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German Pages 136 [168] Year 1955
SAMMLUNG
GÖSCHEN
BAND
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ARCHÄOLOGIE Ton
DR. A N D R E A S
RUMPF
o. ö. Professor an der Universität Köln
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DIE
ARCHÄOLOGENSPRACHE
DIE ANTIKEN
REPRODUKTIONEN
Mit 7 Abbildungen im Text and 12 Tafeln
WALTER DE GRUYTER & CO. vormals G. J . Göscben'eche Verlagshandlung • J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Keimer • Karl J . Trübner • Veit & Comp.
B E R L I N 1956
DIE
ARCHÄOLOGENSPRACHE
Wie jedes Handwerk und jede Wissenschaft, so hat auch die Archäologie ihre eigene Sprache, in die sich jeder hineinarbeiten muß, der Schriften oder Vorträge über antike Kunst und Kultur verstehen will. Dieses Idiom hat die verschiedensten Quellen. Am besten sehen wir das vielleicht in der Architektur, wo die Nomenklatur in jedem Handbuch erklärt zu werden pflegt. Da haben wir einmal die im heutigen Bauhandwerk geläufigen Ausdrücke wie Säulen, Gebälk, Pfeiler, Dübel, Klammern, Eierstab, Zahnschnitt usw. Dann ist Vitruv (Bd. I p. 11) vorbildlich für viele Fachausdrücke, die nur der Antike eigen waren. So sprechen wir von Abacus, Echinus, Akroterion usw. Aber dazwischen haben sich Termini der italienischen Architektensprache der Renaissance geschoben, z. B. Architrav, Konsole, Attica. Endlich gibt es eine Reihe von Wörtern, die der modernen mit Mörtel arbeitenden Baukunst ungeläufig sind, die aber auch bei Vitruv nicht vorkommen. Für sie verwenden wir die in griechischen Bauinschriften überlieferten Fachbezeichnungen 1 ). Wir nennen die Ausgleichschicht zwischen Fundament und Mauer oder unterm Gebälk „Euthynteria", wir bezeichnen mit Anathyrosis den Randbeschlag einzelner Werkstücke, sagen Stylobat für die Steinschicht, auf der die Säulen stehen. Dann aber benutzen wir auch willkürlich griechische Wörter, deren exakte Bedeutung keineswegs mit der in der heutigen Literatur beliebten Anwendung übereinzustimmen braucht. Wenn wir z. B. den bei Homer für den Herrensaal eines Palastes üblichen Ausdruck „Megaron" auf den in den Ruinen von Tiryns erhaltenen Grundriß anwenden, so ist das reine Willkür. Das geht noch weiter, wenn wir nun jeden ähnlichen Grundriß in sakralen oder profanen Gebäuden gleichfalls Megaron nennen. Solch konventionelle l)
Ebert, Fachausdrucke des griedi. Bauhandwerks I, der Tempel. Gymnasialprogramm, Würzburg 1911. Eine Fortsetzung und Ergänzung dieser trefflichen Untersuchung Ist dringend erwünscht.
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ohne Lehne (Diphros), dem mit Rücken- und Armlehne (Thronos) und dem Stuhl mit Rückenlehne allein. Bei den Waffen gebrauchen wir den Ausdruck boiotischer Schild für die Form, die auf den boiotischen Münzen als Wappen dient, den Rundschild benennen wir hingegen nicht mit seinen antiken Namen (argolisdier Schild, Aspis oder Hoplon). Dafür geben wir aber dem halbmondförmigen leichten geflochtenen Schild seine antike Bezeichnung: Pelta. Bei den Helmen bezeichnen wir als korinthisch diejenige Form, die vom Athenakopf auf den korinthischen Münzen getragen wird; vielleicht ist es wirklich der von Herodot (IV 180) erwähnte korinthische Helm. Ebenso ist dann natürlich attisch für uns der Helm der Athena auf attischen Münzen. Von den Kopfbedeckungen erhalten der breitkrempige Petasos und der spitze krempenlose Pilos auch bei uns ihre antiken Bezeichnungen. Völlig anarchisch ist aber der Sprachgebrauch in unseren Fachschriften, wenn es sich ums Schuhwerk handelt. Es sind eine Menge antiker Namen überliefert, aber man ist scheinbar zu vornehm, sich darum zu kümmern. In der Bekleidung ist aber doch eine Terminologie vonnöten 8 ). Wir haben sie, aber sie ist gegenüber der antiken bewußt vereinfacht und generalisierend. Chiton (oder im römischen Tunica) brauchen wir für den Leibrock der Männer und das leinene Untergewand der Frauen. Hingegen haben wir, um eine bequeme Ausdrucksform zu erzielen, uns daran gewöhnt, das wollene Untergewand der Frauen, das auf den Schultern mit Nadeln oder Spangen geheftet ist, Peplos zu nennen. Für die homerischen Gedichte ist das sicherlich richtig, auch für den Peplos, den die attischen Jungfrauen alle vier Jahre der Athena darbrachten. Aber in der klassischen und nachklassischen Zeit ist das Wort nicht im täglichen Leben üblich, sondern nur in der gehobenen Dichtersprache. Das in Frage stehende Gewandstück hieß damals auch Chiton, aber die Wissenschaft braucht knappe und unmißverständliche Benennungen, und scheidet sich hier bewußt von der Antike. Auch daß wir für das Obergewand, das — wie übrigens der Chiton auch —• so mancherlei Namen je nach Größe und Qualität hatte, unterschiedslos Himation sagen, ist Bequemlichkeit und Streben nach Klarheit. Von den Sondertrachten haben wir für die römische Toga und für die griechische auf der Schulter geheftete Chlamys die richtigen antiken Namen. Bei der Tracht der skythisch gekleideten Bogenschützen verzichten wir darauf; deren Kopfbedeckung heißt, statt des antiken Terminus Tiara oder Kidaris, oft „phrygische Mütze", eine dem Altertum unbekannte Benennung. 3) Studniczka, Beiträge zur Geschichte der altgriech. Tracht I (Abh. d. ardiäol.-epigraph. Seminars Wien, Heft 6, 1) 1886, Heuzey, Histoire du costume antique, Paris 1922.
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A b e r k e h r e n w i r z u r g r o ß e n A r c h i t e k t u r zurück. Es g e n ü g t j a nicht, d a ß w i r d i e e i n z e l n e n B a u f o r m e n u n d d i e G r u n d r i s s e b e n e n n e n k ö n n e n , auch d a s E i n z e l b a u w e r k b e nötigt einen k l a r e n N a m e n . Leider sind wir da übel dran. A m s c h l i m m s t e n dort, w o u n s P a u s a n i a s nicht h e l f e n k a n n (Bd. I p. 19). W e n n so d i e a n t i k e n Q u e l l e n s c h w e i g e n , so waren leider die der nachantiken Perioden keineswegs immer stumm, und h a b e n gar manche böse V e r w i r r u n g ang e r i c h t e t , d i e l e i d e r n u r zu o f t d e n W e g in d i e F a c h l i t e r a t u r gefunden hat. Das geht teilweise auf die Anfänge der modernen Altertumswissenschaft zurück. Von den Mirabilien und dem Wust der Phantasien, den sie enthalten, war im 1. Band (p. 36) die Rede. Als man sich aber seit dem 15. Jahrhundert ernstlicher mit den Altertümern, namentlich auch den antiken Bauten Roms, befaßte, war nicht jeder so nüchtern und bescheiden wie Poggio, der sich darauf beschränkte, diejenigen Bauten, die Inschriften tragen, zu benamsen. Man wollte möglichst für jede Ruine den Namen und zudem noch möglichst jeden Bau, der bei Livius, Cicero oder sonst erwähnt wird, in seinen Trümmern wiederfinden. An sich könnte das für die neuere Archäologie gleichgültig sein; aber leider ist es das nicht in jedem Fall. Nur mit der Kenntnis der verkehrten früheren Namen kann man etwa ältere Fundberichte verificieren. Ein Beispiel: eine Marmormaske kolossalen Maßstabes hat in einem alten Museumsinventar die Fundangabe: vom Templum Pacis in Rom. Hier muß man wissen, daß vom 14. bis zum 19. Jahrhundert (Nibby, Bd. I p. 84) die Maxentiusbasilika so hieß. Der Vespasianstempel am Fuß des Capitol und der Castortempel unterhalb des Palatin (von jedem standen drei Säulen aufrecht) hießen bis tief ins 19. Jahrhundert hinein Tempel des Saturn bzw. des Jupiter Stator. Es soll dabei gar nicht darauf eingegangen werden, daß ein phantasiebegabter Historiker aus der Orientierung des angeblichen Saturntempels und aus dessen Gründungsdatum weitreichende Folgerungen für die Orientierung der antiken Tempel überhaupt und für das römische .templum" im besonderen zog: diese Seifenblase zerplatzte im folgenden Jahr, als der antike Stadtplan den wirklichen Saturntempel kennen lehrte. Aber, wer jenes Buch etwa noch lesen sollte, muß das wissen, auch wer die mitunter trefflichen und teilweise unersetzten alten Aufnahmen der Architektur der Tempel mit den irrigen früheren Rufnamen in Heliogravüren studiert. Das Olympion in Athen hieß bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts Palast des Hadrian, hingegen wurde dessen Bibliothek für das Olympion gehalten. Diese Konfusion hat in der Fachliteratur bis in die jüngste Zeit Unheil angerichtet. Für die Geschichte des Maussolleion in Halikarnassos, eines der sieben Weltwunder des
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Wechsel ist in jedem Fall unangenehm. Berechtigt nur dann, wenn wirklich ein sachlicher Irrtum richtiggestellt werden muß. Die Reste des reichsten der ionischen Schatzhäuser in Delphi hielt man vor 60 Jahren bei ihrer Aufdeckung für Überbleibsel des Sdiatzhauses der Knidier, und so wird man denn bis etwa 1910, ja teilweise darüber hinaus, diese Bezeichnung in den zahlreichen Publikationen, in denen sie vorkommen, finden, nicht ohne daß daraus auch Schlüsse auf die kleinasiatische ostgriechische Kunst des 6. Jahrhunderts gezogen würden. Seit 1908 wurden aber Zweifel laut. Man verteilte die Architekturbruchstücke und teilweise auch die Friese nunmehr auf die Schatzhäuser von Knidos und Siphnos. Aber eine Einigung war zunächst nicht möglich, so daß man nicht ein noch aus wußte. Als Studenten halfen wir uns, indem wir vom Kniphnierschatzhaus sprachen. Endlich, 1913, konnte die reinliche Scheidung erfolgen, indem die gesamten Skulpturen mit einem Großteil der Architektur an das von Herodot (III 57) erwähnte Siphnierschatzhaus fiel. Die durch Inschriften gesicherten Architekturteile und zwei gebälktragende Koren blieben den Knidiern. Erst 1938 konnte die eine dieser Koren durch Stücke, die bis dahin dem Apollontempel zugewiesen waren, ergänzt werden, und endlich, 1952, wurde der einzige Kopf der Koren, der stilistisch arge Verwirrung angerichtet hatte, endgültig den Knidiern abgesprochen 6 ). Es entstand ein neues Problem, aber doch auch Klarheit. Da ist es schon einfacher, wenn man ohne wissenschaftlichen Zwang benennen kann und muß, wie bei den etruskisdien Gräbern. Da folgt man der pompeianischen Methode. Man wählt etwa den Namen des Ausgräbers (tomba Campana, tomba François) oder den des Besitzers (tomba Bruschi, tomba Francesca-Giustiniani), des ersten Forschers, der sich damit beschäftigte (tomba del barone, tomba Stackelberg). Im letzteren Fall hat man den für italienische Zungen schwer zu sprechenden Namen vertauscht gegen den der Hauptdarstellung der Gemälde (tomba delle bighe). Das ist auch sonst beliebt (tomba dei tori, della caccia e della pesca). Man läßt es sich sogar gefallen, wenn Fehldeutungen so verewigt werden (tomba degli auguri, tomba del pulcinella). Kein Verständiger wird diese Rufnamen ernst nehmen. In Caere hat einer der Tumuli um den kreisrunden Stein«) Bulletin de correspondance hellénique LXII 1938 p . 285 fi., LXXVII .1953 p. 346 ff. (de La Coste-Messelière).
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sockel ein breites Band gemeißelt und daneben drei schmale, ganz wie das Rangabzeichen um das Käppi eines Obersten in der italienischen Armee. Die Arbeiter der Ausgrabung gaben diesem Grab den Spitznamen: tomba del colonello, und er ist ihm in der wissenschaftlichen Literatur geblieben. Ähnlich haben in der arabischen Welt antike Bauten mehr poetische als historisdie Rufnamen bei den Eingeborenen. El Hasne (das Schatzhaus) oder Kasr Firaün (Schloß des Pharao) in Petra oder Kbur Rumia (das Grab der Christin) in Algerien. Es ist nur anzuerkennen, daß man dort, wo man etwas nicht durch besseres zu ersetzen weiß, es in der archäologischen Behandlung beibehalten hat. So nennen wir von wohlerhaltenen Grabdenkmälern eines bei Jerusalem das Grab des Absalom, eines bei Akragas das Grab des Theron, ohne das irgendwie wörtlich zu nehmen. Es kann und soll niemanden irreführen, und ist in solchen Fällen eine einmalige Bezeichnung, die jede Möglichkeit einer Verwechslung ausschließt. Mit diesen wenigen Stichproben wollen wir die Architektur verlassen.
