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German Pages 551 [552] Year 1997
Wolfgang Schmale Archäologie der Grund- und Menschenrechte in der Frühen Neuzeit
Anden Régime Aufklärung und Revolution Herausgegeben von Rolf Reichardt und Hans-Ulrich Thamer Band 30
R. Oldenbourg Verlag München 1997
Archäologie der Grund- und Menschenrechte in der Frühen Neuzeit Ein deutsch-französisches Paradigma Von Wolfgang Schmale
R. Oldenbourg Verlag München 1997
Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort und der Gerda Henkel Stiftung, Düsseldorf.
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Schmale, Wolfgang: Archäologie der Grund- und Menschenrechte in der Frühen Neuzeit : ein deutsch-französisches Paradigma / von Wolfgang Schmale. München : Oldenbourg, 1997 (Ancien régime, Aufklärung und Revolution ; Bd. 30) ISBN 3-486-56294-0 Pb.
© 1997 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Rosenheimer Str. 145, D - 81671 München Telefon: (089) 45051-0, Internet: http://www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Çinspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen.
Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier Gesamtherstellung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, München ISBN 3-486-56294-0
Inhalt Vorwort
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Erster Teil: Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
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Einleitung: Die Erneuerung der historischen Grundrechteforschung als Aufgabe 15 Kapitel 1: Grund- und Menschenrechte in der deutschen und französischen Historiographie und die Konstitution einer Forschungsdisziplin (1791 bis heute) 1.1. Jellineks Paukenschlag 1.2. Vor Jellinek: Die Ursprünge der historischen Menschenrechtsforschung im späten 18. Jahrhundert 1.3. Das deutsche 19. Jahrhundert bis ca. 1890: Alles ist möglich 1.3.1. Menschenrechtsideen sind seit der Antike bzw. seit biblischen Zeiten feststellbar, ihre historische Entwicklung bedeutet keinen ununterbrochenen Fortschrittsprozeß 1.3.2. Menschenrechtsideen sind seit der Antike bzw. biblischen Zeiten feststellbar, ihre Entwicklung folgt einem ununterbrochenen Fortschrittsprozeß 1.3.3. Menschenrechtsideen sind seit der Antike bzw. biblischen Zeiten feststellbar, ihre Entwicklung folgt jedoch einem disparaten, von Brüchen gekennzeichnetem Gang 1.3.4. Die Menschenrechtsidee als Kennzeichen der frühen Neuzeit 1.3.5. Die .Atlantische Schiene' 1.3.6. Die französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 als Kulminationspunkt bzw. „point zéro" 1.4. Das französische 19. Jahrhundert: Nicht alles scheint möglich 1.4.1. Menschenrechtsideen sind seit der Antike bzw. biblischen Zeiten feststellbar, ihre Entwicklung folgt jedoch einem disparaten, von Brüchen gekennzeichnetem Gang 1.4.2. Menschenrechtsideen sind seit der Antike bzw. biblischen Zeiten feststellbar, ihre Entwicklung folgt einem ununterbrochenen Fortschrittsprozeß 1.4.3. Die Menschenrechtsidee als Kennzeichen des Ancien Régime 1.4.4. Die französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 als Kulminationspunkt bzw. „point zéro" 1.4.5. Die .Atlantikschiene'
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Inhalt
1.5. Jellinek 1.6. Nach Jellinek 1.6.1. Deutschland bis zum Ende der Weimarer Zeit und des Dritten Reichs 1.6.2. Frankreich vom Centenaire bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1.7. Zweierlei Neuanfang nach 1945 1.7.1. Deutschland 1.7.2. Frankreich
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Kapitel 2: Das Konzept der Archäologie der Grundrechte 2.1. „Grundrechte)" statt „Menschenrecht(e)" als Arbeitsbegriff 2.2. Das Konzept der Archäologie der Grundrechte 2.2.1. Historische Komparatistik: Der regionalgeschichtliche kursächsisch-burgundische Vergleich 2.2.2. Rechtskulturforschung als Rahmen 2.2.3. Archäologie des Rechts als Methode
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Zweiter Teil: Archäologie der rechtlichen Praxis
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Kapitel 3: Archäologie der rechtlichen Praxis I: Der Rechtsbedarf - Statistisches zu Werthaltungen und Konfliktzielen in Burgund und Kursachsen 3.1. Burgund 3.1.1. Rechtsbedarf, Werthaltungen und Konfliktziele im Spiegel des burgundischen Parlaments 3.1.1.1. Die Quellen - der Fonds Saverot 3.1.1.2. Der Rechtsbedarf einer Provinz im Spiegel des Parlaments Dijon 3.1.1.3. Rechtsbedarf und Modernisierungsfaktoren 3.1.2. Werthaltungen und Konfliktziele im Spiegel burgundischer Grundherrschaften 3.1.2.1. St. Julien 3.1.2.2. Comté Charny 3.1.2.3. Konfliktprofile Burgund: Soziogeographische Divergenz 3.1.3. Resümee Burgund 3.2. Kursachsen 3.2.1. Quellengrundlage Kursachsen: Ämterakten und Appellationsgericht Dresden 3.2.2. Statistischer Zugang 3.2.3. Säkulare Bewegungen in Kursachsen und ein Vergleich mit Burgund 3.2.4. Die Anwendung grundrechtlicher Argumente
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119 121 121 121 127 139 143 144 147 155 161 162 162 166 173 180
Inhalt
3.2.5. Werthaltungen und Konfliktziele, Stabilität, Kontinuität im Vergleich zu Burgund
7
184
Kapitel 4: Archäologie der rechtlichen Praxis II: Rechtliche Verhaltensweisen 4.1. Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit 4.2. Akzeptanz von Rationalisierung und Professionalisierung des Rechts 4.3. Rechtliche Kultur des Volks 4.4. Rechtliche Kultur der Frauen 4.4.1. Kursachsen 4.4.2. Burgund 4.5. Rechtliche Verhaltensweisen zur Erzielung von Grundrechten
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Dritter Teil: Archäologie des rechtlichen und grundrechtlichen Wissens
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Kapitel 5: Geschichte des Begriffs Menschenrecht im Spiegel der Wissenshorizonte Mensch und Recht
5.1. Antike und Mittelalter 5.1.1. Antike lateinische Texte,Grundlage der Rezeption im Mittelalter 5.1.1.1. Cicero 5.1.1.2. Seneca 5.1.1.3. Institutiones 5.1.2. Das europäische Mittelalter 5.1.2.1. Isidor von Sevilla 5.1.2.2. Legisten: Imerius, Martinus, Azo, Rogerius 5.1.2.3. Gratians Dekret und die Kanonisten 5.1.2.3.1. Gratian 5.1.2.3.2. Stephan von Tournai 5.1.2.3.3. Summa Coloniensis 5.1.2.3.4. Rufinus, Magister Rolandus 5.1.2.3.5. Zwischenbilanz 5.1.3. Theologisch-philosophische und politische Literatur 5.1.3.1. Johannes von Salisbury 5.1.3.2. Thomas von Aquin 5.1.3.3. Engelbert von Admont 5.1.3.4. Aegidius Romanus 5.1.3.5. Das Problem der Konstantinischen Schenkung 5.1.3.5.1. Jakob von Viterbo 5.1.3.5.2. Johannes Quidort von Paris 5.1.3.5.3. Dante 5.1.3.6. Die Souveränität des französischen Königs
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Inhalt
5.1.3.7. Jean Petit, der Tyrannenmord, das Konzil von Konstanz 5.1.3.7.1. Jean Petit 5.1.3.7.2. Jean Gerson 5.1.3.8. Zwei Richtungen? Marsilius von Padua - Nikolaus von Kues 5.1.3.8.1. Marsilius von Padua 5.1.3.8.2. Nikolaus von Kues 5.1.4. Zusammenfassung fur die mittelalterliche Epoche 5.2. Frühe Neuzeit (16. Jahrhundert) 5.2.1. Begriffsgeschichte im Licht von Situationen existentieller Bedeutung: Deutschland 5.2.1.1. Diskursive Konfrontation I: Der Reichstag zu Worms 1521 5.2.1.2. Diskursive Konfrontation II: Der Bauernkrieg 1524/25 5.2.2. Begriffsgeschichte im Licht von Situationen existentieller Bedeutung: Spanien und die Rechte der Indianer 5.2.3. Begriffsgeschichte im Licht von Situationen existentieller Bedeutung: Frankreich, die Religionskriege und die Bartholomäusnacht 5.3. Frühe Neuzeit (17. Jahrhundert) 5.3.1. Diskursive Konfrontation in Deutschland, III: Der Dreißigjährige Krieg 5.3.2. Die Fronde in Frankreich 5.3.3. Stationen der juristischen und politisch-philosophischen Literatur: Deutschland und Frankreich in europäischer Perspektive; 17. Jahrhundert 5.4. Die Entwicklung des Begriffs Menschenrechte im 18. Jahrhundert 5.5. Resümee
269 269 271 273 273 273 275 279 279 279 282 286 288 293 293 302
305 318 322
Kapitel 6: Die Konstitution rechtlichen Wissens beim Volk 6.1. Kulturtypus und Wissenskategorien 6.1.1. Literale und semi-orale Kultur 6.1.2. Wissenskategorien 6.2. Die Konstitution rechtlichen Wissens beim Volk in Kursachsen 6.2.1. Zu einigen Aspekten der Methoden- und Quellenkritik 6.2.2. Situatives Wissen Zusammenhang mit kontextuellem und diskursivem Wissen 6.2.3. Kontextuelles Wissen 6.2.4. Diskursives Wissen 6.3. Die Konstitution rechtlichen Wissens beim Volk in Burgund 6.3.1. Zu einigen Aspekten der Methoden- und Quellenkritik 6.3.2. Der Erwerb kontextuellen und diskursiven Wissens
325 325 325 327 332 332
Kapitel 7: Grundrechtliche Vorstellungen des Volks 7.1. Zur Einfuhrung in Kapitel 7 und 8
361 361
335 343 344 351 351 355
Inhalt
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7.2. Grundrechtliche Vorstellungen des Volks: Kursachsen 7.2.1. Der Fall Mockau 1675 7.2.2. Vom Einzelfall zu grundrechtlichen Vorstellungskategorien 7.3. Grundrechtliche Vorstellungen des Volks: Burgund 7.3.1. Gemeindeversammlungsprotokolle und ihr Wortschatz 7.3.2. Die Grafschaft Chamy: Vom Konfliktprofil zum Cahier de doléances 7.4. Vergleichendes Resümee Kursachsen - Burgund
363 363 366 381 381
Kapitel 8: Der grundrechtliche Diskurs der Rechtsanwälte 8.1. Schlachtfeld Naturrecht 8.1.1. Diskursive Konfrontation: Mockau 1675 8.1.1.1. Die Rittergutsbesitzer: Kriminalisieren 8.1.1.2. Die Gerichte: Entkriminalisieren 8.1.1.3. Der Rechtsanwalt: Defensio iuris naturalis 8.1.2. Schlachtfeld Naturrecht: der Landtag von 1661 8.2. Die grundrechtliche Argumentation der Rechtsanwälte in Kursachsen und Burgund 8.2.1. Das Bewertungsschema 8.2.2. Die grundrechtliche Argumentation der kursächsischen Rechtsanwälte in Untertanenprozessen im Aufriß 8.2.3. Die grundrechtliche Argumentation von Rechtsanwälten in Burgund im Aufriß 8.3. Das Wirken der Rechtsanwälte in Kursachsen und Burgund
399 399 399 399 400 401 402
390 396
412 412 420 422 426
Schluß: Grundrechtekonjunktur und globale Krise: Versuch einer Neubewertung der Geschichte der Grund- und Menschenrechte im frühneuzeitlichen Europa 1. Europäische Entwicklungsstränge 2. Grundrechtekonjunktur - Sachsen/Burgund 3. Grundrechtekonjunktur und globale Krise - Deutschland/Frankreich 4. Europa 1789
441 441 447 450 454
Dokumentation 1. Verzeichnisse 1.1. Verzeichnis der allgemeinen Abkürzungen 1.2. Liste der Grafiken, Übersichten und Tabellen 1.2.1 Grafiken 1.2.2. Übersichten 1.2.3. Tabellen 2. Archivalische Quellen 2.1. BM Dijon
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Inhalt
2.2. Archives départementales de la Côte d'Or 2.2.1. Parlament Dijon 2.2.1.1. Chambre de la Tournelle: arrêts définitifs criminels 2.2.1.2. Grand Chambre, arrêts définitifs 2.2.1.3. Korrespondenz und Remonstranzen des Parlaments 2.2.1.4. Literatur 2.2.2. Etats de Bourgogne 2.2.2.1. Korrespondenz der Élus 2.2.2.2. Aktensammlungen des Ständearchivs 2.2.2.3. Literatur 2.2.3. Comté Chamy 2.2.3.1. Fonds de Charny 2.2.3.2. Serie C, Akten der burgundischen Intendantur 2.2.3.3. Serie E (Kommunalarchive): 2.2.3.4. Gerichtswesen 2.2.3.5. Cahiers de doléances 2.2.4. Baronnie St.-Julien und Brognon 2.2.4.1. Fonds du Parc, 44F 2.2.4.2. Serie C (Akten der Intendantur) 2.2.4.3. Serie E und E dépôt (Kommunalarchive) 2.2.5. Verschiedene Fonds der Serie F 2.2.5.1. 7F, Fonds de Chaventenay 2.2.5.2. 35F, Fonds de Thenissey 2.2.6. Serie C (Akten der Intendantur, Verschiedenes) 2.2.7. Kommunalarchive, Liste durchgesehener Versammlungsprotokolle 2.2.7.1. Serie E 2.2.7.2. Serie E dépôt [=Ed.] 2.2.8. Serie E, Verschiedenes 2.3. Staatsarchiv Leipzig 2.3.1. Amt Leipzig 2.3.2. Amt Grimma 2.3.3. Grundherrschaft Frohburg 2.3.4. Grundherrschaft Gnandstein 2.4. Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden 2.4.1. Appellationsgericht Dresden (ApG) 2.4.1.1. Prozesse 2.4.1.2. Verfassungsakten des ApG 2.4.2. Sächsische Landstände 2.4.3. Geheimer Rat 2.4.3.1. Landtagssachen 2.4.3.2. Justiz- und Malefizsachen
462 462 462 462 462 462 463 463 463 463 463 463 463 463 463 464 464 464 464 464 464 464 465 465 465 465 465 465 465 465 466 466 466 466 466 466 467 467 467 467 467
Inhalt
3. Gedruckte Quellen 4. Verzeichnis der zitierten Literatur 5. Die grundrechtliche Argumentation der burgundischen Rechtsanwälte auf der Grundlage des Fonds Saverot 6. Cahiers de doléances aus der Grafschaft Chamy 6.1. ADC, B2242/l (Bailliage Arnay-le-Duc) 6.1.1. Bellenot 6.1.2. Pouilly 6.1.3. Mimeure, Thoreille-les-Amay, Solonge 6.1.4. Créancey, La Lochère, Beaume, Panthier 6.2. ADC, B2254/l (Bailliage Saulieu) 6.2.1. Chamy, Villeneuve 6.2.2. Noidan 6.2.3. Marcilly 6.2.4. Ogny 6.2.5. Villiers 6.2.6. Missery 6.2.7. Mont-St.-Jean 7. Die grundrechtliche Argumentation der kursächsischen Rechtsanwälte auf der Grundlage des „Fonds Kursachsen" 7.1. Staatsarchiv Leipzig 7.1.1. Amt Leipzig 7.1.2. Amt Grimma 7.1.3. GH Gnandstein 7.1.4. GH Frohburg 7.2. Staatsarchiv Dresden - Appellationsgericht Register
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467 475 507 513 513 513 514 515 516 517 517 518 519 520 520 522 523 528 528 528 530 531 531 532 534
FÜR KATHARINA ANNA-!*, JULIA-YVONNE, CLEMENS-EKKEHARD
Vorwort Die Publikation dieser Studie zur Geschichte der Grund- und Menschenrechte in der frühen Neuzeit ist mir ein gleichermaßen willkommener wie freudiger Anlaß, all jenen Dank zu sagen, die sich mit mir auf Diskussionen eingelassen und die das Vorhaben finanziell gefördert haben. Ausgesprochen anregend war die Beteiligung an dem Projekt „The Origins of the Modem State" der European Science Foundation. Janet Coleman (London School of Economics and Political Science), Leiterin der Arbeitsgruppe „The Individual in Political Theory and Practice", war mir oftmals Gesprächspartnerin zur Frage von Grund- und Menschenrechten in der mittelalterlichen Vorstellungswelt. Nicht weniger ertragreich war der gleichzeitige intensive Austausch mit Gerald Stourzh (Wien), Ivo Comparato (Perugia) und Marie-Sylvie Dupont-Bouchat (Löwen/Brüssel). Sehr bereichert hat mich hinsichtlich der für meine Fragestellungen nicht unwichtigen interkulturellen Dimension des Themas Grund- und Menschenrechte die gemeinsame Arbeit mit Jörn Rüsen (Bielefeld) sowie Harro von Senger (Freiburg). Renate Blickle war mir nicht erst seit dieser Zeit eine kritische Diskussionspartnerin gewesen. Alle drei waren an meiner Sektion auf dem Hannoveraner Historikertag 1992 zum Thema „Europäische Kultur und Menschenrechte" beteiligt. Für kritische Lektüre und Anregungen seien bedankt: Eckhart Hellmuth, Peter Landau, Rudolf Schieffer, Winfried Schulze und Eberhard Weis. Karlheinz Blaschke gehörte zu den ersten, der mein komparatistisches Vorhaben unterstutzte und mit mir die kursächsischen Verhältnisse, die für dieses Buch eine entscheidende Rolle spielen, diskutierte. Katrin Keller hat die Arbeit kritisch Korrektur gelesen. All diese Dankesschuld ändert nichts daran, daß eventuelle Fehler, Lücken oder anstößige Thesen allein in die Verantwortung des Autors fallen. Hinter allem steht ein nicht unerheblicher materieller Aufwand, zu dessen Bewältigung über die Jahre beigetragen haben: Gerda Henkel Stiftung (Düsseldorf; Stipendium für 27 Monate), VW-Stiftung (Hannover; Projektstelle für 24 Monate), DAAD (Bonn; finanzielle Unterstützung von Archivreisen in die DDR). Die Bibliothèque municipale und die Archives départementales de la Côte d'Or (Dijon) haben ebenso wie das Sächsische Hauptstaatsarchiv Dresden und das Staatsarchiv Leipzig meinen Hunger auf Akten anstandslos und im Zweifelsfall unbürokratisch gestillt. Manfred Unger, seineizeitiger Direktor des Staatsarchivs Leipzig, hat meine Recherchen über das zu erwartende Maß hinaus mit Rat und Tat gefördert. In der Bibliothèque Nationale (Paris), der Herzog August Bibliothek (Wolfenbüttel) und der
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Vorwort
Bayerischen Staatsbibliothek München habe ich mich immer zuvorkommend und freundlich bedient gefühlt. Der Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort und die Gerda Henkel Stiftung haben durch ihre Zuschüsse den Druck der Arbeit ermöglicht. Wissenschaftliche Studien entstehen nicht im Elfenbeinturm, sondern inmitten des Lebens. Das gilt in vielleicht besonderer Weise flir das Thema „Grund- und Menschenrechte". Aktuelle Bezüge ergaben sich während der Arbeit genug; auf sie ist in der Einleitung zurückzukommen. Im Jahr 1989 habe ich viele Wochen, zwischen März und November, in den Archiven in Leipzig und Dresden verbracht, um dem Zusammenhang zwischen historischen politisch-sozialen Prozessen und der Entwicklung der Grund- und Menschenrechte in der frühen Neuzeit nachzugehen. Es war wie ein symbolischer Zufall, daß ich dabei zum Augenzeugen eines zeitgeschichtlichen politischen und sozialen Prozesses wurde, der heute seinerseits einen Teil der Geschichte der Grund- und Menschenrechte im 20. Jh. bildet. Das Manuskript wurde im wesentlichen im Herbst 1994 abgeschlossen. Soweit möglich, wurde weitere, bis Anfang 1996 erschienene Literatur bei der Vorbereitung des Textes fur den Druck berücksichtigt.1 Für den Druck mußte der ursprünglich sehr umfangreiche Dokumentationsanhang gekürzt werden. Herausgenommen wurden die Tabellen, die auf der Grundlage der Archivquellen erstellt wurden und auf denen die Grafiken basieren. Die Grafiken visualisieren Quantitäten und Qualitäten, die,harten' Zahlen, die sich aus den Tabellen errechneten, sind dem Text zu entnehmen. Ich widme dieses Buch meinen beiden Kindern, die noch alles vor sich haben, und dem Andenken meiner verstorbenen Frau, die so unendlich tapfer und doch vergebens gegen den frühen Tod gekämpft hat. München, im Januar 1997
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Noch nicht vor lag von Heiner Lück: „Die kursächsische Gerichtsverfassung von 1423 bis zur Mitte des 16. Jh. unter besonderer Berücksichtigung der landesherrlichen Gerichtsorganisation."
Erster Teil Forschungsgeschichte und Forschungsmethode Einleitung Die Erneuerung der historischen Grundrechteforschung als Aufgabe Auf dem Ulmer Historikertag von 1956 formulierte Kurt von Raumer den Satz: „Die Kluft zwischen einer rein ideenmäßig bezogenen Analyse deutscher Freiheit und andrerseits ihrer Deskription aus den sozialen, ständischen, rechtlichen und historischen Tatbeständen ist offenbar sehr groß; sie zu überbrücken, wäre eine der Aufgaben deutscher Geschichtswissenschaft, die unsere Ausführungen wenigstens bewußt machen wollen."1 Für den Zusammenhang der vorliegenden Studie wäre „deutsche Freiheit" durch „Geschichte der Grund- und Menschenrechte" sowie „deutsche Geschichtswissenschaft" durch „europäische Geschichtswissenschaft" zu ersetzen, so daß der Satz dann lautete: „Die Kluft zwischen einer rein ideenmäßig bezogenen Analyse der Geschichte der Grund- und Menschenrechte und andrerseits ihrer Deskription aus den sozialen, ständischen, rechtlichen und historischen Tatbeständen, wäre eine der Aufgaben europäischer Geschichtswissenschaft, die unsere Ausführungen wenigstens bewußt machen wollen." Bei den sozialen Tatbeständen etc. dachte von Raumer u.a. an den Bauernkrieg von 1525, bzw. „breiter gesprochen (an) die großen Sozialrevolutionären Bewegungen vom späten Mittelalter bis zum späten Ancien régime, die in der Erhebung von 1525 ihren Kulminationspunkt hatten."2 Wie zutreffend der Gedanke Kurt von Raumers war, zeigte sich sehr bald im Kontext der in Frankreich, England, Nordamerika und Deutschland Aufschwung nehmenden Forschung zu den unterschiedlichsten Formen populärer Bewegungen und popularen Widerstands. Als ein zentrales Ergebnis dieser mit großem personellem und zeitlichem Aufwand geführten Forschungsvorhaben kann eine veränderte Sichtweise der Geschichte des Rechts in Europa gelten. Methodisch gesehen war es die Sozialgeschichte, die einen Wissens- und Erkenntnissprung ermöglichte. Die Widerstandsforschung berührte dabei auch Fragen der Geschichte der Grund- und Menschenrechte, ohne diese dabei
1 Räumer, Kurt von, Absoluter Staat, Korporative Übertat, Persönliche Freiheit (1957); Wiederabdruck in: W. Hubatsch (Hg.), Absolutismus, S. 152-201,1973, hier S. 184. [Die vollständigen bibliographischen Angaben sind dem Literaturverzeichnis am SchluB des Buches zu entnehmen; in den Anmerkungen wird bei unselbständig erschienenen Schriften die Jahreszahl in Klammem gesetzt, bei selbständig erschienenen wird sie ohne Klammern angegeben.] 2 Kurt von Raumer, op. cit., S. 186.
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
aus den eingefahrenen Bahnen herauszulenken. Dies ist die Aufgabe, die sich hier stellt. In den letzten zehn, fünfzehn Jahren hat sich die deutsche FrUhneuzeitforschung grundlegend gewandelt. Sie hat, nachdem im Nationalsozialismus viele Verbindungen zur einst in mancherlei Gebieten der Sozial-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte führenden deutschen Geschichtswissenschaft gekappt worden waren, in den sechziger/siebziger Jahren an soziologische Denkmodelle angeknüpft und vor allem die Methoden und Ergebnisse der französischen sog. Annales-Schule in sich aufgenommen. Davon profitiert sie noch heute. Wenn die Programmatik der Sozialgeschichte3 gewiß aufgestellt ist - z.T. so intensiv, daß der Begriff „Sozialgeschichte" heute eher gemieden bzw. durch „Gesellschaftsgeschichte" ersetzt wird - , ohne schon völlig eingelöst zu sein, dann haben längst andere, fortführende Methoden und Themen die Führung übernommen. Mentalitätsgeschichte; Frauen-, Männer-, Geschlechtergeschichte; Ich-Bewußtsein, Autobiographie, Identität und Individualismus, Körper und Sexualität, Privatleben; Presse, Kommunikation und Wissen; Europa; Krieg und Außenpolitik; historische Komparatistik etc., das sind hingewürfelt nur einige der Themen und Methoden, denen sich auch die Forschung zur Geschichte der Grund- und Menschenrechte in der frühen Neuzeit stellen muß, was nicht heißen kann, daß sie überhastet einem Sammelsurium von neueren Methoden und Themen der Geschichtswissenschaft unterworfen wird. Es geht um einen wohldosierten und zielgerichteten methodischthematischen Ansatz, der dem fraglichen Erkenntniszweig die Rolle in der historischen Forschung zuweist, die ihm zukommt - die einer geschichtlichen Schlüsselerkenntnis. Ich nenne diesen Ansatz Archäologie der Grundrechte.4 Die genannten aktuellen Themen der historischen Forschung leiten sich z.T. aus einer bedingten Abwendung von strukturalistischen Ansätzen her, sie besinnen sich mikrohistorisch zuerst auf die menschliche Individualität und die Einzelpersönlichkeit, bevor sie sich wieder strukturellen, makrohistorischen Zusammenhängen zuwenden. Ein ähnliches Prinzip gilt auch für nicht in erster Linie am Individuum anknüpfende Fragestellungen wie Europa, Krieg und Außenpolitik, d.h. sie gehen nicht mehr von einer Grundeinheit namens Nation und nationale Identität aus, sondern von topischen Zusammenhängen im europäischen Raum, bei denen individuelles Handeln und individuelle Identitäten gewissermaßen die kleinste Betrachtungseinheit und makrohistorische Komplexe wie die europäische Diplomatie die größte Betrachtungseinheit darstellen. Das in jüngerer Zeit sichtbar erhöhte Interesse an der Geschichte von Krieg, Politik und Diplomatie bedeutet daher keine Renaissance altbewährter Themen, sondern deren Einordnung in neue Perspektiven. Diese veränderte Orientierung ging im übrigen aktuellen Ereignissen wie den
1
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Vgl. den Überblick von Ritter, Gerhard Α., The New Social History in the Federal Republic of Germany, 1991. Neuerdings Schulze, Winfried (Hg ), Sozialgeschichte, Alltagsgeschichte, Mikro-Historie, 1994. Zur ausführlichen Erläuterung s. Kap. 2.
Einleitung
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Maastricht-Verträgen (Europa-Thema) oder den Kriegen im ehemaligen Jugoslawien und der zerbrochenen Sowjetunion (Kriege-Thema) voraus. In all diesen Themenstellungen spielt im europäischen Raum das Recht eine zentrale Rolle. Es gibt nicht nur eine spezifisch europäische Rechtskultur, sondern die europäische Kultur ist spezifisch rechtlich ausgerichtet. Grund- und Menschenrechte sind nicht ein Teilbereich von Recht, den man sehr gut für sich genommen betrachten könnte, sondern von Grund auf mit der Rechtskultur und folglich mit der Kultur als solcher verwoben. Sie sind deren Lebensprinzip.5 Insoweit ist die Geschichte des Rechts und der Grund- und Menschenrechte alles andere als eine Erkenntnisdomäne, die speziell den Juristen zu überlassen wäre, und in der Tat haben die Historiker das rechtshistorische Feld den Juristen ja auch nicht alleine überlassen. Immer wieder haben sich namhafte Historiker der Menschenrechtsthematik zugewandt - in bewegter Zeit Gerhard Ritter und Gerhard Oestreich z.B., um nur zwei benannt zu haben. Wenn sich ein Historiker der Geschichte der Grund- und Menschenrechte annimmt, geschieht dies auf andere Weise als bei einem Juristen, Philosophen oder Theologen. Im Zweifelsfall muß er sich die Tugenden dieser Disziplinen zu eigen machen, denn alles Menschliche ist Geschichte, ganz gleich, welche Spezialdisziplinen sich herausgebildet haben. Die Beschäftigung mit der Geschichte der Grund- und Menschenrechte - auf die Begriffe ist später einzugehen - ist noch nie Selbstzweck gewesen. Nur wenige historische Themen sind so unmittelbar einsichtig mit der Gegenwart verbunden wie dieses. Die bewußt gewordene und im allgemeinen bewußt gemachte Geschichte dieser Rechte reicht allerdings nicht sehr weit zurück, nicht weiter als bis zur amerikanischen und französischen Revolution, denen einige .Vorläufer' wie die Magna Charta oder noch früher das Naturiechtsdenken der Stoa willig beigeordnet werden.6 Dieses bewußt gemachte Wissen ist nicht unzutreffend, aber es stellt nur einen Aus5
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Die Haltung eines auf die existentielle Autonomie des Rechts pochenden Alexandre Kojève erscheint mir aus geschichtlicher Sicht widerlegbar. Vgl. Kojive, Alexandre, Esquisse d'une phénoménologie du droit [1943], 1. Aufl. 1981, besonders §§ 26 ff. Vgl. z.B. folgende Materialien, die auf Breitenwirkung angelegt sind: Zeitschrift „Geschichte Lernen. Geschichtsunterricht heute", 1 (1988), Heft 6; Thema des Hefts: „Menschenrechte". Adressaten: Primarstufe und S./6. Klasse, Sekundarstufe I. Deutsche UNESCO-Kommission/Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.): Arbeitshilfen für die politische Bildung, 6 Themenhefte „Menschenrechte", hier Heft 4 „Historische Entwicklung", Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 1986. Adressaten: Kurse von Trägem der außerschulischen politischen Bildung. Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.), Informationen zur politischen Bildung Nr. 210: „Menschenrechte", Bonn 1986. Adressaten: Schüler und Erwachsene (Dass.: Nr. 129, Juli/August 1968). Konrad-Adenauer-Stiftung (Hg.), Eichholzbrief. Beitrüge zur politischen Bildung und Information, Heft 2/1986: „Menschenrechte - Geschichte, Argumente, Dokumente", Melle 1986. Adressaten: Studenten, Erwachsene im Rahmen der außerschulischen politischen Bildung. Zeitschrift „Das Parlament", 43 (1993), Nr. 17, Themenausgabe „Menschenrechte und Demokratisierung". Das Taschenbuch Shute, Stephen/Hurley, Susan (Hg.), Die Idee der Menschenrechte, 1996, bietet praktisch Oberhaupt keine historische Perspektive an. Bei der Durchsicht der genannten Materialien, denen zahlreiche Artikel in führenden deutschen Tages- und Wochenzeitungen aus den Jahren 1992-96 beigesellt werden konnten, stellt sich die Frage, ob die sehr umfïngliche (rechts)historische Forschung, aus der vieles Nützliche, was die überkommenen Ansichten revidieren könnte, überhaupt wahrgenommen wird bzw. ob dazu Oberhaupt Bereitschaft besteht.
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
schnitt aus der wahrlich umfassenderen Wirklichkeit dar. Es gilt sich zu vergegenwärtigen, daß dieses bewußt gemachte Wissen heute fur die notwendige wissenschaftliche Begleitung der aktuellen Menschenrechtsproblematik nicht mehr ausreicht. Das gilt sowohl fur die universalgeschichtliche Perspektive wie die europäische. Die Bedeutung einer universalgeschichtlichen Perspektive, würde sie konsequent betrieben, läßt sich leicht am Ablauf der UN-Menschenrechtskonferenz in Wien im Juni 1993 ablesen. Deutlicher als je zuvor haben China, Indonesien und andere Länder am sog. westlichen Menschenrechtskonzept Kritik geübt und auf die eigene Kultur bezogene Menschenrechte reklamiert. Dies widerspricht dem Gedanken, daß Menschenrechte ihrem Wesen nach universell, also kulturwnspezifisch sind. Auf der Konferenz selbst, aber schon auch im Vorfeld während der Vorbereitungstreffen z.B. der asiatischen Staaten, ist die Idee der kulturspezifischen Menschenrechte in einem eher oberflächlichen Sinn für politische Zwecke instrumentalisiert worden. In geradezu stereotyper Weise bewies dies der chinesische Ministerpräsident im Juli 1994 während seiner Deutschlandreise. Er vergaß zu erwähnen, daß chinesische Kultur einerseits und die Auffassungen der hohen Repräsentanten der Kommunistischen Partei Chinas andererseits nicht dasselbe sind. Ernstzunehmende historische, kulturgeschichtliche Überlegungen spielten dabei keine Rolle. Eine dergestalt oberflächliche Argumentation wird bald in eine Sackgasse - um nicht zu sagen: Falle geraten, wie es sich 1993 auf der Wiener Konferenz selbst durch die Verschärfung der Konfrontation und ein infolgedessen für die Weltöffentlichkeit recht unerquickliches Tauziehen um ein gemeinsames Abschlußdokument zeigte. Unabhängig von der vorwiegend pessimistisch zu beurteilenden Chance, daß in der internationalen Politik auf die Erkenntnisse von Historikern und Kulturwissenschaftlern gehört wird, muß sich die Wissenschaft der Frage nach der Möglichkeit kulturspezifischer Menschenrechte stellen. Sie hat es auch getan, und zwar seit dem 18. Jh. Wie weit sie dabei gekommen ist, wird später noch skizziert werden können, Tatsache ist aber, daß es ihr heute an einem praktikablen Forschungsparadigma fehlt, das den veränderten Anforderungen gewachsen ist. Ein Philosoph der Aufklärung konnte sich noch an dem Gedanken berauschen, daß ihm die in Europa lange Zeit hoch im Kurs stehende chinesische Philosophie seine rechtlich-emanzipatorischen Forderungen an die eigene Regierung eindrucksvoll bestätigte. Jedenfalls glaubte man dies. So einfach, d.h. gestützt auf ein höchst partikulares Wissen, geht es heute nicht mehr. Die europäische Frühneuzeitforschung ist inzwischen z.B. in asiatischen Ländern als Lieferant von Forschungsparadigmata entdeckt worden, die auf aktuelle Themen angewendet werden.7 Damit besteht nicht nur ein konkret-praktischer Anknüpfungs7
Dieser Vorgang erscheint leicht nachvollziehbar, wenn man der von Winfried Schulze gefundenen Charakterisierung der gegenwärtigen Frühneuzeitforschung folgt: „Hinsichtlich der ... Frühen Neuzeit scheint mir fllr die allgemeine historische Forschung ein deutlicher Wandel der Fragestellungen eingetreten zu sein. Waren es früher vor allem konfessionspolitische und dynastische bzw. royalistische oder liberale Frage-
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punkt fur die universalhistorische Perspektive, vielmehr dürfte es unbestritten sein, daß Forschungsmethoden und schließlich Forschungsparadigmata einen langwierigen Entwicklungsvorlauf benötigen, der sich auf breit angelegtes, erschlossenes oder zügig erschließbares empirisches Material stützen muß. Was die Entwicklung eines Forschungsparadigmas für die (Universal)-Geschichte der Grundund Menschenrechte angeht, bietet der europäische Raum zweifellos den besten Ausgangspunkt, ohne daß dies etwas mit notorischem Eurozentrismus zu tun haben muß. Der Prozeß der europäischen Einigung, der zweite Aspekt, warum das oben erwähnte Wissen nicht mehr ausreicht, bedarf einer gründlichen Revision der Geschichtsbilder, die sich von ihrer nationalen Prägung lösen müssen. Die bisherige Geschichtsdarstellung der Grund- und Menschenrechte in Europa ist national .besetzt', sofern sie nicht völlig unhistorischen Methoden folgt und in großartigen geistesgeschichtlichen Sprüngen von Thomas von Aquin bis Thomas Paine über die „Niederungen" tausendfacher menschlicher Realitäten und Identitäten hinwegsehend versucht, die „Genese" dieser Rechte nachzuvollziehen. Zur Frage der Europäischen Einigung gehört ein reichhaltiges Wissen um Einheit und Vielfalt, mit dem die Begriffe wie „europäische Kultur" oder „europäische Geschichte" sinnhaft auszufüllen sind. Es mag sein, daß für gewisse Aspekte der europäischen Identitätsbildung, derer der Einigungsprozeß nachhaltig bedarf, ein ungenauer, diffuser, eher nebulöser Begriff von Europa, seiner Kultur und Geschichte ausreicht, ja sogar von Vorteil ist, weil zu genaues geschichtliches Hinschauen bestehende Vorstellungen in Frage stellen kann, mit denen sich die Allgemeinheit akkommodiert hat. Umdenken ist anstrengend und braucht viel Energie, es widerspricht der Bequemlichkeit im Denken, die sich vielfach breit gemacht hat und sich hartnäckig hält. Die wirkliche Tiefendimension der Geschichte der Grund- und Menschenrechte in Europa ist bisher kaum erfaßt, diese gilt es, wenigstens stückweise herauszufinden und, gewissermaßen aus der Tiefe kommend, auszuleuchten, bis gewohnte Pfade erreicht werden, die ihrerseits neu zu vermessen sind. Das heißt konkret, daß sich auch das öffentliche Bewußtsein von der rechtspositivistischen Fixierung auf diese oder jene Menschenrechtserklärung lösen und sich einer breiteren historischen Perspektive öffnen muß. „Europa" sagen, aber inhaltlich nur 1215 und 1789 kennen und meinen
Stellungen, die hier das historische Forschen bestimmt haben, so scheint mir - jedenfalls unter einem europäisch-vergleichenden Gesichtspunkt - in der neueren Forschung eine Richtung des Fragens bezeichnend, die in der Frühen Neuzeit einen umfassenden, exemplarischen, vorzüglich beobachtbaren, für unsere Gegenwart direkt relevanten, also prototypischen Fall eines gesamtgesellschaftlichen Wandlungsprozesses sieht, der sich zudem gegen ein dominantes Denk- und Normensystem zur Bewahrung tradierter Verhältnisse durchsetzen mußte. Damit ist gesagt, daß die Frühe Neuzeit alle jene Problemlagen enthalt, die die Neuzeit bestimmen sollten, man kann sie deshalb als ein Musterbuch der Moderne bezeichnen." S. Schulze, Winfried, „Von den großen Anfängen des neuen Welttheaters" (1993), S. 9 (Hervorhebung von Schulze). Besonders in Indien ist das in der europaischen Frilhneuzeitforschung steckende Eikenntnispotential geortet worden und wird seitdem genutzt.
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(um die Umstände etwas zu karikieren), ist keine zukunftsträchtige Grundlage für europäisches Denken.8 Voraussetzung fur die Revision von Geschichtsbildern ist eine europäische Geschichtsschreibung. Europäische Geschichtsschreibung bedeutet mehr zu tun, als an Staaten und Nationen gebundene Darstellungen nebeneinander zu stellen, wie es seinerzeit z.B. im „Handbuch der europäischen Geschichte" überwiegend geschah, oder zu einem bestimmten Thema Beispiele aus dem gesamten europäischen Raum heranzuziehen und diesen das Etikett „Europa" zu verleihen. Europäische Geschichtsschreibung beginnt mit dem konsequenten Willen zur Systematik9, deren erstes Motiv es ist, eine Antwort auf die Frage nach Einheit und Vielheit in Europa zu finden. Ohne eine Beantwortung dieser Frage wird es schwierig sein, Begriffe wie z.B. „europäische Kultur" mit präzisem Inhalt zu füllen. Das setzt den Willen zu einer gleichberechtigten Behandlung aller Geschichten in Europa voraus. Es setzt weiter voraus, daß nationale Entwicklungen nicht mit europäischen Entwicklungen in eins gesetzt werden. Es setzt vor allem Genauigkeit, geistige Disziplin und eine erhebliche Portion Widerstandsvermögen gegenüber allen Verlockungen zu .großen' Generalthesen voraus. Im interkulturellen Kontext wird geme von der europäischen bzw. europäischnordamerikanischen Idee der Menschenrechte gesprochen, wird Europa als kulturelle Einheit begriffen. Es mutet allerdings fragwürdig an, wenn in diesem Kontext vorwiegend bestimmte Länder und nur bestimmte Dokumente sowie ein zweifellos prächtiger Strauß von Denkern konkret präsentiert werden. Es ist bisher selten versucht worden, bezüglich der Geschichte der Menschenrechte die von Natur aus weit dimensionierten Begriffe Europa und Kultur in der praktischen Ausführung einzulösen. Die Situation hat etwas Paradoxes an sich: die Fülle der Forschungsliteratur, die explizit oder implizit zur Erhellung der Geschichte der Menschenrechte in Europa beiträgt, ist wahrhaftig unerschöpflich. Und trotzdem ist sie bisher noch nicht zu einer europäischen Gesamtschau, die diesen Namen verdiente, zusammengefügt. Die osteuropäischen Länder sind notorisch unterbelichtet; über die westeuropäischen Länder weiß man viel zu sagen, aber immer nur in bezug auf diesen oder jenen zeitlichen Schwerpunkt, diskontinuierlich. Was weiß man über die Geschichte der Grund- und Menschenrechte in Spanien nach dem Ende der Rechtsschule von Salamanca?! Und Nordeuropa? Was wüßte der durchschnittliche nichtNordeuropäer zur Geschichte der Grund- und Menschenrechte in diesem Teil Europas zu sagen, wenn er danach gefragt würde? Wo könnte er sich sachkundig machen? Wie steht es mit einer plausiblen transnationalen Verknüpfung der jeweiligen Erkenntnisse?
* Vgl. die bereits genannten Materialien zur schulischen und außerschulischen politischen Bildung. 9 S. z.B. die kritischen Anmerkungen von Schulze, Winfried, Von der „europaischen Geschichte" zum „Europäischen Geschichtsbuch", (1993). Vgl. den Entwurf von Schmale, Wolfgang, Europaische Geschichte schreiben..., (1993).
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Die Probleme beginnen folglich schon in Bereichen, die zu den Grundlagen jeder historischen Erkenntnisgewinnung zählen: Geographie und Chronologie. Das geographische Problem ist vorläufig nicht wirklich zu lösen. Dies hängt mit der Bezeichnung Europa zusammen, und die hat ihre eigene wechselvolle Geschichte. Die geographische Bedeutung des antiken Europa-Begriffs hat nurmehr wenig mit der heutigen geographischen Grundlage zu tun. Wenn unter historischen Gesichtspunkten von europäischer Kultur gesprochen wird, kann dieser Umstand nicht einfach übergangen werden. Soweit die Frage nach der Existenz oder nicht von Menschenrechtskonzepten in der griechischen und römischen Antike gestellt wird, wird sie zumeist mit Blick auf die spätere Entwicklung im mehr nach Norden verschobenen Europa gestellt, nicht aber mit Blick auf den gesamten antiken Mittelmeer- und kleinasiatischen Raum, obwohl dies genauso gerechtfertigt wäre. Es wäre also nötig, sich daran zu gewöhnen, die geographischen Orientierungsperspektiven je nach Epoche zu wechseln. Ohne Kompromisse geht es sicher nicht, und da der Historiker ja zunächst einmal von seinen eigenen Zeitgenossen verstanden werden will, empfiehlt es sich, das heutige geographische Europa zugrundezulegen, dessen Ränder nur noch im Osten und Südosten unscharf sind. Damit ist ein Rahmen - und eine Aufgabe gewonnen, denn die Forschung ist in ihrer Dichte zu unausgewogen, als daß über alle Länder gleichermaßen berichtet werden könnte. Die Forschung ist sich hinsichtlich der Chronologie nicht einig, ob sie die Geschichte der Menschenrechte in Europa bereits in der Antike beginnen lassen soll oder nicht.10 Das ist zuallererst eine Definitionsfrage. Geht man vom Vorhandensein einer menschlichen Minimalethik seit den Urzeiten der Menschheit aus (René Marcie; s.u. Kap. 1), schließt dies selbstverständlich die Antike mit ein. Zweifellos ist auch Karl Jaspers mehrfach eindringliche Erinnerung daran, daß das, was wir von der Menschheitsgeschichte wissen, unter zeitlichem Aspekt nicht mehr als einen Augenblick repräsentiert, zu bedenken. Im Grunde fällt es schwer zu bezweifeln mit Blick auf die Philosophie und Literatur der Antike - , daß die Menschen der Antike und wir selbst demselben historischen Abschnitt in der Geschichte der Menschheit in Europa zugehören. Ganz grundlegende Werthaltungen - unabhängig von ihrer realen Erscheinungsweise im alltäglichen Leben der Menschen selbst mögen deshalb mehr oder weniger unverändert geblieben sein. Freiheit ist bereits ein Hauptthema der Antike; die Struktur des europäischen Freiheitsbegriffs wird dort vorgeprägt, „Freiheit" und „Europa" scheinen sogar einen gegenseitigen Bedeutungsbezug zu haben, aber die antiken Gesellschaften werden genausogut durch die Sklaverei gekennzeichnet. Dennoch, selbst wenn man in Hinsicht der relativen Kürze der bewußtgewordenen Menschheitsgeschichte Jaspers' Haltung
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Vgl. statt vieler den kurzen Abriß der Problematik bei Kühnhardt, Ludger, Die Universalität der Menschenrechte, 1987 (2. Aufl. 1991), S. 44-62 (der 1. Auflage). Dort auch einschlägige Literatur.
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Ubernähme, so bliebe immer noch die Aufgabe, den zahllosen empirisch feststellbaren Veränderungen seit der Antike gerecht zu werden. Im Grundsatz stellt sich - auch in Begrenzung auf den europäischen Raum - ein Problem, das aus der Universalgeschichte bekannt ist. Es besteht gewissepnaßen die ,Wahl' zwischen einer epochen- und gesellschaftsrelativistischen (in der Universalgeschichte: kulturrelativistischen) Betrachtungsweise einerseits und einer von pinem bestimmten Menschenrechtsverständnis ausgehenden universaleuropäischen andererseits. Dem ersten Fall liegt wie bei der These von der menschlichen Minimalethik die Annahme zugrunde, daß die im Laufe der Geschichte aufgetretenen Gesellschaften/Kulturen zum Zweck nicht die Zerstörung, sondern den Erhalt ihrer selbst und damit ihrer Mitglieder, also des Menschen, hatten. Wie dieser Selbsterhalt aussieht, richtet sich nach den allgemeinen lebensweltlichen Bedingungen. Es dürfte unstrittig sein, daß die Instrumente des Selbsterhalts vor 3000 Jahren andere waren und sein mußten, als heute z.B. in der industrialisierten Welt. Es gab eine Epoche in der Menschheitsgeschichte, in der die Formulierung' des Inzestverbots keinen geringeren Grund als den Selbsterhalt menschlicher Gesellschaften hatte (Claude Lévi-Strauss). Das Inzestverbot ist bis heute im wesentlichen unbestritten, aber es wird im allgemeinen nicht im Kontext der Menschenrechte abgehandelt" - obwohl, in seiner Entstehungszeit, dieses Verbot dieselbe mensch- und gesellschaftserhaltende Wirkung hatte wie z.B. heutzutage der Eigentumsschutz, ohne den die westliche Industriegesellschaft mit all den kaum auszumalenden Folgen zusammenbrechen würde. So gesehen kann die Geschichte der Menschenrechte in Europa nicht einfach darin bestehen, vom heutigen Menschenrechtsverständnis auszugehen und dessen Entwicklungsgeschichte nachzuzeichnen. Eine solche Geschichte wird leicht zur Fortschrittsgeschichte, sie bleibt im Banne der Teleologie. Der Weg wäre dann vorgezeichnet - in Stichworten: erste Vorläufer in der Antike; entscheidender .Sprung' mit der Naturrechtslehre der Stoa und der späteren Rezeption durch die Christen; neue Entwicklung des FreiheitsbegrifFs vom Mittelalter an; neuer Sprung mit der Durchsetzung der Idee von der Glaubensfreiheit im 16. Jh.; die politischen Revolutionen in den Niederlanden, England, Amerika und Frankreich vom 16. bis 18. Jh. zuzüglich der umfassenden Naturrechts- und Menschenrechtslehre der Aufklärung; Kodifizierung der Menschenrechte als Menschenrechte oder auch Grundrechte in Verfassungen und Rechteerklärungen seit dem ausgehenden 18. Jh.; etc. Wäre es aber nicht denkbar, daß die Geschichte der Grund- und Menschenrechte auch das Produkt unzähliger historischer Verknüpfungen war, die keineswegs a priori immer in einem unmittelbaren Kausalverhältnis zueinander standen? Was hindert daran, ernsthaft nachzufragen, ob nicht die frühneuzeitliche, ja, die feudale Gesellschaft, ein in sich durchaus schlüssiges Grundrechtekonzept besaß, dessen Funktion dem " Soweit es sich nicht um den Schutz von Minderjährigen vor sexuellem Mißbrauch handelt, denn dies gehört zur Menschenrechtsproblematik.
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unseres heutigen Grund- und Menschenrechtskonzepts entsprach? Die historische Wirklichkeit bietet sich natürlich verwickelter dar, darauf leiten die gestellten Fragen schon für sich hin. Soweit das Problem in seinem allgemeinen Aufriß. Die daran gebundenen Ansprüche an die Forschung sogleich für ganz Europa einlösen zu wollen, wäre utopisch. Ich werde im Schlußkapitel dieses Buches versuchen, Uber den deutschfranzösischen Vergleich hinausgehend eine europäische Skizze zu zeichnen, in der Hoffnung, daß sie zu weiteren Forschungen Anlaß gibt. Vorerst heißt es jedoch realistisch zu sein und, im Verhältnis zur Weite des europäischen Rahmens, im Kleinen zu beginnen, was als Aufgabe dennoch groß genug ist. Dieses Beginnen im Kleinen heißt, bei einem systematischen Ländervergleich anzusetzen, adäquate vergleichende Methoden zu entwickeln und schließlich zu Ergebnissen zu gelangen, von denen ausgehend ein europäischer Vergleich aufgebaut werden könnte. Der Ländervergleich bezieht sich auf Deutschland-Frankreich mit zwei vergleichenden Regionalstudien über Kursachsen und Burgund als Kern. Warum innerhalb des europäischen Kontextes das deutsch-französische Beispiel, warum Kursachsen und Burgund als Regionalstudien? Auf den ersten Teil der Frage soll jetzt sofort geantwortet werden, auf den zweiten im Zusammenhang mit der Erläuterung des Konzepts der Archäologie der Grundrechte. Für die Rechtswissenschaft und die Rechtsgeschichte gehört der Vergleich als Methode fast schon zur Selbstverständlichkeit. Wenn hier von historischer Komparatistik die Rede ist, geht es aber um mehr als die bekannte Rechtsvergleichung. Es geht, getreu den eingangs aufgestellten Vorgaben, um die allgemeinhistorische und besonders sozialgeschichtliche Grundlegung der bewerkstelligten Forschungen zur Geschichte der Grund- und Menschenrechte. Begreift man die historische Komparatistik unter rein methodischen Gesichtspunkten, so steht der damit zu erzielende Gewinn an struktureller Durchsichtigkeit der untersuchten Phänomene im Vordergrund. Unter diesem Gesichtspunkt kann man genausogut England mit Frankreich, Deutschland mit England, Frankreich mit Spanien oder Polen mit Rußland vergleichen. Diese Vergleichsmöglichkeiten bestehen z.T. jedoch nur theoretisch, da ein Vergleich, der sich einem so vielfältig mit der gesamten historischen Entwicklung verbundenen Thema wie der Geschichte der Grund- und Menschenrechte widmet, bestimmte bereits erbrachte Forschungsleistungen und Methodenerprobungen voraussetzt. Er setzt desweiteren eine gute archivalische Dokumentation voraus. Schon deshalb ist z. Zt. nicht jeder denkbare und wünschbare Vergleich auch praktisch durchführbar. In einem zweiten Schritt stellt sich selbstverständlich die Frage nach einem über die Methodik hinausgehenden Sinn eines Vergleichs. Spontan würde man vielleicht einem Vergleich England-Frankreich den Vorzug geben, gelten beide doch als klassische Herkunftsländer der Grund- und Menschenrechte. Der im Schlußkapitel angelegte Überblick über die Geschichte der Grund- und Menschenrechte in Europa
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wird allerdings zeigen, daß die meisten Länder ihren Anteil geleistet haben, dem die gewöhnliche historische Bewertung nicht exakt entspricht. Dies zu zeigen könnte z.B. ein wichtiger Grund sein, in einem Vergleich zur Geschichte der Grund- und Menschenrechte ein klassisches Beispiel und ein unklassisches Beispiel zu kombinieren, wie es mit Frankreich-Deutschland der Fall ist. Wirklich ausschlaggebend für die getroffene Wahl ist aber die enge Verzahnung der deutschen und französischen Geschichte miteinander, sie bedeutet ein zentrales Strukturmerkmal der europäischen Geschichte seit dem Mittelalter. Am deutlichsten zeigt sich dies an der politischen Geschichte, läßt sich aber bis in die Konstitution je der französischen bzw. deutschen Identität hinein verfolgen, die sich z.T. in einem hochinteressanten Prozeß gegenseitiger Wahrnehmung herausbildeten. Für Deutschland wurde dies besonders für die Rezeption und Verarbeitung der Französischen Revolution untersucht, der gemeinte Prozeß reicht jedoch weiter und tiefer. Seit über hundert Jahren hat sich eine Vielzahl von Historikern und Literaturwissenschaftlern mit der kulturellen Präsenz von Frankreich in Deutschland und Deutschland in Frankreich befaßt.12 Zumeist handelt es sich um eine literaturwissenschaftlich oder geistesgeschichtlich geprägte Imagologie, die die Frage nach der Funktion von kulturellen Referenzen nur unzureichend ausschöpft. Es spricht einiges für die These, daß mit dem Gegensatzpaar Karl V ./Habsburg versus Franz I./Valois eine neue Qualität von geschichtlichem Werdegang im Verhältnis beider Länder entstand. Einerseits füllte sich auf beiden Seiten der Begriff „Nation" mit immer mehr praktischer Relevanz auf und betonte die trennenden Elemente, andererseits stieg der Anteil der oft den Zeitgenossen in ihrer vollständigen Tragweite und Tatsächlichkeit gar nicht unmittelbar bewußten „Fremdbestimmung" enorm an. „Fremdbestimmung" meint, daß das Tun und Lassen je des einen das Tun und Lassen je des andern in hohem Maße bestimmte bzw. mitbestimmte. Heinrich Lutz formulierte mit Blick auf die europäische Tragweite dieses Geschehens, der Auseinandersetzung zwischen Karl V. und Franz I., die er einen „Kampf auf Leben und Tod" nannte: „War es zwangsläufig, daß dieser Kampf auf Leben und Tod ausbrach? In den Friedensjahren seit 1516 war ununterbrochen zwischen Frankreich und Habsburg verhandelt worden; in immer neuen Kombinationen hatte man den Ausgleich gesucht. Er wurde nicht gefunden. Man kann wohl soviel sagen, daß diese Aufgabe des Ausgleichs zwischen zwei mächtigen, aufsteigenden politischen Systemen überaus schwierig war. Es hätte neuer Formen staatlichen Zusammenlebens, einer unerhörten Anstrengung bedurft. Die damaligen FriedensentwUrfe des Erasmus können vielleicht illustrieren, wie neuartig, wie anspruchsvoll die Alternative des Ausgleichs gewesen wäre. Aber es kam die andere Alternative zum Zuge, die nun auf dem Wege der politisch-militärischen Dialektik Europa den uns bekannten Entwicklungen entgegentrieb. So steht das Duell Kaiser Frankreich am Anfang einer irreversiblen Epoche." 13
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Aus der älteren Literatur s. die prägnante, keineswegs Uberholte Studie von Joret, Charles, Des rapports intellectuels et littéraires de la France avec l'Allemagne avant 1789, 1884; Süpfle, Theodor, Geschichte des deutschen Kultureinflusses auf Frankreich, 1886. Aus der neueren Literatur vgl. vor allem Leiner, Wolfgang, Das Deutschlandbild in der französischen Literatur, M991; Grunewald, Michel/Schlobach, Jochen (Hg.), Médiations/Vermittlungen, 1992. Lutz, Heinrich, Kaiser Karl V., Frankreich und das Reich (1968), S. 10.
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Was die politische Geschichte angeht, so sind neben der Geschichte Karls V. und Franz I. vor allem die Richelieu-Ära und das weitere 17. Jh. untersucht worden.14 Daß die Epochen der französischen Revolution und Napoleons einen Forschungsschwerpunkt bilden, bedarf hier keiner weiteren Ausführungen. 15 In jüngerer Zeit ist die „Erbfeindschaft" näher unter die Lupe genommen worden, an der sich die Ausbildung von Identitäten in gegenseitiger Abhängigkeit demonstrieren läßt. Der eigentlichen ,Erbfeindschaftsepoche' geht anderes voraus, was mit,Epoche der Phobien' umschrieben werden könnte. Hugues Marquis befaßte sich mit der Germanophobie in Frankreich seit dem 17. Jh. Tatsächlich stammen die meisten Negativklischees, mit denen der ungehobelte, kulturlose, händelsüchtige, saufende, furzende und fressende Deutsche in Frankreich bezeichnet wird, aus dem Mittel- und Spätmittelalter. Die Tiefenwirkung dieser Klischees läßt sich sehr gut an der Existenz sprichwörtlicher Sentenzen im Alltagssprachgebrauch festmachen (z.B. „faire une querelle d'Allemand à quelqu'un") oder an der Einführung bestimmter Lehnwörter wie „reftres" (Reiter) und „lansquenets" (Landsknechte), die auf die plündernden Horden eines bestimmten deutschen Soldatentyps verweisen (dessen sich u.a. Richelieu freilich ganz gern für seine machtpolitischen Zwecke bedient hatte). Marquis ist eher an der Frage interessiert, ob sich aus diesen und endlosen anderen Beispielen, von denen er köstlich zu lesende Proben gibt, eine Art Deutschenhaß in Frankreich ableiten läßt. Er verneint dies eindeutig für die Zeit vor 1870/71.16 Gonthier-Louis Fink führt das Thema des „wechselseitigen Spiegelbildes" bis 1750 fort und zeigt darin die ebensowenig schmeichelhaften deutschen Vorurteile Uber Franzosen.17 Michael Jeismann beschäftigt sich mit der Epoche der Erbfeindschaft. „In Frankreich wie in Deutschland war der Feind ein konstitutives Element des nationalen Bewußtseins; ein Vaterland ohne Feind gab es nicht, seit der Begriff eine reale oder erhoffte nationale Handlungseinheit meinte. [...] Da sich an die Nation, wenn auch in beiden Ländern auf verschiedene Weise, Zukunftserwartungen mit utopischen Elementen richteten, bedeutete die Existenz des Feindes zweierlei: Zum einen galt sie als Hindernis nationaler Erfüllung und zum anderen perpetuierte gerade diese Verhinderung den Verheißungscharakter des Nationalen. Der immer wieder neu zu überwindende Feind markierte den Weg, der schließlich doch ein Ziel haben mußte." 18 Mit den Arbeiten von Hartmut Kaelble zum Vergleich der deutschen und französischen Gesellschaft 1880 bis heute19 ist zweifellos eine neue Qualität der vergleichenden histori-
Weber, Hermann, Frankreich, Kurtrier, der Rhein und das Reich, 1623-1635, 1969; Decker, K.P., Frankreich und die Reichsstände 1672-1675,1981. Eine FQUe anregender Details sind in der Festschrift fUr Hermann Weber zu finden, ohne daß daraus ein Gesamtpanorama entstehen kann: Duchhardt, Heinz/Schmitt, Eberhard (Hg.), Deutschland und Frankreich in der frühen Neuzeit, 1987. Zur frühen Neuzeit s. desweiteren: Gebauer, Curt, Geschichte des französischen Kultureinflusses auf Deutschland, 1911; Weis, Eberhard, Ergebnisse eines Vergleichs der grundherrschaftlichen Strukturen Deutschlands und Frankreichs (1990). S. auch den knappen Literaturüberblick von Malettke, Klaus, Deutsch-franzOsische Beziehungen in der Frohen Neuzeit, 1989. Vgl. Schmale, Wolfgang, Das Bicentenaire. Ein Forschungsbericht (1993-1994), Teil II, 12. Marquis, Hugues, Aux origines de la germanophobie (1991). Fink, Gonthier-Louis, Vom Alamodestreit zur Frühaufklämng (1991). Jeismann, Michael, Das Vaterland der Feinde, 1992, S. 374 f. Kaelble, Hartmut, Nachbarn am Rhein, 1991; s. dazu ergänzend, da auch vom Autor als zusammenhangende Forschungsleistung gewertet von dems., Auf dem Weg zu einer europäischen Gesellschaft, 1987. Kaelble geht im zuerst genannten Werk von der durch jOngere Umfragen belegten Annäherung der deutschen und franzosischen Gesellschaft aus und rekonstruiert diese Annäherung historisch. K. verweist auf die
I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode sehen Forschung zu den beiden Ländern erreicht worden, ähnlich intensive Vergleiche würde man sich auch für die frühe Neuzeit wünschen. 20 Hinsichtlich des Geisteslebens entsteht im allgemeinen der Eindruck, daß hier Frankreich eher die gebende, Deutschland die nehmende Seite war. Es sei z.B. nur an die beeindrukkende Breite der Bodin- und Montesquieu-Rezeption in Deutschland gedacht21, mit der die relativ intensive Pufendorf-Rezeption 22 in Frankreich doch nicht mithalten kann. Andererseits wurde mehr als einmal auf die bis heute offensichtlich noch nicht völlig erfaßte Rolle der Kenntnis der Reichsverfassung für die Entwicklung der französischen Staatslehre hingewiesen. 23 Mehrere Studien sind der Preußenrezeption in Frankreich im 18. und 19. Jh. gewidmet.24 Die französische Diskussion zur Emanzipation der Juden erhielt entscheidende Impulse aus der deutschen Diskussion; insbesondere Dohms Werk über die „bürgerliche Verbesserung der Juden" 25 sowie Moses Mendelssohns Wirken beeinflußten den Gang der Dinge auf französischer Seite. Noch ist eine umfassende Aufarbeitung dieser Punkte nicht in Sicht, zu verweisen ist hingegen auf das CNRSProjekt „Les transfers culturels franco-allemands de la période prérévolutionnaire à la première guerre mondiale", über das mehrere parallele Arbeiten von Michel Espagne und Michael Werner informieren. Die Autoren befassen sich mit deutschen Einflüssen in Frankreich. Um sich von einer allzu einfachen Auffassung der Einflußproblematik zu lösen, schlagen die Autoren Anleihen beim Konzept der Akkulturation vor, das (wissenschaftsgeschichtlich) entwickelt worden war, um Prozesse kulturellen Transfers im Zusammenhang mit der Kolonisation zu beschreiben. Es geht um die Tiefenwirkung der Rezeption einer anderen Kultur und um die Entdeckung der verschlungenen Wirkungswege. Der Schwerpunkt des Projekts liegt im 19. Jh., in dem bis 1870/71 ein dichtes Netz deutsch-kultureller Referenzen nicht zuletzt durch zahlreiche in Frankreich lebende Deutsche aufgebaut werden konnte. Die Wurzeln dazu sind im Prinzip in der Zeit nach 1750 zu suchen. Um nur ein Ergebnis zu nennen: der in Frankreich positiv besetzte Topos der „deutschen Wissenschaft" entstand im Zuge dieses Netzes kultureller Referenzen. 26 Falsch wäre es jedoch zu glauben, daß mit dem deutsch-französischen
Notwendigkeit, bei dem dt.-frz. Vergleich Westeuropa als Korrektiv im Auge zu behalten, um nicht einem vermeintlichen dt.-ftz. Sonderverhältnis aufzusitzen (S. 14). Für das 19. und 20. Jh. s.: Poidevin, Raymond/Bariéty, Jacques, Frankreich und Deutschland, 1982; Shamir, Haim (Hg.), France and Germany in an Age of Crisis 1900-1960, 1990; Manftass, Klaus (Hg.), Paris-Bonn, 1984; s. dort besonders auch den Beitrag von Karl Ferdinand Werner, France et Allemagne - Dix Siècles d'Histoire?, S. 25-46. Mit der Bodin-Rezeption hat sich in jOngerer Zeit noch einmal Quaritsch beschäftigt; s. Quaritsch, Helmut, Souveränität. Entstehung und Entwicklung des Begriffs, 1986. Zur Montesquieu-Rezeption ist nach wie vor auf Vierhaus, Rudolf, Montesquieu in Deutschland (1965), zu verweisen. Vgl. auch dazu Quaritsch, op. cit. Die prominenteste Bezeugung stammt von Rousseau (Auszug aus St. Pierre's Entwurf zum ewigen Frieden), auf die Aretin, Karl Otmar Frhr. von, Heiliges Römisches Reich 1776-1806, Teil 1: Darstellung, 1967, gleich zu Beginn seines Werkes hinweist. Ebenso, schon vorher: von Raumer, op. cit., S. 177. S. ausserdem: Schubert, Friedrich Hermann, Französische Staatstheorie und deutsche Reichsverfassung im 16. und 17. Jh., 1968; Malettke, Klaus, Frankreich, Deutschland und Europa im 17. und 18. Jh., 1994, S. 169-261. Malettke faßt hier die eigenen Studien sowie die altere Literatur zusammen. Vgl. u.a.: Skalweit, Stephan, Frankreich und Friedrich der Große, 1952; Wenger, Klaus Rudolf, Preußen in der öffentlichen Meinung Frankreichs 1815-1870, 1979. Dohm, Christian Wilhelm, Über die bürgerliche Verbesserung der Juden, 1781-1783; Neuausgabe der zeitgenössischen frz. Übersetzung: Dohm, C.-W., De la réforme politique des Juifs [1782], 1984. Genaueies dazu bei Badintcr, Robert, Libres et égaux... L'émancipation des Juifs 1789-1791, 1989. Espagne, Michel/Werner, Michael, Deutsch-Französischer Kulturtransfer im 18. und
19. Jh. (1985),
S. 502 f f ; diess., La constitution d'une référence culturelle allemande en France (1987). In ähnliche Richtung
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Krieg von 1870/71 die Entwicklung kultureller Interferenzen beidseits des Rheins abrupt abgebrochen wäre. Das Kapitel über die Forschung in beiden Ländern zur Geschichte der Menschenrechte wird Gelegenheit geben, das Bild in einem wichtigen Bereich zu vervollständigen. Manches spricht dafür, daß die geistige Auseinandersetzung mit Deutschland zumindest auf französischer Seite nie intensiver gefuhrt wurde, als in der Folge von 1870/71. So wählte Claude Digeon für seine einschlägige Studie von 1959 den folgenden Titel: „La crise allemande de la pensée française (1870-1914)".27 AU dies sind nur Schlaglichter, die selbstredend fortgesetzt werden könnten. Die Verzahnung der deutsch-französischen Geschichte hält bis heute an und ist konstituierend fur den europäischen Einigungsprozeß, mag er so schleppend sein, wie er es ist. In diesem Zusammenhang gibt es trotz aller bisherigen Bemühungen viel zu wenige vergleichende deutsch-französische Studien.28 Mehr oder weniger enge Beziehungen gibt es zwischen allen europäischen Ländern, aber die Verdichtung in negativer wie positiver Hinsicht der Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich und Frankreich und Deutschland finden in Europa schwerlich eine Parallele, m.E. weder in Nordeuropa noch im Fall ,Österreich-Ungarns' noch im Fall Spanien-Portugals noch in den Fällen Frankreich-England und Deutschland-England. In jeder ,Nationalgeschichte' finden sich nichtnationale kulturelle Referenzen. In Frankreich sind es englische, spanische, italienische, russische, polnische, antike oder europäisch-transnationale, aber keine kulturelle Referenz erreicht über lange Zeit dieselbe Dichte wie die deutsche, gerade in Schlüsselepochen der französischen Geschichte. Umgekehrt dürfte dies ähnlich gelten, mit der Einschränkung, daß der Vergleich kultureller Referenzen bisher selten unternommen wurde. Beide Länder sind auch wiederholt z.B. als die maßgeblichen Modelle für individualistisches und kollektivistisches („holistisches") Denken29 oder fur zwei signifikant unterschiedliche Rechtsschulen in Europa bemüht worden. In Frankreich wurde nicht nur das auf der Menschenrechtserklärung von 1789 basierende Recht als universal gültig verstanden, auch den Code civil (Code Napoléon) erachtete man als zielt der Band von Jordan, Lothar/KortlSnder, Bernd/Nies, Fritz (Hg.), Interferenzen. Deutschland und Frankreich, 1983. Als Literaturbericht vgl. Mondot, Jean, Les relations franco-allemandes à l'époque moderne, II (1989). 17 M
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Digeon, Claude, La crise allemande de la pensée française (1870-1914), 1959; Reprint 1992. Nicht alles, was im Titel „Deutschland und Frankreich" trägt, ist unter die vergleichende Forschung einzureihen. Oftmals werden je ein Beitrag zu Frankreich und Deutschland zu einem Thema nebeneinander gestellt, ohne daß daraus tatsächlich ein Vergleich entstünde. Berding, Helmut/François, Etienne/Ullmann, Hans-Peter (Hg.), Deutschland und Frankreich im Zeitalter der Revolution, 1989 (Frz.: Diess. (Hg.), La Révolution, la France et l'Allemagne. Deux modèles opposés de changement social?, 1989); Bulst, N./Hoock, J./Irsigler, F. (Hg.), Bevölkerung, Wirtschaft und Gesellschaft. Stadt-Land-Beziehungen in Deutschland und Frankreich 14.-19. Jh., 1983; Bulst, N./Goy, J./Hoock, J. (Hg.), Familie zwischen Tradition und Moderne. Studien zur Geschichte der Familie in Deutschland und Frankreich vom 16. bis zum 20. Jh., 1981. Vgl. zuletzt Dumont, Louis, Homo Aequalis II. L'idéologie allemande, 1991. Bei Dumont geht es allerdings nicht um ein plattes Entweder-Oder, sondern für beide Linder um ein Sowohl-Als-auch; der entscheidende Unterschied besteht im spezifischen Verständnis von Individualismus diesseits und jenseits des Rheins und um sein Unter- bzw. Oberordnungsverhältnis zum Kollektivismus.
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Modell mit universalem Anspruch. Grundlage waren die Verwertung des römischen Rechts als Ausdruck des Naturrechts und das Vernunftrecht. In gewissem Sinn setzten Portalis und andere Urheber des Code civil damit die Lehre Domats30 aus der Zeit um 1700 fort, während in Deutschland die Verbindung von französischer Besetzung und Einfuhrung des Code Napoléon fur Abneigung gegen das französische Recht31 und die Verstärkung des seit Coming vermehrt bedachten deutschrechtlichen Bezugs sorgte. Die historische Rechtsschule förderte diesen Bezug, auch wenn ihre methodischen Leistungen keineswegs automatisch in ein eng begrenztes nationalrechtliches Denken mündeten, sondern - bedarf es besonderer Erwähnung? - die denkbar wichtigsten Leistungen zur Forschung über das römische Recht ermöglichten. Auf die Rechtspraxis hatte dies allerdings lange Zeit keinen Einfluß, später in erster Linie auf die Juristenausbildung. Die skeptische Beäugung des römischen Rechts als „fremdes Recht" war älter.32 Während Frankreich also auf eine Einheit von Rechtswissenschaft und praktischer Ausbildung zustrebte, blieb in Deutschland beides in bemerkenswerterem Umfang getrennt. Das deutsch-französische Beispiel ist kein beliebiges, sondern zentral fur eine europäische Geschichtsschreibung. Das deutsch-französische Paradigma hat zentrale Bedeutung für die Bewertung der Geschichte der Grund- und Menschenrechte in Europa. Es ist kein Zufall, daß eine deutsch-französische Forschungskontroverse jene berühmte zwischen Jellinek und Boutmy - am Anfang der historischen Menschenrechtsforschung in Europa steht. Dieser Menschenrechtsforschung im Sinne einer deutsch-französischen Forschungsgeschichte möchte ich mich jetzt zuerst zuwenden, um dann das methodische Konzept und den regionalgeschichtlichen Vergleich zu entwickeln.
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Zu Domat s. jetzt vor allem Renoux-Zagamé, Marie-France, Domat, le Salut et le Droit (1989), und dies., Domat: Du jugement de Dieu à l'esprit des lois (1993). Schubert, W., Französisches Recht in Deutschland zu Beginn des 19. Jh., 1977, bes. Kap. 5; Fehrenbach, Elisabeth, Traditionale Gesellschaft und revolutionäres Recht, : 1978. Stolleis, Michael, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Band 1, 1988. Nach Stolleis hatte das römische Recht schon im 16. Jh. nicht mehr ausgereicht, um die politisch-rechtlichen Probleme im deutschen Reich zu lösen; ebd. S. 78 f. Sehr differenziert behandelt Koschaker, Europa und das römische Recht, M958, diese Fragen (bes. S. 245 ff.). S. jetzt auch Grziwotz, Herbert, Der moderne Verfassungsbegriff und die „Römische Verfassung" in der deutschen Forschung des 19. und 20. Jh., 1986; Bender, Peter, Die Rezeption des römischen Rechts im Urteil der deutschen Rechtswissenschaft (Diss. 1955), 1979.
Kapitel 1 Grund- und Menschenrechte in der deutschen und französischen Historiographie und die Konstitution einer Forschungsdisziplin (1791 bis heute) 1.1. Jellineks Paukenschlag Auch französische Studenten wissen, ohne daß es dazu eines besonderen Hinweises im cours magistral bedürfte, von der Kontroverse Jellinek-Boutmy über die Entstehung d^r französischen Menschenrechtserklärung zu berichten.1 Bis heute hat die französische Forschung zur Geschichte der Menschenrechte von der deutschen Forschung kaum mehr als jenes Werk von Jellinek wahrgenommen, Frau Barret-Kriegel fühlte sich jüngst noch einmal zu polemischen Äußerungen über Jellinek und seine vermutete Absicht, den Ursprung der Menschenrechtsidee fiir den deutschen Protestantismus zu vereinnahmen, verpflichtet (s.u.). Im großen und ganzen scheint die Kontroverse dennoch ausgetragen zu sein. Bei genauerer Beobachtung zeigt sich allerdings, daß die deutsche und französische Forschung nebeneinander stehen; Querverbindungen gibt es nicht allzuviele. D.h. nicht, daß keine Forschungsergebnisse rezipiert würden, aber die Wahrnehmung deutschsprachiger Literatur zur Geschichte der Grund- und Menschenrechte fällt in Frankreich sehr bescheiden aus, was umgekehrt so nicht gilt. Beispiele für deutsch-französische Kooperationen lassen sich in den letzten 15 Jahren gelegentlich finden, aber sie ließen sich an ein, zwei Händen aufzählen. Erinnert man sich an die von nationaler Polemik begleitete seinerzeitige Kontroverse - Jellinek selbst kam ohne diese Polemik aus - und vergleicht sie mit dem heutigen Stand der Forschungsbeziehungen in dieser Frage, so ist es wohl richtig von Normalisierung zu sprechen. Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Forschungszugänge zur Geschichte der Grund- und Menschenrechte in Frankreich und Deutschland zeitweilig deutlich verschieden waren und es immer noch sind. Während in Frankreich anläßlich des Bicentenaire zahlreiche Bücher und Aufsätze mit ausgesprochen philosophischer Orientierung, bewußt an die Aufklärungsphilosophie anknüpfend, publiziert wurden, fiel die Ernte in Deutschland eher bescheiden aus: Von einer gegenwartsbezogenen Erweiterung der Aufklärungsphilosophie hinsichtlich der Menschenrechtsdoktrin kann hierzulande keine Rede sein, es herrscht die histo'
An der Universität Tours hielt ich 1987/88 einen cours magistral Ober die „Histoire des droits de l'homme" ohne auf die berühmte Kontroverse einzugehen. Bei der Abnahme der mOndlichen Prüfungen brachten die Studenten das Thema dann von selbst ins Gesprich.
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risch-empirische Erforschung vor. Darin setzt sich fort, daß Frankreich mit der Revolution und der Menschen- und Bürgerrechtserklärung von 1789 eine das Bewußtsein bis heute prägende „Urerfahrung" gemacht hat, zu der es in Deutschland schlechterdings kein vergleichbares, ähnlich prägendes Phänomen gibt. Die merkwürdigen Versuche zu Beginn des 20. Jh., den „Ideen von 1789" die „Ideen von 1914" entgegenzustellen, karikieren sich selber.2 Statt jener „Urerfahrung" verfügen wir über mehr Forschung - nicht zuletzt über die „Urerfahrung" unseres Nachbarn: die lange Zeit wichtigsten - das darf man wohl so sagen, ohne sich dem Verdacht von Chauvinismus auszusetzen - Studien über die französische Déclaration von 1789 stammten aus deutscher Feder. Das ist vor allem Jellineks Vorstoß von 1895/1902 zu verdanken, welcher im übrigen auch in den ersten 30 Jahren dieses Jahrhunderts in Frankreich mehrere Arbeiten zur Déclaration nach sich zog. Forschungsgeschichtlich war es ein wirklicher Paukenschlag, dessen Wirkung aber weniger auf absolut neuen Inhalten beruhte - so neu war das alles nicht... 3 - , sondern vielmehr darauf, daß Jellinek der erste war, der Ordnung in ein zwar umfangreiches, aber bisher unsystematisiertes Wissen über die Geschichte der Grund- und Menschenrechte im Licht der Entstehung von Menschenrechtsdeklarationen brachte und daß er dies zu einem Zeitpunkt tat, zu dem sowohl in Frankreich wie in Deutschland rechtsstaatlich-demokratisches Denken aus sehr unterschiedlichen Gründen auf den Prüfstand geraten war. Die französische Republik war von innerer Einheit noch weit entfernt 4 , ihr laizistischer Kurs forderte den Widerstand der katholischen Kirche heraus, die sich ohnehin mit dem Menschenrechtsgedanken seit der Constitution civile des Klerus in der Revolution schwer getan hatte. Während aber in der Republik nicht zuletzt durch die Verfassung und zielgerichtete bildungspolitische Maßnahmen die Menschenrechtsidee von 1789 wiederbelebt worden war, ging es im Deutschen Reich der Jahrhundertwende um eine Neubeheimatung der Menschenrechtsidee, bei der allerdings der Begriff „Menschenrechte" selten benutzt wurde. Eher sprach man von Grundrechten, der nicht zuletzt durch Jellinek selbst etablierte Fachbegriff war der der öffentlichen subjektiven Rechte. Auch solche begrifflichen Unterschiede sprechen Bände, denn die deutschen Begriffe tendierten dahin, nationale positivierte Grundrechte des Bürgers zu meinen, während im französischen Begriff „droits de l'homme" die Bedeutungskonnotationen „ganze Menschheit" und „vorpositives verbindliches Recht" fortlebten. Ahnlich wie es bezüglich der Geschichte der Grund- und Menschenrechte einen Unterschied zwischen der im allgemeinen bewußt gemachten und der viel umfassenderen tatsächlichen Geschichte dieser Rechte gibt, ist auch unser Wissen über die einschlägige Historiographie von einem solchen Unterschied zwischen Bewußtem und Tatsächlichem geprägt. Es kann leicht der Eindruck gewonnen werden, daß es 2 3
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S. z.B. Maier, Hans, Ältere deutsche Staatslehre und westliche politische Tradition, 1966. Trotz des Titels unergiebig: Pfeifer, Kurt Die Idee der Grundrechte in der deutschen Literatur von 1790 bis Georg Jellinek, 1931. Vgl. Nicolet, Claude, L'idée républicaine en France, 1982, besonders S. 424 ff., 441 ff., 445 ff.
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vor Jellinek und seinem französischen Gegenspieler Boutmy keine oder kaum eine historische Menschenrechtsforschung gegeben habe. Völlig falsch ist dieser Eindruck nicht, denn eine systematische, durch klare Fragestellungen ausgezeichnete, untereinander ,vernetzte' und sich durch Selbstreferenz perpetuierende historische Menschenrechtsforschung existiert faktisch erst seit jener Kontroverse. Boutmy und Jellinek haben selbst zu diesem Eindruck beigetragen, indem sie mit Verweisen auf einschlägige Literatur des 19. Jh. recht sparsam umgingen, aus welchen Gründen auch immer. Bei genauerem Hinsehen ist jedoch zu entdecken, daß die historische Forschung spätestens mit der französischen Revolution selbst beginnt, allererste Ansätze lassen sich bereits in einigen der zahlreichen Werke der Aufklärungszeit über die Geschichte der Menschheit nachweisen. Der Begriff „Forschung" ist dabei weit auszulegen. Anfangs geht es darum, daß „Menschenrechte" als Erkenntnisgegenstand der historischen Betrachtung konstituiert und daß historische Ereignisse, gelegentlich auch schon Rechtsdokumente wie die Magna Charta etc., in einer solchen Perspektive überdacht werden. Entscheidende Motivation erhielten solche Betrachtungen dadurch, daß mit der Déclaration von 1789 der Begriff „Menschenrechte" in aller Munde geriet, zugleich ein epochales Ereignis und ein historisches Monument repräsentierte. Bevor wir uns also von Jellinek ab- und dem ausgehenden 18. Jh. zuwenden, sei noch ein technischer Hinweis erlaubt. Die folgende Auswahl an Arbeiten ist nicht zwangsläufig mit der von Günter Birtsch et al. getroffenen Auswahl fur Deutschland und Frankreich in deren Menschenrechts-Bibliographid (für Westeuropa und die USA)5 identisch. Es ist allerdings grundsätzlich kein Raum, in jedem Einzelfall anzugeben, ob sich das zitierte Werk bei Birtsch et al. findet oder nicht. Ich habe die von mir im wesentlichen vor dem Erscheinen der Bibliographie zusammengestellte Materialsammlung jedoch anhand der Bibliographie auf evtl. Lücken hin überprüft. Wegen der ansteigenden Titelmasse an historischer, historisch-politischer, rechtlicher, rechtshistorischer und rechtsphilosophischer Literatur seit dem späteren 19. Jh. war für dieses Kapitel eine gelenkte Auswahl nötig. So sind vorrangig allgemeine Arbeiten zur Geschichte der Menschenrechte berücksichtigt, darüber hinaus wurden systematisch Titel zu folgenden Themenbereichen durchgesehen: Toleranz, Widerstandsrecht, Freiheitsrechte, wirtschaftliche und soziale Grundrechte, Grundrechte im 19. Jh., Behandlung der Weimarer Verfassung und des Grundgesetzes im Licht historischer Betrachtungen, Wahlrecht. Die Auswahl gilt sinngemäß fur Frankreich, wobei die deutschspezifischen Bezüge durch frankreichspezifische Bezüge ersetzt sind. Dazu kommen Stichproben zu anderen Themen wie z.B. Briefgeheimnis. Durchgesehene, aber für unsere Frage unergiebige und deshalb nicht zitierte Literatur, kann ich aus Platzgründen nicht angeben. Auf weitere Sicht wäre eine quantitative Analyse der Forschung möglich, das wäre aber s
Birtsch, Gflnter/Trauth, Michacl/Meenken, Immo (Hg.), Grundfreiheiten, Menschenrechte 1500-1850. Eine internationale Bibliographie, 5 Bande, 1991-1992.
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ein eigenständiges Projekt und würde an dieser Stelle nur zu einem Buch im Buche fuhren. Da es hier um Grund- und Menschenrechte als historisches Erkenntnisobjekt und die Konstitution einer einschlägigen Forschungsdisziplin geht, kann der Blick nicht auf die Geschichtswissenschaft als solche beschränkt werden. Trotz aller Spezialforschung im 19. Jh. verstanden sich viele Akademiker immer noch als zumindest geistes- bzw. humanwissenschaftliche Universalgelehrte, denen ein Denken in engen Forschungsdisziplinen fern lag. Dessen ungeachtet schritt die Aufteilung der Wissenschaft in Einzelfächer fort. Die Geschichte der Grund- und Menschenrechte rückte dabei eher in das Gebiet der Juristen ein, während allgemeinhistorische Darstellungen diesem Thema keinen besonderen Platz einräumten. Es war kein zentrales Thema, und was allgemeinhistorische Darstellungen angeht, ist es dies bis heute nicht. Deshalb wird dieses Kapitel keinen Rundgang durch das Pantheon der .großen Männer' der deutschen und französischen Geschichtswissenschaft im 19. Jh. bieten können. Viele Forschungsarbeiten der jüngeren Zeit zur Geschichte der Geschichtswissenschaft im 19. und auch 20. Jh. halten sich vor allem an die Werke6 der bekannten Historiker und befassen sich weniger mit historischem Denken in anderen Disziplinen; der Aspekt der Grund- und Menschenrechtsgeschichte erscheint darüber hinaus als im wesentlichen unberücksichtigt. Die folgenden Seiten werden deshalb nicht immer das bestätigen, was im engen Bezug auf die universitäre Disziplin „Geschichtswissenschaft" herausgearbeitet wurde. Das liegt nicht zuletzt an der unterschiedlichen Materialbasis, die sich durch mehrere Wissenschaftsdisziplinen hindurchzieht. Theologen, Philosophen und Literaturhistoriker nahmen sich des Themas gleichfalls an, mit wachsender Zahl bis heute. Auch wenn Rechtsgeschichte nie nur von Juristen betrieben worden ist, sondern immer auch von Historikern, nimmt die von Historikern bewältigte rechtshistorische Forschung innerhalb der Geschichtswissenschaft erst seit dem Zweiten Weltkrieg einen breiteren Raum ein. Das gilt vornehmlich für Deutschland, während in Frankreich bis heute die Tendenz vorherrscht, den Rechtshistorikern und (Rechts)Philosophen diesbezüglich das Feld zu überlassen. Neben den inhaltlichen Momenten, die in diesem Kapitel herauszustellen sind, darf auch die zunehmende Zahl von Dissertationen seit Jellinek/Boutmy zum Problemkomplex Grund- und Menschenrechte als deutlich sichtbares Zeichen für die Konstitution der Forschungsdisziplin gewertet werden. Daß die Zahl der Dissertationen anstieg, hing freilich auch mit dem Ausbau der Universitäten in beiden Ländern zusammen, was wiederum als wichtiger institutioneller Hintergrund der Etablierung von Forschungsdisziplinen anerkannt werden muß. Geschichtswissenschaft als institutionalisierte Disziplin mit einem schon recht fest gefügten Selbstverständnis gab es in Deutschland eher als in Frankreich, sie wurde dort nach 1875 - in Maßen 6
Institutionelle und biographische Aspekte werden freilich auch berücksichtigt, aber darauf ist hier nicht einzugehen. Bibliographische Angaben s. an Ort und Stelle in diesem Kapitel.
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freilich - als mögliches Modell angesehen. Die Niederlage von 1870/71 spielte dabei kaum eine Rolle.7 Während Sieburg zu dem Ergebnis kam, daß in der französischen und deutschen Geschichtswissenschaft das Verhältnis beider Länder bis ca. 1848 in eine positiv bewertete gesamteuropäische Schau eingebracht wurde, was im weiteren Verlauf wegen erheblicher politischer Differenzen, an denen Historiker als Politiker aktiv beteiligt waren, nicht mehr möglich gewesen sei8, muß doch, wie das auch die folgenden Seiten untermauern werden, von wesentlich mehr Einverständnis auch nach 1848 ausgegangen werden. So blieb es zwischen 1871 und 1918 für protestantische und liberale französische Historiker problemlos möglich, positiv über Luther und die Reformation zu urteilen, um nur eines der möglichen Reiz- und Kontroversthemen zu nennen.9 Viele der deutschen Arbeiten, die sich mit der Geschichte der Grund- und Menschenrechte befaßten, passen nicht in das Schema der franzosen- oder gar europafeindlichen deutschen Geschichtswissenschaft nach 1871. Aber das mag daran liegen, daß sich nicht unbedingt die führenden Historiker mit diesem Fragenkomplex auseinandersetzten.
1.2. VorJellinek: Die Ursprünge der historischen Menschenrechtsforschung im späten 18. Jahrhundert Ein historisches Verständnis von Menschenrechten in dem Sinne, daß sie sich im Lauf der Geschichte eines Volkes, eines Kulturraums oder der Menschheit nach und nach entwickelt hätten, ist der Aufklärung im Prinzip fremd. Menschenrechte werden als nicht-geschichtliches Phänomen begriffen, insoweit sie schon immer sind - mit oder ohne Bezug auf Gott als Urheber dieser Rechte. Anders steht es um ihre Verwirklichung. Im allgemeinen herrscht die Ansicht, daß die Menschheit hier noch ein Fortschrittsziel zu erreichen hat. Es gilt also, eine geschichtliche Aufgabe zu erfüllen; nicht nur die französischen Revolutionäre von 1789 waren dieser Auffassung, sondern auch die deutschen bzw. deutschsprachigen Aufklärer. Der natürliche' Ort einschlägiger Überlegungen zu den Menschenrechten oder Rechten der Menschheit als geschichtlicher Aufgabe waren die Werke zur Geschichte der Menschheit. Nicht alle Verfasser fanden dabei zu so eindeutigen
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Becher, Ursula A.J., Geschichtsinteresse und historischer Diskurs, 1986, hier S. 64. Hartog, François, Le XIX e siècle et l'histoire. Le cas Fustel de Coulanges, 1988, befaßt sich ausführlich mit der Diskussion um Mommsens Stellungnahmen zu Elsaß-Lothringen; selbst in dieser sehr kritischen Frage, wo die Wogen sicherlich hoch schlugen, wurden die Brücken keineswegs abgebrochen, vielmehr wurde zwischen Preußen und der „véritable Allemagne" differenziert. Ebd., S. 44 ff., hier S. 52 f.
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Sieburg, Heinz-Otto, Deutschland und Frankreich in der Geschichtsschreibung des 19. Jh. (1815-1848), 1954, hier S. 286. Fortsetzung in ders., Deutschland und Frankreich in der Geschichtsschreibung des 19. Jh. (1848-1871), 1958.
9
GOdde-Baumann, Beate, Deutsche Geschichte in französischer Sicht, 1971, hier S. 32. Kenntnisreich, aber z.T. national-kampferisch verzeichnet: Leube, Hans, Deutschlandbild und Lutherauffassung in Frankreich, 1941.
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Formulierungen wie Herder 1784/85 in seinen „Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit". Bei Herder ist eine Art Sozialgeschichte des Rechts angedeutet, die, von Gott angestoßen, auf das Ziel einer vollkommenen Verwirklichung der Rechte der Menschheit, von Humanität und Menschenwürde, zueilt: Zu diesem offenbaren Zweck [= Humanität], sahen wir, ist unsre Natur organisirt; zu ihm sind unsre feineren Sinne und Triebe, unsre Sprache, Kunst und Religion uns gegeben. [...] Ihr [= Humanität] zu gut sind auf der weiten Erde alle Lebensarten der Menschen eingerichtet, alle Gattungen der Gesellschaft eingeführt worden. Jäger oder Fischer, Hirt oder Ackermann und Bürger; in jedem Zustande lernt der Mensch Nahrungsmittel unterscheiden, Wohnungen für sich und die Seinigen errichten: er lernte für seine beiden Geschlechter Kleidungen zum Schmuck erhöhen und sein Hauswesen ordnen. Er erfand mancherlei Gesetze und Regierungsformen, die alle zum Zweck haben wollten, daß jeder, unbefehdet von andern, seine Kräfte üben, und einen schönern, freieren Genuß des Lebens sich erwerben könnte. Hierzu war das Eigenthum gesichert, und Arbeit, Kunst, Handel, Umgang zwischen mehreren Menschen erleichtert: es wurden Strafen für die Verbrecher, Belohnungen für die Vortrefflichen erfunden, auch tausend sittliche Gebräuche der verschiedenen Stände im öffentlichen und häuslichen Leben, selbst in der Religion angeordnet. Hierzu endlich wurden Kriege geführt, Verträge geschlossen, allmälig eine Art Kriegs- und Völkerrecht, nebst mancherlei Bündnissen der Gastfreundschaft und des Handels errichtet, damit auch außer den Grenzen seines Vaterlandes der Mensch geschont und geehrt würde. Was also in der Geschichte je Gutes gethan ward, ist für die Humanität gethan worden... Humanität als Ziel ist „göttliches Naturgesetz". Daher heißt es weiter: Allenthalben ist die Menschheit das, was sie aus sich machen konnte, was sie zu werden Lust und Kraft hatte. [...] Kein Zweifel aber, daß überhaupt, was auf der Erde noch nicht geschehen ist, künftig geschehen werde: denn unveijährbar sind die Rechte der Menschheit, und die Kräfte, die Gott in sie legte, unaustilgbar. [...] Die ganze Geschichte der Völker wird uns in diesem Betracht eine Schule des Wettlaufs zu Erreichung des schönsten Kranzes der Humanität und Menschenwürde.10 Gleichfalls 1784 äußerte sich Kant in seiner „Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht" sinngemäß, allerdings ohne von Rechten der Menschheit o.ä. zu sprechen: Man kann die Geschichte der Menschengattung im großen als die Vollziehung eines verborgenen Plans der Natur ansehen, um eine innerlich- und, zu diesem Zwecke, auch äußerlich-vollkommene Staatsverfassung zustande zu bringen, als den einzigen Zustand in welchem sie alle ihre Anlagen in der Menschheit völlig entwickeln kann."
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Herder, Johann Gottfried von, Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit [1784-83], hier 15. Buch (Band 1), S. 189-193. [Die gedruckten Quellen werden in den Anmerkungen abgekQrzt zitiert; die benutzten Editionen sind dem Verzeichnis der gedruckten Quellen am Ende des Buches zu entnehmen.] " Immanuel Kant, Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbtlrgerlicher Absicht [1784], S. 149-166, hier S. 161, „Achter Satz". In seinen Rezensionen zu Herders Geschichte der Menschheit geht Kant auf die Rechte
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Solange an einer prinzipiellen Einheit der Menschheit festgehalten wird, besteht das Geschichtliche an den Menschenrechten in dem zeitlichen Weg auf dieses schon der ursprünglichen Menschheit aufgegebene Ziel hin. Immerhin besteht darin ein Unterschied zu den menschheitsgeschichtlichen Überlegungen Rousseaus, der, soweit er sich wie z.B. im Contrat social (1762) auch mit den „droits de l'humanité" befaßt, die Haltung der Revolutionäre vorwegnimmt: Menschenrechte haben keine Geschichte: sie sind schon immer da, entweder sie werden beachtet oder sie werden nicht beachtet und müssen dann der Vergessenheit entrissen werden.12 Es ist mit Risiken behaftet, zu behaupten, dieses oder jenes Werk sei das erste, welches... Ich formuliere es daher etwas weniger entschieden: bis zum jetzigen Zeitpunkt habe ich kein älteres Werk gefunden, das die Skizze zu einer ausgesprochenen Geschichte der Menschenrechte enthält, als jenes, vermutlich von Sylvain Maréchal verfaßt, das den umständlichen Titel trägt: Déclaration des droits de l'homme et du citoyen, décrétée par l'Assemblée nationale, Comparée avec les lois des peuples anciens et modernes, et principalement avec les déclarations des États-Unis de l'Amérique (1791).13 Um das Schicksal der französischen Menschenrechtserklärung bangend, stellt der Autor sie in eine Reihe u.a. mit der englischen Magna Charta und den amerikanischen Rechteerklärungen, denn „eile est destinée ... à devenir le point de ralliement, vers lequel tous les citoyens s'empresseront de se réunir." Zunächst weist nichts darauf hin, daß eine Geschichte der Menschenrechte folgen könnte, da es weiter ganz traditionell lautet: Quelle est donc notre situation, si l'on ne peut pas, sans danger, entendre des maximes d'une éternelle vérité, des maximes que personne n'ignore, que les philosophes n'ont cessé d'enseigner, que des législateurs ont proposées sans péril, que des peuples anciens ont regardées comme la base de leur gouvernement, et que des peuples modernes ont adoptées, non-seulement sans éprouver de secousses violents, mais avec tout le succès qu'ils avaient droit d'espérer?14 Das Argument, eine Menschenrechtserklärung führe nur zu Aufständen, wird mit historischen Gegenbeispielen seit der Antike zurückgewiesen. Die Unvollkommenheit der menschlichen Gesetzgebung sei durch die Menschenrechtslehre der Philosophen wie Aristoteles, Piaton, Cicero, Hobbes, Pufendorf, Barbeyrac, Grotius, Wolf, Burlamaqui, Rousseau und Mably ausgeglichen worden. Wenn, wie soeben
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der Menschheit nicht ein (ebd., S. 179-200). Um MiBverstfindnissen vorzubeugen, sei betont, daß es an dieser Stelle nicht um den Beitrag Kants zur Menschenrechtslehre geht, sondern um Menschenrechte als historiographischen Gegenstand. Zu Kants Menschenrechtslehre vgl. Ebbinghaus, Julius, Das Kantische System der Rechte des Menschen und Bargers in seiner geschichtlichen und aktuellen Bedeutung (1964); Bourgeois, Bernard, Philosophie et droits de l'homme de Kant à Marx, 1990; etc. Rousseau, Jean-Jacques, Du contrat social [1762], z.B. Kap. 4 (De l'esclavage). Nach Gauchet, Marcel, La Révolution des droits de l'homme, 1989, S. 57, Anm. 1, handelt es sich bei dieser Schrift um die Fortsetzung des Sylvain Maréchal zugeschriebenen „L'Ami de la Révolution", und zwar der 10.-12. Philippika vom Nov. 1790. Maréchal, op. cit., S. 13.
