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German Pages 512 [509] Year 1991
ARISTOTELES METAPHYSIK
PHILOSOPHIEHISTORISCHE TEXTE
ARISTOTELES
Metaphysik In der Übersetzung von Friedrich Bassenge
AKADEMIE-VERLAG B E R L I N 1990
Herausgegeben im Auftrage des Zentralinstituts für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der D D R Bearbeiter dieses Bandes Regina Steindl
I S B N 3-05-000695-1 I S S N 0233-089X Erschienen im Akademie-Verlag Berlin, DDR-1086 Berlin; Leipziger Str. 3—4 © Akademie-Verlag Berlin 1990 Lizenznummer: 202 • 100/21/89 Printed in the German Democratic Republic Gesamtherstellung: VEB Druckerei „Gottfried Wilhelm Leibniz", 4460 Gräfenhainichen • 7119 Einbandgestaltung: Eckhard Steiner LSV 0116 Bestellnummer: 754 934 0 (4083) 04200
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1. K a p i t e l Alle Menschen streben von Natur nach Wissen. Dies zeigt 21 ihre Liebe zu den Sinneswahrnehmungen. Denn sie lieben diese Wahrnehmungen um ihrer selbst willen unabhängig vom Nutzen, und zwar mehr als alle anderen Wahrnehmungen diejenigen, die durch die Augen vermittelt werden. Nicht nur mit Rücksicht auf unser Handeln, und selbst 25 dann, wenn wir gar nicht handeln wollen, ziehen wir das Sehen im großen ganzen allen anderen Wahrnehmungen vor. Die Ursache hierfür liegt darin, daß es uns mehr als alle anderen Sinne erkennen läßt und viele Unterschiede offenbart. 27 Der Besitz von Sinneswahrnehmungen ist den Lebewesen von Natur angeboren. Bei manchen Lebewesen entsteht aus diesen Wahrnehmungen keine Erinnerung; bei anderen dagegen entsteht Erinnerung. So sind die 980b letzteren einsichtiger und gelehriger als diejenigen, die sich nicht zu erinnern vermögen. Ohne Lernen einsichtig sind alle Lebewesen, die nicht vermögend sind, den Schall zu hören — also die Bienen und jede andere derartige Gattung von Lebewesen, die es etwa gibt. Dagegen lernen 25 alle Lebewesen, die außer der Erinnerung auch die Wahrnehmung des Schalles haben. Während nun die anderen Lebewesen ihren Vorstellungen und Erinnerungen leben und nur geringer Erfahrung teilhaftig werden, lebt die Menschengattung auch der Kunst und dem schlußfolgernden Denken. Aus der Erinnerung entsteht nämlich f ü r die Menschen Erfahrung. 7
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Viele Erinnerungen an dieselbe Sache schaffen das Ver981a mögen einer Erfahrung. Die Erfahrung scheint nahezu das gleiche zu sein wie Wissenschaft und Kunst, doch erlangen die Menschen Wissenschaft und Kunst durch die Erfahrung. Denn „Erfahrung schuf die Kunst" — wie Polos mit Recht sagt 1 —, „Unerfahrenheit aber die Fü5 gung". Kunst entsteht dann, wenn sich aus vielen durch Erfahrung gewonnenen Gedanken eine allgemeine Auffassung über Ähnliches bildet. Denn die Auffassung zu haben, daß dem Kallias, der die und die Krankheit hatte, dieses bestimmte Mittel geholfen habe, und ebenso dem Sokrates und vielen anderen einzelnen Menschen: das ist 10 Sache der Erfahrung. Die Auffassung aber zu haben, daß allen Menschen von der und der Beschaffenheit — indem man sie als der Gestalt nach eines abgrenzt — dieses bestimmte Mittel geholfen habe, als sie an der und der Krankheit litten (z. B. allen, die an einer Entzündung, an der Galle oder an Fieber erkrankt waren): das ist Sache der 12 Kunst. In Beziehung zum Handeln scheint sich die Erfahrung in keiner Weise von der Kunst zu unterscheiden. Wir sehen vielmehr, daß die Männer der Erfahrung noch eher das Richtige treffen als diejenigen, die den Begriff, aber 15 nicht die Erfahrung haben. (Die Ursache hierfür liegt darin, daß einerseits die Erfahrung eine Kenntnis der Einzeldinge und die Kunst eine Kenntnis des Allgemeinen ist und daß es andererseits bei den Handlungen und Entstehungen allenthalben um das Einzelding geht. Denn der Arzt macht nicht den Menschen gesund — es sei denn im Sinne eines Hinzugekommenen —, sondern Kallias oder 20 Sokrates oder irgendjemand anderen, der einen derartigen Namen hat und bei dem das zum Menschen gehörige Sein ebenfalls nur hinzugekommen ist. Wenn also jemand den Begriff, aber nicht die Erfahrung hat, und wenn er zwar das Allgemeine, aber nicht die darin enthaltenen Einzeldinge erkennt, so wird er die richtige Heilmethode oft verfehlen, denn es ist ja der Einzelne, der geheilt werden muß.) — Dennoch schreiben wir Wissen und Verstehen 1 Piaton, Gorgias 448 C.
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mehr der Kunst als der Erfahrung zu und halten die 25 Künstler für weiser als die Männer der Erfahrung, als ob bei allen die Weisheit vorzugsweise eine Folge des Wissens sei. Dies tun wir deshalb, weil die einen die Ursache kennen, die anderen aber nicht. Die Männer der Erfahrung kennen nur das Daß, aber nicht das Warum; die Künstler kennen das Warum und die Ursache. Wir schätzen deshalb 30 in allen Fächern die leitenden Künstler höher und glauben, daß sie mehr wissen und weiser sind als die Handwerker, weil sie die Ursachen dessen, das hervorgebracht 981b wird, kennen. (Dagegen gleichen die Handwerker gewissen leblosen Dingen — etwa dem brennenden Feuer —, die zwar etwas hervorbringen, aber nicht wissen, daß sie das hervorbringen, was sie hervorbringen; wie jene unbeseelten Dinge dank ihrer bestimmten Natur das Einzelne hervorbringen, so die Handwerker dank der Gewohnheit.) Wir 5 schätzen dabei die leitenden Künstler als weiser — nicht weil sie zum Handeln besonders tauglich wären, sondern weil sie im Besitz des Begriffs sind und die Ursachen erkennen. Allgemein ist es ein Kennzeichen des Wissenden gegenüber dem Nichtwissenden, daß er vermögend ist zu unterrichten. Deshalb glauben wir, daß die Kunst mehr Wissenschaft ist als die Erfahrung: denn die Künstler sind vermögend zu unterrichten, die Männer der Erfahrung nicht. 9 Ferner halten wir keine der Sinneswahrnehmungen für 10 Weisheit, und doch machen sie die entscheidendsten Kenntnisse der Einzeldinge aus. Sie geben aber von keinem Dinge das Warum an; sie geben z. B. nicht an, warum das Feuer warm ist, sondern nur, daß es warm ist. Wer daher zuerst eine Kunst erfand, die über die allgemeinen Sinneswahrnehmungen hinausging, fand Bewunderung bei den Menschen — nicht allein, weil etwas Nützliches in seiner Erfin- 15 dung lag, sondern auch, weil er sich als weise zeigte und von den anderen unterschied. Wenn nun verschiedene Künste erfunden sind, von denen die einen den Lebensnotwendigkeiten, die anderen aber dem Lebensgenuß dienen, so halten wir die zweiten immer für weiser als die ersten, weil ihre Wissenschaft nicht auf den Nutzen gerichtet 20 ist. Erst als schon alle Kräfte ausgebildet waren, wurden 9
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diejenigen erfunden, bei denen es nicht um Freude und nicht um Lebensnotwendigkeiten geht, — und zwar zuerst an Orten, an denen man Muße hatte. Deshalb gab es die mathematischen Künste zuerst in Ägypten; denn dort 25 wurde die Priesterkaste ihrer Muße überlassen. In den ethischen Untersuchungen haben wir den Unterschied zwischen Kunst, Wissenschaft und anderen gleichartigen Dingen dargelegt. Die gegenwärtige Erörterung aber stellen wir deshalb an, weil es nach allgemeiner Überzeugung bei dem, was man Weisheit nennt, um die erste Ursache und die Quellen geht, — so daß also, wie wir oben sagten, der Mann der Erfahrung f ü r weiser gilt als 30 jemand, der nur irgendeine Sinneswahrnehmung h a t ; der Künstler für weiser als der Mann von Erfahrung; der 982a leitende Künstler f ü r weiser als der Handwerker und endlich die betrachtenden Künste für Künste in einem höheren Sinne als die hervorbringenden. Daraus ergibt sich, daß Weisheit eine Wissenschaft von irgendwelchen Ursachen und Quellen ist.
2. K a p i t e l 4,5 Da wir nun diese Wissenschaft suchen, so müssen wir prüfen, welcherlei Ursachen und Quellen es sind, deren Wissenschaft die Weisheit ist. Hierüber dürften wir zu größerer Klarheit kommen, wenn wir uns die Auffassungen 8 vor Augen halten, die über den Weisen bestehen. [1] Erstens nehmen wir an, daß der Weise alles weiß, soweit man das kann, — ohne daß er aber eine Wissenschaft 10 von den Dingen als einzelnen hätte. [2] Ferner halten wir den f ü r weise, der vermögend ist, schwierige, f ü r den Menschen nicht leicht erfaßbare Dinge zu erkennen. (Denn das sinnliche Wahrnehmen ist allen gemeinsam, also nicht schwierig und kein Merkmal des Weisen.) [3] Ferner halten 15 wir in allen Wissenschaften den f ü r den Weiseren, der genauer als andere ist und [4] der besser über die Ursachen unterrichtet. [5] Auch unter den Wissenschaften selbst — 10
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so meinen wir — ist diejenige, die um ihrer selbst willen und dem Wissen zuliebe erstrebenswert ist, in höherem Grade Weisheit als eine andere, die nur um ihrer Ergebnisse willen erstrebenswert ist, — [6] und die übergeordnete Wissenschaft in höherem Grade als die untergeordnete. Denn der Weise braucht sich nicht gebieten zu lassen, sondern hat selbst zu gebieten; er hat nicht einem anderen zu gehorchen, sondern ihm hat der zu gehorchen, der weniger weise ist. 19 So etwa sieht es mit der Art und Menge der Auffassun- 20 gen aus, die wir über die Weisheit und die Weisen haben. Von den Merkmalen, die sich hieraus ergeben, besteht [1] das eine — nämlich das Wissen über alle Dinge — not- : wendigerweise an demjenigen, der im höchsten Grade die Wissenschaft vom Allgemeinen besitzt; denn dieser kennt in gewissem Sinne auch alles, was Substrat des Allgemeinen ist. [2] Das Allgemeinste ist aber f ü r den Menschen auch gerade am schwierigsten zu erkennen; denn es ist von den Sinneswahrnehmungen am weitesten entfernt. 25 [3] Am genauesten unter den Wissenschaften sind diejenigen, die im höchsten Grade Wissenschaften des Ersten sind; denn diejenigen, die weniger Voraussetzungen haben, sind genauer als diejenigen, die Hinzufügungen machen: z. B. die Arithmetik genauer als die Geometrie. [4] Besser zu unterrichten weiß die Wissenschaft, die eine Betrachtung der Ursachen vornimmt; denn derjenige unterrich- 30 tet uns, der f ü r jede Sache die Ursachen angibt. [5] Wissen um des Wissens willen besteht im höchsten Grade bei der Wissenschaft des im höchsten Grade Wißbaren (denn wer das Wissen um seiner selbst willen erstrebt, der wird die 982b Wissenschaft am meisten erstreben, die am meisten Wissenschaft ist, — dies aber ist die Wissenschaft des im höchsten Grade Wißbaren); und im höchsten Grade wißbar sind das Erste und die Ursachen: denn durch sie und aus ihnen wird das andere erkannt, nicht aber sie selbst durch ihr Substrat. [6] Die höchste Wissenschaft und diejenige, die den untergeordneten Wissenschaften am meisten zu ge- 5 bieten hat, ist die Wissenschaft, die erkennt, weswegen das Einzelne zu t u n ist; dies aber ist das Gute am Einzelnen und — allgemein gesprochen — das Beste in der ganzen Natur. 7 11
Metaphysik Nach allem, was wir gesagt haben, k o m m t der in Frage stehende Name n u r einer Wissenschaft zu; diese aber m u ß eine Betrachtung der ersten Quellen und Ursachen sein, 10 d a ja auch das Gute und das Weswegen eine der Ursachen ist. 11 D a ß diese Wissenschaft keine hervorbringende ist, k a n n man sich auch an denen, die zuerst philosophiert haben, deutlich machen. Wie heute, so ging auch schon damals das Philosophieren der Menschen von der Verwunderung aus. Anfänglich verwunderten sie sich über das Unerklärliche, das sie unmittelbar vor Augen hatten, gingen d a n n Schritt f ü r Schritt weiter und machten auch größere 15 Dinge zum Problem — wie die Affektionen des Mondes und der Sonne, oder wie die Sterne und die E n t s t e h u n g des Alls. Wer aber etwas zum Problem macht und sich über etwas wundert, der vermeint es nicht zu kennen. (Deshalb ist auch der Freund der Mythen in gewissem Sinne Philosoph, denn die Mythen bestehen ja aus Wunderbarem.) Wenn also die Menschen philosophierten, u m die 20 Unwissenheit zu überwinden, so suchten sie offenbar Wissenschaft, u m zu wissen, und nicht u m des Nutzens willen. Das bestätigt auch der tatsächliche Verlauf der Dinge; denn erst als nahezu alle Lebensnotwendigkeiten, alle Dinge der Bequemlichkeit und des Lebensgenusses vorhanden waren, begann man eine solche Einsicht zu su25 chen. E s ist also offenkundig, d a ß wir sie nicht u m irgendeines anderen Vorteils willen suchen; wie wir vielmehr einen Menschen frei nennen, der u m seiner selbst willen und nicht u m eines anderen willen lebt, so ist auoh diese Wissenschaft als einzige unter allen frei; denn sie allein 28 besteht u m ihrer selbst willen. Man ist deshalb mit gutem B>echt geneigt, den Besitz dieser Wissenschaft als übermenschlich anzusehen. Denn die N a t u r der Menschen ist in vielerlei Hinsicht in Banden 30 befangen, so d a ß vielleicht — wie Simonides sagt 2 — Gott allein dieses Vorrecht haben k ö n n t e ; es wäre aber des Menschen unwürdig, nach einer Wissenschaft, die ihm zukommt, nicht zu suchen. Wenn etwas an dem wäre, 2
Simonides, Fragm. 37 (Page). 12
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was die Dichter sagen, und wenn das Göttliche neidvoll wäre, so müßte dies hier am stärksten zutreffen und müß- 983» ten alle Großen dieser Wissenschaft unglücklich sein. Aber einerseits kann das Göttliche nicht voll Neides sein und — wie das Sprichwort sagt — „erlügen vieles die Sänger", und andererseits darf man keine Wissenschaft ehrwürdiger nennen als diese. Denn die göttlichste Wissen- 5 Schaft ist auch die ehrwürdigste, und die Weisheit allein ist dies in zweifachem Sinne: göttlich ist nämlich einerseits die Wissenschaft, die der Gott am meisten haben dürfte, und andererseits diejenige, die Wissenschaft vom Göttlichen ist. Beides trifft allein auf die Weisheit zu. Denn allen Denkern scheint der Gott eine der Ursachen und eine Quelle zu sein, und der Gott dürfte auch nur diese oder doch in erster Linie diese Wissenschaft besitzen. Alle an- 10 deren Wissenschaften mögen notwendiger sein, keine aber besser. n Der Besitz dieser Wissenschaft muß irgendwie in das Gegenteil unseres ersten Suchens umschlagen. Denn alle Menschen gehen, wie wir sagten, von der Verwunderung darüber aus, wie sich die Dinge verhalten, — so über selbstläufige Spielzeuge, über die Sonnenbahn oder über die 15 Unmeßbarkeit der Diagonale. (Denn allen Menschen, deren Betrachtung nicht zur Ursache gelangt ist, erscheint es verwunderlich, daß etwas nicht durch das kleinste Maß gemessen werden könne.) Am Ende muß es sich aber nach dem Sprichworte ins Gegenteil und ins Bessere umkehren — auch in diesen Dingen, wenn man die Ursache zu erfassen gelernt hat: denn über nichts würde sich ein Vertreter der 20 Geometrie mehr verwundern, als wenn sich die Diagonale als meßbar herausstellen würde. Damit wäre dargelegt, welches die Natur der gesuchten Wissenschaft ist, und zugleich, was das Ziel ist, das dieses Suchen und unsere ganzen Erörterungen erreichen müssen.
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3. Kapitel 24 Es ist einerseits offenbar, daß wir eine Wissenschaft der von Anfang an bestehenden Ursachen erlangen müssen — 25 denn Wissen schreiben wir uns ja in jedem Falle zu, in dem wir die erste Ursache zu erkennen glauben. Andererseits spricht man von Ursache in vier Bedeutungen: in der ersten Bedeutung sagen wir, Ursache sei das Wesen und damit das jeweils zugehörige Sein (denn das Warum wird auf den Begriff als Letztes zurückgeführt, Ursache und Quelle aber sind das erste Warum); in der zweiten Be30 deutung ist Ursache der Stoff und damit das Substrat; in der dritten Bedeutung ist Ursache das Woher des Anfangs der Bewegung; in der vierten Bedeutung ist Ursache — im Gegensatz zur dritten — das Weswegen und damit das Gute: denn dies ist das Endziel aller Entstehung und aller Bewegung. Wir selbst haben zwar diese Ursachen in unse983b ren Untersuchungen über die Natur hinlänglich betrachtet, doch wollen wir auch diejenigen zu Rate ziehen, die vor uns das Seiende erforscht und über die Wahrheit philosophiert haben. Denn auch sie sprechen offenbar von gewissen Quellen und Ursachen. Wenn wir diese Quellen und Ursachen prüfen, so wird dies von einigem Nutzen für 5 unsere eigene Untersuchung sein: denn wir werden dabei entweder noch eine andere Gattung von Ursachen entdecken oder unsere Überzeugung von der Richtigkeit der bishe6 rigen Aufstellungen festigen. Die Mehrzahl von denen, die zuerst philosophiert haben, glaubte, daß es Quellen für alle Dinge allein in Gestalt von Stoff gebe. Sie bezeichnen dasjenige als Element und Quelle des Seienden, aus dem alles Seiende besteht, aus dem es als dem Ersten entsteht und in das es 10 als in das Letzte vergeht — indem das Wesen beharrt und sich nur in seinen Affektionen verändert. Darum nehmen sie an, daß nichts eigentlich entstehe und verderbe, da jene Art Natur immer erhalten bleibe. Wie wir nicht sagen, daß Sokrates schlechthin entstehe, wenn er schön oder 15 musikalisch wird, und auch nicht sagen, daß er verdürbe, wenn er dieses Haben verliert, — weil nämlich das Substrat, 14
Buch A.3 Sokrates selbst, erhalten bleibt: in demselben Sinne entstehe und vergehe auch nichts anderes. Es müsse also irgendeine Natur geben — sei es eine oder mehr als eine —, aus der das andere entsteht, während sie selbst erhalten bleibt. In welcher Zahl und Gestalt es aber derartige Quellen gebe, darüber lehren sie freilich nicht alle dasselbe. 20 Thaies, der Begründer dieser Art Philosophie, sah das Wasser als jene Natur an — weshalb er auch erklärte, daß sich die Erde auf Wasser befinde. E r kam zu dieser Annahme wahrscheinlich deshalb, weil er sah, daß die Nahrung aller Dinge feucht ist und selbst das Warme aus dem Feuchten entsteht und durch das Feuchte lebt; bei allem aber ist das, woraus es entsteht, seine Quelle. Hierdurch 25 also kam er wohl zu seiner Annahme — aber auch deshalb, weil der Samen aller Dinge eine feuchte Natur hat und das Wasser für das Feuchte die Quelle seiner Natur ist. Einige meinen nun, daß auch die ganz Alten, die lange vor der gegenwärtigen Generation gelebt und zuerst über das Göttliche nachgedacht haben, diese Auffassung über die Natur geteilt hätten; sie machten ja Okeanos 3 und Tethys 30 zu Urhebern der Entstehung und ließen die Götter bei dem Wasser schwören, das sie S t y x nannten 4 ; am ehrwürdigsten ist ja das Älteste, und der Schwur ist das 984 a Ehrwürdigste. Ob nun diese Meinung über die Natur wirklich am Anfang gestanden und so alt gewesen ist, mag vielleicht ungewiß bleiben; jedenfalls hat sich Thaies in der angegebenen Weise über die erste Ursache ausgesprochen. Hippon wird man angesichts der Dürftigkeit seiner Überlegungen nicht für würdig halten, mit solchen Denkern auf eine Stufe gestellt zu werden. Anaximenes und Dio- 5 genes hielten die L u f t für früher als das Wasser und für denjenigen einfachen Körper, der in erster Linie Quelle sei. Hippasos aus Megapont und Heraklit aus Ephesos sprachen sich für das Feuer aus, Empedokles aber für die vier Elemente, indem er zu den genannten die Erde als viertes hinzufügte: diese Elemente sollen immer erhalten bleiben und niemals entstehen — sie sollen sich nur hinsichtlich ihrer 3 Okeanos = das Meer. Vgl. Ilias XIV, V. 201 u. 245 f. 4 Vgl. z. B. Ilias II, V. 755. 15
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10 Menge (oder Wenigkeit) ändern, indem sie sich zu einem verflechten und aus dem Einen wieder entflechten. Anaxagoras aus Klazomenai, der dem Zeitalter nach früher, seinen Werken nach aber später als Empedokles liegt, behauptete, daß es unbegrenzt viele Quellen gebe, denn alle Dinge, die aus gleichartigen Teilen bestehen — wie Wasser und Feuer —, entstünden und vergingen allein auf diese 15 Weise, nämlich durch Verflechtung und Entflechtung; ein anderes Entstehen und Vergehen gebe es für sie nicht; iß vielmehr blieben sie ewig erhalten. Nach all diesen Denkern hat man nur irgendeine Ursache anzunehmen, die in Gestalt von Stoff zu denken ist. Indem nun die Denker auf diesem Wege vorwärtsschritten, wurden ihnen die Tatsachen selbst zum Wegbereiter und wirkten gemeinsam darauf hin, neue Untersuchungen notwendig erscheinen zu lassen. Denn wenn es auch noch 20 so richtig sein mag, daß alles Vergehen und Entstehen aus etwas stamme — sei dies nun irgendein Eines oder mehreres —, so bleibt doch die Frage: wodurch erfolgt es und was ist seine Ursache? Denn das Substrat bringt nicht seine eigene Veränderung hervor. Das heißt z. B.: nicht das Holz und das Erz sind ursächlich für die Veränderung an beidem; weder bringt das Holz ein Bett hervor noch das 25 Erz eine Bildsäule, vielmehr ist etwas anderes die Ursache der Veränderung. Nach dieser Ursache suchen heißt nach einer Quelle suchen, die von der stofflichen verschieden ist, nämlich — wie wir sagen würden — nach dem Woher des Anfangs der Bewegung. Diejenigen nun, die ganz am Anfang jenen Weg beschritten und das Substrat als eines annahmen, sahen in dieser Annahme keine Schwierigkeit. Indessen wuchs einigen von denen, die das Substrat als 30 eines ansprachen5, gleichsam das eigene Suchen über den Kopf: sie behaupteten, das Eine und die ganze Natur seien unbeweglich — und zwar nicht nur im Hinblick auf Entstehen und Vergehen (denn dies ist eine alte Lehre, in der alle übereinstimmten), sondern auch im Hinblick auf alle 984b sonstigen Veränderungen (und diese Behauptung ist ihnen eigentümlich). Von allen, die behaupteten, daß das All 5
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eines sei, kam keiner dazu, jene zweite Ursache zu erkennen, außer vielleicht Parmenides — und auch dieser nur insofern, als er überhaupt in irgendeinem Sinne nicht nur eine, sondern zwei Ursachen annahm. Denn wer mehrere ß Ursachen annimmt. — z. B. das Warme und das Kalte oder Feuer und Erde —, kann die Dinge besser begreifen: er kann etwa das Feuer als etwas behandeln, das eine bewegende Natur hat, Wasser, Erde und dergleichen aber als 8 das Gegenteil. Nachdem solche Männer mit ihren Quellen aufgetreten waren und diese nicht genügten, um die Natur der Dinge daraus entstehen zu lassen, wurden die Menschen, wie wir schon sagten 6 , von der Wahrheit selbst dazu genötigt, 10 nach einer weiteren Quelle zu suchen. Denn daß die einen Dinge gut und schön sind und die anderen es werden: dafür kann doch wohl das Feuer oder die Erde oder dergleichen nicht die Ursache sein — und das können jene Denker auch gar nicht geglaubt haben. Ebensowenig ging es aber wohl an, eine so gewichtige Sache dem Selbstlauf oder der Fügung zu überantworten. Als nun jemand 15 sagte 7 , es sei die Vernunft, die in der ganzen Natur in derselben Weise wie in den Lebewesen die Ursache aller Schönheit und aller Ordnung sei, da erschien er seinen Vorgängern gegenüber wie der einzige Besonnene unter Leuten, die hur aufs Geratewohl daherreden. Sicher wissen wir, daß Anaxagoras zu diesen Gedanken kam, doch soll sie Hermotimos von Klazomenai schon früher ausgesprochen haben. Die Vertreter dieser Auffassung nahmen an, daß die 20 Ursache des Guten zugleich eine Quelle der Dinge sei, und zwar eine Quelle, von der her den Dingen Bewegung zukommt. 4. Kapitel Man könnte vermuten, daß Hesiod als erster nach derglei- 23 chen gesucht habe — und wer sonst noch Liebe oder Begierde in den Dingen als Quelle annahm. Das tat z. B. auch 25 6 984**6. 7
Anaxagoras, B-Fragm. 12 (Diels/Kranz).
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Parmenides, denn wo er das Entstehen des Alls darstellt, sagt er: „Zuerst ersann sie von allen Göttern den Eros." 8 Hesiod aber sagt: „Siehe vor allem zuerst ward Chaos, aber nach diesem Ward die gebreitete Erde . . . , Eros zugleich, der vor allen unsterblichen Göttern hervorragt . . . " 9 so — als ob in den Dingen eine Ursache vorhanden sein müsse, die die Dinge bewegt und zusammenbringt. Es sei gestattet, die Entscheidung darüber, wie man diese Denker hinsichtlich der Priorität anordnen muß, auf einen spä32 teren Zeitpunkt zu verschieben.10 Da sich nun zeigte, daß es zu den Arten des Guten auch 986" jeweils das Gegenteil in der Natur gibt — also nicht nur Ordnung und Schönes, sondern auch Unordnung und Häßliches und sogar mehr Schlechtes als Gutes und mehr Häßliches als Schönes —, so führte ein anderer Denker neben der Freundschaft auch den Streit ein: für jedes Glied des 6 Gegensatzes eine besondere Ursache. Folgt man Empedokles, indem man sich an den Sinn seiner Überlegungen und nicht an den gestammelten Wortlaut seiner Rede hält, so wird man finden, daß für ihn Freundschaft die Ursache der guten und Streit die Ursache der schlechten Dinge ist. Wenn hiernach jemand sagen würde, daß Empedokles in gewissem Sinne auch — und zwar zuerst — das Schlechte und das Gute als Quellen anspricht, so wüide er wohl recht haben: denn die Ursache aller guten Dinge ist 10 das Selbst-Gute. In diesem Umfange erwähnten also jene Denker zwei von den Ursachen, die wir in unseren Untersuchungen über die Natur unterschieden haben: den Stoff und das Woher der Bewegung — wenn auch nur undeutlich und keineswegs klar. Etwa wie es Ungeübte im Kampfe maParmenides, B-Fragm. 13 (Diels/Kranz). 9 Hesiod, Theogonie, V. 116—117, 120. 10 Sie ist bei Aristoteles nicht zu finden. 8
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chen — denn auch diese führen, wenn sie um sich schlagen, 15 wohl manche gute Streiche, aber doch nicht der Wissenschaft gemäß —: so scheinen auch jene Denker nicht zu erkennen, was sie sagen. Denn sie machen offenbar von jenen Ursachen im großen ganzen überhaupt keinen oder doch nur einen sehr geringfügigen Gebrauch. Anaxagoras verwendet die Vernunft bei der Bildung des Weltsystems wie einen „deus ex machina": er holt sie hinzu, wenn ihm problematisch wird, aus welcher Ursache etwas notwendig existiere; im übrigen aber schreibt er das, 20 was geschieht, allem anderen eher zu als der Vernunft. Empedokles macht von seinen Ursachen zwar einen umfangreicheren Gebrauch als Anaxagoras, tut es aber nicht genügend und wahrt dabei nicht die innere Übereinstimmung seiner Lehren. So kommt es bei ihm oftmals vor, daß die Freundschaft entflicht und der Streit verflicht. Denn 25 während das All durch den Streit bis in die Elemente hinein inneren Abstand gewinnt, wird das Feuer zu einem verflochten — und ebenso jedes andere Element; wenn sich dann aber wieder alles durch die Freundschaft in das Eine verflicht, so müssen erst einmal wieder die Teile aus jedem Element entflochten werden. 29 Empedokles hat aber im Gegensatz zu den Früheren 30 zuerst die Teilung jener Ursache eingeführt, indem er nicht eines zur Quelle der Bewegung machte, sondern Verschiedenes und Gegenteiliges. Sodann sagte er als erster, daß an Elementen, die in Gestalt von Stoff zu denken sind, vier vorhanden seien. Allerdings behandelt er sie nicht so, als ob sie vier Elemente, sondern so, als ob sie nur zwei wären: nämlich das Feuer als etwas für sich, 985b das aber, was ihm gegenübersteht — Erde, Luft und Wasser — als eine Natur. Dies etwa können wir bei genauer Betrachtung aus seinen Gedichten entnehmen. 3 Damit haben wir nach ihrer Art und Anzahl die Quellen geschildert, von denen jener Denker gesprochen hat. Leukipp nun und sein Gefährte Demokrit sagten, die Ele- 5 mente seien das Volle und das Leere, und betrachteten sie als das Seiende und das Nichtseiende: das Volle und Körperliche nämlich als das Seiende, das Leere aber als das Nichtseiende (deshalb sagten sie auch, daß das Sei2:
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ende um keinen Deut mehr existiere als das Nichtseiende: weil nämlich der Körper um keinen Deut mehr existiere als das Leere); diese beiden Elemente betrachteten sie als 10 stoffliche Ursachen des Seienden. Und wie diejenigen, die das substrathafte Wesen zu E i n e m machen und alles andere zu dessen Affektionen werden lassen, das Dünne und das Dichte als Quellen dieser Affektionen ansehen: in demselben Sinne sagen auch Leukipp und Demokrit, daß gewisse Unterschiede die Ursachen der übrigen Affektionen seien. An solchen Unterschieden gibt es aber nach, ihrer 15 Lehre drei: Struktur, Ordnung und Lage. Denn das Seiende, so sagen sie, unterscheide sich allein nach Rhyth^ mus, Zusammentreffen und Richtung. Hierbei machen aber R h y t h m u s die Struktur, Zusammentreffen die. Ordnung und Richtung die Lage aus. E s unterscheiden sich also A und N der Struktur nach, AN und NA der Ordnung nach, Z und N aber der Lage nach. Die F r a g e nach der 20 Bewegung — woher und wie sie den Dingen zukomme — haben Leukipp und Demokrit mit fast derselben Leichtfertigkeit wie die anderen beiseite geschoben. B i s hierher scheinen also, wie gesagt, die Forschungen über die zwei Ursachen bei den früheren Denkern gediehen zu sein.
5. Kapitel 23 I n dieser Zeit und schon vorher wandten sich die sogenannten Pythagoreer als erste der Mathematik zu; sie 25 förderten diese und glaubten, als sie in ihr zu Hause waren, daß die Quellen der Mathematik die Quellen aller Dinge seien. D a dort aber die Zahlen von Natur das E r s t e sind und die Pythagoreer in den Zahlen viele Abbildungen des Seienden und Entstehenden zu finden glaubten — mehr als in Feuer, E r d e und Wasser — (denn die und die Affektion der Zahlen sollte die Gerechtigkeit sein, eine andere 30 die Seele und die Vernunft, wieder eine andere die günstige Stunde, und in gleicher Weise gingen sie sozusagen alles andere durch); da sie ferner die Affektionen, und Propor-
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O f f e n b a r sehen n u n die P y t h a g o r e e r die Z a h l als Quelle a n — sowohl i m S i n n e v o n Stoff f ü r die D i n g e wie i m S i n n e einer A f f e k t i o n u n d eines H a b e n s —; als E l e m e n t e der Z a h l sehen sie d a s G e r a d e u n d d a s U n g e r a d e a n , w o v o n d a s eine b e g r e n z t , d a s a n d e r e u n b e g r e n z t sei; die E i n s b e s t e h e a u s beiden, d e n n sie sei sowohl g e r a d e wie u n g e r a d e ; die 20 Z a h l a b e r b e s t e h e a u s d e m E i n e n , u n d — wie wir s a g t e n — d e r g a n z e H i m m e l sei Zahl. A n d e r e P y t h a g o r e e r sagen, d a ß es z e h n Quellen in zwei 22 R e i h e n g e b e : Grenze — U n b e g r e n z t e s , U n g e r a d e s — Ger a d e s , E i n e s — Menge, R e c h t e s — Linkes, Männliches — Weibliches, R u h e n d e s — Bewegtes, G e r a d e s — Gebogenes, 25 L i c h t — F i n s t e r n i s , G u t e s - Schlechtes, Q u a d r a t — R e c h t eck. Dieser A u f f a s s u n g scheint a u c h A l k m a i o n v o n K r o t o n gewesen zu sein, u n d z w a r h a t d e n G e d a n k e n e n t w e d e r A l k m a i o n v o n j e n e n P y t h a g o r e e r n ü b e r n o m m e n oder u m g e k e h r t ; d e n n A l k m a i o n d r ü c k t sich ähnlich a u s wie j e n e P y t h a g o r e e r . E r sagt n ä m l i c h , die menschlichen D i n g e 30 21
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Metaphysik
bestünden zumeist als „zwei", meint dabei aber nicht genau bestimmte Gegensätze wie die Pythagoreer, sondern ganz zufällige wie: Weiß — Schwarz, Süß — Bitter, Gut — Schlecht, Groß — Klein. E r hat sich über die sonstigen Gegensätze auch nur ganz unbestimmt geäußert, während 986b die Pythagoreer genau sagten, wie viele und welche Gegensätze es gebe. Aus beiden Lehren kann man entnehmen, daß Quellen der Dinge die Gegenteile seien; wie viele es aber gibt und welche es sind, kann man nur den P y t h a goreern entnehmen. In welcher Weise diese Quellen auf die 5 von uns genannten Ursachen zurückgeführt werden können, ist von ihnen nicht klar auseinandergesetzt worden, doch scheinen sie die Elemente in Gestalt von Stoff zu setzen; denn sie sagen, daß das Wesen aus ihnen als ihren inneren 8 Bestandteilen bestehe und gebildet sei. Aus alledem dürften die Überlegungen derjenigen Alten, die mehrere Elemente der Natur annehmen, hinreichend io zu ersehen sein. Es gibt nun aber auch einige, die sich über das All in dem Sinne aussprachen, daß es nur eine Natur sei; allerdings sprachen sich nicht alle in gleicher Weise aus — weder gleich folgerichtig noch mit gleicher Angemessenheit an die Tatsachen der Natur. Ihre Erörterung gehört nun zwar keineswegs in unsere gegenwärtigen Erwägungen über die Ursache; denn sie reden über die Dinge nicht wie einige Naturphilosophen, die zwar das Seiende 15 als eines ansehen, es aber doch aus dem Einen wie aus einem Stoffe hervorgehen lassen. (Diese Natur philosophen fügen die Bewegung hinzu, indem sie j a das All entstehen lassen, während jene das All als unbewegt ansprechen.) Indessen scheint doch das Folgende über jene Denker in den Rahmen unserer Erwägungen zu gehören. Parmenides scheint das ins Auge gefaßt zu haben, 20 was dem Begriffe nach das Eine ist, Melissos aber das, was dem Stoffe nach das Eine ist; deshalb sagt der erste, daß das Eine begrenzt, der zweite, daß es unbegrenzt sei. Xenophanes, der als erster die Dinge zu Einem machte (denn Parmenides soll sein Schüler gewesen sein), gab darüber keine nähere Bestimmung; er scheint die Natur des Einen weder im einen noch im anderen Sinne gefaßt zu haben, sondern kam angesichts des ganzen Universums
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nur zu der Behauptung, das Eine sei der Gott. Diese Den- 25 ker sind nun also, wie wir sagten, für die gegenwärtige Untersuchung beiseite zu lassen — und zwar zwei von ihnen ganz und gar, weil sie zu wenig Kultur des Denkens haben: nämlich Xenophanes und Melissos. Parmenides dagegen scheint stellenweise mit größerer Einsicht zu sprechen. Weil er der Ansicht ist, daß neben dem Seienden keinerlei Nichtseiendes existiere, glaubt er, daß das Seiende notwendigerweise eines sei und nichts anderes (worüber so wir in den Untersuchungen über die Natur Weiteres zur Klärung vorgebracht haben); indem er sich dann aber gezwungen sieht, auf die Erscheinungen Rücksicht zu nehmen, kommt er zu der Auffassung, daß es dem Begriffe nach das Eine, der Sinneswahrnehmung nach jedoch mehreres gebe, und nimmt doch wieder zwei Ursachen und zwei Quellen an, die er das Warme und das Kalte nennt: 987a nämlich Feuer und Erde. Dabei ordnet er das Warme dem Seienden zu, das andere dem Nichtseienden. 2 Nach dem, was wir und die weisen Männer gesagt haben, die wir für unsere Untersuchung zu Rate gezogen haben, gilt folgendes: Nach den frühesten Denkern ist die Quelle 5 körperlich (denn Wasser, Feuer und derartige Dinge sind Körper), und zwar gibt es nach der einen Gruppe von Denkern nur eine solche Quelle, nach der anderen Gruppe aber mehrere körperliche Quellen; beide Gruppen aber setzen die Quellen in Gestalt von Stoff. Einige Denker, die eine solche Ursache annehmen, fügen ihr das Woher der Bewegung hinzu, und zwar entweder als eine weitere Ursache oder als zwei weitere Ursachen. Vor den Italikern und un- io abhängig von ihnen haben die Philosophen diese Dinge nur unklar behandelt. Sie sind, wie wir sagten, allenfalls dahin gekommen, zwei Ursachen zu verwenden, von denen die eine — das Woher der Bewegung — teils zu einer einfachen, teils zu einer zweifachen gemacht wurde. Die Pythagoreer haben gleichermaßen zwei Quellen angenom- 15 men, glaubten aber zusätzlich — und das ist ihnen eigentümlich —, daß das Begrenzte und das Unbegrenzte nicht an Naturen bestünden, 11 die von ihnen verschieden wä11 Wörtlich: nicht [nämlich: noch] Naturen wären . . .
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Metaphysik
ren (wie Feuer, Erde und dergleichen Dinge von ihnen verschieden sind), sondern daß das Unbegrenzte selbst und das Eine selbst das Wesen dessen seien, wovon sie ausgesagt werden: weil sie nämlich glaubten, daß die Zahl das Wesen aller Dinge sei. Hierüber äußerten sie sich also 20 in der angegebenen Weise; sie begannen zwar auch über das Was zu sprechen und Definitionen zu bilden, machten sich die Sache aber gar zu einfach. Sie definierten oberflächlich und hielten dasjenige, an dem die fragliche Definition zuerst bestehen mochte, für das Wesen der Sache: etwa so, wie wenn jemand glaubte, daß das Doppelte und die Zwei dasselbe seien, weil das Doppelte zuerst 25 an den Zweien besteht. Das zu „Doppelt" gehörige Sein und das zur „Zwei" gehörige Sein sind aber doch wohl nicht identisch. Lägen die Dinge anders, so würde auch das Eine vieles sein — und zu dieser Annahme sind die 27 Pythagoreer ja auch gekommen. Soviel also ist den frühen Denkern und ihren Nachfolgern zu entnehmen.