Betrachten wir nun das weitausgedehnte und wichtige Gebiet der Keramik, der antiken Vasen, wie wir zu sagen pflegen. Schon die Benennung Vasen führt uns nach Italien. Nördlich der Alpen pflegt man ja nur ein Schmuck- oder Ziergefäß so zu nennen. Dasselbe gilt für die Malfarbe, die den antiken Vasen eigentümlich ist. Wir nennen sie Firnis, vom italienischen vernice. Als ein junger Archäologe vor 80 Jahren seinem Vater, der hoher Beamter in einem Eisenbahnministerium war, vom Firnis der antiken Tongefäße sprach, sagte ihm dieser: „Lieber Ernst, man hat dich irregeführt. Firnis ist Leinöl, das verbrennt bei der hohen Temperatur des Töpferofens." Der gehorsame Sohn bemühte sich um einen neuen Ausdruck und suchte auch seine Kollegen dazu zu bewegen. Er sah nicht, daß der Vater recht und unrecht zugleich hatte. Der Italiener nennt vernice jede glänzende Farbe, von der Glasur des Porzellans bis zum einfachen Ölfarbenanstrich. Der Tischler hat das Recht, seine Lasur aus Leinöl als Firnis zu bezeichnen, ebenso hat es aber auch der Archäolog für die antike, aus Tonschiicker bestehende Malfarbe der Vasen 7 ). Die Hauptsache ist, daß jeder weiß, was gemeint ist. Was dem Seemann, dem Jäger, dem Zimmermann recht ist, das sollte auch dem Altertumsforscher billig sein. Purismus und Sprachverbesserung sind gefährlich, sie sind sogar schädlich, wenn durch sie weite Teile der älteren Fachliteratur unverständlich zu werden drohen. Auch übertriebene Deutschtümelei kann zu unfreiwilliger Komik führen. Der alte Winckelmann gebrauchte 7
) Berichte der deutschen keramischen Gesellschaften XXIII 1942 p. 419. Archäolog. Anzeiger 1942 p. 512 (Weideext).
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die Bilder in schwarzer S i l h o u e t t e auf d e n h e l l e n T o n g e malt sind, o d e r ob Figuren u n d O r n a m e n t aus d e m schwarz a b g e d e c k t e n Grund a u s g e s p a r t sind, u n d s o die rötliche Farbe d e s g e b r a n n t e n T o n s z e i g e n , dann bedarf das k a u m e i n e r Erläuterung. Früh schon h a t t e m a n erkannt, daß d i e große M a s s e sich in v e r s c h i e d e n e Gruppen t e i l e n läßt u n d nach der Stilstufe der M a l e r e i zeitlich g e g l i e d e r t w e r d e n kann. Aber, m a n s a h auch, daß sich innerhalb der s o g e w o n n e n e n Stilphasen deutlich g e s c h l o s s e n e G a t t u n g e n absondern, d i e auf v e r s c h i e d e n e n Ursprungsort schließen ließen. Im Lauf v o n hundert J a h r e n h a b e n wir, teils an H a n d der Inschriften, teils auch durch d i e Fundorte g e leitet, für v i e l e , ja für die m e i s t e n d e n g e n a u e n Ort der Entstehung f e s t l e g e n k ö n n e n . Aber es wurde auch mancher Irrweg eingeschlagen. In der zwischen 1880 und 1910 entstandenen Literatur wird man die Vasen, die wir heute als lakonische bezeichnen, als kyrenäische genannt finden. Mit Recht hat man hier die irrige alte Bezeichnung aufgegeben. Nicht immer war man so konsequent. Eine kleine Gruppe attisch schwarzfiguriger Amphoren nennen wir heute noch tyrrhenisch, obwohl niemand mehr daran denkt, daß sie in Etrurien entstanden sind. Ebenso scheint der Name „pontische Vasen" für sicher in Etrurien gefertigte Gefäße nur sehr schwer ausrottbar zu sein. Es wäre ungerecht, wollte man solchen Mangel an Folgerichtigkeit, dem wir noch öfter begegnen werden, den Archäologen zum Vorwurf machen. Auch im täglichen Leben sprechen wir von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, trotzdem uns die Astronomen seit einem halben Jahrtausend belehren, daß tatsächlich die Erde sich dreht. Wir sagen Westindien, obwohl wir wissen, daß Columbus nicht Indien, sondern einen ihm unbekannten Kontinent dort entdeckte. Wir wissen, daß Indien das Land am Indus ist. Aber, wenn wir heute das wirkliche Indien als Indien bezeichnen wollten statt als Pakistan, so könnte das diplomatische Komplikationen im Gefolge haben. Die Physiker sprechen weiter von Atomen, auch nachdem sie diese zertrümmern können. Wenn für die Archäologensprache also Nachsicht wegen ihres Mangels an Präzision des Ausdrucks erbeten wird, so wird nicht mehr beansprucht, als was anderwärts täglich unzähligemal bereitwillig zugestanden wird. D e n K e n n e r führen d e n n auch bei d e n a n t i k e n V a s e n solche mitgeschleppte, l ä n g s t antiquierte B e z e i c h n u n g e n nicht irre. N u r der A n f ä n g e r , der meint, „doch e i n Begriff muß b e i d e m W o r t e sein", hat zunächst S c h w i e r i g k e i t e n .
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D i e h a t er aber e r f a h r u n g s g e m ä ß auch dann, w e n n n e u trale B e n e n n u n g e n für V a s e n g r u p p e n gebraucht w e r d e n , d e r e n U r s p r u n g s o r t w i r noch nicht k e n n e n . Gern w i r d dann der oder ein Hauptfundplatz verwendet, so bei den Fikellura-Vasen oder d e n Caeretaner Hydrien. A b e r auch eine Spezialform der Amphora n e n n e n wir Nolanische A m p h o r e n , n u r w e i l s i e d o r t z u e r s t in g r o ß e r A n z a h l a u s g e g r a b e n w u r d e n , w i s s e n a b e r g e n a u , daß sie nicht in N o l a , s o n d e r n in A t h e n fabriziert sind. L e i d e r m ü s s e n w i r auch f ü r d i e m e i s t e n V a s e n m a l e r m o d e r n e e r f u n d e n e R u f n a m e n v e r w e n d e n , d e n n v o n d e n e t w a 1000 M a l e r n , d i e w i r in d e n v e r s c h i e d e n e n G a t t u n g e n zu e r k e n n e n g l a u b e n , k e n n e n w i r a u s S i g n a t u r e n n u r 40 m i t N a m e n , u n d d a s s i n d nicht e i n m a l i m m e r d i e b e s t e n . F ü r d e n Rest m ü s s e n w i r u n s e r e P h a n tasie anstrengen, u m u n s o h n e große U m s t ä n d e v e r s t ä n d i g e n zu k ö n n e n . Da m ü s s e n d e n n die N a m e n v o n T ö p f e r n o d e r v o n Knaben, deren Schönheit die M a l e r preisen, herhalten, obwohl in b e i d e n F ä l l e n solche N a m e n m i t m e h r e r e n M a l e r n zu v e r b i n d e n sind. D a s s e l b e gilt a b e r auch, w e n n m a n d e n N a m e n einer Sammlung oder eines Museums wählt, denn meist besitzen d i e doch m e h r -als e i n e V a s e , u n d d i e K a t a l o g n u m m e r n , d i e m a n w o h l z u w e i l e n a u s N o t auch f ü r solche R u f n a m e n e i n g e f ü h r t h a t , b e h a l t e n w o h l d i e w e n i g s t e n im Kopf. T r o t z d i e s e r s c h e i n b a r e n S c h w i e r i g k e i t e n s i n d doch d e r B r y g o s - M a l e r , d e r A n t i p h o n - M a l e r , d e r Berliner Maler, der Chicago-Maler, sogar der Maler v o n L o n d o n E 777 f ü r d e n m i t V a s e n a r b e i t e n d e n , j a f ü r j e d e n A r c h ä o l o g e n p l a s t i s c h e G e s t a l t e n g e w o r d e n . A b e r e s k a n n auch e i n besonders Thema der Darstellung oder eine besonders einprägsame Figur bei der Benennung Pate stehen, wie beim KlinikM a l e r o d e r d e m A c h i l l e u s - M a l e r . Kurz, e s h e r r s c h e n d i e v e r s c h i e d e n s t e n B e z e i c h n u n g e n , u n d v i e l e h a b e n sich f e s t e i n g e b ü r g e r t . Freilich nicht a l l e m i t e i n e m Schlage, u n d d i e v e r s c h i e d e n e n F o r s c h e r g a b e n d e n M a l e r n v e r s c h i e d e n e N a m e n , e h e sich d i e B e a z l e y s c h e n B e n e n n u n g e n in A t t i k a d u r c h s e t z t e n , d u r c h d i e d i e v e r h ä l t n i s m ä ß i g w e n i g e n ä l t e r e n A t t r i b u t i o n e n v ö l l i g in d e n H i n t e r g r u n d t r a t e n . I m m e r h i n w i r d d e r I n t e r e s s e n t in d e r v o r 1925 e r s c h i e n e n e n L i t e r a t u r m i t u n t e r S c h w a n k u n g e n finden. S c h w a n k u n g e n g i b t e s auch s p ä t e r noch! m a n c h m a l s i n d m e h r e r e M a l e r zu e i n e m z u s a m m e n g e s c h r u m p f t ( M e l i e u s - M a l e r = Achill e u s - M a l e r ) o d e r e i n e r h a t sich g e s p a l t e n ( S k y t h e s — P e d i e u s M a l e r ) . D a s k a n n zu e i g e n a r t i g e n K o n s e q u e n z e n f ü h r e n . Ein u n t e r i t a l i s c h e r M a l e r w u r d e n a c h d e m Bild d e s T o d e s d e r K r e u s a b e n a n n t . S p ä t e r w u r d e d i e s n a m e n g e b e n d e Stück a b e r a u s s e i n e m W e r k ausgeschieden, dennoch aber der Name Kreusa-Maler für d e n M e i s t e r d e r v e r b l e i b e n d e n Stücke b e i b e h a l t e n . 2 R u m p f , Archäologie II
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Agalma. Agalma ist der übergeordnete Begriff. Nach den antiken Lexikographen kann so ein plastisches und ein gemaltes Bild heißen, Pausanias (IX 11 3) bezeichnet so Figuren auf einem Relief, Agalmatopoioi heißen die Bildhauer des Frieses am Poliastempel. Bei Homer, Aischylos, Pindar heißt es ganz allgemein Prunkstück. Ebenso wie bei Agalma nicht zwischen plastischem und gemaltem Werk geschieden wird, ist auch bei Eikon, das für Bildnisse gebraucht wird, die Art der Ausführung gleichgültig, ganz wie bei unserem „Porträt". Abar wir gingen von Kolossos aus. Wie kommt das Wort zu ssiner späteren und heutigen Bedeutung? Offenbar durch den Koloss von Rhodos. Chares von Lindos, ein Schüler des Lysippos, schuf die 70 Ellen ( = 30 m) hohe Bronzestatue des Halios, des Schutzgottes der Insel. Wir erinnern uns der wahrscheinlich kleinasiatischen Herkunft des Wortes. Auf Rhodos, das eigentlich doch mit zu Kleinasien gehörte, wurde dieser Andrias eben Kolossos genannt. Wegen seiner gewaltigen Größe gehörte er zu den sieben Weltwundern, und so kam der Ausdruck in aller Mund, wobei sich das Wort mit den Abmessungen zu einem Begriff verband. Denn berühmt blieb er das ganze Altertum, obwohl er nur 66 Jahre aufrecht stand; dann warf ihn das schwere Erdbeben von 222 vor Chr. um, nur die Unterschenkel in 19 Ellen ( = 7 m) Höhe blieben am Ort. An den am Boden liegenden Teilen konnte man bequem die Größe der einzelnen Gliedmaßen im Vergleich zu den menschlichen bestaunen, weit besser als am noch aufrecht stehenden Werk. Jahrhundertelang blieb ihm die allgemeine Bewunderung erhalten bis im 11. Jahrhundert nach Chr. das Erz zum Einschmelzen verkauft und auf 980 Kamelen abtransportiert wurde. So ist es kein Wunder, daß sich der sonst seltene Ausdruck einbürgerte, und daß er die Bedeutung „stark überlebensgroß" annahm. Ebenso ist es verständlich, daß nun das Wort zu der Bezeichnung aller Bildwerke von gewaltigen Dimensionen wurde. Einen ganz analogen Fall haben wir bei einem anderen der sieben Weltwunder, dem Maussolleion von Halikarnassos, wo der Individualname gleichfalls schon im Altertum zum Gesamtbegriff „kostbares Grabmal" wird, und bei einem dritten der Weltwunder, dem Pharos in
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A l e x a n d r i a , d e r z u m G a t t u n g s n a m e n „Leuchtturm" w i r d . N a m e n t l i c h t r u g e n d i e K o l o s s e in der Stadt R o m d a z u b e i , d a s W o r t auch ü b e r d a s A l t e r t u m h i n a u s l e b e n d i g z u erh a l t e n . D e r b e r ü h m t e s t e , d e r 120 Fuß h o h e d e s N e r o , d e m C o m m o d u s s e i n e n Kopf a u f s e t z e n ließ, g a b d e r g a n z e n G e g e n d d e r Stadt d e n N a m e n . C o l o s s e u m h e i ß t d a s f l a v i s d i e A m p h i t h e a t e r s e i t d e m 8. J a h r h u n d e r t n a c h Chr. N e b e n den Statuen sind heutzutage Büsten eine allgem e i n g e b r ä u c h l i c h e u n d b e k a n n t e F o r m der Plastik. D i e klassische griechische Kunst kannte v o m Körper getrennte K ö p f e w o h l in d e r M a l e r e i u n d im R e l i e f , i n s o n d e r h e i t b e i M ü n z b i l d e r n , a b e r r u n d p l a s t i s c h nur in der F o r m der Herme. Wie der Name besagt, handelt es sich da ursprünglich um ein Bild des Gottes Hermes. Es ist ein einzigartiges und eigenartiges Gebilde: ein vierkantiger Pfeiler, mit dem bärtigen Kopf des Gottes gekrönt, an der Vorderseite des Pfeilers Geschlechtsorgan, an den Seiten, unterhalb der Schultern anstatt der Arme k a n t i g e Stümpfe oder Einsatzlöcher für solche (Taf. 9, c). Das heißt, es ist die Verbindung des Menschenkopfes mit einem anikonischen Gebilde, mit einem Pfeiler. Im Grunde ist es nicht viel v e r w u n d e r licher, als w e n n ein Menschenkopf mit einem Löwenleib v e r b u n d e n zur Sphinx wird oder mit einem Vogelleib verbunden zur Sirene. Kult von Pfeilern 1 0 ) oder formlosen Steinen, von Baumstämmen, Säulen und dergleichen ist ja häufig genug bezeugt. N e b e n Hermes scheinen schon f r ü h Götter der Fruchtbarkeit: Priapos, Konisalos, Tydion oder wie sie heißen möchten, in derselben Form verehrt worden zu sein. Aber Ruhm und N a m e des olympischen Gottes hat sie alle verdunkelt, so daß das Altertum und auch wir das Gebilde Herme nennen. Die f r ü h e s t e n uns b e k a n n t e n Hermen gehören ins sechste J a h r h u n d e r t vor Chr. Bekannt ist, daß Hipparchos, der Sohn des Peisistratos, an den Landstraßen als W e g e m a r k e n halbwegs zwischen Athen und den Demen in Attika Hermen mit moralischen Epigrammen aufstellen ließ. V o r allem aber sind die Hermen als Schutzgottheiten neben den H a u s türen allgemein üblich. In dem Hermokopidenprozeß v o n 415 vor Chr. haben sie eine traurige Berühmtheit erlangt. Schon im vierten J a h r h u n d e r t vor Chr. lassen sich Hermen mit den Köpfen anderer Gottheiten, also nicht des Hermes, belegen. A b e r der N a m e Hermes bleibt dem Gebilde, freilich k a n n man dann auch v o n einem Hermeros, H e r m a t h e n a usw. sprechen. Ja, schließlich 10) In der Fachliteratur findet sich zuweilen das Wort Baitylos für Spitzpfeiler verwendet, ja ganz absurd sogar für ornamental reich gegliederte Thymiaterien. Zur wirklichen Bedeutung von Baitylos siehe: Classica et Mediaevalia VIII 1947 p. 169 (G. Zuntz).