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zitiert, die Menschenrechte schon von den alten Völkern als Grundlage ihrer Verfassungen erkannt worden seien, so gibt es doch gewisse Unterschiede, aus denen sich dann die Geschichte der Menschenrechte entwickelt: Les principes que l'assemblée nationale a recueillis, nous les trouvons en partie chez tous les peuples libres mais, nous ne les trouvons pas tous chez le même peuple, ou si nous les trouvons, ils ne sont pas reconnus, déclarés formellement et de manière à servir d'échelle sur laquelle on puisse mésurer chacun des actes de la puissance législative.19 So hätten Seneca und Solon [sie werden in dieser Reihenfolge genannt!] von den Ägyptern „cette science admirable" erlernt, „dont l'objet est de rendre les hommes heureux"; die Römer hätten von den Griechen gelernt, und die Europäer wiederum von den Römern. Und dann: Après des siècles d'ignorance, la science de la politique est sortie des ténèbres. Au milieu des agitations que les révolutions modernes ont excitées, il s'est élevé de grands hommes, qui tout-à-coup, ont porté le flambeau de la raison dans ces régions que la superstition et le despotisme opprimaient. Les hommes ont appris à penser; mais tout étonnés d'apprendre qu'ils avaient des droits, ils ne pouvaient le croire; il a fallu qu'on abusât de leur patience et de leur soumission, avant qu'ils songeassent à se plaindre, et ce n'est qu'avec une précaution infinie que les états-unis de l'Amérique ont osé parler d'indépendance.16 Es folgt ein Abriß jener historischen Epochen, die auch heute noch ihren Platz in Darstellungen zur Geschichte der Menschenrechte haben: C'est un spectacle, bien étonnant pour le philosophe, de voir l'Angleterre combattre pied à pied contre le despotisme, les peuples helvétiques se retrancher sur des rochers inaccessibles et stériles, les Vénitiens se cacher dans des roseaux sur les bords de la mer adriatique, les républiques d'Italie toujours aux prises avec des tyrans, la Hollande se soustraire à l'esclavage, et s'y rendormir, après avoir bu dans la coupe des richesses, l'Amérique enfin, opprimée par un peuple libre, se détacher de la mère-patrie, devenue pour elle une marâtre, tandisque les autres peuples, spectateurs indifférons de ces révolutions qu'ils traitent de séditions et de révoltes, ne songent point à s'instruire (...). Il appartenait à la France d'étonner l'univers, et de le réveiller de l'engourdissement dans lequel il était plongé. Nous étions destinés à servir de modèles (...).17 Es folgt eine Darstellung der Überlegenheit der französischen Rechteerklärung über die amerikanischen Deklarationen, bevor der Bogen noch einmal in die vorchristliche Zeit zurückgeschlagen wird. Die Gesetze des Moses hätten das jüdische Volk bis heute überleben lassen, doch sei dies ein Ausnahmefall der Geschichte. Ei-
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Ebd., S. 19 f., Hervorhebungen von mir.
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Ebd., S. 21 f.
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Ebd, S. 22 f.
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nige Artikel der Déclaration seien auch schon in den mosaischen Gesetzen zu finden ebenso wie in den Gesetzen Solons, des Lykurg und in den Zwölftafelgesetzen: Les lois de Solon, celles de Licurge, la loi des douze tables renferment des déclarations éparses des droits de l'homme et du citoyen: et parmi les peuples de l'Europe, l'Angleterre dans ses différentes chartes, dans ses bills de droits, n'a-t-elle pas des déclarations formelles? Les Suisses, les Genevois, les Hollandais, les Américains, ont aussi les leurs." Dem schließt sich eine ausführliche Kritik der großen antiken Gesetzgebungswerke im Hinblick auf die Frage an, inwieweit sie schon Menschenrechte beinhalteten. Hier wie bei den Vergleichen mit den italienischen Republiken usw. wird Artikel für Artikel der Déclaration vorgegangen. Diese Schrift war es sicher wert, so ausführlich präsentiert zu werden, weil sie in nuce bereits einen Großteil der Topoi der historischen Menschenrechtsforschung enthält. Noch weiter ging Condorcet nur wenige Jahre später in der „Esquisse d'un tableau historique des progrès de l'esprit humain" (1794). 19 Diese Menschheitsgeschichte Condorcets enthält zugleich eine der ersten umfänglicheren Geschichte der Menschenrechte, ein Begriff, den Condorcet häufig einsetzt. Bei der Darstellung der griechischen Antike wird das Thema erstmals direkt berührt: Leur (=les législateurs) objet ne pouvait pas être encore de fonder sur la raison, sur les droits que tous les hommes ont également reçus de la nature, enfin, sur les maximes de la justice universelle, l'édifice d'une société d'hommes égaux et libres, mais seulement d'établir les lois suivant lesquelles les membres héréditaires d'une société déjà existante pourraient conserver leur liberté, y vivre à l'abri de l'injustice, et déployer au dehors une force qui garantît leur indépendance. [...] On verra enfin que dans la Grèce, l'homme avait du moins le sentiment de ses droits, s'il ne les connaissait pas encore, s'il ne savait pas en approfondir la nature, en embrasser et circonscrire l'étendue.20 Danach gab es rechtlich keine wesentlichen Fortschritte, doch trug die Völkerwanderungszeit trotz aller Barbarei und Anarchie die „germes de la liberté" in sich.21 Während des Mittelalters brach sich der ,Geist der Freiheit' Bahn. In den Städten kam es bereits zu einer „restauration de quelques-uns des droits naturels de l'homme." 22 Im 13. Jh. ereignete sich ein qualitativer Sprung: En Angleterre, un acte célèbre, solennellement juré par le roi et par les grands, garantit les droits des barons, et quelques-uns de ceux des hommes. D'autres peuples, des provinces, des villes même, obtinrent aussi des chartes semblables, moins célèbres et " Ebd., S. 68-71, Hervorhebung von mir. " Condorcet, A. de, Esquisse d'un tableau historique des progrès de l'esprit humain (1794), 1963. 20 Ebd., S. 114, 120. 21 Ebd., S. 172. 22 Ebd., S. 192.
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moins bien défendues. Elles sont l'origine de ces déclarations des droits, regardées aujourd'hui par tous les hommes éclairés comme la base de la liberté, et dont les anciens n'avaient pas conçu, ne pouvaient concevoir l'idée (...). [...] Cependant, chez les Anglais, les principes du réformateur Wicleff avaient été le motif d'un de ces mouvements dirigés par quelques-uns de ses disciples, présage des tentatives plus suivies et mieux combinées que les peuples devaient faire sous d'autres réformateurs, dans un siècle plus éclairé.23 Dies ist im übrigen recht genau schon das Argument vom hundert Jahre späteren Jellinek. Die weitere Darstellung von diesem Jahrhundert gerät bei Condorcet über lange Strecken zur Geschichte des Fortschritts in der Erkenntnis der Menschenrechte. Die Reformation wertet Condorcet wenig positiv, bescheinigt ihr jedoch die Anfänge der Denkfreiheit, wenn schon nicht für den Menschen, so doch wenigstens für den Christen. Bevor mit der europäischen Aufklärung seit dem ausgehenden 17. Jh. der Durchbrach erzielt wurde, so unser Autor, gab es Rückschläge wie z.B. die Verfolgung Galileis. In der amerikanischen Revolution sieht Condorcet den entscheidenden Auslöser fur die europäische Revolutionsepoche, läßt sich aber über direkte Einflüsse auf die französische Déclaration nicht aus. Sein Wunsch für die Zukunft ist die vollkommene Realisierung der Menschenrechte, auf die der menschliche Geist seit den Anfangen der Menschheit hinarbeitete. Was auffällt, ist die Behandlung der Rolle der Reformation. Bei Maréchal fehlt sie als Gesichtspunkt, bei Condorcet gehört sie zu den eher dunklen Epochen des menschlichen Geistes auf seinem Fortschritt zur ewigen Vernunft. Der Reformation nahmen sich hingegen auf der anderen Rheinseite deutsche Autoren an. 1794 schrieb Georg Sartorius, Kustos der Göttingischen Bibliothek, eine Geschichte des deutschen Bauernkriegs (1795 gedruckt). 24 Sartorius schildert die rechtlose, unterdrückte Lage der Bauern vor dem Bauernkrieg; im Rahmen der Darstellung des Krieges geht er auch auf die Flugschriften ein, selbstredend auch auf die berühmten 12 Artikel, die er so charakterisiert: „In der That war es eins und dasselbe, die Schrift war ihnen [=Bauem], was einige Jahrhunderte später, allgemeine Menschenrechte, Natur- und allgemeines Staatsrecht genannt ward." Der damalige und gegenwärtige Streit um die Menschenrechte seien praktisch der gleiche.25 Müntzer z.B. habe gepredigt, daß alle Menschen gleiche Rechte hätten. 26 Zum Ende des Bauernkrieges äußert Sartorius: Die Ruhe ward hergestellt; die Menschheit aber und das Deutsche Gemeinwesen hatten nicht nur nichts gewonnen, sondern viel verloren. [...] Dennoch kann man nicht ohne Grund eine allgemeine Folge bemerken, welche diese Rebellion bewirkt zu haben scheint, und die dem Freunde der Menschheit erfreulich ist: daß die Reformation oder die Veränderung der bisher bestandenen kirchlichen Verfassung durch sie beschleunigt 23 24 25 26
Ebd., S. 196. Sartorius, Georg, Versuch einer Geschichte des Deutschen Bauernkrieges, 1795. Ebd., S. 104 f. Ebd., S. 300.
1. Historiographie
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ward. Dieß ist die einzig erfreuliche Seite, der einzig reine Gewinn, den die Menschlichkeit durch diese Empörung erhielt.27
Gemeint ist damit der Ursprung der Glaubensfreiheit in der Reformation, wie überhaupt die Menschheit seit der Reformation Fortschritte gemacht habe.28 Sartorius ist kein bedingungsloser Verfechter der Menschenrechtsidee seiner Zeit, sondern er erhofft sich das Heil aus allgemeiner Sittlichkeit mit hohem Pflichtbewußtsein und hohem Bildungsstand. Der anonyme Fortsetzer von Adelungs „Versuch einer Geschichte der Kultur des menschlichen Geschlechts" im Jahr 1800 wies der Reformation gleichfalls eine Schlüsselrolle zu.29 „Den Keim des Menschenrechtssystems empfieng Europa mit dem Ausbruch der Reformation. [...] In Deutschland also wurde das System der Menschenrechte empfangen [nämlich in der Reformation, W.S.], gebohren aber in England während der Revolution unter Karl dem ersten."30 Danach verweist der Autor auf die Aufklärungsphilosophie, Amerika, die Auswirkungen auf Frankreich und von Frankreich auf die anderen europäischen Staaten. Von dort schweift der Blick über das Osmanische Reich nach Asien und Afrika. Mit diesen Werken sind bis 1800 also wesentliche Pfeiler der historischen Betrachtung der Menschenrechte bis heute abgesteckt. Überraschen mag auch die Weite des Blicks: die französischen Autoren beschäftigen sich bereits mit der bis heute kontrovers diskutierten Frage, ob die Antike Menschenrechte kannte oder nicht, und beantworten sie differenziert, die deutschen Autoren fuhren die Reformation als Urheberin des Menschenrechtsgedankens ein und fuhren die Skizze bis in universalgeschichtliche Betrachtungen hinsichtlich der Zeit nach 1789 fort. Alle Autoren befassen sich mit Vorbild und Einfluß Amerikas, die nicht geleugnet, aber auch nicht zu einem besonderen Gegenstand der Betrachtung erhoben werden.. Noch gibt es darüber keine nennenswerte Auseinandersetzung. Natürlich wird an Kenntnisse über die verschiedenen „Revolutionen" in Europa angeknüpft, schließlich gab es dazu eine reiche Literatur, und die Frage, was an Freiheit in solchen „Revolutionen" gewonnen worden sei, war in der Aufklärung fast selbstverständlich. In Deutschland wurde während der Aufklärung der Streit um deren Ursprung gefuhrt und dabei spielte die Reformation als „erste Aufklärung" eine wichtige Rolle, sowohl bei den Aufklärungsgegnem, die das .Unheil' der Aufklärung in der Reformation begründet sahen, als auch bei den protestantischen Befürwortern, die gerne einen Zusammenhang zwischen der Aufklärung des 18. Jh. und der Reformation herstellten. Den französischen Aufklärern war eine solche Haltung nicht völlig fremd, weil auch sie viele Schriften des 16. Jh., die von
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' Ebd., S. 355-357. Ebd., S. 362-369.
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Adelung, Johann Christoph, Versuch einer Geschichte der Kultur des menschlichen Geschlechts [1782], 2. Aufl. 1800. Adelungs Schrift wurde 1800 unverändert abgedruckt, erweitert um den anonymen Anhang. Ebd., S. 5 und 6.
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
französischen Protestanten verfaßt worden waren, wiederentdeckt hatten, aber es wurde kein offener Disput darüber ausgetragen.
1.3. Das deutsche 19. Jahrhundert bis ca. 1890: Alles ist möglich Wie so oft waren es nicht in erster Linie die berühmten Schriftsteller der Zeit, sondern eher unscheinbare Autoren (Condorcet ausgenommen) gewesen, bei denen sich erstmals ein Phänomen entdecken läßt, dem eine lange Zukunft beschieden sein sollte. Es handelt sich bei den genannten Schriften aus dem Jahrzehnt 1791 bis 1800 noch nicht um die Begründung einer Forschungsdisziplin. Sie dokumentieren aber ein Problembewußtsein, dessen weiter Rahmen durchaus beeindruckt. Im 19. Jh. sind geschichtliche Hinweise auf die Entstehung der Menschenrechte weit verstreut in der im weitesten Wortsinn rechtshistorischen Literatur zu suchen. Darunter fallen nicht nur Werke von Juristen, sondern auch von Historikern und ggf. Autoren anderer Disziplinen. Berücksichtigt wurden im folgenden auch solche Werke, in denen statt des Begriffes „Menschenrechte" z.B. „Urrechte", „Grundrechte" oder „Freiheit" verwendet wird, wenn klar ist, daß in der Substanz Menschenrechte gemeint waren. „Substanz Menschenrechte" bezieht sich dabei auf die rechtliche Substanz der nordamerikanischen und französischen Erklärungen des ausgehenden 18. Jh., deren Kenntnis bei allen einschlägigen Autoren seit dieser Zeit auch dann vorausgesetzt werden kann, wenn nicht ausdrücklich darauf Bezug genommen wurde. Für die dem Liberalismus zuzurechnenden Autoren ist es geradezu selbstverständlich, von „Freiheit" zu schreiben und substantiell „Menschenrechte" zu meinen. Darüber hinaus sind solche Schriften berücksichtigt, die einzelnen Rechten gewidmet sind und die zumindest heute unter dem Schlagwort „Menschenrecht" diskutiert werden. Werke zur aktuellen Grund- und Menschenrechtsdiskussion im 19. Jh., z.B. im Zusammenhang mit der Revolution von 1848 oder der Ausbildung der marxistischen Ideologie und ihrer Kritik an der Menschenrechtsdoktrin, werden im folgenden nur dann aufgegriffen, wenn es dort nennenswerte Ausführungen zu Menschenrechten als historischem Erkenntnisobjekt zu verzeichnen gibt - was angesichts der Intention dieser Schriften erwartungsgemäß selten der Fall ist. Eine klare Strukturierung des Materials ist nur bedingt möglich, weil eben ein zentrales Werk, das jeder kennt, an dem man sich reiben kann, das man fortführen kann, das man diskutieren kann, das m.a.W. strukturbildend wirkt, noch fehlt. Jeder Autor hat, was natürlich bis heute gilt, eine eigenständige Sicht des Problems. Unter diesen Vorbehalten lassen sich für die Zeit vor Jellinek bis ca. 1890 in Deutschland etwa sechs Denkrichtungen feststellen, die zumeist relativ nahe beieinander liegen. Nicht gerechnet und hier nicht behandelt wird die große Gruppe all derer, die trotz rechtshistorischer Fragestellungen keinen Anlaß zu Bemerkungen über die Geschichte der Grund- und Menschenrechte sahen. Eher selten sind im 19. Jh. Autoren, die wie der hochdekorierte Leipziger Philosophie- und Politikprofessor Friedrich Bülau
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1832/1856 die Menschenrechte offen als Irrtum der Geschichte ansprachen.31 Auch sie finden hier keine weitere Berücksichtigung. Äußeres Zuordnungskriterium ist die Chronologie: ab wann sieht ein Autor Menschenrechte als nachgewiesen an? Es wird jeweils zuerst auf allgemeinere Darstellungen, sodann auf speziellere zu einzelnen Rechten eingegangen. 1.3.1. Menschenrechtsideen sind seit der Antike bzw. seit biblischen Zeiten feststellbar, ihre historische Entwicklung folgt jedoch Höhen und Tiefen, sie bedeutet keinen ununterbrochenen Fortschrittsprozeß. Für diese Richtung steht z.B. Alexander Lips (1819), der Im Zusammenhang mit Überlegungen zur rechtlichen Emanzipation der Juden die fraglichen Entwicklungshöhen der Menschenrechtsidee in der Antike, im Mittelalter, im 16. sowie dann wieder im 18. Jh. ansetzte. Michelet (1866) sah eigentlich nur im Mittelalter eine Periode des Rückschritts, ohne deshalb Antike und frühe Neuzeit auf eine Stufe zu stellen. Seine bei der „Freiheit" als ebenso umfassendem wie zentralem Begriff ansetzenden Ausführungen u.a. zur „weltgeschichtlichen Aufgabe der germanischen Stämme" sollen dem Leser nicht vorenthalten werden: Die unendliche Freiheit der einzelnen Person, welche das Ergebniss des ganzen weltgeschichtlichen Kampfes des Alterthums gewesen war, wird nunmehr zur geschichtlichen Voraussetzung der Christlich-Germanischen Völker. Schon als Barbaren erscheinen sie mit diesem ungebändigten Freiheitsgefühl, welches aber nicht die rohe Willkür der Africaner ist (...); sondern diese unendliche Freiheit des Einzelnen enthält sogleich im Keime die gediegene Festigkeit der sittlichen Verhältnisse, welche aus der Einzelfreiheit wieder zu entwickeln, die weltgeschichtliche Aufgabe der Germanischen Stämme ist, während die Völker des Altertums nur in diese Verhältnisse aufgehen.
Die mittelalterliche Periode erbrachte in Europa Rückschritte, das Reformationszeitalter hingegen markierte den Beginn der Wiederkehr der alten, unendlichen Freiheit: In den letzten vier Jahrhunderten, welche die Europäische Menschheit durchlebt hat, will sie zwar zu ihrem Ursprung, der unendlichen Freiheit der Personen, die sich zu freiwilligen Vereinen und Gesellschaften verbunden hatten, wieder zurückkehren: aber so, dass das allgemeine Leben, welches in Kirche und Staatsmacht, im Papst und im unumschränkten Fürsten, ihr noch als ein äusserliches auferlegt war, und damit die ungeheure Lüge des Mittelalters erzeugte, jetzt aus dem eigenen Innern des Einzelnen hervorzugehe; ohne dass dieser jedoch, in Europa wenigstens, dieser Äusserlichkeit wie der dem Bauer entronnene Vogel den Faden seines Käfigs noch mit sich zieht - ganz entrinnen könne. Wenn dieser Kampf erstens im kirchlichen Rechte vom Protestantismus
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Bülau, Friedrich, Encykiopädie der Staatswissenschaften [1832], 2 1856, hier bes. S. 213 (der 2. Aufl.). Lips, Alexander, Über die künftige Stellung der Juden in den deutschen Bundesstaaten [1819], 2 1821 u.d.T.: Das Staatsbürgerrecht der Juden; Lips war außerordentlicher Professor der Philosophie und Staatswissenschaften in Erlangen. Er benutzt den Begriff „Menschenrechte".
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
seit dem Jahre 1517 geführt wird, so entwickelte er sich zweitens auf dem des Staatsrechts mit der englischen Staatsumwälzung von 1688, bis drittens durch die am 14. Juli 1789 eingeleiteten Umwälzungen Europa's die Befreiung der Person von allen bindenden Fesseln des Mittelalters auch auf dem gesellschaftlichen Gebiete des Einzelrechts angestrebt wird; so dass in den drei vorletzten Jahrhunderten jedes der drei in Europa tonangebenden Völker - die Deutschen, die Engländer und die Franzosen - in einem Jahrhundert dem Welttheil eine Umwälzung bereitet hat, während Amerika sie alle drei auf einmal und vollständig durchsetzte.33 Adolf Schmidts „Geschichte der Denk- und Glaubensfreiheit im ersten Jahrhundert der Kaiserherrschaft und des Christentums" (1847) enthält einen universalgeschichtlichen Abriß des Problems dieser Freiheit. Während er bezüglich der „orientalischen Naturvölker" nur gewissermaßen paradiesische Zustände feststellen kann, setzte seinen Erkenntnissen zufolge mit der Antike eine rückschrittliche Entwicklung der Denk- und Glaubensfreiheit ein. Erst allmählich habe sich der Druck gelockert, England, Nordamerika und schließlich Frankreich werden besondere Verdienste zugemessen, während Deutschland immer noch auf eine vernünftige Handhabung dieser Freiheiten warte.34 Friedrich Johannes Haun sieht in seiner Studie über das Recht auf Arbeit (1889) bei Hintanstellung eines eventuellen Bedeutungsunterschiedes zwischen Recht einerseits und Pflicht andererseits auf Arbeit ein Recht auf Arbeit seit den biblischen Zeiten durchgängig belegt, bei wechselvollem Schicksal freilich. Haun begründet das Recht auf Arbeit nach dem historischen Abriß durch eine Darstellung des Wesens des Menschen wie des Rechts. Beides entzieht sich im Grundsatz chronologischen, also zeitlichen, Kategorien, Fortschritt gibt es jedoch in Beziehung auf die Angleichung der tatsächlichen Verhältnisse an die Wesenheiten von Mensch und Recht.35 Haun ist allerdings, da sollte man sich nicht täuschen, kein Verfechter des Rechts auf Arbeit im modernen Wortsinn. Ziel seiner Studie ist letztlich eine Kritik der nach seiner Ansicht zu liberalen Gesetzgebung des Kaiserreichs. 1.3.2. Menschenrechtsideen sind seit der Antike bzw. biblischen Zeiten feststellbar, ihre Entwicklung folgt einem ununterbrochenen Fortschrittsprozeß. In seiner „Geschichtlichen Darstellung des Liberalismus alter und neuer Zeit" (1822/23) spann der Leipziger Professor Wilhelm Traugott Krug den Bogen der Freiheitsidee von der Antike über das Christentum bis zu Luther, dem englischen Protestantismus und schließlich Nordamerika. Frankreich und seine Revolution
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Michelet, C. L., Naturrecht oder Rechts-Philosophie als die praktische Philosophie enthaltend Rechts-, Sitten- und Gesellschaftslehre, 1866, Zitate aus Bd. 2, S. 341 und 391 f. Schmidt, W. Adolf, Geschichte der Denk- und Glaubensfreiheit im ersten Jahrhundert der Kaiserherrschaft und des Christenthums, 1847. Haun, Friedrich Johannes, Das Recht auf Arbeit, 1889.
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allerdings galten ihm als „Verkehrung des Liberalismus"!36 Nach Heinrich Ahrens, der den Artikel „Menschenrechte" in Bluntschlis Deutschem Staatswörterbuch verfaßte (1861), waren Menschenrechte seit der Antike bekannt, weitere Beiträge hätten das römische Recht, das Christentum im Mittelalter, die Reformation, Amerika 1776 und Frankreich 1789/91 geleistet.37 Einer sehr ähnlichen Linie folgte von Held (1868), der ebensowenig wie Krug im Mittelalter einen Rückschritt sehen wollte, vielmehr betonte auch er die Vorarbeit der Antike und die aus dem mittelalterlichen Christentum hervorgehende „Freiheitsströmung", beides wesentliche Voraussetzungen fur die neuzeitliche Freiheitsidee.38 Mit speziellem Bezug auf das Widerstandsrecht greift Friedrich Murhard (1832) weit in die Antike zurück. Obwohl es ihm darum geht, die geschichtlich-praktische Existenz dieses Rechts möglichst lange zurückzuverfolgen, betont er die Rolle des 15./16. Jh. und die Religionsfrage.39 August von Bulmerincq (1853) kann das Asylrecht bis in biblische Zeiten hinein zurückverfolgen, die christliche Offenbarung erscheint ihm als „Urquell" dieses Rechts.40 1.3.3. Menschenrechtsideen sind seit der Antike bzw. biblischen Zeiten feststellbar, ihre Entwicklung folgt jedoch einem disparaten, von Brüchen gekennzeichnetem Gang. Ludwig Hoffmann befaßte sich 1825/31 mit den Menschenrechten im einzelnen und kam zu ganz unterschiedlichen Schlüssen. Während die Religions- und Gewissensfreiheit in der Antike verwirklicht gewesen sei, sei sie später mißachtet worden; Lehrfreiheit habe es in Athen, nicht aber in Sparta und Rom gegeben, bezüglich der rechtlichen Schranken bei Verhaftungen betont er Napoleons Gesetzgebung usw.41 Schmitthenner (1845) entwickelt auf hoher rechtsphilosophischer Ebene ein Modell, das universalrechtliches Denken mit gewissermaßen kulturrelativistischem Denken in Einklang bringt. Die „allgemeine Rechtsidee" - und das sind die Menschenrechte - sei allen Völkern gleich, ihre Verwirklichung folge jedoch den „individuellen Verhältnissen eines Volkes".42 Bluntschli ging es in seinem „Allgemeinen
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Krug, Wilhelm Traugott, Geschichtliche Darstellung des Liberalismus alter und neuer Zeit, 1823. Die Vorrede ist auf den 30.10.1822 datiert. 37 Ahrens, Heinrich, Menschenrechte, in: Bluntschli, Johann Caspar/Brater, Karl (Hg.), Deutsches Staatswöiterbuch, Band 6, 1861, S. 601-607. 3 * Held, Joseph von, Grundzüge des Allgemeinen Staatsrechts oder Institutionen des öffentlichen Rechts, 1868, bes. S. 343-348. 39 Murhard, Friedrich, Ober Widerstand, Empörung und ZwangsQbung der Staatsbürger gegen die bestehende Staatsgewalt, in sittlicher und rechtlicher Beziehung, 1832. 40 Bulmerincq, August von, Das Asylrecht in seiner geschichtlichen Entwicklung, 18S3. 41 Hoffmann, Ludwig, Die staatsbürgerlichen Garantien, oder über die wirksamsten Mittel, Throne gegen Empörungen und die Bürger in ihren Rechten zu sichern, 2 Bünde, 2. Aufl., 1831 (Preisschrift, 1825 ausgearbeitet lt. Bd. 1, S. VII; für die 2. Aufl. stark überarbeitet). H. spricht ausdrücklich von „Menschenrechten". 43 Schmitthenner, Friedrich, Grundlinien des allgemeinen oder idealen Staatsrechtes, 184S, hier bes. S. 259 und 383.
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Staatsrecht" (1851/52 bzw. 1868) an sich um eine abstrakte Darstellungsebene der Freiheitsrechte an sich, Geschichte kommt als historische Annotierung ins Spiel. Er verweist verschiedentlich auf ältere Urkunden, nicht nur die Magna Charta, sondern auch auf die Zeit seit der römischen Antike wie im Fall des Widerstandsrechtes.43 Deutlicher wurde er in seiner Schrift über die „Religiöse Bekenntnisfreiheit" (1867). Bekenntnisfreiheit sei ein „natürliches Recht des Menschen". Kaiser Konstantin habe 313 das „erste europäische Toleranzgesetz" erlassen, „ausdrücklich wird darin die religiöse Bekenntnisfreiheit als ein natürliches Menschenrecht erklärt und Jedermann verstattet, den Gott zu verehren, zu dem seine Gesinnung ihn hinziehe." Aber: „Das Recht der individuellen Freiheit auch der Staatsgewalt gegenüber ist vornehmlich durch die Germanen in der Welt eingeführt worden." „Trotzdem ist es ein Irrthum, der Reformation die Einführung des Rechts der Bekenntnisfreiheit zuzuschreiben. Sie hat wohl das Princip dieser Freiheit zum ersten Mal wieder seit mehr als tausend Jahren mit Nachdruck und offen verkündet. [...] Aber sehr bald verleugnete die protestantische Kirche in der Praxis wieder das verherrlichte Princip und fiel in die alten Gewohnheiten zurück." Bluntschli verweist auf Nordamerika, wo die Bekenntnisfreiheit sich eher als auf dem europäischen Kontinent durchgesetzt habe, wenn auch nur in Teilen. „Im neunzehnten Jahrhundert endlich wurde das moderne Rechtsprinzip nach und nach in den meisten europäischen Ländern in den neuen Verfassungen, besonders seit 1848, anerkannt und in den Gesetzen geschützt."44 1.3.4. Die Menschenrechtsidee als Kennzeichen der frühen Neuzeit. Gustav von Struve stellte in seinem Artikel „Menschenrechte" für das RotteckWelckersche Staats-Lexikon (Überarb. Auflage 1847) fest, daß die Antike keine Menschenrechte gekannt habe. Deren Keim sei in Palästina in Christus' Lehre zu suchen, aber seit Konstantin sei die Menschenrechtslehre der frühen Christen von anderen Interessen überdeckt und verdrängt worden. Die Menschenrechtslehre christlichen Ursprungs sei mit dem Freiheitskampf der Schweiz, dann mit England wiedererstanden, ein wirklicher Neuanfang sei erst in der zweiten Hälfte des 18. Jh. eingetreten. Er zeigt die Gleichzeitigkeit der englischen und französischen Menschenrechtsphilosophie sowie der Praxis durch die amerikanische Unabhängigkeit auf. Von Struve betont, daß die Verwirklichung der Menschenrechte im wesentlichen noch ausstehe.45 Robert von Mohl (1859) sah in der frühen Neuzeit den Kampf um den Rechtsstaat und die Grundrechte einsetzen; die Ausformung eines Völkerrechts, das diesen Na43
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Bluntschli, Johann Caspar, Allgemeines Staatsrecht, geschichtlich begründet, 2 Bände, 1851-52, 4. Aufl. 1868. Bluntschli, Johann Caspar, Geschichte des Rechts der religiösen Bekenntnißfreiheit, 1867, Zitate S. 3, 11, 13, 21,35. Gustav von Struve, Artikel „Menschenrechte", in: Staats-Lexikon, Bd. 5, Überarb. Aufl. 1847, S. 64-72.
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men verdient, sei ebenfalls erst der frühen Neuzeit zuzurechnen, besonders seit und mit Hugo Grotius. Von Mohl machte aus seiner Vorliebe für den Rechtsstaatsgedanken und die Grundrechte kein Hehl. Er begriff beides als Ausdruck einer höheren menschlichen, gesellschaftlichen und politischen Entwicklungsstufe. Seine geschichtlichen Ausführungen zeigen, daß für ihn diese Stufe in der frühen Neuzeit einsetzte, insbesondere seit Hugo Grotius.46 Mit Otto von Gierkes Althusius-Buch (1880) wurde eine Ebene höherer historischer Verdichtung erreicht. Den Durchbruch des Gedankens „gewisser unveräusserlicher und auch für den Staat unantastbarer Rechte des Individuums", an anderer Stelle auch als „Menschenrechte" bezeichnet, sah er mit Althusius und dann Grotius und seiner Schule gekommen. Gierke greift bei den Grundlagen freilich bis weit ins Mittelalter zurück und zieht andererseits die Linie bis zu den Menschenrechtserklärungen des ausgehenden 18. Jh., zu Fichte und zu Kant. Ausgangspunkt ist dabei die Entwicklung und Veränderung der Lehre vom Gesellschaftsvertrag, er untersucht desweiteren das Prinzip der Volkssouveränität, der Repräsentativität, die Idee des Föderalismus sowie immer wieder: das Individuum als Grundlage von Recht und Verfassung. Gierke wollte zugleich den deutschen Beitrag zur europäischen Idee des Rechtsstaates herausstellen. Er zitiert umfassend juristische, theologische und politische Literatur seit dem Mittelalter und aus der frühen Neuzeit, also auch die, die er neben den „Großen" wie Althusius und Grotius zu den „Gehülfen und Kärrnern" zählte.47 Gelegentlich schrumpft die Geschichte der Menschenrechte auch auf die Zeit seit der Aufklärung zusammen, wie etwa bei Theodor Ritter Dantscher von Kollesberg (1888).48 Hermann Fürstenaus Untersuchungen über die Religionsfreiheit in Deutschland (1889/91) setzen mit der Reformation an, führen allerdings zu der Erkennntis, daß von wirklicher Religionsfreiheit erst seit dem Verlauf des 19. Jh. gesprochen werden könne.49 1.3.5. Die .Atlantische Schiene'. Für diese Denkrichtung, die Ländern wie England, Nordamerika, Frankreich und ggf. den Niederlanden eine spezifische Rolle in der Geschichte der Menschenrechte 46 47
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Mohl, Robert von, Encyklopädie der Staatswissenschaften, 18S9. Gierke, Otto von, Johannes Althusius und die Entwicklung der naturrechtlichen Staatstheorien, 1880. Zu Gierke s. auch Oexle, Otto Gerhard, Otto von Gierkes „Rechtsgeschichte der deutschen Genossenschaft" (1988). Oexle geht auf Fehlinterpretationen von Gierkes Werk ein, in denen es zu den „geistigen Wurzeln des Nationalsozialismus" gerechnet wurde. Ebd., S. 198 f. Ober Gierkes Althusius-Buch ließe sich das wohl am allerwenigsten behaupten. Dantscher von Kollesberg, Theodor Ritter, Die politischen Rechte der Unterthanen, 1888-1894. Fürstenau, Hermann, Begriff und Entwickelung der Religionsfreiheit in Deutschland, 1889. Ders., Das Grundrecht der Religionsfreiheit nach seiner geschichtlichen Entwicklung und heutigen Geltung in Deutschland, 1881.
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
einräumt, gibt es im deutschen 19. Jh. vor Jellinek kaum durchkonstruierte Belege mit Ausnahme des von Franz Mittermeier (einem eifrigen Vermittler nicht-deutschsprachiger Rechtsliteratur in Deutschland) ins Deutsche übersetzten Buches von Franz Lieber über „Bürgerliche Freiheit und Selbstverwaltung" (1853 bzw. 1860), einem Emigranten, der in den deutschen Befreiungskriegen mitgefochten hatte. Das Buch stellt im wesentlichen die „englische Freiheit" und deren .amerikanische Version' als Modell der bürgerlichen Freiheit hin, auch wenn Lieber einzelne Ereignisse und Entwicklungen kritisch kommentiert. Der englischen „Bill of Rights" räumt er den Vorzug vor der französischen Rechteerklärung von 1789 ein. Einzelne positive, der bürgerlichen Freiheit förderliche Maßnahmen im Lauf der Geschichte werden nicht geleugnet, betont wird aber deren diskontinuierliches Auftreten. Die historischen Rückgriffe auf das antike Griechenland und Rom, auf das Mittelalter und die frühe Neuzeit, Hinweise auf Asien und China, haben alle den Zweck zu zeigen, daß, wenn es eine Geschichte der Grundrechte gibt, eine solche nur filr England und Amerika feststellbar ist.50 Erwähnt sei an dieser Stelle Carl Biedermann (1858), der zwar nicht ausführlich auf die Menschenrechtsfrage eingeht, sondern nur allgemein auf den politischen Bewußtseinsschub in Deutschland, aber er erkennt der Rezeption der Nordamerikanischen Revolution eine Art Initialzündung fiir das politische Erwachen des politisch schläfrigen Deutschland noch vor der französischen Revolution zu.51 Fündig wird man auch bei speziellen Darstellungen zur religiösen Freiheit, etwa bei Johann Josef Ignaz von Döllinger (1888). Die Geschichte der religiösen Bekenntnisse erscheint im wesentlichen als Geschichte der Intoleranz. Dennoch sieht Döllinger in der römischen Antike nach Christi Geburt Phasen der Toleranz, die christliche und nichtchristliche Religionsauffassung parallel bestehen lassen. Dann beginnt jedoch eine jahrhundertelange Phase der Intoleranz, die Reformation in Deutschland wertet Döllinger nicht als Beitrag zur Religionsfreiheit. England und die Niederlande bezeichnet Döllinger mit Bezug auf das 17. Jh. hingegen als „Laboratorium der Religionsfreiheit", in derselben Tendenz beurteilt er Nordamerika.52
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Lieber, Franz, Ueber bürgerliche Freiheit und Selbstverwaltung, 1860 (1. ameritan. Auflage 1853, zweite 1859). Mittenneier gibt in seinem Vorwort an, das Werk bei der Übersetzung mit Blick auf die (von ihm unterstellten) Interessen des deutschen Lesers gekürzt zu haben. Er hebt die Verwurzelung Licbers in der deutschen Wissenschaft hervor. Zur Person Liebers s. u.a. Mitteimeiers Anm. S. 98.
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Biedermann, Carl, Die Nordamerikanische und die Französische Revolution in ihren Rückwirkungen auf Deutschland. Ein Beitrag zur Geschichte des politischen Geistes der Deutschen im vorigen Jahrhundert (1858). Döllinger, Johann Josef Ignaz von, Die Geschichte der religiösen Freiheit [1888], 1891, zit. Stelle S. 290.
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1.3.6. Die französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 als Kulminationspunkt bzw. „point zéro". Auch diese Denkrichtung macht sich eher selten bemerkbar. Robert Blum charakterisierte 1848 unter dem Stichwort „Menschenrechte" 1789 praktisch als Jahr I der Menschenrechte, ohne den obligaten Hinweis auf 1776, Amerika, zu vergessen. Historische Ausführungen folgen nur fur die Zeit danach, denn: „Die volle Anerkennung und Durchführung der M. ist heute noch das Strebeziel in allen constitutionellen Staaten."53 Deutlicher wurde Carl Richter in seinem „Staats- und Gesellschaftsrecht der Französischen Revolution" von 1865. Er teilte die europäische Freiheitsgeschichte in drei Perioden: Die Kreuzzüge hätten die „Freiheit der Erde" und die Reformation die „Freiheit des Himmels" erbracht, „aber die Menschheit selbst war unfrei geblieben". Unter dem Absolutismus hätte das Volk keine Rechte, der Herrscher keine Pflichten gehabt, gegenseitiges Mißtrauen sei die Folge gewesen. So sei es zur dritten Periode gekommen: Nur eine unüberwindliche Gewalt konnte diesen Kampf des Misstrauens beenden, und diese lag allein in der Macht des Volkes, als es zur allgemeinen Revolution sich erhob. Das erkannte zuerst das französische Volk und stand auf gegen die ganze Vergangenheit und den obersten Rechtsgedanken, der sie beherrschte. Von diesem Augenblick an beginnt ein Kampf der neuen Gedanken lind Ideen, welches als letztes Ziel sich gesetzt, den rechtlichen Ausdruck zu finden, wie sich in einem Staate die Gewalt des ganzen Körpers organisiren muss, um nach unantastbarer Gerechtigkeit fur eine ferne Zukunft die Grundlage für Recht und Pflicht zwischen Volk und Regierung sein zu können. Was war das anders, als die erste Idee des Rechtsstaates, um dessen Herrschaft die Völker Europas seit jener Zeit unermüdlich ringen! Den grossartigen Versuch, mit unvergleichlicher Kühnheit gedacht, bis zur äussersten Consequenz durchgeführt, diesen Versuch, den Gedanken in Wahrheit darzustellen, nennt man die französische Revolution.54
Richter setzt sich im weiteren Verlauf seiner Studie recht umfassend mit der Menschenrechtsdebatte von 1789 und der unmittelbaren Vorgeschichte der Menschenrechtserklärung auseinander. In aller Knappheit interpretierte auch Bios (1888 u.ö.) in seiner „volkstümlichen" Darstellung der französischen Revolution die Menschenrechtserklärung im Sinne der These von 1789 als Jahr I der Menschenrechte.55 Eine vorherrschende Tendenz bei der geschichtlichen Betrachtung der Menschenrechte läßt sich bis ca. 1890 nicht so ohne weiteres ausmachen, vielmehr sind eigentlich alle denkbaren Ansätze - von den „orientalischen Naturvölkern" bis zur französischen Revolution als ,Jahr Γ der Menschenrechte - ausprobiert worden. Was die
" Blum, Robert, Volkstflmliches Handbuch der Staatswissenschaften und Politik, 1848-1851. 54 Richter, Carl, Staats- und Gesellschaftsrecht der Französischen Revolution von 1789-1804, Bd. I, 1865, Zitat S. 2 f. 55 Bios, W., Die Französische Revolution [1888], hier 43.-44. Tausend, 1922. Zu Bios vgl.: Tiemann, Dieter, Die Rezeption der Französischen Revolution in der deutschen Arbeiterbewegung: Wilhelm Bios' (1989).
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Grundsätzlichkeit der unterschiedlichen Haltungen angeht, muß man eingestehen, daß wir heute immer noch nicht entscheidend weiter sind. Über die Rolle der Antike für die Menschenrechte wird weiter gestritten; dasselbe gilt für die diesbezügliche Bewertung des Mittelalters, usf. Was der Abriß preisgibt, ist natürlich, daß Jellinek eine große Bandbreite von Thesen vorfand, innerhalb derer nach 1850 ganz sachte die frühe Neuzeit, die Reformation und die .Atlantikschiene' an Gewicht gewannen. Daneben zeichnet sich eine zwar nicht neue, aber deutlicher akzentuierte Gegensätzlichkeit ab: Während es für viele deutsche Autoren gar keine Frage ist, daß die Deutschen bzw. weiter gefaßt, die „germanischen Stämme" (was nicht zwangsläufig mit „deutsch" in eins zu setzen ist) einen konstruktiven, wenn nicht entscheidenden Beitrag zur Entwicklung der Grund- und Menschenrechte entweder in der Germanenzeit oder durch die lutherische Reformation lieferten, vertreten einige wenige die Position, daß die Deutschen in dieser Hinsicht alles oder fast alles von den Franzosen bzw. Amerikanern, Engländern und Franzosen gelernt oder empfangen haben. In gewissem Sinn macht sjch darin immer noch ein Echo der seinerzeitigen unterschiedlichen Haltungen zur französischen Revolution bemerkbar, denn wenn für die einen die kulturelle Westbindung charakteristisch ist, so kann bei den anderen noch nicht eindeutig von nationalistischer, antiwestlicher, Gesinnung gesprochen werden. Im allgemeinen wirkt noch die mehr oder weniger präzise Vorstellung von der einen europäischen Kultur (Nordamerika hier eingeschlossen) mit ihren antiken, christlichen und frühneuzeitlich(-revolutionären) Säulen, innerhalb derer verschiedene Sichtweisen möglich sind und deren Grenzen ggf. in Richtung Universalgeschichte zu überschreiten sind. Die Reichsgründung 1871 macht sich nicht (oder noch nicht, das werden wir noch sehen) durch einen deutschnationalen Schub in der hier begutachteten historisch-rechtshistorischen Literatur bemerkbar. Bevor wir uns nun Jellinek zuwenden, sei der Blick auf die französische Historiographie im 19. Jh. gelenkt.
1.4. Das französische 19. Jahrhundert: Nicht alles scheint möglich Was das Auffinden von historischen Bemerkungen zur Entwicklung der Menschenrechte angeht, gelten im Prinzip dieselben Anmerkungen wie im deutschen Fall. Es versteht sich von selbst, daß die Déclaration in den zahlreichen Werken zur Revolutionsgeschichte behandelt wird, aber daraus entwickelt sich kaum eine historische Betrachtung des Gegenstandes. Soweit zutreffend, folge ich den sechs nunmehr bekannten Denkrichtungen, die in Frankreich jedoch nicht sämtlich eingelöst werden.
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1.4.1. Menschenrechtsideen sind seit der Antike bzw. biblischen Zeiten feststellbar, ihre Entwicklung folgt jedoch einem disparaten, von Brüchen gekennzeichnetem Gang. Die Neigung, die Geschichte der Menschenrechte bereits in der Antike oder noch früher ansetzen zu lassen, war im Frankreich des 19. Jh. offensichtlich gering, geringer als in Deutschland. Nach Sylvain Maréchal (1791) scheint es eine längere ,Denkpause' zu dieser Frage gegeben zu haben. Albert Deguerre veröffentlichte 1876 einen Vergleich unter dem Titel „De la liberté individuelle en droit romain et en droit français".56 Einige Hinweise auf Ägypten, die Juden und Griechenland sowie eine differenzierte Beurteilung des römischen und französischen Rechts fuhren zu dem Schluß, daß es keine ständige Fortschrittsgeschichte der individuellen Freiheit gebe. Die Hinweise auf das Asylrecht, wieder bei Ägypten anfangend, fuhren zu der Erkenntnis, daß dieses praktisch überall respektiert worden sei. Zahlreiche Nachfolger fand der ohnehin schon skeptische Deguerre vorerst nicht. 1.4.2. Menschenrechtsideen sind seit der Antike bzw. biblischen Zeiten feststellbar, ihre Entwicklung folgt einem ununterbrochenen Fortschrittsprozeß. ,Da er dieses Buch zum Lesen nicht habe finden können, habe er es selber schreiben müssen', so bemerkte Jules de Lasteyrie in seiner Einleitung zur „Histoire de la liberté politique en France" (1859). Lasteyrie legt zunächst einen gesellschafts- bzw. kulturrelativistischen Freiheitsbegriff zugrunde: die römische Freiheit z.B. sei fiir die Germanen nichts weniger als vollständige Unterdrückung gewesen. Mit dem Zeitalter des Feudalismus habe in Frankreich jedoch der unaufhörliche Aufstieg der politischen Freiheit begonnen. „C'est la liberté qui est ancienne et le despotisme qui est moderne", so zitiert er Madame de Staël schon auf dem Titelblatt des Buches.57 1.4.3. Die Menschenrechtsidee als Kennzeichen des Ancien Régime. Prägnanter als in Deutschland konnte ein rechtshistorischer Zusammenhang seit dem Hoch- und Spätmittelalter bis 1789 gesehen werden. Ancien Régime wird hier in der doppelten Bedeutung eben dieser Epoche und häufiger der frühen Neuzeit verwendet. Henry Doniol interpretierte in der „Histoire des classes rurales en France" (1857) die Geschichte der Bauern unter rechts-, sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Aspekten als stetige Entwicklung seit dem 13. Jh. hin zu Freiheit, Gleichheit und gesichertem Eigentum. Hier kommt das bei Rechtshistorikern durchaus übliche erweiterte Verständnis vom Ancien Régime als die Zeit seit dem 12./13. Jh. bis zur Revo56 57
Deguerre, Albert, De la liberté individuelle en droit romain et en droit français, 1876. Lasteyrie du Saillant, Adrien-Jules de, Histoire de la liberté politique en France, l r e partie (mehr nicht erschienen), 1860 (die Einleitung ist auf den 15.10.1859 datiert) (BN 8° L 3 4 .48).
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lution zum Tragen.58 Der Feudalismus konnte als erste Stufe der Freiheit betrachtet werden.59 Emile Acollas (1885) ging es hauptsächlich um einen Kommentar der französischen Menschenrechtserklärung von 1793, allerdings gab er einen kurzen Abriß der Geschichte der Idee der Menschenrechte in Frankreich, die er immerhin im 16. Jh. ansetzte, wenn auch bewußt nicht vorher.60 Augustin Challamel publizierte 1886 eine zweibändige „Histoire de la liberté en France". Ihm zufolge wäre der Beginn der politischen Freiheit in Frankreich mit den États Généraux von 1355/56 anzusetzen, der Kampf um diese Freiheit habe danach nicht mehr aufgehört. Unter Karl V. (Charles V) habe man damit begonnen, die individuelle Freiheit zu respektieren. Challamel verbindet seine Ausführungen mit politik- und sozialgeschichtlichen Betrachtungen; trotz aller Rückschläge habe es ein Fortschreiten der Freiheit, zumindest der Freiheitsidee gegeben. Erst mit dem revolutionären Akt des Sturms auf die Bastille habe jedoch auch das Volk die Freiheit erlangen können. Die vollkommene Einlösung der Freiheit stelle sich jedoch erneut als Frage an den Centenaire 1889!61 Mit dem vierbändigen Werk von Jean-Marie Dargaud zur Geschichte der Religionsfreiheit von 1859 beginnt eine lange Reihe von französischen Schriften, die der Reformation eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung nicht nur der religiösen Freiheit zubilligen. Dargauds Werk liest sich als groß angelegte Reformationsgeschichte: Reformation als Beginn der Moderne, des Aufwachens der Nationen. Das Element der Nation kommt mit der Reformation als historisch bewegender Kraft. Der Autor kennt und erwähnt die Vorläufer Luthers, er zieht sodann die Linie der Idee von der religiösen Freiheit von Luther bis zu den Aufklärungsphilosophen.62 Spätere Werke beziehen sich deutlicher nur auf Frankreich. Ferdinand Buisson (1892) konzentrierte sich ganz auf seine Gestalt, Sébastien Castellion, und betonte nachdrücklich die Gegenwart des Toleranzgedankens im 16. Jh., und nicht etwa erst im 17. oder gar 18. Jh.63
s8
Henry Doniol, Histoire des classes rurales en France et de leurs progrès dans l'égalité civile et la propriété
59
Vgl. Boulet-Sautel, Marguerite, La liberté au Moyen Age vue par les historiens ( X V I e - X l X e siècles) (1985),
60
Acollas, Emile (Hg.), La déclaration des droits de l'homme de 1793, commentée, 1885.
61
Challamel, Augustin, Histoire de la liberté en France, depuis les origines jusqu'en 1789,1886.
62
Dargaud, Jean-Marie, Histoire de la liberté religieuse en France et de ses fondateurs, 1859. S. an speziellen Werken: Bonnet, Jules, Sébastien Castalion ou La tolérance au X V I e siècle (1867/1868); Seitte, Théodore, Un apôtre de la tolérance au X V I e siècle: Michel de l'Hospital, 1891. Buisson, Ferdinand Edouard, Sébastien Castellion, sa vie et son oeuvre (1515-1563), 1892.
[1857],'1867. hier S. 282.
63
1. Historiographie
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1.4.4. DiefranzöSiscHeErklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 als Kulminationspunkt bzw. „point zéro". Wer erwartet hätte, daß schon im 19. Jh. diese Denkrichtung übergewichtig vertreten gewesen wäre, wird sich enttäuscht sehen. Ein anonymer Kommentar von 1833 zur Déclaration von 1793 versteht diese ganz im Sinne des point zéro und als Gewinn für die gesamte Menschheit.64 Sapey, Autor eines Werks zur speziellen Frage des Fremdenrechts (droit d'aubaine) von 1843 leugnet nicht die allmähliche Verbesserung des Rechtsstatus der Fremden, der Durchbruch sei aber erst mit der Revolution gelungen.65 Adolphe Clavel (1866) interpretiert die Déclaration von 1789 als Kulminationspunkt der mit der französischen Aufklärung in Gang gebrachten Entwicklung. Zwar verkennt er nicht die wissenschaftlichen Vorleistungen der Renaissance - zustimmend verweist er auf Galilei, Bacon und Descartes - , aber „ce fut surtout en France que se concentra le mouvement de rénovation, parce que le peuple français est, plus qu'un autre, capable de se passionner pour l'idéal, et parce qu'il a dans sa langue un merveilleux instrument de formules."66 1.4.5. Die .Atlantikschiene'. Alexis de Tocqueville hat nicht unmittelbar die Geschichte der Menschenrechte als Thema aufgegriffen. Allerdings haben seine beiden Hauptwerke über die Demokratie in Amerika (1835-40) und über das Verhältnis von Ancien Régime und Revolution in Frankreich (1856)67 breiten Einfluß ausgeübt, außerdem stehen sie für eine bestimmte Form der Geschichtsbetrachtung, die all den Darstellungen zugute kam, in denen die Geschichte der Menschenrechte über das unmittelbare Umfeld von 1789 hinausgeführt wurde. Amerika ist fur Tocqueville eine société nouvelle, deren Ausbildung noch nicht abgeschlossen ist. Er zieht immer wieder Vergleiche mit europäischen Gesellschaften. Tocqueville ist in beiden Werken Evolutionist, auch soziologisch, fragt weniger nach Einflüssen nach der Art eines „von-nach". Gleichheit und Freiheit und Rechtsstaatlichkeit betrachtet er unter dem Gesichtspunkt der Gesellschaftsevolution, nicht unter dem speziellen der Menschenrechtsgeschichte. Mit seinen Methoden, die eine Eingruppierung seines Werkes unter heute aktuelle Tendenzen (Mentalitäten, Kultur, etc.) zulassen, überwand er das Sinnbild historischer Brüche, denen er die .Realität' als sich fortspinnende Vernetzung unzähliger Punkte gegenüberstellte. 64
65
66 67
[Anonym], Déclaration des droits de l'homme et du citoyen, avec commentaires, Strasbourg 1833 (BN Lb 51 .2113). Sapey, C. Α., Les étrangers en France sous l'ancien et le nouveau droit, 1843. Sapey war Rechtsanwalt an der Cour Royale de Paris. Clavel, Adolphe, Critique et conséquences des principes de 1789, 1866 (BN Lb56.1601), Zitat S. 7. Tocqueville, Alexis de, De la démocratie en Amérique [1835-1840]; ders., L'Ancien Régime et la Révolution [1856].
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
Edouard Laboulaye (1863) machte wenig Umstände, um den englisch-amerikanischen Ursprung der Erklärung von 1789 darzulegen: En 1789 on en est aux idées de la liberté moderne. L'influence de Montesquieu, celle des physiocrates, celle de Lafayette et de ses amis, les Américains comme on les appelle, est prépondérante. Les fameux principes de 89, si souvent loués sur parole, comme une admirable invention du génie français, ne sont qu'une traduction du bill des droits de 1689, ou des articles additionnels de la constitution des Etats-Unis.68 Die Ernte fur das französische 19. Jh. bis ca. 1880 fallt weniger reichlich aus als für Deutschland. Der eigentliche Forschungsschub ereignete sich erst zwei bis drei Jahrzehnte nach der Gründung der Republik. In diesen Schub fiel dann die Übersetzung von Jellineks Schrift. Eine vorherrschende Tendenz ist schwerlich auszumachen, es sei denn, daß der französischen Geschichte mehr Augenmerk gewidmet wird als der übrigen europäischen oder universalen. Darin liegt ein sichtbarer Unterschied zur deutschen Forschung im 19. Jh., der sich aber leicht aus der .Urerfahrung' der Revolution und ihrer Déclaration(s) erklären läßt, eine Urerfahrung, die den Deutschen fehlte und die sie weder 1848 noch 1871 nachholten, während die französische Republik immerhin an 1789 anknüpfte und ein pädagogisches Programm über die „principes de 1789" in die Wege leitete. Die dichtere Bilanz der deutschen Forschung im 19. Jh. dürfte auch ein Ergebnis der Verbreitung der historischen Rechtsschule sein, prinzipiell sind aber die Hauptdenkrichtungen gleichfalls in Frankreich vertreten. Besonders zu betonen ist der Wert, der ebenda auf die Rolle der Reformation gelegt wurde. Zwar geschah dies später als in Deutschland, aber dies hängt mit dem Primat des Katholizismus in Frankreich zusammen und den Schwierigkeiten der Protestanten, sich institutionell (kirchlich und wissenschaftlich) zu organisieren. Dies wurde erst im späteren 19. Jh. und dann vor allem im 20. Jh. leichter. Entsprechend verdichtete sich die Forschung, und es waren hauptsächlich Protestanten, die über den Beitrag der Reformation und des Protestantismus zur Geschichte der Menschenrechte schrieben. Es scheint mir aber hervorhebenswert, weil dies meist etwas übersehen wird, daß es eine entsprechende Forschungstradition in Frankreich gibt, die bis in die Mitte des vergangenen Jahrhunderts zurückreicht.
1.5. Jellinek Noch jüngst schrieb Blandine Barret-Kriegel über Jellinek: „Jellinek est sans doute allé trop loin dans le sillage du pangermanisme de son temps lorsqu'il a attribué aux conceptions religieuses qui inspirent les contrats des pèlerins de Mayflower et à travers eux à la Déclaration d'indépendance, une origine luthérienne et même germaine 68
Laboulaye, Edouard, La liberté antique et la liberté moderne, 1863, Zitat S. 19.
1. Historiographie
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et plus loin encore, lorsqu'il a cru déceler l'essentiel des thèmes de notre Déclaration dans celle de l'Amérique." 69 Dieses, an die nationalemotionale Diskussion der letzten Jahrhundertwende erinnernde Argument beruht auf einem bezeichnenden Mißverständnis, das sich nur aus einer mangelhaften Befassung mit Jellineks Grundhaltung (und mit dem Terminus germanisches Recht) erklären läßt.70 Jellinek gehörte ohne jede Frage zu jenen deutschen Akademikern, für die die epochemachende Wirkung der französischen Menschenrechtserklärung von 1789 und der Verfassung von 1791 in bezug auf die gesamteuropäische Entwicklung über jeden Zweifel erhaben war und die dies positiv bewerteten. Dies ist, sogleich auf Seite 2, in seiner erstmals 1895 erschienen Schrift „Die Erklärung der Menschenund Bürgerrechte. Ein Beitrag zur modernen Verfassungsgeschichte"71 nachzulesen und dies war schon seit längerem Jellineks Meinung. Die Schrift von 1895 steht, wie es im Vorwort heißt, „im Zusammenhange mit einem größeren Werke, das mich seit längerem beschäftigt". Zu diesem Zusammenhang gehört zweifelsohne seine 1892 gedruckte Abhandlung über die subjektiven öffentlichen Rechte72, in der sich bereits einige historische Vorüberlegungen finden, die Jellinek dann 1895 ausführlicher darlegte.73 Zum weiteren Zusammenhang gehört selbstredend seine „Allgemeine Staatslehre", auf die hier jedoch nicht weiter einzugehen ist.74 Der Grund, warum sich Jellinek so intensiv für die Vorgeschichte der französischen Déclaration interessierte, lag darin, daß er die Geltung subjektiver öffentlicher Rechte, womit er substantiell die Grund- und Menschenrechte meint, von der Einführung einer positivrechtlichen Verfassung abhängig machte. Ebendies sei in der französischen Revolution geschehen: „Mit der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte durch die französische Constituante anhebend hat in ununterbrochener Reihenfolge eine europäische Verfassungsurkunde nach der anderen die Aufzählung eines Kataloges von derartigen Rechten vorgenommen."75 Schon hier verweist Jelli69
Barret-Kriegel, Blandine, Les droits de l'homme et le droit naturel, 1989, S. 33. Auch Boutmy wird, ebd., wegen seiner „orientation antigermaniste" kritisiert.
70
Jellinek hatte diese seinerzeit schon von Boutmy vorgetragene Vermutung noch 1902 zurückgewiesen. Vgl. Jellinek, Georg, La déclaration des droits de l'homme et du citoyen (Réponse de M. Jellinek ì M. Boutmy), (1902), hier S. 386.
"
Leipzig: Duncker & Humblot, 1895. Ich benutze diese (inzwischen schwer zu erreichende) erste Auflage. 2. Auflage: 1904; 3. Auflage: 1919; 4. Auflage: 1927. Wiederabdruck der 4. Auflage bei Schnur, Roman (Hg.), Zur Geschichte der Erklärung der Menschenrechte, 1964. Die französische Obersetzung war 1902 unter dem Titel „La déclaration des droits de l'homme et du citoyen" (Paris: Fontemoing, 1902; getreue Obersetzung von dem Rechtsanwalt Georges Fardis, Vorwort von F. Larnaude, Rechtsprofessor in Paris) erschienen. Gleichfalls bei Schnur aus der Kontroverse: Emile Boutmy, Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte und Georg Jellinek, S.78-112 (von Ruth Groh abersetzter Artikel B.s aus den Annales de Sciences Politiques 1902); S. 113-128, Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte. Antwort an Emile Boutmy (1902), übers, von Ruth Groh.
n 73
74 75
Jellinek, Georg, System der subjektiven öffentlichen Rechte, 1892; 2. Aufl. 1905; ich benutze die 1. Auflage. S. ebd. S. 2 ff. zur positiven Bewertung der Auswirkungen der französischen RechteerklSning und Verfassung. Jellinek, Georg, Allgemeine Staatslehre [1900], Jellinek, System (1892), S. 89.
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nek, wenn auch nur kurz, auf die anglo-amerikanische Vorgeschichte dieser Rechte. 76 1895 führte Jellinek seine Einschätzung der Déclaration von 1789 noch genauer aus: Weniger beachtet als die historische und politische ist die rechtsgeschichtliche Bedeutung dieses Dokumentes, die bis auf den heutigen Tag fortdauert. (...) unter seinem Einflüsse hat sich im positiven Rechte der Staaten des europäischen Kontinents die Vorstelllung von dem subjektiven öffentlichen Rechte des Individuums entwickelt. (...) Erst jene Erklärung der Menschenrechte hat den bis dahin nur dem Naturrecht bekannten Begriff des subjektiven Rechtes des Staatsgliedes gegenüber dem Staatsganzen in vollem Umfang im positiven Recht entstehen lassen. Das hat zunächst die erste französische Verfassungsurkunde vom 3. September 1791 gezeigt, die auf Grund der ihr vorangestellten Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte eine Reihe von droits naturels et civils als durch die Konstitution garantierte Rechte aufstellt. (...) Unter dem Einflüsse der französischen Deklaration sind aber auch fast in alle Verfassungsurkunden der übrigen kontinentalen Staaten ähnliche Kataloge von Rechten aufgenommen worden
o·.).77 Jellinek schließt daran einen kurzen Abriß der Entwicklung des Konstitutionalismus in Deutschland an und stellt fest, daß praktisch alle deutschen Länder über Grundrechtekataloge verfügten - mit der „bemerkenswerten Ausnahme allerdings (der) Verfassungen des Norddeutschen Bundes vom 26. Juli 1867 und (der) des Deutschen Reiches vom 16. April 1871, in denen ein Abschnitt über Grundrechte gänzlich fehlt." 78 Bei der Bedeutung, die Jellinek der positivrechtlichen Begründung der Grundrechte zumaß, bedurfte zumindest der Fall der Reichsverfassung einer Rechtfertigung: Allein die Reichsverfassung konnte von der Aufstellung eines solchen Kataloges umsomehr absehen, als sie ja bereits in den meisten Verfassungen der einzelnen Bundesstaaten enthalten waren. Eine Reihe von Reichsgesetzen hat überdies (...) die wichtigsten Principien der Frankfurter Grundrechte recipiert. (...) In Wahrheit ist aber im Deutschen Reiche das Maß öffentlicher Rechte des Individuums viel größer als in den meisten Staaten mit verfassungsmäßig katalogisierten Rechten. Das lehrt z.B. ein Blick auf die Gesetzgebung, die richterliche und Verwaltungspraxis in Österreich.79 Ob Jellinek bei diesen Argumenten wirklich wohl war, mag dahingestellt bleiben 80 - seine Plädoyers für eine kulturgeschichtliche Betrachtung der Ver76 77 n 79 80
Ebd. Jellinek, Erklärung (1895), S. 1-2. Jellinek, Erklärung (1895), S. 3. Jellinek, Erklärung (1895), S. 3-4. Jellinek wird auch, ohne das im einzelnen zu erwähnen, an die französische Verfassung von 1875 gedacht haben, die ebensowenig wie die des Deutschen Reiches einen Grund- und Menschenrechtskatalog enthielt. Wenn ich vermute, daß sich Jellinek mit dem Fehlen eines Grundrechtekatalogs in der Reichsverfassung weniger leicht abfand als andere, dann aufgrund seiner Formulierungen, die sich deutlich von denen anderer Juristen etc. zum selben Gegenstand abheben. Zur zeitgenössischen Diskussion 1867 und 1871 s. Renimele, Konrad, Bürgerliche Freiheit ohne verfassungsrechtliche Freiheitsverbttrgungen? Zur Diskussion um das
1. Historiographie
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bindung von Verfassung und Menschenrechtskatalog könnte als indirekte Warnung vor dem Verlust eines tiefen Kulturzusammenhanges verstanden werden: Im Vorwort zur Studie von 1895 schrieb er: „Die folgende Abhandlung (...) möge mit dazu beitragen, die Überzeugung zu kräftigen, daß die im Rechte des modernen Staates ausgeprägten Gedanken nicht nur aus der Geschichte der Litteratur und der Entwicklung der Rechtsbegriffe, sondern vor allem aus der auf dem Boden der gesamten Kultu^erscheinungen sich bewegenden Geschichte der Institutionen selbst zu begreifen s/W."81 Könnte das ein moderner Sozial-/Kulturhistoriker eindringlicher formulieren? Dieses erste Plädoyer führte Jellinek im Anschluß an die Erörterung der deutschen Reichsverfassung fort: Wie immer man aber auch heute über die Formulierung abstrakter, erst durch detaillierte gesetzgeberische Durchbildung lebensfähiger Principien fur die Rechtsstellung des Individuums im Staate denken möge, die Thatsache, daß die Erkenntnis solcher Prinzipien mit jener ersten Erklärung der Rechte geschichtlich zusammenhängt, läßt es als eine wichtige Aufgabe der Verfassungsgeschichte erscheinen, die Entstehung der französischen Erklärung der Rechte von 1789 festzustellen. Ihre Lösung ist auch von großer Bedeutung sowohl für das Verständnis der Entwicklung des modernen Staates als auch der Stellung, die er dem Individuum gewährt. Bisher sind in staatsrechtlichen Werken verschiedene Vorläufer der Erklärung der Konstituante von der Magna Charta bis zur amerikanischen Unabhängigkeitserklärung aufgezählt und aneinander gereiht worden, jede tiefere Untersuchung aber über die Quellen, aus denen die Franzosen geschöpft haben, mangelt völlig.82 Was war also die entscheidende Intention Jellineks? Aus Erfahrungen, die Georg Jellinek nicht zu machen brauchte, weiß man heute zur Genüge, daß die Ablehnung eines vor-positivrechtlichen Geltungsgrundes der Grund- und Menschenrechte zu deren völliger Mißachtung und Vernichtung führen kann. Wenn sich Jellinek so eindeutig für die positivrechtliche Begründung dieser Rechte aussprach83, dann, weil er sie in einen tiefreichenden kulturgeschichtlichen Zusammenhang eingebettet sah, an dessen Wirkmächtigkeit in seine Zeit hinein für ihn kein Zweifel bestand. Eine Reduktion der Jellinekschen Thesen auf einen amerikanischen Ursprung der französischen Erklärung von 1789 erscheint als grobes Mißverständnis. Daß er die Herkunft der Déclaration eng an Amerika band, war eher ein sozusagen vorprogrammiertes Nebenprodukt einer viel umfassenderen Sichtweise der Geschichte der Menschenrechte, außerdem war dies, wie oben gezeigt, nicht eine erstmals von Jellinek aufgeFehlen der Grundrechte in der Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 (1982); zur Staatsrechtslehre 204 ff. In der zeitlich weiter ausgreifenden Arbeit von Bauer, Hartmut, Geschichtliche Grundlagen der Lehre vom subjektiven Öffentlichen Recht, 1986, s. bes. S. 64 ff. Bauer äußert sich jedoch zur kulturgeschichtlichen Dimension von Jellineks Erkenntnisstreben nicht und zieht infolgedessen Jellineks Erklärung (1895) trotz des engen Zusammenhangs mit dem System (1892) nicht heran. " Jellinek, Erklärung (1895), Vorwort. Hervorhebung von mir. " 2 Jellinek, Erklärung (1895), S. 4. ° Ganz eindringlich in System (1892), S. 8.
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I Forschungsgeschichte u n d Forschungsmethode
stellte These, vielmehr war sie in Frankreich ja selbst schon vorher vertreten worden. F. Lamaude, Professor an der juristischen Fakultät der Universität Paris, Herausgeber der renommierten Zeitschrift „Revue du droit public" und Verfasser des Vorworts zur französischen Ausgabe von Jellineks Studie, hatte die von Jellinek getroffenen Unterscheidungen sehr wohl erkannt und darauf hingewiesen, daß die geschichtliche Herkunft der Déclaration und ihre epochale Wirkung zwei verschiedene Dinge sind. Insofern fiel es ihm nicht schwer, Jellineks These von der Herkunft der Déclaration als abschließend bewiesen zu charakterisieren. Die Rückführung der Vorgeschichte der Menschenrechtskataloge bis in die Reformation war ebensowenig neu, neu war aber das systematische Begreifen großer historischer Zusammenhänge und die bewußte Einbettung Deutschlands in diese Zusammenhänge eines westeuropäisch-nordamerikanischen Kulturkreises.84 Im übrigen sei bemerkt, daß sich das Schlußkapitel „Die Menschenrechte und die germanische Rechtsanschauung" konkret und überwiegend auf England bezieht und mitnichten eine Überlegenheit deutschen Rechts meint. Nichts ist in diesem Kapitel zu finden, was eine Revision der zu Beginn der Abhandlung und bereits 1892 gemachten Ausführungen über die prägende Bedeutung der französischen Erklärung von 1789 und Verfassung von 1791 für das europäische 19. Jh. andeuten könnte. Die breite Rezeption von Jellineks Studie führte zu einer Stärkung dieser Haltung, die, etwas anachronistisch formuliert, die Westintegration Deutschlands abstützte, ohne daß dies die Entwicklung des Zeitgeistes in eine andere Richtung hätte verhindern können. Dazu hätte es wohl mehr Weitsicht und einer gewissermaßen ideologischen Haltung bedurft, die weder bei Jellinek selbst noch bei den nachfolgenden Autoren, sondern erst nach 1945 zu erkennen ist. Jellineks Gegenspieler Emile Boutmy (Direktor der École libre des sciences politiques) hat vieles in jener Schrift nicht erfaßt (oder nicht sehen wollen) bzw. nicht erkannt, daß Jellinek nicht zuerst als Historiker, sondern zuerst als Jurist an seine Fragestellung herangegangen war. Die These, daß Rousseaus contrat social nicht zu den Wurzeln der Déclaration gehöre, wies Boutmy zurück; er bestritt die Vorbildfunktion der Virginischen Erklärung (1776) als aus den Quellen nicht nachweisbar; er führte dann selbst den Vergleich amerikanischer und französischer Artikel wie Jellinek durch, um zum gegenteiligen Ergebnis zu kommen; im fünften Abschnitt über den von Jellinek betonten Einfluß der religiösen Bewegungen wurde Boutmy bewußt polemisch und stellte die Wissenschaftlichkeit von Jellinek in Frage. Boutmy betonte die Rolle des französischen 18. Jh. und den Einfluß des französischen Geistes in der Welt. In seiner Antwort wies Jellinek den Vorwurf der nationalen Eitelkeit zurück. Er habe außerdem nicht Luther, sondern Calvin als Urheber der so bedeutsamen religiösen Entwicklungen ausgemacht. Er stellte selber
u
Es sei unterstrichen, daß bei Jellinek die Perspektive so verläuft wie beschrieben und nicht umgekehrt wie teilweise 40 Jahre später (s.u.).
1. Historiographie
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fest, daß Boutmy die Intention seiner Schrift völlig übersehen habe. 85 Recht gab ihm dabei Emile Doumergue (1904), Professor an der Faculté de théologie protestante von Montauban, der nicht nur die polemische Art Boutmys zurückwies, sondern in einem eigenen Versuch über den Vergleich dreier Denkströmungen - courant calvino-français, courant calvino-anglais, courant calvino-américain - mit abschließendem Vergleich der amerikanischen und der französichen Erklärungen zum selben Ergebnis wie Jellinek gelangte.86 Während Otto Vossler 1930 nochmals Jellineks Studie zu widerlegen suchte 87 , unternahm es Troeltsch in seinem berühmten Historikertagsvortrag und HZ-Aufsatz über Protestantismus und Entstehung der modernen Welt (1906), bei grundsätzlicher Zustimmung Jellinek an einer Schlüsselstelle zu korrigieren: „Der Vater der Menschenrechte ist also nicht der eigentliche Protestantismus, sondern das von ihm gehaßte und in die Neue Welt vertriebene Täufertum (,..)."88 Insgesamt erhielten sowohl die deutsche wie die französische Forschung entscheidende Impulse aus der Abhandlung. 89 Der von Jellinek eingeschlagene Weg gab dieser Forschung eine über Jahrzehnte gültige Struktur, seine Schrift begründete, ohne daß es Jellineks erklärte Absicht gewesen wäre, das, was man die Forschungsdisziplin „Geschichte der Menschenrechte" nennen kann.
1. 6. Nach Jellinek 1.6.1. Deutschland bis zum Ende der Weimarer Zeit und des Dritten Reichs Mit Jellineks Arbeit wird die Literaturlage gewissermaßen komplizierter. Es setzt sich fort die Reihe jener juristischen Werke, die Zeitproblemen gewidmet waren, deren Autoren aber nicht auf historische Ausführungen verzichten wollten. Diese Werke bilden keinen eigentlichen Beitrag zur Errichtung der Forschungsdisziplin, aber sie dokumentieren deren Wirkungsfeld und zugleich dessen Grenzen! Neu entstehen zahllose Forschungsarbeiten, vorwiegend auch Dissertationen, die die von Jellinek breit angerissenen Gesichtspunkte - von der Antike bis in die seinerzeitige Gegenwart - kritisch-historisch vertieften. Nirgendwo fehlt der oftmalige Hinweis auf Jellineks Schrift, deren Umfang sich bis zur dritten Auflage 1919 nahezu verdoppelte, also am Forschungsgeschehen aktiv beteiligt war. Unter den Autorinnen und Autoren finden sich sowohl Juristen wie Historiker, mehrfach nahm sich die Historische Zeitschrift des Themenkomplexes an. Immer wieder wurden ,s 86 r
Texte s. bei Schnur (Hg.), op. cit., loc. cit. Doumergue, Emile, Les origines historiques de la déclaration des droits de l'homme et du citoyen (1904). Vossler, Otto, Studien zur Erklärung der Menschenrechte (1930).
** Troeltsch, Ernst, Die Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung der modernen Welt (1906), hier S. 40. ** Zu Einflüssen auf Smend, Troeltsch und Weber vgl. Rendtorff, Trutz, Menschenrechte als Bürgerrechte. Protestantische Aspekte ihrer Begründung (1987).
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
Vorträge gehalten und gedruckt, es entstanden populärwissenschaftliche Arbeiten. Bevorzugte wissenschaftliche Publikationsreihe waren die Eberingschen „Historischen Studien".90 Unterscheiden lassen sich Arbeiten, deren Blickfeld auf die Spezialforschung gerichtet ist, die den von Jellinek geworfenen Ball auffangen und weiterspielen, von solchen, dpren Interesse aus aktuellen Fragen entstand. Bei den aktualitätsbezogenen Werken zeichnet sich immer deutlicher die Verengung des Denkhorizontes auf die deutschrechtliche, schließlich nationalistische bzw. später nationalsozialistische Perspektive ab, während die Spezialforschung den europäischen Zusammenhang zu wahren wußte, ohne ihn zu einer Speerspitze gegen die verhängnisvolle nationale Selbstgenügsamkeit auszuformen. Teilweise hing auch die Spezialforschung der Ansicht an, daß es sich bei den Grund- und Menschenrechten um ein z.T. schon überwundenes historisches Phänomen handelte.91 Überwunden bedeutet nicht, daß die Wertesubstanz dieser Rechte abgelehnt worden wäre, sondern daß man glaubte, diese Substanz sei verwirklicht und daß es daher keiner Grundrechtskataloge, die ausdrücklich individuelle Grundrechte garantierten, mehr bedürfe. Darauf ist noch zurückzukommen. Die Forschung, die sich nach Jellinek recht schnell entwickelte, nahm von Anfang an ein breites Themenspektrum in Angriff, eine Verkürzung auf die Entwicklungsgeschichte von Menschenrechtserklärungen fand nicht statt. England, Frankreich und Amerika gehören zu den immer wieder behandelten Ländern. In einzelnen Fällen wurde die Perspektive auf die Niederlande92 und Spanien93 ausgedehnt. Unter der deutsch-landesgeschichtlichen Forschung wäre die Befassung mit BrandenburgPreußen und die Wertschätzung des Allgemeinen Landrechts hervorzuheben. Jellineks These, daß die deutsche Verfassungsentwicklung (die Geschichte der Grundrechte war fur ihn ja ein Bestandteil der Verfassungsgeschichte) im 19. Jh. entscheidend durch die französische Revolution angestoßen worden sei, wurde im wesentlichen als unbestreitbares Faktum übernommen94, Unterschiede ergaben sich in der Wertung. Wer dieses Faktum negativ beurteilte, sah sich nach deutschrechtlichen Traditionen um (s.u.). Bezüglich Preußen konnte ein solcher Zusammenhang auch ganz geleugnet werden.95 Leichter taten sich manche damit, 90
Die „Historischen Studien" erschienen bei Ebering, der diese Reihe ins Leben gerufen hatte. Leider wurde das Veriagsarchiv im Zweiten Weltkrieg zerstört, so daß es kaum mehr möglich ist zu klären, ob Ebering die Absicht hatte, die Erforschung der Geschichte der Grund- und Menschenrechte programmatisch zu fördern. Ich danke dem jetzigen Mitherausgeber und Schriftführer der Reihe, Helmut Castritius, sowie Herrn Paulsen, Inhaber des Matthiesen Verlages, in dem die „Historischen Studien" fortgefllhrt werden, für freundliche Auskünfte.
"
So z.B. Wahl, Adalbert, Skizze einer Nachgeschichte der Erklärung der Menschenrechte (1922). Passim in vielen Studien.
92 91 94
95
Wohlhaupter, Eugen, La importancia de España en la historia de los derechos fundamentales, 1930. Vgl. als SpezialStudie Thimm, Georg, Die Menschen- und Bargerrechte in ihrem Übergang von den französischen Verfassungen zu den deutschen bis 1831, (Diss.) 1905. Meier, Emst von, Französische Einflüsse auf die Staats- und Rechtsentwicklung Preußens im 19. Jh. Bd. 1: Prolegomena; Bd. 2: Preußen und die französische Revolution, 1907-08.
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England als Vorbild darzustellen. Arnold Oskar Meyer schrieb 1912 in der Historischen Zeitschrift96: Die Grundlagen, auf denen unser moderner Rechtsstaat beruht - mag es sich um Gleichheit vor dem Gesetz, Freiheit in der Wahl des Bekenntnisses, des Berufes, des Wohnortes usw. handeln - sind das Ergebnis einer historischen Entwicklung, bei der stets die Idee um eine lange Zeitspanne, mindestens um Menschenalter, meistens um Jahrhunderte ihrer Verwirklichung vorausgeeilt ist. Wenn Meyer von „unserem modernen Rechtsstaat" spricht, so meint er im Zusammenhang seines Artikels über die Toleranzfrage Deutschland, die Niederlande und Frankreich, sodann England. Noch ein Stück weiter vor, trotz eines sehr kritischen Akzents, wagte sich 1920 Alexander Conrady in seiner Leveller-Studie97: Nach einem bekannten Schlagworte behandelt England die Freiheit nicht als Exportartikel. (...) Wenn also zuzugeben ist, daß England als Staat für die Freiheit in anderen Staaten nie einen Finger gerührt hat, so ist dagegen von den britischen Inseln eine vielfache Ausfuhr freiheitlicher Ideen erfolgt, die ebenso das politische Denken auf dem Festlande befrachtet haben, wie politische Bewegungen in England fur den Kontinent die Bedeutung großer Vorbilder hatten. Richard Schmidt konnte dann 1924 schreiben, daß es in Deutschland sinnvoll gewesen wäre, die Entwicklung der englischen Demokratie als Vorbild zu beachten98, während Ridderbusch 1929 das spezifisch englische am englischen Verfassungswesen kultivierte und meinte, daß dessen „Originalität nur national einmalig sein kann".99 Horst Witte vermied in seiner 1940 erschienenen Arbeit über Jakob I. und die religiöse Toleranz jeglichen Gedanken an eine mögliche englische Vorbildrolle, daneben machte er niederländische Einflüsse auf England geltend.100 Erwin Hölzle versuchte 1925 über den Begriff der altgermanischen Freiheit vor allem England, Frankreich und Deutschland einem bestimmten, prinzipiell gleichen Freiheitstypus zuzuordnen, der in diesen drei Ländern jeweils spezifische, nationale Ausprägungen erfahren habe. Er kommt dabei zu dem Schluß, daß die Idee des Rechtsstaates germanisch sei, was bei Hölzle nicht „deutsch", sondern noch nordund westeuropäisch unter Einschluß Deutschlands meint.101 Dies setzt eine Denktra-
96 97
" 99
Meyer, Arnold Oskar, Der Toleranzgedanke im England der Stuarts (1912), hier S. 255. Conrady, Alexander, Anfänge der Demokratie in England. Studien zur Geschichte der Levellerbewegung, 1920, hier S. 3. Schmidt, Richard [Karl Bernhard], Der Volkswille als realer Faktor des Verfassungslebens und Daniel Defoe, 1924.
Ridderbusch, Paul, Parlamentssouveränität und Volkssouveränität in der Staats- und Verfassungsrechtslehre Englands, vornehmlich in der Staatslehre Defoes, 1929, hier S. 187. 100 Witte, Horst, Die Ansichten Jakobs I. von England aber Kirche und Staat mit besonderer Berücksichtigung der religiösen Toleranz, (Diss.) 1940. 101 Hölzle, Erwin, Die Idee einer altgermanischen Freiheit vor Montesquieu. Fragmente aus der Geschichte politischer Freiheitsbestrebungen in Deutschland, England und Frankreich vom 16.-18. Jh., 1925.
60
I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
dition fort, die auch in Frankreich, und zwar schon zu Zeiten des Ancien Régime wie im 19. Jh., Konjunktur hatte. Allerdings wird der Grad zwischen der Vorstellung von einem Deutschland, das zu einem westeuropäischen Kulturzusammenhang gehört, und der von Nationalsozialisten benutzten Vorstellung von einem Europa, das in den Zusammenhang einer deutsch-germanischen Kultur gehört, in dieser Zeit schon sehr schmal.102 Die 1935 verfaßte Dissertation von Samtleben, ebenfalls über „altgermanische Freiheit", dokumentiert als Text die Verschiebung von „germanisch" zu „deutsch".103 Gestärkt wurde die Tendenz, die gesamte frühe Neuzeit in die Entwicklungsgeschichte der Menschenrechte einzubeziehen, besonderes Augenmerk wurde auf die Geschichte des Widerstandsrechtes und der Toleranz gerichtet, ohne daß deshalb andere Aspekte übersehen worden wären. Hier zieht sich der Bogen vom JellinekSchüler Rudolf Michael Treumann (über die Monarchomachen des 16. Jh., 1895104) über Jellinek selbst (Herkunft des Begriffs „Fundamentalrecht" von den Monarchomachen, 1898)105 und zahlreiche andere bis hin zur ideengeschichtlichen Arbeit über den Eigentumsbegriff seit Althusius der Planitz-Schülerin Carla Laier (1937), die sich im Gegensatz zu anderen an keiner Stelle nationalsozialistischem Gedankengut andiente.106 Zu nennen ist hier auch eine Studie von Josef Donat mit ihren geschichtlichen Bemerkungen zur Freiheit der Wissenschaft, die nicht frei von kritisch-ablehnenden Untertönen ist.107 Fritz Kerns Buch über Gottesgnadentum und Widerstandsrecht (1914) verfolgt den Gesichtspunkt rechtsstaatlicher Entwicklungen vom frühen Mittelalter bis ins 13. Jh.108, während Schlosser (1914) es fertig brachte, eine Geschichte des Widerstandsrechts zu schreiben, ohne dies in den weiteren Zusammenhang der Entwicklung der Grund- und Menschenrechte zu stellen.109 Kurt Wolzendorff hingegen formulierte nur zwei Jahre später110:
102
Vgl. zu dieser Grundsatzproblematik Schönwälder, Karen, Historiker und Politik: Geschichtswissenschaft im Nationalsozialismus, 1992, Kap. 4 und 5. 103 Samtleben, Wolfgang, Die Idee einer altgemianischen Volksfreiheit im vormärzlichen deutschen Liberalismus, 1935. 104 Treumann, Rudolf Michael, Die Monarchomachen. Eine Darstellung der revolutionären Staatslehren des XVI. Jh. (1573-1599), (Diss.) 1895 . Ähnlich auch Elkan, Albert, Die Publizistik der Bartholomäusnacht und Momay's „Vindiciae contra Tyrannos". Mit einem Brief Mornays, 1905. 105 Jellinek, Georg, Das Recht der Minoritäten, 1898. 106 Laier, Carla, Der Eigentumsbegriff in der Zeit des Naturrechts und der Aufklärung, (Diss. Düsseldorf) 1937. 107 Donat, Josef, Die Freiheit der Wissenschaft. Ein Gang durch das moderne Geistesleben, 1909; 2. Aufl. 1912 (benutzte Aufl.), 3. Aufl. 1925. 108
Kem, Fritz, Gottesgnadentum und Widerstandsrecht im früheren Mittelalter, 1914; 2. Aufl. hg. v. R. Buchner, 1954 u. 1970. 109 Schlosser, Joseph, Die Lehre vom Widerstandsrecht der Untertanen gegen die legitime Fürstengewalt bei den Katholiken des 16. Jh., (Diss.) 1914. 110 Wolzendorff, Kurt, Staatsrecht und Naturrecht in der Lehre vom Widerstandsrecht des Volkes gegen rechtswidrige Ausübung der Staatsgewalt, 1916, Zitate S. 3-5; 500 f.
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Die Frage des Widerstandsrechtes ist der Kernpunkt, um den sich die Gedanken rechtlicher Regelung der Beziehungen zwischen der Freiheitssphäre der Volksglieder und der Staatsgewalt zum modernen Staatsrecht konsolidierten, zuerst als Lehre in der Wissenschaft, dann als Tatsache in der Gesetzgebung. (...) Die Geschichte der Widerstandslehre ist jedoch nicht Selbstzweck unserer Untersuchung, sondern nur Mittel zum Zweck der Feststellung des für ihre Existenz- und Wirkungsfahigkeit entscheidenden Elements. [...] [...] Da es nun aber das eigentümliche Wesen der ständischen Verfassung ist, daß alle die Rechtseinrichtungen, die den Ständen unmittelbar rechtliche Macht oder Freiheit gaben, gleichzeitig einen Schutz für die Individualrechtssphäre der Unterthanen bildeten, so bedeutete das den Landständen zum Schutz ihrer Rechte und Freiheiten gegebene Widerstandsrecht zugleich ein Mittel zum Schutze der Unterthanen. Deshalb war die Erhaltung dieses äußersten rechtlichen Machtmittels der Stände zugleich vom Standpunkte des Individualrechts überhaupt ein Bedürfnis des Rechtsschutzes und zwar für ein wenig entwickeltes rechtliches politisches Denken das wichtigste, wenn man nicht sogar sagen darf: schlechthin das Bedürfnis des Rechtsschutzes. Wolzendorff war der Meinung, daß durch die entsprechende Entwicklung des Rechtsschutzes das Widerstandsrechtsdenken im Lauf des 19. Jh. dann entfallen und auch nicht mehr nötig gewesen sei. Welch ein Irrtum, dem jedoch nicht nur Wolzendorff erlegen war! Neben einigen Studien zur Rechtsgleichheit111 wurde das Toleranzproblem aus protestantischer Sicht gründlicher untersucht. Das friderizianische Preußen erfreute sich besonderer, jedoch durchaus kritischer Aufmerksamkeit.112 Hinsichtlich der Toleranz wurde im allgemeinen ein Zusammenhang mit der Reformationsepoche als Schlüsselepoche gesehen, vielfach wurde der Reformation aber nicht der Durchbruch des Toleranzgedankens gutgeschrieben; es entwickelte sich ein gewisses Gespür fur die Unterschiede zwischen der Toleranzfrage im 16. Jh. und später in der Aufklärungsepoche113 ebenso wie fur die unterschiedliche Haltung eines Pufendorf und eines Locke.114 Ob das Gespür fur die Entwicklung von der Aufklärung bis in die Weimarer Zeit richtig entwickelt war, erscheint zweifelhaft, wenn man Heinrich Lemles Arbeit über Mendelssohn liest (1932). Zwar räumt er zunächst kritisch ein, daß Toleranz sich in der Gegenwart als „Weltgedanke" erst noch vollständig
" ' S . z.B. Meyer, Paul, Das Prinzip der Rechtsgleichheit in historischer und dogmatischer Betrachtung, (Diss. Zürich) 1923; Rechtsgleichheit sei geschichtlich zunächst nur ein Postulat gewesen, und zwar seit der Reformation. " 2 P i g g e , Heinrich, Die Toleranzanschauungen Friedrichs des Großen, (Diss. Mainz) 1897. P. unterscheidet zwei Arten der Toleranz, diejenige Fr. d. Gr. sei aus einem „zum Unglauben hinneigende(m) philosophis c h e ^ ) Skepticismus" entstanden (S. 4). Er habe keine Toleranz gegenüber „positiven Religionen", von Fr. als Aberglaube bezeichnet, entwickelt (S. 23). Wentzel, Hellmut, Die Entwickelung der Bekenntnisfreiheit in Brandenburg-Preußen und ihr heutiger Stand, (Diss.) 1909. 113 1,4
Horowitz, J., Der Toleranzgedanke in der deutschen Literatur zur Zeit Moses Mendelssohns, 1914. Lezius, Friedrich, Der Toleranzbegriff Lockes und Pufendorfs, 1900. Vgl. auch Geld, Salomon, Toleranz und Intoleranz in naturrechtlichen Staatstheorien der Neuzeit, (Diss. Breslau) 1937 (zu Hobbes, Spinoza, Locke).
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
durchsetzen müsse, spricht jedoch im Anschluß von einer „verheißungsvoll aussehen(den) Zukunft". 115 Während sonst der nordeuropäische Raum vernachlässigt erscheint, geriet er im Zusammenhang des Themas Toleranz gleichfalls in den Blick der Forschung, wie es das bemerkenswert stringent durchdachte Buch von Johannes Kühn (1923) dokumentiert.116 Auch die Arbeit der Gerhard Ritter-Schülerin Hella Schreier (19Í0) belegt, daß von deutschsprachigen Autoren die Leistungen der Reformationsepoche für die Entwicklung der Idee der Grund- und Menschenrechte keineswegs allein auf Deutschland bezogen waren.117 Es versteht sich geradezu von selbst, daß seit Jellinek die Vorgeschichte der Menschenrechtserklärungen zu einem Forschungsschwerpunkt wurde, ohne daß dieser eine vorherrschende Stellung einnahm. Neben Einzelstudien besonders zur Rolle Mirabeaus" 8 oder zur Rechte-Erklärung von Massachusetts (1641)119 entstanden die großen Arbeiten von Hägermann und Knust zu Amerika (1910,1922) 120 , gefolgt von Hashagens Vortrag auf dem 14. Deutschen Historikertag in Frankfurt am Main (1924)121 und Salanders Dissertation (1926)122, es entstanden zur französischen Menschenrechtserklärung die großen Studien von Klövekorn, Rees und Schickhardt (1911,1912,1931) 123 sowie jene Redslobs über die Staatstheorien der Französischen Nationalversammlung (1912)124, die aufgrund ihrer gesamten Anlage und des vierten Kapitels über Menschenrechte hier mit aufzufuhren ist. Das Interesse dieser Forschungen liegt zum einen in der soliden und umfassenden Quellenarbeit, die sich aus einer kritischen Auseinandersetzung mit Jellinek entwikkelte, zum anderen in bestimmten Fragestellungen, die die Autoren aufwarfen. Wenn Knust sich mit dem Einfluß Montesquieus auf die nordamerikanischen Verfassungen auseinandersetzte, so um die These zu beweisen: „Die Geschichte hat die 115
Lemle, Heinrich, Mendelssohn und die Toleranz auf dem Grunde des Naturrechts und der Naturreligion, (Diss. Würzburg), 1932, hier S. 77.
116
Kühn, Johannes, Toleranz und Offenbarung. Eine Untersuchung der Motive und Motivformen der Toleranz im offenbarungsgläubigen Protestantismus, 1923.
117
Schreier, Hella, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der modernen Toleranzidee im Frankreich des 16. Jh. (1559-68), (Diss. Freiburg) 1930. '"Albrecht, Marie, Mirabeau und die Erklärung der Menschenrechte, (Diss.) 1911; zuvor: Menzel, Adolf, Mirabeau und die Menschenrechte (1907). ' " Wahl, Adalbert, Zur Geschichte der Menschenrechte ( 1909). 120
Hägermann, Gustav, Die Erklärungen der Menschen- und Bürgerrechte in den ersten amerikanischen Staatsverfassungen, 1910; Knust, Hennann, Montesquieu und die Verfassungen der Vereinigten Staaten von Amerika, 1922. 121 Hashagen, Justus, Zur Entstehungsgeschichte der nordamerikanischen Erklärungen der Menschenrechte (1924), Vortrag auf dem 14. Deutschen Historikertag in Frankfurt a. Main am 3. Okt. 1924. 122 Salander, Gustav Adolf, Vom Werden der Menschenrechte. Ein Beitrag zur modernen Verfassungsgeschichte unter Zugrundelegung der virginischen Erklärung der Rechte vom 12. Juni 1776, (Diss.) 1926. 123 Klövekom, Fritz, Die Entstehung der Erklärung der Menschen- und Bürgen-echte, 1911; Rees, Wilhelm, Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789, (Diss. Bonn 1911) 1912; Schickhardt, Bernhard, Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789-91 in den Debatten der Nationalversammlung, (Diss.) 1931. 124 Redslob, Robert, Die Staatstheorien der französischen Nationalversammlung von 1789, 1912.