6. Kapitel 29 Auf die erwähnten philosophischen Lehren folgte das 30 Lebenswerk Piatons, das sich zwar in vielen Punkten an sie anschließt, aber auch einige Eigentümlichkeiten gegenüber der Philosophie der Italiker aufweist. Er war in seiner Jugend zuerst mit Kratylos und den Heraklitischen Meinungen bekannt geworden, nach denen alle Sinnesdinge dauernd im Flusse sein sollen und nach denen es keine Wissenschaft von ihnen geben soll, und hat an dieser Auffas987b sung auch später festgehalten. Andererseits beschäftigte sich Sokrates mit ethischen Dingen — also nicht mit der Natur im ganzen —, suchte in ihnen das Allgemeine und richtete seine Überlegungen als erster auf Definitionen. So kam 5 Piaton, als er zum Anhänger des Sokrates geworden war, zu der Auffassung, daß die Definition sich auf etwas anderes als die Sinnesdinge beziehe; er hielt es für unmög24
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lieh, daß es eine allgemeine Definition f ü r ein Sinnesding gebe, weil die Sinnesdinge in dauernder Veränderung begriffen seien. Die anderen Dinge, auf die sich die Definitionen beziehen, n a n n t e er Ideen und sagte, daß alle Sinnesdinge neben ihnen bestünden und nach ihnen bezeichnet "würden. Denn d a n k einer „Teilhabe" existierten „die Vielen", die mit den Gestalten gleichnamig sind. Hierbei 10 war n u r die Bezeichnung „Teilhabe" n e u : nach der Ausdrucksweise der Pythagoreer existieren die Dinge d a n k einer Abbildung der Zahlen, nach Piaton — der die Bezeichnung ändert — d a n k einer Teilhabe. Was aber n u n diese Teilhabe oder diese Abbildung der Gestalten eigentlich ist, das überließen sie anderen zur Untersuchung. u Piaton sagt nun, d a ß außer den Sinnesdingen und Ge- 15 stalten noch die mathematischen Dinge existieren — und zwar als etwas Mittleres, da sie sich von den Sinnesdingen durch ihre Ewigkeit und Unbeweglichkeit unterscheiden, von den Gestalten aber dadurch, daß es viele ähnliche mathematische Dinge gibt, während jede einzelne Gestalt immer n u r eine ist. D a die Gestalten Ursache f ü r alles andere sein sollten, n a h m Piaton an, d a ß die Elemente der Gestalten Elemente der Dinge seien. I m Sinne eines Stoffes sollten das Große und das Kleine Quellen sein, im Sinne 20 eines Wesens das Eine. Denn aus dem Kleinen und dem Großen s t a m m t e n d a n k Teilhabe an dem Einen die Zahlen. 22 I n Übereinstimmung mit den Pythagoreern befand sich Piatons Lehre, d a ß das Eine ein Wesen sei und d a ß nicht etwa ein davon verschiedenes Seiendes n u r „eines" gen a n n t werde; ferner stand ebenfalls mit ihnen in Übereinstimmung die Lehre, daß die Zahlen ursächlich f ü r das 25 Wesen alles anderen seien. Eigentümlich ist aber Piaton, d a ß er das Unbegrenzte nicht als eines nahm, sondern daraus eine Zweiheit machte, indem er das Unbegrenzte aus dem Großen und Kleinen bestehen ließ; ferner daß er die Zahlen als etwas neben den Sinnesdingen ansah — während die Pythagoreer sagten, die Zahlen seien die Sachen selbst, und keine mathematischen Objekte als ein Mittleres zwischen Gestalten und Sinnesdingen annahmen. Daß 30 Piaton das Eine und die Zahlen nicht wie die Pythagoreer behandelte, sondern zu etwas neben den Sachen machte, 25
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daß er ferner die Gestalten einführte, beruhte auf seiner Beschäftigung mit den Begriffen (denn die Früheren gaben sich noch nicht mit Dialektik ab). Daß er aber aus derjenigen Natur, die von dem Einen verschieden ist, eine Zweiheit machte, geschah darum, weil sich die Zahlen — außer den ersten — leicht aus der Zwei entwickeln lassen wie aus 988a etwas Plastischem. Tatsächlich ist nun aber das Gegenteil der Fall, so daß die Lehren dieser Denker dem Wahrscheinlichen widersprechen. Sie sagen, daß aus einem Stoffe vieles hervorgehe und die Gestalt nur ein für allemal etwas erzeuge; wir sehen aber aus einem, Stoff nur einen Tisch entstehen, während der Mensch, obgleich er als derjenige, der die Gestalt hin5 zubringt, nur einer ist, doch vieles hervorbringt. Entsprechend verhält sich das Männliche zum Weiblichen: das Weibliche kann durch eine Begattung befruchtet werden, während das Männliche mehrfach befruchten kann — und das sind doch Abbildungen jener Quellen. Piaton also hat sich in der geschilderten Weise über die fraglichen Punkte erklärt. Er hat nach dem Gesagten 10 nur von zwei Ursachen Gebrauch gemacht: vom Was und von der stofflichen Ursache; denn Ursachen des Was sind die Gestalten für die anderen Dinge, das Eine aber für die Gestalten. Über den Stoff im Sinne des Substrats, von dem bei den Sinnesdingen die Gestalten, bei den Gestalten aber das Eine ausgesagt wird, sagt Piaton, daß er eine Zweiheit sei: das Große und das Kleine. Ferner hat er von den Elementen gesagt, daß sie die Ursachen des Guten und des 15 Schlechten seien (das eine Element die Ursache des Guten, das andere die des Schlechten), — wie dies nach unserer Darstellung 12 schon einige von den früheren Philosophen zu tun versuchten: z. B. Empedokles und Anaxagoras. 7. Kapitel 18 Damit hätten wir einen kurzen und zusammenfassenden Überblick darüber gewonnen, welche Denker sich bisher über die Quellen und die Wahrheit geäußert haben und wie 12 9841)15, 985ai-io. 26
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sie dies getan haben. Wir können daraus jedenfalls soviel 20 entnehmen, daß keiner dieser Denker über solche Quellen und Ursachen gesprochen hat, die wir nicht in unseren Untersuchungen über die Natur erwähnt h ä t t e n ; vielmehr haben alle lediglich auch von uns erwähnte Quellen irgendwie erfaßt — wenn auch nur unklar. Denn die einen spreohen von Quelle im Sinne des Stoffs — mögen sie diesen nun als einen oder mehr als einen und als körperlich oder 25 unkörperlich ansehen: wie z. B. Piaton vom Großen und vom Kleinen spricht, die Italiker vom Unbegrenzten, Empedokles von Feuer, Erde, Wasser und Luft und Anaxagoras von der unbegrenzten Zahl der Dinge mit gleichartigen Teilen. Alle diese Denker haben eine Ursache im Sinne des Stoffes angenommen, auch diejenigen, die die 30 Luft, das Feuer oder das Wasser zur Ursache machten — oder etwas, was dichter als Feuer und dünner als L u f t ist (denn auch hiervon haben einige gesagt, es sei das erste Element). 82 Jene Denker erfaßten allein die eine Ursache, andere aber fügten das Woher das Anfangs der Bewegung hinzu: z. B. die Denker, welche Freundschaft und Streit oder die Vernunft oder die Liebe zur Quelle machten. 34 Das jeweils zugehörige Sein und damit das Wesen hat 35 kein früherer Denker klar aufgewiesen. Am ehesten noch sprechen davon diejenigen, die die Gestalten als Ursachen ansehen; denn sie fassen die Gestalten — f ü r die Sinnes- 988 b dinge — und das Eine — für die Gestalten — weder im Sinne des Stoffs noch im Sinne dessen auf, woher der Anfang der Bewegung kommt (sie bezeichnen sie eher als Ursache der Unbeweglichkeit und des In-Ruhe-Seins); vielmehr stellen die Gestalten das jeweils zugehörige Sein f ü r das Einzelne, mit Ausnahme der Gestalten, das Eine aber die- 5 ses Sein f ü r die Gestalten dar. 6 Das Weswegen der Handlungen, Veränderungen und Bewegungen bezeichnen jene Denker zwar in gewisser Weise als Ursache, aber nicht so, wie wir dies t u n und wie es der Natur der Sache entspricht. Diejenigen nämlich, die von der Vernunft oder der Freundschaft sprechen, setzen diese Ursachen zwar im Sinne eines Guten an, aber doch nicht in der Weise, daß ihretwegen irgendwelche 10 27
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Dinge existierten oder entstünden, sondern in der Weise, daß von ihnen die Bewegungen ausgingen. Ebenso sagen diejenigen, die das Eine oder das Seiende für eine gute Natur erklären, zwar auch, daß es die Ursache des Wesens sei, aber doch nicht, daß ihretwegen etwas existiere oder entstehe. Es ergibt sich also, daß sie das Gute in gewissem Sinne als Ursache aufstellen und in ge15 wissem Sinne nicht, denn sie sprechen es nicht schlechthin, sondern nur im Sinne eines Hinzugekommenen als 16 Ursache an. Daß wir die Ursachen der Zahl und der Art nach richtig bestimmt haben, dafür können uns alle diese Denker als Zeugen gelten: weil sie nämlich keine weitere Ursache zu erfassen vermochten. Es ist aber ohnehin offenbar, daß die Quellen entweder in allen vier Richtungen oder in 20 einigen der vier Richtungen zu suchen sind. Nunmehr wollen wir die Probleme erörtern, die sich aus der Art und Weise ergeben können, in der sich die erwähnten Denker jeweils ausgesprochen und zu den Quellen Stellung genommen haben.
8. Kapitel 22 Diejenigen nun, die das All als eines und die eine bestimmte Natur im Sinne von Stoff ansetzen — und zwar im Sinne eines körperlichen Stoffs, der Größe hat —, irren offenbar in mehrfacher Hinsicht. Zunächst nehmen sie 25 damit allein Elemente für Körper, nicht aber für unkörperliche Dinge an, obgleich es doch auch solche gibt. Wenn . sie weiterhin auch versuchen, die Ursachen des Entstehens und Vergehens anzugeben und alle Dinge naturphilosophisch zu erörtern, so heben sie doch die Ursache der Bewegung auf. Ferner ist es ein Fehler, daß sie weder das Wesen noch das Was als Ursache von irgend etwas ansetzen, — und auch, daß sie allzu leichtfertig alle einfaso chen Körper mit Ausnahme der Erde als Quelle ansprechen, ohne danach zu fragen, wie denn die Entstehung 28
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des einen aus dem anderen — nämlich Feuer, Wasser, Erde und Luft — hervorgebracht werde. Denn manches entsteht durch Verflechtung und manches durch Entflechtung, und ob jeweils das eine oder das andere der Fall ist, ist von größter Bedeutung für die Unterscheidung zwischen Frühersein und Spätersein. Bei der einen Betrachtungsärt [1] würde nämlich derjenige Körper als der elementarste von allen erscheinen, aus dem — als dem er- 35 sten — die übrigen durch Verflechtung entstehen: das aber würde der kleinstteilige und feinste aller Körper sein. Die- 989a jenigen, die das Feuer als Quelle setzen, befinden sich in bester Übereinstimmung mit dieser Betrachtungsweise. Aber auch jeder andere unter den erwähnten Denkern faßt das Elementsein der Körper in dieser Weise auf. Wenigstens hat keiner der Späteren, die von einem Ele- 5 ment sprachen, die Erde als dieses Element bezeichnet, offenbar wegen ihrer Großteiligkeit. (Von den übrigen drei Körpern hat jeder einen günstig gesinnten Richter gefunden: die einen Denker sagten, das Feuer sei das fragliche Element, die anderen sagten dasselbe vom Wasser und wieder andere von der Luft. Aber warum bezeichnen sie nicht die Erde als dieses Element? Sie würden doch damit dasselbe tun wie die meisten Menschen; denn diese sagen, 10 daß alles Erde sei. Auch Hesiod 13 sagt, daß die Erde von allen Körpern als erster entstanden sei: so alt und volkstümlich ist diese Auffassung.) Nach der jetzt erörterten Betrachtungsart würde niemand recht haben, der etwas anderes als das Feuer zur Quelle erklärt — mag er auch etwas annehmen, was dichter als Luft und dünner als Wasser ist. Ist nun aber [2] das der Entstehung nach Spätere 15 der Natur nach das Frühere und ist der Entstehung nach später das Zusammengebraute und Verflochtene, so würde das Gegenteil der Fall sein: Wasser wäre früher als Luft und Erde früher als Wasser. 18 Soviel mag genügen über die Denker, die nur eine Ursache angenommen haben. Dasselbe gilt aber auch für 20 diejenigen, die mehrere angenommen haben — wie z. B. i? Hesiod, Theogohie, V. 116.
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Empedokles sagte, die vier Körper seien der Stoff. Denn für ihn ergeben sich notwendigerweise zunächst die eben erörterten Folgen, dann aber auch weitere, die ihm eigentümlich sind. Zunächst sehen wir hier, daß eins aus dem anderen entsteht und deshalb Feuer und Erde nicht dauernd als diese Körper erhalten bleiben (dies haben wir schon in unseren Untersuchungen über die Natur behan25 delt); weiterhin ist hinsichtlich der Ursache der bewegten Dinge festzustellen, daß er sich über die Frage, ob nur eine derartige Ursache oder zwei anzunehmen seien, weder in folgerichtiger noch auch in wahrscheinlicher Weise geäußert hat. Allgemein aber heben diejenigen, die so sprechen, notwendig die Verwandlung auf: denn aus dem Warmen kann nicht das Kalte und aus dem Kalten nicht das Warme werden; sonst würde ja ein und dasselbe Ding von Gegenteilen affiziert werden und würde eine Natur 30 existieren, die sowohl Feuer wie Wasser werden kann — das aber will Empedokles gerade nicht sagen. Wenn man von Anaxagoras annähme, daß er zwei Elemente lehre, so würde diese Auffassung einem durchaus richtigen Gedankengang entsprechen — den Anaxagoras zwar nicht selbst entwickelt hat, dem er aber hätte folgen müssen, wenn er zu ihm hingeführt worden wäre. Zwar ist seine Behauptung, alles sei am Anfang gemischt gewesen, sicher absurd — außer aus anderen Gründen auch deshalb, weil daraus folgen würde, daß vorher alles in ungemischtem Zustand bestanden haben müßte; ferner 989b deshalb, weil sich von Natur aus nicht Beliebiges mit Beliebigem mischen läßt; und endlich deshalb, weil sich unter jener Voraussetzung auch Affektionen und Hinzugekommenes von den Wesen absondern lassen müßten (denn wovon es eine Mischung gibt, davon gibt es auch eine gegenseitige Absonderung). Wenn man nun aber der Auf5 fassung des Anaxagoras nachginge und das entwickelte, was er eigentlich hat sagen wollen, so würde sich doch wohl zeigen, daß seine Lehre weit neuzeitlicher war. Denn solange noch nichts herausgesondert worden ist, konnte man offenbar über jenes Wesen noch nichts Wahres sagen. Das heißt z. B., daß es weder weiß noch schwarz noch grau noch von einer anderen Farbe war, sondern notwendig 30
Buch .4.8
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farblos; sonst würde es ja eben eine solche bestimmte 10 Farbe gehabt haben. Desgleichen ist das Wesen demselben Argument zufolge auch geschmacklos gewesen und frei von ähnlichen Affektionen. Jenes Wesen konnte überhaupt weder ein Quäle noch ein Quantum noch ein Was sein. Sonst hätten die erwähnten Gestalten an ihm als besondere bestanden: das aber ist unmöglich, da alle vermischt waren; oder eine hätte schon herausgesondert sein müssen: Anaxagoras sagt aber eben, daß alle außer 15 der Vernunft vermischt waren, so daß allein die Vernunft unvermischt und rein war. 1 4 Hieraus ergibt sich nun, daß er als Quellen das Eine anzusprechen hat (denn dies ist einfach und unvermischt) und das Andere (dies entspricht dem Unbestimmten, das wir 1 5 vor jedem Bestimmtsein und jeder Teilhabe an einer Gestalt annehmen). So drückt sich Anaxagoras zwar nicht richtig und klar aus, 20 will aber eigentlich etwas sagen, was späteren Lehren und den Dingen, wie sie uns heute erscheinen, weit näherkommt. 21 Indessen sind diese Denker allein in Untersuchungen über Entstehung, Untergang und Bewegung heimisch geworden; denn im großen ganzen suchen sie nach Quellen und Ursachen allein für ein Wesen, das derartigen Veränderungen zugänglich ist. Diejenigen Denker aber, die eine Betrachtung aller Dinge vornehmen und diese Dinge 2 5 teilweise als sinnliche und teilweise als nichtsinnliche auffassen, richten ihre Prüfung offenbar auf beide Gattungen. Man muß sich deshalb in stärkerem Maße mit ihnen beschäftigen und fragen, was sie an Richtigem und Unrichtigem zum Gegenstand der vor uns liegenden Untersu29 chung äußern. Die sogenannten Pythagoreer handeln von fernerlie- 30 genden Quellen und Elementen als die Naturphilosophen. Die Ursache liegt darin, daß sie ihre Quellen und Elemente nicht den Sinnesdingen entnommen haben; die mathematischen Dingen sind ja ohne Bewegung — abgesehen von denen, mit denen sich die Astronomie beschäftigt. 14 15
Anaxagoras, B-Fragm. 12 (Diels/Kranz). Platoniker. 31
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Dabei diskutieren und untersuchen sie die ganze N a t u r : sie lassen den Himmel entstehen, stellen Betrachtungen 990 a darüber an, welche Bewandtnis es mit seinen Teilen, Affektionen und Tätigkeiten habe, und wenden ihre Quellen und Ursachen hierauf a n ; es sieht also so aus, als ob sie mit den übrigen Naturphilosophen darin übereinstimmten, d a ß seiend n u r das sinnlich Wahrnehmbare sei und dasjenige, was der sogenannte Himmel u m f a ß t . Ihre Ur5 Sachen und Quellen sind aber, wie wir sagten, dazu geeignet, den Weg zu den höheren Dingen zu eröffnen, und passen d a f ü r sogar besser als zu Erörterungen über die N a t u r . So sagen sie nichts darüber, auf welche Weise es zur Bewegung k o m m t , da sie als Substrate allein Grenze und Unbegrenztes sowie Ungerades und Grades kennen: und 10 ebensowenig etwas darüber, wie die E n t s t e h u n g und der Untergang oder wie die Tätigkeit derjenigen Körper, die am Himmel umlaufen, ohne Bewegung und Veränderung i 2 möglich sein sollen. Wenn man ihnen ferner auch zugeben m ü ß t e oder wenn bewiesen wäre, daß die Größe aus den pythagoreischen Elementen bestehe, so bliebe doch die Frage: auf welche Weise können denn manche K ö r p e r leicht und andere schwer sein? Nach dem, was sie annehmen und erörtern, 15 handeln sie weniger von den sinnlichen als von den mathematischen Körpern. So haben sie auch gar nichts über Feuer, Erde oder andere derartige K ö r p e r gesagt: vermutlich weil sie über die sinnlichen Körper insgesamt nichts auszusagen wußten, was diesen eigentümlich is wäre. Wie kann man endlich annehmen, d a ß die Affektionen 20 der Zahl und die Zahl selbst Ursachen der Dinge im Universum seien — ihres Seins und Entstehens zu Anbeginn und noch jetzt —, wenn m a n gleichzeitig sagt, d a ß es gar keine andere Zahl als eben die Zahl gebe, aus der das Weltsystem besteht? Wenn sich nämlich nach ihrer Lehre in dem und dem Teile des Universums die Meinung und die günstige Stunde befinden, ein wenig weiter oben oder unten aber Ungerechtigkeit und Scheidung oder Mischung, und wenn sie zum Beweise hierfür sagen, daß jedes einzelne 25 dieser Dinge eine Zahl sei und daß an der fraglichen Stelle 32
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gerade deshalb eine Menge dieser Zahlen aus bestehenden Größen vereinigt sei, weil diese Affektionen der Zahl zu den einzelnen Orten gehören, — so fragt sich immer noch: ist nun die Zahl im Universum dasselbe wie die Zahl, als die man jedes dieser Dinge ansehen soll, oder besteht sie neben dieser? Piaton sagt, sie sei von ihr verschieden. 30 Auch er glaubt, daß sowohl jene Dinge wie ihre Ursachen Zahlen seien, hält aber die ursächlichen Zahlen für gedachte und die anderen für sinnliche. 9. Kapitel Die Pythagoreer wollen wir nunmehr verlassen; es genügt, 33 ihrer soweit gedacht zu haben. 34 Diejenigen aber, die die Ideen als Ursachen ansahen, 990b haben erstens bei der Suche nach den Ursachen „dieser" Dinge noch andre Dinge in gleicher Zahl hinzugebracht — wie wenn jemand, der gewisse Dinge zählen will, sich hierzu für unvermögend hielte, solange es wenige Dinge sind, sie deshalb vermehrte und dann zählte. 16 Denn die Gestalten sind fast ebenso — und kaum weniger — zahlreich 5 wie die Dinge, von denen jene Denker — auf der Suche nach ihren Ursachen — zu den Gestalten weitergingen. Denn jedem Einzelding entspricht etwas Gleichnamiges — über den Bereich der Wesen hinaus auch bei den anderen Dingen, bei denen es das Eine zu den Vielen gibt: dieses Gleichnamige gibt es sowohl bei „diesen" Dingen wie auch bei den ewigen. 8 17 Ferner läßt sich auf keinem der Wege, auf denen wir die Existenz der Gestalten zu beweisen pflegen, irgend etwas in dieser Richtung einleuchtend machen. Aus einigen die- 10 ser Beweise folgt kein zwingender Schluß, aus anderen ergeben sich Gestalten auch für Dinge, für die wir 1 8 gar keine Gestalten annehmen. Nach den Argumenten, die 16 9 9 ot>'—99 l b 9 entspricht bis auf kleine Abweichungen wörtlich den Abschnitten 1078 b 3 2 -1079» 3 und 1079"2-1080a8. 17 Platoniker. 18 Platoniker. 3
Aristoteles, Metaphysik
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aus der Betrachtung der Wissenschaften entnommen werden, müßte es Gestalten von allen Dingen geben, von denen es Wissenschaft gibt. Nach dem Argument, daß es das Eine zu den Vielen gebe, müßte es Gestalten auch von Verneinugen geben. Nach dem Argument, daß man noch etwas denke, wenn ein Ding schon vergangen ist, müßte es Gestalten auch von vergänglichen Dingen geben — denn es gibt von ihnen Vorstellungen. Ferner führen von den 15 genaueren Argumenten einige zu Ideen des Bezüglichen — obgleich es nach unserer Lehre 19 doch keine Gattung des Bezüglichen von ihm selbst her gibt —, während die an17 deren zum „dritten Menschen" führen. Allgemein heben die Argumente für die Gestalten gerade die Dinge auf, an deren Existenz uns 20 mehr liegt als an der Existenz der Ideen. Denn aus ihnen würde folgen, 20 daß nicht die Zwei das Erste wäre, sondern die Zahl, ferner daß das Bezügliche früher wäre als das von sich selbst her Existierende — und was sonst noch alles die Leute, die gewisse Folgerungen aus der Ideenlehre zogen, 22 deren Quellen entgegengestellt haben. Weiterhin müßte es nach der Auffassung, auf die wir 21 die Existenz der Ideen stützen, nicht allein Gestalten von Wesen geben, sondern auch von vielen davon verschie26 denen Dingen. (Denn der Gedanke ist ja nicht nur einer, soweit er die Wesen, sondern auch, soweit er anderes betrifft, und Wissenschaft gibt es nicht allein vom Wesen, sondern auch von den davon verschiedenen Dingen, — und derartige Folgerungen ergeben sich noch tausend andere.) Nach der inneren Notwendigkeit aber und auch nach der Ideenlehre selbst kann es, wenn es der Teilhabe 30 zugängliche Gestalten gibt, allein Ideen von Wesen geben. Denn die Dinge können an ihnen nicht hinzugekommenerweise teilhaben, vielmehr kann das Einzelne an einer Gestalt nur insofern teilhaben, als diese nicht nur über ein Substrat ausgesagt wird. („Hinzugekommenerweise teilhaben" meine ich so: wenn z. B. etwas am Selbst19 20 21
Nach der Lehre der Platoniker. Piatonikern. Platoniker. 34
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Doppelten teilhat, so hat es auch am Ewigen teil, aber nur hinzugekommenerweise, — denn es ist zum Doppelten nur hinzugekommen, daß es Ewiges ist.) Also würden die Gestalten stets Wesen sein. Dieselben Namen bezeichnen aber 991a die Wesen um uns wie die Gestalten. Was soll sonst die Redeweise besagen, es gebe noch etwas neben den Wesen unserer Umgebung: das Eine zu den Vielen? Wenn es aber eine identische Gestalt für die Ideen und die Dinge gibt, die an ihnen teilhaben, so würde es etwas ihnen Gemeinsames geben. (Denn warum sollte die Zwei zwar ein und dasselbe sein bei den vergänglichen Zweien einerseits und bei den zwar vielfachen, aber ewigen Zweien andererseits — nicht aber dasselbe sein bei der SelbstZwei und einer einzelnen Zwei?) Wenn es aber keine iden- 5 tische Gestalt für die Ideen und die teilhabenden Dinge gäbe, so würde sie nur gleichnamig sein, und es wäre dann gerade so, wie wenn jemand sowohl Kallias als auch sein Holzbild einen Menschen nennen würde, ohne zwischen beidem eine Gemeinsamkeit zu bemerken. 8 Am allerwichtigsten dürfte es aber sein, das Problem zu erörtern, welchen Einfluß denn nun die Gestalten auf die Sinnesdinge eigentlich ausüben sollen — sowohl auf io die ewigen wie auf die entstehenden und vergehenden. Die Gestalten sind für sie ja weder Ursache einer Bewegung noch irgendeiner Veränderung. Sie tragen auch weder zur Wissenschaft von den anderen Dingen bei (sie sind ja nicht deren Wesen, denn sonst wären sie in ihnen enthalten) noch zu ihrer Existenz — da sie keine Bestandteile der Dinge sind, die an ihnen teilhaben sollen. Wären sie es, so könnte man sie vielleicht für Ursachen in jenem is Sinne halten, in dem die in ein Ding hineingebrachte Weiße die Ursache dafür ist, daß das Ding weiß ist. Doch die Behauptung, daß sich die Sache so verhalte — sie ist zuerst von Anaxagoras und später von Eudoxos und einigen anderen Denkern aufgestellt worden —, ist ohne weiteres zu entkräften: denn gegen eine solche Meinung lassen sich mit Leichtigkeit viele Einwände zusammentragen, die ihre Unmöglichkeit beweisen. 19 Die anderen Dinge können aber auch nicht „aus" den Gestalten stammen — auf keinem der Wege, die man ge- 20 3
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Metaphysik
wohnlich anführt. Wenn man sagt, daß die Gestalten „Urbilder" seien und die anderen Dinge an ihnen „teilhätten", so sind dies leere Redensarten und poetische Metaphern. Was ist denn eigentlich das Ding, das sich in seinem Wirken nach den Ideen richten soll? Auch kann ein Ding doch einem anderen ähnlich sein oder werden, ohne dem anderen nachgebildet zu sein. Also mag es nun einen Sokra25 tes geben oder nicht: es könnte doch immer ein Mensch heranwachsen, der Sokrates gleicht; und die Sache wäre offenbar genau dieselbe, wenn es einen ewigen Sokrates gäbe. Ferner müßte es mehrere Urbilder und somit auch mehrere Gestalten für dasselbe Ding geben: z. B. für einen Menschen das Lebewesen, das Zweifüßige und zugleich den Selbst-Menschen. Weiterhin müßten die Gestalten 30 nicht nur Urbilder der Sinnesdinge sein, sondern auch Urbilder ihrer selbst — z. B. die Gattung als Gattung von Gestalten — , so daß ein Identisches zugleich Urbild und 99 l b Abbild sein würde. Ferner dürfte es doch als unmöglich erscheinen, daß das Wesen von dem gesondert existiere, dessen Wesen es ist. Wie könnten also die Ideen, wenn sie das Wesen der Dinge s sind, von ihnen gesondert existieren ? Im „Phaidon" 22 wird so gesprochen, als ob die Gestalten Ursachen wären sowohl für die Existenz wie für das Entstehen. Aber wenn es auch Gestalten gäbe, so würden 5 deshalb doch keine Dinge entstehen, die an ihnen teilhaben, es sei denn, es existiere etwas, das bewegt. Andererseits entstehen viele von jenen verschiedene Dinge, für die es nach unserer Lehre 23 keine Gestalten gibt: z. B. ein Haus oder ein Ring. Es ist also klar, daß auch jene anderen Dinge auf Grund solcher Ursachen existieren und ent9 stehen, wie wir sie bereits angeführt haben. Wenn ferner die Gestalten Zahlen sind: wie sollten sie 10 ursächlich werden? Etwa dadurch, daß die Dinge ebenfalls Zahlen sind (wenn auch von jenen verschiedene): z. B. die und die Zahl der Mensch, die und die Sokrates, die und die Kallias? Wie sollen dann aber jene Zahlen ursächlich 22 Piaton, Phaidon 100 C - E . 23 Nach der Lehre der Platoniker.
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für diese sein? Daß die einen ewig sind, die anderen nicht, kann ja nichts nützen. Soll die Ursache darin liegen, daß die Dinge unserer Umgebung Proportionen von Zahlen sind — wie die Konsonanz —, so ist klar, daß es ein Eines geben muß, woran sie solche Proportionen sind. Gibt es 15 dieses Eine, nämlich den Stoff, so ist klar, daß auch die Selbst-Zahlen Proportionen an etwas von ihnen Verschiedenem sein müssen. Das heißt: wenn z. B. Kallias eine zahlenmäßige Proportion von Feuer, Erde, Wasser und Luft ist, so müßte auch die Idee eine Zahl an irgendwelchen anderen Substraten sein; und der Selbst-Mensch — ist er nun eine besondere Zahl oder nicht — müßte in gleicher Weise eine Zahlenproportion irgendwelcher Dinge sein und keine Zahl 20 schlechthin. Und deshalb kann keine Idee eine Zahl sein. 21 Weiterhin: aus vielen Zahlen entsteht eine Zahl — wie soll aber aus Gestalten eine Gestalt entstehen? Sagt man, die Zahl entstünde nicht aus Zahlen, sondern aus den Einsen, die in der Zahl enthalten sind — z. B. in der 10000 —: wie verhält es sich dann mit den Einsen? Sind sie gleichartig, so würden daraus viele Absurditäten folgen. Sind sie 25 nicht gleichartig — weder die in einer Zahl enthaltenen untereinander noch alle mit allen —: wodurch sollen sie sich unterscheiden, da sie doch nicht affizierbar sind? All das ist weder wahrscheinlich noch Ergebnis eines Denkens, 27 das mit sich selbst übereinstimmt. Ferner müßte man hiernach eine weitere Gattung von Zahlen annehmen (von denen die Arithmetik zu handeln hätte) und alle die Dinge, die von einigen Denkern „Mittleres" genannt werden. Aber wie sollen solche Dinge existieren, und aus welchen Quellen sollen sie stammen? Und warum sollen sie in der Mitte zwischen den Dingen un- 30 serer Umgebung und den Selbst-Dingen existieren? Ferner sollen die beiden Einsen, die sich in einer Zwei befinden, aus einer früheren Zwei stammen. Das ist aber unmöglich. 992a Ferner: wodurch ist eine aus mehreren Einsen zusammengefaßte Zahl eine Zahl? 2 Ferner ist zu dem Gesagten hinzuzufügen: Wenn die Einsen verschieden sind, hätte man darüber ebenso sprechen sollen wie jene Denker, die von vier oder zwei Ele37
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menten sprechen. Denn alle diese Denker haben Element 5 nicht das Gemeinsame genannt — etwa den Körper —, sondern Feuer und Erde, mag es nun hierfür ein Gemeinsames geben — eben den Körper — oder nicht. Nun spricht man vom Einen, als bestehe es aus gleichen Teilen wie Feuer und Wasser. Wäre das so, dann würden die Zahlen keine Wesen sein. Wenn aber ein Selbst-Eines existiert und dieses Quelle ist, so ist klar, daß man vom Einen in 10 mehreren Bedeutungen spricht. Andernfalls wäre es unmöglich, dergleichen zu sagen. . Wenn wir 24 die Wesen auf ihre Quellen zurückführen wollen, so nehmen wir an, daß die Linien aus dem Kurzen und Langen entstehen (als aus Arten des Kleinen und Großen), die Fläche aus dem Breiten und Schmalen und der Körper aus dem Tiefen und Flachen. Wie kann dann aber die Fläche Linien enthalten — und der Körper Li15 nien und Flächen? Denn das Breite und Schmale sind eine andere Gattung als das Tiefe und Flache. Sowenig nun eine Zahl in alledem enthalten ist, weil das Viel und Wenig hiervon verschieden ist, sowenig ist hier offenbar ein anderes Übergeordnetes in einem Untergeordneten enthalten. Das Breite ist auch keine Gattung im Verhältnis zum Tiefen, sonst wäre ja der Körper eine Fläche. — Ferner: inwiefern sollen die Punkte in der Linie enthalten 20 sein? Piaton freilich erkannte die Punkte nicht als Gattung an, weil sie nur auf einem geometrischen Dogma beruhten ; als Quelle der Linie bezeichnete er — und zwar tat er dies oft — die „unteilbaren Linien". Aber notwendigerweise gibt es eine Grenze der Linien. Also gibt es den Punkt 24 aus demselben Grunde, aus dem es die Linie gibt. Überhaupt haben wir 25 , obgleich doch die Weisheit 25 nach der Ursache der sichtbaren Dinge suchen soll, dies unterlassen (so sprechen wir überhaupt nicht vom Woher des Anfangs der Veränderung als einer Ursache); wir glauben, vom Wesen jener Dinge zu reden, wenn wir sagen, daß es von ihnen verschiedene Wesen gibt, — inwiefern diese aber die Wesen jener Dinge sein sollen, darüber 24 25
Platoniker. Platoniker. So überall in diesem Absatz.
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sprechen wir nur leere Worte; wie schon früher betont wurde 26 , sagt „Teilhabe" gar nichts. 29 Ebensowenig stehen die Gestalten in irgendeiner Berührung mit dem, was wir in den Wissenschaften ursäch- 30 lieh werden sehen und um dessentwillen alle Vernunft und alle Natur tätig ist, mit jener Ursache, die wir als eine der Quellen bezeichnen; vielmehr ist die Mathematik den Jetzigen zur Philosophie geworden, obgleich sie sagen, daß sie um anderer Dinge willen betrieben werden solle. 992b . Ferner möchte man das „im Sinne des Stoffs substrathafte Wesen" — nämlich das Große und das Kleine — viel eher für etwas Mathematisches halten und es eher für eine Aussage und für einen Unterschied am Wesen — und damit am Stoff — als selbst für Stoff ansehen, — wie ja auch die Naturphilosophen vom Dünnen und Dichten spre- 5 chen und beides als die ersten Unterschiede des Substrats bezeichnen (denn sie sind eine Art von Hervorragen und Zurückbleiben). 7 Was die Bewegung anlangt, so würden sich offenbar die Gestalten bewegen, wenn das Große und das Kleine Bewegung wären. Wenn sie nun aber nicht Bewegung sind: woher kam die Bewegung? Jede Untersuchung der Natur ist damit also aufgehoben. 9 Was leicht beweisbar zu sein scheint, nämlich daß alles 10 eines ist, ergibt sich auf diesem Wege nicht. Durch das „Herausheben" [des Einen] ergibt sich nicht, daß alles eines ist, sondern nur, daß es das Selbst-Eine gibt — auch wenn man alle Voraussetzungen zugibt. Nicht einmal dies aber ergibt sich, wenn man nicht zugesteht, daß das Allgemeine eine Gattung ist — und das ist doch in manchen Fällen unmöglich. 13 Es wird auch keinerlei Erklärung für das gegeben, was nach den Zahlen kommt — also für Linien, Flächen und Körper: weder auf welche Weise sie existieren oder existieren können, noch was sie vermögen. Denn sie könnten 15 weder Gestalten (sie sind ja keine Zahlen) noch etwas Mittleres sein (denn Mittléres sind ja die mathematischen Dinge), noch auch zu den vergänglichen Dingen gehören; sie 26 99Ja20, 39
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würden sich also als eine besondere vierte Gattung heraus18 stellen. Es ist ganz allgemein unmöglich, die Elemente des Seienden zu finden, wenn man bei ihrer Erforschung nicht die vielen Bedeutungen auseinanderhält, die das Wort „seiend" 20 hat; insbesondere besteht diese Unmöglichkeit aber dann, wenn man in der hier erörterten Weise fragt, aus welchen Elementen das Seiende bestehe. Aus welchen Elementen das Hervorbringen, das Affiziert werden und das Gerade bestehen, das kann man doch wohl nicht erfassen; wenn es ein Erfassen von Elementen gibt, so kann das allein die Elemente der Wesen betreffen. In dem Suchen nach Elementen für alles und in der Behauptung, daß man sie habe, ist also 24 keine Wahrheit zu finden. 25 Und wie sollte man die Elemente aller Dinge kennenlernen? Denn offenbar könnte diesem Kennenlernen keine frühere Erkenntnis vorhergehen. Wie nämlich derjenige, der die Geometrie erlernt, vorher andere Dinge wissen kann, aber nicht gerade diejenigen, von denen die Wissenschaft handelt und die er eben erst erlernen will: ebenso verhält es sich auch bei allem anderen. Gibt es also eine Wissenschaft für alle Dinge, wie dies einige behaupten, 30 so dürfte derjenige, der sie erlernen will, vorher überhaupt nichts wissen. Nun geht aber doch alles Erlernen nur mit Hilfe eines Vorwissens über alles oder einiges vonstatten — sowohl das Erlernen durch Beweis wie das durch Definition (denn man muß die Teile der Definition vorher kennen und mit ihnen vertraut sein). Gleiches gilt für das Erlernen durch Heranführung. Wollte man aber annehmen, 993® daß jenes Vorwissen angeboren sei, so wäre es doch sehr verwunderlich, wieso uns der Besitz dieser höchsten aller 2 Wissenschaften verborgen bleiben könnte. Wie kann man ferner erkennen, woraus etwas besteht, und wie leuchtet das ein? Auch dies enthält ein Problem. Man kann hier ebenso im Zweifel sein wie etwa bei gewissen 5 Silben: einige sagen, daß die Silbe ZA aus den Lauten 27, A und A bestehe, andere bezeichnen sie als einen Laut, der hiervon verschieden sei und keine der uns vertrauten 7 Laute enthalte. Endlich: wie sollte man das, wovon wir Sinneswahrneh40
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m u n g e n h a b e n , irgendwie e r k e n n e n , w e n n m a n diese W a h r n e h m u n g e n n i c h t h ä t t e ? U n d d o c h m ü ß t e dies geschehen, w e n n die E l e m e n t e , a u s d e n e n die D i n g e b e s t e h e n — wie die z u s a m m e n g e s e t z t e n L a u t e a u s ihren eigentümlichen E l e m e n t e n —, f ü r alle D i n g e dieselben w ä r e n . 10
10. Kapitel Schon a u s d e m f r ü h e r Gesagten ist k l a r geworden, d a ß alle n D e n k e r n u r n a c h j e n e n U r s a c h e n zu forschen scheinen, die wir i n u n s e r e n U n t e r s u c h u n g e n ü b e r die N a t u r e r w ä h n t h a b e n , u n d d a ß wir keine weiteren U r s a c h e n a n z u g e b e n b r a u c h e n . A b e r j e n e D e n k e r h a b e n dies n u r in u n k l a r e r Weise g e t a n , u n d w e n n in gewissem Sinne v o n allen U r sachen schon f r ü h e r die R e d e gewesen ist, so ist dies in einem a n d e r e n S i n n e f r ü h e r n i r g e n d w o d e r F a l l gewesen. 15 D e n n die E r s t e Philosophie schien ü b e r alle D i n g e n u r zu lallen, solange sie n o c h j u n g w a r u n d in ihren A n f ä n g e n s t a n d . So sagt j a a u c h E m p e d o k l e s 2 7 , d e r K n o c h e n bes t e h e d a n k einer P r o p o r t i o n ; diese a b e r ist d a s jeweils zugehörige Sein u n d d a m i t d a s W e s e n d e r Sache. I n gleicher Weise m ü ß t e a b e r a u c h Fleisch u n d alles a n d e r e eine 20 P r o p o r t i o n sein — oder ü b e r h a u p t n i c h t s . D a n k der P r o p o r t i o n also w ü r d e n Fleisch u n d K n o c h e n u n d alles a n d e r e existieren — u n d n i c h t d a n k d e m S t o f f e , v o n d e m E m p e dokles s p r i c h t : F e u e r , E r d e , W a s s e r u n d L u f t . E m p e d o kles h a t z w a r selbst eine solche B e h a u p t u n g n i c h t k l a r ausg e s p r o c h e n , w ä r e a b e r genötigt gewesen, ihr z u z u s t i m m e n , w e n n sie ein a n d e r e r aufgestellt h ä t t e . 24 Ähnliche Fälle h a b e n wir schon f r ü h e r b e h a n d e l t . N u n - 25 m e h r wollen wir a b e r n o c h e i n m a l die P r o b l e m e d u r c h gehen 2 8 , die sich a u s diesen E r ö r t e r u n g e n ergeben. Vielleicht k ö n n e n sie u n s d e n W e g z u r L ö s u n g s p ä t e r a u f t a u c h e n d e r Probleme bahnen. 27 27
Empedokles, B-Fragm. 96 (Diels/Kranz). 8 Buch B.