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Außerdem aber läßt sich von den epidaurisdien Bildwerken keinerlei Verbindung zu denen aus Halikarnassos herstellen. Sie sind in der künstlerischen Auffassung und Ausführung so grundverschieden, daß ohne jene willkürliche Auslegung der Inschrift wohl niemand je auf den Gedanken gekommen wäre, hier und dort Werke desselben Meisters zu sehen. Vor allem aber ist diese von vielen einst gern aufgenommene und immer wieder aufs neue wiederholte Theorie schon deshalb unmöglich, weil Typoi, wenn von Kunstwerken die Rede ist, niemals Entwurf oder Modell bedeutet. Typos heißt Schlag: dann aber audi das Werkzeug, mit dem der Schlag ausgeführt wird: Stempel. Wie im Deutschen und in anderen Sprachen wird auch im Griechischen dasselbe Wort angewendet sowohl für das Instrument, mit dem man stempelt (vgl. p. 70), wie für das Resultat des Stempeins: ein erhobenes oder vertieftes Bild, ganz allgemein auch Abdruck, so einer Hand auf feuchtem Grund oder Fußspuren, auch Grübchen am menschlichen Körper (Lukian, Erotes 14). Wie Typos wird im Griechischen audi Charagma oder Charakter gebraucht für ein Instrument mit vertieft eingegrabenem Bild oder eingetiefter Schrift, mit dem man Abdrücke erzielt, stempelt, formt oder prägt. Alle drei Wörter werden z. B. auch für Münzen als Produkt des Prägens verwendet. Da die Münzen als das häufigste Erzeugnis der Prägekunst in jedermanns Hand sind, und ein Bild in Relief zeigen, wird schon früh Typos die Bezeichnung für Relief, und zwar für ein geprägtes, gegossenes, geformtes ebenso wie für ein getriebenes oder in Stein gemeißeltes. Andererseits ist zu beachten, daß die Antike für Formen nicht die heutzutage üblichen Keilformen kennt, mit deren Hilfe auch Bildwerke mit starken Unterschneidungen in größerer Anzahl vervielfältigt werden können. Bei Tonreliefs und Tonstatuetten ist zudem, weil die Form bald stumpf und flau wird, Überarbeitung mit dem Modellierstecken notwendig, von der Bemalung ganz zu schweigen. Nur bei ganz billigen Massenartikeln verzichtet man auf solches Nachbessern. Daher ist es verständlich, wenn Aristoteles dem Typos das sorgfältig ausgearbeitete Kunstwerk gegenüberstellt. Aber für uns handelt es sich nicht um den Sprachgebrauch der Philosophen, sondern um die griechische Bezeichnung für Relief. Schon Herodot bezeichnet mit Typos den mit einem Menschenbild in geschnitztem Relief versehenen Deckel eines ägyptischen hölzernen Mumiensarkophags (II 86), ebenso die Steinreliefs am Tempel in Bubastis (II 138), die hethitisdien Felsreliefs, die er für Denkmäler des Sesostris hält (II 106) und ein persisches Relief mit dem Reiterbild des Dareios (III 88). Euripides (Phoen. 1130) braucht das Wort für die in Relief gearbeiteten Schildzeichen. Polybios verwendet es für die Reliefplaketten auf der Brust der Meterpriester (XXII 20), die uns aus anderen Denk-
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malern bekannt. Pausanias spricht von den Marmorreliefs einer Halle in Lykosura (VIII 31, 1) als Typoi. Vor allem aber wird in der Aufschrift einer verschollenen attischen Stele des vierten Jahrhunderts vor Chr. gesagt: „Dies ist das Denkmal des Dionysios von Oinoe, seines vor ihm verstorbenen Vaters Peithon und dessen Oheim Pheidippos und der anderen, deren Bild der Typos hat." Von dem Relief waren nur die Füße vieler kleiner Figuren erhalten. Aber die Bedeutung von Typos als Relief für das vierte Jahrhundert, und damit für die Zeit des Timotheos, ist unzweifelhaft. Für unsere Frage kann es gleichgültig sein, wenn Typos sowohl wie Charakter auch Buchstaben bedeuten kann, und auch daß die Philosophen, und mit ihnen auch wir heute noch, beide Wörter in übertragenem Sinne gebrauchen. Wer die Gleichsetzung von Typos und Relief leugnet, ist uns eine Belehrung schuldig, wie die Griechen denn dann ein Relief genannt hätten. Vor allem aber heißt im Griechischen das Modell Paradeigma, so schon bei Herodot (II 86 und V 62) und seitdem häufig. Daneben steht für das Tonmodell des Bildhauers bei Cicero (ad Att. XII 41) und Plinius (XXXV 155) auch die Bezeichnung Proplasma. D a s m a g für die Fachausdrücke der Bildhauerkunst g e nügen. A b e r die A r c h ä o l o g i e braucht auch k o n k r e t e und verständliche B e n e n n u n g e n für die Einzeldenkmäler. D a s einfachste und n ä c h s t l i e g e n d e ist da natürlich, den N a m e n d e s Künstlers und d e s W e r k e s zu n e n n e n . W e n n m a n v o n d e s Raffael Schule v o n A t h e n spricht, so w e i ß jeder, w a s g e m e i n t ist. Bei d e n Raffaelischen M a d o n n e n jedoch muß, und mußte bereits im Jahrhundert d e s Meisters, schon durch Rufnamen der Einzelstücke n a c h g e h o l f e n w e r d e n , d i e v o m ersten Besitzer, v o n e i n e m auffälligen M o t i v oder s o n s t w o h e r g e n o m m e n w e r d e n . V i e l schlimmer sind wir in der antiken Kunst daran. N u r bei einer v e r s c h w i n d e n d g e r i n g e n A n z a h l k e n n e n wir d e n Bildhauer mit N a m e n . In solchem Fall h a b e n w i r e s natürlich bequem. D i e N i k e d e s Archermos oder die d e s Paionios, die A t h e n a d e s Endoios und die d e s Euenor, der H e r m e s d e s P r a x i t e l e s sind Originale, die wir ganz s o w i e der m o d e r n e Kunsthistoriker bezeichnen. Hier sei eine Zwischenbemerkung erlaubt. Wenn der Archäologe modern sagt, so meint er nicht, was die Modistin darunter versteht. Vielmehr ist auch hier die Tradition der Italienischen Renaissance in unserer Fachsprache lebendig geblieben. Wenn Pietro Aretino 1533 scherzhaft von Anticaglien und Modernaglien spricht, so folgen wir ihm darin heute noch, für uns hat die Zeit
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Natürlich verfährt man ebenso auch dort, wo man sich lange Zeit über den Meister des Originals der Kopien nicht hat einigen können. Die so oft kopierten Amazonenstatuen des fünften Jahrhunderts vor Chr. hat man zunächst nur nach Typen geschieden. Die capitolinische oder Sosikles-Amazone (so nach einem antik eingehauenen Namen an der Stütze) gibt man heute wohl allgemein dem Polyklet. Hat diese zwei, so hat der jetzt auf Kresilas zurückgeführte Typus gar drei Rufnamen: Berliner Amazone, Amazone Lansdowne oder Amazone Sciarra. Hingegen mußte sich die nunmehr für phidiasisch in Anspruch genommene mit einem begnügen: Amazone Mattei. Die v i e l e n N a m e n römischer Sammlungen, die in den Bezeichnungen v o r k o m m e n , lehren uns, daß dieses g a n z e S y s t e m der N o m e n k l a t u r — s o w e i t man überhaupt v o n einem S y s t e m dabei reden k a n n — auf die Zeiten zurückgeht, da in Rom die meisten Antiken v e r e i n i g t w a r e n , nämlich auf die Zeiten Windcelmanns. Künstlernamen kannte man damals k a u m . M u s e u m s k a t a l o g e und andere Publikationen fehlten so gut w i e ganz. Da mußte man sich auf das Gedächtnis der Besucher v e r l a s s e n , die die Stücke in den Sammlungen gesehen hatten, und für die die Juno Ludpvisi oder der Hercules Farnese ein k l a r e r Begriff w a r e n . Dieser Tradition folgen wir seitdem nach, namentlich dort, w o w i r — w e n n w i r ehrlich sind — k e i n e A h n u n g haben, w e r der Meister g e w e s e n sein könnte. Da wird einfach v o m Dresdener Zeus, dem K a s s e l e r Apollon, v o m T i b e r - A p o l l o n {oder A p o l l o n v o n Cherchel), v o n der A p h r o d i t e v o n C a p u a oder dem Eros v o n C e n t o c e l l e gesprochen, und d'amit — w i e g e s a g t — nicht nur das Einzelstück, sondern auch der T y p u s , den sie teils am besten repräsentieren, oder für den sie das am längsten b e k a n n t e Beispiel sind, gemeint.