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Möglichkeit der Durchführung der Montesquieuschen Staatstheorie bewiesen."125 1922 war das gewiß keine ,unschuldig-wissenschaftliche' These, sondern eine These, die im Licht der Schwierigkeiten, unter denen die Weimarer Republik, ihre Geburt einer .Revolution' verdankend, um ihre moralische Anerkennung focht, Hoffnung verbreiten konnte. In der prinzipiellen Fragestellung war Redslob 1912 vorangegangen, als er zur ersten französischen Revolutionsverfassung feststellte: „Die Verfassung von 1791 ist aus wissenschaftlichen Prinzipien abgeleitet. Damit ist alles gesagt. Sie ist nicht ein neues Entwicklungsstadium der eignen Verfassungsgeschichte, sie ist nicht die mehr oder minder getreue Nachahmung einer fremden Verfassung. Sie hat überhaupt keinen historischen Anknüpfungspunkt. Sie ist ein Gebäude, von Grund aus neu und zusammengefügt aus den Lehrsätzen der Staatstheorie."126 Die Frage nach der praktischen Wirksamkeit von Staatstheorien und ihren Erfolgsaussichten war durchaus aktuell, wie es sich 1918/19 auch in Deutschland wieder zeigen sollte, und Weimar war 1922 nicht gefestigt genug, als daß die Frage obsolet geworden wäre.127 Auch Salander fand den Grund für seine Arbeit über die virginische Rechteerklärung von 1776 in einer gerade für die Weimarer Republik lebenswichtigen Fragestellung128: Wir leben in einer Zeit, in der die großen Erschütterungen des letzten Jahrzehnts wieder zu einer Besinnung darüber geführt haben, wie sich Individuum und Gemeinschaft, Staat und Bürger, zueinander verhalten. Es ist dies eine Frage, die immer dann, und zwar notwendig dann, auftauchen muß, wenn die Regierung eines Staates allzu sehr den Machtgedanken in den Vordergrund stellt, wenn die Gemeinschaft nur sich betont und das Individuum restlos in sich aufnehmen will, wenn das Mittel also seinen eigenen Zweck überwuchert und zum Selbstzweck wird. Demgegenüber regen sich die geistigen Kräfte, die manchem Individuum eine so ungeheure Durchstoßkraft verleihen, und wenden sich gegen ihre Ausschaltung, das heißt gegen das Übersehen der individuellen Elemente, die den Staat bilden. Für alle Zeiten gilt in dieser Beziehung das Wort Humboldts: „Sehnsucht nach Freiheit entsteht daher zu oft erst aus dem Gefühl des Mangels derselben." Die wachgewordenen Kräfte versuchen dann, sich dem Staat gegenüber durchzusetzen. Von dem Zentrum des Ichs aus schieben sie nach allen Seiten die Schranken, mit denen der Staat sie umgeben hat, zurück, und gelingt es ihnen, so ist das Nächste, was sie tun, daß sie dem tatsächlichen Zustande die rechtliche Sanktion zu verschaffen suchen. Dem Staat gegenüber kommt es auf diesem Wege zu der Bildung einer „individuellen Freiheitssphäre". Die Geschichte der Menschenrechte ist nun nichts anderes als der von uns soeben geschilderte Vorgang. Das eigentliche Thema, das überall hinter den Betrachtungen dieses Buches steht, ist daher die Frage nach dem Wesen der zwischen Staat und Mensch bestehenden Beziehung.
125
Knust, op. cit., S. 148. Redslob, op. cit., S. 1 f. 127 Vgl. statt vieler: Potthoff, Heinrich, Verfassungsvater ohne Verfassungsvolk? Zum Problem von Integration und Desintegration nach der Novemberrevolution (1974). 12 * Salander, op. cit., S. I.
126
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
Die Erträge dieser Forschungen wurden auch fur speziellere Fragestellungen wie die nach der Geschichte des Briefgeheimnisses129 oder für neuartigere wie die nach wirtschaftlichen Grundrechten genutzt. Bei der Dissertation von Bayer (1937) über die wirtschaftlichen Grundrechte und -pflichten handelt es sich um eine durchaus solide Arbeit, die von allzu deutlichen Annäherungen an den Nationalsozialismus absieht. Im Kern wird ein Vergleich der Grund- und Menschenrechtsauffassungen und ihrer Unterschiede in England, Nordamerika, Frankreich und Deutschland aufgrund der Untersuchung der bekannten Rechteerklärungen und Verfassungen geliefert. Dabei sieht Bayer vor allem einen auch zeitlich aufeinanderfolgenden Wirkungszusammenhang zwischen der Grundrechtekonzeption in der amerikanischen Revolution, der französischen Revolution und schließlich im deutschen Konstitutionalismus des frühen 19. Jh. Die Grundrechte seien nach Deutschland mit „der sittlichen und politischen Erneuerung Deutschlands nach den napoleonischen Kriegen" aus Frankreich gekommen. Im Gegensatz zu anderen Doktoranden seiner Zeit ist sich Bayer bewußt, daß der Definitionskern der Grund- und Menschenrechte darin liegt, daß sie „vor und über dem menschlichen Gesetzgeber stehen" sowie daß sie „für alle Menschen Geltung haben". Auch fühlt er sich nicht, wie andere, dazu aufgerufen, „fremdes" und/oder „individualistisches" Recht verbal als undeutsch zu brandmarken.130 Universalgeschichtliche Darstellungen waren eher selten geworden, doch Eduard August Schroeder wagte noch einmal einen solchen Versuch für das „Recht der Freiheit" (1901). Die Geschichte des Rechts der Freiheit kam der Geschichte der Verwirklichung jener dem Menschen eingeborenen Freiheit zur praktisch geübten Freiheit gleich. So sei der Schritt vom Töten des Besiegten weg zum Versklaven statt Töten ein erster Schritt auf dieses Ziel hin. Innerhalb Europas war Schroeder um die umfassende Einbeziehung aller Völker bemüht; Rumänen und Ungarn erhalten einen Ehrenplatz in der jüngeren Freiheitsgeschichte, die Slaven werden hingegen negativer beurteilt mit Ausnahme der Serben, Montenegriner und, mit Einschränkungen, der Polen.131 Die implizite These eines permanenten Fortschritts zu mehr Freiheit liegt auch der kulturgeschichtlichen Dissertation von Birckner über die „Freiheit der Gedankenäußerung" zugrunde. Die Geschichte dieser Freiheit ist die Geschichte eines permanenten Kampfes um diese.132 Obwohl Hinweise auf Anfangsgründe der Grund- und Menschenrechte in der Antike Gang und Gäbe waren, wurde selten versucht, diese Hinweise systematisch aus129
Eberhardt, Waldemar, Ursprung und Entwicklung des Brief- und Postgeheimnisses im weiteren Sinne, (Diss. Frankfurt 1929) 1930.
130
Bayer, Hans, Die Entstehung und Bedeutung wirtschaftlicher Grundrechte und Grundpflichten (1776 bis Anfang des 19. Jh.), (Diss.) 1937; hier S. 8 , 1 4 (Hervorhebung von alle durch Bayer selbst), 41,47.
131
Schroeder, Eduard August, Das Recht der Freiheit. Kritisch, systematisch und kodifiziert. Sozialwissenschaftliche Rechtsuntersuchungen, 1901. Birckner, Hans, Die Freiheit der Gedankenflußerung in ihrer rechtshistorischen Entwicklung von der „Zensur" im vorchristlichen Volksstaat bis zur „Pressefreiheit" in der modernen demokratischen Republik, (Diss.) 1923.
132
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zubauen. Eine der Ausnahmen stellt eine Dissertation von Stephan Behr aus dem Jahr 1928 dar, die noch heute wegen ihrer systematischen Konsequenz auffällt.133 Sie fällt auch noch aus einem anderen Grund auf, weil sie zeigt, wie man als junger Wissenschaftler zu beeindruckender Gelehrsamkeit - und zugleich zu grandiosen Irrtümern gelangen kann, die, das sei zugestanden, auch von ganz anderen begangen wurden. In einem ersten systematischen Teil zum Rechtsbegriff (Recht, Naturrecht, Grundrechte) kommt Behr zum Schluß, daß Recht und Naturrecht nicht miteinander vereinbare Konzeptionen seien: „Das Recht ist die Ordnung der Lebensverhältnisse der Gemeinschaft; das soziale Leben selbst aber ist nicht konstant, sondern entwickelt sich dauernd. Und ein solches sich veränderndes soziales Leben ist nicht vereinbar mit einem Recht, das als unveränderlich geordnet gedacht ist."134 Daraus folgt nach weiteren Ausftihrungen: „Da die Grundrechte nichts anderes als qualifiziertes Naturrecht darstellen, so sind sie kein Recht in unserem Sinne."135 Und wenig später: „Aus alledem ergibt sich nur eine Folgerung: Die Zeit der Grundrechte ist philosophisch betrachtet vorbei."(!)136 Behr unterscheidet dabei nicht zwischen Grundrechten und Menschenrechten, er setzt sie gleich, bevorzugt aber den Begriff „Grundrechte". Im zweiten Teil geht der Autor dann der Geschichte der Grund- und Menschenrechte nach, und zwar vor allem am Verhältnis von Naturrecht und Grundrechten. Seine rd. siebzigseitige Skizze fuhrt ihn vom Naturrecht der Griechen und Römer zu dem der christlichen Antike, des Mittelalters, der frühen Neuzeit und schließlich des 19. Jh. Obwohl er am Schluß an die im ersten systematischen Teil gewonnenen „Erkenntnisse" anknüpft, also die Überwindung des Grundrechtedenkens, liefert er doch eine der zeitlich umfassendsten Skizzen der Zeit zur Geschichte der Grund- und Menschenrechte - nämlich seit der Antike (nicht ohne zu differenzieren, aber dies kann hier nicht erörtert werden). Behr scheint jedoch den materiellen Gehalt der Grundrechtelehre zu akzeptieren, sofern dieser in Form positivierten Rechts auftritt: „Die Frage also, ob die historische Schule überhaupt in der Lage ist, Grundrechte aufzustellen, können wir mit Ja und mit Nein beantworten, je nach dem Gesichtspunkt. Verstehen wir unter Grundrechte die alten Menschenrechte, dieses Produkt des Naturrechts, so müssen wir die Frage verneinen. Ist aber unter den Grundrechten jene formelle Auffassung zu verstehen, die sich mit dem bloßen Namen zufriedengibt, die sich mit der Aufnahme in das Staatsgesetz begnügt, ohne zu untersuchen, ob denn diese „Grundrechte" eigentlich noch „Grundrechte" sind, - bei dieser Betrachtung, aber auch nur bei ihr, können wir die Frage bejahen."137
Behr, Stephan, Naturrecht und Grundrechte im Lichte des Systems und der Geschichte der Philosophie, (Diss. Erlangen) 1928. ' Behr, op. cit., S. 25. s Ebd., S. 65. ' Ebd., S. 69. 'Ebd., S. 71.
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
Mit Hans Planitz' „Ideengeschichte der Grundrechte" (1930) kommen wir zu einer der inzwischen klassischen Darstellungen, die den Bogen von der Antike bis an die Schwelle der (seinerzeitigen) Gegenwart schlägt.138 Der Antike fällt die Vorläufer-Rolle zu, besonders hervorgehoben wird das mittelalterliche Italien mit Thomas von Aquin, Marsilius von Padua u.a. Das 16. Jh. interpretierte Planitz eher als Rückschritt in der freiheitlichen Entwicklung, aus dem jedoch neue Ansätze als Gegenbewegung durch die Reformation z.B. in Deutschland und Frankreich hervorgegangen seien. Im 17. Jh. wechselt die Perspektive nach England, sodann kommen Amerika und schließlich Frankreich in den Blick. In Deutschland seien neue Ansätze in der Menschenrechtsentwicklung seit der Mitte des 18. Jh. feststellbar, der eigentliche Entwicklungsschub sei mit und nach der französischen Revolution eingetreten. Planitz zieht damit die Quintessenz aus jener Forschung seit Gierke und Jellinek, die Deutschland im Zusammenhang der westeuropäischen Kultur mit ihren antik-christlichen Wurzeln betrachtete. Ahnliches versuchte noch einmal Hans von Voltelini 1937 in einem längeren Artikel über den „Gedanken der allgemeinen Freiheit in den deutschen Rechtsbüchern", der sich mitnichten nur auf deutsche Rechtsbücher bezieht. Seine dennoch versuchte Betonung deutschrechtlichen Freiheitsdenkens seit dem Sachsenspiegel und versuchte Ablehnung böhmischer Einflüsse auf die Freiheitsforderungen des Bauernkrieges 1525 mutet dabei etwas erzwungen an.139 Bemühten sich diese Schriften um einen wenigstens ideengeschichtlichen Zusammenhang seit der Antike, forderten einige wenige Autoren den mittelalterlichen Beitrag zur Entwicklung der Grund- und Menschenrechte bevorzugt zutage. Andreas Andelfinger promovierte zwar (1920) über den Tyrannenbegriff in der philosophisch-theologischen Literatur des Mittelalters, stellte seine Untersuchung aber nicht ausdrücklich in den Kontext der Grundrechteforschung.140 Dies tat hingegen Robert von Keller mit seiner profunden Studie über „Freiheitsgarantien für Person und Eigentum im Mittelalter" (1933).141 Der Raum, in dem er sich bewegte, reichte von Spanien bis Ungarn, von Italien bis England, recht deutlich zeigte er die Fortschrittlichkeit der Entwicklungen in Spanien im europäischen Kontext lange vor der englischen Magna Charta. Im funfiten Teil widmete er sich wie bisher niemand vor ihm dem Thema „Mittelalterliche Freiheitsrechte und neuzeitliche Grundrechte": (...) soviel kann jedenfalls zu behaupten gewagt werden, daß die mittelalterlichen Freiheiten neben anderen rechts-, wirtschañs- und geistesgeschichtlichen Faktoren einen
"* Planitz, Hans, Zur Ideengeschichte der Grundrechte (1930). Vgl. auch vom selben Autor: Politische Freiheitsrechte. Rede, gehalten bei der feierlichen Übergabe des Rektorates d. Univ. Köln am 16. Nov. 1929, 1930. 139 Voltelini, Hans von, Der Gedanke der allgemeinen Freiheit in den deutschen Rechtsbüchern (1937). 140 Andelfinger, Andreas, Die Entwicklung des Tyrannenbegriffes in der philosophisch-theologischen Literatur des Mittelalters und seine antiken Quellen, (Diss. München) 1920. 141 Keller, Robert von, Freiheitsgarantien fllr Person und Eigentum im Mittelalter. Eine Studie zur Vorgeschichte modemer Verfassungsgrundrechte, 1933.
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wichtigen Einfluß auf die Ausbildung der modernen als Grundrechte' bezeichneten Freiheiten der Person und des Eigentums ausgeübt haben. Dies gilt vornehmlich für das Rechtsphänomen an sich, nämlich die Tatsache, daß Oberhaupt im öffentlichen Recht Sphären der persönlichen Freiheit geschaffen werden und zur staatsrechtlichen Anerkennung gelangen.142 [...] Damit aber ist festgestellt, daß mittelalterliche und moderne Freiheiten schon in ihrem Wesen, nämlich der Selbstbeschränkung obrigkeitlicher Gewalt, Ubereinstimmen.143 [Dazu sei schon im Mittelalter die rechtliche Garantie getreten.] [...] [Auch mittelalterliche Freiheitsrechte seien] in ihrem Grundcharakter subjektive Individualrechte.144 [...] Die Idee der Grundrechte, welche Gestalt sie auch in neuen Staats- und Gesellschaftsordnungen annehmen mag, wird potentiell immer die wesentliche Form rechtlicher Abgrenzung zwischen Gemeinschaft und Individuum bleiben und bedeutet so ein unverlierbares Geschenk des christlich-germanischen Mittelalters an die Rechtsentwicklung der ganzen Welt. An dieser Rechtsform in ältester wie in neuester Zeit mitgearbeitet zu haben, mag der Stolz des deutschen Volkes sein.145
Der etwas pathetische Schluß wird jedoch aufgrund der europäischen Anlage des Buches kaum Anlaß zu Mißverständnissen geben, vielmehr spricht sich von Keller positiv über den individualrechtlichen Schutz zu einem Zeitpunkt aus, wo andere Akademiker dies in Deutschland fur nicht mehr zeitgemäß bzw. überhaupt nicht wünschenswert erachteten. Bevor wir damit zum letzten Punkt dieses Abschnitts kommen, sei noch auf die Forschung über Demokratie, Grund- und Menschenrechte im deutschen 19. Jh. hingewiesen. Arbeiten der Weimarer Zeit aus diesem Themenkomplex dienten z.T. explizit der Absicht, die Weimarer Verfassung nicht als traditionsloses Verfassungssystem in Deutschland erscheinen zu lassen, z.T. widmeten sie sich eher nüchternwissenschaftlich ihrer Aufgabe, was, solange das 19. Jh. diesbezüglich nicht als Irrweg hingestellt wurde, einen ähnlichen Effekt hatte.146 Noch deutlicher wird diese konstruktive Rolle der Forschung zum 19. Jh. nach 1945 (s.u.). Otto Hintze gelang es noch einmal, unter dem Gesichtspunkt der Geschichte der Repräsentatiwerfassung ein abendländisches Panorama zu entwerfen, in das er die deutschen 142
Ebd., S. 263. Ebd., S. 292. 144 Ebd., S. 299. 143
145 144
Ebd., S. 303. S. z.B.: Rapp, Adolf, Der Kampf um die Demokratie in Deutschland seit der großen franzosischen Revolution, 1923; Gabain, Hans, Die rechtshistorischen Grundlagen der Sitze von der Gleichheit aller Deutschen vor dem Gesetze und von der Aufhebung der Standesvorrechte in der deutschen Reichsverfassung von 1919, (Diss.) 192S (auszugsweise gedruckt 192S); Ziehen, Erich, Das Grundrecht der Religionsfreiheit in der Frankfurter Reichsverfassung vom 2g. Marz 1849, (Diss.) 1926; eine kritische Auseinandersetzung mit dem Fehlen von Grundrechten in Preußen vor dem 19. Jh. bei Löden, Paul, Zur Vorgeschichte und Geschichte der preußischen Grundrechte. Ein Beitrag zur preußischen Verfassungsgeschichte, (Diss.) 1929; Kurtze, Eberhard, Die Nachwirkungen der Paulskirche und ihrer Verfassung in den Beratungen der Weimarer Nationalversammlung und in der Verfassung von 1919, 1931. Keinen Bezug zu Weimar hat selbstredend (1912 gedruckt) die Arbeit von AnschQtz, die jedoch wegen ihrer Gründlichkeit genannt sei: Anschütz, Gerhard, Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat. Vom 31. Januar 1850. Ein Kommentar ftlr Wissenschaft und Praxis, Band 1 (mehr nicht erschienen): Einleitung. Die Titel vom Staatsgebiete und von den Rechten der Preußen, 1912.
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Entwicklungen bis in die Weimarer Zeit fest einband.147 Neben der Frage, ob die Repräsentatiwerfassung ein genuin abendländisches oder ein universalgeschichtliches Phänomen sei (was Hintze verneinte), ging es ihm auch um die Wurzeln der Rechtsstaatlichkeit, die er europäisch und nicht nationalgeschichtlich sah, ohne die Heterogenität der Entwicklungen zu verdecken. Unabhängig von den behandelten Themen wird man immer wieder auf zwei sich widersprechende Hauptmeinungstendenzen stoßen - die positiv bewertete Sicht Deutschlands im europäisch-nordamerikanischen Kontext oder die ,Kultivierung' eines deutschrechtlichen Sonderweges.148 Zugespitzt erscheint das Problem in der Anerkennung oder Ablehnung einer individuellen Rechtssphäre gegenüber dem Staat. Das Verhängnis kam sozusagen auf leisen Sohlen daher - mit all denen, die im deutschen Reich Grundrechte sosehr verwirklicht sahen149, daß sie Gründe fanden, das Fehlen eines Grundrechtekatalogs in der Reichsverfassung als Fortschritt par excellence hinzustellen. Friedrich Giese (1^05)150 etwa gab in aller Kürze einen konzisen Überblick über die Geschichte der Grundrechte, in enger Anlehnung an Jellinek; angekommen bei der Verfassung des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reiches begrüßte er, ganz im Gegenteil zu Jellinek, daß keine Grundrechtekataloge mehr aufgenommen wurden. Daß dies eine heilsame Tendenz sei, sah er eindrucksvoll darin bestätigt, daß auch Frankreich, wo die Idee der Menschen- und Bürgerrechte „ihren Ursprung genommen hatte", 1875 keine solche Rechteerklärung in die Verfassung eingestellt hatte.151 Da sich Giese gerade auch mit der französischen Entwicklung im Einklang zu finden glaubte, kann bei ihm sicher noch nicht von Sonderwegsbewußtsein gesprochen werden. Giese war nicht gegen Grundrechte, nicht einmal gegen „die Abgrenzung der Individualsphäre von der staatlichen Sphäre", vielmehr glaubte er, daß deren Schutz in der „Spezialgesetzgebung" viel besser aufgehoben sei.152 Die aufziehende Gefahr wird aus seiner Definition der Grundrechte deutlich, die, indem sie nur in der Perspektive des Ausgangs vom Staat gedacht wird, den Boden der westeuropäischen Entwicklung verläßt: „Unter den sog. »Grundrechten« versteht man den (...) Kreis deijenigen öffentlichrechtlichen Normen, welche der Staat zum Zeichen der Anerkennung einer von seinen Funktionen unberührt bleibenden Freiheitssphäre der seiner Gewalt grundsätzlich unterstehenden Individuen, sich selbst nach diesen 147 141
149 150
151 152
Hintze, Otto, Weltgeschichtliche Bedingungen der Repräsentatiwerfassung (1930). Das gilt z.B. auch für die Wahlforschung. Zur ersteren Tendenz s. Philippson, Johanna, Ober den Ursprung und die Einführung des allgemeinen Wahlrechts in Deutschland, mit besonderer Berücksichtigung der Wahlen zum Frankfurter Parlament im Großherzogtum Baden, (Diss.) 1913; Stier-Somlo, Fritz, Vom parlamentarischen Wahlrecht in den Kulturstaaten der Welt, 1918 (Copyright bereits 1917). Zur SonderwegTendenz s. u.a.: Savigny, Leo von, Das parlamentarische Wahlrecht im Reiche und in Preußen und seine Reform, 1907; Pomtow, Max, Preußen und das Reichstagswahlrecht. Ein Wort in elfter Stunde, 1917. Vgl. noch einmal die weiter oben schon zitierten Stellen. Giese, Friedrich, Die Grundrechte, (Diss.) 1905. In der Grundhaltung gleichziehend: Münchhausen, Hans Georg Frhr. von, Die Grund- und Freiheitsrechte im geltenden preußischen Recht, (Diss. Leipzig) 1909. Ebd., S. 21. Ebd., S. 24.
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Richtungen hin beschränkend, schafft, und deren Anwendung bei sämtlichen Verwaltungshandlungen er seinen Organen zur Pflicht macht, auch nötigenfalls zwangsweise durchsetzt."153 Dies war 13 Jahre vor Gründung der Weimarer Republik. Die möglichen Zwischentöne und verhängnisvollen Irrtümer haben wir im Verlauf dieses Abschnitts über die Zeit nach Jellinek kennengelemt. Einer Auffassung, wie sie Giese vertrat, hatte Carl Schmitt in seiner erstmals 1928 erschienenen Verfassungslehre noch widersprochen.154 In §6 stellte er rein sachlich die Geschichte der Verfassung unter Berücksichtigung der historischen Rechteerklärungen dar. In §14 äußerte er sich zu den Grundrechten und ihrer Geschichte und betonte den vorstaatlichen und vorpositiven Charakter der „echten Grundrechte".155 In diesem Zusammenhang wies er auf die mißverständliche Ausdrucksweise der Weimarer Verfassung hin, die z.B. beim Recht der Meinungsfreiheit den Eindruck erwecken könne, dieses Recht sei ein grundsätzlich begrenztes Recht, während es doch prinzipiell aus der unbegrenzten Freiheit des Einzelnen entspringe. Ausgesprochene Begrenzungen seien ein Zusatz zum Grundrecht, verkörperten aber nicht das Wesen des fraglichen Rechts. Schmitt bewahrte den Grundrechten ihren Charakter als „individualistische Freiheitsrechte", von denen er die „demokratischen Staatsbürgerrechte" abhob. Zum besseren Verständnis entwarf er ein tabellarisches Schema mit vier Rubriken, das von den „Freiheitsrechten des isolierten Einzelnen" bis zu den „sozialen Rechten und Ansprüchen des Einzelnen auf Leistungen des Staates" reichte.156 Das war, bevor er sich nur wenige Jahre später mit den Nationalsozialisten einließ.157 1933 publizierte Ernst Rudolf Huber einen fast 100 Seiten langen Aufsatz zum Thema „Bedeutungswandel der Grundrechte".158 Huber setzte sich mit der Weimarer Verfassung auseinander. Der größere Teil des Aufsatzes bezieht sich auf einen Vergleich des Grundrechtekonzepts in dieser Verfassung mit den „altliberalen Grundrechten" (so Huber), wie sie aus der französischen Revolution und dem Liberalismus des 19. Jh. hervorgegangen waren. Huber bescheinigte resümierend der Weimarer Verfassung, daß sie sich vom „allgemeinen Menschenrecht" abgekehrt und dem „nationalen Bürgerrecht" zugewendet habe.159 Für ihn stellte diese Verfassung den Ansatzpunkt zu einem dritten Weg zwischen dem französischen Staat (der Revolution) und dem „totalen Staat des bolschewistischen Absolutismus" dar: „Die Bedeutung der Weimarer Grundrechte besteht darin, daß sie gegenüber dem liberalen wie gegenüber dem totalen Staat der angemessene Ausdruck für die Idee des nationalen Ebd., S. 76. Schmitt, Carl, Verfassungsichre, 1928 (das Folgende nach der 4. unver. Aufl. 1965). ' " E b d . , S. 166 f. 156
Ebd., S. 168-170, Schema S. 170. Zur Entwicklung der Lehre von C. Schmitt vgl. trotz zahlreicher jüngster Veröffentlichungen, die das neuerwachte Interesse an Schmitt widerspiegeln, immer noch Hotmann, Hasso, Legitimität gegen Legalität. Der Weg der politischen Philosophie Carl Schmitts, 1964 (2. Aufl. 1992). 151 Huber, Emst Rudolf, Bedeutungswandel der Grundrechte (1933). 159 Ebd., S. 83. 157
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
Volksstaates sind."160 Ebensowenig wie Giese war er gegen Grundrechte, er betonte sogar ihren verfassungsrechtlichen Charakter ganz besonders, aber er versuchte, alles Trennende zwischen Staat und Individuum, das dem Verständnis von Grundrechten als Abwehrrechten des Individuums zugrundelag, zu,überwinden'. Mit Giese und Huber als zwei markanten Juristen, die ihre Positionen in voller Kenntnis des damaligen Wissensstandes über die Geschichte der Grund- und Menschenrechte vertraten, bewegen wir uns auf der Ebene einer dichten juristischen Diskussion, die im Glauben, eine zeitgemäße Fortentwicklung des Grundrechtedenkens zu leisten, die Spitzen eines Diskurses sichtbar werden läßt, der von der historisch nachgewiesenen Integration der deutschen Rechts- und Verfassungsentwicklung in westeuropäische Entwicklungsprozesse immer weiter weg führte. Es rächte sich auch, daß Grundrechte im Sinne vorpositiver Menschenrechte keine gute Presse gehabt hatten, ja sogar ein Gegensatz zwischen Grundrecht und Naturrecht gesehen worden war. Hans Thiemes Versuch von 1936, das Naturrecht des 18. Jh. als Forschungsgegenstand zu rehabilitieren', konnte in seiner Zeit die Meinungsströme nicht umbiegen, sondern fand erst nach 1945 Fortsetzer, nicht zuletzt in ihm selbst.161 Sehr bald nach der nationalsozialistischen Machtergreifung präsentierte sich eine ganze Garde von Doktoranden, die sich der Geschichte der Grundrechte auf ihre Weise annahm. „Für deutsches Recht gegen römisches Recht"162, „Gemeinnutz vor Eigennutz" dozierte Hans Lämmel163, Günther Hagenlocher rückte den „Wandlungen des Eigentumsbegriffes" ausgehend beim Problem des „arteigenen und artfremden Rechts des deutschen Volkes" zu Leibe164, Heinrich Oesterreich kritisierte Fichte: „Freilich sind die hier gewonnenen Ergebnisse für das völkische und in sich organisch differenzierte Gemeinschaftsinteresse noch unzureichend. So hat sich Fichte vor allem, trotz beachtenswerter Ansätze, noch nicht zum wahren Begriff der Nation und der lebendigen Volksgemeinschaft durchgerungen. Aber trotz seiner ursprünglichen Befangenheit im Individualismus ist es Fichtes unbestreitbare Leistung gewesen, als erster in der deutschen Philosophie den Uebergang zum Gemeinschaftsdenken vollzogen zu haben, obschon er auch hierin eben nur Uebergang geblieben ist."165 Günther Absalon argumentierte gegen den individualistischen Eigentumsbegriff, der erst durch das dem deutschen 160 141
1(2
163
164
Ebd., S. 89. Thieme, Hans, Die Zeit des späten Naturrechts. Eine privatrechtsgeschichtliche Studie (1936); ders., Das Naturrecht und die europäische Privatrechtsgeschichte, 1947, M954. Zu diesen und anderen Positionen der Rechtswissenschaft unter dem Nationalsozialismus (u.a. römisches Recht und Eigentumslehre) s. den Sanunelband Stolleis, Michael/Simon, Dieter (Hg.), Rechtsgeschichte im Nationalsozialismus, 1989. Lämmel, Hans, Der Begriff des Eigentums im Allgemeinen Landrecht fllr die Preußischen Staaten, im bürgerlichen Gesetzbuch und im nationalsozialistischen Staate, (Diss. Erlangen, bei Eugen Locher) 1935. Hagenlocher, Günther, Wandlungen des Eigentumsbegriffes in der deutschen Rechtsauffassung und Gesetzgebung, (Diss, bei Walter Jellinek) 1935. Oesterreich, Heinrich, Freiheitsidee und Rechtsbegriff in der Philosophie von Johann Gottlieb Fichte, (Diss. Göttingen 1935) 1935, Zitat S. 97.
1. Historiographie
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Rechtsbegriff „fremde" römische Recht eingeführt worden sei. „Das individualistische römische Recht, dessen Ausgangs- und Mittelpunkt der unverbundene Einzelmensch und seine subjektive Berechtigung waren, stand in einem unbedingten Gegensatz zum deutschen Recht." Die nationalsozialistische Gesetzgebung sah er als endlich prinzipielle Gegenbewegung gegen diesen „fremden" Eigentumsbegriff, der zuletzt noch durch die starke Repräsentanz von Romanisten bei der Ausarbeitung des Bürgerlichen Gesetzbuches festgeschrieben worden sei.166 Die Zielbeschreibung der Dissertation überrascht kaum: „Der Zweck der vorliegenden Arbeit soll nun sein, darzustellen, daß der durch die nationalsozialistische geschaffene Eigentumsbegriff auf Grund der in Jahrhunderten deutscher Rechtsgeschichte gesammelten Erfahrungen der dem deutschen Wesen am meisten entsprechende ist. Wenn wir im Laufe der Untersuchungen dann feststellen müssen, daß dieser Eigentumsbegriff im Grunde nur eine Wiederentdeckung des Eigentumsdenkens unserer ältesten Vorfahren darstellt, so ist dies ein Zeichen dafür, daß wir uns hier seit der Entfernung von der alt-germanischen Eigentumsauffassung nur in einem Zustand ungesunder Entwicklung befunden haben, deren Folgen für immer zu beseitigen die Aufgabe nationalsozialistischer Rechtsgestaltung sein wird."167 Noch weiter ging Hans Karl Leistritz. Seine Hitlerverehrung, die er glaubte, in der Dissertation ausbreiten zu müssen, entsprach seinen politischen Ambitionen als Mitglied in der Reichsführung der Deutschen Studentenschaft.168 Leonhard Koziol zeigte, wie man trotz eines so verfänglichen Themas wie der „Dogmengeschichte der Widersetzung gegen die Staatsgewalt" seine Hitlertreue nachhaltig beweisen konnte.169 In einer Arbeit über Meinungs- und Pressefreiheit knüpfte Walter Schubert noch einmal an Jellinek an, benutzte auch, wie es sonst nurmehr höchst selten geschah, den Begriff „Menschenrecht", entpuppte sich schließlich jedoch als Gegner der Pressefreiheit und Anhänger des Nationalsozialismus.170 „Die Freiheit eines Volkes ist das in seinem Seelentum, dem blutsbestimmten, Charakter dieses Volkes, verwurzelte tiefste Motiv (...)", usw. ersparen wir uns weitere Zitate aus Hermann Flickenschilds „Freiheitsidee des Politischen".171 Nachdem Wilhelm Ihde den Menschenrechtsgedanken mit dem „dekadenten und pathologischen Menschentyp" verbunden hat, verneint er die 166
Nach Bender, Peter, Die Rezeption des römischen Rechts im Urteil der deutschen Rechtswissenschaft (Diss. 19SS), 1979, S. 79, drohte seinerzeit bei der Ausarbeitung des BGB eher das Gegenteil. Zur Diskussion um deutsches versus römisches Recht im Vorfeld des BGB s. John, Michael, Politics and the Law in Late Nineteenth-Century Germany. The Origins of the Civil Code, 1989, besonders in Kap. 5, S. 108 ff. 167 Absalon, Günther, Die geschichtliche Entwicklung des Eigentumsbegriffes und seine Gestaltung durch die nationalsozialistische Gesetzgebung, 1936 (Diss, bei Planitz und Nipperdey), Zitat S. 48. "* Leistritz, Hans Karl, Der Rechtsbegriff Eigentum. Geschichte und Aufgabe, (Diss, bei Forsthoff und Wieakker) 1936; vgl. ebd. abgedruckten Lebenslauf. 169 Koziol, Leonhard, Zur Dogmengeschichte der Widersetzung gegen die Staatsgewalt, (Diss. Breslau) 1938. 1,0 Schubert, Walter, Freie Meinungsäußerung, freie Presse, Entstehung und Untergang eines liberalen Prinzips, 1939. 171 Flickenschild, Hermann, Die Freiheitsidee des Politischen. Sein Bereich im Werden des deutschen Volkes, (Diss.) 1940.
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
Entwicklung ausgesprochener Menschenrechte in Amerika sowie ein Bedürfnis der Bevölkerung danach. Das hindert ihn nicht, sich ausführlich mit der Frage zu befassen, wer denn zuerst eine Menschenrechtserklärung verfaßt habe. Deutschland wird als Bollwerk unter preußischer Führung gegen die Verirrungen von 1789 dargestellt.172 Verlassen wir den deutschen Forschungsnachwuchs an diesem Punkt und wenden uns der Entwicklung in Frankreich im Zeitraum von der Republikgründung bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs zu. 1.6.2. Frankreich vom Centenaire bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges Eine anonyme Quellenausgabe der drei Menschenrechtserklärungen der Revolution (1789/91, 1793, 1795) aus dem Jahr 1877 charakterisierte die bevorstehende Aufgabe ebenso treffend wie symptomatisch: Au moment où tous les monarchistes sont unis dans leur haine commune contre la démocratie et voudraient nous faire reculer au-delà de 89, nous croyons utile et même nécessaire de remettre sous les yeux des Français, aussi bien que tous les peuples, les Déclarations des Droits de l'Homme et du Citoyen, bases fondamentales et notre organisation civile et politique.173 Weder die Menschenrechtserklärung von 1789 (oder 1793 oder 1795) noch eine evtl. neu formulierte zierten die Verfassungsgesetze der Dritten Republik. Anders als in Deutschland, wo die Reichsverfassung ebensowenig z.B. die Grundrechte der Paulskirche in einem expliziten Katalog aufführte, setzten sich in Frankreich die Anhänger der Republik gewissermaßen für die moralische Geltung der Menschenrechtserklärung(en) ein. Sie gaben sich nicht mit der Meinung zufrieden, daß die Grund- und Menschenrechte in den Gesetzen an sich bzw. in „Spezialgesetzen", um den Ausdruck der zeitgenössischen deutschen Diskussion zu übernehmen, gewahrt seien. Die Möglichkeit, an ein Revolutionsjahr 1789 anzuknüpfen, war in Deutschland nicht gegeben, auch das Paulskirchenjahr 1848 bildete keine ,Urerfahrung', wie seinerzeit 1789 und die Déclaration in Frankreich. Die Republikanhänger in Frankreich nutzten diese Möglichkeit, der Wille der Regierung, das Centenaire der Revolution zu feiern174, die Einrichtung eines Lehrstuhls für Revolutionsgeschichte in Paris und schließlich die Trennung von 172
Ihde, Wilhelm, Wegscheide 1789. Darstellung und Deutung eines Kreuzweges der Europäischen Geschichte, 3. Aufl. 1941.
173
[Anonym], Les Déclarations des droits de l'homme et du citoyen. 1789-91 - 1793 - 1795, Paris 1877 (BN Lb 5 7 .6733).
174
Hätte die deutsche Reichsregierung 1898 50 Jahre Paulskirche feiern wollen...? Zum Centenaire und seiner Indienststellung ftlr ein neues republikanisches Bewußtsein s. Ory, P., Le Centenaire de la Révolution française (1984); Nieto, Philippe, Le Centenaire de la Révolution dauphinoise. Vizille, un mythe républicain, 1988; Kok-Escalle, Marie-Christine, Instaurer une culture par l'enseignement de l'histoire de France 18761912, 1988, S. 56 ff.
1. Historiographie
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Staat und Kirche unterstützten ihr Anliegen nachhaltig. Die Idee der Menschenrechte stieß in Frankreich nicht auf ungeteilte Zustimmung, gerade bei der katholischen Kirche blieb die (erst im Herbst) 1789 geborene Skepsis bzw. Ablehnung weiter bestimmend175, die Affäre Dreyfus spricht für sich, aber es gab eine breite Strömung, die die Verbindlichkeit der Menschenrechtsidee fur Frankreich, mehr noch, die Identifikation Frankreichs mit dieser Idee propagierte. Im übertragenen Wortsinn wurde vor allem die Déclaration von 1789 (weniger die von 1793, obwohl es versucht wurde, und noch weniger die von 1795) zu einem lieu de mémoire in Frankreich. Am 17. Mai 1901 verabschiedete das französische Parlament eine Verordnung, die den Schulen, den katholischen und protestantischen Kirchen, den Synagogen, Kasernen, Rathäusern und Ministerien den Aushang der Déclaration zur Auflage machte.176 Wie am oben zitierten Text abzulesen, war das über Frankreich hinausgehende Sendungsbewußtsein der Revolutionszeit wiedererwacht. Gestärkt wurde diese Strömung durch den französischen Protestantismus, der sich wachsende Verwirklichungsmöglichkeiten erschloß und auf die Protestantismusforschung ausstrahlte. Hier erstand dem französischen Menschenrechtsgedanken neben der Revolution in der Forschung eine zweite nationale historische Wurzel. Damit sind zugleich die Schwerpunkte der französischen Forschung zur Geschichte der Menschenrechte umrissen. In beiden Schwerpunkten spielt die an Einzelpersönlichkeiten von Gerson bis Sieyès und Condorcet orientierte Forschung eine gewichtige Rolle. Die Bedingtheit der historischen Menschenrechtsforschung in brennenden zeitgeschichtlichen Erscheinungen tritt noch deutlicher vor Augen als in Deutschland. Bevor die Kontroverse Jellinek/Boutmy die Frage nach dem historischen Herkommen der Menschenrechtserklärung in den Vordergrund drängte, wurden zahlreiche kommentierte Editionen der drei Erklärungen der Revolution publiziert. Historische Fragestellungen standen dort eher im Hintergrund, das Ziel war die Popularisierung des Menschenrechtsgedankens insbesondere auch in den und über die Schulen, dennoch wurde selten auf historische Einleitungen verzichtet. Hier konnten weit auseinanderliegende Meinungen vertreten werden. Der Lyoner Professor Alexis Bertrand veröffentlichte 1900 einen Band zur Déclaration von 1789 (der seinen Angaben zufolge auf drei im Jahr 1889 veröffentlichte Aufsätze zurückging), in dem er auf die antiken Ursprünge der Geschichte der Menschenrechtsidee verwies und davor warnte, diese als spontanes, plötzlich aufgetretenes Phänomen zu verstehen.177 Völlig gegenteilig stellte eine Schrift der „Ligue Française pour la défense des droits
175
S. u.a. Brugerette, Joseph, La déclaration des droits de l'homme et la doctrine catholique, 1902; Moisant, Xavier, Les droits de l'homme et du citoyen. La légende des principes simples (1912); Droits de Dieu et droits de l'homme, 1989; Chaunu, Jean (Hg.), Pie VI et les evêques français. Droits de l'Eglise et Droits de l'Homme, 1989.
176
Hinweis von F. Lamaude in seinem Vorwort zur französischen Jellinek-Ausgabe. Bertrand, Alexis, La déclaration des droits de l'homme et du citoyen en 1789. Introduction à l'enseignement civique, 1900 (BN Lb 57 .12856).
177
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
de l'homme" von 1900 die Lage dar, dort stehen sich der (angebliche) Despotismus des Ancien Régime und die heilbringende Déclaration von 1789 unversöhnlich gegenüber. 178 Die Lehrbuchautoren Léon Bourgeois und Albert Métin führten die Menschenrechtserklärung im wesentlichen auf die Aufklärungsphilosophie zurück und gestanden umstandslos ein, daß die französische Erklärung nicht die erste und einzige gewesen sei, „mais elle est la plus claire, la plus complète, la plus généreuse enfin, car elle n'est pas faite seulement pour les Français, elle est faite pour l'Humanité toute entière." 179 Ähnlich war die Haltung Henri Genevois', dessen Name mit der Einfuhrung der Menschenrechtserklärung in die Schullehrpläne verbunden ist. Er fügte jedoch in bemerkenswerter Klarheit hinzu: „La Déclaration, c'est le droit humain opposé au droit divin." 180 Ein vierseitiges Flugblatt von 1903 unter dem Titel „Déclaration des droits de l'homme" hingegen bezieht sich auf die Artikel 6 und 10 der Erklärung von 1789 und argumentiert mit diesen Artikeln fur den Erhalt der Kongregationen in Frankreich sowie gegen den, wie es heißt, Gesetzesbruch der Regierung.181 Mit Emile Walch's solider thèse über die Menschenrechtsdiskussion in der Constituante (1903) 182 kehren wir - damit zugleich dem Wunsch dieses Autors folgend - auf den Boden der Wissenschaft und zu den Wirkungen der Kontroverse Jellinek/Boutmy zurück. Walch setzt sich mit Jellineks (und Boutmys) Thesen ausfuhrlich und jenseits aller Polemik auseinander. Seine Feststellung „nous ne comprenons pas bien l'intention de M. Jellinek" 183 bezieht sich zwar darauf, daß nicht klar sei, ob Jellinek die Geschichte des Prinzips Menschenrechte oder die Geschichte des Prinzips Menschenrechtserfc/äru«g haben darstellen wollen, ist aber darüber hinaus symptomatisch dafür, daß in der Tat Jellineks .tiefere', oben erläuterte, gegenwartsbezogene Intention nicht entschlüsselt wurde. Walch, wie auch schon Boutmy, verweist daneben auf Paul Janets „Histoire de la science politique" (3. Aufl. Paris 1883), der dort auf die fernen Ursprünge der Menschenrechtsidee schon in den Frühzeiten der menschlichen Zivilisation kurz eingegangen sei, insoweit der breite Ansatz von Jellinek also nichts Neues erbringe. Wir hatten schon
"* Ligue Française pour la défense des droits de l'homme (Hg.), La Déclaration des Droits de l'Homme et l'Ancien Régime. Conférence faite ì l'Assemblée générale du 10 avril 1900 par un membre du comité, 1900 (BN Lb 57 .13246). 1,9 Bourgeois, Léon V. A./Métin, Albert (Hg.), Déclaration des droits de l'homme et du citoyen, 1789, expliquée et accompagnée de lectures, 1901 (BN Le 2 9 .2192), Zitat S. 9. 1,0 [Genevois, Henri], La Déclaration des droits de l'homme et du citoyen. Son texte mis i la portée de tous par un commentaire explicatif, 1902 (vom Verlag wird S. 60 ff. der Kommentar als auf Aufzeichnungen H.G's. basierend bezeichnet) (BN L e ^ . 2191). Zitat S. 5. Weiteres Werk mit pädagogischer Zielsetzung: Chantavoine, Henri, Les Principes de 1789 (la déclaration des droits, la déclaration des devoirs), 1906. S. auch die Quellensammlung: La déclaration des droits de l'homme et du citoyen (1789). Texte de la déclaration. Antécédents (déclarations américaines), préparation, discussion et adaption..., 1900. 181 [Anonym], Déclaration des droits de l'homme (vierseitiges Flugblatt), Tourcoing 1903 (?) (handschriftl. Eintrag: 2000 gedruckte Exemplare) (BN Lb 5 7 .14187). 1,2 Walch, Emile, La déclaration des droits de l'homme et du citoyen et l'assemblée Constituante, 1903. Ebd., S. 223, Hervorhebung von mir.
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gesehen, daß dieser weite Horizont im 19. Jh. durchaus gängig und auch anderswo als in einer Geschichte der politischen Wissenschaft nachzulesen war. Wenig später folgten, ähnlich wie in Deutschland, weitere Studien (vorzüglich thèses) zur Geschichte der Erklärung, etwa die von Marcaggi (1904)184, von Grondin (1920), der sich ausfuhrlich mit dem Lockeschen Esprit des französischen Menschenrechtsgedankens auseinandersetzte185, oder von Leprêtre (1926), der die Déclaration in den Zusammenhang der westeuropäischen frühneuzeitlichen Entwicklung stellte.186 Sweden Fang (1938) lehnte hingegen die These ab, daß mit der Reformation der Anfang für die Entwicklung der Menschenrechte gemacht worden sei, Jellinek wird auf die These vom germanischen Ursprung der Menschenrechte verkürzt.187 Anläßlich des 15 Osten Jahrestages der französischen Revolution schließlich hielt Albert Bayet dem deutschen und italienischen Faschismus sowie dem flügellahmen Frankreich die Menschenrechte als Errungenschaft von 2000 Jahren westlicher Zivilisation entgegen, in deren Verlauf die Déclaration sicher einen Kulminations-, zugleich auch einen Wendepunkt markiert habe.188 Danach sind bis 1945 keine weiteren Monographien über die Déclaration in Frankreich entstanden.189 Die Verbindungslinien mit den amerikanischen Erklärungen wurden selten völlig in Frage gestellt, auch wenn man bedacht war, den französischen .Beitrag zur Menschheitsgeschichte' deutlich hervorzuheben. Aulards ausgewogene Haltung in seiner „Politischen Geschichte der Französischen Revolution" (1901) ist repräsentativ.190 Dasselbe gilt hinsichtlich der Frage, inwieweit es vor der Déclaration eine Geschichte der Menschenrechte gegeben habe. Zumeist wurde ein größerer historischer Zusammenhang zurück bis ins 16. Jh. oder zurück bis in die Antike durchaus gesehen. Zumindest für die frühe Neuzeit bereitete es wenig Schwierigkeiten, zeitliche Zusammenhänge vor allem im Rahmen der französischen Geschichte aufzuzeigen. Über die praktischen Konsequenzen auf das französische Rechtsleben, fur die Achtung der Menschenrechte im Land und fur die Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen im Ausland kann man geteilter Meinung sein. Das in verschiedenen (akademischen) Schriften kultivierte menschheitliche Sendungsbewußtsein gäbe Anlaß zu Fragen nach Versäumnissen, dennoch ist es nach so intensiver Arbeit am nationalen Gedächtnis sicher kein Zufall, daß der Franzose René Cassin nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die Arbeit an der 114 1.5
1.6 1.7
1,9 1,0
Marcaggi, Vincent, Les origines de la déclaration des droits de l'homme de 1789,1904, 2 1912. Grondin, Max, Les doctrines politiques de Locke et les origines de la déclaration des droits de l'homme de 1789, (Diss.) 1920 [BN 8° F. 27432 (microfiche m. 7962)]. Den „Lockeschen Esprit" machte 1988 S. Rials zur zentralen These seines umfangreiches Buches über die Erklärung von 1789 (s.u.). Leprêtre, Charles, Les déclarations des droits et le droit de la constitution, (Diss.) 1926 (BN 8°F. 32619). Fang, Sweden, Etude sur les déclarations des droits, 1938. Bayet, Albert, Histoire de la déclaration des droits de l'homme, 1939. Ausweislich meiner Recherchen, die durch die Bibliographie von Birtsch et al. bestätigt werden. Aulard, Alphonse, Politische Geschichte der französischen Revolution. Entstehung und Entwicklung der Demokratie und der Republik 1789-1804 (frz.: 1901), 2 Bände, 1924.
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Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO entscheidend beeinflussen konnte. Wenn die frühe Neuzeit einen guten Platz in der Forschung zur Geschichte der Menschenrechte und der Vorgeschichte der Déclaration auch in Frankreich erhielt, war dies zum einen im Lauf des 19. Jh. schon vorbereitet worden, zum andern etablierte sich eine dichte protestantische Forschung zum Toleranzproblem, zu Fragen der Gewissens- und Religionsfreiheit u.ä. Die bemerkenswerteste Tendenz ist wohl die, die Autoren wie Henri Amphoux, Henry Lureau, Paul Méaly sowie NathanaëlEmile Weiss repräsentieren, in der die Reformationsepoche (vorwiegend die französische ist gemeint) als eine Wegbereiterin der Demokratie erscheint.191 Darüber läßt sich trefflich streiten - der Hintergedanke, dem französischen Protestantismus einen Platz in der guten Stube der Begründer des französischen Republikanismus zu verschaffen, ist offensichtlich. Richtig ist aber, was mehrfach herausgearbeitet wurde, daß sich das 16. und das aufgeklärte 18. Jh. oftmals näher standen als das 17. und 18. Jh. Dies hatten auch schon die Aufklärer verspürt, die ja manche Schrift des 16. Jh. wieder wohlwollend ans Tageslicht hoben. Entsprechend geringere Aufmerksamkeit wurde dem 17. Jh. zuteil192, während Gaston Bonet-Maury (1900-1912)193, der teilweise ins Deutsche übersetzt wurde, den Bogen vom Mittelalter bis in seine Zeit spann, oder Matagrin (1905)194 und Thélin (1917)195 sowie Chérel (1941/42)196 das Thema der Toleranz und Religionsfreiheit aus der Altertumsgeschichte her entwickelten. Universalgeschichtliche Ansätze blieben selten. René Gonnard untersuchte die Entwicklung des Eigentums aus anthropologisch-universalgeschichtlicher Sicht, bevor er auf die Verwirklichung des Individualrechtes auf Eigentum z.B. in Frankreich zu sprechen kam.197 Nicht unwichtig erscheint ein gedruckter Vortrag von Emile Boutroux über die Freiheitsidee in Frankreich und Deutschland (1915/16), der sozusagen ein Gegenstück zu der etwas jüngeren Arbeit von Hölzle über die altgermanische Freiheit darstellt.198 „L'idée française de la liberté n'est pas une invention mo191
1,2
Amphoux, Henri, Michel de l'Hôpital et la liberté de conscience au XVI e siècle, 1900; Lureau, Henry, Les doctrines démocratiques chez les écrivains protestants français de la seconde moitié du XVI e siècle (Junius Brutus - François Hotman), (Diss.) 1900; Méaly, Paul-F.-M., Origines des idées politiques libérales en France. Les publicistes de la Réforme sous François II et Charles IX, 1903 (Diss, an der Fac. de Théol. Protestante Univ. Paris); Weiss, Nathanaêl-Emile, La démocratie et le Protestantisme, l'origine et les étapes historiques des droits de l'homme et des peuples, 1924 und 1935 (letztere eingesehene Ausgabe). Vgl. jedoch Bouchez, Ferdinand, Le mouvement libéral en France au XVII e siècle (1610-1700), 1908 (Univ.
de Lille, Fac. de Droit, Diss.). Bouchez betont besonders die Aktion der Parlamente während der Fronde. Bonet-Mauiy, Gaston, La liberté de conscience en France depuis l'édit de Nantes jusqu'à juillet 1870, 1900; ders., Les précurseurs de la réforme et la liberté de conscience dans les pays latins du XII e au X V e siècle, 1904; ders., La liberté de conscience en France depkis l'édit de Nantes jusqu'à la séparation, 1598-1905, 1909; ders., Die Gewissensfreiheit in Frankreich vom Edikt von Nantes bis zur Gegenwart, 1912. 154 Matagrin, Amédée, Histoire de la tolérance religieuse. Evolution d'un principe social, 1905. 195 Thélin, Georges, La liberté de conscience, 1917. "* Chérel, Albert, Histoire de l'idée de tolérance (1941-1942). 197 Gonnard, René, La propriété dans la doctrine et dans l'histoire, 1943.
193
"* Boutroux, Emile, L'idée de liberté en France et en Allemagne, 1916 (Vortrag vom 5. Dezember 1915).
1. Historiographie
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derne, c'est le fruit de la double tradition gréco-romaine et chrétienne. [...] Nourrie de cette double tradition, la pensée française s'est fixée dans une idée de la liberté qui apparaît sensiblement identique dans la conscience du peuple et dans les livres et discours des savants et des politiques." Die französische Auffassung von Freiheit sei individualistisch. Auch die deutsche Idee der Freiheit basiere auf Tradition, aber es handele sich um eine strikt deutsche Tradition. „La liberté, selon la conception allemande, est ainsi l'union parfaite de l'individu avec le Tout (...) [...] Etre libre, pour un Allemand, c'est être exclusivement Allemand, c'est agir uniquement pour l'Allemagne et par l'Allemagne." 199 Die Funktion der geschichtlichen Erkenntnis von Menschenrechten ist in Frankreich für die Zeit seit der Gründung der Dritten Republik bis in die Epoche des Zweiten Weltkriegs ziemlich eindeutig zu bestimmen: sie diente der nationalen Identifikation mit demokratisch-republikanischen Werten. Über den Erfolg in der Zeit selbst ist zu streiten. Roman Schnur verwies darauf, daß nicht nur die Weimarer Republik, sondern auch die französische Republik über den Weg eines Ermächtigungsgesetzes (10. Juli 1940) endete 200 , die Kollaboration wirft zahllose Fragen auf, ohne daß hier im einzelnen darauf eingegangen werden könnte.
1.7. Zweierlei Neuanfang nach 1945 In diesem letzten Abschnitt Uber die Grund- und Menschenrechte als historisches Erkenntnisobjekt wird die Literatur stärker resümiert werden, als in den ersten Teilen, weil das meiste wegen seiner anhaltenden Forschungsrelevanz als besser bekannt vorausgesetzt werden kann. 1.7.1. Deutschland Der Kern der unterschiedlichen Beweggründe, aus denen heraus je in Deutschland bzw. Frankreich über die Geschichte der Grund- und Menschenrechte zwischen der Republik- bzw. Reichsgründung und der Epoche des Zweiten Weltkrieges nachgedacht worden ist, läßt sich am besten mit Gerhard Ritters Worten in der Historischen Zeitschrift von 1949 formulieren 201 : Wir wissen jetzt: daran, daß der Glaube an die Menschenrechte echt ist, daran, daß sie Wirklichkeit sind, daran hängt nichts geringeres als der Fortbestand abendländischer Kultur oder schlichter gesagt: davon hängt es zuletzt ab, ob das Leben auf dieser alten europäischen Erde noch lebenswert bleiben wird oder nicht.
"* Zitate S. 7 , 1 0 , 2 0 , 2 2 . Schnur, Roman, Vive la République oder Vive la France, 1982, hier: Das Ende einer Republik. Der 10. Juli 1940 in Vichy, S. 9-37. 201 Ritter, Gerhard, Ursprung und Weser der Menschenrechte (1949), hier S. 233. 200
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
In Frankreich hatte sich, wie gezeigt, ein gewichtiger Personenkreis in Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit diesen Glauben bewahrt und nicht zuletzt in der Forschung offensiv vertreten. Ritter hob bei seinen anschließenden Überlegungen zur Geschichte der Menschenrechte besonders das Christentum hervor, wie er es auch noch einmal in einem weiteren Aufsatz in der Zeitschrift „Zeitwende" kurz danach tat.202 Es ist nicht zu verkennen, daß in der bundesrepublikanischen Forschung seitdem zahlreiche Publikationen zum Thema „Christentum und Entstehung der Menschenrechte" vorgelegt werden, die versuchen, die zentrale Bedeutung der Menschenwürde für den Menschenrechtsgedanken herauszuarbeiten.203 Diese nunmehr besonders auch von katholischer Seite betriebenen Studien holen bis zu einem gewissen Grad nach, was der im Kulturkampf des späten 19. Jh. ins wissenschaftliche Hintertreffen geratene Katholizismus nicht zu leisten vermocht hatte.204 Die generelle Zurückhaltung der Päpste seit der Déclaration von 1789 gegenüber der weltlichen Idee der Menschenrechte und die damit verbundenen dogmatischen Fesseln sind erst nach 1945 wirklich aufgegeben worden. In der Person Ritters wird auch eine Verbindung zum Grundrechtsdenken des deutschen Widerstandes sichtbar. Wie weit solche Verbindungslinien über Ritter hinaus anzusetzen sind, wäre genauerer Nachforschung wert.205 Schon 1946 erschienen erste Anthologien und Darstellungen zur Geschichte der Freiheit in Deutschland206, zügig folgten Zeitschriftenartikel, z.B. in „Die Friedens202
Ritter, Gerhard, Die Menschenrechte und das Christentum (1949/50). Vgl. auch einen dritten Aufsatz von G. Ritter: Wesen und Wandlungen der Freiheitsidee im politischen Denken der Neuzeit (1948/49).
203
Zu nennen sind u.a. in chronologischer Reihenfolge: Höffiier, Joseph, Christentum und Menschenwürde. Das Anliegen der spanischen Kolonialethik im Goldenen Zeitalter, 1947 (weitere Auflagen: 2. Aufl. 1969 u.d.T.: Kolonialismus und Evangelium. Spanische Kolonialethik im Goldenen Zeitalter); Wimmer, August (Hg.), Die Menschenrechte in christlicher Sicht, 1953; Heberer, Ottmar, Das göttliche Recht des 15. und 16. Jh. als Vorläufer der Menschenrechte, (Diss.) 1961; Staudinger, Hugo, Naturrecht, Menschenrecht, Offenbarung (1968); Schwartlander, Johannes (Hg), Modernes Freiheitsethos und christlicher Glaube, 1981; Böckenförde, Emst-Wolfgang/Spaemann, Robert (Hg.), Menschenrechte und Menschenwürde, 1987; Punt, Jozef, Die Idee der Menschenrechte. Ihre geschichtliche Entwicklung und ihre Rezeption durch die moderne katholische Sozialverkündung, 1987; [nicht bundesrepublikanisch]: Putz, Gertraud, Christentum und Menschenrechte, 1991.
204
Auf Einzelheiten ist hier nicht einzugehen, da der Neubeginn der deutschen Geschichtswissenschaft ausführlich bei Schulze, Winfried, Deutsche Geschichtswissenschaft nach 1945, 1989 und 1993, hier besonders Kap. 15, behandelt ist. Zur .Unterrepräsentation' katholischer Historiker an den Universitäten s. Weber, Wolfgang, Priester der Klio, 1984 (M987), S. 84 ff., S. 91.
205
S. folgende Quellensammlungen, die zwar in der Regel nur Auszüge geben, dafür aber ein breites inhaltliches und biographisches Spektrum abdecken: Lipgens, Walter (Hg.), Europa-Föderationspläne der Widerstandsbewegungen 1940-1945. Dokumentation, 1968; Voigt, Klaus (Hg.), Friedenssichemng und europäische Einigung. Ideen des deutschen Exils, 1939-1945, 1988. Der Zusammenhang zwischen Europavorstellung und Grund-/Menschenrechtsdenken ist für die meisten europäischen Widerstandsbewegungen des Zweiten Weltkrieges kennzeichnend.
206
Olden, Rudolf, The History of Liberty in Germany, London 1946; Dt.: Die Geschichte der Freiheit in Deutschland. Mit einem Vorwort v. Gilbert Murray, Hannover: Verlag „Das andere Deutschland.", 1948 (Olden, ein Liberaler, hatte u.a. im Berliner Tageblatt publiziert, war nach England emigriert, wurde dort 1940, als die deutschen Luftangriffe drohten, inhaftiert, konnte jedoch eine Ausreisegenehmigung nach
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Warte
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oder
in der GWU und Dissertationen im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Verabschiedung des Grundgesetzes sowie der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO. In den Dissertationen der ersten Jahre war die besondere Bedeutung der aus dem revolutionären Frankreich (1789) nach Deutschland gekommenen Einflüsse hinsichtlich der Grund- und Menschenrechtsentwicklung geradezu unstrittig209, was die längere und weitere Vorgeschichte angeht, konnte ja auf ein breites Spektrum an Monographien und Aufsätzen sowie an Thesen (seit der Antike, seit dem Mittelalter usw. usw.) zurückgegriffen werden. Vorrangig ging es darum, den Menschenrechtsgedanken als besonderes Kennzeichen der abendländischen Kultur mit seinen lang zurückreichenden Wurzeln darzulegen und den Neuanfang in Sachen Grund- und Menschenrechte in Deutschland in diesen Zusammenhang einzubinden. Dem entspricht auch die Abfassung vergleichender verfassungsgeschichtlicher Arbeiten210 sowie von Monographien zu den Verfassungen der einzelnen Bundesländer, denen historische Ausführungen beigegeben wurden.211 Grundsätzlich neue historische Erkenntnisse sind von diesen Dissertationen und Publikumsschriften nicht zu erwarten, darum ging es ihnen weniger, es fällt hingegen auf, daß neben der - jetzt positiven - Bewertung des Individualrechtscharakters der Menschenrechte/Grundrechte auch sehr frühzeitig der Gedanke der sozialen Grundrechte eingebracht wurde. Z.T. leitete sich daraus eine stärkere Beachtung sozioökonomischer Zusammenhänge in der Entstehungsgeschichte der Menschenrechte ab.212 Dies läßt sich noch nicht als sozialAmerika ohne RQckkehrberechtigung nach England erreichen. Bei der Überfahrt Aber den Atlantik fand er den Tod, als das Schiff beschossen wurde; Vorwort seines englischen Freundes Gilbert Murray). Zucker, Adolf (Hg.), Deutschlands vergessene Freiheit. Eine Anthologie deutscher freiheitlicher Schriften von Luther bis zur Gegenwart, Berlin: Pontes, 1946; 2. Aufl. ebd., 1948 (2. Aufl. eingesehen). 207 Hertz, Wilhelm G., Das Problem der Menschenrechte (1948) (setzt bei Arbeiten zur UNO-Deklaration an). ** Erdmann, Karl Dietrich, Die Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 (1951); Specht, Minna, Die „Menschenrechte" und die Jugend (1951); Muth, Heinrich, Die Grundrechte in der deutschen Verfassungsentwicklung des 19. und 20. Jh. (1951). 209
Duttlinger, Rudolf, Die geschichtlichen Wurzeln der Grundrechte des deutschen Volkes in der Verfassung der Paulskirche, (Diss, bei Walter Jellinek) 1949; Peschka, Gerhard, Die Entwicklung des Grundrechtsproblems in der Geschichte des deutschen Verfassungsdenkens und die Form der Verwirklichung des Grundrechtsgedankens im Bonner Grundgesetz, (Diss.) 1952; Lemmen, Hans, Der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz. Seine Entstehung, geschichtliche Entwicklung und Auslegung, (Diss.) 1953; Valentin, Kurt, Die Entwicklung der politischen Freiheitsrechte und die Ausgestaltung in den einzelnen deutschen Verfassungen, (Diss.) 1953.
210
Seybold, Heinz, Die Bedeutung der Grundrechte in der Verfassung der Vereinigten Staaten von Nordamerika, (Diss.) 1949; Jung, Emst, Die Entwicklung der Grundrechte seit 1789, (Diss.) 1950; Fickert, Hans Carl, Freiheitsbegriff und Gewaltenteilungsgmndsatz in der Staatsdoktrin Montesquieus und im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, (Diss.) 1953.
2,1
Vgl. z.B. zu Bayern: Mittermaier, Hans, Die geschichtliche Entwicklung des Asylrechts und die Grundlagen der AsylgewShrung in Bayern, (Diss.) 1950; Uebelacker, Edmund, Das Menschenrecht der personlichen Freiheit bis zur neuen bayerischen Verfassung, (Diss.) 1950. Vg. z.B. Lehmann, Horst, Der Bedeutungswandel der Grundrechte von 1948, (Diss.) 1948; Brepohl, Wilhelm, Die sozialen Menschenrechte, ihre Geschichte und ihre Begründung, 1950; Hamel, Walter, Die Bedeutung der Grundrechte im sozialen Rechtsstaat. Eine Kritik an Gesetzgebung und Rechtsprechung, 1957; Kleinen, Emst, Die Soziabilität der Menschenrechte, (Diss.) 1957. Kleinert sieht soziale Menschenrechte
212
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
geschichtliche Menschenrechtsforschung bezeichnen, aber es handelt sich um eine neue Akzentgebung, nachdem lange Zeit,Sozialgeschichtliches' nur insoweit eine Rolle gespielt hatte, als schon Georg Jellinek sich der sozial-religiösen DissentersBewegungen angenommen hatte. Aus gutem Grund wurde das Thema des Widerstandsrechtes wieder aufgenom" men213; daß sich Kurt Wolzendorff mit seiner zitierten Meinung schwer geirrt hatte, war aufs schlimmste bewiesen worden. Ausnahmen sind Stimmen, die bewußt betonten, daß die Menschenrechte in Deutschland entstanden seien.214 Mit Karl Jaspers wurde 1949 auch ein epochemachender universalgeschichtlicher Entwurf vorgelegt, der heute allerdings kaum mehr im Zusammenhang mit der Wissenschaftsgeschichte der Geschichte der Menschenrechte genannt wird. Gemeint ist „Ursprung und Ziel der Geschichte".215 Jaspers unterscheidet zwischen ,Geschichte' und ,Menschsein'. Das Teleologische am Buchtitel bezieht sich auf,Geschichte', während das,Menschsein' selbst nicht dem geschichtlichen Wandel unterliegt: Das Menschsein selbst, das Ethos des Menschen, seine Güte und Weisheit machen keinen Fortschritt. [...] Einen Fortschritt gibt es daher im Wissen, im Technischen, in den Voraussetzungen neuer menschlicher Möglichkeiten, aber nicht in der Substanz des Menschseins. Ein Fortschritt im Substantiellen wird durch die Tatsachen widerlegt. [...] Der Fortschritt bringt wohl eine Einheit im Wißbaren, aber nicht die Einheit der Menschheit. Die Einheit der allgemein giltigen [sie!] und sich, wo sie gefunden ist, gleichbleibenden Wahrheit in ihrem endlosen Fortschritt, wie sie allein in Wissenschaft und Technik auftritt, diese allgemeine mittelbare und übertragbare, nur an den Verstand sich wendende Wahrheit ist nicht die Einheit der Menschheit. Dieser Fortschritt bringt eine Einheit des Verstandes. Er verbindet die Menschen im Verstand, so daß sie mit einander rational diskutieren können, aber auch fähig sind, sich mit den gleichen Waffen der Technik gegenseitig zu vernichten. Denn der Verstand verbindet nur das Bewußtsein überhaupt, nicht die Menschen. Er bringt keine echte Kommunikation und keine Solidarität. [...] Die Einheit des Menschen erwächst aus der Gemeinsamkeit des Naturbodens (der Einheit des Planeten) und der Gemeinsamkeit der einen Zeit. [...] Die Einheit durch den einen Boden der Erde, durch das gemeinsame Beschlossensein in
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214
215
zeitgleich formuliert mit der Proklamation der individuellen Menschenrechte (z.B. in der franzosischen Revolution); ebd., S. 41. Muth, Heinrich, Die Grundrechte in der deutschen Verfassungsentwicklung, 1959. Boehncke, Carl Hellmut, Gedanken Uber Recht, Macht, Gehorsam und Widerstand in den politischen Theorien der französischen Religionskriege, (Diss.) 1952; Boehncke war 1950/51 Stipendiat der französischen Regierung am Institut d'Etudes Politiques in Paris gewesen. Engelbrecht, Karl-Emst, Das Widerstandsrecht des Volkes in Geschichte und Gegenwart unter besonderer Berücksichtigung der hessischen Verfassung, (Diss.) 1952. Im Gegensatz zu den beiden vorhergehenden Autoren stellt der folgende keine ausdrücklichen Bezüge zu 1933-1945 her: Hinrichs, Carl, Luther und Müntzer. Ihre Auseinandersetzung über Obrigkeit und Widerstandsrecht, 1952. Jenen Bezug stellt ausdrücklich wieder her: Kluke, Paul, Das Recht des Widerstandes gegen die Staatsgewalt in der Sicht des Historikers, Hannover, Landeszentrale f. Heimatdienst, 1957. Laun, Rudolf, Die Menschenrechte, 1948 (Vortrag Bremen 30.1.194g): „Die Menschenrechte sind also in der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts in Deutschland entstanden." (S. 10) „Jedenfalls hat ein großer Teil des deutschen Volkes auch in der nationalsozialistischen Zeit die Menschenrechte ebenso wie vorher grundsätzlich bejaht." (S. 16.) Jaspers, Karl, Vom Ursprung und Ziel der Geschichte, 1949.
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Raum und Zeit, ist jedoch die äußerlichste Einheit, die gerade nicht die Einheit der Geschichte trifft.216 Das Ethos des Menschen, als das Jaspers die Substanz des Menschen bezeichnet, entzieht sich dem historischen Wandel, die Geschichte hingegen entwickelt sich vom unbeteiligten Nebeneinander zur Universalgeschichte, d.h. der einen Geschichte aller Menschen. Diese ,eine Geschichte' behandelt Jaspers als Zukunftsvorstellung, wenn auch die Bewegung auf diese eine Geschichte hin durch bestimmte Neubesinnungen seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges bereits begonnen habe. Die entscheidende qualitative, letztlich rational kaum zu erklärende Veränderung in der Geschichte sei mit der Achsenzeit eingetreten. Zwar hätten sich schon die ältesten bekannten Hochkulturen der Erde durch auffällige Parallelismen ausgezeichnet (z.B. Verwaltungsinstitutionen und Schrift als Kommunikationsmittel etc.), aber diesem ,Parallelismus' habe kein Parallelismus in der Zeit entsprochen, da bis zu 2000 Jahre zwischen den beobachtbaren Phänomenen gelegen hätten. Anders in der Achsenzeit (800-200 v.Chr.), die bestimmte Entwicklungen in China, Indien, Persien, Palästina, Griechenland und ganz am Schluß noch Rom zusammenfaßt. Die weltgeschichtliche Bedeutung der Achsenzeit - „Das Menschsein im Ganzen tut einen Sprung"217 - beschreibt Jaspers: Von dem, was damals geschah, was damals geschaffen und gedacht wurde, lebt die Menschheit bis heute. In jedem ihrer neuen Aufschwünge kehrt sie erinnernd zu jener Achsenzeit zurück, läßt sich von dorther neu entzünden. Seitdem gilt: Erinnerung und Wiedererwecken der Möglichkeiten der Achsenzeit - Renaissancen - bringen geistigen Aufschwung. Rückkehr zu diesem Anfang ist das immer wiederkehrende Ereignis in China und Indien und dem Abendland.218 Die Achsenzeit beginnt zwar zunächst räumlich begrenzt, aber sie wird geschichtlich allumfassend. Was an den Entfaltungen der Achsenzeit nicht Teil gewinnt, bleibt „Naturvolk" in der Art des ungeschichtlichen Lebens der Jahrzehntausende oder Hunderttausende. Menschen außerhalb der drei Welten219 der Achsenzeit sind entweder abseits geblieben, oder sie kamen mit einem dieser drei geistigen Strahlzentren in Berührung. [...] Zwischen den drei Welten ist, sobald sie einander begegnen, ein gegenseitiges Verständnis bis in die Tiefe möglich. Sie erkennen, wenn sie sich treffen, gegenseitig, daß es sich beim andern auch um das eigene handelt. ... das eigentlich und unbedingt wahre, das von uns Menschen geschichtlich aus verschiedenen Ursprüngen gelebt wird, erblickt und hört sich gegenseitig.220 Die auf mehreren Seiten geschilderte Substanz der Achsenzeit faßt Jaspers schließlich in dem Satz zusammen: „Es geschah in der Achsenzeit das Offenbarwerden dessen, was später Vernunft und Persönlichkeit hieß."221 Es ist eine Art 216
Ebd., S. 311-315. " Ebd., S. 23. 211 „Abendland" umfaßt bei Jaspers den .klassischen' Orient - bezQgl. der Achsenzeit sind das Persien und Palästina - und den Okzident. 2,9 China, Indien und Abendland (= Orient/Okzident). 220 Ebd., S. 26-27. 221 Ebd., S. 22. 2
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
Aufklärungsepoche in der Geschichte, die die Menschen der Achsenzeit, der Aufklärung des 18. Jh. und schließlich die des 20. Jh. eng zusammenrückt. „Vernunft" und „Persönlichkeit" als „Grundkategorien, in denen wir bis heute denken"222, sind natürlich auch Grundkategorien des menschenrechtlichen Denkens. Ziel der Geschichte ist nach Jaspers, die Einheit des Menschseins zu erkennen und zu ihr hinzugelangen, letztlich im Sinn einer politischen Weltordnung, die auf Freiheit, Toleranz und föderalistischen Prinzipien aufbaut.223 Denn, und hier nimmt Jaspers auch konkret Bezug auf den Begriff „Menschenrecht": „Bedingung unseres Menschseins ist menschliche Solidarität, erhellt durch Naturrecht und Menschenrecht, stets verraten und immer wieder als Anspruch sich meldend. Darum die eigentümlich menschliche Befriedigung im Verständnis mit den Fernsten, - und der Anspruch, den Menschen als Menschen zu sehen, so wie Rembrandt einen Neger malt, oder wie Kant formulierte: daß ein Mensch nie nur als Mittel, sondern immer als Selbstzweck gesehen und behandelt werden dürfe."224 Jaspers universalgeschichtlicher Entwurf225 wurde hier deshalb so ausfuhrlich gewürdigt, weil er heute zumeist nur noch in der Reduktion auf die These von der Achsenzeit bekannt ist, während er im Kern, d.h. in der Zusammenschau der drei thematischen Teile226, ein universalgeschichtliches Denkmodell über die Entstehung und das ,Ziel' (s. die inhaltliche Auffüllung des Begriffs der Weltordnung bei Jaspers) der Menschenrechte liefert. Natürlich ist die These von der Achsenzeit und von der in dieser Zeit erfolgten Grundlegung der erst noch vollständig zu erreichenden geschichtlichen Einheit der Menschen kritisierbar.227 Aber Jaspers verzettelt sich nicht in der Frage, ob es angemessen sei, bezüglich dieser oder jener Kultur von „Recht" zu sprechen, er entscheidet sich flir eine substantielle Einheit der Menschen. Um an dieser Stelle bei universalgeschichtlichen Ansätzen zu bleiben: vor kurzem erst (1987) versuchte sich der Politologe Ludger Kühnhardt daran, um bei einer ausgesprochen eurozentrischen These zu enden.228 Das Resümee seiner kulturvergleichenden Analysen lautet:
222 223 224 225 226 227
m
Ebd., S. 20. S. bes. Teil 2 von „Ursprung und Ziel der Geschichte". Ebd., S. 66-67. „Entwurf" ist die Selbsteinschätzung Jaspers, z.B. ebd., S. 17. Weltgeschichte; Gegenwart und Zukunft; Vom Sinn der Geschichte. Jaspers Achsenzeit-These ist von Shmuel N. Eisenstadt in einem von ihm herausgegebenen, mittlerweile fünfbändigen Werk zustimmend aufgegriffen und ausgefächert worden: Eisenstadt, Shmuel N. (Hg.), Kulturen der Achsenzeit, 5 Bände, 1987-1992, ebd., Band 1 (1987), S. 10-40, Einleitung von S. N. Eisenstadt: „Allgemeine Einleitung: Die Bedingungen fQr die Entstehung und Institutionalisierung der Kulturen der Achsenzeit". Zur Kritik siehe: Assmann, Aleida, Einheit und Vielfalt in der Geschichte: Jaspers' Begriff der Achsenzeit neu betrachtet (1992). Vgl. zu den verschiedenen universalgeschichtlichen Modellen: Schulin, Emst (Hg.), Universalgeschichte, 1974. Kühnhardt, Ludger, Die Universalität der Menschenrechte, 1987, 2. erw. Aufl. 1991.
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1. Der Menschenrechtstopos ist nur im Sinne unveräußerlicher, angeborener und vorstaatlicher Rechte zu fassen, so wie er erstmals in der europäischen Geschichte politischen Denkens Gestalt anzunehmen vermochte. 2. Andere politische Ideenkreise, die nicht von Naturrecht, Aufklärung und Liberalismus bestimmt wurden oder bestimmt sind, haben andere Formen des Verhältnisses von Staat und Individuum gefunden, die nicht mit der Zielrichtung der personalen Menschenrechtsidee übereinstimmen. 3. In den Gedanken der Menschenwürde und der Herrschaftsbegrenzung finden sich wesentliche Berührungspunkte zwischen allen untersuchten Ausdrucksformen politischen Denkens und damit zentrale Vorbedingungen für eine Ausfaltung und Annahme des Menschenrechtspostulats.229 Der dritte Punkt ist das Ergebnis der Recherchen Kühnhardts zum Islam, zu China, Indien, Japan und Afrika. Trotz der eingestandenen Berührungspunkte bleibt seine These aber unzweideutig: Es ist nur ein Verständnis von Menschenrecht möglich, dieses Verständnis wurde im europäisch-nordamerikanischen Kulturraum entwickelt, sein Anspruch ist universell. Es gilt, diesen Anspruch zu universalisieren, da er dies bisher nicht ist. Unter dem Gesichtspunkt der Menschenrechte werden die untersuchten Kulturräume folglich als ungleichwertig betrachtet. Die Frage nach der Praxis der Menschenrechte im europäisch-nordamerikanischen Raum gehört nicht zu den für Kühnhardts Ergebnisse konstitutiven Fragen, er beschränkt sich auf die Ideengeschichte. 230 Kehren wir zur Chronologie der ersten Nachkriegszeit zurück. Der Ulmer Historikertag von 1956 signalisierte mit seinen vier Sondervorträgen über „Freiheit im europäischen Denken von der Antike bis zur Gegenwart" von Hans Schaefer, Herbert Grundmann, Kurt von Raumer und Hans Freyer einen neuen Abschnitt in der Nachkriegshistoriographie der Grund- und Menschenrechte. 231 Alle vier Aufsätze sind heute gewissermaßen Klassiker zum Thema, sie gaben der Erforschung von Freiheit und Freiheitsrechten neue Impulse und neue Orientierungslinien vor. Sie zeigen Wandel und Konstanz von Freiheit im Lauf der Geschichte. Daß es seitdem ungezählte Arbeiten zur Freiheitsthematik gibt, mag auch
229
Kühnhardt (1. Aufl.), S. 295 f.
2,0
Ausführlicher zu universalgeschichtlichen bzw. interkulturellen Ansätze s. Schmale, Wolfgang (Hg.), Human Rights and Cultural Diversity, 1993.
231
Veröffentlicht in der HZ 183 (1957), S. 5-115, sowie als selbständige Schrift: Schaefer, Hans/Grundmann, Herbert/Raumer, Kurt von/Freyer, Hans, Das Problem der Freiheit im europäischen Denken von der Antike bis zur Gegenwart, 1958. Im Berichtsheft Ober die „23. Versammlung deutscher Historiker in Ulm", 1956, sind Kurzfassungen einschließlich einiger Diskussionsbeitrflge abgedruckt. Die Vortrage im einzelnen (HZ): Schaefer, Hans, Politische Ordnung und individuelle Freiheit im Griechentum; Grundmann, Herbert, Freiheit als religiöses, politisches und persönliches Postulat im Mittelalter; Raumer, Kurt von, Absoluter Staat, Korporative LibeitSt, Persönliche Freiheit; Freyer, Hans, Das soziale Ganze und die Freiheit des Einzelnen unter den Bedingungen des industriellen Zeitalters. Vgl. kurz zuvor den Band zur Mainauer Tagung 1953: Das Problem der Freiheit in der deutschen und schweizerischen Geschichte, Lindau, Konstanz, 1955, dort vor allem den Aufsatz von Hölzle, Erwin, Bruch und Kontinuität im Werden der deutschen modernen Freiheit, S. 159-177.
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
diesem Vorstoß zu verdanken sein.232 Dabei gelang mit Diethelm Klippels Dissertation (1976) auch die ,Aussöhnung' von Naturrecht und Menschenrecht, die der deutschen Wissenschaft so schwer gefallen war.233 Klippel zeigte vor allem, auf welche (keineswegs geradlinige) Weise das Naturrechtsdenken zur Entwicklung der Menschenrechtsidee im Lauf des 18. Jh. beigetragen hatte. Die Aussöhnung von Rechtsdenken und Naturrecht begann jedoch schon früher. Bevor Leo Strauss' Natural Right and History (1949/1953) 234 1956 in deutscher Übersetzung erschien, hatte Hans Welzel 1951 wesentliche Gesichtspunkte formuliert235: Das Naturrecht bildete über zwei Jahrtausende den gemeinsamen Titel, unter dem die materialen ethischen und rechtlichen Fragen als einheitlicher Komplex behandelt wurden, bis sie in verhältmäßig junger Zeit getrennt wurden - nicht in jeder Beziehung zu ihrem eigenen Heile. [...] Das Naturrecht und mit ihm das Problem der materialen Rechtsethik haben dem menschlichen Geiste eine sachliche Aufgabe gestellt, der dieser in einem zweieinhalb Jahrtausende währendem Gespräch nachgekommen ist. Dieses Gespräch ist alles andere als eine verwirrende Vielfalt einander widersprechender und übertönender Stimmen, sondern entwickelt in sachgebundener Auseinandersetzung die vom Thema nahegelegten Lösungsmöglichkeiten. Gerade die Geschichte des Naturrechts bietet ein bemerkenswertes Beispiel für die Einheit des geschichtlichen Geistes, wenn er an einer sachlichen Aufgabe orientiert ist. Sie bildet, wie noch deutlicher werden wird, eine innerlich zusammenhängende Gedankenfolge, bei der jede spätere Generation die von der früheren geschaffene Problemlage als sachliche Aufgabe übernimmt und weiterfuhrt.236
Gerhard Oestreichs weithin bekanntes Buch „Geschichte der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Umriß" (zuerst 1966 als Buchbeitrag) markiert den Höhepunkt dieses neuen Abschnitts, das Buch ist in seiner, überwiegend ideengeschichtlichen, Art bis heute nicht überholt.237 In etwa zeitgleich vereinigte Roman Schnur in einem Sammelband „Zur Geschichte der Erklärung der Menschenrechte" (1964) noch einmal Jellineks Studie und einige andere spätere zur französischen Menschenrechtser-
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213
Stellvertretend ftlr viele nenne ich: Albertini, Rudolf von (Hg.), Freiheit und Demokratie in Frankreich. Die Diskussion von der Restauration bis zur Résistance, 1957; Hubatsch, Walther, Die englischen Freiheitsrechte, 1962; Reibstein, Ernst, Volkssouveränität und Freiheitsrechte, 2 Binde., 1972; Schlumbohm, Jorgen, Freiheitsbegriff und EmanzipationsprozeB, 1973; Fetscher, Iring, Rousseaus politische Philosophie. Zur Geschichte des demokratischen Freiheitsbegriffs, 3. Überarb. Aufl. 1975; Link, Christoph, Herrschaftsordnung und bürgerliche Freiheit. Grenzen der Staatsgewalt in der älteren deutschen Staatslehre, 1979; Fried, Johannes (Hg.), Die Abendländische Freiheit vom 10. zum 14. Jh., 1991; Heuvel, Gerd van den, Der Freiheitsbegriff der Französischen Revolution, 1988.
Klippel, Diethelm, Politische Freiheit und Freiheitsrechte im deutschen Naturrecht des 18. Jahrhunderts, 1976. 214 Die amerikanische Ausgabe von 1953 vereinigte in Buchform Vorträge, die Strauss 1949 gehalten und zunächst in Zeitschriften veröffentlicht hatte. Eine französische Ausgabe erschien 1954 in Paris (Verlag Plön), die deutsche 1956 im Koehler Verlag Stuttgart, sodann 1977 bei Suhrkamp in der Reihe stw. 255 Welzel, Hans, Naturrecht und materiale Gerechtigkeit, 1951; weitere Auflagen 1955,1960,1962. 236 Ebd., S. 7-8 (Seitenzählung der 4. Aufl. 1962). 217 Oestreich, Gerhard, Geschichte der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Umriß, 1968,2. Aufl., 1978.
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klärung, weil er sich neue, weiterfuhrende Ergebnisse in der historischen Menschenrechtsforschung in erster Linie von diesem Thema erhoffte.238 Der Band sollte also zu Folgearbeiten anregen, und wenn man auf die zwei Dissertationen von Samwer und Sandweg sieht, so ist der Ruf nicht ungehört verhallt.239 Ganz allmählich haben sich seitdem auch ausgesprochen sozialgeschichtliche Fragestellungen angemeldet, in denen Türen zu neuen Bereichen wie die Rechtsprechungspraxis der Gerichte, Rechtsvorstellungen widerständischer Bauern oder die Massenpublizistik der Aufklärungszeit aufgeschlossen wurden. Zwei von Günter Birtsch herausgegebene Bände dokumentieren diese Entwicklung.240 Es ist nicht möglich, hier auf Einzelheiten einzugehen, zumal im weiteren Verlauf noch hinreichend auf die Literatur zu verweisen ist. Heute scheint die Geschichte der Grund- und Menschenrechte in erster Linie eine Aufgabe der Geschichtswissenschaft geworden zu sein, auch wenn sich Juristen, Philosophen, Theologen und z.B. Ethnologen daran beteiligen. Das bedeutet eine gründliche Veränderung gegenüber der Zeit vor einem Jahrhundert. Die Breite der in der deutschen Forschung aufgegriffenen Themen ist beachtlich und steht im Gegensatz zur verflachenden und vereinfachenden politischen Diskussion. Allerdings scheint sich der Wahrnehmungsgrad dieser Forschung in der Öffentlichkeit umgekehrt reziprok zu ihrer Breite zu verhalten - das war schon Thema der Einleitung. Einen gewissen, aber nicht hinreichenden Ausgleich schafft die Tatsache, daß verschiedene Bundesverfassungsrichter wesentliche Beiträge zur Geschichte der Grund- und Menschenrechte im weiteren Zusammenhang der Geschichte von Verfassung und Rechtsstaatlichkeit geleistet haben und weiter leisten.241 1.7.2. Frankreich Mit der Erhebung der Déclaration von 1789 zu geltendem Verfassungsrecht in der Nachkriegsepoche setzt in Frankreich die Konzentration der historischen Menschenrechtsforschung auf ebendiese Déclaration ein. Die ersten Nachkriegsjahre sind nicht
218
Schnur, Roman (Hg.), Zur Geschichte der Erklärung der Menschenrechte, 1964, hier Vorwort. Samwer, Sigmar-Jürgen, Die französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789/91, 1970; Sandweg, Jürgen, Rationales Naturrecht als revolutionäre Praxis. Untersuchung zur „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte" von 1789,1972. 240 Birtsch, Günter (Hg.), Grund- und Freiheitsrechte im Wandel von Gesellschaft und Gechichte, 1981; ders. (Hg.), Grund- und Freiheitsrechte von der ständischen zur spatbürgerlichen Gesellschaft, 1987. Darüber hinausgehend: Schmale, Wolfgang, Rechtskultur im Frankreich des Ancien Régime und die Erklärung der Menschen- und Bürgenechte von 1789. Wege zu einer Sozialgeschichte der Grund- und Menschenrechte (1986). 241 U.a.; Bökenförde, Emst-Wolfgang (Hg.), Probleme des Konstitutionalismus im 19. Jh., 1975; ders./Spaemann, Robert (Hg.), Menschenrechte und Menschenwürde, op. cit.; ders., Die verfassungstheoretische Unterscheidung von Staat und Gesellschaft als Bedingung der individuellen Freiheit, 1973 ders., Staat, Gesellschaft, Freiheit. Studien zur Staatstheorie und zum Verfassungsrecht, 1976. Grimm, Dieter, Deutsche Verfassungsgeschichte 1806-1980, 1985; ders., Recht und Staat der bürgerlichen Gesellschaft, 1987; ders., Die Zukunft der Verfassung, 1991. 239
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reich mit Studien gesegnet, ausweislich der Bibliographie von Birtsch et al. sind z.B. Arbeiten zur allgemeinen Geschichte der Menschenrechte sämtlich außerhalb Frankreichs entstanden, meine eigenen Nachforschungen führten nicht zu einer Korrektur der Bibliographie. Das Anliegen der ersten Jahre wird durch Jacques Maritains Schrift „Les droits de l'homme et la loi naturelle" (1945, vor Kriegesende) charakterisiert242: Ce petit livre est un essai de philosophie politique. Dans une guerre où se joue le sort de la civilisation, et dans la paix qu'il faudra aussi gagner après que la guerre aura été gagnée, il importe beaucoup d'avoir une philosophie politique juste et bien fondée. Ces réflexions queje propose ici ont pour objet d'inciter ceux qui liront ces pages à mettre au point leurs idées sur une question fondamentale de philosophie politique, celle qui concerne les relations de la personne et de la société, et les droits de la personne humaine. (...) Nous savons qu'un trait essentiel d'une civilisation qui mérite ce nom, est le sens et le respect de la dignité de la personne humaine (...). Ähnlich wie die Person Ritters in Deutschland steht Maritain als geistiger Wegbereiter und -begleiter der (katholischen) Résistance für die Verbindung zwischen Grund- und Menschenrechtsdenken im Widerstand und Nachkriegsgeisteswissenschaft.243 Da es neben Okkupation und Résistance aber auch Vichy und später z.B. den Algerienkrieg gab, hätte in diesen Zeilen Maritains auch in Frankreich ein Programm zu kritischer Forschung über die Geschichte der Menschenrechte enthalten sein können. Damit tat sich die Forschung allerdings schwer, immerhin wurde mit einer kritischen Überprüfung der älteren Kolonialgeschichte durch Yvan Debbasch der Anfang gemacht 244 Im Umfeld des Bicentenaire erschienen zahlreiche weitere Werke, darunter ein Buch von Henri Bangou (1989), Mitglied des Politbüros der Kommunistischen Partei von Guadeloupe, der die These vom Völkermord propagierte.245
242
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245
Maritain, Jacques, Les droits de l'homme et la loi naturelle, New York, Maison Française, 1945, hier S. 7-8 (Neuauflagen bis 1988). Dt.: Die Menschenrechte und das natürliche Gesetz, 1951. S. auch: Ferner, Jean/Carre, Richard, La lutte pour la Vie. Note historique. Texte intégral et commentaires sur „La Déclaration des Droits de l'Homme et du Citoyen", 1946. Vgl. die schon erwähnte Sammlung von Lipgens; die von Lipgens (l-II) bzw. Lipgens/Loth (III-IV) hg. englischsprachigen Dokumentationsbande [Quellen in der Ursprungssprache sind auf Microfiches beigegeben] bauen auf dieser Sammlung auf, bieten jedoch eine Vielzahl weiterer Dokumente aus der Nachkrigeszeit. Die Verbindung von Europa- und Grundrechtsdenken bestätigt sich erneut; s. vor allem Band 1-2: Lipgens, Walter (Hg.), Documents on the History of European Integration. Vol. I: Continental Plans for European Union, 1939-1945, 1985; ders. (Hg.), Documents on the History of European Integration. Vol. II: Plans for European Union in Great Britain and in Exile, 1939-1945, 1986. Debbasch, Yvan, Couleur et liberté. Le jeu du critère ethnique dans un ordre juridique esclavagiste, Band 1 : L'affranchi dans les possessions françaises de la Caraïbe (1635-1833), 1967. Bangou, Henri, La Révolution et l'esclavage i la Guadeloupe (1789-1802). Epopée noire et génocide, 1989.
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Erst im Umfeld des Bicentenaire verdichtete sich insgesamt die Forschung in Frankreich, aber sie rückte von ihrem Schwerpunkt nicht ab.246 Am Bicentenaire läßt sich sehr deutlich die Anbindung der historischen Überlegungen an die Tatsache der gegenwärtigen Rechtsgeltung der Déclaration von 1789 nachvollziehen.247 Daher rührt auch die primär philosophische Ausrichtung der meisten Arbeiten, die weniger die historische Forschung zu neuen Arbeiten angeregt als den gegenwärtigen politisch-philosophischen Diskurs über Menschenrechte in Frankreich belebt hat.248 Es sind deutlich auch die in der Déclaration als Menschenrechte formulierten Rechte, die in der Zeit, zumeist nicht sehr weit, zurückverfolgt werden 249 Die Themenbreite der französischen Forschung ist schmaler als die der deutschen, dafür wird sie in der Öffentlichkeit besser wahrgenommen. Dem kommt zugute, daß nicht nur Angehörige von Universitäten und Forschungsinstituten gut Fundiertes von sich zu geben wissen, sondern auch ranghohe Politiker wie (aber keineswegs nur) Robert Badinter, der es trotz seiner Aufgaben seinerzeit als Garde des sceaux und dann als Président du Conseil constitutionnel verstanden hat, wissenschaftlich zu arbeiten und anläßlich des Bicentenaire grundlegende Arbeiten zu veröffentlichen.250 Ich bin auf diese Aspekte in einem ausfuhrlichen Forschungsbericht eingegangen und möchte es daher mit diesen knappen Bemerkungen belassen.251 Im Jahrfünft zwischen 1983 und 1988 schien sich eine Diversifizierung der Forschung anzubahnen, die jedoch durch das Bicentenaire ins Hintertreffen geraten ist. Abweichend von der alles beherrschenden Tendenz, nur über die Déclaration(s) zu schreiben, verfaßte Michel Villey 1983 eine Kritik der Menschenrechte, indem er die Definition von Recht im römischen Recht und in der Rechtsphilosophie der frühen Neuzeit beginnend bei Hobbes untersuchte. Menschenrechte erscheinen ihm nicht als Recht im eigentlichen Wortsinn, was nicht bedeutet, daß er ihren moralischen Gehalt ablehnen würde.252 Seine Schülerin Marie-France Renoux-Zagamé schrieb am Beispiel des Eigentumsbegriffs eine der wenigen französischen Arbeiten, in denen die Grund- und Menschenrechtsgeschichte bis ins Mittelalter zurückverfolgt wird (1987). Sie zeigte vor allem den Ursprung der Denkstrukturen, die die inhaltliche Substanz des Eigentumsbegriffs begründeten, in der mittelalterlichen Neue kritische Quellenedition der Debatte um die Déclaration in der Nationalversammlung mit mehreren Essays: Baecque, Antoine de/Schmale, Wolfgang/Vovelle, Michel, L'an I des droits de l'homme, 1988. 247 Vgl. mit ausführlichen Literaturangaben Schmale, Wolfgang, Frankreich und die Erklärung der Menschenund Bargerrechte 1789 im Licht der französischen Forschung 200 Jahre danach (1993), hier S. 348 ff. Statt vieler: Riais, Stéphane, La déclaration des droits de l'homme et du citoyen, 1988. Z.B.: Delapoite, André, L'idée d'égalité en France au XVIII e siècle, 1987. Vgl. auch Dann, Otto, Gleichheit und Gleichberechtigung, 1980. 250 Badinter, Robert (Hg.), Une autre justice. Contributions i l'histoire de la justice sous la Révolution française, 1989; Badinter, Robert, Libres et égaux... L'émancipation des Juifs 1789-1791, 1989; Conseil constitutionnel/Robert Badinter (Hg.), La Déclaration des droits de l'homme et du citoyen et la jurisprudence, 1989.
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252
Schmale, Wolfgang, Frankreich und die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte 1789 im Licht der französischen Forschung 200 Jahre danach, op. cit. Villey, Michel, Le droit et les droits de l'homme, 1983.