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30 Die Betrachtung der Wahrheit ist in gewisser Hinsicht schwierig, in anderer aber leicht. Dies zeigt sich darin, daß zwar kein Einzelner vermögend ist, sie adäquat zu 99 3 b erfassen, daß wir sie doch aber als Gesamtheit nicht verfehlen; denn wenn jeder etwas über die Natur sagt und damit als Einzelner nichts oder nur wenig zur Wahrheit beiträgt, so entsteht doch aus der Zusammenfassung der Aussagen eine gewisse Größe des Wissens. Wenn es in dieser Hinsicht so aussieht wie beim sprichwörtlichen 5 Treffen der Türe — „Wer sollte die Türe nicht treffen?" —, so scheint die Sache leicht zu sein; ihre Schwierigkeit zeigt sich aber darin, daß es möglich ist, einen Teil nicht zu haben, auch wenn man das Ganze hat. — Vielleicht liegt aber nun die Ursache für diese Schwierigkeit, die ja aus zwei Richtungen stammen kann, nicht in den Sachen selbst, sondern in uns. Wie sich nämlich die Augen der 10 Fledermäuse verhalten gegenüber dem Licht des Tages, so auch die Vernunft in unserer Seele gegenüber dem, das n der Natur nach das Offenbarste von allem ist. So muß man, wenn man gerecht sein will, nicht nur denen gegenüber dankbar sein, mit deren Meinungen man übereinstimmt, sondern muß es auch denen gegenüber, deren Meinungen sich mehr an der Oberfläche gehalten haben. Auch sie haben ja zur Wahrheit beigetragen, 15 indem sie unsere Fähigkeiten ausbilden halfen. Hätte Timotheos nicht gelebt, so entbehrten wir eines guten Teiles unserer lyrischen Poesie; hätte aber Phrynis nicht gelebt, so 42
Buch a.l h ä t t e es a u c h k e i n e n T i m o t h e o s g e g e b e n . G e n a u s o liegt es bei d e n e n , d i e sich ü b e r d i e W a h r h e i t g e ä u ß e r t h a b e n : v o n d e n e i n e n h a b e n wir gewisse M e i n u n g e n ü b e r n o m m e n , w ä h r e n d d i e a n d e r e n die U r s a c h e d a f ü r g e w e s e n sind, d a ß sie a u f t r a t e n . R i c h t i g ist es a u c h , die P h i l o s o p h i e als W i s s e n s c h a f t d e r W a h r h e i t zu b e z e i c h n e n . D e n n d a s E n d z i e l d e r b e t r a c h t e n d e n W i s s e n s c h a f t ist d i e W a h r h e i t , d a s d e r h a n d e l n d e n die Bewirkung. W e n n die Männer der h a n d e l n d e n Wissens c h a f t a u c h i n s A u g e f a s s e n , wie sich e t w a s v e r h ä l t , so b e t r a c h t e n sie d o c h n i c h t d a s E w i g e , s o n d e r n d a s B e z ü g liche u n d d a s J e t z t . W i r k e n n e n a b e r n i c h t d a s W a h r e , w e n n wir d i e U r s a c h e n i c h t k e n n e n . E i n E i n z e l n e s ist in h ö h e r e m G r a d e es selbst a l s a n d e r e D i n g e , w e n n i h m zufolge ein G l e i c h n a m i g e s a u c h a n d e n a n d e r e n D i n g e n b e s t e h t : z. B . ist F e u e r a m w ä r m s t e n , weil es d i e U r s a c h e f ü r d i e W ä r m e d e r a n d e r e n D i n g e ist. So ist a u c h d a s i m h ö c h s t e n G r a d e W a h r e die U r s a c h e f ü r d a s W a h r s e i n d e s S p ä t e r e n . D a r u m m ü s s e n d i e Quellen d e s i m m e r S e i e n d e n i m m e r a u c h d i e i m h ö c h s t e n G r a d e w a h r e n s e i n ; d e n n sie sind n i c h t n u r bisweilen w a h r , u n d es g i b t k e i n e a n d e r e n D i n g e , d i e d i e U r s a c h e i h r e r E x i s t e n z w ä r e n ; v i e l m e h r sind sie die U r s a c h e n d e r E x i s t e n z d e r a n d e r e n D i n g e . W i e sich also d a s E i n z e l n e z u m Sein v e r h ä l t , so v e r h ä l t es sich a u c h z u r Wahrheit.
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2. Kapitel N u n ist a b e r k l a r , d a ß es eine b e s t i m m t e Quelle g i b t u n d d i e 994 a Ursachen des Seienden nicht zahlenmäßig unbegrenzt s i n d : w e d e r b i l d e n sie [1] eine u n b e g r e n z t f o r t l a u f e n d e R e i h e , n o c h [2] eine u n b e g r e n z t e Z a h l v o n G e s t a l t e n . D e n n w e d e r ist [1] d a s Diese v e r m ö g e n d , a u s a n - 3 d e r e n D i e s e n als a u s s e i n e m S t o f f e bis i n s U n b e g r e n z t e f o r t s c h r e i t e n d h e r v o r z u g e h e n (z. B . Fleisch a u s E r d e , E r d e aus L u f t , L u f t aus Feuer usw. ohne Halt), noch k a n n 5 es b e i d e m W o h e r d e s A n f a n g s d e r B e w e g u n g ein F o r t -
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Metaphysik
schreiten ins Unbegrenzte geben (z. B. d a ß der Mensch von der L u f t bewegt würde, die L u f t von der Sonne, die Sonne vom Streite usw. ohne Grenze). Gleichermaßen k a n n auch das Weswegen nicht ins Unbegrenzte fortgehen (daß z. B. das Gehen wegen der Gesundheit wäre, diese wegen 10 der Glückseligkeit, die Glüchseligkeit wegen etwas anderem und immer weiter eines wegen eines anderen). Das gleiche gilt auch f ü r das jeweils zugehörige Sein. Bei jeder Mitte, zu der es ein letztes und ein früheres Ding gibt, m u ß n ä m lich das frühere die Ursache dessen sein, was nach ihm k o m m t . Denn wenn wir anzugeben hätten, welches von den drei Dingen Ursache sei, so würden wir das erste nenn e n : sicher nicht das letzte, denn etwas Letztes ist von 15 nichts Ursache; aber auch nicht das mittlere, denn es ist n u r von einem, Ursache. Dabei macht es keinen Unterschied, ob. es sich jeweils u m ein Mittelding oder u m mehrere und in diesem Falle wieder: ob u m unbegrenzt oder begrenzt viele — Mitteldinge handelt. Bei der unbegrenzt fortlaufenden Reihe — und beim Unbegrenzten allgemein — sind alle Teile bis zum J e t z t gleichermaßen Mitteldinge, so d a ß es, da es nichts Erstes gibt, auch 19 schlechthin keine Ursache gibt. E s ist aber auch nicht möglich, d a ß etwas zum Unter20 geordneten hin ins Unbegrenzte fortschritte, jedoch vom Übergeordneten her eine Quelle h ä t t e : z. B. d a ß aus Feuer Wasser, aus Wasser E r d e und in dieser Weise immer wieder eine andere G a t t u n g entstünde. I n zwei verschiedenen Bedeutungen k a n n m a n nämlich sagen, d a ß „Dieses aus Diesem" entstehe (abgesehen von den Fällen, in denen „aus Diesem" n u r soviel bedeutet wie „nach Diesem", wie z. B. beim E n t s t e h e n der Isthmischen Spiele „aus den Olympischen"): nämlich einerseits [a] in dem Sinne, in dem aus dem K n a b e n , indem er sich verändert, der Mann entsteht, und andererseits [b] in dem Sinne, in dem aus Wasser 25 L u f t entsteht, [a] Wenn wir sagen, d a ß aus dem K n a b e n der Mann entstehe, so heißt das, d a ß aus dem Entstehenden das E n t s t a n d e n e oder aus dem Unfertigen das Fertige entstehe. Wie nämlich die E n t s t e h u n g ein Mittleres zwischen Sein und Nichtsein ist, so auch das Entstehende ein Mittleres zwischen Seienden und Nichtseienden. Der Ler44
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nende ist ein entstehender Gelehrter, und dies meinen wir gerade, wenn wir sagen, daß „aus" dem Lernenden ein 30 Gelehrter entstehe. (Was dagegen so „aus" einem anderen entsteht wie Wasser aus Luft, das entsteht, indem das andere untergeht.) Deshalb gibt es in diesen Fällen [a] keine wechselseitige Rückkehr der Dinge ineinander, und „aus" dem Mann entsteht nicht wieder der Knabe; denn aus der Entstehung entsteht nicht das Entstehende, sondern das, was nach der Entstehung existiert. So entsteht 994b auch der Tag in dem Sinne aus dem Morgen, daß er nach dem Morgen kommt, und dies ist der Grund dafür, daß der Morgen nicht aus dem Tag entstehen kann. — [b] Die andere Entstehung ist dagegen eine Rückkehr der Dinge ineinander. Beiderlei Entstehung ist unvermögend, ins Unbegrenzte fortzuschreiten; denn im einen Falle [a] gibt 5 es ein Mittleres zwischen den Dingen, so daß auch ein Endziel existieren muß; im anderen Falle [b] gibt es eine Rückkehr der Dinge ineinander, weil nämlich der Untergang des einen Dinges die Entstehung des anderen ist. 6 Zugleich ist es unmöglich, daß das erste, ewige Seiende zugrunde ginge; denn da die Entstehung vom Übergeordneten her nicht unbegrenzt ist, so kann auch dasjenige nichts Ewiges sein, aus dem als dem ersten Vergehenden etwas anderes entstanden ist. Ferner ist das Weswegen ein Endziel. Endziel aber ist das, das nicht wegen eines anderen, sondern wegen dessen 10 das andere existierte Gibt es also ein Letztes dieser Art, so gibt es kein unbegrenztes Fortschreiten; gibt es kein solches Letztes, so gibt es kein Weswegen. Denker, die hier ein Fortschreiten ins ; Unbegrenzte behaupten, verkennen die Natur des Guten und heben sie auf. (Es würde ja doch niemand etwas zu tun versuchen, wenn er nicht bis zu einer Grenze zu kommen gedächte.) Auch gäbe es dann keine Vernunft in den Dingen. Denn mindestens handelt, 15 wer Vernunft besitzt, immer wegen etwas; dies Etwas ist Grenze, denn, das Endziel ist Grenze. 16 Aber auch das jeweils zugehörige Sein kann nicht auf eine Definition zurückgeführt werden, die dem Begriffe nach immer mehr enthielte. Denn immer ist die frühere — und nicht die spätere — Definition die bessere. Wenn die 45
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erste von mehreren Definitionen nicht die Definition des 20 jeweils zugehörigen Seins ist, dann erst recht keine spätere. — Ferner heben Denker, die dergleichen behaupten, alles Wissen auf, denn man hat kein Wissen, ehe man bis zum Unteilbaren gelangt ist. Vorher gibt es auch kein Erkennen. Denn wie könnte man Dinge denken, die in diesem Sinne unbegrenzt wären ? Die Sache liegt hier anders als bei der Linie, für deren Zerlegung es zwar kein Anhalten gibt, die man aber doch nur denken kann, indem man mit Zerlegen aufhört, — weshalb man denn auch, wenn man 25 die unbegrenzt teilbare Linie überblicken will, nicht etwa die Schnitte zählen wird. Am Bewegten muß man aber auch den Stoff denken. Nichts Unbegrenztes hat Sein. Und wenn es anders wäre, so wäre doch das zum Unbe27 grenzten gehörige Sein nicht selbst unbegrenzt. [2] Wenn die Gestalten der Ursachen der Menge nach begrenzt wären, so gäbe es gleichfalls kein Erkennen. Denn wir vermeinen erst dann etwas zu wissen, wenn wir die 30 Ursachen erkannt haben; das der Hinzufügung nach Unbegrenzte kann aber nicht in begrenzter Zeit überblickt werden. 3. Kapitel 32 Die Wirkung von Vorlesungen hängt von der Gewöhnung 995a der Hörer ab. Denn wie wir es gewohnt sind, so möchten wir sprechen hören, und was davon abweicht, erscheint uns unangemessen — und um so unverständlicher und fremdartiger, je weniger es gewohnt ist: denn das Gewohnte ist das Verständliche. (Die Macht des Gewohnten zeigen am klarsten die Gesetze, bei denen Mythisches und Kin5 disches, weil man daran gewohnt ist, mehr vermögen als alles Erkennen.) Die einen- mögen einen Redner nicht anhören, wenn er nicht wie ein Mathematiker spricht; die anderen nicht, wenn er keine Beispiele bringt; wieder andere verlangen, daß man Dichter als Zeugen anführe. Die einen wollen alles genau ausgeführt haben; die anderen werden von Genauigkeit gerade unangenehm berührt — 46
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entweder weil sie nicht vermögend sind, die Teile zu verbinden, oder weil sie Genauigkeit für Kleinlichkeit halten. 1 0 Denn Genauigkeit hat immer etwas Kleinliches an sich, so daß sie oft für unedel gehalten wird — wie im geschäftlichen Verkehr so auch in Untersuchungen. Daher muß man schon gelernt haben, in welcher Weise jede Untersuchung zu verstehen ist; denn es wäre absurd, gleichzeitig in die Wissenschaft und in ihre Methode eindringen zu wollen, ist doch keine von beiden leicht zu erfassen. — Mathema- 15 tische Genauigkeit darf man nicht auf allen Gebieten verlangen, sondern nur bei den Dingen, die keinen Stoff haben. Sie ist also nicht die Methode der Naturwissenschaft, denn wohl alle Natur enthält Stoff. Wir müssen also zuerst prüfen, was Natur ist; daraus werden wir auch ersehen, wovon die Naturwissenschaft handelt. 10
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BUCH B 1. Kapitel
21 Im Interesse der gesuchten Wissenschaft ist es notwendig, 25 daß wir zuerst auf die Dinge eingehen, deren Problematik vordringlich ist. Das sind einerseits Dinge, über die gewisse Denker abweichende Auffassungen geäußert haben, daneben aber auch andere Dinge, die bisher unbeachtet geblieben sein dürften. Wer aus der Problematik der Dinge herausfinden will, tut gut daran, sich ausreichend mit ihr zu beschäftigen!: denn was zunächst Problem ist, muß erst gelöst sein, ehe man den weiteren Weg beschreiten kann. 30 Man kann den Knoten nicht lösen, wenn man ihn nicht kennt; die Problematik, die sich in der Überlegung zeigt, macht aber den Knoten in der Sache offenbar. Wer sich in einer Problematik befangen sieht, der gleicht einem Gebundenen: beiden ist es unmöglich, vorwärts zu kommen. Man muß deshalb erst alle Schwierigkeiten in Betracht gezogen haben - einerseits aus den schon ange35 führten Gründen, dann aber auch deshalb, weil ein Suchender, der sich nioht mit der Problematik der Dinge beschäftigt hat, einem Wanderer gleicht, der nicht weiß, wohin er gehen soll; solche Leute wissen nicht einmal, 995 b ob sie das Gesuchte jeweils schon gefunden haben oder nicht; denn ihnen ist das Endziel nicht klar; wohl aber ist es demjenigen klar, der durch eine Problematik hindurchgegangen ist. Überdies muß derjenige besser als ein anderer imstande sein, eine Entscheidung zu treffen, der alle miteinander im Streit liegenden Argumente angehört hat, i als wären sie die Parteien eines Prozesses. 48
Buch B. 1 Beim ersten Problem geht es um die Dinge, mit denen 5 wir uns in der Einleitung 1 beschäftigt haben: nämlich einerseits, [1] ob die Betrachtung der Ursachen Aufgabe einer Wissenschaft oder mehrerer Wissenschaften ist, und andrerseits [2], ob die Aufgabe einer solchen Wissenschaft allein in der Betrachtung der ersten Quellen des Wesens besteht — oder auch in der Betrachtung der Quellen, aus denen sich alle Beweise herleiten: ob man z. B. ein und dasselbe zugleich bejahen und verneinen kann oder nicht — und andere derartige Fragen. [3] Soweit es sich um 10 die Wissenschaft vom Wesen handelt, fragt es sich, ob alle Wesen nur zu einer Wissenschaft oder zu mehreren Wissenschaften gehören; ferner ob — wenn es mehrere sind — diese Wissenschaften gattungsgleich sind oder ob sie nur teilweise als Weisheit zu bezeichnen sind, teilweise also nicht. [4] Ferner gehört vor allem dies zu den Dingen, deren Erforschung notwendig ist: ob man sagen muß, daß allein die Sinneswesen existieren oder daß neben ihnen auch 15 noch andere Wesen existieren, und ob es von diesen anderen nur eine Gattung oder mehrere Gattungen gibt — wie dies z. B. diejenigen behaupten, die sowohl Gestalten wie auch mathematische Dinge als Mittleres zwischen ihnen und den Sinnesdingen annehmen. All dies — wie gesagt — muß geprüft werden; weiterhin aber auch [5], ob sich die Betrachtung allein auf die Wesen zu richten hat oder auch auf das, was zu ihnen von ihnen selbst her hin- 20 zugekommen ist. Ferner muß geprüft werden, zu welcher Wissenschaft die Betrachtung aller folgenden Dinge gehört: des Identischen, Verschiedenen, Gleichen, Ungleichen und des Gegensatzes, ferner des Früheren und Späteren und aller anderen derartigen Dinge, die die Dialektiker zu behandeln versuchen, indem sie ihre Prüfung nur vom Wahrscheinlichen her vornehmen. Ferner müssen 25 wir das untersuchen, was zu diesen Dingen von ihnen selbst her hinzugekommen ist, und müssen dabei nicht nur fragen, was jedes einzelne Hinzugekommene ist, sondern auch, ob zu einem Ding auch jeweils gerade ein Gegenteil gehört. [6] Weiterhin ist zu prüfen, ob Quellen und Ele1
Buch A.
4 Aristoteles, Metaphysik
Metaphysik
mente die Gattungen sind oder dasjenige, was sich beim Zerlegen des Einzelnen als seine letzten Bestandteile ergibt. [7] Sind die Gattungen Quellen, so ist zu prüfen, ob diejenigen Gattungen, die vom Unteilbaren als Letztes 30 oder als Erstes ausgesagt werden: ob z.B. „Lebewesen" oder „Mensch" Quelle ist und eher als das andere neben dem Einzelmenschen existiert. [8] Am eindringlichsten aber muß man die Frage erforschen und behandeln, ob neben dem Stoff eine weitere Ursache von sich selbst her existiert oder nicht, ob diese Ursache abgesondert ist oder nicht und ob sie in der Einzahl oder Mehrzahl besteht; 36 ferner ob es neben dem Konkreten (vom Konkreten spreche ich dann, wenn etwas vom Stoff ausgesagt wird) immer noch etwas anderes gibt oder niemals, oder ob es zwar in gewissen Fällen noch etwas anderes gibt, sonst 996a aber nicht, und was das für andere Dinge sind. [9] Ferner ist zu prüfen, ob die Quellen der Zahl und der Gestalt nach fest bestimmt sind — sowohl die in den Begriffen wie die im Substrat vorhandenen —; [10] ob die Quellen der vergänglichen und der unvergänglichen Dinge identisch oder verschieden sind und ob alle Quellen unvergänglich sind oder die Quellen der vergänglichen Dinge vergänglich sind. 5 [11] Von allen Fragen die schwierigste und problemreichste ist aber die, ob das Eine und das Seiende (wie die Pythagoreer und Piaton behaupten) nicht an etwas von ihnen Verschiedenem bestehen, sondern selbst das Wesen der Dinge sind, oder ob dies nicht zutrifft und sie an einem von ihnen verschiedenen Substrat bestehen 2 (wie nach der Lehre des Empedokles an der Freundschaft, nach anderen an Feuer, Wasser oder Luft). [12] Ferner fragt sich, io ob die Quellen etwas Allgemeines sind oder etwas von der Art der Einzeldinge; [18] es fragt sich weiter, ob sie dem Vermögen nach oder der Verwirklichung nach existieren, und überdies, ob beides in einem anderen Sinne als im Hinblick auf Bewegung gilt — denn auch dieses Problem 2
Wörtlich: ob das Eine und das Seiende nicht [nämlich: noch] etwas [von ihnen] Verschiedenes, sondern selbst das Wesen der Dinge sind, oder ob . . . sie [nämlich: noch] ein [von ihnen] verschiedenes Substrat sind.
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Buch 5.1
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kann viele Schwierigkeiten bereiten. [14] Freilich ist zu prüfen, ob die Zahlen, Linien, Figuren und Punkte Wesen sind oder nicht und ob sie, falls sie Wesen sind, von den Sinnesdingen abgesondert oder in ihnen als ihre Bestand- 15 teile existieren. Bei all diesen Dingen ist es nicht nur schwer, aus der Problematik heraus zur Wahrheit zu gelangen, sondern schon keineswegs leicht, in die Problematik begrifflich in richtiger Weise einzudringen.
2. Kapitel [1] Zuerst wollen wir uns dem Problem zuwenden, das wir 18 als erstes anführten: ob nämlich die Betrachtung aller Gattungen von Ursachen die Aufgabe einer Wissenschaft oder mehrerer Wissenschaften ist. 20 Wie könnte es aber Sache einer Wissenschaft sein, die Quellen zu erkennen, soweit diese nicht nur Gegenteile sind ? 21 Ferner bestehen bei vielen Dingen nicht alle Quellen. Denn wie sollten die Quelle der Bewegung und die Natur des Guten bei den unbeweglichen Dingen zu finden sein — da doch alles, was von selbst und durch seine eigene Natur gut ist, ein Endziel und insofern eine Ursache ist, als um 25 seinetwillen anderes entsteht und existiert, während das Endziel und damit das Weswegen immer Endziel einer Handlung ist und jede Handlung mit Bewegung verbunden ist? Also kann sich in den unbeweglichen Dingen jene Quelle nicht finden — und auch nicht das Selbst-Gute. Daher wird auch in der Mathematik nichts auf Grund 30 dieser Ursache bewiesen; kein Beweis geht dort darauf zurück, daß etwas besser oder schlechter sei, vielmehr wird dort dergleichen von niemandem auch nur erwähnt. Deshalb schätzen auch einige Sophisten — z. B. Aristippos — die Mathematik gering; denn bei den anderen Künsten, sagten sie, und sogar bei den alltäglichen Handwerken wie dem Zimmerer- oder Schusterhandwerk werde alles 4»
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35 danach beurteilt, ob es besser oder schlechter sei, die 996b Mathematik aber nehme auf Gut und Schlecht keinerlei Rücksicht. Wenn es aber andererseits mehrere Wissenschaften von den Ursachen gibt und jede sich mit einer anderen Quelle befaßt: welohe sollen wir dann die gesuchte Wissenschaft nennen — und welche unter den Männern der Wissenschaften sollen wir als diejenigen bezeichnen, die am meisten 5 über die gesuchte Sache wissen? Es kann ja sein, daß sich an einem Dinge Ursachen in jeder Bedeutung dieses Wortes vorfinden: z. B. sind beim Hause das Woher der Bewegung die Kunst und der Baumeister, das Weswegen das Werk, Stoff die Erde und die Steine, Gestalt der Begriff. Nach unseren früheren Feststellungen darüber, welche unter den Wissenschaften man Weisheit zu nennen hat 3 , gibt es f ü r jede Wissenschaft ein Argument, sie so zu 10 nennen. Denn als die überlegenste und beherrschendste Wissenschaft — der die anderen; als wären sie Sklaven, nicht einmal etwas entgegnen dürfen — würde die Wissenschaft vom Endziel und vom Guten (denn seinetwegen ist das andere) Weisheit zu nennen sein. Soweit Weisheit aber zu definieren ist als Wissenschaft von den ersten Ursachen und von dem im höchsten Grade Wißbaren 4 , würde Weisheit die Wissenschaft vom Wesen sein. Denn wenn 15 mehrere Menschen von derselben Sache Verschiedenes wissen, so sagen wir, daß diejenigen, die dem Sein nach erkennen, was die Sache ist, mit ihr besser vertraut sind als diejenigen, die es dem Nichtsein nach erkennen; von der ersten Gruppe kennt wieder der eine die Sache besser als der andere, und zwar am besten derjenige, der ihr,Was kennt — und nicht nur ihr Quantum, ihr Quäle oder das, was sie ihrer Natur nach hervorbringt oder wovon sie ihrer Natur nach affiziert wird. Ferner schreiben wir uns auch 20 in jenen anderen Fällen, in denen es Beweise gibt, immer dann ein Wissen zu, wenn wir das Was kennen (was z. B. Quadrierung ist — nämlich die Auffindung der mittleren Proportionale — und entsprechend in allen anderen Fällen). 3 982a8-19. 4 982a30. 52
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Bei den Entstehungen, bei den Handlungen und bei allen Veränderungen sprechen wir uns d a n n Wissen zu, wenn wir die Quelle der Bewegung kennen; diese aber ist vom Endziel verschieden und ihm entgegengesetzt. E s scheint 25 also, d a ß die Betrachtung jeder Ursache Aufgabe einer be26 sonderen Wissenschaft ist. [2] Hinsichtlich der beweisenden Quellen ist ebenfalls zweifelhaft, ob sie die Sache einer Wissenschaft oder mehrerer Wissenschaften sind. Ich verstehe dabei unter beweisenden Quellen die gemeinsamen Meinungen, von denen alle Menschen beim Führen ihrer Beweise ausgehen: z. B. d a ß alles entweder zu bejahen oder zu verneinen ist, oder daß alles unvermögend ist, gleichzeitig zu sein und nicht zu 30 sein — und was es sonst noch an derartigen Prämissen gibt. E s f r a g t sich n u n also, ob diese Prämissen von derselben Wissenschaft wie das Wesen oder von einer anderen Wissenschaft untersucht werden; wird aber beides nicht von einer Wissenschaft untersucht, so fragt es sich, welche von beiden Wissenschaften als die gesuchte anzusprechen ist. Nun ist es nicht wahrscheinlich, daß es sich u m eine Wissenschaft handele. Denn weshalb sollte es etwa der Geometrie weniger als irgendeiner anderen Wissenschaft eigentümlich sein, etwas von diesen Dingen zu verstehen ? Wenn aber das Kennen dieser Dinge in gleichem 35 Maße zu jeder beliebigen Wissenschaft gehört und doch nicht Sache aller Wissenschaften sein kann, so ist es der Wissenschaft, die die Wesen untersucht, in keinem höhe- 997 a ren Maße eigentümlich als allen anderen. — Gleichzeitig f r a g t sich, in welchem Sinne es denn ü b e r h a u p t eine Wissenschaft dieser Quellen geben könne. Denn wir wissen von vornherein, was jede von diesen Quellen tatsächlich ist (wenigstens machen alle anderen K ü n s t e von ihnen als 5 von einer bekannten Sache Gebrauch). Gibt es aber eine beweisende Wissenschaft von diesen Quellen, so müßte es auch irgendeine G a t t u n g als Substrat geben, und die Quellen müßten teilweise ableitbare Affektionen, teilweise aber Axiome sein (es ist ja unmöglich, daß es f ü r alles einen Beweis gäbe); denn jeder Beweis m u ß von etwas ausgehen, über etwas handeln und etwas beweisen. Also ergäbe sich, d a ß alles, was bewiesen wird, einer Gattung angehörte, denn 10 53
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alle beweisenden Wissenschaften bedienen sich der 11 Axiome. Wenn nun aber die Wissenschaft vom Wesen und die Wissenschaft von diesen Quellen verschiedene Wissenschaften sind: welche von ihnen ist dann von Natur die höhere und frühere? Die Axiome sind das Allgemeinste und Quellen von allem anderen; wenn die Betrachtung dessen, was hinsichtlich der Axiome wahr und falsch ist, nicht Sache des Philosophen wäre — wessen Sache sollte 15 sie sonst sein? [3] Bei den Wesen fragt sich allgemein: gehören alle zu einer Wissenschaft oder zu mehreren? Wenn sie nicht zu einer gehören, so fragt sich: welche Wesen sind nun unserer Wissenschaft zuzurechnen? Daß sie aber alle einer Wissenschaft zugehören, ist nicht wahrscheinlich; denn dann würde es auch nur eine beweisende Wissenschaft f ü r 20 alles Hinzugekommene geben. Jede beweisende Wissenschaft betrachtet ja das, was zu einem Substrat auf Grund der allgemeinen Meinungen von ihm selbst her hinzugekommen ist. Es ist also Sache einer Wissenschaft, auf Grund jener Meinungen das zu betrachten, was zu einer Gattung von ihr selbst her hinzugekommen ist. Wenn das, was behandelt wird, zu einer Wissenschaft gehört, und die Meinungen, von denen man ausgeht, ebenfalls zu einer — sei es nun dieselbe oder eine andere —, so gilt dies auch f ü r das Hinzugekommene: entweder wird es von 25 diesen beiden Wissenschaften untersucht oder von der einen, zu der beide vereinigt sind. [5] Weiter fragt sich: hat sich die Betrachtung allein auf die Wesen oder auch auf das zu ihnen Hinzugekommene zu richten ? Ich meine z . B . folgendes: wenn ein Körper und ebenso die Linien und die Flächen Wesen sind, so fragt sich, ob es die Sache derselben Wissenschaft oder verschiedener Wissenschaften ist: einerseits diese Wesen, andererseits aber das Hinzugekommene zu erkennen — bei jeder Gattung, für die die mathematischen Wissenschaften 30 etwas beweisen. Ist es die Sache einer und derselben Wissenschaft, so würde auch die Wissenschaft vom Wesen eine beweisende sein — und doch scheint es keinen Beweis ., f ü r das Was zu geben. Ist es Sache verschiedener Wissen-
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Schäften: welche soll dann diejenige sein, die das zum Wesen Hinzugekommene betrachtet? Das ist sehr schwer zu 34 beantworten. [4] Ferner fragt sich, ob man sagen muß, daß allein die sinnlichen Wesen existieren oder daß neben ihnen auch 35 noch andere Wesen existieren, und ob es von diesen anderen nur eine Gattung oder mehrere Gattungen gibt — wie 997 b dies z. B . diejenigen behaupten, die sowohl Gestalten annehmen wie auch jene „mittleren Dinge", von denen die mathematischen Wissenschaften handeln sollen. In welchem Sinne wir 5 die Gestalten von ihnen selbst her als Ursachen und Wesen ansprechen, ist in unseren ersten Ausführungen über die Gestalten gesagt worden. 6 Ob- 6 gleich diese Lehre zahlreiche Schwierigkeiten bietet, erscheint keine ihrer Behauptungen absurder als die: daß es zwar gewisse Naturen neben denen im Universum gebe, daß diese aber dieselben wie die sinnlichen seien — nur daß sie ewig und die sinnlichen vergänglich seien. Denn sie sagen: es gebe den Selbst-Menschen, das Selbst-Pferd und die Selbst-Gesundheit und fügen nichts als eben dieses „Selbst" hinzu. Sie tun fast dasselbe wie Leute, die da sagen, es gebe zwar Götter, sie hätten aber Menschenge- 10 stalt: wie solche Leute die Götter zu nichts anderem machen als zu ewigen Menschen, so macht jene Lehre die Gestalten zu nichts anderem als zu ewigen Sinnesdingen. 12 Wer aber außer den Gestalten und den Sinnesdingen noch ein Mittleres annehmen möchte, der schafft sich viele Probleme. Denn dann müßte es offenbar auch außer den Selbst-Linien und den sinnlichen Linien in gleicher Weise noch mittlere Linien geben — und ebenso bei jeder der 15 anderen Gattungen. Da nun die Astronomie eine der mathematischen Wissenschaften ist so, müßte es auch noch einen weiteren Himmel außer dem sinnlichen geben — und eine weitere Sonne und einen weiteren Mond und ebenso weitere sonstige Himmelskörper. Wie soll man aber an solche Dinge glauben? D a ß sie als unbewegliche existieren, 5 6
Platoniker. Kapitel A 6 und 9.
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Metaphysik . ist nicht wahrscheinlich, und daß sie als bewegliche exi20 stieren, vollends unmöglich. Entsprechendes gilt für die Dinge, von denen die Optik und die mathematische Harmonielehre handelt: aus denselben Ursachen können auch diese Dinge nicht neben den sinnlichen existieren. Denn wenn es mittlere Sinnesdinge und Sinneswahrnehmungen gäbe, so müßte es auch mittlere Lebewesen geben zwischen den Selbst-Lebewesen und den vergänglichen Le25 bewesen. — Es könnte auch jemand das Problem aufwerfen, im Hinblick auf welche Art Dinge man eigentlich nach solchen Wissenschaften des Mittleren suchen müßte. Denn wenn sich die Geometrie von der Geodäsie allein dadurch unterscheiden sollte, daß sich letztere mit dem beschäftigt, was wir sinnlich wahrnehmen, erstere mit dem Nichtsinnlichen, so müßte es offenbar neben der Heilkunst (und entsprechend neben allen anderen Wissenschaften) noch eine andere Wissenschaft geben und neben diesen beiden noch eine mittlere Wissenschaft zwischen der 30 Selbst-Heilkunst und dieser Heilkunst hier. Wie sollte das aber möglich sein? Denn dann müßte es j a auch ein Gesundes geben neben dem wahrnehmbaren Gesunden 32 und dem Selbst-Gesunden. Und es ist nicht einmal wahr, daß die Geodäsie sich nur mit sinnlichen und vergänglichen Größen beschäftige; sonst müßte sie mit den vergänglichen Dingen selbst ver35 gehen. Ebensowenig handelt die Astronomie nur von sinn99 8 a liehen Größen und von diesem Himmel dort. Die sinnlichen Linien sind j a auch nicht diejenigen, von denen der Vertreter der Geometrie spricht. (Denn nichts Sinnliohes ist in dieser Weise grade oder rund; das Lineal berührt den Kreis nicht nur in einem Punkte, sondern so, wie es Protagoras in seiner Widerlegung der Vertreter der Geometrie 5 dargelegt hat:) Auch sind die Bewegungen und Spiraldrehungen am Himmel nicht denen gleich, über die die Astronomie Behauptungen aufstellt, und die gedachten Punkte haben nicht dieselbe Natur wie die Sterne. — Es gibt nun einige, die behaupten, es gebe zwar das sogenannte Mittlere zwischen den Gestalten und den Sinnesdingen, aber nicht abgesondert von den Sinnesdingen, sondern in ihnen. E s würde zu weit führen, wenn wir alle 56
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unmöglichen Konsequenzen dieser Auffassung aufzählen 10 wollten; es dürfte aber genügen, wenn man die folgenden betrachtet. Einerseits ist es nicht wahrscheinlich, daß es sich allein mit dem „Mittleren" in dieser Weise verhalten sollte, denn offenbar könnten doch die Gestalten ebenfalls in den Sinnesdingen enthalten sein (für beides gilt ja dasselbe Argument). Andererseits müßten dann zwei Körper denselben Raum einnehmen, und die mittleren Dinge könnten nicht unbeweglich sein, da sie in den bewegten sinnlichen Dingen existieren. Weshalb will man aber über- 15 haupt solche Dinge annehmen, wenn sie in den Sinnesdingen existieren sollen? Daraus müßten sich doch dieselben Absurditäten ergeben, die wir bereits erwähnt haben : auch hiernach würde es einen zweiten Himmel neben unserem Himmel geben, nur nicht von ihm gesondert, sondern an derselben Stelle; das aber ist noch unmöglicher.
3. Kapitel
[6] Ist es nun in all diesen Punkten sehr problematisch, 20 was man anzunehmen hat, um die Wahrheit zu treffen, so gilt dies auch bei den Quellen: ob man nämlich als Elemente und Quellen die Gattungen auffassen soll oder eher die ersten Bestandteile, aus denen das Einzelne stammt. So gelten als Elemente und Quellen des Lautes die ersten Teile, aus denen die Laute zusammengesetzt sind, nicht 25 aber das Gemeinsame: der Laut. Ebenso bezeichnen wir gewisse Dinge als Elemente der geometrischen Figuren, wenn die Beweise für diese Dinge in den Beweisen für das andere — entweder für alles oder dooh für das meiste — mitenthalten sind. Bei den Körpern bezeichnen sowohl diejenigen Denker, die mehrere Elemente, als auch diejenigen, die nur eins annehmen, dasjenige als Quelle, woraus die Körper zusammengesetzt sind und bestehen. So bezeichnet z. B. Empedokles Feuer, Wasser und die 30 übrigen Bestandteile, aus denen die Dinge stammen, als 57
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Elemente, spricht sie aber nicht als Gattungen der Dinge 998 b an. Ebenso verhält es sich, wenn jemand die N a t u r anderer Dinge erkennen will, z. B. die N a t u r einer Bettstelle; wenn er nämlich weiß, aus welchen Teilen sie besteht u n d 3 wie die Teile zusammengesetzt sind, so kennt er ihre N a t u r . Nach diesen Argumenten würden also die Gattungen 5 nicht die Quellen der Dinge sein. Wenn wir aber das Einzelne durch Definitionen erkennen, die Gattungen aber Quellen der Definitionen sind, so müssen die Gattungen auch Quellen des Definierten sein. Und wenn Wissenschaft von den Dingen zu erlangen soviel heißt wie: Wissenschaft zu erlangen von den Gestalten, nach denen die Dinge gen a n n t werden, so sind die Gattungen Quellen der Gestalten. Auch scheinen einige der Denker, die als Elemente der Dinge das Eine oder das Seiende 7 oder das Große und 10 Kleine 8 bezeichnet haben, das Wort „Elemente" im Sinne 11 von „Gattungen" verwendet zu haben. N u n k a n n m a n die Quellen nicht gleichzeitig in beiderlei Weise auffassen. Der Begriff des Wesens ist ja n u r einer. Aber die Definition durch Gattungen ist eben verschieden 14 von derjenigen durch Angabe der Bestandteile der Dinge. [7] Wenn Quellen n u n doch am ehesten die Gattungen 15 sein sollten: m ü ß t e m a n dann die ersten Gattungen oder diejenigen, die zuletzt von dem Unteilbaren ausgesagt werden, als Quellen bezeichnen? Denn auch dies erscheint i" zweifelhaft. Wenn das Allgemeine immer in höherem Grade Quelle ist als anderes, so sind sicher die höchsten Gattungen als Quellen zu bezeichnen: denn sie werden von allen Dingen ausgesagt. E s würde d a n n ebenso viele Quellen der Dinge 20 geben wie erste Gattungen, und das Seiende und das Eine würden d a n n Quellen und Wesen sein: denn sie werden von allen Dingen in erster Linie ausgesagt. N u n k a n n aber weder das Eine noch das Seiende eine Gattung der Dinge bilden. Denn bei jeder Gattung müssen die Unterschiede „sein" und jeder Unterschied m u ß „einer" sein. E s ist aber 25 unmöglich, die Gestalten einer G a t t u n g oder gar die Gat7 8
Pythagoreer und Piaton. Piaton. 58
Buch B.3 t u n g , o h n e eine Gestalt g e n o m m e n , von d e n eigenen U n t e r schieden a u s z u s a g e n . W e n n also d a s Seiende u n d d a s E i n e G a t t u n g e n w ä r e n , so k ö n n t e kein U n t e r s c h i e d „seiend" oder „eines" sein. Also sind d a s Seiende u n d d a s E i n e a u c h d a n n keine Quellen, w e n n die G a t t u n g e n Quellen sein sollt e n . — F e r n e r m ü ß t e h i e r n a c h a u c h alles Mittlere, d a s m i t d e n U n t e r s c h i e d e n z u s a m m e n g e f a ß t wird, bis z u m U n t e i l b a r e n h i n a b als G a t t u n g g e l t e n ; n u n a b e r gilt hiervon 30 z w a r einiges als G a t t u n g , a n d e r e s a b e r n i c h t . A u ß e r d e m sind die U n t e r s c h i e d e n o c h eher Quellen als die G a t t u n g e n ; sind die G a t t u n g e n a b e r ebenfalls Quellen, so ergeben sich j a sozusagen u n b e g r e n z t viele Quellen, insbe- 999 a sondere w e n n m a n die e r s t e G a t t u n g als Quelle a n n i m m t . W e n n n u n a b e r d a s E i n e d o c h eher eine A r t Quelle ist u n d w e n n d a s U n z e r l e g b a r e eines ist, w e n n f e r n e r alles U n z e r l e g b a r e e n t w e d e r d e m Q u a n t u m oder d e r Gestalt n a c h u n z e r l e g b a r ist — wobei d a s d e r Gestalt n a c h Unzerlegb a r e d a s f r ü h e r e ist — u n d die G a t t u n g e n in G e s t a l t e n zerl e g b a r s i n d : so w ä r e d a s als L e t z t e s Ausgesagte in h ö h e - 5 r e m G r a d e eines. „ D e r M e n s c h " ist j a n i c h t G a t t u n g d e r einzelnen Menschen. — F e r n e r k a n n bei d e n D i n g e n , bei d e n e n es ein F r ü h e r oder S p ä t e r gibt, dasjenige, was f ü r sie gilt, n i c h t n e b e n i h n e n existieren. ( W e n n z. B . die e r s t e v o n allen Z a h l e n die Zwei ist, so k a n n es n i c h t n o c h eine Z a h l n e b e n d e n Zahl-Gestalten g e b e n — u n d ebensowenig n o c h eine F i g u r n e b e n d e n F i g u r - G e s t a l t e n . W e n n 10 dies a b e r hier n i c h t d e r F a l l ist, so w e r d e n schwerlich in a n d e r e n Fällen G a t t u n g e n n e b e n d e n G e s t a l t e n existier e n , d e n n hier scheint es n o c h a m ehesten solche G a t t u n g e n zu geben.) B e i m U n t e i l b a r e n a b e r g i b t es k e i n F r ü h e r u n d S p ä t e r . — W o sich ein Besser u n d ein Schlechter f i n d e t , d o r t ist d a s Bessere i m m e r d a s F r ü h e r e ; v o n diesen D i n g e n k ö n n t e es also k e i n e G a t t u n g e n geben. 14 N a c h alledem scheint das, was v o m U n t e i l b a r e n a u s - 15 gesagt wird, eher Quelle zu sein als die G a t t u n g e n . W i e m a n es a b e r als Quelle a u f z u f a s s e n h a t , ist n i c h t leicht zu sagen. D e n n die Quelle u n d d a m i t die U r s a c h e soll n e b e n d e n S a c h e n existieren, d e r e n Quelle sie ist, u n d soll abges o n d e r t von i h n e n zu existieren v e r m ö g e n . D a ß a b e r dergleichen n e b e n d e m E i n z e l d i n g existiere: a u s welchem 20
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anderen Grunde sollte man das annehmen als deshalb,' weil es allgemein ist und über alles ausgesagt wird? Nimmt man es aber aus diesem Grunde an, so möchte man etwas um so mehr als Quelle ansehen, je allgemeiner es ist. Also würden die ersten Gattungen Quellen sein.
