. 4,11,26).
Auch Regenbogen, Curtius und Dronke haben sich in ihren Rezensionen zu Auerbach gegen die Vorstellung von einem spezifischen sermo humilis bei Augustin gewandt. Sie alle führen als wichtigstes Argument gegen die Auffassung, daß Augustin nur den niedrigen Sprachstil für die christliche Predigt als geeignet betrachte, die Tatsache ins Feld, daß der Kirchenvater in de doctrina christiana sowohl für die Heilige Schrift als auch für die Kirchenschriftsteller das Vorhandensein aller drei genera dicendi nachweise.361 Ergänzend läßt sich hinzufügen, daß Montserrat Avilés auch in den Predigten des Bischofs alle drei Stilebenen herausgearbeitet hat,362 so daß die Annahme eines von Augustin für den christlichen Prediger ausschließlich empfohlenen sermo humilis zurückgewiesen werden kann. Die moderne Forschung berücksichtigt zu wenig, wie sehr Augustins Position gegenüber der traditionellen Rhetorik sich in de doctrina christiana zwischen Bejahung, Ablehnung und Modifikation bewegt,363 wie es zumal von Harrison hervorgehoben wird. Die Forscherin begründet Augustins Standpunkt in einer Art und Weise, der angesichts des schwierigen Verhältnisses vieler Christen zur traditionellen Bildung, wie es oben vorgestellt worden ist,364 nur zugestimmt werden kann:365 361 Vgl. Regenbogen, S. 21f., Curtius, Lehre von den drei Stilen, S. 65 u. Dronke, S. 363. 362 Vgl. Avilés, S. 394–409. 363 Wie sehr Augustin zwischen den beiden Polen des traditionellen literarischen Systems auf der einen und einer rhetorikkritischen Position auf der anderen Seite hin- und hergerissen wird, geht schließlich auch aus einer Stelle hervor, an der das Fehlen rhythmischer Satzklauseln im Bibeltext thematisiert wird (doctr. christ. 4,20,41): Augustin wagt nicht zu beurteilen, ob das Fehlen auf die Übersetzung der Heiligen Schrift ins Lateinische zurückgeführt werden müsse oder von den Bibelautoren bewußt angestrebt worden sei. Zwar favorisiert er die zweite Möglichkeit, um auf diese Weise von den Standards der traditionellen Rhetorik abzurücken. Interessant zu sehen ist aber, daß Augustin nur geringfügige Veränderungen am Bibeltext für notwendig erachtet, um auch hier Satzklauseln zu produzieren. Der Autor möchte auch an dieser Stelle den Nachweis erbringen, daß den Bibelautoren nichts von den Künsten fehlt, die seine Leser in den Schulen der Grammatiker und Rhetoren als etwas »Großes« gelernt haben. Die angestrebte Nähe zur Tradition, die hier greifbar wird, erfährt durch die Formulierung velut magna aber sofort eine Relativierung. Augustins vorsichtig abwägende Haltung prägt auch die folgenden Aussagen: Hieronymus, so der Verfasser, habe in bezug auf den hebräischen Bibeltext sogar die Metren gewisser Bibelautoren erwähnt, sie aber bei seiner Übersetzung unberücksichtigt gelassen. Der Kirchenvater bekennt schließlich, die Satzklauseln in seinen eigenen Schriften zu verwenden; ihr Fehlen in der Bibel hält er allerdings für gerechtfertigt. 364 Vgl. oben, S. 55–59. 365 Harrison, S. 217.
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[…] this probably has more to do with the unresolved tensions – even at this late stage, near the end of his life – within Augustine’s own person and mind, between his past, but still enduring, educational and intellectual formation, and his present identity as a Christian bishop.
Für den Rest des vierten Buches läßt sich die These von Augustins schwankender Haltung gegenüber der traditionellen Rhetorik erhärten, und zwar deshalb, weil nun im Gegensatz zu der anfangs positiven Beurteilung (Sed salubri suavitate vel suavi salubritate quid melius? doctr. christ. 4,5,8)366 eine deutliche Relativierung der eloquentia erfolgt, die aus der bildungsund rhetorikfeindlichen Position vieler Christen, die Augustin zu berücksichtigen hatte, resultiert. Dies soll im folgenden am Umgang des Kirchenvaters mit den officia oratoris, an seiner Rücksichtnahme auf die Belange der Adressaten und der Gegenüberstellung von copia dicendi und forma vivendi aufgezeigt werden. Nachdem die Verwendung einer »gewürzten« sprachlich-stilistischen Form doctr. christ. 4,11,11 mit der Trägheit der meisten Zuhörer begründet worden ist,367 rekurriert Augustin doctr. christ. 4,12,27 auf die von Cicero im orator (69) vorgenommene Definition des besten Redners,368 um auf diese Weise sein Zugeständis an die delectatio zu legitimieren: Dixit enim quidam eloquens, et verum dixit, ita dicere debere eloquentem, ut doceat, ut delectet, ut flectat. Deinde addidit: Docere necessitatis est, delectare suavitatis, flectere victoriae (doctr. christ. 4,12,27).
Der Rückgriff auf die officia oratoris, wie sie bei Cicero auch in der Schrift de optimo genere oratorum begegnen,369 rechtfertigt zwar das delectare, führt aber zu einer Einschränkung, wie die von Cicero abweichende Taxierung der drei Aufgaben des Redners beweist: Während Cicero de orat. 3,52 zwar die Verbindung von sapientia und eloquentia anstrebt, das eigentliche proprium des Redners jedoch in der formalen Gestaltung beliebiger Inhalte erblickt und damit dem docere gegenüber den beiden anderen officia nur eine untergeordnete Rolle zuerkennt,370 verhält es sich bei Augustin genau 366 Vgl. dazu oben, S. 143. 367 Derselbe Gedanke wird doctr. christ. 4,13,29 noch einmal wiederholt: Propter eos autem quibus fastidientibus non placet veritas, si alio quocumque modo, sed si eo modo dicatur, ut placeat et sermo dicentis, datus est in eloquentia non parvus etiam delectationi locus. 368 Hinzuweisen ist darauf, daß Augustin doctr. christ. 4,12,27 Ciceros probare in docere umändert. 369 opt. gen. 3: Optimus est enim orator, qui dicendo animos audientium et docet et delectat et permovet. Augustin hat wohl auch diese Stelle für seine Ausführungen doctr. christ. 4,12,27 herangezogen. Vgl. dazu Quadlbauer, S: 83 m. Anm. 16. 370 Vgl. Prestel, Antike Rhetorik, S. 62. Foster, S. 477, Anm. 75: »Although Cicero uses docere in other places, it is never the definitive task of the speaker even when he has to explain what a case involves (cf. Cicero, Opt. Gen. Or. i 3).«
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umgekehrt: anders als das delectare und flectere, die sich auf die Ausdrucksweise beziehen (doctr. christ. 4,12,27), ist das docere als inhaltliche Belehrung (doctr. christ. 4,12,27) immer notwendig und damit das wichtigste Ziel des christlichen Redners. Die beiden anderen officia können das docere unterstützen, sind aber nur gelegentlich vonnöten, da bereits das docere auch zum flectere oder zum delectare (doctr. christ. 4,12,28) führen kann. Augustin relativiert damit den Wert des delectare und des flectere, weist andererseits aber darauf hin, welche Bedeutung ihnen zukommt, so daß der christliche Prediger sie nicht vollkommen unberücksichtigt lassen darf (doctr. christ. 4,13,29). Wie sehr gerade das officium des delectare Augustin beschäftigt, geht daraus hervor, daß er doctr. christ. 4,14,30 noch einmal eine nur zum Ergötzen bestimmten Redeweise ablehnt und eine Beredsamkeit anklagt, »die um so schrecklicher ist, je reiner sie ist, und um so heftiger, je fester in ihren Aussagen!«371 Augustin spricht sich in de doctrina christiana für die Verwendung der Rhetorik aus, die zumal für solche Leute wichtig sei, die sich mit einer schlicht vorgetragenen Predigt nicht zufrieden geben. Er warnt aber davor, die Form über den Inhalt zu stellen und der delectatio zu große Bedeutung beizumessen. Im Mittelpunkt der Predigt steht die Wahrheit, der Augustin sogar das docere unterordnet (doctr. christ. 4,14,30). Nur im Idealfall allerdings besteht für die rhetorische Kunst im Rahmen der christlichen Predigt überhaupt keine Notwendigkeit.372 Das »Drei-officia-Ideal«373 wird von Augustin doctr. christ. 4,17,34 in Anlehnung an Cicero374 erweitert, wobei den drei Zielen des Redners jeweils drei Stil- und drei Stoffarten zugewiesen werden: Is erit igitur eloquens, qui, ut doceat, poterit parva submisse, ut delectet, modica temperate, ut flectat, magna granditer dicere (doctr. christ. 4,17,34).
Das von Cicero übernommene Ideal gilt nach Augustin nur für den profanen Redner in causis forensibus. Für den ecclesiasticus eloquens trifft die Bindung des Stils an den Stoff nicht zu, denn der christliche Redner bezieht alle seine Themen auf das ewige Heil der Menschen, so daß alles, was er sagt, dem Bereich der magna angehört (doctr. christ. 4,18,35).375 Trotzdem spricht er nicht immer granditer, sondern der Stil richtet sich anders als bei Cicero nach dem Ziel der Rede, d.h. danach, ob belehrt (docere), erfreut (delectare) oder erschüttert (flectere) werden soll (doctr. christ. 4,19,38). 371 O eloquentia tanto terribilior, quanto purior, et quanto solidior, tanto vehementior! Übersetzung nach Pollmann, Die christliche Bildung, S. 175. 372 So auch Swearingen, S. 182. 373 Quadlbauer, S. 81. 374 Vgl. ebd., S. 84. 375 Vgl. ebd., S. 84f.
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Die Unterschiede zwischen Cicero und Augustin gehen noch weiter: Während der ältere der beiden Autoren seinen Sprachstil nicht nur an dem zu behandelnden Gegenstand orientiert, sondern auch danach ausrichtet, wie das Publikum psychologisch angegangen werden soll, muß Augustin auch die Sprachkompetenz der Gottesdienstbesucher in Rechnung stellen, die den Normen des traditionellen Literatursystems bei weitem nicht immer gerecht wurde.376 Bereits doctr. christ. 4,8,22 stellt Augustin das Verständnis der Hörer für die vorgetragenen Inhalte über die sprachliche Gestaltung. Der christliche Prediger muß vor allem nach Klarheit (perspicuitas) streben und darf bei der Bibelexegese im Zweifelsfall allzu schwierige Stellen meiden. Sogar die puritas linguae, die Sprachrichtigkeit, darf aufgegeben werden, wenn dadurch das Verständnis der Zuhörer gesichert ist, die im übrigen nur in Wörtern angesprochen werden sollen, die für sie geeignet sind (doctr. christ. 4,10,24). Bereits im dritten Buch (doctr. christ. 3,1,1–3,4,8) vertritt Augustin die Meinung, daß um des klaren Verständnisses willen in vielen Fällen die Umgangssprache (loquendi consuetudo vulgaris) nützlicher sei als die an der traditionellen Literatursprache orientierte Sprachrichtigkeit (integritas litterata): Mallem quippe cum barbarismo dici: Non est absconditum at te ossum meum, quam ut ideo esset minus apertum, quia magis Latinum est (doctr. christ. 3,3,7).
Im zweiten Buch erwähnt Augustin, daß es bei der Übersetzung der Bibel ins Lateinische auch zur Übertragung von Redewendungen komme, die zumindest dann nicht in den Gebrauch der lateinischen Sprache übergehen könnten, wenn jemand die consuetudo veterum, qui Latine locuti sunt,377 bewahren wolle. Augustin gesteht ein, daß diese Redeweisen nur manchmal (aliquando) dem Verständnis keinen Abbruch tun, betont aber kritisch mit Blick auf die traditionell Gebildeten seiner Zeit, daß durch die fehlerhaften locutiones solche Menschen verletzt würden, die sich mehr an Dingen erfreuten, wenn auch in ihren Zeichen die integritas, die korrekte sprachliche Form, beachtet werde (doctr. christ. 2,13,19). Augustin definiert im folgenden, was unter einem Solözismus zu verstehen ist, wobei er den Akzent in derselben Weise wie bei der anschließenden Definition des Barbarismus darauf legt, daß es sich bei all diesen sprachlichen Regeln um die Gewohnheit fremder Zeiten handele und daß es in erster Linie auf das Verständnis der vorgetragenen Inhalte ankomme. Für die Erkenntnis einer Sache sei es, so Augustin gleichsam die Position Gregors vorweggreifend,378 z.B. unbe376 Vgl. dazu oben, S. 64–69. 377 doctr. christ. 2,13,19. 378 Vgl. oben, S. 65f.
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deutend, ob die Präposition inter mit Akkusativ oder Dativ konstruiert werde: Quid est ergo integritas locutionis, nisi alienae consuetudinis conservatio loquentium veterum auctoritate firmatae (doctr. christ. 2,13,19).
Auch einen Hebraismus, der sich in die lateinische Übersetzung des Bibeltextes einschleichen könne, beurteilt Augustin nicht als Hindernis, den Text zu verstehen. Selbst Fehler in der Morphologie hält er für unbedenklich, wenn die Inhalte verstanden werden: so sei z.B. in einem Kirchenlied die Futurform floriet anstelle von florebit zu finden. Augustin geht davon aus, daß ein kundigerer Hörer diese Form verbessert sehen wolle und sagt ironisch, daß dieser Korrektur nichts im Wege stehe außer die consuetudo cantantium, die gleichsam mit der consuetudo der traditionellen Literatursprache konkurriert und sie z.T. sogar aufhebt (doctr. christ. 2,13,20). Obgleich hinlänglich gezeigt worden ist, wie wichtig der Kirchenvater bei aller Vorsicht auch die Rhetorik und damit das delectare für die christliche Predigt einschätzt,379 sieht Augustin sich am Ende von de doctrina christiana noch einmal zu einer grundsätzlichen Standortbestimmung gezwungen, die auf sein gespanntes Verhältnis zur überkommenen Tradition verweist: Für Augustin ist es nicht nur wichtig, daß das Handeln des Predigers auch mit seinen Worten übereinstimmt; um der Wahrheit seiner Aussagen willen gesteht der Autor ihm auch zu, lieber weise als beredsam zu sprechen (doctr. christ. 4,28,61). Der Wahrheit wird damit die sprachliche Form untergeordnet. Schließlich geht Augustin sogar noch einen Schritt weiter. An der Stelle doctr. christ. 4,29,61 rät er demjenigen, der nicht einmal Weises ohne Beredsamkeit vorzutragen vermag: Si autem ne hoc quidem potest, ita conversetur, ut non solum sibi praemium comparet, sed et praebeat aliis exemplum et sit eius quasi copia dicendi forma vivendi (doctr. christ. 4,29,61).
Der Lebenswandel, die forma vivendi, die zumal die Vorstellung vom gelebten Evangelium beinhaltet, wird von Augustin in ihrer Bedeutung auf eine Stufe mit der copia dicendi gestellt, unter der die Fähigkeit des Redners zu verstehen ist, sich in jeder beliebigen Situation zum Zweck der erfolgreichen Überzeugung der Rhetorik zu bedienen.380 Thomas F. Martin weist darauf hin, daß sich in der Gegenüberstellung von forma vivendi und copia dicendi der Gegensatz zwischen heidnischer und christlicher Antike 379 Vgl. dazu auch die Aufsätze von Cavadini, S. 164–167, Primmer, S. 81f. u. Sluiter, S. 260–264. 380 Vgl. Thomas F. Martin, S. 8.
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manifestiere und daß Augustin die beiden Welten durch seine Formulierung mit folgendem Ergebnis zusammenbringe:381 This linking of copia dicendi and forma uiuendi must have been both intriguing and disconcerting for Augustine’s intended audience.
Martin erkennt in der Auffassung Augustins von der forma vivendi als copia dicendi eine Durchbrechung des traditionellen rhetorischen Systems und seiner gesellschaftlichen Bedeutung: durch die Gleichsetzung des Lebenswandels mit der grammatisch-rhetorischen Bildung werde die Exklusivität der gebildeten Oberschicht aufgehoben. Die forma vivendi besitze eine rhetorische Dimension, die im Unterschied zur traditionellen Rhetorik alle Hörer erreiche: »This kind of ›discourse‹ excludes no one!«382 Wie sehr Augustins Position sich am Ende von de doctrina christiana vom traditionellen literarischen System entfernt hat, ist sehr deutlich auch an Folgendem zu erkennen: während es für den auf Ruhm bedachten Redner undenkbar erscheint, die Reden fremder Autoren vorzutragen, rät er in de doctrina christiana demjenigen, der zwar keine guten Predigten zu verfassen, von anderen konzipierte aber um so besser zu halten vermag, sich im Gottesdienst solcher sermones zu bedienen.383 Anders als der profane Redner tritt der christliche Prediger hinter dem vorgetragenen Stoff zurück. Er stellt sich nicht selber dar, ist ihm doch bewußt, daß der Erfolg seiner Tätigkeit von der Gnade Gottes abhängt, die er vor dem Gottesdienst in einem Gebet erfleht.384 In dieser Arbeit soll nicht der Fehler begangen werden, Augustins Haltung gegenüber dem traditionellen Bildungssystem und seiner Sprache als in sich schlüssiges System zu verstehen und mit Fichte davon auszugehen, daß im Gegensatz zur ambivalenten Haltung des Hieronymus zu den Wissenschaften und der Literatur der Antike [...] die Position des hl. Augustinus in dieser Hinsicht wesentlicher eindeutiger385
ist. Aufgrund der aufgezeigten Widersprüche erscheint es auch zu wenig differenziert, das Verhältnis des Kirchenvaters zur Rhetorik in de doctrina 381 Vgl. Thomas F. Martin, S. 8. 382 Ebd. 383 doctr. christ. 4,29,62: Sunt sane quidam, qui bene pronuntiare possunt, quid autem pronuntient, excogitare non possunt. Quod si ab aliis sumant eloquenter sapienterque conscriptum memoriaeque commendent atque ad populum proferant, si eam personam gerunt, non improbe faciunt. 384 doctr. christ. 4,30,63: Sive autem apud populum vel apud quoslibet iamiamque dicturus sive quod apud populum dicendum vel ab eis, qui voluerint aut potuerint legendum, est dictaturus, oret, ut deus sermonem bonum det in os eius. 385 Fichte, S. 6f.
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christiana etwa mit Blümer einfach als neutral zu bezeichnen.386 Andererseits ist es angesichts der Tatsache, daß Augustin die Bibel in das traditionelle literarische System einzuordnen versucht, auch nicht gerechtfertigt, mit Uthemann oder MacCormack von dem Beginn einer nicht-rhetorischen bzw. einer kulturell autarken christlichen Kultur zu sprechen387 oder mit Schäublin die Ungebundenheit Augustins gegenüber der consuetudo veterum zu stark zu betonen.388 MacCormack kann darin zugestimmt werden, daß die lateinischen Klassiker in Augustins de doctrina christiana an Bedeutung verlieren und auch das traditionelle literarische System nicht mehr die unumschränkte Beachtung findet, wie dies in der heidnischen Antike der Fall ist. Es ist aber auch nicht obsolet, wie Augustins Bemühen zeigt, die Bibel und die Kirchenschriftsteller auf eine Ebene mit den Klassikern zu heben. Die Bibel und die Kirchenschriftsteller genügen Augustin zufolge den Maßstäben des Systems, so daß auf diese Weise auch gebildete Gruppen innerhalb und außerhalb der christlichen Gemeinschaft erreicht werden können. Auch die Tatsache, daß Augustin sprachliche vitia für akzeptabel hält, sollte nicht überbewertet werden. Augustin spricht prinzipiell von der Predigsituation und sein Ziel ist es, alle Zuhörer zu erreichen. Aus diesem Grund wird er sich bei einem bunt gemischten Publikum an den Unterschichten orientieren, ohne daß daraus die Schlußfolgerung gezogen werden darf, er wolle sich vollständig aus dem alten System verabschieden.389 Die christliche Gemeinschaft ist vielmehr so heterogen zusammengesetzt, daß Augustin sich zu verschiedenen Positionen gezwungen sieht, die vom Bildungsstand seiner Adressaten abhängen. Der kulturelle Standpunkt des 386 Zum Urteil Blümers vgl. oben, S. 37. 387 Zu den Positionen Uthemanns und MacCormacks vgl. oben, S. 36 u. S. 34. 388 Vgl. Schäublin, De doctrina christiana, S. 56–58. Schäublin spricht von einer »basically anti-classical attitude to language [...]« (ebd., S. 56f.) 389 Im zweiten Buch verweist Augustin auf die Unterschiede in der consuetudo der Heiligen Schrift auf der einen und der klassischen Autoren auf der anderen Seite: Quamquam tanta est vis consuetudinis etiam ad discendum, ut, qui in scripturis sanctis quodammodo nutriti educatique sunt, magis alias locutiones mirentur easque minus Latinas putent quam illas, quas in scripturis didicerunt neque in Latinae linguae auctoribus reperiuntur (doctr. christ. 2,14,21). Die Stelle verweist in der Tat darauf, daß Augustins Einstellung gegenüber der sprachlichen Form der Bibel sich im Vergleich zu der conf. 3,5,9 beschriebenen diametral verändert hat (vgl. Pollmann, Die christliche Bildung, S. 226). Keinesfalls sollte aber davon ausgegangen werden, daß Augustin sich einseitig zu denjenigen, die in scripturis sanctis quodmmodo nutriti educatique sunt, zählt. Er steht vielmehr unter dem Einfluß sowohl des christlichen als auch des klassischen Literaturkanons und ordnet sich in epist. 104,1,3 letzterem zu, von dem er als den vestrae, quas ab ineunte aetate didici, litterae spricht und mit dem er gleichsam ernährt und erzogen worden ist. Vgl. zu dieser Stelle auch unten, S. 197. Vgl. auch den Brief 137,1,3, in dem Augustin bekennt: Tanta est enim christianarum profunditas litterarum, ut in eis cotidie proficerem, si eas solas ab ineunte pueritia usque ad decrepitam senectutem maximo otio, summo studio, meliore ingenio conarer addiscere [...]
Die Schrift de doctrina christiana – Buch 4 (426/427)
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Kirchenvaters ist daher innerhalb eines grundsätzlich an christlichen Vorgaben orientierten Spielraums variabel. Daß Augustin sich an gebildete Menschen in einer anspruchsvollen Form wenden wird, geht aus den Aussagen in de catechizandis rudibus hervor und wird auch durch den Standpunkt in de doctrina christiana belegt. Keinesfalls stellt der Kirchenvater sich gegen diejenigen, die sich an der Rhetorik erfreuen. Sie dürfen das ästhetische Moment allerdings nicht zum alleinigen Maßstab ihrer Beurteilung erheben. Für die folgende Analyse von Augustins Briefen und Predigten ist davon auszugehen, daß der Kirchenvater sich auf seine Gegenüber einstellt, so daß eine Festlegung seiner Position auf eine Seite nicht zulässig erscheint. Augustin verläßt das traditionelle System nicht, aber er übernimmt es auch nicht in allen Punkten und zeigt sich wie in den confessiones auch in den Briefen nicht selten darum bemüht, auf Distanz zur traditionellen Bildung zu gehen. Sie wird in ihrem Absolutheitsanspruch zurückgesetzt, aber eben nicht vollständig aufgehoben. Daß Augustin sich in sprachlicher Hinsicht nur auf den sermo humilis beschränken wird, ist demnach auszuschließen. All dies soll im nächsten Teil der Arbeit anhand der Briefe nachgewiesen werden.
4 Augustins kulturelle Identität in den Briefen
4.1 Der Blickwinkel der Adressaten 4.1.1 Augustin als Adressat heidnischer Briefpartner1 Der erste erhaltene Brief, den ein Heide an den Kirchenvater gerichtet hat, stammt aus der Zeit kurz vor der Priesterweihe Augustins. Er ist von dem Grammatiker Maximus aus Madaura verfaßt, mit dem Augustin vermutlich seit seiner Schulzeit in der numidischen Stadt bekannt war.2 Maximus zitiert seinem Lehrberuf entsprechend zweimal aus den Werken heidnischer Dichter.3 In seinem Brief zeichnet er ein Bild von Augustin, das weit über den, der sich in einem für Christen erträglichen Maße der überkommenen Bildung bedient, hinausgeht: Sed illud quaeso, vir sapientissime, uti remoto facundiae robore atque exploso, qua cunctis clarus es, omissis etiam, quibus pugnare solebas, Chrysippeis argumentis postposita paululum dialectica, quae nervorum suorum luctamine nihil certi cuiquam relinquere nititur, ipsa re adprobes, qui sit iste deus [...] (epist. 17,3).
Der Sophist Maximus vertritt gleichsam eine asketische Position, wenn er seinen Adressaten dazu auffordert, Rhetorik und Dialektik beiseite zu lassen und sich bei der Beantwortung der Frage, was unter dem Christengott zu verstehen sei, allein auf die inhaltliche Seite zu konzentrieren. Maximus stellt den verba die res gegenüber. Er erweckt damit den Eindruck, als sei Augustin der sophisticus, der – wie doctr. christ. 2,31,48 formuliert wird – »in reichlicherem Maße dem Wortschmuck nachjagt, als es einer seriösen Gewichtigkeit zusteht.«4 Der simplex piscatorum fides stellt auch Augustins Zeitgenosse Cassian in Worten, die an diejenigen des vorliegenden Briefes
1 Eine Übersicht der heidnischen Briefpartner Augustins findet sich bei Morgenstern, Das soziale Umfeld, S. 336 u. ders., Briefpartner, S. 122–126. 2 Zu Maximus und zur Datierung des Briefes auf 390/391 vgl. Morgenstern, Briefpartner, S. 122. 3 Während Maximus epist. 16,2 eine Stelle aus Lukans Pharsalia anführt, greift er epist. 16,4 auf Vergils Eklogen zurück. 4 Übersetzung nach Pollmann, Die christliche Bildung, S. 87f. Vgl. das Zitat oben, S. 110, Anm. 178.
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erinnern, die syllogismi dialecticae und die Tulliana facundia gegenüber.5 Augustin wird von Maximus demnach dem überkommenen Bildungsbetrieb zugeordnet, der sich nicht nur von dem Konzept antiintellektueller Kreise unterscheidet, sondern auch dem Ideal eines verantwortungsbewußten Umgangs mit der alten E6>9:¾6, wie es von vielen Christen durchaus bejaht wurde, nicht gerecht wird. Im Jahre 408 begann Nectarius, ein Beamter der numidischen Stadt Calama, einen Briefwechsel mit dem Kirchenvater.6 In seinem ersten Schreiben (epist. 90) bittet er Augustin darum, sich für die Schonung der Einwohner seiner Heimatstadt einzusetzen, wo es trotz eines kaiserlichen Verbots zu einem paganen Festzug mit Ausschreitungen gegen kirchliche Einrichtungen und zur Tötung eines Katholiken gekommen war.7 Unmittelbar zu Beginn seines Briefes versucht Nectarius, Augustin in der Form einer praeteritio auf die Beachtung eines gemeinsamen Normenhorizonts zu verpflichten: Die Frage, wie groß die Liebe eines jeden Menschen zu seinem Vaterland sei, übergehe er, denn Augustin sei sich dessen bewußt.8 Daß Nectarius hier auf Gedankengut des traditionellen literarischen Systems rekurriert, wird im nächsten Satz deutlich: Auf die Feststellung, daß allein die caritas patriae mit Recht sogar die Liebe zu den Eltern übertreffe, folgt ein Zitat aus Ciceros de re publica, das nicht als solches kenntlich gemacht ist: Wenn irgendein Maß und Ziel für die Guten in der Sorge für das Vaterland existiere,9 dann verdiene er, Nectarius, bereits jetzt ehrenhaft aus seinem Amt entlassen zu werden. Doch weil seine Liebe zum Gemeinwesen von Tag zu Tag wachse, sei ihm, zumal sein Lebensende nahe, daran gelegen, seine Heimatstadt unversehrt und blühend zurückzulassen. Aus diesem Grund sei er froh, sich mit seinem Anliegen gerade an Augustin als einen instructus disciplinis omnibus vir zu wenden.10
5 CASSIAN. inst. 12,19: Qui simplicem piscatorum fidem corde simplici retinentes non eam syllogismis dialecticis et Tulliana facundia spiritu concepere mundano, sed experimento vitae sinceris actuque purissimo, correctione quoque vitiorum, et ut verius dixerim in ipsa perfectionis inesse naturam oculatis indiciis deprehenderunt, sine qua nec pietas in deum nec vitiorum purgatio nec emendatio morum nec virtutum consummatio poterit adprehendi. 6 Zur Datierung vgl. Morgenstern, Briefpartner, S. 123 u. Divjak, Epistulae, Sp. 964. 7 Für die Ereignisse in Calama vgl. vor allem. epist. 91,8 u. van der Meer, S. 65f. Zur Interpretation des Briefwechsels vgl. auch Gnilka, Kultur und Conversion, S. 45–52 u. Vössing, Schule und Bildung, S. 217–219. 8 Vgl. epist. 90. 9 Vgl. CIC. rep. frg. 4,7. 10 epist. 90: Cui si ullus esset consulendi modus aut finis bonis, digne iam ab eius muneribus meruimus excusari. Sed quoniam crescit in dies singulos dilectus et gratia civitatis, quantumque aetas fini proxima est, tantum incolumem ac florentem relinquere patriam cupit, idcirco gaudeo primum, quod apud instructum disciplinis omnibus virum mihi hic sermo est institutus.
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Gegen Müller ist darauf hinzuweisen, daß Nectarius seinen Einsatz für die Stadt Calama nicht nur »allgemein-ethisch«11 begründet. Dem Verfasser des Briefes ist vor allem daran gelegen, auf der Basis der traditionellen Bildung mit Augustin zu kommunizieren, der die literarischen Anspielungen erstens erkennen und damit zweitens auf die in ihnen vermittelten Werte festgelegt werden soll.12 Diesem Zweck dient auch der Hinweis auf Augustins umfassende Bildung, die der Empfänger durch das von Nectarius erwartete Verhalten – das Verständnis für das Anliegen des Beamten und das daraus resultierende Bemühen um die Schonung der Stadt – unter Beweis stellen soll. Aus dem Jahre 412 ist ein Antwortschreiben des Heiden Volusianus auf einen Brief Augustins erhalten. Der Bischof hatte seinen Adressaten dazu aufgefordert, die Heilige Schrift zu studieren und sich bei Verständnisschwierigkeiten an ihn zu wenden.13 Volusianus berichtet in seinem Brief davon, in Karthago an einem intellektuellen Kreis14 teilgenommen zu haben, bei dem eine Reihe von Kritikpunkten am christlichen Glauben vorgebracht worden sei. Aus dem Brief läßt sich nicht nur ein genaues Bild von dem kulturellen Milieu gewinnen, dem Volusianus und seine Freunde angehören.15 Als aufschlußreich erweist sich auch, daß der Verfasser Augustin ganz in die Nähe des Zirkels rückt, indem er ihn zunächst mit Blick auf die literarischen Themen der Unterredung durch die Bemerkung Apud agnoscentem loquor; etiam ista paulo ante docuisti als ausgewiesenen Fachmann der erörterten Inhalte anspricht, um ihn wenig später mit den 11 Müller, S. 305. 12 Vössing, Schule und Bildung, S. 218 verweist zwar darauf, daß mit dem Hinweis, Augustin sei instructus disciplinis omnibus, der »Ton angeschlagen« werde, »der die ganze Diskussion beherrschen wird«; auf das Ziel, das Nectarius mit dieser Strategie verfolgt, geht der Forscher aber nicht ein. 13 epist. 132: Unde meritis tuis reddens salutationis obsequium hortor, ut valeo, ut litterarum vere certeque sanctarum te curam non pigeat inpendere […] praecipue apostolorum linguas exhortor ut legas; ex his enim ad cognoscendos prophetas excitaberis, quorum testimoniis utuntur apostoli. Si quid autem, vel cum legis vel cum cogitas, tibi oritur quaestionis, in quo dissolvendo videar necessarius, scribe, ut rescribam. 14 Vgl. dazu oben, S. 46 u. S. 54. 15 epist. 135,1: Erat tamen sermo rhetorica partitio. Apud agnoscentem loquor; etiam ista paulo ante docuisti. Adstruebatur, quid esset inventionis acrimonia, quantus disponendi labor, quae translationis gratia, quae iconismatum pulchritudo et pro ingenio naturaque materiae adposita etiam dicendi facultas. Alii rursum poeticam elevabant faventes; ne hanc quidem eloquentiae partem tacitam aut inhonoram relinquis, ut convenienter poeta dixerit: Inter victrices hederam tibi serpere laurus. Dicebatur ergo, quantus oeconomiae esset ornatus, quae metaphorarum venustas, quanta in comparatione sublimitas; iam leves enodesque versus atque, ut ita dixerim, caesurarum modulata variatio. Tunc ad familiarem tuam philosophiam sermo deflectit, quam ipse Aristoteleo more tamquam esotericam fovere consueveras. Quaerebamus, et quid egerit praeceptor ex Lycio, quid Academiae multiplex et continuata cunctatio, quid ille disputator ex porticu, quid physicorum peritia.