So einfach diese Art des Benennens auch ist, sie hat doch auch ihre Tücken. Ein außerordentlich häufiger Typus der Aphrodite im ungegürteten Chiton hieß zeitweise, wegen der entfernten Ähnlichkeit mit dem Revers einer Münze der Kaiserin Sabina, Venus Genetrix. Als man einsah, daß dies nicht stimmte, nannte man sie nach dem am besten erhaltenen Exemplar die Aphrodite von Frejus, aber dann stellte sich heraus, daß die Fundangabe Frejus nicht stimmt, die Statue auch nie dort war. Jedoch fällt es schwer, einen neuen Rufnamen zu finden. In der Tat gebrauchen wir ganz unbekümmert eine ganze Anzahl von allgemein bekannten Bezeichnungen, weil sie nun einmal in der Literatur eingeführt sind, und machen uns gar keine
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Gedanken darüber, daß sie doch eigentlich irreführend sind, vermeiden sogar aus Bequemlichkeit die Anführungszeichen oder das „sogenannt", wodurch der mit dem Rotwelsch der Archäologen nicht vertraute gewarnt werden könnte. Ein paar Beispiele aus dieser langen Reihe von Fällen seien hier doch angeführt. Zu den altbekannten Antiken gehört die 1530 in Pesaro ausgegrabene Bronzestatue eines Knaben, den man damals für einen jugendlichen Bacchus hielt und der deshalb im 18. Jahrhundert den Kosenamen Idolino erhielt. Schon Winckelmann hat gesehen, daß es kein Gott ist, aber der Name blieb ihm. Ein jugendlicher lachender Kopf (heute in München) aus weißem Marmor mit einem garstigen Rostflecken hieß und heißt „Fauno colla macchia" (der Faun mit dem Flecken}. Der Fledcen ist in der Tat vorhanden, aber ein Faun ist es nicht. Ganz abgesehen davon, daß wir überhaupt keine Darstellung des römischen Gottes Faunus besitzen, ist es auch nicht das, was man in der Renaissance und auch später noch unter einem Faun verstand, nämlich ein Pan oder ein Satyr, vielmehr ist es eine Wiederholung des uns öfter in Kopien überlieferten jungen Kentauren mit Eros auf dem Rücken. Wir lassen ihm dennoch seinen Namen, der eben ein Individualname geworden ist, nicht als wissenschaftliche Erläuterung aufgefaßt wird. Dasselbe gilt vom Harpyiendenkmal in Xanthos, von dem wir ja genau wissen, daß die auf seinen Reliefs (Bd. I Taf. 11) dargestellten Fabelwesen keine Harpyien, sondern Sirenen sind. Audi bei dem jugendlichen Bronzedionysos aus Pompeii behalten wir ruhig die falsche, aber poetisch schöne, allgemein vertraute Bezeichnung Narcisso bei, obwohl wir — wahrscheinlich mit ebensowenig Recht — als Narkissos auch einen vielfach kopierten Knabentypus des späten fünften Jahrhunderts in der Archäologie kennen. Ein in etwa einem Dutzend Kopien erhaltenes Relief der neuattischen Schule wurde im 16. Jahrhundert als das Gastmahl des Trimalchio gedeutet. Das lehnte Fulvius Ursinus ab, er wollte in der Hauptfigur den Silenus erkennen. Seltsamerweise folgte ihm noch Winckelmann darin. Erst Ennio Quirino Visconti gab die zutreffende Erklärung desselben als Bakchos. Aber er ging weiter und hielt das ganze Relief für den Besuch des Dionysos bei Ikarios, eine attische Lokalsage, die er mit den damals üblichen Mysterientheorien verbrämte. So bürgerte sich der Rufname Ikariosreliefs ein, der den Reliefs mitunter blieb, auch nachdem Deneken 1880 den Besuch des Gottes bei einem dramatischen Dichter eingehend begründet hatte. Anlaß dazu boten namentlich die Masken, die neben dem zum Mahle gelagerten Manne sichtbar sind. Es könnte jedoch ein Schauspieler, einer der dionysischen Techniten gemeint sein; die Masken gehören der Neuen Komödie an.
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Madien wir einmal die Probe aufs Exempel. Gesetzt der Fall, jemand schriebe: die Statue Louvre, Fröhner Nr. 136, Catalogue sommaire Nr. 399. Kein Mensch, auch kein Archäolog, kann sich dabei etwas denken. Audi wenn es hieße: die Aphrodite des Alexandras des Sohnes des Menides, wüßten wohl viele Archäologen nichts damit anzufangen. Sagen wir aber die Aphrodite von Melos oder die Venus von Milo, so steht jedem sofort das Bild vor Augen. Man hat auch sofort das Gefühl, es mit einem altbekannten und wohlbekannten Bildwerk zu tun zu haben. Es waren ja nicht immer die Archäologen, die eine Statue und ihren Wert entdeckten. Gar oft bekamen sie sie erst in die Finger, als sie schon bekannt war und sich einen Namen erworben hatte. Die Villa Borghese in Rom war im 17. und 18. Jahrhundert für die Künstler diejenige Antikensammlung, in der sie am freiesten arbeiten und kopieren durften. Eine ihrer Lieblingsstatuen w a r der Krieger in Ausfallstellung mit der Bildhauersignatur des Agasias von Ephesos, auch Rubens hat das Motiv mehrfach in seinen Bildern verwendet. Für die modernen Künstler war die Insdirift natürlich uninteressant; für sie und den Kunstfreund war die Statue einfach der borghesisdie Fechter. Diesen Rufnamen hat er denn behalten, natürlich auch nachdem er mit den anderen borghesisdien Stücken 1808 in den Louvre gekommen war, und ebenso sprechen wir vom Ares Borghese, den borghesisdien Tänzerinnen usw.
So ist es ganz allgemein üblich, die Antiken nach dem Sammler, in dessen Besitz sie sich befanden, als sie in die wissenschaftliche Literatur eingeführt wurden, zu benennen; sie behalten dessen Namen gewissermaßen als Familiennamen. Sie können heute i n ' I; in diesen Sammlungen stehen, wie der belvederische Apollon (Bd. 1, Taf. 7, a) oder der belvederische Torso (Taf. 12, b), die capitolinische Aphrodite, die capitolinische Amazone, der capitolinisdie Gallier, aber sie können auch vielfach gewandert sein, wie die mediceischen Antiken nach Florenz, die farnesischen nach Neapel, die ludovisischen ins Thermenmuseum, oder die der vielen anderen oft weithin verstreuten Sammlungen. Man sagt eben doch immer noch Ares Ludovisi, Hermes Ludovisi, Jüngling Odescalchi, Jüngling Alba usw. Das gilt natürlich ebenso für Einzelstücke aus Privatsammlungen, so sind der Rayetsche Kopf, der Rampinsche Kopf, der Saburoffsdie Kopf, der Nelsonsche Kopf feste Begriffe geworden. Sogar der Stadtname des Museums, in dem das Werk zuerst beobachtet wurde, kann namengebend werden, w i e bei der Statuette von Auxerre im Louvre.
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Aber es gibt auch hier Fallstricke. Winckelmann spricht in den Tönen höchster Begeisterung öfter von einer Athena der Sammlung Albani, einem Stück, das zu seinen Lebzeiten nie in Abbildungen bekannt geworden ist, erst 1768 veröffentlichte Cavaceppi einen nicht sehr ansprechenden Stich der bereits 1743 ausgegrabenen Statue. Als 1797 die Franzosen Rom besetzten, kam ein Großteil der albanischen Antiken nach Paris (Bd. I p. 63), ein Teil war aber in kluger Voraussicht der Ereignisse vorher in Sicherheit gebracht worden. Nach 1816 kehrten die Stücke aus Frankreich, soweit sie nicht eingetauscht oder nach München verkauft waren, zurück, ebenso die ausgelagerten. Die Athena aber, Winckelmanns berühmte Pallas, blieb verschollen. Sie war nie in Paris gewesen und kam auch nicht wieder in die Villa Albani; mit dem Jahr 1797 hörte jede Nachricht über sie auf. Erst 1912 gelang der Nachweis, daß sie mit der falschen Herkunftsangabe Farnese in Neapel, wohin die Albanischen Antiken teilweise gerettet worden waren, in den Bestand des Museo Borbonico, des heutigen Museo Nazionale, aufgenommen worden war 12 ).
Ist so ein Stück dieses Museums fälschlich als farnesisch bezeichnet worden, so wurde umgekehrt bei manchen Antiken, die wirklich aus der Sammlung Farnese stammen, die Herkunftsbezeichnung Pompeii angegeben. Bedenkt man, wie unsicher oder willkürlich oft Fundangaben in unseren Katalogen sind, so möchte man das nicht für ein allzu großes Unglück halten. Aber bei den durch den großen Ausbruch des Vesuv verschütteten Städten liegt der Fall denn doch etwas anders. Alle Fundstücke von dort müssen vor 79 nach Chr. entstanden sein. Es können sich so Fälle ergeben, wo durch falsche Herkunftsangabe unsere ganze Stilgeschichte in Unordnung geraten könnte. Es ist ein Glück, daß es immer doch noch Möglichkeiten gibt, da nachzuprüfen. Eine Statue ließ sich auf einer Zeichnung von Heemskerck wiederfinden, sie muß also schon mehr als 200 Jahre vor Beginn der Ausgrabungen von Pompeii in Rom gewesen sein. Bei einem Porträtkopf aus Bronze des 3. Jahrhunderts nach Chr. fand sich im Museumsinventar schließlich doch die Provenienz Farnese. Bei dem Marmorrelief, das nach Dürers Holzschnitt von 1515 mit dem Rhinocerus gemeißelt ist, kann natürlich niemanden ein Schild mit Fundangabe (Pompeii) irreführen. Also so praktisch an sich die gebräuchlichen Rufnamen sind, so darf man sich nicht blindlings auf sie verlassen. Da sind schon solche vorzuziehen, die sich auf den Gelehrten grün•2) Jahrbuch archäolog. Institut XXVII 1912 p. 88 ff. (Preyss). 3
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den, der sich als erster mit dem Stück beschäftigt hat, oder als erster eine richtige Deutung gegeben hat. Einen Mädchenkopf in München nennt man so den Brunnschen Kopf. Die kleine Statuette von der Pnyx in Athen, die Charles Lenormant 1869 als Nachbildung der Athena Parthenos des Phidias erkannte, wodurch erst die Zuweisung weiterer Repliken möglich wurde und unsere Vorstellung von dem größten Bildhauer des Altertums einen festen Boden erhielt, nennen wir aus Anerkennung und Dankbarkeit die Lenormantsche Statuette. Das ist gut zu wissen, denn einmal erzählte mir ein Student, er hätte im Kolleg gelernt, sie stamme aus Sammlung Lenormant. Zur Archäologensprache gehört endlich auch der Stil. Uber den brauchte man eigentlich nichts zu sagen, denn es sollte sich von selbst verstehen, daß er ebenso klar, knapp und verständlich sei, wie man es bei allen wissenschaftlichen Disziplinen fordern sollte. Dennoch hat jede Wissenschaft ihre Eigenheiten. Für die Archäologie sind zuweilen Bücher charakteristisch, deren Format sich dem einer Haustür nähert. Zur Archäologie gehören auch Körperkräfte, pflegte ein verdienter Hochschullehrer zu sagen, wenn er sich in den Zeiten, da die Lichtbildprojektion noch nicht allgemein üblich war, mit diesen Folianten schleppte. Es gibt eine Unmenge übergroßer und übermäßig teurer Publikationen, die keineswegs dazu beitragen, das Studium zu fördern. Salomon Reinach schrieb vor bald 60 Jahren mit Recht: „Es ist eine bekannte Tatsache, daß ein gewaltiger Folioband, der mehrere hundert kostet, ohne weitere Prüfung als ein schönes Buch gewertet wird. Von einem bescheidenen Buch verlangt man, daß es gut sei; ist es das nicht, so geniert man sich nicht, das zu sagen. W e r den schnellen Erfolg liebt, und mit solchen Leuten war die Wissenschaft stets reich gesegnet, ist früher und jetzt noch darauf versessen, sehr kostspielige Werke in sehr unhandlichem Format zu publizieren." Wie richtig diese Bemerkungen sind, kann man daran ermessen, daß es heute noch Verleger gibt, die einem versichern, teure Bücher verkaufen sich besser als billige. Offenbar scheuen sich nicht nur Einzelpersonen, sondern auch staatliche Institute, preiswerte Publikationen herauszubringen. Diese können ja zudem aus öffentlichen Mitteln Zuschüsse zum Druck gewähren, ohne daß die Werke selbst billiger werden. Der
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Steuerzahler ist geduldig, „pantalone paga tutto" sagen die Italiener. Bedenkt man ferner, daß die meisten Autoren Karriere machen wollen und darum einige Kilogramm bedruckten Papiers vorlegen zu müssen glauben, so ist das Rätsel der umfänglichen, schwer zu handhabenden, schwerer noch zu verstehenden und am schwersten zu bezahlenden archäologischen Publikationen teilweise gelöst. Ein Autor schreibt gar oft nicht, weil er etwas mitzuteilen hat, sondern er schreibt um zu schreiben. Ein uferloses Anwachsen der archäologischen Literatur ist die Folge. Ein einzelner kann sie nimmermehr durchlesen, geschweige denn durcharbeiten. Nun wird man einwenden, daß das ja kein Schade sei, wenn nicht alles davon gelesen wird. Aber dadurch, daß viel zu viel gedruckt und viel zu wenig gelesen wird, wird soviel aneinander vorbei geredet. Andererseits wird viel Verkehrtes und überflüssiges nachgesprochen. Mehr Respekt vorm unbedruckten Papier und weniger vorm bedruckten ist auf alle Fälle anzuraten. Es gibt glänzende Beispiele, wie die Werke von Sir John Beazley, die zeigen, wie auf knappem Raum Wesentliches, Wichtiges und Neues gesagt wird, ohne daß der Stil darunter leidet. Freilich muß man dann auch Gedanken haben. Schopenhauer meint einmal: „man wird berühmt durch das, was man gesehn, nicht durch das, was man gedacht hat. Dieser Weg hat auch noch den einen großen Vorteil darin, daß es viel leichter ist, was man gesehen, als was man gedacht hat, andern mitzuteilen und es sich mit dem Verständnis ebenso verhält." Das ist vielleicht mit ein Grund dafür, daß so manche Ausgrabungsleiter und Museumsdirektoren ihr „ius primae noctis" bei den ihnen anvertrauten Antiken so eifersüchtig wahren. Es scheint jedoch auch nicht ganz so einfach das mitzuteilen, was man gesehen hat, sonst würden sie schneller publizieren. Man hat gern auf sie die Fabel angewendet vom Hund, der den Heuboden bewacht: selber fressen kann er es nicht, aber er gönnt es auch keinem anderen. Glücklicherweise fehlt es der Archäologie dennoch keineswegs an Stoff. Es gibt noch genügend ungelöste Fragen bei publizierten oder zur Publikation freien Monumenten. Knüppeldick hängen die Probleme an den Bäumen, pflegte ein verstorbener Archäolog zu sagen.