4. Kapitel 24 [8] Hieran schließt sich das Problem an, dessen Betraoh25 tung am allerschwierigsten und allernotwendigsten ist. Wir haben es jetzt zu untersuchen. Wenn nämlich nichts neben den Einzeldingen existiert und die Zahl der Einzeldinge unbegrenzt ist: wie soll man zu einer Wissenschaft von diesen zahlenmäßig unbegrenzten Einzeldingen kommen können? Denn wir erkennen alles nur insoweit, als an ihm irgend etwas besteht, was ein und dasselbe und was 30 allgemein ist. — Wenn dies nun notwendig ist und etwas nebenden Einzeldingen existieren muß, so müssen Gattungen neben den Einzeldingen existieren — und zwar entweder die letzten oder die ersten; daß dies unmöglich ist, hat sich aber soeben aus unserer Problemerörterung9 ergeben. — Wenn ferner neben dem Konkreten (bei dem etwas vom Stoff ausgesagt wird) im vollsten Sinne des Wortes noch etwas „ist", so fragt sich: insofern es so etwas gibt, 999b soll es das neben allen Dingen geben — oder nur neben einigen und nicht auch neben anderen; oder gibt es so etwas eben doch neben keinerlei Dingen ? Angenommen nun, es existierte nichts neben den Einzelr dingen, so wäre nichts gedacht, vielmehr alles nur sinnlich wahrgenommen; es würde also von nichts eine Wissenschaft geben, wenn man nicht etwa die Sinneswahrnehmung Wissenschaft nennen wollte.10 Ferner würde es dann nichts Ewiges und niohts Unbewegtes geben, denn alle Sinnesdinge vergehen und sind in Bewegung. 9 Kapitel 3. « V g l . Kapitel r 5 und 6.
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Wenn es aber nichts Ewiges gibt, so ist auch keine Ent- 5 stehung möglich. Denn hierbei muß es etwas Entstehendes geben und etwas, woraus es entsteht; und das Letzte, aus. dem etwas entsteht, muß unentstanden sein, weil es ein Halten geben muß und ein Entstandensein aus Nichtseiendem unmöglich ist. Ferner muß es dort, wo es Entstehung und Bewegung gibt, auch eine Grenze geben; denn keine Bewégung ist unbegrenzt, und jede hat ein Endziel; 10 und was unvermögend ist, dereinst entstanden zu sein, das kann auch nicht entstehen, denn das Entstandene muß „sein", sobald es entstanden ist. — Wenn ferner der Stoff „ist", gerade weil er unentstanden ist: um wieviel wahrscheinlicher ist es dann, daß das Wesen „ist", in das hinein der Stoff irgendeinmal entsteht! Wenn es aber weder Stoff noch Wesen gäbe, so gäbe es überhaupt nichts. 15 Da dies unmöglich ist, muß es etwas neben dem Konkreten geben: die Form und Gestalt. Andererseits ergibt sich, wenn man eine solche Gestalt annimmt, das weitere Problem, neben welchem Konkreten man sie annehmen soll und neben welchem nicht. Denn man kann sie offenbar nicht neben allem Konkreten annehmen; man kann ja nicht annehmen, daß irgendein Haus neben den einzelnen Häusern existiere. Soll es ferner für alles Konkrete ein Wesen geben: z. B. für alle Menschen? Das wäre absurd, denn alle Dinge sind eines, deren Wesen eines ist. Also gibt es für alles Konkrete viele Wesen, die sich voneinander unterscheiden? Das ist ebenso unwahrscheinlich. Außerdem: auf welche Weise entsteht denn der Stoff in ein solches Einzelnes hinein, und in welohem Sinne ist das.Konkrete denn beides: Gestalt und Stoff? .. [9] Ferner könnte man über die Quellen folgendes Problem aufwerfen. Wenn sie der Gestalt nach eines sind, so würde es nichts der Zahl nach eines geben, nicht einmal das Selbst-Eine und das Selbst-Seiende. Wie sollte es aber Wissen geben, wenn es nicht „ein Eines zu den Allen" gäbe? — Sind sie.aber der Zahl nach eines und ist jede Quelle eme und nicht wie bei den Sinnesdingen in jedem „anderen" Falle jeweils eine „andere" (z. B. sind für die und die Silbe,, solange sie der Gestalt nach hier und dort dieselbe ist, auch die Quellen der Gestalt nach dieselben; 61
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der Zahl nach sind aber verschiedene vorhanden); existieren nun also die Quellen der Dinge nicht in jener Weise, sondern sind sie der Zahl nach eines: so würde es neben den Elementen nichts von ihnen Verschiedenes geben. (Denn ob man sagt, etwas sei ein der Zahl nach Eines oder es sei ein Einzelding, macht keinen Unterschied; wir be1000a zeichnen ja als Einzelding gerade das der Zahl nach Eine — und als Allgemeines dasjenige, was für die Einzeldinge gilt.) Es wäre dann also ebenso, wie wenn die Elemente der Laute der Zahl nach fest bestimmt wären; die Zahl aller Schriftzeichen müßte dann genau so groß sein wie die Zahl aller Lautelemente, denn es dürfte nicht zwei oder mehrere Schriftzeichen für ein Element geben. 5 [10] Eines der größten Probleme haben sowohl die heutigen wie die früheren Denker beiseite gelassen: ob nämlich die Quellen der vergänglichen Dinge dieselben sind wie die der unvergänglichen Dinge oder ob die Ouellen für beide Arten von Dingen verschieden sind. Wenn sie nämlich dieselben sind: wie kommt es dann, daß die einen Dinge vergänglich und die anderen unvergänglich sind, und was ist hierfür die Ursache? Die Schüler von Hesiod und alle alten Denker des Göttlichen haben nur an das io gedacht, was ihnen selbst glaubwürdig erschien, und sich wenig um uns gekümmert. Denn sie machten die Quellen zu Göttern und ließen sie von Göttern abstammen; was aber keinen Nektar und keine Ambrosia gekostet habe, das sei — so sagten sie — sterblich geworden. Offenbar waren ihnen selbst diese Namen verständlich; über unser Verständnis geht aber schon das hinaus, was sie von 15 der Anwendung jener Ursachen gesagt haben. Denn wenn die Götter um der Freude willen Nektar und Ambrosia zu sioh nehmen, so sind diese keineswegs Ursache ihres Seins; nehmen sie aber Nektar und Ambrosia zu sich, um ihr Sein zu erhalten: wie sollten sie ewig sein, wenn sie der Speise bedürfen? — Doch über das, was an Weisheiten in mythischer Form geboten worden ist, lohnt sich kaum eine ernsthafte Prüfung; vielmehr muß man sich bei denjenigen Denkern erkundigen, die die Sprache des Bewei20 ses sprechen, und sie danach fragen, wie es kommt, daß Dinge, die aus denselben Quellen stammen, doch ihrer 62
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Natur nach teilweise ewig sind, teilweise aber vergehen. Da nun solche Denker hierfür keine Ursache angeben und es auch unwahrscheinlich ist, daß sich die Sache so verhielte, so sind die Quellen und Ursachen für beide Arten von Dingen offenbar nicht dieselben. Selbst Empedokles, 25 dem man doch hierbei die größte innere Übereinstimmung zutrauen möchte, verfällt in denselben Fehler. Zwar nimmt er eine Quelle als Ursache des Unterganges an — den Streit —; aber man möchte meinen, der Streit könnte ebensogut auch alles mit Ausnahme des Einen erzeugt haben; denn alles andere stammt aus dem Streit — nur nicht der Gott. Wenigstens sagt Empedokles: „Aus denen entsproßt alles, was da war, und was ist und späterhin sein wird, Bäume und Männer sowie Frauen 30 Und Tiere und Vögel und wassergenährte Fische, Und auch Götter, langlebige, an Ehren reichste." 1 1 Aber auch, wenn man hiervon absieht, leuchtet das Gesagte ein: Denn wenn der Streit nicht in den Sachen I000 b enthalten wäre, so wäre — wie Empedokles sagt — alles eines; sobald nämlich die Dinge zusammenkamen, „trat der Streit allmählich an das äußerste Ende" 1 2 . Darausfolgt f ü r ihn, daß der glücklichste Gott weniger Einsicht hat als alles andere: er erkennt nicht alle Elemente, da er den Streit nicht in sich enthält, Kenntnis es aber nur gibt 5 von Ähnlichem f ü r Ähnliches. Empedokles sagt: „Denn durch Erde schauen wir die Erde, durch Wasser das Wasser, Durch Äther den göttlichen Äther, aber durch Feuer das vernichtende Feuer; Die Liebe ferner durch unsere Liebe und den Streit durch unseren traurigen Streit." 1 3 11
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Empedokles, B-Fragm. 21 (Diels/Kranz). Die Fassung Diels/Kranz hat „Denn aus diesen" statt „Aus denen"; in ihr fehlt „späterhin". Empedokles, B-Fragm. 36 (Diels/Kranz). Empedokles, B-Fragm. 109 (Diels/Kranz). Die Fassung Diels/Kranz hat „Haß" statt „Streit".
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10 Jedenfalls ist das klar, wovon wir ausgingen: daß nämlich bei ihm der Streit ebensogut zur Ursache des Seins wie des Unterganges wird. Ebensowenig bleibt die Freundschaft allein eine Ursache des Seins; denn indem sie die Dinge in das Eine zusammenbringt, vernichtet sie alles andere. Auch nennt Empedokles für die Veränderung selbst keine Ursache, außer daß sie eben in der Natur der Dinge läge: „Doch nachdem der Streit in den Gliedern (des Sphairos) groß gezogen Und zu Ehren emporgestiegen war, als die Zeit sich erfüllte, Die ihnen (dem Streit und der Liebe) wechselweise von einem breitverschnürten Eidvertrage festgesetzt ist"«.
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Hiernach muß es zwar Veränderung geben, aber Empedokles zeigt keine Ursache für diese Notwendigkeit. Trotzdem bleibt er mit sich selbst insofern in Übereinstimmung, als er die Dinge nicht teilweise zu vergänglichen und teilweise zu unvergänglichen, sondern alle Dinge zu 20 vergänglichen macht — mit Ausnahme der Elemente. Das jetzt erörterte Problem besteht aber gerade in der Frage, weshalb einige Dinge vergänglich sind und andere 21 nicht, obgleich sie alle aus denselben Quellen stammen. Soviel sei also darüber gesagt, daß die Quellen nicht für alle Dinge dieselben sein können. Wenn sie nun aber verschieden sind, so ergibt sich noch das eine Problem: ob nun auch die Quellen selbst unvergänglich oder vergänglich sein sollen. Denn wenn sie vergänglich sind, so 25 müssen sie offenbar wieder von etwas abstammen (alles vergeht ja wieder in das, aus dem es stammt). Daraus würde sich ergeben, daß vor den Quellen frühere Quellen existierten. Das aber ist unmöglich, mag es nun ein Halten geben oder ein Fortschreiten ins Unbegrenzte. Wie soll es ferner vergängliche Dinge geben, wenn ihre Quellen wegfallen ? — Wenn die Quellen nun aber unvergänglich sind: 30 wodurch sollen einerseits aus gewissen unvergänglichen 14
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Quellen vergängliche Dinge stammen und andererseits aus gewissen unvergänglichen Quellen unvergängliche11. Das ist keinesfalls wahrscheinlich, ist also entweder unmöglich oder bedürfte einer sehr eingehenden Begründung. I m übrigen hat noch kein Denker versucht, verschiedene Arten von Quellen anzunehmen, vielmehr sagt man allgemein, daß alle Dinge die gleichen Quellen hätten. Man 1001a geht also über das oben entwickelte Problem hinweg, als wäre es ohne Bedeutung. [11] Die Untersuchung, die von allen die schwierigste i und zur Erkenntnis der Wahrheit die notwendigste ist, 5 betrifft das Problem, ob entweder das Seiende und das Eine die Wesen der Dinge sind und somit beide nicht an etwas von ihnen Verschiedenem 15 bestehen — das eine als Eines, das andere als Seiendes — oder ob man nach einer anderen substrathaften Natur suchen muß, an der sie bestehen. Die einen Denker glauben nämlich, daß das Seiende und das Eine jene Natur, die anderen, daß sie diese Natur hätten. Piaton und die Pythagoreer erklären: 10 das Seiende und das Eine bestünden nicht an etwas von ihnen Verschiedenem, sondern ihre Natur sei eben die, daß das zum Einen und das zum Seienden gehörige Sein selbst Wesen sei. Anders die Naturphilosophen. So spricht z. B. Empedokles aus, was das Eine sei, indem er es auf das besser Erkennbare zurückführt; er scheint nämlich zu sagen, daß das Eine die Freundschaft sei: wenigstens ist sie bei ihm in allen Dingen die Ursache f ü r das Einessein. 15 Andere Denker erklären das Feuer, wieder andere die Luft f ü r das Eine und das Seiende, aus dem die Dinge bestünden und entstanden seien. In gleicher Weise verfahren diejenigen Denker, die mehrere Elemente annehmen: denn sie setzen notwendigerweise das Eine und das Seiende in der Mehrzahl, und zwar in derselben Anzahl, in der sie Quellen annehmen. 19 Wenn wir nicht annehmen möchten, daß das Eine und zo das Seiende irgendwelche Wesen seien, so ergibt sich daraus, daß auch kein anderes Allgemeines Wesen ist. Denn 15 Wörtlich: beide nicht [nämlich: noch] etwas [von ihnen] Verschiedenes sind . . . 5 Aristoteles, Metaphysik
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das Eine und das Seiende sind das Allgemeinste von allem; wenn es nicht das Selbst-Eine und das Selbst-Seiende gibt, so gibt es schwerlich irgend etwas anderes neben den 25 sogenannten Einzeldingen. Wenn ferner das Eine nicht Wesen ist, so kann offenbar auch die Zahl nicht als eine von den Dingen abgesonderte Natur existieren; denn eine Zahl wird von Einsen gebildet, die Eins ist aber unmittel27 bar eine Art des Einen. Gibt es aber ein Selbst-Eines und Selbst-Seiendes, so müssen das Eine und das Seiende ihre Wesen sein. Denn es gäbe dann kein von ihnen Verschiedenes, wovon sie ausgesagt würden, sondern sie wären selbst das, wovon ausgesagt wird. Wenn es aber nun ein Selbst-Eines und 30 ein Selbst-Seiendes geben soll, so entsteht das große Problem, wie es dann überhaupt neben ihnen etwas von ihnen Verschiedenes geben könnte — d. h. wie es dann mehr Dinge als eines geben sollte. Denn was verschieden vom Seienden ist, existiert nicht. Nach dem Argument des Parmenides folgt daraus notwendig, daß alle Dinge eines 1001b s i n d und daß dies Eine das Seiende ist. Beide Wege führen also in Schwierigkeiten. Ob nun aber das Eine kein Wesen ist oder ob es das Selbst-Eine gibt: es ist jedenfalls unmöglich, daß die Zahl Wesen sei. Woraus dies folgt, wenn das Eine nicht Wesen ist, haben wir schon oben 16 erörtert. Wenn aber das Eine Wesen ist, 5 so entsteht dasselbe Problem wie für das Seiende.17 Denn woher soll es neben dem Selbst-Einen noch ein anderes Eines geben? Dieses andere müßte ja nichteines sein, denn entweder sind alle Dinge eines, oder sie sind eine Vielheit von Einzelnem, das jeweils eines ist. 7 Wenn ferner das Selbst-Eine unzerlegbar wäre, so würde es nach Zenons Axiom gar nichts sein. Denn was ein Ding nicht größer oder kleiner macht, wenn man es zu dem Ding hinzufügt oder von ihm wegnimmt, das — sagt er — gehöre nicht zum Seienden. Offenbar habe doch alles Seiende eine Größe; was aber Größe habe, sei körperlich. Das Körperliche sei ja das nach allen Richtungen hin 16 iooi a25 .
" 1001 a30 .
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Existierende. Andere Größen — wie z. B. Fläche u n d Linie — machen größer, wenn m a n sie zu etwas in bestimmter Weise hinzufügt, aber nicht größer, wenn m a n es in anderer Weise hinzufügt; der P u n k t und die Eins machen in keinem Falle größer. — Allerdings ist dies eine oberflächliche B e t r a c h t u n g s a r t : es k a n n sehr wohl etwas Unzer- iö legbares existieren u n d auch gegenüber Zenons Axiom zu halten sein — sofern es nämlich, wenn m a n es zu einem Dinge hinzufügt, keine Vergrößerung, sondern eine Vermehrung hervorbringt. Und doch bleibt die F r a g e : wie k a n n aus einem Unzerlegbaren oder aus einer Vielheit von Unzerlegbaren eine Größe hervorgehen? Die Dinge liegen hier ebenso, wie wenn m a n sagt, d a ß die Linie aus 19 P u n k t e n hervorgehe. W e n n m a n aber auch das annehmen wollte, was einige 2 0 D e n k e r 1 8 b e h a u p t e n : d a ß nämlich die Zahl entstehe aus dem Selbst-Einen und etwas anderem, das nicht ein Eines ist: so m ü ß t e m a n nichtsdestoweniger fragen, wodurch denn und áuf welche Weise das Entstehende bald eine Zahl und bald eine Größe sei, da doch das Nichteine „Ungleichheit" und in beiden Fällen dieselbe N a t u r sein sollte. Denn weder ist einzusehen, wie Größen aus dem Einen und dem Nichteinen, noch, wie Größen aus Zahlen und dem Nichteinen entstehen könnten. 25
5. K a p i t el [14] Hiermit hängt das Problem zusammen, ob die 26 Zahlen, die K ö r p e r , die Flächen und die P u n k t e eine Art Wesen sind oder nicht. 28 Sind sie keine Wesen, so ist gar nicht mehr auszumachen, was das Seiende u n d was die Wesen der Dinge sein sollen. Denn die Affektionen, die Bewegungen, das Bezügliche, die Anlagen und die Proportionen scheinen nicht das 30 Wesien von irgend etwas zu bezeichnen: all dies wird ja « Platon. 5;
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ausgesagt über ein Substrat, und keines ist selbst ein Dieses. Bei den Dingen aber, die am ehesten Wesen darzustellen scheinen — nämlich Wasser, Erde, Feuer und Luft — 1002a und aus denen die zusammengesetzten Körper bestehen, sind Wärme, Kälte und andere derartige Affektionen keine Wesen, und nur der Körper, der die Affektionen erleidet, verbleibt als Seiendes und als Wesen. Nun ist 5 aber der Körper weniger Wesen als die Fläche, die Fläche weniger als die Linie und die Linie weniger als die Eins oder der Punkt; denn von all diesen Dingen wird der Körper begrenzt, und sie scheinen ohne den Körper existieren zu können, während der Körper nicht ohne sie zu existieren vermag. Die meisten und insbesondere die früheren Denker glaubten zwar, daß Wesen und Seiendes io der Körper sei und alles andere nur dessen Affektionen, so daß sie also die Quellen der Körper auch für die Quellen alles Seienden hielten: aber die späteren Denker, die für weiser gelten, hielten aus jenem Grunde die Zahlen für Quellen. Wie wir also sagten: wenn Zahlen, Körper; Flächen und Punkte nicht Wesen sind, dann gibt es überhaupt kein Wesen und überhaupt nichts Seiendes; denn es kann ja wohl nicht richtig sein, das zu jenen Dingen nur Hinzugekommene „Seiendes" zu nennen. 15 Wenn man nun aber der Auffassung zustimmen müßte, daß Linien und Punkte in höherem Grade Wesen seien als die Körper, so könnte es überhaupt kein Wesen geben, da wir nicht sehen, an welcherlei Körpern diese existieren sollten (an den sinnlichen Körpern ist dies ja nicht möglich). — Weiterhin sind all diese Linien und Punkte offenbar Zerlegungen des Körpers — in die Breite, in die 20 Tiefe oder in die Länge. — Überdies gibt es keine Figur, die eher in einem Körper enthalten wäre als irgendeine andere. Wenn also im Steine nicht der Hermes enthalten ist, so auch im Würfel nicht die Hälfte des Würfels — nämlich genau abgegrenzt. Also ist auch keine Fläche darin enthalten; denn würde irgendeine darin enthalten sein, so müßte das auch für diejenige gelten, die den halben 25 Würfel abgrenzt. Dasselbe Argument gilt auch für Linie, Punkt und Eins. Wenn also einerseits der Körper am ehesten Wesen ist, wenn andererseits Linien und Punkte 68
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zwar noch eher Wesen sind als der Körper, aber doch keine bestimmten Wesen sind, so ist nicht mehr auszumachen, was das Seiende und was das Wesen der Dinge sein soll. Zu dem Gesagten kommen noch die Paradoxien, die sich für Entstehung und Untergang ergeben. Es scheint näm- 30 lieh, daß das Wesen, wenn es erst nicht war und dann ist oder erst war und dann nicht ist, in dieser Weise durch ein Entstehen und ein Vergehen affiziert wird. Punkte, Linien und Flächen können aber weder entstehen noch vergehen, obgleich sie ebenfalls bald sind und bald nicht sind. Wenn sich nämlich Körper berühren und trennen, so wer- 1002l> den durch die Berührung die beiderseitigen Grenzen zu einer Grenze, durch eine Trennung aber entstehen zwei Grenzen aus einer. Sind die Körper verbunden, so besteht also eine Grenze nicht mehr, sondern ist vergangen; sind sie aber getrennt, so bestehen Grenzen, die vorher nicht bestanden haben (ein Punkt kann dabei ja nicht in zwei Punkte zerlegt werden, da er unzerlegbar ist). Gibt es hier aber Entstehen und Vergehen: woraus soll das Ent- 5 stehen erfolgen ? - Ähnlich verhält es sich mit dem Jetzt in der Zeit. Auch dies kann weder entstehen noch vergehen und scheint doch immer ein anderes zu sein — weil es eben kein Wesen ist. Die Sache verhält sich hier offenbar ebenso wie bei Punkten, Linien und Flächen: in allen Fällen gilt dasselbe Argument, weil all diese Dinge in 10 gleicher Weise Grenzen und Zerlegungen sind.
6. Kapitel [15] Man kann das Problem aufwerfen, weshalb wir über- 12 haupt neben den sinnlichen und den mittleren Dingen noch nach anderen suchen sollen: nämlich nach den Gestalten, die wir19 annehmen. Das geschieht etwa deshalb, weil die mathematischen Dinge sich von den Dingen 15 unserer Umgebung zwar in gewissen anderen Punkten 19
Platoniker.
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unterscheiden, nicht aber darin, daß es viele gleichgestaltige gibt, — so daß auch ihre Quellen der Zahl nach nicht .begrenzt sein können. (So sind auch die Quellen aller sinnlichen Schriftzeichen nicht der Zahl nach begrenzt, sondern nur der Gestalt nach — es sei denn, man nehme die Quellen dieser bestimmten Silbe oder dieses bestimmten 20 Lautes: dann werden die Quellen allerdings auch der Zahl nach begrenzt sein. Entsprechendes gilt für die mittleren Dinge, denn auch dort gibt es eine unbegrenzte Zahl von gleichgestaltigen Dingen;) Wenn es also neben den sinnlichen und mathematischen Dingen nicht noch Dinge gibt, die von ihnen verschieden sind — wie dies einige von den Gestalten behaupten —, so würde es hiernach überhaupt kein Wesen geben, das der Zahl nach eines wäre, sondern nur solche Wesen, die der Gestalt nach eines sind, 25 und die Quellen der Dinge würden nicht der Zahl nach, sondern nur der Gestalt nach begrenzt sein. Sind all diese Erwägungen zwingend, so würde es aus diesen Erwägungen heraus auch notwendig sein, die Existenz von Gestalten anzunehmen. Wenn die Vertreter dieser Auffassung auch nicht alles klar auseinandersetzen, so ist das Gesagte doch das, worauf die hinauswollen; für sie ist die Annahme solcher Gestalten notwendig, weil jede Gestalt ein Wesen 30 und nicht nur etwas Hinzugekommenes ist. Nehmen wir nun aber an, daß es Gestalten gibt und daß die Quellen der Zahl nach, aber nicht der Gestalt nach eines sind, so haben wir bereits erörtert 20 , welche unmöglichen Folge32 rungen sich daraus ergeben müßten. [13] In nahem Zusammenhang hiermit steht das Problem, ob die Elemente dem Vermögen nach oder in einer hiervon verschiedenen Weise existieren. Wenn sie in irgendeiner anderen Weise existieren, so müßte es etwas an1003a deres geben, was früher als die Quellen wäre. Das Vermögen ist ja früher als die fragliche Ursache, und nicht alles, was Vermögen hat, muß sich in der fraglichen Weise verhalten. — Wenn aber die Elemente nur dem Vermögen nach existieren, so könnte es auch sein, daß nichts Seiendes existierte. Vermögend zu sein ist ja auch das, das noch nicht 20 9991)30, 70
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ist. Denn was entsteht, das „ist" nicht; aber nichts ent- 5 steht, das nicht vermögend wäre zu sein. [12] Aber wir müssen nicht nur diese Probleme über die Quellen entwickeln, sondern auch die Frage, ob die Quellen etwas Allgemeines sind oder von der Art der sogenannten Einzeldinge. Wenn sie etwas Allgemeines sind, würden sie keine Wesen sein. Denn etwas Gemeinsames bezeichnet niemals ein Dieses, sondern immer nur ein Solches; Wesen aber ist ein Dieses. Wenn das, was gemeinsam ausgesagt 10 wird, als ein Dieses und als eines angesehen werden dürfte, so würde Sokrates eine Mehrheit von Lebewesen sein: nämlich er selbst und der Mensch und das Lebewesen; denn jedes dieser Worte bezeichnet ein Dieses und bezeichnet eines. 12 Dies sind also die Folgen der Annahme, daß die Quellen etwas Allgemeines sind. Sind sie nichts Allgemeines, sondern von der Art der Einzeldinge, so könnte es von ihnen kein Wissen geben, denn für alle Dinge ist die Wissenschaft 15 etwas Allgemeines. Wenn es also trotzdem eine Wissenschaft der Quellen sollte geben können, so müßten jenen „Quellen" andere vorangehen, die von ihnen allgemein 17 ausgesagt würden.
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21 Es gibt eine Wissenschaft, deren Betrachtung gerichtet ist auf das Seiende, insofern es ist, — und auf das, was an ihm von ihm selbst her besteht. Sie ist mit keiner der sogenannten Einzelwissenschaften identisch. Keine dieser Wissenschaften betrachtet ja allgemein das Seiende, insofern es ist; vielmehr schneidet jede irgendein Stück des Seienden heraus und betrachtet das zu diesem Stück 25 Hinzugekommene — wie es z. B. die mathematischen Wissenschaften tun. Wenn wir nun aber nach den Quellen und den höchsten Ursachen suchen, so müssen dies offenbar die Quellen und Ursachen irgendeiner von sich selbst her existierenden Natur der Dinge sein. Sofern die Denker, die nach den Elementen der Dinge suchten, auf dieselben Quellen gerichtet waren, waren auch jene Elemente 30 notwendigerweise nicht nur Elemente des hinzugekommenerweise Seienden, sondern des Seienden, insofern es ist. Unsere Aufgabe ist es also, die ersten Ursachen des Seienden, insofern es ist, zu erfassen.
2. Kapitel 33 Von „Seiendem" spricht man in mehreren Bedeutungen, aber immer in bezug auf eines und eine Natur — und nicht im Wege bloßer Gleichnennung. In demselben Sinne hat 72
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alles „Gesunde" mit Gesundheit zu tun — indem es ent- 35 weder die Gesundheit erhält oder hervorbringt oder ihr Anzeichen ist oder für sie empfänglich ist. So hat alles 1003b „Ärztliche" mit der ärztlichen Wissenschaft zu tun; und deshalb wird etwas „ärztlich" genannt, wenn es entweder diese Wissenschaft besitzt oder für sie geeignet ist oder ihr Werk ist. Entsprechendes können wir auch bei anderen Ausdrücken finden. In diesem Sinne nun wird 5 auch von „seiend" zwar in mehreren Bedeutungen gesprochen, aber immer in Beziehung zu einer Quelle. So wird „seiend" genannt: einiges, weil es ein Wesen ist, anderes, weil es Affektion eines Wesens ist, wieder anderes, weil es Übergang zum Wesen oder Untergang, Privation, Qualität, Hervorbringendes oder Erzeugendes von Wesen oder von etwas ist, was nach seiner Beziehung zum Wesen benannt wird, — oder weil es Verneinung von etwas 10 derartigem oder des Wesens selbst ist. Deshalb sagen wir ja auch vom Nichtseienden, es „sei" nichtseiend. Wie nun aber alles Gesunde zu einer Wissenschaft gehört, so gilt dies entsprechend auch bei allen anderen Ausdrücken. Gegenstand einer Wissenschaft ist nicht nur alles, was von einem her bezeichnet wird, sondern auch alles, was in Beziehung auf eine Natur bezeichnet wird: denn auch dies wird in gewissem Sinne von einem her bezeichnet. 15 Es ist also klar, daß auch das Seiende, insofern es ist, von einer Wissenschaft zu betrachten ist. Überall aber beschäftigt sich die Wissenschaft vornehmlich mit dem Ersten und mit dem, wovon das andere abhängt und wonach es benannt ist. Wenn dies aber das Wesen ist, so muß der Philosoph zunächst die Quellen und Ursachen der Wesen begriffen haben. 19 Wie es nun immer von einer Gattung nur eine Sinneswahrnehmung gibt, so auch nur eine Wissenschaft: z . B . 20 behandelt die Sprachkunde, die ja eine Wissenschaft ist, alle Laute. Deshalb ist es auch die Sache einer der Gattung nach einzigen Wissenschaft, all die vielen Gestalten des Seienden zu behandeln, insofern es ist; Sache ihrer einzelnen Gestalten aber, die einzelnen Gestalten zu behandeln. 22 Nun sind aber das Seiende und das Eine ein und dieselbe Natur, nämlich insofern sie — wie Quelle und Ursache — 73
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wechselseitig einander voraussetzen, nicht aber, insofern sie durch einen Begriff zu erklären wären. (Doch schadet es 25 nichts, wenn wir die Dinge in der letzten Weise auffassen, da sie dann für unsere Untersuchung noch einfacher lägen.) Denn „ein Mensch" heißt dasselbe wie „Mensch" und „seiender Mensch" ebenfalls dasselbe wie „Mensch", und trotz der Komplizierung im zweiten Ausdruck spreche ich auch von nichts Verschiedenem, ob ich nun sage, „ein Mensch" oder „ein seiender Mensch". Es leuchtet ein, daß „seiend" und „Mensch" nicht voneinander abzusondern sind — 30 weder bei der Entstehung noch beim Untergang. Entsprechendes gilt auch für das „ein". Also ist klar, daß man auch bei der Hinzufügung von „ein" zu „seiend" und „Mensch" doch nur wieder von demselben spricht, daß also auch das „ein" neben „seiend" nicht noch etwas davon Verschiedenes ist. Ferner ist auch das Wesen des Einzelnen nicht nur hinzugekommenerweise „eines", — und gleichermaßen ist es unmittelbar etwas „Seiendes". Nach alledem gibt es ebenso viele Gestalten des Einen, wie es Gestalten des Seienden gibt; ihr Was zu betrachten, ist also Sache 35 einer der Gattung nach identischen Wissenschaft. Ich habe hierbei z. B. die Erörterung des Identischen, des Ähnlichen und dergleichen im Auge. Fast alle Gegenteile führen gleich1004 a falls auf diese Quelle zurück; hierüber mag das genügen, 2 was wir in der „Auswahl der Gegenteile" ausgeführt haben. Es gibt auch ebenso viele Teile der Philosophie, wie es Wesen gibt. Also muß unter ihnen auch eine die Erste Philosophie sein und eine die sich daran anschließende. 5 Denn das Seiende hat von vornherein seine Gattungen, und ebenso das Eine; diesen Gattungen werden also verschiedene Wissenschaften entsprechen. Beim Philosophen gilt derselbe Sprachgebrauch wie beim Mathematiker: auch die Mathematik hat ja Teile, und es gibt auch im Mathematischen eine erste, eine zweite und der Reihe nach die weite9 ren Wissenschaften. 1 io Es ist Sache einer Wissenschaft, Entgegengesetztes zu betrachten, und dasjenige, was dem Einen entgegenge1
Dieser Absatz gehört wahrscheinlich vor oder nach den Absatz 1003" »9-22.
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setzt ist, ist die Menge. Es ist aber auch die Sache einer Wissenschaft, die Verneinung und Privation zu untersuchen, weil in beiden Fällen das Eine untersucht wird, um dessen Verneinung oder Privation es sich handelt. Denn wir sagen entweder, daß jenes Eine überhaupt nicht, oder, daß es nur in einer bestimmten Gattung nicht vorhanden sei. Im ersten Fall kommt zu dem, was verneint wird, nur der Unterschied gegenüber dem Einen hinzu (denn Verneinung des Einen ist eben dessen Abwesenheit); bei der 15 Privation ist aber noch eine substrathafte Natur vorhanden, hinsichtlich deren von Privation gesprochen wird. Sonach ist Sache der besprochenen Wissenschaft auch das Erkennen dessen, was dem oben Erwähnten entgegengesetzt ist: also des Verschiedenen, des Unähnlichen, des Ungleichen und alles sonstigen, das nach dem oben Erwähnten oder nach der Menge oder nach dem Einen bezeichnet wird. 20 Hierzu gehört auch der Gegensatz; denn der Gegensatz ist ein Unterschied, der Unterschied eine Verschiedenheit. Da nun aber vom „Einen" in mehreren Bedeutungen gesprochen wird, so wird auch von diesen Dingen in mehreren Bedeutungen gesprochen werden, obgleich das Erkennen von alledem Sache einer Wissenschaft ist. Denn das Erkennen der verschiedenen Dinge, die den mehreren Bedeutungen eines Wortes entsprechen, ist nicht immer Sache verschiedener Wissenschaften; sie ist es vielmehr nur dann, wenn die Begriffe weder auf eines noch auf die Beziehung 25 zu einem zurückgeführt werden können. Da nun alle Dinge auf das Erste zurückgeführt werden — wie z. B. alle Dinge, die eines sind, in dieser Weise unter Beziehung auf das erste Eine bezeichnet werden —, so ist zu sagen, daß dies auch für das Identische, das Verschiedene und die Gegenteile gilt. Also müssen wir immer erst die verschiedenen Bedeutungen eines Wortes unterscheiden, dann aber auf das zurückgehen, was bei jeder Art des Ausgesagten das Erste ist, und feststellen, in welcher Beziehung jede Bedeutung hierzu steht. Denn manche Dinge werden unter 30 Beziehung auf jenes bezeichnet, weil sie es besitzen, andere, weil sie es hervorbringen, und wieder andere unter sonstigen derartigen Gesichtspunkten. 31 Hiernach dürfte klar sein, daß es Sache einer Wissen75
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s c h a f t ist, ü b e r jene Dinge u n d zugleich ü b e r das Wesen Rechenschaft zu geben — u n d das war j a einer der P u n k t e , die in unserer E r ö r t e r u n g der P r o b l e m e e r w ä h n t worden sind. 2 Auch ist es doch die E i g e n a r t des Philosophen, d a ß b 1004 er alle Dinge zu b e t r a c h t e n vermag. W e n n es nicht Sache des Philosophen wäre, wer sollte d a n n erforschen, o b „Sokrates" u n d „sitzender Sokrates" dasselbe sind; o b es zu einem immer eines als Gegenteil g i b t ; was ein Gegenteil ist oder in wieviel B e d e u t u n g e n von ihm gesprochen wird ? ß Gleiches gilt f ü r alle anderen derartigen Fragen. D a n u n diese Dinge von sich selbst her Affektionen des E i n e n als E i n e n sind u n d des Seienden, insofern es „ist" — u n d nicht, insofern es Zahl, Linie oder F e u e r ist —, so ist es offenbar Sache jener Wissenschaft, sowohl ihr W a s als a u c h das zu ihnen Hinzugekommene zu erkennen. Diejenigen Denker, die beides untersuchen, k ö n n e n nicht darin irren, d a ß sie beides zur Philosophie rechnen, wohl aber darin, d a ß sie d a s Wesen — von d e m sie nichts verstehen — den anderen 10 Dingen gegenüber nicht als das F r ü h e r e erkennen. D e n n wie die Zahl, insofern sie Zahl ist, eigentümliche Affektion e n h a t — z. B. Ungeradheit u n d Geradheit, Meßbarkeit u n d Gleichheit, Hervorragen u n d Zurückbleiben —, u n d zwar sowohl von sich selbst her wie in Beziehung auf andere Zahlen; wie ebenso der feste K ö r p e r , das Unbewegte u n d d a s Bewegte, das Unschwere u n d d a s Schwere allesamt 15 ihre hiervon verschiedenen Eigentümlichkeiten h a b e n : so h a t auch das Seiende, insofern es ist, gewisse Eigentümlichkeiten, u n d ü b e r diese Eigentümlichkeiten W a h r e s zutage zu fördern, das ist die Sache des Philosophen. H i e r f ü r spricht, d a ß sich die Dialektiker u n d die Sophisten hinter der Maske des Philosophen verbergen (denn die Sophistik 20 ist n u r eine Scheinweisheit); die Dialektiker diskutieren ü b e r alles, u n d d a s allen Gemeinsame ist d a s Seiende: offenb a r diskutieren sie deshalb ü b e r dergleichen, weil es von H a u s aus zur Philosophie gehört. Sophistik u n d Dialektik beschäftigen sich also m i t derselben G a t t u n g der Dinge wie die Philosophie. Die Philosophie unterscheidet sich aber von der Dialektik durch den Weg, d e n ihr Vermögen be2
Vgl. B [S] 995 bl5 ~ 25 , 997*25-34. 76
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schreitet, und von der Sophistik durch den Entschluß, den sie fürs Leben gefaßt hat. Die Dialektik will sich an jenen 25 Dingen nur versuchen, von denen die Philosophie Erkenntnisse begehrt; die Sophistik scheint Philosophie zu sein — und ist doch keine. Weiterhin besteht die eine Reihe der Gegenteilpaare aus 27 Privationen, und alle Gegenteilpaare können zurückgeführt werden auf Sein und Nichtsein und auf das Eine und die Menge — z. B. Stillstand auf das Eine und Bewegung auf die Menge. Fast alle Denker stimmen darin überein, daß das Seiende und das Wesen aus Gegenteilen zusammen- 30 gesetzt seien. Wenigstens nehmen alle Denker Gegenteile als Quellen an: einige das Gerade und Ungerade, andere das Warme und das Kalte, wieder andere die Grenze und das Unbegrenzte, wieder andere endlich Freundschaft und Streit. 3 Auch alles übrige scheint auf das Eine und die Menge zurückgeführt werden zu können; wir wollen diese 1006a Zurückführung jedenfalls jetzt als erfolgt ansehen. Insbesondere fallen die Quellen, die andere Denker angenommen haben, vollständig unter das Eine und die Menge als ihre Gattungen. Auch aus diesen Erwägungen ergibt sich also, daß die Betrachtung des Seienden, insofern es ist, Sache einer Wissenschaft ist. Denn alle Dinge sind entweder Gegenteile oder bestehen aus Gegenteilen: Quellen aber der Gegenteile sind das Eine und die Menge. Diese ge- 5 hören jedoch in eine Wissenschaft, mögen sie nun nach einem genannt sein oder — wie es sich wohl in Wahrheit verhält — nicht nach einem. Wenn man indessen vom „Einen" auch in mehreren Bedeutungen spricht, so tut man das in allen Bedeutungen doch in Beziehung auf ein erstes Eines (und Entsprechendes gilt für die Gegenteile), — auch wenn „Seiendes" oder „Eines" nichts Allgemeines und nichts für alle Dinge Identisches und von ihnen Abgeson- 10 dertes ist (wie es das in der Tat nicht sein dürfte), sondern nur entweder durch Beziehung auf eines oder auf Grund einer Folge eines ist. Also kommt nicht dem Vertreter der Geometrie die Betrachtung darüber zu, was das Gegenteil 3
Die verschiedenen Denker sind: Pythagoreer, Parmenides („Weg der Meinung"), Piaton, Empedokles.
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oder das Vollendete, das Eine oder das Seiende, das Identische oder das Verschiedene sind; er hat dies vielmehr als 13 Voraussetzung zu übernehmen. Es ist also deutlich, daß es Sache einer Wissenschaft ist, das Seiende zu betrachten, insofern es ist, und das, was 15 an ihm besteht, insofern es ist, — und daß diese Wissenschaft nicht nur die Wesen betrachtet, sondern auch das,, was an ihnen besteht, und zwar außer dem bereits Erwähn^ ten auch Dinge wie „Früheres und Späteres", „Gattung und Gestalt", „Ganzes und Teil" — und anderes dieser Art.