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Worten Tunc ad familiarem tuam philosophiam sermo deflectit auch als Experten auf dem Gebiet der Philosophie zu rühmen. Von Augustin ist angesichts seiner umfassenden Bildung eine Antwort auf die sich stellenden Fragen zum christlichen Glauben zu erhoffen.16 Volusianus denkt ganz in traditionellen Kategorien und geht davon aus, daß auch der Bischof von Hippo sich an ihnen orientiert: Die fama, der gute Ruf,17 des Kirchenvaters hänge von seiner Antwort ab. Unwissenheit könne zwar bei anderen Priestern, nicht aber beim antistes Augustinus geduldet werden.18 Der heidnische Prätorianerpräfekt Longinianus stellt seine Bildung in dem Brief an Augustin dadurch unter Beweis, daß er auf den traditionellen Literaturkanon rekurriert, dessen Kenntnis und Akzeptanz er auch für seinen christlichen Briefpartner voraussetzt. Longinianus entschuldigt sich in der für klassisch Gebildete typischen Manier für den Stil seiner Nachricht, um im Gegenzug Augustins rhetorische Fähigkeiten zu preisen: Während sein eigener sermo mit Blick auf den Adressaten incongruus sei, handele es sich bei dem zu erwartenden Antwortschreiben um sancta scripta, die der Absender unter Abwandlung eines Ovidzitats als »wenn schon nicht süßer als Honig, so doch als Nektar« bezeichnet.19 Longinianus bedient sich bei seiner Konversation mit Augustin nicht nur jahrhundertealter epistolographischer Gepflogenheiten, zu denen auch die Hochschätzung der rhetorischen Fähigkeiten des jeweiligen Gegenüber gehörten; indem er auf Ovid nur in der Formulierung ut ille ait verweist, bedient er sich auch eines Signals, von dem er ausgeht, daß es nur derjenige zu würdigen versteht, der das gleiche kulturelle Wissen teilt und durch den gemeinsamen »Code« eine Bestätigung des eigenen sozialen Status erfährt.20 Auch den Bischof von Hippo zählt Longinianus zu diesem Kreis.
16 Zur Interpretation des Briefes vgl. auch Rebillard, S. 132f. 17 Zur fama als dem Ziel jedes heidnischen Literaten und Redners vgl. oben, S. 75, S. 125 m. Anm. 240 u. S. 132, Anm. 262. 18 Vgl. epist. 135,2. 19 epist. 234,3: Sed ante omnia quaeso te, ut exiguissimae opinioni meae veniam concedas et sermoni meo ad te, quia coegisti, remisso, forte incongruo facile indulgeas et me, quid de his existimes vel tu quid sentias, sanctis scriptis tuis, ut ille ait, iam non melle sed nectare dulcioribus, si mereor, informare digneris. 20 Treibel, S. 215 formuliert unter Bezugnahme auf Pierre Bourdieu: »[...] mit der Verfügung über kulturelles Kapital ist ein bestimmter Habitus (einschließlich einer bestimmten Sprache oder Kleidung) verbunden. Diese Indizien haben einen hohen Erkennungswert, dienen der Selbstvergewisserung nach innen und der Abgrenzung nach außen [...]« Zum Habitus-Begriff Bourdieus vgl. oben, S. 17, Anm. 34.
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Augustins kulturelle Identität in den Briefen 4.1.2 Augustin als Adressat katholischer Laien
Aus einem Brief des Jahres 388 ist ein Bild von Augustins epistulae zu gewinnen, das mit dem in de ordine und de doctrina christiana entworfenen Ideal philosophisch-theologischer Schriftstellerei übereinstimmt: Die Art und Weise, in der Nebridius21 Augustins Briefe charakterisiert, weist darauf hin, daß die Schreiben des Kirchenvaters die in dem Frühdialog geäußerte Forderung nach Kongruenz von sapientia und eloquentia erfüllen.22 Damit sind sie, wie der Freund zum Ausdruck bringt, zugleich dulces und salubris,23 eine Formulierung, die an folgende rhetorische Frage Augustins in de doctrina christiana erinnert: Sed salubri suavitate vel suavi salubritate quid melius?24 Als ehemaliger Grammatiklehrer versteht Nebridius sich darauf, Augustins Briefe in der Form eines Exordialtopos als ebenso wertvoll wie seine eigenen Augäpfel zu bezeichnen, die er behüten müsse.25 Daß sich der Absender auch sonst an den Normen des traditionellen literarischen Systems orientiert, geht daraus hervor, daß er sich in den Briefen sechs und acht für seine Darstellungsweise entschuldigt, die er als inconsiderate ac perturbate bzw. als obscurus, minus eleganter und minus subtiliter tadelt.26 Auch die Tatsache, daß Nebridius zu Beginn der zuletzt genannten epistula darauf hinweist, direkt zur Sache kommen zu wollen und deshalb auf ein prooemium bzw. exordium zu verzichten,27 weist ihn als gebildeten Briefschreiber aus, der sich bei Verstößen gegen die überkommenen epistolographischen Vorschriften zu einer Rechtfertigung gezwungen sieht, und zwar zumal dann, wenn er sich an einen homo litteratus wie Augustin wendet. Paulinus von Nola berichtet in einem Brief an Alypius davon, das fünfbändige Werk Augustins erhalten zu haben, das von ihm selbst und seiner Frau Therasia so große Bewunderung und Verehrung erfahre, daß beide glaubten, die Worte seien von Gott diktiert worden.28 Unter dem von Pauli21 Zu Nebridius vgl. oben, S. 73f. m. Anm. 19. 22 Zu de ordine vgl. oben, S. 88–92. 23 epist. 6,1: Erunt [sc. epistulae tuae, Anm. d. Verf.] igitur mihi et ad audiendum propter eloquentiam dulces et ad legendum propter brevitatem faciles et ad intellegendum propter sapientiam salubres. 24 doctr. christ. 4,5,8. Vgl. dazu oben, S. 143 u. S. 153. 25 Vgl. epist. 6,1. 26 Ebd.: Haec ego inconsiderate ac perturbate, ut soleo, dixi; tu explorabis et falso reiecto veritatem in litteris conferes. epist. 8: Haec pro sui obscuritate pro nostraque inperitia ne mireris si minus eleganter minusque subtiliter explicata sunt; tu id facere, quantum poteris, laborabis. 27 epist. 8: Festinanti mihi ad rem pervenire nullum prooemium, nullum placet exordium. 28 epist. 24,4: Accepimus enim insigne praecipuum dilectionis et sollicitudinis tuae opus sancti et perfecti in domino Christo viri, fratris nostri Augustini, libris quinque confectum, quod ita miramur atque suspicimus, ut dictata divinitus verba credamus.
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nus erwähnten opus ist, wie ein Brief Augustins belegt,29 die Schrift de vera religione zu verstehen, und möglicherweise können auch de genesi contra Manichaeos und de moribus ecclesiae catholicae et de moribus Manichaeorum dazugezählt werden.30 Paulinus gehört demzufolge nicht zu den eruditi liberalibus litteris, die sich bei Augustin über die für imperitiores zu schwierige Sprache des zuletzt genannten Werkes beschwert haben.31 Davon ist schon deswegen nicht auszugehen, weil Paulinus auch im Jahre 394 über Augustins Schriften in einer Weise spricht, die die Freude des Absenders über die von dem Kirchenvater thematisierten Inhalte und seine Sprache verraten: Caritas Christi, quae urget nos et absentes licet per unitatem fidei alligat, ipsa fiduciam ad te scribendi pudore depulso praestitit teque per litteras tuas visceribus meis intimavit, quas et de scholasticis facultatibus adfluentes et de caelestibus favis dulces ut animae meae medicas et altrices in quinque libris interim teneo, quos munere benedicti et venerabilis nobis episcopi nostri Alypii non pro nostra instructione tantum, sed etiam pro ecclesiae multarum urbium utilitate suscepimus (epist. 25,1).
Wenig später stimmt Paulinus noch einmal einen Lobpreis auf Augustin an, um nun explizit auch die rhetorischen Fähigkeiten des Kirchenvaters zu rühmen, der die von ihm behandelten schwierigen theologischen Sachverhalte durch den Glanz seines leuchtenden Wortes (splendore clarifici sermonis) zu entwirren vermag.32 Ein letztes Mal kommt Paulinus an der Stelle epist. 25,5 auf Augustins Beredsamkeit zu sprechen: Der Kirchenvater sei ihm nicht nur durch die Worte des Alypius, sondern mehr noch durch seine eigene Beredsamkeit und seinen Glauben bekannt.33 Paulinus genießt täglich das Gespräch mit Augustins Schriften. Zwar beteuert er, sich von der
29 Vgl. epist. 27,4. 30 Vgl. Skeb, S. 148, Anm. 6. 31 Vgl. dazu oben, S. 66f. 32 epist. 25,1: O lucerna digne super candelabrum ecclesiae posita, quae late catholicis urbibus de septiformi lychno pastum oleo laetitiae lumen effundens densas licet haereticorum caligines discutis et lucem veritatis a confusione tenebrarum splendore clarifici sermonis enubilas! Zur Bedeutung der Formulierung spendor [...] sermonis vgl. Arnob. adv. nat. 3,7,7. Hier heißt es mit Blick auf Cicero: Sed quid aucupia verborum splendoremque sermonis peti ab hoc dicam, cum sciam esse non paucos, qui aversentur et fugiant libros de hoc eius nec in aurem velint admittere lectionem opinionum suarum praesumpta vincentem, cumque alios audiam mussitare indignanter et dicere, oportere statui per senatum, aboleantur ut haec scripta quibus christiana religio comprobetur et vetustatis opprimatur auctoritas? Augustin selbst stellt conf. 5,6,10 die beiden Adverbien eloquenter und incomposite als Gegensätze einander gegenüber und grenzt den splendidus sermo von einer Redeweise ab, die er als impolite bezeichnet. Zu verweisen ist auch auf die Stelle HIER. in Ezech. 14,1, p. 318, 7, die oben, S. 67, Anm. 129 vollständig zitiert ist. 33 epist. 25,5: Et quanto studuit [sc. Alypius, Anm. d. Verf.] impendio, ut sanctitatem tuam non ipsius tantum verbis, sed plenius eloquentia et fide tua cognitam non possemus amare mediocriter, tantopere curasse eundem credimus, ut nos vicissim ipsius imitatione plurimum diligas.
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sapientia mundi des traditionellen Bildungskanons losgesagt zu haben;34 dies hindert ihn aber nicht daran, auch im vorliegenden Brief aus Vergils Aeneis zu zitieren.35 Publicolas Brief aus dem Jahre 398 verzichtet vollständig auf Bezüge zum überkommenen literarischen System. Obwohl es sich bei dem Absender um einen römischen Senator handelt,36 ist das Lateinische offensichtlich nicht seine Muttersprache, wie der ungeschickte Umgang mit der lingua Latina ebenso wie die schwerfällige Konstruktion seiner Sätze und das begrenzte Vokabular seiner Ausführungen beweist.37 Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, daß der Verfasser Augustin dazu auffordert, die in Frage stehenden Problempunkte in einer klaren und nicht langgezogenen Antwort zu behandeln, die bei ihm nur noch größere Zweifel entstehen lassen würde: Dignare mihi autem definitive rescribere et non suspense, quod, si ipse scribas dubitanter, ego in maiores dubitationes incidere possum, quam antequam interrogassem (epist. 46,1).
Dieselbe Feststellung, wie sie für die sprachliche Gestaltung des zuletzt behandelten Briefes getroffen worden ist, besitzt auch für das Schreiben Gültigkeit, das die beiden katholischen Laien Maximus und Theodorus im Jahre 409 an Augustin gerichtet haben.38 Der Stil ihres Briefes deutet darauf hin, daß sie entweder nicht ausreichend mit der lateinischen Sprache vertraut waren oder über keine epistolographischen Erfahrungen verfügten.39 Während Augustins Antwortschreiben an Publicola überliefert ist und eine Untersuchung der Frage erlaubt, wie der Bischof sich auf die sprachlichen Fähigkeiten seines Gegenübers einstellt,40 ist ein Brief an Maximus und Theodorus in der Sammlung nicht enthalten. In dem Brief des Griechen41 wird Augustin nicht als Bischof und Kirchenmann, sondern als homme de lettre angesprochen, der dem Absender als Exponent der alten Bildung Fragen zu Ciceros Dialogen beantworten soll.42 Dioscorus erkennt zwar die Brisanz, sich mit seinem Anliegen gerade 34 epist. 25,2: Sapientiam mundi miser hucusque miratus sum et per inutiles litteras reprobatamque prudentiam deo stultus et mutus fui. 35 Vgl. ebd. 36 Vgl. Morgenstern, Briefpartner, S. 91f. 37 Vgl. Parsons, Letters Vol. 1, S. 220, Anm. 1. 38 Es handelt sich um epist. 107. 39 Vgl. Parsons, Letters Vol. 2, S. 212, Anm. 1. 40 Vgl. dazu unten, S. 206f. 41 Zu Dioscorus vgl. auch oben, S. 11 u. S. 24. Zu den Briefen 117 u. 118 vgl. auch den Beitrag von Wankenne. 42 epist. 117: Senex Alypius rogatus a me saepius pollicitus erat te cum respondere dialogorum pauculis interrogatiunculis [...] epist. 118,5,34: Nam de ceteris possem etiam decenter
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an einen christlichen Amtsträger zu wenden; die Tatsache aber, daß er ihn dennoch kontaktiert, beweist, in welchem Umfang er selbst von der überkommenen Bildung fasziniert ist und für wie bedeutend er sie hält. Die literarische Tradition unberücksichtigt zu lassen ist für Dioscorus undenkbar. Auch er verzichtet nicht stillschweigend auf das Proömium, sondern weist explizit darauf hin. Die Erklärung für dieses Vorgehen zeigt, daß der Absender Augustins Haltung zum Umgang mit der Rhetorik dem christlich-asketischen Lager zuordnet,43 ziehe der Kirchenvater doch die res den verba vor.44 Dioscorus übergeht freilich, daß Augustins res nicht mehr im überkommenen Bildungssystem beheimatet sind, sondern sich ganz auf Gott konzentrieren. Auch der Grieche ist sich dessen bewußt, betont er doch eigens, daß seine Fragen nichts Ehrenrühriges beinhalten und folglich von Augustin erörtert werden können.45 Dioscorus geht davon aus, daß Augustin den Grund für die erbetene Aufklärung nachvollziehen könne: bei seiner Reise wolle er für den Fall, daß er zu Ciceros Dialogen befragt werde, nicht für seine mangelnde literarische Bildung getadelt werden und lieber als doctus denn als hebes erscheinen.46 Bei Consentius, dem Verfasser der Briefe 119, 11* und 12*, handelt es sich um den Adressaten der bereits erwähnten Schrift contra mendacium,47 der als Laie der katholischen Kirche auf den Balearen lebte.48 Consentius ist mit der christlichen und heidnischen Literatur vertraut, wie die in seinen Schriften zu findenden Zitate beweisen.49 Mit Laktanz als dem Cicero Christianus50 beschäftigt er sich wegen seines planum atque compositum dicendi genus noch zu einem Zeitpunkt, da er aufgrund eines inaestimabile fastidium lectionis andere Bücher schon gar nicht mehr liest.51 Sein eigener Stil interrogari, si mihi quisquam res ipsas non de libris Ciceronis sed per se ipsas tractandas dissolvendasque proferret; in illis autem res ipsae nunc nostrae professioni minus congruunt. Vgl. zu Brief 117 auch Rebillard, S. 134f. 43 Zu der auch in der Theorie keineswegs einheitlichen Position Augustins gegenüber der antiken Rhetorik vgl. oben, S. 141–159. 44 Vgl. epist. 117: Prooemiari apud te non solum superfluum est sed etiam molestum, qui rem non verba desideras, ideoque simpliciter audi. Ganz anders hatte Maximus Augustin charakterisiert. Vgl. dazu oben, S. 160f. 45 epist. 117: Possem te plus et per multos caros tuos exorare, sed novi animum tuum, qui non rogari desiderat sed omnibus praestare, si tantum absit, quod dedecet, quod in hac re penitus nihil est dedecoris. 46 Ebd.: […] et mores hominum non ignoratis, qui proclives sunt ad vituperandum, et, quam, si interrogatus quis non responderit, indoctus et hebes putabitur, vides. 47 Vgl. oben, S. 99. 48 Vgl. epist. 12*,4,1. 49 In epist. 12* lassen sich Zitate und Übernahmen aus Cicero, Horaz, Terenz, Ovid und Iuvenal nachweisen. 50 Vgl. oben, S. 111 u. S. 136f. 51 epist. 12*,2,1: Lactantius mihi propter planum atque compositum dicendi genus solus placebat […]
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ist in den erhaltenen Briefen durch eine rhetorisch überladene und bisweilen selbstgefällig wirkende Ausdrucksweise gekennzeichnet,52 die zu der intellektuellen Selbsteinordnung dieses Schriftstellers paßt: Consentius nämlich mag zu Beginn seines ersten Briefes an Augustin fordern, daß der Glaube eines Christen nicht auf der disputationis ratio, sondern auf der credulitatis pietas beruhen solle;53 er mag sich in Anlehnung an 1 Kor. 1,27 auch von den heidnischen Philosophen und Rednern als den Exponenten des traditionellen Bildungssystems distanzieren;54 tatsächlich jedoch bewegt er sich keineswegs nur sprachlich noch ganz in den Bahnen der antiken Schule. Die Worte, in denen der Verfasser in Brief 119 auf seine theologischen Erörterungen zu sprechen kommt, beweisen, daß auch er sich nicht mit dem Glauben zufrieden gibt, sondern die betreffende Problematik intellektuell zu durchdringen begehrt.55 Dies führt bei ihm sogar zu einer Verachtung für die indocti seiner Umgebung:56 auf den Balearen, so Consentius, gebe es niemanden, der bedeutende Themen lehre oder nebulöse Sachverhalte aufkläre.57 Aus dem Brief, den der als tribunus et notarius nach Nordafrika entsandte Marcellinus58 411/412 an Augustin gerichtet hat, geht hervor, daß die epistulae des Kirchenvaters nicht nur dem jeweiligen Adressaten bekannt waren, sondern häufig vor einem größeren Auditorium vorgelesen wurden. Marcellinus selbst war bei einer solchen öffentlichen Lesung zugegen und gesteht ein, daß er alles, was von Augustin gesagt werde, aus folgendem Grund bewundere: Sermonis enim divini gratia humiliter tumens facile, ut placeret, emeruit (epist. 136,1). Augustins Sprache wird von Marcellinus deshalb als divinus bezeichnet, weil der Bischof von Hippo als Sprachrohr Gottes wirkt. Der Briefschreiber 52 Vgl. Divjak, Epistulae, Sp. 947. 53 epist. 119,1: Ego igitur cum apud memet ipsum prorsus definierim veritatem rei divinae ex fide magis quam ex ratione percipi oportere – si enim fides sanctae ecclesiae ex disputationis ratione, non ex credulitatis pietate adprehenderetur, nemo praeter philosophos atque oratores beatitudinem possideret. 54 Vgl. ebd. 55 Vgl. epist. 119,3. 56 epist. 12*,4,1: Talis tunc siquidem me cogitatio impulit ad scribendum, ut mihi insularum Balearium, in quibus non dicam doctum, sed vel fideliter christianum invenire rarissimum est, solitudine ante oculos collocata non amore doctrinae quam laboriosissimam esse cognoscens penitus respuebam, sed catholicae fidei quam ignorare mortiferum est ad simplicem scientiam veritatis penitus absque legendi studio vel opera discernendi cuperem pervenire. 57 epist. 12*,5,1: Cum igitur omnium sapientium scriptis penitus abdicatis tantas et tam arduas quaestiones animo volutarem nullumque etiamnunc in insulis – non dicam qui magna doceat et nebulosa dilucidet, sed vel qui parva intelligat et serena consideret – invenire possibile sit, tam perversa animus meus morborum peste corruptus est, ut per nimium mihi legendi metum nimia scribendi audacia gigneretur. 58 Zu Marcellinus vgl. Morgenstern, Briefpartner, S. 112–114.
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fällt an der vorliegenden Stelle aber auch ein ästhetisches Urteil über den sermo Augustins, denn bei den Wörtern humilis und tumere handelt es sich um stilkritische Begriffe, die sich für gewöhnlich als Gegensätze einander gegenüberstehen:59 Augustins Sprache ist wegen der in ihr transportierten Inhalte und ihres Stils als »strotzend« zu bezeichnen, ohne daß dem Kirchenvater, der humiliter spricht, auf inhaltlicher oder sprachlicher Ebene Übermut vorgeworfen werden könnte. Daß Marcellinus in der Tat Augustins Sprache besonders hoch einschätzt, vermag auch eine weitere Stelle in Brief 136 zu zeigen. Der Absender nimmt Bezug auf den von Volusianus an Augustin adressierten Brief60 und äußert sich nach der Feststellung, daß der Freund davor zurückgeschreckt sei, noch weitere Fragen an den Bischof zu richten, folgendermaßen: Sed tamen satis, sicut etiam ipse probare dignaberis, culto accuratoque sermone et Romanae eloquentiae nitore perspicuo aliqua sibi exolui impendio postulavit (epist. 136,1).
Gegen Parsons Übersetzung der Stelle ist einzuwenden, daß Volusianus von Augustin an keiner Stelle des Briefes 135 die Beantwortung der an ihn gestellten Frage in einer »gepflegten und exakten Sprache« verlangt.61 Der Nebensatz sicut etiam ipse probare dignaberis ist vielmehr in der Weise zu verstehen, daß selbst ein so begnadeter Stilist wie Augustin der Sprache des Volusianus Anerkennung schenken muß. Einen besonders guten Eindruck davon, wie Augustins Bildung von seinen Briefpartnern wahrgenommen wird, vermittelt derjenige Brief, den der vicarius Africae Macedonius im Jahre 413/414 an den Bischof von Hippo gerichtet hat.62 Zu Beginn der Epistel 154 lobt der Verfasser Augustins sapientia, die sich sowohl in den bereits früher veröffentlichten Werken als auch in den bisher von ihm studierten drei Büchern de civitate dei feststellen lasse. Mit Blick auf den »Gottesstaat« ist Macedonius sich nicht im Klaren darüber,63 […] quid in illis magis mirer, sacerdotii perfectionem, philosophiae dogmata, historiae plenam notitiam an facundiae iucunditatem, quae ita etiam inperitos allicere
59 Zum Begriff tumidus vgl. oben, S. 150, Anm. 352. Zu humilis vgl. u.a. oben, S. 39, Anm. 156, S. 42, S. 67f., S. 97f., S. 131f. u. S. 138. 60 Vgl. oben, S. 162f. 61 Die Übersetzung von Parsons, Letters Vol. 3, S. 16 lautet: »And, to the extent that you yourself will deign to agree, he has earnestly asked to have certain difficulties solved for him in that cultured and exact language of yours, and that shining splendor of Roman eloquence.« 62 Zu Macedonius vgl. Morgenstern, Briefpartner, S. 107f. 63 epist. 154,2.
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Augustins kulturelle Identität in den Briefen
potest, ut, donec explicent, non desistant, et, cum explicaverint, adhuc requirant (epist. 154,2).
Augustin schafft in den Augen des Absenders eine gelungene Synthese zwischen Priesteramt und klassischer Bildung, die in dem angeführten Zitat für die Bereiche Philosophie, Geschichte und Rhetorik abgedeckt wird. Die Redegewandtheit des Kirchenvaters wird in einer Art und Weise charakterisiert, die höchsten literarischen Ansprüchen Genüge zu leisten vermag: sie erscheint nicht nur dazu geeignet, christliche Gebildete zu begeistern; sie fesselt auch die inperiti, unter denen gebildete heidnische Leser zu verstehen sind, die inhaltlich nicht mit dem, was Augustin in de civitate dei thematisierte, vertraut waren. Auch sie kann der Bischof von Hippo durch seine Sprache und seinen Stil dazu bewegen, das Werk ein weiteres Mal zu studieren.64 Die Briefe 221 und 223 stammen von Quodvultdeus,65 der sie im Jahre 427 verfaßt hat. Nachdem der Absender im ersten Kapitel des früheren Briefes nur von den Ängsten gesprochen hat, die ihn zu gleichen Teilen davon abgehalten und dazu bewogen haben, Augustin zu schreiben, ermahnt er sich gleichsam zusammenfassend, daß er den Kirchenvater mit seiner überflüssigen Vielrederei nicht aufhalten wolle.66 Der Diakon bittet Augustin darum, eine Liste aller Häresien der Vergangenheit und der Gegenwart anzufertigen und stellt dem Adressaten zukünftigen Ruhm in Aussicht, der mit einem solchen Werk zu erlangen sei: Augustin, so der Absender, werde seine corona, die traditionell als Symbol für den Dichter- und Literatenruhm steht,67 durch das ersehnte compendium noch erweitern.68 Quodvultdeus ist sich der intellektuellen und sprachlichen Fähigkeiten Augustins bewußt und fordert gerade deshalb von dem Kirchenvater ein Werk, das kurz und bündig (breviter, perstricte atque summatim) sowohl die Positionen der einzelnen Häresien als auch die Meinung der katholischen Kirche in der betreffenden Frage zusammenfaßt. Keinesfalls dürfe 64 Die Vorstellung, daß unter den von Macedonius genannten inperiti Ungebildete zu verstehen sind, ist deswegen abzulehnen, weil ein Werk wie de civitate dei für solche Leser vollkommen unverständlich bleiben mußte. Zum Adressatenkreis des »Gottesstaates« vgl. oben, S. 63, Anm. 106. 65 Zu Quodvultdeus vgl. Morgenstern, Briefpartner, S. 57f. Quodvultdeus war zuerst katholischer diaconus in Karthago, ehe er dort zwischen 431 und 439 zum Bischof gewählt und später von den Vandalen verbannt wurde. 66 epist. 221,1: […] occupationi reverentiae tuae multiloquio superfluo moram non faciam, sed desiderium obsecrationis meae breviter indicabo. 67 In den Bekenntnissen (conf. 4,2,3) spricht Augustin davon, daß bei einem Theaterwettstreit eine corona aurea zu gewinnen gewesen sei. LUCR. 1,118 heißt es von Ennius: […] detulit ex Helicone perenni fronde coronam […] 68 epist. 221,3: […] opus hoc parvum inter cetera magnifica testimonio coronae tuae non deerit […]
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Augustin ein opulentum et magnificum volumen anfertigen, gehe es doch darum, mit dem in Auftrag gegebenen Werk zugleich docti et inperiti, otiosi et occupati et ad cuiuslibet gradus ministerium ecclesiae undecumque promoti zu erreichen und niemanden aufgrund seiner intellektuellen Fähigkeiten auszuschließen.69 Die Forderung an Augustin, ein Nachschlagewerk zu konzipieren, das für alle Leser verständlich sein soll, liegt Quodvultdeus besonders am Herzen, wie ihre Wiederholung im letzten Paragraphen des Briefes beweist.70 Wenn der Absender sein Gegenüber darum bittet, seine intellektuellen Anstrengungen nicht nur auf sich selbst zu konzentrieren, sondern sich um alle zu bemühen, die nach der Wahrheit suchen, dann läßt sich diese Aussage als Befürchtung interpretieren, Augustin könne ein Werk verfassen, das nur einem gebildeten Leserkreis verständlich sei. Daß dem Kirchenvater genau dieser Fehler in der Schrift de moribus ecclesiae catholicae et de moribus Manichaeorum unterlaufen ist, bemängelt er zu Beginn von de genesi contra Manichaeos selbst.71 Die Tatsache, daß Quodvultdeus Augustin erstens mit literarischem Ruhm bewegen zu können glaubt, ihn zweitens dazu auffordert, nicht nur für eine Bildungselite zu schreiben, ihn schließlich drittens ermahnt, nicht nur für sich selbst Anstrengungen zu unternehmen, ergibt aus dem Blickwinkel des Absenders ein Bild von Augustin, das sich folgendermaßen zusammenfassen läßt: Noch im Jahre 427 hält Quodvultdeus es für möglich, daß der Bischof von Hippo sich durch seine Bildung bei einem Publikum zu profilieren versucht, das sowohl die Inhalte als auch die sprachlich-stilistische Gestaltung seiner Schriften zu würdigen versteht. Selbst für den Fall, daß Augustin dem eigenen literarischen Ruhm keinen so hohen Stellenwert beigemessen hat, wie es gerade behauptet worden ist, so bleibt doch festzuhalten, daß der Kirchenvater nach Meinung des Quodvultdeus allzu leicht die Bildung seiner Gegenüber aus dem Auge verliert. Folglich kritisiert Quodvultdeus die Antwort Augustins. Ihm selbst, der sich zu den inperitissimi zähle und das Lateinische nicht in der Grammatik- und Rhetorenschule gelernt habe, könne nicht ernsthaft empfohlen werden, griechische Schriftsteller zu Rate zu ziehen, um sich über Häresien zu erkundigen.72
69 epist. 221,3. 70 epist. 221,4: Sed per Christum dominum rogo, qui te participem sapientiae suae sine invidia esse concessit, ut hanc gratiam dones indoctis ecclesiae, qui te agnoscis sapientibus atque insipientibus debitorem merito ac iure dicturus: Videte, quoniam non mihi soli laboravi sed omnibus exquirentibus veritatem. 71 Vgl. dazu oben, S. 66f. 72 epist. 223,2: Frustra etiam homini, qui Latine non didici, Graeca facundia delegatur, quia non ego tantum modo consilium sed auxilium postulavi.
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Der Brief 230 aus dem Jahre 429 zeigt noch einmal in aller Deutlichkeit das literarische Spiel eines Gebildeten.73 Zu Beginn bedient der Absender Darius74 sich des traditionellen Abwesenheitstopos, der sich bis zum zweiten Kapitel hinzieht. Das erste Kapitel besteht aus drei langen Sätzen, die in der CSEL-Ausgabe 20 Zeilen umfassen. Darius formuliert seine Gedanken im genus temperatum und scheut nicht davor zurück, sich eines Vergilzitates zu bedienen. Später tadelt er in bekannter Manier seinen sermo rudis und die inops lingua, um schließlich auch die ingrata verbositas seines Briefes einzugestehen.75 Darius bringt große Hochachtung für Augustins sapientia und eloquentia auf,76 ja er setzt die Bedeutung, die dem Kirchenvater für seine persönliche Rettung zukommt, direkt hinter derjenigen Gottes an.77 Dem nicht datierbaren Brief 260 des Audax78 waren bereits ein Schreiben des Absenders und eine Antwort Augustins vorausgegangen.79 Audax beschwert sich in seinem Brief darüber, daß Augustins Antwort zu kurz ausgefallen sei. Mit dieser Aussage ist bereits das Anliegen des Verfassers – Audax bittet um ein längeres Schreiben des Kirchenvaters – formuliert und auch der in weiten Teilen poetische Ton80 der epistula angeschlagen, wie das folgende Zitat beweist: Provocavi itaque, dulcis antistes, non ut praelargi pectoris pusillum libamen acciperem, sed ut ingens divitis ubertim flumen haurirem (epist. 260).
Audax beendet seinen Brief mit fünf Versen, die er zu Beginn als mei [...] temptamenta sermonis bezeichnet und in denen er noch einmal sein Bedauern über die Kürze des Antwortschreibens Augustins lamentiert. Audax versteht sich im Vergleich zu anderen als geeigneten Adressaten der Briefe des Kirchenvaters,81 von denen er als loquax [...] religionis ops spricht. Augustin ist für Audax das Orakel des göttlichen Gesetzes, der Heiliger (sacrator) der Gerechtigkeit, der Erneuerer des geistlichen Ruhmes und der Verwalter des ewigen Heils. Der Kirchenvater hat nicht nur den ganzen 73 Divjak, Epistulae, Sp. 1000 charakterisiert Darius als »hochkultivierte, am Christentum überaus interessierte Persönlichkeit«. 74 Zu Darius vgl. Morgenstern, Briefpartner, S. 115f. 75 Vgl. epist. 230,4. 76 Vgl. epist. 230,2f. 77 epist. 230,3: Dolebam me HKIdG> meo post deum HKIdG6 non visum; at tamen non carnis faciem – sic enim ais – sed, quod plus est, cordis adtendis eoque visus sum tibi esse iucundior, quo penitus inspexisti. 78 Zu Audax vgl. Morgenstern, Briefpartner, S. 84f. 79 Vgl. Divjak, Epistulae, Sp. 1008. 80 Zur Verdeutlichung der in dem Brief verwendeten Metaphorik läßt sich auch folgende Stelle anführen: Opto itaque sapientiae floribus pasci et vivi fontis haustibus inrigari. Praesta cupienti, quod utrique prosit. Potest enim seminudi roboris velamen genitale viridari, si meruerit tuis sensim fluentis augeri (epist. 260). 81 Im zweiten Vers fragt Audax: An minus apta suis speravit corda fluentis?