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
Theologie und deren Fortentwicklung bis zum Code civil.253 Unter maßgeblicher Beteiligung Marcel Thomanns entstand 1984 eine Zeitschriften-Sondernummer unter dem Titel „L'Alsace et les droits de l'homme".254 Die geographische Beschränkung auf das Elsaß signalisiert eine regionalgeschichtliche Studie - was schon deshalb hervorzuheben ist, weil es so gut wie keine regionalgeschichtliche Grund- und Menschenrechtsforschung gibt - , die allerdings wenig mit dem zu tun hat, was ich in diesem Buch unter regionalgeschichtlichem Ansatz verstehe. Daß gerade für das Elsaß eine solche Sammelschrift publiziert wurde, läßt sich aufgrund der wechselvollen Geschichte dieser Landschaft leicht nachvollziehen, den Ausschlag gab aber die heutige Rolle Straßburgs als Sitz des europäischen Menschenrechtsgerichtshofes. Untersucht wird die Gültigkeit oder nicht einzelner Menschenrechte im Lauf der elsäßischen Geschichte. Die menschheitsgeschichtliche Tradition, die uns schon im 19. Jh. begegnete, führten nur wenige wie Pierre Chaunu mit „La liberté" (1987)255 und Jacques Attali (1988)256 mit „Au propre et au figuré. Une histoire de la propriété" fort. Für Chaunu liegt der Schlüssel zum Verständnis der Freiheit in der an sich freien Natur des Menschen und seinem Verhältnis zu Gott, Attali interpretiert Eigentum als den Versuch des Menschen seit Urzeiten, sich selbst als geschichtliche Größe zu errichten, um auf diese Weise den Tod zu überdauern. Darüber hinaus geht eine breite Diskussion, die sich um das Verhältnis zwischen kulturrelativistischen Betrachtungsweisen und Menschenrechten einschließlich ihrer Geschichte entwickelt hat. Auch die Forschung zur Geschichte der Grund- und Menschenrechte in Europa orientiert sich nicht allein an dem Begriff Menschenrecht. Wäre es anders, müßte die Forschung, die sich auf Zeiten bezieht, in denen dieser Begriff nicht nachweisbar ist, eingestellt werden. Vielmehr geht die Forschung von Grundwerten, einzelnen Rechten, die der Menschenrechtsbegriff in sich bündelt, und z.B. vom jeweiligen Menschenbild aus. Das gilt besonders für die Epochen des Mittelalters und der frühen Neuzeit bis ca. 1750/60. Was für die Europa-Forschung angemessen erscheint, muß auch für die Erforschung von Menschenrechten in anderen Kulturen gelten. Gesellschaftliche und religiöse Grundwerte, das Menschenverständnis, Schutz des Lebens, Kenntnis der Menschenwürde, Herrschaftskontrolle und anderes sind solche Ansatzpunkte für die Forschung über nicht-europäische Kulturkreise von den sog. Primitiven Kulturen über die Hochkulturen Asiens und Amerikas bis hin zur arabisch-islamischen Kultur. Das kulturrelativistische sowie das universalgeschichtliche Denkmodell hängen eng zusammen, weil sie gleichermaßen eine, wie es der Rechtsphilosoph René Marcie einmal ausdrückte,
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Renoux-Zagamé, Marie-France, Origines théologiques du concept moderne de propriété, Genève, 1987. L'Alsace et les Droits de l'Homme ,1984. Chaunu, Pierre, La liberté, 1987. Attali, Jacques, Au propre et au figuré. Une histoire de la propriété, 1988.
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„allgemeine menschliche Minimalethik" voraussetzen.257 Unterschiedlich sind die daraus entwickelten Folgerungen. Jüngst hat sich der in Frankreich ausgebildete, in Beyrouth lehrende libanesische Anthropologe und Philosoph Sélim Abou - er ist im übrigen Jesuit - mit dem Verhältnis der Kulturen zueinander im Rahmen der Menschenrechtsproblematik auseinandergesetzt und den kulturrelativistischen Ansatz abgelehnt.258 Das erfolgreiche Buch beruht auf Vorträgen, die Abou am Collège de France gehalten hatte. Dies und seine Hauptzielscheibe, der französische Ethnologe Claude Lévi-Strauss, erfordern seine Berücksichtigung hier. Abou unterscheidet zwei Kategorien des kulturrelativistischen Denkens. In der einen Kategorie werde gewissermaßen die Relativität der Relativität anerkannt. D.h., es werden sowohl die Existenz universeller Werte und die Möglichkeit der interkulturellen Kommunikation wie auch die Vorteile der Akkulturation anerkannt. In der zweiten Kategorie werde eine Kultur jeweils für sich selbst gesetzt, universelle Werte würden geleugnet, es werde die Undurchdringlichkeit der Kulturen ebenso beschworen wie deren Verkreuzung abgelehnt.259 Die Debatte um den Kulturrelativismus hat eine lange Tradition. Tatsächlich hat die prinzipielle Frage nach der Einheit und Vielheit, nach dem Einen und dem Vielen, dem Universellen und dem Relativen die Menschen seit eh und je beschäftigt, soweit sich das jedenfalls zurückverfolgen läßt. Die Gestalt, unter der uns heute diese Frage zumeist begegnet, also das Verhältnis der Kulturen der Erde zueinander, ihre Bewertung als gleichwertig oder ungleichwertig, hat sich im Zusammenhang mit der europäischen Expansion im 15./16. Jh. herausgebildet. Die Haltung des Kulturrelativismus im engeren Wortsinn dürfte für diese Epoche schwerlich nachzuweisen sein, sie begründet sich eher im Aufschwung der anthropologischen und ethnologischen Forschung260 nach 1800. Allerdings hat die Begehung des ,Kolumbus-Jahres' noch einmal mit Nachdruck die Positionen eines Las Casas zur Geltung gebracht.261 Er war nicht der einzige, aber der persönlich zweifellos engagierteste Verfechter der These, daß die indianische Kultur keinesfalls als minderwertig im Vergleich mit der christlichen in Europa zu betrachten sei. Dennoch hielt er am Gebot der Christianisierung fest - für einen gläubigen Christen und Dominikaner des 16. Jh. konnte das wohl auch kaum anders sein - und hatte Schwierigkeiten, die Schwarzen als freie und damit den Europäern in der Freiheit gleiche Menschen anzuerkennen. Christianisierung bedeutet immer zugleich auch Akkulturation, und zwar ,νοη oben' bzw. von Außen, nicht aber aus der 257
Marcie, René, Geschichte der Rechtsphilosophie, 1971, hier S. 45, Anm. 8. Vgl. allerdings die folgenden Bemerkungen zu Sélim Abou, aus dessen Sicht es eine Variante des Kulturrelativismus gibt, der keine solche Minimalethik kennt. 251 Abou, Sélim, Cultures et droits de l'homme, 1992; dt. 1994. 259 Abou (frz. Ausg.), S. 24. 240 Zur Entwicklung der Ethnologie und ihrer wissenschaftlichen Konzepte s. den konzisen Abriß von: Müller, Klaus E., Grundzüge des ethnologischen Historismus (1981). 261 Vgl. hier zunächst Mahn-Lot, Marianne, Bartolomé de Las Casas et le droit des indiens, 1982. Auf die Werke von Las Casas gehe ich im Zusammenhang mit der Begriffsgeschichte von „Menschenrecht" ein.
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1 Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
autochthonen Gesellschaft selbst heraus. Hier liegt ein prinzipieller Unterschied zum eigentlichen Kulturrelativismus, fur den eine solche bewußte und gewollte Akkulturation im Gewand der Fremdbestimmung nicht in Frage kommen kann. Die zahllosen Publikationen der frühen Neuzeit über die nichteuropäischen Kulturen verdichteten sich im 18. Jh. zu einer Art anerkennender Respekthaltung vor diesen Kulturen. Noch immer vermag Johann Heinrich Gottlob von Justi zu beeindrukken, wenn er 1762 schreibt: Ein jedes Volk ist geneigt, sich, seine Sitten, Gebräuche, Verfassungen und Einsichten weit Uber alle andere Völker hinauszusetzen, und dieselben gegen sich geringschätzig zu halten. Vielleicht giebt es kein Volk auf der Welt, welches sich nicht allein vor vernünftig und gesittet achtet, und alle andere gegen sich, wo nicht vor ganze doch vor halbe Barbaren schätzet. (...) Vermuthlich befinden sich die verschiedene Europäische Nationen in eben dem Falle, daß sie sich noch nicht völlig entschlossen haben, ob sie ihre Nachbarn von der Barbarey loßsprechen sollen. (...) So allgemein dieser Nationalstolz allen Völkern ist; so treiben wir Europäer diese hohe Einbildung von uns selbst doch viel höher als andere Nationen des Erdbodens. Unser Vorzug scheinet uns gar nicht zweifelhaftig. (...) Unsere Vernunft, unsere Erkenntniß, unsere Einsichten dünken uns so erhaben zu sein, daß wir auf alle andere Völker des Erdbodens als auf um uns herumkriechende elende Würmergen herabsehen; und in der That betragen wir uns auch nicht anders gegen sie. Wir führen uns als Herren des ganzen Erdbodens auf; wir bemächtigen uns ohne Bedenken der Länder aller Völker in allen drey übrigen Welttheilen (...) Ich habe einen großen Vorsatz gefasset. Ich will mich bemühen, in verschiedenen Werken die hohe Einbildung zumäßigen, die wir Europäer von uns selbst haben. Ich mache hier den Anfang, indem ich die Beschaffenheit der Europäischen Regierungen, mit dem Regierungszustande der Asiatischen Völker in Vergleichung stelle (...) Es kann seyn, daß ich sehr wenig Europäer finde, die mir diesen Vorsatz Dank wissen, und von meinen Absichten billig urtheilen.262
Die angekündigte „vorurteilslose" Beurteilung der Leistungen anderer Kulturen löst Justi mit bemerkenswerter Konsequenz ein, vor allem China ist ihm ein positives Beispiel. Was er sucht und findet, und weshalb ihm andere Kulturen mit der europäischen gleichwertig erscheinen, sind universelle Werte, die anderswo durchaus besser verwirklicht sein können als in Europa. Justi ist also kein Kulturrelativist, sondern jemand der vom „Vorurteil" der Einheit der Werte der Menschheit ausgeht. Man mag sich die Popularität der chinesischen Kultur im 18. Jh. in Europa vor Augen halten. Es ist völlig klar, daß diese ohnehin nur in Ausschnitten, also unvollständig, bekannt war, und insoweit gar nicht pauschal respektiert werden konnte. Klar ist darüber hinaus, daß die chinesische Kultur ihre Popularität besonders den Aufklärungsphilosophen verdankte, die in dem, was sie unter chinesischer Philosophie verstanden, ihre eigenen Werthaltungen und Rechtsanschauungen eindrucksvoll bestätigt fanden. Daß diese positive Einschätzung schon 2(2
Justi, Johann Heinrich Gottlob von, Vergleichungen der europäischen mit den asiatischen und andern vermeintlich barbarischen Regierungen., 1762, Vorrede S. 1-5.
1. Historiographie
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gegen Ende des 18. Jh. allmählich in ihr Gegenteil umkippte, ist bekannt. Daran ändert selbst der universelle Mensch-Begriff der Menschenrechtsdebatte in Frankreich vor, in und nach 1789 nichts wesentliches, weil dieser gemessen an den konkreten enormen Lücken seiner rechtspraktischen Anwendung eher als Rhetorik zu interpretieren ist, auf keinen Fall aber mit historischen Tatsachen verwechselt werden darf. Daß sich die Grund- und Menschenrechtsdebatten in England und Nordamerika weniger auf einen missionarischen Universalismus denn auf die Rechtsordnung im eigenen Land bezogen, ist schon öfters betont worden.263 Generell läßt sich für diese Epoche eine kulturrelativistische Haltung kaum behaupten, obwohl zwischen der Beobachtung nichteuropäischer Kulturen und der Säkularisierung des Denkens ein Zusammenhang besteht, der für den Kulturrelativismus konstituierend ist. Sélim Abou verweist auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UNO und bemerkt, daß in der Erklärung ein Menschenrecht auf Andersartigkeit nicht ausdrücklich verankert sei, was insoweit bemerkensweit sei, als in der unmittelbaren Folgezeit im Zusammenhang mit der Entkolonialisierung genau dieses Recht zunehmend eingefordert worden sei. Die kulturrelativistische These des 20. Jh. setzt hier an. Sie kritisiert den lange vorherrschenden ,Eurozentrismus', mithin die teleologische Annahme, daß die abendländische/europäische Kultur anderen Kulturen überlegen sei und die Kulturen der Erde im Sinne der Evolutionstheorie und des Fortschrittsgedankens und -glaubens sich auf eine universalisierte abendländische/europäische Kultur hinbewegten. Das Recht auf Andersartigkeit ist konstituierend für den Prozeß der nachkolonialen Identitätsfindung. Freilich läßt er verschiedene Wege offen. Der Ethnologe und Philosoph Claude Lévi-Strauss, mit dem sich Sélim Abou an zentraler Stelle auseinandersetzt, beschrieb im Rahmen der Antirassismuskampagne der UNESCO in seinem Essay „Race et Histoire" (Rasse und Geschichte) von 1952 die funktionelle Gleichwertigkeit der Kulturen.264 Daraus folgt jedoch keine Absolutsetzung der jeweils einzelnen Kultur, denn Lévi-Strauss präzisiert, daß die Vielfalt der Kulturen ein „natürliches, aus den direkten und indirekten Beziehungen der Gesellschaften resultierendes Phänomen" bedeutet.265 Nicht die Abschottung der Kulturen voneinander, sondern ein gewisses, zweifellos wechselndes Maß an interkulturellem Austausch gehört hier zur Vorausbedingung der Rede vom Kulturrelativismus. Funktionelle Gleichwertigkeit bedeutet, daß der Kern einer jeden Kultur darin besteht, .Techniken' zu entwickeln, die den Menschen vor den Bedrohungen der Natur und des Menschen selber schützen. Die
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Jüngst: Gusdorf, Georges, La France, pays des droits de l'homme... (1988). S. auch: La déclaration des droits de l'homme et du citoyen de 1789. Ses origines, sa pérennité, 1990, bes. Teil I; Bailyn, Bernard, The Ideological Origins of the American Revolution, 1965. Vgl. aber natürlich immer noch: Vossler, Otto, Die amerikanischen Revolutionsideale in ihrem Verhältnis zu den europäischen, 1929. 264 Lévi-Strauss, Claude, Race et histoire, Unesco 1952, rééd. Paris, 1987 u. 1991. Deutsche Ausgabe unter dem Titel „Rasse und Geschichte", 1976. Ich zitiere im Folgenden nach der französ. Ausgabe von 1991. 265 Ebd., S. 3, u.ö.
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
Grundaussage ist folglich der Redewendung von Marcie über die menschliche Minimalethik zuzuordnen. Freilich entsteht diese universale Ethik zunächst einmal nur im universal ausgerichteten Blick des Historikers, Philosophen oder Politikers etc. als Weltenbetrachter. Geschichtsmächtig wird diese universale Minimalethik erst dann, wenn sie überall annähernd gleich bewußt wahrgenommen wird. Die aufgeworfenen universalgeschichtlichen Fragestellungen sind von allseits überzeugenden Antworten noch weit entfernt, vermutlich werden sie aber die Forschungsdisziplin „Geschichte der Menschenrechte" in Zukunft immer mehr prägen. Blicken wir noch einmal auf die Lage der französischen Forschung, erscheint ein Buchtitel von Jean Imbert symptomatisch: „Les droits de l'homme en France" (1985). 266 Das könnte die Haupttendenz der französischen Forschung charakterisieren. Imbert sieht im antiken und mittelalterlichen Naturrecht theoretische Ansätze, aus denen später die Naturrechts- und Menschenrechtslehre der Aufklärung geschöpft habe. Die eigentliche Geschichte der Menschenrechte beginne mit der Déclaration von 1789, deren weltweite Wirkung er unterstreicht. Obwohl alle historischen Epochen im Rahmen der historischen Betrachtungen zur Geschichte der Grund- und Menschenrechte schon frühzeitig einen Platz unter den .Geburtshelfern' dieser Rechte erhalten haben, variiert die Dichte der Kenntnisse und damit der Überzeugungskraft der Argumente. Die frühe Neuzeit ist durch die jüngere Forschung aus der Rolle der Inkubationsphase in die einer ersten Verwirklichungsphase von Grund- und Menschenrechten gewechselt. Ob dieser Nachweis auch für das Mittelalter und die Antike gelingen wird, muß trotz intensivierter Studien offen gelassen werden. Dies hängt jedoch auch vom Denkansatz ab, denn bisher liegt der Forschung überwiegend die These zugrunde, daß es sich bei den Grund- und Menschenrechten um ein Phänomen historisch fortschrittlicher Entwicklung (mit verschiedenen Rückschlägen) handelt. Besteht die Möglichkeit zu einer genaueren Antwort auf die Frage, ,wie es eigentlich gewesen'? Darüber soll die im folgenden vorgeschlagene Archäologie der Grundrechte Auskunft geben.
266
Imbert, Jean, Les droits de l'homme en France, 1985; vgl. ders., u.a., Les principes de 1789, 1989.
Kapitel 2 Das Konzept der Archäologie der Grundrechte 2.1. „ Grundrechte) " statt „ Menschenrecht(e) " als Arbeitsbegriff Die meisten Darstellungen zur Geschichte der Menschenrechte geben keine völlig eindeutige Definition ihres Untersuchungsgegenstandes. Zum einen ist dies gar nicht so einfach, weil es sich bei Menschenrechten um ein .bewegliches' Phänomen handelt, um ein Phänomen, das den Wandel als Wesenselement in sich trägt.1 Zum andern kann selbstverständlich von einem Vorverständnis von Menschenrechten ausgegangen werden, das heute zum allgemeinen Wissensbestand gehört - nicht unbedingt uneingeschränkt zu dem des berühmten Mannes auf der Straße, aber zu dem der Politiker, der Wissenschaftler und allgemeiner Akademiker, der Literaten, der Künstler usf. Diese Einschränkung drängt sich auf, weil es ein weit verbreitetes .karitatives Verständnis' von Menschenrechten gibt, dem aber kaum eine klare und vor allem bewußte Definition von „Menschenrecht" zugehört. Das allgemeine Vorverständnis orientiert sich an der UNO-Menschenrechtserklärung vom 10. Dezember 1948, die ihrerseits unleugbar in der Tradition von 1789 steht. Die Geschichte der Grund- und Menschenrechte besteht nicht aus einem letztlich durchgängigen, schlimmstenfalls phasenweise unterbrochenem Fortschrittsprozeß. Z.T. besteht sie eher in der Widerspiegelung eines bestimmten Problembewußtseins von solchen Rechten als in realen Fakten (das gilt besonders für die Zeit seit 1789), z.T. handelt es sich um ein zeitgleiches Nebeneinander unterschiedlicher Konzepte und Praktiken, z.T. geht es um epochen- und gesellschaftsspezifische Phänomene, die selbstredend der chronologischen Abfolge unterliegen, ohne jedoch zwangsläufig einen fortschrittsbildenden Kausalzusammenhang zu erzeugen. Dem entsprechen die unterschiedlichen Denkmodelle, die im 1. Kapitel vorgestellt wurden. Zu aller Erschwernis kommt hinzu, daß eine Wortkombination wie ius kominum schon in der Antike nachweisbar ist. Deshalb ist es nicht möglich, einfach vom heutigen Begriff „Menschenrecht" ausgehend eine Geschichte der Menschenrechte zu schreiben, denn offenbar hat es schon früher einen solchen Begriff oder solche 1
Vgl. statt vieler den Versuch einer grundsatzlichen Betrachtung bei: Krawietz, Werner, Evolution des Rechts und der Menschenrechte (1978); Fröhlich, Klaus/Rasen, Jörn (Hg.), Menschenrechte im Prozeß der Geschichte. Historische Interpretationen, didaktische Konzepte, Unterrichtsmaterialien, 1990. Der Wandel der Menschenrechte wird vor allem auch im Zusammenhang mit den Nachfolgedokumenten der UN-Menschenrechtserklärung untersucht und besonders am Beispiel der WSK-Rechte (wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte) sowie des Rechts auf Entwicklung festgemacht. Vgl. u.a.: Riedel, Eibe H., Theorie der Menschenrechtsstandards, 1986; Brepohl, Wilhelm, Die sozialen Menschenrechte, 19S0.
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
Begriffe von „Menschen-Recht" gegeben, die nicht zwangsläufig mit unserem heutigen Verständnis identisch sind. Um die Verwirrnis zu erhöhen, haben wir es nicht nur mit „Menschenrecht" oder „Rechte der Menschheit" u.ä. in verschiedenen Sprachen zu tun, Sondern auch mit „Grundrecht", „Freiheitsrecht(en)", „Fundamentalrecht(en)" etc., alles sowohl historisch auftretende wie metasprachliche Begriffe der Historiker. Erstaunlicherweise gibt es keine Geschichte des Begriffs „Menschenrechte", nicht einmal in der deutschen Literatur, in der sonst mannigfaltige Begriffsgeschichten anzutreffen sind. Allzu selbstverständlich erscheint die Verkürzung der Geschichte der Menschenrechte (die gewöhnlich „zugebilligten Vorläufer" einmal ausgenommen) im allgemeinen Bewußtsein auf die Zeit seit 1789, als „Menschenrecht" zu einem internationalen und - denkt man an die Rezeption in Südamerika um und nach 1800 - auch interkulturellen Leitbegriff wurde. Die vermißte Begriffsgeschichte von „Menschenrecht" wird dem Leser im übrigen im dritten Teil dieser Studie in Kapitel 5 angeboten. Der Historiker braucht jedoch zunächst einen praktikablen Arbeitsbegriff, um der Dimension des Wandels gerecht werden zu können. Eines wird aus dem Begriffswirrwarr deutlich: wir haben es mit drei Diskursen zu tun, die sich teils um mehrere, teils um einen einzigen Zentralbegriff aufbauen und die sorgfältig voneinander unterschieden werden müssen. Der erste Diskurs beruht auf der historisch gegebenen Wirklichkeit bestimmter Begriffe und reicht vom ius hominum der Antike über die unterschiedlichen Varianten von Fundamentalrecht der feudalständischen Gesellschaft bis zur jüngsten Wortschöpfung ,.grundlegendste Menschenrechte" der 1980/90er Jahre.2 Der zweite Diskurs vermittelt das aktuelle Menschenrechtsverständnis in seiner ganzen Bedeutungsbreite. Er baut sich um den Begriff „Menschenrecht" auf. Der dritte Diskurs ist jener der Historiker, er gehört der Ebene wissenschaftlicher Ordnungsbegriffe an. „Menschenrechte" („Grundrechte" usf.) definieren hier historische Untersuchungsgegenstände. Die Elemente der Definition sind sowohl aus dem ersten wie dem zweiten Diskurs zu schöpfen, wenn es sich um eine zeitlich übergreifende Untersuchung handelt, denn: der erste, jeweils historisch gegebene Diskurs, verweist auf die epochen- und gesellschaftsrelativistische Betrachtungsdimension, der zweite, heutige Diskurs, verweist auf den gerade erreichten Stand einer historischen Entwicklung, die sich in einem weit verbreiteten Bewußtsein linear-teleologisch ausnimmt, folglich der epochen- und gesellschaftsrelativistischen bis zu einem gewissen Grad zuwiderläuft. Der Historiker muß sich beidem stellen, er kann nicht zwischen beidem wählen, entsprechend muß der
2
Vgl. z.B.: Schäfer, Bernd/Schulze, Theodor (Hg.), Menschenrechte im Unterricht. Analysen und Texte zu einem Lehrerpreisausschreiben der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 1982, ebd., S. 54: „Einige Menschenrechte sind grundlegender, grundsätzlicher, das heißt noch wichtiger als andere, beispielsweise das Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit, Schutz gegen willkdrliche Verhaftung, Folter usw." (Walter Meitineit). Auch im gesprochenen politischen Wort ist häufig die Rede von „grundlegenden" oder gar „grundlegendsten Menschenrechten".
2. Das Konzept der Archäologie der Grundrechte
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wissenschaftliche Ordnungsbegriff ausgelegt sein. Sinngemäß gilt dies alles auch für den Begriff „Recht". Als ein solcher Begriff soll „Grundrecht(e)" und nicht ,,Menschenrecht(e)" verwendet werden, da letzterer Begriff erst einmal einer gründlichen historischen Erläuterung im Rahmen der versprochenen Begriffsgeschichte bedarf. Über die Frage der Definition von „Recht", die zuerst zu leisten ist, gibt es eine reiche Literatur. Dies und das .Ansinnen' einer universalhistorischen Betrachtung des Rechts im Spiegel einer Universalgeschichte der Rechtswissenschaft veranlaßte Hermann Kantorowicz, eine sehr weitgefaßte Definition von Recht aufzustellen: „Das Recht ist eine Gesamtheit von Regeln, welche die Vermeidung oder die ordnungsgemäße Beilegung von Streitigkeiten bezwecken."3 Der Begriff „Streitigkeiten" stellt zweifellos einige Anforderungen an das Vorstellungsvermögen. Zunächst geht er von einem konflikt- und verhaltenssoziologischen Gesellschafts- und Menschenverständnis aus, und meint sodann Konflikte, die sich von alltäglichen zwischenmenschlichen Konflikten bis hin zum Abwehrkonflikt,Individuum-Staat' und ethnischen Konflikten ziehen. Kantorowicz' „Streitigkeiten" sollte man daher durch „Konflikte" ersetzen. Die zitierte Definition erscheint immer noch als diejenige, mit der der Historiker am besten arbeiten kann, während z.B. Max Webers Definition zuviele einschränkende Merkmale enthält.4 Spezifizieren wir dies jetzt im Hinblick auf unser Thema: Mit5 „Grundrechte" seien solche »Regeln zur Vermeidung oder ordnungsgemäßen Beilegung« von Konflikten bezeichnet, die ihrer Bestimmung nach in einer gegebenen Gesellschaft auf allgemeine Gültigkeit hin angelegt und als Grundlegung der gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Ordnung, kurz der Ordnung einer gegebenen societas humana als solcher zu erachten sind. Dies meint also mehr als nur Individualrechte, nämlich eine objektive Wertordnung, setzt aber nicht eine als universal, d.h. weltweit gedachte 3
4
5
Kantorowicz, Hermann, Der Begriff des Rechts [1939], 1963, S. 29. K. präzisiert S. 36 f. den Begriff der Regel: „Recht ist eine Gesamtheit von Regeln, welche äußeres Verhalten vorschreiben und als gerichtsfühig angesehen werden." Herbert L.A. Hart hingegen bestreitet die Möglichkeit, von „Recht" eine Definition zu geben. Er sieht nur (umfassende) ErläuterungsmOglichkeiten. Hart, Herbert Lionel Adolphus, Der Begriff des Rechts, 1973, hier S. 27-33. Kininger, Ewald, Die Realität der Rechtsnorm, 1971, führt verschiedene Definitionsansatze an; seine eigene Definition ist ftìr unser Vorhaben letztlich zu eng: „Somit verstehe ich unter Recht die Normen, deren Einhaltung durch einen Zwangsapparat garantiert werden und die im konkreten Falle durch die Einwirkung vor allem wirtschaftlicher, politischer, geistiger und willensmSBiger Kräfte verwirklicht werden." Ebd., S. 40. „»Recht« ist für uns eine »Ordnung« mit gewissen spezifischen Garantien für die Chance ihrer empirischen Geltung. Und zwar soll unter »garantiertem objektiven Recht« der Fall verstanden werden: daß die Garaitie in dem Vorhandensein eines »Zwangsapparates« im früher definiertem Sinn besteht, also einer oder mehrerer sich eigens zur Durchsetzung der Ordnung durch speziell dafür vorgesehene Zwangsmittel (Rechtszwang) bereithaltender Personen." S. Weber, Max, Rechtssoziologie, 2. Aufl. 1967, S. 71. Ich lehne mich hier an eine von mir bereits an anderer Stelle verfaßte Definition an; vgl. Schmale, Wolfgang, Rechtskultur im Frankreich des Ancien Régime..., S. 527 f. Für den Historiker scheint mir am ehesten der Versuch von Luhmann auswertbar: Luhmann, Niklas, Grundrechte als Institution, 1965, 2. Aufl. 1974. S. dazu: Willke, Helmut, Stand und Kritik der neueren Gnindrechtstheorie, 1975, S. 157-180, Kritik S. 180203. Vgl. desweiteren zum soziologischen Rechtsbegriff und dort auch noch einmal zu Luhmann: Bechtler, Thomas W., Der soziologische Rechtsbegriff, 1977.
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
Gültigkeit voraus, schließt aber wohl beides ggf. ein. So gesehen ist dieser Arbeitsbegriff weiter gefaßt als der heutige Menschenrechtsbegriff. Die Definition bezieht sich auf die verschiedenen Erscheinungsformen von Recht, also auf Recht in seinen positivierten Formen (absteigend: Verfassung, kodifiziertes Recht - z.B. kodifziertes Gewohnheitsrecht - , Gesetz, in verschiedener Weise schriftlich fixierte Rechtsnormen mit bindender Wirkung im Rechtsvollzug und in der Rechtsprechung), auf faktisch geltendes, da sozial praktiziertes Recht und auf Recht als Vorstellung, Idee, Postulat. Um u.a. eben fur diese vielfältigen Erscheinungsformen von Recht offen zu sein, wählte Kantorowicz seine Definition. „Gültigkeit" versteht sich in Anlehnung an die von der Rechtssoziologie aufgestellten Geltungsmodalitäten von Recht sowohl als faktische (soziale), als auch als juristische und schließlich gesetzliche Gültigkeit.6 Auch dies ist ein Anliegen der Definition von „Recht" durch Kantorowicz. Die Einbeziehung von „vorgestelltem"7, gedachtem und postuliertem Recht entspricht gleichfalls rechtssoziologischen sowie sozial-, mentalitäts- und ideengeschichtlichen Kriterien, die über die Wirklichkeit des Menschen und der Gesellschaft genauso Auskunft geben und zu ihr gehören wie das praktisch geltende Recht. „Vorgestellte", gedachte und postulierte Rechte gründen sich in bestimmten Idealen, Werten und Wertvorstellungen, die folglich über den Grundrechte-Begriff mit zu erarbeiten sind. Historische Forschung ohne eine bewußt gemachte geographische Grundlage ist nicht möglich. Der verwendete Begriff „Gesellschaft" läßt spontan an größere Einheiten wie Nation, Europa oder gar Weltgesellschaft denken, also an abgegrenzte Nationalstaaten, den geographischen Raum Europa oder an die Erde als Ganzes. Die gewählte Bestimmung des Arbeitsbegriffes ,,Grundrecht(e)" ist offen für eine „Hierarchie" von geographischen Räumen. Zu bedenken sind die oftmals notwendig recht eingeschränkten Horizonte frühneuzeitlicher Gesellschaften und der unterschiedliche Grad ihrer Vernetzung untereinander. Bevor also größere Einheiten wie Staaten, Kontinente oder noch mehr in der Betrachtung erreicht werden, muß über die Wirkung und Praxisrelevanz begrenzterer geographischer Räume und Horizonte nachgedacht worden sein. Daher lautet es „gegebene Gesellschaft", also etwa die kursächsische, die burgundische, ,die deutsche', ,die französische' Gesellschaft etc. Desweiteren ist der Arbeitsbegriff nicht auf die Perspektive des Verhältnisses von Individuum und Staat begrenzt, sondern schließt jedes denkbare Feld rechtlicher Be-
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Vgl. Ryffel, Hans, Rechtssoziologie, 1974, S. 246. Landau, Peter, Rechtsgeschichte und Soziologie (1974), verwies auf die Notwendigkeit, soziologische Ansätze in die Rechtsgeschichte einzubringen; ebd., bes. S. 160 ff. Ich verwende den Begriff „vorgestellt" sowie „Vorstellung", um zwischen den präzisen Artikulationen derer, die die Instrumente der Schriftkultur uneingeschränkt beherrschten (Gelehrte, Literaten, Philosophen usw., usw.), und den zumeist nur indirekt erfaßbaren Artikulationen der breiten Bevölkerungsschichten, die sich der Instrumente der Oral- bzw. semi-Oralkultur bedienten, unterscheiden zu können. Begriffe wie „Idee" würden also auf die der Schriftkultur zuzurechnenden, der Begriff „Vorstellung" entsprechend auf die der Oral- oder semi-Oralkultur zuzurechnenden Personen und Gesellschaftsschichten verweisen.
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Ziehungen ein.8 Gerade fiir die stände- und feudalrechtlich geprägte frühe Neuzeit ist die Beziehung „Gruppe-Individuum" von zentraler Bedeutung. Die heutige gängige Interpretation von Menschenrechten als Abwehrrechte des Individuums gegen den Staat, insbesondere gegen unrechtmäßige Gewaltanwendungen bei der Ausübung von Herrschaft, greift in dieser Gestalt nicht ohne weiteres in der frühen Neuzeit. Daraus den Schluß zu ziehen, die frühe Neuzeit habe Menschenrechte nicht wirklich gekannt, wäre aber übereilt. Diese Epoche kennt sehr wohl den Menschen als Individuum, mit einer individuellen Sphäre, auch individuellen Rechtssphäie, aber die Abwehr unrechtmäßiger Herrschaftsgewalt war eine charakteristische Aufgabe kollektiver Einrichtungen, auch dann, wenn nur Einzelpersonen betroffen waren.9 Diese Arbeit wird Gelegenheit bieten, darauf zurückzukommen. Grundrechte als Grundlage von menschlichen Ordnungen müssen z.B. auch fur die Beziehungen zwischen Individuen oder zwischen Gruppen und Individuen etc. gelten. Der einzelne Brandmörder mit Motiv Ausländerhaß begeht nicht weniger ein Verbrechen gegen die Grund- und Menschenrechte als ein Staatsorgan, das den politisch Andersdenkenden in Haft nimmt und zu Tode foltert. Während in der heutigen Grundrechtelehre diese sog. Drittwirkung trotz unterschiedlichen Verständnisses akzeptiert erscheint, wird sie in der Forschung zur Geschichte der Grund- und Menschenrechte vernachlässigt.10 Der Arbeitsbegriff legt nichts anderes als eine „Qualitätsstufe" fest, er legt bewußt keine bestimmten Inhalte a priori fest. Diese Offenheit ist notwendig, um Platz fur die Überraschungen zu haben, die die historische Realität bietet, vor allem dann, wenn man sich von den aseptischen Bücherschränken mit den goldgeprägten Werkausgaben der großen Denker abwendet und in den Staub der Archive kniet. Notwendig ist diese Offenheit auch um der systematischen Vergleichbarkeit willen von verschiedenen Gesellschaften und Ländern im europäischen Raum. Der Arbeitsbegriff ist frei von moralischen Präjudizien, Bewertungen sind eine spätere Aufgabe, die Feststellung von existenten Werten hingegen ist, wie beschrieben, eine sofortige Aufgabe. Selbstverständlich ist der angeführte „Verzicht" auf inhaltliche Vorbestimmungen nicht so radikal und wertefrei, wie er sich im ersten Augenblick ausnehmen mag. Wir bewegen uns im Rahmen dessen, was europäische Kultur genannt wird, wir beginnen nicht in einer Urzeit, deren Voraussetzungen mangels Quellen nicht mehr bekannt sind, sondern in einer Epoche entfalteter Kulturblüte, wo so viele Vorausbedingungen gegeben sind, daß eine Vielzahl denkbarer * So meint auch Zippeiius: „Am Anfang... steht also die Skepsis gegen jeden Versuch, das Recht einseitig von einem Aspekt aus zu begreifen oder auf ein einziges Monument zu reduzieren. Stets ist die Vielfalt der Fragen offenzuhalten, die mit Blick auf das Recht gestellt werden können." Zippeiius, Reinhold, Das Wesen des Rechts, 4. Aufl. 1978, S. 1. 9 10
Vgl. auch die von Peter Blickle initiierte Kommunalismus-Forschung. Zur Grundlegung s. Blickle (1986). Alexy, Robert, Theorie der Grundrechte, 1986, hier S. 476 („Bürger/Bürger-Relation" der Grundrechtsnormen) und Kap. 10 („Grundrechte und Grundrechtsnormen im Rechtssystem"), passim, mit der einschlagigen Literatur zum Diskussionsstand. Alexy befaßt sich ausführlich mit der sog. Drittwirkung der Grundrechte. Vgl. aus der Literatur z.B. auch: Achterberg, Norbert, Die Gesellschaftsbezogenheit der Grundrechte (1978).
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Möglichkeiten und Varianten von vorneherein ausscheiden. Kurzum, der Arbeitsbegriff „Grundrechte)" ist ein Instrument, um die Masse des inirage kommenden fhihneuzeitlichen Quellenmaterials nach bestimmten Kriterien zu entwirren und eine Bestandsaufnahme zu ermöglichen, so daß eine geordnete empirische Basis entsteht, an der, wo immer nötig, auch quantitative Untersuchungen durchgeführt werden können. Die konzeptuelle Voraussetzung des Arbeitsbegriffs ist im Kern soziologisch. In der konkreten Forschungsarbeit differenziert sich dieses „soziologisch" in sozial-, mentalitäts-, ideengeschichtliche und andere Methoden, die im folgenden unter dem Begriff der Archäologie des Rechts zu einem Instrumentarium zusammengefaßt werden sollen.
2.2. Das Konzept der Archäologie der Grundrechte Das Konzept der Archäologie der Grundrechte wird von drei Säulen getragen: - historische Komparatistik - Rechtskulturforschung - Archäologie des Rechts als Methode. Auf die Herleitung der gewählten Bezeichnung „Archäologie des Rechts" gehe ich unten im Zusammenhang mit der Darlegung der Methoden ein. Gegenstand der Archäologie der Grundrechte ist die Erforschung der Geschichte von Grundrechten gemäß obiger Definition innerhalb einer (oder mehrerer) Rechtskulturen auf der Grundlage eines systematischen Vergleichs von mindestens zwei geographischen Räumen (Regionen), der sich der Methoden der Archäologie des Rechts bedient. Recht und Grundrecht wurden bereits definiert. Zu erläutern sind noch die Komponenten Vergleich, geographischer Raum (Region), Rechtskultur und Methoden der Archäologie des Rechts. 2.2.1. Historische Komparatistik: Der regionalgeschichtliche kursächsisch-burgundische Vergleich Daß eine komparative Studie, die auch auf die mikrohistorische Ebene vordringen will, ohne geographisch begrenzte Fallstudien nicht auskommt, dürfte selbstverständlich sein. Die Frage ist vor allem, worin sich die getroffene Wahl Kursachsen hier, Herzogtum Burgund dort - begründet. Grundsätzlich gilt auch auf dieser Ebene, daß zahlreiche andere Vergleichsregionen denkbar gewesen wären. Region verweist auf die sozialhistorischen und kulturgeographischen Implikationen, die dieser Begriff seit der französischen Humangeographie, der älteren deutschen Landesgeschichte, den Annales-Historikern (die in den ersten Jahren der Zeitschrift die Methoden der deutschen/rheinischen
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Landesgeschichte durchaus rezipierten) 11 und seit der neueren Theoriediskussion hat.12 Die Stoßrichtung dieser Ansätze geht dahin, die Region nicht unmittelbar mit territorialstaatlichen oder territorialen Verwaltungs-, sprich politischen Einheiten gleichzusetzen, sondern sich für die Wahrnehmung „grenzüber- bzw. unterschreitender" Phänomene bereitzuhalten.13 Nun sind in der frühen Neuzeit territorialstaatliche Einheiten im deutschen Reich und Verwaltungseinheiten wie die Provinzen bzw. généralités in Frankreich keine statischen Gebilde gewesen, ihre Grenzen waren mehrfach ganz erheblichen Änderungen unterworfen wie im Fall Kursachsens oder im Fall des Herzogtums Burgund. Die jeweiligen politischen oder administrativen Grenzen bewahren aber allein schon deswegen ihre auch sozialgeschichtliche Bedeutung, weil sie immer zugleich Grenzen positivierten Rechts darstellen und damit den Untersuchungsbereich Gesellschaft-positiviertes Recht in dieser Hinsicht geographisch begrenzen. Für diese Arbeit dienen die politischen/administrativen Grenzen deshalb durchaus der Bestimmung der Regionen, während die angesprochene Theoriediskussion über Formen, Funktionen und Grundlagen der Regionalgeschichte vor allem für die angewandten Methoden fruchtbar gemacht werden kann. Unbestritten bleibt, daß aufgrund der unterschiedlichen inneren territorialen Struktur je des französischen Königreiches und des deutschen Reiches die territorial-politischen Grenzen in der deutschen Forschung eine gewichtigere Rolle spielen müssen als in der französischen. Diese Grenzen sind für die Stiftung einer landesgeschichtlichen Einheit wichtiger gewesen als in Frankreich. Materielle Voraussetzung für den regionalgeschichtlichen Vergleich ist, daß Forschungsvorleistungen erbracht sind, auf denen aufgebaut, und daß auf umfangreiches Archivmaterial zurückgegriffen werden kann. Beides ist von um so größerem Gewicht, als bisher keine systematischen Regionalstudien zur Geschichte der Grundrechte vorliegen. Es hat darüber hinaus bisher noch niemand versucht, jedenfalls soweit ich sehe, eine historische14 Typologie der europäischen Regionen aufzustellen. Auch Hans-Heinrich Noltes neuerer Vorschlag von „Internal Peripheries" ist von der gewünschten Typologie noch weit entfernt und würde für eine solche wohl auch
" Vgl. ein laufendes Forschungsprojekt von Peter Schottler, das er u.a. am 13. Juni 1989 an der Ruhr-Universität Bochum in einem Vortrag unter dem Titel „Rezeption der deutschen Geschichte und Geschichtsschreibung durch die frllhen Annales" vorstellte. S. vorläufig mit weiteren Hinweisen auf das Projekt von demselben: Eine spezifische Neugieide. Die frühen .Annales" als interdisziplinares Projekt (1992). 12 Vgl. den Oberblick bei Stauber, Reinhaid, Regionalgeschichte versus Landesgeschichte? Entwicklung und Bewertung von Konzepten der Erforschung von „Geschichte in kleinen Räumen" (1994); Zorn, Wolfgang, Territorium und Region in der Sozialgeschichte (1986). S. außerdem: Ruppert, K. (Hg.), Zum Standort der Sozialgeographie, 1968. 11 Vgl. z.B. die Bestimmung eines schwabisch-ostschweizerischen Marktraums bei GOttmann, Frank, Getreidemarkt am Boden see, 1991. 14 Etwas anders verhalt es sich in bezug auf die EU, fltr deren Bedürfnisse Definitionen von „Region" vorliegen. Wegen des jeweiligen normativen Rahmens lassen sich dort leichter Obersichten Ober die „Euroregionen" erstellen; vgl. Hrbek, Rudolf/Weyand, Sabine, betrifft: Das Europa der Regionen, 1994.
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kaum ausreichen.15 Anregungen ließen sich aus der (europabezogenen) Wirtschaftsund Sozialgeschichte gewinnen; im allgemeinen sind die Kriterien aber zu unpräzise, wie bei Bennassar etwa, als daß aus ihnen eine Typologie zu gewinnen wäre.16 Eine Typologie wäre hilfreich bei der Wahl von Beispielregionen, aber da es sie nicht gibt, müssen die Auswahlkriterien hier, an dieser Stelle, gesucht und begründet werden. Europa war schon immer ein Europa der Regionen. So gesehen repräsentiert eine Region in erster Linie sich selbst. Dennoch birgt jede Region zugleich über sich hinausweisend Merkmale in sich, die für den Großraum, dem sie angehört, repräsentativ sind. Sie zeigen das Allgemeine im Besonderen, auch wenn Wolfgang Zorn meint: „In keinem Fall sollte es ausreichen, Regionsgeschichte gegenüber der älteren Landesgeschichte nur als verbesserte Beispiel-Werkstätte zur Gewinnung allgemein gültiger Erkenntnisse zu verstehen."17 Hier geht es jedoch weniger um Regionalgeschichte als terra electa der Sozialgeschichte, auch nicht um die Geschichte zweier Regionen je für sich, sondern um die Frage, mittels welcher Methode der Geschichte der Grund- und Menschenrechte die geforderte Erneuerung und die geforderte archivalische Grundlage als Teil der Erneuerung gegeben werden kann. Dabei steht das Interesse, anhand der Untersuchung des Besonderen Aufschlüsse über das Allgemeine zu erhalten, im Vordergrund, alles andere ist dabei Voraussetzung. Oder, um es mit Jürgen Kocka zu formulieren: „Ich beschränke mich auf die Bemerkung, ..., daß man, auch wenn man regional oder örtlich vergleicht, von dem gesamtgesellschaftlichen, nationalen Kontext der verglichenen Regionen und Orte nicht absehen, diesen vielmehr expressis verbis einbeziehen sollte. Zwei Gründe sprechen dafür: Zum einen sind doch die meisten Handlungs- und Lebensbereiche, die man in der Region, im einzelnen Dorf oder in der einzelnen Stadt erfassen mag, durch national spezifische gesellschaftliche Strukturen, Sprache, Kultur, Politik, Erfahrungen, Traditionen geprägt. Zum andern schreibt der Historiker fur ein Publikum, zu dessen Selbstverständnis die nationale Identifikation weiterhin zentral dazugehört, das Interesse fur nationale Vergleiche mitbringt und dafür eine Antenne hat."18 Es scheint mir im Anschluß an dieses Kocka-Zitat aber richtig zu betonen, daß die nationale Ebene nicht die letzte ist; anstelle von „national spezifisch" läßt sich sehr gut auch von „europa-spezifisch" sprechen, da vieles nur vermeintlich national ist. Immerhin reichen die Prozesse der Nati15
Nolte, Hans-Heinrich (Hg.), Internal Peripheries in European History, 1991. S. 1, Deñnition von „Internal Peripheries": „Within a society delineated by state boundaries we call a region the „internal periphery", where conditions are organised to the advantage of people living in another region which we call the centre." (Hervorhebung von region durch mich). Vgl. ebd., S. 8 f., Liste interner Peripherien fllr die frühe Neuzeit. " Bennassar, Bartolomé/Chaunu, Pierre (Hg.), L'ouverture du monde, XIV e -XVI e siècles, 1977, hier Beitrag Bennassar, Karte S. 438, Aufteilung Europas nach drei,Regionen': Europa der Allode mit Beschränkung der Grundherrenrechte auf die Jurisdiktion; Europa der Grundherrschaft (Feudalrechte); Europa der Gutsheirschaft und Leibeigenschaft. " Zorn, Wolfgang, Territorium und Region in der Sozialgeschichte (1986), hier S. 154. 18 Kocka, Jürgen, Probleme einer europäischen Geschichte in komparativer Absicht ( 1989), hier S. 25.
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onsbewußtseinsbildung aber bis weit ins Mittelalter zurück,19 sie entfalteten eine, wenn auch, begrenzte integrierende Wirkung, die die Regionen ein- und desselben übergeordneten politischen Verbandes enger zusammenwachsen ließ. Was kann man nun vergleichen? Miteinander vergleichen kann man grundsätzlich alles, solange die Vergleichsobjekte genau beschrieben und die Bedingungen ihrer Gleichheit oder Ungleichheit präzise erfaflt werden. Was verglichen wird, hängt ausschließlich vom Erkenntnisinteresse ab. Das Ungleiche miteinander zu vergleichen, verspricht häufig mehr Aufschlüsse als jeder andere Vergleich. Eine höhere Ebene kann mit einer niedereren und umgekehrt verglichen werden. Es kommt auf das Erkenntnisinteresse an.20 Da die vorliegende Studie der bisherigen Forschung Neuland erschließen will, kann sie sich nicht auf die ohnehin schon relativ gut erforschte Ideengeschichte der Grund- und Menschenrechte beschränken, vielmehr versucht sie, verschiedene Perspektiven zu bündeln. Diese reichen von der Ideengeschichte bis zur Mentalitätsgeschichte, von der Sozialgeschichte des Rechts bis zur Geschichte von Wirtschaft, Kultur und Kommunikationswesen, um nur einige Stichworte zu nennen.21 Die Beispielregionen müssen folglich die Fülle des rechtlichen (Recht, Verwaltung, Verfassung), des sozialen, des wirtschaftlichen, des kulturellen, des kommunikativen, des religiösen und des ideellen Lebens umfassen. Arme und dünn besiedelte Regionen würden diese Kriterien nicht erfüllen können. Sie kommen als Demonstrationsregionen nicht in Frage. Solange keine unserem Ansatz vergleichbare Arbeiten vorliegen, kann nur, salopp ausgedrückt, der Griff in die Vollen Erfolg versprechen. Folglich wurden zwei Beispielregionen ausgewählt, die die Fülle des Lebens, wie aufgezählt, mit möglichst geringen Abstrichen repräsentieren und die sich deshalb in dieser Beziehung auch ähnlich sind. Die fehlende historische Typologie der Regionen in Europa kann hier nicht schnell nachgeholt werden, aber einige Kriterien aus der angesprochenen Fülle des Lebens seien untersucht, die auf weitere Sicht Bausteine einer solchen Typologie abgeben könnten. Es geht dabei im Augenblick um einen ersten Zugang, mit dem weiteren Vergleichsaspekten nicht vorgegriffen werden soll, da diese erst aus den Quellen zu eruieren sind. So würde man in einer Typologie über Modemisierungsfaktoren wie Individualisierungsprozesse reden müssen, diese sind für den kursächsisch-burgundischen Vergleich jedoch erst einmal zu erarbeiten - was in Kapitel 3 und 4 geschehen wird. Besonderes Augenmerk wurde bei der Auswahl auf europarelevante Kriterien gerichtet. Es war nicht entscheidend, ob zwischen den Beispielregionen besondere " Stauber, Reinhard, Nationalismus vor dem Nationalismus? Eine Bestandsaufnahme der Forschung zu „Nation" und „Nationalismus" in der Frühen Neuzeit (1996), zum Mittelalter 140 ff. 20
Sinngemäß so auch Puhle, Hans-Jürgen, Theorien in der Praxis des vergleichenden Historikers (1979), S. 128 ff., 130 ff. und Haupt, Heinz-Gerhard/Kocka, Jürgen, Historischer Vergleich: Methoden, Aufgaben, Probleme (1996), hier S. 24 f. Haupt/Kocka übergehen die historische Komparatistik zur Frühen Neuzeit leider fast völlig.
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Daß in der historischen Komparatistik eine solche Breite vonnöten ist und der gelegentlich erhobene Vorwurf des Eklektizismus ins Leere geht, wird von Puhle (1979), op.cit., S. 134 ff. erörtert.
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Beziehungen bestanden oder nicht. Die in diesem Buch vollzogene „Ehe" zwischen Kursachsen und dem Herzogtum Burgund könnte sich immerhin darauf zurückbeziehen, daß zwischen 1451 und 1454 ernsthafte Vorbereitungen für eine Ehe zwischen Anna (1437-1512) aus dem Haus Wettin und Karl dem Kühnen betrieben, im März 1454 jedoch abgebrochen wurden...22 Nun zu den Kriterien, die für die Bestimmung des Typs der europäischen Region hilfreich erschienen: 1. Stellung im übergeordneten politischen Verband Das Herzogtum Burgund galt den Zeitgenossen immer als Erste Provinz Frankreichs. Darin setzte sich der Glanz des ehemals selbständigen burgundischen Reiches fort, das freilich mehr als das eigentliche Herzogtum Burgund umfaßt hatte. Kursachsen gehörte in die erste Reihe der Mitglieder des deutschen Reiches, bis zum endgültigen Aufstieg Brandenburg-Preußens mag es sogar als Nummer Eins im Reich bezeichnet werden. Mit dem Griff nach der polnischen Krone erreichte Kursachsen bei einer zeitlichen Verschiebung von ca. drei Jahrhunderten einen politischen Zenith europäischen Zuschnitts wie ehedem Burgund vor 1500. Beide Regionen weisen sich durch ihre binneneuropäische Lage aus, die sie zu Durchgangsgebieten sowie zu Import- und Exportgebieten u.a. auch für kulturelle Güter machten. Sie besaßen eine politisch-strategische Bedeutung im europäischen Rahmen. Einen gewissen Symbolwert für Burgund beinhaltet die Tatsache, daß es die Akademie von Dijon gewesen war, die Mitte des 18. Jh. jene zwei ingeniösen Preisfragen ausgeschrieben hatte, aus denen die beiden berühmten „Discours" Rousseaus hervorgegangen waren. Und als kursächsisches Pendant wäre auf das kulturelle Zentrum Dresden und seine Ausstrahlung hinzuweisen. Etwas süffisant schrieb um 1800 der anonyme Fortsetzer von Adelungs Kulturgeschichte der Menschheit: „Es gab eine Zeit, wo man sich in Sachsen einbildete, daß die höhere Cultur in Deutschland um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts, vorzüglich in Sachsen, ihren höchsten Gipfel erreicht habe Burgund wie Kursachsen bildeten in ganz verschiedener Hinsicht europäische Drehscheiben sowie Kristallisationspunkte des Rechts. Die burgundischen Juristen genossen Ansehen in ganz Frankreich, ihre Werke standen denen der Pariser Juristen in der allgemeinen Beliebtheit kaum nach. Und mit wieviel mehr Berechtigung läßt sich das für die sächsischen Juristen im deutschen Sprachraum sagen! Beide Regionen waren auch Kristallisationspunkte der Freiheitsproblematik. Seit Eike von Repgows berühmter Stelle Uber die Widerrechtlichkeit der Unfreiheit hat Sachsen eine dichte Tradition an freiheitlicher Rechtslehre, die in eine deutsche Vorreiterfunktion bei der naturrechtlichen Begründung der Freiheit mündete und bis in die sächsischen und außersächsischen Bauernunruhen der Revolutionszeit hineinwirkte. Die burgundische Coutume des ausgehenden 15. Jh. bestimmte, daß niemand Leibeigener sein könne, so daß sich eine eifrige Diskussion über die Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit der Praxis der mainmorte in einigen Teilgebieten mit der Freiheit, auch der natürlichen Freiheit, entspann, die unmittelbar in die nationale vorrevolutionäre Publizistik mündete. 22
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Vgl. Posse, Otto/Kobuch, Manfred (Bearb.), Die Wettiner, Genealogie des Gesamthauses Wettin Emestinischer und Albertinischer Linie, 1994, unter dem entsprechenden Eintrag. K. Blaschke führte mich auf diese ,Spur'. [Anonym], [Forts, von Adelung], „Neunter Abschnitt, Ideenwanderung über Freiheit und Rechte der Menschheit" [1800], S. 49.
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2. Ständische Verfassung Burgund hatte zu den französischen Provinzen gehört, in denen sich die Ständeversammlungen bis zur Revolution behauptet und über umfangreiche Verwaltungskompetenzen verfügt hatten. Die kursächsischen Landtage durchlebten Höhen und Tiefen. Das 18. Jh. gilt zu Recht als deren Schwächeperiode, allerdings gewannen sie bei der Krisenbewältigung nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges und nach den revolutionären Bauern- und Handwerkeraufständen vorübergehend an Boden zurück. Unter dem Gesichtspunkt der Wirksamkeit der ständischen Verfassung geben Kursachsen und Burgund in der frühen Neuzeit gewissermaßen Durchschnittsregionen ab, was auch über den folgenden Punkt gesagt werden kann: 3. Demographisches Potential Hinsichtlich eines demographischen Aspektes wie der durchschnittlichen Bevölkerungsdichte waren sich die beiden Regionen nicht unähnlich: für Burgund wurde um 1786 eine Dichte von 42 Einwohnern pro Km2 ermittelt, für Sachsen lag der entsprechende Wert 1754 bei 47,1,1771 bei 48,5 und z.B. 1790 bei 52,8.24 Burgund gehörte dabei im übrigen zu den weniger dicht besiedelten Gebieten, der französische Durchschnittswert der Zeit hatte bei 53 gelegen. Der Anteil der städtischen Bevölkerung lag in Burgund bei ca. 25%, in Kursachsen bei ca. 30%.25 Ausgehend von den demographischen Aspekten des StadtLand-Verhältnisses sind sich die beiden Regionen äußerlich recht ähnlich. 4. Glaubensgeschichte Beide Regionen erfüllten in der europäischen Glaubensgeschichte je einmal die Funktion eines europäischen Vorreiters, aber zu völlig unterschiedlichen Epochen. Noch heute zeugt das romanische Burgund von der Dynamik christlicher Glaubenserneuerung Cluny stehe hier pars pro toto - im Hochmittelalter, die auf ganz Europa ausstrahlte. Von Sachsen aus entwickelte sich die Dynamik der lutherischen Reformation im frühen 16. Jh. Doch auch Burgund erlebte die Zerreißproben der französischen Glaubenskriege, die Konfessionsfrage erschütterte die Menschen dort vermutlich nicht viel weniger als in Sachsen. Die fraglosen bildungsgeschichtlichen Leistungen der Reformation insbesondere in Sachsen wurden in Burgund zeitlich versetzt durch die katholische Gegenreform .nachgeholt', die Unterschiede ebneten sich allmählich ein. Belassen wir es aus den erwähnten Gründen bei diesen ersten Anhaltspunkten. Zweifellos beziehen sich die genannten Vergleichsmomente zuerst einmal auf Äußerlichkeiten, hinter denen sich ganz unterschiedliche lokale (Demographie) oder inhaltliche Realitäten (Rechtslehre z.B.) verbergen können. Immerhin verweist dies alles darauf, daß, würde man die Überlegungen in Richtung einer Typologie der europäischen Regionen fortspinnen, Burgund und Kursachsen sehr wahrscheinlich in dieselbe Typgruppe eingeordnet werden könnten, nämlich in die Typgruppe der 24
Zu Sachsen vgl. jetzt die Zahlen bei Schiimer, Uwe, Der Bevölkerungsgang in Sachsen zwischen 1743 und 1815 (1996), bes. S. S3. Schirmer ermittelt höhere Zahlen als Blaschke, Karlheinz, BevOlkerungsgeschichte von Sachsen, 1967, S. 43, 91, 98. Lamarre, Christine, La population de la Bourgogne ì la fin du XVIII e siècle à travers le dénombrement Amelot (1786), (1983), hier S. 73.
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Lamarre, op. cit., S. 77; Blaschke, op. cit., loc. cit.; so auch Katrin Keller, Das gewerbereiche Sachsen (1992), S. 40.
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Regionen mit europäischer Bedeutung und Ausstrahlung. Nennen wir es einmal den (historischen) Typ der europäischen Region.26 Solche Aspekte mögen die beiden Beispielregionen über andere hinausheben und besagen, daß ihrer Repräsentativität27 Grenzen gesetzt sind. Weitere Skepsis wird hervorrufen, daß Kursachsen eine staatliche Einheit fur sich, wenn auch innerhalb eines Verbandes, des Reichsverbandes, darstellte, das Herzogtum Burgund (im hier fraglichen Untersuchungszeitraum) hingegen ,nur' eine Provinz im französischen Königreich. Dies ist eine Grundsatzproblematik eines jeden deutsch-französischen Vergleichs (und der meisten anderen denkbaren Vergleiche im europäischen Raum), die nicht zu umgehen ist, bzw. nur dann, wenn man sich grundsätzlich auf keine historische Komparatistik einlassen will. Eine Kompromißformel hätte der Vergleich Frankreich-Preußen28 oder Frankreich-Bayern sein können. Aber auch dieser Vergleich würde bestimmte Ungleichgewichtigkeiten hinsichtlich der staatsrechtlichen Definition der Vergleichsgebilde nicht vermeiden, zudem wären die Vergleichsgebilde fur mikrohistorische Studien zu groß angelegt, von ihrer jeweiligen Heterogenität ganz zu schweigen. Man würde auch in diesem Fall nicht umhinkommen, sich auf einen Zwei-Regionen-Vergleich zu konzentrieren, weil mehr beim augenblicklichen Forschungsstand überhaupt nicht zu bewältigen wäre. Unter diesen Umständen gibt es nichts, was z.B. eine Präferenz Preußen-Frankreich objektiv begründen könnte, und es gewinnt die eher rhetorische Frage an Bedeutung: muß immer in Preußen das deutsche Beispiel gesucht werden, wenn es um innereuropäische Vergleiche geht?29 Diesen Problemen kann ohnehin nur so begegnet werden, daß die unterschiedlichen Verfassungsstrukturen auf ihre Auswirkungen auf die gewählten Untersuchungsgegenstände hin überprüft werden. Der Ansatz bei einem Vergleich von Regionen statt ganzen Reichen sollte nicht darüber hinwegtäuschen, daß auch Regionen, Territorien usw. zu den makrohistorischen Beobachtungsebenen zu zählen sind. Burgund wie Sachsen bilden in sich sehr heterogene Geschichtsräume, bilden historische Komposita verschiedener kleinerer 26
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Der historische Typ der „europäischen Region" ist zu unterscheiden von den heutigen Euroregionen, die einer in der frühen Neuzeit noch nicht existenten „Ideologie" folgen. Freilich lehnen sich die modernen Euroregionen wenigstens z.T. an historische geographische Räume an, die auch bezüglich der frühen Neuzeit evtl. das Label „europäische Region" verdient hätten. Manche der Euroregionen haben sich eine Art .ständischer Repräsentation' (z.B. EUREGIO, CIMAB, etc.) gegeben, die zu einem historischen Vergleich herausfordert. Mit diesem Problem beschäftigt sich auch speziell für Sachsen Hubert Kiesewetter. Seine Arbeit bezieht sich jedoch auf das 19. Jh. und auf die Industrialisierungsproblematik im Zusammenhang mit der Entwicklung der Landwirtschaft. Vgl. Kiesewetter, Hubert, Industrialisierung und Landwirtschaft. Sachsens Stellung im regionalen IndustrialisierungsprozeB Deutschlands im 19. Jh., 1988. Vgl. z.B.: Behrens, Catherine B.A., Society, Government and the Enlightenment. The experiences of eighteenth-century France and Prussia, 1985. Hinzuweisen ist auf das am CNRS, Paris, und an der Universität Leipzig beheimatete Projekt zu Kulturtransfer zwischen Frankreich und Sachsen/Sachsen und Frankreich, an dem ich selber beteiligt bin. Der methodische Ansatz geht jedoch in eine völlig andere Richtung als die hier von mir eingeschlagene; das Projekt ist zudem noch zu jung, um die notwendige Reife entwickelt haben zu können, von der ausgehend prinzipielle Forschungsrichtungen Anregung empfangen könnten.
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Regionen. Mehr als einmal wird in den folgenden Kapiteln die mikrohistorische Ebene von individuellen Biographien, einzelnen Ortschaften oder, unter dem Gesichtspunkt der juristisch-sozialen Topographie, auch von einzelnen Straßenzügen in einer Ortschaft mit dem Ziel der exemplarischen Vertiefung erreicht. In den einzelnen Kapiteln sind die gewählten Strategien erläutert, die an Hand der einschlägigen Quellenbestände Verbindungen zwischen diesen mikrohistorischen Exempeln und den Makroebenen der Vergleichsregionen schaffen, die verallgemeinernde Aussagen plausibel machen. Quantifizierungen, die beispielsweise auf der Grundlage der Akten einiger westsächsischer Ämter vorgenommen wurden, werden durch Quantifizierungen im Bestand des Dresdner Appellationsgerichts mit gesamtsächsischer Kompetenz ,gegengelesen', Quantifizierungen auf der Basis der Akten bedeutender Grundherrschaften/Grafschaften in Burgund werden durch Quantifizierungen im Bestand des Parlaments in Dijon, dessen Kompetenzbereich die gesamte Provinz umfaßte, kontrolliert. Greifen wir noch einmal auf Aspekte zurück, die genannt wurden, um die Wahl eines deutsch-französischen Paradigmas zu begründen, und verbinden wir sie mit dem regionalgeschichtlichen Vergleich, so wird deutlich, daß es bei der komparatistischen Übung nicht nur um Repräsentativität für ein Allgemeineres, nämlich Europa, geht, sondern auch um eine Strukturierung der Geschichte der Grund- und Menschenrechte in Europa auf verschiedenen Ebenen. Die deutschfranzösischen Beziehungen sind im europäischen Kontext durchaus etwas Besonderes, wenn auch nicht nur etwas Besonderes; die Typisierung von Kursachsen und Burgund als .europäische Regionen' macht sie gleichfalls bis zu einem gewissen Grade zu etwas Besonderem, weil nicht jede Region in Europa so charakterisiert werden kann. Mit anderen Worten: der regionalgeschichtliche Vergleich ist dreidimensional: er eröffnet methodisch den Einstieg in eher verborgene Tiefendimensionen der Geschichte der Grund- und Menschenrechte, als Paradigma bildet er auf der horizontalen Ebene den Kern einer zukünftigen vergleichenden Betrachtung verschiedener geographischer Räume in Europa, als Bestandteil der Makroebene des deutsch-französischen Vergleichs führt er auf der Vertikalen zur angesprochenen Strukturierung der Geschichte der Grund- und Menschenrechte in Europa. 2.2.2. Rechtskulturforschung als Rahmen Inter- und Multidisziplinarität sind im Vorhergehenden bewußt und auch beiläufig schon mehrfach ,beschworen' worden. Eine erneuerte Grundrechteforschung muß sich dieser Forderung stellen. Dazu bedarf es eines rahmengebenden Konzepts, das sich aus den Errungenschaften verschiedener Disziplinen nährt, sich aber nicht in diesen Disziplinen verzettelt. Der äußere Rahmen ist mit dem Vergleich gegeben. Wenn das weitere ausfüllende Konzept hier als Rechtskulturforschung bezeichnet
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wird, erscheint das im ersten Augenblick vielleicht wie eine Reverenz gegenüber einer anhaltenden, sich aber gelegentlich schon auszehrenden Richtung in der Geschichtswissenschaft, der sich auf alle möglichen Erkenntnisgebiete ausweitenden Kulturforschung. Volkskultur, Alltagskultur, Kultur der kleinen Leute, Kultur dies, Kultur das. Trotz allen inflationären Gebrauchs des Begriffes Kultur muß die Historie an ihm genauso wie an der Sozial- oder Gesellschaftsgeschichte festhalten, denn mehr als jeder andere Begriff verweist er auf die grundlegende Offenheit30 der daran anknüpfenden Fragestellungen. Die historische Kulturforschung begnügt sich nicht mehr damit, die historischen Phänomene zu vereinzeln, aus dem Ganzen des geschichtlichen Körpers zu sezieren, um sie dann - vermeintlich - um so besser analysieren zu können, sondern sie stellt sich dem Menschen, zumindest potentiell31, in allen seinen Verknüpfungen mit der menschlichen, sächlichen, natürlichen, ideellen, metaphysischen und übernatürlichen Umwelt. Es geht nicht um den eingeschränkten Kulturbegriff, der Kunst, Theater, Musik und Literatur zugrundelegt, sondern um jenen der interkulturellen und universalgeschichtlichen Forschung, der ganze Systeme menschlicher Lebenswelten in ihrer jeweiligen geographischen Verwurzelung meint. Diese Orientierung am Ganzen, an einem zumindest nach Innen hinein in einem großen Sinnzusammenhang stehendem Ganzen ist ausschlaggebend. Forschungspraktisch bedeutet dies z.B. den Weg von der Analyse einer bestimmten Gesellschaftsschicht nach strukturgeschichtlichen zur Analyse nach prosopographischen Ansätzen, die erstere voraussetzt. Die traditionelle biographische Geschichtsschreibung wandelt sich in den aus den Niederlanden kommenden, auf Ego-Dokumenten basierenden, Zugriff.32 Die Analyse der Normen aufstellenden Gesetzgebung wird durch die Methoden der sozialen Rechtsgeographie und der Gerichtsforschung grundlegend erweitert. All diese und andere Ansätze lassen sich auf das ,globale' Denkmodell der Kulturforschung ein. Deutlich wird daran auch deren Herkunft aus der Gesellschaftsgeschichte unter Einbeziehung anthropologischer, ethnologischer und volkskundlicher Disziplinen, Anleihen bei der älteren Kulturgeschichtsschreibung Burkhardtscher Prägung mit einem gehauchten Überzug aus kritisch reflektiertem Elias-Prozeß-der-Zivilisation sind unübersehbar, die Wiederentdeckung bildlich-darstellenden Materials als Quelle scheint einer ganzen Generation ihren Stempel aufzudrücken. Es ist, als würden sich neue Erkenntniswelten öffnen, weil auch schon längst Bekanntes sich neu sehen läßt. All das ist faszinierend, muß aber auf ein rechtes Maß beschnitten werden. Was also sollte Rechtskulturforschung heißen?
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So formulierte schon Glafey, der kursächsische Jurist, 1739: „Es nehmen auch die Chineser nicht geringen Antheil an der Cultur des Rechts der Vernunffi..." Glafey, Adam Friedrich, Vollständige Geschichte des Rechts der Vernunft, 1739, Buch I, § 93. " Daß hier viele uneingelöste Forderungen bestehen, zeigt ein doch recht an der Oberfläche bleibender Band wie der von Hunt, Lynn (Hg.), The New Cultural History, 1989. 32 Vgl. Schulze, Winfried, Ego-Dokumente (1992).
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Mit der Definition des Arbeitsbegriffs „Grundrechte" wurde der engere Bereich der traditionellen rechtshistorischen Forschung bereits verlassen. In seinen Voraussetzungen stecken wesentliche Elemente dessen, was als Rechtskultur zu bezeichnen ist. Recht und Mensch werden dabei im Kontext der genannten Umwelten zueinander in Beziehung gesetzt.33 Dies hat mit dem Rechtskulturbegriff der älteren Volkskunde nur noch insoweit etwas gemein, als die rechtliche Volkskunde ausdrücklich einbezogen bleibt, er geht aber über die rechtliche Volkskunde weit hinaus. Der Mensch erscheint darin sowohl in seiner individuellen Existenz und seinem ganz persönlichen Verhältnis zum Recht und seinen persönlichen Rechtsverhältnissen ebenso wie, auf einer anderen Organisationsebene, bestimmte Gesellschañsgruppen und -schichten. Er erscheint in seinen Unabhängigkeiten, z.B. aufgrund individueller Charakterstärke, wie in seinen auch strukturellen Abhängigkeiten. D.h. es interessiert der charakterstarke und deshalb unabhängige bäuerliche Held in seinem Verhältnis zum Recht ebenso wie der König oder Kurfürst als Gesetzgeber im Spiegel all seiner strukturellen Abhängigkeiten, jedoch auch persönlichen Spielräume. Die Rechtskulturforschung denkt nicht nur an positivierte Normen; sie denkt an deren praktische Relevanz; sie denkt besonders an nichtpositiviertes, aber sozial gültiges Recht. Die normative Ebene, unabhängig von der materiellen Erscheinungsform (positiviert, kodifiziert, also nachlesbar; nichtpositiviert, nichtkodifiziert, also nur aus der sozialen Praxis erkennbar), ist die eine; die des gedachten, des vorgestellten, des gewünschten, des geforderten, des vermeintlichen Rechts ist eine andere. Das Verhältnis zwischen Mythos und Rechtswirklichkeit ist eine weitere Ebene, in der sich die schon genannten auf spannende Weise miteinander verquicken, wie etwa in Frankreich in den letzten zwei, drei Jahrzehnten vor der französischen Revolution. Bis zu einem gewissen Grad sind dies Äußerlichkeiten, die allerdings zuerst beschrieben werden müssen. Dann muß es aber weitergehen. Sind z.B. Rechtsvorstellungen beschrieben, ergibt sich die Frage nach deren Entstehen und Herkommen. D.h., wie entsteht rechtliches Wissen und wie wird es eingesetzt? Wie ist das rechtliche Gedächtnis aufgebaut? Welchen Einfluß hat es auf Handlungs- und Verhaltensweisen? Gibt es eine Unterscheidung und evtl. Konfrontation zwischen einer popularen und einer gelehrten Rechtskultur, einen Widerstreit der Kulturen innerhalb der als Ganzes gedachten Kultur? Wie wandelt sich Recht? Akkulturationsprozesse? Wo wird es durchgesetzt? Es darf folglich keine Tabuzonen in dem Sinne geben, als habe dieser oder jener Erkenntnisbereich des menschlichen Daseins nichts mit der Geschichte von Recht zu tun. Letzteres hat eine doppelte Bedeutung. Es bezieht sich, erstens, auf die Rechtsgeschichte selbst und die Art, wie sie zu betreiben ist; zweitens, auf den Stellenwert der Rechtskultur innerhalb der europäischen Kultur. Es ist mit Helmut Coing zu "
Vgl. Zemen, Herbert, Evolution des Rechts, 1983, der diesen Problemzusammenhang in der Perspektive von Evolutionstheorien diskutiert.
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halten, der in einem Vortrag 1983 ausführte, wie „tief Europa von seiner Rechtskultur geprägt ist".34 Es dürfte in der Tat schwierig sein, im europäischen Raum einen kulturellen Teilbereich, Religion und Theologie eingeschlossen, zu finden, der nicht rechtlich geprägt war und ist. Man kann es auch in eine Frage an die Universalgeschichte kleiden: Hat es jemals eine Gesellschaft gegeben, die nicht durch Recht geprägt war, gibt es menschliche Existenz ohne Recht? Die Frage ist gewiß oft gestellt worden - ohne letztgültige Antwort bis heute. Hinter diesen exemplarischen Hinweisen sind verschiedene historische Disziplinen mit ihren jeweiligen Methoden erkennbar. Die Rechtskulturforschung soll sie auf ihren Gegenstand, Recht und Mensch im Kontext der menschlichen, sächlichen, natürlichen, ideellen, metaphysischen und übernatürlichen Umwelt, anwenden. Auf diese Methoden ist jetzt einzugehen, gebündelt sollen sie Archäologie des Rechts genannt werden. 2.2.3. Archäologie des Rechts als Methode Auch dieser Begriff mag zunächst wieder einen modischen Anschein haben, obwohl er schon ein ehrwürdiges Alter hat. Insbesondere ist auf Karl v. Amiras und Claudius Frhr.v. Schwerins „Rechtsarchäologie. Gegenstände, Formen und Symbole germanischen Rechts" Bezug zu nehmen. Diese basiert auf v. Amiras Material (v. Amira war 1930 gestorben), der erste, einfuhrende, Teil wurde hauptsächlich von v. Schwerin ausgearbeitet. Gedruckt 1943, wird der Leser mit einem Geleitwort Heinrich Himmlers konfrontiert: „Ein Volk lebt solange glücklich in Gegenwart und Zukunft, als es sich seiner Vergangenheit und der Größe seiner Ahnen bewußt ist." Die vornehmlich von Karl von Amira geprägte Rechtsarchäologie war älter35 als der Nationalsozialismus und älter als ihre versuchte Instrumentalisierung für dessen Zwecke. Seit den 1970er Jahren hat die Rechtsarchäologie neuen Auftrieb erhalten, wie er z.B. durch das Publikationsorgan „Forschungen zur Rechtsarchäologie und rechtlichen Volkskunde" (1979 ff.) dokumentiert wird. Allein um „germanisches Recht" geht es schon lange und schon gar nicht mehr.36 Zurück zu v. Amira/v. Schwerin und deren Definition von „Rechtsarchäologie": „Die Rechtsarchäologie ist kein selbständiger Wissenschaftszweig, sondern ein Teil im Gesamtbereich der rechtsgeschichtlichen Forschung, außerhalb deren sie kein Eigenleben führen kann. Insoweit sie die Gebrauchsgegenstände und die bildlichen Darstellungen des Sichtbaren im Rechtsleben erforscht, ist sie ein Stück rechtsgeschichtlicher Quellenkunde. [...] Sie sind Zeugnisse des Rechts, allerdings nicht der objektiven Rechtssätze, aber des tatsächlichen Rechtslebens."
34
Coing, Helmut, Das Recht als Element der europäischen Kultur (1984), hier S. 15. Coings Begriff von Rechtskultur ist zweifellos eingeschränkter als meiner, das spielt an dieser Stelle allerdings keine Rolle. " Vgl. Amira, Karl v., Ober Zweck und Mittel der germanischen Rechtsgeschichte, 1876. 36 S. z.B.: Maisei, Witold, Rechtsarchäologie Europas, 1992; dazu die Besprechung von Heiner LQck, in: Jus Commune 22 (1995), 329-332.
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Etwas genauer heißt es zu den „Gebrauchsgegenständen": „Die Aufgabe der Rechtsarchäologie ist in erster Linie bestimmt durch den Kreis der „Gegenstände", die sie zu erfassen hat. Diese zerfallen in zwei Gruppen. Die eine wird gebildet von beweglichen und unbeweglichen Sachen. Sie sind von v. Amira selbst als „Gebrauchsgegenstände" gekennzeichnet worden, „deren man sich im Rechtsleben bediente". Die zweite Gruppe umfaßt die vom Recht geordneten Handlungen des Rechtslebens. Zum einen Teil gehören dahin die Handlungen, durch die sich der Gebrauch der „Rechtsgegenstände" vollzieht (Gebrauchshandlungen), zum andern Teil die sonstigen Handlungen, deren Gestaltung im Rechtsleben durch die Rechtsordnung selbst im einzelnen festgelegt ist, das gegenstandsfreie rechtsrituelle Handeln (Formhandlungen). In dieser Zusammenfassung von Sachen und Handlungen hat v. Amira den Aufgabenkreis der Rechtsarchäologie erblickt."37 Übersicht 1 Die Rechtsarchäologie nach von Amira und von Schwerin I Rechtsorte: Versammlungsorte, Gerichtsorte, Strafvollzugsorte (Richtstätten, Pranger, Halseisen, Staupsäulen), Gefangnisse, Folterkammern, Pfalzen, Marktplätze und -gebäude, Rathäuser, andere kommunale Gebäude, Zunft- und Gildehäuser, Trinkstuben, Bruderschaftshäuser. II Geräte: Im Rechtsverfahren: Reliquiare, Eidtafeln, Schwurblock, Kampfstuhl im Strafvollzug und bei der Folter im Rechtsverkehr: Münzen, Maße, Gewichte, Kerbhölzer etc., Sühnekreuze. III Attribute: und Symbole (von Adler bis Zweig). IVZeichen und Marken: für Personen, Sachen und Gebiete. V Trachten VI Rechtsrituelles Handeln: Verhaltungsweisen des Körpers, Verhaltungsweisen mit Personen und Sachen, Farben, gemeinschaftsrechtliche und herrschaftsrechtliche Formen, Strafvollzug und Folter, Formen des Rechtsverkehrs, Anerkennungs- und Ersatzhandlungen. VII Quellen: Gegenstände, bildliche Darstellungen, Plastiken, Siegel etc. Anweisungen (zur Herstellung und zum Gebrauch von Geräten, zu Handlungen), erzählende Berichte und Beschreibungen. VIII Namen. Die klassische Rechtsarchäologie ist also zunächst an (körperlichen) überwiegend symbolhaften Gegenständen orientiert, sodann an den daran anknüpfenden rituellen Handlungen, wie es Übersicht 1 ausweist. 38 Die ältere Rechtsarchäologie, das wird aus den Forschungsgebieten deutlich, war vor allem an den Epochen vor ,Beginn' der frühen Neuzeit interessiert. Die jüngere Rechtsarchäologie hat hingegen auch diese Zeit im Blick. Dennoch reicht das skizzierte Verständnis von Rechtsarchäologie heute nicht mehr aus, dem Vorhaben "
Schwerin, Claudius Frhr. von, Einfilhrung in die Rechtsarchäologie = Teil I von: Karl v. Amira/Claudius Frhr. v. Schwerin, Rechtsarchäologie. Gegenstände, Formen und Symbole germanischen Rechts, 1943: 1. Zitat S. 4, 2. Zitat S. 3. Ebd., S. 7 ff. Abriß zur Entstehungsgeschichte der Rechtsarchäologie im dargestellten Sinn seit dem 17./18. Jh. 3 " Ich folge darin der Aufteilung von v. Schwerin und dessen Terminologie.
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dieser Arbeit würde sie nicht gerecht werden können. Die Bedeutung von „Gegenständen" und damit verbunden rechtsrituellen Handlungsweisen in der Diktion von v. Amira/v. Schwerin sollte auch in der frühen Neuzeit nicht unterschätzt werden. Auf der anderen Seite gehen die bisherigen Hinweise auf mein Verständnis von rechtlich relevantem Handeln und rechtlichen Verhaltensweisen weit über den älteren Begriff („Verhaltungsweise" bzw. „rechtsrituelles Handeln") der beiden genannten Autoren hinaus. Dies ist der Punkt der Loslösung vom eher volkskundlichen, bei den sichtbaren Dingen ansetzenden Verständnis der Rechtsarchäologie hin zur Archäologie des Handelns und des Wissens, deren Untersuchungs,objekte' zwar auch ,sichtbar' sind, weil sie auf materiellen Quellen wie Schriftzeugnissen aufruht, die aber zuerst an den .Leistungen des menschlichen Gehirns' (Vernunft und Unterbewußtsein) ansetzt. Dabei muß grundsätzlich die ganze Gesellschaft in den Blick genommen werden. ,Leistungen des menschlichen Gehirns' sind etwa: Gedächtnisleistungen, Wissensakkumulation, Einsatz von Wissen und Gedächtnis, Entwicklung von Vorstellungen, von Ideen (im Sinne der Philosophie und allgemeiner des Forschungsbereichs der Ideengeschichte), von Werten, Ausbildung von Mentalitäten, von Verhaltensdispositionen, die Transformation von Gewußtem, Gedachtem, Erfahrenem in positivierte oder nicht positivierte Normen. Die Techniken der Schrift- und Oral- bzw. Semi-Oralkultur sind gleichfalls diesen Leistungen zuzuordnen. Im allgemeinen können wir uns den genannten Leistungen in der frühen Neuzeit nur über die Analyse von Texten (ggf. auch bildlichen Darstellungen) annähern. Sie liefern uns das Rohmaterial fur die Bauelemente rechtlichen Handelns und rechtlicher Verhaltensweisen (zuzüglich der Quellen, soweit noch relevant, der älteren Rechtsarchäologie), sie eröffnen uns den Zugang zu Vorstellungswelten und (philosophischen) Ideen, zum Wissen einer Person, einer gesellschaftlichen Gruppe, usf. Der metaphorisch eingesetzte Begriff „Archäologie" beschreibt gut die notwendigen Arbeitsschritte, um z.B. den rechtlichen Vorstellungswelten nicht gelehrter Bevölkerungsschichten näher zu kommen. Die ersten Schritte taten die älteren Rechtsarchäologen, Grimm z.B. Sie betraten das Terrain, von dem sie wußten oder vermuteten, was es allem äußeren gleichgültigem Anschein zum Trotz in sich barg. Sie beseitigten die ersten verdeckenden Schichten des mit dem Absolutismus, der Gesetzesgläubigkeit der Aufklärung und dem konstitutionellen Zeitalter besiegelten Aufstiegs des Rechtspositivismus, der den Sinn fur alles nichtPositivierte im Recht getrübt hatte. Sie fanden wieder die Symbole, die symbolischen Orte und die symbolischen Handlungen des Rechts. Sie inventarisierten ihre Funde, versahen sie mit chronologischen und geographischen Angaben, verglichen sie untereinander. Manchmal wird (metaphorisch gesprochen) neu gegraben, weil noch nicht alle Funde getätigt sind oder weil man sich neue Aufschlüsse über altes Bekanntes erhofft. Die hier zur Debatte stehende Archäologie des Rechts vollzieht vergleichbare Schritte, vorwiegend am Textmaterial, weniger auf die körperlichen, mehr auf die im weitesten Wortsinn geistigen Dinge
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einschließlich ihrer nach außen hin spürbaren Konsequenzen bezogen. Von daher lohnt es sich, am Begriff - in leicht variierter Form, nämlich Archäologie des Rechts und analog zu Michel Foucaults „Archäologie des Wissens"39 - festzuhalten, zugleich kann damit der Unterschied zu anderen Formen der Rechtsgeschichte markiert werden. Die stärkere Konzentration auf das Textmaterial führt zum Rückgriff auf die methodischen Kategorien der — Archäologie des Wissens — Historischen Semantik — quantitativ orientierten Sozial- und Mentalitätsgeschichte — Rechtsanthropologie — Rechtssoziologie.40 Rufen wir uns nun den breiten Rahmen der Rechtskultur in Erinnerung, unser spezifisches Erkenntnisobjekt, die Geschichte der Grund- und Menschenrechte, sowie die konkrete empirische Basis, zwei vergleichend angelegte Regionalstudien. Ich teile das Ganze grob in zwei große Felder auf: in Praxis und Wissen, in Archäologie der rechtlichen Praxis und Archäologie des rechtlichen, insbesondere des grund- und menschenrechtlichen Wissens. Die rechtliche Praxis teilt sich in wiederum zwei engere Betrachtungsfelder, in Rechtsbedarf im Spiegel von Konflikt- und Prozeßtätigkeit einerseits sowie in rechtliche Verhaltensweisen andererseits. Die Archäologie des rechtlichen Wissens setzt zunächst allgemein beim rechtlichen Wissen an, sodann speziell beim grund- und menschenrechtlichen Wissen, unterteilt nach verschiedenen sozialen Schichten bzw. sozioprofessionellen Gruppen und Institutionen. Auf den ersten Blick scheint dabei manches, was unter dem Begriff der Rechtskultur angekündigt wurde, herauszufallen. Nun muß die Rechtsgeschichte ja nicht vollständig neu geschrieben werden, die Schwerpunkte der Quellenforschung sind da zu setzen, wo es um Erkenntnisse geht, die über den bisherigen Forschungsstand hinausführen, und wo Neuinterpretationen abzusichern sind. Einzelheiten der Quellen- und Methodenkritik sind in den jeweiligen Kapiteln an Ort und Stelle nachzulesen, hier geht es darum, die Grundsatzentscheidungen darzulegen. Alles, was mit Recht zu tun hat, hat auch eine praxisrelevante Seite. So gesehen ist das Feld der rechtlichen Praxis grenzenlos. Wenn wir über die Ergebnisse der ideengeschichtlich orientierten Forschung zur Geschichte der Grund- und Menschenrechte hinauskommen wollen, müssen wir einen ersten Schwerpunkt dort
39 40
Foucault, Michel, L'archéologie du savoir, 1969. Ich werde diese Ansätze hier nicht episch ausbreiten. Zum einen habe ich mich in früheren Arbeiten damit auseinandergesetzt und die Ansätze praktisch erprobt, zum andern werde ich immer im unmittelbaren Zusammenhang mit den Quellen auf die besonderen methodischen Probleme eingehen. Einige Literatur ist in den folgenden Anmerkungen genannt, was die Nutzung der Rechtssoziologie für die FrAhneuzeitforschung angeht, verweise ich auf meinen Aufsatz „Rechtsquellen zur französischen Sozialgeschichte des Ancien Régime (1986).
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I Forschungsgeschichte und Forschungsmethode
ansetzen, wo diese Forschung nicht hingelangen konnte: beim Rechtsbedarf der Bevölkerung oder wenigstens möglichst breiter Bevölkerungsschichten (Teil II, Kapitel 3 dieses Buches). Was wollten die Menschen rechtlich geregelt wissen, wofür kämpften sie, wofür setzten sie ihre Energien frei? Was waren ihre Konfliktziele, welche Werthaltungen standen dahinter? Der Rechtsbedarf läßt sich aus Notariats- und Gerichtsakten, ggf. aber auch aus Verwaltungsakten und zahllosen subsidiären Quellen ermitteln. Ich setze bei der statistischen Analyse von Gerichtsakten ein, um eine verläßliche Grundlage zu haben, auf die anderweitige (auch schon vorhandene) Forschungsergebnisse bezogen werden können. Ziel der statistischen Erhebungen ist es, lang- und kurzfristige Veränderungen, ggf. Konjunkturen, im Rechtsbedarf einer Bevölkerung zu erheben und von da aus die Frage nach grundlegenden Werthaltungen zu stellen. Es werden nicht nur absolute Zahlen von gerichtlich ausgetragenen Konflikten ermittelt, sondern auch relative, d.h. es wird versucht, die Konfliktdichte vor allem auf der Zeit-, aber auch Raumachse zu erfassen. Geographische Grundlage sind die beiden Regionen Burgund und Kursachsen, soweit möglich werden die Untersuchungen zumindest exemplarisch bis auf lokale Räume hinunter vorangetrieben. Dabei entstehen von mir so genannte Konfliktprofile, die erste Auskünfte über eine geographisch belegbare Divergenz von Horizonten und deren Ursachen geben können. Konfrontiert werden diese statistischen Ergebnisse mit gleichfalls quantitativen Erhebungen über die Anwendung grundrechtlicher Argumente in den untersuchten Gerichtsprozessen. Damit werden erste entscheidende Forderungen aus der Definition des Arbeitsbegriffes ,,Grundrecht(e)" eingelöst, insofern die unterschiedlichen materiellen Existenzformen (von positiviert über nicht positiviert bis gedacht), die unterschiedlichen Geltungsmodalitäten von Recht, die Rolle unterschiedlicher geographischer Räume und nicht zuletzt die weiteren Daseinsbedingungen der Menschen von Demographie bis Politik berührt werden, um zu einer Einschätzung grundlegender Werthaltungen und des Rechtsbedarfs zu gelangen. Verglichen werden zwischen Burgund und Kursachsen zunächst jeweils die Ergebnisse der einzelnen Erhebungsschritte. Soweit möglich und nötig, kommt es auch zu Punkt-zu-Punkt Vergleichen, zu berücksichtigen ist aber, daß wir es zwangsläufig mit nicht-identischen Quellenlagen zu tun haben. Ausschlaggebend ist und bleibt das Erkenntnisinteresse im großen wie im kleinen, der Vergleich der Ergebnisse im großen wie im kleinen, der Vergleich der Wege, die jeweils zu einem Ergebnis geführt haben. Das gilt, ohne daß es weiter wiederholt würde, auch für die folgenden Absätze. Die statistische Erfassung des Rechtsbedarfs und seine Umsetzung in Grafiken ist nur ein erster, wenngleich gewiß fundamentaler und für die historische Komparatistik unerläßlicher Schritt. Ihm folgt die weitere Erforschung der rechtlichen Praxis unter dem Schlagwort rechtlicher Verhaltensweisen (Teil II, Kapitel 4). Wie betreibt die Bevölkerung die Erfüllung ihres Rechtsbedarfs, so könnte man die Grundfrage formulieren. Schlägt sie los, greift sie zu den Waffen, ist sie
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verschüchtert, bleibt sie passiv, oder gibt es offensichtliche, ggf. rituelle Regeln und strukturierte Verhaltensweisen? Wie gestalteten sich die Beziehungen zum rationalisierten und professionalisierten Rechts- und Gerichtswesen? Speziell geht es um die Gerichte, weil diese eine Art Drehscheibe der Konfliktbewältigung sind, in der die verschiedenen materiellen Existenzformen (von positiviert über nicht positiviert bis gedacht) und die unterschiedlichen Geltungsmodalitäten von Recht aufeinandertreffen, an denen sich die Rolle unterschiedlicher geographischer Räume und nicht zuletzt der Konflikt zwischen populärer und gelehrter Rechtskultur, sofern es diese als solche unterscheidbare gegeben haben sollte, erhellt. Damit wäre der Blick von außen getan, dem der Blick hinter die Stirnwand folgen muß. Dies ist Aufgabe des dritten Teils, der mit Archäologie des rechtlichen und grundrechtlichen Wissens überschrieben ist. Den Anfang macht die Begriffsgeschichte des Wortes „ Menschenrecht(e)" (Teil III, Kap. 5). Grundlage sind gedruckte Quellen, Texte von Cicero bis Schlettwein, also Einzelschriften, aber auch serielle Quellen, angefangen bei den Dekretisten, über Flugschriften der Bauernkriegszeit, über die Akten des Dreißigjährigen Krieges und der Fronde bis hin zur vorrevolutionären Publizistik. Besonders beachtet werden somit Texte, die im Zusammenhang mit geistesgeschichtlichen, gesellschaftlichen, politischen und anderen Konflikten entstanden sind. Diese Begriffsgeschichte ist folglich dem Ansatz der sozialhistorischen Semantik verpflichtet, wie ihn Rolf Reichardt auf der Grundlage des begriffsgeschichtlichen Konzepts der „Historischen Grundbegriffe" von Otto Brunner, Werner Conze und Reinhart Koselleck und des Konzepts der Wissenssoziologie von Berger und Luckmann erarbeitete.41 Wenn damit schon ein Zugriff auf den Rechts- und insbesondere Menschenrechtsbegriff eines recht breiten Spektrums von Personen und Schichten in praxisrelevanten Konfliktsituationen möglich ist, so sollte man sich dennoch nicht der Illusion hingeben, schon mehr als die Trägerschichten der Schriftkultur erreicht zu haben. Die Flugschriften der Bauernkriegszeit mögen da eine begrenzte Ausnahme dokumentieren. Das Forschen muß also weitergehen. Aber wie? Das weitere Wie? besteht zunächst in der Beantwortung der Frage nach dem rechtlichen Wissen des „ Volks" (Teil III, Kapitel 6). Wenn von Wissen die Rede ist, so wird dabei an Ort und Stelle die von Dietrich Busse formulierte Unterscheidung in „situatives", „kontextuelles" und „diskursives" Wissen zu bedenken sein.42 Das 41
Reichardt, Rolf, Einleitung (198S), S. 39-146; Berger, Peter L./Luckmann, Thomas, Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit, 1980. Zur Kritik der Historischen Semantik s. Busse, Dietrich, Historische Semantik, 1987. Busse schlägt S. 264 ff. eine Reihe von Analyseschritten vor, die sicher nützlich sind, aber m.E. kaum Ober Reichardt hinausgehen. Busse bleibt die Durchführung an einem konkreten historischen Beispiel schuldig. Ein konkretes Beispiel liefern französische Autorinnen und Autoren; ohne es wirklich zu wollen, beweisen sie zugleich, daB es keinen Sinn hat, ein Maximum an theoretisch-konzeptioneller Perfektion in praktische historische Forschung umsetzen zu wollen, weil Aufwand und Erkenntnisertrag in keinem vertretbaren Verhältnis zueinander stehen. Vgl.: Maldidier, D./Robin, R., Polémique idéologique et affrontement discursif en 1776: les grands édits de Turgot et les remontrances du Parlement de Paris (1974).
42
Busse, op. cit., S. 253.
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rechtliche (diskursive) Wissen der Gelehrten und Gebildeten, mithin der Trägerschichten der Schriftkultur, ist ja nicht unbekannt, der größte Teil der rechtshistorischen Forschung bezieht sich darauf, auch wenn sie nicht unter dem Stichwort des „rechtlichen Wissens" geleistet wurde. Weniger bekannt ist hingegen das rechtliche (situative, kontextuelle und ggf. auch diskursive) Wissen derer, die sich der Techniken der Oral- bzw. Semi-Oralkultur bedienten, also jener Menschen, um die sich die Volkskulturforschung bemüht und die wir hier als „Volk" bezeichnen wollen. Es ist damit klargestellt, wer mit „Volk" gemeint ist, im Unterschied zu den Trägerschichten der Schriftkultur. Die soziokulturellen Übergänge sind freilich fließend. Gesichtspunkte der Untersuchung sind: Entstehung und Weitergabe rechtlichen Wissens (Gedächtnis), seine Quellen (wo kommt es her?), Veränderungen des Wissens, soziale Trägerschichten, praktische Konsequenzen für rechtliche Verhaltensweisen, rechtliches Wissen und Flexibilität des Handelns. Dies alles kann nur über die Analyse serieller Quellen bzw. sich lang hinziehender Konflikte, wie wir sie aus dem bäuerlich-grundherrlichen Bereich kennen, geschöpft werden. Ansatzpunkte sind in diesem Abschnitt in erster Linie die .Tatsachenmitteilungen' der Quellen, genutzt wird ihr erzählender Charakter, da eine direkte Befragung und Beobachtung der Beteiligten, die an diesem Punkt in der Rechtsanthropologie Anwendung fände, schlechterdings nicht mehr möglich ist. Zugeordnet werden die Tatsachenmitteilungen auf die genannten Untersuchungspunkte von Gedächtnis bis Flexibilität des Handelns. Es ist bisher noch kaum versucht worden, das rechtliche Wissen des Volks zu studieren, dies ist aber Voraussetzung, wenn für die gleichen Bevölkerungsgruppen im Sinne der sozialgeschichtlichen Fundierung etwas über deren evtl. Grund- und Menschenrechtsverständnis ausgesagt werden soll. Eine allzu große Betonung der Ideengeschichte innerhalb der Forschung zur Geschichte der Menschenrechte zwingt letzten Endes immer dazu, deren Geschichte an die denkende und schreibende Elite zu binden. Hat die breite städtische und ländliche Bevölkerung nichts dazu beigetragen? Hat sie die Frucht empfangen, als sie in den Köpfen der Aufklärer und Publizisten des 18. Jh. endgültig gereift war? Vielleicht schmeckte sie gar nicht so süß wie sie aussah? Vielleicht sah sie einer anderen Frucht täuschend ähnlich, die es auf dem Markt schon reichlich gab und die begehrt war, weil man sich mit ihr auskannte und bestens zurecht kam? War es nicht so, daß bestimmte soziale und individuelle Verhaltensweisen, abgesichert durch langwierige Gerichtsprozesse und ein schließliches Einsehen der zermürbten Obrigkeit, längst zu einer faktischen Freiheit geführt hatten, die die Aufklärer gar nicht sahen, weil sie sich auf Begriffsphantome des Feudalrechts stürzten, weil sie im Streben nach einheitlichen Regeln die prinzipielle Einheit in der Vielheit der Realitäten nicht wahrnahmen? Das sind überspitzte Fragen. Die Antwort soll hier nicht vorweggenommen werden, in der vorhandenen Forschung findet sich allerdings auch keine systematische Antwort, z.T. ist die Berechtigung der Fragestellung nicht erkannt worden. Der Grundsatz des Konzepts lautet ja, das Thema der Grund- und Menschenrechte nicht
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aus dem kulturellen Kontext zu isolieren, sondern es darin zu belassen bzw., gemessen an bisherigen Forschungspraktiken, es dahinein zu versetzen, weil es dort hingehört. Die mit diesem Kapitel 6 gewonnene empirische Grundlage erlaubt dann den nächsten Schritt, nämlich Uber Diskursanalysen dem grund- und menschenrechtlichen Wissen verschiedener Bevölkerungsgruppen nachzuspüren. Gemeint sind damit besonders das „Volk", die Stände und die Rechtsanwälte (Teil ΙΠ, Kapitel 7 und 8). Damit wird der diffizilste, aber vielleicht auch aufregendste Teil des Unternehmens erreicht, vor allem was das „Volk" angeht. Ich sehe im Augenblick keine Arbeit, die bezüglich der damit erfaßten Bevölkerungsgruppen ähnlich intensive Diskursanalysen böte.43 Widerspricht nicht die gegebene Definition von „Volk" (Menschen, die sich der Techniken der Oral- bzw. Semi-Oralkultur bedienen) dem Ansinnen der Diskursanalyse, die im Prinzip eine modernere Version der Ideengeschichte darstellt?44 In der Tat haben wir es zumeist mit Texten zu tun, die nicht vom „Volk" selbst verfaßt wurden, auch wenn sie über dieses Auskunft geben. Es gibt Ausnahmen, z.B. eigenhändige Bauembriefe, aber die allein können die Diskursanalyse in unserem thematischen Zusammenhang noch nicht rechtfertigen. Der normalerweise günstigste Fall (gegenüber den hier nicht anwendbaren Möglichkeiten der Oral History ist diese Bewertung natürlich relativ) liegt dann vor, wenn Aussagen nicht selbst schreibender Personen von anderen aufgeschrieben bzw. protokolliert wurden. Das Problem der Transformation des gesprochenen Worts einer Person, die sich in der Regel der Techniken der mündlichen, weniger oder gar nicht der der schriftlichen Kommunikation bedient, durch jemanden, der den Umgang mit letzteren Techniken gewohnt ist, in geschriebenes ,Wort', wird an Ort und Stelle im Zusammenhang mit den einzelnen Quellentypen erörtert. Jedenfalls gibt es genug Quellen, die in diese Transformationskategorie gehören und die unsere wichtigste Möglichkeit darstellen, dem hier fraglichen (allerdings auch manch anderem) Wissen auf die Spur zu kommen. Es sind dies insbesondere Zeugenaussagen und Verhöre, Klagschriften sowie bewußt über das „Volk" geschriebene Texte, Versammlungsprotokolle, die berühmten cahiers de doléances und verschiedene Textdokumente diesen oder jenen Typs, wie sie sich z.B. in den Akten der französischen Intendanturen finden. Viele dieser Texte fallen in die Kategorie seriell auftretender Quellen oder können aufgrund einheitlicher Merkmale zu Serien zusammengestellt werden (so wie man auch aus Buchrezensionen, also prinzipiell Einzeltexten, in Zeitschriften des 18. Jahrhunderts 41
44
Diese Bemerkung gilt trotz des Buches von Sabean, David Warren, Power in the Blood. Popular Culture and Village Discourse in Early Modern Germany, 1984, der keine Diskursanalyse im hier zugrundegelegten Sinn durchführt. Dinges, Martin, Der Maurermeister und der Finanzrichter, 1994, setzt sich ebenfalls mit der Diskursanalyse nicht-gelehrter Bevfilkerungsschichten auseinander (30 ff. u.0.), geht aber letztlich einen anderen Weg als den von mir beschrittenen. S. Foucault, Archéologie, op. cit., passim. Über die Bedeutung der Archéologie du savoir für die Geschichtswissenschaft s. etwa: Poster, Mark, Die Zukunft nach Foucault: Archäologie des Wissens und Geistesgeschichte (1988). Bei Busse, op. cit., S. 222-2S0, ausführliche Auseinandersetzung mit Foucault.