3. Kapitel 19 Es ist nun zu erörtern, ob es einer Wissenschaft oder verschiedenen Wissenschaften zukommt, einerseits von dem zu handeln, was man in der Mathematik Axiome nennt, 20 und andererseits vom Wesen. Offenbar ist es Sache ein und derselben Wissenschaft, auch die Axiome zu untersuchen, und zwar Sache der Wissenschaft des Philosophen. Denn sie kommen allen Dingen zu und nicht nur einer besonderen Gattung, abgesondert von den anderen. Alle Menschen bedienen sich ihrer, weil die Axiome zum Seienden gehören, insofern es ist, und jede Gattung Seiendes 25 ist. Doch macht jeder nur in dem Umfange von ihnen Gebrauch, in dem dies für seine Zwecke nötig ist. Und nötig ist dies, soweit die Gattung reicht, auf deren Gebiet eine Beweisführung liegt. Da die Axiome also offenbar allen Dingen zukommen, insofern sie sind (denn das ist das allen Dingen Gemeinsame), ist ihre Betrachtung die Sache dessen, der das Seiende erkennt, insofern es ist. Deshalb 30 versucht auch keiner von denen, die eine Einzelwissenschaft betreiben, die Axiome daraufhin zu untersuchen, ob sie wahr sind oder nicht: weder ein Vertreter der Geometrie noch der Arithmetik. Wohl aber haben dies einige Naturphilosophen getan, und das ist sehr verständlich: denn sie glaubten die einzigen zu sein, die mit der ganzen Natur 78
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auch das Seiende zu untersuchen hätten. Da es nun aber eine Wissenschaft gibt, die höher reicht als die Naturwissenschaft (die Natur ist ja nur eine Gattung des Seienden), so wird dieser Wissenschaft, deren Untersuchungen einen all- 35 gemeinen Charakter haben und sich mit dem ersten Wesen beschäftigen, auch die Untersuchung über die Axiome zukommen. Zwar ist auch die Naturwissenschaft eine Art 1005b von Weisheit, aber nicht die erste. So beruhen auch die Versuche einiger Philosophen zur Beantwortung der Frage, wie man sich der Wahrheit zu versichern habe, auf Mangel an Schulung in der Analytik. Ein Vorwissen in diesen Dingen muß man schon mitbringen und darf es nicht erst bei Studien der fraglichen Art zu gewinnen suchen. 5 Hiernach ist klar, daß die Untersuchung der Quellen der Schlußfolgerungen ebenfalls Sache des Philosophen ist - und damit desjenigen, der jedes Wesen seiner Natur nach betrachtet. Wer über eine bestimmte Gattung die meisten Erkenntnisse gewonnen hat, der kann die sichersten Quellen der Sache angeben; also kann derjenige, der über das Sei- 10 ende, insofern es ist, Bescheid weiß, die sichersten Quellen aller Dinge angeben. Dies aber ist der Philosoph, und die sicherste Quelle von allen ist diejenige, über die kein Irren möglich ist. Diese Quelle muß am besten erkennbar (denn alle Menschen können sich nur über das täuschen, was sie nicht erkennen) und muß frei von bloßen Annahmen sein. Denn eine Quelle, die jeder besitzen muß, der sich mit ir- 15 gendwelchen Dingen vertraut machen will, ist keine bloße Annahme; und was jeder erkannt haben muß, der irgend etwas erkennen will, das muß er von vornherein mitbringen. 17 Es leuchtet ein, daß eine solche Quelle die sicherste von allen ist. Wir geben nunmehr an, wie sie lautet: Es ist unmöglich, daß ein Identisches an einem Identischen zugleich in derselben Hinsicht bestehe und nicht bestehe (— wobei man 20 den Worten „in derselben Hinsicht" noch alle sonstigen Einschränkungen hinzufügen mag, die um begrifflicher Schwierigkeiten willen am Platze erscheinen). Dies also ist die sicherste aller Quellen, denn sie erfüllt die oben gegebene Definition. In der Tat ist es unmöglich, daß irgend jemand der Auffassung sei, dasselbe sei und sei nicht, wie dies nach der Meinung mancher Leute Heraklit gesagt hat. 25 79
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Was jemand sagt, braucht nicht seine wirkliche Auffassung zu sein; und wenn an einem Identischen nicht gleichzeitig Gegenteile bestehen können (wobei wir auch diese P r ä misse mit den gewohnten Einschränkungen verstehen wollen) und das Gegenteil einer Meinung die ihr widersprechende Meinung ist, so ist offenbar: derselbe Mensch ver30 mag nicht gleichzeitig der Auffassung zu sein, d a ß ein Identisches sei und daß es nicht sei; denn wer sich in dieser Weise täuschen würde, der würde gleichzeitig zwei gegenteilige Meinungen haben. Deshalb greifen alle, die einen Beweis führen, auf diese Meinung als die letzte zurück. Denn sie ist von N a t u r die Quelle aller anderen Axiome.
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Wie wir schon erwähnten 4 , behaupten einige Denker, d a ß 1006 ein Identisches zugleich sein und nicht sein könne und daß ein Mensch der Auffassung sein könne, dies treffe zu. Auch unter den Naturphilosophen gibt es viele, die sich in dieser Weise ausdrücken. Wir aber haben es soeben als unmöglich bezeichnet, d a ß etwas gleichzeitig sei und nicht sei, und 5 haben damit gezeigt, d a ß dies die sicherste von allen Quellen ist. Manche Leute sind n u n der Auffassung, d a ß auch dies bewiesen werden müsse, — aber nur, weil es ihnen an philosophischer Schulung mangelt. Denn es bedeutet einen Mangel an philosophischer Schulung, wenn man nicht weiß, wofür nach einem Beweis zu suchen ist und wofür nicht. E s ist nämlich unmöglich, d a ß es schlechthin f ü r alles einen Beweis gebe: denn d a n n würde ja ein Fortschreiten ins Unbegrenzte erforderlich sein, so daß es auf diesem Wege 10 ü b e r h a u p t zu keinem Beweise käme. Gibt es aber n u n Dinge, f ü r die m a n nicht nach einem Beweis suchen darf, so könnten jene Leute k a u m angeben, welche Quelle sie 11 denn f ü r weniger beweisbedürftig hielten als die unsere. a
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I n d e s s e n l ä ß t sich wenigstens d u r c h eine W i d e r l e g u n g beweisen, d a ß d a s v o n u n s e r e n Gegnern B e h a u p t e t e u n möglich ist, w e n n m a n n u r einen Gegner v o r sich h a t , d e r ü b e r h a u p t d i s k u t i e r t . T u t er d a s n i c h t , so w ä r e es lächerlich, e i n e m Menschen g e g e n ü b e r , d e r n i c h t a r g u m e n t i e r t , n a c h A r g u m e n t e n zu suchen, inwiefern er n i c h t a r g u m e n t i e r e . 15 E i n d e r a r t i g e r Gegner ä h n e l t , insofern er sich so v e r h ä l t , f a s t einer P f l a n z e . I c h u n t e r s c h e i d e die W i d e r l e g u n g v o m d i r e k t e n Beweis: w e n n m a n e t w a s d i r e k t beweisen will, so s e t z t m a n sich d e m Anschein einer E r s c h l e i c h u n g d e r Quelle a u s ; w e n n m a n a b e r d e n Gegner T r ä g e r d e r Diskussion sein l ä ß t , so ergibt sich eine W i d e r l e g u n g u n d kein Beweis. 18 Die Quelle f ü r alle d e r a r t i g e Diskussionen b e s t e h t n i c h t in d e r F o r d e r u n g , d a ß d e r Gegner sage, o b e t w a s sei oder 20 n i c h t sei (denn dies k ö n n t e m a n schon als eine Erschleic h u n g d e r Quelle a u f f a s s e n ) , s o n d e r n in d e r F o r d e r u n g , d a ß er e t w a s bezeichne, w a s f ü r beide D i s k u s s i o n s p a r t n e r gelten solle. D e n n dies ist n o t w e n d i g , w e n n er ü b e r h a u p t d i s k u t i e r e n will. Bezeichnet er nichts, so k a n n es f ü r ihn keine Diskussion g e b e n , weder m i t sich selbst, n o c h m i t e i n e m a n d e r e n . Gibt er a b e r j e n e N o t w e n d i g k e i t zu, so k a n n m a n a u c h einen Beweis f ü h r e n ; d e n n d a n n ist schon e t w a s de- 2 5 f i n i e r t . T r ä g e r d e r Diskussion ist a b e r n i c h t d e r j e n i g e , d e r d e n Beweis f ü h r t , s o n d e r n d e r j e n i g e , d e r R e d e u n d A n t w o r t s t e h t . Dies t u t a b e r a u c h j e m a n d , d e r ein A r g u m e n t b e s t r e i t e t . U n d h a t er j e n e N o t w e n d i g k e i t zugegeben, so h a t er d a m i t zugleich zugegeben, d a ß e t w a s a u c h u n a b h ä n gig v o m Beweis w a h r ist (so d a ß n i c h t s „so" u n d zugleich „nicht s o " sein kann}. 28 Z u n ä c h s t ist also eines selbstverständlich w a h r : d a ß n ä m lich N a m e n wie „ S e i n " oder „ N i c h t s e i n " ein Dieses be- 30 zeichnen. Also k a n n n i c h t alles „so" u n d zugleich „nicht s o " sein. — F e r n e r m a g d a s W o r t „ M e n s c h " eines bezeichn e n — e t w a : „zweifüßiges L e b e w e s e n " . D a ß es „eines" bezeichne, soll folgendes h e i ß e n : W e n n ein Mensch dies E i n e ist, insofern er Mensch ist, so ist dies E i n e d a s z u m Menschen gehörige Sein. D e r Hinweis, d a ß ein W o r t m e h rere Bedeutungen habe, würde nichts ausmachen, wenn n u r die B e d e u t u n g e n z a h l e n m ä ß i g g e n a u b e s t i m m t s i n d : 6 Aristoteles, Metaphysik
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1006b man könnte dann ja für jeden Begriff einen besonderen Namen festsetzen. Das heißt z. B . : wenn jemand behauptet, das Wort „Mensch" bezeichne nicht eines, sondern vieles, unter dem vielen aber eines, dessen Begriff „zweifüßiges Lebewesen" sei, so mag es daneben noch mehrere andere Begriffe geben, wenn nur ihre Zahl genau bestimmt 5 ist — denn dann kann man für jeden dieser Begriffe einen eigenen Namen festsetzen. Könnte man das nicht tun, weil die Bedeutungen des Wortes angeblich der Zahl nach unbegrenzt sind, so gäbe es offenbar überhaupt keinen Begriff. Denn nicht eines bezeichnen heißt gar nichts bezeichnen. Wenn aber Worte nichts bezeichnen, so ist jedes Diskutieren miteinander aufgehoben, ja in Wahrheit auch jedes 10 Diskutieren mit sich selbst. Man kann gar nichts denken, wenn man nicht eines denkt. Kann man aber eines denken, so wird man der gedachten Sache auch einen Namen geben n können. Es muß also bei dem bleiben, was wir am Anfang gesagt hatten: daß nämlich der Name ein Was bezeichne und daß er eines bezeichne. Das zum Menschen gehörige Sein kann nicht unmittelbar dasselbe bezeichnen wie das zum Nichtmenschen gehörige Sein, wenn nämlich die Bezeichnung „Mensch" nicht nur etwas über eines besagt, sondern selbst 15 eines besagt. Denn wir sehen „eines besagen" nicht als dasselbe an wie: „etwas über eines besagen". Wäre es dasselbe, so würden auch „musikalisch", „weiß", „der Mensch" allesamt eines bezeichnen. Alles würde also eines sein, weil 18 alles gleichnamig wäre. Auch kann nicht ein Identisches sein und zugleich nicht sein — außer im Sinne einer bloßen Gleichnennung: also in demselben Sinne, in dem andre das, was wir Mensch nen20 nen, Nichtmensch nennen könnten. Aber das Problem liegt ja nicht darin, ob der Name „Mensch" zugleich sein und nicht sein könne, sondern ob dies von der Sache selbst gilt. Wenn nun aber „Mensch" und „Nichtmensch" nichts Verschiedenes bezeichnen, so würden offenbar auch das zum Menschen gehörige Sein und das zum Nichtmenschen gehörige Sein nicht verschieden sein. Das zum Menschen 25 gehörige Sein wäre also das zum Nichtmenschen gehörige Sein. Beides wäre also eines. Denn dies bedeutet ja „eines 82
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sein" — wie bei „Gewand" und „Kleid" —: daß der Begriff einer ist. Wäre also ihr Begriff einer, so würden das zum Menschen gehörige Sein und das zum Nichtmenschen gehörige Sein eines bezeichnen. Oben wurde aber gezeigt, daß sie Verschiedenes bezeichnen. Muß nun aber etwas, von dem man Wahres sagt, wenn man es Mensch nennt, ein zweifüßiges Lebewesen sein (denn dies war es ja, was 30 „Mensoh" bezeichnen sollte): muß es also dies sein, so bann nicht dasselbe gleichzeitig auch nicht ein zweifüßiges Lebewesen sein. Denn dies bedeutet ja eben das Notwendigsein: daß das Nichtsein unmöglich ist. Die Aussagen, daß etwas ein Mensch sei und daß es nicht ein Mensch sei, können also nicht beide zugleich wahr sein. 34 Dasselbe Argument gilt auch für das Nichtmenschsein. 1007a Das zum Menschen gehörige Sein und das zum Nichtmenschen gehörige Sein bedeuten ja Verschiedenes, da schon Menschsein und Weißsein Verschiedenes bedeuten; jene Arten des Seins sind weit stärkere Gegensätze, so daß sie um so mehr etwas Verschiedenes bedeuten. Wollte aber doch jemand sagen, daß Weiß ein und dasselbe sei wie 5 Mensch, so würden wir ebenso antworten, wie wir schon oben taten: daß dann nämlich nicht nur Entgegengesetztes, sondern überhaupt alles eines sein würde. Kann dies aber nicht sein., so folgt alles Gesagte von selbst, sofern der Diskussionspartner nur überhaupt auf unsere Fragen antwortet. 8 Nun antwortet ein Diskussionspartner freilich nicht auf das Gefragte, wenn er in die Entgegnung auf eine schlicht gestellte Frage Verneinungen einfügt. Nichts hindert ja, 10 daß ein Identisches sowohl Mensch wie Weißes wie tausenderlei andres sei, — und doch darf man auf die Frage, ob die Aussage „Dies ist ein Mensch" wahr sei oder nicht, nur etwas antworten, was eines bedeutet, und nicht hinzufügen, dies sei auch weiß und groß. Es ist ja auch unmöglich, alles 15 Hinzugekommene anzuführen, da es zahlenmäßig unbegrenzt ist: man müßte aber entweder alles anführen oder keines. Demgemäß dürfte man, wenn auch ein Identisches tausendmal Mensch wäre und Nichtmensch wäre, in der Antwort auf die Frage, ob es Mensch ist, doch nicht hinzufügen, es sei zugleich auch Nichtmensch, — es sei denn, man 6»
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füge auch alles andere Hinzugekommene hinzu: dasjenige, 20 das ist, und dasjenige, das nicht ist. Wenn man dies aber täte, so würde man nicht mehr diskutieren. Alle, die dergleichen behaupten, heben das Wesen und damit das jeweils zugehörige Sein schlechthin auf. Sie sind nämlich gezwungen zu erklären, alles sei „hinzugekommen" und ein zum Menschen oder zum Lebewesen unmittelbar gehöriges Sein gebe es überhaupt nicht. Denn gäbe es ein unmittelbar zum Menschen gehöriges Sein, so wäre dies weder das zum Nichtmenschen gehörige Sein noch das nicht 25 zum Menschen gehörige Sein (beides sind Verneinungen des zum Menschen gehörigen Seins); was es bezeichnet, sollte ja eines sein, und es sollte Wesen von etwas sein. Das Wesen von etwas bezeichnen, heißt aber sagen, daß das zu ihm gehörige Sein kein andres Etwas sei. Wenn aber zu ihm das unmittelbar zum Menschen gehörige Sein und zugleich das unmittelbar zum Nichtmenschen oder das unmittelbar nicht zum Menschen gehörige Sein gehörte, so 30 wäre das zu ihm gehörige Sein ein andres Etwas. Jene Denker müssen also behaupten, daß es von keinem Ding einen derartigen Begriff gebe, sondern daß alles nur Hinzugekommenes sei. Darin scheiden sich ja Wesen und Hinzugekommenes: so ist das Weiße zum Menschen hinzugekommen, denn er ist weiß, aber nicht unmittelbar das Weiße. Würde aber alles nur als Hinzugekommenes aus35 gesagt, so gäbe es kein erstes „Worüber"; denn das „Hinzugekommene" bezeichnet immer eine Aussage über ein be1007b stimmtes Substrat. Es müßte also ein Fortschreiten ins Unbegrenzte stattfinden. Das aber ist unmöglich. Ein Hinzugekommenes liegt nur vor, wo nicht mehr als zweierlei miteinander verknüpft ist. Denn ein Hinzugekommenes ist nicht ein zu einem Hinzugekommenen Hinzugekommenes, wenn nicht beide zu einem Identischen hinzugekommen sind. Ich meine z. B. : wenn ein Weißes musikalisch und s ein Musikalisches weiß ist, so ist beides zu einem Menschen hinzugekommen. Aber Sokrates ist nicht etwa deshalb musikalisch, weil „Sokrates" und „musikalisch" zü einem davon Verschiedenen hinzugekommen wären. Als hinzugekommen bezeichnet man also manches, in einem ersten und manches in einem zweiten Sinne. Im ersten Sinne — in 84
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d e m z. B . d a s W e i ß e zu S o k r a t e s h i n z u g e k o m m e n ist — k a n n es n a c h o b e n hin k e i n F o r t s c h r e i t e n ins U n b e g r e n z t e g e b e n : also kein solches F o r t s c h r e i t e n , d a ß z u m weißen S o k r a t e s n o c h e t w a s h i e r v o n Verschiedenes h i n z u g e k o m m e n w ä r e , d e n n a u s all d e m H i n z u g e k o m m e n e n k ö n n t e 10 k e i n E i n e s h e r v o r g e h e n . A b e r a u c h zu „ w e i ß " gibt es kein d a v o n verschiedenes H i n z u g e k o m m e n e s : e t w a „ m u s i k a l i s c h " ; d e n n d a s eine k ö n n t e z u m a n d e r e n n u r e b e n s o g u t h i n z u g e k o m m e n sein wie d a s a n d e r e z u m einen. Zugleich h a b e n wir die U n t e r s c h e i d u n g g e t r o f f e n , d a ß e t w a s e n t weder in d e r soeben e r ö r t e r t e n Weise h i n z u g e k o m m e n sei o d e r so wie d a s Musikalische bei S o k r a t e s . I m Falle des Musikalischen bei S o k r a t e s ist d a s H i n z u g e k o m m e n e n i c h t is zu einem H i n z u g e k o m m e n e n h i n z u g e k o m m e n ; dies gilt vielmehr n u r im a n d e r e n Falle. Also k a n n n i c h t alles als Hinzugekommenes ausgesagt werden. E s m u ß demnach ein E t w a s g e b e n , d a s d a s W e s e n bezeichnet. T r i f f t dies a b e r zu, so ist a u c h bewiesen, d a ß es unmöglich ist, e i n a n d e r Widersprechendes auszusagen. 18 W e n n f e r n e r alle e i n a n d e r w i d e r s p r e c h e n d e n Aussagen ü b e r ein I d e n t i s c h e s gleichzeitig w a h r w ä r e n , so w ü r d e 20 •offenbar alles eines sein. Also w ü r d e ein I d e n t i s c h e s sowohl Schiff wie M a u e r wie Mensch sein, w e n n m a n v o n j e d e m D i n g e e t w a s e b e n s o g u t b e j a h e n wie v e r n e i n e n k ö n n t e — wie dies.diejenigen sagen m ü s s e n , die d e r L e h r e des P r o t a g o r a s folgen. W e n n d e r Mensch n a c h d e r Meinung eines D e n k e r s k e i n Schiff ist, so ist er insofern o f f e n b a r kein Schiff; g e r a d e d a r u m ist er es zugleich a b e r doch, insofern nämlich d a s W i d e r s p r e c h e n d e w a h r ist. So k o m m t m a n zu d e r L e h r e des 25 A n a x a g o r a s : „ B e i s a m m e n w a r e n alle D i n g e " 5 — so d a ß in W a h r h e i t n i c h t s b e s t ü n d e . Diese D e n k e r scheinen d a s U n b e s t i m m t e zu lehren, u n d w ä h r e n d sie g l a u b e n , v o m Seiend e n zu s p r e c h e n , s p r e c h e n sie t a t s ä c h l i c h v o m Nichtseiend e n ; d e n n d a s n u r d e m Vermögen, a b e r n i c h t d e r Volle n d u n g n a c h Seiende ist d a s U n b e s t i m m t e . Sie m ü s s e n n u n a b e r v o n allen D i n g e n sowohl alles b e j a h e n wie alles ver- 30 neinen. E s wäre nämlich absurd, wenn an jedem Dinge z w a r die V e r n e i n u n g seiner selbst b e s t ü n d e , n i c h t a b e r die 5
Anaxagoras, B-Fragm. 1 (Diels/Kranz). 85
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Verneinung des von ihm Verschiedenen, das ja überhaupt nicht an ihm besteht. Das heißt z. B . : wenn die Behauptung, daß ein Mensch nicht Mensch sei, wahr ist, so offenbar auch die Behauptung, daß er entweder ein Schiff oder kein Schiff sei. Wenn aber die bejahende Behauptung wahr 35 ist, so muß es auch die verneinende sein. Wenn nun an einem Dinge die Bejahung von etwas nicht besteht, so besteht die Verneinung dieses Etwas an ihm in noch höhe1008a ren Grade als die Verneinung seiner selbst. D a an Menschen die Verneinung des Menschen bestehen soll, so auch die Verneinung des Schiffes — und wenn die Verneinung, so 2 auch die Bejahung. In solchen Konsequenzen verwickeln sich also dieDenker, die dergleichen behaupten. Sie müssen aber auch die Folgerung ziehen, daß weder die Behauptung noch die Verneinung notwendig ist. Denn wenn es wahr ist, daß ein Ding Mensch und auch Nichtmensch sei, so müßte es offen5 bar auch wahr sein, daß das Ding weder Mensch noch Nichtmensch sei. Denn zu den zwei Behauptungen gibt es zwei Verneinungen, und wenn jene Aussage — daß ein Ding Mensch und Nichtmensch sei — eine aus zwei Teilen bestehende Behauptung ist, so ist auch diese Aussage — daß es weder Mensch noch Nichtmensch sei — eine Verneinung, 7 die jener Behauptung entgegengesetzt ist. Ferner verhält es sich entweder bei allen Dingen so, wie jene Denker behaupten — dann wäre also alles, was weiß ist, auch nicht weiß, und was seiend ist, auch nicht seiend, und Entsprechendes gälte für alle anderen Behauptungen 10 und Verneinungen —; oder dies trifft nicht zu, so daß es sich nur bei manchen Dingen so verhält, bei anderen aber nicht. Verhält es sich nicht bei allen Dingen in der geschilderten Weise, so würde darüber, was die Ausnahmen sind, Übereinstimmung herrschen. Verhält es sich aber bei allen Dingen in dieser Weise, so wäre wieder zu unterscheiden: entweder würde in allen Fällen, in denen die Behauptung zutrifft, auch die Verneinung zutreffen, und in allen Fällen, in denen die Verneinung zutrifft, auch die Behauptung zutreffen; oder es würde zwar in allen Fällen, in denen die Behauptung zutrifft, auch die Verneinung zutreffen, nicht 15 aber in allen Fällen, in denen die Verneinung zutrifft, auch
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die Behauptung. Würde das letztere der Fall sein, so gäbe es etwas unweigerlich Nichtseiendes, und dies wäre dann eine völlig sichere Meinung; und wenn das Nichtsein etwas Sicheres und Erkennbares ist, so wäre die entgegengesetzte Behauptung noch sicherer. Träfe aber in allen Fällen, in denen die Behauptung zutrifft, auch die Verneinung zu, so würde man entweder die Wahrheit sprechen, wenn man Behauptung und Verneinung trennt — also z. B. sagt, ein Ding sei weiß, und ein andermal, es sei nicht weiß —, oder man würde sie nicht sprechen. Spricht man nicht die Wahr- 20 heit, wenn man Behauptung und Verneinung trennt, so bleibt es nicht bei der aufgestellten Annahme, und es gibt überhaupt nichts. (Wie sollte aber etwas sprechen und gehen können, wenn es nicht existiert?) Weiterhin würde unter dieser Voraussetzung alles eines sein — wie schon oben gesagt wurde —, und Mensch und Gott und Schiff und ihre Widersprüche wären alle dasselbe. (Wenn für das 25 Einzelne gleichermaßen Entgegengesetztes gilt, so kann sich kein Ding mehr von einem anderen unterscheiden. Denn wenn sich eins vom anderen unterschiede, so würde dieser Unterschied wahr und eigentümlich sein.) Könnte man aber die Wahrheit sprechen, wenn man Bejahung und Verneinung trennt, so würde trotzdem das soeben Gesagte folgen. Außerdem würde daraus folgen, daß alle die Wahrheit und alle die Unwahrheit sagten und auch derjenige die Unwahrheit sagte, der dem zustimmt. Gleichzeitig wäre 30 klar, daß die Diskussion mit einem solchen Gegner um nichts ginge. Er sagt ja nichts. Er sagt weder, daß sich etwas „so" verhalte, noch, daß es sich „nicht so" verhalte, sondern daß es sich „so und nicht so" verhalte; er verneint aber doch wieder beides — daß es sich „so" und „nicht so" verhalte — und sagt, es verhalte sich „weder so noch nicht so"; denn sonst wäre ja schon etwas definiert. 34 Ist aber die Verneinung unwahr, wenn die Behauptung 35 wahr ist, und die Behauptung unwahr, wenn die Verneinung wahr ist, so könnte man der Wahrheit gemäß nicht zugleich dasselbe behaupten und verneinen. Doch könnte 1008b man hiergegen vielleicht einwenden, dies sei gerade die anfangs gestellte Frage. 2 Aber irrt denn derjenige, der der Auffassung ist, daß sich 87
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etwas in bestimmter Weise entweder verhalte oder nicht verhalte, und denkt derjenige das Wahre, der annimmt, daß es sich in dieser Weise sowohl verhalte wie auch nicht verhalte? Denkt der letztere das Wahre: was würde dann die Behauptung überhaupt besagen, daß die Natur der Dinge 5 von bestimmter Art sei? Nimmt nicht der letztere, sondern vielmehr der erstere das Wahre an: so verhielten sich eben die Dinge schon in bestimmter Weise, und dies wäre wahr und nicht zugleich nicht wahr. Wenn aber alle in gleicher Weise sowohl das Wahre wie das Unwahre sagen, so könnte unter dieser Bedingung eigentlich niemand sich äußern und 10 etwas sagen, denn er würde ja immer zugleich dieses und nicht dieses sagen. Ist aber jemand keiner bestimmten Auffassung, sondern meint eben nur etwas und meint es auch ebensogut nicht: wie unterschiede sich sein Verhalten dann 12 noch von dem der Pflanzen? Hieraus erhellt aufs deutlichste, daß niemand wirklich zu dem imstande ist, was man können soll — weder jemand unter den Gegnern, noch jemand unter den Anhängern der These. Denn warum geht denn ein Anhänger der These, statt sich ruhig zu verhalten, tätsachlich nach Megara, wenn 15 er glaubt, er solle dorthin gehen? Warum stürzt er sich nicht gleich frühmorgens in einen Brunnen hinein oder einen Abgrund hinab, wenn sein Weg ihn gerade dorthin führt? Warum sehen wir ihn eine derartige Vorsicht gebrauchen, als ob er keineswegs der Meinung wäre, ein solcher Sturz sei gleichermaßen gut wie nicht gut? Doch offenbar deshalb, weil er tatsächlich das eine für besser und das andere nicht für besser hält. Tut er das aber, so muß er auch etwas 20 für einen Menschen und etwas anderes für einen Nichtmenschen, etwas für süß und etwas anderes für nichtsüß halten. Denn er sucht eben nicht alles in gleicher Weise und hält nicht alles für gleich, wenn er in der Meinung, es sei gut, jetzt Wasser zu trinken oder einen Menschen zu sehen, nach dergleichen sucht. Und doch müßte er alles gleichsetzen, wenn ein Identisches gleichermaßen Mensch und Nichtmensch 25 sein könnte. Es gibt aber — wie wir sagten — niemanden, der sich nicht offenbar vor gewissen Dingen hütet und vor anderen nicht. Also hat es den Anschein, daß alle der Auffassung sind, gewisse Dinge verhielten sich schlechthin 88
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in bestimmter Weise, und wenn sich diese Auffassung nicht auf alle Dinge bezieht, so doch auf das Besser und Schlechter. W ä r e diese Auffassung kein Wissen, sondern bloßes Meinen, so m ü ß t e m a n sich u m so mehr u m die W a h r h e i t k ü m m e r n , — wie auch der K r a n k e sich mehr u m die Gesundheit k ü m m e r t als der Gesunde; denn der bloß Meinende 30 befindet sich, verglichen mit dem Wissenden, in keiner „gesunden" Beziehung zur Wahrheit. 31 W e n n sich ferner alle Dinge auch noch so sehr in bestimmter Weise verhielten und zugleich nicht verhielten, so gäbe es in der N a t u r der Dinge doch das Mehr und das Weniger. Denn wir würden nicht sagen, die Zwei und die Drei seien in gleichem Maße gerade; und wer vier Dinge f ü r 35 fünf hält, irrt nicht in gleichem Maße wie j e m a n d , der sie f ü r tausend hält. Irren beide aber nicht in gleichem Maße, so irrt offenbar der eine von beiden weniger und d e n k t also ein Mehr a n Wahrem. Wenn aber das Mehr ein Näher 1009a bedeutet, so m u ß es etwas Wahres geben, dem sich das Mehr an W a h r e m n ä h e r t . Und selbst wenn dies nicht zuträfe, so würde es doch jedenfalls etwas geben, was sicherer u n d wahrer als anderes ist, und wir sind der ohnmächtigen Lehre enthoben, die uns daran hindern will, irgend etwas in unserer Überlegung fest abzugrenzen. 5 5. K a p i t e l Von dieser Meinung geht n u n auch die Lehre des P r o t a - 6 goras aus, so' d a ß beide Lehren miteinander stehen und fallen. Einerseits m ü ß t e nämlich, wenn alle Ansichten und alle Erscheinungen wahr wären, alles zugleich wahr und falsch sein. Denn viele Menschen sind wechselseitig gegen- 10 teiliger Auffassung und gleichzeitig alle davon überzeugt, d a ß diejenigen irren, deren Meinung sich nicht mit der eigenen deckt. Hiernach m ü ß t e ein Identisches zugleich sein und nicht sein. Andererseits müßten, wenn dies so wäre, alle Ansichten wahr sein. Denn die Irrenden und diejenigen, die das Wahre denken, h a b e n Meinungen, die einander entgegengesetzt sind. W e n n aber die Dinge selbst sich ent- 15 gegengesetzt verhalten, so würden ja alle Menschen das W a h r e denken. 89
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Hiernach leuchtet ein, d a ß beide Lehren von derselben Überlegung ausgehen. Doch ist nicht allen Gegnern gegenüber dasselbe Verfahren a m Platze. Die einen m u ß m a n überzeugen, bei anderen hilft n u r Gewalt. Denn bei denjenigen, die auf Grund ihrer Beschäftigung mit den Problemen zu einer solchen Auffassung gekommen sind, ist die Unwissenheit leioht zu beheben: die Erwiderung h a t sich 20 nicht gegen ihre Worte, sondern gegen ihre Überlegung zu richten. Die Heilung derjenigen aber, die n u r u m des Redens willen reden, besteht in der Widerlegung ihrer Rede durch den Nachweis, daß sie aus bloßen L a u t e n und N a m e n 22 besteht. Diejenigen, die auf Grund ihrer Beschäftigung mit den Problemen zu jener Meinung gekommen sind, schöpften sie aus den Sinnesdingen. Sie glaubten, d a ß Widersprechendes und Gegenteiliges gleichzeitig bestünde, weil sie aus 25 Identischem Gegenteiliges entstehen sahen. Da das Nichtseiende nicht entstehen kann, m u ß die Sache — so meinten sie — schon vorher gleichermaßen Gegenteiliges gewesen sein. So sagt Anaxagoras 0 , d a ß alles mit allem gemischt sei. Ähnlich Demokrit,. nach dem ja das Leere und das Volle gleichermaßen in jedem Teile vorhanden sind, obwohl 30 er das Volle als Seiendes und das Leere als Nichtseiendes anspricht. Denjenigen nun, deren Auffassung aus solchen Überlegungen herrührt, werden wir erwidern, daß sie in gewissem Sinne im Rechte, in gewissem Sinne aber im I r r t u m sind. Von „seiend" spricht m a n nämlich in zwei Bedeutungen. I n der einen Bedeutung k a n n etwas aus einem Nichtseienden entstehen, in der anderen nicht. Ein Identisches k a n n auch gleichzeitig Seiendes und Nichtseiendes sein — sofern man das Wort „seiend" nicht beide35 mal in derselben Bedeutung nimmt. Ein Identisches k a n n nämlich dem Vermögen nach gleichzeitig Gegenteiliges sein, der Vollendung nach aber nicht. Wir müssen aber weiterhin von unseren Gegnern auch das Zugeständnis verlangen, d a ß es noch ein anderes Wesen der Dinge gibt, an dem keinerlei Bewegung, keinerlei Untergang und kei38 nerlei E n t s t e h u n g vorhanden ist. 6
Anaxagoras, B-Fragm. 1, 4, 6, 11 (Diels/Kranz). 90
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In ähnlicher Weise haben nun gewisse Denker aus den 1009b Sinnesdingen auch die Lehre von der „Wahrheit in den Erscheinungen" geschöpft. Nach der Ansicht dieser Denker entscheidet über das Wahre nicht die größere oder geringere Zahl derer, die eine Meinung teilen. Denn dieselbe Speise könne beim Kosten dem einen süß und dem anderen bitter erscheinen. Entschiede die Zahl, so würden also, wenn alle Menschen krank oder wahnsinnig und nur zwei, drei Leute gesund oder bei Vernunft wären, gerade 5 diese zwei, drei Leute und nicht die übrigen als krank oder wahnsinnig gelten. Ferner böten dieselben Dinge vielen anderen Lebewesen Erscheinungen dar, die das Gegenteil der unseren sind. Selbst jedem Einzelnen schienen dieselben Dinge nach dem Zeugnis der Sinneswahrnehmung nicht immer dieselben zu sein. Es bleibe verborgen, was von alledem wahr und was falsch sei. Das eine sei nicht in 10 höherem Maße wahr als das andere, vielmehr alles in gleichem Maße. Daher denn Demokrit sagt: entweder gebe es nichts Wahres oder es bleibe uns verborgen. — Überhaupt aber mußten diese Denker gerade deshalb, weil sie als Einsicht die Sinneswahrnehmung ansprachen, diese aber für eine Veränderung hielten, zu der Behauptung kommen, daß die Erscheinungen, wie sie uns die Sinneswahrnehmungen bieten, wahr seien. Aus diesen 15 Gründen sind ja Empedokles, Demokrit und — man möchte sagen: — alle anderen jenen Meinungen verfallen. Und Empedokles sagt, daß sich mit der Veränderung unseres Habens auch unsere Einsicht verändere: „Denn auf den anwesenden Stoff hin wächst der Verstand den Menschen." 7 — und an anderer Stelle: „Nach dem Maße, wie sich die Menschen (am Tage) 20 in ihrer Natur änderten, so fällt es ihnen auch Stets bei ihre Gedanken zu ändern (in der Nacht)."6 1 Empedokles, B-Fragm. 106 (Diels/Kranz). 8 Empedokles, B-Fragm. 108 (Diels/Kranz).