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Erdkreis geistig zu durchdringen vermocht, er ist, so Audax, auf dem ganzen Erdkreis auch ebenso berühmt und anerkannt.82 4.1.3 Augustin als Adressat von Bischöfen Der Brief, den der Bischof Severus83 im Jahre 409 an seinen Freund Augustin verfaßt hat, weist insgesamt eine hohe Stilisierung auf,84 während auf der inhaltlichen Ebene nur folgendes zum Ausdruck gebracht wird: Severus bringt den Werken Augustins höchste Anerkennung entgegen und äußert den Wunsch, einen Brief von dem Kirchenvater zu erhalten. Anders als die Briefe des Severus beinhalten diejenigen des Evodius85 rein theologische Fragen, die Augustin seinem langjährigen Freund beantworten soll. Zwar bringt Evodius durchaus Respekt für intellektuelle Studien auf, wie der Bericht über einen verstorbenen Sekretär bezeugt. Keineswegs aber läßt Evodius sich zu übertriebenen Lobesworten auf Augustin hinreißen und seine Sprache zeigt sich bescheiden. Wenn er am Ende von Brief 160 sagt, er habe inperite et rustice geschrieben, dann ist dies zwar als Bescheidenheitstopos aufzufassen; festzuhalten ist jedoch, daß sich der Stil des Absenders in jedem der erhaltenen Briefe erheblich von der Diktion unterscheidet, wie sie für Severus festgestellt worden ist.86
82 epist. 260: Thesaurum sapientiae desideravi, sed minus accepi, quam volui, licet minus non debet dici sed munus, quod oraculum legis contulerit Augustinus, sacrator iustitiae, instaurator spiritalis gloriae, dispensator salutis aeternae. Tam tibi mundanus orbis notus est quam notatus, tam tu ei cognitus quam probatus. 83 Zu Severus vgl. Morgenstern, Briefpartner, S. 19–21. 84 Als ein Beispiel von vielen läßt sich der als Paradoxon formulierte Abwesenheitstopos epist. 109,1 anführen: [...] mirum dicam sed verum plane: quam mihi absens solet esse praesentia, tam praesens facta est absentia tui. Auch der sich unmittelbar anschließende Passus erweist Severus als sorgfältigen Stilisten: Quid ergo dicam, quantum volo? Nosti optime, quam avarus sim tui, nec tamen murmuro, quia non tantum ago, quantum volo, quoniam rursus non minus ago, quantum possum. Ein Beispiel poetischer Sprache findet sich ebenfalls an der Stelle epist. 109,1: Deo ergo gratias, frater dulcissime, bene mihi te cum est, gaudeo te cum artius coniunctus et, ut ita dicam, unissime, quantum potest, adhaerens tibi redundantiam uberum tuorum suspiciens vires comparo, si possim idoneus effici ad ea concutienda et exprimenda, ut, quicquid secretius et interius clausum custodiunt, remotis pellibus, quas adhuc lactanti sugendas inserunt, ipsa mihi viscera, si possibile est, dignentur effundere. Später heißt es in demselben Kapitel: O vere artificiosa apis dei construens favos divini nectaris plenos, manantes misericordiam et veritatem, per quos discurrens deliciatur anima mea et vitali pastu, quicquid in se minus invenit aut inbecillum sentit, resarcire et suffulcire molitur. 85 Zu Evodius vgl. oben, S. 95. 86 Dasselbe trifft auch auf den Brief 198 des Hesychius zu, der aus der Zeit zwischen 418 und 420 stammt.
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Augustins kulturelle Identität in den Briefen 4.1.4 Exkurs: Die vita des Possidius
Auch aus der vita, die der Bischof Possidius kurz nach dem Tod Augustins angefertigt hat, läßt sich ein Bild davon gewinnen, welcher kulturelle Standort dem Kirchenvater von seinen Mitbischöfen zugeordnet worden ist. In der vita des Possidius wird Augustin als rhetorisch und grammatisch hervorragend gebildeter Redner und Schriftsteller charakterisiert,87 der sich als Bischof, Prediger, Seelsorger und Politiker aller medialen Möglichkeiten seiner Zeit bedient: Er verfaßt Bücher und Briefe, diktiert die Ergebnisse seiner Meditationen, hält Predigten, die von Schnellschreibern aufgezeichnet werden, disputiert öffentlich mit Gegnern, redigiert und publiziert seine Schriften, für deren Verbreitung er sorgt und die sogar ins Griechische übersetzt werden88 – kurzum er wirkt zum Nutzen der Kirche, indem er schreibt und spricht. Zwar erkennt Possidius in Augustin auch den frommen, demütigen und milden Asketen;89 sein Hauptaugenmerk aber ist auf die geistige und literarische Arbeit des Bischofs gerichtet, die aus der Sicht des Biographen alles, was die Persönlichkeit Augustins ausgemacht hat, umfaßt. Dies geht aus dem letzen Kapitel der vita hervor: Augustin mag der Kirche nach seinem Tod von ihm eingerichtete Klöster und die Bibliothek von Hippo, die seine Schriften bewahrt, hinterlassen; immer fortleben, so Possidius, wird Augustin nur durch letztere, die den Leser erkennen lassen, qualis quantusque in ecclesia fuerit.90 Der Gedanke, als Autor in den eigenen Werken präsent zu sein, ist bei Augustin in mehreren Briefen zu finden und als Topos in der antiken Literatur auch sonst häufig belegt.91 Der Stelle aus der Lebensbeschreibung kommt allerdings deshalb besondere Bedeutung zu, weil Possidius mit dem Weiterleben des Kirchenlehrers in seinem Oeuvre offenbar auch die Vorstellung von literarischem Nachruhm verbindet, wie der Vergleich mit einem nicht näher genannten heidnischen Poeten beweist:
87 Vgl. POSSID. vita Aug. 1,1: alitusque ac nutritus eorum cura, et diligentia impensisque, secularibus litteris eruditus apprime, omnibus videlicet disciplinis imbutus, quas liberales vocant. 88 Zum Schreiben von Büchern vgl. vita Aug. 7,1, zu Briefen vita Aug. 9,3 u. 19,6, zu Predigten vita Aug. 7,1 zum Diktieren seiner Gedanken vita Aug. 24,11, zu Schnellschreibern vita Aug. 7,3, zu öffentlichen Disputationen vita Aug. 6,6 u. 14,1; zur Überarbeitung, Veröffentlichung und Verbreitung seiner Werke vita Aug. 24,11, zur Übersetzung ins Griechische vita Aug. 11,5. 89 Vgl. vita Aug. 3,1; 8,1; 12,1 u. 22,1. 90 vita Aug. 31,8. 91 In epist. 229,2 heißt es: sicut mihi scripsit frater Novatus, egit, ut me excellentia et eruditio tua etiam in meis opusculis nosset. si ergo legisti, quae dedit, ego quoque innotui interioribus tuis sensibus non multum disciplens, quantum existimo, si propensiore caritate quam severitate legisti. Vgl. auch CIC. de orat. 2,8, wo von Antonius und Crassus gesagt wird: Nam si ex scriptis cognosci ipsi suis potuissent, minus hoc fortasse mihi esse putassem laborandum;
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Iuxta quod etiam saecularium quidam poeta, suis iubens quo sibi tumulum mortuo in aggere publico conlocarent, programmate finxit, dicens: ›Vivere post obitum vatem vis nosse, viator? Quod legis, ecce loquor: vox tua nempe mea est‹ (vita Aug. 31,8).
Mit dieser Gegenüberstellung ist gut vereinbar, daß der Biograph an mehreren Stellen der vita lobend auf die formalen Qualitäten der Schriftstellerei Augustins zu sprechen kommt. Unter anderem berichtet er davon, daß seine Bücher und Predigten sprachlose Bewunderung bei Christen hervorgerufen hätten und, »in großem Strom sich ergießend«, auch von Häretikern gelesen und von notarii aufgezeichnet worden seien.92 Insgesamt ergibt sich so aus der von Bischof Possidius verfaßten vita ein spätantikes Autorenporträt, das Augustin ganz ohne kritische Untertöne zum vir doctus et eloquens93 stilisiert. Der Interpretation der vita Possidi läßt sich die Deutung des berühmten Wandfreskos an die Seite stellen, das erst im Jahre 1900 in Rom unterhalb der Kapelle Sancta Sanctorum gefunden worden ist und dort vermutlich als Autorenbild in einer Bibliothek diente. Auf dem Fresko, das mit großer Wahrscheinlichkeit aus der Zeit Gregors des Großen stammt, wird Augustin, wie schon die klassische Toga verdeutlicht, keinesfalls als Bischof, sondern als Kirchenlehrer dargestellt.94 Der Redegestus der rechten Hand, das volumen in der linken, der codex auf dem Lesepult und die dem Betrachter zugewandte Haltung zeigen, daß Augustins Handeln als Prediger und Schriftsteller, Exeget und Pädagoge hervorgehoben werden soll. Dieser Eindruck wird durch die Inschrift, die unterhalb der Malerei angebracht ist,95 noch verstärkt: Augustin nimmt die erste Stelle unter den Kirchenvätern ein, und zwar deshalb, weil er nicht wie andere nur einzelne, sondern alle theologischen Probleme in lateinischer Sprache besprochen und geheimnisvolle Gedanken mit gewaltiger Stimme erläutert hat. Hier wird das Bild eines intellektuellen Kirchenschriftstellers gezeichnet, der seine ganze Energie auf die Behandlung und Vermittlung theologischer Sachverhalte 92 Vgl. vita Aug. 7,1: Et docebat ac praedicabat ille privatim et publice, in domo et in ecclesia [...] libris confectis, et repentinis sermonibus, ineffabiliter admirantibus christianis et collaetantibus [...] Et hos ejus libros sive tractatus mirabili Dei gratia procedentes ac profluentes [...] ipsi quoque haeretici concurrentes cum Catholicis ingenti adore audiebant: et quisquis, ut voluit, et potuit, notarios adhibens, etiam ea quae dicebantur excepta descripsit. 93 In vita Aug. 14,7 setzt Augustin sich auf der Konferenz von Caesarea gegen den donatistischen Bischof Emeritus durch, den Possidius als doctus, eloquens und praedicatus bezeichnet. 94 Eine ausführliche Beschreibung des Freskos findet sich bei Wilpert, S. 149–153. Vgl. auch Sauer, S. IXf. u. Gamble, S. 162–164. 95 Der Text lautet nach Wilpert, S. 150: »DIVERSI DIVERSA PATRES sed hic OMNIA DIXIT ROMANO ELOQVio MYSTICA SSENSA TONANS«
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verwendet und dabei ein Maß an Autorität beansprucht, wie es sonst nur den Worten des Iuppiter tonans zukommt.96 4.1.5 Augustin als Adressat von Klerikern – Das Beispiel Hieronymus In den Briefen, die Hieronymus an Augustin verfaßt hat, zeigt sich sehr gut, daß die gelehrten Christen auch als Kleriker ganz im traditionellen Bildungssystem verhaftet bleiben. Hieronymus teilt mit, daß er den von Augustin empfangenen Brief allein an dem Stil und der ganzen Art zu schreiben dem Bischof von Hippo zuzuordnen vermag.97 Der Mönch aus Bethlehem weist seinem Adressaten wie sich selbst eindeutig einen Platz im traditionellen literarischen System zu, wenn er sagt, daß nicht nur Augustin sich auf die heidnischen Dichter berufen könne; vielmehr wolle auch er an Dares und Entellus und an das allgemein bekannte Stichwort erinnern, »ein müder Ochse trete schwerer auf.«98 Hieronymus hält Augustin vor, nur deswegen Kritik an seinen theologischen Positionen zu üben, um zu Ruhm und Beifall beim Volk zu gelangen und auf diese Weise über Hieronymus hinauszuwachsen.99 Diese Aussage ist nicht nur als Anspielung auf den Inhalt der theologischen Erörterungen des Kirchenvaters zu verstehen. Unzweifelhaft ist vielmehr, daß Hieronymus auch den intellektuellen und sprachlichen Ehrgeiz des Bischofs im Blick hat. Augustin, so sind die Aussagen des Hieronymus zu verstehen, wolle sich offenbar kraft seiner klassischen Bildung darstellen und profilieren. Für Hieronymus ist dies Grund genug, Augustin, der seine Gelehrsamkeit ausspielen und sein Licht leuchten lasse wolle, an die gelehrten und vornehmen jungen Leute Roms zu verweisen,100 die sich, wie oben am Bei96 Zum Iuppiter tonans vgl. z.B. CIC. Phil. 5,8: Quam legem igitur se augur dicit tulisse non modo tonante Iove sed prope caelesti clamore prohibente, hanc dubitabit contra auspicia latam confiteri? 97 epist. 68,1: Ego simpliciter fateor dignationi tuae, licet stilus et aE>8:>G B6I6 tua mihi viderentur, tamen non temere exemplaribus litterarum credendum putavi, ne forte me respondente laesus iuste expostulares, quod probare ante debuissem tuum esse sermonem et sic rescribere. Die Briefe des Hieronymus an Augustin sind auch im Briefkorpus des Bischofs von Hippo überliefert. Sie werden in dieser Árbeit aus diesem zitiert. 98 epist. 68,2. 99 epist. 72,1,2: Nonnulli familiares mei et vasa Christi, quorum Hierosolymis et in sanctis locis permagna copia est, suggerebant non simplici a te animo factum, sed laudem atque rumusculos et gloriolam populi requirente, ut de nobis cresceres, ut multi cognoscerent te provocare, me timere, te scribere ut doctum, me tacere ut inperitum et tandem repperisse, qui garrulitati meae modum inponeret. 100 epist. 72,2,3: Si autem tuam vis vel ostentare vel exercere doctrinam, quaere iuvenes et disertos et nobiles, quorum Romae dicuntur esse quam plurimi, qui possint et audeant te cum congredi et in disputatione sanctarum scripturarum iugum cum episcopo ducere.
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spiel des Volusianus dargestellt, in literar-philosophischen Zirkeln zusammenfanden.101 Interessant zu sehen ist, daß Hieronymus Augustin an mehreren Stellen seiner Briefe zu verstehen gibt, daß der Bischof mit dem traditionellen Literaturkanon offenbar nicht in derselben Weise vertraut sei wie er selbst. In Brief 75 hält Hieronymus dem Kirchenvater vor, er habe doch eigentlich ohne fremde Hilfe auf den Titel der Schrift de viris illustribus kommen müssen, habe er vergleichbare heidnische Schriften doch sicher bereits studiert und sei folglich mit der Gattung und ihren Inhalten vertraut.102
101 Vgl. oben, S. 46, S. 54 u. S. 162f. 102 Vgl. epist. 75,2,3. Vgl. auch Fürst, S. 173, Anm. 205.
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4.2 Das Bildungskonzept der Briefe 4.2.1 Explizite Aussagen zur Bildung Innerhalb des Briefkorpus bezieht Augustin erstmals in Epistel 21, die nach der Priesterweihe an Bischof Valerius verfaßt worden ist,103 Stellung zur antiken Bildung. Der Kirchenvater hatte sein Amt bereits ausgeübt,104 fühlte sich der neuen Aufgabe jedoch nicht gewachsen. Er bittet deshalb seinen Vorgesetzten darum, ihn bis zum Osterfest des Jahres 391 von seinen Pflichten zu entbinden, um sich ganz in die Heilige Schrift als der Grundlage aller Verkündigung und Seelsorge vertiefen zu können. Augustin bekennt Valerius gegenüber, seine Aufgabe als Priester in der vor Gott angemessenen Art und Weise ausüben zu wollen, d.h. vor allem Demut zu üben und das Amt nicht um des schönen Scheins und des persönlichen Vorteils willen perfunctorie und adulatorie zu bekleiden.105 Wodurch sich der modus, den Gott befiehlt, neben dieser demütigen Grundhaltung auszeichnet, ist ihm allerdings unbekannt, wie er in folgenden Worten gesteht: Quis autem iste sit modus, nec a pueritia nec ab adulescentia mea didici. Et eo tempore, quo discere coeperam, vis mihi facta est merito peccatorum meorum – nam quid aliud existimem nescio –, ut secundus locus gubernaculorum mihi traderetur, qui remum tenere non noveram (epist. 21,1).
Augustin fehlt das Wissen, das zur Ausübung des neuen Amtes notwendig ist, denn er hat es weder in seiner Kindheit noch in seiner Jugendzeit gelernt, da er ganz im traditionellen Sinne allein in Grammatik und Rhetorik ausgebildet worden ist. Aus der Sicht Augustins bietet diese Art der Bildung für die Betätigung als Seelsorger und Prediger keine ausreichende Grundlage, die allein durch das Studium der Heiligen Schrift erworben werden kann. Der Autor zieht deshalb folgende Konsequenz, der er wenig später seine an Valerius gerichtete Bitte um eine zeitweise Freistellung von seinen priesterlichen Pflichten folgen läßt:106 […] debeo scripturarum eius medicamenta omnia perscrutari et orando ac legendo agere, ut idonea valitudo animae meae ad tam periculosa negotia tribuatur (epist. 21,3). 103 Zur Datierung vgl. Divjak, Epistulae, Sp. 950. 104 Vgl. Wundt, S. 61. 105 Vgl. epist. 21,1. 106 Die Bitte findet sich epist. 21,4: Ad quod negotium mihi parvum tempus velut usque ad pascha impetrare volui per fratres a tua sincerissima et venerabibli caritate et nunc per has preces volo.
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Die Übernahme des Kirchenamtes, das läßt Brief 21 erkennen, macht für Augustin die Beschäftigung mit neuen Bildungsinhalten und Texten unausweichlich. Die alte Bildung wird zwar nicht ausdrücklich abgewertet; festzustellen ist jedoch, daß der Kirchenvater, der vor allem aufgrund seiner wissenschaftlichen und rhetorischen Reputation zum Priester bestellt worden war,107 diese Bildung nun als nicht mehr ausreichend betrachtet. Diese Einschätzung mag zwar in erster Linie für Kleriker gelten, hat ihre Wirkung aber auch auf klassisch unterwiesene Christen nicht verfehlt, die zwar dem neuen Glauben beitraten, die Bedeutung der alten E6>9:¾6 jedoch in keiner Weise geschmälert wissen wollten.108 Dem alten Bildungskanon trat mit der Heiligen Schrift ein neuer gegenüber, der nicht nur dem Kirchenmann Heilmittel für die Gesundheit seiner Seele bot, sondern jedem, dessen intellektuelle Fähigkeiten zum Studium der Heiligen Schrift ausreichten, medicamenta zur Verfügung stellte. Die Bibel und ihre Inhalte konkurrieren demnach mit der Philosophie, die von Cicero ihrerseits als animi medicina bezeichnet wird und sich als Arznei der Philosophen in Büchern dargelegt findet, die nun im Grunde genommen der Lektüre nicht mehr bedurften.109 Während dem Brief an Valerius zu entnehmen ist, daß die Zeitgenossen Augustins die Voraussetzungen des Kirchenvaters bereits im Jahre 391 dafür ausreichend hielten, das Priesteramt zu übernehmen,110 und ihr Urteil auf dessen bisherige Karriere gründeten,111 bringt Epistel 34 aus dem Jahre 107 Vgl. Wundt, S. 62. Vgl. auch unten, Anm. 839. 108 Vgl. dazu oben, S. 60f. 109 Vgl. Tusc. 3,3,6; 3,18,40 u. 3,22,54. 110 Augustin nimmt epist. 21,4 die erstaunte Frage des Bischofs vorweg, quid desit instructioni tuae? Seine Antwort lautet, daß ihm so viel fehle, daß er leichter aufzählen könne, was er besitze, als was er zu besitzen begehre. 111 Die Zeitgenossen Augustins ordneten ihn im Jahre 391 noch ganz in die alte Bildungswelt ein, die stark davon geprägt war, Ansehen bei den Mitmenschen zu erlangen. Wie hoch Augustins Ehrgeiz und Geltungsbewußtsein von seinen Zeitgenossen eingeschätzt wurde, geht aus Brief 21 und der vita des Possidius hervor: die Tränen, die der Kirchenvater bei seiner Berufung ins Priesteramt vergoß, faßten die Anwesenden als Zeichen seines enttäuschten Stolzes auf. Sie glaubten, er habe das neue Amt im Vergleich zur Bischofswürde als zu gering für seine Person erachtet (epist. 21,2). Vor diesem Hintergrund sieht Augustin sich zu einer Rechtfertigung gezwungen, die er drei Jahre vor seinem Tod in einer Predigt wiederholt und die er Possidius zufolge auch sonst unter seinen Mitbrüdern verbreitet hat. serm. 355,2 heißt es: Spem quippe omnem saeculi reliqueram, et quod esse potui, esse nolui: nec tamen quaesivi esse quod sum. [...] Ab eis qui diligunt saeculum, segregavi me: sed eis qui praesunt populis, non me coaequavi. Nec in convivio Domini mei superiorem locum elegi, sed inferiorem et abiectum: et placuit illi dicere mihi, Ascende sursum. Daß Augustin sich durch seine philosophisch-theologische Schriftstellerei und durch öffentliche Reden bereits einen Namen gemacht hatte, geht aus folgenden Stellen hervor: serm. 355,2: […] quoniam coeperat esse iam alicuius momenti inter dei servos fama mea [...] Possidius spricht vita Aug. 3,3 von der bona fama und doctrina Augustins, der einem in Hippo stationierten Mann zu Ohren gekommen sei und in ihm das Verlangen geweckt habe, aus Augustins Mund das Wort Gottes zu hören.
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395/396 zum Ausdruck, daß Augustin sich als Bischof sehr wohl der alten Bildung bedient, ihre Relevanz für die Kirche jedoch herunterspielt: Er bittet den Staatsbeamten Eusebius darum, ein Religionsgespräch zwischen ihm und dem donatistischen Bischof Proculeianus zu vermitteln, der ein solches bisher offenbar aufgrund der rhetorischen und dialektischen Fähigkeiten des Kirchenvaters, also aufgrund seiner traditionellen Bildung abgelehnt hatte. Augustin schlüpft knapp fünf Jahre nach Brief 21 nicht nur erneut in die Rolle desjenigen, der als tiro ganz im Gegensatz zu Proculeianus noch wenig mit der Heiligen Schrift vertraut ist;112 er geht sogar so weit, der doctrina liberalium litterarum jede Bedeutung für die erhoffte Diskussion abzusprechen, die allein auf der Grundlage der Bibel und kirchlichen und weltlichen Aktenstücken zu entscheiden sei.113 Augustin erklärt sich dazu bereit, für ihn selbst seinen Amtsgenossen Samsucius das Gespräch führen zu lassen, um dabei zu betonen, welche Art von Bildung ihm wichtig erscheint. Der Unterrichtung im Glauben, die auf Wahrheit abzielt, steht die Glätte der Rede gegenüber, über die Samsucius ohne Nachteil keineswegs verfügt: Postremo est hic frater et collega meus Samsucius, episcopus Turrensis ecclesiae, qui nullas tales didicit, quales iste dicitur formidare; ipse adsit, agat cum illo; rogabo eum et, ut confido in nomine Christi, facile mihi concedet, ut suscipiat in hac re vicem meam, et eum dominus pro veritate certantem, quamvis sermone inpolitum, tamen vera fide eruditum, sicut confidimus, adiuvabit (epist. 34,6).
In Brief 101 an den Bischof Memorius wiederholt Augustin die Gegenüberstellung von traditioneller und kirchlicher Bildung, um dieses Mal zum Zweck der Abwertung des alten Systems auf die Person seines Schülers und Biographen zurückzugreifen: Von Possidius berichtet der Kirchenvater im Jahre 408/409, er sei per nostrum ministerium non litteris illis, quas variarum servi libidinum liberales vocant, sed dominico pane nutritus (epist. 112 Auch epist. 137,1,3 verweist Augustin auf die große Herausforderung, die das Studium der Heiligen Schrift für ihn darstellt und die er kaum zu bewältigen vermag: Tanta est enim christianarum profunditas litterarum, ut in eis cotidie proficerem, si eas solas ab ineunte pueritia usque ad decrepitam senectutem maximo otio, summo studio, meliore ingenio conarer addiscere, non quo ad ea, quae necessaria sunt saluti, tanta in eis perveniatur difficultate, sed, cum quisque ibi fidem tenuerit, sine qua pie recteque non viuitur, tam multa tamque multiplicibus mysteriorum umbraculis opacata intellegenda proficientibus restant tantaque non solum in verbis, quibus ita dicta sunt, verum etiam in rebus, quae intellegendae sunt, latet altitudo sapientiae, ut annosissimis, acutissimis, flagrantissimis cupiditate discendi hoc contingat, quod eadem scriptura quodam loco habet: cum consummaverit homo, tunc incipit. 113 epist. 34,6: Quamquam et iste, qui se tot annorum episcopum dicit, quid in me tirone timeat, quominus me cum velit conferre sermonem non satis intellego: si doctrinam liberalium litterarum, quas forte ipse aut non didicit aut minus didicit, quid hoc pertinet ad eam quaestionem, quae vel de sanctis scripturis vel documentis ecclesiasticis aut publicis discutienda est, in quibus ille per tot annos versatur, unde in eis deberet esse peritior?
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101,1). Mit Nachdruck wird im folgenden gegen die heidnischen Dichter, Redner und Philosophen samt ihrer Werke polemisiert, ehe Augustin mit Blick auf die genannten Personengruppen die für traditionell Gebildete alles vernichtende Aufforderung ausspricht: Absit omnino, ut istorum vanitates et insaniae mendaces, ventosae nugae ac superbus error recte liberales litterae nominentur […] (epist. 101,2).
In Worten, die an die bereits erläuterten stilkritischen Termini erinnern, mit denen Augustin die Sprache seiner Frühschriften charakterisiert,114 verurteilt der Kirchenvater an der vorliegenden Stelle neben den falschen Inhalten der heidnischen Poesie die schwülstigen Nichtigkeiten der Redner und den Irrtum der Philosophen, der deshalb als superbus bezeichnet wird, weil die philosophi der Ansicht sind, ohne Gottes Hilfe zur Wahrheit gelangen zu können. Die gleiche Abgrenzung gegenüber den Philosophen und Worthelden nimmt Augustin auch in den Briefen an Macedonius und Consentius aus den Jahren 413/414 bzw. 415 vor.115 Den vorläufigen Höhepunkt seiner Positionierung gegenüber der alten Bildung stellt jedoch die Epistel an Dioscorus dar, der das Zitat vom Beginn dieser Arbeit entnommen worden ist.116 Entgegen der Auffassung des Dioscorus117 sieht Augustin keine Möglichkeit, auf die Fragen des Griechen zu den rhetorischen Schriften Ciceros zu antworten, da ihm solche Themen mit seinem Bischofsamt als unvereinbar erscheinen und er nicht als nugator betrachtet werden will.118 Auch die Beantwortung der philosophischen Fragen, die Dioscorus Augustin in Anlehnung an die Lektüre von de natura deorum und de finibus bonorum et malorum gestellt hat, hält der Bischof von Hippo für seine Position nicht geziemend. Selbst wenn die von Dioscorus aufgebrachten Themen um ihrer selbst willen durchaus behandelt werden könnten, so dürfe eine Stellungnahme zu den von den heidnischen Philosophen vertretenen Positionen, wie sie in den Dialogen Ciceros zu finden seien, von Augustin nicht verlangt werden:
114 Vgl. oben, S. 133. 115 An Macedonius schreibt Augustin epist. 155,1,4: Cuius [sc. dei, Anm. d. Verf.] et illi gratiam mererentur, nisi elati inflatique superbia inaniter conarentur istam vitam beatam sibi ipsi facere, quod solus deus veraciter cultoribus suis post hanc vitam se largiturum esse promisit. In epist. 120,1,6 an Consentius heißt es: Hoc quibusdam philosophorum et oratorum non veram viam sed veri similem sectantibus et in ea se ipsos aliosque fallentibus persuaderi non potuit, quibusdam vero eorum potuit. 116 Vgl. oben, S. 9. 117 Vgl. dazu oben, S. 166f. 118 Vgl. epist. 118,5,34.
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Oratoris autem librorumque de oratore omnes praetermisi. Nescio quis enim nugator mihi esse visus sum, si eas exponendas persequerer. Nam de ceteris possem etiam decenter interrogari, si mihi quisquam res ipsas non de libris Ciceronis sed per se ipsas tractandas dissolvendasque proferret; in illis autem res ipsae nunc nostrae professioni minus congruunt (epist. 118,5,34).
Wenn Augustin nun dennoch zumindest auf die der Philosophie gewidmeten Fragen des Dioscorus eingeht, dann tut er dies nicht, ohne sein Vorgehen mehrmals ausdrücklich zu legitimieren: Am Ende seines Briefes ist er der Ansicht, dem Anliegen seines Adressaten gar nicht umfassend nachgekommen zu sein, ja er habe überhaupt nur deshalb zurückgeschrieben, weil ihm die Erholungsphase von einer Krankheit Gelegenheit dazu geboten habe.119 Auch die Tatsache, daß die abgewerteten Inhalte zur Widerlegung der Gegner verwendet werden können, erkennt Augustin als Rechtfertigung für die Beschäftigung mit ihnen an.120 Viel wichtiger erscheint ihm jedoch, daß Dioscorus – so unterstellt jedenfalls der Bischof – sich bei seinen Studien um die Wahrheit bemühe, so daß es seine Aufgabe sei, ihn zur rechten Einsicht zu führen.121 Augustin wählt also das »Übel«, sich mit der heidnischen Philosophie auseinanderzusetzen, zu dem Zweck, Dioscorus von der christlichen Position zu überzeugen. Daraus resultiert der Widerspruch, in der Epistel 118 einerseits ausführlich auf das überkommene Bildungsgut zu rekurrieren, diesem gegenüber andererseits aber eine strenge limitische Struktur aufzubauen, die den ganzen Brief durchzieht.122 Neben den bereits bekannten Vorbehalten gegen die heidnische Philosophie123 stützt Augustin sich bei seiner Abwertung der heidnischphilosophischen Literatur auf die These, daß die von Dioscorus zur Diskussion gestellten Positionen in den Bildungszentren der Gegenwart so sehr an Bedeutung verloren hätten, daß sich in Rom oder in Karthago niemand mehr mit ihnen beschäftige.124 Ihm selbst sei es daher nicht möglich, in 119 epist. 118,5,34: Haec me tibi diutissime in hac epistula locutum, etsi alia forte tu malles, omnino non paenitet. Probabis enim haec magis, quanto magis in veritate proficies; et tunc probabis consilium meum, quod nunc utilitati studiorum tuorum minus obsecutum putas […] Haec autem omnia non facerem, nisi me post aegritudinem, in qua eram, cum homo tuus venisset, aliquantum ab Hippone removerem. 120 Vgl. epist. 118,1,7 u. 2,12. 121 Vgl. epist. 118,2,8. 122 Während epist. 118,4,31 die von Dioscorus gewünschten Themen als der Behandlung nicht wert befunden werden, schämt Augustin sich epist. 118,5,32 dafür, die Theorien überhaupt zu widerlegen, wofür er denn auch Selbstkritik übt. 123 Vgl. epist. 118,1,1: Augustin spricht von den deliciosae inquisitiones des Dioscorus, dem er vorhält, inaniter curiosus zu sein und vanae atque fallaces cupiditates zu hegen. Die Dialoge Ciceros und die darin vermittelten philosophischen Standpunkte werden epist. 118,1,7 als falsitates bezeichnet. 124 epist. 118,2,9: Quae cum ita sint, id est cum duae tantae urbes Latinarum litterarum artifices, Roma atque Carthago, nec taedio tibi sint, ut a te ista perquirant, nec taedia tua curent, ut te
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Hippo Codices der Dialoge Ciceros ausfindig zu machen, um sich den Kontext der jeweiligen philosophischen Meinungen noch einmal zu vergegenwärtigen: […] tam insolita atque omnino peregrina sunt, ut, si vellem respondendi cura inspicere aliquid volens videre, quo modo ad sententiam, quae mihi exponenda esset, desuper veniatur aut ab ea deinceps quae contexeretur oratio, codicem prorsus invenire non possem (epist. 118,2,9).
Wie bereits in den confessiones125 so distanziert der Kirchenvater sich auch in epist. 118 vehement von seiner Vergangenheit als Grammatik- und Rhetoriklehrer, wobei er im vorliegenden Fall seine Abkehr von den philosophischen Bildungsinhalten unterstreicht und dafür sein Bischofsamt als Begründung ins Feld führt: Während Dioscorus sich nicht mehr mit den Inhalten der Schule beschäftigen solle, stehe es ihm als Bischof nicht an, sich als »Verkäufer« der alten Bildungsinhalte zu präsentieren: Sed nec te volo esse adhuc puerum et me iam esse puerilium rerum sicut non venditorem ita nec largitorem decet (epist. 118,2,9).
Augustin erkennt die Möglichkeit, daß gerade die episcopi wie er selbst noch die alte Bildung genossen haben126 und aus diesem Grund als adäquate Gesprächspartner für Menschen wie Dioscorus erscheinen, zumal die Rhetoriklehrer sich nicht mehr mit diesen Dingen beschäftigen. Der Kirchenvater bezeugt nun, daß er in seiner Jugend selbst von der verderblichen Liebe zur Philosophie ergriffen worden sei, gerade so, als sei in ihr etwas Bedeutendes zu lernen. Schließlich gesteht er auch ein, seine kulturelle Erinnerung nicht einfach aus dem Gedächtnis streichen zu können, betont aber ähnlich wie in den confessiones,127 daß er sein Bildungswissen lieber vergessen wolle, als auf die Fragen seines Briefpartners zu antworten.128 Wenn Dioscorus beabsichtige, zur Wahrheit zu gelangen und diese zu lehren, dann müsse er sich an die Bibel und nicht an Cicero halten.129 Die Voraussetzung, das angestrebte Ziel zu erreichen, bestehe sogar darin, sich vom ista perquirentem exaudiant, miror tantum, quantum dici non potest, vereri te, tam boni ingenii iuvenem, ne in Graecis atque orientalibus urbibus quemquam de his rebus molestum interrogatorem feras. 125 Vgl. das Zitat oben, S. 117, Anm. 207 u. S. 128 m. Anm. 249. 126 Zu der aufs Ganze gesehen nur wenig ausgeprägten Bildung der Bischöfe Afrikas vgl. Kaster, Guardians, S. 86 u. Tornau, S. 332. Vgl. zur Thematik der Priesterausbildung insgesamt auch die Untersuchungen von Stockmeier, Ausbildung des Klerus, Eck u. Viciano. 127 Vgl. oben, S. 123. 128 Vgl. epist. 118,2,9 und das Zitat oben, S. 9. 129 epist. 118,2,11: Sed si hoc te scire iam dicis idque ipsum christianum doctrinam esse respondes, quam te omnibus praeponere novimus et in ea sola esse praesumere spem salutis aeternae, non opus est ei cognitione dialogorum Ciceronis et collectione emendicatarum discordantium sententiarum alienarum procurari auditores.