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Ein gerüttelt Maß der Schuld an den unhaltbaren Zuständen in der heutigen archäologischen Produktion tragen die Zeitschriften, die sich erschreckend vermehrt haben. Jedes Institut glaubt eine herausbringen zu müssen, sdion um mit den Tauschexemplaren aus den anderen Instituten seine Bücherreihen zu füllen. Da sie von öffentlichen Mitteln subventioniert werden, brauchen sie auf die übrigen Abnehmer keine Rücksicht zu nehmen. Es ist kaum glaublich, wieviel Leerlauf die Folge ist. Nehmen wir ein konkretes Beispiel. Die amerikanischen Ausgrabungen auf der Agora von Athen werden in der „Hesperia" schnell und vortrefflich bekannt gegeben. Dieselben Berichte etwas gekürzt mit einer Auswahl derselben Abbildungen erscheinen nun abgedruckt im „American Journal of Archaeology", im „Journal of Hellenic Studies", im „Bulletin de correspondance hellénique" und im „Archäologischen Anzeiger". Das sind Zeitschriften, die aber sowieso jede, auch noch so kleine Fachbibliothek halten muß. Der verantwortungsbewußte Leiter einer solchen Bibliothek sieht mft Grausen, wie diese immer mehr zum Schuttabladeplatz wird. Aber er kann auch die Zeitschriften nicht abbestellen, denn unter der Menge gedroschenen Strohs ist doch glücklicherweise zuweilen ein Weizenkorn verborgen. So tröstet er sich denn mit dem Bewußtsein, daß an seinem Wohnsitz dieser Widersinn nur einmal zu beklagen ist, daß aber in Rom und Athen, wo sechs bis sieben archäologische Bibliotheken der verschiedenen Nationen bestehen, dasselbe sechs- bis siebenmal zu konstatieren ist. In der Tat wird so mit den Geldern und der Zeit der Mitforscher Schindluder getrieben, und das unter der Ägide von Behörden, die der Förderung der Wissenschaft dienen sollen. A b e r es gibt auch innere Gründe, die das erschreckende V o l u m e n und d e n so schwer verdaulichen Stil v i e l e r archäologischer Publikationen verursachen. W e n n v o n erhaben e n G e g e n s t ä n d e n die Rede ist, und an solchen hat die antike Kunst glücklicherweise k e i n e n M a n g e l , s o glaubt der A u t o r es s e i n e m Stoff schuldig zu sein, in h o h e priesterlichen W e i h e t ö n e n zu reden. Da s e i e i n W o r t v o n A l e x a n d e r v o n Humboldt zur B e h e r z i g u n g e m p f o h l e n : „Je erhabener die G e g e n s t ä n d e sind, d e s t o s o r g f ä l t i g e r muß der äußere Schmuck der R e d e v e r m i e d e n werden." D i e B e f o l g u n g dieser R e g e l wird g e w i ß erlauben, e i n archäologisches Buch auch kurz zu machen. J e kürzer e s ist, d e s t o eher wird es auch wirkliche Leser finden. Kürzen k a n n m a n auch, w e n n m a n nicht a l l e s ausspricht. Der Leser freut sich, w e n n er selbst e t w a s m i t d e n k e n darf. „Le s e c r e t d'ennuyer est c e l u i d e dire tout", sagt V o l t a i r e .
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Allerdings ist die Archäologie hier etwas erblich belastet. In den Zeiten, da Reproduktionen teuer waren, glaubte man ausführliche und minutiöse Beschreibungen von jedem einzelnen Kunstwerk geben zu müssen. Es ist nun völlig richtig, wenn in den archäologischen Seminaren auf die genaue Beobachtung jeder Einzelheit gedrungen wird. Aber das muß man nicht im Druck wiederkäuen. Eine knappe Beschreibung, wie sie einst Lukian vom myronischen Diskobol gab und wie sie selbst bei Winckelmann mitunter zu finden ist, genügt oft, um ein Denkmal zu erkennen und zu würdigen. Freilich muß man sich dann auf das Wesentliche beschränken können, und das ist, wie alles Einfache, schwer. Heutzutage pflegt fast jedes archäologische Buch illustriert zu sein. J a es werden sogar immer wieder, selbst in den archäologischen Bilderbüchern, dieselben Stücke wiederholt wie ein Spiel Karten, das immer neu gemischt wird. Aber selbst dort, wo keine Bilder gebracht werden, kann auf solche in anderen Publikationen verwiesen werden. In gewissem Sinne können wir so die Forderung Goethes wahr machen: „Die Kunst ist deshalb da, daß man. sie sehe, nicht davon spreche, als höchstens in ihrer Gegenwart." Die Abbildung erspart viele Worte, oder sollte sie doch ersparen. Alles, was auf dem Bild klar ist, gehört eigentlich nicht in den Text, es sei denn, daß es sich um einen wesentlichen Punkt handelt, den der Betrachter nicht sofort erkennt, oder daß die Reproduktion den Betrachter irreleiten kann. Schon daraus erhellt, wie wichtig nicht nur für den Archäologen selbst, sondern auch für diejenigen, die seine Werke lesen oder verstehen wollen, die Reproduktionen sind. So seien einige Bemerkungen zu den Reproduktionen gestattet. Das ist um so wichtiger, als der Archäolog es ja in gar zu vielen Fällen nicht mit den Meisterwerken der antiken Kunst selbst zu tun hat, sondern mit Kopien oder Nachklängen von ihnen. Der Leser erhält so oft Reproduktionen von Reproduktionen.
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Die antiken Reproduktionen DIE A N T I K E N
REPRODUKTIONEN
DIE MATERIALIEN Wenn uns von den antiken Kunstwerken so wenige im Original erhalten sind, so liegt das natürlich mit an den mannigfachen Schicksalen, die sie im Laufe der Jahrhunderte erlitten haben. Von diesen ist im 1. Band ein kurzer Überblick versucht. In erster Linie ist das Material für die Erhaltung ausschlaggebend. J e kostbarer es ist, desto eher wird es der Habgier späterer kunstfremder und verarmter Zeiten zum Opfer fallen, vorausgesetzt, daß es sich verarbeiten läßt. Nur Edelsteine und Halbedelsteine sind vor der völligen Vernichtung sicher. Sie können wohl zerschlagen werden, werden mitunter auch, wenn sie Bilder tragen, überarbeitet, aber sie lassen sich nicht zu Kalk brennen oder zu Bausteinen bearbeiten wie gewöhnliche Steine, sie lassen sich nicht einschmelzen wie Metalle. Am vergänglichsten hingegen sind alle den Einwirkungen der Zeit gegenüber nicht widerstandsfähigen Materialien wie Gewebe oder Werke aus Holz, die nur in seltenen Ausnahmefällen oder unter ungewöhnlich günstigen klimatischen Verhältnissen, wie in Ägypten, sich erhalten haben. Die meisten der erhaltenen großen Denkmäler sind doch immer noch die aus Stein. So wollen wir unseren Uberblick über die Materialien der Antiken anfangen mit den Steinen. Dabei wollen wir gleich vorausschicken, daß wir hier, wie so oft, den Mut haben, inkonsequent zu sein, denn das bringt die Methode der Archäologie nun einmal mit sich. Also werden wir nicht nur von den Steinen oder anderen Materialien sprechen, aus denen die Reproduktionen bestehen, sondern auch von denen der Originale. Originale sind natürlich in diesem Zusammenhange die erhaltenen Reste von Bauwerken. Die — soweit es sich um Monumentalbauten handelt — ja aus Stein bestehen. Entweder ist es am Ort anstehender Stein oder aus der näheren oder weiteren Umgebung importierter. In den wichtigeren Städten können wir nach dem verwendeten Material und den Mitteln, die zu dessen Verbindung verwendet werden, auch an sich undatierte und aus der schriftlichen Uberlieferung unbekannte Bauten datieren.
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So sind auf der athenischen Akropolis 1 3 ) die ältesten M a u e r n für die Befestigung u n d die F u n d a m e n t e der Tempel aus d e m bläulichen Burgkalk, a u s d e m der H ü g e l selbst besteht. Schon im f r ü h e n sechsten J a h r h u n d e r t v o r Chr. k ö n n e n wir für den O b e r b a u den Kalkstein (Poros) vom Peiraieus beobachten, d e n s o g e n a n n t e n A k t i t e s lithos nach d e n a n t i k e n Bauinschriften späterer Zeit. Im letzten V i e r t e l des sechsten J a h r h u n d e r t s b e g e g n e t uns der w e i ß e (im G e g e n s a t z zum gelblichen Poros) Kalkstein, der in Brüchen des H y m e t t o s , u n w e i t des m o d e r n e n Ortes Karä, festgestellt w u r d e (Ringhalle des „Dörpfeld-Tempels", O l y m p i o n der Peisistratossöhne, ä l t e r e r Tempel des Dionysos, Krepis des „Vorparthenon"). M a r m o r w i r d n u r f ü r einige Schmuckglieder (Metopen, Traufleisten) in dieser f r ü h e n Zeit v e r w e n d e t . A b e r in der perikleischen Periode ist der auf d e m Pentelikon gebrochene M a r m o r das allgemein v e r w e n d e t e M a t e r i a l f ü r M o n u m e n t a l b a u t e n u n d bleibt es in d e r Folgezeit. Der Poros wird h e r a b g e w ü r d i g t , er dient f ü r die F u n d a m e n t e . Für einzelne Schichten ist u n s an d e n Propyläen, also nach 438, am Poliastempel (409 vollendet) u n d am Telesterion v o n Eleusis d e r b l a u g r a u e Kalkstein v o n Eleusis e r h a l t e n . Im v i e r t e n J a h r h u n d e r t v o r Chr. wird für die F u n d a m e n t e , soweit sie nicht sichtbar sind, gern eine am H y m e t t o s brechende Breccia v e r w e n d e t (ältestes datiertes Beispiel das D e n k m a l des L y s i k r a t e s v o n 334 v o r Chr.). Ähnlich wie an den v e r w e n d e t e n Steinen läßt sich auch an der F o r m der Eisenklammern, mit denen die Steine z u s a m m e n g e h a l t e n werden, eine zeitliche Abfolge ablesen, u n d zwar nicht n u r in Athen, s o n d e r n auch an a n d e r e n A u s g r a b u n g s s t ä t t e n wie Delphi o d e r Olympia. Schwalbenschwanzförmige Klammern pflegen älter zu sein als Z-förmige. Diese w i e d e r u m sind älter als Doppel-Tförmige. A b e r hier wie ü b e r a l l ist Vorsicht am Platze. Es ist k e i n e s w e g s so, daß mit d e r E i n f ü h r u n g einer n e u e n Form die alte ausstirbt, u n d n u n nie w i e d e r v e r w e n d e t wird. Einen Bau am Dipylon v o n A t h e n h a t t e m a n auf Grund der Doppel-T-Klamm e r n ins v i e r t e J a h r h u n d e r t v o r Chr. setzen wollen, aber bei 40 J a h r e später angestellten T i e f g r a b u n g e n e r g a b sich, daß es sich u m ein G e b ä u d e handelt, das ein h a l b e s J a h r t a u s e n d s p ä t e r ist, aus der Epoche des H a d r i a n stammt. So w i e in A t h e n geben u n s für das Rom der republikanischen Zeit 14 ) die Baumaterialien, hier in V e r b i n d u n g mit den literarisch ü b e r l i e f e r t e n G r ü n d u n g s d a t e n der Tempel, ein ziemlich z u v e r l ä s s i g e s Gerüst, mit dessen Hilfe wir auch die u n d a t i e r t e n M a u e r n e i n i g e r m a ß e n zeitlich f e s t l e g e n k ö n n e n . Mit der Kaiserzeit wird das a n d e r s . Der Ausspruch des A u g u s t u s , er h a b e Rom als eine Stadt aus Luftziegeln ü b e r n o m m e n u n d h i n t e r l a s s e es als eine Stadt a u s Marmor, ist ja 13) Für die Baumaterialien In Athen: Judeidi, Topographie von Athen« 2. Aufl. München 1931 p. 4 ff. U) Frank, Buildings of the Republic, Rom 1924.