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eine serielle Quelle „Buchrezensionen" zusammenstellen kann). Die Quellen verweisen damit auf Situationen repetitiven Charakters. Die Situationen „wiederholen" sich entweder auf der Zeitachse und leisten damit der Sedimentierung von Erfahrungen zu Wissen Vorschub, oder sie wiederholen sich synchron auf der Raumachse wie im Fall der cahiers de doléances. Der repetitive Charakter ist Voraussetzung fur den Anspruch, Diskursanalysen durchzuführen. Was soll hier „Diskursanalyse" bedeuten? Das grundsätzliche Vorgehen ist, wie angeführt, an sozialen Schichten und an den Mitgliedern bestimmter einflußreicher politischer und gerichtlicher Institutionen orientiert, nicht um die Gesellschaft des Ancien Régime in Blöcke aufzuteilen oder der These von den verschiedenen Kulturen - Elite- versus Volkskultur45 - das Wort zu reden, sondern weil es sich um Neuland handelt und vorsichtig ein Schritt nach dem andern auf klar abgestecktem Terrain zu tun ist, bevor Synthesen, die sich auf ein größeres Ganzes beziehen, erlaubt sind. Rekonstruiert werden sollen Diskurse: bäuerliche, rechtsanwaltliche, ständische etc. Erstes Ziel ist die Analyse des Vokabulars46: werden bestimmte Wörter regelmäßig verwendet, gibt es signifikante Lücken, tritt an die Stelle des einen Worts im Lauf der Zeit ein anderes, d.h. inwieweit wandelt sich das Vokabular, läßt sich so allmählich ein Bild zusammenfügen, in dem sich das Vokabular der einen von dem der anderen deutlich oder nicht unterscheidet? Hinter den Wörtern steht das Bezeichnete, das sind Vorstellungen, Ideen, Wissen und Werte. Die Analyse des Vokabulars verdichtet sich zur Diskursanalyse: Gibt es eine spezifische Verbindung zwischen ermitteltem Vokabular und geographischem Raum und all dem, was sich an menschlichem Dasein in diesem Raum manifestiert? Diese, sich aus dem Ansatz der historischen Semantik, noch mehr aus Foucaults erster „Archéologie" (Les mots et les choses) und Michel Vovelles Mentalitätsgeschichte47 herleitende Frage ist z.B. für die Analyse des oder genauer der bäuerlichen Diskurse wichtig, weil hier immer mit einem Dorf oder ggf. einer Grundherrschaft präzise und kleine geographische Räume gegeben sind, in denen situative und kontextuelle Einflußfaktoren auf den Diskurs ,leichter' und umfassender zu ermitteln sind, während bei der Analyse etwa des ständischen Diskurses vergleichsweise globale Räume zugrundegelegt sind, in denen die mikro-Bestimmung solcher Faktoren ungleich schwieriger ist. 45
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Vgl. jüngst noch einmal die Aufarbeitung der Diskussion bei Schindler, Norbert, Widerspenstige Leute, 1992, hier: Einleitung, S. 7-19, besonders S. 9-12. Ich verzichte hier bewuBt auf die linguistische Terminologie. Die terminologischen Ansprüche sollten nicht auf eine komplexe Hohe getrieben werden, die mit den fraglichen Quellen schlechterdings nicht erreicht werden kann und auch nicht erreicht werden braucht. Foucault, Michel, Les mots et les choses. Une archéologie des sciences humaines, 1966, hier besonders S. 12 f. Vovelle, Michel, Piété baroque et déchristianisation en Provence au XVIII e siècle, 1973; Vovelle, Michel, Religion et Révolution. La déchristianisation de l'an II, 1976. Zur Verbindung von Begriffsgeschichte i.S. der sozialhistorischen Semantik und Mentalitätsgeschichte s. Schmale, Wolfgang, Entchristianisierung, Revolution und Verfassung. Zur Mentalitätsgeschichte der Verfassung in Frankreich, 1715-1794, 1988, S. 17-19. Zur Problematisierung der Mentalitätsgeschichte s. u.a.: Raulff, Ulrich (Hg.), Mentalitäten-Geschichte. Zur historischen Rekonstruktion geistiger Prozesse, 1987.
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Es können so nicht nur die jeweiligen an Schichten oder Institutionen festgemachten Diskurse miteinander, sondern auch, wenn man so will, kreuz und quer, zwischen den beiden Untersuchungsregionen verglichen werden. Dabei ist der Bogen zur Begriffsgeschichte von „Menschenrecht(e)" und zur Forschung über den deutschen bzw. französischen Raum insgesamt zurückzuschlagen. Ist auch dieser Schritt getan, kann der Bereich der Methoden der Archäologie des Rechts verlassen und Bilanz nicht nur im burgundisch-kursächsischen, sondern auch französisch-deutschen Bereich gezogen werden, bevor weitere Konsequenzen für die europäische Geschichte der Grund- und Menschenrechte skizziert werden (Teil IV, Kapitel 9). Das ist der grobe Aufriß. Wer die Erwähnung bestimmter Themen - von Naturrecht bis Frauenrecht, von subjektivem Recht bis Grundpflichten, usw. - vermißt, sei auf alles weitere verwiesen. Die Studie soll, das sei wiederholt, von den Menschen, ihren Anliegen, ihren Verhaltensweisen, ihrem Denken und Wissen nicht nur zu bisher weniger oder gar nicht Beachtetem, sondern auch noch einmal zu den bekannten Gesichtspunkten wie dem Naturrecht führen. Nur, der Weg ist ein anderer als üblich, auch die Ergebnisse werden andere als gewohnt sein.
Zweiter Teil Archäologie der rechtlichen Praxis Kapitel 3 Archäologie der rechtlichen Praxis I: Der Rechtsbedarf - Statistisches zu Werthaltungen und Konfliktzielen in Burgund und Kursachsen Ziel dieses Kapitels ist es, über die Ermittlung des Rechtsbedarfs einen ersten Einblick in grundrechtsrelevante Werthaltungen und Koniliktziele auf einer möglichst breiten sozialen Basis zu erhalten. Methodisches Grundproblem ist und bleibt, daß sich die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung nicht explizit zu dieser Thematik ausgelassen hat. Aufschlüsse über Werthaltungen können daher besonders aus der Analyse von Konflikten gewonnen werden, aber auch aus Routinehandlungen oder nicht-konfliktuellen Tätigkeiten. Dies jeweils für eine ganze Provinz zu versuchen, erscheint fast unmöglich - wegen der Überfülle des Materials einerseits und dessen mangelnder Inventarisierung andererseits. Der Begriff des Rechtsbedarfs umfaßt grundsätzlich mehr als ,nur' vor Gericht ausgetragene Konflikte. Ein guter Teil des Bedarfs an rechtlicher Regelung alltäglicher Probleme wurde mit Hilfe der Verwaltungen und notariell beglaubigter Urkunden gedeckt. Die in solchen Urkunden getroffenen Regelungen (Eheverträge, Erbregelungen, Kaufverträge etc.) konnten durchaus vom gesetzten Recht abweichen. Jean Yver hat dieses Phänomen über den Begriff der géographie coutumière in der Wissenschaft populär gemacht.1 Dennoch lag gerade in dieser Form der Rechtsbedarfsdeckung oft der Keim zu Gerichtsprozessen, wie wir gleich sehen werden. Rechtsbedarf entstand bei der Bewältigung von Verwaltungsaufgaben, wo auch immer und auf welcher Ebene auch immer. Weltliche und kirchliche Gemeinden usw. besaßen hier Regelungskompetenzen, aus denen wiederum und selbstredend Gerichtskonflikte entstehen konnten. Dieses Kapitel setzt deshalb zunächst bei Konflikten an, vornehmlich solchen, die vor die Gerichte gelangten, denn angesichts der skizzierten Verhältnisse verspricht ein Ansetzen genau an dieser Stelle den größten Erkenntnisertrag. Die Begriffe Werthaltung und Konfliktziel hängen eng zusammen. In Konflikten können durchaus mehrere Ziele verfolgt werden, für uns interessant sind jene Konfliktziele, die der Durchsetzung von Werthaltungen dienen. Wenn in Burgund ein Konflikt um die mainmorte (Überreste einer früheren Leibeigenschaft) oder in Kursachsen um den Gesindezwangsdienst entsteht, so geht es auf der einen Seite zweifellos um handfeste wirtschaftliche, materielle Interessen, auf der anderen Seite aber 1
Yver, Jean, Egalité entre héritiers et exclusion des enfants dotés. Essai de géographie coutumière, 1966.
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II Archäologie der rechtlichen Praxis
auch um einen nicht nur materiell zu messenden Wert, nämlich die persönliche Freiheit. Damit sind wir genau am Punkt der grundrechtsrelevanten Werthaltung. Nicht alle Konflikte sind so eindeutig gelagert wie im gewählten Beispiel. Häufig sind die Erkenntniswege indirekter, verschlungener. Nicht jede Werthaltung ist automatisch grundrechtsrelevant, sie kann es aber werden, wenn sich Verschiebungen in der Konflikttätigkeit feststellen lassen. Viele Konflikte entstanden um den Kirchenzehnt. Erhöht sich deren Zahl ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo die Kirche aus verschiedenen Richtungen in das Schußfeld der Kritik gerät oder sich Entchristianisierungstendenzen bemerkbar machen, so liegt die Annahme nahe, daß der Konflikt um den Zehnt in den Prozeß der Entlegitimation der sozioökonomischen Grundlagen der Kirche hineinreicht. Dieser Prozeß der Entlegitimation ist entscheidend an die Veränderung von Werthaltungen geknüpft, die - in Frankreich mit dem Menschenrechtsverständnis der Revolution dicht verwoben sind. Solche Verbindungen lassen sich leichter beweisen, wenn entsprechende Texte z.B. der Rechtsanwälte vorliegen, aber wo dies nicht der Fall ist, muß die Konflikttätigkeit der örtlichen Einwohnerschaft auf breiterer Ebene untersucht und verglichen werden. Im Prinzip handelt es sich um ein Verfahren, wie Michel Vovelle2 es seinerzeit anwandte: eine nach außen hin gleichbleibende Äußerung menschlichen intentionalen Handelns wird über einen bestimmten Zeitraum hinweg auf Zeichen der Veränderung hin untersucht. Bei Vovelle waren es Testamente (als nach außen hin gleichbleibende Äußerung menschlichen intentionalen Handelns), hier sind es Konflikte um den Zehnt oder Eheverträge usw. Vovelles Zeichen der Veränderung waren u.a. die Frömmigkeitsformeln und frommen Stiftungen, hier sind die Zeichen der Veränderung u.a. die Entwicklung der absoluten und relativen Häufigkeit der Konflikte und Konfliktgegenstände. Vor die Gerichte gelangte, das muß freilich gesehen werden, nur ein Teil der Konflikte; es gibt keine sicheren Anhaltspunkte dafür, wie sich nicht gerichtlich und gerichtlich ausgetragene Konflikte zueinander verhalten. Tatsache ist, daß vor Gericht ausgetragene Konflikte gewöhnlich mehr Quellen hinterlassen haben als die anderen Konflikte. Der Einwand, daß das Alltägliche in den vor die Gerichte gelangten Konflikten womöglich gegenüber dem Außergewöhnlichen und daher schwerer mit außergerichtlichen Mitteln zu Bewältigendem unterrepräsentiert sei, läßt sich nicht aufrecht erhalten. Zu banal erscheinen viele Prozeßgegenstände, .Nichtigkeiten', um die bis vor höchste Gerichte gekämpft wurde. In einem Konflikt werden zudem viele Kräfte, alltägliche Vorstellungen, Werthaltungen etc. mobilisiert, sie schlagen sich mal mehr, mal weniger in den Gerichtsakten nieder. Darüber hinaus geht es in diesem ersten Anlauf allgemeiner um irgendwie aktenkundig gewordene Konflikte. Bei den weiteren Schritten wird auch die Kategorie des Konflikts ,überwunden', ganz,normale' administrative Vorgänge z.B. werden in die Betrachtung einbezogen.
2
Vovelle, Michel, Piété baroque et déchristianisation en Provence au XVHP siècle, 1973.
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
121
3.1. Burgund Der Idealfall wäre, die Akten sämtlicher Gerichte der Provinz auszuwerten, um so ein trotz aller Aktenverluste dennoch einigermaßen zuverlässiges Bild vom Konfliktpotential und von der Konflikttätigkeit der Bevölkerung zu erhalten. Dieser Idealfall wird jedoch wohl niemals eintreten. Sicher mangelt es gerade in Burgund nicht an Gerichtsakten, selbst der Bestand an Registern und anderen Unterlagen der seigneurialen Gerichte ist beachtlich, aber sowohl die Masse der Quellen wie das Fehlen von Sachregistern oder selbst Inventaren verurteilen jeden Versuch, diesem Ideal nahezukommen, zum Scheitern. Es müßten Tausende von Aktenbänden von der ersten bis zur letzten Seite, vom ersten bis zum letzten Blatt - häufig nicht einmal chronologisch geordnet - durchgelesen werden, um wenigstens simple Grunddaten wie Datum, Prozeßgegenstand und Beteiligte sowie Verortung im Raum zu erheben. Im Vergleich dazu sei auf die fur einen wichtigen Teil der Gerichtsakten ungleich bessere Ausgangslage im Fall Kursachsen verwiesen, die noch besprochen wird. Zwischen der Kapitulation vor den Schwierigkeiten einerseits und dem utopischen Werk einer vollständigen Erfassung der Gerichtsakten andererseits gibt es einen dritten Weg, der hier versucht wurde. Vereinfacht formuliert wurde die Provinz in die Zange genommen: die eine Perspektive setzt auf der Ebene des Parlaments an, die andere auf der der GrundheiTschaften, wo die Mehrheit der Bevölkerung lebte. Die dazwischen liegende bailliage-Ebene3 hingegen wurde nicht speziell berücksichtigt, sie spielt aber in beide Ebenen hinein. Bei den in den Seigneurien erhobenen Konflikten war das Gericht, vor dem ein solcher Konflikt landete, kein Ordnungskriterium; die erhobenen Konflikte führten teils nur bis vor das Gericht der Seigneurie, teils bis zum nächsten bailliage und teils bis zum Parlament. Ausschlaggebend war hier, abstrakt formuliert, die Bedingung: X Konflikte zwischen Grundherren und Grundholden, zuordnungsfähig in die thematischen Bereiche A, B, C usw., aus dem geographischen Raum Y im Zeitraum Z. Das genannte Zangenprinzip gilt grundsätzlich fur alle weiteren quantitativ-qualitativen Analysen bezüglich Burgund. Es wird im Rahmen der Diskursanalyse jedoch ausgeweitet. 3.1.1. Rechtsbedarf, Werthaltungen und Konfliktziele im Spiegel des burgundischen Parlaments 3.1.1.1. Die Quellen - der Fonds Saverot Die Quellengattung der gedruckten mémoires und factums ist wegen ihrer Bedeutung für die publizistischen Schlachten um Justizirrtümer oder unzeitgemäße Urteile im 3
Auf die zusatzliche Spezialgerichtsbarkeit gehe ich hier nicht ein.
122
II Archäologie der rechtlichen Praxis
späteren 18. Jh. bekannt. Im Prinzip verdankt diese Quellengattung jedoch nicht der Sensationslust ihre Entstehung, sondern stellte ein probates Mittel für eine reibungslose Prozeßfuhrung auch in alltäglichen Fällen dar. Im Grundsatz handelt es sich um nichts anderes als um die Schriftsätze der Prozeßparteien, die überwiegend von den Rechtsanwälten, hin und wieder aber auch von schriftstellerisch begabten oder juristisch sachkundigen Parteien selbst verfaßt wurden. Normalerweise wurden diese Schriftsätze von Hand kopiert, um die Parteien, die Anwälte und das Gericht entsprechend damit auszustatten. Daß solche Schriftsätze auch gedruckt wurden, ist seit dem 16. Jh. nachweisbar. Aber während dies damals noch eine Ausnahme darstellte, bürgerte sich diese Praxis gegen Ende des 17. Jh. immer mehr ein. Der praktische Vorteil einer Verfielfältigung per Druckmaschine liegt auf der Hand, außerdem konnten die Anwälte auch ihre Kollegen damit versorgen. Im Vordergrund standen im letzteren Fall Weiterbildungszwecke, aber gewisse Eitelkeiten dürften ihre Rolle gespielt haben. Jedenfalls hat der Druck eines Schriftsatzes in erster Linie etwas mit praktischen Gesichtspunkten, dann aber auch von Fall zu Fall mit Effekthascherei und Sensationslust zu tun. Gedruckte mémoires etc. liegen für bäuerliche Prozeßparteien genauso vor wie für Hochadlige oder Reiche, für eher unbedeutende Streitthemen genauso wie für die vom lesehungrigen Publikum geschätzten Monstruositäten des menschlich-unmenschlichen Mit- und Gegeneinanders, mit dem sich die Gerichte auseinanderzusetzen hatten. Sammlungen solcher Dokumente stellen daher nicht automatisch eine Sammlung von Besonderheiten oder Außergewöhnlichkeiten dar, sondern sind prinzipiell geeignet, das gängige Prozeßgeschehen vor einem Gericht wie hier dem Parlament von Burgund zu vermitteln. Sie vermitteln dieses Geschehen jedenfalls umfassender und lebendiger als die reinen Parlamentsregister, die oftmals allein von den ursprünglichen Prozeßakten Übriggeblieben sind. Die N° 16 des in 4er Munizipalbibliothek von Dijon aufbewahrten Fonds Saverot stellt eine höchst eindrucksvolle Sammlung von solchen gedruckten Schriftsätzen (mémoires etc.) dar. Die Geschichte des Fonds ist unbekannt, offensichtlich setzt er sich aber aus mehreren Sammlungen zusammen, die von verschiedenen Anwälten fur eigene Zwecke angelegt wurden. Wann diese Sammlungen in einer Hand vereinigt wurden, ist nicht zu sagen; diese Frage hat jedoch keine Auswirkungen auf die Auswertung. Es versteht sich von selbst, daß Doubletten nicht berücksichtigt wurden. Es ist leicht vorstellbar, daß solche Sammlungen ihre Entstehung nicht zuletzt auch Zufallen verdanken. Der eine Anwalt mag bevorzugt Material zu bestimmten Fragen gesammelt haben, der andere wird versucht haben, eine möglichst umfassende Dokumentation aufzubauen, der dritte wird sich vielleicht auch von einer unwiderstehlichen Sammelleidenschaft, die der frühen Neuzeit ja durchaus bekannt war, geleitet haben lassen. Eine genauere Analyse der Zusammensetzung des Fonds wird helfen, evtl. Klippen der Interpretation zu umschiffen. Der Vorteil der mémoires etc. liegt hingegen auf der Hand: sie liefern gute Einsichten in die
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
123
juristische Argumentationspraxis, außerdem erhellen sie in ihren erzählenden Teilen die Hintergründe von Prozessen. Gewiß handelt es sich gerade bei der Konfliktdarstellung um parteiische Dokumente; es gehört zur Regel, daß z.B. in Eheprozessen vom Anwalt der Frau der Mann als Bestie und die Frau als Märtyrerin, vom Anwalt des Mannes die Frau als Giftschlange und der Mann als edler Recke dargestellt werden, aber dies beeinträchtigt nicht den Aussagewert, sondern erhöht ihn eher. Zum besseren Verständnis der nachfolgenden Grafiken und Zahlen seien einige Bemerkungen zur Verfahrensweise und , Sauberkeit' der Berechnungen vorangestellt. Sie mögen etwas sehr technisch wirken, sind aber unerläßlich, weil zu klären ist, inwieweit der Fonds Saverot mehr als sich selbst repräsentiert. Der entscheidende Vorteil des Quellentyps der mémoires etc. erweist sich bei der Einordnung der Konfliktthemen in Kategorien. Konfliktthemen gab es unzählig viele, jeder Konflikt unterscheidet sich vom andern, kein Ehe- oder Erbrechtsstreit gleicht dem andern. Wollte man dieser Vielfalt uneingeschränkt Rechnung tragen, käme man schnell in Verwirrung. Bei der Auswertung haben sich insgesamt 20 Kategorien als sinnvoll erwiesen, die von „Administration" bis „Zehnt" reichen. Übersicht 2 Konfliktkategorien zum Fonds Saverot AD=Verwaltungswesen B=Besitzrechte BP=Buch- und Pressewesen E=Ehewesen F=Familienrecht FR=Fremdenrecht FRA=Frauenrecht G=Gerichtswesen
M=Mindeij ährige N=Nachbarschaftsrecht
P=Personenstandswesen S=Seigneurial- und Feudalrecht SO=Sonstiges ST=Strafrechtsfälle T=Testamentswesen TAX=Steuerwesen V=Vertragswesen VOR=Vormundschaftswesen W=Wirtschaftswesen Z=Zehnt
Zusatz: GR=Prozesse mit grundrechtlichen Argumenten
Diese Kategorien orientieren sich an Handlungstypen bzw. wesentlichen Tatbeständen, die in unterschiedlichen lebensweltlichen Zusammenhängen auftreten und die sich aus reinen Urteilsregistem nur unter großen Mühen herausfiltern ließen, während die mémoires etc. wesentlich mehr Informationen dazu enthalten. Der Begriff „wesentlicher Tatbestand" soll darauf verweisen, daß es um zentrale Wertund Rechtsvorstellungen geht, aus denen eine Vielzahl von Handlungen erwächst, die sich äußerlich voneinander unterscheiden, die aber aufgrund ihres Ausgangs von denselben Wert- und Rechtsvorstellungen phänomenologisch als Einheit zu betrachten sind. Das schließt zusätzliche unterschiedliche Handlungsmotive freilich nicht aus.
124
II Archäologie der rechtlichen Praxis
Es wird folglich bei den von mir aufgestellten Kategorien nicht unterschieden nach Kirche, Stadt, Dorf usw., sondern z.B. nach Handlungen verwaltenden Charakters, die in der Kirche, im Dorf, beim dörflichen Kirchenvorstand, in der Stadt usf. anfielen. Es wird nicht nach kirchlichem und weltlichem Besitzrecht (Besitzrecht = wesentlicher Tatbestand) unterschieden, sondern es gehört beides in die Kategorie der Besitzrechtsstreitigkeiten ebenso wie der umstrittene Besitz einer Seigneurie oder eines Pferdes. Bei dem weiten Feld des Vertragsrechts wurde nach den Konsequenzen aus den Verträgen unterschieden, da die Konflikte zumeist dort entstanden. So wirkten sich - gewollt! - z.B. Eheverträge häufig erst im Erbfall aus, so daß daraus entstandene Streitigkeiten in der Kategorie Erbrecht wie aus der Testamentsauslegung oder -anfechtung entstandene Konflikte zusammengefaßt sind. Andererseits wurden Vertragskonflikte, wenn sie mit Konkursen, dem Betreiben von Sozietäten, mit Wirtschaftskriminalität u.ä. im Zusammenhang standen, dem Feld „Wirtschaft" zugeordnet. Besonderes Augenmerk wurde auf das Frauenrecht gerichtet, das es zwar so als eigenen Rechtsbereich im Ancien Régime nicht gab, aber es existierten bestimmte Rechte für Frauen. Deutlich wird das an Ehe- und Scheidungsprozessen, aber auch im Fall unehelicher Schwangerschaften und von Verführungsprozessen. Ein breites Feld deckt die Kategorie „Gerichtswesen" ab: es geht darin ebenso um Kompetenz- und Ressortfragen wie um das Verhalten von Richtern, Anwälten und sonstigem Gerichtspersonal wie auch um Konflikte über prozeßrechtliche Fragen. Die Kategorie bündelt somit alles, was das Gerichtswesen als „dritte Partei" in einem Konflikt ausmacht. Gleichermaßen, immer von Handlungstypen bzw. wesentlichen Tatbeständen ausgehend, wurde auch nicht grundsätzlich nach Straf- oder Zivilrecht unterschieden. Betrügerische Aktivitäten eines Unternehmers wurden im Ancien Régime selbstverständlich strafrechtlich gewürdigt, aber das ist nicht der Punkt, der hier interessiert; es sind vielmehr die Konflikte selbst, die aus solchen ökonomischen Aktivitäten entstanden, unabhängig von ihrer rechtlichen Würdigung, die hier interessieren. Von daher verbleiben für die Kategorie „Strafrecht" in der quantitativen Auswertung vorwiegend Einzelfälle, für die wegen ihrer allzu geringen Zahl keine eigenen Kategorien sinnvoll gewesen wären. Eigens geschaffen wie die Kategorie „Frauenrecht" wurde aufgrund der für diese Studie bestehenden Interessenlage die Kategorie „Grundrecht": in sie wurden alle die Prozesse aufgenommen, in denen der oder die Anwälte grundrechtliche Argumente benutzten. Es handelt sich um eine doppelte Zählung, d.h. ein Prozeß fällt zunächst z.B. in die Kategorie Erbrecht und dann wegen der einschlägigen Argumente auch in die Kategorie Grundrecht. Die Bestimmung eines rechtlichen Arguments als „grundrechtliches Argument" richtet sich nach der in Kapitel 2 getroffenen Begriffsbestimmung von Grundrecht. Die Argumente können dabei hierarchisch geordnet werden, allerdings ist dieser Gesichtspunkt hier noch nicht von Bedeutung, sondern erst im Rahmen der Diskursanalysen.4 4
Das Schema findet sich in Kapitel 8.2.1.
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
125
Der Fonds umfaßt über 2500 Dokumente aus der Zeit von ca. 1671 bis ins 19. Jh. Berücksichtigt wurde die Zeit von 1671 bis 1790. Ausgewertet wurden nur die eigentlichen Schriftsätze. Diese entstanden zu einem bestimmten Zeitpunkt der Berufung, ihr Datum (das z.T. erst aus dem Inhalt rekonstruiert werden mußte) gibt diesen Zeitpunkt oder auch einen Zeitraum von mehreren Jahren an, nicht aber die vollständige Berufungsdauer und schon gar nicht die vollständige Konflikt- oder Prozeßdauer. Für manche Prozesse liegen mehrere Schriftsätze, z.T. aus mehreren Jahren, vor. In diesem Abschnitt hier dreht es sich aber zunächst einmal um die Prozeßzahl, die gar nicht so leicht zu ermitteln ist, wenn nicht pauschale Kriterien wie „17. Jh.", „18. Jh." oder „erste Hälfte 18. Jh." und „zweite Hälfte 18. Jh." eingesetzt werden sollen. Das Grundproblem besteht in der Zuordnung von den Einheiten „Prozeß" und „Zeit". Bei der Auszählung von Gerichtsregistern wird dieses Problem dadurch umgangen, daß das Urteilsdatum erfaßt wird, was aber nichts über die unter verschiedenen Gesichtspunkten viel interessantere Konfliktdauer und die verschieden intensiven Phasen eines Konflikts aussagt. Weiter unten, auf der grundherrschaftlichen Ebene und wo das Material es zuläßt, werden auch solche der größtmöglichen Präzision dienende Kriterien berücksichtigt werden können. Um die Maschen nicht allzu grob zu machen, wurde folgendes Zählverfahren angewendet: Quantitative Grundeinheit ist das im Fonds dokumentierte Prozeßaufkommen pro Jahrzehnt bzw. pro Stichjahr (s.u.). Diejenigen Prozesse, die durch mehrere, eine Jahrzehntgrenze überschreitende, Dokumente repräsentiert sind, werden in beiden Jahrzehnten gezählt, was das rechnerische Ergebnis geringfügig aufbläht. Es sind aber nur wenige Fälle, die diese Frage aufwarfen, so daß es mit dem Hinweis auf diesen Punkt auch schon sein Bewenden haben kann. Die 91 voluminösen Bände mit häufig mehr als 1.500 Seiten pro Band des Fonds Saverot5 nötigen zu einem gemischten Erhebungsverfahren. Ziel der Bearbeitung des Fonds war nicht nur die Erhebung von Prozeßzahlen nach den oben vorgestellten Kategorien, sondern in erster Linie, die Chance einer quantitativ-qualitativen Analyse von vor Gerichten tatsächlich eingebrachten grundrechtlichen Argumenten zu nutzen, die nur und ausschließlich ein solcher Fonds bietet, der - das kann nicht genug betont werden - wegen seines Umfangs und der abgedeckten Zeitspanne einen ausgesprochenen Glücksfall darstellt. Die Hauptarbeit bestand folglich in der Erhebung der gesuchten Argumente aus über 100.000 Seiten, zumeist im Quart- oder Folioformat. Da der Fonds keinem chronologischen Ordnungsprinzip folgt, sondern der einzelne Band Dokumente aus teilweise über ein Jahrhundert auseinanderliegenden Jahren enthält, und die Munizipalbibliothek Dijon ,nur' ein alphabetisches Register hat anfertigen lassen, das fur die hier interessierenden Fragen praktisch von keinerlei Nutzen war, blieb nichts anderes übrig, als einerseits 5
Es handelt sich grundsatzlich um die N° 16 des Fonds. Deshalb kann in diesem Kapitel auf diesen Zusatz verzichtet werden.
126
II Archäologie der rechtlichen Praxis
alle 91 Bände durchzusehen, andererseits aus Gründen der Zeitökonomie6 Auswertungsschwerpunkte zu setzen. Dies fìihrte zu folgenden Entscheidungen: 1. Zählerisch vollständige Erfassung aller Dokumente, um die Zahl der im Fonds vertretenen Prozesse bestimmen zu können; 2. vollständige inhaltliche Auswertung aller Dokumente fìir die zweite Hälfte des 18. Jh. (1751 bis 1790; Hochzeit der Aufklärung, Epoche der Prä-Revolution, erste Revolutionsphase, die stark von der Menschenrechtsdebatte geprägt wurde); 3. vollständige inhaltliche Auswertung aller Dokumente für die Zeit bis 1700 wegen der seltenen Möglichkeit, auch fur diese Zeit vor Gericht vorgetragene Grundrechtsargumente dokumentieren zu können; 4. Anwendung eines Stichjahrverfahrens fur die erste Hälfte des 18. Jh.: vollständige Auswertung jeden fünften Jahres (1705,1710 usw.). Damit sind die wichtigsten Grundlagen für die erste Auswertung des Fonds Saverot erläutert. Um die Aussagefahigkeit des Stichjahrverfahrens zu testen, wurden im komplett erfaßten Zeitraum von 1750-1790 zusätzlich zur Komplettauswertung gleichfalls Stichjahre im Fünfjahresrhythmus gewählt (1755 usw.) und die Ergebnisse daraus sowohl mit den Stichjahren 1705 etc. als auch mit den Ergebnissen aus der kompletten Auswertung des Zeitraums 1751-1790 verglichen.
6
Der Fonds stellt nur einen von vielen umfangreichen Quellenbeständen dar, die auszuweiten waren.
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
j 27
3.1.1.2. Der Rechtsbedarf einer Provinz im Spiegel des Parlaments Dijon Grafik 1 veranschaulicht die Verteilung der dokumentierten Prozesse nach Jahrzehnten.
Grafik 1
Fonds Saverot—Verteilung der Prozesse nach Jahrzehnten
1711-20
1721-30
1771-80
Der Fonds dokumentiert fur den gewählten Zeitraum 1710 Prozesse aus dem Bereich des Parlaments in Dijon. 7 Davon entfallen 34,4% auf die beiden letzten Jahrzehnte 1771-1790 und immerhin 28,5% auf die Zeit von 1711-30. Das 17. Jh. belegt lediglich 5,7%. Vor jeder weiteren inhaltlichen Untersuchung stellt sich somit die Frage, ob die quantitativen Spitzen vor allem 1721-30 und 1771-80, aber auch die chronologische Verteilung der Prozesse insgesamt vorwiegend aus den Sammelschwerpunkten
der
Rechtsanwälte
resultieren
oder
ob
sie
etwas
über
die
Entwicklung des Konfliktgeschehens in der Provinz aussagen. 8 Da es sich um Prozesse vor dem Parlament
in Dijon handelt,
ist es naheliegend,
dessen
Prozeßaufkommen zu ermitteln und mit dem Ergebnis aus dem Fonds Saverot zu vergleichen. U m das Prozeßaufkommen vor dem Parlament zu ermitteln, ist es wiederum notwendig, ein Auswahlverfahren anzuwenden. Die absolute Zahl wäre nur durch eine Equipe in jahrelanger Kleinarbeit aus den über 1100 Gerichtsbänden zu erfassen. 9 7
8
9
Nicht erfaßt wurden Prozesse, die vor niederen oder provinzfremden Gerichten geführt wurden. Gelegentlich waren Dokumente Oberhaupt nicht zu datieren; sie wurden gleichfalls ausgeschieden. Bei wievielen der insgesamt vor dem Parlament geführten Prozesse Schriftsätze gedruckt wurden, ist nicht feststellbar. Es ist davon auszugehen, daß nicht sämtliche gedruckten Schriftsätze in den Fonds gelangt sind. Auch hier ist es völlig unmöglich, irgendwelche Zahlen und quantitative Verhältnisse zu ermitteln. Insofern müssen diese Gesichtspunkte schlechterdings außer acht gelassen werden. Grundsätzliches zur Auswertungsfrage von Parlamentsregistern s. bei Schmale, Wolfgang, Rechtsquellen zur französischen Sozialgeschichte des Ancien Régime (1986), bes. Abschnitt II.
II Archäologie der rechtlichen Praxis
128
Leider ist das Gerichtsarchiv auch nicht mehr vollständig.10 Einen zuverlässigen Eindruck ergeben jedoch die Register der beiden Hauptkammern, der Grande Chambre (Zivilrechtsfälle) und der Tournelle (Strafrecht). Gewählt wurden 10 Stichjahre - ein vollständiges Auszählen verbietet sich wegen der Masse - fur das 18. Jh. (1700, 1710 usw., zuletzt 1789). Für die dazwischenliegenden Jahre wurde aus den beiden Werten der jeweiligen Jahrzehnt-Grenzjahre ein Mittelwert gebildet und mit 10 multipliziert. Dies Verfahren bot sich an, weil die Schwankungsbreite abgesehen von den Jahren 1700 und 1789 verhältnismäßig gering ausfiel. Die Tabelle 1 informiert über die Ergebnisse. Tabelle 1 Prozeßaufkommen nach Fonds Saverot im Verhältnis zum Parlament Dijon
1701-10 1711-20 1721-30 1731-40 1741-50 1751-60 1761-70 1771-80 1781-90
Fonds Saverot Summe
Parlament Dijon arrêts définitifs Grande Chambre
arrêts déf. criminels Tournelle
117 213 274 173 110 79 58 340 248
1700 1710 1720 1730 1740 1750 1760 1770 1780 1789
59 40 42 76 41 43 80 57 73 78
390 235 180 180 177 164 183 219 198 226
Parlament Summe
449 275 222 256 218 207 263 276 271 304
Die Umsetzung der Ergebnisse in Grafik 2 macht den Unterschied zwischen dem Prozeßaufkommen am Parlament und der Zahl der im Fonds Saverot dokumentierten Prozesse deutlich. Die dritte Linie repräsentiert die Prozesse, in denen 1751-1789 grundrechtliche Argumente geltend gemacht wurden. Deren Anteil schwankt im Fonds Saverot zwischen über 11% im letzten Drittel des 17. Jh. (nicht in dieser Grafik wiedergegeben), durchschnittlich über 15% in den Stichjahren der ersten Hälfte des 18. Jh. und knapp 15% nach 1750. In absoluten Zahlen handelt es sich um immerhin 147 Prozesse mit Grundrechtsargumenten, deren Auswertung angesichts der Tatsache, daß ein solcher Prozeßtyp noch nie erhoben wurde, einigen Erkenntnisfortschritt verspricht. Bezogen auf den Bestand des Parlaments insgesamt würde sich ein tatsächliches Mehrfaches ergeben. Nähme man an, daß es rd. 15% im Jahrhundertdurchschnitt seien, so läge die absolute Zahl bei über 3.500 (von 23.645 errechneten Prozessen zwischen 1700 und 1789 vor der Grande Chambre und der Tournelle).
10
Zu Einzelheiten s. Garreta, Jean-Claude, Les Archives du Parlement de Dijon (1962).
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
129
Grafik 2 Vergleich Prozesse mit Grundrechtsbezug am Parlament Dijon und im Fonds Saverot
- Parlament -Saverot -Grundrecht
Zur Debatte steht aber vorerst noch die Frage, inwieweit der Fonds Saverot als repräsentativ für das Parlament Burgunds genommen werden kann. Was die Repräsentativität grundrechtlicher Argumente angeht, ist dies weniger eine Frage der Quantität von dokumentierten Prozessen. Diese spielt hingegen eine wichtige Rolle, wenn es um die Repräsentativität für den Rechtsbedarf der Provinz geht. Sieht man sich die beiden Linien für den Fonds Saverot und das Parlament an, ist festzustellen, daß die Bewegungen zu Beginn des 18. Jh. weit auseinanderfallen. Die Fonds-Linie erhebt sich dann bis zum Jahrzehnt 1721/30, während die Linie des Parlaments leicht abfällt. Zur Jahrhundertmitte fallen beide Linien ab, die des Parlaments in Relation gesehen stärker als die des Fonds. Während letztere jedoch ihre Abwärtsbewegung bis 1761 fortsetzt, schwingt sich die des Parlaments ab dem Jahrzehnt 1741/50 zu neuen Höhen bis 1789 auf. Die Linie des Fonds steigt zwischen 1761/70 und 1771/80 steiler auf als die des Parlaments, sie bewegt sich dann wieder nach unten, während die des Parlaments ihre leichte Aufwärtstendenz beibehält. Im ungünstigsten Fall (1761-70) entspricht der Bestand im Fonds nur 2,2% des errechneten Prozeßaufkommens am Parlament, im günstigsten Fall (1771-80) dagegen 12,4%.
130
II Archäologie der rechtlichen Praxis
Die quantitativen Unterschiede zwischen Fonds Saverot und Parlament mahnen folglich zur Vorsicht bei der Verallgemeinerung von Schlußfolgerungen und ermuntern zur Suche nach weiteren Kriterien, die Aufschluß über die Repräsentativität des Fonds geben können. Im wesentlichen sind die Ergebnisse des Vergleichs jedoch ermutigend. Immerhin besteht damit eine inhaltsschwere Dokumentation, die in der grafischen Darstellung keine wilden Ausschläge verzeichnet, sondern sich zur Linie des Parlaments relativ gut proportioniert verhält. Die Alternative bestünde in der Erhebung von Einzelstücken, wie sie in den unterschiedlichsten Quellenbeständen enthalten sind, die aber längst nicht ein solches Korpus abgäben wie der Fonds Saverot N° 16. Kurz und gut: Angesichts der Tatsache, daß noch nie versucht wurde, das Rechtsleben einer Provinz in breiterem Maßstab und schon gar nicht unter grundrechtlichen Gesichtspunkten in den Griff zu bekommen, bietet der Fonds eine unvergleichliche Chance, die genutzt werden soll. Der Beschäftigung mit der inneren Struktur des Fonds ist vorauszuschicken, daß alle sozialen Schichten in den dort dokumentierten Prozessen vertreten sind. Geographisch stammen diese aus allen Gegenden der Provinz. Von den 20 gebildeten Kategorien können vorerst einige wegen jeweils geringer Quantität vernachlässigt werden, sie sind aber in den Grafiken 5 und 6 dokumentiert (s.u.). Buch- und Pressewesen, Fremdenrecht, Eherecht (eine Restkategorie, da die Eheverträge ihrer Konsequenzen wegen meistens beim Erbrecht einzuordnen waren; Ehescheidungsprozesse fielen überwiegend in die Kategorie des Frauenrechts), Recht der Mindeijährigen und Vormundschaften, Familien (auch das eine Restkategorie, da die meisten Familienzwistigkeiten Erbrechtsfragen oder Ehescheidungen betrafen bzw. durch die Kategorien Ehe, Minderjährige und Vormundschaft oder auch Frauenrecht abgedeckt werden), Personenstand (gleichfalls eine Restkategorie), Nachbarschaftsrecht und die Gruppe „Sonstiges" sind diese vorläufig weniger wichtigen Kategorien. Die übrigen 11 Kategorien zuzüglich der Zusammenstellung der Prozesse mit grundrechtlicher Argumentation sind in den Grafiken 3 und 4 dargestellt. Für Grafik 4 (Stichjahrperiode 1705-1750 sowie zum Vergleich Stichjahre 1755-1789) wurden die durchschnittlichen prozentualen Anteile errechnet, der Befund wird noch im Einzelnen an gegebener Stelle verfeinert. Für die zweite Hälfte des 18. Jh. ist zum Vergleich ebenfalls die Grafik 4 heranzuziehen: Grafik 4 wurde auf der Grundlage von Stichjahren (1755, 1760 usw., 1789 als letztem Stichjahr) errechnet. Wie leicht zu ersehen, ergeben sich in etwa dieselben Proportionen fur die ausgewählten Kategorien, im Stichjahrverfahren rücken jedoch die Kategorien Nachbarschafts-, Mindeijährigen- und Fremdenrecht etwas stärker in den Vordergrund als bei der Komplettauswertung. Die Bilder der drei Epochen ähneln sich. Erbrechtliche Auseinandersetzungen (T) belegen jeweils den Löwenanteil, besitz- und vertragsrechtliche Konflikte (Β, V) halten in allen drei Erhebungsperioden einen relativ stabilen Anteil. Das Gerichtswesen (G) erscheint im späten 17. Jh. und dann wieder nach 1750 als bedeutend, weniger bedeutend in der Stichjahrperiode 1701-1750. Dieselbe
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
131
Bemerkung gilt für Verwaltung (AD) und Frauenrecht (FRA). Seigneurial-, Strafund Steuerrecht (S, ST, TAX) beanspruchen in der Stichjahrperiode hingegen mehr Aufmerksamkeit. Auffällig wirkt der im 18. Jh. stabile Anteil von Prozessen mit grundrechtlichen Argumenten der Anwälte (GR), der bei ca. 15% (im späten 17. Jh. bei gut 11%) liegt. Auf den ersten Blick zeigt sich somit ein Bild relativer Stabilität. Danach wären die wesentlichen Werthaltungen der Bevölkerung, die sich darin ausdrücken, trotz gewisser Schwankungsbreiten im Kern unverändert geblieben. Eine Aufschlüsselung
Grafik 3 Fonds Saverot/Anteil ausgewählter Konfliktkategorien Gesamtauswertung 1671-1700/1751-1789 200 180 160 140 120 m
100 i
80 -
i I il I 8L. s 20 11I I1I II VI 1 II 1 -- 1 1 1 ι 1i n1'I 1l i "f 11 "I — -ιI 40 *
AD
Β
»
FRA
G
S
ST
Τ
TAX V
W
Ζ
GR
016711700 Β 17511789
II Archäologie der rechtlichen Praxis
132
Grafik 4 Fonds Saverot/Anteil ausgewählter Konfliktkategorien Stichjahre 1705-1750/1755-1789
1
1
1
1
• 1705-50
U 175 5-89
. 1 1 ril 1
AD
Β
FR FRA
G
M
Ν
IiiI S
ST
Τ
Πι
TAX
V
Πι n i W
Ζ
GR
der Verteilung der Kategorien nach Jahrzehnten im 17. Jh. (Grafik 5), nach Stichjahren in der ersten Hälfte des 18. Jh. (Grafik 6), nach Jahrzehnten (Grafik 5) und nach Stichjahren (Grafik 6) in der zweiten Hälfte des 18. Jh. verdeutlicht die Schwankungen, allerdings sind dabei die oben erläuterten Erhebungsbedingungen zu berücksichtigen. Der Vergleich der beiden Erhebungsmethoden ftir 1751-1789/90 zeitigt wiederum nur geringe Abweichungen, die vorwiegend bei quantitativ schwach vertretenen Kategorien zum Tragen kommen. So nimmt in der Stichjahrgrafik 6 das Nachbarschaftsrecht eine höhere Bedeutung ein als das Minderjährigenrecht, während es sich in der Grafik 5 genau umgekehrt verhält. Nach dem Gesamterhebungsverfahren ist dem Frauenrecht mehr Beachtung zu schenken als nach der Stichjahrmethode, die prinzipiellen Proportionen ändern sich hingegen nur geringfügig. Methodenkritisch kann deshalb für diese eher allgemeinen Erhebungen festgehalten werden, daß auch das Stichjahrverfahren zu prinzipiell zuverlässigen Ergebnissen führt. Insoweit ist es auch berechtigt, die drei Erhebungsepochen in einer Grafik gemeinsam darzustellen. Genauerer Betrachtung sind die Schwankungen zwischen den Kategorien im Lauf der Zeit zu unterziehen. Daß es Schwankungen gibt, war nicht anders zu erwarten, da das Prozeßaufkommen eines Gerichtes auch hinsichtlich der Streitinhalte kaum
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
133
Grafik 5 Fonds Saverot/Verteilung der dokumentierten Prozesse nach Konfliktkategorien/Bereich Gesamtauswertung
jahrein, jahraus unverändert sein kann. Von Interesse ist deshalb die Frage nach längerfristigen Verschiebungen, die anhand der Epoche 1750 bis 1790 untersucht werden sollen. Der erste Blick gilt wieder dem Vergleich der Ergebnisse aus den beiden verschiedenen Erhebungsmethoden (Grafik 7; Gesamt- und Stichjahrerhebung). Bei der Stichjahrmethode verlaufen die Linien insgesamt markanter, Höhen und Tiefen sind stärker ausgeprägt. Im Vergleich zur Gesamterhebung schlägt sich in diesem Kurvenverlauf deutlicher der Eigencharakter der Stichjahre nieder. Dieser wird in den ersten Jahren der Erhebungsepochen zusätzlich dadurch konturiert, daß die quantitative Basis geringer - auch gemessen im Verhältnis zum Aufkommen am Parlament insgesamt - ist als in den beiden letzten Jahrzehnten. Nach der Gesamterhebungsmethode wird deutlich, daß die Erbrechtsthematik an Bedeutung verliert, während das Gerichtswesen als dritte Partei häufiger Anlaß zu Konflikten gibt. Das Vertragsrecht verzeichnet eine zwar geringe, aber stetige Zunahme, beim Seigneurialrecht wechseln sich Höhen und Tiefen ab. Die Kurve verläuft im übrigen fast parallel zu der der Prozesse mit grundrechtlichen Argumenten. Während diese Kategorien im langfristigen Schnitt jeweils mehr als 10% der dokumentierten Konflikte ausmachen, beziehen sich die übrigen dargestellten Linien auf Kategorien mit einem jeweiligen Anteil von unter 10%.
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II Archäologie der rechtlichen Praxis
Grafik 6 Fonds Saverot/Verteilung der dokumentierten Prozesse nach Konfliktkategorien/Bereich Stichjahre
Frauenrecht, Zehnt, Verwaltung und Wirtschaft verbuchen aufsteigende, Besitzrecht, Strafsachen und Steuerrecht zeitigen abfallende Tendenzen. Bei Steuerangelegenheiten ist zu berücksichtigen, daß es viele zuständige Instanzen gab, unter denen das Parlament nur eine und nicht einmal die wichtigste darstellte. Wenn die Besitzrechtskurve nach 1789 hin abfällt, mag dies mit Blick auf das Eigentumsrecht als Menschenrecht erstaunen, doch ist zu bedenken, daß Erb- und Vertragsrecht ja gleichfalls im Kern Besitzfragen (der Begriff schließt hier Eigentum mit ein) betreffen. Gerichte, Verwaltung und der Zehnt als häufigere Konfliktthemen scheinen hingegen eine nationale Tendenz widerzuspiegeln. Die Kurve des Frauenrechts liegt am Ende der Epoche kaum höher als zu Beginn, folgt aber von 1761 an einer stetigen Aufwärtstendenz. Bei einem durchschnittlichen Anteil von weniger als 5% am dokumentierten Konfliktaufkommen kann jedoch kaum von einer revolutionären Entwicklung gesprochen werden. Der nächste Schritt besteht darin, daß nach dem jeweiligen Anteil der Kategorien an Prozessen mit grundrechtlichen Argumenten gefragt wird. Die Ergebnisse sind
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
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Grafik 7 Fonds Saverot/Anteil ausgewählter Konfliktkategorien in % alternierend Bereich Gesamtauswertung/Stichjahre
in den Grafiken 8 und 9 festgehalten. Grundsätzlich fällt auf, daß sich die beiden Epochen, fur die die gesamte Dokumentation des Fonds Saverot inhaltlich erhoben wurde, nämlich 1671-1700 und 1751-1790, radikal durch die Diversifizierung der Kategorien von Prozessen mit grundrechtlichen Argumenten unterscheiden. Das erste Drittel des 18. Jh. läßt eine zunehmende Differenzierung gegenüber dem 17. Jh. erkennen, und zwar bis 1730, während dann bis 1745 ein deutlicher Rückgang eingetreten zu sein scheint, obwohl die quantitative Basis (s. Grafik 1) weiterhin beachtlich ist. Der urplötzlich wirkende Differenzierungsschub 1751 mahnt zur Skepsis, weil er auf der Gesamterhebungsmethode beruht, während die Stichjahrmethode für diese Zeit eine geringere Differenzierung vermittelt. Dennoch, da die Gesamterhebungsmethode immer ein Jahrzehnt umgreift, muß man immer zwei Stichjahre, also z.B. 1755 und 1760, zusammen einem Jahrzehnt, z.B. 1751-60, gegenüberstellen. Dann vermittelt auch das Stichjahrverfahren einen höheren Differenzierungsgrad nach 1750 gegenüber der ersten Jahrhunderthälfte (bei gleicher Verfahrensweise, d.h. daß z.B. die in 1705 und 1710 vertretenen Kategorien gemeinsam betrachtet werden). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß der quantitative Tiefpunkt des Fonds für das 18. Jh. zwischen 1751 und 1770 liegt, dennoch der Differenzierungsschub hier einsetzt. Langfristig (Grafik 10) erhöht sich
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II Archäologie der rechtlichen Praxis
der Anteil von Prozessen mit grundrechtlichen Argumenten, ausgeprägten Schwankungen ist er immer unterworfen, wobei die Stichjahrperiode aus den schon erläuterten prinzipiellen Gründen 1701-1750 stärkere Ausschläge verzeichnet als die Gesamterhebungsperiode 1751-1790. Zur Probe wurde in der Grafik 11 gleichfalls für die zweite Hälfte des 18. Jh. das Stichjahrverfahren eingesetzt und an das entsprechende Verfahren fur die erste Jahrhunderthälfte angeschlossen. Der prinzipielle Befund ist gleich, die Höhen und Tiefen sind wie gewohnt stärker ausgeprägt.
Grafik 8 Fonds Saverot/Anteil der Konfliktkategorien mit grundrechtlicher Argumentation in % / Bereich Gesamtauswertung
Die Kontinuität der langfristigen Aufwärtsentwicklung der Prozesse mit grundrechtlichen Argumenten erhellt sich überzeugend auch aus Grafik 10, in der die absoluten Zahlen gegenübergestellt sind: die Kurve der Prozesse mit grundrechtlichen Argumenten ahmt die der absoluten Prozeßzahlen pro Jahrzehnt (1671 ff.) bzw. Stichjahr (1701 ff) bzw. Jahrzehnt (1751 ff.) keineswegs sklavisch nach, selbst wenn gewisse Einflüsse der jeweiligen quantitativen Erhebungsbasis ebenfalls sichtbar werden. Wohlgemerkt: es geht dort um absolute Zahlen, mit denen rein quantitative Abhängigkeiten deutlich gemacht werden. Blickt man auf die prozentualen Anteile von Prozessen mit grundrechtlichen Argumenten am jeweiligen absoluten Aufkom-
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
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Grafik 9 Fonds Saverot/Anteil der Konfliktkategorien mit grundrechtlicher Argumentation in % / Bereich Stichjahre
El FR • FRA
•o •M •Ν BF • S Β ST
•Τ • TAX
•V a vor
•ζ
men, dann differenzieren sich die langfristigen Mittel in jeweils zwei Abschnitte: jeweils die ersten Jahrzehnte der ersten und zweiten Jahrunderthälfte liegen hinsichtlich von Prozessen mit grundrechtlichen Argumenten über dem Mittel, während die jeweilige zweite Hälfte unter dem Mittel liegt. Das ergeben übereinstimmend die Grafiken 11 und 12 auf der Grundlage des Vergleichs einmal Stichjahrverfahren/Stichjahrverfahren und einmal Stichjahrverfahren/Gesamterhebungsverfahren. Um der Genauigkeit einen letzten Tribut zu zollen, wird der prozentuale Anteil der Prozesse mit Grundrechtsargumenten am Gesamtaufkommen der jeweiligen Stichjahre in Grafik 13 dargestellt. Berücksichtigt man, daß die sehr hohen Werte von 1755, 1760 und 1765 genau mit dem quantitativen Tief des Fonds Saverot zusammenfallen, mithin womöglich dem Zufall zu verdanken sind, erscheint der prozentuale Anteil von Prozessen mit grundrechtlichen Argumenten in der zweiten Hälfte des 18. Jh. relativ stabil und zeitigt mehr Kontinuität als in dei ersten Jahrhunderthälfte. Nachdem die Vielfalt der Grafiken und der kritischen Erläuterungen zum Vorgehen womöglich etwas verwirrend war, bleibt als Ergebnis dieser ersten Annäherung an eine Provinz auf der Ebene der bis vors Parlament gelangten Konflikte
J 3g
II Archäologie der rechtlichen Praxis
Folgendes festzuhalten: Was die für das erste und dritte Viertel des 18. Jh. festgestellten Spitzen von Prozessen mit grundrechtlichen Argumenten angeht - und
Grafik 10 Fonds Saverot/Gesamtprozeßzahl und Zahl der Prozesse mit grundrechtlichen Argumenten: absolute Zahlen (Bereiche Gesamtauswertung und Stichjahre kombiniert) 350
\
j\ 250 200
I /
150
s
k=9 S
t—< tri
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s
H
i
- O R absolut -Gesamt
λ
ro
diese über dem langfristigen Mittel liegenden Spitzen lassen sich ja trotz Berücksichtigung der unterschiedlichen quantitativen Basis nicht wegdiskutieren - fällt auf, daß diese durchaus parallel zu gesamtfranzösischen Entwicklungen verlaufen. Nach der Jahrhundertwende von 1700 hatte Ludwig XIV. den Zenith überschritten, die Geister regten sich, Kritik am Absolutismus konnte nicht mehr so leicht unterbunden werden wie zuvor. Während der - kurzen - Regentschaft des Herzogs von Orléans verdichteten sich die Hoffnungen auf mehr und eine breitere politische Partizipation (z.B. Stichwort der Polysynodie), die Parlamente erhielten ein ungeschmälertes Remonstrationsrecht zurück, eine politische Eiszeit war zu Ende gegangen, eine Epoche höherer Rechtsstaatlichkeit schien anzubrechen. Die Jahrhundertmitte hat für die französische Geschichte einen ausgesprochen symbolischen Wert, weil sich in dieser Zeit viele Hauptwerke der französischen Aufklärung konzentrieren. Deren Konzentration symbolisiert den Bewußtseinszustand der französischen Gesellschaft um 1750, keineswegs nur den einer elitären Randgruppe, den der Aufklärer.
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Der Hinweis auf diese Parallelen ist durchaus plausibel, da es sich bei den Prozessen mit grundrechtlichen Argumenten zuerst um ein Phänomen handelt, das auf die geistige Lage der Anwälte verweist. Es waren ja deren Argumente, die zur entsprechenden Klassifizierung führten. Damit wäre immerhin ein eindrucksvoller Beleg für die zeitlich offensichtlich unversetzte Verbindung zwischen Aufklärung und anwaltlicher Gerichtspraxis geschaffen.
Grafik 11 Fonds Saverot/Prozesse mit grundrechtlichen Argumenten in % in den Stichjahren und Mittelwerte
3.1.1.3. Rechtsbedarf und Modernisierungsfaktoren Die Analyse der Konfliktthemen verrät auf dem Hintergrund langfristig stabiler Faktoren gewisse .Modernisierungserscheinungen' wie die gesteigerte Bedeutung des Gerichtswesens, des Frauenrechts und des Zehnt z.B. als Konfliktziele. Diese Veränderungen erscheinen nicht gerade als dramatisch oder gar als Revolutionsboten, aber es muß immer berücksichtigt werden, daß über Gerichtsprozesse nicht die Gesamtveränderung von Wirklichkeit quantitativ zu messen ist. Am wenigsten sind auf diesem Weg unmittelbar Veränderungen in der politischen Vorstellungswelt zu klären, mit Ausnahme bestimmter, in den Seigneurien entstandener Konflikte, und mit Aus-
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nähme indirekter Hinweise: Vermehrte Konflikte um das Gerichtswesen als dritte Partei oder um den Zehnt beziehen sich auf Gesamtveränderungen mit eminent politischem Charakter, wenn man an die Revolution und deren Gesetzgebung zum Gerichtswesen und zur Kirche denkt.
Grafik 12 Fonds Saverot/Prozesse mit grundrechtlichen Argumenten in % (Bereiche Gesamtauswertung und Stichjahre kombiniert) sowie Mittelwert
Die langfristig stabilen Faktoren verweisen auf das Bedürfnis nach stabilen Verhältnissen im Leben. Besitz-, Erb- und Vertragsrecht sind grundsätzlich auf die Schaffung bzw. Erhaltung von Stabilität ausgerichtet, selbst wenn der einmal entstandene Konflikt und Gerichtsprozeß dann kontraproduktiv zumindest fur eine Seite ins Gegenteil ausschlagen kann. Ungeachtet solcher persönlicher Umstände zeugt der hohe Anteil gerade, von Erbrechtsprozessen an Prozessen mit grundrechtlichen Argumenten (Grafiken 8-9) von der Wichtigkeit dieses Stabilitätsfaktors. Es ging um nichts weniger als um den Erhalt - im Werthorizont der Zeit - der Familien. Und noch war die Familie als Basis nicht nur der Gesellschafts-, sondern auch der Staatsverfassung (Bodin war keineswegs überholt) unbestritten. Die ermittelte Verteilung von Stabilftätsfaktoren und Modernisierungserscheinungen, die gewissermaßen einen Einblick in den Interessen- und Wertehorizont der Be-
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völkerung einer Provinz ermöglicht, steht keineswegs in einem wirklichen Gegensatz zu den Anfangen der französischen Revolution. Die Frauenforschung etwa hat zur Genüge bewiesen, wie schwer sich die Revolution mit einem besseren Frauenrecht tat. Die vorübergehende Einführung der Scheidung erscheint im Rückblick als die noch konsequenteste Schlußfolgerung aus den Frauenprozessen des Ancien Régime." Die Kirchengesetzgebung knüpft an den wachsenden Widerstand gegen bestimmte weltliche Erscheinungsformen der Kirche an. Damit ist noch nicht einmal die Entchristianisierung gemeint, sondern das im Ancien Régime wachsende Unverständnis für die z.T. schon Generationen zuvor eingetretene Zweckentfremdung des Zehnten oder für das auffallige Bedürfnis vieler Pfarrer nach - heute würde man sagen - Luxussanierungen der Kirchen und Presbyterien im späten 18. Jh. Gerade in Burgund läßt sich letzteres aufgrund der Gemeindearchive und Intendanturakten gut nachweisen.
Grafik 13 Fonds Saverot/Prozesse mit grundrechtlichen Argumenten in % in Stichjahren
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Zur sozialen Praxis des revolutionären Scheidungsrechts s. die gründliche Studie von Dessertine, Dominique, Divorcer i Lyon sous la Révolution et l'Empire, 1981; zur Frauenrechtsfrage in der Revolution s. Guibert-Sledziewski, Elisabeth, Naissance de la femme civile. La Révolution, la femme, le droit (1984); Guibert-Sledziewski, Elisabeth, La femme, objet de la Révolution (1987); Hassauer, Friederike, Gleichberechtigung und Guillotine: Olympe de Gouges und die feministische Menschenrechtserklärung der Französischen Revolution (1988); Harten, Elke/Harten Hans-Christian, Frauen-Kultur-Revolution, 1789-1799, 1989; Held, Jutta (Hg.), Frauen im Frankreich des 18. Jahrhunderts, 1989; Marand-Fouquet, Catherine, La femme au temps de la Révolution, 1989; Christadler, Marieluise (Hg.), Freiheit, Gleichheit, Weiblichkeit, 1990; Gerhard, Ute, Menschenrechte auch für Frauen. Der Entwurf der Olympe de Gouges (1987).
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II Archäologie der rechtlichen Praxis
Einen zusätzlichen Anhaltspunkt über die Qualität der Veränderungen ergibt die Auswertung der Prozesse mit Grundrechtsargumenten hinsichtlich der Frage, ob spezifische Verhaltenskonstellationen dafür ursächlich sind, daß es zur Anwendung grundrechtlicher Argumente kam. Besonderes Augenmerk verdient die individuelle Mobilität in wirtschaftlicher, geographischer, .moralischer' und etwa frauenrechtlicher Hinsicht als Auslöser von Konflikten, in denen schließlich vor Gericht grundrechtliche Argumente zum Einsatz kamen. Daß individuelle Motive bei der Gruppe von Prozessen mit grundrechtlichen Argumenten eine Rolle spielten, kann geradezu vorausgesetzt werden. Bei Erbrechtsprozessen z.B. wird die Vorliebe des Erblassers für eine entfernte Verwandte oder fur eine aus der Sicht der Familie außenstehende Person als naturrechtswidrig bezeichnet12, Verstöße gegen Vertragsbestimmungen haben individuelle Beweggründe usw. Um diese Art individueller Motivationen geht es an dieser Stelle jedoch weniger, weil sie eher zeitlos-menschlich sind. Vielmehr interessieren individuelle Mobilitäten, die geeignet waren, etablierte Strukturen und Werthaltungen aufzubrechen. Dies ist fast immer der Fall bei Frauenrechtsprozessen, in denen es grundsätzlich um das Selbstbestimmungs- und Selbstverwirklichungsrecht der Frau gegenüber der Bevormundung durch den Vater, den Ehemann oder andere Männer (z.B. auch Söhne) in ihrer Umgebung geht. Aus diesem Grund wiegt die relativ kleine Zahl von Frauenrechtsprozessen in ihrer Bedeutung wesentlich schwerer als ein Dutzend durchschnittlicher Erbrechtsprozesse, selbst wenn in diesen die Rechtsanwälte grundrechtliche Argumente benutzen. Individuelle Mobilitäten wirken bei biologisch erwachsenen, rechtlich aber noch nicht emanzipierten Kindern, wenn sie eine eigenständige Persönlichkeit entwickelt haben und ihre Unternehmungen die Mißbilligung der Eltern oder der gesetzlichen Vertreter erfahren. Geographisch mobile Personen (Soldaten; Reisende; Personen, die in Übersee leben; Ausländer mit Besitz und/oder Familie in Frankreich/Burgund; Personen, die zwar in der Provinz verwurzelt sind, aber z.B. aus beruflichen Gründen in einer anderen Gegend Frankreichs leben, etc.) geben, wenn sie in Konflikte verwickelt werden, häufig Anlaß zum Einsatz grundrechtlicher Argumente. Ihre persönliche Situation trägt zumindest teilweise immer auch den Charakter von .Vereinzelung', also erhöhter Schutzbedürftigkeit, wie auch die der Dienstmädchen und ledigen jungen Frauen. Wirtschaftliche Mobilität ist häufig mit geographischer Mobilität verschränkt; besonders im Bereich der Grundherrschaften macht sich jene wirtschaftliche Mobilität bemerkbar, die Marc Bloch „individualisme agraire" nannte, also die Individualisierung ökonomischer Aktivitäten auf Kosten kollektiver Wirtschaftsweisen. Als Prozeß reicht der Agrarindividualismus vor das 16. Jh. zurück, aber erst in der zweiten Hälfte des 18. Jh. erfuhr er jene beispiellose Intensivierung, die Blochs Begriff in erster Linie meint.13 12 13
Die Argumente der Anwälte werden im 8. Kapitel vorgestellt. Bloch, Marc, L'individualisme agraire dans la France du XVIII e siècle, 1930.
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
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Inwieweit individuelle Mobilität im geschilderten Sinn eine Rolle spielt, ist nur anhand der Tatsachendarstellungen in den mémoires etc. festzustellen. Ob diese Darstellungen alle fur diese Untersuchung wissenswerten Fakten enthalten, ist schlechterdings nicht nachprüfbar. Es gibt folglich keine Sicherheit über den tatsächlichen Anteil der Prozesse mit individueller Mobilität an den Prozessen mit grundrechtlichen Argumenten. Im 17. Jh. (bis 1700 incl.) waren es 2 von 11, in der Stichjahrperiode (1. Hälfte des 18. Jh., Stichjahre 1705 bis 1745 incl.) 3 von 24, in der 2. Hälfte des 18. Jh. (Gesamterhebung) 23 von 112, das sind 20,53 %. Nur für die 2. Hälfte des 18.Jh. lohnt sich eine genauere Aufteilung: 9 Fälle betreffen das Frauenrecht, 6 die Seigneurie (wirtschaftliche Mobilität, zumeist im Sinne des Agrarindividualismus), 2 das Fremdenrecht (aubaine), 2 das Verhältnis Sohn/Vater, der Rest verteilt sich auf ganz unterschiedliche Situationen. Ohne dieses Ergebnis als repräsentativ anzusehen - die quantitative Basis erscheint dafür zu gering; die Unwägbarkeiten des Quellenmaterials wurden benannt - , fällt die überproportionale Bedeutung von Frauenrechtsfällen und solchen aus dem Bereich der Grundherrschaft auf. Beide Befunde verleihen den oben angesprochenen Modernisierungserscheinungen eine zusätzliche Spitze. Damit soll die erste Messung des Pulsschlages der Provinz Burgund zunächst abgeschlossen werden, die zweite Messung setzt auf der Ebene der Seigneurien an. 3.1.2. Werthaltungen und Konfliktziele im Spiegel burgundischer Grundherrschaften Untrennbar verbunden mit der Erforschung der burgundischen Seigneurie im 17. und 18. Jh. ist der Name von Pierre de Saint Jacob.14 Er befaßte sich auch mit Konflikten zwischen der Landbevölkerung und den Seigneurs, führte hierzu - anders als in den Bereichen der Wirtschaftsgeschichte - keine quantitativen Erhebungen durch.15 Die französische Forschung geht von einer Verschärfung solcher Konflikte im 18. Jh. aus, es gibt dafür jedoch keine überzeugenden quantitativen Belege. Soweit solche existieren, beziehen sie sich auf Widerstandsaktionen, die mit Gewaltanwendung gegen Sachen und Personen verbunden waren. Um die üblichen Seigneurialrechtsprozesse hat man sich weniger gekümmert, und noch weniger um eine quantitativ-qualitative Aufarbeitung dieses Konflikttyps.16 Anhand einiger gut dokumentierter Fälle soll deshalb versucht werden, lokales (mikrohistorisches) Material für unsere Frage nach Rechtsbedarf, Werthaltungen und Konfliktzielen zusammenzutragen.
14 15 16
Saint Jacob, Pierre de, Les paysans de la Bourgogne du Nord, 1960. Ein eher unsystematisches Vorgehen legt Root, Hilton L., Peasants and King in Burgundy, 1987, an den Tag. Zum heute kaum veränderten Forschungsstand vgl. Schmale, Wolfgang, Bäuerlicher Widerstand, Gerichte und Rechtsentwicklung in Frankreich, 1986, S. 11-17.
II Archäologie der rechtlichen Praxis
144
3.1.2.1. St. Julien Die Seigneurie Saint Julien und Brognon (ursprünglich zwei Seigneurien) lag nord-östlich von Dijon. Sie wechselte im 18. Jh. mehrfach den Besitzer. Zu ihr zählten mehrere Ortschaften, die in Tabelle 2 mit den verfügbaren Einwohnerzahlen aufgelistet sind. Tabelle 2 Ortschaften und Steuerzahler in der Seigneurie Saint-Julien und Brognon
Ort
Steuerzahler 1723
Clénay Bretigny Brognon Norge le Pont Oigny St.-Julien
32 + 25 + 19 + 18 7 55 +
4 Witwen 7 Witwen 2 Witwen
9 Witwen
Grafik 14 Seigneurie St. Julien-Brognon/Dichte der Konflikte mit dem Seigneur im 17. und 18. Jahrhundert
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
145
Ein Gutachten von 171817 sprach von knapp 200 Familien, was in etwa durch die Zahl von 178 Steuerzahlern 1723 bestätigt wird. Die Bevölkerung der Seigneurie dürfte damit rund 1000 Personen umfaßt haben. Die Akten der Seigneurie sind im Fonds 44F des Departementarchivs in Dijon versammelt, weitere Serien des Archivs bieten ergänzendes Material. Da der Fonds auch anderes, nicht die Seigneurie und Prozesse betreffendes Material umfaßt, wurde aus den über 1000 Nummern nach dem bestehenden Repertorium von Françoise Vignier die notwendige Auswahl getroffen. Die ausgewählten Akten wurden dann vollständig durchgearbeitet. Das Archiv der Seigneurie hatte im übrigen unter der Revolution und vorherigen Nachlässigkeiten gelitten. Nach der überlieferten Aktenlage ist die Zahl der Konflikte zwischen Grundherren und Grundholden im 17. und 18. Jh. praktisch gleich, nämlich 14 bzw. 15. Die Grafik 14 zeigt jedoch, daß sich hinter der fast gleichen Anzahl offensichtlich sehr unterschiedliche Realitäten verbergen. Die Zahl der parallel verlaufenden Konflikte liegt im 18. Jh. deutlich höher als im 17., außerdem erstrecken sich mehr Fälle als im 17. Jh. über mehrere Jahre. Die Phasen der Konfliktverdichtung hängen jeweils mit dem Wechsel des Seigneur (Verkauf oder Erbfolge) zusammen. Übersicht 3 Kategorien, die die Grundtendenz eines Konflikts charakterisieren Individualisierung I (individuelles Wirtschaften mit Folge der Individualisierung des Feudalrechts) = IN I Individualisierung II (allg. Individualisierung des Feudalrechts, d.h. keine in einer Seigneurie mehr universal geltenden Rechte, auch bezogen auf einzelne Rechte wie Laudemien) = IN II Individualisierung III (Konflikte, die von Individuen angestoßen werden, aber auf der Allgemeinheit lastende Rechte des Seigneur betreffen; Individualisierung des Feudalrechts ist nicht Ziel) = m m Persönliche Freiheit I (Konflikte um Fronrechte aller Art) = PF I Persönliche Freiheit II (mainmorte) = PF Π Wirtschaftliche Freiheit = WF Subsistenz = Sub Herrschaft = Opposition gegen symbolische oder faktische Herrschaftsausübung - Η
Die Grafik 15 zeigt, wie sich die Zielsetzungen vom 15. bis zum 18. Jh. diversifizieren. Erfaßt wurden dabei nicht nur Prozesse, sondern auch andere konfliktrelevante Vorgänge, wie z.B. die kontroverse Aufstellung eines Erbbuches (terrier) 1567. Die Dokumentation fur das 15./16. Jh. ist nicht dicht genug, um allzu weitreichende Schlußfolgerungen zu ziehen. Das 17. und 18. Jh. lassen sich allerdings miteinander vergleichen. Im 17. Jh. steht eindeutig die Gewinnung größerer persönlicher Freiheitsspielräume im Vordergrund (Rückdrängung der verschiedenen Fronbe17
Angaben der Tabelle 2 nach ADC, 44F966.
II Archäologie der rechtlichen Praxis
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lastungen = Persönliche)F(reiheit) Γ), gefolgt vom Ziel größerer wirtschaftlicher Freiheit. Während letzteres im 18. Jh. ein ähnliches Gewicht erreicht, erscheint der Kampf um PF I als beendet, die Reste der mainmorte geben nicht häufiger Anstoß zu Konflikten als im 17. Jh. Höheres Gewicht erlangen dagegen Konflikte, in denen es um die verschiedenen Spielarten der Individualisierung geht. Auffällig ist dabei, daß - Grafik 16 zufolge - die Zahl der Individualprozesse im 18. Jh. deutlich rückläufig ist, während die der Kollektivprozesse ansteigt.18 Die Zufälle der Überlieferung sollten nicht übersehen werden, andererseits war die Individualisierung des Feudalrechts vielfach nur möglich, wenn die Gesamtheit der Einwohner an einem Strang zog. Um es anders zu formulieren: die Individualprozesse des 17. Jh. illustrieren eher den Eigénnutz, während im 18. Jh. das Ziel der rechtlichen Individualisierung gewissermaßen in den inhaltlichen Kanon des Gemeinwohls aufgenommen wird. Die Individualisierung des Feudalrechts erscheint im Interesse aller Betroffenen.
Grafik 15 Seigneurie St. Julien-Brognon/Verteilung der Konflikte auf Kategorien
• PF I • PF II • WF UH Θ IN I E I N II • IN III
Γ
USub 15716. Jh.
17. Jh.
18- Jh.
" Beim Individualprozeß steht dem Seigneur ein einzelner Grundholde (tenancier; ggf. mit Familienangehörigen) gegenüber, beim Kollektivprozeß handelt es sich um eine Gemeinschaft von Grundholden oder um eine ganze Gemeinde (ggf. auch mehrere Gemeinden), die mit dem Seigneur prozessiert.
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
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Grafik 16 Seigneurie St. Julien-Brognon/Verhältnis von Individual- und Kollektivkonflikten 12
Q Individual
10
9 Kollektiv
17. Jh.
18 Jh.
3.1.2.2. Comté Chamy Die Grafschaft Charny, ca. 45 Km westlich von Dijon, bildete mit rund 25 Dörfern und Weilern sowie städtisch geprägten Orten wie Amay-le-Duc und Mont-St.-Jean ein ebenso ansehnliches wie komplexes Lehnsgebilde, das, immer im Besitz hoher Adelsfamilien, zuletzt 1779 noch einmal verkauft worden war. Die Dames de St. Cyr erwarben die Grafschaft von der Comtesse de Brionne fiir den stolzen Preis von 850.000 livres, stolz nicht zuletzt deshalb, weil der Comte de Brionne die Grafschaft 1751 vom Prinzen Charles de Lorraine fur „lediglich" 120.000 livres übernommen hatte. 19 Letztere Familie hatte 1722 einen gewissen François Morlet als Intendanten eingestellt, dem im wesentlichen die ordentliche Archivierung der Akten der Grafschaft zu verdanken ist und der sich alle Mühe gab, den verschiedenen Seigneurialrechten wieder und dauerhaft Geltung zu verschaffen. In den frühen 1770er Jahren wurde der Jahresertrag aus den Seigneurialrechten und aus dem Holzverkauf mit
" ADC, 15F1.
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II Archäologie der rechtlichen Praxis
knapp 25.000 livres angegeben 20 , eine Steigerung um mehrere Tausend livres aber fur möglich gehalten. Der Kaufpreis von 850.000 livres 1779 dürfte dem 20- bis höchstens 25-Fachen eines Jahresertrags entsprochen haben. Obwohl Morlet den (vermeintlichen?) Verlust vieler Akten beklagte, gehört der Aktenbestand Fonds de Chamy (15 F) zu den heute vollständigsten im Departementarchiv von Dijon im Bereich der Grundherrschaften. Dokumente verschiedenster Art liegen seit dem 13. Jh. in relativer Dichte vor, auch wenn die hier vorrangig interessierenden Konflikte ,erst' vom 16. Jh. an als hinreichend dokumentiert gelten können. Ausführliche Stichproben in den umfangreichen und gut erhaltenen Gerichtsregistern der verschiedenen Gerichte der Grafschaft sowie die vollständige Auswertung aller weiteren Einzelstücke in anderen Serien21 sprechen dafür, daß die Konflikte mit den Grundherren durch die Aktenüberlieferung im wesentlichen abgedeckt werden. 22 Neben den rund 25 Ortschaften existierten zahlreiche kleine Lehen (fiefs), einige Dörfer gehörten nur teilweise zur Grafschaft Charny, die als solche erst seit Mitte des 15. Jh. bestand. Um 1540 hatte die Grafschaft im wesentlichen ihre endgültige geographische Ausdehnung erreicht, sie setzte sich aus mehreren zusammengekauften Grundherrschaften zusammen. Die Bevölkerungszahl ist mangels einer einschlägigen demographischen Studie nur schwer zu bestimmen (vgl. unten Tabelle 3). Zwar schickten die burgundischen Stände im 17. Jh. mehrfach Kommissare aus, um die Lage im Land zu erfragen, und diese stellten auch die Zahl der Feuerstellen (feux) fest, aber die Angaben decken nicht alle Siedlungen ab. Soweit sich die cahiers de doléances von 1789 und die entsprechenden Protokolle erhalten haben, sind für diesen Zeitpunkt Angaben möglich, aber es haben sich eben nicht alle Protokolle erhalten. Mit diesen Einschränkungen läßt sich die Bevölkerung ohne Arnay-le-Duc ganz grob für die Mitte des 17. Jh. auf ca. 4000, für 1789 auf 5-6000 Personen schätzen. Arnay-le-Duc hatte nach einer Beschreibung der Grafschaft aus den 1770er Jahren 4-5000 Einwohner. 23 Wichtiger als die absoluten Zahlen ist die soziale Diversifizierung. Die Bevölkerung der Grafschaft läßt sich nicht einfach als bäuerlich bezeichnen. Arnay-le-Duc war ein unteres Verwaltungszentrum, Sitz der grundherrschaftlichen prévôté und eines königlichen bailliage, die Stadt wurde darüber hinaus durch Handel und Handwerk geprägt. Mont-St.-Jean war Sitz eines der drei grundherrschaftlichen Gerichte, Zentrum des nordwestlichen Teils der Grafschaft. Um die noch heute eindrucksvolle Festung sammelten sich nicht nur Ackerbürger, sondern auch Juristen 20 21 22
23
ADC, 15F20. ADC, Serien B, C, E, Ed. Z.B. (alle Angaben ADC): Gericht Charny/Mont-St.-Jean: B2417/l-12: registres de justice 1442-1789; B2418/l-6: sentences et procès verbaux 1593-1790; Gericht der Baronnie Pouilly: B2419/l-14: registres de justice 1572-1790; B2420/l-4: sentences et procès verbaux 1720-1790; prévôté Arnay-le-Duc: B2415/l-35: registres 1474-1750; B2416/l-24: sentences et procès verbaux 1641-1756; Einzelheiten s. Quellenverzeichnis. ADC, 15F20.
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
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verschiedenen Grades und Händler. Noidan und Pouilly (Pouilly als dritter Gerichtsort) waren Handelsorte - deren marchands werden uns noch beschäftigen. Juristen und Magistrate aus Dijon zählen zwar nicht zur ansässigen Bevölkerung, aber sie besaßen in der Grafschaft Grundstücke und Anwesen und beeinflußten so als Auswärtige (forains) das Konfliktgeschehen.
Grafik 17 Comté Charny/Konfliktdichte: Gesamt und differenziert nach Individual- und Kollektivkonflikten
—•—Kollektiv —Ei—Individual
r
16. Jh.
17. Jh.
18. Jh.
Entsprechend dem gewählten Verfahren geht es nicht so sehr um absolute Zahlen, als um Konfliktdichten und -Zielsetzungen. Der Vergleich der Jahresdichten (in Klammern: absolute Zahlen) zeigt eine beeindruckende Steigerung der Konflikte zwischen Bevölkerung und Seigneur von 51 (37) im 16. Jh. über 186 (109) im 17. auf 251 (106) im 18. Jh. (Grafik 17). Wie schon im Fall St. Julien erweist sich, daß die absolute Konfliktzahl für das 17. und 18. Jh. annähernd gleich bleibt, während die Dichte sich im 18. Jh. maßgeblich erhöht. Es sei auch bemerkt, daß sich das für die Grafschaft Charny trotz aller Grobheit der Schätzungen nicht zu leugnende Bevölkerungswachstum nicht auf die absolute Zahl der Konflikte ausgewirkt hat, da diese sich gegenüber dem 17. Jh. kaum veränderte (109 zu 106). Außerdem gilt, daß die geringsten Dokumentationslücken für das 18. Jh. anzunehmen sind. Die Verdichtung der Konflikttätigkeit pro Jahr hängt daher mit qualitativen' Faktoren zusammen. Die Steigerung der Dichte birgt in sich zwei eher gegenläufige Entwicklungen. Während die kollektiv geführten Konflikte zwischen dem 16. und 17. Jh. steil ansteigen, verharren die Individualkonflikte auf niedrigem Niveau. Beide Kategorien erscheinen im 16. Jh. ausgeglichen. Im 18. Jh. überwiegen die Individualkonflikte, die kollektiven machen ca. zwei Drittel der im 17. Jh. erreichten Jahresdichte aus (Grafik 17). Die Grafik 18 verdeutlicht die Schwerpunkte der Jahresdichten. Grundsatz-
150
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sätzlich erweist sich das Jahrhundert zwischen 1660 und 1755 als ein Jahrhundert erhöhter Konfliktdichte mit einer gewissen Ruhephase in den ersten beiden Jahrzehnten des 18. Jh. Die Schwerpunkte hängen eindeutig mit den Besitzwechseln zusammen und repräsentieren das Bemühen des neuen Herrn oder der Herrin, ihre Rechte geltend zu machen. Sehr gut läßt sich die Konfliktlawine nach 1720 anläßlich des Amtsantritts des erwähnten Intendanten Morlet erkennen. Dahinter verbergen Tabelle 3 Bevölkerung im Comté Charny im 17. und 18. Jh.
1624 1673 1789/90 Ort 1658 62 fx Beaume (+Panthier) Bellenod 78 fx Charny 40hs 60 fx 36 hs Créancey (+ La Cloche) 62 fx Fleurey 16 hs 19 hs 74 fx Marcilly (M. + Collonge 406 Seelen (Collonge) 25 hs Marcilly (sous Mt St Jean) 24 St Melin sous la Come 20 hs 30 hs (+ fief de la Come) (+Saizeray) 83 fx Misseiy 36 St 220 fx Mont St Jean 103 hs 145 hs Noidan 52 hs ca. 60 fx 66 hs 22 (?) fx Ogny 20 hs Ormancey 22 hs Pouilly 97 St Thörey 80 hs 79 fx-580 hs 68 hs Thoreille-les-Arnay (+ Solonge u Mimeure) 50 fx Villeneuve sous Charny 15 hs 19 hs Villiers 33 fx Summen
1624 -
Faktor 5
-
1658 740 3700
1673 791 3955
1789/90 1017 5085
Abk.: hs = habitants; fx = feux; St = Steuerzahler24
24
Angaben zusammengestellt aus folgenden Akten der ADC: Serie B 2 : 242/1; 254/1; Serie C; 4739, 4761, 4763; Serie Ed: 380/2. Für die Schätzung wurden die drei den Quellen entnommenen Zahleinheiten als gleichwertig betrachtet, d.h. als je ein Haushaltsvorstand gezahlt. Als Multiplikationsfaktor wurde der Mittelwert 5 genommen, da in einigen Ortschaften aufgrund des mainmorte-Rechtes größere Familien in einem Haushalt wohnten, um das Erbe vor dem Seigneur zu sichern. Thörey illustriert dies gut, wo die 79 feux von 1789 580 Einwohnern (nach zeitgenössischen Angaben) entsprechen. Thörey unterlag der mainmorte. Soweit keine anderen Angaben gefunden werden konnten, wurden die Werte von 1624 für die weiteren Stichjahre übernommen, bzw. wurden die Werte von 1789 halbiert und auf die Stichjahre des 17. Jh. übertragen. Das ist ein sehr grobes Verfahren, das aber angesichts der Tatsache, daß ohnehin für eine Reihe von Ortschaften kein Zahlenmaterial vorliegt, auf keinen Fall zu einer Überbewertung der BevOlkerungszahl führt.
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
151
sich wie immer - ganz verschiedene Realitäten, die näher unter die Lupe genommen werden sollen.
Grafik 18 Comté Charny/Konfliktdichte
16.-18.
Jahrhundert
Wie entscheidend der individuelle, ja geradezu private Faktor des Besitzerwechsels für die Entwicklung der Konflikttätigkeit ist, erweist sich auch im Vergleich mit St. Julien. Während sich in der Grafschaft Chamy das Geschehen nach 1750 eher beruhigt und trotz des Besitzwechsels 1751 und 1779 auf geringem Niveau verharrt, stieg die Kurve in St. Julien zwischen 1780 und 1790 noch einmal kräftig an. Dies beinhaltet zugleich einen Hinweis auf den Faktor „Geisteshaltung" der Besitzer, der einerseits durch die individuelle Persönlichkeitsstruktur, andererseits auch von der Umwelt bestimmt wird. Über die Konfliktzielbestimmung soll der Kem der Entwicklung freigelegt werden (quantitative Grundlage: Zahl der Konflikte pro Ort, nicht Jahresdichte). Der Gesamtüberblick in der Grafik 19 ergibt zunächst folgendes Ergebnis: Das 16. Jh. wird durch kollektiv geführte Konflikte um die Herrschaft an sich geprägt. Im 17. Jh. dominiert der Kampf um persönliche Freiheit. In erster Linie geht es bei der persönlichen Freiheit um kollektive Fronverpflichtungen, in zweiter Linie um die mainmorte. Das Thema „Herrschaft" hält den zweiten Platz nach der Fron. Zum
II Archäologie der rechtlichen Praxis
152
genaueren Verständnis ist hinzuzufügen, daß es sich bei dem Thema „Fron" im wesentlichen um Verpflichtungen zu Reparaturarbeiten am Schloß handelt. Von diesem Konflikt waren fast alle Ortschaften betroffen, und zwar während fast des gesamten Jahrhunderts. Die eigentliche „corvée" (Feld- und Ackerdienste) spielte hingegen keine nennenswerte Rolle. Im 18. Jh. schließlich dominieren individuelle Konflikte um die mainmorte, kollektive und noch mehr individuelle Konflikte um die Herrschaft, gefolgt von sonstigen Individualkonflikten, die aufgrund zu spärlicher Angaben keiner genauen Konfliktzielbestimmung zugeordnet werden konnten.
Grafik 19 Comté Charny/Verteilung der Konfliktkategorien
ι • PF I • PFIIKoll. • PF I l l n d . Η WF • W F Ind. Β Η • Hind.
_
• INI S I N II @ IN III
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• Sub
[ Ig 16. Jh.
1,1! Pli i
17. Jh
a
• Ind. Sonst.
•
_
Η Koll. Sonst. 1
18. Jh.
Die Grafiken 20-21 verdeutlichen noch einmal in aller Schärfe den generellen Individualisierungsprozeß. Die Kategorie PF I kann hier im Grunde genommen außer acht bleiben, weil es sich praktisch ausschließlich um den Fall der Schloßreparaturen handelt. Interessanter ist die Kategorie Persönliche Freiheit II (PF II), die die mainmorte betrifft. Kollektive Ansätze gibt es nur in geringem Maß. Dies liegt natürlich daran, daß nur ein Teil der Ortschaften noch der mainmorte unterlag, um so intensiver entwickelte sich das individuelle Bemühen, die mainmorte abzuschütteln. Die Entwicklung war dabei in den einzelnen Ortschaften sehr unter-
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
153
schiedlich. In Fleurey (Grafik 23) wurde nur kollektiv gegen die mainmorte gestritten, in Noidan (Grafik 24) hingegen nur individuell. Bemerkenswert ist, daß die Kategorien Individualisierung I und II, denen eine strukturbildende Auswirkung zuzuschreiben ist, keine besonders auffällige Rolle spielen. Das hängt z.T. mit der ohnehin fortgeschrittenen Individualisierung des Feudalrechts in der Grafschaft zusammen.
Grafik 20 Comté Charny/Entwicklung der Konfliktkategorien Persönliche Freiheit und Herrschaft
PF I fflPF II • PF II Ind. BH EIN Ind.
16. Jh.
17. Jh.
18. Jh.
Als erste Bilanz ergibt sich, daß die Bekämpfung der herrschaftsbegründenden und -symbolisierenden Rechte die Bevölkerung der Grafschaft Charny in besonderer Weise auszeichnet - und zwar in allen drei Jahrhunderten. Parallel dazu verläuft die Individualisierung des Konfliktgeschehens, aus der heraus sich letztlich auch der satte Anstieg der Jahreskonfliktdichte im 18. Jh. erklärt. Hinter dieser generellen ersten Bilanz verbergen sich ganz unterschiedliche Entwicklungen, die in der Grafik 22 sowie in den Grafiken zu verschiedenen ausgewählten Ortschaften (mit mindestens 10 Konflikten in den drei Jahrhunderten) veranschaulicht sind. Im 16. Jh.,dominiert' (rein quantitativ gesehen) Amay-le-Duc das Geschehen, im 17. Jh. bewegt sich die Stadt im Mittelfeld, während sie im 18. Jh. nur noch geringen Anteil an den Konflikten mit dem Seigneur nimmt. Dies liegt
II Archäologie der rechtlichen Praxis
154
daran, daß es die Stadt erfolgreich verstanden hatte, die Feudalrechte durch Pauschalzahlungen .abzulösen' oder, wenn man so will, zu neutralisieren. Die Grafik 25 zeigt, daß im 16. Jh. kollektive Konflikte gegen die Herrschaft sowie verschiedene Individualkonflikte gefuhrt wurden. Im 17. Jh. beherrschte erneut der Kampf gegen die Herrschaft das Feld, im späten 17. Jh. ist dieser Kampf im wesentlichen gewonnen.
Grafik 21 Comté Charny/Individualisierung im Spiegel der Konflikte
30
25
20 — • — P F II Ind. 15
- β — Hind. - Δ — I N I, II
10 Κ C
16. Jh.
Ind. Sonst.
-1
17. Jh.
18. Jh.
Im 17. Jh. liegen die verschiedenen Ortschaften vergleichsweise nahe beieinander, nur Pouilly fällt an der unteren Skala aus dem Rahmen. Noidan steht schon im 17. Jh. an der Spitze und ,baut' diese Position im 18. Jh. gewaltig aus. Beide Male sind es der Streit um die mainmorte und um die Herrschaft, die zu dieser Spitzenposition beitragen (Grafik 24). Noidan wurde durch seine marchands geprägt, aber im Gegensatz zu Arnay besaß es nur 60 bis 70 Haushalte oder 3-400 Einwohner, so daß die demographische, wirtschaftliche und die bürgerliche Potenz fehlten, die in Arnay bei der Neutralisierung der Feudallasten zweifellos hilfreich gewesen waren. Mit Arnay vergleichbar ist Mont-St.-Jean mit seiner vom 16. bis 18. Jh. zwar konstanten, aber eher verhaltenen Konflikttätigkeit. Die mainmorte war schon 1222 für einen Großteil der Einwohner durch eine regelmäßige Geldzahlung ersetzt worden, von der es in
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
155
den 1770er Jahren hieß, sie würde nicht gezahlt...25 Pouilly (Grafik 26) zeichnet sich im 18. Jh. durch ein erdrückendes Übergewicht an Individualkonflikten aus. Zum einen scheint die Befreiung der Einwohner der Straßen Malpertuis und Sous le Château von der Bannofenpflicht 164726 manchen Besitzer im 18. Jh. dazu verleitet zu haben, auch das Zinsrecht nicht mehr anzuerkennen, zum anderen sind es auch individuelle Unbotmäßigkeiten der bürgerlich durchsetzten Bevölkerung, die das Bild prägen. Die übrigen, stärker bäuerlich geprägten Ortschaften, geben ein diversifizierteres Bild ab, bestätigen aber die wesentlichen Konfliktziele bzw. Phänomene - Herrschaft, persönliche Freiheit und Individualisierung.
Grafik 22 Comté Charny/Konflikte gesamt in ausgewählten Orten 16., 17. und 18. Jahrhundert
3.1.2.3. Konfliktprofile Burgund: Soziogeographische Divergenz Als ein dritter Schritt bot sich die Auswertung von Repertorien zu verschiedenen grundherrschaftlichen Beständen namhaften Umfangs aus der Serie F des Departe-
25 26
ADC, 15F20. ADC, 15F41.
j56
I' Archäologie der rechtlichen Praxis
mentarchivs Dijon an. Bei diesem Schritt wurde auf den Rückgriff auf die Akten selbst verzichtet.
Grafik 23 Comté Charny/Verteilung der Konfliktkategorien in Fleurey
• PFI • PF II • PF Π Ind. EJWF • WFInd. • H Ξ II Ind. • IN I «ΙΝΠ • IN III • Sub • Ind. Sonst. HKoll. Sonst. 16. Jh.