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alten Bildungsgut zu verabschieden, ja dieses zu »verlernen«.130 Ganz im Gegensatz zu der traditionellen Auffassung hält Augustin gerade denjenigen für doctus und prudens, der nichts von der heidnischen Philosophie und der Literatur, die diese der Nachwelt unter anderem in den Dialogen Ciceros tradiert, weiß.131 Neben den falschen Inhalten erregt vor allem das Motiv, das Dioscorus dazu bewegt hat, seine Fragen an Augustin zu formulieren, die Kritik des Kirchenvaters.132 Sich nur um seines Ansehens willen mit der Philosophie zu beschäftigen, um nicht indoctus und hebes zu erscheinen, ist für Augustin inakzeptabel, ja überhaupt weist er alle äußeren Gründe, die nicht darauf abzielen, den inneren Menschen zu verbessern, zurück.133 Der die soziale Promotion fördernden Funktion der traditionellen E6>9:¾6 wird damit eine Absage erteilt. Dem alten Bildungssystem stellt Augustin in den Briefen ein neues christliches gegenüber. Wahrhaft frei, so schreibt er in klarer Abgrenzung zu den freien Künsten, machten nur die Bildungsinhalte der Heiligen Schrift, die als litterae vere liberales bezeichnet werden.134 Augustin ist von der rhetorica cathedra zur cathedra ecclesiastica gewechselt (epist. 118,2,9), das Amt des Grammatik- und Rhetoriklehrers, der sich mit heidnischen Werken beschäftigt, hat er gegen die Aufgabe eines litterator eingetauscht, der die Bibel zur Grundlage seiner Arbeit macht, wie er in dem Brief an den heidnischen Beamten Nectarius aus dem Jahre 408 zum Ausdruck bringt: Der Bischof von Hippo begehrt ein Sprachgelehrter, ein Meister in der Auslegung der heiligen Schrift, ja ein grammaticus der Bibel zu sein.135 In der Kirchengemeinde manifestiert sich gleichsam eine neue schola, die sich dadurch von der herkömmlichen unterscheidet, daß Männer und Frauen jedes Alters und jedes Standes an ihr 130 epist. 118,2,11: Nolo prius aliquid doceas, quod dediscendum est, ut vera doceas. 131 epist. 118,3,13: Ille autem, quisquis abs te quaesierit, quae tu a nobis quaeris, audiat, quod ea doctius et prudentius nescias. 132 epist. 118,1,4: Non mihi videris aliunde dies noctesque cogitare, nisi ut in studiis tuis atque doctrina lauderis ab hominibus. Mit dieser Aussage korrespondiert die epist. 118,1,3 zu findende Ironie Augustins, die sich auf die Bitte des Dioscorus bezieht, ihm als Bischof die Fragen zu Ciceros Dialogen zu beantworten: O rem dignam vigiliis et lucubrationibus episcoporum! 133 epist. 118,1,6: Si autem non ibi finis est harum actionum atque intentionis tuae, sed propter aliud aliquid indoctus et hebes non vis putari, quaero, quid illud sit. Si propterea, ne angustior tibi aditus ad adquirendas temporales divitias, uxorem impetrandam, honores capessendos et cetera huius modi praecipiti fluxu transcurrentia atque in se lapsos in imum rapientia, neque ad hunc finem tibi servire nos decet, immo decet etiam hinc te amovere. 134 epist. 101,2: Quid enim aliud dicendum est eis, qui cum sint iniqui et impii, liberaliter sibi videntur eruditi, nisi quod in litteris vere liberalibus legimus: Si vos filius liberaverit, tunc vere liberi eritis? 135 epist. 104,1,3: Hoc congruit et litteris sacris, quarum me cupio litteratorem. Zur Bedeutung des Substantivs litterator vgl. ThlL VII 2, 1530,12–70.
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partizipieren.136 Die zwei wichtigsten Vorschriften des Christentums, Gott und die Mitmenschen zu lieben, ersetzen alle Philosophie.137 Augustin zeigt sich in den Briefen darum bemüht, den Gegensatz zwischen den beiden Bildungswelten zu betonen, zugleich aber auch auf die Erfolgsgeschichte des Christentums zu verweisen und dessen intellektuellen Tiefgang hervorzuheben: Praeclarissima ingenia, cultissima eloquia mirabilesque peritias acutorum, facundorum atque doctorum subiugant Christo et ad praedicandam viam pietatis salutisque convertunt (epist. 137,4,16).
Die neue Religionsgemeinschaft zeichnet sich Augustin zufolge keinesfalls durch ein asketisches Konzept aus. Das angeführte Zitat, das auf niemanden so gut zutrifft wie auf den Kirchenvater selbst, verdeutlicht vielmehr, daß die Kirche sich die geistigen Anlagen, die Beredsamkeit und das Wissen der Gebildeten zunutzen macht, die sich anders als die heidnischen Philosophen jedoch ganz in den Dienst Christi stellen und ihre Fähigkeiten von diesem ableiten. Das Wesen der christlichen Gemeinschaft hat sich demzufolge radikal verändert. Von ihren Mitgliedern kann Augustin im Jahre 411/412 berichten: Ex inperitissimis, ex abiectissimis, ex paucissimis inluminantur, nobilitantur, multiplicantur (epist. 137,4,16).138 In seinem Brief
136 epist. 138,2,10: Cum vero legitur praecipiente auctoritate divina non reddendum malum pro malo, cum haec tam salubris admonitio congregationibus populorum tamquam publicis utriusque sexus atque omnium aetatum et dignitatum scholis de superiore loco personat, accusatur religio tamquam inimica rei publicae. An Nectarius schreibt Augustin epist. 91,3: Hi autem mores in ecclesiis toto orbe crescentibus tamquam in sanctis auditoriis populorum docentur atque discuntur […] 137 epist. 137,5,17: Quae disputationes, quae litterae quorumlibet philosophorum, quae leges quarumlibet civitatum duobus praeceptis, ex quibus Christus dicit totam legem prophetasque pendere, ullo modo sunt comparandae? […] Hic physica, quoniam omnes omnium naturarum causae in deo creatore sunt; hic ethica, quoniam vita bona et honesta non aliunde formatur, quam cum ea, quae diligenda sunt, quem ad modum diligenda sunt, diliguntur, hoc est deus et proximus; hic logica, quoniam veritas lumenque animae rationalis nonnisi deus est; hic etiam laudabilis rei publicae salus, neque enim conditur et custoditur optima civitas nisi fundamento et vinculo fidei firmaeque concordiae, cum bonum commune diligitur, quod summum ac verissimum deus est, atque in illo invicem sincerissime se homines diligunt, cum propter illum se diligunt, cui, quo animo diligant, occultare non possunt. Vgl. auch epist. 155,2,6: Wer wahrhaft glücklich sein wolle, solle an dem festhalten, was er in der Heiligen Schrift gelesen und gelernt habe, nämlich daß das Glück nur durch Gott zu erreichen sei: Quanta est autem vanitas, quanta insania quantumque mendacium hominem mortalem aerumnosam vitam mutabili et spiritu et carne ducentem, tot peccatis oneratum, tot temptationibus subditum, tot corruptionibus obnoxium poenisque iustissimis destinatum se ipso fidere, ut beatus sit, quando ne illud quidem, quod habet in naturae suae dignitate praecipuum, id est mentem atque rationem potest vindicare ab erroribus, nisi deus adsit lux mentium. 138 Der Gedanke begegnet auch epist. 118,5,32: Sed ille fidei clementissimus imperator et per conventus celeberrimos populorum atque gentium sedesque ipsas apostolorum arce auctorita-
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an Consentius aus dem Jahre 415 erklärt Augustin, daß das Christentum die Bildung nicht pauschal abwerte. Auch die neue Religionsgemeinschaft schätze Redefähigkeit, Vernunft und Weisheit hoch, stelle allem jedoch den Glauben voran: Quapropter sicut non ideo debes omnem vitare sermonem, quia est et sermo falsus, ita non debes omnem vitare rationem, quia est et falsa ratio. Hoc et de sapientia dixerim; neque enim propterea sapientia devitanda est, quia est et falsa sapientia, cui stultitia est Christus crucifixus, qui est dei virtus et dei sapientia, et ideo per hanc stultitiam praedicationis placuit deo salvos facere credentes, quoniam, quod stultum est dei, sapientius est hominibus (epist. 120,1,6).
Die Abkehr von der alten Bildung bedeutet demnach keine Abkehr von der Bildung überhaupt, sondern erfordert eine demütige Haltung und den Glauben an Gott, in dem die christlichen Fischer die heidnischen Philosophen und Redner übertroffen haben: In qua via, id est in cuius Christi crucifixi fide, qui eius rectitudinem per dei gratiam comprehendere potuerunt, et si philosophi appellati sunt sive oratores, profecto humili pietate confessi sunt sibi longe excellentius in ea fuisse praevios piscatores non solum credendi firmissimo robore verum etiam intellegendi certissima veritate (epist. 120,1,6).
Glaube und Vernunft gehen nach Augustin im Christentum eine Synthese ein, die selbst Schüler Plotins dazu bewegt haben, sich zu Jesus Christus zu bekehren,139 was dem Kirchenvater folgende Ruhmesworte entlockt: Itaque totum culmen auctoritatis lumenque rationis in illo uno salutari nomine atque in una eius ecclesia recreando et reformando humano generi constitutum est (epist. 118,5,33).
Wie in de ordine bringt Augustin auch in den Briefen Platon und seinen Schülern Wertschätzung gegenüber.140 Der Kirchenvater geht bei aller Kritik an den traditionellen Bildungsinhalten sogar soweit, allen heidnischen Texten zumindest Teilwahrheiten zuzugestehen. Im Jahre 397 schreibt er parallel zu den confessiones in einem Brief an Hieronymus, daß nicht nur bei kirchlichen, sondern bei allen Schriften das Richtige und Wahre, das sich in ihnen finde, zu billigen und zu loben, das Falsche und Verkehrte aber zu tadeln sei.141 Dem Heiden Volusianus gegenüber vertritt Augustin tis munivit ecclesiam et per pauciores pie doctos et vere spiritales viros copiosissimis apparatibus etiam invictissimae rationis armavit. 139 Vgl. epist. 118,5,33. 140 Vgl. epist. 104,1,3 u. 118,3,16f. u. 19. Zu de ordine vgl. oben, S. 86f. 141 epist. 40,6,9: […] iam sciebam non tantum in ecclesiasticis litteris sed in omnibus recta et vera, quae invenerimus, adprobare atque laudare, falsa vero et prava inprobare atque reprehendere.
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die Ansicht, daß die biblischen Propheten überall die Wahrheit gesagt, die Autoren der heidnischen Bildungswelt aber zumindest viel Wahres mit Falschem vermischt und ihrerseits das Kommen des Erlösers angekündigt hätten.142 Selbst in der Epistel an Memorius, die eine scharfe Kritik an den artes liberales beinhaltet,143 räumt er diesen ein, den Menschen dort Freiheit zu bringen, wo sie mit der Wahrheit übereinstimmen, die sich von Christus herleitet: Neque enim habent congruum libertati, nisi quod habent congruum veritati (epist. 101,2). Immer wieder rekurriert Augustin in den Briefen auf das traditionelle Literatursystem, um dabei dessen Autoren zu loben, denen wahre Aussagen attestiert werden: Während der Kirchenvater sich in einem Brief an den christlichen Laien Marcianus auf einen Vers Lukans stützt, um Cicero als den Romani […] maximus auctor Tullius eloquii zu bezeichnen (epist. 258,1), spricht er gegenüber Marcellinus von Sallust als dem nobilissimus historicus eorum, um wenig später mit Blick auf Juvenal folgende Aufforderung an die Heiden auszusprechen: Audiant satiricum suum garriendo vera dicentem (epist. 138,3,16).144 Die Anerkennung, die Augustin den heidnischen Autoren entgegenbringt, ist auch dem Brief an den Amtsgenossen und Freund Evodius aus dem Jahre 414/415 zu entnehmen: Augustin diskutiert in seinem Schreiben die Frage, wen Christus nach seinem Tod beim Abstieg in die Hölle aus dieser befreit habe. Er erwägt die Möglichkeit, daß alle Menschen, die sich dort aufgehalten haben, ohne Ausnahme befreit worden seien, worüber er sich insbesondere für diejenigen freut, […] qui nobis litterario labore suo familiariter innotuerunt, quorum eloquium ingeniumque miramur, non solum poetas et oratores, qui eosdem ipsos falsos deos gentium multis opusculorum suorum locis contemnendos ridendosque monstrarunt et aliquando etiam unum deum verumque confessi sunt, quamvis illa superstitiosa cum ceteris colerent, verum etiam illos, qui haec non cantando vel declamando sed philosophando dixerunt, multos etiam, quorum litteras non habemus, sed in illorum litteris didicimus secundum quendam modum laudabiles vitas, ut excepto dei cultu, in quo erraverunt colentes vana, quae publice colenda fuerant, instituta et creaturae quam creatori potius servientes, in ceteris moribus parsimoniae, continentiae, castitatis, sobrietatis, mortis pro patriae salute contemptus servataque fidei non solum civibus verum et hostibus imitandi merito proponantur? (epist. 164,2,4). 142 epist. 137,3,12: […] in quo Christo […] venit hominibus magisterium et adiutorium ad capessendam sempiternam salutem: magisterium quidem, ut ea, quae hic ante dicta sunt utiliter vera non solum a prophetis sanctis, qui omnia vera dixerunt, verum etiam a philosophis atque ipsis poetis et cuiusce modi auctoribus litterarum, quos multa vera falsis miscuisse quis ambigat, illius etiam in carne praesentata confirmaret auctoritas propter eos, qui illa non possent in ipsa intima veritate cernere atque discernere […] 143 Vgl. oben, S. 180f. 144 Positiv beurteilt Augustin Cicero auch an der Stelle epist. 155,1,5: Sanior quippe est eiusdem Ciceronis illa sententia […]
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Augustin bekennt ausdrücklich seine nahe Bindung an den traditionellen Literaturkanon, dessen Autoren er wegen ihrer Sprache und ihres Intellekts, vor allem aber auch deswegen bewundert, weil sie sich zuweilen zu dem unus deus verusque bekannt haben. Auch tugendhafte Heiden, deren Werke er nicht besitzt, schätzt Augustin, hält ihnen jedoch vor, ihr Verhalten nicht auf Gott, sondern auf das Lob ihrer Mitmenschen ausgerichtet zu haben. Seine Faszination für die genannten Autoren geht so weit, daß er am Ende den Wunsch äußert, sie sollten von ihren Höllenqualen befreit werden, freilich nicht ohne zu betonen, daß letztlich Gottes Gerechtigkeit in dieser Frage zu entscheiden habe.145 Anhand der expliziten Aussagen Augustins zur Bildung läßt sich für die Briefe dasselbe Ergebnis konstatieren, das bereits für die Schrift de doctrina christiana gewonnen worden ist:146 Der Kirchenvater konstruiert eine limitische Struktur zur traditionellen E6>9:¾6, deren Verwendung er aber in einem bestimmten Maße auch für die Christen gutheißt. Immer wieder weist er darauf hin, daß es in erster Linie auf den Glauben und die Heilige Schrift ankomme, deren Kenntnis das übrige Bildungswissen damit im Grunde überflüssig macht. Daß Augustin selbst einem intellektuellen Christentum den Vorzug gibt, geht aus dem Brief an Licentius hervor, dem der Kirchenvater auch neun Jahre nach de ordine noch denselben Rat erteilt wie in der Frühschrift: Licentius, der sich in einem Gedicht an Augustin147 ganz von philosophischen Themen abgewandt und mit seinem Streben nach Ruhm als Teil des überkommenen Bildungs- und Literatursystems erwiesen hatte, hält Augustin vor, daß er sich nur um seine sprachliche Virtuosität sorge und den Zorn der Grammatiker mehr fürchte als einen falschen Lebenswandel.148 Wie in de ordine149 so verlangt Augustin von Licentius auch im Jahre 395 nicht, daß er sein Talent ungenutzt lassen oder sich einer anderen Literatur145 epist. 164,2,4: Quae quidem omnia, quando non referuntur ad finem rectae veraeque pietatis sed ad fastum inanem humanae laudis et gloriae, etiam ipsa inanescunt quodam modo steriliaque redduntur. Verum tamen quadam indole animi ita delectant, ut eos, in quibus haec fuerunt, vellemus vel praecipue vel cum ceteris ab inferni cruciatibus liberari, nisi aliter se haberet sensus humanus aliter iustitia creatoris. 146 Vgl. dazu oben, S. 157–159. 147 Das Gedicht ist am Ende der epist. 26 Augustins an Licentius abgedruckt. 148 epist. 26,4: Si versus tuus momentis inordinatis perversus esset, si suis legibus non staret, si mensuris inparibus aurem auditoris offenderet, puderet te certe nec differres nec desisteres, donec ordinares, corrigeres, statueres, aequares versum tuum discendo et agendo artem metricam acerrimo studio et labore quolibet. Quid, cum inordinatus ipse perverteris, cum legibus dei tui ipse non stas neque in agenda vita honestis tuorum votis et huic ipsi eruditioni tuae concinis, abiciendum post tergum putas et neglegendum? Quasi prae sono linguae tuae sis tibi vilior et, incompositis moribus quod offendis aures dei, levius sit, quam si incompositis syllabis tuis grammatica suscenseret auctoritas. 149 Vgl. oben, S. 88.
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gattung bedienen solle. Er fordert ihn vielmehr dazu auf, seine Begabung in den Dienst Christi zu stellen, ganz so, wie er es von Paulinus von Nola lernen könne. Dieser wird damit zum Modell erhoben, das den praeclarissima ingenia, von denen Augustin in Brief 137 spricht,150 zugeordnet werden kann:151 Vade in Campaniam, disce Paulinum, egregium et sanctum dei servum, quam grandem fastum saeculi huius tanto generosiore quanto humiliore cervice incunctanter excusserit, ut eam subderet Christi iugo, sicut subdidit; et nunc illo moderatore itineris sui quietus et modestus exultat (epist. 26,5).
Ganz in Übereinstimmung mit dieser Haltung stehen auch die Aussagen, die sich in den Briefen an die Bischöfe Castorius und Emeritus finden. Während Castorius dazu ermuntert wird, neben seiner Tugendhaftigkeit auch seine Geisteskraft (ingenium), Klugheit (prudentia) und Beredsamkeit (eloquentia) in den Dienst Gottes zu stellen, der ihm diese Vorzüge habe zukommen lassen,152 erfährt der Donatist Emeritus einen Lobpreis seiner wissenschaftlichen Bildung.153 Augustin ist jedoch darum bemüht, seine bildungstheoretische Position von der traditionellen abzugrenzen. Dem Heiden Darius teilt er deshalb mit, wie sehr er sich über den Stil seines Briefes gefreut habe, stellt aber in Worten, die an diejenigen aus de doctrina christiana erinnern,154 folgendes klar: Das eloquium des Darius habe deshalb seine Freude erregt, weil der anmutige Stil mit dem Ernst des Inhalts korrespondiere.155 In der Epistel 2* an den gebildeten Heiden Firmus bringt Augustin zum Ausdruck, daß er Freude über die Begabung seines Sohnes empfinde, die in einer großen Geisteskraft bestehe und sich überdies in den Fortschritten, die der Sohn in der liberalis eruditio mache, manifestiere.156 Dem Brief läßt sich entnehmen, daß der Sohn die traditionelle Bildung beim Rhetor genießt. Der Vater hatte in einem früheren Schreiben über den Werdegang seines Sohnes berichtet und auf Augustins Bitten sogar eine seiner Schulre150 Vgl. oben, S. 185. 151 Entsprechend verlangt Augustin epist. 137,1,1 auch von Volusianus, er solle sowohl sein ingenium als auch sein eloquium zum Nutzen der übrigen Heiden einsetzten, contra quorum tarditatem seu perversitatem convenientissime defendenda est tantae gratiae dispensatio […] 152 Vgl. epist. 69,2. 153 epist. 87,1: Ego cum audio quemquam bono ingenio praeditum doctrinisque liberalibus eruditum, quamquam non ibi salus animae constituta sit, tamen in quaestione facillima sentire aliud, quam veritas postulat, quo magis miror, eo magis exardesco nosse hominem […] 154 Vgl. oben, S. 143 u. S. 153. 155 epist. 231,2: Nam eloquium tuum me delectat, quoniam graviter suave est vel suaviter grave […] 156 epist. 2*,12,1: Implevit enim me magno gaudio magna indoles eius magno excellens ingenio et multum liberali eruditione provecta.
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den (dictio) zur Beurteilung nach Hippo gesandt.157 Der Bischof, so verlangte Firmus, solle dabei nicht auf den Inhalt, der durch die necessitates materiae bedingt sei, sondern nur auf die formalen Fähigkeiten des Jungen achten.158 Dies aber lehnt Augustin ab, der sein schon früher geäußertes Diktum159 auch in diesem Brief wiederholt: Der richtige Sinneswandel und der rechte, auf die Wahrheit abzielende Gebrauch des rhetorischen Talents ist es, der dem Kirchenvater am Herzen liegt: Ego vero quanto magis delector ingenio et egregia facultate dicendi, tanto sollicitior sum propensius eum diligens quali animo haec tanta bona eius inserviant, quibus ut scis et bene et male uti homines possunt […] (epist. 2*,12,4).
In deutlicher Abgrenzung zur zweiten Sophistik erklärt Augustin auch in diesem Brief, daß die eloquentia stets mit der sapientia verbunden sein müsse, wie schon der eiusdem facultatis doctor et copiosissimus et ornatissimus, also Cicero, gesagt habe.160 Den wahren Redner definiert Augustin schließlich in Anlehnung an die berühmte Wendung Catos als einen vir bonus dicendi peritus. Dem Kirchenvater zufolge muß dieser sich dadurch auszeichnen, daß er der mos inveteratus zum Trotz nach der veritas strebt und nicht möglichst vielen, sondern moralisch guten Menschen zu gefallen versucht; denn darin, so Augustins christliche Vorstellung, bestehe die condicio der ars rhetorica, die letztlich das Ziel verfolge, et bonis et plurimis zu gefallen.161 Auch für die Briefe läßt sich der Widerspruch feststellen, der für die confessiones und de doctrina christiana bereits herausgearbeitet worden ist: Stellen, an denen Augustin sich ganz von der traditionellen Bildung abwendet, stehen solchen gegenüber, die sein Konzept, sich der E6>9:¾6 in einem für Christen annehmbaren Umgang zu bedienen, beinhalten. Da Augustin dieses Konzept bereits in den confessiones verwirklicht162 und, wie im nächsten Abschnitt dieser Arbeit zu zeigen sein wird, auch in den Briefen zur Anwendung bringt, stellt sich die Frage, wie die extrem abwertenden Äußerungen zu der liberalis eruditio in den epistulae zu erklären sind. Daß Augustin in Brief 34 an Eusebius davon spricht, die doctrina liberalium litterarum sei für ein Religionsgespräch ohne Bedeutung, in dem es vielmehr auf die Kenntnis der kirchlichen Schriften ankomme, ist folgendermaßen zu deuten: Proculeianus ordnet Augustin eindeutig dem traditio157 Vgl. Vössing, Schule und Bildung, S. 302f. 158 Vgl. ebd., S. 383f. m. Anm. 1310. 159 So schon doctr. christ. 2,31,48 u. 4,2,3. Vgl. auch conf. 5,6,10. Vgl. zu diesen Stellen oben, S. 110, S. 128–130 u. S. 141f. 160 Vgl. epist. 2*,12,8. 161 Vgl. epist. 2*,12,4–7 u. 13,1. 162 Vgl. oben, S. 123f.
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nellen Bildungssystem zu und erweckt in derselben Weise, wie sie bereits für Maximus festgestellt worden ist,163 den Eindruck, als bediene der Kirchenvater sich über Gebühr der traditionellen Bildung und speziell seiner rhetorischen Fähigkeiten, um in Streitgesprächen seinen eigenen Standpunkt durchzusetzen. Augustin sieht sich vor diesem Hintergrund dazu gezwungen, die Bedeutungslosigkeit der artes zu betonen, ohne daß sich daran eine grundlegende Verurteilung der Rhetorik ablesen ließe. Augustin, das machen besonders die Briefe an Licentius, Dioscorus und Audax deutlich, übt immer dann scharfe Kritik an dem alten Bildungs- und Literatursystem, wenn die Briefpartner sich tief in diesem verwurzelt zeigen und entweder wie Dioscorus stark auf ihr soziales Ansehen bedacht oder wie Licentius und Audax nur auf die Unterbeweisstellung ihrer literarischen Fähigkeiten aus sind. Die alte Bildung darf nach Augustin nicht im Zentrum des Denkens stehen, sie muß differenziert betrachtet werden und auf den christlichen Glauben ausgerichtet sein. Sieht Augustin diese Voraussetzungen bei seinen Adressaten für erfüllt, dann hält ihn nichts davon ab, sich in seinen Schreiben auch an Kleriker und Bischöfe wie Hieronymus und Evodius der überkommenen Bildungsinhalte zu bedienen. Gebildeten Heiden gegenüber, die wie Firmus dem Christentum nahe stehen, tritt Augustin in der Weise gegenüber, die er für einen Bischof als angemessen empfindet und von der er sich verspricht, seine Gegenüber für die christliche Sache gewinnen zu können. Dies läßt sich am Fall des Firmus-Briefes besonders gut verdeutlichen, der keinesfalls in der Weise interpretiert werden darf, als billige Augustin am Ende seines Lebens ganz im Gegensatz zu seiner Position in den confessiones die grammatisch-rhetorische Bildung seiner Jugend unvoreingenommen. Ganz im Gegenteil fordert er wie in de doctrina christiana164 auch von Firmus, daß die eloquentia mit der sapientia einhergehen müsse. Zwar greift er dazu wie schon in der Bildungsschrift auf Ciceros in de inventione vertretene Position zurück, meint dabei zweifellos aber wie in der fast parallel verfaßten Schrift diejenige sapientia, die sich in erster Linie von der christlichen Lehre herleitet und nur sekundär auf der weltlichen Bildung beruht. Dies wird Firmus und seinem Sohn gegenüber nicht so stark hervorgehoben, wie es in dem Brief an Dioscorus der Fall ist.165 Augustin nähert sich den potentiellen Konvertiten vorsichtig, wie auch die Fragen am Ende des Briefes unter Beweis stellen: Wenn Augustin sich nach dem Alter des Sohnes erkundigt, wenn er wissen will, welche Literatur der Junge bei den lateinischen und griechischen Grammatikern gelesen hat, welche 163 Vgl. oben, S. 160f. 164 Vgl. oben, S. 143. 165 Vgl. oben, S. 181–185.
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Schriften im Selbststudium und eventuell mit Firmus gemeinsam behandelt wurden,166 dann entspricht dies den Ausführungen in de catechizandis rudibus167 und dient nur einem Ziel: Augustin erkennt bei dem Sohn des Adressaten seinen eigenen Bildungsweg nachgezeichnet;168 mit seinen Fragen versucht er, Anknüpfungspunkte an das Wissen des Sohnes zu finden, um ihn gleichsam dort abzuholen, wo er steht, und ihn gegebenenfalls z.B. über den Hortensius Ciceros zur Philosophie und von dort zum Christentum zu führen oder mit ihm über christliche Schriften zu diskutieren, die er womöglich zusammen mit seinem Vater169 oder sogar selbständig studiert hatte. Auch auf des Dioscorus Fragen geht Augustin letztlich nur deswegen ein, weil er sich zwar mit wichtigen Themen beschäftigt, dabei Augustin zufolge jedoch in den falschen Texten nach Antworten sucht. Sowohl im Falle des Dioscorus- als auch des Firmus-Briefes verfolgt der Kirchenvater letzten Endes einen pastoralen Zweck. 4.2.2 Augustins Umgang mit heidnischer und christlicher Literatur Seine Briefe gestaltet Augustin in Abhängigkeit von seinen Adressaten, wie er an mehreren Stellen der epistulae selbst bezeugt: Dem christlichen Richter Apringius gegenüber äußert er, daß er an einen heidnischen iudex anders schreiben würde, freilich ohne seinen christlichen Standpunkt zu verleugnen. Marcellinus erklärt er, daß das Ziel, die Heiden zu bekehren, nur dann erreicht werden könne, wenn der richtige Weg eingeschlagen werde. Dieser könne z.B. darin bestehen, sich den Andersgläubigen gegenüber einer uberior vel subtilior ratio zu bedienen und zu ihrer Überzeugung Schriften ins Feld zu führen, die aufgrund ihrer auctoritas auch bei ihnen Anerkennung finden müßten.170 Der alte Bildungskanon wird also vor allem dann genutzt, 166 epist. 2*,13,3: Non enim dubito, quod eum velis in omnibus te ipso esse meliorem; quot annorum etiam ducat aetatem, quas apud magistros utriusque linguae litteras legerit, quas apud te vel etiam te cum, quas forte apud se ipsum, et quibus nunc operam studiosae mentis impendat, non curiosus sed eius curam non ut puto improbe gerens tua rescriptione nosse desidero. 167 catech. rud. 8,12,3 empfiehlt Augustin den Katecheten, sich über die bisherige Lektüre eines Taufbewerbers zu erkundigen, um ihm gegebenenfalls sein Lob auszusprechen oder ihn darauf hinzuweisen, daß er sich mit Irrlehren beschäftigt habe. 168 Vgl. dazu oben, S. 51f. 169 Davon, daß am Christentum interessierte Heiden sich mit dem Schrifttum der Kirche beschäftigen, berichtet Augustin catech. rud. 8,12,1: Sed illud plane non praetereundum est, ut si ad te quisquam catechizandus venerit liberalibus doctrinis excultus, qui iam decreverit esse christianus, et ideo venerit ut fiat, difficillimum omnino est, ut non multa nostrarum scripturarum litterarumque cognoverit, quibus iam instructus ad sacramentorum participationem tantummodo venerit. 170 epist. 138,1,1: Multa enim sunt, a quibus sensus eorum si adhuc abhorret et resilit, vel uberiore vel subtiliore ratione vel certe auctoritate, cui resistere indignum putent, persuaderi aliquando forsitan possit. In den Briefen betont Augustin auch für seine theologischen Werke, daß
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wenn der Kirchenvater sich an Heiden wendet, die durch ihre eigene Literatur überzeugt werden sollen; er kommt aber auch dann zur Anwendung, wenn Augustin mit Christen kommuniziert, die mit der traditionellen Bildung vertraut sind. In einem nicht sicher zu datierenden Brief an den Laien und Taufbewerber Marcianus, bei dem es sich angesichts der vielen klassischen Zitate um einen Hochgebildeten handeln muß,171 spricht Augustin den Adressaten als einen antiquissimus amicus an, der eigentlich deswegen nicht als Freund angesehen werden dürfe, weil er sich anders als Augustin nicht zum christlichen Glauben bekenne. Der Kirchenvater belegt seine These, indem er die berühmte Definition der Freundschaft aus dem Laelius Ciceros anführt und dem heidnischen Autor zugesteht, verissime gesprochen zu haben.172 Auch am Ende des Briefes bezieht Augustin sich auf das alte Literatursystem, um christliche Wahrheiten durch die auctoritas der heidnischen Dichter abzusichern, von denen er ausgehen kann, daß Marcianus sie kennt und schätzt: In derselben Weise, die schon aus de ordine bekannt ist,173 zitiert der Kirchenvater epist. 258,5 zwei Verse aus Vergils Eklogen, die von Augustin zum Lobpreis des christlichen Gottes verwendet werden.174 Auch ein drittes Zitat aus dem Brief an Marcianus führt klar vor Augen, daß Augustin keine Bedenken trägt, nach der Konversion zum Christentum auf die alten Dichter zurückzugreifen. Auf die Zeit seiner Bekehrung zurückblickend, fordert er den Empfänger des Briefes dazu auf, sich an den Vers des Terenz (Andr. 189) zu erinnern, den er dem Kirchenvater beim Aufbruch in das neue Leben mit auf den Weg gegeben habe: Memento, quid mihi dixeris profecturo comicum quidem de Terentio recolens versum sed tamen aptissimum et utilissimum: nunc hic dies aliam vitam adfert, alios mores postulat (epist. 258,5).
Augustin hält den heidnischen Vers für überaus passend und nützlich, so daß folgende Feststellung getroffen werden kann: der neue Lebenswandel, der in den alii mores seinen Ausdruck findet, wirkt sich auf den Umgang mit den alten Texten, jedenfalls soweit sie die Wahrheit verkünden, nicht aus. sie mit Rücksicht auf seine Rezipienten verfaßt und von allen verstanden werden müßten. Im Brief an Evodius heißt es deshalb: Huc accedit, quia non tu et tales tantum modo cogitandi estis lecturi esse, quod scripsimus, sed utique et illi, qui minus acuto minusque exercitato ingenio praediti eo tamen studio feruntur ad cognoscendas litteras nostras sive amico sive inimico animo, ut eis subtrahi omnino non possint (epist. 162,1). Vgl. zur selben Thematik auch epist. 162,8 u. 169,1,1. 171 Vgl. Divjak, Epistulae, Sp. 1007. 172 Vgl. epist. 258,1. 173 Vgl. oben, S. 76–81. 174 Vgl. epist. 258,5.