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Metaphysik Und Parmenides sagt im gleichen Sinne: „Denn je nachdem wie ein jeder besitzt die Mischung der vielfach gebogenen Glieder, So t r i t t (oder steht) die Vernunft den Menschen zur Seite. Denn dasselbe Ist es, was denkt, die innere Beschaffenheit der Glieder bei den Menschen Allen und jeden: nämlich das Mehr (vom Licht- oder Nachtelement) ist der Gedanke." 9
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Auch wird überliefert, daß Anaxagoras zu einigen seiner Freunde gesagt habe, die Dinge wären f ü r sie so, wie sie sie auffaßten. Wie b e h a u p t e t wird, h a t sogar Homer offenbar diese Meinung gehabt, denn er ließ Hektor, als 30 er von einem Schlage b e t ä u b t war, „anderes denken" 1 0 — wonach denn auch die Wahnsinnigen Einsicht hätten, n u r eine andere. Ist aber beides Einsicht, so können sich die Dinge offenbar gleichzeitig „so" und „nicht so" verhalten. Von hier aus ergibt sich die ernsteste Folgerung; denn wenn diejenigen, die von dem Wahren, das wir erreichen können, am meisten entdeckt haben (und das sind doch wohl die, die sie am meisten suchen und lie35 ben), derartige Meinungen hegen und sich in dieser Weise über die Wahrheit äußern: wie sollten d a n n Leute, die philosophieren, nicht mit Recht den Mut verlieren? Die 1010a Wahrheit suchen wäre ja hiernach nicht besser als nach Vögeln haschen. Die Ursache dafür, daß jene Denker solche Meinungen hegten, lag darin, d a ß sie bei der Erforschung der Wahrheit über das Seiende n u r die Sinnesdinge f ü r Seiendes hielten. I n den Sinnesdingen herrscht aber die N a t u r des 9
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Parmenides, B-Fragm. 16 (Diels/Kranz). Der Text von Diels/Kranz hat „irrenden" statt „gebogenen" und „Geist" statt „Vernunft". Bei Homer für Hektor nicht zu finden; vgl. jedoch Ilias XXIII, V. 698. 92
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Unbestimmten und damit die des Seienden in der oben dargelegten Bedeutung. 1 1 Deshalb ist ihre Rede zwar 5 plausibel, aber nicht wahr. (Diese Kennzeichnung dürfte besser passen als jene, die Epicharmos auf Xenophanes anwandte. 12 ) D a sie ferner sahen, daß diese Natur sich überall bewege, und da man über etwas, was sich wandelt, nichts Wahres feststellen kann, glaubten sie, daß sich über das, was: sich überall wandele, überhaupt nichts Wah- 10 res feststellen ließe. Aus dieser Annahme ging die überspannteste unter den erwähnten Meinungen hervor, nämlich die. Meinung derer, denen man ein „Heraklitizieren" zuschrieb — und damit die des Kratylos. K r a t y los glaubte schließlich überhaupt nichts mehr sagen zu sollen und erhob nur noch den Finger; er kritisierte Heraklit, weil dieser sagte, man könne „nicht zweimal in denselben Fluß steigen" 1 3 . Kratylos glaubte, man könne 15 es auch nicht, einmal. Wir nun Werden auf dieses Argument erwidern, daß das Sichverändernde, indem es sich verändert, jenen Denkern immerhin einen gewissen Grund für den Glauben gibt, es existiere nicht, — daß diese Annahme aber trotzdem zu bestreiten ist. Denn das Verlierende hat immer noch etwas von dem, was es verliert, und vom Entstehenden muß immer schon etwas existieren. Und überhaupt : wenn etwas 20 vergeht, muß es als Seiendes bestehen; und wenn etwas entsteht, so muß es etwas geben, woraus es entsteht und wodurch es erzeugt wird, und es gibt hier kein Fortschreiten ins Unbegrenzte. Sieht man hiervon ab, so bleibt zu erwidern, daß die Veränderung dem Quantum nach nicht dasselbe ist wie die Veränderung dem Quäle nach. Mag es auch dem Quantum nach nichts Bleibendes geben, 25 so ist es doch die Gestalt, nach der wir alles erkennen. — Außerdem.ist es angebracht, den Anhängern jener Auffassung kritisch vorzuhalten, daß sie das, was sie doch nur aus dem Verhalten einer Minderheit von Dingen — selbst
" Í009 a3 °. 12 Epicharmos, B-Fragm. 15 (Diels/Kranz). 13 Heraklit, B-Fragm. 91 (Diels/Kranz). 93
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von Sinnesdingen — ersehen haben, ohne weiteres auf das ganze Universum übertragen. Denn nur der uns unmittelbar umgebende Ort des Sinnlichen befindet sich ständig 30 in Untergang und Entstehung. Dieser Ort ist aber — sozusagen — noch nicht einmal ein Bruchteil des Ganzen, so daß man ihn mit besserem Recht um des Übrigen willen freigesprochen als das Übrige um seinetwillen verurteilt hätte. — Außerdem müßten wir offenbar auch diesen Denkern etwas entgegenhalten, was wir schon längst gesagt haben 14 : wir müßten ihnen nämlich zeigen und beweisen, 35 daß es eine unbewegte Natur gibt. Freilich führt gerade auch die Behauptung vom gleichzeitigen Sein und Nichtsein der Dinge zu der Konsequenz, daß alles eher in Ruhe als in Bewegung sei: denn ihr zufolge gibt es ja nichts, wohinein sich die Dinge verändern könnten, da schon alles 1010b a n a l l e m besteht. Zum Problem der Wahrheit ist zu sagen, daß nicht alles Erscheinende auch wahr ist. Zunächst gilt dies deshalb, weil auch dann, wenn die Sinneswahrnehmung wenigstens hinsichtlich ihres eigentümlichen Gegenstandes nicht falsch ist, doch jedenfalls Vorstellung und Sinneswahrnehmung nicht identisch sind. — Sodann ist es erstaunlich, daß unsere Gegner ein Problem daraus machen wollen, ob Größen so groß sind und Farben so beschaffen 5 sind, wie sie einem entfernten oder einem ganz nahen Beobachter erscheinen, und ob sie so beschaffen sind, wie sie dem Gesunden oder dem Kranken erscheinen ; ferner ob über Schwere die Schwachen oder die Starken und über das Wahre die Schlafenden oder die Wachenden zu entscheiden haben. Denn es ist doch klar, daß sie all das selbst io nicht im Ernst für problematisch halten. Niemand wird nachts in Libyen, wenn er sich nur gerade vorstellt, in Athen zu sein, nach dem Athener Odeon aufbrechen. — Weiterhin sind, wie schon Piaton sagte 15 , die Ansichten eines Arztes und eines Laien über das, was zu erwarten ist — z. B. ob jemand wieder gesund werden wird oder 15 nicht —, doch wohl nicht gleichermaßen entscheidend. — «
1009*35-38.
is Piaton, Theaitetos 178B-179A. 94
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Und was die Sinneswahrnehmungen selbst betrifft, so sind diejenigen eines fremden Gegenstands nicht gleichwertig mit denen des eigentümlichen Gegenstands, diejenigen eines verwandten Sinnes nicht gleichwertig mit denen des gerade in Rede stehenden Sinnes; vielmehr entscheidet über Farben der Gesichts- und nicht der Geschmackssinn, aber über eine Speise der Geschmacks- und nicht der Gesichtssinn. Keiner dieser Sinne sagt aber in demselben Zeitpunkt über ein Identisches aus, daß es zugleich „so" und „nicht so" sei. Auch zu verschiedenen Zeiten aber 20 hat es noch keinen Zweifel über die Affektion selbst gegeben, sondern nur über die Frage, wozu sie hinzugekommen sei. Das heißt z. B.: es kann zwar derselbe Wein — wenn er sich selbst verändert oder der Körper dessen, der ihn kostet, sich verändert — das eine Mal süß und das andere Mal nicht süß erscheinen; aber das Süße selbst — wie es ist, wenn es überhaupt ist — hat sich niemals verändert, und über dieses Süße selbst denkt man immer die Wahrheit, und wenn etwas süß sein soll, muß es immer 25 gerade so sein. Diese Notwendigkeit wird freilich von allen jenen Lehren beiseite geschoben; wie es für sie kein Wesen von irgend etwas gibt, so auch keine Notwendigkeit für irgend etwas. Was notwendig ist, kann aber nicht „so" und auch „anders" sein; wenn etwas notwendig ist, kann es sich nicht „so" und zugleich „nicht so" verhalten. 30 Gäbe es aber nur sinnlich Wahrgenommenes, so könnte überhaupt nichts existieren, wenn es keine beseelten Wesen gäbe; denn ohne diese gäbe es ja auch keine Sinneswahrnehmung. Mag es aber auch wahr sein, daß es ohne beseelte Wesen weder sinnlich Wahrgenommenes noch sinnliche Wahrnehmungsbilder gäbe (denn diese sind Affektionen des Wahrnehmenden), so ist es doch unmöglich, daß die Substrate, die die Wahrnehmungen hervorbringen, nicht auch ohne Wahrnehmung existierten. Denn die Sinneswahrnehmung ist keineswegs Wahrnehmung 35 ihrer selbst; vielmehr gibt es etwas von der Sinneswahrnehmung Verschiedenes, das notwendig früher ist als sie selbst. Denn das Bewegende ist von Natur früher als das Bewegte, und dies bleibt wahr, auch wenn man hierbei 1011a eines in bezug auf das andere ausdrückt. 95
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6. Kapitel 3 Manche Denker — sowohl solche, die von alledem überzeugt sind, wie auch solche, die nur so reden — werfen nun ein Problem auf: sie fragen nämlich, wer denn darüber ent5 scheide, wer gesund sei und wer allgemein über jede einzelne Frage richtig entscheiden könne. Solche Probleme liegen auf derselben Linie wie das Problem, ob wir jetzt wachen oder schlafen. Alle diese Probleme haben denselben Sinn: die Denker, die sie aufwerfen, fordern für alles ein Argument; sie suchen nach der Quelle und wollen sie durch io Beweis gewinnen — während sich in ihren Handlungen deutlich zeigt, daß sie nicht wirklich von ihrer Annahme überzeugt sind. Wie wir sagten, besteht ihr Fehler gerade darin, daß sie ein Argument für Dinge suchen, für die es kein Argument gibt: die Quelle des Beweises ist nicht 13 selbst ein Beweis. Solche Leute also würden sich leicht überzeugen las15 sen, da dies nicht schwer zu fassen ist. Diejenigen aber, die nur nach der zwingenden Gewalt eines Argumentes suchen, suchen nach etwas Unmöglichem. Sie beanspruchen, von dem, was sie sagen, zugleich das Gegenteil sagen zu dürfen, und sagen damit schon das Gegenteil von dem, was sie sagen. Wenn nicht alle Dinge nur in bezug auf etwas andres, sondern einige auch von sich selbst her bestehen, so kann nicht alles Erscheinende wahr sein; denn Erscheinung ist nur Erscheinung für jemand. Wer 20 also behauptet, daß alle Erscheinungen wahr seien, der macht alle Dinge zu etwas Bezüglichem. Deshalb müssen diejenigen, die nur nach der zwingenden Gewalt eines Argumentes suchen und zugleich für Leute gelten wollen, die Rede und Antwort stehen, sich vor der einfachen Behauptung hüten, das Erscheinende existiere, und sie dahin einschränken: es existiere für den, dem es erscheine, und existiere, solange es erscheine, und für den Sinn, dem es erscheine, und in der Art und Weise, in der es erscheine. Denn wollen sie Rede und Antwort stehen und tun sie 25 dies nicht in dieser Weise, so wird die Folge sein, daß sie sehr bald Gegenteiliges behaupten. Denn es kann ja sehr 96
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wohl sein, daß etwas dem Gesichtssinn eines Menschen als Honig erscheint, dem Geschmackssinn aber nicht, ja daß auch seinen beiden Augen — wenn sie von verschiedener Sehkraft sind — Ungleiches erscheint. Wir werden also den Denkern, die aus den oben erwähnten Ursachen 1 6 30 behaupten, das Erscheinende sei wahr und deshalb sei alles gleichermaßen falsch und wahr, und die Dinge erschienen nicht allen Menschen als dieselben und nicht einmal einem einzelnen Menschen immer als dieselben, sondern erschienen oft auch zur gleichen Zeit in gegenteiliger Weise (denn der Tastsinn faßt zwei verschlungene Finger als zwei Dinge, der Gesichtssinn als ein Ding auf) — solchen Denkern werden wir antworten: das Erscheinende sei trotzdem nicht verschieden f ü r dieselbe Sinneswahr- 35 nehmung desselben Sinnes in derselben Art und Weise zu derselben Zeit; mit diesen Beschränkungen sei das Erschei- 1011b nende wahr. Vielleicht glauben gerade deshalb die Leute, die jene Ansichten nicht auf Grund ihrer Beschäftigung mit den Problemen, sondern um des Redens willen vertreten, behaupten zu müssen: das Erscheinende sei nicht schlechthin wahr, sondern nur für den, dem es erscheint. Wie wir schon oben sagten, müssen solche Leute alle Dinge zu etwas Bezüglichen machen — zu etwas sowohl auf Mei- 5 nung wie auf Wahrnehmung Bezüglichen —, so daß nichts geworden wäre noch existierte, ohne daß es vorher jemand gemeint hätte. Wenn aber etwas auch ohne dies geworden ist und sein wird, so besteht offenbar nicht alles nur in bezug auf eine Meinung. — Wenn ferner ein Ding eines ist, so müßte es dies in bezug auf eines oder auf eine beschränkte Menge sein; und wenn ein Identisches sowohl „die Hälfte" wie „das Gleiche" ist, so ist es doch nicht „das Gleiche" in bezug zu dem, das sein Doppeltes ist. 10 Wenn in bezug auf das Meinende Mensch und Gemeintes identisch sind, so dürfte doch nicht das Meinende, sondern nur der Mensch das Gemeinte sein. Und wenn jedes Ding nur in bezug auf ein Meinendes wäre, so müßte das Meinende in Beziehung zu einer der Gestalt nach unbegrenzten Vielfalt von Dingen stehen. 16 1009a38—1010a15. 7 Aristoteles, Metaphysik
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Soviel mag darüber gesagt sein, daß die Meinung, entgegengesetzte Behauptungen seien nicht gleichzeitig wahr, die sicherste von allen ist; ferner darüber, welche Folgen sich für die Gegner dieser Meinung ergeben und wie sie zum 15 Bestreiten der Meinung kommen. Da man hiernach nicht wahr zu reden vermag, wenn man über ein Identisches gleichzeitig einander widersprechende Behauptungen aufstellt, so ist auch klar, daß an einem Identischen nicht gleichzeitig Gegenteiliges bestehen kann. Das eine Glied des Gegensatzes ist ebensogut Privation wie Gegenteil, und zwar Privation eines Wesens; Privation aber ist eine 20 Verneinung hinsichtlich einer genau begrenzten Gattung. Ist es unmöglich, ein Identisches der Wahrheit gemäß gleichzeitig zu bejahen und zu verneinen, so ist es also auch unmöglich, daß gleichzeitig Gegenteiliges bestehe — es sei denn, daß entweder beide Gegenteile nur in begrenztem Umfang bestünden oder daß zwar eines schlechthin bestünde, das andere aber nur in begrenztem Umfang.
7. Kapitel 23 Andererseits kann es zu einander widersprechenden Behauptungen auch kein Mittleres geben; vielmehr ist eines von einem immer entweder zu behaupten oder zu vernei25 nen. Dies wird jedem einleuchten, wenn wir zuvor definiert haben, was „wahr" und was „falsch" ist. Falsch ist es, vom Seienden zu sagen, es sei nicht, und vom Nichtseienden, es sei. Wahr ist es, vom Seienden zu sagen, es sei, und vom Nichtseienden, es sei nicht. Also wird jeder, der sagt, etwas sei, oder sagt, etwas sei nicht, entweder wahr oder falsch reden. Weder vom Seienden noch vom Nichtseienden sagt man: es sei nicht oder sei. — Weiter30 hin könnte das Mittlere zwischen Widersprechenden nur entweder in dem Sinne Mittleres sein wie das Graue zwischen dem Schwarzen und dem Weißen oder in dem Sinne wie das, was weder Mensch noch Pferd ist, Mittleres zwischen Mensch und Pferd ist. Wäre es Mittleres im zweiten 98
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Sinne, so könnte es sich nach beiden Richtungen hin nicht verändern (denn Veränderung gibt es nur etwa vom Nichtguten ins Gute und vom Guten ins Nichtgute); nun tritt aber beim Mittleren immer eine Veränderung in Erscheinung, und es gibt nur Veränderung ins Entgegengesetzte oder in ein Mittleres. Gibt es also das Mittlere zwischen 35 widersprechenden Behauptungen, so müßte es ein Mittleres im ersten Sinne sein, und es müßte auch eine Ent- ioi2 a stehung des Weißen geben aus etwas, das doch nicht nichtweiß ist; dies aber ist nirgends zu finden. — Ferner wird alles Überlegte und Gedachte von der Überlegung entweder bejaht oder verneint — je nachdem, ob die Uberlegung wahr oder falsch ist (das ergibt sich aus unserer Definition). Wenn sich die Überlegung in der einen Weise durch Bejahung oder Verneinung zusammensetzt, so ist sie wahr, wenn in der anderen Weise, so ist sie falsch. — Ferner 5 müßte es das fragliche Mittlere zwischen allen widersprechenden Behauptungen geben (wenn man von ihm nicht nur um des Redens willen redet). Also müßte es auch den Fall geben, daß jemand weder die Wahrheit sagt noch die Wahrheit nicht sagt. Es müßte auch ein Mittleres zwischen dem Seienden und dem Nichtseienden geben und damit auch eine Veränderung zwischen Entstehung und Untergang. - Ferner müßte es ein Mittleres auch bei den Gattungen geben, bei denen jede Verneinung die Bejahung des Gegenteils einschließt: z. B. müßte es bei den Zahlen 10 solche geben, die weder gerade noch ungerade sind; aus ihrer Definition ergibt sich aber, daß dies unmöglich ist. — Ferner würde es dann ein Fortschreiten ins Unbegrenzte geben. Man würde also nicht nur zur anderthalbfachen Menge der Dinge kommen, sondern zu einer noch größeren. Denn man könnte ja das Mittlere in bezug auf Bejahung und Verneinung wiederum verneinen; denn auch dies 15 wäre ein Was, weil sich sein Wesen von den andren unterschiede. — Wenn endlich jemand auf die Frage, ob etwas weiß sei, mit Nein antwortet, so hat er nichts anderes in Abrede gestellt als das Sein; Verneinung bedeutet Nichtsein. 17 Einige Denker sind zu dieser Lehre auf dieselbe Weise wie zu anderen Paradoxien gekommen: sie sind aus Un7»
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vermögen, die gegnerischen Argumente aufzulösen, vor ihnen zurückgewichen und haben zugegeben, daß der 20 gezogene Schluß wahr sei. Während einige aus dieser Ursache jene Meinung vertreten, so andere deshalb, weil sie für alles nach einem Argument suchen. Die Quelle, von der man allen diesen Denkern gegenüber, ausgehen muß, liegt in der Definition. Zur Definition kommt es dadurch, daß alle ein Etwas bezeichnen müssen. Der Begriff, dessen Zeichen der Name ist, wird dadurch zur Definition. — 25 Während die Lehre des Heraklit — die ja besagt, daß alles sei und nicht sei — alles zu etwas Wahrem zu machen scheint, macht die Lehre das Anaxagoras — indem sie besagt, daß es ein Mittleres zwischen einander Widersprechendem gebe — anscheinend alles zu etwas Falschem: denn wenn alles gemischt ist, so ist die Mischung weder gut noch nicht gut, so daß man über sie nichts Wahres sagen kann.
8. K a p i t e l 29 Aus diesen Unterscheidungen ergibt sich die Unmöglich30 keit, daß die einseitigen Lehren zutreffen, die zugleich f ü r alle Dinge gelten sollen: und zwar einerseits die Lehre, daß nichts wahr sei (nach dieser Lehre steht der Annahme nichts entgegen, es verhalte sich mit allen Behauptungen über ein Sein so wie mit der Behauptung, daß die Diagonale eines Quadrats durch die Seiten meßbar sei), und andererseits die Lehre, daß alles wahr sei. Der Hauptsache nach fallen diese Lehren mit der des Heraklit zusammen; 35 denn wer sagt, alles sei wahr und alles sei falsch, der sagt 1012b auch das, was in jedem der beiden Halbsätze gesondert enthalten ist; da dies aber etwas Unmögliches ist, ist auch das Ganze unmöglich. — Weiterhin gibt es ganz offenbar widersprechende Behauptungen, von denen nicht beide zusammen wahr sein können. Sie können aber auch nicht alle falsch sein — obgleich es nach dem Gesagten so aus5 sieht, als könne dies schon eher der Fall sein. — Gegenüber 100
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allen derartigen Argumenten darf man, wie schon oben gesagt 17 , nicht das Zugeständnis verlangen, daß etwas sei oder daß etwas nicht sei, sondern nur verlangen, daß etwas fest bezeichnet werde; von der Definition ausgehend muß man diskutieren, indem man festsetzt, was „das Wahre" und „das Falsche" bezeichnen. Wenn nun das, dessen Behauptung wahr ist, nichts anderes ist als das, dessen Verneinung falsch ist, so ist es unmöglich, 10 daß alles falsch sei; denn das eine Glied eines Widerspruchs muß wahr sein. Wenn man weiterhin alles entweder behaupten oder verneinen muß, so ist es ebenso unmöglich, daß beide Glieder eines Widerspruchs falsch seien; denn eines und nur eines der beiden Glieder ist falsch. 13 Alle diese Behauptungen führen aber auch zu der weit und breit erörterten Konsequenz, daß sie sich selbst auf- 1 5 heben. Denn wer sagt, daß alles wahr sei, der erklärt damit auch die gegenteilige Behauptung für wahr und damit die eigene für nicht wahr (denn die gegenteilige Behauptung erklärt die eigne für nicht wahr); wer aber sagt, daß alles falsch sei, der sagt dies auch von seiner eigenen Behauptung. Wollte aber der Vertreter der ersten Meinung die gegenteilige Behauptung ausnehmen — so daß diese allein nicht wahr wäre — und der Vertreter der zweiten Meinung die eigene — so daß diese allein nicht falsch wäre: so wür- 20 den beide jedenfalls zu der Konsequenz kommen, daß eine unbegrenzte Zahl von wahren oder falschen Behauptungen anzunehmen sei. Denn auch die Behauptung, daß eine wahre Behauptung wahr sei, ist wahr — und dies würde ein Fortschreiten ins Unbegrenzte ergeben. 22 Offenbar ist die Lehre, daß alles ruhe, ebensowenig wahr wie die Lehre, daß sich alles bewege. Denn wenn alles ruhte, so wäre immer dasselbe wahr und dasselbe falsch — 25 während sich hier doch tatsächlich eine Veränderung zeigt: der Sprechende selbst war ja einstmals nicht und wird einstmals nicht sein. Wenn sich aber alles bewegte, so wäre nichts wahr. Also wäre alles falsch. Wir haben aber be17 1006 a18-20 . 101
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reits bewiesen, daß dies unmöglich ist. — Ferner muß das, was sich verändert, ein Seiendes sein; denn die Veränderung führt aus etwas in etwas hinein. Es trifft aber auch nicht 30 zu, daß alles nur zeitweilig in Ruhe oder Bewegung sei und nichts für immer. Denn es gibt etwas, das immer das Bewegte bewegt, und das erste Bewegende ist selbst 31 unbeweglich.
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1. Kapitel Quelle heißt: [1] derjenige Teil einer Sache, von dem man 34 als dem Ersten ausgeht, wenn man sich durch' eine Saohe 35 hindurchbewegt (so besteht z. B. f ü r eine Linie oder einen Weg vom einen Ende her die eine Quelle, vom gegenteiligen Ende her eine von jener verschiedene); [2] dasjenige, 1013a von dem aus ein Ding am besten entstehen kann (z. B. muß man beim Lernen bisweilen nicht vom Ersten und von der Quelle der Sache selbst ausgehen, sondern von dem Punkt, von dem aus das Lernen am leichtesten ist); [3] derjenige Bestandteil einer Sache, aus dem als dem Ersten sie entsteht (z. B. beim Schiff der Kiel, beim Haus 5 das Fundament — während bei den Lebewesen einige Denker das Herz, andere das Gehirn und wieder andere einen sonstigen Teil als solche Quelle auffassen); [4] dasjenige, aus dem als dem Ersten eine Sache entsteht, ohne daß es ihr Bestandteil ist, und aus dem als dem Ersten eine Bewegung oder Änderung natürlicherweise entquillt (wie ein Kind aus Vater und Mutter und ein Kampf aus 10 Schmähreden erwächst); [5] dasjenige, nach dessen Entschluß das Bewegte sich bewegt und das Sichändernde sich ändert (so werden die Behörden der Städte und die herrschenden Männer, die Könige und Tyrannen „Quellen" genannt 1 ; Quellen heißen auch die Künste und unter ihnen in erster Linie die leitenden Künste); [6] dasjenige, woran 1
'Agxv heißt nicht nur Anfang, Ursprung oder Quelle, sondern auch Herrschaft, Behörde u. dgl.
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eine Sache als d e m E r s t e n e r k e n n b a r ist, d e n n a u c h dies 15 wird Quelle der Sache g e n a n n t : die A n n a h m e n z. B . heißen Quellen der Beweise. — Von U r s a c h e n s p r i c h t m a n in ebensoviel B e d e u t u n g e n , d e n n alle U r s a c h e n sind Quellen. Allen Quellen ist g e m e i n s a m , d a ß sie ein E r s t e s sind, a u s d e m eine Sache e n t w e d e r b e s t e h t oder e n t s t e h t oder erk a n n t w i r d ; einige Quellen a b e r sind B e s t a n d t e i l e d e r Sa20 chen, a n d e r e b e s t e h e n a u ß e r h a l b der S a c h e n . Deshalb ist Quelle sowohl die N a t u r wie d a s E l e m e n t , die Überlegung, d e r E n t s c h l u ß , d a s W e s e n u n d d a s W e s w e g e n : bei vielen D i n g e n sind j a d a s G u t e u n d d a s Schöne Quellen sowohl des E r k e n n e n s wie der Bewegung.
2. K a p i t e l
24 Ursache h e i ß t : [1] d e r B e s t a n d t e i l einer Sache, a u s d e m 25 sie e n t s t e h t (z. B . d a s E r z bei d e r Bildsäule u n d d a s Silber bei d e r Schale), u n d die G a t t u n g e n , zu d e n e n diese Bes t a n d t e i l e g e h ö r e n ; [2] die Gestalt u n d d a m i t d a s Urbild (dies ist d e r Begriff des jeweils zugehörigen Seins) u n d die G a t t u n g e n , zu d e n e n sie gehören (z. B . f ü r die O k t a v e die P r o p o i t i o n 2 : 1 u n d allgemein die Zahl), u n d die Teile, 30 die im Begriff e n t h a l t e n s i n d ; [3] d a s W o h e r des e r s t e n A n f a n g s d e r V e r ä n d e r u n g oder d e r R u h e (z. B . ist d e r R a t g e b e r Ursache, ist a u c h der V a t e r U r s a c h e des K i n d e s u n d allgemein d a s H e r v o r b r i n g e n d e U r s a c h e des H e r v o r g e b r a c h t e n u n d d a s V e r ä n d e r n d e U r s a c h e des V e r ä n d e r t e n ) ; [4] d a s Endziel, d. h . d a s Weswegen. Z u m Beispiel ist die G e s u n d h e i t U r s a c h e f ü r d a s S p a z i e r e n g e h e n ; d e n n auf die F r a g e , w a r u m j e m a n d spazierengehe, a n t w o r t e n 35 w i r : d a m i t er gesund werde, u n d g l a u b e n m i t dieser A n t w o r t die U r s a c h e angegeben zu h a b e n . Dasselbe gilt v o n allem, was — n a c h d e m e t w a s a n d e r e s d e n A n s t o ß z u r B e wegung gegeben h a t — n o c h als Mittel z u m E n d z i e l a u f 1013 b t r i t t : z. B . sind U r s a c h e n f ü r die G e s u n d h e i t a u c h die E n t f e t t u n g , die R e i n i g u n g , die Arzneien u n d die ärztlichen W e r k z e u g e ; all dies ist wegen des E n d z i e l e s d a , u n t e r s c h e i -
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d e t sich v o n e i n a n d e r a b e r d a d u r c h , d a ß es sich teilweise u m W e r k z e u g e u n d teilweise u m B e w i r k u n g e n h a n d e l t . 3 I n so vielen B e d e u t u n g e n e t w a spricht m a n also von U r s a c h e . D a m a n dies a b e r t u t , so folgt d a r a u s , d a ß es f ü r 5 ein I d e n t i s c h e s m e h r e r e U r s a c h e n gibt, u n d zwar n i c h t n u r h i n z u g e k o m m e n e r w e i s e : z. B . ist f ü r die Bildsäule sowohl die B i l d h a u e r k u n s t wie d a s E r z Ursache, u n d z w a r beides in k e i n e r a n d e r e n H i n s i e h t als eben in H i n s i c h t d a r a u f , d a ß sie Bildsäule ist, w e n n a u c h jedes in einem a n d e r e n S i n n e : d a s eine im Sinne eines Stoffs, d a s a n d e r e i m Sinne des W o h e r d e r B e w e g u n g . M a n c h e D i n g e sind a u c h wechselseitig U r s a c h e n : z. B . die A r b e i t f ü r d a s W o h l b e f i n d e n u n d d a s W o h l b e f i n d e n f ü r die Arbeit — allerdings n i c h t io beides in d e m s e l b e n Sinne, vielmehr d a s eine im Sinne eines Endziels, d a s a n d e r e im Sinne der Quelle d e r Bewegung. A n d e r e r s e i t s ist a u c h ein I d e n t i s c h e s zuweilen U r s a c h e v o n Gegenteilen; d e n n w e n n etwas, sofern es a n w e s e n d ist, U r s a c h e f ü r „Dieses" ist, so schreiben wir i h m , sofern es a b w e s e n d ist, bisweilen d a s Gegenteil z u : wir e r a c h t e n z. B . als U r s a c h e f ü r d e n S c h i f f b r u c h die Abwesenheit des S t e u e r m a n n s , weil dessen Anwesenheit U r s a c h e f ü r die E r h a l t u n g des Schiffes gewesen w ä r e ; beides a b e r — die iö A n w e s e n h e i t wie ihre P r i v a t i o n — sind bewegende U r s a chen. 16 Alle bisher e r w ä h n t e n B e d e u t u n g e n des W o r t e s „Urs a c h e " fallen u n t e r vier, die sich als die H a u p t b e d e u t u n gen h e r a u s h e b e n . Die B u c h s t a b e n f ü r die Silben, d e r Stoff f ü r das daraus gewonnene Erzeugnis, Feuer, Erde u n d alles d e r a r t i g e f ü r die K ö r p e r , die Teile f ü r d a s Ganze u n d 20 die A n n a h m e n f ü r d e n Schluß sind s ä m t l i c h U r s a c h e n als das, „ w o r a u s " e t w a s ist. [1] Gibt es hier auf d e r einen Seite die U r s a c h e i m Sinne eines S u b s t r a t s (z. B . die Teile), so [2] auf d e r a n d e r e n Seite im S i n n e des jeweils zugehörigen Seins (das Ganze — die Z u s a m m e n s e t z u n g — u n d die Gestalt). [3] D e r S a m e a b e r , d e r A r z t , d e r R a t g e b e r , ü b e r h a u p t d a s H e r v o r b r i n g e n d e sind s ä m t l i c h U r s a c h e n im Sinne eines W o h e r des A n f a n g s d e r V e r ä n d e r u n g u n d des Stillstands. [4] S o d a n n gibt es die U r s a c h e als d a s E n d - 25 ziel u n d d a s G u t e f ü r die a n d e r e n D i n g e ; d e n n d a s Weswegen p f l e g t d a s B e s t e u n d d a s E n d z i e l f ü r die a n d e r e n
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Dinge zu sein. Es soll uns hierbei nichts ausmachen, ob 28 man es „das Gute" oder „das anscheinend Gute" nennt. Dies also sind die Ursachen, und so viele gibt es ihrer 30 Gestalt nach. Bedeutungen des Wortes „Uisache" gibt es zwar der Zahl nach viele, doch lassen sie sich in wenige zusammenfassen. Spricht man nämlich von „Ursache" schon ohnehin in vielen Bedeutungen, so bei den gleichgestaltigen Ursachen auch noch davon, daß die eine der anderen gegenüber in einem früheren oder späteren Sinne Ursache sei. Zum Beispiel sind Ursachen für die Gesundheit sowohl der Arzt wie überhaupt der Künstler, für die Oktave sowohl die Proportion 2 : 1 wie die Zahl und so für alles Einzelne immer auch das Umfassendere. — Weiter 35 gilt dasselbe für die hinzugekommenen Ursachen und ihre Gattungen: z. B. sind Polyklet und der Bildhauer in verschiedenem Sinne Ursachen der Bildsäule, weil zum Bild1014a hauer das Polyklet-Sein nur hinzugekommen ist. Es gilt auch für das dem Hinzugekommenen gegenüber Umfassende: z. B . ist der Mensch — oder auch allgemein das Lebewesen — Ursache der Bildsäule, weil Polyklet Mensch und der Mensch Lebewesen ist. Ferner ist beim Hinzu5 gekommenen auch das eine entfernter oder näher als das andere: z. B. wenn man auch das Weiße und das Musikalische als Ursache der Bildsäule bezeichnen wollte — und nicht nur Polyklet oder Mensch. Aber abgesehen von all diesen „Ursachen" im eigentlichen Sinne und im Sinne des Hinzugekommenen spricht man von „Ursachen" auch einerseits im Sinne eines Vermögenden und andererseits im Sinne eines Verwirklichenden: z. B. ist Ursache 10 dafür, daß ein Haus gebaut wird, „der Baumeister" oder „der das Haus bauende Baumeister". — Ein entsprechender Sprachgebrauch wird auch im Hinblick auf die Wirkungen bestehen, für die die Ursachen ursächlich sind: so kann etwas als Ursache „dieser Bildsäule" oder „einer Bildsäule" oder überhaupt „eines Abbildes" bezeichnet werden oder etwas als Ursache „dieses Stückes Erz" oder „eines Stückes Erz" oder überhaupt „eines Stückes Stoff"; Entsprechendes gilt auch für die hinzugekommenen Wirkungen. Endlich kann auch von eigentlichen und hinzugekommenen Ursachen in Verbindung miteinander ge106
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sprochen werden: z. B. wenn m a n weder allein „Polyklet" noch „Bildhauer", sondern „der Bildhauer Polyklet" 15 sagt. Alle diese Ursachen sind aber der Menge nach n u r sechs, wobei m a n von jeder in zweifacher Bedeutung spricht: denn alle sind Ursachen entweder [1] im Sinne eines Einzeldinges oder [2] im Sinne einer G a t t u n g oder [3] im Sinne eines Hinzugekommenen oder [4] im Sinne einer Gattung des Hinzugekommenen, und zwar das bisherige entweder verbunden miteinander [1 vbd. m. 3 = 5; 2 vbd.m. 4 = 6 ] oder jeweils f ü r sich genommen. Alle diese sechs Ursachen sind aber Ursachen entweder im Sinne eines Verwirklichenden oder dem Vermögen nach. Diese beiden 20 unterscheiden sich insofern, als die verwirklichenden Ursachen und damit die Einzeldinge immer zugleich mit den Wirkungen, deren Ursachen sie sind, bestehen oder nicht bestehen (z. B. dieser Heilende zugleich mit diesem Menschen, der gesund gemacht wird, und dieser Baukünstler zugleich mit diesem Haus, das gebaut wird1'), während dies bei den Ursachen dem Vermögen nach nicht immer zut r i f f t : H a u s und Baukünstler vergehen nicht zugleich. 25
3. K a p i t e l Element heißt der Bestandteil, aus dem etwas als dem Er- 26 sten zusammengesetzt ist und der — seiner Gestalt nach — nicht mehr in verschiedene Gestalten zerlegbar ist. Zum Beispiel sind Lautelemente dasjenige, woraus der L a u t zusammengesetzt ist und wohinein er als letzte Teile zerlegt wird, während die Elemente nicht in weitere Laute, die sich der Gestalt nach von ihnen unterschieden, zer- so legbar sind. Werden sie zerlegt, so ergeben sich gleichgestaltige Teile in der Art, wie Teile von Wasser wiederum Wasser sind, — während Teile einer Silbe nicht Silben sind. I n gleicher Weise verstehen die Denker, die von Elementen der Körper sprechen, hierunter dasjenige, wohinein die K ö r p e r als letzte Teile zerlegt werden, während die Ele107
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Metaphysik