17. Jh.
18. Jh.
Diese Repertorien oder Inventare sind summarisch und geben daher keinen Überblick über die absolute Zahl der Konflikte. Die liegt aller Erfahrung nach höher als die Zahl der im Inventar verzeichneten Konflikte. Die Inventare vermitteln aber unter sachlichen Gesichtspunkten die Konfliktschwerpunkte (so ist es auch beim Inventar des Fonds de Charny). Insoweit kann das Profil des Konfliktgeschehens in einer Grundherrschaft damit ermittelt werden. Derselbe Konflikt wird pro Jahrhundert nur einmal gezählt, wenn er sich über Jahrhundertgrenzen erstreckt. Die Konfliktprofile, die anhand der Grundherrschaften St. Julien, Charny, zudem im folgenden anhand von Agey etc., Pagny etc. und Darcey/Thenissey sowie der einzelnen Ortschaften innerhalb dieser Gebiete gewonnen wurden, zeigen deutlich, daß praktisch jeder Ort und darüber hinaus jede Grundherrschaft ihr eigenes Profil hat, das sich von dem anderer unterscheidet. Dies hat etwas mit der jeweiligen Rechtslage zu tun, die sich von Grundherrschaft zu Grundherrschaft sowie innerhalb dieser Gebiete zumeist auch von Ort zu Ort unterschied. Das ist nur auf den ersten Blick banal, denn damit ist schon etwas Entscheidendes gesagt: es ist keineswegs
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
157
selbstverständlich, daß die Konfliktprofile die Rechtslage widerspiegeln; denkbar wäre ja auch, daß sich Konfliktprofil und Rechtslage signifikant voneinander unterscheiden, weil Bevölkerung und/oder Grundherr Ziele verfolgen, die über das Gegebene hinausgehen.
Grafik Comté Charny/Verteilung
24
der Konfliktkategorien
in Noidan
• PFI • FF Π • PF Π bid. • WF
Il WF Ind. OH • II Ind. El IN I • IN Π
• in in
1 i
16. Jh.
17. Jh.
• Sub M Ind. Sonst. • Koli. Sonst.
18. Jh.
Wenn das im Großen und Ganzen nicht der Fall ist, dann spricht dies für die grundsätzliche Orientierung der Beteiligten am Recht, auch wenn dieses Recht strittig ist. Aber was ist strittig? In aller Regel keine Phantasieprodukte, die die Beteiligten für Recht ausgeben, um diesem oder jenem Hintergedanken zum Sieg zu verhelfen - das kann sicherlich vorkommen - , sondern Dokumente, Praktiken und Erinnerungen, gewissermaßen Gedächtnisleistungen. Die Entsprechung von Konfliktprofil und Rechtslage setzt überschaubare Horizonte fest. Dies ergibt eine wichtige Grundlage für das Erlemen und die Weitergabe bestimmter Praktiken, für den Erwerb rechtlichen und allgemein konfliktrelevanten Wissens. Die Investition in einen solchen Wissenserwerb lohnte sich, das war schnell zu erlernen und nachzuvollziehen, um so mehr, als sich bestimmte Konflikte schon im 15. Jh. zeigten (womöglich noch früher, aber dazu fehlt oft die archivalische Dokumentation) und bis zur Revolution immer wieder neu aufbrachen. Damit einher
II Archäologie der rechtlichen Praxis
158
geht eine bestimmte Sedimentierung rechtlich relevanten Wissens und die teilweise hierarchische Festlegung von Horizonten, die vom Vorrang lokaler Bezüge ausgeht. Darüber bauen sich regionale und noch weiter gefaßte Horizonte auf, doch darauf soll im Einzelnen erst in dem Kapitel über die Entstehung des rechtlichen Wissens eingegangen werden.
Grafik 25 Comté Charny/Verteilung der Konfliktkategorien in Arnay-le-Duc
BPFl
a PF Ii M PF II Ind.
hwf • WF Ind. • H
Β II Ind. EINI BIN II
Β IN III • Sub • Ind. Sonst. EI Kol 1. Sonst 1 « JIL
17. Λ .
1 8 . JL,
Die hier anhand einiger statistischer Daten ermittelten Phänomene kommen nicht nur in rechtlich relevanten Beziehungen vor, sondern müssen als grundsätzliches Kennzeichen der französischen Gesellschaft des Ancien Régime bezeichnet werden. Im Rahmen einer Untersuchung über das französische Schul- und Bildungswesen bewährte es sich, von „soziogeographischer Divergenz" zu reden.27 Der Begriff beschreibt genau das Phänomen, um das es auch hier geht: Handlungs- und Vorstellungshorizonte erhalten eine deutliche Prägung durch den Raum (geographisches Element) und zugleich durch die jeweilige soziale Formation. Die räumlichen (geographischen) Grenzen werden durch lokale Gegebenheiten (Seigneurie, Dorfgemeinde, Pfarrei etc.) vorgegeben, es folgen die administrativen Ebenen von Provinz und 27
Schmale, Wolfgang, Soziogeographische Divergenz und nationale Nivellierung (1991).
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
159
Königreich mit verschiedenen Zwischenebenen; das Netz von Wegen, Straßen, Handelsrouten unterschiedlicher Ordnung und Bedeutung, Wasserwege und vieles mehr bestimmen Grenzerweiterungen und -Veränderungen. Die sozialen Bezüge, die örtliche Gesellschaftsstruktur, die Nähe oder Ferne von Städten, die Vernetzung von Familien über unterschiedlich strukturierte Räume hinweg, die wirtschaftlichen Möglichkeiten, die in der agrarisch geprägten Gesellschaft nicht zuletzt vom örtlichen Klima, der Bodenqualität usf. abhängen, sind weitere und längst nicht alle Faktoren, die sich auf die soziale Entwicklung vor Ort auswirken. Alle diese Faktoren tragen immer die Möglichkeit der Veränderung in sich und verändern das Bild von den stabilen Verhältnissen.
Grafik 26 Comté Charny/Verteilung der Konfliktkategorien in Pouilly
QPFI
a PF H • PF II Ind. • WF • WF Ind. • H O l lind. • INI • IN II • IN III
16 Jh.
17. Jh.
Γ
• Sub • Ind. SonsL • Koll. Sonst. It. Jh.
Aus Grafik 27 lassen sich die Veränderungen der Konfliktprofile zwischen dem 16., 17. und 18. Jh., vereinzelt auch zwischen dem 15. und 16. Jh., optisch unmittelbar erfassen. Ob die starken quantitativen Unterschiede, die zwischen der Zeit vor und nach 1600 zu bestehen scheinen, überwiegend mit einer lückenhaften Überlieferung oder einer tatsächlich geringeren Konflikttätigkeit zu tun haben, ist nicht mit letzter Sicherheit zu klären. Bei der Feststellung der Konflikte wurde der Austrag vor dem Gericht ausdrücklich nicht als ein- bzw. ausschließendes Kriterium gewählt,
160
II Archäologie der rechtlichen Praxis
um nicht die quantitative Basis von vorne herein einzuschränken. Dennoch sind die Konflikte vorwiegend dann aktenkundig geworden, wenn sie im Verlauf vor ein Gericht getragen wurden. Ein höherer Anteil außergerichtlich geregelter Konflikte könnte für die Zeit vor 1600 deshalb in Anschlag gebracht werden, aber es mangelt in den Quellen an entsprechenden Hinweisen auf außergerichtliche Konflikte. Zumindest folgenreiche Konflikte sind schwerlich vergessen worden, ihre Spuren Hinweise oder Beweismaterial in Kopien - finden sich dann in späteren Gerichtsprozessen. Z.T. sind Dokumente wie Verträge zwischen Grundherren und Bevölkerung der Seigneurie vorhanden, deren Zustandekommen womöglich einem vorhergehenden Konflikt zu verdanken ist, ohne daß es für den Konflikt einen ausdrücklichen Beweis gibt. Die Interpretation der Daten für das 15. und 16. Jh. bleibt mithin spekulativ, sofern nicht in Einzelfällen wie Arnay-le-Duc einiges für eine überwiegend vollständige Überlieferung spricht. Von daher empfiehlt es sich, Veränderungen vorrangig anhand der umfangreicheren Daten für das 17. und 18. Jh. zu prüfen.
Grafik 27 Konfliktprofile Seigneurien Agey, Thenissey, Darcey
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
161
Rein quantitativ sind dreierlei Konstellationen festzustellen: 1. Die Zahl der Konflikte im 17. und 18. Jh. in einem gegebenen geographischen Raum bleibt annähernd gleich. 2. Die Zahl der Konflikte im 17. liegt über der des 18. Jh. 3. Die Zahl der Konflikte des 18. Jh. liegt über der des 17. Diese Unterschiede verweisen schon für sich auf die lokalen Gegebenheiten zurück, wenn es um ihre Erklärung geht, zugleich auf sehr unterschiedliche gleichzeitige Realitäten innerhalb einer Region oder Provinz, wie Burgund in diesem Fall. Am Beispiel von Darcey und Thenissey (Grafik 27) ist zu sehen, daß die jeweilige quantitative Zunahme vor allem auch eine qualitative Veränderung bedeutet. Die Konfliktziele diversifizieren sich, besonders .Herrschaft' gerät ins Visier, begleitet von deutlichen Individualisierungstendenzen. In der Herrschaft um Agey (Grafik 27) mit mehr als einem halben Dutzend Ortschaften bildet hingegen das 17. Jh. den offensichtlichen Schwer- und Höhepunkt, während das 18. Jh. scheinbar sehr ruhig verläuft, so als seien die gravierendsten Konflikte wie etwa in Amay-le-Duc dauerhaft gelöst. 3.1.3. Resümee Burgund Damit ist der Augenblick eines Resümees zu diesem ersten, statistischen, Zugriff auf Werthaltungen und Konfliktziele in der Provinz Burgund gekommen. Wer tiefgreifende Entwicklungen „von - nach" erwartet hatte, sieht sich enttäuscht. Vieles ist im 17. Jh. schon vorhanden, z.T. noch früher, wie es gut am Beispiel der Grundherrschaften zu erkennen war. Auch dem 17. Jh. ist die Verwendung grundrechtlicher Argumente in einem Frauenrechtsprozeß keineswegs fremd - usf. Diese an vielen einzelnen Aspekten feststellbare relative Kontinuität und Stabilität erhält jedoch mehrere Akzente. Die Provinz war methodisch in die Zange genommen worden, d.h. der weit oben angesiedelten Ebene der gesamten Provinz war die weit unten angesiedelte Ebene einzelner Dörfer gegenübergestellt worden. Dabei bestätigte sich zwar das übergroße Gewicht von Kontinuitäten, zugleich zeigte sich aber, daß nicht überall dieselbe Kontinuität wirksam war. Traditionen der Herrschaftsbekämpfung hier - Traditionen der Subsistenzsicherung dort. Trotzdem darf vermutet werden, daß auch den Menschen in einem Dorf, das sich ausweislich der Auswertungen und Grafiken durch permanente Konflikte um Subsistenzsicherung auszeichnet, die Sicherung des Erbes und der Stabilität der Familien genau so am Herzen lag, wie es die Analyse des Fonds Saverot für die Provinz insgesamt ergab, auch wenn diese Frage hier nicht speziell nach Akten untersucht wurde. Dafiir kann aber auf die Ergebnisse der „géographie coutumière" von Jean Yver verwiesen werden, die diese Schlußfolgerung nahelegt. Der Protest gegen die mainmorte hat zudem nicht nur die Sicherung persönlicher Freiheit zum Ziel, sondern selbstverständlich auch die Sicherung des Besitzstandes, des Erbes, mithin der Familie und ihres materiellen Fortbestandes.
162
II Archäologie der rechtlichen Praxis
Neben diese unterschiedlichen Akzentuierungen von Stabilität und Kontinuität tritt der auffällige Prozeß der Diversifizierung und Verdichtung vorrangig in der 2. Hälfte des 18. Jh., begleitet von einigen Modernisierungsfaktoren wie der Individualisierung, der wachsenden Bedeutung von Frauenrechtsprozessen und anderem mehr, das nicht wiederholt werden muß. Das Aufeinandertreffen dieser Phänomene, die jeweils für sich durchaus schon früher zu beobachten sind, macht recht eigentlich erst den anderen - konjunkturellen - Charakter der Jahrzehnte nach 1740/50 aus. Es scheint so, als wüchsen die Anforderungen an die Menschen, Wirklichkeit zu bewältigen, weil die Verschiebungen von Werthaltungen die Wirklichkeit verkomplizieren - et vice versa. Damit im Zusammenhang steht die quantitativ meßbar erhöhte Anwendung grundrechtlicher Argumente und der Individualisierungsprozeß, der in verschiedenen Monturen daherkommt: Individuelle Mobilität, Agrarindividualismus, Individualisierung des Feudalrechts, erhöhte individuelle Konfliktbereitschaft in den Grundherrschaften... Bei all dem bleibt das Phänomen der soziogeographischen Divergenz erhalten und sorgt für ein innerhalb der Provinz uneinheitliches Bild, das solange erhalten bleibt, bis durch die Prä-Revolution und die Revolution selbst Themen in den Interessenshorizont gerückt werden, die vorher keine oder nur eine geringe Rolle gespielt hatten.
3.2. Kursachsen 3.2.1. Quellengrundlage Kursachsen Ämterakten und Appellationsgericht Dresden Die statistische Annäherung an Werthaltungen und Konfliktziele in Kursachsen muß z.T. auf anderen Wegen erfolgen als im Falle Burgunds. Abstrahiert man von einigen Unterschieden in der Gerichtsorganisation, so wäre das Appellationsgericht in Dresden die dem Parlament in Dijon nächst vergleichbare Institution. Leider ist es so, daß große Teile des Gerichtsarchivs heute nicht mehr( existieren. Es kommt hinzu, daß die französische Praxis der gedruckten mémoires etc. in Deutschland eher unüblich war, d.h. es gibt auch keine dem Fonds Saverot vergleichbare Sammlung.28 Damit fallen zwei, für Burgund gegebene, Erhebungsmomente nahezu weg. Dafür haben sich die Archive der Ämter überwiegend gut erhalten und befinden sich in einem benutzbarem Zustand, was von den Akten der französischen bailliages (als Vergleichsebene mit den Ämtern) zumeist nicht gesagt werden kann. Für die Ermittlung von Werthaltungen und Konfliktzielen muß und kann auf die
28
Die Existenz gedruckter Schriftsätze im Zusammenhang mit Untertanenprozessen vor dem RKG verändert das Bild nicht grundlegend, weil die nur rudimentäre Einbindung in die Öffentlichkeit mit den französischen Verhältnissen kaum vergleichbar ist.
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
163
Ämterbestände zurückgegriffen werden: Da das Appellationsgericht nur in ganz geringem Maß auch als erste Instanz, überwiegend also entsprechend seinem Namen als Berufungsgericht wirkte, erscheint der Wechsel im Vergleich zu Burgund auf die mittlere Ebene der Ämter unproblematisch. Vergleicht man in Berufungsfällen die Akten, die den Konflikt vor dem Amt betreffen, mit denen, die die Fortfuhrung vor dem ApG dokumentieren, erweist sich, daß sich die fundamentalen Werthaltungen und Konfliktziele auf dem Berufungsweg nicht entscheidend änderten. Das Fehlen eines „kursächsischen Fonds Saverot" kann hingegen kaum ausgeglichen werden. Die Alternative, die wirklich gut geführten und umfangreichen Aktenbände der Ämter von A bis Ζ durchzusehen, um so die Inhalte zu inventarisieren, wie sie der Fonds Saverot in knapper Form in Gestalt der gedruckten mémoires bot, ist keine echte Alternative, weil ein solches Arbeitspensum in angemessener Zeit nicht einmal von einem Team zu bewältigen wäre. Die folgenden statistischen Überlegungen beruhen daher zunächst auf der Auswertung der zeitgenössischen Aktentitel - diese Titel geben Konfliktgegenstand und Konfliktparteien an sowie die zeitliche Dauer - , ein Verfahren, das fur Burgund wiederum nicht möglich gewesen war, weil keine Findbücher existieren. Im Staatsarchiv Leipzig hingegen wurden solche Findbücher bzw. -karteien auf der Grundlage der zeitgenössischen Aktentitel in vorbildlicher Weise in der Nachkriegszeit und bis in die jüngste Zeit hinein angelegt. Von der bereits durch das Archiv nach einheitlichem Muster erfolgten Verzettelung der Bestände war es nur ein weiterer logischer Schritt, diesen Grundbestand an Daten mittels EDV aufzubereiten. Damit lassen sich zuverlässig konjunkturelle Entwicklungen nachweisen. Daneben wurden größere Mengen von Akten vollständig durchgesehen und ausgewertet. Die Ergebnisse aus diesen Analysen können sich dann auf die gen. breite statistische Grundlage stützen. Zwar läßt sich das Ergebnis der Sammelleidenschaft mehrerer Anwälte über weit mehr als ein Jahrhundert hinweg wie im Fall des Fonds Saverot damit nicht ausgleichen, aber es spricht ja auch nichts dagegen, das erstellte Aktenkorpus unter dem Gesichtspunkt der Verwendung grundrechtlicher Argumente statistisch auszuwerten. Um den Vergleichsgesichtspunkt zu unterstreichen, sei dieses Korpus „Fonds Kursachsen" genannt. In anderer Hinsicht bieten diese Akten dann aber wesentlich mehr als der Fonds Saverot, an dessen Stelle im burgundischen Fall im weiteren Verlauf die Akten der untersuchten Grundherrschaften und vor allem die Gemeindeversammlungsprotokolle treten. Zur Statistik der Ämterakten: Die Vorgehensweise ist ein wenig der Arbeit der Demographen vergleichbar: Das Grundgerüst besteht aus relativ einfach strukturierten Daten; statt der Personennamen und der Daten von Geburt, Eheschließung und Tod werden Beginn, Ende, Thema und Beteiligte eines Prozesses bzw. Konfliktes erhoben. Die zeitgenössischen Aktentitel geben als Thema den Konfliktgrund im engeren Sinn an, etwa ein Streit um den Gesindezwangsdienst. Von dieser zeitgenössischen Klassifizierung geht die Statistik aus und ordnet diese wieder einer der gebil-
164
II Archäologie der rechtlichen Praxis
deten Erhebungsgruppen (Konfliktkategorien oder -ziele) wie „Herrschaft", „Gericht", „Persönliche Freiheit I" usw. zu.29 Die große Masse der Daten läßt Einblicke in kurz- und langfristige Entwicklungen, ggf. konjunkturelle Abläufe zu, sie ermöglicht Thesen zu Änderungen im Verhalten und in den Grundhaltungen. Aber ebensowenig wie der Demograph aufgrund nur seiner Basisdaten in das Innenleben der Menschen schauen kann, kann man es hier, wenn man nicht das Innenleben der Konflikte mittels exemplarischen ausfuhrlichen Aktenstudiums erfaßt - was Aufgabe der weiteren Kapitel sein wird. Aufgrund der unterschiedlichen Quellenlage können folgende Punkte nur mittelbar mit Burgund verglichen werden: — dem breiten Kanon an Konfliktinhalten gemäß Fonds Saverot kann nur ein eingeschränkter Kanon entgegengesetzt werden — die statistische Entwicklung des Gebrauchs grundrechtlicher Argumente durch die Rechtsanwälte. Selbstverständlich sind grundrechtliche Argumente auch im sächsischen Material sehr gut nachweisbar, aber die Auswertung muß sich letztlich auf eine qualitative Analyse konzentrieren, von der aus mit Hilfe des Fonds Kursachsen allerdings zumindest Thesen hinsichtlich möglicher konjunktureller Entwicklungen nach dem Vorbild des Fonds Saverot geleistet werden können. Daß der inhaltliche Kanon schmaler ausfällt, liegt z.T. an der anders verteilten Gerichtskompetenz, z.T. an der Bestandsüberlieferung. Aus dem Bestand des Appellationsgerichts in Dresden sind zwar die Untertanenprozesse erhalten geblieben, was von Vorteil ist, aber die Prozeßakten aus den verschiedenen Besitz- (nicht Grundbesitz), Vertrags-, Testaments- und wohl auch Ehesachen etc. (sog. Personalsachen) sind nach und nach makuliert worden. Strafprozesse wurden vor diesem Gericht ohnehin nicht grundsätzlich gefuhrt, auch wenn ein Teilbestand Strafgerichtsfälle existiert, unter dem z.B. „Tumulte" aus dem grundherrschaftlichen Bereich zu fmden sind.30 Aus der Rekonstruktion der verschiedenen Vemichtungsaktionen Schloß K. Blaschke, daß ca. drei Viertel der vor dem Appellationsgericht geführten Prozesse Geldforderungen betroffen hätten.31 Das ist ein Fingerzeig, daß die Bestände je des Gerichts in Dresden und Dijon inhaltlich unterschiedlich gewesen sein müssen, wenn man sich an die thematische Breite erinnert, die der Fonds Saverot fur das Parlament Dijon repräsentiert. Was die Zahl der Prozesse pro Jahr angeht, liegen für das Dresdner Gericht nur punktuelle Zahlen vor. So wurden an jeweils beiden
29
Vgl. oben Übersicht 3. Grundsatzlich ist im Hinblick auf die Notwendigkeit, klare Zuordnungskriterien zu verwenden und entsprechende Entscheidungen zu treffen, auf die Arbeit von Ranieri, Filippo, Recht und Gesellschaft im Zeitalter der Rezeption, 1985, zu verweisen.
30
Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden (=STAD), Bestand Appellationsgericht (-ApG), Sachregister, Bereich IV, Unternummer 9. Zur Bestandsgeschichte des Dresdner Appellationsgerichts s. Blaschke, Karlheinz, Das kursächsische Appellationsgericht und sein Archiv (1967).
31
165
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
Gerichtsterminen 1645 im Schnitt 100 Urteile erlassen, 1667 schon 350. Die Zahlen wären zu verdoppeln (zwei Termine pro Jahr), um den Jahresschnitt zu erhalten. Von 1800 bis 1805 nahm das Gericht zwischen 300 und 500 neuen Fällen an.32 Für die sehr hohe Durchschnittszahl von 700 im Jahr 1667 wird sich gleich noch eine Erklärung finden, es ist aufgrund des unten ermittelten Prozeßanfalls an den Ämtern, von denen an das Appellationsgericht berufen werden konnte, sogar zu vermuten, daß nach 1667 noch höhere Werte erreicht wurden. Das Arbeitspensum der Dresdner Richter gemessen in Prozeßzahlen wird nicht unter dem der Richter am Parlament von Dijon gelegen haben, eher sogar leicht darüber. Hinzu kommt, daß die sächsische Landesregierung gleichfalls Justizorgan war, die oberste Gerichtsbarkeit also auf zwei Behörden verteilt war. In Burgund wie überall in Frankreich sah sich das Parlament im 18. Jh. einer gewissen Konkurrenz durch die Rechtsprechungskompetenz der Intendanten ausgesetzt, quantitativ fällt diese Konkurrenz jedoch kaum ins Gewicht.
Grafik 28 Amt Leipzig/Konfliktprofil an Hand ausgewählter Bereiche
1600-49
32
1650-99
Zahlen nach Blaschke, Appellationsgericht, S. 333 f.
1700-49
1750-99
166
II Archäologie der rechtlichen Praxis
Amt Borna/Konfliktprofil
Grafik 29 an Hand ausgewählter
Bereiche
o 1550-99
1600-49
1650-99
1700-49
1750-99
Im Vergleich zur begrenzten Kompetenz des Appellationsgerichts verfügten die Ämter über eine recht umfassende Zuständigkeit in Verwaltungs-, Policey-, Strafund Zivilrechtssachen. Schon von daher bieten sie sich als zentral zu untersuchende Instanz an.33 Allerdings ist auch hier Aktenverlusten Rechnung zu tragen, die jedoch meiner Erfahrung nach die aus dem Feudalwesen erwachsenen Konflikte eher verschont haben als andere Konfliktfelder. Mit anderen Worten: es liegt in der Natur der überlieferten Quellenbestände, wenn für Kursachsen das Hauptgewicht der statistischen Erhebungen den Feudalbereich trifft. 3.2.2. Statistischer Zugang Soweit die Vorbemerkungen und nun zu den statistischen Erhebungen, die sich auf die Ämter Leipzig, Borna und Grimma stützen. Ähnlich wie im Fall Burgund wird der Rechtsbedarf der Bevölkerung methodisch wieder mit Hilfe einer Zangenbewegung ermittelt werden. Die drei westsächsischen Ämter sollen einen 33
Auf Details ist hier nicht einzugehen. Vgl. die geraffte Darstellung mit Verweis auf die einschlägige Literatur von: Klein, Thomas, Kursachsen (= J 12), in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 1 (1983).
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
167
ersten Zugang auf der mittleren Ebene ermöglichen, die Untersuchung des ApG führt hingegen auf eine gesamtsächsische Perspektive. Die Vielfalt der kursächsischen Regionen wird damit nicht unerlaubt nivelliert, aber sie läßt sich ebensowenig vollständig abbilden wie die Vielfalt der burgundischen Regionen. Die Grafiken 28, 29 und 30 geben einen ersten Einblick vor allem in konjunkturelle Abläufe. Aus dem Bestand des Amtes Leipzig34 sind wegen ihrer quantitativen Fülle die vier Bereiche Gerichtswesen, Besitzstreitigkeiten, Fischerei- und Mühlenwesen ausgewählt. Bei den Konfliktbeteiligten handelt es sich um Personen aus allen sozialen Ständen aus Stadt und Land. Zunächst mag im Vergleich zu Burgund der hohe Anteil an Konflikten um das Gerichtswesen (G; 53 Fälle) überraschen. Die Konfliktspitze liegt in der ersten Hälfte des 18. Jh., allerdings bewegt sich die Kurve nach hundert Jahren kontinuierlichen Anstiegs (1550-1650) für weitere hundert Jahre auf hohem Niveau. Auch für besitzrechtliche Streitigkeiten (B; 187 Fälle; sie betreffen: Vieh, Bodenbesitz, Bodennutzungsrechte, Flur- und Grundstücksgrenzen, Pfändungen) läßt sich eine sehr deutliche Spitze feststellen, und zwar in der zweiten Hälfte des 17. Jh., den Konflikten um das Mühlenwesen (53 Fälle) eignet gleichfalls eine gewisse Eigentümlichkeit im Verlauf der zwei Jahrhunderte, während das Fischereiwesen (30 Fälle) von einem ständigen Auf und Ab zeugt. Deutlich ist der sehr unterschiedliche Verlauf der Kurven zu erkennen, der im Fall der Konflikte um das Gerichtswesen und Besitzfragen säkulare, d.h. nicht-zufällige Entwicklungen vermuten läßt, während das Auf und Ab der ,Fischerei-Kurve' kurzfristige und ggf. zufällige Einflüsse zu suggerieren scheint. Ein Vergleich mit den Kurven aus der Grafik 31, die sich ausschließlich auf Prozesse aus dem grundherrschaftlichen Bereich, die vor das Amt gelangten, bezieht, läßt noch eindeutigere Schwerpunkte im zeitlichen Ablauf erkennen: Bei drei zentralen Konfliktfeldern (um die Herrschaft = H; die persönliche Freiheit I, d.i. gegen Fro nen, = PF I; das Gerichtswesen = G) liegt die Spitze in der ersten Hälfte des 18. Jh. Der Kampf um die persönliche Freiheit II (PF II; gegen Gesindezwangsdienst und Abzugsgelder z.B.) verharrt für ein Jahrhundert auf dem im speziellen Kurvenverlauf höchsten Niveau. Noch deutlicher wird die Schwerpunktverschiebung, wenn man sich die Grafik 32 ansieht: Die Flächenlinie „Amt Auswahl" repräsentiert das Konfliktaufkommen am Amt auf der Grundlage der insgesamt erhobenen Bereiche. Der Anstieg ist steil vom 16. ins 17. Jh., die Spitze wird zwischen 1650 und 1699 erreicht. Während diese Kurve dann zum 18. Jh. hin jedoch wieder absteigt, zunächst langsam, dann rapide, strebt die die grundherrschaftlichen Konflikte repräsentierende Flächenlinie erst ihrem Höhepunkt in der ersten Hälfte des 18. Jh. zu, um dann gleichfalls rapide abzusinken. Die Linien Β und G bezogen auf das Amt insgesamt und nicht nur auf Konflikte aus dem grundherrschaftlichen Bereich heraus kennen wir schon. Im Ergebnis besagt Grafik 32,
" Nach Manfred Unger, Einleitung zu Bd. 1 (von 3) des Findbuches Amt Leipzig (1983; S. XII) sind von ursprüglich 25.000 Aktenbänden noch 6000 erhalten.
168
II Archäologie der rechtlichen Praxis
daß bei einer Betrachtung der Konflikte auf sozial gemischter Basis, die sich auf die Stadt- und Landbevölkerung erstreckt (Linien Amt Auswahl und Amt B), die
Grafik 30 Amt Grimma/Konfliktprofil an Hand ausgewählter
Bereiche
Amtsbevölkerung offensichtlich zwischen 1650 und 1700 besonders streitbar war, während die bäuerliche Bevölkerung für sich genommen - und die ist fast ausschließlich betroffen, wenn es um die aus den Grundherrschaften an das Amt herangetragenen Konflikte geht - mit einer gewissen Phasenverschiebung in der ersten Hälfte des 18. Jh. besonders streitbar war. Der Vergleich der Linie G, einmal bezogen auf das Amt insgesamt {Grafik 28), und einmal nur auf die den Grundherrschaften entstammenden Konflikten (Grafik 31), zeitigt nur geringe Unterschiede. Faktisch ist es so, daß die allgemeine Bevölkerung in der ersten Hälfte des 17. Jh. offenbar eher Anlaß sah, gegen Mißstände im Gerichtswesen zu prozessieren, als die bäuerliche Bevölkerung (Verhältnis der Fälle 7:1), während sich ab der Mitte des 17. Jh. beide Beobachtungsgruppen annähernd gleich verhalten.
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
169
Grafik 31 Amt Leipzig/Konflikte zwischen Untertanen und Grundherren
Hält man nun die Grafiken 29 und 30 flir die Ämter Borna und Grimma dagegen, so ergeben sich gewisse Gleichförmigkeiten, aber auch charakteristische Unterschiede.35 Grundsätzlich ähnlich ist die Tendenz zur Abnahme der Konflikte nach 1750. Es ist hingegen kaum anzunehmen, daß die im Amt Leipzig gen Null tendierenden Kurven die ganze Wirklichkeit widerspiegeln. In welchem Rahmen Aktenverlusten Rechnung getragen werden muß, ist unbestimmt. Die zwar absteigende, aber auf einem höheren Zahlenniveau angelegte Tendenz in den Ämtern Borna und Grimma gibt weniger Anlaß zu Skepsis. Im Amt Borna fallt der extrem steile Anstieg der Herrschaftskonflikte aus dem grundherrschaftlichen Bereich ins Auge, im Amt Grimma erreicht diese Kurve (H) im Gegensatz zu Leipzig und Borna ihren höchsten Punkt schon zwischen 1650 und 1699. Der Kampf um die persönliche Freiheit (PF I) setzt im Amt Grimma auf hohem Niveau an und nimmt im Lauf der zwei 35
Grundlage: Findbuch Amt Borna, Staatsarchiv Leipzig, 1 Band, bearb. von C. Rothe, B. Richter, P. Oehschläger (die Frage evtl. Kassationen im Bestand sei nicht zu klären gewesen: Einleitung von C. Rothe, S. III). Findbuch Amt Grimma, Staatsarchiv Leipzig, 2 Bände, bearb. von C. Rothe, 1988. Die dortigen Bemerkungen zur Bestandsgeschichte geben keinen gezielten Hinweis zur Klärung der Frage, warum die von mir erhobenen Konflikte praktisch erst ab 1600 aktenmäßig faßbar werden.
170
II Archäologie der rechtlichen Praxis
Jahrhunderte von 1600 bis 1799 kontinuierlich ab. Im Amt Leipzig zeitigt diese Kurve einen ersten Höhepunkt nach 1600, vor 1650, um dann noch weiter, wenn
auch langsamer, anzusteigen; im Amt Borna steigt die Kurve gegenüber dem Amt Leipzig phasenverschoben steil an, verläuft aber im Jahrhundert 1650-1749 ähnlich wie im Amt Leipzig. Der Kampf um die persönliche Freiheit II (PF II) gestaltet sich in den Ämtern Borna und Grimma gleich, nämlich sehr heftig zwischen 1650 und 1749, abnehmend schließlich nach 1750. Im Amt Leipzig gibt es im selben Zeitraum 1650-1749 keinen Anstieg, die Kurve verharrt vielmehr auf ihrem höchsten Niveau. Die Kurven G (Amt gesamt; s. Grafiken 28, 29 und 30) verlaufen im Amt Leipzig und Grimma ab 1600 annähernd gleich, im Amt Borna setzt die Kurve um 1600 auf relativ hohem Niveau an, steigt weiterhin bis 1749 an, darin den anderen Ämtern vergleichbar, und fällt schließlich zügig ab. Hier ist auch der Vergleich mit dem Appellationsgericht möglich, den die Grafik 33 ausweist. Der steile Anstieg des Bestands an Konflikten um das Gerichtswesen als Dritte Partei am Dresdner Gericht bestätigt zunächst die bereits herausgearbeitete Schwerpunktbildung in der ersten Hälfte des 18. Jh. als landesweite Erscheinung. Der überproportional steile Anstieg dürfte mehrere Ursachen haben. Er könnte ein gegenüber anderen Epochen größeres Interesse an Berufungen widerspiegeln, dem
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
171
die endgültige Institutionalisierung des Gerichts in der ersten Hälfte des 18. Jh. zugute kam. Der einschlägige Bestand enthält im übrigen einen größeren Anteil an Prozessen um die Privilegien von Gerichtspersonen. In den Ämtern Leipzig, Borna und Grimma waren solche Konflikte seltener, weil z.B. der Erb- oder Erblehnrichter, der häufig bestimmte Privilegien hielt, weniger verbreitet war als in anderen Teilen Sachsens. Bestätigt wird durch die Kurve des Appellationsgerichts aber auch der Rückgang der Konflikte in der zweiten Hälfte des 18. Jh. als landesweites Phänomen. Während in Burgund die Konflikttätigkeit in der ersten Hälfte des 18. Jh. generell eher ab- und in der zweiten Hälfte wieder deutlich zunahm (Grafik 2; Grafik 7 u.a. für den seigneurialrechtlichen Bereich), verhielt es sich in Kursachsen offensichtlich genau umgekehrt, zusätzlich bei sehr viel eindeutigeren Akzentuierungen, bei denen jedoch die unterschiedliche quantitative Basis in Rechnung zu stellen ist. Klar scheint aber zu sein, daß der Herzschlag in Kursachsen zu einem Zeitpunkt ruhiger wurde, als er in der französischen Provinz Burgund - und sehr wahrscheinlich nicht nur dort - wieder schneller wurde. Eine Ausnahme stellen hingegen die revolutionären Aufstände in Kursachsen dar. Sie entwickelten sich in einem Gebiet, in dem heftige prozessuale Auseinandersetzungen mit dem Grundherrn bereits seit langem im Gange waren und gewannen unter dem Einfluß der französischen Revolution ihren radikalen, bisher in Kursachsen unbekannten Charakter. Dieser aus Frankreich nach Sachsen gelangte revolutionäre „push" ist vor 40 Jahren von Stulz und Opitz herausgearbeitet worden.36 Auf seine genauere historische Bedeutung wird später im Zusammenhang mit der Untersuchung von Grundwerten und grundrechtlichen Vorstellungen des Volks (Kapitel 7) eingegangen. Schon im Fall der burgundischen Seigneurien hatte es sich bewährt, nicht nur absolute Konfliktzahlen zu erheben, sondern auch nach der Konfliktdichte pro Jahr zu fragen. Eine solche Aufstellung ist auch für die in den drei Ämtern gelegenen Grundherrschaften, von denen Konflikte an das Amt herangetragen wurden, möglich. Wegen der Masse der darzustellenden Daten entsprechen die Linien immer einem Zweijahreszeitraum. Ein erster Augenschein der drei Grafiken 34, 35 und 36 erhellt den unterschiedlichen Charakter der Ämter hinsichtlich grundherrschaftlicher Konflikte. Im Amt Leipzig ergibt sich eine erste Verdichtung noch im späten 16. Jh., die bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges anhält. Es folgt ein relativer Einbruch (auch in den beiden anderen Ämtern), als dessen Ursache mit einigem Recht der starke Bevölkerungsverlust - der auch die Leistungsfähigkeit der Institutionen beeinflußte - während des Krieges angesehen werden kann. Leipzig, Borna und Grimma 14
Stulz, Percy/Opitz, Alfred, Volksbewegungen in Kursachsen zur Zeit der Französischen Revolution, 19S6; s. desweiteren: Blaschke, Karlheinz, Ereignisse des Bauernkrieges 1525 in Sachsen. Der sächsische Bauernaufstand 1790, 1978; Hoyer, Siegfried, Der Beginn der Franzosischen Revolution und Kursachsen (1989); ders., Die Ideen der Französischen Revolution und der kurslchsische Bauernaufstand von 1790 (1994).
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II Archäologie der rechtlichen Praxis
gehörten zu den Gebieten mit den höchsten Bevölkerungsverlusten.37 Im Amt Leipzig verdichtet sich das Konfliktgeschehen schon sehr bald nach dem
Grafik 33 Prozesse um das Gerichtswesen als Dritte Partei in Kursachsen
1600-49
1650-99
1700-49
1750-99
Westfälischen Frieden wieder, im Amt Grimma dauert es ein Jahrzehnt länger, im Amt Borna noch einmal ein Jahrzehnt mehr. Während im Amt Leipzig die Konfliktdichte beinahe 120 Jahre, mit einzelnen Spitzenwerten, bis ca. 1750/60 recht hoch bleibt, verzeichnet das Amt Borna gelegentliche Atempausen, erreicht aber auch nach 1750 eine bemerkenswerte Dichte. Während in den Ämtern Leipzig und Borna um 1750 auffällige Höhepunkte erreicht werden, gönnten sich die Menschen im Amt Grimma um dieselbe Zeit offensichtlich eine gewisse Atempause, erhöhten dann aber zur Epoche der Französischen Revolution und zum Jahrhundertende hin noch einmal ihre Konfliktbereitschaft und -ausdauer. Es schält sich somit sowohl bei den absoluten Zahlen als auch bei den Konfliktdichten eine Kernzeit heraus, in der jeweils sehr hohe und höchste Werte erreicht wurden (1670 bis 1740). Wie im Fall Burgunds lehrt die Anschauung der Konfliktdichte, daß diese trotz sinkender absoluter Konfliktzahlen ansteigen kann. 37
Blaschke, Karlheinz, Bevölkerungsgeschichte von Sachsen, 1967, S. 94, Abb. 5.
3. Rechtsbedarf in Burgund und Kursachsen
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Grafik 34
Ami Leipzig/Konfliktdichte Grundherrschaften
Β je 2 Jahre
I •••11 II r ι ίρ Η
Dokumentation: T53/1:6. Dokumentation: T81/6:9. Dokumentation: T61/9:10.
Dokumentation: T48/7:21. " Dokumentation: Τ49/7:27.
8. Der gnindrechtliche Diskurs der Rechtsanwälte
431
quer que cela n'est vrai que des Loix arbitraires, & non de celles qui ont leur fondement dans l'équité naturelle, le bien public, la police générale & le bon ordre, contre lesquels les abus ne peuvent jamais ni prévaloir, ni prescrire, & à l'égard de qui les Loix doivent servir de regle pour le passé comme pour l'avenir" (1783). Auch hier wird folglich wieder die gedankliche Konsequenz gezogen, daß die Feststellung der WidersprQchlichkeit eines Rechtsinstituts zu den Grundlagen des Rechts (équité naturelle, bien public usw.) nicht mehr ausreicht, sondern eine Revision des Rechts erfordert.67 Darüber hinaus läßt sich aus den Texten ein Katalog von Grundrechten rekonstruieren, die verschieden zu charakterisieren sind: Abwehrrechte, Ansprüche begründende Rechte, Grundrechte mit Drittwirkung gegenüber den Mitbürgern. Übersicht 7 verdeutlicht die Bandbreite der grundrechtlichen Argumente der Dijoner Rechtsanwälte, in Klammern sind der Rechtsbereich, in dem das Argument gefallen ist, das Jahr sowie die Nummer der Dokumentation zum Fonds Saverot angegeben. Übersicht 7 Der „Grundrechtekatalog" der Dijoner Anwälte im 18. Jh. I Aligemeine Rechte/rechtliche Befähigungen eines Menschen 1/1 freie Willensakte liberté de la volonté (T-1686-T44/18:34) la volonté de l'homme est elle-même la premiere de toutes les Loix (T-1777-T63/41:76) liberté de tester (T-1696-T44/25:45) liberté de réfléchir (muß vor Abfassung eines Testaments gewährleistet sein) (T-1740T83/15:16 bis ) pouvoir de contracter (faculté du Droit des Gens. Tout homme qui jouit de son état, regnicele ou non, peut user de ce bénéfice) (V-1763-T60/l:2) capacité générale de faire des actes est fondée sur une Loi naturelle; Loi purement naturelle, qui n'a besoin du secours d'aucune Loi positive (T-1777-T49/14:51) 1/2 Dispositionsfreiheit liberté naturelle que chacun doit avoir, de disposer de son bien comme il lui plait (ΤΙ 731-T84/23:39) pleine & entière liberté de disposer de ses biens (T-1769-T52/2:24) chacun est libre en effet de faire ce qu'il veut des biens qu'il possède (S-1775T62/38:59) chacun a la liberté de faire ce qu'il juge à propos de ce qui lui appartient (St-1776T62/40:62) les citoyens tiennent de la nature & de la loi leur état, leur capacité, le précieux appanage des effets civils; la naissance les en met en possession (T-1771-T86/19:27) la liberté de disposer de ses biens (T-1780-T50/2:l 1)
67
Dokumentation: T65/4:7.
432
III Archäologie des rechtlichen und grundrechtlichen Wissens
1/3 Grundfreiheiten le choix du domicile est libre, que toute personne majeure & maîtresse de ses droits, peut le prendre où bon lui semble, & qu'il dépend entièrement de sa volonté (T-1771-T87/6:9) la liberté naturelle de l'homme de travailler pour soi & quand il lui plaît de donner son travail gratis, ou de le vendre à tel prix qu'il veut (S-1781-T63/24:35) la Loi protège la liberté des Citoyens conforme au voeu de la nature (FRA-1782-T55/1:4) la liberté d'un citoyen n'est pas un objet de commerce mais on peut réprimer l'abus qu'il en fait (V-1782-T64/35:44) le droit que nous tenons de la nature, de disposer de notre personne, de nos biens & de tout ce qui nous appartient (Vor-1784-T67/26:43) aucun Particulier n'a le droit d'attenter à la liberté d'un autre (FRA-1786-T81/9:13) 1/4 rechtliche Integrität der Person la faculté de se défendre étant de droit naturel (St-1785-T66/31:62) un des premiers principes du droit naturel comme du droit civil c'est que l'on ne peut condamner personne sans l'entendre (Tax-1785-T66/27:57) toutes les fois qu'il n'est pas prouvé aux yeux de la Loi que vous êtes coupable du crime qui vous est imputé, la Loi vous regarde comme innocent & vous absout (G-1787T69/8:12) II
Eigentumsrechte
chacun a la liberté de faire dans son fonds ce que bon lui semble (N-1742-T88/25:34) il est libre à chacun de faire dans son fonds ce qui lui plaît (N-1745-T87/18:39) wer sich in einem anderen Land niederläßt, behält freie Verfügungsgewalt über sein Vermögen in Frankreich (FR-1747-T86/1:1) chacun dispose de son fonds comme il lui plait (S-1755-T61/6:7) la propriété pleine & entière que tout Citoyen a sur son héritage, cette vérité est fondée sur le Droit naturel, sur le Droit civil, sur nos Loix & nos Coutumes particulières (Taxca.l770-T53/l:6) le droit le plus précieux de la Couronne, est la conservation de la propriété des Citoyens (B-1772-T81/6:9) Loi sacrée de la propriété (B-1774-T48/7:21) droit de propriété des citoyens (T-1775-T49/7:28) rien n'est si sacré que la possession (gegen Zehnt) (Z-1780-T64/22:27) suivant le droit naturel, & même de droit civil, il est permis à chacun de faire dans son fonds tel édifice qu'il juge à propos (S-1785-T67/21:35) III Rechte der Kinder l'autorité paternelle a ses bornes, elle est soumise aux loix de la raison & de l'équité naturelle (M-1742-T89/19:33) les majeurs sont maîtres absolus de leurs actions, wenn sie aber damit ihre Familie entehren, darf die Familie einschreiten (E-1744-T90/7:7) bezügl. Bastarde sind Erbrechtsbestimmungen des röm. Rechts abzulehnen; ihnen folgen, hieße blesser le droit naturel qui veut que la vie & les moyens de la conserver soient donnés à tous ceux qui par leur propre crime n'ont pas mérité de la perdre (T-1748T88/8:10) liberté des mariages (T-1750-T91/24:34) pleine liberté d u m a r i a g e (Heirat d e s volljährigen S o h n e s o h n e Z u s t i m m u n g d e s V a t e r s )
(P-l 764-T89/20:35)
8. Der grundrechtliche Diskurs der Rechtsanwälte
433
le fils de famille (nicht emanzipiert) a la liberté de disposer de son pécule (wie ein emanzipierter Sohn, aber er darf keine Schulden machen) (M-1765-T83/27:35) liberté de la fille de prendre un époux de son droit (FRA-1778-T63/17:21) l'égalité est recommandée dans les partages entre enfants, parce qu'il est de l'équité de rendre égaux par la fortune ceux qui le sont déjà par la naissance (FRA-1781-T64/34:41) IV Frauenrecht une femme révoque (un testament); l'autorité du mari lui devient inutile, & le retour au droit commun, au droit naturel est si favorable, que la femme, quoiqu'elle soit dans la puissance absolue de son mari, peut néanmoins effectuer le dessein qu'elle a de révoquer sa disposition, sans être soumise alors à l'autorité maritalle, & à la nécessité de lui demander son consentement (FRA-1750-T88/20:28) la liberté de tester: les femmes jouissent incontestablement de ce prétieux privilège, de même que les hommes (FRA-1752-T89/18:29) Mutter, die aïs tutrice ihrer Tochter eingesetzt ist, darf diese ohne Zustimmung weiterer Familienmitglieder verheiraten, jointe au libre choix de la fille (FRA-1752-T90/13:14) liberté de la femme (Ehefrau) versus despotisme du mari (FRA-1759-T82/2:2) Verlangen nach cassation de mariage durch die Frau wegen Impotenz des Mannes est garanti par toutes les loix naturelles, divines & politiques (FRA-1789-T80/2:5) V Wirtschaft, Transport liberté des chemins (B-1753-T83/21:27) il leur (=créanciers) étoit libre de transmettre leurs droits, noms, raisons, actions & hypothéqués à qui bon leur semble (V-1761-T88/4:4) Physiokratisch beeinflußt: le voeu de la Nation (erlaubt Einhegungen); il est du droit naturel d'user d'une chose, lorsqu'en le faisant, on ne cause aucun ou peu de préjudice à celui à qui elle appartient; la liberté de jouir de ses héritages (Ad-1774-T61/11:12) liberté du commerce (T-1774-T62/47:74) kommerzieller Kredit: weder droit divin noch droit naturel verbieten Zinsen (W-1783T64/5:5) banvin: inconciliable avec la liberté naturelle des hommes, contraire à l'intérêt public, & proscrit par les Loix & la Police générale du Royaume (S-1787-T69/9:14) Die unter Frauen- bzw. Kinderrecht angeführten Argumente lassen erkennen, daß die Dijoner Anwälte deren Rechte soweit wie möglich an die unter der Rubrik I Allgemeine rechtliche Befähigungen des Menschen angeführten Rechte heranführten. Gemeint waren allerdings nur Ehefrauen bzw. erwachsene Kinder im heiratsfähigen Alter in bezug auf das rechtliche Verhältnis zum Ehemann bzw. Vater. Im übrigen zeigt sich sehr deutlich die Verwurzelung des grundrechtlichen Diskurses der Dijoner Rechtsanwälte in den publizistischen Debatten ihrer Zeit und deren Vokabular. Vor allem für die Zeit nach 1770 kann festgestellt werden, daß die Bereitschaft, auf der Grundlage der naturrechtlichen Argumentation die Notwendigkeit rechtlicher Revisionen zu sehen und wenigstens implizit zu bejahen, wächst. Dabei ist immer im Auge zu behalten, daß die untersuchten Texte in der Gerichtspraxis Verwendung fanden. Ihre Argumentation mußte auf Erfolg vor dem Gericht, also hier dem Parlament, ausgerichtet sein. Deshalb waren sie nicht der geeignete Ort für revolutionäre Diskurse vor der Revolution. Umso bedeutsamer wirkt der an der Untersuchung des
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III Archäologie des rechtlichen und grundrechtlichen Wissens
Vokabulars und der Argumentationskategorien herausgearbeitete Wandel der Zielrichtung in der Argumentation der Anwälte. Der Fonds Kursachsen kann aus den im dritten Kapitel ausführlich erläuterten Gründen nicht die thematische Bandbreite des Fonds Saverot erreichen. Aber Untertanenprozesse hin oder her, die Perspektive, unter der in diesem Kapitel die Texte der Rechtsanwälte untersucht werden, besteht ja in den Grundrechten, also Rechten, deren Gültigkeit als Vorstellung oder Norm nicht von dem engen Rechtsbereich, in dessen Zusammenhang sie genannt wurden, abhängt. Ob nun ein Erbrechts- oder Untertanenprozeß den Anwalt veranlaßt, über die natürliche Freiheit des Menschen nachzudenken, ist nicht entscheidend; entscheidend ist, daß er es überhaupt tut. 68 Eindeutig ist zugleich, daß die natürliche Freiheit, wenn sie in einem Prozeß, der zwischen einer Gemeinde und einem Grundherrn geführt wurde, nicht allein eine korporative Libertät meint. Dasselbe Argument fand bei individuellen Kontestierungen etwa des Gesindezwangsdienstes oder des Verbots des freien Bierholens und einlegens Anwendung. Am Vokabular der burgundischen Anwälte war der Begriff der Menschlichkeit (humanité) aufgefallen. Die Beurteilung einer Verhaltensweise als menschlich oder nicht, war in Sachsen nicht ungewöhnlich. Zur Erinnerung: Der Richter und ein Schöppe der Gemeinde Wachau hatten ihrem Herrn 1606 „menschliches" Verhalten bescheinigt. 69 Nach dem Verständnis der burgundischen Rechtsanwälte sollte der Gesichtspunkt der Menschlichkeit bei der Abfassung von Gesetzen ebenso wie bei deren Auslegung Anwendung finden. Daß sich Menschen zueinander menschlich zu verhalten hätten, war keine Frage. Als vergleichbarer rechtlicher Maßstab fungierte bei den sächsischen Anwälten jedoch weniger der Begriff Menschlichkeit als der der Gottesfurchtigkeit. Anlaß, über die schlechte und unehrenhafte Behandlung ihrer Mandanten durch die Rittergutsbesitzer zu klagen, hatten sie genug gehabt, die moralische Instanz, die sie als Regulativ dazu einwandten, war aber nicht die ganz unmittelbar auf den Menschen verweisende Menschlichkeit, sondern eben die Gottesfürchtigkeit, auf die die burgundischen Anwälte wiederum sich praktisch nie beriefen. Diese Differenz war kein Zufall, sondern spiegelt eine Basisdifferenz zwischen Deutschland und Frankreich wider. Beide Anwaltsgruppen hingegen kannten die Wendung vom „göttlichen und weltlichen" Recht, deren genaue Bedeutung im Zusammenhang mit der Begriffsgeschichte von „Menschenrecht" untersucht wurde. Der sächsisch-burgundische Vergleich der durchschnittlichen Bewertungszahlen je für die zweite Hälfte des 17. und die erste Hälfte des 18. Jh. deutet an, daß die sächsischen Anwälte bei der Verwendung grundrechtlicher Argumente ausgesprochen hoch griffen. Das mag mit der politischen Dimension der Untertanenprozesse zusammenhängen, repräsentiert allerdings das tatsächliche Gewicht der Argumenta68
Zu den Argumenten der kursächsischen Rechtsanwälte vgl. die Dokumentation im Anhang.
69
STALP, Amt Leipzig, Nr. 1740.
8. Der grundrechtliche Diskurs der Rechtsanwälte
435
tion. Was das Seigneurialrecht angeht, fragten burgundische Anwälte nach den Titeln. Die Titelfrage war allesentscheidend, zumal eine Änderung des Seigneurialrechts zugunsten der Seigneurs über eine Änderung der Coutume oder durch gesetzgeberische Maßnahmen des Königs völlig ausgeschlossen war. Die sächsischen Anwälte fragten nach der Notdurft und Nahrung ihrer Mandanten, nach beider Gefährdung durch das Ansinnen des Grundherrn, nicht zuletzt, weil eine Änderung der Landesgesetze zugunsten der Grundherrn erfahrungsgemäß möglich war und, wie gezeigt, mehrfach stattgefunden hatte. Daß dies so war, hing, den Ausführungen oben im vierten Kapitel zufolge, mit den unterschiedlichen Professionalisierungs- und Rationalisierungsgraden von Recht und Gerichtswesen zusammen, auf die adäquate, aber eben verschiedene Antworten gegeben wurden. Es ist an dieser Stelle erwähnenswert, daß zwei für Deutschland ungemein bezeichnende rechtsliterarische Gattungen in Frankreich so nicht existierten: die von W. Schulze sog. Seditionsliteratur und die breite Literatur zum Bauernrecht70, für die sich mit Klingner im übrigen auch ein hervorragender sächsischer Vertreter findet.71 Die Subtilitäten der französischen Seigneurial- und Feudalrechtswissenschaft nutzten zwar auch allen Grundholden (unter denen sich nicht nur Bauern, sondern eben auch Bürgerliche, Adlige und selbst Seigneurs befanden...), so daß das französische Grundherrschaftswesen 1789 längst so durchlöchert war, daß der Zusammenbruch möglicherweise auch ohne Revolution gekommen wäre, aber sie entbehrten einer gewollten politischen Dimension. Die deutsche Seditions- und Bauernrechtsliteratur hingegen reflektierte in der Frage um die grundherrschaftlichen Rechte eine politische Dimension - beides trug in gewissem Sinn jedoch nur der Tatsache Rechnung, daß die deutsche Grundherrschaft politisch, die französische jedoch privatrechtlich geprägt war. Es erklärt aber die hohen Bewertungszahlen der grundrechtlichen Argumentation, die die sächsischen Anwälte erreichten. Sie untermauerten das Eigenrecht des Volks, damit natürlich zugleich das Prinzip einer ständischen Gesellschaft. Eine Alternative dazu gab es für die sächsischen Anwälte freilich nicht; wenn sie ihren Untertanen-Mandanten dienen wollten, mußten sie zugleich dem ständischen System dienen, so wie die burgundischen Anwälte, wollten sie ihren Mandanten aus den Seigneurien dienen, ebenso das in Burgund bzw. Frankreich herrschende System (privatrechtlicher Charakter des Feudal- und Seigneurialrechts) stützen mußten. Innerhalb dieser Rahmengebungen wurden durchaus gleichgeartete Argumente eingesetzt. Damit ist noch einmal der Gebrauch naturrechtlicher Argumente angesprochen. Im Munde der sächsischen Anwälte diente der Hinweis auf die natürliche Freiheit z.T. der Begründung einer historisch entstandenen „Freiheit von...", die wie ein positives Recht verstanden wurde, aus dem sich zudem für den Grundherrn eine Unterlassenspflicht ergab. In diesem Sinn stärkte das Argument das Eigenrecht des Volks,
70 71
Schulze, Winfried, Die Entwicklung des „teutschen Bauernrechts" (1990). Klingner, Johann-Gottlob, Sammlungen zum Dorf- und Bauernrechte, 1749-1755.
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III Archäologie des rechtlichen und grundrechtlichen Wissens
aber auch von Individuen, die sich ebenfalls auf diese „Freiheit von..." beriefen. Dieser Sachverhalt ließ sich allerdings sehr gut mit der Formel possessio libertatis allein ausdrücken. Wenn aber zu dieser Formel - und häufig wurde beides verwendet noch die Formel von der possessio libertatis naturalis hinzutrat, so geschah dies kaum nur wegen des rhetorischen Effekts. Die Forderung neuer Dienste oder die Aufstellung neuer Verbote durch die Rittergutsbesitzer konterten die Anwälte mit der Berufung auf die natürliche Freiheit ganz im Sinne des .klassischen' Abwehrrechts. Wie im vierten Kapitel besprochen und oben am Beispiel der Auseinandersetzung um den Gesindezwangsdienst auf den Landtagen des späteren 17. Jh. veranschaulicht, konnten die sächsischen Grundherren, anders als die burgundischen, durchaus damit rechnen, ihre eigene Rechtsposition über geltendes Recht und persönliche Rechtstitel hinaus zu Lasten der Untertanen erfolgreich zu verändern. An diesem Punkt erschließt sich der eigentliche Sinn des Arguments von der natürlichen Freiheit: wohl wissend, daß die Grundherren in Sachsen (und nicht nur dort) über solche Erfolgsaussichten verfugten, konnten sich die Anwälte nicht auf die Verteidigung von historisch entstandenen Freiräumen der Untertanen beschränken, sondern sie mußten viel grundsätzlicher argumentieren. Da blieb nur das Naturrecht. Johann Leonhard Hauschild faßte in den 1730er und 1740er Jahren den Diskussionsstand zusammen 72 : Wird das Joch ihm [=Untertan] zu harte gemacht, so suche er ohne Bitterkeit des Herzens Richter und Gerechtigkeit, und erwarte getrost der Rechtshilfe. Sein Consulent, oder Advocat, verspreche ihm nicht mehr, als die Rechts-Praesumption pro libertóte naturali an die Hand giebet. [...] [...] Denn insoweit Unterthanen durch Landes-Gesetze oder aus vorhandenen Verträgen und Pactis, oder durch veijährtes Herkommen gleichsam als ex convertitone tacita, ihrer Herrschaft Dienstleistungen schuldig sind, insoweit kann eine Vermuthung vor der Bauern oder Unterthanen Freyheit, und eine darauf gegründete actio negatoria nicht statt finden. Ist jenes aber nicht, oder auch Gerichts-Herrschaften gehen bey Erforderung derer Dienste in quali et quanto weiter als in Landes-Gesetzen und Pactis festgesezt, oder sonst hergebracht ist, so gründen sich Unterthanen mit Recht dawider auf ihre natürliche Freyheit. Diese nicht sehr emanzipatorischen Ausführungen erhalten wenig später doch noch einen Akzent, der aufhorchen läßt, der allerdings damit zusammenhängt, daß Hauschild die Tätigkeit der Anwälte zugunsten der Untertanen - er hatte selbst als Untertanenadvokat gewirkt - gegen jene Stimmen verteidigt, die grundsätzlich von der Ungemessenheit der Untertanendienste ausgingen 73 :
72
73
Hauschild, Johann Leonhard, Juristische Abhandlungen von Bauern und deren Frohndiensten, auch der in Rechten gegründeten Vermuthung ihrer natürlichen Freyheit..., Dresden, Leipzig 1771; diese Edition von 1771 wurde von Hauschild selbst betreut, die hier einschlagigen Abhandlungen stammen jedoch aus den 1730er und 1740er Jahren. Hier S. 32, 37. Ebd., S. 71.
8. Der grundrechtliche Diskurs der Rechtsanwalte
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Und was thun denn die Practici Unrechtes, wenn sie sagen, operarum exactionem esse juris communi adversam? Dieses ist nicht allein nach dem Römischen bürgerlichen Rechte wahr, sondern auch nach dem Rechte der Natur, welches omnium commune et universale ist. Denn nach diesem sind in statu primitivo alle Menschen einander gleich. Die Abgehung davon auf einen Unterschied der Stände, ist res facti, ein factum aber wird ohne weitern Erweiß nicht vermuthet, und wenn also Zweifel vorfällt, ob dieses oder jenes factum existiret, ist allezeit eine Auslegung anzunehmen, welche dem Stande der natürlichen Gleichheit am nächsten kommt. Wenn nun das bürgerliche Römische Recht eben das lehret, was auch schon im Rechte der Natur enthalten ist, so ist deijenige nicht zu tadeln, welcher auch jenem nachgehet, und die exactionem operarum in regula als eine dem Juri communo Romani entgegen stehende Sache benennet, da sie dem Naturgesetze auch widerstreitet. Dahero auch so gar in unser teutsches Recht diese Lehre aufgenommen worden, da in dem gemeinen Sachsenspiegel, Landr. lib. 3. art. 32. ein gleiches und wie in Zweifel die Vermuthung vor die natürliche Freyheit sey, behauptet. Der gelegentlich in den Argumentationen aufgegriffene Hinweis auf die „teutsche Libertät" scheint einen ähnlichen Sinn zu haben wie der Verweis der burgundischen Anwälte auf das .Genie der Nation' (oder die liberté publique bzw. liberté de la France in der Rechtsliteratur z.B.74: es wird damit die praktische Wirksamkeit des Naturrechts erwiesen, lebte man doch unter einem Volk, das niemals anders als frei gewesen war. In der Tat hätte es kein frühneuzeitlicher Herrscher in Europa als schmückenden Titel empfunden, über ein Volk von Unfreien zu herrschen - wie der osmanische Sultan, der in solchen Fällen als Vergleich herhalten mußte. Wenigstens im deutschsprachigen Bereich war es ein weitverbreiteter, geradezu populärer Topos, die Freiheit in Deutschland der türkischen Sklaverei entgegenzustellen. Die Tatsache, daß in Prozessen um den Gesindezwangsdienst und das freie Bierholen- und einlegen, zwei auch dezidiert individualrechtliche Probleme, das Argument von der natürlichen Freiheit geradezu automatisch Anwendung fand, unterstreicht dessen tiefgründige Ernsthaftigkeit. Wenn burgundische Anwälte zum Exempel die mainmorte als naturTechtswidrig bezeichneten, argumentierten sie nicht anders als ihre sächsischen Berufskollegen. Das Argument wurde dann angewendet, wenn ein Seigneur ,plötzlich' das mainmorte-Recht für sich in Anspruch nehmen wollte, aber keine klaren Titel vorweisen konnte. Sowohl in Sachsen wie Burgund erfüllte das Naturrecht eine Abwehrfunktion, die prinzipiell die jeweils vorgefundene Mischung aus freiheitsbeschränkenden Pflichten und Freiheiten sowie Freiheit des Menschen an sich bewahren sollte. Erst im späteren 18. Jh. wurde in Burgund öfter daran gedacht, daß dieses Mischungsverhältnis auch anders aussehen und in der Konsequenz zur Abschaffung freiheitseinschränkender Pflichten fuhren könnte. Ahnliches schwebte ja dann den am kursächsischen Bauernaufstand 1790 Beteiligten vor, aber diese Haltung konnte sich nicht global gegenüber dem älteren Naturrechtsverständnis durchsetzen. Im übrigen heißt das nicht, daß das naturrechtliche Argument in Kursachsen nicht auch weitere Perspektiven gehabt hätte. Als sich die Gemeinde Schwarznaußlitz 1780 dagegen wehrte, daß der Grundherr den neuen 74
Näheres bei Schmale, Bauerlicher Widerstand, op. cit., S. 178.
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Archäologie des rechtlichen und grundrechtlichen Wissens
Dorfrichter ohne ihre Zustimmung ernannt hatte, verweigerte sie die Aushändigung der Gemeindelade an den neuen Richter. Ihr Anwalt bescheinigte ihr, daß sie im Recht sei, denn wie sie es mit der Gerichtslade halte, sei allein Sache der Gemeinde, dies bringe schon ihre „natürliche Freyheit" mit sich.75 Das entspricht der im Vokabular der burgundischen Anwälte gängigen Redeweise, daß man etwas machen könne, wie es einem gefalle. Da geht es um mehr als nur die Abwehr von Ansprüchen, vielmehr gründet sich der eigene Anspruch, etwas tun oder lassen zu können, auf das Naturrecht, auf den von Natur aus freien Willen des Menschen. Diese Meinung bestand auf Seiten der Anwälte nicht erst um 1780, sondern fallweise z.B. schon 1716. Im Prozeß zwischen vier Cradefelder Bauern gegen Rudolf von Döring, der sich gleichfalls wegen der Bestellung eines neuen Richters entwickelt hatte, legte Johann Lange, Anwalt des George Born, Widerspruch gegen ein Urteil der Juristenfakultät Leipzig vom Dezember 1716 ein, weil das Urteil ergangen sei, obwohl sein Mandant nicht gehört worden und ohne Verteidiger gewesen sei: „Und wie nun die defensio an sich selbsten juris naturalis ist, also wird mir auch dieselbige in diesen Stücken nicht zu versagen seyn."76 Was den freien Willen des Menschen angeht, sei an die Bedeutung der grundrechtlichen Kategorie „Wille" bei der Behandlung populärer Vorstellungen erinnert. Die Schere zwischen Sachsen und Burgund, zwischen Deutschland und Frankreich öffnete sich an dem Punkt, wo es um die gesamte politische Verfassung ging. Hauschild und die anderen in der Praxis tätigen Rechtsanwälte wagten es nicht, das naturrechtliche Argument in eine Speerspitze gegen das Grundherrschaftswesen umzuformen. Damit ordnen sie sich in die vorherrschende Tendenz innerhalb der deutschen Naturrechtslehre des 18. Jh. ein, die keinen grundsätzlichen Widerspruch zwischen Naturrechtsdenken und Anerkennung der monarchia absoluta erkennen mochte: „Wolff, Daijes und auch Nettelbladt erweisen in ihren Naturrechtstheorien die durch keinerlei Satzung, Konvention und konkurrierende Gewalt begrenzte Monarchie als rechtmäßige Form staatlicher Herrschaft."77 In den jüngeren Forschungen zu Christian Wolff bei E. Hellmuth und E. Stipperger überwiegt, im Gegensatz zu der Studie von H. M. Bachmann, die Skepsis bezüglich der Einordnung dieser Naturrechtslehre als „Markstein" der Menschenrechtslehre im 18. Jh.78 Wolff, Daijes und Nettelbladt werden in der Regel als „preußische" Naturrechtslehrer apostrophiert. Vielleicht lassen sich tatsächlich bei genauer Textexegese gewisse preußische, sächsische oder südwestdeutsche Eigenarten der Naturrechtslehre nachwei75 76 77 78
STAD, ApG Dresden, Nr. 6635, fol. 36 v . STALP, Amt Leipzig, Nr. 393, fol. 52 r -53 r . Hellmuth, Eckhardt, Naturrechtsphilosophie, 1985, S. 43. Hellmuth, op. cit., S. 64, 72. Stipperger, Emanuel, Freiheit und Institution bei Christian Wolff, 1984, S. 22 ff. Dagegen Bachmann, Hanns Martin, Die naturrechtliche Staatslehre Christian Wolffs, 1977, der Wolffs Lehre von den angeborenen Rechten und Pflichten des Menschen als „Markstein" in der Geschichte der Lehre von den Menschenrechten interpretiert; S. 100, 254. Hellmuth und besonders Stipperger haben sich sehr genau mit dem System Wolffs auseinandergesetzt, das vom status originarius über den status adventitius zum status civilis führt. Die iura connata sind eben nicht mit dem status civilis verbunden.
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sen, aber alle Studien zur,bürgerlichen Absolutismuskritik' fuhren prinzipiell immer wieder auf einen Grundtatbestand der deutschen Naturrechtslehre vor 1789, daß, anders als in Frankreich, keine konstitutionelle Monarchie in Ablösung der absoluten Monarchie ernsthaft angestrebt wird.79 Es darf festgehalten werden, daß die ausführlich am sächsischen Material belegte Art und Weise der Nutzung naturrechtlicher Argumente nicht nur für Sachsen Repräsentativität beanspruchen kann. Im übrigen kann nicht bestritten werden, daß trotz aller Unterschiede zu Burgund und Frankreich auch die sächsische bzw. deutsche Naturrechtslehre zum rechtlichen Nutzen der Bevölkerung eingesetzt wurde.
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Vgl. u.a. Schlumbohm, Jürgen, Freiheit, 1975, zusammenfassend S. 164 ff.; Gerteis, Klaus, Bürgerliche Absolutismuskritik, 1983, z.B. S. 187; Gerteis faßt die genannte Grundtatsache in den Begriff des „Verfassungsrelativismus".
Schluß Grundrechtekonjunktur und globale Krise: Versuch einer Neubewertung der Geschichte der Grund- und Menschenrechte im frühneuzeitlichen Europa 1. Europäische Entwicklungsstränge In der Einleitung war die Notwendigkeit begründet worden, von einer allzu linearkausalen Sicht der Entwicklung der Grund- und Menschenrechte Abstand zu nehmen. Diese, ausweislich des im 1. Kapitel gegebenen Überblicks über die deutsche und französische Forschung, nie allein herrschende Sichtweise besaß eine ernst zunehmende Funktion, insoweit sie aufgrund ihrer Konzentration auf bestimmte Rechte- und Menschenrechtserklärungen in Deutschland und Frankreich wie auch anderswo zu jeweils verschiedenen Zeitpunkten die Identifikation mit dem Grundund Menschenrechtsgedanken als verfassungsrechtlicher Grundlage von Staat und Gesellschaft heute förderte. Gegenüber der Vielfalt historischer Gegebenheiten bedeutet diese Konzentration hingegen eine Vereinfachung, die neben der angesprochenen Zweckdienlichkeit zu einem selektiven historischen Bewußtsein fuhren kann, das bestenfalls einer nationalen Identifikation dient. Trotz aller Instabilitäten und Warnzeichen, die sich seit den osteuropäischen Umwälzungen von 1989 auch in den west-, nord- und südeuropäischen Demokratien gezeigt haben, besteht der nur von Randgruppen nicht geteilte Konsens über Grund- und Menschenrechte als Verfassungssubstanz ungebrochen fort. Die Aufgabe, Europa zu bauen, bringt die Anforderung mit sich, von Vereinfachungen abzulassen und sich einer multi-linearen Geschichte zu stellen, die außer kausalen Kontinuitäten auch Diskontinuitäten und nicht kausal miteinander verbundene Erscheinungen kennt. Eine Strukturierung der Geschichte der Grund- und Menschenrechte im europäischen Raum fuhrt unter dieser Prämisse sowie unter gemeinschaftlicher Berücksichtigung der in dieser Arbeit gewonnenen Ergebnisse und der Erträge der bisherigen Forschungen auf mehrere Entwicklungsstränge, die sich z.T. grundsätzlich einer nationalgeschichtlichen Betrachtung entziehen, z.T. mit bestimmten geographischen Räumen, z.T. hingegen mit einzelnen Staaten, einhergehend mit der Manifestierung einer nationalen Identität, direkt verbunden sind. Weitere Entwicklungsstränge sind nur regionalgeschichtlich bestimmbar. Und immer wieder entfalteten einzelne Persönlichkeiten makrohistorische Wirkungen. Im Schnittpunkt von Raum und Zeit lassen sich mehrere Zentren entdecken, die fur eine gewisse Zeit in den europäischen Raum ausstrahlten. Im Kontext dieser gleich auszuführenden Betrachtungen erweist sich dann, warum 1789 der europäischen Geschichte etwas entscheidend Neuartiges
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hinzufügte und zu einem Brennpunkt in der Geschichte der Grund- und Menschenrechte wurde. Was - im Kontext unseres Themas - die auf Europa ausstrahlenden Zentren angeht, so stehen diese in einer gewissen geographisch-zeitlichen Abfolge. Wenn von Zentren die Rede ist, bedeutet dies nicht, daß sie die Entwicklung ausschließlich gestaltet oder gar beherrscht hätten, vielmehr kam es dort zu einer Kumulation mehrerer Entwicklungsprozesse, die ausgeprägter als anderswo ausfiel. Für mehrere Jahrhunderte seit dem 11. Jh. stellte Italien (Nord- und Mittelitalien einschließlich Rom und Neapel; zeitweise Sizilien) ein solches Zentrum dar, in dem soziale, wirtschaftliche, politische, geistig-wissenschaftliche, religiöse und kunsthistorische Öffnungen aufeinandertrafen. Vor allem das italienische Quattrocento stellte, so Heinrich Lutz, eine „regionale Antizipation zur Neuzeit" dar.1 Es ist müßig, all die von Italien auf den europäischen Raum ausgegangenen Einflüsse aufzuzählen, sie haben sich schnell, wie beispielsweise die Rezeption des römischen Rechts und die Kanonistik, zu dauerhaften gemeineuropäischen Phänomenen entfaltet. Während die von Italien als Zentrum im oben genannten Sinn ausgehenden Wirkungen einem breit dahinfließenden historischen Strom gleichen, dessen Sedimente den Boden für die Erneuerung der europäischen Rechtskultur ergaben, entstanden in der Folgezeit eher kurzfristige Brennpunkte. Die erste - portugiesische - Phase der europäischen Expansion war, anders als die zweite, spanische, nicht von einer umfassenden Debatte um die Rechte der in den entdeckten und z.T. dann auch kolonisierten Gebieten lebenden Nichteuropäer begleitet. Einige päpstliche Bullen wie jene Papst Eugens IV. von 1434 zugunsten der kanarischen Guanchen oder die Bulle „Pastoris Aeterni" von 1472 zugunsten der Schwarzafrikaner belegen zwar, daß die Problematik des rechtlichen Verhältnisses zwischen christlichen Europäern und andersgläubigen Nichteuropäem erkannt wurde, aber erst das Dahinsterben - z.T. von den Entdeckern und Eroberern gewollt, z.T. von diesen eher ungewollt durch eingeschleppte Krankheiten provoziert - ganzer indianischer Völker im Zuge der spanischen Expansion nach Amerika entfesselte die erste große, breit rezipierte, Menschenrechtsdebatte der europäischen Geschichte, mit Bartolomé de Las Casas als überragender, streitbarer und nimmermüder Persönlichkeit, in deren Zusammenhang auch die berühmte Bulle „Sublimis Deus" von 1537 entstand. Diese Bulle stellte fest, daß Indianer Menschen seien, sie anerkannte deren Recht auf Leben, Sicherheit, Freiheit und Eigentum.2 Die Rechtsschule von Salamanca verstetigte rechtsphilosophisch die Grundlagen dieser Debatte bis ins frühe 17. Jh. Obwohl die Begegnung
' 2
Lutz, Heinrich, Normen und gesellschaftlicher Wandel (1975), hier S. 167. Zum Thema europäische Expansion und Recht s. u.a.: Höffner, Christentum und Menschenwürde (1947), op. cit.; Witte, C.-M. de, Les Bulles Pontificales et l'expansion portugaise au X V e siècle (1953), (1954), (1956), (1958); García-Gallo, Alfonso, Las bulas de Alexandra VI (1957/58) (zugleich Quellenedition); Pietschmann, Horst, Die staatliche Organisation des kolonialen Iberoamerika, 1980; Reinhard, Wolfgang, Geschichte der europäischen Expansion, Band 1, 1983; Fisch, Jörg, Die europäische Expansion und das Völkerrecht, 1984.
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mit nichteuropäischen Völkern seit der Antike bzw. mit nichteuropäisch-christlichen Völkern nach der Christianisierung Europas nie völlig abgerissen und im Bewußtsein teils latent, teils manifest verankert geblieben war, stellte sich mit der .expansiven Expansion' des 16. Jh. die Frage nach der Einheit oder nicht der Menschheit in neuer, ungekannter Schärfe, die mit der Entdeckung der dem europäischen Wissen um die Menschheit bis dahin unbekannten Indianer verknüpft war. Es ging um nichts weniger als die Integration eines neuen Menschheitsteils in das ohnehin schon durch die Naturwissenschaften seit dem Spätmittelalter in Erschütterung geratene Weltbild. Diese gedankliche Integration war eine gemeineuropäische Aufgabe, ihre Spuren lassen sich auch in den Ländern finden, die an der Expansion selbst nur marginal beteiligt waren wie das durch die Türkenabwehr gebundene Heilige Römische Reich, das als solches, trotz eines Kaisers, in dessen Reich die Sonne nicht unterging, kaum mit der Expansion in Berührung kam. Daran ändern die Aktivitäten einiger oberdeutscher Kaufmannsfamilien und verschiedener Söldner3 nicht allzuviel. Noch im 16. Jh. setzte die ethnologische und wissenschaftliche Erforschung der außereuropäischen Völker ein und pflanzte sich bis in die großen Wissenschaftsexkursionen eines James Cook im 18. Jh. fort.4 Nichteuropäische Kulturen, insbesondere die chinesische und die südseeinsulanische, konnten idealisiert werden und zeitweise im 18. Jh. Vorbildcharakter gewinnen, während schon im 16. Jh. Montaigne mit seinem berühmten Essay über die „Menschenfresser" der kulturrelativistischen Betrachtungsweise, in der die europäische Kultur mitnichten als Höhepunkt der Weltkultur erscheint, ein Monument gesetzt hatte. Auf Grund der spanischen Menschenrechtsdebatte und des veränderten wissenschaftlichen Interesses an der kulturellen Vielfalt der Menschheit erhielt die Frage nach der rechtlichen Gleichstellung der Menschen eine völlig neue Dimension, die in der französischen Aufklärung eine überaus positive5, aber eben nicht dauerhafte Beantwortung fand. Die Abschaffung der Sklaverei in den Kolonien durch die Revolution währte bekanntermaßen nur sehr kurz. Die schon gegen Ende der Aufklärungsepoche feststellbaren Tendenzen zu einer Rassenlehre6, die die Gleichheit aller Menschen leugnete und sich von einem Grundpfeiler des Menschenrechtsdenkens abwandte, entfalteten sich erst im 19. Jh. zum ausgesprochenen Rassismus, so daß für die frühe Neuzeit trotz aller notwendigen Einschränkungen mit einigem Recht der fördernde Einfluß der interkulturellen Betrachtungsdimension auf die Rechtsund Grundrechtsanschauung betont werden kann.
3
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5 6
S. z.B. den Reisebericht von Staden, Hans, Brasilien. Die wahrhaftige Historie der wilden, nackten, grimmigen Menschenfresser-Leute, 1988. Bitterli, Urs, Die .Wilden' und die .Zivilisierten', 1987; Demel, Walter, Als Fremde in China, 1992; Dos Santos Lopes, Marilia, Afrika, 1992; etc. Zusammenfassend: Delaporte, André, L'idée d'égalité en France, 1987. Pluchon, Pierre, Nègres et Juifs, 1984; Debbasch, Yvan, Couleur et liberté, 1967. Unter den deutschen Quellenschriften s. besonders Meiners, C , GmndriB der Geschichte der Menschheit, 1785.
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Wenn dies eine Leistung darstellt, die mit dem Zentrum Spanien im 16. Jh. als Ausgangspunkt in Verbindung zu bringen ist, dann wäre dem die Erweiterung der Rechts-Debatte um die Bürgerrechte im späten 16. und 17. Jh. mit den Niederlanden als Zentrum anzufügen.7 England bereicherte die Debatte ab dem 17. Jh. um das konstitutionelle Rechtsverständnis8, während Frankreich sowie Nordamerika im 18. Jh. zu Zentren der uns heute gut vertrauten Menschenrechtsdiskussionen der Aufklärung wurden. Schon Italien war durch die Handelsbeziehungen bis nach Asien, in die Levante und in den arabischen Raum, also durch signifikante Kontakte mit Außereuropa geprägt gewesen. Dieselbe Feststellung gilt für die anderen genannten geographischen Zentren von Spanien über die Niederlande und England bis nach Nordamerika und Frankreich. Wenn Nordamerika einmal ausgeklammert wird, so ist nicht zu verkennen, daß die Verschiebung der Debatten-Zentren in Raum und Zeit bis zu einem gewissen Grad mit der Verschiebung der Zentren koinzidierte, von denen aus die Expansion nach Übersee schwerpunktmäßig erfolgte. Dies illustriert einerseits noch einmal die Bedeutung der europäischen Expansion für die Verdichtung des menschenrechtlichen Denkens in der frühen Neuzeit, andererseits scheint dadurch der atlantische Schwerpunkt in der Entwicklung dieses Denkens bestätigt zu werden. Nun stellen die angerissenen Debatten nur einen Entwicklungsstrang, nur einen Ausschnitt aus der wesentlich komplexeren Geschichte der Grund- und Menschenrechte in Europa dar. Bei genauerem Hinsehen läßt sich eine beim jetzigen Forschungsstand kaum bezifferbare Zahl von stärker regional begrenzten Debatten diagnostizieren, auf die im Zuge der Begriffsgeschichte im 5. Kapitel reflektiert worden war: Jean Petit, der deutsche Bauernkrieg, die Fronde usw., der besprochene sächsische Landtag von 1661 könnte mit gutem Recht hier angeschlossen werden. Eminent wichtig und in seiner Bedeutung nicht hoch genug einzuschätzen war die unaufhaltsame, aber im Gegensatz zu den angesprochenen Debatten, unspektakuläre Verstetigung des Rechts- und Institutionengefüges, seine unaufhaltsame Rationalisierung und Professionalisierung auf dem Hintergrund eines gemeinsamen rechtsphilosophischen Fundus, der vom göttlich-biblischen über das Natur- und Völkergemeinrecht bis zum kanonischen und römischen Recht reichte. Es konnte am deutsch-französischen Beispiel gezeigt werden, inwieweit sich dieser Prozeß je nach geographischem Raum zeitverschoben abspielte und die Nutzung des rechtsphilosophischen Fundus' variierte, ein Fundus, der in den Begriffen ius humanuni, ius hominum und später Menschenrecht (u.ä.) wie im Brennglas erscheint. Das Beispiel Deutschland-Frankreich könnte Zug um Zug in verschiedene Himmelsrichtungen erweitert werden, als solcher bleibt dieser Prozeß jedoch eine Grundtatsache der europäischen Geschichte im Süden wie im Norden, im Westen wie im Osten. Ähnliches 7
S. jüngst Gelderen, Martin van, The Political Thought of the Dutch Revolt, 1992. * Vgl. stan vieler die Studien von Stourzh, Gerald: Staatsformenlehre und Fundamentalgesetze in England und Nordamerika (1977); Die Begründung der Menschenrechte im englischen und amerikanischen Verfassungsdenken (1987).
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läßt sich beispielsweise über den Prozeß der Individualisierung9 sagen, der gleichfalls zeitverschoben und unterschiedlich deutlich ausgeprägt in den Ländern Fuß faßte. Einer der wichtigsten, aber nicht auf die Reformationsepoche zu verkürzenden Entwicklungsstränge ist mit den religiösen Bewegungen, dem Problem der religiösen Toleranz und Glaubensfreiheit, der Frage der Konfessionsbildung und nicht zuletzt dem Streit um das Widerstandsrecht verbunden. Die Bedeutung dieser Blickpunkte fur die Grundrechtegeschichte war ja schon lange vor Jellinek erkannt gewesen. Insoweit bedarf sie keiner neuerlichen Ausführung, aber es steht die Frage im Raum, ob der Impetus der Europäer einerseits zur geographischen Expansion und andererseits zum expansiv-emanzipativen Verständnis ihrer eigenen Wirk-, Bewegungsund Selbstbestimmungsmöglichkeiten im Verhältnis zu Gott und der materiellen Welt seit dem Spätmittelalter vielleicht derselbe war. Die im 5., begriffsgeschichtlichen Kapitel thematisierte Bedeutung des veränderten Verständnisses der Menschen von sich selbst für die Ausbildung des Menschenrechtsbegriffes provoziert diese Frage. Der Begriff „Menschenrecht" selbst hat, das konnte ausführlich dargestellt werden, viele Wurzeln. Bevor die Auseinandersetzung mit Hobbes den Menschenrechtsbegriff in einen transnationalen Kommunikationszusammenhang stellte, in dem er zu einem gemeineuropäischen Schlüsselbegriff aufstieg, war er in den Jahrhunderten zuvor unter Berücksichtigung verschiedener kompositorischer Varianten mehrfach punktuell, in Situationen existentieller Bedrängnis, individuell .erfunden' worden. Diese bisher kaum bemerkte Seite der Geschichte dieses Begriffs unterstreicht, daß er ein menschliches Grundbedürfnis artikuliert, dessen Existenz nicht von präetablierten Begriffen abhängt. Trotz der besonderen Stellung der Hobbes'schen Beiträge zur Ausbildung des Begriffs „Menschenrecht" bleibt zu beobachten, daß die Verschmelzung von „Mensch" und „Recht" zu diesem charakteristischen Lexem in verschiedenen europäischen Sprachräumen in etwa gleichzeitig vor Hobbes einsetzte, ohne daß dafür ein einzelnes Werk oder eine einzelne Persönlichkeit als alleiniger Urheber diagnostiziert werden könnten. Dies berührt auch die Grenzen linear-kausaler Betrachtungen. In Frankreich wurde die Entstehung des Menschenrechtsbegriff durch eine allmähliche Verschiebung zum anthropozentrischen Weltbild hin geprägt, während in Deutschland trotz bestimmter Verschiebungen die Bezogenheit des Menschen auf Gott bis in die Gedankenwelt des Jakobinismus hinein anerkannt blieb, und zwar unabhängig von der jeweiligen Konfession. Die andauernde Bedeutung des religiösen Bezugs, wie sie sich nicht zuletzt in den kursächsischen Quellen im Gegensatz zu den burgundischen erwiesen hatte, repräsentiert in Deutschland kein spezifisches Charakteristikum des Protestantismus, sondern unterscheidet vor allem im 18. Jh. generell Deutschland von Frankreich. Die mit politischen Motiven eng verknüpfte 9
Zur Individualisierung s. jüngst Stourzh ( 19%).
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Rivalität der Konfessionen mag in Deutschland zur anhaltend religiösen Prägung des Denkens beigetragen haben, während Ludwig XIV. dieser zunächst auch in Frankreich existierenden Rivalität ein radikales Ende bereitet hatte, die durch die heftige Auseinandersetzung um den gerade unter den Parlamentsjuristen stark verbreiteten Jansenismus und seine mystische Variante bei den Convulsionnaires von St. Médard in Paris nicht aufgewogen werden konnte.10 Aspekte, wie sie vorstehend angesprochen wurden, gehören in jenen Bereich, den Heinrich Lutz in der Absicht, geeignete europageschichtliche Interpretamente zu finden, mit dem Begriff „Makronormen" zu umschreiben suchte. Makronormen bedeuten nach Lutz ein bestimmtes Normensystem, das in Form eines bewußten, entwickelten Programms auftritt, den Anspruch auf Gültigkeit für alle Lebensbereiche erhebt und in allen Teilen Europas - mutatis mutandis - zur Geltung kommt. Hier geht es jeweils um totale Sinndeutung der Welt und um ebenso umfassende »Regelung des Lebens« - mit einem etwas altertümlichen Ausdruck Diltheys - oder um »gesamtgesellschaftliche Normativität«, wenn das deutlicher sein sollte. Diese makronormativen Programme der frühen Neuzeit arbeiten mit den Mitteln des Bewußtseins und der Bildung, mit Sprache, Buchdruck, Schule, Zensur usw. [...] Aber wesentlich bleibt für das Entstehen und den Wandel dieser Makronormen ihre relative Beweglichkeit im Sinne einer raschen Ausbreitung auch in Gebieten mit sehr verschiedenen politischen und sozioökonomischen Strukturen und ebenso ihre vergleichsweise rasche inhaltliche Veränderlichkeit. [...] In einer ersten, hypothetischen Annäherung könnte man vielleicht folgendermaßen sagen: nachdem sich einmal zu Beginn der Epoche die typisch neuzeitliche Art von europäischer Öffentlichkeit gebildet hat..., stabilisiert sich ein ziemlich dauerhaftes System ausgebreiteter Kommunikation. Den Makronormen stellte Lutz die Mikronormen gegenüber: Sie gehören dem Bereich der - in der vorrevolutionären Gesellschaft - sich nur langsam wandelnden Lebensformen und Strukturen politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Art an. Auch sie werden von den Intentionen und dem Wandel im Bereich der Makronormen betroffen, auch sie wirken, freilich in einer meist sehr komplizierten und umwegigen Form, auf den Wandel und das Wirken der Makronormen zurück.11 Der Lutz'sehe Begriff der Mikronormen verweist auf das von soziogeographischen Divergenzen bestimmte Regionalitäts- und Lokalitätsprinzip in der europäischen Geschichte der frühen Neuzeit zurück, das für diese Epoche ebenso kennzeichnend ist, wie die .europäische Öffentlichkeit', die einem - auf Europa bezogenen - Universalitätsprinzip folgt. In der Lutz'sehen Diktion, übertragen auf das Thema der Grund- und Menschenrechte, hat sich die bisherige historische Forschung zu den Grund- und Menschenrechten überwiegend auf den makronormativen Bereich konzentriert und den mikronormativen sowie die Wechselwirkungen zwi10
Vgl. Maire, C.-L., Les convulsionnaires de Saìnt-Médard, 1985. " Lutz, Normen, op. cit., S. 167 f.
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sehen beiden Uberwiegend vernachlässigt, während es der Sinn der hier vorgelegten Studie gewesen war, allen drei Aspekten Aufmerksamkeit zu zollen. Die Bevorzugung des makronormativen Bereichs in der historischen Betrachtung fördert das linear-kausale Verständnis der Menschenrechtsentwicklung und vernachlässigt das in meiner Diktion - epochen- und gesellschaftsrelativistische sowie die Verknüpfungslinien zwischen beiden. Sie vernachlässigt die subtilen Wirkungsmechanismen in einer Gesellschaft, in der Literalität und Semiliteralität gleichbedeutend nebeneinander stehen. Damit ist der Punkt erreicht, von dem aus der Bogen zwischen Europa als Betrachtungsziel und den beiden Regionalstudien Kursachsen/Herzogtum Burgund zu schlagen ist. 2. Grundrechtekonjunktur - Sachsen/Burgund Kursachsen hatte sich durch eine klar darstellbare Widerstandskonjunktur in dem Jahrhundert zwischen dem Ende des Dreißigjährigen und dem Beginn des Siebenjährigen Krieges ausgezeichnet. Der Höhepunkt dieser Konjunktur war in den Jahren um und nach 1700 erreicht worden. In der Perspektive der Fragestellung „Rechtsbedarf der Bevölkerung" hatte diese Konjunkturkurve schon für sich auf einen massiven Grundrechtebedarf verwiesen. Der Begriff Widerstandskonjunktur beschreibt insoweit das Phänomen nur unvollständig. Weitere Ergebnisse der empirisch-statistischen Untersuchungen und der qualitativen Analysen legen es nahe, von einer Grundrechtekonjunktur zu sprechen. Die höchsten Differenzierungsgrade hinsichtlich der vom Volk artikulierten Grundrechtsvorstellungen und Grundwerte wurden im Verlauf genau dieser Konjunktur erreicht. In derselben Zeit wurden für die grundrechtlichen Argumente der Rechtsanwälte die höchsten Bewertungszahlen ermittelt, und der Landtag von 1661 mit seiner Auseinandersetzung um die natürliche Freiheit ließ den Eindruck einer geradezu ideologischen Konfrontation um die zukünftige Entwicklung der kursächsischen Gesellschaft aufkommen. Im Herzogtum Burgund verdichteten sich die grundrechtsrelevanten Betrachtungselemente erst im Lauf des 18. Jh. mit einem deutlichen Schwerpunkt nach 1750. Die Rechtsanwälte bemühten grundrechtliche Argumente in insgesamt leicht steigender Tendenz; individuelle Mobilität einer Person als Auslöser grundrechtlicher Argumente wirkte vermehrt nach 1750; dem Naturrecht wurde unmißverständlicher als in Sachsen eine zukunftsweisende, ggf. das Rechtssystem verändernde Bedeutung zugemessen. Die Bewertungszahlen der grundrechtlichen Argumente stiegen leicht an, es wuchs die Vielfalt dieser Argumente (nach 1750). Der ermittelte Rechtsbedarf der Bevölkerung erwies sich zwar grundsätzlich vom Endfe des 17. Jh. bis zur Revolution als relativ stabil, aber er erhielt nach 1750 z.B. in Gestalt des vermehrt eingeforderten Frauenrechts oder der in Maßen ansteigenden Seigneurialrechtsprozesse und solcher um den Kirchenzehnten oder das Gerichtswesen etc. einige bezeichnende Akzente. Die vom Volk artikulierten Grundrechte und Grundwerte ¿eichneten sich nach 1750 durch eine größere Bandbreite aus, in einigen Fällen konnte ein direkter
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Zusammenhang zwischen dieser im Ancien Régime erreichten Bandbreite und jener bestimmter Typen von cahiers de doléances nachgewiesen werden. Es verstärkte sich der Anteil von Vorstellungen mit ordnungsveränderndem Charakter. Für Burgund darf eine insbesondere nach 1750 aufsteigende Grundrechtekonjunktur festgehalten werden. Die burgundische Grundrechtekonjunktur begann, als sich die sächsische Grundrechtekonjunktur ihrem Ende zuneigte. Beide Regionen erlebten also eine solche Konjunktur, die aber unter inhaltlichen Gesichtspunkten nicht identisch sind. Die sächsische Konjunktur verstärkte das grundrechtliche Korsett der Ständegesellschaft, die burgundische Konjunktur verband sich mit dem Aufbruch aus der Ständegesellschaft des Ancien Régime und ihrer Umwandlung in eine bürgerliche Gesellschaft. Die zeitliche Differenz zwischen den beiden Konjunkturen erklärt z.T. die inhaltlichen Unterschiede. 1789 war vieles denk- und realisierbar, was um 1700 noch nicht denk- und realisierbar gewesen war. Als für die Geschichte der Grundund Menschenrechte in vergleichender Perspektive wichtiger stellt sich die Frage nach dem Warum der zeitlichen Differenz dar. In Kursachsen wurden essentielle Vorgaben durch das politische System und die allgemeine politische Entwicklung gemacht. Die Menschen wehrten sich dagegen, sogar mit Erfolg, aber das ändert nichts daran, daß sie einem Zwang unterlagen, der zunächst nicht von ihnen selbst ausging, sondern an sie herangetragen wurde. Ihre Werthaltungen orientierten sich daher in zentralen Lebensbereichen an dem Ziel, diesem Zwang Einhalt zu gebieten. Wieviel Verwirklichungs-Freiraum und menschliche Kapazität blieb da übrig, um neue Werthaltungen zu entwickeln und selbst zur Quelle des Zwangs zu werden wie in Burgund, wo es die Gesellschaft war, die dem politischen System ihre Werthaltungen ,auferlegte' und dieses schließlich beseitigte, zumal wenn in Kursachsen bestimmte Voraussetzungen, wie am Beispiel der Frage der Individualisierung gezeigt, nicht gegeben waren? Die Menschen in Burgund besaßen mehr von diesem Freiraum, weil der vom politischen System ausgehende Zwang geringer war oder weil dieser, wo er existierte, willentlich oder nicht, Innovationsprozesse ingangsetzte. Die Kompetenzenvielfalt in Burgund mag ihre Nachteile gehabt haben; ihr Vorteil - aus der Sicht der weiteren historischen Entwicklung - war, daß sie den Menschen differenzierte und vielfältige Erfahrungsräume eröffnete bzw.,aufzwang', die letztlich das Innovationspotential stärkten. Deutlich ist das an den ländlichen Gemeinden zu sehen, in deren Verwaltung unterschiedliche Gerichte, Behörden und besonders die Intendanten eine gewichtige Rolle spielten. Zwischen Intendanten und Gemeinden entwickelte sich, wie berichtet, eine Art produktiven Dialogs, der der Entwicklung, Einübung und Verbreitung rechtsstaatlicher Prinzipien in der Verwaltung und der Durchführung von Verwaltungsaufgaben auf der Grundlage anerkannter Regeln zugutekam. Die Revolution setzte diesen eingeschlagenen Weg fort, während in Kursachsen etwa die obrigkeitliche ,Gängelung' der Gemeinde durch den Grundherrn im frühen 19. Jh. bis zur Abschaffung der Patrimonialgerichte in der Mitte des Jahrhunderts erhöht wurde. Die These hingegen, daß deutsche Untertanen obrigkeitshöriger gewesen seien als z.B. französische, wird
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nicht zuletzt durch die im dritten Kapitel erarbeiteten Grafiken widerlegt. Der Unterschied besteht in der besseren Absicherung der obrigkeitlichen Machtmittel in Kursachsen, die die Epoche der Französischen Revolution am Ende nicht nur unbeschadet überstand, sondern zusätzliche Verstärkung erfuhr. Es ist sicher schwierig, endgültig zu klären, warum die Obrigkeit z.B. in Kursachsen es besser verstanden hatte als in Burgund, ihre Machtmittel abzusichern. Der entscheidende Punkt scheint im unterschiedlichen Stand der Sedimentierung von Staat und Gesellschaft zu liegen. Dies trifft nicht nur die beiden Vergleichsregionen, sondern auch die umfassendere Vergleichsebene von Deutschland und Frankreich. Es war schon darauf verwiesen worden, daß sich die politische Gestaltung Kursachsens noch viel länger im Fluß befand als in Burgund etwa. Daran ändert das politische Schicksal des Herzogtums Burgund - seine Eingliederung ins französische Königreich an der Schwelle zur Neuzeit (Vertrag von Arras 1482) - wenig, weil die inneren Strukturen dabei kaum angetastet wurden. Von einer Randlage im 16. Jh. geriet Burgund in eine Binnenlage12, in dem Maß, wie die französischen Könige es verstanden, die Ostgrenzen zu arrondieren. Kriegseinflüsse wurden in Burgund daher seltener, während Kursachsen nicht nur den Dreißigjährigen Krieg in manchen Phasen intensiv erlitt, sondern noch im 18. Jh., im Siebenjährigen Krieg, eine beispiellose Katastrophe erlebte. Dazu kamen die europäischen Ambitionen und die ebenso kräftezehrende wie kostspielige, letztendlich verlorene Konkurrenz mit Brandenburg-Preußen. Überblickt man die sächsisch-kursächsische Geschichte seit der Leipziger Teilung über die Reformation, den Dreißigjährigen Krieg, den Erwerb der polnischen Königskrone bis hin zum Siebenjährigen Krieg, wird die zur Leistungskraft der Bevölkerung überproportionale politische Dynamik des Landes klar, in der es bis 1750/60 praktisch keine längeren Atempausen gab, die der nachhaltigen Entwicklung anderer, gesellschaftlicher und individueller Prioritäten zuträglich gewesen wären. Untersucht man Schritt für Schritt die größeren Territorien im Reich auf solche Faktoren hin und vergleicht sie mit Frankreich sowie dessen einzelnen Regionen, dann wird man nicht umhin kommen, für Frankreich eine graduell stärkere Binnenstabilität festzustellen, die der Modernisierung auf die Sprünge half und die Entwicklung von sozialen und individuellen Werthaltungen zuließ, die von der Gesellschaft an das politische System herangetragen wurden und nicht umgekehrt. Die politischen Machtmittel waren weniger gut abgesichert, ihre Sogwirkung geringer. Gerade nach 1750 wird der Unterschied noch einmal klar: während in zahlreichen deutschen Territorien die Träger der politischen Macht die Wende zum Reformabsolutismus mit guten praktischen Ergebnissen bewältigen konnten13, scheiterten diese Bemühungen in Frankreich. Die Initiative ging damit endgültig an
12
Endgültig nach dem Vertrag von Nijmegen 1678, mit dem sich Ludwig XIV. die Franche-Comté nach dem faktischen Besitz auch juristisch sicherte. Zur allgemeinen Geschichte des Herzogtums Burgund s. Richard, Jean (Hg.), Histoire de la Bourgogne, 1988. " S. als Oberblick Biitsch, Günter (Hg.), Der Idealtyp des aufgeklärten Herrschers, 1987.