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Augustin versucht, seine heidnischen Adressaten von den Vorstellungen des Christentums zu überzeugen, indem er ihnen verdeutlicht, daß sich dieselben Positionen und Einstellungen z.T. auch in ihren Texten finden. Ein Brief an Marcellinus bestätigt dieses Vorgehen, verdeutlicht aber auch, daß der Erfolg dieses Verfahrens175 an Grenzen stoßen kann: Der Kirchenvater zitiert Stellen aus Sallust und Cicero, an denen die Tugenden der Nachsichtigkeit und der Milde gelobt werden, und gelangt zu folgender Einsicht: Haec cum in eorum leguntur auctoribus, exclamatur et plauditur […] Cum vero legitur praecipiente auctoritate divina non reddendum malum pro malo […] accusatur religio tamquam inimica rei publicae (epist. 138,2,10).
Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für Augustins Umgang mit den heidnischen Texten liefern seine Antworten auf die Briefe des Nectarius.176 In der Epistel 91 erklärt Augustin sich mit den Vorstellungen, die sein Briefpartner auf der Grundlage von Ciceros de re publica bezüglich der caritas patriae formuliert hatte, einverstanden. Das von Nectarius ohne Herkunftsangabe gebrauchte Zitat aus de re publica ordnet er ausdrücklich der staatsphilosophischen Schrift Ciceros zu,177 um auf diese Weise nicht nur seine literarische Kompetenz unter Beweis zu stellen, sondern die traditionelle Literatur auch als Diskussionsgrundlage zu akzeptieren. Den als wahr bezeichneten Aussagen Ciceros stellt der Kirchenvater allerdings einen christlichen Standpunkt gegenüber: Der Bischof wünscht sich Nectarius auch als civis einer supernae cuiusdam patriae, die er im Vergleich zu Calama als eine melior civitas verstanden wissen will. Das von Nectarius in Brief 90 auf seine Heimatstadt angewendete Cicerozitat178 bezieht Augustin auf das Engagement, das sein Adressat bereits in diesem Leben »ohne Maß und Ziel« zum Nutzen der ewigen Heimat bei Gott aufbringen solle.179 175 Auch an einer späteren Stelle des Briefes verweist Augustin auf den heidnischen Bildungskanon. Er entkräftet den Vorwurf der Heiden, die Christen seien am Untergang Roms schuld, indem er Zitate aus Sallust anführt, die belegen, daß Roms Niedergang schon in heidnischer Zeit eingesetzt hat: Ex quo enim tempore pessum ire coeperit Romana res publica, satis liquet; litterae loquuntur ipsorum; longe ante, quam Christi nomen eluxisset in terris, dictum est: ›O urbem venalem et mature perituram, si emptorem invenerit!‹ In libro etiam belli Catilinae ante adventum utique Christi idem nobilissimus historicus eorum non tacet, quando ›primum insueverit exercitus populi Romani amare, potare, signa, tabulas pictas, vasa caelata mirari, ea privatim et publice rapere, delubra spoliare, sacra profanaque omnia polluere‹ (epist. 138,3,16). Die Zitate stammen aus SALL. Iug. 35,10 u. Cat. 11,6. 176 Vgl. zum Schreiben des Nectarius oben, S. 181f. 177 epist. 91,3: Intuere paululum ipsos de re publica libros, unde illum affectum amantissimi civis ebibisti, quod nullus sit patriae consulendi modus aut finis bonis. 178 Vgl. epist. 90,1. 179 epist. 91,1: Unde supernae cuiusdam patriae, in cuius sancto amore pro nostro modulo inter eos, quibus ad illam capessendam consulimus, periclitamur atque laboramus, talem etiam te ipsum civem habere vellemus, ut eius portiunculae in hac terra peregrinanti nullum consulendi
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Wenn der Autor zwar von den für die civitas zu leistenden officia und dem labor spricht, diese Begriffe aber auf den Gottesstaat bezieht, erfolgt gleichsam eine semantische Umdeutung des traditionellen Vokabulars. Augustin und Nectarius sprechen demnach dieselbe Sprache, füllen sie aber mit unterschiedlichen Inhalten. Vor dem Hintergrund der von Nectarius in Brief 90 gemachten Aussage, er wolle seine Heimatstadt bei seinem Tod blühend zurücklassen,180 diskutiert Augustin, quem ad modum florere civitas debeat (epist. 91,2). Er geht davon aus, daß Nectarius die aufgeworfene Frage leicht beantworten könne und weist auf eine Stelle aus dem achten Buch der Aeneis hin, an der Vergil metaphorisch von den flores Italiae spricht. Unter diesen sind die italischen Männer (viri) zu verstehen, die bei der Ankunft des Aeneas in Latium gegen den Trojaner zu Felde ziehen und vom Dichter als Blüte Italiens bezeichnet werden:181 Commemoravit poeta ille vestrarum clarissimus litterarum quosdam flores Italiae; sed nos in vestra patria non tam experti sumus, quibus floruit terra illa viris, quam ›quibus arserit armis‹, immo vero non armis sed flammis nec arserit, sed incenderit (epist. 91,2).
Der Bischof hält den Rückgriff auf das Epos für legitim. Die Vorstellung, ein blühender Staat bedürfe der flores Italiae, wird nicht deshalb abgelehnt, weil die Worte aus Vergil, dem poeta ille vestrarum clarissimus litterarum, stammen, sondern nur deswegen, weil sie auf die Situation in Calama nicht zutreffen. Augustin bringt diesen Gedanken in der Weise zum Ausdruck, daß er zunächst unter Beibehaltung des Ursprungstextes dessen inhaltlichen Zusammenhang verändert, um schließlich durch zwei correctiones eine Klimax zu erzielen, die den großen Frevel der Einwohner von Calama noch stärker betont. Augustin präsentiert im folgenden sein eigenes Konzept eines blühenden Staates, um sich auch dabei von Vorstellungen der traditionellen Literatur leiten zu lassen. Nectarius wird dazu aufgefordert, seinen Blick noch einmal auf Ciceros Bücher de re publica zu lenken. Hier nämlich werde ein Staat beschrieben, von dem deswegen gesagt werden müsse, daß er wahrhaft blühe, weil er sich nicht nur durch Mäßigung, Enthaltsamkeit und eheliche
modum finemque censeres tanto effectus melior, quanto meliori civitati officia debita praerogares in eius aeterna pace nullum gaudendi finem inventurus, cuius ad tempus laboribus nullum tibi finem statueris consulendi. 180 Vgl. epist. 90,1. 181 VERG. Aen. 6,641–644: Pandite nunc Helicona, deae, cantusque movete, / qui bello exciti reges, quae quemque secutae / complerint campos acies, quibus Itala iam tum / floruerit terra alma viris, quibus arserit armis.
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Treue, sondern auch durch fromme, ehrenhafte und rechtschaffene Sitten auszeichne.182 Trotz der positiven Grundhaltung gegenüber den heidnischen Texten, wie sie bisher für den Brief an Nectarius festgestellt werden konnte, fehlt es nicht an Stellen, an denen der Bischof sich von den falschen Göttern der Römer und der Literatur, die von diesen berichtet, distanziert: Augustin erkennt gerade darin eine Gefahr für den bereits in diesem Leben vorzubereitenden Gottesstaat, daß die Menschen durch die Nachahmung der in den litterae der Heiden negativ dargestellten Götter zu insociabiles homines würden (epist. 91,3). Er macht ihnen zum Vorwurf, in ihren Werken Menschen statt Götter als nachzuahmende Vorbilder zu empfehlen, und verweist auf ein Dilemma, das für die heidnische Literatur insgesamt, vor allem aber für die Komödie bestehe: Obgleich den Göttern von den Menschen naturgemäß höchste Autorität zuerkannt werde, würden sie in den Werken der Heiden stets negativ dargestellt; Menschen dagegen, deren Ansehen nie dem der Götter gleichkommen könne, würden als positive exempla gepriesen. Augustin verdeutlicht diesen Sachverhalt an dem auch in den confessiones begegnenden Terentianus ille adulescens.183 Dieser legitimiere seinen Ehebruch mit demjenigen Jupiters, ohne daß ihm in den Sinne komme, sich zu diesem Zweck auf Cato, der als Mensch zu wenig auctoritas besitze, zu beziehen. In den Tempeln, so Augustin, werde eben Jupiter und nicht Cato verehrt.184 Wie differenziert Augustin bei seiner Beurteilung der traditionellen Literatur verfährt und daß die Ablehnung einzelner Elemente keineswegs ihre vollständige Zurückweisung bedeutet, geht daraus hervor, daß der Kirchenvater sich für die negative Beurteilung der Komödien erneut auf die Autorität Ciceros stützt, der zu den clarissimi viri in re publica excellentes et de re publica disputantes gerechnet wird (epist. 91,5).
182 epist. 91,3: Intuere, obsecro te, et cerne, quantis ibi laudibus frugalitas et continentia praedicetur et erga coniugale vinculum fides castique honesti ac probi mores, quibus cum praepollet civitas, vere florere dicenda est. 183 Vgl. conf. 1,16,28. 184 epist. 91,4: Et re vera Terentianus ille adulescens, qui spectans tabulam pictam in pariete, ubi pictura inerat de adulterio regis deorum, libidinem, qua rapiebatur, stimulis etiam tantae auctoritatis accendit, nullo modo in illud flagitium vel concupiscendo laberetur vel perpetrando inmergeretur, si Catonem maluisset imitari quam Iovem; sed quo pacto id faceret, cum in templis adorare cogeretur Iovem potius quam Catonem? Welchen Einfluß Augustin der klassischen Literatur beimißt, von der er glaubt, daß sie in den Schandtaten der Götter negative exempla an die Hand gebe, wird auch an folgender Stelle deutlich: Der Staat, den Nectarius als blühend betrachte, werde völlig von den Themen der Kunst beherrscht, denn Jupiters Ehebruch sei allgegenwärtig: Tot locis pingitur, funditur, tunditur, sculpitur, scribitur, legitur, agitur, cantatur, saltatur Iuppiter adulteria tanta committens; (epist. 91,5).
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In Brief 104 beschuldigt Augustin Nectarius, die Positionen, die er in Brief 91 beziehe, in seinem zweiten Schreiben (epist. 103) in mehreren Punkten falsch wiederzugeben (epist. 104,1,2). Auf die Behauptung des Nectarius, Augustin habe während seiner Studien häufig erfahren, quod mors malorum omnium auferat sensum, egestosa autem vita aeternam pariat calamitatem (epist. 103,3), antwortet der Kirchenvater: Et ego quidem nec in nostris, ad quas me serius fateor animum applicuisse, quam vellem, nec in vestris, quas ab ineunte aetate didici, litteris uspiam legisse recolo, quod egestosa vita aeternam pariat calamitatem (epist. 104,1,3).
Die von Nectarius unbestimmt gelassenen litterae teilt Augustin, wie er es auch sonst zu tun pflegt,185 durch den Zusatz der Possessivpronomina nostrae und vestrae in christliche und heidnische Literatur. Auch an dieser Stelle lehnt er die Inhalte des traditionellen Bildungskanons nicht von vorneherein ab, sondern stellt im Gegenteil sogar seine Kompetenz im Umgang mit dem heidnischen Wissen unter Beweis. Aus dem angeführten Zitat geht hervor, daß der Kirchenvater seit seiner Jugend an dem überkommenen Literatursystem partizipierte. Noch als Bischof beherrscht er die Inhalte der traditionellen Kultur.186 Er macht den in der Schule erlernten Stoff für die eigene Argumentation nutzbar, freilich nicht ohne eine kulturelle Selbsteinordnung vorzunehmen: Seinem heidnischen Adressaten gegenüber bezeichnet Augustin die literarische Kultur der Heiden als litterae vestrae, von denen er das kirchliche Schrifttum in relativer Distanz als litterae nostrae unterscheidet. Augustins Wissen um die Inhalte der traditionellen Literatur wird im folgenden noch deutlicher: Der Bischof hält Nectarius entgegen, daß in diesem Leben deswegen kein Unglück ewig sein könne, weil das Leben selbst nicht ewig sei. Augustin rekurriert zum Beleg dieser These auf den heidnischen Bildungskanon und formuliert: Hoc enim potius in illis litteris legi, quoniam vita ipsa, qua fruimur, brevis est, in qua tu arbitraris et frequentatum in litteris iam mones aeternam esse posse calamitatem (epist. 104,1,3).
Als Christ spielt Augustin Nectarius auf der Grundlage von dessen eigenem kulturellen Wissen aus. Er bezieht sich auf Senecas Dialog de brevitate vitae, um vor diesem Hintergrund die Verkehrtheit der These seines Gegenübers, ein Unheil in dieser Welt könne ewig sein, zu widerlegen. Wenn Augustin dabei das Adverb potius verwendet, tut er dies deswegen, weil in 185 Vgl. z.B. die Stellen epist. 138,2,10 oben, S. 194 u. epist. 138,3,16 oben, S. 194, Anm. 175. 186 So auch Müller, S. 308.
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Senecas Schrift nur die Kürze des Lebens, nicht aber die daraus zu folgernde Begrenztheit eines irdischen Unheils thematisiert wird. Auch bei der Beantwortung der Frage, wie es sich für die Zeit nach dem Tod verhalte, zeigt Augustin sich als souveräner Sachwalter der traditionellen Literatur. Er führt aus, daß in den vestrae litterae die Vorstellung vom Tod als dem Ende aller Übel begegne, doch keineswegs in allen: neben anderen seien vor allem die Epikureer der Meinung, daß die Seele sterblich sei (epist. 104,1,3). Von diesen seien diejenigen zu unterscheiden, die Cicero aufgrund seiner Hochachtung für sie gleichsam als consulares philosophi bezeichne, unter denen die Platoniker zu verstehen sind.187 Nachdem Augustin in Paragraph sieben auf Cicero rekurriert hat, um die Bestrafung der Bürger von Calama als ihren Nutzen zu erweisen, bezieht er später ein Zitat aus Vergils Eklogen auf den christlichen Gott (epist. 104,3,11), um schließlich in Paragraph sechzehn noch einmal seine ganze Belesenheit in der überkommenen Literatur zu beweisen, zugleich aber auch eine kulturelle Selbsteinordnung vorzunehmen: Der Bischof gesteht Nectarius zu, mit Hinweis auf das Mitleid der Christen einen akzeptablen Grund für die Schonung der Bürger anzuführen. Seine Berufung auf die Stoiker aber sei verfehlt, da diese doch das Mitleid als Schwäche ablehnten. Statt dessen solle er sich auf Cicero berufen, von dem Augustin sich durch das Possessivpronomen tuus distanziert. Dieser nämlich lobe Caesar durch den Ausspruch, daß keine seiner Tugenden bewunderungswürdiger und anmutiger sei als seine misericordia (epist. 104,4,16). Die Epistel 231 zeigt, daß Augustin sich in den Briefen an Heiden nicht nur der alten Literatur bedient, sondern auch auf das christliche Textkorpus rekurriert, so daß sich nicht selten zwei gleichberechtigte Kanones gegenüberstehen. Der Kirchenvater berichtet von dem athenischen Staatsmann Themistokles, der aufgrund seiner politischen Leistungen für seine Heimatstadt Lob für sich beansprucht habe.188 Augustin kommentiert den Wunsch des Griechen mit dem aus Ennius (ann. 560) übernommenen Vers Omnes mortales sese laudari exoptant, mit dem er sich deswegen nicht zufrieden geben will, weil er zu unkritisch die Sehnsucht des Menschen nach dem Lob zur Sprache bringe. Wachsamer als Ennius sei Horaz (epist. 1,1,36f.), der den laudis amor als Krankheit auffasse, die durch helfende Sühnegebete 187 Augustin bezieht sich auch in den übrigen Passagen des Briefes auf die heidnische Literatur, um Nectarius von der Richtigkeit seiner Aussagen zu überzeugen. So ermahnt der Bischof seinen Briefpartner, sich nicht vor der Armut seiner Mitbürger, sondern vielmehr vor ihrem luxuriösen Lebensstil, der die eigentliche Armut darstelle, zu fürchten, um sich zur Bekräftigung seiner negativen Einschätzung der luxuriosa vita in einem Sallustzitat der vestrorum ipsorum verba [...] auctorum zu bedienen: weder durch Fülle noch durch Mangel lasse sich Habgier dämpfen (epist. 104,1,4). Zur Verwendung heidnischer exempla vgl. epist. 104,2,5. 188 Vgl. epist. 231,3.
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(piacula) geheilt werden müsse. In Übereinstimmung mit Horaz habe auch Gott als der magister bonus durch die Propheten gelehrt, neque propterea nos recte vivere et recte favere, ut laudemur ab hominibus […] (epist. 231,4). Augustin bedient sich eines indirekten Bibelzitates, das er in der Fortführung des Satzes durch ein nicht kenntlich gemachtes wörtliches Zitat aus Persius (1,48) erläutert: id est finem recti nostri non in hominum laudibus ponere […] – die beiden Textwelten durchdringen einander! Ein Beispiel aus dem Brief an Dioscorus beweist, daß Augustin den traditionellen Bildungsstoff sorgfältig mustert: Zwar lehnt er das Wissen um die Theorien der heidnischen Philosophen entschieden ab, um gerade darin Bildung und Klugheit zu erkennen, nichts von ihren Ansichten zu verstehen; er scheut sich jedoch nicht, Themistokles als exemplum anzuführen, dem es in dieser Hinsicht nachzuahmen gelte. Auch der Athener habe die vermeintlich unverzichtbare Bildung189 seiner Zeit in den Wind geschlagen, als er es auf einem Bankett abgelehnt habe, auf der Laute zu spielen, und statt dessen seinen Kritikern gegenüber auf seine politischen Fähigkeiten, die er viel höher einschätzte, verwies.190 Auch Disocorus solle seinen Kritikern, die ihn womöglich aufgrund fehlender Philosophiekenntnisse als indoctus und hebes betrachten, selbstbewußt entgegenhalten, daß er sich darauf verstehe, quo modo etiam sine istis homo esse possit beatus […] (epist. 118,3,13). Sowohl in den Briefen an Heiden als auch an Christen greift Augustin auf das traditionelle literarische System zurück, freilich nur dann, wenn er davon ausgehen kann, daß seine Adressaten mit diesem vertraut sind. Die Durchsicht der Briefe zeigt, daß Augustin seine Adressaten auf ihren jeweiligen kulturellen Hintergrund festzulegen beabsichtigt: Den christlichen Richter Apringius fordert er dazu auf, sich bei seinem Urteil von den Lehren seiner Glaubensgemeinschaft leiten zu lassen.191 Im Brief an Marcellinus teilt er mit, auf den Vorwurf der Heiden, das Christentum sei schuld am Untergang Roms, überhaupt nur deswegen einzugehen, weil die Gegner liberaliter instituti seien: Die alte Bildung wird als Voraussetzung für eine ernsthafte Auseinandersetzung zwischen den beiden Religionen angesehen; 189 In dem Brief an Darius heißt es von diesem Lautenspiel: […] quod clari et eruditi Graeciae facere solebant (epist. 231,3). 190 Vgl. epist. 118,3,13. 191 epist. 134,1: Christiana quippe fide te inbutum scio, unde mihi ad excellentiam tuam maior fiducia tribuitur non solum petendi verum etiam monendi propter illum dominum, in cuius familia nobis cum caelesti iure censeris, in quo spem vitae aeternae pariter habemus et quem pro vobis in sacrosanctis mysteriis invocamus. epist. 134,2: Unde securus sum de his, qui hoc se fecisse confessi sunt, quod hanc vicissitudinem non reportabunt; sed ne vel ipsi vel illi, quorum homicidium patefactum est, per tuae potestatis sententiam multentur, hoc timeo, hoc ne fiat et christianus iudicem rogo et christianum episcopus moneo. epist. 134,4: Talem te oportet esse in causa ecclesiae iudicem christianum […]
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die E6>9:¾6 muß allerdings unter Beweis gestellt und im Idealfall in der Anerkennung der Position Augustins zum Ausdruck gebracht werden.192 Die Briefe an Nectarius und Macedonius verdeutlichen, daß Augustin seine Bezüge auf den heidnischen und traditionellen Literaturkanon sowohl von der Bildung als auch von dem Glauben seiner Adressaten abhängig macht: Während er Nectarius gegenüber zur Darlegung seiner Vorstellung von einem idealen Staat auf Ciceros de re publica rekurriert,193 verweist er den ebenfalls traditionell gebildeten Macedonius zu demselben Zweck an die Heilige Schrift.194 In der gleichen Weise zitiert Augustin Felicia gegenüber unzählige Male aus der Bibel.195 In dem Brief an Proba jedoch, die aus einer reichen und vornehmen römischen Familie stammte, spricht er von dem nicht namentlich genannten Cicero als dem vir eloquentissimus, aus dessen Hortensius er zitiert, um auf diese Weise seiner eigenen Position Gewicht zu verleihen.196 Die bisher behandelten Briefe zeigen, daß Augustin keineswegs seine alte Bildung aufzugeben beabsichtigt, sie jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen anerkennt und sich ihrer bedient. Einigen Stellen läßt sich jedoch entnehmen, daß der Bischof noch stark von den epistolographischen und sprachlich-stilistischen Vorschriften der Schule geprägt ist, deren Bedeutung er zwar herunterspielt, von deren Macht er sich aber nicht vollständig zu lösen vermag: Während er sich in einem frühen Brief an Nebridius an morphologischen Fragen interessiert zeigt, bedient er sich Consentius gegenüber eines gut bekannten Topos, wenn er sich für den Stil seiner Epistel entschuldigt:197 Itaque, si quid hic incondite atque inculte dictum legeris vel si totum ita esse perspexeris, doctrinae da operam, linguae veniam (epist. 205,4,18).
Schreibt Augustin an gebildete Adressaten, dann finden sich zu Beginn der Briefe nicht selten Topoi, die der epistolographischen Tradition entstammen und von dem Kirchenvater deshalb verwendet werden, weil sie sich für die
192 An der Stelle epist. 180,5 an den Christen Oceanus formuliert Augustin dagegen: Ita quippe mihi in epistulis tuis eruditus et suavis apparuisti, ut operae pretium sit te cum litteris conloqui. 193 Vgl. epist. 91,3. 194 Vgl. epist. 155,2,7. 195 Vgl. vor allem epist. 208,2 u. 5. 196 Vgl. epist. 130,5,10. 197 An Hieronymus schreibt Augustin epist. 167,6,21: Si quid autem est in eis, quantum ad res ipsas pertinet – nam quali eloquio explicata sint, non nimis curo –, si quid ergo est in eis, quod eruditionem offendat tuam, quaeso, ut rescribendo admoneas et me corrigere non graveris. Vgl. Pellegrino, Osservazioni sullo stile, S. 240.
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Kommunikationssituation unter Hochgebildeten gehören.198 An Darius etwa bringt er im ersten Paragraphen nichts anderes zum Ausdruck als seine Freude über den Brief des Adressaten, die so groß sei, daß er sie nicht in Worte fassen könne. Erneut ist festzustellen, daß Augustin gerade in solchen Briefen, die sich an Männer wie Audax richten und deren Verlangen nach inhaltsloser Virtuosität eine Absage erteilen, die herkömmlichen Topoi fehlen. So teilt der Kirchenvater Audax, der eine prolixa epistula von ihm gefordert und Fragen zu einem übersandten Gedicht gestellt hatte, gleichsam in einer Definition seiner Rolle als Bischof mit, daß er dafür nicht der geeignete Ansprechpartner sei (epist. 261,1). Dies hält ihn aber nicht davon ab, am Ende des Briefes kurz auf das Gedicht einzugehen und Audax für einen Fehler im Metrum zu kritisieren. Er beweist damit, wie wenig er seine alte Bildung hinter sich lassen kann. Mit dem Kirchenamt geht eben nicht das Vergessen des in starkem Maße von den alten Bildungsinhalten geprägten kulturellen Gedächtnisses einher: Quod autem in quinto atque ultimo versu septem pedes sunt, utrum numerus tuum fefellit auditum, an experiri voluisti, utrum ego adhuc ista diiudicare meminerim, quae forte iam obliti sunt, qui talium aliquando studiosi postea plurimum in ecclesiasticis litteris profecerunt? (epist. 261,4)
Während Augustin in den Briefen an einfache Kleriker und Mönche auf die Verwendung epistolographischer Topoi verzichtet,199 kommen sie in denjenigen, die an hochgebildete Kirchenmänner wie Paulinus von Nola200 und Hieronymus201 gerichtet sind, in hohem Maße zum Einsatz. In einem Brief an Hieronymus gesteht Augustin am Ende des ersten Paragraphen, bisher
198 Vgl. dazu insgesamt Thraede, S. 109–191. Macedonius gegenüber (epist. 153,1,1) betont Augustin eigens, auf ein Proömium verzichten zu wollen: Negotiosissimum in re publica virum et non suis sed aliorum utilitatibus attentissimum, qualem te esse et tibi gratulamur et rebus humanis, nec deserere debemus alloquio nec occupare prooemio. 199 Vgl. z.B. epist. 64 an Quintinianus und epist. 184 A an die beiden Mönche Petrus und Abraham. 200 Vgl. z.B. epist. 31,1f. 201 epist. 40,1,1: Habeo gratiam, quod pro subscripta salutatione plenam mihi epistulam reddidisti sed breviorem multo, quam ex te vellem sumere tali viro, a quo, tempora quanta libet occupet, nullus sermo prolixus est. Quamquam itaque nos negotiorum alienorum eorumque saecularium curis circumstemur ingentibus, tamen epistulae tuae brevitati facile non ignoscerem, nisi cogitarem, quam paucioribus verbis meis redderetur. Quare adgredere, quaeso, istam nobis cum litterariam conlocutionem, ne multum ad nos disiungendos liceat absentiae corporali, quamquam simus in domino spiritus unitate coniuncti, etiam si ab stilo quiescamus et taceamus. Et libri quidem, quos de horreo dominico elaborasti, paene te totum nobis exhibent. Si enim propterea te non novimus, quia faciem corporis tui non vidimus, hoc modo nec ipse te nosti, nam tu quoque non vides eam. Si autem tibi non ob aliud notus es, nisi quia nosti animum tuum, et nos eum non mediocriter novimus in litteris tuis, in quibus benedicimus domino quod tibi et nobis omnibusque fratribus, qui tua legunt, te talem dedit.
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Augustins kulturelle Identität in den Briefen
nur ein Höflichkeitsschreiben ganz auf der Linie epistolographischer Vorschriften verfaßt zu haben:202 Hactenus fortasse scribere debuerim, si esse vellem epistularum sollemnium more contentus (epist. 28,1,1).
Den Volusianus ermuntert Augustin, sich bei der Länge seiner Briefe an den Vorbildern des traditionellen Literaturkanons zu orientieren, freilich nicht ohne auf geeignete exempla in den epistulae apostolicae zu verweisen: […] si quid ergo te movet atque inter nos pertractari tanti habes, non tibi faciat angustias usitatarum epistularum velut custodiendus modus, quia et optime nosti, quam grandes eas veteres habuerint, cum aliquid agerent, quod explicare breviter non valerent. Et si auctorum ad alias litteras pertinentium mos esset alius, nostrorum nobis in hac re dignius imitanda praeberetur auctoritas (epist. 137,19).
Besonders die Briefe an Nebridius stehen noch stark in der Tradition, in der auch die Dialoge aus der Zeit von Cassiciacum verfaßt sind.203 Im ersten Brief tritt Augustin in ein Gespräch mit sich selbst, um dabei die These seines Adressaten, er sei wahrhaft glücklich, zu erörtern. Der Kirchenvater zeichnet dabei ein genaues Bild von dem Zeitpunkt, an dem er den Brief gelesen und reflektiert hat: im Bett habe er sich zu nächtlicher Stunde seine Gedanken gemacht, und zwar deswegen, weil der Schlaf sich nicht habe einstellen wollen: Legi enim litteras tuas ad lucernam iam cenatus; proxime erat cubitio, sed non ita etiam dormitio; quippe diu me cum in lecto situs cogitavi atque has loquelas habui Augustinus ipse cum Augustino: nonne verum est, quod Nebridio placet, beatos nos esse? (epist. 3,1).
Augustin geht davon aus, daß Nebridius ihn deswegen für weise halte, weil er die Cassiciacum-Dialoge gelesen habe und von ihrem Inhalt begeistert sei. Der Kirchenvater nimmt in eigener Person eine sehr positive Beurteilung seiner Frühschriften vor, an deren Spitze er die soliloquia stellt: Für wie weise nämlich, so Augustin, würde Nebridius ihn halten, hätte er erst diese Schrift gelesen. Von der kritischen Einstellung des Kirchenvaters gegenüber der sprachlich-stilistischen Gestaltung der Dialoge, wie sie aus
202 Hieronymus spricht epist. 75,1,2 davon, daß er von der gebotenen Begrüßung absehen wolle, die Augustin ihm entbiete. Er übergehe die schmeichelhaften Worte, mit denen der Bischof ihn über seine tadelnden Worte hinwegzutrösten versuche. Anders als Augustin beabsichtige er, sofort zur Sache zu kommen: Praetermitto salutationes et officia, quibus meum demulces caput, taceo de blanditiis, quibus reprehensionem mei niteris consolari: ad ipsas causas veniam. 203 Vgl. dazu Pellegrino, Osservazioni sullo stile, S. 241.
Das Bildungskonzept der Briefe
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den confessiones und den retractationes herausgearbeitet werden konnte,204 ist demnach im Jahre 387 noch nichts zu bemerken. Die puritas linguae nimmt Augustin zur Zeit seiner Schreiben an Nebridius auch auf der diskursiven Ebene noch sehr ernst. So bekennt er im dritten Brief die Unsicherheit, wie der Infinitiv Präsens Passiv zu dem Verb cupere gebildet werde, um sodann von Nebridius zu verlangen, ihn selbst über die Abwandlung dieses Zeitwortes und vor allem über die Quantitäten des Partizips Perfekt Passiv zu belehren.205 Nebridius gegenüber zeigt Augustin sich an die epistolographischen Vorschriften gebunden, auch wenn er sie nur erwähnt, um darauf hinzuweisen, gegen sie verstoßen zu haben: So teilt er seinem Adressaten mit, hinsichtlich der Länge seines Briefes den solitus modus überschreiten zu wollen, könne er dies bei Nebridius doch deswegen rechtfertigen, weil dem Adressaten gerade derjenige Brief am angenehmsten sei, in dem er sich am redseligsten präsentiere. loquax zu sein stellt für Augustin in den Briefen an Nebridius deshalb kein Problem dar, weil seine Schreiben ernsthafte philosophische Themen beinhalten.206 Am Ende dieses Abschnitts sei ein Beispiel angeführt, das verdeutlicht, wie Augustin das alte Bildungswissen zum Nutzen des neuen Glaubens einzusetzen versteht. Es dient zur Auslegung der Heiligen Schrift, so daß der Kirchenvater seiner in de doctrina christiana vertretenen Position gerecht wird. In epist. 149 an Paulinus von Nola (414–416) begegnet Augustin als christlicher Grammatiker, der zur Auslegung des sechzehnten Psalms auf griechische Codices des Bibeltextes zurückgreift, sich selbstverfaßter Bibelkommentare bedient, Textverbesserungen in der lateinischen Fassung vornimmt und in philologischer Kleinarbeit ausführliche Erläuterungen zur Semantik einzelner Wörter gibt. Um den lateinischen Text zu verstehen, erscheint es Augustin an einer Stelle notwendig, zu bestimmen, ob es sich bei filiis um einen Dativ oder Ablativ handelt, zumal beide Kasus in syntaktischer Hinsicht denkbar sind, aber zu unterschiedlichen Aussagen führen. Er untersucht deshalb codices Graeci auf die Frage hin,
204 Vgl. oben, S. 132–137. 205 epist. 3,5: […] nec timeri voluerunt nec cupi – an cupiri? Tu videris. Et belle accidit. Nam volo me declinationis huius gnarum facias. Cum enim adiungo verba similia, incertior fio. Nam ita est cupio ut fugio, ut sapio, ut iacio, ut capio; sed utrum fugiri an fugi, utrum sapiri an sapi sit modus infinitus, ignoro. Possem adtendere iaci et capi, ni vererer, ne me caperet et pro ludibrio iaceret, quo vellet, qui iactum et captum aliud, aliud fugitum, cupitum, sapitum esse convinceret. Quae item tria utrum paenultima longa et inflexa, an gravi brevique pronuntianda sint, similiter nescio. 206 Vgl. epist. 7,2,3. In einem Brief an den christlichen Laien Christinus heißt es: Quantum autem ad me legendum adtinet, magis vereor in manibus vestris loquacitatem meam reprehendi quam eloquium requiri (epist. 256).
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Augustins kulturelle Identität in den Briefen
utrum dativus casus esset, quod dictum est filiis, an genetivus, quo illa lingua utitur pro ablativo, et inveni genetivum (epist. 149,5).