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allgemein bekannt. Der Marmor aber mußte eingeführt werden, auch der aus den damals entdeckten Steinbrüchen von Carrara, dem antiken Luni, bedurfte eines längeren und schwierigen Transports. Die Marmore und anderen Steine des Rom der Kaiserzeit werden wir zweckmäßig bei den Statuen erwähnen.
Wenn man eines unserer modernen Museen durchwandert, so ist das Auge überrascht, bald vielleicht auch ermüdet von der Fülle der Marmorstatuen. Es ergibt sich leicht der Eindruck, daß auch im Altertum der Marmor das bevorzugte Material gewesen sei. Da gilt es zunächst ein Vorurteil des Nordländers zu überwinden. Diesem ist der Marmor eine Kostbarkeit. Das ist er nicht nur nördlich der Alpen, sondern teilweise auch in Italien. In Griechenland und Kleinasien ist das nicht in gleichem Maße der Fall. Wenn der Europäer in einer kleinasiatischen Stadt Straßenpflaster und Treppen der Häuser aus Marmor sieht, so meint er zunächst, die Einwohner müßten alle wohlhabende Leute sein; erst langsam kommt er dahinter, daß dortzulande Holz teurer ist als der Stein, auf dem die Stadt steht. Natürlich wird dort, w o anderer Stein ansteht, dieser billiger sein als Marmor. So sind der Tempel von Assos und die älteren Bauten von Pergamon aus dem sehr harten und sehr schwer zu bearbeitenden Trachyt. Das Material war aber leicht zu beschaffen, und die höheren Kosten der Bearbeitung machten sich dadurch bezahlt, daß der Transport billiger war. Ähnlich steht es an vielen anderen Orten, w o das einheimische Material bevorzugt wird, ob es sich nun um peleponnesische Bauten handelt, deren Skulpturen (wie beim Tempel vonTegea)aus dem Marmor von Dolianä bestehen, oder um etruskische Aschenkisten, die in Volterra aus Alabaster, in Perugia aus Kalkstein sind. So werden wir zu allen Zeiten provinzielle Steine verwendet finden, namentlich auch in den Skulpturen aus dem weiten Bereich des römischen Kaiserreiches. Es ist ganz natürlich, daß in den Zentren antiker Kultur und Kunst, so auch in Athen zunächst der billigere Kalkstein verwendet wird statt des schwerer zu bearbeitenden Marmors. Aber seit dem ausgehenden siebenten Jahrhundert vor Chr. ist in ganz Griechenland der leuchtende Marmor das bevorzugte Material für die Steinskulptur.
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Die zuweilen ausgesprochene Ansicht, die Kunst sei — wie eine gut geleitete Elementarschule — vom einfachen zum schwierigen fortgeschritten, habe zuerst in Holz geschnitzt, sei dann zum leicht zu bearbeitenden Kalkstein, dann erst zum Marmor, dessen Zurichtigung etwa fünfmal soviel Zeit erfordert, übergegangen, ist in dieser Form nicht zutreffend. Längst haben wir gelernt, daß die Tempelskulpturen (Giebelreliefs) der athenischen Akropolis aus dem einheimischen Kalkstein (Poros) keineswegs früher entstanden sind als die ältesten attischen Marmorskulpturen (Kuroi vom Dipylon und von Sunion). Sie sind nur aus demselben Material gefertigt, aus dem die Tempel, deren Schmuck sie bilden, bestehen. Marmor bearbeitet schon die vorgeschichtliche Kykladenkultur des zweiten vorchristlichen Jahrtausends in den sogenannten Inselidolen, die in Einzelfällen mehr als Lebensgröße erreichten. Der Alabaster dient in Griechenland hauptsächlich jenen länglichen henkellosen Salbgefäßen, deren sich die Frauen bedienen — im Gegensatz zu den Männern, die ihr Salböl in den kugeligen in der modernen Archäologensprache unrichtig Aryballos, antik inschriftlich Olpe genannten, tragen. Die länglichen Alabastren werden auch in Ton, Metail oder Glas kopiert, aber ihr ursprüngliches Material ist eben doch der Alabaster, wobei sich schon die Alten nicht darüber im klaren waren, ob der Stein nach dem Gefäß oder das Gefäß nach dem Stein seinen Namen hat. In der klassischen Zeit ist es rein weißer Alabaster. Der geäderte sogenannte Alabaster wird erst in späteren Zeiten beliebt (p. 59). In Etruuien haben wir auch Sarkophage aus Alabaster und, namentlich in Volterrae, wo noch heute die Alabasterindustrie blüht, die äußerst zahlreichen Aschenurnen. Marmor ist nur deshalb so viel erhalten, weil unendlich viel Werke aus ihm vorhanden waren, weil trotz der Kalkbrenner sehr viel davon im schützenden Boden der Erde bewahrt wurde, während die einschmelzbare Bronze häufig schon der Habgier zum Opfer fiel, bevor sie verschüttet wurde. So sind uns in Bronze in der Regel nur kleine Statuetten, Geräte und Waffen erhalten. Großbronzen, d. h. Statuen oder Büsten aus Bronze in ganzer oder an-
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n ä h e r n d e r Lebensgröße g e h ö r e n u n t e r den A u s g r a b u n g e n zu den ausgesprochenen Seltenheiten. N u r die v o m V e s u v 79 nach Chr. verschütteten Städte (namentlich Herculan e u m mit den reichen Funden der Papyrosvilla) machen eine A u s n a h m e . Daneben sind die Funde aus d e m M e e r e (Antikythera, Marathon, Eleusis, Artemision, Mahedia) und dem Rhein (Trapezophor v o n Xanten) zu n e n n e n und glückliche Einzelfunde in Delphi (Wagenlenker), Brescia (Victoria), Volubilis, Pesaro (sog. Idolino), Todi (sog. Mars), Trasimenischer See (sog. Arringatore), Arezzo (Chimära), Vulci (Spinnerin) und Rom (Faustkämpfer, sog. Herrscher). Dazu k o m m e n d i e j e n i g e n Bronzen, die nie verschüttet w a r e n (Bd. I p. 33), d a r u n t e r die weit ü b e r l e b e n s g r o ß e Statue in Barletta und Bruchstücke einer solchen aus Rom. W a s uns v o n griechischen Bronzegeräten v e r l o r e n ist, können wir e r r a t e n aus den Funden im B a r b a r e n l a n d , w o derlei als Grabbeigaben b e w a h r t blieb, wie die Funde aus Trebenischte am See von Ochris und der m a n n s h o h e Krater aus Vix bei Chätillon-sur-Seine in Burgund 1 5 ). Die ältesten Bronzestatuen sind nicht gegossen, s o n d e r n aus Blech g e h ä m m e r t wie die Kultbilder aus Dreros auf Kreta oder eine weibliche Statuette vom H e r a i o n in Samos. Das stumpfe Blei 16 ) ist f ü r künstlerische Zwecke wenig geeignet, aber w e g e n seiner leichten Schmelzbarkeit zu manchem nützlich, so v e r w e n d e t e man als M a ß s t a b bei den immer wechselnden W i n k e l n des p o l y g o n a l e n Mauerw e r k e s b i e g s a m e Bleistäbe. In Blei g e g o s s e n sind Figürchen in flachem ausgeschnittenem Relief, die namentlich in Sparta als W e i h g a b e n in Heiligtümern beliebt w a r e n . Sie ähneln in der Technik den Zinnfiguren als Kinderspielzeug n e u e r e r Zeiten. Die V e r w e n d u n g v o n v e r g o l d e t e m Blei als billiger Ersatz f ü r große Statuen aus Bronze, w i e wir das aus dem 18. J a h r h u n d e r t nach Chr. k e n n e n , ist u n s f ü r die All die v i e l e n V e r w e n d u n g s m ö g l i c h k e i t e n v o n Bronze hier auch nur zu nennen, würde zu w e i t führen. Es sei v e r w i e s e n auf: Lamb, Greek and Roman Bronzes, London 1929 und auf d i e M u s e u m s kataloge, so: Führer durch das Antiquarium I Berlin 1924, W a l t e r s , Catalogue of Bronzes British M u s e u m , London 1899, G. M. A . Richter, Greek Etruscan and Roman Bronzes M e t r o p o l i t a n Museum, N e w York 1915, D e Ridder, Bronzes antiques du Louvre, Paris 1913—15. IC) A u s o m a I V 1909 p. 31 ff. (Marian!). Archäolog. A n z e i g e r 1935 p. 126, 1936 p. 255 ff. Berytus V 1938 p. 27 (von Merddin).