450
Schluß
bestimmte gesellschaftliche Gruppen Uber, während die Reform von oben in deutschen Territorien die Machtverteilung kaum änderte.
3. Grundrechtekonjunktur und globale Krise - Deutschland/Frankreich Selbstredend handelt es sich bei der Rede von der Grundrechtekdnjunktur um eine Idealtypisierung. In beiden Regionen spielten Grundrechte als Forderung und Vorstellung, als Argument und als Rechtsbedarf vor und nach den umrissenen Konjunkturen eine Rolle. Aber diese Feststellung mutet fast schon banal an. Der entscheidende Punkt ist die ganz offensichtliche epochale Verdichtung von grundrechtsgeschichtlich relevanten Elementen zu einem Prozeß konjunkturellen Ausmaßes in zwei verschiedenen Regionen im europäischen Raum zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten. Die Unterschiedlichkeit der Zeitpunkte ist unter Rückgriff auf Entwicklungen in den die beiden Regionen umgebenden Großräumen - Deutschland und Frankreich - erklärt worden. Darauf ist später noch zurückzukommen, hier zählt zunächst einmal die Tatsache der Möglichkeit von Grundrechtekonjunkturen in unterschiedlichen Räumen zu unterschiedlichen Zeiten als solche. Mit Blick auf die Strukturierung der Geschichte der Grund- und Menschenrechte in Europa eröffnet sich eine Perspektive, von der vielleicht mit Recht gesagt werden kann, daß sie neu ist: erstens ist die Frage nach der Existenz bzw. Möglichkeit solcher regionaler Grundrechtekonjunkturen bisher nicht gestellt worden; zweitens sind solche Konjunkturen erstmals hier nachgewiesen worden. Als Konsequenz daraus zeichnet sich ein umfassender Forschungsbedarf ab, denn es spricht alles dafür, daß Nachweise, wie sie fur Sachsen und Burgund gelungen sind, auch hinsichtlich anderer Regionen möglich sind. Eine Prognose darüber, wo überall und zu welchen Epochen regionale Grundrechtekonjunkturen entstanden sind, kann, schon jetzt, schlechterdings nicht getroffen werden. Die französische und deutsche regional- und landesgeschichtliche Literatur bietet im Augenblick trotz einiger regionalspezifischer Überlegungen wenig Ansatzpunkte für den beiden vorgelegten Regionalstudien gleichwertige Erkenntnisse14, aus denen dann z.B. eine kartographische Übersicht über regionale Grundrechtekonjunkturen im europäischen Raum entstehen könnte. Nun stehen Regionen immer im historischen Kontext umfassenderer Räume. Regionale Grundrechtekonjunkturen sagen deshalb nicht nur etwas über die einzelne 14
Das schon einmal zitierte Themenheft L'Alsace et les Droits de l'Homme, 1984, bietet trotz seines hoffnungsvoll stimmenden Titels keinerlei Hilfe; Wintterlin, Friedrich, Untertanenrechte, Naturrecht und Menschenrechte in der altwQrttembergischen Verfassung, (1932), kommt unseren Absichten eher entgegen, der Aufsatz ist aber noch nicht geeignet, eine wflrttembergische Grundrechtekonjunktur nachzuweisen. Vgl. desweiteren: Lugmayer, Karl, Menschenrechtsansätze im „Sachsenspiegel" (1967), S. 2, der in denkbarer Kürze auf die Problematisierung der Leibeigenschaft durch Eike von Repgow Bezug nimmt und letzteren als den .fortschrittlicheren' Denker en passant mit Thomas von Aquin vergleicht. Die im ersten Kapitel dieser Arbeit erwähnten landesgeschichtlichen Arbeiten beschranken sich in aller Regel auf die Geschichte von Verfassungen und einzelnen Verfassungsnonnen, haben mit meinem Ansatz folglich wenig gemein.
Grundrechtekonjunktur und globale Krise
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Region, sondern auch etwas über den umfassenderen Kontext aus. Es ist durchaus vorstellbar, daß eine regionale Konjunktur nicht mit der des umfassenderen politischen und bzw. oder kulturellen Verbandes koinzidiert, dem die Region angehört, aber das nachzuweisen wäre eine Aufgabe für die zukünftige Forschung. Denkbar ist gleichfalls, daß Regionen, die nicht wie Kursachsen und Burgund gemäß den Überlegungen im 2. Kapitel dem Typ der europäischen Region zugeordnet werden können, keine Grundrechtekonjunkturen aufweisen. Für den Typ der europäischen Region waren im 2. Kapitel u.a. mannigfaltige Außenbezüge und über die Geschichte der Region hinausweisende geschichtsmächtige Wirkungen angeführt worden. Folglich gewinnt eine an dieser Stelle eher beantwortbare Frage an Bedeutung, nämlich inwieweit Kursachsen und Burgund etwas über Deutschland bzw. Frankreich hinsichtlich der Grund- und Menschenrechte aussagen. Zu unterscheiden ist zwischen Aspekten der Grundrechtsgeschichte, die nicht unmittelbar von den ermittelten Konjunkturen abhängen, und der Frage nach der Repräsentativität der jeweiligen Konjunkturen für Deutschland und für Frankreich. Nicht unmittelbar abhängig von den fraglichen Konjunkturen sind grundlegende Verhaltensweisen wie etwa die Akzeptanz des rationalisierten und professionalisierten Rechts- und Gerichtswesens von Seiten der Bevölkerung oder die (grund)rechtlichen Verhaltensweisen von Frauen. Auch die Formen der Ausbildung und Tradierung rechtlichen und grundrechtlichen Wissens sind nicht unmittelbar an diese Konjunkturen gebunden, selbst wenn nicht in Abrede zu stellen ist, daß Konjunkturen als Erscheinungsformen historischer Verdichtungen die Akzeptanzbereitschaft erhöhen und die Ausbildung sowie Tradierung von Wissen intensivieren können. Die Analyse von burgundischem und sächsischem Material aus den drei Jahrhunderten vom 16. bis zum 18. Jh. belegt dies. Die herausgearbeitete Akzeptanz von Rationalisierung und Professionalisierung des Rechts- und Gerichtswesens gerade auf Seiten des Volks in beiden Untersuchungsgebieten sowie die Wege, auf denen rechtliches und grundrechtliches Wissen entstand, sich verdichtete und weitergegeben wurde, verweisen in ihrem Kern nicht auf regionalspezifische, sondern allgemeinhistorische Prozesse. Die Existenz eines grundrechtlichen Wissens und von Grundwerten und deren aktive Nutzung durch das Volk läßt sich ebensowenig regional begrenzen. Die Artikulation von Grundrechten im gelehrten Diskurs der Juristen, insbesondere hier der analysierten Anwälte, unterscheidet sich zwar hinsichtlich ihres Vokabulars vom popularen Diskurs, aber in der rechtlichen Praxis des Gerichtskonflikts erweist es sich, daß es zwar zwei Diskurse, aber im wesentlichen nur eine Substanz gibt. Aus der Sicht dieser von unten aufgebauten Grundrechtsgeschichte, die ich mit Rücksicht auf die eingesetzten Methoden Archäologie der Grundrechte genannt habe, schmelzen die Argumente, die fur eine Betonung des atlantischen Entwicklungsstranges im Kontext der frühneuzeitlichen Grundrechteentwicklung sprechen könnten, dahin. Auch wenn die Forderung nach weiteren Regionalstudien erhoben bleibt, spricht einiges dafür, daß zumindest dort, wo ähnliche Prozesse der Rationalisierung und Professionalisierung von Rechts- und Gerichtswe-
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Schluß
sen festgestellt werden können, diese nicht nur den Trägern der literaten, sondern auch der der semi-literaten Kultur zuzurechnen sind. Wichtige Impulse zur Grundrechteentwicklung sind vom Volk ausgegangen. Die Details der einzelnen Kapitel zur Archäologie der Grundrechte sind hier nicht zu wiederholen; sie sprechen in dem Sinn für sich, daß die weitere Grundrechteforschung zur frühen Neuzeit nicht umhinkommen wird, sich mit breiteren Bevölkerungsschichten in der vorexerzierten Art und Weise zu beschäftigen, zumal ohne einen solchen Weg Grundrechtekonjunkturen nicht zu ermitteln sind. Es ist nicht allzu schwierig, die Tatsache, daß sich die sächsische Grundrechtekonjunktur zwischen ca. 1650 und ca. 1750 und die burgundische im wesentlichen nach 1750 ausbreitete, mit allgemeinhistorischen Entwicklungen je in Deutschland und Frankreich in Verbindung zu bringen. Was über die innersächsischen Gründe zur Erklärung des Konjunkturzeitraumes gesagt wurde, gilt - cum grano salis - Atavíele deutsche Territorien, in denen sich die Landesherrschaft, gestützt auf eine Stärkung der Grundherren, nach 1648 im Absolutismus einrichtete. Es ist die Epoche der Bewältigung einer umfassenden Krise, die Epoche eines demographischen Aufschwungs, einer geistigen und auch kulturellen Blüte, in der sich deutscher Barock und verschiedene Kultureinflüsse, vorwiegend aus Frankreich und Italien, misch" ten.15 Es sei beispielsweise daran erinnert, daß den großen naturrechtlichen Werken von Pufendorf und Thomasius zur selben Zeit in Frankreich nichts gleichwertiges gegenübergestellt werden kann. Erst die Arbeiten von Domat gegen Ende des 17. Jh. relativieren diese Feststellung geringfügig. Die Diskussionen des sächsischen Landtages von 1661 deuteten an, daß die Möglichkeit zu einer Verbürgerlichung' des Landes (Erwerb von Bauernstellen durch Bürger) und seine soziale Durchmischung nach französischer Art vorhanden war, der jedoch die Grundherren und der Landesherr bewußt einen Riegel vorzuschieben versuchten. Dieser Konflikt bezeugt kein ausschließlich sächsisches, sondern ein in Deutschland weit verbreitetes Phänomen. Sieht man auf die Entwicklung des politischen Vokabulars, zeigt sich, daß in Deutschland wichtige Schlüsselbegriffe schon im 17. Jh. semantisch festgelegt waren, während dies in Frankreich nicht der Fall war. Verfassung z.B. besitzt in Deutschland schon im 17. Jh. (neben anderen Verwendungsmöglichkeiten) die Bedeutung von Staatsverfassung, mit der konkrete Rechtsdokumente und Institutionen gemeint sind, während sich in Frankreich dieselbe Bedeutung für constitution erst im 18. Jh., vorwiegend erst nach 1750, durchsetzte und dann, da weniger festgelegt, für vielfältige, vor allem ordnungsverändernde Inhalte offen war. Anders formuliert: semantische Festlegungen politischer Schlüsselbegriffe waren in Deutschland zu ,s
Heinz Duchhardt schlug jüngst vor, doch noch einmal, nach den alteren Diskussionen, Ober „Barock" als adäquaten Epochenbegriff nachzudenken, weil er „zu einer ganzheitlichen Sicht der Epoche verhelfen (könne)". Vgl. Duchhardt, Heinz, Absolutismus (1994), hier S. 120. Zur kulturellen Blüte nach dem Westfälischen Frieden vgl. statt vieler anderer Forschungen die in den letzten Jahren intensivierte Stfidteforschung, über die Roeck, Bernd, Lebenswelt und Kultur, 1991, S. 109 f., berichtet. Allgemein zur Epoche s. Vierhaus, Rudolf, Deutschland im Zeitalter des Absolutismus, 1984; Press, Volker, Kriege und Krisen, 1991.
Grundrechtekonjunktur und globale Krise
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einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem sie in Frankreich erst einsetzten. Dies Beispiel gibt den Blick auf einen durchaus grundsätzlichen Unterschied im Ablauf je der deutschen und französischen Geschichte frei. Die sog. „Krise des 17. Jh." hat zwar als gemeineuropäisches Phänomen zu gelten, aber sie wurde in Deutschland zusätzlich durch den besonders schweren Einschnitt, den der Dreißigjährige Krieg bedeutete, verstärkt.16 Um so intensiver fielen die politischen Konsolidierungsbemühungen aus, die den Widerstand der Untertanen hervorriefen. Die, wie am sächsischen Beispiel gezeigten, z.T. recht extremen Pendelausschläge waren bis zur Mitte des 18. Jh. allmählichjustiert worden. Die Aufklärung setzte in Deutschland in einer Zeit konsolidierter Herrschaft, konsolidierter Untertanenrechte sowie konsolidierter Konfessionen ein. Nicht zufallig fehlten der deutschen Aufklärung im allgemeinen allzu radikale Speerspitzen. Sie stützte die aus Konflikten erwachsene Sedimentierung von Staat, Gesellschaft und Konfession. Frankreich indessen folgte einem anderen Rhythmus. Trotz der Beteiligung am Dreißigjährigen Krieg sind die Rückwirkungen vergleichsweise glimpflich geblieben, jedenfalls nicht mit jenen im mitteleuropäischen Raum zu vergleichen. Die Krise der Fronde und der Absolutismus Ludwigs XIV. als Reaktion verweisen auf gewisse Entwicklungsparallelen, aber man muß nicht einmal den Begriff des „Mythos vom Absolutismus"17 beschwören, um zu erkennen, daß sich die gesamte politische, administrative und institutionelle Struktur Frankreichs überaus deutlich von der des deutschen Reichs unterschied und daß König Ludwig nach Innen die Hände mehr als einem deutschen Landesfursten gebunden waren. Während der Regentschaft des Herzogs von Orléans nach dem Tod Ludwigs XIV. (1715) brach sich eine politische Krise Bahn, mit der eine kleine, am burgundischen Material gezeigte Konjunkturspitze beim Rechtsbedarf der Bevölkerung und den grundrechtlichen Argumenten der Anwälte koinzidiert. Nach der Konsolidierungsphase in der ersten Zeit der Herrschaft Ludwigs XV. setzten um 1750 die geistig-politische Krise und die sozioökonomischen Gärungen ein, aus denen sich der Entwurf einer neuen politischen und sozialen Ordnung herausschälte. Die deutsche Krisensituation im 17. und die französische im späteren 18. Jh. lassen sich mit gutem Grund als (im jeweiligen Land) globale Krisen bezeichnen, von denen keine der verschiedenen geistigen und materiellen Manifestationen menschlicher Existenz ausgenommen waren. Es ist festzustellen, daß QrmáttcYiXtkonjunktur und die Bewältigung einer globalen Krise miteinander verknüpft sind. Es gab in der frühen Neuzeit Krisen nicht-globalen Ausmaßes, in denen grundrechtliches Denken aktiviert, ggf. sogar der Begriff Menschenrecht situationsbedingt erfunden wurde, aber sie sind nicht mit dem verbunden, was hier Grundrechtekonjunktur genannt wurde. Wenn also Frankreich nach 1750 bis in die Revolution hinein eine Grund-
" Vgl. den Oberblick von Ogilvie, Sheilagh C., Germany and the Seventeenth-Century Crisis (1992). 17 S. Henshall, Nicholas, The Myth of Absolutism, 1992; daraus folgend der Band: Asch, Ronald G./Duchhardt, Heinz (Hg.), Der Absolutismus - ein Mythos?, 1996.
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Schluß
rechtekonjunktur erlebte und Deutschland nicht, so lag dies nicht an einer wie auch immer gearteten vermeintlichen Rückständigkeit oder historischen Verspätung Deutschlands, sondern daran, daß, erstens, globale Krise und Grundrechtekonjunktur offensichtlich sehr eng miteinander verknüpft sind und daß sich, zweitens, diese im Lauf der Geschichte nicht beliebig wiederholbare Verknüpfung in Deutschland nach 1648, in Frankreich nach 1750 ergeben hatte. Eine globale Krise ist für das Deutschland der Aufklärungsepoche nicht zu verzeichnen. Es wird zu den Aufgaben der weiteren Forschung gehören, zu klären, ob der hier aufgezeigte Zusammenhang zwischen Grundrechtekonjunktur und globaler Krise auch fur andere Länder als Deutschland und Frankreich gilt, und wenn ja, in welchen Epochen.
4. Europa 1789 Während die letzteren Überlegungen nach der regional- eher die staats- bzw. nationalgeschichtliche Seite der Grundrechtsentwicklung und die Bestimmung ihres Verhältnisses zueinander im frühneuzeitlichen Europa zum Gegenstand hatten, gilt es, noch einmal die gemeineuropäische Ebene zu erklimmen. Die Darlegung des Zusammenhanges zwischen Grundrechtekonjunktur und Bewältigung einer globalen Krise scheint Frankreich von der Sonderrolle, die es im allgemeinen Verständnis von der frühneuzeitlichen Grund- und Menschenrechtsgeschichte einnimmt, zu entfernen. Z.T. stimmt der Eindruck, weil jene Betrachtungsperspektive andere, bisher für weniger relevant erachtete Länder, stärker in den Blick rückt, z.T. ist der Eindruck aber zu relativieren, weil die Besonderheiten der Revolution und der Menschenrechtserklärung von 1789 nicht zu übersehen sind. Was war die Besonderheit dieses Augenblicks? Er führte eine neue Bewußtseinsdimension in die Geschichte der Menschenrechte ein. Die Epoche der Nordamerikanischen und der Französischen Revolution steht am Anfang einer bewußt geführten internationalen (also auch außereuropäischen Diskussion) um die Menschenrechte mit dem Begriff „Menschenrecht" (in verschiedensten Sprachen) als Schlüsselbegriff. Die epochemachende Bedeutung liegt weniger im materiellen Rechtsgehalt des Gemeinten, als in der Internationalisierung und Bündelung der Diskussion auf einen Kembegriff hin. Ausgehend von der Menschenrechtsde/Uarafio« war damit eine gewisse Systematisierung und Kanonisierung von Menschenrechte« verbunden, die der Diskussion um den Kernbegriff herum einen genaueren begrifflichen und rechtsmateriellen Rahmen gaben. Die evidente Verbindung von Deklaration und revolutionärer Volksbewe-
Gnindrechtekonjunktur und globale Krise
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gung18 fügte dem ganzen ein zusätzliches Bedeutungselement hinzu ebenso wie die Verbindung von Deklaration, Volkssouveränität und geschriebener Verfassung. Während Menschenrechtsbegriff, Grundrechtediskussionen und Grundrechtevorstellungen, wie sie in der sächsischen Grundrechtekonjunktur artikuliert wurden, vor 1789 ein oft weitgefächertes und ggf. auseinanderstrebendes Bild bieten, setzte die Erklärung von 1789, weit mehr im übrigen als die amerikanischen, Standards fest, die sich zum positiven oder auch negativen (Ablehnung eines sog. westlichen Kulturimperialismus) Leitbild der Diskussionen des 19. und 20. Jh. bis zur UNO-Deklaration von 1948 zusammenfügten. Es war zwar nicht beim Kanon von 1789 geblieben; schon die Erklärung von 1793 hatte diesen erweitert, und bis heute setzt sich dieser Prozeß fort, aber der historische Stellenwert der Erklärung von 1789 bleibt davon unberührt. Wenn die Deklaration von 1789 für die weitere Diskussion entscheidende Bedeutung erlangt hat, heißt das nicht, daß sie die Rechtswirklichkeit sofort oder grundlegend verändert hätte. Dies ist ihr nicht einmal in Frankreich selbst, etwa während der Revolution, gelungen. Schon 1794 setzte die Revision der rechtlichen, verfassungsrechtlichen und anderer Grundlagen des bis dahin revolutionären Frankreich ein, die Unterschiede zwischen Deutschland und Frankreich hinsichtlich der erreichten grundrechtlichen Standards verringerten sich erheblich. Die Forschung zu den Grund- und Menschenrechten im 19. Jh. präsentiert sich im Vergleich zur Frühneuzeitforschung unterentwickelt, aber wenn es gestattet ist, die einschlägigen Abschnitte des 1. Kapitels dieser Arbeit als Beitrag wenigstens zur Geistesgeschichte der Grundrechte im 19. Jh. zu werten, dann wäre dies ein Beleg für die These von der Verringerung der Unterschiede zwischen den beiden Ländern um 1800. Vergleicht man die europäische Öffentlichkeit und ihre Einflußmöglichkeiten heute (im Jahr 1996) - von der Weltöffentlichkeit hier einmal ganz zu schweigen mit ihrem Entwicklungsstand von 1789 und denkt man gleichzeitig an die immensen Schwierigkeiten, die z.B. die Vereinheitlichung des Rechts (auch der Grundrechtestandards!) in Europa heutzutage weiterhin bereitet, so wird im Rückblick auf die frühe Neuzeit noch einmal klar, wie berechtigt und sogar notwendig es für diese Studie gewesen war, sich von der Wirkmächtigkeit des Lokalitäts- und Regionalprinzips sowie soziogeographischer Divergenzen und kollektiver statt individueller Wahrnehmung und Einforderung von Rechten nicht abhalten zu lassen, von Grundrechten in dieser Epoche zu sprechen.19 Die grundrechtliche Bedeutung beispielsweise der Vorstellung vom Eigenrecht der Gemeinden ist in der Industrie- bzw. Dienstleistungsgesellschaft des ausgehenden 20. Jh. hinfällig geworden, in der ständischen Gesell" Es sei daran erinnert, daß erst der Sturm auf die Bastille und die antifeudalen Aufstünde im Kontext der Grande Peur die Abfassung einer Deklaration nach der ersten Diskussionswelle zu Beginn der Revolution wieder zur ersten Priorität der Nationalversammlung werden ließen. 19 Die Debatte Ober Öffentlichkeit im Ancien Régime soll nicht referiert werden. Anregend im Zusammenhang mit der Modernisierungsproblematik: Würgler, Andreas, Das Modemisierungspotential (1995), sowie vom selben Autor ausführlicher: Unruhen und Öffentlichkeit, 1995.
456
Schluß
schaft des 17. und 18. Jh. war sie hingegen unverzichtbar. Das von Peter Blickle für das Spätmittelalter und die frühe Neuzeit entwickelte und von anderen inzwischen aufgegriffene Interpretament des Kommunalismus20 könnte geeignet sein, um den für die frühe Neuzeit eigentümlichen dichten Zusammenhang zwischen politisch-sozialer Verfassung der Zeit und der grundrechtlichen, mehr kollektivistischen, statt individualistischen Vorstellung vom Eigenrecht herauszustellen.21 Der sich zur Zeit nicht nur in Deutschland ausbreitende Skeptizismus gegenüber dem Individualprinzip, der sich aus einer vorgeblichen Überreizung dieses Prinzips herleitet, knüpft oft unbewußt an die kollektivistisch geprägten Varianten frühneuzeitlicher Grundrechtsvorstellungen an. Dem Reiz, von einer .ewigen Wiederkehr' bestimmter Probleme und Fragestellungen zu sprechen, ist zu widerstehen, aber ebenso ist den bequemen Verkürzungen bei der Definition von Grund- und Menschenrechten, die schon oben in der Einleitung kritisiert worden waren, zu entsagen. Angesichts des heute immer mehr erweiterten inhaltlichen Kanons von „Menschenrecht" fallt es nicht schwer, den fur diese Studie gewählten Arbeitsbegriff „Grundrechte" und den Begriff „Menschenrecht" miteinander in Einklang zu bringen. Die unter den heutigen Menschenrechtsbegriff subsumierten WSK-Rechte z.B. stellen eindeutig epochen- und gesellschaftsspezifische Rechte dar, deren Anspruch auf Universalität sich auf die Existenz einer Weltkultur und Weltöffentlichkeit gründet, die es beide früher so nicht gegeben hat. Der Menschenrechtsbegriff, so wie er heute eingesetzt wird, bezieht sich folglich keineswegs nur auf den Gedanken der vorstaatlich und vor-positiv - allen Menschen angeborenen Rechte, sondern auf in Zeitumständen bedingte, dort allerdings unverzichtbare Rechte. Das entspricht meinem Arbeitsbegriff Grundrechte. Zu erinnern ist aber erneut an die im Zusammenhang mit der Begriffsgeschichte von Menschenrecht herausgestellten substanzialen Kontinuitäten im Rechtsverständnis, zu dem viele der 1789 formulierten Grundrechte bereits zählten. Die wirkliche Bedeutung der Deklaration liegt nicht in der Begründung von Menschenrechten, sondern in der auf das 19. und 20. Jh. hin gerichteten Bewußtseins-Dimension, deren Entfaltung im übrigen jene dichte transnationale Öffentlichkeit und Kommunikationsstruktur, wie sie Ende des 18. Jh. herrschte, voraussetzte und wie sie in früheren Jahrhunderten in der notwendigen Komplexität, trotz der berechtigten Rede von einer europäischen Öffentlichkeit schon hinsichtlich des 16. Jh., nicht gegeben gewesen war.
20
21
Vgl. u.a. von Blickle, Peter, Kommunalismus, Parlamentarismus, Republikanismus (1986); der Band: Blickle, Peter (Hg.), Landgemeinde und Stadtgemeinde in Mitteleuropa, 1991, steht ganz im Zeichen der Kommunalismus-Diskussion. Zur Wirkung und Fortführung dieser Diskussion vgl. Schmale, Wolfgang, Neuere Forschungen zur Verwaltungsgeschichte der Landgemeinden (1992), hier S. 346-352. Vgl. jetzt P. Blickles Kolloquiumsband „Theorien kommunaler Ordnung in Europa", Kolloquium des Historischen Kollegs (9.-11. Mai 1994), München 1996. Ein wichtiger neuer Diskussionsbeitrag liegt vor mit der Studie von Helmut Gabel, Widerstand und Kooperation, 1995, hier besonders Kap. 5; direkt zu Blickle und der Frage des .Individualismus' s. dort S. 345, Anm. 36.
Grundrechtekonjunktur und globale Krise
457
Die betont begriffs- und bewußtseinsgeschichtliche Bedeutungszuweisung an die Erklärung von 1789 weicht von den üblichen Interpretationen ab, deren Vertreter sich vorzüglich über den rechtlichen Gehalt des Dokuments gebeugt hatten. Im Kontext der französischen Entwicklung seit dem 16. Jh. schmelzen die tatsächlichen rechtlichen Innovationen eher auf ein Weniges zusammen, von den Mythenbildungen der Prärevolution und der Revolution selbst, in denen der französische Staat des Ancien Régime das Gesicht eines Unrechtsstaats erhielt22, braucht sich die heutige Forschung nicht mehr umspinnen zu lassen. Die Deklaration war von einer allgemeinen politischen Gleichberechtigung und einem für Frauen und Männer gleichem Recht weit entfernt, selbst wenn die polemisch zugespitzte Übersetzung von „droits de l'homme" als Männerrechte unzutreffend ist.23 Hinsichtlich des Frauenrechts stellt sich die Frage, ob die Revolution nicht insgesamt einen Rückschritt darstellte. Konzentriert man sich auf einen Ausschnitt aus der Frauenrechtsfrage, nämlich auf das Scheidungsrecht, dann kann dieses ephemer gewährte Recht nicht darüber hinwegtäuschen, daß das Scheidungsrecht z.B. in den deutschen protestantischen Territorien wesentlich besser und dauerhafter entwickelt war als in Frankreich.24 Auch bei den politischen Rechten bedeutete die Revolution einen Rückschritt. Waren diese schon im Ancien Régime äußerst schwach ausgebildet, so verloren jetzt auch die Frauen, die zumindest auf kommunaler Ebene politische Rechte besaßen, nämlich die haushaltführenden Witwen, ihre Mitbestimmungsrechte.25 Aber die Exegese der Deklaration und ihrer Defizite soll hier nicht das drängendste Problem sein. Die angebotene Bewertung will lediglich verdeutlichen, daß die Deklaration nicht der Scheidepunkt zwischen einem grund- bzw. menschenrechtslosen Europa des Ancien Régime und dem Heraufzug eines Zeitalters der Grund- und Menschenrechte ist. Dies hieße, das frühneuzeitliche Europa gründlich mißverstehen. Die Erarbeitung der Grundrechtekonjunkturen dürfte gezeigt haben, daß der frühen Neuzeit keineswegs nur die Idee von Grund- und Menschenrechten vertraut war, sondern daß tiefschürfende und mehrgestaltige Prozesse ihrer Realisierung vom 22
21
Zum EinfluB der prärevolutionären Mythenbildungen (Bastille-Mythos etc.) auf die Menschenrechtserklärung von 1789 s. Schmale, Rechtskultur im Frankreich des Ancien Régime, op. cit., hier S. 513-321. Dale Van Kley hat jüngst noch einmal einen Sammelband zur Interpretation der Déclaration von 1789 publiziert (The French Idea of Freedom, 1994), in dem auch diese Frage ausführlich diskutiert wird.
24
Zum protestantischen Scheidungsrecht und seiner Entwicklung vom 16. zum 18. Jh. s. immer noch Eiert, Werner, Morphologie des Luthertums, Band 2,1965, S. 106-114.
25
Der auf den deutschen Raum bezogene Versuch von Böhme, Heinz-Jürgen, Politische Rechte des einzelnen, 1993, z.B. von den „politischen Rechten der Hausmutter" (S. 23-32) zu sprechen, erscheint mir vorläufig noch nicht aberzeugend. Böhme definiert sehr rudimentär politische Rechte als „Mitwirkung des einzelnen an Entscheidungsprozessen im Staat" (S. 11), aber seine Arbeit konzentriert sich in weiten Teilen auf das Verhältnis von Mann und Frau in Ehe und Haus. Meine Kritik richtet sich nicht gegen das Bestreben als solches, einen den Verhältnissen der frühen Neuzeit und des frühen 19. Jh. angemessenen Begriff von „politischen Rechten des einzelnen" zu finden, sondern gegen die Ausführung, die eine umfassende Auseinandersetzung mit Gesellschaft und Politik der Zeit vermissen läßt, die einer adäquaten Definition vorausgehen sollte. Für die frühe Neuzeit ist eben mehr zu beachten als das berühmte (und oft mißverstandene) Konzept vom „ganzen Haus". Selbst bei der gewollten Beschränkung des Autors auf naturrechtliche Schriften wäre dieser weiter ausgreifende Schritt unerläßlich gewesen.
458
Schluß
Greifenhainer Häussler Christoph Voigt bis zu den Vordenkern der französischen Menschenrechtserklärung wie Sieyès zu gewärtigen sind. „Grundrechtekonjunktur" erscheint mir geeignet, ähnlich wie z.B. „Modernisierung", als grundlegendes Interpretament der europäischen Geschichte in der frühen Neuzeit zu dienen.
Dokumentation 1. Verzeichnisse 1.1. Verzeichnis der allgemeinen Abkürzungen ADC ALR ApG AT BM BN GG
= = = = = = =
GH HPSG
= =
lad. led. lesd. NT RHR RKG STAD STALP WSK
= = = = = = = = =
Archives départementales de la Côte d'Or (Dijon) Allgemeines Landrecht Appellationsgericht Qresden Altes Testament Bibliothèque municipale Bibliothèque Nationale (Paris) Geschichtliche Grundbegriffe: historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, hg. von Otto Brunner, Vemer Conze, Reinhart Koselleck Grundherrschaft Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich 1680- 1820, hg. von Rolf Reichardt und Hans-Jürgen Lilsebrink ladite ledit lesdits/lesdites Neues Testament Reichshofrat Reichskammergericht Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden Staatsarchiv Leipzig Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
1.2. Liste der Grafiken, Übersichten und Tabellen 1.2.1. Grafiken Nr. 1 2 3 4
Titel Fonds Saverot/Verteilung der Prozesse nach Jahrzehnten Vergleich Prozesse am Parlament Dijon/im Fonds Saverot/ mit Grundrechtsbezug Fonds Saverot/Anteil ausgewählter Konfliktkategorien Gesamtauswertimg 1671-1700/1751-1789 Fonds Saverot/Anteil ausgewählter Konfliktkategorien
Seite 127 129 131
46'
5 6 7 8 9 10
11 12
13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37
Dokumentation Stichjahre 1705-1750/1755-1789 Fonds Saverot/Verteilung der dokumentierten Prozesse nach Konfliktkategorien/Bereich Gesamtauswertung Fonds Saverot/Verteilung der dokumentierten Prozesse nach Konfliktkategorien/Bereich Stichjahre Fonds Saverot/Anteil ausgewählter Konfliktkategorien in % alternierend Bereich Gesamtauswertung/Stichjahre Fonds Saverot/Anteil der Konfliktkategorien mit grundrechtlicher Argumentation in %/Bereich Gesamtauswertung Fonds Saverot/Anteil der Konfliktkategorien mit grundrechtlicher Argumentation in %/Bereich Stichjahre Fonds Saverot/Gesamtprozeßzahl und Zahl der Prozesse mit grundrechtlichen Argumenten: absolute Zahlen (Bereiche Gesamtauswertung und Stichjahre kombiniert) Fonds Saverot/Prozesse mit grundrechtlichen Argumenten in % in Stichjahren und Mittelwerte Fonds Saverot/Prozesse mit grundrechtlichen Argumenten in % (Bereiche Gesamtauswertung und Stichjahre kombiniert) und Mittelwert Fonds Saverot/Prozesse mit grundrechtlichen Argumenten in % in Stichjahren Seigneurie St. Julien-Brognon/Dichte der Konflikte mit dem Seigneur im 17. und 18. Jh. Seigneurie St. Julien-Brognon/Verteilung der Konflikte auf Kategorien Seigneurie St. Julien-Brognon/Verhältnis von
132
Individual- und Kollektivkonflikten Comté Charny/Konfliktdichte: Gesamt und differenziert nach Individual- und Kollektivkonflikten Comté Charny/Konfliktdichte 16.-18. Jh. Comté Charny/Verteilung der Konfliktkategorien Comté Charny/Entwicklung der Konfliktkategorien Persönliche Freiheit und Herrschaft Comté Chamy/Individualisierung im Spiegel der Konflikte Comté Charny/Konflikte gesamt in ausgewählten Orten; 16., 17. und 18. Jh. Comté Charny/V erteilung der Konfliktkategorien in Fleurey Comté Charny/Verteilung der Konfliktkategorien in Noidan Comté Charny/V erteilung der Konfliktkategorien in Amay-le-Duc Comté Charny/V erteilung der Konfliktkategorien in Pouilly Konfliktprofile Seigneurien Agey, Thenissey, Darcey Amt Leipzig/Konfliktprofil an Hand ausgewählter Bereiche Amt Borna/Konfliktprofil an Hand ausgewählter Bereiche Amt Grimma/Konfliktprofil an Hand ausgewählter Bereiche Amt Leipzig/Konflikte zwischen Untertanen und Grundherren Amt Leipzig/Konfliktkategorien in Auswahl Prozesse um das Gerichtswesen als Dritte Partei in Kursachsen Amt Leipzig/Konfliktdichte Grundherrschaften Amt Borna/Konfliktdichte Grundherrschaften Amt Grimma/Konfliktdichte Grundherrschaften Amt Leipzig/Verhältnis individueller und kollektiver Prozesse in Grundherrschaften
147
133 134 135 136 137
138 139
140 141 144 146
149 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 165 166 168 169 170 172 173 174 175 176
2. Archivalische Quellen 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57
Amt Grimma/Verhältnis individueller und kollektiver Prozesse in Grundherrschaften Amt Borna/Verhältnis individueller und kollektiver Prozesse in Grundherrschaften Fonds Kursachsen/Anteil Prozesse mit grundrechtlichen Argumenten Fonds Saverot/Anteil Prozesse mit grundrechtlichen Argumenten im Bereich Seigneurialrecht Amt Leipzig/Konfliktkategorien Grundherrschaften Amt Borna/Konfliktkategorien Grundherrschaften Amt Grimma/Konfliktkategorien Grundherrschaften Comté Chamy/Noidan: Umgang mit der mainmorte Gründung von Poststellen in Burgund Sachsen/Grundrechtliche Vorstellungen Volk Sachsen/Grundrechtliche Vorstellungen Volk in % Sachsen/Grundrechtliche Vorstellungen Volk Kategorien pro Konflikt Sachsen/ Grundrechtliche Vorstellungen Volk Profil Greifenhain Sachsen/Grundrechtliche Vorstellungen Volk Profil Göbschelwitz Sachsen/Grundrechtliche Vorstellungen Volk, Anteil in % je bei Individuen und Kollektiven Sachsen/Grundrechtliche Vorstellungen Volk, nur Individuen Sachsen/Grundrechtliche Vorstellungen Volk, Eigenrecht (nur bei Individuen) Sachsen/Grundrechtliche Vorstellungen Volk, Gott (nur bei Individuen) Sachsen/Grundrechtliche Vorstellungen Volk, nur Kollektive Fonds Saverot/Detailansicht der Bewertungskategorien
461
177 178 181 182 184 186 187 244 359 368 369 372 375 376 377 378 379 380 380 425
1.2.2. Übersichten Nr. 1 2 3 4 5 6 7
Titel Die Rechtsarchäologie nach von Amira und von Schwerin Kategorien Fonds Saverot; Abkürzungen Konfliktkategorien Grundherrschaften; Abkürzungen Epochenübersicht der Vorstellungskategorien in Kursachsen Hierarchie der Vorstellungskategorien nach epochenspezifischer Häufigkeit in Kursachsen Kategorien grundrechtlichen Argumentierens von Rechtsanwälten Der „Grundrechtekatalog" der Dijoner Anwälte im 18. Jh.
Seite 109 123 145 373 373 413 431
1.2.3. Tabellen Nr. 1 2 3
Titel ProzeBaufkommen nach Fonds Saverot im Verhältnis zum Parlament Dijon Ortschaften und Steuerzahler in der Seigneurie Saint-Julien und Brognon Bevölkerung im Comté Charny im 17. und 18. Jh.
Seite 128 144 150
462 4 5 6 7 8 9
Dokumentation
Höchste grundrechtliche Argumentationskategorien der kursächsischen Untertanenanwälte Durchschnittliche Bewertungszahlen der grundrechtlichen Argumente der burgundischen Rechtsanwälte Durchschnittliche Bewertungszahlen in ausgewählten Rechtsbereichen (Anwälte Burgund) Häufigkeit von Bewertungszahlen 1751 -1790 in Burgund Verwendung der Kategorien I-V in Burgund Verwendung der Kategorien I-V in Burgund, Detailansicht
421 423 423 424 424 424
2. Archivalische Quellen 2.1. BM Dijon Fonds Saverot N° 16,91 Bände (17.-19. Jh.)
2.2. Archives départementales de la Côte d'Or 2.2.1. Parlament Dijon
2.2.1.1. Chambre de la Tournelle: arrêts définitifs criminels B246-19 (1700); B246-20 (1710); B246-22 (1720); B246-24 (1730); B246-28 (1740); B246-30 (1750); B246-33 (1760); B246-36 (1770); B246-39 (1780); B 2 46^2 (1789).
2.2.1.2. Grand Chambre, arrêts définitifs B. 12357, 12358 (1700); B. 12372 (1710); B. 12388, 12389 (1720); B. 12412, 12413 (1730); B. 12437, 12438, 12439, 12440 (1740); B. 12467, 12468, 12469 (1750); B. 12494, 12495, 12496 (1760); B. 12527, 12528, 12529, 12530, 12531 (1770); B. 12572, 12573 (1780); B. 12589, 12590(1789).
2.2.1.3. Korrespondenz und Remonstranzen des Parlaments Β. 12073; C. 3482; C. 3349; C. 3350 (s. États de Bourgogne).
2.2.1.4. Literatur Garreta, Jean-Claude, Les Archives du Parlement de Dijon. Etudes des sources, in: Mémoires de la Société pour l'Histoire du Droit et des Institutions des anciens pays bourguignons, comtois et romands, Dijon, Université de Dijon, Bd. 23, 1962, 203-244.
2. Archivalische Quellen
463
2.2.2. États de Bourgogne 2.2.2.1. Korrespondenz der Elus C. 3357 (1784-1786) (Gesamtdurchsicht der Korrespondenz von 1549-1790, C. 3351-3359, sowie Stichproben in den zur Korrespondenz parallelen Aktenserien, C. 3061-3243, C. 3503-3518, C. 3519-3526). 2.2.2.2. Aktensammlungen
des
Ständearchivs
C. 3340 (Jurisprudence de la Province, 1460-1749) C. 3341 (Jurisprudence de la Province, 1755-1790) C. 3349 (Conflits de juridiction, 1679-1765) C. 3350 (Conflits de juridiction, 1768-1787). 2.2.2.3. Literatur Garnier, Joseph, Archives départementales de la Côte d'Or, Série C, Inventaire sommaire: Introduction aux tomes ΙΠ et IV (fonds des États du duché de Bourgogne) Dijon 1959. 2.2.3. Comté Chamy 2.2.3.1. Fonds de Charny 15F1 bis 15F41. Es wurden sämtliche Aktenbände des Fonds ausgewertet. Der Fonds umfaßt das ehemalige Archiv der Grafschaft Chamy seit dem 15. Jh. neben einigen noch älteren Stücken; der Bestand ist ungeordnet. 2.2.3.2. Serie C, Akten der burgundischen
Intendantur
Einzelne Ortschaften des Comté de Charny betreffend: C. 632 (Arnay-le-Duc), C. (Marcilly, Collonge), C. 1652 (Fleurey und Moulin, Mont-St.-Jean, Ormancey), C. (Mont-St.-Jean), C. 1683 (Charny), C. 1705 (Noidan), C. 1709 (Thörey), C. (Bellenot), C. 1816 (Pouilly). Archiv der burgundischen Stände, visite des feux: C. 4739 (1624), C. 4761 (1658), C. (1673). 2.2.3.3. Serie E
1650 1653 1801 4763
(Kommunalarchive):
E dépôt 153 (Nr. 1: Charny, délibérations 1793 ff.; Nr. 41: Charny, reconnaissance de droits seigneuriaux, 1725); E dépôt 380/1-2 (Marcilly, Ogny: Abschrift von Dekreten der Nationalversammlung; Versammlungsprotokolle). 2.2.3.4.
Gerichtswesen
B2415/l-35 (Arnay-le-Duc); B2416/l-24 (Arnay-le-Duc); B2417/l-12 (Charny, Mont-St.Jean); B2418/1-6 (Charny, Mont-St.-Jean); B2419/l-14 (Pouilly); B J 420/l-4 (Pouilly);
464
Dokumentation
Einzelstücke, die Grafschaft betreffend, finden sich auch in verschiedenen Bänden der Serie B2, supplément.
2.2.3.5. Cahiers de doléances B2226/2 (Nr. 106): Thorey-sous-Charny (auch abgedruckt bei: Robin, Régine, La société française en 1789: Semur-en-Auxois, Paris 1970, S. 369-378). B 2 242/l: Nr. 10-13: Bellenot; Nr. 88/89: Pouilly-en-Auxois; Mineure, Thoreille-les-Amay, Solonge; Créancey, La Lochère, Beaulme, Panthier. B 2 254/l: Nr. 19/20: Chamy und Villeneuve; Nr. 29/30: Marcilly; Nr. 33/34: Missery; Nr. 38/39: Mont-St.-Jean; Nr. 45/46: Noidan; Nr. 47/48: Ogny; Nr. 89/90: Villiers. 2.2.4. Baronnie St.-Julien und Brognon
2.2.4.1. Fonds du Parc, 44F Der Fonds du Parc vereinigt die Archive der Familien Pérard, Charpy de Jugny und du Parc; der größere Teil bezieht sich auf Familienangelegenheiten, ein kleinerer Teil enthält das Archiv der beiden, zu Zeiten getrennten, Seigneurien St.-Julien und Brognon (s. Vignier, Françoise, Répertoire numérique de la série F, 44 F, Fonds du Parc, Dijon, AD Côte d'Or, 1977, introduction). Verwendung fanden folgende (in sich ungeordnete) Aktenkonvolute: 44F846; 44F879; 44F880; 44F881; 44F882; 44F883; 44F889; 44F891; 44F892; 44F893; 44F894; 44F895; 44F896; 44F897; 44F898; 44F900; 44F901; 44F902; 44F925; 44F926; 44F966; 44F972; 44F976; 44F980; 44F981; 44F998; 44F999; 44F1012; 44F1013; 44F1020; 44F1022; 44F1085.
2.2.4.2. Serie C (Akten der Intendantur) C. 1282, 1283 (St.-Julien); C. 493 (Clénay); C. 478 (Brétigny); C. 1232, 1233 (Brognon).
2.2.4.3. Serie E und E dépôt (.Kommunalarchivej E. 1465, E. 1466, E. 1467 (terrier); E. 2987 (Brétigny); E. 3024 (Clénay und St.-Julien). E dépôt 110 (Brétigny); E dépôt 114/61 (Brognon); E dépôt 558/62 (cahier de doléances St.-Julien). 2.2.5. Verschiedene Fonds der Serie F
2.2.5.1. 7F, Fonds de Chaventenay Für statistische Zwecke wurden daraus verwendet: Seigneurie d'Agey, 7F16, 7F21-34, 7F36, 7F40, 7F41-44 Barbirey-sur-Ouche, Jaugey, Vaux, 7F110, 7F114-122 Gissey-sur-Ouche, 7F125, 7F128, 7F133-142 Saint-Victor-sur-Ouche, Marigny, Auvillars, 7F157-159, 7F162-173, 7F175.
2. Archivalische Quellen
465
2.2.5.2. 35F, Fonds de Thenissey Für statistische Zwecke wurden daraus verwendet: Domaine de Darcey, 35F67-87, 35F92-108 Thenissey, 35F129, 35F140-150, 35F152-154, 35F157-178, 35F187-188, 35F190-191, 35F199,35F205,35F226 2.2.6. Serie C (Akten der Intendantur, Verschiedenes) C. 677 (12.5.1773, mainmorte, consultation) C. 804, 805, 806 (Perrigny-sur-l'Ognon) C. 1178 (Chanceaux) C. 1346 (Courcelles sous Grignon, mainmorte) C. 1656 (1784-1788; Vorschläge des Subdelegierten von Saulieu an den Intendanten über die Beendigung der mainmorte in Ogny und la Croix). 2.2.7. Kommunalarchive, Liste durchgesehener Versammlungsprotokolle 2.2.7.1. Serie E E. 2926 (Aignay); E. 2983 (Brain); E. 3009 (Chatillon-sur-Seine); E. 3144 (Lux); E. 3310 (Urcy) 2.2.7.2. Serie E dépôt [=Ed.J Ed. 2/1 (L'Abergement-lès-Auxonne); Ed. 31/1 (Athée); Ed. 46/2-4 (Baigneux-les-Juifs); Ed. 61/1 (Belan-sur-Ouche); Ed. 96/3 (Bouix); Ed. 97/2 (Bourberain); Ed. 144/1 (Champdôtre); Ed. 187/3 (Cléty); Ed. 190/1-2 (Collonges-lès-Premières); Ed. 198/2 (Courcelles-les-Monts); Ed. 277/1-2 (Flammerans); Ed. 377/3-6 (La Marche s/Saône); Ed. 397/5-7 (Maxilly-sur-Saône); Ed. 427/1 (Monthélie); Ed. 482/2 (Perrigny-sur-l'Ognon); Ed. 522/1-3 (Renève). 2.2.8. Serie E, Verschiedenes E. 364 t e r (consultation de l'avocat Ranfer sur le droit de formariage à Montigny-lèsMontfort, 4.3.1756).
2.3. Staatsarchiv
Leipzig
Nicht aufgeführt werden die nur für statistische Zwecke herangezogenen Akten. 2.3.1. Amt Leipzig (in numerischer Reihenfolge): 287 (Borna, Amtmann gegen Rat); 292 (Gemeinden Seegeritz, Seehausen, Göbschelwitz); 299 (Gemeinde Göbschelwitz); 300 (Gemeinde Göbschelwitz); 325, 326, 327 (Gemeinde Göbschelwitz); 350 (Gemeinden Seehausen und Göbschelwitz); 393 (Gemeinde Cradefeld);
Dokumentation
466
397 (Gemeinde Cröbem); 457 (Gemeinde Großzschocher); 471 (Gemeinde Portitz); 551 (Gemeinde Altranstädt); 594 (Gemeinde Cradefeld); 734/1 (Gemeinden Leulitz und Altenbach); 745, 746 (Gemeinde Abtnaundorf); 859 (Gemeinde Groß- und Kleinstadeln); 949 (Gemeinde Oelzschau); 1032, 1033, 1034 (Gemeinde Althen); 1129 (Johann Heinrich Schatter, Borna); 1188 (Maria Sperling, Zweinaundorf); 1194 (Gemeinden Seegeritz, Seehausen, Göbschelwitz); 1272 (Gemeinde Haubitz); 1390, 1391 (Gemeinde Mockau); 1507, 1508 (Gemeinde Lößnig); 1628 (Schultheiß und Rat von Schönewerda); 1740 (Gemeinde Wachau); 1794 (Familie Wenzel, Leipzig); 2113 (Gemeinde Schönefeld); 2306 (einbezirkte Amtssassen und Gerichte); 2318 (Johann Berg u.a., Oelzschau); 3548 (Carl Jobst Bose); 6084 (Untertanen zu Dewitz). 2.3.2. Amt Grimma (in numerischer Reihenfolge): 146 (Gemeinde Niedergrauschwitz); 537, 538 (Amtsdorf Neunitz); 655 (Gemeinde Bortewitz); 983 (Gemeinde Würschwitz, Zaschwitz u.a.); 1007, 1008 (Gemeinde Seifertshain); 1076 (Gemeinde Großbardan); 1103 (Gemeinde Seifertshain); 1130 (Gemeinde Pomßen); 1220 (Gemeinde Seifertshain); 1223 (Gemeinde Pomßen); 1325 (Gemeinde Seifertshain). 2.3.3. Grundherrschaft Frohburg (in numerischer Reihenfolge): 192 (Gerichtsprotokoll Frohburg, uneheliche Schwangerschaft); 372 (Anna Sybille Händel u.a. gegen Gericht Frohburg); 403/1 (verschiedene Bürger aus Frohburg); 425, 426 (Viertelsmeister zu Frohburg und Gemeinde Greifenhain); 504 (Gemeinde Greifenhain); 505 (Christoph Voigt, Greifenhain); 507 (Gemeinde Greifenhain); 510 (Gemeinde Greifenhain); 521 (Gemeinde Greifenhain); 524 (Gemeinde Greifenhain); 554 (Familie Arnold, Greifenhain). 2.3.4. Grundherrschaft Gnandstein 14 (Andreas Heinicke); 316 (Gemeinde Elbisbach).
2.4. Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden 2.4.1. Appellationsgericht Dresden
2.4.1.1. Prozesse (in numerischer Reihenfolge): 1407 (Hans Besser); 3564, 3565 (Gerichtsschöppen zu Herold); 3605 (Untertanen zu Schönbom u.a.); 3739, 3740 (Christoph Steiger, Gemeinde Franckenstein); 5098 (Gemeinde Braunsdorf); 6635 (Gemeinde Schwarznaußlitz); 7301 (Gemeinde Lichtenberg); 7653 (Gerichtsbarkeitsrecht); 7656, 7657 (Richter und Schöppen zu Plösen); 7800 (Untertanen von Böhlen); 9441 (Gemeinde Wenigossa); 9395 (Erbrichtersache); 9400 („kostbare Mahlzeiten"); 9442 (Gemeinde Dittmannsdorf); 13110 (Gemeinde Crölpa); 13621 (Gemeinde Frankenhausen).
2. Archivalische Quellen
467
2.4.1.2. Verfassungsakten des ApG 13907 (Gutachten zu bestehenden und neuen Gesetzen, 1734-1780); 13913 (Entwurf zu einer neuen Gerichts- und Prozeßordnung); 13917 (zur Abfassung eines neuen vollständigen Gesetzbuches); 13919/13919a (Entwurf einer neuen Gerichtsordnung, vol. I: 1785; vol. II: 1803); 13920/13921 (Entwurf einer neuen Gerichtsordnung, vol. I: 17851789; vol. II: 1785-1789); 13924 (verschiedene Akten zu bestehenden und neuen Gesetzen, 1788-1829); 13926/13927 (zu Rechtsstreitigkeiten zwischen Untertanen und Gerichten, 1790-1826); 13952 (Beschwerden über grundherrschaftliche Gerichte, 1748-1834); 13996 (Fehlverhalten von Prozeßparteien; unbegründete Beschwerden, 1747-1815). 2.4.2. Sächsische Landstände Sächsische Landstände, Gruppe A, Nr. 27 (Ausschußtag 1653) Sächsische Landstände, Gruppe A, Nr. 30 (Landtag 1661) Sächsische Landstände, Gruppe A, Nr. 31 (Ausschußtag 1661) Sächsische Landstände, Gruppe H, Nr. 71 (1660-1697) Sächsische Landstände, Gruppe H, Nr. 132 (1604). 2.4.3. Geheimer Rat
2.4.3.1. Landtagssachen Landtagssachen, Landtagssachen, 17. Jh.) Landtagssachen, Landtagssachen,
Locat 8889, Nr. 225 (Akten zum Landtag 1718) Locat 9378 (Gravamina der Stände zu verschiedenen Landtagen des Locat 9378 (Gravamina der Scharfrichter, Landtag 1670) Locat 9403 (Akten zum Landtag 1716).
2.4.3.2. Justiz- und Malefizsachen Justizsachen, Locat 8890, Nr. 235; 234 (Reform des Strafprozesses 1711-1722) Malefizsachen, Locat 9718 (Justizreform 1641-1671).
3. Gedruckte Quellen
(zeitgenössische Ausgaben, Reprints, Quelleneditionen) ACOLLAS, Emile (Hg.), La déclaration des droits de l'homme de 1793, commentée, Paris: Maresq, 1885 Acta concilii Constantiensis, hg. von Heinrich Finke, Hermann Heimpel, Johannes Hollnsteiner, 4 Bände, Münster 1896-1928 Acta Pacis Westphalicae, Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 1: 1643-1644, bearb. von Wilhelm Engels und Elfriede Merla, Münster 1969 (Acta Pacis Westphalicae, Serie II, Abt. Α., Band 1)
468
Dokumentation
Acta Pacis Westphalicae, Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645-1646, bearb. von Karsten Ruppert, Münster 1985 (Acta Pacis Westphalicae, Serie II, Abt. Α., Band 3) Acta Pacis Westphalicae, Protokolle, Band 1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1 : 1645-1647, bearbeitet von Winfried Becker, Münster 1975 (Acta Pacis Westphalicae, Serie ΙΠ, Abt. Α., Band 1) Acta Pacis Westphalicae, Protokolle, Band 4: Die Beratungen der katholischen Stände, 1 : 1645-1647, bearbeitet von Fritz Wolff unter Mitw. v. Hildburg Schmidt-von Essen, Münster 1970 (Acta Pacis Westphalicae, Serie III, Abt. Α., Band 4) Acta Pacis Westphalicae, Protokolle, Band 6: Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück 1645-1649, bearb. von Günter Buchstab, Münster 1981 (Acta Pacis Westphalicae, Serie ΙΠ, Abt. Α., Band 6) Adelung Johann Christoph, Versuch einer Geschichte der Kultur des menschlichen Geschlechts (1782), Leipzig, 2. Aufl., 1800; Reprint Königstein 1979 Aegidius Romanus, De regimine principum libri III. Recogniti... per fr. Hieronymum Samaritanum, Rom 1607, Reprint Aalen 1967 Ahrens, Heinrich, „Menschenrechte", in: Bluntschli, Johann Caspar/Brater, Karl (Hg.), Deutsches Staatswörterbuch, Band 6, Stuttgart, Leipzig: o.V., 1861, S. 601-607 Althusius, Johannes, Politica methodice digesta atque exemplis sacris & profanis illustrata..., (1603), Aalen, Reprint der 3. Aufl. Herbom 1614, 1961 [Anonym], [Forts, von Adelung], „Neunter Abschnitt, Ideenwanderung über Freiheit und Rechte der Menschheit" (1800) = Anhang zu: Johann Christoph Adelung, Versuch einer Geschichte der Kultur des menschlichen Geschlechts (1782), Leipzig 1800 [Anonym], Déclaration des droits de l'homme et du citoyen, avec commentaires, Strasbourg 1833 Augustinus, Sancti Aurelii Augustini De Civitate Dei, Tumhout 2 Bände, 1955 (Corpus Christianorum, Series Latina 47-48: Aurelii Augustini Opera, Pars XIV, 1 - XIV,2) Auteroche, [Gustave-Abel-] Ernest-Simon, Droit romain: le sénatus-consulte macédonien. Droit français: la liberté de culte, Paris, Diss., 1889 (Diss. Fac. Droit Paris) Ayrault [le Lieutenant], De l'Ordre et Instruction Iudiciaire, dont les Anciens Grecs & Romains ont usé en accusations publiques. Conféré à l'usage de nostre France. Et si on peult condamner ou absoudre sans forme ne figure de procès, Paris 1576 Azo, Azonis Summa Aurea, hg. von Gicolamo Giganti, Lyon 1557; Reprint Frankfurt 1968 BAECQUE, Antoine de/Schmale, Wolfgang/Vovelle, Michel, L'an I des droits de l'homme, Paris 1988 [Barnaud, Nicolas], Le Réveille-Matin des Français et de leurs voisins, composé par Eusèbe Philadelphe Cosmopolite, en forme de Dialogues, Basel 1573; Edinburgh 1574; Reprint 1977 Bartolus, Bartoli a Saxoferrato in primam ff. veteris partem commentarla..., Augustae Taurinorum 1574 Bartolus, Bartoli a Saxoferrato in secundam dig. vet. partem commentarla..., Augustae Taurinorum 1574 Bartolus, s. auch: Quaglioni (Hg.) Belloy, Pierre de, Examen du Discours publié par Ceux de la Ligue contre la maison Royale de France, & particulièrement contre la branche de Bourbon, seule reste d'icelle, sur la loy Salique & succession du Royaume, o.O. 1587 Bercé, Yves-Marie, Croquants et Nu-Pieds. Les soulèvements paysans en France du XVI e au XIX e siècle, Paris 1971 (Collection Archives) Bercé, Yves-Marie, Histoire des Croquants. Etude des soulèvements populaires au XVII e siècle dans le sud-ouest de la France, 2 Bände, Genf 1974 Bèze, Théodore de, Du droit des magistrats sur leurs sujets (1574), Reprint Saint-Julien 1968
3. Gedruckte Quellen
469
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S. Grundrechtliche Argumentation der burgundischen Rechtsanwälte
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5. Die grundrechtliche Argumentation der burgundischen Rechtsanwälte auf der Grundlage des Fonds Saverot Nach Sachgebieten in alphabetischer Reihenfolge (Abkürzungen s. Übersicht 2) Kot Ad
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Text eine Gemeinde: ces Réglemens sont faits par les Habitans, avec liberté entière, & comme maîtres absolus de pourvoir à la conservation de leurs Bois, sans consulter qui que ce soit le voeu de la Nation (erlaubt Einhegungen); il est du droit naturel d'user d'une chose, lorsqu'en le faisant, on ne cause aucun ou peu de préjudice à celui à qui elle appartient; la liberté de jouir de ses héritages liberté des chemins; droits du public le droit le plus précieux de la Couronne, est la conservation de la propriété des Citoyens, cette maxime autorise le sieur G. à défendre contre le Roi, tout ce que son Receveur réclame injustement; le Roi n'est point au dessus des regles de l'équité, il faut qu'il établisse son droit de propriété Loi sacrée de la propriété; Loi naturelle gravée dans le coeur de tous les hommes; kein effet rétroactif für ein best. Gesetz intendiert des Loix qui ont leur fondement dans l'équité naturelle, le bien public, la police générale & le bon ordre existit lex naturalis, quâ tenemur legibus positivis obsequi, et pacta servare; démontrer par les loix naturelles & divine, qu'on ne peut, sans blesser l'équité & la justice, se soustraire à l'exécution des obligations qu'on a contractées maxime de la loi naturelle; in einem Brief: être permis de s'exprimer avec une certaine liberté; durch Brief: l'union & la correspondance s'entretiennent entre toutes les Nations l'équité universelle désaprouve tous les changemens qu'on veut aporter aux contrats de mariage; ces sortes de contrats sont des Loix inviolables des familles Ehe: les majeurs sont maîtres absolus de leurs actions, wenn sie aber damit ihre Familie entehren, darf die Familie einschreiten; dies sei une Loi adoptée par tous les peuples, c'est le pur droit des gens (alles nach Grotius, de jure belli ac pacis) liberté du gouvernement et de l'administration du mari wer sich in einem anderen Land niederläßt, behält freie Verfügungsgewalt über sein Vermögen in Frankreich
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droit d'aubaine: a été tiré des principes qui ont servi à la formation du droit des gens, & qui ont été puisés dans les profondes méditations de la politique droit d'aubaine: contraire aux Loix naturelles; viole ouvertement le droit de propriété; avantages que la Nature même accorde, & qui sont communs à tous les hommes une Loy barbare qui ôteroit aux Femmes la liberté naturelle d'exciter la reconnoissance par des biens-faits Frau, die vor zweiter Ehe schwanger wird, n'a violé ni la Loi naturelle, ni la Loi positive une femme révoque (un testament); l'autorité du mari lui devient inutile, & le retour au droit commun, au droit naturel est si favorable, que la femme, quoiqu'elle soit dans la puissance absoluë de son mari, peut néanmoins effectuer le dessein qu'elle a de révoquer sa disposition, sans être soumise alors à l'autorité maritalle, & à la nécessité de lui demander son consentement la liberté de tester fur Frauen: les femmes jouissent incontestablement de ce prétieux privilège, de même que les hommes Mutter, die als tutrice ihrer Tochter eingesetzt, darf diese ohne Zustimmung weiterer Familienmitglieder verheiraten, jointe au libre choix de la fille l'humanité seule dicte ces Loix; despotisme du mari; conservation de la vie; liberté de la femme (Ehefrau) maxime dictée par la nature et recueillie dans le corps du droit positif père réclame contre la liberté dont sa fille veut user, conformément à la Loi, de prendre un époux de son droit Il est d'abord de principe que l'égalité est la base des partages, qu'elle est sur-tout recommandée dans les partages entre enfants, parce qu'il est de l'équité de rendre égaux par la fortune ceux qui le sont déjà par la naissance la Loi protège la liberté des Citoyens conforme au voeu de la nature Françoise Bullier/Lejeune, proc.: instruite par les lumieres de la simple raison, je laisserai parler la nature; elle ordonne à quiconque fait dommage à autrui, de le réparer tyrannie d'un mari; mari doit avoir pour sa femme les mêmes égards que pour lui-même aucun Particulier n'a le droit d'attenter à la liberté d'un autre Verlangen nach cassation de mariage durch die Frau wg Impotenz des Mannes: Erfolg est garanti par toutes les loix naturelles, divines & politiques principe consacré dans le Code des Nations & dans celui de nos Loix un des principes les plus sacrés en matière criminelle
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pleine liberté du mariage (Heirat des volljährigen Sohnes ohne Zustimmung des Vaters)
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mainmorte: droit odieux, contraire au Droit commun & à la liberté mainmorte: faveur de la liberté qui, dans le doute, est toujours présumée prendre un parti plus humain que la Loi; convenable à la Nation; humanité de ce Canon; impróvida nécessitas chacun dispose de son fonds comme il lui plait bannalité de pressoir: contraire au Droit commun & à la liberté naturelle principe d'humanité (gilt für rückständige Zinspflichtige in Seigneurie) Burgund: nous tenons notre allodialité de la nature; francalleu est un droit naturel & celui des gens (zit. nach Dunod) la culture des terres, si utile pour le Public chacun est libre en effet de faire ce qu'il veut des biens qu'il possède; trop diminuer la liberté des hommes »librement« renferme en soi un pouvoir illimité & indéfini; la cause de la nature & du droit est plus forte que celle de la loi du contrat; la faveur de la liberté qui veut que l'on restreigne toujours, autant qu'il est possible, les droits odieux, tels que ceux de la mainmorte motif d'humanité
cette décision de l'Ordonnance (1670) est fondée sur les droits de l'humanité, sur une Loi naturelle antérieure aux Loix positives quel code peut anéantir des principes que la nature a gravés dans le coeur de tous les hommes? Naturalia jura jus civile corrumpere non potest; contraire à la liberté du Barreau toutes les fois qu'il n'est pas prouvé aux yeux de la Loi que vous êtes coupable du crime qui vous est imputé, la Loi vous regarde comme innocent & vous absout; zu Unrecht Verurteilte: punis par la société & pour la société, c'est par elle qu'ils doivent être dédommagés Vater, der Heirat seiner Tochter zugestimmt hat, muß ihr eine Mitgift stellen: obligation de la nature; l'autorité paternelle a ses bornes, elle est soumise aux loix de la raison & de l'équité naturelle puissance paternelle fondée sur la Loi naturelle le fils de famille (nicht emanzipiert) a la liberté de disposer de son pécule (wie ein emanzipierter Sohn, aber er darf keine Schulden machen) chacun a la liberté de faire dans son fonds ce que bon lui semble il est libre à chacun de faire dans son fonds ce qui lui plaît; entspringt der liberté naturelle
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dans le doute il faut prononcer en faveur de la liberté; corvée réelle ou personnelle n'est pas moins une servitude d'une espèce odieuse, & qui attente toujours à la liberté naturelle de l'homme de travailler pour soi & quand il lui plaît de donner son travail gratis, ou de le vendre à tel prix qu'il veut la liberté de nourrir autant de moutons qu'on le jugeroit à propos; les droits de la propriété suivant le droit naturel, & même de droit civil, il est permis à chacun de faire dans son fonds tel édifice qu'il juge à propos banvin: inconciliable avec la liberté naturelle des hommes, contraire à l'intérêt public, & proscrit par les Loix & la Police générale du Royaume Diebstahl: une faute que la misere seule fait commettre le plus souvent; ne plus écouter, lors que la Loi commande, les sentimens que l'humanité leur (Juges) inspire; la disposition de cet article est directement opposée à la Constitution de la Monarchie; l'équité naturelle veut qu'il y ait une proportion entre le crime & le châtiment; l'humanité n'exige-t-elle pas que l'on adoucisse cette extrême vigueur? chacun a la liberté de faire ce qu'il juge à propos de ce qui lui appartient invoquer les principes immuables du Droit naturel; on ne doit réputer crime que ce qui est transgression à la Loi naturelle ou positive la faculté de se défendre étant de droit naturel eine Forderung répugnante au droit du sang & de la nature un effet contraire aux principes du Droit & de la Nature violer la liberté de la volonté effet de la liberté naturelle droit favorable/odieux; Jurisprudence qui genne la liberté de tester ôposée au droit commun & au droit naturel; droit des Testamens émané du droit naturel; l'homme mourant n'a rien qui le distingue par rapport à la vie naturelle & sensible de la bête mourante que la succession; der Tote ist moins qu'un atome dans l'ordre naturel Testamens ont leur source & leur institution dans l'estre naturel de l'homme droit naturel que les aînés avoient de succéder ab intestat à leurs Père & Mère Erbverzicht von Töchtern ist contre le Droit commun & naturel retrait lignager: contraire au droit commun, au commerce, & à la liberté naturelle que chacun doit avoir, de disposer de son bien comme il lui plait les conventions sont obligatoires par le droit des gens vor Abfassung des Testaments muB la liberté de réfléchir gewährleistet sein
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la Succession de ses Pere & Mere que la Loi naturelle lui défère bezUgl. Bastarde sind Erbrechtsbestimmungen des röm. Rechts abzulehnen; ihnen folgen, hieße blesser le droit naturel qui veut que la vie & les moyens de la conserver soient donnés à tous ceux qui par leur propre crime n'ont pas mérité de la perdre; in puncto Bastarde: la Coutume générale de France est en même temps plus humaine & plus conforme aux bonnes moeurs que la Jurisprudence Romaine qui blesse tout à la fois le droit naturel & l'honnêteté publique wo Coutume de B. schweigt, ist Richter auf röm. Recht verwiesen: c'est notre Loi fondamentale, ist eine source pure liberté des mariages Erbverzicht von Töchtern ist contraire au Droit naturel retrait lignager: un droit qui est du génie de la Nation; inhumanité (bezogen auf niederträchtige Motive) pour restreindre un droit général, un droit fondé sur une raison de droit naturel, il faut des principes certains le voeu de la Loi est accompli; la disposition de l'homme est à son terme, & la nature rentre dans tous ses droits la Loi laisse au citoyen la pleine & entière liberté de disposer de ses biens les citoyens tiennent de la nature & de la loi leur état, leur capacité, le précieux appanage des effets civils; la naissance les en met en possession le choix du domicile est libre, que toute personne majeure & maîtresse de ses droits, peut le prendre où bon lui semble, & qu'il dépend entièrement de sa volonté la protection du Public auquel il appartient particulièrement de secourir les foibles; ces sortes d'Etablissements qui sont de droit naturel, & d'une institution universelle, n'ont pas besoin de Lettres-Patentes pour avoir une existence légale retrait lignager: gêne la liberté du commerce; contraire à la liberté du commerce conforme à la loi de la nature & à celle des successions, sans gêner la faculté d'élire privilège contraire au droit ou à l'utilité publique; le Prince ne doit pas être présumé vouloir enlever à un des ses sujets, malgré lui, le droit qui lui est acquis; contrat fondé sur le droit des gens; le droit naturel ne peut être changé, le droit civil varie suivant le bon plaisir du Souverain droit de propriété des citoyens; atteinte à la Loi de la propriété capacité générale de faire des actes est fondée sur une Loi naturelle; Loi purement naturelle, qui n'a besoin du secours d'aucune Loi positive; tant que la raison subsistera parmi les hommes, le consentement de toutes les Nations autorisera cette maxime retrait lignager in Burgund: c'est une espèce de Loi salique
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blesser les devoirs de l'humanité; bouleverser les Loix naturelles & civiles, divines & humaines; les Loix permettent de disposer librement des biens bei Testamenten: la volonté de l'homme est elle-même la premiere de toutes les Loix ordre public; sous quelles conditions la Loi permet aux Citoyens la libre disposition de leur bien la faculté de tester, cette partie essentielle de notre droit public, ne dérive point de la nature, elle dépend uniquement du bénéfice de la Loi; les loix ne sont jamais plus parfaites que lorsqu'elles sont une imitation de la nature qui a donné pour régie & pour point de droit fondamental; contraire au droit naturel; conforme à la Loi naturelle; favoriser la liberté de disposer de ses biens la Loi toujours stable, parce qu'elle est juste, fondée sur la vérité, libre comme elle, indépendante des préjugés & de l'opinion des hommes; la Coutume est le plus ancien de tous les droits positifs ..., les peuples se la donnent librement; Coutume veille à la conservation des droits de chaque individu principes fondés sur la raison & l'équité; prétendre que l'usage doit l'emporter sur la Loi naturelle eine erbrechtl. Bestimmung des röm. Rechts: regarder comme émanée immédiatement & directement du droit naturel, qui ne permet pas à un héritier de s'enrichir au préjudice de son cohéritier c'est une des premieres regles, supérieure aux autres, commune à toutes les nations, & dont tous les hommes sentent la justice & la vérité au dedans d'eux-mêmes; ce sont ces premiers principes qui sont innés, & d'où dérivent toutes les autres regles de droit civil lorsque le testament s'écarte de la marche ordinaire de la nature & de la Loi pourvoir à la sûreté du citoyen; pouvoir du Citoyen qui dispose de ses biens; objet de la plupart des Lois et statuts: intérêt particulier du Citoyen; ordre public, intérêt général cette regie a son fondement sur l'égalité naturelle, entre les enfans, dans la succession de leurs ascendans l'égalité qui doit régner entre des cohéritiers la Loi la plus forte & la plus décisive en faveur des Propriétaires, est peut-être cette maxime du Droit naturel; deux titres également sacrés: équité naturelle & Loi positive; la propriété pleine & entière que tout Citoyen a sur son héritage, cette vérité est fondée sur le Droit naturel, sur le Droit civil, sur nos Loix & nos Coutumes particulières un des premiers principes du droit naturel comme du droit civil c ' e s t q u e l ' o n n e peut c o n d a m n e r p e r s o n n e sans
l'entendre
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(suivre) les principes de l'humanité (quand) la vente renferme une lézion énormissime il leur (créanciers) étoit libre de transmettre leurs droits, noms, raisons, actions & hipotheques à qui bon leur sembloit le pouvoir de contracter est une faculté du Droit des Gens; tout homme qui jouit de son état, régnicole ou non, peut user de ce bénéfice la liberté d'un citoyen n'est pas un objet de commerce mais on peut réprimer l'abus qu'il en fait le droit que nous tenons de la nature, de disposer de notre personne, de nos biens & de tout ce qui nous appartient
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kommerzieller Kredit: weder droit divin noch naturel verbieten Zinsen
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personne n'ose plus soutenir que la dîme est de droit divin rien n'est si sacré que la possession (gegen Zehnt)
6. Cahiers de doléances aus der Grafschaft Charny 6.1. ADC, B2242/l (Bailliage
Amay-le-Duc)
6.1.1. Bellenot Cahier des doléances, plaintes & remontrances de ladite communauté Nous habitants sousigné ne sachant faire et assemblés chargons nos députés au Balliage d'Arnay le Duc de représenter que notre communauté est surchargée d'impôts et que la misere y est a son comble, que depuis nombre d'année il y est mort dix a douze laboureurs et que le nombre des cultivateurs étant extraordinairement diminué, l'agriculture a perdu de son activité et les terres mal cultivés y sont peu rendantes, [dazu eine Marginalie: „n u : La majeure partie des fonds de la communauté sont possédés par des forains."] Que la corvée des chemins y a fait perir beaucoup de betaille par la difficulté de la traite des matériaux que le laboureur est obligé d'y charoyer pour leur confection; car il faut observer que depuis 30 ans et plus cette communauté n'a travaillé qu'a l'ouverture de toutes neuves, qu'ainsi ces ouvrages utiles et nécessaires doivent être faits et perfectionnés, & supportés non seulment par le tiers Etat, mais encore par les deux autres ordres qui sont ceux qui en ont tout l'agrement et l'utilité. Que la milice qui se tire touts les ans est une nouvelle charge et un impôt tres onéreux pour les campagnes qui, malgré les ordres de la chambre des Elus, se cottisent pour faire un bien etre a celui qui tombe au sort; et souvent celuici est souvent un fils utile a un laboureur, ce qui le découragé et le fait murmurer contre les grands et les privilégiés qui se plaisent a doubler leurs maisons de pretendus domestiques qu'ils arrachent a l'agriculture pour leurs procurer l'exemption du tirage. Demander que le sel, cet objet de premiere nécessité soit diminué ou rendu marchand.
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Enfin insisteront surtout nos députés qu'il y ait reforme dans l'administration de la province. Que les representante du tiers etat soient en nombre egal aux deux autres ordres reunis. Que touts les impots pecuniaires mits et a mettre soient supportés par touts les ordres a raison de leurs biens et facultés. Enfin demander le voté par tete dans les deliberations de la chambre des Elus. Tels sont nos voeuts ainsi que ceux de tout notre ordre. C'est pourquoi nous prions ceux de notre ordre de la ville d'Arnay-le-Duc de prendre notre defense et de confondre nos doleances avec les leurs. Ce faisant nous attendons de la bonté du meilleur du Roy qu'il fera droit sur nos demandes et nous délivrera du joug imperieux et oppresseur des deux premiers ordres qui depuis plusieurs sciecles oppriment non seulement le tiers ordre des villes, mais surtout les habitants de la campagne, ces individus si utiles et si nécessaires a l'agriculture qui fait presque elle seule la richesse et le soutien de l'état. Fait et arrêté remis a nos députés à Bellenot ce 15 mai 1789. [28 Unterschriften, zuziigl. der des procureur d'office de justice de la baronnie de Pouilly] 6.1.2. Pouilly Cahier des doléances, plaintes et remontrances des habitans de la communauté de Pouilly en Auxois et Velards hameau en dépendant bailliage d'Arnay-le-Duc pour etre presenté par les députés de la ditte communauté à l'assemblée qui se tiendra dans laditte ville d'Arnay-le-Duc par devant Monsieur le Lieutenant civil le dix sept du present mois heure de huit du matin. Nous habitants dénommés en l'acte d'assemblée de ce jour chargeons nos députés de répresenter 1°. Que cette communauté est surchargée en impots, que les cultivateurs sont épuisés sous le poids énorme des subsides d'où il résulte un découragement général pour l'agriculture. 2°. Qu'elle est chargée de l'entretien d'un presbítero et de la nef de son eglise placés au sommet d'une montagne inaccessible en huyvert et excessivement fatigués par les orages, ce qui occasionne de fréquentes & considerables réparations, et que pour y subvenir ils n'ont d'autres ressources que la voix de l'imposition n'ayant aucuns revenus patrimoniaux. 3°. Que jusqu'à present ils ont étés écrasés par la corvée sur les chemins, qu'elle a fait perir considérablement de bestiaux et que l'agriculture en a souffert et soufre encore. 4°. Demander que les sommes enormes que l'on paye pour le controlle des actes soyent modérés et réduits a un droit uniforme. 5°. Que pour relever l'espece abatardise de tous bestiaux et les préserver des maladies epidémiques, ils conviendroient que le prix du sel qui est à quatorze sols la livre fut considérablement diminué ou rendu marchand à l'instard de la Suisse et de la Franche Comté. 6°. Que pour ce qui concerne l'administration de la province, il conviendroit que les députés, même ceux aux Etats Généraux ne pussent voter sur aucunes propositions que l'assemblée ne fut composée comme ceux cy élus librement; que ceux du Tiers soyent en nombre egal avec les représentants des deux autres ordres et que les délibérations ne soyent constament prises par les trois ordres réunis et les suffrages comptés par tête. 7°. Que si les répresentants de la noblesse et du clergé sy refusent ou se retirent les députés du Tier Etat représentants le Corps de la nation concoureront avec ceux des autres
ordres qui voudront délibérer en commun à régler avec le souverain les bases de la constitution et les subsides nécessaires.
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8°. Qu'en respectant la préseance du Clergé et de la noblesse les députés du tiers ne se soumettront à aucune distinctions humiliante. 9°. Qu'ils ne pourront s'occuper d'autres subsides avant que les bases et les principes de la constitution ne soyent établies par une Loix sanctionnée et promulguée dans les Etats, a moins que les circonstances n'exigeassent impérieusement des secours promptes et momentanés. 10°. Qu'ils ne consentiront pareillement a aucuns subsides que la promesse faitte par sa Majetté de donner des Etats provinciaux au sein des Etats généraux et de former un lien durable entre l'administration particulière de chaque province et la legislation généralle ne soit effectuée, et qu'en consequence lesdits Etats provinciaux notamment ceux de cette province ne soyent réglés ou corrigés de maniere que le Tier Etat y aient égalité de représentants et de suffrages. 11°. Que la nation ne pourra être soumise à aucune Loix qu'elle n'ait consentit et à aucuns impots qu'elle ne n'aye accordé. 12°. Que touttes les Loix Généralles seront formées et promulguées dans les assemblées Généralle de la nation. 13°. Qu'aucuns impots ou emprunt directe et indirecte ne pourront être accordé que dans les assemblées Généralle et jamais pour plus de tems que l'époque de leurs retour périodique: les assemblées provincialles n'en pourront accorder sous aucuns pretexte et sous aucune dénomination. 14°. Que les assemblées Généralle de la nation auront un retour périodique aumoins de cinq ans en cinq ans. 15°. Que tous impots et charges publiques seront reparties egallement sur tous les citoyens sans distinction dans la juste proportion de leurs propriété et faculté. 16°. Que la liberté individuelle des citoyens sera assurée d'une manierre inviolable. 17°. Et enfin demander la suppression de la vénalité de la noblesse et des charges, offices civils et militaires. Fait et arrêté dans la l'assemblée de Pouilly en Auxois le quinze mars 1789. [Es folgen 32 Unterschriften zuzügl. der des greffier] 6.1.3. Mimeure, Thoreille-les-Amay, Solonge Cahier de doléances des communautés de Mimeure, Thoreille-les-Arnay et Solonge Les droits que depuis tant d'années nous étoient ravis par l'innintelligence de l'administration de Bourgogne, vont nous être rendus par le meilleur et le plus tendre des peres. Notre bon Roi instruit des iniquités qui nous ont toujours detenu dans l'indigence nous permet de lui faire part des motifs de notre misère, affin de prevenir les abbus désastreux de l'Etat. Malgré les craintes que nous inspirent les Nobles, nous n'heziterons pas de nous plaindre des vices ruineux qui existent dans l'administration, ainsi que le détaile le Tier Etat de la ville de Dijon dans sa requête du 18. février dernier. De développer nos griefs communs et accablans c'est ce à quoi nous ne parviendrons pas aussi evidament que l'ont fait plusieurs éclairés citoyens de différentes villes, et même le sindic de Voudenay l'Eglise dans ses representations en datte du 8 fevrier aussi dernier. Nous laisserons donc aux sages députés de notre bailliage le soin d'expliquer le nombre de vexations qui détruisent nos facultés, et nous nous bornons à mettre au jour les plus sensibles. Nos trois communatés reunies composent cinquante feu, dont douze laboureurs et le reste manouvriers, il n'y a dans ce nombre que quatre propriétaires les douze laboureurs payant entre eux de 800 li de tailles sur treize cent et a quoi est imposée ces communautés, cet impôt absorban, réunis a nombre de servitudes seigneurialles, telles que poules de
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coutume, corvées de bras et de charues, droits d'indire dont la reclamation vient de nous etre faitte par instance, ce qui a ajouté a 500 li de principal 300 li de irais. Qu'il est le cultivateur le plus laborieux qui ne restera pas exténué sous de tels poids si par nos sueurs nous parvenons a nous arracher de nos dettes annuelles, nous sommes livrés par des subbordonnés avides qui violent la religion de nos Elus et leur persuadent que nous pouvons supporter des cottes 'office. Esperons des bienfaits de notre monarque la reformation de tant d'abbus excessifs quand par les representations de nos concitoyens il remarquera à quel point la recette des ses deniers lui est dispendieuse nous verrons sans doute donner une autre forme à cette administration. Esperons encor que nos plaintes mises sous les yeux du meilleur des rois par les députés de notre ordre qui auront le bonheur d'en approcher, toucherons sons coeur et nous dégagera des maux qui nous oppriment. Demandons donc tous a ce digne fils d'Henry quatre qu'il nous accorde le pouvoir de nous faire représenter a ses Etat Généraux par un nombre proportionné de députés de notre ordre a celui des deux autres. Deliberé entre nous cejourd'huy dix sept mars 1789. [es folgen 7 Unterschriften] 6.1.4. Créancey, La Lochère, Beaume, Panthier Cejourd'huy quinze mars mil sept cent quatrevingt neuf, les habitants de Créancey, Beaume et Panthier assemblés au son de la cloche à la maniere & lieu accoutumé, en vertu de l'ordonnance de Mr le lieutenant civil au bailliage d'Arnay-le-Duc en datte du deux du présent mois dûment publié au prône de la messe paroissiale du dimanche précédant pour former leur cahyer de plaintes & doléances, ayant conféré entre eux sur l'Etat de décadence ou est tombée l'agriculture qui est la seule richesse, ont crûs la trouver dans les raisons suivantes: Premièrement0 dans la charge excessive de l'impôt de la taille qui se reigle plutôt sur le nombre des feux que sur la faculté réelle du pays qui, faute de représentants, reste inconniie à l'administration de la province, d'où il résulte que le collecteur chargé de la levée de l'impôt est hors d'Etat d'attendre le payement du pauvre, consomme sa ruine par les frais qu'il est obligé de lui faire. 2°. Dans le prix excessif des bois de chauffage & de charonage triplé depuis vingt-ans et occasionné tant par la multiplicité des fonderies établies dans le voisinage et qui en absorbent l'espece déjà rare par elle même, que par la consommation immodérée qui s'en fait dans les villes ou le luxe à multiplié les feux, et dépense en superfluité le necessaire du pauvre. 3°. Dans le trop grand nombre de cabarets établies pour les besoins du passant et qui fréquentés par des gens qui consultent moins leurs facultés que leur gourmandise y contractent des dettes & y font de faux marchés, outre que ces maisons sont ouvertes à la jeunesse qui s'y accoutume à l'intemperance qu'elle ne peut entretenir que par les infidélités qu'elle fait a ses parants. 4° Dans la rareté des domestiques & le haut prix ou ils portent leurs services, occasionnée par l'émigration des jeunes gens qui ne trouvant plus d'aisances dans leurs familles vont à Paris travailler chez les boulangers, et laissent leurs parants dans la nécessité de recourir aux étrangers pour se procurer un service plus coûteux & moins sûr. 5° Dans l'éloignement où sont les justiciables du siège de la justice seigneuriale instituée originairement pour leur plus grande commodité, et ou au moyens de la distance ils ne peuvent pas se transporter qu'à grand frais, lorsqu'il s'agît de tutelle ou autres assemblées de parents, ou audition de témoins. #6°.
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#6° [als nachträgliche Anmerkung:] Enfin que le sel étant un approvisionnement de la premiere nécessité pour le commestible, il seroit a propos de rendre le commerce libre dans tout l'étendue de la province; ce renvoi demeure approuvé. D'après ces considérations lesdits habitants joignants leurs voeux a ceux des autres communautés de la province qui par le vice de son administration, aggrave sur le pauvre des charges qui devraient être partagées avec le riche, demandent; Premièrement. Que l'impôt soit également réparti sur tous les ordres de la province en raison de leurs facultés. 2°. Que le tiers etat, tant aux Etats provinciaux que dans la commission intermédiaire, un nombre de représentants egal à celui des autres ordres réunis, et que les suffrages y soient comptés par tête. 3°. Que les députés des communes soient élus librement par leurs pairs. 4°. Qu'il soit pourvû à la rareté des bois de chauffage, soit par la suppression des fonderies nuisibles au bien public, soit en restreignant le nombre trop considerable des feux entretenus par les riches. 5° Que sous l'autorité des seigneurs & de leurs officiers ils ne soient établis dans chaque village que le nombre de cabarets nécessaire pour la commodité des voyageurs et les besoins des habitants, et que les cabartiers soient obligés de justifier à chaque teniie de jours de la fidélité de leur conduite par certificat signé du curé & officiers du lieu. 6°. Que le siege de la justice seigneuriale soit fixé dans le bourg où lieu considerable le plus à la portée des justiciables, ou par la réunion des justices circonvoisines, il s'y formerait des praticiens plus éclairés, et qui ayant plus d'occupation seraient moins tentés de multiplier où de perpétuer les procédures. Tels sont les voeux que forment les habitants des communautés susdites, & qu'ils chargent leurs députés de présenter à l'assemblée du bailliage en foi de quoi ils se sont soussignés les jours & an dessus a l'exception de ceux qui ne scavent signer: [es folgen 33 Unterschriften, zuziigl. der des procureur d'office, zugleich greffier] Ledit jour [...], les habitans des villages de Beaulme et Panthier paroisse de Creancey ayant ouis lecture qprès communication du cahier de doleances, plaintes et remontrance cy contre et des autres parts, ils ont déclaré qu'ils accèdent et adhérent audit cahier, laquelle adhésion à présentement été reçu pour valloir et servir ce que de raison; et se sont lesdits habitans le sachant faire sousignés avec nous et notre greffier ordinaire. [es folgen 27 Unterschriften, zuzügl. der des procuruer d'office, zugleich greffier]
6.2. ADC, B2254/l (Bailliage Saulieu) 6.2.1. Charny, Villeneuve Les habitants des communautés de Charny et Villeneuve reunies ensemble avec le même rôlles des tailles, et assemblées à l'effet de déduire leurs plaintes suivant l'intention de sa majesté disent et remontrent très humblement jerment Qu'il ne leur est plus possible de payer de plus grandes impositions, qu'ils n'ont payé jusques à ce jour; que celles qui sont à leurs charges sont deja trop considerables, que les collecteurs qui sont a cet effet pour en faire les levées, ont bien de la peine a se faire payer, et qu'il arrive souvent qu'ils en sont les victimes. ^mcol La cause d'une si grande pauvreté dans les communautés, provient de ce que les trois quarts des habitants sont manouvriers, obligés en consequence d'aller a leurs journées pour gagner leur vie; et le prix de la journée d'un pauvre malheureux journalier étant si modique,
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comment peut il subvenir aux besoins d'une famille quelquefois fort nombreux, et payer avec cela de grosses impositions. Le cultivateur aujourdhuy n'a pas moins de peine, cherchant a elever sa famille et à l'occuper, il est obligé d'amodier fort cher les prés et les terres, et fort souvent après beaucoup de peines et de labeur, il se trouve encore dans l'impossibilité de payer; de la il est arrivé que la communauté de Charny est tombé dans une très grande indigence, puisque autrefois il y avoit dix laboureurs, et aujourdhuy le nombre en est reduict à six, qui en consequence relativement à une si grande dimunition, ne peuvent suffire pour cultiver les terres, comme il convient. ^ment Toutes les propriétés de cette paroisse appartienent presque toutes au Seigneur, une autre partie aux forains, et la plus modique à quelques particuliers de la communauté il leurs paroist donc raisonable que le vray propriétaire doit payer les imposts et contribuer le plus aux dêtes de l'état. Tels sont les plaintes et humbles remontrances des habitants des dittes communautés de Charny et Villeneuve qui les ont signé ceux d'entre eux le sachant, et les autres ayant déclaré ne le scavoir. [es folgt von anderer Hand:] L'on ose encore observer que les terres se trouvent chargés considérablement, le Comté de Chamy, par exemple paye annuellement en revêrance à des moines ou religieux plus de quinze cent livres. Vaudrait-il pas mieux que cet argent entra dans les coffres du roy qui dans des temps fâcheux ou de guerre est obligé de soutenir ses peuples, et l'impôt territorial produiroit au monarque le double et le peuple seroit encore soulagé si les deux premiers ordres y contribuoient dans une juste proportion. Ajoutant au surplus qu'ils adherent à tout ce qui sera fait par l'ordre du tiers Etat. [es folgen 17 Unterschriften zuzügl. der des Notars] 6.2.2. Noidan Cahier de remontrances, pleintes et doleances des habitans de la communauté de Noidan, justiciable du comté de Charny, Généralité de Dijon, Baillage de Saulieu, ressortissant au Presidiai de Semur en Auxois. Nous habitans de Noidan ayant eu connoissance de la lettre de sa majesté et du Reglement y annexé du 24. janvier dernier et de l'ordonnance de Monsieur le lieutenant civil au Baillage de Saulieu, du 2. de ce mois par la publication qui en a été faitte au prône de notre messe paroissialle du 8. du courant, et afficher a la principalle porte de l'Eglise de ce lieu; sans vouloir abuser de la liberté a nous accordée par notre Roy Bienfaisant de luy declarer ouvertement nos voeux, profitons de cette faveur pour supplier trèz instamment sa majesté de daigner établir l'impôt territorial sur toutes les propriétés du Royaume pour mettre le tiers Etat a l'abri des vexations ordinaires de M.M. les Elus de Duché de Bourgogne. Reformer les abus qui se commettent aux Etats provinciaux, tant dans la magnificence des edifices, payement des honoraires de M.M. les Elus, que festins, divertissement et plaisirs qui ne sont que trèz dispendieux, et toujours payés par le dernier ordre; Permettre au tiers Etat de revoquer ses députés aux assemblées provincialles, quand il le jugera à propos, et d'en choisir et nommer d'autres à son gré. Détruire entièrement les receveurs et trésoriers de France, tant généraux que particuliers, en ordonner que chaque communauté envoyera directement et sans frais au trezor royal a Paris les impositions dont elle sera chargée; Ordonner que les grands chemins et routtes seront entretenuës par les communautés sous
les ordres des subdelegues qui désigneront a chaque communauté leur canton, sans pouvoir le changer, et ce, pour eviter les depences qu'occasionnent les gages excessifs des
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inspecteurs, directeurs etc.; que les délivrances des Ponts et Chaussées a faire ou reparer sur lesd. routtes seront publiées et affichées dans les paroisses voisine, et faittes au rabais devant les subdelegués. Deffendre de construire de nouvelles routtes. Détruire les haras, qui outre les depences, sont plus nuisibles qu'utils a la propagation. Diminuer le nombre des commis, tant de l'Election que de l'intendance. Reformer les Gabelles. Maintenir le commerce intérieur des grains de province à province. Permettre l'exportation hors du Royaume dans les années d'abondance, et la suspendre dans celles de disette. Ordonner que le sel sera diminué de moitié, ou rendu commerçant, Abolir les taxes sur la marque des cuirs, sur les huilles, savons, amidons etc. Ordonner que tous procèz seront jugés dans les justices inférieures à la seconde audience a peine d'amandes contre le juge, en cas d'appel au Baillage ou presidiai dans six mois, et au plustard dans l'année qu'ils auront étés intentés, lorsqu'ils seront par appel ou autrement au Parlement; et que la justice sera renduë gratis et sans epices. Faire un nouveau reglemens pour tous actes judiciaires et autres. Et donner la même force au papier timbré. Et abolir le droit d'indire fort à charge à la nation, et les mainmortes qui embarassent souvent les familles. Tels sont nos pleintes et nos voeux que nous prions M.M. les députés de notre baillage de porter au pied du Trône, de les appuier de leurs lumieres et que nous avons signés, ceux le sachant faire, cejourd'huy quinze mars mil sept cent quatrevingt neuf. [es folgen 19 Unterschriften, zuziigl. der des Notars] 6.2.3. Marcilly Cayer de doleances de la paroisse de Marcilly sous Mont St. Jean Nous habitants de la ditte communauté remontrent très humblement que la Reforme des abus, l'établissement d'un ordre fixe et durable dans toutes les parties de l'administration, la prospérité generalle du Royaume et le Bien de tous et de chacun des sujets de sa majesté ont été sagement vûes dans sons conseil. C'est le voeu general des comparants et ce doit être celui de toute la nation: de cette reforme il arrivera nécessairement que l'ordre du tiers Etat sera soulagé. Pour y parvenir nous croyons qu'on doit faire des Reformes generalles et particulières; Generalles: dans toutes les parties de l'administration du Royaume, et particulières dans chaque province. Reforme dans les dons gratuits et extraordinaires, dans la somptuosité; suppression d'une partie d'ingenieurs et sous ingénieurs, des bureaux des Etats, en consequence faire la Reunion de toute les impots sous un seul avec telle denomination qu'on aviser^, soit territorial soit dixme royalle, auquel les trois ordres contriburont dans une juste proportion. Suppression des Receveurs particuliers; diminution des gages des trésoriers, et de tous autres gagés, des aides et gabelles, de cette odieuse commission intermédiaire, ainsi que du veto dans les Etats provinciaux. Simplification dans l'ordre judiciaire qui dans l'état actuel est autant désastreux, que cette organisation tiiTanique employee dans nos Etats provinciaux; de cette idée de simplification doit naiître nécessairement celle d'un nouveau code à l'instar du prussien. De toutes les reformes et suppressions, il doit en résulter un avantage reel a l'état, et surtout au tiers qui dans toutes les impositions actuelles est opprimé. A l'égard des dettes de l'état nous estimons que pour parvenir a l'entier acquittement, si les réformes et les suppressions dont il vient d'etre parlé ne suffisent pas, l'impôt territorial
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y suppleera, qui cependant n'aura lieu sur le meme taux, que pour autant d'années, tout calcule qu'il sera necessaire pour leur entiere abolition; remontrant néanmoins qu'on pourra le fixer ensuittes sur une autre taxe moindre qui ne pourra être augmentée que pour des causes graves et legitimes, que feront statuer aux Etats généraux. Quant a la forme des assemblées tant generalles que provincialles, l'ordre du tiers reclame et reclamera toujours d'y avoir ses représentants en nombre egal aux deux premiers ensemble, sans preponderance: Au surplus nous adhérons a tout ce qui sera fait, écrit et consenti par ceux de notre ordre, et nous sommes soussignés ceux le sachants faire, [es folgen 25 Unterschriften, zuzügl. der des Notars] 6.2.4. Ogny Das Cahier von Ogny folgt in weiten Teilen, bei leichten Abwandlungen, dem Cahier von Mont-St.-Jean (s.u.) Artikel Ogny Artikel Mont-St.-Jean Art. 1 Art. 1 Art. 2 Art. 2 Art. 3 Art. 3 Art. 4 Art. 4 gekürzt Art. 5 Art. 9 Art. 6 Art. 10 Art. 7 Art. 12 gekürzt Art. 8 Art. 21 Art. 9 Art. 22 Art. 10 Art. 24 Art. 11 Art. 26 gekürzt Art. 12 Art. 30 gekürzt Art. 13 Art. 31 verändert: Que les formalités de justice soient simplifiées dans les procedures, que tous procès soient jugés au moins dans le cours de deux ans et que les plaideurs seront libres de choisir des arbitres pour decider leur contestations dans touttes les circonstances quelconques et pour quelque procès que ce soit a la premiere requisition par écrit de l'une des parties. Art. 14 Que la justice soit rendue sur les lieux attendu que les habitants sont obligés de s'absenter pour la poursuitte de leur procès ce qui leur fait perdre du tems qu'ils employeroient plus convenablement à la culture des terres. Art. 15 Art. 33 Art. 16 Art. 32 [es folgen 14 Unterschriften, zuzügl. der eines Notars] 6.2.5. Villiers Das Cahier weist Durchstreichungen und Zusätze von einer zweiten Hand in dunklerer Tinte auf (hier in ( ) zugefügt). Cahier de plainte, doleance et remontranse que les abitans de Villier on présentement redigée, pour etre portée par les deputtes qui von etre nommé, a l'asaiblée praeliminaire qui se tiendra par devant Monsieur le lieutenant sivil du baillage de Saulieu le dix sept du present mois de mars.