4.2.3 Augustins Stil in den Briefen207 Für den Umgang Augustins mit der alten Bildung läßt sich für die Briefe zusammenfassend sagen, daß der Kirchenvater sich um so mehr im traditionellen Literatursystem bewegt, je gebildeter seine Adressaten sind, von denen er – wenn es sich um Heiden handelt – freilich hofft, sie in der alten Welt abholen und zum Christentum führen zu können. Sieht er diese Voraussetzung nicht erfüllt, erteilt er seinen Briefpartnern, die in ihm nur den homme de lettre und das Mitglied der überkommenen Bildungselite erkennen, eine Absage. Für den Stil Augustins in den Briefen läßt sich Ähnliches feststellen: Während er z.B. an die gebildeten und dem Christentum nahestehenden Heiden Volusianus und Firmus auf der einen und an die christlichen Laien Marcellinus und Macedonius auf der anderen Seite zumindest in Teilen rhetorisch sehr anspruchsvoll formuliert, bedient er sich in seinem Brief an Audax eines eher nüchternen Stils. In den Briefen an gebildete christliche Laien ist das Bemühen um einen dem Adressaten angemessenen Stil zu beobachten, der sich von demjenigen der Schreiben an Bischöfe, Kleriker und einfache Mönche unterscheidet: Der gebildete Freund und Schüler Evodius wird weitgehend in der Normalsprache angesprochen, weil es dem Bischof von Hippo darum geht, bei einem guten Bekannten theologische Sachverhalte zu erörtern. Auch Possidius gegenüber kommt die einfache Sprache deshalb zur Anwendung, weil Augustin um den Bildungsstand seines Freundes weiß.208 Die folgenden Stilbeispiele aus den Briefen sollen zeigen, daß Augustin seine Sprache an dem jeweiligen Adressaten ausrichtet, wobei zwei Dinge zu beachten sind: Erstens ist zumal zu Beginn der an Gebildete gerichteten Briefe das Bemühen des Kirchenvaters, sich als litteratus zu erweisen, zu erkennen: ganz wie ein Redner versucht Augustin, seine Gegenüber bereits im Proömium seiner Schreiben für sich zu gewinnen.209 Zweitens sind selbstverständlich auch die rhetorisch anspruchsvollen Briefe nicht durchgängig in langen Perioden und im genus temperatum bzw. medium verfaßt. Vielmehr läßt sich zeigen, daß Augustin danach strebt, Stil und Inhalt einander anzupassen, so daß z.B. leidenschaftliche
207 Vgl. zu der Thematik insgesamt Parsons, Vocabulary and rhetoric. 208 Vgl. oben, S. 180f. 209 Vgl. Lausberg, § 69.
Das Bildungskonzept der Briefe
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Positionierungen im genus grande, die Darstellung theologischer Sachverhalte jedoch im genus tenue dargestellt sein können. Bereits den ersten Hauptsatz in seinem Brief an Nectarius (epist. 91,1) hat Augustin kunstvoll gestaltet. Die Antithese, daß die Glieder des Nectarius bereits vom Alter erstarren, während sein Geist noch von der Liebe zur Heimatstadt Calama glüht, verstärkt der Autor durch die Alliteration frigescentibus … fervere. Während das Prädikat und das Subjekt des ablativus absolutus parallel zum Prädikat und Subjekt des von miror und laudo abhängigen a.c.i. angeordnet sind, stellt Augustin die adverbiale Bestimmung im Ablativ im ersten Fall vor den ablativus absolutus, im zweiten Fall dagegen hinter den a.c.i., um auf diese Weise die Gegenüberstellung abzurunden, ehe die beiden Prädikate folgen, die durch die korrespondierenden Konjunktionen nec und et verbunden sind. Um hervorzuheben, daß Nectarius sich nicht nur theoretisch, sondern auch vita ac moribus für seine Heimatstadt einsetzt, bedient der Kirchenvater sich zu Beginn des zweiten Hauptsatzes einer Alliteration (teque non tantum tenere), um auch an dieser Stelle eine sowohl die Antithese verstärkende als auch gliedernd wirkende korrespondierende Konjunktion (non tantum … verum etiam) zu verwenden, wie es im übrigen auch am Ende des Satzgefüges noch einmall der Fall ist. Auch der zweite Paragraph der epist. 91 besteht aus einem längeren Satzgefüge, bei dem der vorangestellte erste Nebensatz durch eine längere Parenthese unterbrochen und im folgenden wiederholt wird, sich ein weiterer syntaktisch mit dem übrigen Satz nicht verbundener Einschub anschließt, ehe auf zwei weitere Nebensätze der kurze Hauptsatz folgt, dem ein letzter Nebensatz untergeordnet ist. Die anspruchsvoll gestaltete Periode beinhaltet zahlreiche Stilmittel, lassen sich neben der schon genannten Parenthese doch Alliterationen (patriam posse … prudentissime; adquirere … adquirendam), ein Polyptoton (adquirere ... adquirendam), ein Hyperbaton (illam te patriam), mehrere Homoioteleuta (patriam nostram, patriam tuam) und eine parallel aufgebaute Antithese feststellen, bei der Augustin sich desselben Wortmaterials bedient: […] propter patriam nostram, quam cupimus numquam relinquere, contristamus patriam tuam, quam cupis florentem relinquere. Am Ende des Paragraphen bedient Augustin sich des genus grande. Der Kirchenvater stellt Nectarius die rhetorische Frage, ob er wirklich davon ausgehe, seine Heimatstadt blühend zurückzulassen, wenn sie nicht für ihr Fehlverhalten bestraft werde, um sodann folgende antithetisch gestaltete Aufforderung auszusprechen:
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Augustins kulturelle Identität in den Briefen
Compara nunc, utrum malis florere patriam tuam pietate an impunitate, correctis moribus an securis ausibus; compara ista et vide, utrum in patriae tuae amore nos vincas, utrum eam magis veriusque cupias florere quam nos (epist. 91,3).
Seine Entrüstung über die schlechten Sitten Jupiters, den die Heiden leicht zur Rechtfertigung ihres Fehlverhaltens heranziehen können, bringt Augustin in derselben Stilhöhe zum Ausdruck, wenn er die in der ganzen heidnischen Kunst verbreitete Vorstellung von dem höchsten Gott bedauert: Tot locis pingitur, funditur, tunditur, sculpitur, scribitur, legitur, agitur, cantatur, saltatur Iuppiter adulteria tanta committens; quantum erat, ut in suo saltem Capitolio ista prohibens legeretur? (epist. 91,5).
In dem Brief an Nectarius folgen an der Stelle epist. 137,3,12 zwei überaus lange Perioden aufeinander, die in der CSEL-Ausgabe 16 bzw. 20 Zeilen umfassen. Zur Darlegung seiner These, daß der Mensch nur dann etwas fühlen könne, wenn er am Leben sei, verwendet Augustin dagegen sehr kurze und eindringliche Sätze, bei denen es sich um mit der Fragepartikel an eingeleitete rhetorische Fragen handelt, die hinsichtlich des verwendeten Vokabulars wenig Abwechslung aufweisen.210 An der oben zitierten Stelle epist. 137,5,17 schließlich greift er zu drei aufeinander folgenden rhetorischen Fragen, die er jeweils mit dem adjektivisch gebrauchten Fragepronomen quae und seinen Bezugswörtern einleitet, ihrer Länge nach steigert und Formen von quilibet voranstellt, um auf diese Weise hervorzuheben, daß mit den Grundsätzen des Christentums nichts verglichen werden könne.211 Auch in dem Schreiben an den gebildeten Christen Marcellinus wechseln einfach gestaltete Passagen212 mit langen Perioden ab,213 wobei Augustin bisweilen in einen sehr pathetischen Stil verfällt.214 Seinen Brief an Publico210 epist. 137,2,5: Certe sentire homo non potest, nisi vivat; vivit autem in carne, antequam morte utrumque dirimatur. Quo modo igitur anima, quae sunt extra carnem suam, sentit, quae non nisi in carne sua vivit? An non ab eius carne longissime absunt sidera in caelo? An in caelo non videt solem? An sentire non est videre, cum sit in quinque sensibus excellentior ceteris visus? An et in caelo vivit, quia et in caelo sentit et sensus esse non potest, ubi vita non est? An sentit, et ubi non vivit, quia, cum in sua tantum carne vivat, sentit etiam in his locis, quae praeter eius carnem continent ea, quae tangit aspectu? Videsne quam sit hoc latebrosum in sensu tam conspicuo, qui visus dicitur? Adtende et auditum. Nam et ipse se foras quodam modo diffundit a carne. Unde enim dicimus: ›Foris sonat‹, nisi ibi sentiamus, ubi sonat? Ergo et illic extra carnem nostram vivimus. An sentire possumus, et ubi non vivimus, cum sensus sine vita esse non possit? 211 Vgl. das Zitat oben, S. 185, Anm. 137. 212 Vgl. epist. 138,1,3. 213 Vgl. epist. 138,1,8. 214 epist. 138,3,17: In ista enim conluvie morum pessimorum et veteris perditae disciplinae maxime venire ac subvenire debuit caelestis auctoritas, quae voluntariam paupertatem, quae continentiam, benivolentiam, iustitiam atque concordiam veramque pietatem persuaderet ceterasque vitae luminosas ualidasque uirtutes non tantum propter istam vitam honestissime geren-
Das Bildungskonzept der Briefe
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la215 gestaltet Augustin dagegen fast durchgehend in einer schlichten Sprache, um auf diese Weise Rücksicht auf die mangelnden Lateinkenntnisse seines Adressaten zu nehmen: Der Kirchenvater bedient sich kurzer Sätze, in denen er ohne Bemühen um variatio immer auf dieselben Wörter zurückgreift.216 Inhaltliche Wiederholungen217 und paralleler Satzbau mit vielen Anaphern218 erleichtern Publicola das Verständnis ebenso wie die zahlreichen Vergleiche219 und Beispiele, die Augustin anführt, um ein hohes Maß an Anschaulichkeit zu erzielen. Mit Paulinus von Nola kommuniziert Augustin in einem Stil, der in Brief 42 über die Normalsprache hinausgeht: Der Bischof von Hippo erklärt, daß er schon zwei Jahre auf eine Antwort des Paulinus warte. Er vermutet, daß sein Gegenüber aufgrund der Arbeit an einem Werk gegen die Heiden keine Zeit dazu finde, ihm zu schreiben. Augustin äußert deshalb folgenden Wunsch, bei dem er sich einer Metapher bedient, die seinen »Hunger« nach den Briefen des Paulinus beinhaltet. Utinam saltem tam opima mensa iam annosum ab stilo tuo ieiunium meum tandem accipias. Quae si nondum parata est, non desinemus conqueri, si nos, dum illud perficis, non interim reficis (epist. 42).
Schon den Beginn des Briefes hat Augustin stark stilisiert: Es finden sich drei Fragen, von denen die erste und die dritte eine rhetorische darstellen und die zweite und dritte jeweils mit quid eingeleitet sind, wodurch der Kirchenvater zum Ausdruck bringt, daß er nicht damit gerechnet hat, so lange sehnsüchtig auf einen Brief des Paulinus warten zu müssen. Diesen Gedanken hebt Augustin auch durch das Homoioteleuton sperari aut exspectari und die Alliterationen tam diu tam ardentes und tanto tempore hervor. Das Hyperbaton rescripta … non reddita soll dagegen verdeutlichen, daß Paulinus nicht zurückgeschrieben hat. Der pathetische Ausruf O
dam nec tantum propter civitatis terrenae concordissimam societatem verum etiam propter adipiscendam sempiternam salutem et sempiterni cuiusdam populi caelestem divinamque rem publicam, cui nos cives adsciscit fides, spes, caritas, ut, quam diu inde peregrinamur, feramus eos, si corrigere non valemus, qui vitiis inpunitis volunt stare rem publicam, quam primi Romani constituerunt auxeruntque virtutibus etsi non habentes veram pietatem erga deum verum, quae illos etiam in aeternam civitatem posset salubri religione perducere, custodientes tamen quandam sui generis probitatem, quae posset terrenae civitati constituendae, augendae conservandaeque sufficere. 215 Zu Publicola vgl. oben, S. 166. 216 Vgl. epist. 47,2. 217 Vgl. ebd. 218 epist. 47,5: Alioquin nec ferramenta domestica et agrestia sunt habenda, ne quis eis vel se vel alterum interimat, nec arbor aut restis, ne quis se inde suspendat, nec fenestra facienda est, ne per hanc se quisque praecipitet. 219 Vgl. epist. 47,3.
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Augustins kulturelle Identität in den Briefen
qui res vestras cotidie donatis, debitum reddite bildet den vorläufigen Höhepunkt, der Augustins Sehnsucht unter Beweis stellen soll. Während auch die Briefe an Castorius und Emeritus anspruchsvoll formuliert sind, bedient Augustin sich in epist. 159 an Evodius weitgehend eines schlichten Stils, der mit dem Inhalt übereinstimmt. Als Beispiel sei auf den vierten Paragraphen verwiesen, in dem Augustin von einem jungen Mann berichtet, der einem gewissen Gennadius im Traum erschienen sei. Der Kirchenvater stellt nicht nur die eigentliche Erzählung in kurzen Hauptund Nebensätzen dar, auch das Gespräch zwischen den beiden Männer hat er in Worte gefaßt, die einem wirklichen Dialog entsprechen: Alia vero nocte ecce idem ipse iuvenis eidem rursus apparuit atque, ab illo utrum cognosceretur, interrogavit; respondit iste, quod eum bene pleneque cognosceret. Tum ille quaesivit, ubi se nosset. Nec memoriae defuit, quid iste identidem responderet, totumque visum illum hymnosque sanctorum, ad quos audiendos eo duce venerat, qua recentissimos recordabatur facilitate, narravit. Hic ille percontatus est, utrumnam id, quod narraverat, in somnis vidisset an vigilans; respondit: ›In somnis‹. At ille: ›Bene‹, inquit, ›recolis; verum est, in somnis illa vidistis; sed etiam nunc in somnis te videre scies‹ […] (epist. 159,4).
Auch Possidius gegenüber bedient Augustin sich eines einfachen Stils, um so Rücksicht auf die Fähigkeiten seines Freundes zu nehmen.220 In dem Brief an Consentius wechseln sich leichte Partien mit anspruchsvolleren ab,221 der Brief an Peter und Abraham läßt sich demgegenüber dem sermo humilis zuordnen. Augustin nimmt wiederholt Bezug auf die Bibel, die Wort für Wort erklärt wird, wobei der Kirchenvater seine Position zum besseren Verständnis auch noch einmal wiederholt.222
220 Vgl. epist. 245 u. epist. 23 A*. 221 epist. 120,2,7: Cui autem nisi verissimae rationi fidelis pietas erubescit, ut quandam idolatriam, quam in corde nostro ex consuetudine visibilium constituere conatur humanae cogitationis infirmitas, non dubitemus evertere nec audeamus credere ita esse trinitatem, quam invisibilem et incorpoream atque incommutabilem colimus, quasi tres quasdam viventes moles licet maximas et pulcherrimas suorum tamen locorum spatiis propriis terminatas et sibimet in suis locis contigua propinquitate cohaerentes, sive una earum sic in medio constituta, ut duas dirimat sibi ex lateribus singulis iunctas, sive in modum trigoni duas ceteras unaquaeque contingat, ut nulla ab aliqua separetur; earumque trium tantarum ac talium personarum licet in grandi valde molibus tamen a summo et imo et circumquaque terminatarum unam esse divinitatem aliquid quartum nec talem, qualis est aliqua ex illis, sed communem omnibus tamquam numen omnium et in omnibus et in singulis totum, per quam unam divinitatem dicatur eadem trinitas unus deus; eiusque tres personas nusquam esse nisi in caelis, illam vero divinitatem usquam non esse sed ubique praesentem; ac per hoc recte quidem dici deum et in caelo esse et in terra propter illam divinitatem, quae ubique sit tribusque communis sit, non autem recte dici patrem esse in terra vel filium vel spiritum sanctum, cum huic trinitati sedes non nisi in caelo sit? 222 Vgl. epist. 184 A,1,2.
5 Augustins kulturelle Identität in den Predigten1 – Ein Ausblick
Seit den Untersuchungen von Deferrari steht fest, daß Augustins sermones ad populum der Niederschlag unmittelbarer, freier Rede sind, denn der Kirchenvater predigte ohne schriftliche Vorlage meist in freier Improvisation:2 Der von der Liturgie vorgegebene Schrifttext bestimmte das Thema seiner Ausführungen, die von den im Kirchenraum anwesenden notarii mitstenographiert wurden.3 Der Vorteil des extemporierten Sprechens bestand für Augustin darin, sich exakt auf die Belange seiner Zuhörerschaft einstellen zu können, deren Reaktion der Prediger bei seinem Vortrag im Auge behalten mußte. So war z.B. ein Gedanke erst dann fortzuführen, wenn die Gläubigen z.B. durch ihren Applaus signalisierten, daß sie dem Bischof folgen konnten, der sich andernfalls dazu gezwungen sah, den Sachverhalt von verschiedenen Seiten zu beleuchten und seine Ausführungen noch weiter zu illustrieren.4 Augustins Ziel in den Predigten besteht zuallererst darin, sich seinen Hörern verständlich zu machen. Folglich verwundert es nicht, daß er seine Sprache in den meisten Predigten den einfachen Gottesdienstbesuchern anpaßt. Er bedient sich einer Sprache, die sich durch simple Kunstgriffe auszeichnet,5 allerdings nicht als Augustins generelles Stilideal angesehen werden darf. Er bringt es nur deswegen zur Anwendung, weil er von der ganzen Kirchengemeinde verstanden werden will.6 Die Predigten zeichnen sich in stilistischer Hinsicht dadurch aus, daß die meist kurzen Sätze in der Regel parataktisch oder mit einfachsten Unterordnungen gestaltet sind, wodurch sie sich stark von der traditionellen Literatursprache und ihrer Vorliebe für die Hypotaxe, wie sie ja auch in den 1 Die Literatur zu den sermones ad populum hat Drobner, Sermones zusammengestellt. Vgl. u.a. Donders, Schuchter, Stransky, Hill, St Augustine’s theory, G. Wright Doyle, Rongione, Camelot, Luke, Olivar, Garafalo, Blum, Mühlenberg, Augustins Predigen, Madec, Augustin prédicateur, Verwilghen, Drobner, Predigtkunst u. ders., Augustinus als Redner. 2 Vgl. Deferrari, S. 110–119, G. Wright Doyle, S. 213, Frank, Sapienter et eloquenter, S. 261f. u. Mühlenberg, Augustins Predigen, S. 13. 3 Vgl. Deferrari, S. 119–121, Hagendahl, Stenographie, S. 33–36 u. Frank, Sapienter et eloquenter, S. 262. 4 Vgl. dazu Hill, St Augustine’s theory, S. 595 u. Mühlenberg, Augustins Predigen, S. 14. 5 Vgl. Frank, Sapienter et eloquenter, S. 263. 6 So auch Burleigh, S. 340.
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Die Predigten – Ein Ausblick
Briefen des Kirchenvaters zu greifen ist, unterscheiden:7 So heißt es in der Predigt 184, die Augustin an einem Weihnachtstag nach 411/412 gehalten hat: Merito ergo prophetae nuntiaverunt nasciturum, caeli vero atque angeli natum. Iacebat in praesepio continens mundum: et infans erat et verbum. Quem caeli non capiunt, unius feminae sinus ferebat: Illa regem nostrum regebat; in quo sumus, illa portabat: Panem nostrum illa lactabat. O manifesta infirmitas, et mira humilitas, in qua sic latuit tota divinitas! Matrem cui subiacebat infantia, regebat potentia; et cuius ubera sugebat, eam veritate pacebat […] (serm. 184,3).
Nicht selten »trichtert« Augustin seinen Zuhörern die vermittelten Inhalte geradezu ein, indem er Schlüsselwörter unzählige Male wiederholt,8 Sätze parallel gestaltet und Antithesen konstruiert. In sermo 97 beabsichtigt er, dem Kirchenvolk zu verdeutlichen, wie ungewiß das Leben des Menschen sich vollzieht, der nur sicher sein kann, einst sterben zu müssen: Cetera nostra et bona et mala incerta sunt: sola mors certa est. Quid est quod dico? Conceptus est puer, forte nascitur, forte aborsum fit. Ita incertum est: forte crescit, forte non crescit: forte senescit, forte non senescit; forte dives erit, forte pauper: forte honoratus, forte humiliatus: forte habebit filios, forte non habebit: forte ducet uxorem, forte non ducet: et quidquid aliud nominaveris in bonis. Respice et ad mala: forte aegrotat, forte non aegrotat: forte a serpente percutitur, forte non percutitur: forte a bestia devoratur, forte non devoratur. Et respice omnia mala: ubique est, forte erit, forte non erit. Numquid potest dicere, forte moritur, forte non moritur? (serm. 97,3,3).
Von den Sprachfiguren bevorzugt Augustin Antithesen, die er häufig durch Anaphern, Parallelismen und durch die Verwendung desselben Wortmaterials akzentuiert.9 Immer wieder tritt der Kirchenvater in einen Dialog mit
7 Luke, S. 344: »The predominance of parataxis is certainly unclassical: Latin writers would have used causal or temporal hypotaxis to give literary effect to their accounts, but in that case the flow and movement of speech would be far less impressive than in Augustine’s narrative.« 8 serm. 314,1: Natalem domini hesterna die celebravimus; servi hodie natalem celebramus: sed natalem domini celebravimus, quo nasci dignatus est; natalem servi celebramus, quo coronatus est. Celebravimus natalem domini, quo indumentum nostrae carnis accepit: natalem servi celebramus, quo suae carnis indumentum abiecit. Natalem domini celebravimus, quo factus est similis nobis: celebramus natalem servi, quo factus est proximus Christo. 9 serm. 198,2 spricht Augustin vom Gegensatz der Heiden und Christen: Dant illi strenas, date vos eleemosynas. Avocantur illi cantionibus luxuriarum, avocate vos sermonibus scripturarum: currunt illi ad theatrum, vos ad ecclesiam: inebriantur illi, vos ieiunate. An der Stelle serm. 314,2 heißt es von Stephanus: […] mitis et lenis inter lapides a quibus occidebatur, intuens illum pro quo occidebatur, non ait, domine iudica obitum meum; sed, accipe spiritum meum. Non ait, domine Iesu, vindica servum tuum, quem vides isto supplicio mortis addictum; sed, ne statuas illis hoc peccatum […]
Die Predigten – Ein Ausblick
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den Gläubigen, die er in der zweiten Person Singular persönlich anspricht und denen er Fragen stellt,10 die es zu erörtern gilt:11 Thesaurizas et nescis cui congregas. Aut si scis cui, obsecro te, dic et mihi. Audiam te; cui? Si non vane conturbaris, dic cui thesaurizas. Mihi, inquis. Hoc audes dicere moriturus? Filiis meis, inquis. Hoc audes dicere de morituris? Magna pietas, quod thesaurizat pater filiis: imo magna vanitas; thesaurizat moriturus morituris. Si propter te, quia moriturus dimittis, quid colligis? Haec causa et filiorum; successuri sunt, non permansuri (serm. 60,3,3).
Um jeden Zuhörer zu erreichen, verwendet der Kirchenvater überaus viele leicht einprägsame Einzeiler12 und strebt nach Anschaulichkeit, die er serm. 60 durch folgenden Vergleich zu erreichen versucht:13 Vae vobis, ruit mundus. Si ruit, quare non migras? Si ubi architectus diceret, ruituram domum tuam; nonne prius migrares, quam murmurares? Structor mundi dicit tibi ruiturum mundum, et non credis? (serm. 60,6,7).
Deutlich ist in den Predigten Augustins Bemühen festzustellen, die Kirchengemeinde auf ein gemeinsames kulturelles Gedächtnis festzulegen, das auf der Bibel basiert. Immer wieder nimmt er bei seinen Ausführungen Bezug auf den Text der Heiligen Schrift, von dem er betont, daß er den Hörern bekannt sei, und zwar nur, um den zu erörternden Gegenstand noch einmal zu wiederholen, um auf diese Weise eine gemeinsame Vorstellungswelt sowohl zu konstruieren als auch zu verfestigen:14 Hoc et audivimus et audistis: non sunt nostra multa necessaria, quia multa audistis. Hoc tantum exhortor ad charitatem vestram aedificandam, ut sciatis sanctum Stephanum honorem Christi quaesisse, ut sciatis sanctum martyrem testem Christi fuisse, ut sciatis eum tanta tunc miracula in nomine Christi fecisse. Hoc enim salubriter scitis Stephanum sanctum fecisse miracula in nomine Christi, nullum autem miraculum fecisse dominum Christum in nomine Stephani: ut discernatis servum a domino, cultorem a deo, adoratorem ab adorando (serm. 319,1,1).
10 serm. 66,4f.: Quid sibi ergo vult obscura quaestio? Luceat sol, unde illa lucerna accensa est. Prorsus ita solutio evidens solutio est […] Puto satis istam solutam esse quaestionem. Sufficiat ergo usque ad eius solutionem perduxisse sermonem. 11 Vgl. dazu auch Hill, St Augustine’s theory, S. 593f. 12 Vgl. ebd., S. 594 u. Rongione, S. 55. 13 Zu Vergleichen von der Gasse, Kinderreimen und Gassenhauern vgl. Frank, Sapienter et eloquenter, S. 263. 14 serm. 2,4,5: […] Christianis loquor vel proficientibus in schola dei; non sunt rudia nec nova quae dico, sed vestrae sanctitati nobiscum usitatissima et manifestissima […] serm. 288,3: Loquar in nomine Christi auribus eruditis in ecclesia, et audeo etiam aliquid iam quod sit subtilius, insinuare non rudibus.
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Die Predigten – Ein Ausblick
Der Kirchenvater spricht wiederholt von einer Schule, die er in den Gottesdienstbesuchern als den proficientes in schola dei erkennt (serm. 2,4,5), deren Wissen auf der Heiligen Schrift beruht:15 Die Bibel ist also einerseits ein Nachschlagebuch für den Prediger, andererseits ein Lehrbuch und Beweisbuch für die Gemeinde. Die Gemeinde sollte folgen, sollte und wollte erleben, welch tiefe Weisheit Augustin, ihr Prediger, aus der Bibel holt. Sie sollte sich wundern und als Selbstbewußtsein mitnehmen, daß dieses neue Grundbuch, ihr Grundbuch, Bildung und hohe Weisheit enthält.
Augustin weiß sehr genau, daß zumal bei Meßfeiern in Karthago auch gebildete Gläubige anwesend sein können,16 scheut aber nie davor zurück, die Bildung der Kirche der traditionellen E6>9:¾6 gegenüberzustellen: Videte, fratres mei, distinguite nutriti in ecclesia, eruditi in scripturis dominicis, non rudes, non rustici, non idiotae. Sunt enim inter vos docti et eruditi viri et quibuscumque litteris non mediocriter instructi: et qui illas litteras quae liberales vocantur, non didicistis, plus est quod in sermone dei nutriti estis (serm. 133,4).
Der neue, vom Christentum geprägte kulturelle Raum erhält den Vorzug gegenüber dem alten Literatur- und Bildungssystem, in dem sich das kollektive Gedächtnis des Heidentums manifestiert. An mehreren Stellen der sermones kontrastiert Augustin die Kirche mit dem Theater, um auf diese Weise auch die dort vorgetragenen Inhalte abzuwerten. Der Kirchenvater ist sich bewußt, daß beinahe alle seiner Zuhörer die Sage von Aeneas und Anchises in der Unterwelt kennen, wünscht sich aber das Gegenteil:17 Nostis enim hoc prope omnes; atque utinam pauci nossetis: Sed pauci nostis in libris, multi in theatris (serm. 241,5).
Wie in den Briefen wendet Augustin sich gegen die heidnischen Philosophen und Redner, die sich keinesfalls mit den Menschenfischern messen können. Augustin erwägt, jemand könne behaupten, Jesus habe nur Menschen eines höheren Standes auserwählt. Dieser Aussage hält er entgegen:
15 Mühlenberg, Augustins Predigen, S. 17. 16 serm. 150,2,3: Qui sint vel fuerint philosophi Epicurei et Stoici, id est, quid senserint, quid verum esse putaverint, quid philosophando sectati sint, procul dubio multi vestrum nesciunt: sed quoniam Carthagini loquimur, multi sciunt. Vgl. dazu auch Burleigh, S. 338. 17 Gerade zu dem Zeitpunkt, da Rom von den Goten erobert worden ist, sieht der Bischof von Hippo sich gezwungen, christliche und heidnische Welt stark voneinander abzugrenzen, um der neuen Glaubensgemeinschaft einen festen kulturellen Standpunkt zu verleihen, der von traditionellen Positionen angefeindet wird. de Bruyn, S. 414: »[…] at the moment the basilica is vulnerable to the pressure of the forum, and those who gather in it must be reminded of their identity.«
Die Predigten – Ein Ausblick
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Non elegit reges, aut senatores, aut philosophos, aut oratores; immo vero elegit plebeios, pauperes, indoctos, piscatores. Petrus, picator. Cyprianus, orator. Nisi fideliter praecederet piscator, non humiliter sequeretur orator (serm. 197,2).
Das angeführte Zitat macht deutlich, daß es Augustin auch in den Predigten nicht darum geht, die Rhetorik pauschal zurückzuweisen. Gerade Cyprian ist für seinen anspruchsvollen Stil berühmt;18 entscheidend ist jedoch, welche innere Einstellung der christliche Redner an den Tag legt, der sich im Idealfall an der Demut der piscatores orientiert. Augustin verweist sogar stolz auf die intellektuelle Bildung der Kirche, wenn er serm. 37,3 mit Blick auf Cyprian von den in ecclesia lapides pretiosi spricht, die nicht nur docti sind, sondern sich auch als abundantes et scientia et eloquio et omni instructione legis charakterisieren lassen. Für die Predigten läßt sich dasselbe Ergebnis konstatieren, das bereits für die Briefe gewonnen worden ist: Augustin wendet sich gegen den gebildeten Heiden und Philosophen als den superbus iste, der erecta cervice, tumenti gutture, elata lingua, inflatis buccis (serm. 160,3) den christlichen Glauben verlacht, sich im Übermaß der Rhetorik bedient und davon ausgeht, den richtigen Lebensweg allein aus sich heraus ohne die Hilfe Gottes finden zu können.19 Eine grundsätzliche Ablehnung der alten Bildung ist daraus jedoch nicht abzulesen, wie die Tatsache, daß der Kirchenvater auch den Autoren des alten Bildungssystems Teilwahrheiten zugesteht20 und den vernünftigen Gebrauch der Rhetorik selbst in den Predigten gutheißt, beweist:21 Magnum hoc donum eloquii, magnum bonum, sed habent hoc et mali. Non est commune cum bestiis, sed est commune cum iniquis. Multi habent eloquium et mali sunt, et ipso eloquio multos circumveniunt et potentiam sibi temporalem requirunt […] Aurum habes: bonum est, sed unde bene facias. Eloquium habes: bonum est, sed unde bene opereris. Salutem corporis habes:utere bene (serm. Dolbeau 23,4f.).
Daß Augustin in den Predigten vergleichsweise selten auf den heidnischen Bildungskanon rekurriert, kann angesichts des bisher Gesagten nicht verwundern. In serm. 241 greift der Kirchenvater auf Vergil zurück, den er als Autorität gegen die Seelenwanderungslehre Platons anführt, die schon der heidnische Dichter abgelehnt habe. Auch in der Predigt 105 bezieht der Kirchenvater sich auf den Autor der Aeneis, wenn er seinen Zuhörern, die noch ganz von der Eroberung Roms im Jahre 410 ergriffen sind, die Ver18 Zu Cyprian vgl. oben, S. 111f., S. 136, S. 142 u. S. 145f. 19 serm. 197,1: Non enim debebant (sc. philosophi) sibi arrogare quod ille donaverat. 20 Vgl. serm. 141,1f. serm. 177,1: Dixerunt in illam multi et multa et magna et gravia et vera, et poetae et historici et oratores et philosophi, et omne litterarum et professionum genus multa dixerunt in avaritiam. 21 Zitiert nach Blümer, S. 81. Die Predigt stammt aus dem Jahre 409.
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Die Predigten – Ein Ausblick
gänglichkeit aller irdischen Reiche vor Augen hält.22 Zwar habe Vergil den Römern ein imperium sine fine prophezeit; er habe dies aber nur deshalb getan, weil sein Publikum es habe hören wollen. Der Kirchenvater läßt Vergil in eigener Person auftreten und sich verteidigen: Forte si vellemus hinc exagitare Virgilium, et insultare, quare hoc dixerit; in parte tolleret nos, et diceret nobis: et ego scio; sed quid facerem qui Romanis verba vendebam, nisi hac adulatione aliquid promitterem quod falsum erat? Et tamen et in hoc cautus fui, quando dixi, imperium sine fine dedi, Iovem ipsorum induxi, qui hoc diceret. Non ex persona mea dixi rem falsam, sed Iovi imposui falsitatis personam: sicut deus falsus erat, ita mendax vates erat (serm. 105,7,10).
Die Stelle läßt klar erkennen, daß Augustin Vergil deshalb sich so ausführlich rechtfertigen läßt, weil er ihm große Autorität bei seinen eigenen Zuhörern beimißt, und zwar gerade unmittelbar nach der Eroberung Roms, als im öffentlichen Diskurs den Christen die Schuld für den Untergang der Stadt gegeben wurde. Augustin läßt den römischen Dichter aus diesem Grund serm. 105,7,10 bekennen, im Gegensatz zu seiner Äußerung in der Aeneis an anderer Stelle selbst die Vergänglichkeit Roms ausgesprochen zu haben: Alio loco, quando non Iovem lapidem induxi loquentem, sed ex persona mea locutus sum, dixi: Non res Romanae perituraque regna. (Verg. georg. 2,498). Videte quia dixi peritura regna. Dixi peritura regna, non tacui […] (serm. 105,7,10).