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Antike nicht überliefert. Aus klassischer und nachklassischer Zeit kennen wir aus Griechenland Gewichte aus Blei, wozu es sich wegen seines hohen spezifischen Gewichtes gut eignet. Aus der nachklassischen Zeit sind besonders die Schleuderbleie zu erwähnen, die häufig mit dem Namen des Kommandanten des Truppenteils oder mit höhnischen Worten für den Feind versehen sind. Für das moderne Empfinden überraschend ist es, daß dünne Bleitäfelchen auch für Briefe und, ganz besonders in Dodona, auch für Anfragen an das Orakel in Gebrauch waren. Aber Papier und Leder waren damals teurer, und die schwach in Blei eingravierten Buchstaben ließen sich leicht tilgen, so daß das Täfelchen beliebig oft verwendet werden konnte. Bis in die Spätzeit sind solche Bleitäfelchen als Briefe an die Unterweltsgottheiten beliebt. Sie wurden in Gräber gelegt, um so den Adressaten sicher zu erreichen, und enthalten Verwünschungen (oft in verstellter Schrift oder wenigstens mit in verstellter Schrift geschriebenen Namen); Liebeszauber ist dabei vorherrschend. Im Gegensatz dazu wird bei den Totenpässen, die die frommen Mysten in Unteritalien ins Grab gelegt bekommen und bei erbetenem wohltätigem Zauber (Heilung von Migräne oder Zahnschmerzen) der Text auf Goldplättchen graviert. Blei dient ferner noch zum Vergießen der Dübel und Klammern an Gebäuden und Statuenbasen. Antike Anker sind aus Blei, und aus spätantiker Zeit besitzen wir eine Reihe von Bleisarkophagen. Geprägte Bleimedaillons sind offenbar Abschläge, an denen Prägestempel für Edelmetall erprobt wurden, wie in späteren Zeiten auch. Selten sind vollgegossene Statuetten aus Blei aus klassischer und nachklassischer Zeit. Endlich sind aus der Kaiserzeit noch die Bleitesserae zu erwähnen, die als Gutscheine für mancherlei Zwecke (Getreideverteilungen und dergl.) dienten, und die manchmal durch Porträts oder durch die Darstellungen interessant sind. Die Bleiröhren der römischen Wasserleitungen sind durch eingestempelte Namen der Hausbesitzer für die stadtrömische Topographie wichtig. Eisen ist für Kunstwerke verhältnismäßig selten in der Literatur erwähnt. Herodot (125) nennt den von Alyattes nach Delphi gestifteten silbernen Krater, der von einem
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eisernen Untersatz getragen wurde, ein Werk des Glaukos von Chios, der die Lötung des Eisens erfunden habe. Pausanias (X 16,1) gibt eine genaue Beschreibung desselben. Plinius (XXXIV 141) erwähnt eine eiserne Statue des Herakles von Alkon, Pausanias (III 12, 10) Statuen des Theodoros von Samos, (X 18,5) Herakles von Tisagoras, einen Epameinondas (IV 31, 10). Erhalten hat sich von diesen Kunstwerken aus Eisen nichts. Einiges von dem berühmten Eisengeld (den Obeloi = Bratspieße) der Spartaner ist gefunden, und von den nach Heiodot (II 135) durch die Hetaire Rhodopis von Naukratis nach Delphi geweihten Bratspießen scheinbar ein Rest der Weihinschrift. Unter den Ausgrabungsergebnissen ist Eisen auch verhältnismäßig spärlich vertreten, da es sich wie kein anderes Metall durch Rost zersetzt. So sind es wenig ansehnliche Trümmer von Geräten zu praktischem Gebrauch, wie Nägel, Scheren, Schlüssel, Handwerksgerät, Acker- und Weinbauwerkzeuge, Rasiermesser und Waffen (Schwerter, Pfeil- und Lanzenspitzen, römische Helme) aus den verschiedensten Zeiten, die uns in stark verrostetem Zustand bewahrt geblieben sind. Dann aber auch Eisenteile, die im Altertum nicht sichtbar gewesen sind, die Klammern und Dübel, mit denen die Steinblöcke zusammengehalten wurden (Bd. I p. 29). Wenigstens Rostspuren veranschaulichen uns das ehemalige Vorhandensein von Eisenbarren zum Entlasten der marmornen Giebelfiguren oder zur Verstärkung der Marmorbalken an klassischen Bauten wie dem Parthenon, den Propyläen oder dem Apollontempel in Bassai. Bronze war eben doch zweifellos lange Zeit der bevorzugte Werkstoff für Kunstwerke, namentlich für Einzelstatuen, sowohl für profane Bildwerke wie für Kultbilder. Gewiß war Marmor darum nie ausgeschlossen oder zurückgesetzt. Bei Lukian (Jup. trag. 8) bestehen die meisten griechischen Götterbilder aus Marmor oder Erz. Das Vergolden von Bronzestatuen ist in Rom seit dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert belegt. Im Original am größeren der Leuchterknaben aus Pompeii, am Marc Aurel, am Herakles im Vatikan noch nachzuweisen, ferner an Resten von Architekturverkleidung aus Bronze (vgl. Bd. I p. 28). Ganz eigenartig ist die Vergoldung einer Marmorstatuette eines nackten jugendlichen Dionysos aus dem
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Heiligtum der syrischen Götter vom Janiculum in Rom17). Sie zeigt nämlich nur am Gesicht und an den Händen Vergoldung. Offenbar war ein nackter Gott den semitischen Orientalen ein Greuel, und so steckten sie die Statue in Kleider. Doch war auch den Griechen ein solches Verfahren keineswegs fremd (Pausanias II 11, 6). Von dem fabelhaften korinthischen Erz, das in der antiken Literatur eine so bedeutende Rolle spielt, und auf das namentlich in der Kaiserzeit die Sammler erpicht waren, können wir uns keine Vorstellung machen. Zweifellos war es einst an der Farbe und dem Glanz der Oberfläche kenntlich. Das ist uns nicht mehr möglich zu entscheiden, da die antiken Bronzen fast ausnahmslos heute von der grünen Patina bedeckt sind. Diese hat mitunter einen eigenartigen Reiz, ja sie steigert die Schätzung, die wir den antiken Erzwerken entgegenbringen. Nur muß man sich hüten und darf sich nicht verführen lassen, den modernen grünen Olfarbenanstrich eines Messinggusses nach der Antike aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts nach Chr. für herrliche malachitgrüne Patina zu halten 18 ). Im Altertum, namentlich in den klassischen Jahrhunderten, legte man Wert darauf, daß die Bronze im Ton des goldfarbenen Metalls glänzte. Das lehren uns zunächst einmal die bildlichen Darstellungen. Eherne Geräte, Waffen und Statuen werden in Gelb wiedergegeben. Bei Helmen, Panzern, chirurgischen Instrumenten, Küchengerät und dergl., die heute in unseren Museen von einer Grünspanschicht überzogen sind, versteht es sich eigentlich von selbst, daß sie im Altertum blank gehalten wurden. Für Statuen belehren uns Inschriften, daß man nicht ohne Kosten dafür sorgte, sie durch Einfetten vor dem Patinieren zu behüten. Neben dem regelmäßigen Einfetten war das Versilbern oder Vergolden von Bronzestatuen das sicherere, aber auch kostspieligere Mittel, den Glanz der Oberfläche zu gewährleisten. Um das Einfetten regelmäßig durchzuführen, waren wohl nicht immer die notwendigen Mittel vorhanden. So sind durch Armut und Sorglosigkeit im Laufe der Jahrhunderte auch im Altertum die Bildsäulen vom Edelrost überzogen worden. Genau wie die moderne Snobberie erfreute sich auch die antike dieses ungewollten Effektes. Bei Plutarch (de Pyth. orac. 2) werden die meergrünen Nauarchen im Weihgeschenk des Lysander zu Delphi ausdrücklich erwähnt und Betrachtungen über diese Farbe angestellt. Damals um 100 nach Chr. befinden wir uns ja schon in einer Zeit, der die vor einem halben Jahrtausend entstandenen klassischen Werke als antik galten.
Eine besondere, harte Legierung erfordern die Spiegel, deren glänzende Oberfläche nicht zerkratzt werden darf. 1') Ausonia IV 1909 Notiziario p. 30 (Aurigemma). M) Ardiäolog. Anzeiger 1935 p. 322.
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Sie sind uns vom kunstarchäologischen Standpunkt wichtig wegen der statuarischen Stützen der Standspiegel im sechsten und fünften Jahrhundert, der reliefgezierten Kapseln der Klappspiegel im fünften und den folgenden Jahrhunderten. Die mit diesen gleichzeitigen Gravierungen auf den Rückseiten der Spiegelscheiben, die in Griechenland (teilweise in Silber tauschiert) nicht selten, in Etrurien und Praeneste überaus häufig sind, liefern uns stets wichtiges, oft künstlerisch auch sehr qualitätsvolles Material. Es besteht wohl kein Zweifel, daß gar manche der in der antiken Literatur erwähnten goldenen und silbernen Statuen und Geräte nur aus Bronze mit einem Überzug von Edelmetall gewesen sein werden. Silber als das Metall, das in Griechenland häufiger ist, ist von Anbeginn beliebter als Gold. Man denke nur an die reichen Silberminen von Laurion, während Gold zeitweilig in Siphnos, dann in Thrakien (Skapte Hyle) und Makedonien gefunden wird. In der Frühzeit muß es aus Lydien (Paktolos) aus dem Skythenland, wo es nach Herodot (III 116) und den Funden häufig war, ferner durch Zwischenhandel aus Äthiopien über Ägypten oder aus Indien über Persien bezogen werden. So ist es kein Wunder, daß auch für die Münzprägung im europäischen Griechenland seit deren Beginn im sechsten Jahrhundert vor Chr. das Silber bevorzugt ist, nur in Lydien gibt es frühe Münzen aus reinem Gold oder Weißgold (Elektron). Auch für Geschirr ist das Silber nicht so spät erst aufgekommen, wie wir nach Athenaeus (VI 229, C) annehmen müßten. Die noch dem siebenten Jahrhundert angehörenden phönikischen Silberschalen haben in Griechenland Nachahmung in Gefäßen und Schmuckstücken gefunden. Aus Etrurien besitzen wir die Silberreliefs von der Brüstung eines Streitwagens aus dem sechsten Jahrhundert. Aus klassischer Zeit sind eine ganze Anzahl von Phialen vorhanden, die auch in den Tempelinventaren öfter erwähnt und auf den Vasen nicht selten dargestellt werden. Teilweise tragen sie schon Vergoldung, wie wir sie dann besonders an den in persischem Geschmack dekorierten Gefäßen finden, die wohl meist Arbeiten von Griechen sind. Hauptfundplätze für diese sind Thrakien und das Nordufer des Pontos.
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Ebendorther stammen eine Reihe Schalen mit gravierter, teilweise vergoldeter Zeichnung in rein klassischem Stil. Gefäße, die mit getriebenen Reliefs geziert sind, besitzen wir seit dem fünften Jahrhundert vor Chr., namentlich aus Tarent. Sie erleben dann eine besondere Blüte in der frühen Kaiserzeit, wo neben so manchen Einzelfunden die Schatzfunde von Hildesheim, Bernay, Hoby, Boscoreale und Pompeii (namentlich im sogenannten Haus des Menander) hervorzuheben sind. Eine Nachblüte setzt dann in spätantiker Zeit im vierten Jahrhundert nach Chr. ein (Fund von Esquilin, von Parabiago, Mildenhall, südrussische Funde). Seltener ist natürlich die Großkunst. Versilbert ist der kleinere Leuchterknabe und die Bronzebüste des Galba 19 ) aus Pompeii. Aber es gab auch rein aus Silber gefertigte Statuen. Erhalten sind Statuetten, von denen nur der Sophokles in Ancona hervorgehoben sei. Statuen werden uns in Inschriften genannt; nach den Preisen handelt es sich da um solche, die wirklich aus Silber, nicht aus versilberter Bronze bestanden. Erhalten ist die überlebensgroße Büste des Lucius Verus aus Marengo 20 ) als eindrucksvolles Beispiel dieser Technik. Hingegen hat nur zwei Drittel Lebensgröße die Goldbüste des Marc Aurel aus Aventicum, das einzige monumentale Beispiel aus diesem Edelmetall, das uns bewahrt geblieben ist 20a ). Die goldene von den Kypseliden in Olympia geweihte Statue hatten wir oben (p. 19) schon bei der Bedeutung des Wortes Koloss kennengelernt. Wohl von dem gleichen Weihgeschenk stammt eine massiv goldene Schale mit der Weihinschrift des korinthischen Tyrannengeschlechtes. Eine goldene Statue der Aphrodite aus dem vierten Jahrhundert vor Chr. erwähnt Aelian (var. hist. XII 1). Da Gold im Altertum den 13fachen Wert des Silbers hatte (Herodot III 95), sind goldene Geräte und Gefäße natürlich seltener, aber dafür meist auch sorgfältiger ausgeführt als silberne. Nicht ohne weiteres kann man das freilich von den ältesten, den Stirnreifen mit gepunzten 19) Danske Vidensk, Selskab, Archaeolog.-kunsthistor., Medd. II 1, 1937 Taf. 66 (F. Poulsen). 20) Ardiäolog. Anzeiger 1936 p. 431 Abb. 1. 20") Wegner, Herrscherbildnisse antonin. Zeit Taf. 27.
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Reliefs der geometrischen Periode sowie den Goldmasken, Handschuhen und Sohlen der Barbarengräber von Trebenischte sagen. Aber, was uns aus späterer Zeit an Schmuckstücken erhalten ist, Stirnreife und Kränze, Armbänder, Ohrgehänge, Fingerringe, Dosen, ja Lampen (die nicht nur in der homerischen Odyssee (XIX 34) erwähnt, sondern in Pompeii 21 ) auch gefunden sind), und auch die Münzbilder brauchen den Vergleich mit ähnlichen Erzeugnissen späterer Epochen nicht zu scheuen. Besonders reich ist der teilweise von griechischen Künstlern gefertigte Schmuck aus dem Barbarenlande, wo, der anderen Sitte folgend, auch Männer es nicht verschmähten, goldene Hals- oder Armreifen zu tragen, ihre Waffen mit goldgetriebenen Reliefs zu schmücken. Köcherbeschläge und Schwertscheiden aus dem Skythenlande und aus dem Schatzfund von Oxus veranschaulichen uns im Original, was wir sonst nur aus der Schilderung des Masistios bei Herodot (IX 20 u. 22), aus den Erwähnungen bei Xenophon (Anabasis 15, 8 u. I 8, 29) und aus den bildlichen Darstellungen, wie aus dem Alexandermosaik, erahnen können. Außer dem Weihgeschenk der Kypseliden und der Aphrodite der jüngeren Aspasia sind an Goldstatuen aus Griechenland erwähnt die Niken, die in Athen 434 vor Chr. gestiftet und am Emde des peloponnesischen Krieges eingeschmolzen wurden. Eine zwei Talente schwere wurde nach dem Krieg hergestellt, weitere durch Lykurgos. Pausanias nennt die Chariten des Bupalos in Smyrna (IX 35, 6) und ein Apollonbild im delphischen Tempel (X 24, 4). Das ist wenig. Bei Lukian (Jup. trag. 8) sind nur die Barbarengötter aus massivem Gold. Am berühmtesten von allen Goldarbeiten statuarischer Art sind jedoch die goldelfenbeinernen (chryselephantinen) Statuen und die entsprechenden, bei denen die nackten, nicht vom goldenen Gewand bedeckten Teile, nicht aus Elfenbein, sondern aus Marmor bestanden, die sogenannten Akrolithe. Natürlich waren weder die goldenen noch die elfenbeinernen Teile der berühmten chryselephantinen Kolosse etwa massiv. Nach dem Gewicht des verwendeten Goldes und den bekannten Maßen kann man 21) Guida Ruesch Nr. 1862, c. Spinazzola, Le Arti decorative in Pompei Taf. 227.