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Art. 1 Qu'il(s) persiste(nt) a la desion (l'adhésion) que nous avons (on) faitte (donnee) de la (a la) requette et deliberation presenté(e) au roy par les corpo(rations) d(u) tie(r) etat de la ville de Dijon en datte du dix huit janvier dernier. Art. 2 Que l'impôt qui aura lieu soit (perceu) en une qualité respective a la bonté, ou mediocritée du terin, de chaque pay, et levé en nature pour en faciliter le payement aux mallheureux. Cest le moyent le plus sur pour mintenir une perception egalle par tout, que la qualité du terin de se pay n'est susceptible que de reporter du saigle qu'il est tres montueux sec et sabloneux que les orvalles y cause souvent des tres grandes pertes en entraînant les ters du haut des montagne dans les bas et (et même quelquefois la semence qui [Rest unleserlich] enpoite les pesant des moisons des pauvres culltivateurs. Art. 3 Qu'il soit pri des mesures necessaire pour que le sail soit marchan ou du moin d'un pris bien audesous de ce qu'il est atendu que a raison de sa cherté bien des malhureux sont obligé de s'en passer. Art. 4 Que l'entretien des routes ne soit plus a la charge des communautté(s) qu'ils soyent faits et entretenus par les routiers (pour les impôt percûs sur les routiers, voyageurs). Art. 5 [nachträglich verlängerter Beginn:] Qu'il n'y ait plus de milices qu'en temps de guere, que les domestiques des nobles et eclesiastiques n'en soient plus exempts, quelles ne soi(ent) plus levées comme par le passé que seux de chque paroisse et communauté qui sont sujet aux sort ayent la facultté d'acheter le nombre de milisien qu'il(s) deveront fournir pour la deffense de l'état. Par se (ce) moyen les laboureurs et marchands ne se veroit (veroient) poin(t) enlever un enfan propre et utille a leur traveaux et peu propre au service militere, il n'y á point de comunauté qui ne trouva des hommes de bonne vollonté et qui se chargerait de faire le servise des soldat provainsiot moyenant une somme moins considerables que sel (celle) que les garson sujet aux sorts mettent par leur différante conposition on peut meme assurer qu'il n'y á point d'homme sujet aux sort qui ne conte a sa familie au moin vingquatre livres toutes les fois les jeunes jeu se tire la milise. Art. 6 Que persone de quel qualité que se soit ne puise avoir collonbier et nourir piejon au dépan d'autrui quand bien meme elle aurait une quantité de terrin considerable. Art. 7 Qu'il soit fait un nouveau tarif pour le droit de controle et centieme denier qui ne souffrira aucune interprétasion par ceque aujourd'huy on n'y connoit plus rien, les comis persoive des droits a l'arbitraire disent qu'ils ont des desision de la conpagnie des arêts du Conseil et quand meme quelque persone riche en etat de se pourvoir parviendrait a obliger ses comis a rendre ils conservent les dix sols pour livrer sous preteixte qu'ils apartienent aux roy et que pour leur faire rendre il faudrait obtenir un arest du Conseil ce qui coûterait en demarche et en frais plus que les somes répété que se tarif soit clair stable de manier qu'ils ne pussent y avoir aucune contravantion. Art. 8 Qu'il soit remontre aux états généraux qu'il sont ecasré d'impôt. Si un particulier se plaignoit et demandoit une dimunition de sa cautte pour surcroit de malheur on le doubloit, triploit par des cautes d'offices ils en eixistent aux pay pourquoi nous demandons qu'ils soyent suprimé et qu'a l'avenir le clergier les nobles payent les impots de toutes espaises et autres sarges pubiquent a proportion de leur fortune. Et demandent encor que le malheureux peuple qui n'a rien ne paira rien.
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Art. 9 Que aux états généraux qu'il soient opiné par teste et non par ordre parce que le clergier et les nobles santandroient toujour pour nous ecrasér. Art. 10 Que l'hinpot qu'il y aurat soit verssé directement aux trésor royal et ne pasent par pas partant de main qui se sont si fort enrichi et qu'il ne coûtent que les frais du bureau. Art. 11 Qu'il soit mit un impôt sur les domestique malle que le clergier les nobles tienent a la ville et en leur chateau a la campagne parceque le nombre en est si grand qu'ils dépeuplent les canpagnes. Ce qui fait que les cultivateur n'en puissent avoir qu'a tres grand pris ce qui est une tres grandes sursage. Fait et arrette par touts les abitans conparant qui on signé seux le sachant et non les autres qui ont declaré ne savoir signé. Ce douze mars mil sept cent quatre vingt neuf. [es folgen 11 Unterschriften zuziigl. der eines Notars] 6.2.6. Missery Nous habitants de la communauté de Missery baillage de Saulieu soussignés, disons que nous ne voyons que dans la tenue prochaine des Etats généraux annoncés par les lettres de sa majesté, le remede a tous les maux qui nous oppriment & le terme de toutes les injustices dont nous sommes vexés: Car si leur source existe dans l'organisation vicieuse des Assemblées provincialles, c'est de la nouvelle Constitution qu'elles doivent recevoir aux Etats Généraux que dépend tout le bonheur de la nation. C'est des Etats Généraux que nous devons attendre la réforme si désirée des abus, l'Etablissement d'un Ordre fixe & durable dans l'administration de la justice, de la police & des finances, par la suppression d'un grand nombre de receveurs et de Commis trop multipliés dans toutes ces parties et dont les Emoluments trop considérables deviennent onéreux a l'état; par la suppression des différents tribunaux, qui loin de rendre la justice plus prompte deviennent le plus grand fléau de l'humanité par les fiais enormes qu'ils occasionnent, par la faveur & la partialité qui accompagnent et qui dictent la plupart de leurs jugements et dans les quels, depuis longtemps, le pauvre n'a plus le droit de se plaindre des vexations et des injustices du plus fort; par la suppression de tant de privileges et de dignités militaires qui n'étant accordées qu'à la noblesse, découragent le soldat, et lui ôtent cette noble emulation qui fit autrefois ces vaillants généraux dont la memoire sera transmise a nos derniers neveux; et par la suppression enfin de ces milices aussi onéreux au tiers etat, qu'elles sont inutiles en tems de paix; mais pour eviter le concours & la prépondérance funeste des opinions des deux premiers ordres de l'état qui se touchent par tant de raports et d'intérests communs, toujours contraires a ceux du tiers etat, il convient que les représentants de ce dernier ordre soient en nombre Egal a celui des deux autres ordres réunis et que les opinions soient prises par tête; autrement ce seroit tourner dans un cercle vicieux et vouloir maintenir les deux premiers ordres dans la possession injuste ou ils sont depuis si longtems de faire supporter entiers le poids de tous les impots. Les bazes de cette nouvelle Constitution une fois posées, nous demandons que les Etats particuliers de notre province de bourgogne soient composés de même de tous les représentants des peuples qui l'habitent, les quels seront choisis librement par les membres de chaque ordre et dont ceux du tiers seront en nombre Egal aux représentants des deux autres ordres réunis, pour, les opinions prises par tête, y déterminer des changements a faire dans la constitution de ces Etats particuliers & regier la formation de la Commission intermédiaire. C'est dans ce nouveau regime de nos Etats que nous espérons de voir la cessation de tous les abus dont nous sommes les victimes et que la justice que nous réclamons envain depuis si longtems, nous sera rendue, en rétablissant cet ordre, cette
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harmonie et cet équilibre, qui ne peut subsister qu'autant que toutes les charges de l'Etat, seront réparties sur chaque membre de ce grand corps, dans une juste proportion de ses forces. Ce n'est que dans ces nouveaux Etats que l'influence du tiers, convaincra les deux premiers ordres qu'ils ne peuvent subsister que par ses lueurs et ses travaux. Ils n'ont pas tant tardé a s'appercevoir que l'agriculture est négligée et que le nombre des laboureurs est notablement diminué dans toutes les campagnes; la raison en est sensible; c'est sur l'agriculture, le plus noble & le plus utile de tous les arts, et qui par cette seule considération devrait être ménagé, favorisé et encouragé. C'est précisément sur elle que tombe par une politique mal entendu le poids de tous les impôts. Les habitants des villes ou regnent l'opulence, l'industrie & les arts, ou arrivent tous les fruits de nos travaux, savent s'y soustraire. L'habitant des campagnes est la bête de somme qui supporte seule tout le fardeau, et qui nourrit seul tous les membres oisifs de l'état. Que nous soupirons ardemment après ces heureux changements qui doivent rendre au tiers Etat les droits qui lui ont été usurpés, et procurer aux peuples qui sont la partie souffrante de la nation le prompt soulagement qu'exigent sa misere: mais nous esperons tout de la bonté, de la sagesse & des vues bien faisantes de sa majesté. Et c'est avec la plus grande confiance que nous osons nous en dire les fidèles sujets. Fait et arrêté à Missery ce jourd'huy huit mars 1789. & se sont les habitans sachant écrire soussignés. [es folgen 22 Unterschriften zuziigl. der des greffier] 6.2.7. Mont-St.-Jean Cahier des petitions et reclamations des habitants et paroissiens du bourg du Mont Saint Jean en Bourgogne, baillage de Saulieu. Article 1er Lesdits habitants disent, qu'ils persistent a l'adhésion par eux faite dans leur deliberation du deux février dernier, aux requêtes et deliberations du tiers Etat de la ville de Dijon, présentée au Roy, par M.M. les députés de cet ordre, aux quels, en tant que de besoin, les remontrants renouvellent tous pouvoirs de les représenter, et a tous autres qui leurs seront adjoints ou substitués, pour toutes nouvelles demandes. Persistent a celles précedament faites, les simplifier, y faire toutes additions qu'ils croiront utiles et avantageuses aux interets du tiers Etat, et contraires aux prétentions oposées du clergé et de la noblesse, en ce qui ces deux premiers ordres prétendraient se soustraire a une contribution relative et proportionnelle a leurs facultés, aux impositions royales qu'il plaira a sa majesté d'imposer, suivant les besoins de l'Etat, desquels les trois ordres prendront communication, pour à la vue d'iceux y être pourvû suivant l'exigence des cas, ainsi et avec qui apartiendra. Art. 2. Que le tiers Etat, étant la portion la plus nombreuse, et la plus utile à l'état, et la plus soulée, aura un nombre égal de représentants, et Egalité de suffrages, a celuy des deux premiers ordres, aux Etats généraux du royaume, et aux Etats particuliers et assemblées de la Province. Art. 3. Que son suffrage l'emportera toutes les fois qu'il se trouvera supérieur en nombre a celuy des deux premiers ordres. Art. 4 Que pour la presentation des cahiers des Etats de la province, il sera député du tiers Etat, un nombre Egal a celuy des deux premiers ordres, Et qu'il ne poura être rien statué sur les affaires de la province, hors des assemblées qui s'y doivent tenir, et non ailleurs, abrogation faite de l'ancien veto, dont il ne sera plus question à l'avenir, non plus que de la commission intermédiaire, dont les membres ne sont composés que de personnes sans
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aucune mission, ni pouvoir du tiers Etat, et qui étant privilégiés, ont des interets oposés à ceux du dernier ordre. Art. 5 Qu'au lieu du commissaire nommé par sa majesté, sous pretexte du maintien de la tranquilité publique dans les Etats, s'il survient quelques contestations entre les différents ordres, elles seront portées directement au roy, et à son conseil pour les raisons expliquées en la requête du tiers Etat, a sa majesté. Art. 6 Qu'a cet effet il sera député pour le tiers Etat des personnes du même ordre pour deffendre leurs intérêts auprès du roy. Art. 7 Qu'il soit fait une reforme considerable des pensions et exemptions accordées par m" les Elus, a prendre sur les deniers de la province, sous pretexte des commissions qu'ils auraient pû remplir, soit aux buraux, soit aux Etats, ou autrement; Ensembles des commis trop multipliés auxdits buraux, et des apointements de ceux qu'il conviendra de conserver. Art. 8 Qu'il soit incessament procédé à l'examen et a la reformation des abbus et malversations qui se sont introduits dans l'administration des affaires de la province, ainsi qu'à la verification de ses dettes actives et passives; de leurs motifs; des fonds dont le trésor de la province peut etre nanti, dont procès verbal sera dressé, pour ensuitte etre statué ce qu'il apartiendra. Art. 9 Que dorennavant le clergé n'aura plus aucune seance aux Etats de la province a raison de sa place ou des ses dignités ecclésiastiques, a l'exception des archevêques ou Evêques, et qu'il n'y sera admis qu'a la pluralité des voix de son ordre, ou seront apellés les curés des villes et parroisses et autre de l'ordre ecclésiastique qui y seront admis lorsqu'ils auront été choisis, en sorte qu'ils soient vrayment représentants de ce premier ordre. Art. 10 Que comme les mairs des villes doivent représenter le tiers Etat, ils seront choisis dans cet ordre, par les habitants du même ordre des villes de leurs domiciles sans qu'aucun des nobles y puissent avoir aucun suffrage. Art. 11 Que cette ellection sera faitte par la voye du scrutin, et pour trois ans seullement, sauf a etre continué pour trois autres, s'il y echet; auquel effet, comme les habitants des campagnes, ont interets au choix de leurs représentants; les procureurs sindics desdits mairs seront tenus d'indiquer tous les trois ans aux habitants des bourgs de leur baillage, a la personne de leurs sindics en exercice, les jour, lieu et heur de l'élection desdits mairs, un mois avant afin d'y faire trouver leurs députés qui auront voix deliberative auxdittes elections auquel effet lesdits députés seront choisis parmy les notables et les plus capables de cette fonction, dans une assemblée convoquée a cet effet par les sindics desdits bourgs. Art. 12 Qu'il y a bien des abus a reformer a l'occasion des haras soit a cause des exemptions desgardes étalons, dont les chevaux destinés au service des juments, sont toute l'année employés a celuy de leurs maîtres, soit a cause des gages excessifs des employés dans cette partie si peu avantageux de la province, dont les productions en fait de haras ne sont d'aucune utilité relativement a la belle espèce chevaline trop rare en cette province, qui ne fournit pas de paturages suffisants ni d'habitants assez riches ou assez jaloux de perfectionner cette partie, ce qui ne se peut faire qu'en par les propriétaires des juments, se privant absolument de leurs services, pour les laisser nourir en repos, les fruits de leurs productions. Que MM. les Elus ont fait des depenses enormes, pour la formation et entretien des ecuries de Guémet, pour l'acquisition des chevaux étrangers et des moutons du Roussillon ramassés et acheter a grands frais pour la nourriture et pensement de tous les bestiaux, les ga-
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ges des domestiques, de leurs surveillants etc. qu'on a fait si peu de cas en Bourgogne de cette espèce de moutaille qui ne convient pas au pays, qu'on n'en n'a point voulu de facon que M." les Ellus ont été obligés d'en vendre aux environs de six cents, a credit pour trois ans a deux particuliers l'un de Pouilly et l'autre d'Arconcey aux quels il en a peri une grande partie. C'est cependant dans ces teins de miseres et des besoins publics que l'on a fait passer l'argent de la province oberée et surchargée d'impos, dans les provinces et royaume étrangers, sans qu'on puisse scavoir a quoy tout cela a abouti, sinon a salarier largement des inspecteurs, des medeciens vétérinaires, un tas de palfreiniers, de bergers, de chiens etc. qui s'engraissent des sueurs du pauvre peuple. Art. 13 Que les besoins de l'Etat étant pressants, on doit s'occuper promptement des moyens d'y subvenir, par les voyes les moins a charge de la province oberée; sur quoy les remontrant observent que le palais des Etats construit et orné aux frais des citoyens sans avoir ete consultés, qui n'est occupé qu'en bien petite partie, encore esce, par gens a qui la province ne doit point de logements, pouvant en servir a M.M. les commandant et intendant de la province, ainsi que M. le gouverneur du chateau de Dijon, il conviendroit d'offrir chaqu'un un logement a ces M" dans ce même palais et de vendre les hotels ou ils resident actuellement pour le produit en être sur le champ versé au trésor royal. Il resterait encore suffïsament pour loger le prince et sa suitte lors des Etats, ainsi que pour les bureaux des Elus en expulsant tous ceux a qui la province ne doit point de logement. Art. 14 Que la maison des jacobins de Dijon peut egallement être vendue et le prix employé comme dessus si l'ancien n'a pas besoin a autre usage. Art. 15 Le roy nomme a plus de 900 abbayes tant d'hommes que de femmes. Il y a 623 abbés commendataires qui jouissent de plus de huit millions de revenu annuel, dont le roy pouvait sur le champ leurs oter les trois quarts sans qu'ils pussent raisonnablement s'en plaindre ni sa majesté courir rique d'en être damnée, ainsi que l'assure le roy de Prusse, a cause de leur inutilité a l'Eglise et a l'Etat. Sa magesté pourait encore mettre en oeconomat toutes ces abbayes a mesure qu'elles viendraient a vaquer et de tous ces produits-là, acquitter les dettes du clergé dont ces gros abbés sont la cause principale par les trop grands ménagements qu'ils ont exigés du bas clergé qui a toujours porté le fardeau des décimés. Art. 16 Qu'il y a des abus considerables a reformer dans l'administration des oeconomats lors des délivrances des biens soumis a la discretion des administrateurs et il conviendrait qu'ils ne pussent rien faire a l'exception de la recette, qui sous les yeux de personnes eclairées et incorruptibles qui se trouveraient sans doute dans les parlements ou principaux officiers des baillages sans lesquels ils ne pouraient rien faire de plus; et par lesquels ils seraient obligés de faire viser leurs comptes. Souvent il se trouve des chaînes dans les délivrances, que les administrateurs ne peuvent pas rompre. Art. 17 Que l'on pourait réduire chaqu'un des moines trop rentés en égard au nombre composant chaque communauté, a chaqu'un une somme comme de 1000 a 1200 li et employer le surplus a l'acquittement des dettes du clergé ou de l'Etat. Art. 18 Que les maisons abbatialles pouraient encore être vendues et le produit employé comme dessus sauf aux abbés a prendre leur logement dans les maisons conventuelles toujours plus vastes qu'il ne faut pour les moines et l'abbé.
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Art. 19 Que l'on pourait encore reûnir plusieurs commaunautés du même ordre en une même maison a proportion des revenus qui en dependent et prendre le surplus des moissons descrits en transférant l'acquittement des fondations a la maison reûnie. Art. 20 Qu'il en poura être usé de même a l'égard des couvents de filles et de leurs abbesses observant qu'elles sont de moindre depense que les hommes. Art. 21 Qu'il conviendroit que les curés fussent honnetement dottés, sçavoir ceux des campagnes comme d'une somme de mil livres de revenu independament de ceux de leurs fondations. Ceux des petites villes, un peu plus et ceux des grandes villes a proportion, moyennant quoy ils ne pouraient rien exiger, pour les enterrements, mariages etc. de leurs paroissiens. Art. 22 Que les receveurs particuliers des impositions royales soient suprimés, comme étant fort a charge a la province, puisque de dix années l'une, le produit de toutes les imposition leurs reste. Les collecteurs verseront directement leurs recettes a la caisse generale en leurs accordant une legere augmentation de droit de collecte relativement a la distance. Art. 23 Que le tresorier general sera réduit a une somme comme de vingt mil livres pour tous gages de la province sur quoy il payera ses commis dont il sera garant. Art. 24 Qu'il serait avantageux que le projet de la dixme royale proposé par M1 de Vauban maréchal de France, fut adopté en entier, ce faisant que le sel serait susseptible de diminution et d'augmentation a proportion des besoins de l'Etat. Art. 25 Qu'a mesure que M.M. les chevaliers de Malte qui ne sont actuellement fort utiles, en restant comme ils font chez eux, ou dans leurs commanderies, viendraient a mourir, sa magesté reunirait a la couronne les biens dependants de l'ordre apartenant a chacun des deñunts; en consequence qu'il leurs soit interdit la faculté de recevoir aucuns chevaliers dudit ordre par la suitte. Art. 26 Qu'au cas que l'imposition ordonnée relativement à l'entretien des chemins subsiste; chaque délivrance ne poura exceder trois lieues de distance. Que les communautés seront admises a les marchander par preference a tous autres en s'obligeant solidairement. Que pour prevenir les vexations des ingénieurs, qui jamais ne trouvent rien de bien fait, que ce qui l'est par leurs protégés et ceux qui les sondagent les mieux, lesdits ingénieurs ne pouront etre écoutés dans leurs procès verbaux qu'ils dresseront et raports qu'ils feront, qu'après avoir fait la verification des deffectuosités par eux pretendus avec les mairs des villes et principaux officiers des justices royales ou seigneurales des Baillages ou Seigneuries ou se trouveront situés lesdits chemins, lesquels seront tenus de s'y rendre, aux frais de celles des deux parties qui sera en tort, dans trois jours a compter de la dénonciation qui en sera faite auxdits sieurs officiers qui auront la faculté de statuer conjointement ou separement desdits ingénieurs ainsi qu'il apartiendra. Que lesdittes délivrances ne pouront être faites comme il s'est pratiqué dernièrement par M.™ les secretaires des Elus, qu'en presence de M." les officiers principaux le procureur du roy des baillages et les mairs des villes de la situation desdits chemins, lesquels donneront leurs avis sur lesdittes délivrances et y stauturont ce que de raison, ce qui sera executé par provision. Art. 27 Que dans le cas ou l'on rétablirait les corvées pour ledit entretien ou les trois ordres seront egallement sujets soit par eux mêmes, soit par leurs domestiques ou autres a
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l'exception des personnes âgées de soixante et cinq ans qui en seront exemptés lorsqu'elles n'auront pas avec elles des enfants de l'âge requis pour les remplacer, les directeurs desdits chemins, soient choisis entre les plus honnetes gens que faire se poura qui traitteront avec honnêteté les corveables sans leurs tenir des propos durs comme par le passé ni les vexer par les emprisonnement et par les courus multipliées des cavaliers de maréchaussée, les quels étant payés par le roy ou par la province pour la servir ne pouront exiger des communautés aucuns frais de courus, que chaqu'un une somme de vingt sols repartie entre chaqu'un de ceux qui se trouveront en deffaut, sans qu'en aucuns cas, ceux qui se trouveront avoir remply leurs tasches soient tenus d'y contribuer en aucune maniere. Art. 28 Que toutes les fois que les directeurs auront commandé les commuanutés de se rendre sur lesdits chemins, il seront tenus de s'y trouver eux mêmes et de donner tous les soirs a chaque particulier qui aura fidellement remply sa tasche, le congé qu'il meritte sans chercher à le vexer par des journées inutiles ni aucunement le pouvoir contraindre comme les autres qui n'auraient ni commencé ni finy les leurs particulières ainsi que cela s'est souvent pratiqué a la honte des directeurs et au detriment des pauvres corvéables qu'ils se donnaient la licence de traiter comme des neigres. Art. 29 Que les habitants des bourgs ayent le droit de deputer l'un d'entre eux aux Etats de la province pour y exposer la misere de leur communautés et de leurs voisins. Art. 30 Que les frequents tirages des milices étant tres onereuses aux communautés sans etre d'aucune utilité à l'Etat, puisqu'il n'a pas besoin du service des miliciens, qui restent chez eux, il convient de demander qu'il soit surcis a aucunes levées pendant cinq ou six ans jusqu'à ce que les congés des miliciens soient sur le point de leurs expiration, a moins qu'il ne survienne des raisons d'agir autrement, auquel cas, l'on pourait doubler, même tripler la levée a chaque tirage, par la raison qu'il n'en coûtera pas plus pour chaque levée double ou triple que pour la simple qui coûte tous les ans plus de huit cents livres à la communauté de Mont Saint Jean. Art. 31 Que les formalités de justice soient simplifiées dans les procedures que tous procès soient jugés au moins dans le cours de deux ans que les gages des seigneurs soient souverains jusqua soixante livres en principal et ceux des baillages a proportion. Art. 32 Que sa magesté soit supliée de proteger le tiers Etat, dont les fatigues et les travaux fertilisent les campagnes, font la felicité des deux premiers ordres; De conserver l'honneur de sa confiance a notre tres chery directeur general de ses finances, et ce digne ministre son zelle ordinaire pour le bien de l'Etat, le priant d'etre persuadé que nous inspirerons a nos arriéres petits fils un amour si tendre et une reconnaissance si vive pour son nom, que la durée des siecles ne pourra l'effacer. Art. 33 Que les droits des marques des cuires et de ceux sur les fers soient suprimés comme préjudiciables a l'agriculture. [es folgen 35 Unterschriften zuziigl. der des greffier]
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7. Die grundrechtliche Argumentation der kursächsischen Rechtsanwälte auf der Grundlage des „Fonds Kursachsen" Grundrechtliche Argumente im kursächsischen Material: Zusammenstellung der ausgewerteten Akten hinsichtlich grundrechtlicher Argumente der Rechtsanwälte, hier genannt „Fonds Kursachsen". Soweit nichts anderes vermerkt ist, handelt es sich um Konflikte aus dem grundherrschaftlichen Bereich; gezählt werden Konflikte, nicht gezählt werden, parallel zum Verfahren mit dem Fonds Saverot, reine Dokumente wie Vergleiche etc.). Zur Erläuterung der Kategorien für die Einstufung der grundrechtlichen Argumente s. die Übersicht 6. Ein Strich „—„ in der Rubrik Kat (=Kategorie) bedeutet, daß der zum Fonds Kursachsen gehörige Konflikt kein grundrechtliches Argument aufweist. In der Rubrik „Jahr" ist unter der Jahreszahl der Bereich (G, PF I, etc.) angegeben. „Jahr" bezieht sich auf das ausgewertete Dokument, nicht den gesamten Prozeß. Die Argumente werden in aller Kürze zitiert bzw. referiert.
7.1. Staatsarchiv Leipzig 7.1.1. Amt Leipzig Jahr STALPNR. Kat — 1596 2113 G 1606 1740 G — 1612 1628 G — 1628 1794 Strafrecht/Ehre, städt. Bereich — 1666ff 3548 G 1668/69 292 IV/2 G
Inhalt/Argument —
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—
—
—
Dieweil wir dann in praesumptione libertatis darbey unß oberwähnte sächs. Rechte zustatten kommen (gegen C.J.Bose, der peinl. Gerichts kosten v. d. Gemeinden Seegeritz u.a. erzwingen will) (Anwalt: ungenannt)
1668f H 1668 G
1194
—
—
1032-34
IV/2
Nun sind in denen Policeyord: von Hochzeiten, Kindtauffen, und Gastungen, absonderlich aber in götlicher heiliger Schrifft die Mißbräuche der Gaben Gottes und Drückung der armen Leuthe höchst verbothen, und dabey angeführet, daß durch übermäßige Kosten vili in Abfall der Nahrung
1674
300
III/2
kommen... (Anwalt: George Schul(t)ze)
Freiheit des Bierholens bei Hochzeiten und Taufen:
7. Grundrechtliche Argumentation der kursSchischen Rechtsanwälte PF II
529
Anrufung der „possess der natürlichen Freyheit" durch Gde Göbschelwitz (gegen C.J. Bose) (Anwalt: Kristian Weber)
1674 G 1675ff PF II
299
1678 H 1679-80 G 1688 G
471
III/2
Einquartierungen, Abzugsgeld, Biereinlegen; mehrfach: quasi possessio libertatis; praesumptio I ibertat is naturalis (Anwalt: Dr. Müller)
325
rV/2
1689fF G
1272
IV/2
Quod, veluti in casa praesenti, injuste incarcerato impune omnino liceat frangere carceres, aufugere et vulnerare vel occidere custodes... (Bezug u.a. auf Boerius, Dec. 215 η. 30; Digesten) (Anwalt: Daniel Siegfrid) Gde Haubitz bittet Grundherrn Teller um Verschonung von versch. Diensten, „daß wir pro vindicanda libertate unser armuth darüber nicht verrechten dürfften." (Es geht nicht nur um Freiheit im Sinne von Recht, sondern um Freiheit im allg.; Anlaß: rechtlose Inhaftierung der Männer) (Anwalt: Pfeiffer)
1690ff PF I 1691 G 1692 G 1693 H
326
1699f Η 1701 G 1703 G 1704 G 1704 H 1706ff G 1708ÍT G
1390
287
457 327 745-46
IV/2
Gde Abtnaundorf gg neuen Herrn Kregel: wirft ihm vor, ihre Freiheit, wohlhergebrachte Freiheit etc. nicht zu garantieren, er wolle sie zu Sklaven machen; das Gegensatzpaar Freiheit/Sklaven verweist darauf, daß nicht nur die üblichen Freiheiten im Sinne von Rechten od Privilegien gemeint sind, sondern die Freiheit der Person an sich (Anwalt: Lange)
1188
—
—
1507
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551
—
—
381
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1508
—
—
1007/8
—
—
1103
—
—
Dokumentation
530 1712 G
859
ΠΙ/2
1716 G
393/594
m/i
1717 G 1717 G 1737 G 1749ff G 1752f G 1765ff H 1789 G
1129
... so einer und andere von uns auch in solchen eilfertigen Vorlesung etwas, so unßere natürlichen Freyheits- und übrigen Possess resistiret, wahrgenommen, und es erinnern wollen, der Herr Obriste mit harten Reden ihn begegnet... Und wie nun die defensio an sich selbsten Juris naturalis ist... (gemeint ist Defensio vor Gericht, Recht auf Anhörung, gg Urteile, die ohne Beachtung dieser Rechte ergangen sind (Anwalt: Mag. Johannes Lange)
397 350 949 734/1 2318 6084 7.1.2. Amt Grimma
Jahr 1671 PF II
STALPNR. 983
Kat IV/2
1703 So
655
III/l
1703 PF II 1705 PF II 1708f G 1734f PF II
1076
Inhalt/Argument Gesindezwangsdienst: „Wann dann sowohl der natürlichen Billigkeit, als auch der angezogenen Gesindeordnung und darauf eingerichteten Recess. §11. diametraliter zuwieder lauffen würde, wann wir unsere Kinder, welche wir zu Fortsetzung unserer Nahrung selbsten bedürffen auch andern Leuten nicht dienen, in des von Brücks ... Haußhaltung mit großen Sorgen ihres Verderbs, zum Dienst stellen oder uns hierzu durch den angemasten Zwang anhalten lassen selten, bevoraus wir dießfals in possessione libertatis vel quasi unß befinden..." Gde Bortewitz gg David Kuntze, Müller. Anwalt Johann Christian Wächter macht in Hutungssache für Kuntze die praesumptio libertatis naturalis geltend
1130 537/8 1223
III/2
Klage der Gde Pomßen gg Kinderdienstzwang und diesbezügl Benachteiligung gegenüber den anderen Gden d Herrschaft: dies sei „natürliche Freyheit,
7. Grundrechtliche Argumentation der kursächischen Rechtsanwälte
1734ff PF Π
146
III/2
531
und den Landesgesetzen e diametro zuwieder" (Anwalt: Dr. Wächter; wiederholt obiges Argument mehrfach) zum Gesinde-und Kinderzwangsdienst, ein Vergleich ν 1685, der einzuhalten sei: „Sie (=Gde Niedergrauschwitz) wollen um bey obangegegenen (sie!) Vergleiche und vor uns habenden Possess auch natürlichen Freyheit nachdrücklich schätzen..." (Anwalt: Dr. Johann Conrad Wächter)
7.1.3. GH Gnandstein Jahr 1720 Η
STALPNR. 316
Kat —
Inhalt/Argument —
7.1.4. GH Frohburg Jahr 1657 PF II
STALPNR. 505
Kat IV/2
1658f PF Π
507/10
IV/2
1669 PF II
504
IV/2
1709 G 1710 PF II 1727 425 G 1741 G kJ 1773 ff PF II 1775 G 1780 PF II
521
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524
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Servi-
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372
Inhalt/Argument Kinderzwangsdienst: eigene Notdurft und Subsistenzbedarf der Bauern geht vor Bedarf des Grundherrn. Abgesichert durch Bestimmungen der Gesindeordnung Gesindezwangsdienst, Ablehnung durch Gemeinde Greiffenhain: „Wie es denn auch anders nicht seyn kann, so man anders wieder die Teutzsche Libertät nicht handeln will, denn mann ja keine solche tut einführen laßen wirdt..." (das Argument wird noch wiederholt, statt „Teutzsche Libertät" heißt es dann „Teutzsche Freyheit") (Anwalt: wahrscheinlich David Kupfer, Substitut in Dresden) Kinderzwangsdienst: eigene Notdurft und Subsistenzbedarf der Bauern geht vor Bedarf des Grundherrn. Abgesichert durch Bestimmungen der Gesindeordnung
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rv/3
Recht auf Verteidigung und anwaltl. Beistand im Strafrechtsverfahren
403/1
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559
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554
Dokumentation
532
7.2. Staatsarchiv Dresden—Appellationsgericht Jahr 1668/1671 G
STADRNR. 7656-7
Kat IV/2
Inhalt/Argument Einer Vorladung vor Gericht müssen die Gründe beigegeben sein; kein Urteil ohne Richter (Anwälte: Johann Berger; Johann Abraham Birnbaum)
1668 G 1679 G 1686 G 1694 PF II
7653
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9395
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9400
—
—
3740
ΙΠ/2
Inanspruchnahme der Gde Franckenstein der „natürlichen Freiheit" gegen Gesindezwangsdienst (Anwalt: Johann Heinrich Konhard)
1703 H 1706 G
3605
—
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7800
III/l
die nach Böhlen gehörigen Untertanen weigern sich, Straftäter aufzugreifen und ins Gefängnis zu bringen, das sei Aufgabe des Vogts des Gerichtsherrn; sie befänden sich dabei „in libertate naturali vel quasi", das Verlangen sei gegen die „natürliche Freyheit" (Anwalt)
1706 H 1713 G 1721 G
13110
IV/2
Dem Dorfrichter von Wenigoßa wirft die Gemeinde erhebliche Verletzung seiner Amtspflichten vor; die Gewähr leistung der „pax domestica" (diese sei verletzt worden) erfordere eine gerichtliche Untersuchung; sie liege auch im „interesse publicum".
1II/2
GH will bestimmen, wann welche Felder gepflügt werden. Die Gde Braunsdorf sieht dies nicht nur im Widerspruch zum Herkommen, sondern fühlt sich „in ihrer natürlichen Freyhait dadurch be einträchtiget, indem ihnen nicht verstattet wird, ihre Felder im Früh-Jahre eher zu bestellen, als biß sie mit den Hofe-Feldern völlig fertig seyn..." (Anwalt)
1407 9441
1721 G 1730 G 1734 H
9442
1738 Ad 1740 G
7301
3564/5 5098
13621
7. Grundrechtliche Argumentation der kursachischen Rechtsanwälte 663S
ΙΠ/1
533
Gde Schwarznaußlitz wehrt sich gg Ernennung d Dorfrichters durch GH ohne ihr Wissen u Zustimmung; ihre diesbezüglichen Rechte bringe schon „unsere natürliche Freyheit mit sich" (Anwalt: Johann Nicolaus Rumpel)
Register Absalon, Günther 70 Absolutismus 110; 138; 184; 374; 452 f. bolschewistischer 69 Grundherrschaft 175; 183 Mythos 453 Sachsen 173 Absolutismuskritik 439 Abtnaundorf 229 Abwehrrechte 70; 97 Abzugsgeld 167; 203; 241 Achsenzeit 81 Acht-Prozeß, sächsischer 196 Acollas, Emile 50 ad relationem 348 Adam, Nicolas (Erfinder der Ganzheitsmethode) 358 Adelung, Johann Christoph 39 Aegidius Romanus 265 Affäre Dreyfus 73 Afrika 83 Agey 156; 161 Agrarindividualismus 142; 143; 162; 176; 245 Ägypten 49 Ahrens, Heinrich 43 Akademien 326 Mitglieder: Deutschland 326 Frankreich 326 Akkulturation 89; 199; 352 Konzept 26 Akteneinsicht Verweigerung 240 Algerienkrieg 86 Allgemeines Landrecht 58 Alphabetisierung 215; 216 Alphabetisierungsgrad 216 Alphabetisierungsquote 216 Alphabetisierungsvorsprung Deutschland 327 Althen 204; 335; 343; 347 Althusius, Johannes 45; 60; 301 Altner, David (Richter und Wirt in Mockau) 228;364;366; 399 Altner, Greger (Richter in Mockau) 363; 365 Amerika 39; 42^18; 51; 55; 58; 62; 64; 66; 72; 88; 91; 286 f. Rechteerklärungen 35
Revolution 38; 46 Amira, Karl von 108 Amphoux, Henri 76 Amt Leipzig 167 Ämter 166 Sachsen 162; 189 Ämterakten Statistik 163 Ämterkäuflichkeit 188 Amtmann Borna 211; 228 Grimma 202 Leipzig 217; 218; 227 Amtsbürgertum 179 amtssässig 239 Analphabet 326 Andelfinger, Andreas 66 Andersartigkeit Recht auf 91 Andriot, Marie (Noidan) 236 Angers 289 animal sociale 312 Anna (Haus Wettin) 102 Annales-Schule 16 Anspanner 221 Antike 21; 22; 35; 37; 39; 41-49 passim; 57; 64 ff.; 75; 79; 83; 92 f.; 429 Apiß, Hans (Mockau) 365 appel de droit 195 Appellationsgericht 162 Dresden 162; 164; 165; 170; 174; 185; 188;229 Verfassungsakten 188 Aquin, Thomas von 19 Arabien 444 arbitrium 406 Arcennay 415 Aechery, Jean de 271 Argumente grundrechtliche 350; 412 Aristoteles 35; 249; 274; 276 Aimenfllrsorge 193 Arnay-le-Duc 147; 148; 153 f.; 160; 356 f. bailliage 392 Arnold, Christian (Greifenhain) 338 Amoult (Rechtsanwalt in Dijon) 414; 420; 430
535
Register Arnoult puîné (Rechtsanwalt in Dijon) 417; 429 Anas Vertrag (14S2) 449 Asien 46; 88; 444 Asylrecht 43; 49 AT 260; 262 Athée 353; 389; 390 Athen 43 aubaine s. Fremdenrecht Aufklarung 110 Aufklärung 33; 39; 82; 110 deutsche 453 französische 138; 443 Augustinus 254; 257; 277 Aulard, Alphonse 75 Ausländer 142 Ausschuß tag Dresden 1653 405 Außereuropa 444 Aussöhnung Ritual 221 Auxonne 358; 388 bailliage 387 Ayrault 288; 290; 292 Azo 256 Bacon 51 Baigneux-les-Juifs 386 Bannelier (Rechtsanwalt in Dijon) 414 Bannofenpflicht 155 Bannofenrecht 243 Bannrechte 429 Barbeyrac 35 Barock 452 Bartholomäusnacht 288; 291 Bartolo da Sassoferrato 269 Bastille 50 Bauern 49; 283; 284; 288; 295 Bauernaufstand Sachsen 1790 171; 397 Bauernkrieg 1525 15; 38; 66; 198; 250; 282; 283; 284; 285; 286; 288; 291; 295 Bauernlegen 179 Bauernrecht 435 Bauemschutzgesetzgebung 178; 190 Bauerrichter 335 Baufron 203 Baufuhren 202 Bauyn, Henri Prosper de 415 Bayer, Hans 64 Bayet, Albert 75 Bazard (Rechtsanwalt in Dijon) 430 Beaufremont, Pierre de 356 f. Beaume 392 cahier 392 Beaune 316
Bedrohung 366 Befriedigung sexuelle 232 Behr, Stephan 65 Bekenntnisfreiheit 44; 295 Bellenot 221; 222; 224; 237; 392 cahier 392 Bergleute 179 Bernard, Henry (Pouilly) 391 Bertrand, Alexis 73 Beschimpfungen 242; 330 Besitzrecht 140 Konflikte 130; 134; 167 Bevölkerungsverluste Sachsen 172 Bevölkerungswachstum Grafschaft Chamy 149 Beweisnotstand 209 Beyer, Gregor (Schönefeld) 217 Beyrouth 89 Bibel 257; 260; 261; 276; 283; 293; 328 biblisch 330 Bicentenaire 87 Biedermann, Carl 46 bien commun 385 bien de la communauté 388 bien particulier 385 bien profitable 386 bien publique 385; 386; 387 Bier Strafe 217 Biereinlegen 242; 401 freies 349 Bierholen libertas naturalis 349 Bill of Rights 46 Billard (Rechtsanwalt in Dijon) 430 Billigkeit 336; 379; 411 Binnenstabilität 449 Birckner, Hans 64 Bloch, Marc 142 Bios, Wilhelm 47 Blum, Robert 47 Bluntschli, Johann Caspar 43 Bodin 26; 140; 288; 290 Böhmen 66; 296 Böhmische Konföderationsakte 293 Bologna 260 Bonet-Maury, Gaston 76 Bonifaz VIII., Papst 266 bonum commune 268 Bom, George (Cradefeld) 218 f.; 438 Boma 171 Amt 169; 170; 172; 176 Amtmann 347 Bose, Carl Jobst 183; 211; 227; 228; 349 Boßheit 347
536 Bossuet, Jacques Bénigne 289 Bouchin, Estienne (kgl. procureur in Beaune) 316 Bourgeois, Léon 74 Boutmy, Emile 28 f.; 31; 32; 56; 73; 74; 304 Boutroux, Emile 76 Brandenburg-Preußen 58; 449 Brelet, Pierre (Bretigny) 235 Bretigny 235; 358 Brionne, Comtesse de 147 Brognon 144; 210; 222;358 Brustausfluß 330 Buisson, Ferdinand 50 Bülau, Friedrich 40 Bullier (Rechtsanwalt in Dijon) 417; 429 Bulmerincq, August von 43 Bürger 178; 194 Btlrgerfamilie 228 Bürgerliche Gesellschaft 448 Bürgerliches Recht 430 Bürgerrecht 192; 262; 305; 322 nationales 69 Bürgertum 178; 179; 190 Burgund, Herzog von 269 Burlamaqui 35 cahiers de doléances 288 Cahiers de doléances (Grafschaft Chamy) 391 Calvin, Jean 56 Cameau, Marie (Noidan) 390 Camot (Rechtsanwalt in Dijon) 418 Carpzov, Benedikt 205 Carré (Schulmeister in Maxilly-sur Saône) 353 Cassin, René 75 Castellion, Sébastien 50 Centenaire 72 Challamel, Augustin 50 Chambre des comptes Dijon 356; 387 Champeau (Witwe aus Bellenot) 237 Chanceaux 237 Chantepinot fils (Rechtsanwalt in Dijon) 418 Charbonnel (Rechtsanwalt in Dijon) 430 Charles de Lorraine, Prinz 147 Chamy 147; 149; 151; 156; 174; 175; 181; 210; 235; 236; 355; 395 Archiv 148 cahier 393 Chérel, Albert 76 Chevrot (Rechtsanwalt in Dijon) 414 China 18; 46; 81; 83; 90; 443 Christen 44; 257 Christentum 42; 43; 78 Christian II. (Kurfürst) 197 Christus 44
Register Cicero 35; 249; 251; 252; 253; 254; 264; 274; 300; 319 CIMAB 104 Clavel, Adolphe 51 Clénay 235; 358 Cléry 353 Cluny 103 Code civil 27; 88 Codex Augusteus 200 commissaires alcades 404 Condorcet, Marie-Jean Antoine de Caritat, Marquis de 37 f.; 40; 73 Conighan, Olimpe-Philippe de 415 Conrady, Alexander 59 Conring, Hermann 28 Conseil (Staatsrat) 358 constitution 452 Constitution civile 30 Convulsionnaires 446 Cook, James 443 Corpus iuris Saxonici 200 corvée s. Frondienst corvée seigneuriale s. Frondienste Courcelles sous Grignon 209 Coutume 201; 420 Burgund, 15. Jh. 102 Coutumier bourguignon 201 Covarrubias y Leiva, Diego de 286 Cradefeld 218; 219; 227; 231; 234; 344; 438 Richter 218 Créancey 392 cahier 392 Cröbem 220; 232 Cunisset, Pierre (Bellenot) 237 Dante 267; 268; 273 Dantscher von Kollesberg, Theodor Ritter 45 Darcey 156; 161 Dargaud, Jean-Marie 50 Daijes 438 Déclaration 1793 51 Decretum Gratiani 256; 261 defensio iuris naturalis 402 Deguerre, Albert 49 Dekret 255; 256; 260; 277; 306 Dekretisten 255; 259; 260; 272; 283; 304 Delamotte (Rechtsanwalt in Dijon) 418; 430 Demokratie 51; 280; 314; 321 demonstrationes 259; 278 désaveu 244 Descartes, René 51 Desolidarisierung 365 Dévigne, Antoine (Moulin) 235 Dialog produktiver 448 Dienstleistungsgesellschaft 455 Dienstmadehen 142
Register Dienstmagd schwanger 232 Dieskau, Hieronymus B. von 206 Dietz, George (Elbisbach) 221 Differenz säkulare deutsch-französische 238 Dijon 144; 147; 149; 237; 384; 394 Akademie 102 Dirnen 193 schwangere 232 Diskurs 402 administrativer 404 bauerlicher 117 Dorfgemeinde 210 kaiserlicher 279; 280 naturrechtlicher 403 rechtlicher 426 revolutionärer 386; 433 seigneurialer 210 Diskursanalyse IIS; 116 Volk 361 Divergenz 112 geographisch 185 soziogeographisch 158; 455 Diversifizierung 162 Doktoranden im Nationalsozialismus 70 Döllinger, Josef Ignaz von 46 Domat, Jean 28; 317; 318; 452 Dominikaner 266 Donat, Josef 60 Donellus, Hugo 309 f. Doniol, Henry 49 Dorfartikel 208; 218 Dorfbrauch 242 Dorfrecht 366 Dorfrichter 207 Dorfschöffe 207 Dorfsyndikus 207 Döring, Rudolf von 218 f.; 231; 438 Doumergue, Emile 57 Dresden 102 Dritte Partei 133; 140; 170; 185 Dritte Republik 72; 77 Dritter Stand 385 Drittwirkung Grund-/Menschenrechte 245 Drohgebärde 207 droit acquis 384 droit d'indire 235; 245; 356 f. droit de formariage 237 droits et possessions 388 Dupin, Jean (Fleurey) 236 Dupuy, Pierre (kgl. Rat u. Bibliothekar) 316 Durande (Rechtsanwalt in Dijon) 430 Durande, Claude (Ogny) 394 échevins 352; 382
537 Edikt von Nantes 302 Ehebruch 220 Ehefrau 234; 414 Sorge um Leib und Leben 233 Schutzrolle 234 Ehekonflikt 414 Ehemann 142; 415; 418; 419; 428 Ehre 240 f.; 370; 371; 375; 397; 403 Eibel, Georg (Mockau) 364 Eid 333 Eidleistung 185 Eigenbestimmung Gemeinden 243 Eigennutz 146; 379 Eigenrecht 366; 369; 371; 375; 377; 379; 384; 387; 396; 402; 435 Eigentum 76; 88; 259; 266; 278; 291; 294; 295; 303 Eigentumsbegriff 87 Eigentumsrecht 134; 259; 287; 309 Eigentumsschutz 22 Eike von Repgow 102 Eilhardt, Dr. Johann Conrad (Rechtsanwalt) 418 Einigung europaische 19 Einsiedel, Gottlob Innozenz von 220 Elbisbach 220 Elementarschule 215 Elementarschulunterricht 358 Elsaß 88 Eltern 401 Elternschaft 241 Élus généraux 403 Engelbert von Admont 264 England 39; 42; 44; 45; 46; 56; 58; 59; 64; 66; 91; 444 enquête par turbe 201 EntChristianisierung 141 Entfremdung 214 Recht 199 Entgöttlichung 286 équitable 385 Erasmus von Rotterdam 24 Erbbuch 145; 208 Erbfeindschaft 25 Erbhuldigung 211 Erbhuldigungseid 342 Erblehnrichter 171 Erbrecht 140; 423; 424 Konflike 130; 133; 140; 142 Erbregister 208; 339; 342 Erinnerung 328 rechtliche 329 Ermächtigungsgesetz (Frankreich) 77 États Généraux (1355-56) 50 Ethik
538 christliche 193 Eugen IV. (Papst) 442 EUREGIO 104 Europa 15-24; 26 ff.; 39; 60; 88; 96; 100; 105; 108; 247; 441; 442; 446; 450; 454; 455; 457 Europäer 36 europäisch Menschheit 41 Toleranzgesetz 44 Eurozentrismus 91 Evolution Gesellschaft 51 Evolutionstheorie 91 exequiren 347 Expansion 444 europäische 442 factums 121 facúltales 265; 272; 309; 310 Fäkalien 206 Familie 140; 161; 206; 294 f.; 340; 345; 401 Fang, Sweden 75 Faschismus 75 Feiern 349 Ferdinand II. (Kg. v. Böhmen) 295 Ferdinand III. (Kaiser) 298 fermiers 408 Feudalismus 49; 50 Feudalrecht 190 Ablösung 154 Individualisierung 146; 153 Literatur 254 Fichte 45; 70 filles 355 Findeisen d.Ä., Georg (Mockau) 365 Fischer, George (Haubitz) 229 Fischereikonflikte 167 Fitteli leichtfertige 228 Flammerans 353; 358; 386 Fleurey 153; 236; 356; 357; 360 Flickenschild, Hermann 71 Florentin 256 Flüche 330 Föderalismus 45 Folter 418; 419 forains 149; 354 Forberg, Jacob 232 Ehefrau 220 Fortschritt 38; 39; 64; 91; 93 Aufklärung 33 Foucault, Michel 111 Franche Comté 384 Frankfurt 295 Franzi. 24
Register Frau 220; 222 f.; 227; 230; 235; 236 ff.; 428; 457 Bevormundung 142 Emanzipation 226 Grundrechte 418 hochschwanger 228 ledig 142 Minderberechtigung 226 politische Rechte 194 rechtliche Kultur 225 Schutzrolle 237 Selbstbestimmungsrecht 142 unehelich schwanger 232 Verhaltensmuster 238 Frauenforschung 141 Frauengeschrei 330 Frauenprozesse 238; 422 Frauenrecht 124; 130; 131 f.; 134; 139; 141 ff; 161 f.; 192; 423 f.; 433; 457 Freiheit 15; 21 f.; 31; 37; 39; 40 ff; 44; 46 f.; 49; 50 f.; 54; 59; 60 f.; 63 f.; 66; 68; 69; 71; 76; 78; 82 f.; 88 f.; 190; 241; 243; 245; 248; 256; 259; 260; 276; 278; 284 f.; 287; 291; 294; 299; 302 f.; 305; 309; 390; 417 natürliche 350; 377; 409; 436 persönliche 145; 151; 161; 167; 169; 185; 198; 203 unendliche 41 wirtschaftliche 146 s. auch mainmorte Freiheitsrecht 348 f. Freimaurer Deutschland 326 Frankreich 326 Fremdbestimmung 24; 90 Fremdenrecht 51; 143 Freyer, Hans 83 Freyheit teutzsche 406; 411 Friedegebot 234 Friedrich V. (Kurfürst v. der Pfalz) 296 Friedrich, Hans (Cradefeld) 218 f. Frohburg 227; 337; 344; 418 Fronde 250; 292; 302; 303; 315; 317; 323; 453 Frondienste 151 ; 202; 203 ; 429 Fronkonflikte 167 Frühneuzeitforschung 16 Fundamentalgesetze 292 f.; 295 f.; 301; 420; 430 Fundamentalisierung 420 Fundamentalrecht Begriffsgeschichte 60 Fürstenau, Hermann 45 Fürstenspiegel 265 Gaius 253
Register Galilei, Galileo 38; 51 Gall, Christian (Cradefeld) 218 f. Ganzheitsmethode 358 Garreau, Claude, Maître (Notar) 222 Gürtner, Martin (Leipzig) 228 Gartner, Wenzel (Leipzig) 228 Gattenwahl freie 418 Gauche, Piene (Noidan) 236 Gaurain, Nicolas (Notar) 386 Gebietrichter 218 Gedächtnis 110; 114; 157; 325; 328 f. 330; 333; 335; 336; 350; 356 ff. Gedächtnisschulung 358 Gefährdung 271; 375 GefShrdungsbewußtsein 182 Gefängnis 206; 211; 212; 228; 230; 232 f.; 237; 337; 348; 418 Gegenreform katholische, Burgund 103 Gehorsam 211; 213; 280; 282; 303; 348; 367 Gemeindearchiv 344; 355 Gemeindebier 217 Gemeindehauser 356 Gemeindelade 344; 438 Gemeindesekretär 353 Gemeindesyndikus 350 Gemeindeversammlung 237; 352 Freiheit 242 Protokolle 207; 381; 391 Gemeinschaftsinteresse 70 Gemeinwohl 146; 397 Generalstande 288; 303 Blois 1576 288 Generalversammlungen 352 Genevois, Henri 74 Genf 288 Genitalien 226 Gentillet, Innocent 270; 288; 290 géographie coutumière 119; 161 Gerechtigkeit, en 255; 262; 281; 296; 329 alte 217; 364; 366 Gerichte Legitimation, soziale 198 Unabhängigkeit 195 Gerichtsakten 121 Gerichtsbuch 203; 346 Gerichtsgebaude 328 Gerichtskonflikte 134; 167; 189 Gerichtslade 344 Gerichtsort 328 Gerichtspersonen 239; 329 Gerichtspersonen 329 Gerichtsplatze dorfliche 329 Gerichtspraxis Aufklärung 139
539 Gerichtsregister 125 Gerichtsschreiber 352 Gerichtsstube 229; 230 Gerichtsurteil als Quellenproblem 362 Gerichtsverfassung 186-188 Gerichtsverwalter 239; 329 Patrimonialgericht 189 Gerichtsvollzieher 235 Gerichtswesen 189 Akzeptanz 198 Bedeutung 139 Europa 195 Konflikte 133 rechtsstaatliches 240 Reform 196 Germanen 44; 49 Kultur 60 Recht 53; 108 Rechtsanschauung 56 Stämme 41; 48 Germanophobie 25 Gerson, Jean 73; 271 Geschichtsbilder 20 Revision 20 Geschichtsschreibung europaische 20 Geschlecht biologisch, soziokulturell 225 Gesellschaft standische 435 Umbau 178 Gesellschaftsvertrag 45 Gesetz retroaktive Wirkung 430 Gesetzesgeltung 430 Gesetzesstabilitat 430 Gesetzestafel des Mose 331 Gesetzgeber 258; 263; 273; 277; 320 Gesindedienst 233 Gesindedienstpraxis 342 Gesindel 232 Gesindeordnung 201; 241 sachsische 1651 411 sachsische 1661 212; 339 Gesindezwangsdienst 167; 203; 241; 404; 406;411 Gesten körperliche 330 Gewalt 214 Gewalthabitus 207 Gewerbetreibende 179 Gewissen 370; 375; 376 Gewohnheit alte 336 Gewohnheitsrecht 201; 257; 263
540 Gierke, Otto von 45; 66 Giese, Friedrich 68 Glafey, Adam Friedrich 318 f. Glaubensfreiheit 42 Gleichberechtigung 226; 457 Gleichheit 253; 260; 275; 278; 300; 428; 443 Globalgesellschaft 245 Glossatoren 250; 256; 278 Gnuth, Hans Otto (Crölpa) 229 Göbschelwitz 211 ; 227; 228; 349; 350; 374 Goldast, Melchior 306 Goldene Bulle 295; 299 Goldene Regel 260; 261 Gonnard, René 76 Gott 33; 34; 44; 88; 247; 255 ff.; 261 ff.; 270 ff.; 276; 280- 299 passim; 301-324 passim; 367; 370 f.; 375 f.; 397; 445 Gottesebenbildlichkeit 277 Gottesfflrchtigkeit 406; 434 Gottunmittelbarkeit 290; 291; 293 Gouges, Olympe de 141 Gouget puîné (Rechtsanwalt in Dijon) 414 Gouste, Claude 290 Grand Conseil 196 Grands jours 342; 355 Graßdorf 219; 231 Gratian 254-259; 277; 306 Gregor XIII., Papst 257 Greifenhain 233; 337 f; 338; 344; 350; 374; 405 Griechen 36; 65 Griechenland 46; 49; 81 Grimm, Jakob 110 Grimma 172 Amt 169; 170; 172; 176; 341; 350 Grognot, Etienne (Noidan) 390 Grondin, Max 75 Großstadeln 346 Großzschocher 206 Grotius, Hugo 35; 45; 310; 319; 427 Grundbuch 208; 211 Grundherren 177; 183;214 Grundherrschaft 176 Symbole 185 Burgund 143 Konflikte 171 Grundholden 178 Grundmann, Herbert 83 Grundrecht 192; 194; 197; 235; 366 Arbeitsbegriff und Definition 95 Argument 131-143; 161; 180; 182 Bedarf 447 Bedeutungswandel 69 Drittwirkung 97; 431 Katalog 431 kollektive 246 soziale 79
Register Grundrechteentwicklung 452 Grundrechtekonjunktur 447; 448; 450; 454; 457 Grundrechteprozesse 181 Grundrechtsorientierung 239 Grundwert 88; 262; 266; 276; 294; 365 f. Guanchen (Kanaren) 442 Guiard puîné (Rechtsanwalt in Dijon) 430 Günther, Hans (Richter in Seifertshain) 230 Gutachten 283; 360; 415 habeas-corpus 194 Hagenlocher, Günther 70 Hägermann, Gustav 62 Halbwachs, Maurice 328 Händel, Sybille (Frohburg) 227; 232; 418 Handeln habituelles 325 rituelles 326 Handelsfreiheit 360 Handlungsspielraum individueller 245 Handlungstypen 123 Harer, Peter (Chronist d. Odenwälder Aufstands) 283 Häretiker 259 Hashagen, Justus 62 Haubitz 211; 228; 346; 347 Haun, Friedrich Johannes 42 Haus Schutz-und Lebensraum 234 vergraben 218; 219; 231 Hauschild, Johann Leonhard 436 Hausen, Christian Friedrich (Konzipient) 228 Hausgenossengeld 399 Haushaltsvorstande 342; 352; 355 mannlich 333 Haushaltung 406 Hausnotdurft 285; 377 Hebammen 233 Heidelberg 309 Heinicker, Andreas (Wüstenhain) 329 Heinrich, Christoph (Richter in Althen) 335 f. Heinrich, Prinz von Preußen 394 Hein», Christoph (Scharfrichter in Leipzig) 405 Held, Joseph von 43 Heldin 238 Helmstedt Gutachtenjuristische 190 Helvis, Jean 289 Herder, Johann Gottried von 34 Herkommen, altes 242 Herrschaft 185; 262; 267 f.; 273; 275 f.; 278; 284; 315; 359; 371 Ausübung 173;239 Begrenzung 190; 194; 241; 242
Register Kompetenz 178 Konflikte 151; 153; 154; 161; 167; 169 Praxis 371 Herz 261; 318 Hexenprozesse 199 Hexerei 199 Himmler, Heinrich 108 Hinrichtung 328 Hintersasser 219 Hintze, Otto 67 Historikertag Frankfurt/Main 1924 62 Ulm 1956 15; 83 Historische Studien 58 Historische Zeitschrift 57; 77 Hobbes; Thomas 35; 87; 292; 309-320 Hochzeiten 242; 349 Hochzeitsbier 349 Hoffmann, Ludwig 43 Hofgericht (Wittenberg) 197 Holstein 333 Holzfrevel 220; 232 Holzftevels 232 Hölzle, Erwin 59; 76 Homosexuelle 193 Hôpital, Michel de 1' 290 Hostiensis 260 Hotman, François 289 Huber, Emst Rudolf 69 Hufenbauem 407 Huldigung 217; 229; 241 Huldigungseid 208; 211 ; 213 Humanität 34 Humanité droits 35 Hungerkrisen 245 Ideen von 1914 30 Identität geschlechtsspezifische 226 ignorantia affectata 347 Ihde, Wilhelm 71 Imagologie 24 imperator 252; 258; 259; 266; 274 Indianer 287; 442 Indien 81; 83 Individualisierung 146; 153; 161 f.; 177; 179; 190; 245 f.; 448 Landwirtschaft 142 Recht 243 IndividualisierungsprozeB 152 Individualismus 190 Individualkonflikte 149; 155; 239 Individualprinzip 456 Individualprozeß 146; 176; 243 Individualrecht 251; 299
541 Individuum 45; 70; 215; 235; 246; 313; 326; 376 Rechte 430 und Gruppe 97 und Staat 96 Indonesien 18 Inhaftierung 212; 239 Innovationen wirtschaftliche 407 Innovationspotential 448 Innovationsprozesse 448 Institutionalisierung 188 Gerichtswesen 186 Institutiones 253 f.; 261; 307; 314 Integration 443 Intendant 165; 222; 235; 356; 383; 386; 448 Intendanturakten 141 Interesse 140 öffentliches 430 Interferenz kulturelle 27 Inzestverbot 22 Irnerius 255 Irrungen 341 Iselin, Isaak 318 Isidor von Sevilla 250; 254; 257; 279 Islam 83; 88 Italien 66; 442; 444; 452 iuramentum malitiae 401 ius divinum 249; 250; 258; 262 ff.; 266; 272; 274-277; 286; 299; 306; 314; 322 ius emigrandi 299 ius gentium 253; 256; 268; 276; 298; 322 ius hominum 93; 247; 249; 250-255; 276; 306 f.; 314 f.; 323 ius humanuni 249; 252-278 passim; 286; 306; 314 f.; 322 ius migrandi 411 ius naturale 249; 250; 253; 256; 258; 261; 262; 268; 273; 275; 276; 286; 299; 307; 309;322 iuspositivum 263; 272; 276; 322; 323 iuslitia denegata 240; 369 Jagdaufseher 237 Jagdfron 203 Jahreskonfliktdichte Chamy 153 Jakob I. (England) 59 Jakob von Viterbo 265 Jakobinismus 445 Janet, Paul 74 Jansenismus 446 Japan 83 Jaspers, Karl 21; 80; 82 Jellinek, Georg 28 f.; 30-33; 38; 40; 46; 48; 52-75 passim; 80; 84; 304
542 Johannes Quidort von Paris 266; 273 Johannes von Salisbury 262; 277 Jours ordinaires 342; 355 Juden 49; 193 Emanzipation 41 Schutzgesetzgebung 193 juge naturel 381 juge seigneurial 329 Jung, Elisabeth 230 Jung, Hans (Seifertshain) 230; 234 Jüngstes Gericht 329 Juristenfakultät Leipzig 337; 400; 438 Juristenrecht 201 juste 385; 388 juste et raisonnable 382 Justi, Johann Heinrich Gottlob von 90; 269; 285; 289; 302; 307; 317 f.; 320 justice 387 Justinian 254; 307 Justitia 329 Justizreform 387 Kabinettsjustiz 196 Kabisch, Hans (Mockau) 399 Kaiser 269; 274; 275; 279; 295; 296; 297; 300;315 Kanonisches Recht 199 Kanonisten 250; 259; 260; 261; 278; 279 Kant, Immanuel 34; 45; 82; 321 Kantorowicz, Hermann 95 Kanzlei, kurfürstliche 188 Karl der Kühne (Burgund) 102 Karl I. (England) 39 Karl V. (Frankreich) 50; 268 Karl V. (Kaiser) 24; 279; 281 Kärlich, Michel (Seifertshain) 230 Kameades 319 Karrieren bäuerliche 408 Kassation 415 Katholizismus 52; 78 Keller, Robert von 66 Kern, Fritz 60 Kinder 223; 229; 234; 236; 237; 241; 405 verheiratete 401 Kinderaufzucht 309 Kindererziehung 278 Kinderrecht 192; 433 Kinderzwangsdienst 212; 233; 337; 338; 341; 350;405 Kindsmord 330 Kirche 280 Kirchengesetzgebung 141 Kirchenzehnt 120; 134; 139 ff. Kitzscher 229; 347 Kleinstädeln 346
Register Klingner, Johann Gottlob 435 Klippel, Diethelm 84 Klövekorn, Fritz 62 Knust, Hermann 62 Kohärenz kulturelle 327 Kollaboration 77 Kollektivkonflikte 149 Kollektivprozesse 146; 176 Kollektivsingular 294; 301 Kolumbus 293 Kommissare Burgund 148 Kommunalismus 456 Kommunikation 250; 261; 333 Kommunikation 333 Kommunikationsabläufe 350 Kommunikationsgemeinschaften als Vermittler von Wissen 345 Kommunikationskultur 359 Kommunikationsmedien 345 Kommunikationsnetzwerk 384 Kommunikationsstruktur 456 Kommunikationstechniken 215; 346 Komparatistik 16; 23 Konflikt s. Recht: Definition Konfliktdichte 112; 149; 150; 171 ff. 185 Konfliktprofil 112; 157; 159; 176 Grafschaft Chamy 396 Konfliktziel 119; 143; 151; 155 Konfrontation diskursive 208; 210; 403 Verschriftlichung 212 Konhardt, Johann Heinrich (Konzipient) 346 Konstantin (Kaiser) 44 Konstantinische Schenkung 265 ff. Konstitutionalismus 64 Konzil von Konstanz 269; 271; 272 Körper 277 körperlich 330 Kotteritz, August Friedrich von 405 Koziol, Leonhard 71 Kranpiegel, August (Rechtsanwalt) 349 Kraus, Christian (Cradefeld) 218 Kregel, Johann Emst 229; 234 Kreusch, Hans (Schöppe in Althen) 335 Kreuzzüge 47 KriegseinflUsse 449 Krise, globale 453 f. Krug, Wilhelm Traugott 43 Kühn, Johannes 62 Kultur Begriff 106 Kampf 78 Kohärenz 32S literal 325; 330; 360 semi-oral 325
Register Kulturrelativismus 43; 49; 88; 89; 91; 443 Kupffer, Paul (Elbisbach) 221 KurfQrstenkolleg 295 LaLochère 392 cahier 392 L'Alouette, François de 292 La Marche-sur-Saône 356 La Roche Flavin 315 ff. Labergement-lès-Auxonne 353; 356; 358; 388 Laboulaye, Edouard 52 laboureurs 407 Lacoste (Rechtsanwalt in Dijon) 430 Lagoutte d.Ä. (Rechtsanwalt in Dijon) 209 Lagus, Conradus 307 Laier, Caria 60 LaLoupe, Vincent de 289 Lammel, Hans 70 Landesgesetze 406 Landesrecht 202; 203; 205; 241 Landesregierung 165; 188; 346 Landproletariat 179 Landtage 203 sachsische 403 Sachsen, 1661 404 Sachsen, 1670 405 Torgau 203 Lange, Johann (Rechtsanwalt) 219,438 Langlois, Wirtsfrau in Perrigny 237 Laprée, Melchior (Moulin) 236 Lamaude, F. 56 Las Casas, Bartolomé de 89; 287 f.; 442 Lasteyrie, Jules de 49 Latein, lateinisch 348 Lebewesen 253; 256; 308 Lech, Eva (Crölpa) 230 Legisten 250; 256; 260; 273; 278 Lehrer 352 Lehrerin 352; 385 Lehrfreiheit 43 Lehrstuhl für Revolutionsgeschichte 72 Leib und Leben 323 Leibeigenschaft 411 Leibniz 262 Leipzig 40; 171; 228; 364 Amt 169; 170; 171; 176; 184 Oberamtmann 346; 349; 364 Rat 219; 399 Leipziger Teilung 449 Leistritz, Hans Karl 71 Lemle, Heinrich 61 Leprêtre, Charles 75 Lese fähige Frankreich 327 Lesekompetenz 326; 327 Lesetechnik 215
543 Leseunterricht 356 Leubner, Peter (Haubitz) 229 Levante 444 Leveller 59 Lévi-Strauss, Claude 91 lex divina 250; 255; 257; 272; 314 lex humana 250; 255; 257; 263; 265; 269; 273; 276; 286;287 Liberalismus 40; 69 libertas 402 LiberteΚ 242; 299 deutsche 437 natürliche 402 liberté 383; 384; 386; 388; 391 Libertet 349 Lieber, Franz 46 Ligeret (Rechtsanwalt in Dijon) 414 Lindner, Dr. (Rechtsanwalt) 347 Lips, Alexander 41 Lisieux 358 Literalitat 199; 352 Locke, John 61; 311 f.; 317 Logen 326 lois fondamentales 289 f.; 303; 315; 321 Lokalisierung 331 Lokalitatsprinzip 374; 396; 446; 455 Lombard (Anwalt in Dijon) 390 Lösegeld 356 Loyalitatskonflikt 207; 336 Ludwig XIV. 138; 197; 302; 446 Ludwig XV. 321; 453 Ludwig XVI. 321 Lureau, Henry 76 Luther 50; 279-283 Lüttichau, Christian von 346 Lykurg 37 Mably 35 Machtmittel 449 Machtverhaltnisse geschlechtlich 232 Mâconnais 404 Magister Rolandus 259; 260 Magistrate 199 Magna Charta 17; 31; 35; 44; 55; 66 mainmorte 146; 151-154; 161; 209; 236; 238; 243; 244; 360; 387; 390; 429 Makronormen 446 Manner 225; 238; 355; 457 Gesundheit 211; 228 Rechte 193; 457 Rollen 225 von Frohburg 232 Marcaggi, Vincent 75 marchands 154 Marcilly sous Mont-St.-Jean (cahier) 394 Maréchal, Sylvain 35; 38; 49
544
Register
mariage spirituel 235 Maritain, Jacques 86 Marsilius von Padua 66; 273 Martine, Demoiselle 418 Marxismus Menschenrechte 40 Massachusetts Rechteerklärung 1641 62 Matagrin, Amédée 76 Maupeou, René Nicolas de 186 Maxilly-sur-Saône 353; 354; 357; 360; 381384; 395 Maximilian, Herzog ν. Bayern 296 Mazarin, Jules 303 Mazarinades 302 Méaly, Paul 76 Meier, Georg Friedrich 318 Melanchthon 283 mémoires 121; 122; 143; 162 Memorierfähigkeit 358 Mendelssohn, Moses 26; 61 Mensch 247 Menschenrecht 414; 423 Argument 414; 423 Begriff 445; 456 Debatte, spanische 443 Erklärung 1789 53; 454 Gerichtshof, europäischer 88 internat. Diskussion 454 Kanon 284; 285 Kritik 87 kulturspezifisch 18 Universalgeschichte 19 Menschenwürde 34; 78; 88 Menschheit Einheit 35 Geschichte 21; 33; 37 Rechte 34 Menschlichkeit 414; 428; 434 Menschsein 80 Metaphern 330 Métin, Albert 74 Mey, David (Seifertshain) 230 Meyer, Oskar Arnold 59 Michelet, C. L. 41 Mikronormen 446 Millot (Rechtsanwalt in Dijon) 430 Mimeure (cahier) 393 Minderheiten, religiöse 193 Minderheitenschutz 192 Mindeijährigenrecht 132 Minimalethik 21 f.; 89; 92 Mirebeau 384 Missery (cahier) 394
Mnemotechnik 358 Mobilität 142 f.; 162; 238 individuelle 142 Mockau 228; 346; 347; 348; 363 f.; 399; 402 Modell deutsches in Frankreich 33 Moderne 50 Modernisierung 139; 140; 143 Modernisierung 162; 177; 179; 190; 238; 411;449 Modernisierangstheorie 189 Modernität 385 Mohl, Robert von 44 Molina, Ludovicus de 286 Monarchie absolute 439 Monarchomachen 60; 292; 323 Montaigne 443 Montauban 57 Montenegriner 64 Montesquieu 26; 62; 316; 426 Montigny-Montfort 237 Montmergné, Elizabeth Charlotte de 415 Mont-St.-Jean 147; 148; 154; 395 cahier 394 moral economy 214 Mord 270 Morta (Anwalt in Dijon) 390; 430 Morlet, François Intendant Grafschaft Charny 147 f.; 150 Morot, Simon (Rechtsanwalt) 355 Moses 36 Moulin 235; 236; 356; 357; 360 Mahlenkonflikte 167 Maller 236 Mailer, Dr. David (Rechtsanwalt) 346; 364; 400 ff. Müntzer, Thomas 38 Murhard, Friedrich 43 Musset, François (Ogny) 394 Mutter 418; 428
Mittelalter 37; 41-48 passim; 60; 65; 66; 67;
Natur 247; 253; 256; 261; 263; 265; 270 f.;
76; 79; 87; 88; 92; 101 Mittermeier, Franz 46
Nachbarn 345 Nachbarschaftsrecht 132 Nachon, François 418 Nahrung 203; 240 f.; 345; 363; 365; 366; 371; 375; 397 Nahrungssicherung 198; 245; 331; 337 Namenslisten 243 Nation 16; 20; 24 f.; 50; 70; 96; 267; 387; 428;437 Nationalsozialismus 16; 64; 71; 108 Nationalsozialisten 60; 69 Nationalversammlung 387 275ff.;286; 289; 296; 304; 307; 310; 312 f.; 317; 319 f.; 324
Register Naturrecht 65; 70; 82; 84; 182; 253 f.; 256 ff.; 260 f.; 263; 269; 274 ff.; 278; 286 f.; 290; 299; 301; 306-309; 313 f.; 319 f.; 331; 404; 416; 427; 429; 436 Abwehriunktion 437 Argument 414 Naturrechtslehre 22 deutsche 439 preußische 438 nécessaire 382; 385 f.; 388 nécessitas 377 f. nécessité 303; 382; 386 Nettelbladt 438 Neuerung 336 Neunitz (Amtsdorf) 202 Niederlande 45; 46; 58; 59; 106; 444 Nikolaus von Kues 273; 274; 275 Noidan 149; 153 f.; 210; 236; 245; 353; 355; 395 cahier 393 Nordamerika 20; 444 Norddeutscher Bund 68 Notar 342 Notdurft 206; 284 f.; 294; 296; 303; 337; 341; 377; 382 Notwehr 278; 303; 309 Recht 296; 308; 313 f. NT 260 Nutzen, gemeiner 262; 377; 382 Oberhofgericht (Leipzig) 197; 206; 218 ff. Oberschicht sozioprofessionelle 352 Oberwaldhüter 223 Obrigkeit 213; 220 f.; 224; 235; 263; 280; 299; 302; 366; 369; 375; 396; 399; 406 Oesterreich, Heinrich 70 Oestreich, Gerhard 17; 84 Oetzsch 346 Öffentlichkeit 330 europaische 455 f. transnational 456 Ogny 395 cahier 394 Oralkultur 110; 215 Techniken 114 ordo 275 Ordonnance civile 1667 197; 202 ordre Begriff 315 Orléans, Herzog von 269 f.; 453 Osmanisches Reich 39 Osnabrück 299 Pachtwesen 244; 408 Pagny 156 Paine, Thomas 19 Palastina 44; 81
545 Pangermanismus 52 Panthier 392 cahier 392 Papst 266; 268; 271; 273; 275 Paris 72; 266; 269; 270; 271 ; 303; 446 Glaubenskonzil 269 Universität 56 Parlament 138; 195; 289; 315 f. 323 Dijon 127; 129; 133; 162; 164; 185 f.; 355; 358; 389; 395; 414 f.; 426 Paris 187; 303 Richter 329 Toulouse 427 Pastoris Aeterni (Bulle 1472) 442 Patrimonialgerichte 189 Patriotische Gesellschaft 326 Perrigny-sur-l'Ognon 223; 237; 354; 356; 357 f. Përsien 81 persona 308 Petit, Jean 269; 272; 323 Pfändung 236 Pfarrer 222 Pfeiffer, Dr. (Rechtsanwalt) 212; 228; 347 Pflichtverletzung 371; 375; 396 Philipp der Schöne (fiz. König) 266 Philipp von Baden, Markgraf 281 Philosoph 326 Physiokraten 245 Pico della Mirandola 277 Pierre de Beiloy 292 Planitz, Hans 66 Piaton 35 Polen 64 Policey-Ordnung 201 sächsische v. 1612 402 Polysynodie 138 Pomßen 212; 338 f.; 341; 343; 350 Ponickau (Rittergut) 212; 338 Ponickau, Johann Christoph von 230; 341 Pontailler 358 Portalis 28 Positivierung s. auch Recht Postnetz (Burgund) 359 Pouilly 149; 154 f.; 222; 391 f.; 395 cahier 392 praesumptio libertatis naturalis 401 praesumptiopro libertóte 377 Pranger 328 Presbyterium 141; 221 ff.; 237 Preuß(er), Johann Heinrich (Gerichtsherr) 204;336 Preußen 58; 61; 394 Priezac, Daniel de (kgl. Rat) 316 princeps legibus solutus 214 Privateigentum 259; 430 Privilegien 171; 179; 294; 296; 299
546 procureur d'office 208 Produktivität 245 Professionalisierung 189; 198; 200; 207; 211; 221 profit de la communauté 382 Prostituierte 228; 232 Protestantismus 445 Protestantismusforschung 73 Protokolle 352 ff.; 358; 384 Archivierung 354 serielle 351 Provinzverwaltung 404 ProzeQordnung 201 Psychologie 225 Pufendorf 26 Pufendorf, Samuel 26; 35; 61; 309-319 passim; 452 puissance absolue 289; 293; 315 quasi possessio libertatis 401 Rädelsführer 230 Rädelsfllhrerin 222 raisonnable 385 Randgruppen 193; 194 Ranfer (Rechtsanwalt in Dijon) 414; 430 Rapp, Daniel Siegfried (Konzipient) 350 Rassenlehre 443 Rassismus 443 ratio scripta 200 Rationalisierung 189; 198; 200; 207; 211; 221 Akzeptanz 213 Rationalität des Rechts 224 Raumer, Kurt von 15; 83 réaction seigneuriale 183 rébellion 221; 223 f.; 237 Recht, positives Argument 414 Recht auf Arbeit 42 Definition 95 erinnertes 202 fremdes 28; 71 der Menschheit 416 positives 417 positives, nationales 416 Positivierung 200 römisches 28 verschriftlichtes 208 Verschriftlichung 200 f.; 210 Rechte Öffentliche subjektive 30; 53 subjektive 309 Rechteerklärung Virginia 1776 63
Register Rechtekatalog 263 Rechtsanthropologie 114 Rechtsanwälte 405 kursächsische 412 Burgund 139 Rechtsarchäologie 108 f.; 328 Rechtsbedarf 119; 143; 166; 450 Rechtsgleichheit 370; 376; 384; 419 Rechtsgutachten 223; 417 Rechtskompilation private 201 Rechtskultur 107; 111; 199; 214; 221 Elite 214 europäische 17; 442 Volks 199; 214; 215; 217; 218 Rechtskulturforschung 106; 108 Rechtsmittelverfahren 190 Rechtsmittelvorbehalt 295 Rechtspositivismus 110 Rechtsschule historische 28; 52 Salamanca 20; 286; 442 Rechtsschutz 287; 429 Rechtssicherung 295 Rechtssoziologie 96 Rechtssprache professionelle 403 Rechtsstaat 44; 51; 59 Rechtsstaatlichkeit 68; 138; 192; 278; 305 Rechtsstabilität 295 Rechtsstruktur einheitliche 243 Rechtstatsache 337 Rechtstatsachenforschung 204 Rechtstitel individuelle 201 Rechtsunsicherheit 356 Rechtsvorbehalt 210 Redslob, Robert 62 f. Rees, Wilhelm 62 Referenz kulturelle 24 Reformabsolutismus 449 Reformation 33; 38; 39; 41; 43^»8; 50; 52; 56; 61 f.; 66; 75 f.; 103; 215; 283; 286; 291 Régence(1715-1723) 138 Region 98; 100 europäische, Typ 104; 451 europäische, Typologie 99 Regionalitätsprinzip 446; 455 Reichskammergericht 187; 189 f.; 196; 202 Reichstag Worms 279; 284 Reichsverfassung 55; 68; 187 Reiterei 222; 224 Religionsfreiheit 45; 299 Religionskriege 288 Rembrandt 82
547
Register Remonstranzen 186; 189 Parlament Dijon 426 Remonstratìonsrecht 138 Renaissance SI Renève 354; 356 ff.; 384 f. Reprflsentativitat 45 Repräsentatiwerfassung 67 Résistance 86 retrait ¡ignager 420 Revolution 454 amerikanische 17; 22; 27 französische 17; 24; 141; 261 französische in Sachsen 171 Richter 199; 259; 270; 275; 289; 296 bauerliche 189 Vereidigung 202 Richter, Carl 47 Ridderbusch, Paul 59 Rigoult (Rechtsanwalt in Dijon) 415 Riten 325 Ritter, Gerhard 17; 62; 77 f. Rittergutsbesitzer 173 f.; 178 Ritterschaft 411 Diskurs 409 sächsische 406 Ritual 357 heilendes 217 Roche l'aîné (Rechtsanwalt in Dijon) 414; 430 Rogerius 256 Roitzsch (Gerichtsverwalter in Seifertshain) 230; 234 Rollenverteilung der Geschlechter 225 Rom 43; 46; 81 Römer 36; 65 Römisches Recht 71; 87; 199; 200 Rousseau, Jean-Jacques 35; 56; 102 Rückschritt 41 Rufinus 259 ff. Rügegericht 204; 213; 342; 335 Rumänen 64 Sachsenspiegel 66; 201 Sachverstandige 353 Saint Jacob, Pierre de 143 Saint Julien (Burgund) 144; 149; 151; 156; 175; 181; 208; 210; 235; 245; 358 Sainte Chapelle Dijon 389 Saizeray (cahier) 394 Salander, Gustav Adolf 62 f. salus populi 300 salus populi suprema lex 395 Samtleben, Wolfgang 60 saniorpars 352 Saône 383 Sapey, C. Α. 51
Sartorius, Georg 38 Schaefer, Hans 83 Schandpähl 328 Scheidungsrecht 141; 457 Schickhardt, Bernhard 62 Schild, Regina (Göbschelwitz) 228 Schlegel (Rechtsanwalt) 350 Schlettwein, Johann August 248; 321 Schlosser, Joseph 60 Schlüsselbegriff 452; 454 Schmähungen 240 Schmidt, Adolf 42 Schmidt, Richard 59 Schmitt, Carl 69 Schmitthenner, Friedrich 43 Schneidew(e)in, Johannes 307-310 Schönberg, Gottfried (Frohburg) 419 Schönefeld 217 Schöppen 199 bauerliche 189 Leipzig 230 Schöppenstuhl 189 Leipzig 400 f. Schreier, Hella 62 Schriftkultur 113 f.; 215 f. Schriftsatz 122; 347 f. Schriftsprache 333 Schrifttechniken 110 Schroeder, Eduard August 64 Schubert, Walter 71 Schulmeister 353 Schutzbedürftigkeit 142 Schwabischer Bund 282 Schwangerschaft 355 Schwar(t)z, Georg (Gerichtsverwalter) 364 SchwarznauQlitz 344; 437 Schweineherde 223 Schweiz 44 Seckendorff, Veit Ludwig von 301; 302; 305; 306 Sedimentierung 449 Erfahrung 116 Seegeritz (Rittergut) 211; 349 Seehausen 211 Seifertshain 230; 350 Seigneurialgerichte 189 Seigneurialrecht 181; 429 Individualisierung 355 Konflikte 131; 143 Prozesse 181 Seigneurialwesen 423 Selbsterhalt 22; 275; 278; 308 f.; 311 ff.; 320 Selbstvergewisserung 261; 293 Semantik historische 116; 247 sozialhistorische 113 semi-Oralkultur 216
548 Semur 237 Seneca 36; 252; 253 Sens 290 Serben 64 servitude 391 Servitut 259 Seyssel, Claude de 289; 292 Sicherheit 303; 442 1789 248; 262; 304; 305; 317; 322 Sieyès, Emmanuel-Joseph 73; 458 Sittengesetz 257 Sklaverei 21; 254; 256; 259; 287; 309; 437 Slaven 64 Sohn 143; 233; 337; 350;364 Soldat 142; 179; 232 Solidarisierung 234 Solidarität 217; 219; 221; 224; 227; 237 f.; 365 f.; 377; 382; 397 Solon 36 f. Solonge (cahier) 393 Sonderweg deutschrechtlich 68 Bewußtsein 68 Songe du Verger 268 Sorbin, Arnault 288; 291 f. Soto, Domingo 286 Soudy, Dominique (Bellenot) 237 souveraineté 289; 321 Sozialgeschichte 16 Recht (bei Herder) 34 Sozialisation 332; 345 Sozialverfassung 374 Spanien 58; 66; 250; 286; 444 Sparta 43 Sperling, George (Schöppe in Althen) 335 Sperling, Maria (Zweinaundorf) 227 Spinoza 312-317 passim Spontanaktionen 214 Sprachbesitz 381 populärer 378 Sprache gelehrte 349 Spracherwerb 345; 350; 360 St. Cyr, Dames de 147 Staats-Lexikon Rotteck/Welcker 44 Staatsräson 215; 315 Staatsrechtstheorie katholische 306 Staatstafeln 262 Staatsverfassung 140; 186; 192; 289; 426; 452 Staatswörterbuch Deutsches, 1861 43
Register Städte 409; 411 protestantische 300 sächsische 179; 406 Städtekurie 299; 300 Staël, Germaine (Madame de S.) 49 Stände 201; 279 Burgund 148 katholische 299 sächsische 403 Ständegesellschaft 235; 448 Ständeversammlungen burgundische 403 Statuslehre 308 Stellvertreterkonflikt 205; 212 Stephan von Tournai 257; 258; 260 Steuerrechtskonflikte 131; 134 Steuerrevolten 288 Steuerwesen 429 Stiftungen unter Ehegatten 244 fromme 236 f. Stoa 17; 22 Stoiker 253 Strafprozeß 290 Strafrecht 194 Strafrechtskonflikte 131; 134 Straftäter Rechte 193 StraBburg 88 Strauss, Leo 84 Struve, Gustav von 44 Sttlhlinger Artikel 284 Sturmglocken 222 Suárez, Francisco 286 Subdelegierter 224; 237; 383 Sublimis Deus (Bulle 1537) 442 Subsistenz 198; 224; 245; 337 Subsistenzerhalt 161; 220; 237; 371 Südseeinseln 443 Sultan 437 Sulzberger, Johann Rupert 220 Summa Coloniensis 258 SUndenfall 261 Supplik 334; 348; 350 sûreté 389 syndic s. Dorfsyndikus Syndikat 348 System Defizit 190 Konformität 192 politisches 448 f. table de marbre Dijon 223 Tagelöhner 223
Stabilität 140; 161 f.; 261; 292; 296; 316;
taille seigneuriale
371;423 Stabilitätsfaktor 140; 179; 407
Taufen 242; 349 Täufertum 57
236
549
Register Teleologie 22 Teller, Roman (Assessor am Schöppenstuhl Leipzig) 211 f.; 228; 346 f. tenanciers s. Grundholden terrier s. Erbbuch und Grundbuch Testamentsfreiheit 428 Thélin, Georges 76 Thenissey 156; 161 Theologie mittelalterliche 88 Thomas von Aquin 66; 262; 263; 265; 266; 276 Thomasius, Christian 314 f.; 318 f.; 452 Thoreille-les-Arnay (cahier) 393 Thorey-sous-Chaniy (cahier) 394 Tier 280; 285; 288 Tierwelt 267 Tijan, Baronin von 237 Tochter 233 f.; 337; 339; 418; 420 Tocqueville, Alexis de 51 Toleranz 50; 60; 76; 193 Transfer kultureller 26 Transformation 115 Treumann, Rudolf Michael 60 Trierer Gesprtch 281 Troeltsch, Emst 57 TOmmel, Heinrich (JunkerThummel) 217 Turgot 384 Turin 289 TOricenabwehr 443 Tyrannei 262; 264; 287; 295; 303 Tyrannenbegriff 66 Tyrannenmord 269; 270 Tyrannenstaat 278 UNESCO Antirassismuskampagne 91 Unfreiheit 256; 283; 287 Ungarn 64; 66 Ungehorsam 230 Universalgeschichte 22; 81 UniversalherTschaft 268 Universalitat Menschenrechte 456 Universalitatsprinzip 446 Universität (Paris) 271 Universitätswesen 32 UN-Menschenrechtskonferenz 1993 18 UNO Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948) 76; 91; 93 Unschuldsvermutung 402 Unsicherheit metaphysische 261 Unterschriften 216 Untertanen 185
Advokaten 205 Diskurs 363 Unversehrtheit körperliche 198 Urcy 356; 358; 387 Urin 206 Usurpation Gemeindegüter 245 util 385 Utilität 245 utilité 382 utilité pour la communauté 388 utilité publique 386; 397 Vater 142 f,: 339; 418; 420 Vaterland 295 Vehus, Hieronymus 281 Verdichtung 162 Vereinzelung 142 Verfassung 289; 294 ff.; 301 ff.; 315; 317; 323; 452 Vergennes 394 Vergessen 357 Verhaltenskodex 221 Verhörtag 217 Verirrungen von 1789 72 Vemisy (Rechtsanwalt in Dijon) 418; 430 Vernunft 254; 263; 274 f.; 314; 319 Vernunftdenken 199 Verrechtlichung 198 Versammlungsfreiheit 194 Vertragsrecht 140 Konflikte 130 Theorie 303; 321; 323 Verwaltung 448 Dialog 383 Konflikte 131; 133 f. Verwaltungswissen sedimentiert 352 Vichy 86 Villeneuve 210; 395 cahier 393 Villers-les-Pots 390 Villiers (cahier) 394 Virely (Rechtsanwalt in Dijon) 430 virtus 253 Visualisierung 328; 331; 345 Vitoria, Franciscus de 286 voeux public 385 Vogelgesang, Christoph (Elbisbach) 221 Voigt, Christoph (Greifenhain) 233; 337 f.; 370;405;458 Voigt, Michel (Greifenhain) 350 Vokabular politisches 452 Volk 115 Begriff 114
550 Völkergemeinrecht 253 f.; 256; 269; 276; 306 Völkerrecht 44; 286; 295; 297 ff.; 309; 415; 428;430 Argument 414; 424 Volksgemeinschaft 70 Volkskunde rechtliche 213 Volkssouveränität 45; 263; 321; 323 volonté générale 385 Voltelini, Hans von 66 Vorlesen 346; 348; 358 Vorstellungen grundrechtliche 371 Vorstellungskategorie 368; 370 grundrechtliche 399 Vorstellungswelt politische 139 Vossler, Otto 57 Waadt-Land 194 Wachau 367; 434 Wächter, Dr. Johann Conrad (Rechtsanwalt) 212; 342 Walch, Emile 74 Weber 179 Weber, Max 95 Weiber 218; 228 Weiderecht 223 Weimarer Grundrechte 69 Weimarer Republik 63; 69; 77 Weimarer Verfassung 67; 69 Weingartener Vertrag 282 Weiss, Nathanaêl-Emile 76 Weistum 208 Weltgesellschaft 96 Weltkultur 456 Weltöffentlichkeit 455; 456 Wertehorizont 140 Werthaltung 119; 120; 143; 162 f.; 423; 448 f. Wertheim, Georg Graf von 282 Westbindung 48; 56; 60; 66; 70 Westintegration 56 Widerstand 180; 185; 204; 350 Konjunktur 370; 371; 397 populärer 15 Potential 378 Recht 43; 60; 350 Untertanen, Sachsen 173 Wien 18 Wildenhahn, Martin (Cradefeld) 218; 234 Wildenhahn, Martin (Seifertshain) 232 Wilhelm von Ockham 278; 306 Wille freier 438 Willensentscheidung 366
Register Wirth (Mockau) Christian (Magister) 364; 399; 402 Gebrüder 228; 346 Georg (Pfarrer) 399 Michael (Pfarrer) 399 Wirtschaftsbürgertum 179 Wirtschaftsgesetzgebung 384 Wirtschaftskonflikte 134 Wirtschaftskriminalität 124 Wirtsfrau Langlois (Perrigny) 224 Wissen 110; 325 f.; 330 Akzeptanz 345 Desaktivierung 357 diskursives 327; 336; 338; 360 Frauen, rechtliches 238 grundrechtliches 338; 350; 374 kanonisiertes 342 konfliktrelevant 157 Konstitution rituellen rechtlichen 342 kontextuelles 330; 339; 356; 374 rechtliches 107; 114; 331; 356 sedimentiert 345 Sedimentierung 158; 329; 350 situatives 330; 337 Wissensbestand 354 Wissenserwerb 332 individueller 351 Wissenskategorien 327; 330; 333; 335 Wissensveränderung 357 Wissensvermittlung 355 rituelle 357 Witte, Horst 59 Wittenberg 307 Juristen 411 Witwe 219; 227; 236; 349; 352; 355; 457 Champeau (Bellenot) 222 haushaltführend 227 Welzel, Hans 84 Wohlfahrt 375 f. individuelle 370 Wolckwitz, Hans (Mockau) 365 Wolckwitz, Urban (Mockau) 365 Wolff, Christian 35; 438 Wolzendorff, Kurt 60; 80 Wortschatz burgundische Landgemeinden 381 WSK-Rechte 93; 456 Würde 240; 248; 277; 308; 320 Wuttke, Robert 406 Zauberei 199 Zebisch, Jacob (Mockau) 364 Zehn Gebote 261; 278 Zeichen des Rechts 328 Zeitwende (Zeitschrift) 78
Register Zensinpolitik 248 Zeremoniell 329 Zeuge 213; 235; 333; 335;339;353;402 institutionalisierter 207 männlicher 236 vor Gericht 203 Zeugenaussagen 333; 351 Zeugenbefragung 202 Zeugenverhöre 202 Zielkonflikte 245 Zivilisation westliche 75 Zivilrecht 253; 254; 269; 306 ZOnfte 179 Zweinaundorf 227 Zwölf Artikel 38 Zwölftafelgesetze 37