In derselben Weise also, wie sie bereits aus den Briefen bekannt ist, greift Augustin auf den alten Bildungskanon zurück, um seine eigene Argumentation zu stärken. Dies beweist, daß die Kirchengemeinde noch stark von dem traditionellen kulturellen Gedächtnis geprägt ist. Die Anfeindungen der Heiden reichen bis in die Kirche hinein, und Augustin bedient sich – zumindest gelegentlich – der alten Literatur, um mit den heidnischen Gegnern zugleich auch seine Zuhörer zu überzeugen.
22 Zu den Predigten, die Augustin im Zusammenhang der Eroberung Roms gehalten hat, vgl. Arbesmann, Lamotte, Paschoud, Courcelle, Histoire littéraire, Cannone, Doignon, Oracles, S.134– 144, Rodomonti u. de Bruyn.
6 Schlußbetrachtung
Die Untersuchung der kulturellen Identität Augustins in einer sowohl von der heidnisch-antiken Kulturtradition als auch von christlichen Vorstellungen geprägten Lebens- und Gedankenwelt stand im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit, die von einer in dieser Frage überaus kontroversen Forschungslage ihren Ausgangspunkt nahm. Es galt zu klären, ob es sich bei Augustin tatsächlich um einen »fanatischen Konvertit«1 handelt, der sich von der spätantiken Kultur ab- und einer neuen christlichen Kultur zuwandte, ja ob von einem grundlegenden Bruch des Kirchenvaters mit der überkommenen Bildungswelt auszugehen ist oder ob Augustins kultureller Standpunkt nicht noch tief von seiner heidnischen Vergangenheit als Grammatik- und Rhetoriklehrer geprägt ist. Die Analyse der ausgewählten Schriften hat zu dem Ergebnis geführt, daß der Bischof von Hippo keineswegs nur einer der beiden Bildungswelten zugeordnet werden kann. Er partizipiert vielmehr an beiden, die sich gegenseitig durchdringen, auch wenn er wiederholt einen scharfen Gegensatz zwischen ihnen aufzubauen versucht. Es konnte das Bild eines Autors gewonnen werden, der immer wieder neu um die legitime Stellung ringt, die dem traditionellen ebenso wie dem christlichen Rollenverständnis gerecht wird, und dabei Mehrdeutigkeit zuläßt: Das Reden über die eigene Rede muss mit der Redepraxis nicht immer übereinstimmen, dies gilt für den jungen Augustin ebenso wir für den greisen Bischof, für den eine lineare Entwicklung seiner kulturellen Position – anders als in der Forschung oft behauptet – nicht festgestellt werden kann. Insbesondere die Durchsicht der Briefe hat gezeigt, daß Augustin sich souverän in beiden Bildungswelten bewegt. Er kritisiert die alte E6>9:¾6, um sich ausgewählter Inhalte gegenüber Heiden und gebildeten Christen dennoch zu bedienen. Der Bischof konstruiert eine limitische Struktur zum traditionellen Bildungssystem, deren Verwendung er aber in einem bestimmten Maße auch für Christen gutheißt. Dennoch weist er darauf hin, daß es in erster Linie auf den Glauben und die Heilige Schrift ankomme, deren Kenntnis das übrige Bildungswissen damit im Grunde überflüssig macht.
1 Maier, S. 31. Vgl. dazu oben, S. 30.
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Schlußbetrachtung
Gerade die Tatsache, daß sich bei Augustin auf der diskursiven Ebene zugleich Angriffe auf und bewundernde Äußerungen für den heidnischen Bildungskanon finden und der Kirchenvater sich auf der pragmatischen Ebene des kulturellen Wissens sowohl der Heiden als auch der Christen bedient, hat ihm den Vorwurf der Widersprüchlichkeit eingebracht, der jedoch aus folgenden Gründen zu unrecht erhoben wird: Grundsätzlich hält Augustin sich an sein in de doctrina christiana formuliertes Konzept, zum Nutzen der Wahrheit auf die freien Künste zurückzugreifen.2 Seine Polemik wendet sich mit Blick auf die Rhetorik nur gegen die Auswüchse der zweiten Sophistik, deren inhaltsleeres l’art pour l’art der Kirchenvater ebenso ablehnt wie das mit der eloquentia verbundene Streben nach Ansehen und Ruhm, also die für die heidnische Welt typische Funktion der Rhetorik, die soziale Promotion des Redners zu fördern. Uneinheitlich wirkt Augustins Position auch deshalb, weil er im Sinne des Aufbaus einer limitischen Struktur erklärt, daß im Idealfall ein vollkommener Verzicht auf die Rhetorik möglich sei. Er ist jedoch Realist genug, um die Bedeutung zu erkennen, die der eloquentia auch für die Verbreitung des Christentums und seiner Verteidigung gegenüber Kritikern zukommt. Aus diesem Grund befürwortet er zumal in de doctrina christiana, sich auch als Christ rhetorisch zu betätigen, verzichtet aber auch hier nicht darauf, sich gegenüber dem heidnischen System abzugrenzen. Augustins Verhältnis zu den traditionellen Bildungsinhalten ist in derselben Weise mit den Begriffen der Ablehnung und Bejahung zu charakterisieren. Zwar bekennt der Kirchenvater wiederholt seine Absicht, seine memoria, die Erinnerung an die Inhalte des überkommenen Literatursystems, aufgeben zu wollen. Tatsächlich jedoch greift er auf die alten Autoren zurück, denen er Teilwahrheiten zugesteht, um heidnische Gegner mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Augustin wendet sich gegen Teile der antiken Literatur: er lehnt z.B. die Göttergeschichten ab und spricht sich gegen die stoischen und epikureischen Philosophen aus. Dennoch greift er selbst auf die Komiker wie Terenz zurück, um bei ihnen formulierte allgemeingültige Wahrheiten zu übernehmen und in seinen eigenen Argumentationszusammenhang zu integrieren. Insgesamt ist für Augustins Umgang mit dem traditionellen Bildungswissen festzuhalten, daß der Kirchenvater sich als Christ ausgewählter Inhalte bedient, sich an vielen Stellen auch explizit zu diesem Vorgehen bekennt, an anderen jedoch einen scharfen Gegensatz konstruiert, der die ganze Bildung der Heiden zurückzuweisen scheint. Augustins Haltung ist dabei von seinen Adressaten abhängig, wie vor allem die confessiones und solche Briefe beweisen, die an Anhänger des klassischen Bildungssystems 2 Vgl. oben, S. 109–114.
Schlußbetrachtung
217
gerichtet sind. Augustin bleibt auch in den confessiones der alten Bildungswelt verpflichtet. Zwar zielt seine Kritik darauf ab, den traditionellen Schulbetrieb zu erschüttern, seine Inhalte als überaus gefährlich darzustellen und zumal der sozialen Bedeutung der E6>9:¾6 eine Absage zu erteilen. Andererseits setzen selbst die confessiones die traditionelle Bildung des Lesers an vielen Stellen voraus. Die »Bekenntnisse« stehen in einem intertextuellen Verhältnis zu dem alten Bildungskanon, auf den sie zurückgreifen und den sie auf diese Weise stützen, um so auch das Wissen ihrer Leser zu bestätigen. Auf einer tieferen Ebene zeigt gerade diese häufig als überaus bildungsfeindlich charakterisierte Schrift, daß eine Synthese von klassischer und christlicher Bildung möglich ist. Daß Augustin dies nicht explizit formuliert, ist damit zu erklären, daß sein Werk an Mitbrüder gerichtet ist, denen gegenüber ein solches Konzept offen zu bejahen offenbar nicht im Interesse des Kirchenvaters lag, der sich in diesem Werk auf der diskursiven Ebene vielmehr um Distanz zu seiner eigenen Vergangenheit und ihren Bildungsinhalten bemüht. Auch gegenüber Licentius, Audax und Dioscorus setzt Augustin alles daran, die alte Kultur, in der seine Gegenüber stark verwurzelt sind, abzuwerten, ohne daß sich daraus eine generelle Ablehnung der klassischen Inhalte ablesen ließe, deren Augustin sich vielmehr sehr differenziert bedient. Die Art und Weise, in der viele gebildete Briefpartner Augustin adressieren, zeigt, daß sie den Kirchenvater dem traditionellen Bildungssystem zuordnen. Augustin hält sich seinerseits an die unter litterati gebräuchlichen epistolographischen Konventionen und bedient sich der alten Literatursprache, zeigt sich aber auch darum bemüht, nicht als Exponent der alten Bildung und damit als Vertreter der Sophistik angesehen zu werden. Auch aus diesem Anliegen resultiert Augustins unter anderem sowohl in de doctrina christiana als auch in epist. 34 formuliertes Diktum, im Grunde könne der Christ auf die alte Bildung verzichten. Dieses asketische Modell freilich besitzt für den Kirchenvater, der es dennoch akzeptiert, keine Gültigkeit, gibt er doch dem intellektuellen Christentum den Vorzug, zu dessen prominentesten Vertretern er selbst zählt. Dieses intellektuelle Christentum entwickelt sich in Auseinandersetzung mit dem heidnischen Bildungsgut. Interessant zu sehen ist, wie der Kirchenvater dabei mit der Schwierigkeit ringt, einerseits das Christentum als dem heidnischen System auch nach dessen Maßstäben ebenbürtig darzustellen, um es andererseits ganz von diesem abzuheben. Festzuhalten ist, daß die Christen zwar ein eigenes kulturelles System schaffen, dessen Bezugspunkt die Bibel ist, und daß gerade Augustin als Autor maßgeblich daran beteiligt ist, neben dem heidnischen ein christliches Textkorpus zu etablie-
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Schlußbetrachtung
ren. Keineswegs aber sind sie deshalb als »culturally self-sufficient«3 zu betrachten, wie die confessiones und viele Briefe verdeutlichen. Ja selbst in den Predigten spielt die heidnische Bildungswelt eine Rolle, und zwar nicht nur dann, wenn Augustin sich gegen die philosophi und oratores als die Vorreiter der alten Bildung oder gegen die Inhalte der Aeneis ausspricht, sondern auch dann, wenn er den Gebrauch der Rhetorik ausdrücklich bejaht und den Autoren des alten Systems Wahrheit zuerkennt. Die Welt um den Kirchenvater herum ist noch viel zu sehr von traditionellen Vorstellungen geprägt, als daß ein vollständiger Bruch, der gar nicht angestrebt wird, möglich erschiene. Mit Marius und Jahraus läßt sich demnach auch für Augustin folgendes feststellen:4 Niemand von uns kann sich einfach eine andere Sprache auswählen, so als ob wir unsere Vorgeschichte völlig zurücklassen und uns frei für eine andere entscheiden könnten. Unser bisheriges Wissen, unser Sprach- und Identitätsgefühl, unser individuelles Erbe kann nicht einfach aus der Geschichte gestrichen, gelöscht werden. Was wir ererbt haben – an Kultur, an Geschichte, an Sprache, an Tradition, an Identitätsgefühl –, wird nicht zerstört, sondern zerteilt, geöffnet für einen Prozeß des Befragens, des Neuschreibens und Neuausrichtens.
Augustin macht in seinen Werken deutlich, daß ihm ein intellektuelles Christentum wichtig ist, wobei er darum bemüht ist, die einfachen Gläubigen oder gar Asketen nicht zu verprellen. Stets stellt er der ratio den Glauben voran, freilich ohne sich damit zu begnügen. Seine Vorbilder erkennt er vielmehr in Männern wie Cyprian, Ambrosius und Paulinus von Nola, die ihre alte Bildung ganz in den Dienst der Kirche stellen. Die wertvollen Inhalte der E6>9:¾6 sind nicht zu verwerfen, sie sind vielmehr demütig zu gebrauchen, wobei den piscatores nur insoweit zu folgen ist, als sie in ihrer Demut ein leuchtendes Beispiel verkörpern, dem die intellektuellen Christen nachzueifern haben. Augustin unterteilt die beiden Textkorpora zwar stets in die litterae vestrae und litterae nostrae, um auf diese Weise in relative Distanz zu den Bildungsinhalten seiner Jugend zu treten. Daß er ein litterator der Bibel sein möchte, bringt er Nectarius gegenüber zum Ausdruck. Augustin bleibt jedoch ein Kenner des traditionellen literarischen Systems und scheut sich nicht davor zurück, bei Gelegenheit auf dieses zurückzugreifen. Zwei Stellen aus dem Oeuvre Augustins verdeutlichen, daß der Kirchenvater sich in der Nachfolge zumal des Cyprianus und des Ambrosius sieht. Während er von ersterem in einer Predigt des Jahres 403 voller Bewunderung ausführt, er habe die Heiden durch die Verwendung der litterae saecu-
3 MacCormack, S. 66. Vgl. dazu oben, S. 34. 4 Marius/Jahraus, S. 30.
Schlußbetrachtung
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lares von der Falschheit ihres Glaubens und ihres Kultes überzeugt,5 führt er den Mailänder Bischof 421/422 rühmend als denjenigen an, mit dem der Pelagianer Iulianus hinsichtlich seines Wissens von den litterae saeculares nicht mithalten könne: Ambrosius est ille, non quicumque de vulgo, cuius imperitam multitudinem non valentem de tuis disputationibus iudicare nimis alta cervice et proterva fronte contemnis; Ambrosius est, inquam, cui nulla ex parte in ipsis litteris saecularibus, de quibus multum inflaris, aequaris; in ecclesiasticis vero quis ille sit, audi vel lege Pelagium doctorem tuum et noli amare sensum a sensu tanti huius doctoris alienum (c. Iulian. op. imperf. 2,36).
Bereits diese beiden Stellen zeigen, daß Augustin zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten seines Lebens denselben kulturellen Standpunkt vertritt, der sich in derselben Weise auch in seinen anderen Schriften nachweisen läßt. Zweifellos heben sich die Frühdialoge ebenso wie einzelne Briefe an Nebridius von den späteren Ausführungen des Kirchenvaters ab, der zumal in der Zeit unmittelbar nach seiner Bekehrung Dialoge in der Nachfolge Ciceros verfaßt, in denen er sich zwar um eine Synthese zwischen Philosophie, christlichem Glauben und religiöser Praxis bemüht, literarisch jedoch noch ganz dem alten System verhaftet bleibt: sein Ziel besteht darin, seine Inhalte in einer ansprechenden Form zu vermitteln und Ruhm als Autor zu erlangen. Augustin mag sich später von seinen Frühwerken distanzieren, in denen er sich selbst stark in den Vordergrund rückt und den Blick auf das Wesentliche, nämlich Gott, zu versperren droht. Festzustellen ist jedoch, daß anders als Hagendahl vermutet, keine Veränderung in dem Verhältnis des Kirchenvaters zu den traditionellen Bildungsinhalten anzunehmen ist, die etwa in einer feindseligen Haltung gegenüber der profanen Kultur ihren Ausdruck findet, »whenever he passes judgment on this or that aspect of it.«6 Wenngleich auffällt, daß Augustin in der frühen Zeit noch vom noster Tullius (c. acad. 3,18,41) spricht, der später zwar noch lobend erwähnt, aber nicht immer namentlich genannt wird, so läßt sich doch auch folgendes zeigen: Wie im Jahre 386 so empfiehlt Augustin Licentius auch noch im Jahre 395, sein rhetorisches Talent nicht über Bord zu werfen, sondern es in den Dienst Gottes zu stellen, der es ihm geschenkt hat. Noch in de catechizandis rudibus aus dem Jahre 406 spricht er sich dem Empfänger Deogratias gegenüber dafür aus, gebildete Katecheten dadurch für sich zu gewinnen, daß er ihnen sprachlich anspruchsvolle Kirchenschriftsteller zur Lektü5 serm. 313 C,2: […] idolorum vanissimum et perniciosissimum cultum etiam litterarum saecularium attestatione convicit: ad elemosynarum maximam utilitatem et lucra caelestia, terrena avaritia confutata, christianos animos inflammavit. 6 Hagendahl, Augustine and the Latin classics Vol. 2, S. 717. Vgl. dazu oben, S. 30.
220
Schlußbetrachtung
re ans Herz legt. Anhand verschiedener Briefe aus der Zeit um 410 konnte auch nachgewiesen werden, daß Augustin die eloquentia, das ingenium und die wissenschaftliche Bildung seiner Adressaten, unter denen sich mit Darius auch Heiden befinden, lobend hervorhebt, allerdings nur dann, wenn er davon ausgeht, seine Gegenüber für ein seriöses Gespräch gewinnen und zur Annahme des Christentums bewegen zu können. Ein Höhepunkt stellt in dieser Hinsicht der Briefwechsel mit Firmus aus dem Jahre 428 dar, in dem Augustin die traditionelle Bildung akzeptiert, sie aber von einer richtigen Einstellung begleitet wissen will. Das Enchiridion aus den Jahren 419 bis 422 vermag Augustins Einstellung zur alten Bildung, wie sie für den ganzen Augustin typisch ist, gut zu verdeutlichen: Der Bischof bringt zu Beginn seines Werkes an Laurentius zum Ausdruck, wie sehr er sich über die Gelehrsamkeit seines Adressaten freut, unter der er freilich eine eruditio versteht, die ganz auf den christlichen Glauben ausgerichtet ist.7 Des weiteren zitiert Augustin mehrmals aus den Werken heidnischer Dichter, um damit auf die Bildung seines Gesprächspartners Rücksicht zu nehmen. Vergilzitate werden angeführt, um Laurentius gegenüber christliche Positionen mit heidnischen Texten zu legitimieren. Schließlich weist Augustin nach, daß die aus christlichen Kontexten bekannte Formulierung, jemand sterbe aufgrund der Sünde, nicht wörtlich verstanden werde dürfe, gleich als ob nur eine einzige Sünde gemeint sei. Um Laurentius zu verdeutlichen, daß auch mit dem Singular häufig die Mehrzahl zum Ausdruck gebracht werde, führt der Bischof ein Vergilzitat an, um erst dann auf »unsere Schriften« zu verweisen.8 Die Untersuchung der ausgewählten Werke zeigt, daß Augustin sich je nach Adressat mehr in der heidnischen oder mehr in der christlichen Bildungswelt bewegt. In den Briefen richtet er nicht nur seinen Stil an den Empfängern seiner Schreiben aus, auch die Rückgriffe auf den traditionellen Bildungskanon sind vor allem dann zu finden, wenn der Bischof mit Anhängern der alten Kultur kommuniziert. Freilich verfällt Augustin nie in eine schwülstige Sprache, und auf die alten Texte bezieht er sich in einer 7 enchir. 1,1: Dici non potest, dilectissime fili Laurenti, quantum tua eruditione delecter, quantumque te cupiam esse sapientem, non ex eorum numero de quibus dicitur: ubi sapiens? ubi scriba? ubi conquisitor huius saeculi? Nonne stultam fecit deus sapientiam huius mundi?, sed ex eorum de quibus scriptum est: multitudo sapientium sanitas est orbis terrarum, et quales vult apostolus fieri quibus dicit: volo autem vos sapientes quidem esse in bono, simplices autem in malo. 8 enchir. 13,44: Sed ideo etiam ipsi mori peccato plerumque dicuntur cum procul dubio non uni sed multis peccatis omnibusque moriantur quaecumque iam propria commiserunt vel cogitatione vel locutione vel opere, quia etiam per singularem numerum pluralis numerus significari solet, sicut ait ille: uterumque armato milite complent, quamvis hoc multis militibus fecerint. Et in nostris litteris legitur: ora ergo ad deum ut auferat a nobis serpentem; non ait serpentes, quos patiebatur populus ut hoc diceret.
Schlußbetrachtung
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Art und Weise, die der Rolle eines Bischofs angemessenen erscheint. In den Predigten will Augustin durch eine einfache Sprache alle Anwesenden erreichen. Deutlich ist sein Bemühen zu erkennen, einen eigenen kulturellen Kontext zu schaffen, indem er seine Hörer mit der Bibel als dem neuen Bildungsbuch vertraut macht und ihnen das Selbstbewußtsein einimpft, mit den traditionell Gebildeten auf einer Stufe zu stehen. Auch diese Aussage darf keineswegs in der Weise verstanden werden, als favorisiere der Kirchenvater ein antiintellektuelles Konzept, zumal er, wie gezeigt werden konnte, auch in den Predigten die genau entgegengesetzte Position vertritt. Festzustellen ist aber eben auch hier, daß Augustin als Intellektueller die einfachen Gläubigen schätzt und ihnen im Zweifelsfall den Vorrang vor den wissenschaftlich Gebildeten gibt. Der Titel dieser Arbeit, »Augustinus zwischen Wahrheit und Lüge«, soll andeuten, daß der Kirchenvater bei seiner Tätigkeit als Schriftsteller die Schwierigkeit zu lösen hat, sich als Exponent der alten Bildung in einem neuen christlichen Umfeld zu etablieren, das stark von der Vergangenheit geprägt ist, zugleich aber auch in vielen Punkten in einem diametralen Gegensatz zu diesem steht. Der Kirchenvater hat für sich einen Standpunkt gefunden, der ihm eine feste Position im christlichen System sichert, ihm aber dennoch die Möglichkeit einräumt, sich der alten Inhalte zum Nutzen der Kirche zu bedienen. Augustin mag auf diese Weise eine Lösung für das Problem gefunden haben, dem sich viele Intellektuelle angesichts der kulturellen Umbruchsituation ihrer Zeit ausgesetzt sahen. Dies ändert nichts an der Tatsache, daß der Kirchenvater als spätantiker Autor auch ein Publikum erreichte, daß ihm überschwengliche Anerkennung entgegenbrachte, die einen Kirchenmann in die Nähe profaner Literaten rückte und ihn mit einer Herausforderung konfrontierte, die ebenfalls ihre Spuren im Werk Augustins hinterlassen hat: Im Jahre 392 erklärt Augustin in einem Brief an Bischof Aurelius, daß es ihm schwer falle, sich nicht am Lob zu ergötzen. Der Kampf mit dem Gegner sei heiß, und oft werde er in ihm verwundet, da er sich die Freude über das empfangene Lob nicht nehmen könne.9 Darius gegenüber bekundet Augustin im Jahre 429, daß er das empfangene Lob seines Briefpartners annehme, stellt jedoch klar, daß er sich nicht über jede Art von Hochschätzung freue und anders als viele heidnische Autoren keineswegs inflatus erscheinen wolle.10 Der Autor tritt damit bewußt hinter den Inhalt seiner Werke zurück und stellt sich ganz in den Dienst seiner Sache. Demgegenüber stehen freilich unzählige Stellen in den Briefen, an denen Augustin sich als Autor stilisiert. Immer wieder betont er seinen Adressaten
9 Vgl. epist. 22,2,7f. 10 Vgl. epist. 231,2–4.
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Schlußbetrachtung
gegenüber, wie sehr er mit seiner literarischen Tätigkeit beschäftigt sei,11 die für solche Werke reserviert sein soll, die sich an ein möglichst großes Publikum richten. Vor diesem Hintergrund erscheint der Brief 224 besonders interessant, der Auskunft über Augustins Verhältnis zu seinem Gesamtwerk und zu seiner Rolle als Kirchenschriftsteller gibt: Der Bischof berichtet Quodvultdeus, der ein Kompendium über Häretiker von Augustin verlangt hatte, davon, stark beschäftigt zu sein, soll er doch auf die Schriften des Iulianus von Aeclanum antworten, die ihm Alypius z.T. bereits aus Rom übersandt hat: Cuius instantia coactus sum remissius agere, quod agebam, ut operi utrique non deessem uni diebus alteri noctibus, quantum mihi ab aliis occupationibus hinc atque inde venire non desistentibus parceretur (epist. 224,2).
Der Kirchenvater sieht sich gezwungen, seine Arbeit an einem anderen Werk zurückzustellen, unter dem, wie der weitere Text zeigt, die retractationes zu verstehen sind, die Augustin als eine rem plurimum necessariam bezeichnet: […] nam retractabam opuscula mea et, si quid in eis me offenderet vel alios posset offendere, partim reprehendendo partim defendendo, quod legi posset et deberet, operabar. Et duo iam volumina absolveram retractatis omnibus libris meis, quorum numerum nesciebam eosque ccxxx et duos esse cognovi; restabant epistulae, deinde tractatus populares, quas Graeci homilias vocant (epist. 224, 2).
Indem Augustin seine Werke rezensiert, schafft er sich selbst als Autor und stellt die Bedeutung seiner Schriften auch für die Zeit nach seinem Tod sicher.12 An anderer Stelle gibt er Anweisungen für die Rezeption und die Verbreitung der Schrift de civitate dei, zu deren Einteilung in bestimmte Buchgruppen er sich gegenüber Firmus detailliert äußert, dem er auch einen breviculus der Gesamtschrift übersenden will.13 Augustin stilisiert sich damit selbst als Autor, der ein bestimmtes Bild von seiner Tätigkeit als Literat bei seinen Lesern hinterlassen und seine Hand auch dann über das Gesamtwerk halten möchte, wenn er es längst veröffentlicht hat. Augustins literarische Tätigkeit ist damit entsprechend dem Untertitel der vorliegen11 epist. 110,6: […] scies, quibus operibus litterarum et quantum occupatus sim, et instantius facies, quod rogavi, ut et alios, quos potueris, mihi aliquid aliud scribendum volentes iniungere a me demoliaris. epist. 159,2: Hoc interim habeas ut ab occupato et festinante dictatum. epist. 169,4,12: […] videris quam otiose ego tamen occupatissimus scribere potui. 12 Vgl. Vessey, S. 265 u. Drecoll, S. 331. Eigler, Zwischen confessio und retractatio, S. 179: »Wie dieser Dichter [gemeint ist Prudentius, Anm. d. Verf.] ist Augustinus um die Inszenierung der eigenen Person im Werk bzw. um die Inszenierung des Werks in untrennbarer Einheit mit dem Autor bemüht. Wie Horaz und Prudentius ediert Augustinus sich und seine Schriften als untrennbare Einheit, macht die Texte zum Werk und den Autor zum Text.« 13 Vgl. epist. 1* A,1,2–5.
Schlußbetrachtung
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den Arbeit als Selbstfindung und Selbsterfindung aufzufassen, weil der Kirchenvater sich einen Standpunkt in der Schnittmenge der beiden Bildungswelten sucht, um sich dabei als Autor zu erschaffen, der das Bemühen um Anerkennung der eigenen Person mit dem Einsatz für die Sache verbindet.14
14 Vgl. Drecoll, S. 333.
7 Literatur
7.1 Abkürzungen (Die Abkürzungen folgen dem Index des Augustinus-Lexikons bzw. dem der L’Année philologique) AAAH ABK AClass AEcR AJPh AKG AL ALLG AU AuA Aug Aug(L) AugStud BA BAW BLE BMCR BStL BT BuW CCL CJ CleR CPh CR CSEL CW DR FKTh GrB HPR HWPh HWRh HZ JbAC JbAC Erg.-Bd. JECS JEH
Acta antiqua academiae scientiarum Hungaricae Akademische Bonifatius-Korrespondenz Acta classica American ecclesiastical review American journal of philology Archiv für Kulturgeschichte Augustinus-Lexikon Archiv für lateinische Lexikologie Der altsprachliche Unterricht Antike und Abendland Augustinianum Augustiniana Augustinian studies Bibliothèque augustinienne Bibliothek der alten Welt Bulletin de littérature ecclésiastique Bryn Mawr classical review Bolletino di studi latini Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana Bibliothek und Wissenschaft Corpus Christianorum. Series Latina. Classical journal Clergy review Classical philology Classical review Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum Classical weekly Downside review Forum katholische Theologie Grazer Beiträge Homiletic and pastoral review Historisches Wörterbuch der Philosophie Historisches Wörterbuch der Rhetorik Historische Zeitschrift Jahrbuch für Antike und Christentum Jahrbuch für Antike und Christentum Ergänzungsband Journal of early Christian studies Journal of ecclesiastical history
Literatur JRS JThS KuD LiLi LivWo MD MH MLJb MThZ NDid NHL NRTh PCA PGL Ph&Rh QJS RAC RB REA REAug RechAug RelStud RFIC RhM RomF RQ RSSC(W) SLWU StPatr SMC StZ ThGl ThlL ThPh ThQ ThRv ThZ VetChr VigChr VigChr Suppl. VSp WdF W&D WSt WThJ ZAC ZKG ZMK ZNW
225
Journal of Roman studies Journal of theological studies Kerygma und Dogma Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik Living word Maison-dieu Museum Helveticum Mittellateinisches Jahrbuch Münchener theologische Zeitschrift Nuovo didaskaleion Neues Handbuch der Literaturwissenschaft Nouvelle revue théologique Proceedings of the classical association Propyläen Geschichte der Literatur Philosophy and rhetoric Quarterly journal of speech Reallexikon für Antike und Christentum Revue bénédictine de critique, d’histoire et de littérature religieuses Revue des études anciennes Revue des études augustiniennes Recherches augustiniennes Religious studies Rivista di filologia e d’istruzione classica Rheinisches Museum für Philologie Romanische Forschungen Römische Quartalschrift für christliche Altertumskun de und Kirchengeschichte Research studies of the state college of Washington Sprache und Literatur in Wissenschaft und Unterricht Studia patristica Studies in medieval culture Stimmen der Zeit Theologie und Glaube Thesaurus linguae Latinae Theologie und Philosophie Theologische Quartalschrift Theologische Revue Theologische Zeitschrift Vetera christianorum Vigiliae christianae Supplements to vigiliae christianae Vie spirituelle Wege der Forschung Wort und Dienst Wiener Studien Westminster theological journal Zeitschrift für antikes Christentum Zeitschrift für Kirchengeschichte Zeitschrift für Missionskunde und Religionswissenschaft Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche
226
Primärliteratur
7.2 Wörterbücher und Datenbanken GEORGES, Karl Ernst: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch. Neubearbeitet von Heinrich Georges. Bd. 2. Darmstadt 81998. (1. Auflage Hannover 1916–1919) MENGE, Hermann: Lateinische Synonymik. Heidelberg 71988. Thesaurus Linguae Latinae. Leipzig 1900 ff. (Bisher erschienen A–M. O. Teile von P). TOMBEUR, Paul (Hg.): Cetedoc library of Christian latin texts. Version 3.0. Turnhout 1996.
7.3 Primärliteratur (Aufgeführt sind nur die Werke Augustins) Aurelii Augustini contra Academicos, de beata vita necnon de ordine libri quos ad fidem codicum recensuit prolegomenis notisque instruxit W.M. Green. Antverpiae 1956 (Stromata patristica et mediaevalia 2). Sancti Aurelii Augustini Hipponensis episcopi sermones ad populum omnes classibus quatuor nunc primum comprehensi. Vol. I. Parisis 1841 (Sancti Aurelii Augustini Hipponensis opera omnia. Tom. V, pars prior). Sancti Aurelii Augustini Hipponensis episcopi sermones ad populum omnes classibus quatuor nunc primum comprehensi. Vol. II. Parisis 1841 (Sancti Aurelii Augustini Hipponensis opera omnia. Tom. V, pars altera). S. Aureli Augustini Hipponiensis episcopi epistulae. Recensuit et commentario critico instruxit Al. Goldbacher. Pars I. Praefatio. Ep. I–XXX. Pragae 1895 (CSEL 34,1). S. Aureli Augustini Hipponiensis episcopi epistulae. Recensuit et commentario critico instruxit Al. Goldbacher. Pars II. Ep. XXX–CXXIII. Pragae 1898 (CSEL 34,2). S. Aureli Augustini Hipponiensis episcopi epistulae. Recensuit et commentario critico instruxit Al. Goldbacher. Pars III. Ep. CXXIV–CLXXXIV A. Vindobonae 1904 (CSEL 44). S. Aureli Augustini scripta contra Donatistas. Pars 2. Contra litteras Petiliani libri tres, epistula ad catholicos de secta Donatistarum, contra Cresconium libri quattuor. Recensuit M. Petschenig. Vindobonae 1909 (CSEL 52). S. Aureli Augustini Hipponiensis episcopi epistulae. Recensuit et commentario critico instruxit Al. Goldbacher. Pars IV. Ep. CLXXXV–CCLXX. Vindobonae 1911 (CSEL 57). S. Aureli Augustini contra academicos libri tres, de beata vita, de ordine. Edidit P. Knöll. Vindobonae 1922 (CSEL 63). S. Aureli Augustini opera. Epistolae ex duobus codicibus nuper in lucem prolatae. Recensuit J. Divjak. Vindobonae 1981 (CSEL 88). Sancti Aurelii Augustini confessionum libri XIII quos post M. Skutella iterum edidit L. Verheijen. Turnholti 1981 (CCL 27). Sancti Aurelii Augustini contra Academicos libri tres. Cura et studio W.M. Green. Turnholti 1970 (CCL 29), S. 3–61. Sancti Aurelii Augustini de beata vita. Cura et studio W.M. Green. Turnholti 1970 (CCL 29), S. 65–85. Sancti Aurelii Augustini de ordine libri duo. Cura et studio W.M. Green. Turnholti 1970 (CCL 29), S. 89–137. Sancti Aurelii Augustini de magistro liber unus. Cura et studio K.-D. Daur. Turnholti 1970 (CCL 29), S. 157–203. Sancti Aurelii Augustini de libero arbitrio libri tres. Cura et studio W.M. Green. Turnholti 1970 (CCL 29), S. 209–321. Sancti Aurelii Augustini de doctrina christiana libri quattuor. Cura et studio I. Martin. Turnholti 1962 (CCL 32), S. 1–167.