mente nicht in etwas anderes zerlegt werden können, das sich der Gestalt nach von ihnen unterschiede; jene Denker 35 nennen derartige Dinge „Elemente", mag es nun davon nur eine Art oder mehrere Arten geben. Fast in demselben Sinne spricht man von Elementen der geometrischen Beweise durch Figuren und der Beweise überhaupt; denn die Beweise, die die ersten sind und die in mehreren Beweisen 1014b als Bestandteile enthalten sind, werden als Elemente dieser Beweise bezeichnet. Von dieser Art sind die ersten Schlußfolgerungen, die sich aus drei Gliedern dank einem 3 Mittleren ergeben. Von hier aus hat man die Bezeichnung „Element" auf 5 das übertragen, das — weil es eines ist und klein — f ü r vieles brauchbar ist. Deshalb bezeichnet man Kleines, Einfaches und Unzerlegbares als Element. Daher kommt es, daß auch die allgemeinsten Dinge als Elemente bezeichnet werden (weil jedes Allgemeinste eines und einfach ist und an vielen Dingen besteht: entweder an allen oder möglichst vielen) und daß es manchem Denker scheint, auch das Eine und der Punkt seien Quellen. Da nun die soge10 nannten Gattungen allgemein und unzerlegbar sind (denn es gibt keinen Begriff von ihnen), bezeichnen manche Denker auch die Gattungen als Elemente — und zwar diese noch mehr als die Unterschiede, da die Gattungen allgemeiner sind: denn woran ein Unterschied besteht, das hat auch eine Gattung, woran aber eine Gattung besteht, das u hat nicht immer auch einen Unterschied. Allen Bedeutungen des Wortes „Element" ist gemeinsam, daß das Element des Einzelnen dasjenige ist, was am Ein15 zelnen als Erstes besteht. 4. K a p i t e l 16 Natur heißt: [1] die Entstehung der wachsenden Dinge (gleichsam als ob man das v in OQi£eiv aqicovov äyivxog
abgelöst Erörterung der Probleme Problem, Problematik herausschneiden Verneinung berühren Tüchtigkeit Arithmetik zählbar Zahl Linkes Harmonie Harmonisches Harmonielehre Männliches Ungestaltetes abhängen Gerades Quelle Sterne Astronomie unvergleichbar Unmeßbarkeit unmeßbar nichtzusammengesetzt weniger zusammengesetzt unkörperlich ungeordnet Unordnung unvollendet unvollendbar unzerschneidbar unteilbar Zunahme Selbstlauf selbst, Selbstwegnehmen, abstrahieren Wegnahme, Abstraktion Berührimg unvergänglich abgrenzen Konsonant imbeseelt
ßaSi£eiv
fortschreiten, gehen
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Übersetzungsregister ßd&og ßa&v ßagv ßaQVTTjq ßia ßtd^sa&at ßiaiog ßovÄeo&ai ßgovrav
Tiefe Tiefes Schweres Schwere Gewalt gewaltsam anpassen gewaltsam sagen wollen donnern
yalrjvr} ydfiog yeveaig yevtjTÖg yevog yecoöataia yecofierQijg yecofisTgia yij yrjivog y^Qavaig yiyveoftat yiyvcbaxeiv yvojQc^eiv yvcbgifiog yv&aig ygdftfiaTa yQafifumxri ygafifiarixog VQO-m yvvrj
Meeresruhe Ehe Entstehung entstehungsfähig Gattimg Geodäsie Vertreter der Geometrie Geometrie Erde irden Altern entstehen kennen erkennen erkennbar, verständlich Kenntnis, Erkenntnis Schriftzeichen Sprachkunde sprachkundig Linie Weib
bdv.zvl.og Sexdg öexrixög deitov äeafiog ra devgo drjXcoaig öiä Tiaamv Sia rt öiaygafifia diayeuyij
Finger Zehn empfänglich Rechtes Bindung Dinge unserer Umgebung Verdeutlichung Oktave Warum geometrische Figur Lebensgenuß Anlage
ÖIODEOIQ
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Anhang öia&iyrj dtaCgeoig diaiQsrös öiaxeto&ai Statcöa[itjaig diaxgiveiv SiaMysa&ai dtaÄexTixtf SlalEPCTtXÖQ ÖldßSTQOQ Siavoeiaftat öiavorjTtxoQ öiavorjröv öidvoia dtanÖQrjfia 8idori]fia öiarpegeiv diacpoQä dia2 „deus ex machina", wie einen „deus ex machina" gebrauchen (ßrjxavfj XQfjoftai) — Anaxagoras und die Vernunft 9 8 5 a 1 5 Diagonale des Quadrats (didfiergog) — unmeßbar 9 8 3 a l 5 _ 2 1 , 12 a 3 0 , 17*31-85, 1QD21, 24W7-20j 47bS, 5lb20, 53ai5 Dialektiker, Dialektik (diahexrixoi, diaXenTix^) — D.er und Sophisten 995 b 2 °, 04 b 1 5 , — D. unterschieden von Sophistik und Philosophie 0 4 b 2 0 _ 2 5 , — mit D . gab man sich früher noch nicht ab 987 b 3 °, 78 b 2 5 Dichter (7ionjTijg) — als Zeugen 995 a 5 , — ihre Lehre über die
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Hauptregister Quellen 91 b 1 " 5 , — über das Göttliche 982™°, — über den Atlas 23 a 1 5 Dichtes (7V0XVÓV) — u. Dünnes als Quellen 985 b10 , — Eissein als Yerdichtetsein (nvxvova&ai) 42 b 2 5 Dieses (róde, róde ri) — D. als Wesen: was von anderen ausgesagt wird, ist keinD., D. besteht nur an Wesen 3 0 a 2 _ s , — abtrennbar und D. zu sein, kommt dem Wesen zu 29 a 2 5 , — wenn der „Selbst-Mensch" D. ist, dann auch „Lebewesen" u. „Zweifüßiges" 3 9 a 3 0 _ b 2 , — Veränderung im Hinblick auf das D. 69 b l °, — als erste Quellen gibt es ein D., das ein Erstes der Verwirklichung nach, und ein D., das ein Erstes dem Vermögen nach ist 7 1 a 1 5 - 2 0 , — Stoff nur dem Vermögen nach D.; Begriff und Form ein D., das dem Begriff nach absonderbar ist 42 a 2 5 , vgl. 49 a 3 5 , 65 b l ° (Form oder Privation — vgl. 66 a l s ), — Teile, die Dinge als Diese kennzeichnen 171)15-25^ _ d . an D.m (Jenem) 30^15, 36 b2 °, vgl. 994 a 2 °, 17 a l °, 44a2o; _ D. u. das Quantitative (Quantum) als dasselbe 89 b3 ° — D. als Gegensatz zur Affektion 01 b3 °, 38 b 2 5 , — D. als Art des Ausgesagten 32 a 1 5 , 89 a l °, — D. als Gegensatz zum Allgemeinen und zum Solchen 39 a l 4 ~ 2 3 , 6 6 a l s , 89 a l °- 1 5 (qualitatives u. quantitatives „Solches"), — der Mensch bringt aus „D." ein „Solches" hervor, u. wenn es zur Entstehung gebracht ist, ist es ein „solches Dieses" (róde roióvSe) 33 b2 °, vgl. 33 b l — vgl. auch Solches, Was, Wesen Diogenes ( Aioyévt]g) — 984 a 5 Dionysische Spiele ( Aiovvaia) — 23 b l ° diskutieren (StaXéyeoftai) — allgemeine Voraussetzungen 06 b S (mit sich selbst d.), vgl. 07 a 2 °, 12 b5 (von Definition ausgehend), — bei den Pythagoreern 989 b3 °, — vgl. auch Dialektik donnern (ßqovräv) — die Frage nach dem Wodurch des D.s 4)[a25 Doppeltes (öinMaiov) — als Verhältnis zum Einen 20 b 3 2 , — die durch Verdopplung (vom Einen aus) entstehende Zahl (8i7tXaaioCó/j,evog) 84 a 5 drei — drei Arten (TQITTÓQ) Flächen außer den sinnlichen 76 b30 — Dreifaches (rgmldaiov) bezüglich zu seinem Drittel (dem Einfachen) 20 b 2 6 — in drei Richtungen (rgt/jj) zerlegbar (Körper) 16 b25 Dreieck (rQiycovov) — die Winkelsumme (zwei Rechte) ist nicht im Wesen des D.s enthalten, kommt zu ihm aber von ihm
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Anhang selbst her hinzu 25 a 3 0 , — warum sie ihm zukommt 51 a 2 1 ~ 2 5 , — Schlußfolgerungen darüber 86 M 5 , — die Zahlen auf d.ige . Figuren zurückführen 9 2 b l ° dritter (rghog) — d. Mensch 990 M 5 - 1 7 , 39 a l , 59 M , 79 a 1 3 , — im Chor 18 b25 — Drittel (TQiTrjfioQiov) als bezüglich 20 b26 — Satz vom ausgeschlossenen Dritten 1 l M 3 - 1 2 a 1 7 , 63 w 9 " 2 4 Dünnes (pavöv) — u. Dichtes als Quellen 985 b l °, 992 b5 durch (vn6) — beim Entstehenden gibt es etwas, d. das es entsteht (das, woher der Anfang der Bewegung stammt) 33 a 2 4 , — wodurch sich etwas verändert (das erste Bewegende) 70 a i Ehe (ydfiog) — bei den Pythagoreern 78 b20 ehern — s. Erz ehrwürdig (rt fiiog) — am e.sten ist das Alteste (der Schwur) 983 b30 , - e.ste Wissenschaft 983^, 26 a 2 0 , 75 b2 °, - W. des E.sten 26 a 2 0 , 64 b i, - die Vernunft als E.stes 74*25-30 eigentümlich (olxelog, löioe) — oixstog — gibt es nur den der Sache e.en Begriff? 24 M 0 , — der Gattung e.e Affektionen 58a35,b20 — im eigentlichen Sinne (olxuwq) sprechen 14 a 5 — iSiog — objektiv e.: 990 a 1 8 (den sinnl. Körpern), 0 4 b l o _ 1 5 (der Zahl, den Körpern, den Seienden insofern es ist), 10M.15 (den Sinneswahrnehmungen), 64 b20 (der Kunst), — das Allgemeine e. ? 38 b20 — e.e Lehren usw. 42 a 5 , 1 0 , 61 b17 , 86 a i° Eines (ev) — man kann nichts denken, wenn man nicht e. denkt 06 M 0 — Bedeutungen 05 a5 -io, 15M6-I7 a 5 ( = a 6), 52 a is — Problem B [11]: ob Seiendes u. E . Wesen (Elemente) od. Hinzugekommenes sind 996 a 5 , 01 a 4 " b 2 5 , 53 b 9 -54 a 1 9 ( = 7 2 ) , vgl. auch 998 b20 (Gattungen), 05 a 5 - 1 0 (Allgemeines), 40 M 6 (sein Wesen), 59 b 2 5 - 3 °, 70 b5 (bloß Gedachtes!) — E . u. Seiendes (vgl. Seiendes): 986 b15 , 03 b 2 2 -04 a 9 . b 5 , 40 M 6 , 45 M _ 7 , 60 b5 — E . und All 986 b i°, 988 b22 (All als E., als Stoff), - „alles würde e. sein" 06 b i 5 , 36 b20 — „das Eine zu den Vielen" (ro ev im noM&v) 990 b5 -i°, 991 a i, 999 b2S (zu den Allen), 40 b2 s, 79 a i — E . und „die Einen" 56 b2 °, 83 a 2 S — Erörterung in I 1: Bedeutungen (das E . als Unzerlegbares) 52 a15 —53 bs , — 1 2 : das E . ist kein Wesen, sondern von der Art des Seienden 53 b9 —54 a19 , vgl. oben Problem B [11], — 428
Hauptregister 1 3 : das E . (Identische, Ähnliche, Gleiche) und die Menge 5 4 a 2 0 - 5 5 a 2 , - vgl. 21 a 1 0 , — I 6 : wie ist das B . den Vielen (der Menge) entgegengesetzt? 5 6 M - 5 7 a 1 7 , vgl. 9 8 6 M 0 , 0 4 a 1 0 , 0 5 a 5 , 75 a 3 0 , 87 b 2 S , vgl. oben: das E . zu den Vielen — E . (das zum E . n gehörige Sein) i s t : das Unzerlegbare 9 9 9 a l , 4 1 a 1 5 , - i s t : Quelle der Zahl und Maß 16 b 1 7 , 2 1 a l ° , 52 b l —53 b 8 , 72 a 3 ° (das Einfache dagegen ein Verhalten der Sache selbst), ist also selbst nicht Zahl 8 8 a 5 , — aber Zahl (Definition) ist e. 4 4 a 1 " 5 , 45 a ?-b23 (=H 6), vgl. 37t> 8 -38 a 3 5 (=Z 12) — e. der Zahl, Gestalt, F o r m u. Analogie nach 1 6 M 1 , — e. der Z. u. der G. nach 9 9 9 b 2 4 - 0 0 a 4 (Problem B [9] für dieQuellen), 02D20-25j 33b30) _ d e r z . u . dem Begriff nach 39 a 2 S , 8 7 ™ , _ identisch ist, was der Z. und der G. (dem Begriff) nach e. ist 54 a 3 2 , vgl. 60 b 2 8 , — dem B . nach das E . und der Sinneswahrnehmung nach mehreres 986 b 3 °, — e. der Gestalt, dem Begriff und dem Zusammenhang nach IS 05, — e. dem Zusammenhang, dem Quantum und dem Quäle nach 14 b 2 5 , — e. durch Berührung, Mischung und Lage 8 2 a 2 0 — e. aussagen oder etwas über e. (xati' EVOS) aussagen 06 b 1 5 , — „von e. her", (y.a&'Hv) und „in bezug auf e." (jrgog sv) 03 a 33bio-i5 ( 30*11, V gi. 0 6 a l ° , 4 3 a 3 5 , 6 1 M 0 — bei Anaxagoras 9 8 9 M S , 69 b 2 0 , — bei Empedokles 0 0 a 2 S , 0 1 a l ° , — bei den Pythagoreern 987 a 1 5 , 2 5 , 0 1 a l ° , 8 0 M 5 - S 0 , — bei den Eleaten 9 8 6 b 1 5 - 2 0 , 0 1 a 3 ° - b l , - bei Piaton 987b2, 9 8 8 b l , 992 a 5, 01al0>20-30) 80W5 — vgl. auch Einheit, Eins einfach (änhov*;) — das E . e bezeichnet ein Verhalten der Dinge selbst, im Gegensatz zum Einen, das ein Maß ist 7 2 a 3 0 — e.e Körper 984*5, 988 b 3 °,17 b "> (als Wesen), 42 a 5, 6 7 a l — e.e Dinge, E . e s 9 8 9 b i s (das E i n e bei Anaxagoras), 14 b S (als Element), 1 5 M 0 (als erstes Notwendiges), 27 b 2 S , 41 b 5 (keine Untersuchung), — das E . e ist eher Quelle 59 b 3 5 — e.e Bewegung 53 a S , 7 3 a 2 5 , — e.e Entstehung ( E . schlechthin), 42 b 5 , 67 b 2 0 , 6 8 a 3 5 - b l , 69 b l °, 88 a 3 ° Einfluß haben- (ovfißdAAeoftai) — welchen E . sollen denn die Gestalten auf die Sinnesdinge haben? 991 a 3 , 79 b 1 2 , vgl. 76al Einheit (evörrjg) — Identität eine Art E . 18 a 5 , — Ganzheit als eine E . 23 b 3 5 , — Gleichheit und E . 5 4 b l , — vgl. auch Eines, Eins einheitlieh (fiovaSixdg) — e.e Zahlen (die arithmetischen) 80b1®,3®, 82 b 5 , 83 b 1 5 Einleitung (neqjgoifuaa/isva) — in unserer E . 995 b 5
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Anhang einmal (&ia£) — Wesen jeder Zahl ist das, was sie ist, wenn m a n sie einmal n i m m t 20 b 5 _ 8 E i n s (/tlovag) — das in allen R i c h t u n g e n Unzerlegbare, das keine Lage h a t 16 b 2 5 - 3 0 , 84 b25 , - P u n k t ohne Lage 16 b 2 5 - 3 1 , 69 a 1 0 , 84 b25 , — das der Q u a n t i t ä t n a c h Unzerlegbare u. M a ß 89 M 5 , vgl. 53 a l , — v o n Zahl unterschieden 8 3 a l — gleichartige Einsen 991 1121-25 , — unterschiedene, unvergleichbare 992 a 2 , 80ai2-3?) 80b37_82b37 ( = M 7) — vgl. auch Eines, Einheit, einheitlich einschränken, E i n s c h r ä n k u n g e n hinzufügen (ngoodiogiCeafiai) — beim Widerspruchssatz O5b20,2S> — bei dem Satz, d a ß Vermögendes hervorbringt, was es v e r m a g 48 a 1 5 Einsicht, einsichtig (ipgövtjaig, (pgovLfiog) — eine E . suchen 982 b20 , — die Sinneswahrnehmung als E . auffassen 09 b l °, — auch die Wahnsinnigen h a b e n E . ? 09 b 3 0 , — Voraussetzung v o n Wissenschaft u. E . 78 b15 , — e.e u n d gelehrige Lebewesen 980 b 2 1 Einzelding (ro xa&' exaarov) — besteht aus Stoff u. N a t u r ( = Gestalt) 70 a l ° — ein der Zahl n a c h Eines 999 b30 , — die A r t wird nicht n a c h etwas anderem bezeichnet 39 b l °, — die Alten f a ß t e n die E . e als Wesen auf 69 a 2 5 — E r f a h r u n g ist Wissen über das E . , H a n d l u n g e n u. E n t stehungen betreffen das E . 981 a 1 5 - 2 0 — ein E . erzeugt das andere 70 a 2 S , vgl. 7 3 a l , auch „Mensch" — P r o b l e m B [8]: ob es neben den E . e n (dem Konkreten) noch andere Dinge gibt oder nichts u n d was das f ü r andere Dinge sind 995^0-35, 9 9 9 a24-b24 ) v g i . [g] = 60 3 3 - 2 5 , B [12] ob die Quellen etwas Allgemeines sind oder etwas v o n der A r t der E . e 996 a 5 - 1 0 , 0 3 ^ - " , vgl. 71 a 2 0 (die Quelle des Einzeldinges ist i m m e r ein Einzelding), 86 b14 —87 a25 ( = M 10)
— E . e u. verwirklichende Ursachen 14 a2 °, — E . u n d Allgemeines vgl. „Allgemeines" — vgl. auch Konkretes, Kombiniertes, Einzelnes Einzelnes (ey.aarov) — Problem B [6]: ob Quellen u. E l e m e n t e die G a t t u n g e n oder eher die ersten Bestandteile sind, aus denen das E . s t a m m t 995 b2S , 998 a 2 0 ~ b 1 4 , — B [7] ob diejenigen G a t t u n g e n Quellen sind, die als Letztes oder als E r s t e s v o m Unteilbaren ausgesagt werden: ob z. B . „Lebewesen" oder „Mensch" Quelle ist u. eher als das andere neben dem Einzelmenschen existiert 995 b 2 5 - 3 0 , 9 9 8 b l 0 - 9 9 9 a 2 ° — E r ö r t e r u n g inZ 6: E . u. jeweils zugehöriges Sein sind beim E i n f a c h e n identisch 31 a15 —32 a11 , — vgl. auch Einzelding
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Hauptregister Einzelwissenschaft (ra ev fteget) — 03 a21 , — Vertreter der E.en (ol xarä /lioos...) 05 a 2 5 - 3 0 einzig in seiner Art (ßovayÖQ) — Sonne u. Mond 40 a27 Eis (xQVGTa?.Äog) — wie es zu definieren ist 43 a 5 - 1 0 Element (OTOI%S%OV) — Bedeutungen (erster Bestandteil) 14a26-bi5 ( = 2 3), — dasjenige, woraus als Erstem die Dinge entstehen u. in das sie vergehen (Naturphil.) 983 b6-1 °, — das, in das ein Ding zerlegt wird als ein Bestandteil im Sinne von Stoff 41 630 ,—außer denE.en gehört zu den Quellen auch die bewegende Ursache TO1522-25, vgl. 41 b30 (sie ist Wesen u. Qu., aber nicht E.), — E. ist Quelle der Zeit nach, im Sinne von Teil u. Stoff; das Allgemeine ist Quelle dem Begriff nach, im Sinne von Gestalt u. Wesen 84 6 1 5 - 2 0 , vgl. 59 b21 — 60 a l , — E.e werden nicht von den Dingen ausgesagt, deren E.e sie sind 88 b5 , — Ursachen u. E.e für „andere" Dinge jeweils „andere" 71 a2S , — mehrere E.e setzen heißt das Eine und das Seiende in der Mehrzahl setzen 01 a15 , — wie sich E.e u. Quellen zum Guten u. Schönen verhalten 91 a30 — 92 a8 (=iV 4) — Problem B [6]: sind E.e u. Quellen die Gattungen oder die Bestandteile? 995 b25 , 998 a20 ~ b14 (E.e geometrischer Figuren 998 a25 ), — B [13]: existieren die E.e dem Vermögen nach oder der Verwirklichung nach? 996 a10 , 02 b32 — 03 a5 , - A 4: für Wesen u. Affektionen sind Quellen u. E.e nur der Analogie nach identisch I Q ^ ' H ^ , vgl. 992 w 5 -993 a l ° (nur E.e der Wesen, nicht alles Seienden), — M10: ob E.e u. Quellen (auch Silben u. Buchstaben) Einzeldinge oder Allgemeines sind se^M-SV*25 — Ursachen, Quellen u. E.e der Wesen als Gegenstand der Untersuchung 42 a6 , 59b21—60al (Quellen im Sinne von E.en oder von Allgemeinem?), — die Alten suchten nach ihnen 69 a25 , — die Atomisten nahmen zwei E.e an 986 b5 , Empedokles als erster vier 985 a25 - 30 ,!998 a30 , - s i e faßten sie in Gestalt von Stoff auf (auch Pyth.) 986bS, etwa als kleinstteilige Körper 989 a l , - Anaxagoras (2 Elemente?) 989a3°, — Pythagoreer 989M0 — ob ewige Dinge aus E.en bestehen 88 M 4 - 2 8 (die unbestimmte Zwei E.i), — was die Quellen, E.e u. Ursachen der mathem. Dinge sind 25b5, — was die E.e der Zahlen sind 87 bl0 ~ 15 , — ob die E.e der Gestalten (Ideen u. Zahlen) E.e (u. Quellen) der Dinge sind 987M5-20 (Piaton), 86 a21 - 29 Elf (¿väexdq) - die E. keine „Idee"? 84 a25 Empedokles {'E/j,neäoxXfjs) - 984a5, 985 a i-io, 2 °- b3 , 988 a15 , 25 , 989a20-30) 993ai^ 996a5) 998a30, 00 a25 - b2 °, Ol»1", 09 b15 - 20 ,
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Anhang 1 5 a l , 69 t 2 0 , 72 a 5 , 75 b l , 91 b l °, — A n s p i e l u n g ohne N e n n u n g 0 4 M 0 , 28 b 5 , 53 b 1 5 , 9 2 * 5 « e m p f ä n g l i c h (Sey.zixoq) — Gegenteile u. e.es M a t e r i a l 18 a 2 0 , 2 5 , 55a25 b5> _ f ü r G u t u. Böse 56 a 2 5 , — f ü r B e w e g u n g 68 M 5 , — f ü r W e s e n ( V e r n u n f t ) 72 b 2 ° E n d z i e l (reAoj) — dasjenige, w a s n i c h t wegen eines a n d e r e n , s o n d e r n wegen dessen d a s a n d e r e i s t 9 9 4 b 9 - 1 0 (wo Mittelglied, d o r t a u c h E . ) , — d a s l e t z t e W e s w e g e n 2 i b 2 ° - 3 0 , vgl. 13 a 3 ° (Weswegen u. Ursache) — i s t Grenze 9 9 4 b l s , — b e w e g t als E r s t e s (Weswegen) 59 a 3 5 , — b e i m Schlechten E . u . V e r w i r k l i c h u n g schlechter als Verm ö g e n 5 1 a l s , — T o d i n ü b e r t r a g e n e m Sinne als E . 21 b2S , — E . j e d e r O r t s b e w e g u n g die B e w e g u n g der g ö t t l i c h e n K ö r p e r a m H i m m e l 74 a 3 0 , — der U n t e r s u c h u n g 4 2 a 3 — vgl. a u c h letzt, vollendet, Vollendung, W e s w e g e n E n t f e r n t e r e s (noggcbregov) — u n t e r d e n U r s a c h e n des H i n z u g e k o m m e n e n 14 a i-5 E n t f e t t u n g , e n t f e t t e n (laptaaia, iayvaiveiv) — E n t f e t t u n g als E n d z i e l des E n t f e t t e n s 48 b 1 8 , vgl. j e d o c h 48 b 2 S , — als U r s a c h e d e r G e s u n d h e i t 13 b l e n t f l e c h t e n (öiaxgivetv) — i n E l e m e n t e (Gegs.: v e r f l e c h t e n ) 984aio ; i5 ) 985a.20-29j 988 b3 °, 75 a 2 0 , — e.de F a r b e 5 7 b 5 - 2 0 entgegengesetzt, E n t g e g e n g e s e t z t s e i n , E n t g e g e n s e t z u n g (ävuxeißevog, avxixsXo&ai, ävzi&emg) — B e d e u t u n g e n v o n E n t g e gengesetztsein ( E n t g e g e n s e t z u n g ) 18 a 2 0 ~ 2 5 ( = A 10), 54 a 2 0 , vgl. 55 a 3 5 , b 3 °, 5 6 a l , 5 , b 5 - 3 5 , 57 a 3 0 , 3 5 , 59 a l °, 67 b 2 ° — e.e U n t e r s c h i e d e 16 a 2 5 — V e r ä n d e r u n g ins E . e l l b 3 0 , 57 a 3 0 , 69 b 3 — e.e B e h a u p t u n g e n (vgl. a u c h W i d e r s p r u c h ) k ö n n e n n i c h t gleichzeitig w a h r sein II™ 3 , 62 a 5 - s ( ) , b 1 5 , 6 3 b i s — ävTWEifiEvcog (im Sinne der E n t g e g e n s e t z u n g ) 17 a 2 , IS 510 , 15 , 115 , vgl. 43 a l — vgl. a u c h Gegenteil, W i d e r s p r e c h e n d e s E n t s c h l u ß (ngoalgeoiQ) - E . als Quelle 13 a2 °, 1 8 M 0 " 2 5 (u. F r ü h e r e s ) , — S t r e b e n u . E . als e n t s c h e i d e n d f ü r s H e r v o r b r i n g e n 4 8 a l ° - 2 4 , vgl. 2 0 b 2 0 - 2 5 , — Gewalt (notwendig) ist das, w a s u n s h i n d e r t , d e m eigenen E . zu e n t s p r e c h e n 15 a 2 5 , — Philosophie u n t e r s c h e i d e t sich v o n der Sophistik d u r c h d e n E . , d e n sie f ü r s L e b e n g e f a ß t h a t 04 b 2 5 — entschlossen (TigoatgeTixög) 2 5 a l , — w o z u m a n sich e n t schlossen h a t t e (ngoaigeTov), ist dasselbe wie das, w a s m a n g e t a n h a t 25 b 2 ° e n t s t e h e n (yiyvea&ai) — alles E . d e h a t Stoff 32 a 2 0 , — schlichtes u. a n d e r e s E . 42 b 5 , — E . s e t z t v o r a u s 1. das, a u s d e m e t w a s 432
Hauptregister entsteht, 2. das, was entsteht, 3. das, durch das es e n t s t e h t 999 b 5 ,10 a 2 0 , 32 a 1 2 , 33a24-25jbiO) 44b2i; 491125 — 1. („aus d e m " ) : 32 b30 —33 a23 , — es m u ß immer schon etwas v o r h a n d e n sein, nämlich Stoff 10 a 1 5 , 3 2 b 3 0 - 3 3 a 5 , 49 M 5 , — E . aus P r i v a t i o n (Nichtseiendem)? 33^-2", 55 b l °, 62 b25 , doch wohl aus Stoff 33 a 2 5 , 69 b10 , 20 , — aus einem d e m Vermögen n a c h Seienden 88 b15 , — das Letzte, aus dem etwas e n t s t e h t , m u ß u n e n t s t a n d e n sein 999 b5 ~ 10 — aus anderem a) wie aus dem K n a b e n der M a n n e n t s t e h t oder b) wie aus Wasser L u f t e n t s t e h t 9 9 4 a 2 0 - b 6 , — E.des zu a) ist ein Mittleres zwischen Seiendem u n d Nichtseiendem 994 a 2 5 , e n t s t e h t nicht aus, sondern nach der E n t s t e h u n g 994 b l , — E . zu b) ist eine R ü c k k e h r der Dinge i n e i n a n d e r : das Vergehen des einen ist das E . des anderen 994 a 3 0 , b 5 — 2. („was") 3 3 a 2 4 - 3 4 a 8 ( =Z 8 ) , - G e s t a l t , jeweils zugehöriges Sein u. andere A r t e n des Ausgesagten entstehen nicht als solche (33 b5 , 34 b '- 1 9 ), sondern a n dem Stoff (33 b 1 5 ); die Ges t a l t ist ohne W i r k u n g auf E n t s t e h u n g (33 b25 ), — das E . d e b e s t e h t aus Gestalt u n d Stoff (33 b15 ), wird ein „solches Dieses" (33 b 2 °- 2 5 ); weder Gestalt noch Stoff entsteht, sondern das K o m b i n i e r t e 33 b l °, 42a3, 43 b i 5 , 44 b2 *, 69b35 — 3. („durch das") 32ai2-b3 ( = Z 7), 3 4 a 9 - b " ( = Z 9), - das, woher der A n f a n g der Bewegung s t a m m t 33 a 2 5 , — ein Gleichnamiges oder der Gestalt n a c h Identisches 33 b30 , 49 b 2 5 , 70"®, — das Erzeugende ist Ursache der Gestalt i m Stoff 34 a 5 , — es gibt E . a) v o n N a t u r , b) durch K u n s t , c) durch Selbstlauf 32 a i 2 , 70 a 5 — a) v o n N a t u r 3 2 a 1 5 - 2 5 , — der Mensch erzeugt den Menschen 32 a 2 5 , 33 b30 , 70 a 5 , 2 5 , b 3 0 , 92 a 1 5 , — andere A r t e n des E . s sind „ H e r v o r b r i n g u n g e n " (Kunst, Vermögen, Denken) 32 a 2 5 , — E . v o n N a t u r oder durch Selbstlauf 32 a3 °, 34 a 3 3 - b 7 — b) durch K u n s t (Gestalt in der Seele) 32 b 1 " 3 0 , - E . durch K . oder Selbstlauf 3 2 a 2 5 - M , b 2 1 - s 0 , 34 a 9 - 3 2 , — E . der Gesundheit 32bi-i4 34a25-32) _ Vergleich m i t Schlußfolgerungen 34 a 3 ° — c) durch den Selbstlauf 32 a 2 5 - 3 0 , b 2 1 , - durch S. oder K u n s t 34 a 9 - 3 2 , - durch S. oder v o n N a t u r 34 a33 ~ b ? — vgl. auch E n t s t e h u n g , entstehungsfähig. E n t s t e h u n g (yeveaig) — ist eine A r t Veränderung u n d — vor allem als „schlichte" E . (E. „schlechthin") — v o n a n d e r e n Veränderungen (Verwandlung, Bewegung, Zu- u n d Abnahme) u. v o n ihrem Gegenteil (Untergang) zu unterscheiden 4 2 a 3 2 - b 8 , 67 b2 °, 68 a l , 69 b10 , 88 a3 °, - sie ist Veränderung des Wesens, in ihr sind die übrigen V.en e n t h a l t e n 42 b l , — sie ist V e r ä n d e r u n g v o n der P r i v a t i o n zum Diesen 42 b l , 69 M 0 , 28 Aristoteles, Metaphysik
Anhang — Veränderung aus einem Nichtsubstrat in ein Substrat 67 b2 °, — also Veränderung aus einer Privation (42 M ), aus einem Widersprechenden (67 b2 °), aus Gegenteilen 55 b10 (die E . , die es beim Stoff gibt), 91 b30 , — ein Mittleres zwischen Sein und Nichtsein 994 a 2 5 , — „schlichte" E . (E. schlechthin) und E . in einem bestimmten Punkt 67 b2 °, 68 a 3 5 , 69 b l °, 88 a 3 °, vgl. 42 b 5 — in Richtung vom Übergeordneten her nicht unbegrenzt 994a20)t6) _ daher ohne Ewiges keine E . möglich 999 b 5 - 1 0 , — keine E . der E . 68 a l 5 , 3 3 , M S — betrifft nur das Einzelding, das Kombinierte 981 a 1 5 , 42 a 3 0 , vgl. 92 a 3 0 , — bei anderen Dingen (Punkte, Gestalten) gibt es ein „ist" und „ist nicht" ohne E . 44 b 2 1 — der E . nach „später" 989 a 1 5 (der Natur nach früher), SO 3 4 - 5 (der Gestalt und dem Wesen nach), 77 a 2 5 (dem Wesen nach) — natürliche E . und Hervorbringung 3 2 a l s - b 1 4 — vgl. auch entstehen, entstehungsfähig entstehungsfähig (yev^ro?) — ohne Entstehung 2 7 a 2 9 - 3 0 , vgl. 44 b 2 1 , — Wesen 4 4 b l , — Stoff 69 b 2 S , vgl. 42 b 5 , — vgl. auch entstehen, Entstehung Epicharmos {'Emxagßog) — 10 a 5 , 86 a 1 5 Episoden, aus E . bestehend (¿neiaoöiudtj?) — nach der Zahlenlehre bestünde die Welt aus E . 7 6 a l , 90 b 1 5 - 2 0 Erde, irden (yrj, yrjivog) — E . als Element 989 a 5 ~ 2 5 , — E . und i. 49 a 2 0 Erfahrung (e/meigia) — ihre Bedeutung für Kunst und Wissenschaft 980 b 2 S — 981 b5 , — Mann der E . (e/nneigo?) 981 a 2 5 , b 3 0 erfassen (nyslv) — E . und Nennen sind wahr, Nichterfassen ist Nichtdenken 5 i b 2 ° - 2 5 , - E . u. Denken 72 b2 ° Erinnerung, sich erinnern (fivrjfirj, fivrjfioveveiv) — E . als Voraussetzung von Erfahrung 980 b 2 1 —981 a l erkennbar, verständlich (yvcbgifiog) — Quellen des E . e n (das Eine) 16 b20 , — Übergang von dem für den Einzelnen zu dem von Natur E . e n 2 9 b 1 - 1 2 , — das Gewohnte ist das V.e 9 9 5 a l erkennen (yvcagl^eiv) — wann es Sache verschiedener Wissenschaften ist 04 a 2 0 , b 5 , 0 5 a 2 5 - 3 0 , 37 a 1 5 , — die Philosophie begehrt im Gegensatz zur Dialektik Erkenntnisse 04 b 2 5 — durch Sinneswahrnehmung e. 980 a 2 S , 36 a 5 (oder Denken), durch Definition e. 998 b 5 , — vgl. auch kennen, wissen Erkenntnis — s. Kenntnis Erlernen, lernen (fia&rjaig, ßav&dveiv) — setzt Vorwissen voraus 992 b3 °, — macht das von Natur Erkennbare zu etwas für den Einzelnen Erkennbarem 2 9 b l _ 1 2 , — gelehriger (fia&rjfiazDccbreQa) sind die der Erinnerung fähigen Lebe434
Hauptregister wesen; lernen können die L., die vermögend sind, den Schall zu hören 9 8 0 M 1 " 2 5 Eros (sgog, egcog) — bei Parmenides u. Hesiod 9 8 4 M 5 Erscheinung (ipaivö/xevov) — E . im Gegensatz zum Seienden: Sophistik als Scheinweisheit 04 b 1 5 , — das schön Erscheinende und das schön Seiende 72 a 2 5 , vgl. 13 b 2 5 , — nicht alle E r scheinungen können wahr sein 0 9 a 6 — i l a 2 , 11 al3-t>l ( ß . j s t nur E . für jemanden) — E . als Seiendes: den E . e n entsprechen (folgen, nahekommen) 9 8 6 M 0 (Parmenides war dazu gezwungen), vgl. 989 b 2 °, 73 b 3 5 , 7 4 a l , — der Stoff nur als E . ein Dieses 70 a 1 0 , — Vernunft als göttlichste E . 7 4 b l s , — E . zeigt u. Begriff bezeugt 8 7 b l — zur E . kommen (i/xtpaiveGßai) 91 a 3 S (das Gute u. Schöne) Erschleichung der Quelle (petitio principii, airela&ai ro iv ÜQXtj) ~~ beim Beweis des Widerspruchssatzes 06 a 1 5 , 2 0 , vgl. OS1"1 (ro ¿1 ägxrjg xeifievov) Erstes (ngärov) — E . und von ihm selbst her Bezeichnetes 32®®, — zum E . n gibt es kein Gegenteil 75 b 2 0 , — die Arten des Ausgesagten als E . 3 4 b 7 - 1 0 — wissen heißt die erste Ursache erkennen 983 a 2 5 , — Weisheit beschäftigt sich mit dem Ersten u. den Ursachen 9 8 2 b l , — Wissenschaft beschäftigt sich vornehmlich mit dem Ersten 03*15 — Quelle (Element) ist das, woraus etwas als dem Ersten entsteht (zusammengesetzt ist) 983 b 6 , 9 9 8 a 2 ° - 2 5 , 1 3 a l ~ 5 (vgl. 12b24)> I4a26)b25) 52bi0) v g i . 2 2 * « (Farbe entsteht an Fläche als Erstem) — Wesen ist in jeder Bedeutung E . : dem Begriff, der Erkenntnis, der Zeit nach 28 a 3 1 , — das erste Wesen ist Gestalt 3 2 b l , ist nicht das Allgemeine, sondern das dem Ding Eigentümliche 38 b l °, vgl. 3 7 b l (von dem nicht gesagt wird, es sei „eines an einem anderen"), 4 9 a 2 5 — erster Stoff i 5 a 5 (Natur), 4 4 a 1 5 (für die Galle das Bittere), 49a25 (nicht nach einem anderen bezeichnet), vgl. i 6 a 2 ° (Substrat im Verhältnis zum Endziel entweder das E . oder Letzte) — Problem B [7]: sind die Gattungen Quellen, so fragt es sich, ob diejenigen Gattungen, die vom Unteilbaren als E . oder Letztes ausgesagt werden 9 9 5 b 2 5 - 3 0 , 9 98 b 1 4 —999 a 2 3 , — vgl. 18 b l ° (das E . in jeder Gattung), 16 a 2 0 (Erstes oder Letztes als Substrat) — erste Natur 15 a 5 (Stoff), — e.s Notwendiges 15 b 1 0 (das Einfache), — e.s Vermögen 20 a 5 , 4 6 a 1 5 , — e.s Affiziertes 44 b 1 5 , — e. Privation 4 6 b l ° - 1 5 (Gegenteil)
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Anhang — erstes B e w e g e n d e s 67 b 5 , 7 0 a l (wodurch sich e t w a s v e r ä n d e r t ; w a s sich v e r ä n d e r t , i s t S t o f f ; w o h i n e i n es sich v e r ä n d e r t , ist Gestalt), vgl. 15 a 1 5 - d i e e r s t e n ( g e s t a l t h a f t e n ) Z a h l e n 8 0 a 2 5 b 2 ° , 8 1 a l ~ M 3 , vgl. a u c h 987 b 3 °, 5 2 a 5 ( = P r i m z a h l ? ) , „ e r s t e " F l ä c h e n 6 0 M 0 — die z u e r s t p h i l o s o p h i e r t h a b e n 982 M 1 , 983 b 6 — vgl. a u c h f r ü h e r u. s p ä t e r , p r i m ä r E r w ä r m u n g (M^fiavaig) — als B e w e g u n g (im G e g e n s a t z z u r W ä r m e ) 67 b l °, — E r w ä r m e n d e s u. E r w ä r m t e s (-OeQfiavrixog u n d ßeQfiavTÖg) als bezüglich 20 b 2 6 E r w e r b (hfjyiig) — u . V e r l u s t I 8 a 3 ° - 3 5 (von Gegenteilen), 5 5 a 3 5 E r w ü n s c h t e s , u m seiner selbst willen (algerov öi'avro) — 72a35
E r z , e h e r n (yaXxog, yaXy.ovg) — 3 3 a l - b 1 5 , 34 b 1 0 e t h i s c h (fi&ixög) — e.e T ü c h t i g k e i t e n ( S o k r a t e s ) 78 b 1 5 , — „e.e U n t e r s u c h u n g e n " (ra •/¡•d-ixa.) 981 b 2 S (Aristoteles), — e.e D i n g e 987bl (Sokrates E u d o x o s (EiSöoSog) - 991 a 1 5 , 7 3 b " , 79b2 E u e n o s (Evrjvog) — 15 a 2 5 E u r y t o s (EVQVZOQ) — 9 2 b l ° ewig (ätöiog) — E . s ist n i c h t i m s t a n d e , a u c h n i c h t z u sein 88 b2 °, — P r o b l e m B [4]: o b es n e b e n d e n Sinneswesen a u c h a n d e r e g i b t 9 9 5 b l ° - i 5 , 997 a 3 4 - 998 a 1 9 — e. s i n d die Quellen (Anaxagoras) 984 a 1 6 , — die m a t h e m . D i n g e ( P i a t o n ) 9 8 7 b l s , — die u n b e w e g t e n D i n g e (Wesen) 15bio-i5 ) 71 b 3 — die e . n D i n g e : i h r e G e s t a l t e n 990 b 8 , — n i c h t n u r d e m Verm ö g e n n a c h b e s t e h e n d 50 b 6 , — n i c h t s Schlechtes 51 a 2 °, — sinnliche u. a n d e r e e. W e s e n 9 9 1 a l ° , h a b e n Stoff 69 a 3 °, b 2 S , i h r e E n t s t e h u n g w ä r e a b s u r d 91 a 1 2 , — e. B e w e g u n g 7 1 b l s falsch, F a l s c h e s (ipEvSrjg, ytevSog) — B e d e u t u n g e n (f.e T a t sache, f.er Begriff, f . e r M e n s c h ) 2 4 b " - 2 5 a l ° ( =A 29), —f. i s t : v o m Seienden sagen, es sei n i c h t , u. v o m N i c h t s e i e n d e n , es sei l l b 2 5 , — d a s Gegenteil v o n d e m m e i n e n , was bei d e n S a c h e n selbst b e s t e h t 5 1 b l , — F . i s t zu scheiden v o m U n möglichen u . v o m N i c h t d e n k e n 47 b l °, 5 2 a l — o b alles zugleich w a h r u . f. sein k a n n ( W i d e r s p r u c h s s a t z ) 0 9 a 6 — l l a 2 ( = JT5), —ob e t w a s w a h r o d e r f. sein m u ß ( D r i t t e n satz) I l b 2 3 _ i 2 a i 7 ( = T 7 ) , o b alles w a h r u. o b alles f. sein k a n n 1 2 a " - b 2 2 ( = r 7 - 8 ) , 63 b 2 4 - 3 5 ( =K 6) - F . als n i c h t s e i e n d 2 7 b " - 2 8 a ( i ( = £ 4 ) , 5 1 a 3 4 - 5 2 a " ( = 0 10), — F . u . W a h r e s n i c h t i n d e n Sachen, s o n d e r n i n d e r Ü b e r legung 27 b 2 5 436
Hauptregister Farbe (%gä>fia, %goiä) — /ocü/za — Schwarz als verflechtende, Weiß als entflechtende F . 5 7 M " 1 5 — XQoid — das Eine aus F . zusammengesetzt? 91 a 1 5 , — Analogie zu Zahl u. Oberfläche 93 b2 ° Fehler (d/idgrr]fia) — beim Ewigen keine F . 51 a 2 ° fehlschließen, Fehlschluß (7iagakoyi£eoftai, jiaoaÄoyiafiöt;) — das „Woher" als Ursache des F.es 22a 2 " Fettiges (hnagdv) - als Stoff 44 a 2 0 , 4 6 a 2 0 " 2 5 Feuer (nvg) — als Element 984 a 5 , 989 a l , 9 9 6 ^ , 01 a 1 5 (Eines u. Seiendes), 49 a 2 5 (Luft feurig-TtijgivosJ), 6 7 a l - s — als Stoff der Naturdinge 70 a 1 5 , — Gold dem F . ähnlich, insofern es gelb u. rot ist 5 4 b 1 0 - 1 3 Figur (oxfjßa) — Problem B [14]: ob Figuren Wesen sind u. wie sie existieren 996 a l °- 1 5 , vgl. 01 b 2 6 —02 b u , — ob eine F . neben den Figur-Gestalten existieren kann 999 a 5 , — im Körper ist jede beliebige F . oder keine enthalten 02 a 2 0 — Fläche als Gattung aller Flächenfiguren u. als Substrat für Unterschiede 24 b l , — Dinge als gradlinige F.en 5 4 a l , — F . der ehernen Kugel 70 a 2 °, — Zahlen auf F.en zurückführen 92 b l ° — geometrische F . (didygapfia): ihre Elemente u. die Beweiselemente 998 a 2 5 , 14 a 3 5 , — Entdeckungen an ihr setzen Verwirklichung voraus 51 a 2 1 — vgl. auch Struktur, Ausgesagtes Fiktion {nXaofMTwörji;) — F . als das, was einer Annahme gewaltsam angepaßt ist 82 b l , — Ideenlehre als F . 81 b 3 0 , 82 b l , 8 5 a l s , vgl. 76 a 3 5 (nXaafiariag), 86aI- (nldaiq) Finger (SaxrvAog) — Kratylos hob nur noch den F . 10 a l °, — Sinneswahrnehmung und F . l l a 3 ° , 6 3 ^ , — F . früher als Mensch? 34 b25 —35 b25 , — F . als Maß 87b3® Finsternis (crxoro;) — als Quelle (Pyth.) 986 a 2 5 , — als Privation des Lichts 53 b 3 0 Fläche (enLTisöov, imqjdvEia) — inineSov: was in zwei Richtungen zerlegbar ist 16 b 2 5 , 24 a 3 5 -' b l, 76 b 5 - 3 9 , 79 b M — Flächenfigur ( a x f j ß a imneöov) 24 b l , 45 a 3 S , 79 b 5 — emtpaveta: als die begrenzte Breite 20 a l °, — als eben (weiß) 19 a l , 22 a 3 0 , 29 b l 5 _ 2 °, — als Schnitt (Zerlegung) der Körper 60 b 1 0 " 1 5 , — die ersten F . (folgen den Linien) 60 b l ° — Problem B [14]: ob Zahlen, F . n (Figuren) usw. Wesen sind 996310-15, 01 b 2 6_02 b 1 1 , - vgl. auch Breite Fleisch (aag£) — als Naturding 70 a 2 0 , — soll dank einer Proportion bestehen (Emped.) 993 a 1 5 " 2 0 fließen, im Flusse sein (QBIV) — bei Heraklit 987 a 3 °, 63 a 2 2 , 3 5 , gßa35—bl