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7.4 Übersetzungen und Kommentare (Die Übersetzungen und Kommentare sind in der Arbeit unter dem Namen des jeweiligen Übersetzers bzw. Kommentators angeführt und zur besseren Auffindbarkeit in der gleichen Weise auch in der Sekundärliteratur verzeichnet)
7.4.1 Zu den Werken Augustins ANDRESEN, Carl (Hg.): Augustinus. Philosophische Frühdialoge. Gegen die Akademiker. Über das Glück. Über die Ordnung. Zürich 1972 (BAW). BARBEL, Joseph: Augustinus Aurelius. Enchiridion de fide, spe et caritate. Handbüchlein über Glaube, Hoffnung und Liebe. Text und Übersetzung mit Einleitung und Kommentar. Düsseldorf 1960 (Testimonia 1). BERNHART, Joseph: Augustinus. Bekenntnisse. Lateinisch und Deutsch. Eingeleitet, übersetzt und erläutert. Mit einem Vorwort von Ernst Ludwig Grasmück. Frankfurt a.M. 22000. (Original der Übersetzung München 1955) DOIGNON, Jean: Dialogues philosophiques. De ordine – L’ordre. Introduction, texte critique, traduction, notes complémentaires. Paris 1997 (Œuvres de saint Augustin 4,2). DROBNER, Hubertus R.: »Für euch bin ich Bischof«. Die Predigten Augustins über das Bischofsamt (Sermones 335/K, 339, 340, 340/A, 383 und 396). Einleitung und Übersetzung. Würzburg 1993 (Augustinus-Heute 7). —: Augustinus von Hippo, Predigten zum Buch Genesis (Sermones 1–5). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. Frankfurt a.M. 2000 (Patrologia 7). FUHRER, Therese: Augustin. Contra Academicos (vel de Academicis) Bücher 2 und 3. Einleitung und Kommentar. Berlin 1997 (Patristische Texte und Studien 46). GREEN, Roger P.H.: De doctrina christiana. Edited and translated. Oxford 1995 (Oxford early Christian texts). KESELING, Paul: Gottes Weltregiment. Des Aurelius Augustinus »Zwei Bücher von der Ordnung«. Übertragen und erläutert. Münster 1940. NATALI, Carlo (Hg.): »De mendacio«, »Contra mendacium« di Agostino D’Ippona. Commento di Carlo Natali, Maria Bettetini, Gian Carlo Cerotti, Manuel Cecilio Díaz y Díaz, Gian Carlo Alessio. Roma 1997 (Lectio Augustini 13). O’DONNELL, James J.: Augustine. Confessions. Vol. 2. Commentary on books 1–7. Oxford 1992. —: Augustine. Confessions. Vol. 3. Commentary on books 8–13. Indexes. Oxford 1992.
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Sekundärliteratur
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7.4.2 Zu den Werken anderer Autoren BARNISH, Sam J.B.: The variae of Magnus Aurelius Cassiodorus senator. Translated with notes and introduction. Liverpool 1992 (Translated texts for historians 12). GUDEMAN, Alfred: P. Cornelii Taciti dialogus de oratoribus. Mit Prolegomena, Text und adnotatio critica, exegetischem und kritischem Kommentar, Bibliographie und index nominum et rerum. Amsterdam 21967. (Reprographischer Nachdruck der 2. Auflage Leipzig 1914) von HARNACK, Adolf: Possidius. Augustins Leben. Eingeleitet und übersetzt. Berlin 1930 (Abhandlungen der preußischen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse 1). PIDERIT, Karl Wilhelm: Cicero. De oratore. Für den Schulgebrauch erklärt. 3. Heft: Buch 3. Mit den erklärenden Indices und einem Register und Anmerkungen. Amsterdam 61965. (Reprographischer Nachdruck der 6. Auflage Leipzig 1890)
7.5 Sekundärliteratur ADAMIK, Tamás: Augustinus’ de doctrina christiana IV und die antike rhetorische Tradition, in: AAAH 37 (1996/1997), S. 285–292. ADKIN, Neil: Some notes on the style of Jerome’s twenty-second letter, in: RFIC 112 (1984), S. 287–291. —: Some notes on the content of Jerome’s twenty-second letter, in: GrB 15 (1988), S. 177–186. —: Jerome’s vow »never to reread the classics«: some observations, in: REA 101 (1999), S. 161– 167.
Literatur
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Stellenregister
Ammianus Marcellinus 22,10,7: 55/59 25,4,20: 55/59 Arnobius adv. nat. 2,13–14: 61/95 adv. nat. 3,7,7: 165/32 Athanasius v. Anton. 1,1: 104/154 Augustinus anim. 4,7,9: 51/28 beat. vit. 1: 73/19 beat. vit. 4: 51 beat. vit. 5: 134 beat. vit. 6: 70/4 beat. vit. 10: 91, 93 c. acad. 1,1,1: 94 c. acad. 1,1,3: 86 c. acad. 1,1,4: 70/4, 71/13, 83, 89/68, 94 c. acad. 1,2,5: 84/56 c. acad. 1,2,6: 84 c. acad. 1,3,7: 84 c. acad. 1,3,8: 84 c. acad. 1,4,11: 86 c. acad. 1,6,16: 84 c. acad. 1,8,24: 84/57 c. acad. 2,1,1: 94 c. acad. 2,2,1: 83 c. acad. 2,2,2: 94 c. acad. 2,2,3: 73/19 c. acad. 2,2,4: 70, 86 c. acad. 2,3,8: 94 c. acad. 2,3,9: 83 c. acad. 2,12,27: 84 c. acad. 2,13,30: 85 c. acad. 3,16,36: 92/79 c. acad. 3,18,41: 89, 219 c. Faust. 13,1: 80/45 c. Faust. 20,3: 97/113 c. Iulian. op. imperf. 2,36: 219 c. mend. 1,1: 99 c. Petil. 3,25,30: 95/94 catech. rud. 1,1: 68/131 catech. rud. 7,11: 61/93 catech. rud. 8,12: 68, 68/134, 136, 151. catech. rud. 8,12,1: 192/169
catech. rud. 8,12,3: 136, 192 catech. rud. 9,13: 69, 150/351 catech. rud. 9,13,1: 68 catech. rud. 9,13,4–6: 69 catech. rud. 9,13,6: 69/136 catech. rud. 9,13,7: 68 catech. rud. 14,21: 61/93 catech. rud. 15,23,2: 62/100, 68 catech. rud. 25,48: 81 civ. 1,3 p. 7, 1–4: 53/45 civ. 1,3 p. 7, 2f.: 27/82 civ. 6,2 p. 247, 2f.: 31/105 civ. 22,5 p. 559, 18–25: 58/76 conf. 1,9,14: 116f. conf. 1,9,14f.: 116 conf. 1,9,14–1,20,31: 116 conf. 1,10,16: 116/203 conf. 1,12,19: 116/201 conf. 1,13,20: 117f., 120, 120/220, 121f. conf. 1,13,21: 116/203, 118 conf. 1,13,22: 117f., 123 conf. 1,15,24: 118, 122, 124f. conf. 1,16,26: 27, 125 conf. 1,16,28: 196 conf. 1,17,27: 122, 124 conf. 1,18,28: 125 conf. 1,18,29: 125 conf. 1,19,30: 126 conf. 2,2,4: 116/203 conf. 2,3,5: 126, 140/301 conf. 2,3,8: 116/203 conf. 2,5,11: 139 conf. 3,2,2: 118f. conf. 3,2,2–4: 82 conf. 3,2,3: 118/210 conf. 3,3,6: 126 conf. 3,4,7: 51, 130 conf. 3,5,9: 65/118, 131, 158/389 conf. 3,6,11: 120 conf. 4,1,1: 126 conf. 4,2,2: 127 conf. 4,2,3: 170/67 conf. 4,6,11: 124 conf. 4,16,28: 52 conf. 4,16,30: 51
Stellenregister conf. 5,3,3: 129 conf. 5,6,10: 128–130, 130/258, 165/32, 190/159 conf. 5,6,11: 98/113 conf. 5,10,20: 140/301 conf. 5,12,22: 90/73 conf. 5,13,23: 119/214, 132 conf. 5,14,24: 40, 132 conf. 6,5,8: 131, 137 conf. 6,11,19: 61/92 conf. 6,14,24: 70 conf. 6,15,25: 70 conf. 8,5,10: 55/59 conf. 8,6,13: 73/19 conf. 8,6,14f.: 33/120 conf. 8,8,19: 33/120 conf. 9,2,2: 128 conf. 9,2,2–4: 70/2 conf. 9,2,4: 128 conf. 9,3,5: 70/3 conf. 9,4,7: 70/3, 132f., 135 conf. 9,5,13: 128 conf. 9,8,17: 95/92 conf. 9,12,33: 140/301 conf. 9,13,37: 140/301 conf. 10,4,5f.: 140/301 conf. 12,27,37: 131/261 conf. 12,30,41: 131/261 d. mend. 1,1: 99 d. mend. 8: 99 d. mend. 14,25: 99 d. mend. 43: 99 discipl. 11,12: 61/92 doctr. christ. 1,1,1: 102, 141/302 doctr. christ. 1,3,3: 107 doctr. christ. 1,4,4: 107 doctr. christ. 1,4,4–5,5: 107 doctr. christ. 1,17,16: 107 doctr. christ. 1,30,31: 107, 108/166 doctr. christ. 1,34,38: 107 doctr. christ. 1,35,39: 108 doctr. christ. 1,36,40: 108 doctr. christ. 1,37,41: 113 doctr. christ. 1,39,43: 108 doctr. christ. 2,13,19: 11/11, 82/52, 155f. doctr. christ. 2,13,20: 156 doctr. christ. 2,14,21: 63/105, 158/389 doctr. christ. 2,18,28: 109, 109/176 doctr. christ. 2,19,29: 110/177 doctr. christ. 2,25,38f.: 110/177 doctr. christ. 2,25,39–26,40: 110/177 doctr. christ. 2,27,41: 110/177 doctr. christ. 2,28,42: 110/177, 118/208
247
doctr. christ. 2,29,45: 110/177 doctr. christ. 2,29,46: 110/177 doctr. christ. 2,30,47: 110/177 doctr. christ. 2,31,48: 110/177, 141/307, 160, 190/159 doctr. christ. 2,36,54f.: 110 doctr. christ. 2,37,35: 110 doctr. christ. 2,37,55: 142/309 doctr. christ. 2,39,58: 18/38, 110 doctr. christ. 2,39,59: 111 doctr. christ. 2,40,60: 109 doctr. christ. 2,40,61: 111f. doctr. christ. 2,41,62: 113 doctr. christ. 2,42,63: 110, 113 doctr. christ. 3,1,1–3,4,8: 155 doctr. christ. 3,3,7: 155 doctr. christ. 3,29,40: 114 doctr. christ. 4,1,1: 141/302 doctr. christ. 4,1,2: 141 doctr. christ. 4,2,3: 141f., 190/159 doctr. christ. 4,3,4: 141f. doctr. christ. 4,5,8: 153, 164 doctr. christ. 4,5,10: 146 doctr. christ. 4,6,9: 143f., 150 doctr. christ. 4,6,10: 145, 147 doctr. christ. 4,7,11: 144, 146 doctr. christ. 4,7,11–21: 144 doctr. christ. 4,7,12: 147 doctr. christ. 4,7,14: 144, 148 doctr. christ. 4,7,15–21: 148 doctr. christ. 4,7,16: 148 doctr. christ. 4,7,21: 148 doctr. christ. 4,8,22: 151, 155 doctr. christ. 4,10,24: 151, 155 doctr. christ. 4,10,30f.: 145/327 doctr. christ. 4,11,11: 153 doctr. christ. 4,11,26: 151f. doctr. christ. 4,11,50: 142/309 doctr. christ. 4,12,27: 153f., 153/368, 153/369 doctr. christ. 4,12,28: 154 doctr. christ. 4,13,29: 153/367, 154 doctr. christ. 4,14,30: 154 doctr. christ. 4,14,31: 145 doctr. christ. 4,16,33: 105/156 doctr. christ. 4,17,34: 154 doctr. christ. 4,18,35: 154 doctr. christ. 4,19,38: 154 doctr. christ. 4,20,41: 152/363 doctr. christ. 4,21,45: 146 doctr. christ. 4,21,45–50: 66, 143, 146 doctr. christ. 4,21,47: 146 doctr. christ. 4,21,49: 146
248 doctr. christ. 4,22,51–54: 83/54 doctr. christ. 4,28,61: 156 doctr. christ. 4,29,61: 156 doctr. christ. 4,29,62: 157 doctr. christ. 4,30,63: 157 doctr. christ. prol. 1: 102 doctr. christ. prol. 2: 102f., 104/153 doctr. christ. prol. 3: 102 doctr. christ. prol. 4: 103f. doctr. christ. prol. 5: 104/153, 105 doctr. christ. prol. 6: 105 doctr. christ. prol. 7: 106 doctr. christ. prol. 8: 103, 106 doctr. christ. prol. 8f.: 107 enchir. 1,1: 220 enchir. 13,44: 220 epist. 1: 75/25 epist. 1,1: 87 epist. 1,1,36f.: 198 epist. 1,3: 73/19 epist. 1* A,1,2–5: 222 epist. 2,12: 182 epist. 2*: 189 epist. 2*,12,1: 189 epist. 2*,12,4: 190 epist. 2*,12,4–7: 190 epist. 2*,12,8: 190 epist. 2*,13,1: 190 epist. 2*,13,3: 192 epist. 3: 75/25 epist. 3,1: 202 epist. 3,5: 203 epist. 6,1: 164 epist. 7,2,3: 203 epist. 8: 164 epist. 11*: 167 epist. 12*: 167, 167/49 epist. 12*,2,1: 167 epist. 12*,4,1: 167/48, 168 epist. 12*,5,1: 168 epist. 16,2: 160/3 epist. 16,4: 160/3 epist. 17,3: 160 epist. 21: 28, 178f. epist. 21,1: 178 epist. 21,2: 179 epist. 21,3: 178 epist. 21,4: 178f. epist. 22,2,7f.: 221 epist. 23: 97 epist. 23,6: 97 epist. 23 A*: 208 epist. 24,4: 164
Stellenregister epist. 25,1: 165 epist. 25,2: 166 epist. 25,5: 165 epist. 26: 188/147 epist. 26,4: 188 epist. 26,5: 189 epist. 27,4: 165 epist. 28: 99 epist. 28,1,1: 202 epist. 31,1f.: 201/200 epist. 34: 179, 190, 217 epist. 34,4: 97 epist. 34,6: 115/198, 180 epist. 35,1f.: 97 epist. 40: 99 epist. 40,1,1: 201/201 epist. 40,6,9: 186 epist. 42: 207 epist. 46,1: 166 epist. 47,2: 207 epist. 47,3: 207 epist. 47,5: 207 epist. 48,4,3: 63 epist. 64: 201/199 epist. 68,1: 176 epist. 68,2: 176 epist. 69,2: 189 epist. 71: 99 epist. 72,1,2: 176 epist. 72,2,3: 176 epist. 75: 177 epist. 75,1,2: 202/202 epist. 75,2,3: 177 epist. 82: 99 epist. 87,1: 189 epist. 90: 161, 195 epist. 90,1: 194f., 205 epist. 91: 194 epist. 91: 197 epist. 91,2: 195, 205 epist. 91,3: 185/136, 194, 196, 200, 206 epist. 91,4: 196 epist. 91,5: 196, 196/184, 206 epist. 91,8: 161 epist. 101: 180 epist. 101,1: 180 epist. 101,2: 181, 184, 187 epist. 103: 197 epist. 103,3: 197 epist. 104: 197 epist. 104,1,2: 197 epist. 104,1,3: 158/389, 184, 186, 197, 198
Stellenregister epist. 104,1,4: 198/187 epist. 104,2,5: 198/187 epist. 104,3,11: 198 epist. 104,4,16: 198 epist. 107: 166 epist. 109,1: 173/84 epist. 110,6: 222/11 epist. 117: 166f. epist. 118: 24, 182f. epist. 118,1,1: 182/123 epist. 118,1,3: 184/132 epist. 118,1,4: 184 epist. 118,1,6: 184 epist. 118,1,7: 182, 182/123 epist. 118,2,8: 182 epist. 118,2,9: 9, 11, 182–184 epist. 118,2,11: 183f. epist. 118,3,13: 184, 199 epist. 118,3,16f.: 186 epist. 118,3,19: 186 epist. 118,3,20: 87 epist. 118,4,31: 182/121 epist. 118,5,32: 98/113, 182/122, 185/138 epist. 118,5,33: 186, 186/139 epist. 118,5,34: 166, 181f. epist. 119: 167f. epist. 119,1: 168 epist. 119,3: 168 epist. 120,1,6: 181, 186 epist. 120,2,7: 208 epist. 130,5,10: 200 epist. 132: 162 epist. 134,1: 199 epist. 134,2: 199 epist. 134,4: 199 epist. 135: 169 epist. 135,1: 54/52, 162 epist. 135,2: 163 epist. 136: 169 epist. 136,1: 168f. epist. 137: 189 epist. 137,1,1: 189/151 epist. 137,1,3: 158/389, 180/112 epist. 137,2,5: 206 epist. 137,3,12: 187, 206 epist. 137,4,16: 185 epist. 137,5,17: 185, 206 epist. 137,5,18: 149 epist. 137,19: 202 epist. 138,1,1: 192 epist. 138,1,3: 206 epist. 138,1,8: 206
249
epist. 138,2,10: 185, 194, 197/185 epist. 138,3,16: 187, 194/175, 197/185 epist. 138,3,17: 206 epist. 143,2: 12 epist. 149: 203 epist. 149,5: 204 epist. 153,1,1: 201/198 epist. 154: 169 epist. 154,2: 169f. epist. 155,1,4: 181 epist. 155,1,5: 187/144 epist. 155,2,6: 185/137 epist. 155,2,7: 200 epist. 159: 208 epist. 159,2: 222/11 epist. 159,4: 208 epist. 160: 173 epist. 162,1: 193/170 epist. 162,8: 193/170 epist. 164,2,4: 187f. epist. 167,6,21: 200/197 epist. 169,1,1: 193/170 epist. 169,4,12: 222/11 epist. 180,5: 200/192 epist. 184 A: 201/199 epist. 184 A,1,2: 208 epist. 198: 173/86 epist. 205,4,18: 200 epist. 208,2: 200 epist. 208,5: 200 epist. 221: 170 epist. 221,1: 170 epist. 221,3: 170f. epist. 221,4: 171 epist. 223: 170 epist. 223,2: 171 epist. 224: 221 epist. 224,2: 222 epist. 229,2: 174 epist. 230: 172 epist. 230,2f.: 172 epist. 230,3: 172 epist. 230,4: 172 epist. 231: 198 epist. 231,2: 189 epist. 231,2–4: 221 epist. 231,3: 198, 199/189 epist. 231,4: 199 epist. 234,3: 163 epist. 245: 208 epist. 256: 203/206 epist. 258,1: 187, 193 epist. 258,5: 80/43, 193
250 epist. 260: 172f., 172/80 epist. 261,4: 201 epist. 266,4: 102/141 gen. ad litt. 1,20 p. 29: 132/264, 149 gen. c. Manich. 1,1,1: 66f. in evang. Ioh. 27,5: 113/192 in psalm. 105,35: 149 in psalm. 54,13: 60/90 lib. arb. 1,25: 116/199 mag. 10,33: 106/159 mor. eccl. 21,38: 87 ord. 1,1,1: 72, 74 ord. 1,1,2: 74 ord. 1,1,3: 92 ord. 1,2,4: 74, 92 ord. 1,2,5: 70/3, 70/4, 75 ord. 1,3,6: 77 ord. 1,3,7: 87 ord. 1,3,8: 76, 85 ord. 1,3,9: 76f., 76/31 ord. 1,4,10: 76/31, 77, 79/39, 81 ord. 1,4,11: 87 ord. 1,5,16: 85 ord. 1,6,16: 76 ord. 1,7,20: 74f., 76/31 ord. 1,8,21: 86 ord. 1,8,22: 76/31 ord. 1,8,23: 86 ord. 1,8,24: 88, 92/80 ord. 1,9,27: 72–74, 87f. ord. 1,10,29: 87 ord. 1,10,30: 75 ord. 1,11,31: 73/19, 76, 88–90 ord. 1,11,32: 76/31, 86f., 91 ord. 2,1,3: 83 ord. 2,2,4: 83 ord. 2,3,10: 76 ord. 2,4,12: 82f. ord. 2,4,13: 82f., 94/88 ord. 2,5,14: 92/80 ord. 2,5,15: 92/80, 93/83 ord. 2,5,16: 93/84 ord. 2,5,17: 83 ord. 2,6,18: 83 ord. 2,7,20: 83 ord. 2,7,21: 76/31 ord. 2,7,22: 81 ord. 2,8,25–9,27: 83 ord. 2,9,26: 92/80, 93/81 ord. 2,10,28: 83, 88 ord. 2,11,34: 76/31, 81 ord. 2,12,36: 94 ord. 2,12,37: 94
Stellenregister ord. 2,14,40: 119 ord. 2,16,44: 93/81, 93/82 ord. 2,17,45: 92–94, 94/88 ord. 2,20,54: 76/31 retract. 1,1,1: 70f. retract. 1,1,4: 12 retract. 1,2: 70/1 retract. 1,3,1: 70/1 retract. 1,3,2: 18/38, 29f. retract. 1,6: 28 retract. 1,12: 103/142 retract. 1,20: 98 retract. 2,3: 44, 67 retract. 2,4,1: 14/23 retract. epil.: 39/160 retract. prol. 3: 12, 135 serm. 2,4,5: 211/14, 212 serm. 17,2,2: 97 serm. 37,3: 213 serm. 60: 211 serm. 60,3,3: 211 serm. 60,6,7: 211 serm. 66,4f.: 211/10 serm. 97: 210 serm. 97,3,3: 210 serm. 105: 213 serm. 105,7,10: 214 serm. 133,4: 212 serm. 141,1f.: 213/20 serm. 150,2,3: 212/16 serm. 160,3: 213 serm. 177,1: 213/20 serm. 184: 210 serm. 184,3: 210 serm. 197,1: 213/19 serm. 197,2: 213 serm. 198,2: 210/9 serm. 241: 213 serm. 240-242: 63 serm. 241,5: 52/41, 212 serm. 288,3: 211/14 serm. 313 C,2: 219 serm. 314,1: 210/8 serm. 314,2: 210/9 serm. 319,1,1: 211 serm. 339,4: 68/133 serm. 355,2: 96/98, 96/99, 96/100, 96/101, 96/103, 96/104, 179/111 serm. 359 A,13f.: 116 serm. Dolbeau 23,4f.: 213 soliloq. 1,10,17: 75, 135 soliloq. 2,9,16: 119 soliloq. 2,11,19: 94/87, 119
Stellenregister trin. 4,17: 80/45 util. cred. 6,13: 52/42 util. cred. 7,16: 52/42 vera relig. 99: 149 Caesarius von Arles serm. 114,2: 67/129 Johannes Cassian conl. 14,12: 57, 57/74 inst. 12,19: 161 Cassiodor inst. 1,15: 143/316 inst. 1,15,7: 49 var. praef. 15: 64 var. 3,33,3: 54/49 Cicero de inventione 1,1: 143/318 de orat. 2,8: 174/91 de orat. 3,52: 153 de orat. 3,103: 150/351 de orat. 3,211: 64/113 fin. 1,1f.: 102 nat. deor. 1,1: 72 nat. deor. 3,58: 82/50 off. 2,51: 127/243 opt. gen. 3: 153, 153/370 orat. 21: 50/23 ora. 69: 153 orat. 76: 149/346 orat. 78: 151, 151/360 orat. 103: 83/54 orat. 196: 149/346 part. 90–92: 65/118 Phil. 5,8: 176/96 rep. frg. 4,7: 161 Tusc. 2,4: 74 Tusc. 3,3,6: 179 Tusc. 3,18,40: 179 Tusc. 3,22,54: 179 Diomedes grammaticus 2,453: 94/88 Ennius ann. 560: 198 Gellius 17,1,1: 94/88 Gregor der Große moral. epist. 5: 65 Gregor von Nazianz Eun. 1,227,12: 112 Hieronymus adv. Rufin. 1,30: 9 epist. 22,29: 122/230 epist. 22,30: 57 epist. 22,30,5: 123
251
epist. 53,10: 143/316 epist. 57,12,4: 58/76 epist. 58,10: 137 in Ezech. 14,1, p. 318, 7: 67/129, 165/32 in Gal. 2,11f. p. 406f.: 98 Horaz carm. 1,1,36: 85 epist. 1,1,36f.: 198f. Isidor sent. 3,16: 143/316 Iulianus Imperator ep. 61 c. Laktanz inst. 1,5,11: 112 inst. 1,5,19: 112 inst. 5,1,24–28: 62/100 inst. 5,1,27: 146/336 Lucifer von Calaris moriend. 11, l. 18f.: 67/129 Lukrez 1,118: 170/67 1,936–950: 143 Minucius Felix 16,6: 130 Origenes ep. ad Gregorium 2: 109 Orosius hist. 1,18,1: 53/45 Ovid met. 4,111–118: 88 met. 15,875: 85 Paulinus von Nola [carm., app.] 2,51f.: 79 epist. 5,6: 58 epist. 22,3: 111 Persius 1,48: 199 Petron 3,1: 64/112 4f.: 127/244 Possidius vita Aug. 1,1: 174 vita Aug. 1,2: 43 vita Aug. 3,1: 95, 174 vita Aug. 3,3: 179/111 vita Aug. 4,1: 96/100, 96/101, vita Aug. 4,2: 96/102 vita Aug. 4,2f.: 96/103 vita Aug. 5,1: 96/104 vita Aug. 6,6: 174 vita Aug. 7,1: 174f. vita Aug. 7,3: 174 vita Aug. 8,1: 174
252 vita Aug. 9,3: 174 vita Aug. 11,5: 174 vita Aug. 12,1: 174 vita Aug. 14,1: 174 vita Aug. 14,7: 175/93 vita Aug. 18,8: 96/105 vita Aug. 19,6: 174 vita Aug. 22,1: 174 vita Aug. 24,11: 174 vita Aug. 31,5: 96/105 vita Aug. 31,7: 96/105 vita Aug. 31,8: 174f. Quintilian inst. 1,4,1–3: 49/18 inst. 1,4,2: 47/3 inst. 1,6,43–45: 53/48 inst. 1,6,45: 49/17 inst. 1,8,1–21: 49/18 inst. 2,4,9: 149/346 inst. 2,17,27f.: 100/125 inst. 4,2,88–100: 100/125 inst. 6,3,28: 149/346 inst. 8,3,18: 149/346 inst. 10,2,22: 83/54 inst. 11,1,6: 149/346 inst. 12,2,1: 54/49 inst. 12,10,70: 83/54 Rufin apol. adv. Hier. 2,4–13: 123 Sallust Cat. 11,6: 194/175 Iug. 35,10: 194/175 Sedulius carm. pasch. 1,4: 136/280 Seneca Ag. 254f.: 79/42 Servius Aen. 1,118: 149/346 Aen. 8,456: 149/346 Statua ecclesiae antiqua p. 167,12: 13/20
Stellenregister Sueton gramm. 16,2: 48 Symmachus epist. 1,20: 52/36 Tatian orat. 1,3: 112/188 Terenz Andr. 61: 110 Andr. 189: 193 Eun. 1024: 76 Vergil Aen. 1,745f.: 81/47 Aen. 3,84–89: 78 Aen. 4,335f.: 122/230 Aen. 6,641–644: 195 Aen. 10,875: 77/34, 79 Aen. 11,787 f.: 80 georg. 2,481f.: 81 georg. 2,498: 214 Victorinus gramm. frg. p. 35,6: 82/53 gramm. frg. p. 37,3: 82/53 Vincent von Lérin comm. 1,6: 67/129 VITA Caes. Arel. 1,9: 58/79 Bibelstellen Exod. 3,21f.: 109 Exod. 11,2: 109 Exod. 12,35f.: 109 Exod. 18,14–26: 106 Gal. 2,11–14: 98 Joh. 14,6: 79 Joh. 18,36: 87 Kol. 2,8: 59/87, 86f., 1 Kor. 1,20: 59/87 1 Kor. 1,27: 168 1 Kor. 3,19: 59/87 1 Kor. 8,1: 113, 113/192 1 Kor. 13,13: 113 2 Kor. 11,6: 58/76 Mk. 2,13: 105/156 Weish. 7,13: 105
Hypomnemata Untersuchungen zur Antike und zu ihrem Nachleben 169: Claire-Françoise de Roguin »... et recouvre d\une montagne leur cité!« La fin du monde des héros dans les épopées homériques 2007. Ca. 304 Seiten, gebunden ISBN 978-3-525-25280-2
168: Benedikt Strobel »Dieses« und »So etwas«
164: Michael Jung Marathon und Plataiai Zwei Perserschlachten als »lieux de mémoire« im antiken Griechenland 2006. 427 Seiten, gebunden ISBN 978-3-525-25263-5
163: Jonas Grethlein Das Geschichtsbild der Ilias
Zur ontologischen Klassifikation platonischer Formen
Eine Untersuchung aus phänomenologischer und narratologischer Perspektive
2007. 341 Seiten, gebunden ISBN 978-3-525-25266-6
2006. 381 Seiten, gebunden ISBN 978-3-525-25262-8
167: Kai Rupprecht Cinis omnia fiat
162: Rene Pfeilschifter Titus Quinctius Flamininus
Zum poetologischen Verhältnis der pseudo-vergilischen »Dirae« zu den Bucolica Vergils
Untersuchungen zur römischen Griechenlandpolitik
2007. 296 Seiten, gebunden ISBN 978-3-525-25267-3
166: Nina Johannsen Dichter über ihre Gedichte Die Prosavorreden in den »Epigrammaton libri« Martials und in den »Silvae« des Statius 2006. 404 Seiten, gebunden ISBN 978-3-525-25265-9
165: Jochen Walter Pagane Texte und Wertvorstellungen bei Lactanz 2006. 382 Seiten, gebunden ISBN 978-3-525-25264-2
2005. 442 Seiten, gebunden ISBN 978-3-525-25261-1
161: Tanja Itgenshorst Tota illa pompa Der Triumph in der römischen Republik 2005. 301 Seiten mit einer CD-ROM: Katalog der Triumphe von 340 bis 10 vor Christus, gebunden ISBN 978-3-525-25260-4
160: Rosario La Sala Die Züge des Skeptikers Der dialektische Charakter von Sextus Empiricus’ Werk 2005. 204 Seiten mit zahlr. Tab., gebunden ISBN 978-3-525-25259-8
Veröffentlichungen des MaxPlanck-Instituts für Geschichte 229: Anna-Dorothee von den Brincken Studien zur Universalkartographie des Mittelalters
224: Hans Erich Bödeker / Martin Gierl (Hg.) Jenseits der Diskurse
Herausgegeben von Thomas Szabó. 2007. Ca. 832 Seiten mit 78 Abb., Leinen ISBN 978-3-525-35884-9
Aufklärungspraxis und Institutionenwelt in europäisch komparativer Perspektive
228: Otto Gerhard Oexle (Hg.) Krise des Historismus – Krise der Wirklichkeit Wissenschaft, Kunst und Literatur 1880-1932 2007. Ca. 384 Seiten mit 24 Abb., Leinen ISBN 978-3-525-35810-8
227: Nathalie Kruppa (Hg.) Adlige – Stifter – Mönche Zum Verhältnis zwischen Klöstern und mittelalterlichem Adel Studien zur Germania Sacra, Band 30. 2007. Ca. 352 Seiten mit 29 Abb., 25 Karten und 1 Falttafel, Leinen. ISBN 978-3-525-35886-3
226: Otto Gerhard Oexle / Michail Bojcov (Hg.) Bilder der Macht in Mittelalter und Neuzeit Byzanz - Okzident - Russland 2007. 675 Seiten mit 191, z.T. farb. Abb., Leinen ISBN 978-3-525-35878-8
2007. 489 Seiten mit 9 Abb., Leinen ISBN 978-3-525-35809-2
223: Peter Kriedte Taufgesinnte und großes Kapital Die niederrheinisch-bergischen Mennoniten und der Aufstieg des Krefelder Seidengewerbes (Mitte des 17. Jahrhunderts - 1815) 2007. 803 Seiten mit 5 Abb., 49 Tab., 66 Grafiken und 8 Karten, Leinen. ISBN 978-3-525-35801-6
222: Marie Luisa Allemeyer »Kein Land ohne Deich ...!« Lebenswelten einer Küstengesellschaft in der Frühen Neuzeit 2006. 448 Seiten mit 13 farb. Abb., Leinen ISBN 978-3-525-35879-5
221: Hans Erich Bödeker / Anne Saada (Hg.) Bibliothek als Archiv 2007. Ca. 333 Seiten mit 15 Abb. und 1 Tab., Leinen. ISBN 978-3-525-35869-6
225: Thomas Werner Den Irrtum liquidieren
220: Hubertus Büschel Untertanenliebe
Bücherverbrennungen im Mittelalter 2007. Ca. 864 Seiten mit 56, z.T. farb. Abb. und 3 Schaubildern, Leinen. ISBN 978-3-525-35880-1
2006. 419 Seiten mit 7 Abb., Leinen ISBN 978-3-525-35875-7
Der Kult um deutsche Monarchen 1770–1830