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Anhang Flüssigkeiten (jfy^oi) — alle F. als eines, weil das letzte Substrat dasselbe 16 a20 Folge, Folgendes (¿£fjg, äfpegrjg) — das Folgende als ein Späteres (verglichen mit Berührung und Zusammenhang) 68M0—69a10, — Folge im Gegensatz zum Ganzen 69 a20 , — Folge und Eines 27b2°, vgl. 05 al °, - zeitliche Folge 23 b5 , Folge (Reihe) der Zahlen 85 a l , vgl. 80 a2 ° Form (/xogtpri) — ist die Struktur der Idee des Stoffs (z. B. des Erzes) 29 a2 , — ist der Verwirklichung nach das, was der letzte Stoff dem Vermögen nach ist 45 b15 , — vgl. auch Gestalt — F. und Gestalt 999^5, 15 a5 , 17*25, 3 3 t5 (Gestalt als F. im Sinnlichen), — und Begriff 42 a25 , — und Verwirklichung 4.3a263D fortschreiten, gehen (ßadiCeiv, auch levai, ngo'ievai) — ins Unbegrenzte 994 a 3 - 5 , 2 0 , b l , 00 b25 , 06 a5 , 10a2, 12 al0 , b2 °, 22 bS , 30b3°, 32 a l , 33 M , 41b2°, 60a35, 70 a l , - bis zu einer Quelle 27 bl °, 50 a5 — er ist gehend = e r geht 17 a2S , — der Gehende ist eher etwas Seiendes als das Gehen 28 a20 frei (iXsv&eQoq) — wer um seiner selbst u. nicht um anderer willen lebt 982 b25 , 75 a15 " 20 (muß feste Ordnung haben) freiwillig (excöv) — f. schlecht, f. hinkend 25 a 5 _ 1 0 (Piaton) Freude (?y5; _ K . von Wissenschaft zu unterscheiden 981 b 2 5 , vgl. aber 4 6 M , — „betrachtende" und „hervorbringende" K . e ( = Wissenschaften) 9 8 2 a l , vgl. 997 a 5 (K.e machen von Quellen Gebrauch), — K . e werden erlernt (u. behalten) 46 b 3 S —47 a l , vgl. 47 b 3 1 (auf Grund vorangegangenen Verwirklichens) — Künstler (xe.%vhrjs) im Gegensatz zum Mann der Erfahrung 981" 3 0 Lage (fteais) — als Unterscheidungsart (Demokrit) 985b1^, 42bio-i5 ) _ „Wonach" im Sinne der L . 22 a 2 °, — Anlage als Lage 22 b l , — „eines" durch die Lage 82a2, 8 5 M 0 — es gibt Seiendes, das eine bestimmte Lage h a t (&£aiv eyov oder ^STOC, z. B . der Punkt), und solches, das keine Lage hat (äfterog, z. B . die Eins) 16 b 2 5 - 3 *, 77 b30 , 84 b2 s lang (iiaxQÖg) — L.es u. Breites (Gestalten des Großen und Kleinen) als Quellen der Linien 992 a 1 0 , 85 a l ° — der „l.e Begriff" 43 b 2 S (Definition), - „l.es Gerede" 91 a 5 Länge (firjxos) — begrenzte L . als Linie 20 a 1 0 , vgl. 43 a 3 0 leben, Leben, Lebewesen (Crjv, £017, C&ov) — L . als Zusammensein von Seele und Körper? 45 b 1 0 , — der Mensch lebt auch der K u n s t u. dem schlußfolgernden Denken 980 b 2 5 , — das Warme lebt durch das Feuchte 983 b 2 0 , — das L . des Gottes 72b25_30
— Lebewesen als Gattung beim Menschen u. beim Pferd 38 bl —39 b19 ( =Z 1 3 - 1 4 ) , - einige L . leben auch nach einer Zerschneidung weiter 40 b 1 0 , — Götter als L . 74 b s — Lebendes (5; __ eine Definition gibt es nicht überall da, wo überhaupt ein N. dasselbe bezeichnet wie ein Begriff 29 t 2 2 —30 a 1 7 , — Privationen ohne N. (ävdavvfiog) 33 a 1 0 , vgl. 5 6 a 2 5 (weder gut noch schlecht) Natur (25 — unvermögend 1 9 b 2 0 - 2 0 a 6 ( = A 12), 47 b3 ~ 30 ( = 0 4), - vgl. auch Unvermögen, Vermögen
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Anhang Unschweres (aßageg) — hat seine Eigentümlichkeit 04 b 1 0 unteilbar (äro/io?) — werden die Gattungen vom U.en als Erstes oder Letztes ausgesagt? 995 b 2 5 _ 3 °, 998 b 1 5 , — gehen die Gattungen bis zum U.en? 998 b 2 5 , — das U.e eher Quelle als die Gattung? 999 a ">- 2 3 — das letzte U.e ist das, worin kein Gegensatz enthalten ist 58*1°, _ XJ.es ist der Gestalt nach verschieden oder identisch Sgai7-20) _ di e letzten Dinge sind einfach und u. 5 9 M 5 , — die Gestalt u. 3 4 ^ , — Mensch und Pferd der Gattung nach u. 18 M , — Linien und Größen u.? 992a2, 83 b l °, 8 4 b l — vgl. auch unzerlegbar, unzerschneidbar Untergang (tp&oQa) — U. des einen Dinges als Entstehung des anderen 994 b 5 , — der Streit als Quelle des U.es (Empedokles) 0 0 a 2 5 , — U . gibt es nur beim Kombinierten (nicht bei der Gestalt) 42 a 3 °, 7 0 a l s , — Stoff für etwas dank einer Privation u. eines naturwidrigen U.es 44 b 3 0 , — U . als Hinzugekommenes 45 a l Unterschied, unterschieden, sich unterscheiden (öiatpoQd, öidtpoQoq, diaqiEQeiv) — eine Verschiedenheit 0 4 a l 0 _ 2 ° , aber doch etwas anderes als sie, insofern beim U. etwas Identisches dasein muß 54 b 2 2 —55 a 2 , — es gibt U.e der Gattung u. der Gestalt nach 1 8 a 2 5 " b 5 , 54 b 2 2 ~ 3 i, 5 8 ^ ^ v g i . 24 b 6 — mehr Quelle als die Gattung 998 b 2 5 - 3 °, vgl. 14 b l o-* 4 , - G. u. U. bilden die Gestalt 57 b 2 ^ 1 9 , 59 b 3 °- 3 s, - U. der G. 58 a 5, Arten der U.e 4 2 b " - 4 3 a i , - G. als Substrat von U.en 16 a 2 5 , — G.en scheiden sich in U.e (Gegenteile), nehmen aber nicht an ihnen teil 37 b 1 5 " 2 0 — der U. bei Definitionen 3 7 b 8 - 3 8 a 3 5 ( =Z 12), — der mit Hilfe der U.e gebildete Begriff 43 a 2 °, — U . und einheitstiftender Begriff 45 b 1 5 , — Qualität als U . des Wesens 20 b 1 5 , — Gegensatz als vollendeter U. 54 a 3 °, 5 5 a 3 - b 2 9 ( = / 4) — Stoff als das, woran U.e sind 24 b 6 , — Stoff bringt keinen „ U . " hervor 58 b 5 , — Sehen offenbart viele U.e 980 a 2 5 , — Demokrits dreierlei U.e gSöMO-iS, 4 2 b l i - 2 ° — entgegengesetzte U.e 16 a 2 5 , vgl. 4 8 b l , — U.e und primäre Gegenteile 5 7 b 5 _ 1 5 , 6 i b l ° , — U.e bei der Zahl und bei der Eins 83 a * — unterschieden: Bedeutungen I 8 a 1 2 - 1 5 ( = A 9), — sich unterscheidende Einsen 81 b 3 0 ~ 3 5 unterschiedslos (aöidpogo?) — ist das für die Sinneswahrnehmung Unzerlegbare 16 a 1 5 , — das U.e als Endziel der Zerlegung 38 a 1 5 , — dem kombinierten Wesen nach u. 5 4 b l unvergänglich (ätp&agro;) — u.e Wesen nach der Ideenlehre der Gestalt nach dasselbe wie die vergänglichen 40 b 3 °, — das
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Hauptregister U.e und Vergängliche Gegenteile und wechselseitig der Gestalt nach verschieden 5 8 b 2 6 - 5 9 a 1 4 ( = / 10), — Problem B [10]: ob die Quellen für Vergängliches u. U.es dieselben sind 9 9 6 a l , OO"5—01a3, — Problem B [4]: ob es neben den vergänglichen Dingen noch andere gibt 997 a 3 4 —998 a 1 9 , vgl. auch ewig unvergleichbar (äavfiß^rjTog) — Dinge, die sich der Gattung nach unterscheiden 55 a 5 , — u.e Einsen (Zahlenlehre) g 0 a i 5 — 3 5 } 8 0 M 7 - 8 2 M 7 ( = M 7 ) , 83 3 1 7 Unvermögen (äövvafiia) — Privation von Vermögen 1 9 b l 5 _ 2 1 ( = A 12), 4 6 a 2 9 - 3 0 , — zuweilen durch empfängliches Material bestimmt 55 b5 , — Privation als U . 58 b 2 6 unvermögend — s. unmöglich unverständlich — s. unerkennbar unvollendbar, unvollendet (äreXevrijTog, atehqg) 66 a 3 3 — unvollendbares Durchschreiten (beim Unbegrenzten) 66 a 3 5 , — unvollendete Größe ist der Entstehung nach früher 77 a 1 5 , — bei Lebewesen wird aus Unvollendetem das Vollendetere 92 a 1 3 Unwissenheit (äyvoia) — ihre Überwindung Zweck der Wissenschaft 982 b2 °, — Gegensatz zur Weisheit 75 b20 , — vgl. auch Nichtdenken unzerlegbar (ädiaigerog) — das Eine 9 9 9 a l , — das Selbst-Eine Ol" 5 , 52 a15 —53 b8 ( = 1 1), — die Eins, Allgemeines, Partikuläres u. Elementares 84 b10 , — die Eins (deshalb keine Menge) 85 b l s , — Menge aus u.en Dingen = Zahl 85 b 2 0 _ 3 4 , — der Punkt 0 2 b l , — ein Begriff gegenüber einem anderen 16 a 3 2 , — das Denken 16 b l , vgl. 52 b l — dem Quantum (der Wahrnehmung) oder der Gestalt nach 9 9 9 a l , 16 a 2 0 , b 2 0 _ 3 1 , 8 8 a l , — dem Quantum nach 89 b 3 5 , — der Gestalt nach (ist Element und Einfaches) 14 a 2 6 _ b 5 , — der Zeit nach 1 6 ^ — vgl. auch unteilbar, unzerschneidbar unzerschneidbar (äzfiqTos) — zwei Bedeutungen 2 3 a l , — vgl. auch schneidend, unteilbar, unzerlegbar Urbild (nagdöeiyfia) — Gestalt u. U . ( = Begriff des jeweils zugehörigen Seins) als Ursache 13 a 2 5 , — U. und Abbild (Piatons U.er als poetische Metaphern) 991 a 2 °- 3 0 , 79 b 2 5 " 3 5 Ursachen (airtat, ahia) — vier Bedeutungen 13 a24 —14 a25 ( = A 2), 983 a 2 5 _ 3 0 , 99 6 bS , 44 a 3 2 , 70 b2 5, vgl. 69 b 3 0 (drei U.) — ihre Angabe ist Aufgabe der Wissensehaft, insb. der Philosophie 982 a 3 0 , 9 8 3 b l _ s , 993 a 3 "- b 3 ] - ( = B u c h a 1), 995 b 5 u. 996 a 2 0 (nur einer Wissenschaft?), — Weisheit geht auf erste U . 981 b 2 5 , vgl. 982 a io, 983 a 2 5 , 03 a3 0, - auf von Anfang an bestehende U. 983 a 2 4 , — auf höchste U. 03 a 2 5
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Anhang — alle U. sind Quellen, aber nicht alle U. Elemente 13 a15 , 70 b22 , — Quellen verhalten sieh zu U. wie das Seiende zum Einen 03 b22 , - U. u. Elemente 25 b5 , 42*5, 69 a25 , 71 a25 , 86 a 2 1
— U. sind nicht zahlenmäßig unbegrenzt 994 a l ~ b 3 1 ( = B u c h a 2), — sind alle ewig 26 a l s , — nächste U. 44 b l , — bewegende u. begriffsmäßige 70 a20 , — es gibt solche, die entstehungsfähig u. vergänglich sind, ohne daß sie sich jemals im Zustand des Entstehens u. Vergehens befänden 27 a 2 9 _ b 1 6 ( = £ 3), — U. des Hinzugekommenen sind hinzugekommen 27 a5 , 65 a 6 — vgl. auchQuelle Venus ('AtpQodkt]) — als Planet 73 M 0 Veränderung, sich verändern (fiExaßoXrj, /¿EraßdM.eiv) — bei aller V. gibt es einen Stoff, ein Substrat 10 a l 5 - 2 °, 42 a 3 2 , 6gtl0-20) _ e j n veränderliches {/j,Eraß?.tjroQ) Wesen 69 b3 , — etwas, was sich in seinen Affektionen verändert 983 b10 , — aber das Substrat bringt nicht seine eigene V. hervor 984 a20 , — es gibt also ein Veränderndes (fieraßXrjtixov) als Ursache des sich Verändernden 13 a30 , — ein Vermögen als Quelle der V. (peraßoXrjg oder jj.zraßXrjXiy.'q): der affektiven (jia&rjzmri) V. 46 a 1 0 , der V. eines anderen Dinges oder der Quelle selbst, insofern sie noch etwas anderes ist 20 a5 , — Verwirklichung ist aber früher als Vermögen u. jede Quelle der V. 51 a2 , vgl. 49 bS , — immer erfolgt eine V. aus etwas durch etwas in etwas hinein 69 b35 , vgl. 984 a20 — geht v. Gegenteilen (die sich selbst nicht verändern) oder v. Mittleren aus 69 b3 ~ 7 , — sie fordert Stoff, Gestalt u. Privation g9M-30 ( = y i 2), erfolgt in Gegenteile oder Mittleres l l b 3 ° , 69 b3 , — bei aller V. gibt es ein Früheres, ein Letztes u. ein Mittleres 994 a l °- 1 5 , 57 a2 °- 30 , 68 b26 , — bei Widersprechendem gibt es kein M. (Drittensatz), also keine V. l l b 2 3 - 1 2 a 2 2 ( = r 7) — V. u. Bewegung in K U : V. „hinzugekommenerweise" u. „von sich selbst her"; dreierlei V. (Substrat, Nichtsubstrat) 6 7 b l - 6 8 a 7 , — in K 12: dreierlei Bewegung (Quantum, Quäle, Ort); B. als V. von etwas in etwas; keine V. der V. 68a8— 69 a 1 4 ; vgl. 10 a20 , 42 a32 , 69 b7 -io (Was, Qu., Qu., Ort), 72bS (B. als erste V.), — vgl. auch Bewegung verbleiben — s. beharren Verbundensein (ovyxeio'dai) — auf Grund V.s gehen Grenzen unter, auf Grund Getrenntseins entstehen Grenzen 02 b l — wahr ist Bejahung gemäß V.s oder Verneinung gemäß Getrenntseins 27 b20 , 51 b 1 - 3 5 , vgl. 24 b17
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Hauptregister — d a s Mittlere als V e r b i n d u n g aus Gegenteilen 57 b30 , — verbundenes Wesen 54 b3 , — Nichtzusammengesetztes f r ü h e r als Verbundenes 76 b l s — vgl. auch V e r k n ü p f u n g Verdeutlichung (drjlaxTig) — durch H e r a n f ü h r u n g , v o m Beweis unterschieden 25 W 5 verflechten (avyxgiveiv) — im Gegensatz zu entflechten (Vorplatoniker) 984»i 5 , 985 a2 °, 2 5, 988b3,35, 989 a 1 5 , - v.de F a r b e (evyxQiTueöv) 5 7 b s - 2 ° vergehen, vergänglich ((p&elQeo&ai, tp&agros) — Vergängliches u n d Unvergängliches Gegenteile u n d der Gestalt n a c h verschieden 58 b26 —59 a15 ( = 1 1 0 ) — P r o b l e m B [10]: ob ewige Dinge u. vergängliche Dinge aus denselben Quellen s t a m m e n 996 a l , 0 0 a 5 - 0 1 a 3 , vgl. 992 b15 , — alles v e r g e h t in das, aus d e m es s t a m m t 00 b2S , — Quelle des U n t e r g a n g s ((p&aQxinrj) 19 b l °, — vergängliche Dinge, die sich n i c h t im Z u s t a n d des Vergehens befinden 27 a 2 9 _ 3 °, 4 3 b l s , — vergängliche u. ewige Wesen 69 a 3 ° — vgl. a u c h U n t e r g a n g vergleichbar (cvfißhJJTO'S) — Einsen (Zahlenlehre) 8 0 a 1 5 - 3 5 , 80 b37 —81 b37 ( = M 7), 83 3 1 7 V e r k n ü p f u n g , V e r k n ü p f t s e i n (avpnXo>efi, avfijiMxea-Qai) — das W a h r s e i n liegt in der V. u. T r e n n u n g der Überlegung 27 b 2 5 , 65 a 2 1 , — bei H i n z u g e k o m m e n e m n i c h t m e h r als zweierlei m i t e i n a n d e r v e r k n ü p f t 07 b l , — miteinander v e r k n ü p f t e Teilb e h a u p t u n g e n 62 b s , 63 b20 , — eigentliche u. hinzugekommene Ursachen i n V. m i t e i n a n d e r 14 a 1 0 , — vgl. auch Verbundensein Verlust (änoßoty) — Gegenteil als V. oder E r w e r b 18 a 3 0 , 55 a 3 5 V e r m e n g u n g (xgäais) — als A r t der Z u s a m m e n f ü g u n g 42 b 1 5 , — in der Zahlenlehre 85 b l ° Vermögen (ävva/iig) — B e d e u t u n g e n 19 a l 5 _ S 2 ( = A 12) — p r i m ä r e s V . : als Quelle der Bewegung, der Hervorbringung, der Gestalt usw. (neben N a t u r u n d K u n s t ) 25 b2 °, 27 a 5 , 32 a 2 5 , 33 b8 , 49 b 5 , 64 a 1 0 — sekundäres V . : V. u. Stoff 42 a2 5 (St. = Wesen d e m V. nach), 49 a 2 0 , 50 a l 6 , b 2 5 , 60 a2 °, 69 b l °, 70 b10 , 71 a l °, 75 b20 , 88 b l , 9 2 a l , vgl. 46a 5 — P r o b l e m B [13]: ob die Quellen (Elemente) dem V. oder der Verwirklichung n a c h existieren 996 a l °, 02 b32 —03 a5 — E r ö r t e r u n g in © 1: p r i m ä r e (aktive u. passive) V. (nach einer Bewegung bestimmt) 45 b27 —46 a35 , — 0 2 : begriffslose u. m i t dem Begriff v e r b u n d e n e V. 46 a 3 6 - b 2 8 , vgl. 47 b 3 1 , 48 a l °, 50 b3 °, — 0 3 : Widerlegung der megarischen Identifizierung
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Anhang von V . u. Verwirklichung 46 b29 —47 b2 , — 0 4 : V . und Unvermögen 4 7 b 3 - 3 0 , — 0 5 : primäres V . u. Verwirklichung (angeborene und erworbene V.) 47 b31 —48 a24 , — © 6 : Verwirklichung des sekundären V.s 4 8 a 2 5 _ b 3 6 , — 0 7 : wann ist das Einzelne ein dem V . nach Seiendes? 4 8 b 3 7 - 4 9 b 3 , — 0 8 : Verwirklichung früher als V . 4 9 b 4 - 5 1 a l , vgl. 0 3 a l , 71 b 2 0 " 2 5 , 5 i a 3 0 (V. nur der Zahl nach früher), — 0 9 : Verwirklichung besser als V. 6 1 a 4 - 3 3 , — über den Gegensatz zu Verwirklichung vgl. noch 42 a 2 S , 4 3 a i s , 6 5 b 5 - 6 6 a 3 4 ( = K 9), 69 b 1 5 , 7^a3-17 t>20-22 — V . und Vollendung 07 b2 5, 09 a3 5, 15^5, 17 b l , 39 a3 ~5, 45 b3 », 49 a 5 — das dem V . nach Seiende ist „unbestimmt" 07 b 2 5 , — V . ist immer V. von Widersprechendem 50 b 2 5 _ 3 °, 6 5 b 2 5 - 3 0 (nur dem Substrat nach), 69 b 1 0 , 70 b10 , 75 b2 °, — das Unbegrenzte und Leere besteht in anderem Sinne als sonstige Dinge dem V . nach 4 8 b 9 - 1 0 , — Ewiges existiert nicht nur dem V . nach 50 b 5 — Philosophie von Dialektik nach dem Weg des V.s verschieden 04 b 2 0 , — das V . einer Erfahrung 9 8 1 a l , — V. und Unterschied 18 a3 °, — unter ein V. fallen 55a3 — V. in Geometrie 19 b3 °, 46 a 5 , — die V . (Potenzen?) einiger Zahlen 93 b10 , — V . (gegenständlicher Sinn) eines Namens 52 b s vermögend, möglich (Svvarog) — ist etwas dann, wenn die Verwirklichung des zugesprochenen Vermögens nichts Unmögliches wäre 47 a 2 5 — Bedeutungen 19a32-t>34; 47b3-30) 48a25j 49M-17 — was vermögend ist zu sein, das ist sowohl imstande zu sein, wie auch, nicht zu sein 50 b l °, — v. zu Gegenteilen 5 i 3 5 — soweit wie möglich (da zo 5.) 74 b l ° Verneinung (änötpaaig) — Erörterung des Widerspruchssatzes 06 a 2 8 —08 a 3 4 ( r 4), l l b l 3 - 1 2 a " , 62 b l ~ 5 — bedeutet Nichtsein 12 a 1 5 , — Gattungen, bei denen eine V . die Bejahung des Gegenteils einschließt 12 a 5 oder ein Gegenteil offenbar macht 46 b l °, — Bezügliches keine V . des Seienden oder Einen 89 b 5 , 1 5 , — V . u. Privation von derselben Wissenschaft zu untersuchen 04 a l o ~ 1 5 — privative V . (areQTjTixri) 56 a 1 5 , 2 2 — Gestalten der Verneinung bei Piaton 990 b l °, 79 a l ° Vernunft (vovg) — und Denken 74 b15 — 75 a l ° (=A 9), — wird vom Gedachten bewegt 72 a 3 0 , ist mit ihm identisch 72 b 2 0 , denkt sich selbst 72b2 —Jund Natur 992 a 3 0 , - V., Kunst und Vermögen 25 b2 °, - V . 'ist ein Teil der Seele 70 a 2 S , — V . in unserer Seele 993 b l °, — menschliche V . 75 a 5 , — V. besitzen 9 9 4 b l s (u. handeln), 09 b 5
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Hauptregister — bei Anaxagoras 984 b15 , 985 a 1 5 " 2 0 , 9 89 b15 , 69 M 0 , 75 b 8 - 1 0 , - bei Pythagoras 985 b3 °, — bei Parmenides 09 b20 (im Menschen) — vgl. auch Denken, Gott verschieden, Verschiedenheit (eregos, ¿TeoÓTrjg) — „v." als Gegensatz zu „identisch" Í8 a 1 0 ( = A 9), 5 4 b l 0 - 5 5 a 2 (syn. mit „anders", unterschieden aber von „unterschieden"), 87 b 2 5 - 3 3 (unterschieden auch vom „anderen" Dinge als dem Gegensatz zum Dinge selbst) — jedes Ding wird in bezug auf jedes zweite „v." oder „identisch" genannt, sofern die Dinge jeweils als „eines" und „seiend" bezeichnet werden, denn „v." ist nicht der Widerspruch zu „identisch" 54 W5 ~ 20 — v. der Gestalt nach 18a38-1»8 ( = A Í0), 57" 3 5-59ai4 ( = / 8 - 1 0 ) , - v. der Gattung nach 24 b l °" 1 6 (z. B . Gestalt und Stoff), 54b22_55a2 — V. unterschieden vom „Unterschied" 54 b2a , — der Unterschied als eine V. 04 a 2 0 ,18 a 1 2 , 58 a 5 — vgl. auch „anderes" verstümmelt (xoXoßog) — Bedeutungen 24 a 1 1 - 2 8 ( = A 27) Verursachtes (alnaróv) — letztes 65 a 1 0 Verwandlung (dAAoi'coaig) — als Veränderung der Qualität nach (Affektion) 42 a 3 5 ~ b l , 69 bl °, 88 a30 , — Wesen unverwandelbar (ávaÁkoíairog) 73 a 1 0 — bei Empedokles 989 a 2 5 verwirklichen (ivegyslv) — von sich selbst und von einem anderen her 72 a10 , — v.de Ursachen u. Einzeldinge 14 a 2 0 , — gewisse Vermögen kann man nur auf Grund vorangegangenen Verwirklichens (iiQoeveQyslv) besitzen 47 b30 Verwirklichung (évéqyeia) — als Bestehen der Sache (der V. nach) 48 a 3 "- 3 5 — das Wesen als V. 4 2 b 9 - 4 3 a 2 8 ( =H 2), 43 a35 , 76 a1», - das konkrete W. von V. unterschieden 43 a 2 9 - b 3 2 ( = H 3 ) , — V. u. Gestalt 43 a 2 ", 3 0 , b i,50 a 1 5 , 71 a5 , - V. u. Form 43 a26 , 3 *', - V. u. Begriff 43 a 1 2 , - V. u. unmittelbares Was-Sein 51 b3 ° — Gegensatz zu Stoff 42 a 2 S , 43 a 5 " 1 5 (V. das, was vom Stoff ausgesagt wird), 60 a 2 0 , 71 b20 , 76 a10 , — ist anders bei anderem St. 43 a12 — Gegensatz zu Vermögen: s. Vermögen („Erörterung in ©"), — Problem B [13]: ob die Elemente dem Vermögen oder der V. nach existieren 0 2 b 3 2 - 0 3 a 5 — unterschieden von Werk 50 a 2 0 " 3 5 , — unterschieden von Vollendung 47 a 3 0 , 50 a 2 0 , 65 b 2 0 - 2 5 , — vinterschieden von Bewegung 48 b 2 5 _ 3 S , — B . ist eine V. 6 5 b 5 - 6 6 a 2 6 ( =ÜT 9) — etwas existiert abgesondert der V. nach und der Erkenntnis 487
Anhang nach 48 b 1 5 , — Seele als V . des Körpers 43 a 3 5 , — Denken als V . 5 i a 3 0 , — Freude des ersten Bewegenden 7 2 M S — vgl. Vollendung, Vermögen Verwunderung (&av/id£eiv) — Philosophie geht von der V. aus und schlägt ins Gegenteil um 9 8 2 M 1 , 983 a «-- 2 0 Viele, viel {noXXä, nolvg) — das E i n e u. die Vielen: sind in mehreren Bedeutungen entgegengesetzt (darunter das E . als das Unzerlegbare u. die Menge als das Zerlegbare) 54 a 2 0 , — Erörterung in I 6 = 56 b 3 —57 a 1 7 , — das E i n e würde vieles sein (Pyth.) 987 a 2 S , — die Vielen als Stoff des Einen (Platoniker) 75 a 3 ° — viel, nicht viele (Wasser) 5 6 M S , — das Viele als übertreffende u. das Wenig als übertroffene Menge 57 a 1 0 , — Viel u. Wenig eher Affektionen u. Hinzugekommenes als Substrat 88 a 1 5 , — Viel u. Wenig als Elemente der Zahlen (Platoniker) 992 a 1 5 , 87 b 1 5 , 88 a 1 5 , 8 9 M 0 — „die Quellen vervielfachen" (noknevea&ai) als Fehler der Zahlenlehre 7 6 a l , — das Vielfache (jioV.aJcXdaiov) im Verhältnis zum Bruchteil und zum Einen 20 b 2 6 —21 a l , — Vervielfältigung {noMantooiaiotg) 92 b 3 °- 3 5 — vgl. auch zumeist, Eines Vier' (rergdg) — die V . in der Zahlenlehre 84 a 2 ° (Selbst-V.) 90 b 2 °, — vier Arten von Linien 76 b 3 0 Viertelton (öieaig) — als das Eine in der Harmonie 16 b2 °, 53 a 1 0 , 1 5 , 87 b 3 5 vollendet (riXsiog) — Bedeutungen 2 1 b l 2 - 2 2 a S ( = A 16), was das Endziel erreicht hat 21 b 2 0 , — was in jeder Gattung am größten ist; jenseits dessen man nichts zu erfassen vermag 5 5 a l ° — liegt nicht in dem, was aus Ursachen stammt (gegen P y t h . u. Speusippos) 72 t ) 3 0 —73 a l , 9 2 a 9 - « , — die Zehn als v. 986 a ä (Pyth.), 84 a 3 0 (Piaton), — Kreis als v.e Figur 1 6 M 5 — in vollendeter Weise (TeXeicog) untergegangen 21 b 2 5 , — vollendet (rehecog) weiß 62 b 2 5 , — die Tüchtigkeit eine Art Vollendetsein (xeksicaaig) 21 b 2 0 — vgl. auch Endziel, Vollendung, letzt Vollendung (evreAe/eta) — jedes Wesen ist V . u. Natur 4 4 a 5 — V. u. Verwirklichung 47 a 3 °, 50a2, 65 b 2 °- 2 5 — Gegensatz zu Vermögen 07 b 2 5 , 0 9 a 3 5 , 15 a 1 5 , 1 7 b l , 39 a 5 (sondert ab), 45 b 3 0 , 4 9 a 5 (gewollt) — Stoff als Grundlage der V . 38 b 5 , — V . als Gegensatz zu „stofflich" 78 a 3 °, —Konkretes, aus der V . verschwunden 3 6 a 5 Volles (TcXrjgeg) — V . u. Leeres als Elemente bei Demokrit (V. als Seiendes) 985» 5 , 0 9 a 2 5
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Hauptregister V o r s t e l l u n g (cpaviaaia, 35) 9iM0 j _ arithmetische Z. 83 W 5 , — einheitliche Z. 80 b15 , 30 , 82"5, 83^17, 92 b20 , - Quadrat- und Kubikz. 93^5 — gestalthafte Z. a) o' r&v elö&v 80 b20 (die erste), 81 a2 °, 83 b l , 90 b30 , — b) EISTJTIXÖQ 86 a5 , 88 M 0 , 90 b3S (u. sinnl. Z.), — die Art Z., die das Früher u. Später hat 80 b l ° — vergleichbare Z. — s. vergleichbar; — begrenzt oder unbegrenzt? 8 3 b 3 6 - 8 4 b l , — Z. als Reihe von Einsen 85 a 3 - s , — die Z., die vom Einen ausgehend durch Verdopplung entsteht 8 4 ^ — erste Z.en 987 b3 °, 52^, 80 b20 , 81 as Zehn (dexa?) — bei Pythagoreern u. Piaton 986 a 5 , 2 2 , 73 a20 , g2al-10j g4al0-'b2 Zeichnungen (cxiaygatpia.) — sind nicht das, dessen Vorstellungen sie hervorrufen 24 b20 Zeit (xgovog) — Z. u. Bewegung waren immer 71 bs , — Quanta im Sinne des Hinzukommenden 20 a 2 5 — der Z. nach früher (Erstes): Wesen 28 a 3 1 , 38 b2S , — Verwirklichung 49 b17 —50 a5 , — dem Zeitalter nach früher (jjAt*tot — Gegs.: den Werken nach) 984 a l ° Zenon (Zijvcov) — 07 b7 . 15 Zerlegung, Trennung (öiaigeaig) — eines ist das, was unzerlegbar ist 16 b l — Punkte, Flächen als Z.en der Körper 994 b20 , 02 a l s " b 1 0 , 60 b l °- 1 9 , — hört beim Unbegrenzten nicht auf 48 b15 — Trennung und Vereinigung in der Aussage 27 b15 , 30 (nicht in den Dingen, sondern im Denken), 61 M (in Behauptungen wie in den Dingen), 67 b25 — den Z.en entsprechende Definitionen 37 b2S — Untersuchung „Z. der Gegenteile" 54 a 3 0 — zerlegbar (Staigsroj): Quantum ist das, was in Bestandteile z. ist 20 a 7 _ 1 0 (Menge in Unzusammenhängendes, Größe in Zusammenhängendes), vgl. 77 b20 , — Menge als z., Eines als unzerlegbar und unzerlegt 54 a 2 0 - 2 5 , — vgl. auch unzerlegbar, unteilbar Zeta (Ctjra) - als „Konsonanz" 993^, 93 a 2 °- 2 5 Zeus, Jupiter (Zevg) — Deutung der Dichterlehren 91 b5 — Planet Jupiter 73b3 Zinn (xaTrhsQog) — als dem Silber ähnlich 43 b25 , 54 b10 Zitherspielen (mßagiteiv) — lernt man, indem man Zither spielt 49 b30 zumeist (cue inl tb noXv) — das z. Seiende (neben dem immer u. notwendig S.) als Gegensatz zum Hinzugekommenen 25ai5-30) 26 b27 —27 a26 , 64 bS5 —65 a5 (Gegenstand der Wissenschaft) 497
Anhang Z u n a h m e {av^rjaig) — als Veränderung dem Q u a n t u m n a c h 42*35, 69 b l °, 88 a 3 0 Zurückbleiben (eAAetyn?) — im Gegensatz zum H e r v o r r a g e n 992 b5 , 04b"), 42t>25;35 zusammen (apa) — dem Orte nach 68 b 2 e , — z. oder g e t r e n n t denken 27 b2 ° Z u s a m m e n b i n d u n g (avvdea/iog) — Leben als Z. v o n Seele u n d K ö r p e r (Gesundsein: v o n Seele u. Gesundheit) 45 b l °, — die Ilias eines durch Z. 45 a 1 0 , — vgl. auch B i n d u n g zusammenfassen, zusammengefaßt {avkXafißdveiv, avveikt]fißivog) - m i t Stoff z. 25 b30 , 35*25-30, 37b5; 391,20, 5 8 m ; _ a u s Ges t a l t u n d Stoff 35 a 2 0 _ 2 5 , — welche Teile gehören der Gestalt u n d welche d e m Z.gefaßten an? 36 a 2 6 (— 37 b7 = .2 11),— vgl. auch Kombiniertes, K o n k r e t e s — G a t t u n g e n k ö n n e n durch Z.fassung v o n G a t t u n g e n oder Unterschieden entstehen 998 b25 , 37 b3 °, — P r i v a t i o n als Widerspruch oder Unvermögen, das m i t dem empfänglichen Material z.gefaßt ist 55 b5 zusammengesetzt (ovvfteTog) — das aus Stoff u n d Gestalt Z.e 23a30-bi; V gi. 7535, _ ( j a s z . e Wesen 43 a 3 0 , — das Mittlere als z. 57M-9-34, - E l e m e n t u. Z.es 70 b5 , 88 M 5 — Z.es bei W a h r u n d Falsch 51bi5-2, vgl. 29 b22 -25 — vgl. auch Zusammensetzung Z u s a m m e n h a n g , zusammenhängend (avvi%eia, ovvexrjs) — z. heißt ein Ding, dessen Bewegung von sich selbst her eine ist 16 a 5 , — z. heißen Dinge, wenn ihre Grenze ein u. dieselbe wird ßg 3 5 - 1 " (Z.endes eine A r t des Anschließenden), — das Z.ende „ h ä l t " das, womit es z u s a m m e n h ä n g t 23 a 3 0 , — Ganzes ist das, was z. u. begrenzt ist 23 b3 °, — Größe ist das, was dem Vermögen nach in Z.endes zerlegbar ist (Menge in U n zusammenhängendes) 20 a 1 0 , 61 »30-35^1)20-25 — eines d e m Z. n a c h (als z.): N a t u r als eines dem Z. u. d e m Q u a n t u m nach 14 b2S , — v o n N a t u r Z.endes in h ö h e r e m Grade eines als durch K u n s t Z.endes 16 a l , 23 b35 , — d e m Z., der Gestalt, d e m Begriff n a c h 16 b5 . 15 , — v o n N a t u r , n i c h t durch Gewalt z. 40 b15 , — v o n N a t u r , nicht bloß d a n k Ber ü h r u n g oder B i n d u n g z. 52 a 2 0 Z u s a m m e n s e t z u n g (avv&eaig) — Z. als das Ganze (aus Gestalt u n d Stoff) 13 b2 °, 45 b l 0 ~ 1 5 (Leben), - Z. von E l e m e n t e n 14b35 (Natur als erste Z.), 43 a 1 5 (Verwirklichung), 92 a 2 S (wie bei einer Silbe), — Z. u. T r e n n u n g bei W a h r u. Falsch 12 a l , 27 b15 , 67 b25 , — Dinge, die n i c h t zusammenzusetzen sind 24 b17 , 51 b l °, — vgl. zusammengesetzt Z u s a m m e n t r e f f e n (öiaftiyn) — bei D e m o k r i t 985 b15 , 42 b 1 1
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Hauptregister Zusammenwachsen (avfupöeiv, avfiipvaig) — Z.u. Berührung 14t.20-25; 69 a l °, 70 a 1 0 , - Z. u. Gewalt 40" 1 5 , — zu einer Einheit zusammengewachsen sein 4 8 a 2 5 Zwei (dvdg) — die erste Zahl 999 a 8 , — die erste Menge 85 M O , — die Menge, von der immer ausgesagt wird, daß sie wenig ist 8 8 t s , — vom Doppelten unterschieden 9 8 7 a 2 5 — bei P i a t o n : die erste Z. 81 a 2 0 -83 a 3 , _ die unbestimmte Z. (das Große und Kleine) 987^25-30, 988 a l °, 8 1 ^ 0 - 8 3 ^ 35, 8 5 ^ 87"5 ; 1 0 , 88 a l 5 , l ) 2 8 , 89 a 3 5, 91 a 5 , - die Selbst-Z. 991*5, 8 P 2 7 , 82Uii,20; _ vergängliche u. ewige Z. 9 9 i a l _ s , — die Z. als Linie 3 6 M 0 , 43 a 3 ° — bei den Pythagoreern vgl. Reihe — „die Zwei(e)" (als Plural, nicht der „ E i n s " entsprechend, sondern dem „ E i n e n " : rd ävo) 987 a 2 5 , 3 9 a 5 " 1 0 (zwei Dinge), 56 M —57 a 1 7 = / 6 , — diemenschlichen Dinge als-„zwei" bei Alkmaion 986 a 3 ° — zweifüßig (Sinovv) als „Unterschied" beim Menschen 20 a 3 3 , 38a20
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Literaturübersicht (Auswahl) 1. Allgemeine Darstellungen und Arbeiten zu Leben und Werk des Aristoteles
W. Jaeger, Aristoteles. Grundlegung einer Geschichte seiner Entwicklung, Berlin 1923 (2. Aufl. 1955). H. Cherniss, Aristotle's Criticism of presocratic philosophy, Baltimore 1935. H. Cherniss, Aristotle's Criticism of Plato and the Academy I, Baltimore 1944 (2. Aufl., New York 1962). I. Düring, Aristoteles. Darstellung und Interpretation seines Denkens, Heidelberg 1966. I. Düring, Aristoteles, in: Pauly's Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, neue Bearbeitung begonnen von G. Wissowa, fortgeführt von W. Kroll, K. Mittelhaus und K. Ziegler, Supplementband XI, Stuttgart 1968, Sp. 159-336. G. E. R. Lloyd, Aristotle. The growth and structure of his thought, Cambridge 1968. H. Happ, Hyle. Studien zum aristotelischen Materiebegriff, Berlin (West)/New York 1971. W. Kullmann, Wissenschaft und Methode. Interpretationen zur aristotelischen Theorie der Naturwissenschaft, Berlin (West)/New York 1974. W. K. C. Guthrie, A history of Greek philosophy 6: Aristotle, an encounter, Cambridge 1981. A. N. Tschanyschew, Aristotel, Moskau 1981. H. Flashar, Aristoteles, in: Grundriß der Geschichte der Philosophie, begründet von F. Ueberweg, völlig neu be501
Anhang arbeitete Ausgabe, Band 3 (Die Philosophie der Antike), hrsg. von H. Flashar, Basel/Stuttgart 1983, S. 175 bis 457.
2.
Metaphysik-Ausgaben
Aristotelis opera, ex reo. I. Bekkeri, 5 Bände, Berlin 1831-1870 (2. Aufl., quam cur. O. Gigon, photomechanischer Nachdruck, 1960—1961). Die Metaphysik ist im Band 2 auf den Seiten 980 bis 1093 abgedruckt. Aristotle's Metaphysics, a revised text with introduction and commentary by W. D. Ross, 2 Bände, Oxford 1924 (2. Aufl. 1948). Aristotle, The Metaphysics, with an English translation by H. Tredennick and G. C. Armstrong, London 1933-1935 (2. Aufl. 1947). Aristotle's Metaphysics, ed. and transl. by J . Warrington, introd. by W. D. Ross, London 1956. Aristotelis Metaphysica, recogn. brevique adnotatione crit. instr. W. Jaeger, Oxford 1957 (Scriptorum classicorum bibliotheca oxoniensis). Aristoteles, Metaphysik, griechisch/deutsch, in der Übersetzung von H. Bonitz, neu bearbeitet, mit Einleitung und Kommentar hrsg. von H. Seidl, griechischer Text in der Edition von W. Christ, 2 Bände, Hamburg 1978 bis 1980 (Philosophische Bibliothek 307/308).
3.
Metaphysik—Übersetzungen
Aristoteles, Metaphysik, übers, und eri. von E. Rolfes 2 Bände, Leipzig 1904. Metaphysica by W. D. Ross, Oxford 1908 (2. Aufl. 1928), in: The works of Aristotle, transl. under the editorship of W. D. Ross, 12 Bände, London 1908-1952. 502
Literaturübersicht
Aristoteles, Metaphysik XII, griechisch/deutsch von H.-G. Gadamer, Frankfurt a. M. 1948 (3. Aufl. 1976). Aristoteles, Die Lehrschriften, hrsg., übertr. und in ihrer Entstehung erl. von P. Gohlke, Paderborn 1947-1961, Die Metaphysik, Paderborn 1951. Aristotle's Metaphysics, transl. with comm. and glossary by H. G. Apostle, London 1966. Aristoteles, Metaphysik, übers, von H. Bonitz (ed. Wellmann), mit Gliederungen, Registern und Bibliographie hrsg. von H. Carvallo und E. Grassi, Hamburg 1966. La metaphysica, trad., introd. e comm. di G. Reale, 2 Bände, Neapel 1968. Aristoteles, Metaphysik. Schriften zur Ersten Philosophie, übers, und hrsg. von F. F. Schwarz, Stuttgart 1970 (2. Aufl. 1974).
4. Literatur zur
Metaphysik
W. Jaeger, Studien zur Entstehungsgeschichte der Metaphysik des Aristoteles, Berlin 1912. K. Oehler, Der Beweis für den unbewegten Beweger bei Aristoteles, in: Philologus 99 (1955), S. 70-92. H. Reiner, Die Entstehung der Lehre vom bibliothekarischen Ursprung des Namens Metaphysik. Geschichte einer Wissenschaftslegende, in: Zeitschrift für philosophische Forschung 9 (1955), S. 77-99. Ph. Merlan, Metaphysik: Name und Gegenstand, in: Journal of Hellenic studies 77 (1957), S. 87-92. A. Mansion, Philosophie première, philosophie seconde et métaphysique chez Aristote, in : Revue philosophique de Louvain 56 (1958), S. 165-227. W. Theiler, Die Entstehung der Metaphysik des Aristoteles, mit einem Anhang über Theophrastos' Metaphysik, in: Museum Helveticum 15 (1958), S. 85-105. E. Tugendhat, ri narà rivôç. Eine Untersuchung zu Struktur und Ursprung aristotelischer Grundbegriffe, Freiburg/München 1958. 503
Anhang
G. Mainberger, Die Seinsstufung als Methode und Metaphysik. Untersuchungen über 'Mehr und Weniger' als Grundlage zu einem möglichen Gottesbeweis bei Piaton und Aristoteles, Freiburg i. Schw. 1959 (Studia Friburgensia, Neue Folge 24). H. Wagner, Zum Problem des aristotelischen Metaphysikbegriffes, in: Philosophische Rundschau 7 (1959), S. 129-148. G. Patzig, Theologie und Ontologie in der Metaphysik des Aristoteles, in: Kant-Studien 52 (1960), S. 185-205. G. Reale, Il concetto di filosofia prima e l'unità della Metafisica di Aristotele, Mailand 1961. E. Buchanan, Aristotle's Theory of Being, Cambridge/ Mass. 1962. L. Elders, Aristote et l'objet de la métaphysique, in: Revue philosophique de Louvain 60 (1962), S. 165-183. P. Aubenque, Sens et structure de la Métaphysique aristotéliecienne, in : Bulletin de la Société française de philosophie 58 (1964), S. 1 - 4 3 . H . J . Krämer, Zur geschichtlichen Stellung der aristotelischen Metaphysik, in: Kant-Studien 58 (1967), S. 313 bis 354. E. Weil, Quelques remarques sur le sens et l'intention de la Métaphysique d'Aristote, in: Studi Urbinati di storia, filosofia e letteratura 41 (1967), S. 831-853. Ph. Merlan, On the term 'metaphysics' and 'being-quabeing', in: The Monist 52 (1968), S. 174-194. Metaphysik und Theologie des Aristoteles, hrsg. von F.-P. Hager, Darmstadt 1969 (Wege der Forschung 10). M. Vegetti, Tre tesi sull' unità della Metafisica aristotelica, in: Rivista di filosofia 61 (1970), S. 343-383. F. L. Beeretz, Die Aufgabe der Metaphysik des Aristoteles, in: $dooo