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schätzen, daß das Gewand der Athena Parthenos nur mit etwa 2—4 mm dickem Goldblech belegt war, in der Regel bestand der Kern aus Holz, mitunter aus Stuck (Pausanias 140,4). Ebenso war das Elfenbein an Gesicht und Armen sicherlich in Platten aufgelegt. Der Kern der ganzen 12 m hohen Statue war ein hohles Holzgerüst. Der Spötter Lukian (Jup. trag. 8) erzählt, wie im Innern die Mäuse hausen. Die christlichen Apologeten haben diesen Topos von den äußerlich prunkvollen, aber innen hohlen, verstaubten und von Ungeziefer bewohnten Götzenbildern gern aufgenommen, Theophilos hat dies den Zeitgenossen bei der Zerstörung des Sarapis in Alexandria (394 nach Chr.) durch die Tat demonstriert. Von diesen gewaltigen Goldelfenbeinbildern ist nichts im Original erhalten. In der Werkstatt des Phidias zu Olympia 1955 ausgegrabene Terrakottabrocken erkannte Emil Kunze als Modeln des Gewandes. Trümmer von kleineren aus archaischer Zeit sind in Delphi aufgefunden worden 22 ). Nur die Gesichter von zweien etwa in Lebensgröße und vier kleineren sind in beschädigtem Zustand erhalten, von den Gewändern Platten aus Goldblech mit eingestanzten Tieren und vegetabilischem Ornament als Webemuster, ganz in der Art, wie es uns von Vasen des sechsten Jahrhunderts vor Chr. bekannt ist. Elfenbein verwittert zu leicht. Nur in dem günstigen Boden Ägyptens haben sich natürlich zahlreiche Beispiele konserviert. Namentlich sind es die sogenannten koptischen Elfenbeine der spätantiken Zeit. Erzeugnisse, wohl nach klassischen Vorbildern, aber von solch verwildert barbarischer Ausführung, daß man manchmal bedauert, daß sie die Jahrhunderte überlebt haben. Hier, wie überhaupt bei den sogenannten antiken Elfenbeinen, ist nicht immer genau zu sagen, wann es sich um Knochenschnitzereien, wann um solche aus Nilpferdzähnen, wann aus wirklichem oder fossilem (Mammutzähne) Elfenbein handelt. Hier wären Untersuchungen am Platze. Elfenbein ist also in der Archäologie ein S a m m e l n a m e f ü r all diese Materialien. Die zahlreichen F u n d e der vorgeschichtlichen 22} Bulletin de correspondance hellénique LXIII 1939 p. 86 ff. (Amandry). Archäolog. Anzeiger 1942 p. 117 ff. 4 R u m p f , Archäologie II
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Zeit aus Kreta, M y k e n a i u n d a n d e r e n F u n d p l ä t z e n sollen u n s hier nicht beschäftigen. A u s der geometrischen Zeit (9.—8. J a h r h u n d e r t vor Chr.) s t a m m e n die S t a t u e t t e n nackter F r a u e n v o m Dipylon in A t h e n . A u s d e m f r ü h e n sechsten J a h r h u n d e r t h a b e n wir die eigenartige G r u p p e zweier Frauen 2 3 ), die sich e n t k l e i d e n (Proitiden ?), d a n n aber namentlich aus S p a r t a eine Fülle v o n Reliefs u n d Statuetten, die teils zur V e r z i e r u n g v o n G e w a n d nadeln (Fibeln), teils als Siegel, als Kämme u n d zu a n d e r e n Zwecken dienten. A n sie l a s s e n sich Fundstücke hocharchaischer und archaischer Zeit aus mittelitalischen G r ä b e r n (Chiusi, C a e r e , M a r s i g l i a n a d'Albegno, Praeneste) anschließen, u n d die S t a t u e t ten bzw. a u s g e s c h n i t t e n e n Reliefs aus d e m Depot im A r t e m i s tempel von Ephesos aus dem f r ü h e n sechsten J a h r h u n d e r t v o r Chr., v e r e i n z e l t e s auch aus Samos u n d a n d e r e n F u n d s t ä t t e n . In die gleiche Periode muß ein D e n k m a l gehören, d a s d a n k der detaillierten Beschreibung, die P a u s a n i a s (V 17, 5) v o n s e i n e m Bildschmuck gibt, die P h a n t a s i e der Archäologen seit bald zweih u n d e r t J a h r e n beschäftigt: die Lade des Kypselos. Seiner A r t entsprechend sagt der Perieget nichts v o m Stil des K u n s t w e r k e s , s o n d e r n n u r v o m Inhalt der Darstellungen. J e nach d e m Stand der Forschung sind d e n n die versuchten R e k o n s t r u k t i o n e n auch recht verschieden a u s g e f a l l e n . J a , m a n h a t t e sich nicht einmal d a r ü b e r einigen k ö n n e n , ob die auf dem Kasten a u s Z e d e r n h o l z angebrachten Figuren aus Elfenbein in Relief geschnitzt oder als flache Einlegearbeit b e h a n d e l t w a r e n . Der F u n d in Delphi, d e m wir die e r s t e A n s c h a u u n g v o n G o l d e l f e n b e i n b i l d e r n v e r d a n k e n , scheint geeignet, auch hier u n s e r e Kenntnis wesentlich zu bereichern 2 4 ). Es w u r d e n nämlich kleine ausgeschnittene Relieffiguren aus Elfenbein a u s g e g r a b e n , von denen einige o f f e n k u n d i g den Auszug des A m p h i a r a o s , also ein nach P a u s a n i a s an der Lade des Kypselos v o r k o m m e n d e s Thema, b e h a n d e l n . A n d e r e — wie z. B. die E b e r j a g d — weichen ab. Aber der Stil der Zeit stimmt u n d die Technik auch. W e n n die korinthischen T y r a n n e n auch nach Delphi eine Lade w e i h t e n , braucht sie j a k e i n e g e n a u e Kopie g e w e s e n zu sein. Beim Brand des A p o l l o n t e m p e l s (548) w ä r e sie dann so beschädigt w o r d e n , daß sie e b e n s o wie die chryselephantinen Bildwerke v e r g r a b e n w o r d e n w ä r e . P a u s a n i a s h ä t t e sie da natürlich nicht sehen k ö n n e n . H e r v o r r a g e n d sind einige Zeichnungen a u s Südrußland, der Zeit u m 400 v o r Chr., auf Elfenbeinplatten. A u s der klassischen Zeit ist der Bestand an Elfenbeinen kärglich. D a n n h a b e n w i r M u s i k i n s t r u m e n t e (Flöten, Trompeten) und Beschläge v o n Möbelstücken, namentlich Kapitelle v o n Klinenbeinen. Erst a u s der Kaiserzeit w e r d e n die Beispiele w i e d e r reichlicher. Es gibt sogar Reste einer g r o ß e n Sta23) Handb. Gr. Coli. Metrop. Mus. 1953 Taf. 20, a. 24) Bulletin de correspondance hellénique LXIII Ardiäolog. Anzeiger 1942 p. 127 ff.
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tue 2 5 ), Porträtköpfe, V e r z i e r u n g e n der Lehnen v o n Klinen, f e r n e r S t a t u e t t e n , die zum Teil b e r ü h m t e M e i s t e r w e r k e k o p i e r e n , w i e d e n s o g e n a n n t e n Apollon Lykeios 2 6 ). D a n n sind e i n e g a n z e Reihe von r u n d e n Elfenbeinscheiben an den verschiedensten Teilen d e r a n t i k e n W e l t g e f u n d e n w o r d e n , die u n t e r dem N a m e n v o n T h e a t e r m a r k e n in der ä l t e r e n Literatur eine Rolle spielen. Diese E r k l ä r u n g w a r v o n A n b e g i n n unwahrscheinlich, da sie auch an k l e i n e r e n O r t e n g e f u n d e n w u r d e n . V o r allem h a b e n sie stets die griechischen u n d lateinischen Zahlen v o n 1 bis 16, d a n e b e n bildliche V e r z i e r u n g . Der Fund eines k o m p l e t t e n Satzes dieser Scheiben in einem K i n d e r g r a b gab endlich die richtige D e u t u n g ; es h a n d e l t sich u m Spielsteine eines Brettspieles 2 7 ). An geschnitzten A p p l i k e n sind d a n n solche v o n P r u n k b e t t e n zu e r w ä h n e n . Im s p ä t e n A l t e r t u m sind v o n b e s o n d e r e r Wichtigkeit die in Elfenbein geschnitzten Deckel der Diptychen, mit denen die d e m J a h r den N a m e n g e b e n d e n Konsuln zu ihrem A m t s a n t r i t t einluden. Sie h a b e n sich in der Regel als Bucheinbände des M i t t e l a l t e r s e r h a l t e n , w o z u ihr Format b e s o n d e r s geeignet w a r . Wichtig sind sie deshalb, weil w i r vom A n f a n g des f ü n f t e n bis zur M i t t e des sechsten J a h r h u n d e r t s nach Chr. so aufs J a h r d a t i e r t e D e n k m ä l e r in nicht ganz unbeträchtlicher Zahl besitzen. V e r w a n d t e Stücke, die nicht v o n Konsuln verschickt w u r d e n , lassen sich anschließen. Bei E l f e n b e i n w e r k e n , wie der K a l h e d r a des Bischofs M a x i m i a n u s v o n R a v e n n a (545—550) u n d der L i p s a n o t h e k v o n Brescia s t e h e n wir schon an der Grenzscheide zwischen a n t i k e r u n d m i t t e l a l t e r licher Kunst. Doch sind selbst auf d e n erst der wirklich b y z a n tinischen Zeit e n t s t a m m e n d e n Elfenbeinkästchen a n t i k e M o t i v e e n t h a l t e n , die zur Erforschung der a n t i k e n Kunst nicht unwichtig sind. So auf dem Kästchen in X a n t e n der einzige N a c h k l a n g nach d e m H e r a k l e s auf d e m Mistkorb des Lysipp n e b e n d e m M a r m o r relief v o m Grab der H a t e r i e r im Lateran.
Waren die erhaltenen Elfenbeindenkmäler schon spärlich, so steht es noch schlimmer bei den Bildwerken aus Holz. Wieder ist es das trockene Klima Ägyptens, das uns hier mit Vorrat versorgt hat; daneben sind Funde aus sumpfigen Gebieten, wo durch das Wasser der Zutritt der Luft verhindert wurde. Das Vorhandene steht in gar keinem Verhältnis zu der Fülle von literarisch überlieferten Werken. Lassen wir einmal die Möbel und Gebrauchsgegenstände gänzlich beiseite, so nennt Pausanias in den von ihm beschriebenen Landschaften über 50 Götterbilder aus Holz, andere sind bei anderen Autoren (Plinius XIV 1) 25) Journal of Hellenic Studies XXXVI 1916 p. 373 ff. (Albizzatl). 26) Ardiäolog. Anzeiger 1936 p. 114 Abb. 7. 2') Revue ardiiologique V. s6r. 5, 1905 I, p. 110 (Rostovtzew).
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erwähnt. Pausanias gibt auch (VIII 17, 2) eine Übersicht der Holzarten, aus denen sie geschnitzt sein konnten. Eben weil sie geschnitzt sind, heißen solche Statuen „Xoanon". Dieser Ausdruck hat nichts mit der Entstehungszeit des einzelnen Bildwerkes zu tun. Tatsächlich sind eine ganze Reihe der in den Literaturstellen erwähnten Xoana alt, teilweise uralt. Es hat sich in der Archäologie der Mißbrauch eingeschlichen, darum alle altertümlichen stehenden Götterbilder als Xoana zu bezeichnen, auch wenn sie aus Stein oder Metall sind. In den antiken Schriftstellern findet diese Begrenzung des Ausdrucks keine Stütze. Xoanon bezeichnet dort einzig und allein das Material. Ein Xoanon kann klein und leicht sein, es kann acht Fuß und darüber und noch viel größer sein; auch den olympischen Zeus nennt Strabon so. Ein Meisterwerk des Phidias kann also ebenso gut so genannt werden wie die kunstlosesten Schnitzbilder. So wenig wie ) Furtwängler, Die antiken Gemmen, Leipzig 1900. G. M. A. Richter, Catalogue of Gems Metropolitan Museum New York, 1920. Lippold, Gemmen und Kameen, Stuttgart. Beazley, Lewes House Collection, Oxford 1920.
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die Mehrzahl wie auch die Büsten in Miniaturformat aus Bergkrystall, Chalcedon, Türkis oder Lapislázuli zuweilen wahre Meisterwerke. Das gilt auch für die große Mehrzahl der Intagli und Carneen aus allen Perioden der antiken Kunst. Schon der hohe Wert des Materials brachte es mit sich, daß man nicht Stümper an solche Arbeit setzte. Eine ganze Reihe Meisternamen sind uns denn auch erhalten, selbst nachdem die zahlreichen modernen Fälschungen von solchen ausgeschieden sind. Die Sujets der Gemmen sind äußerst mannigfaltig, Tier- und Menschenbilder, mythologische Szenen, Porträts, Masken, Waffen und Geräte. Neben den Werken im Stil der Zeit haben wir aber seit dem ersten Jahrhundert vor Chr. eine Reihe von Gemmen mit in kleinstem Maßstab, aber stilgetreu wiedergegebenen Abbildern berühmter Statuen klassischer Zeit (p. 126). Ein Hauptreiz der Gemmen liegt darin, daß wir sie heute noch so genießen können wie das Altertum sie sah. Während sonst durch Verwitterung an der antiken Architektur und Skulptur die Bemalung geschwunden ist, der Glanz der Bronzen durch die Patina bedeckt ist, so daß selbst gut erhaltene Werke sich nur in verfälschtem Bild darbieten, sind die Gemmen neben den Arbeiten aus Edelmetall, den Tonwerken mit eingebrannten keramischen Farben, den Mosaiken und den meisten Wandgemälden antike Kunstwerke, bei deren Betrachtung wir uns nichts dazu zu denken haben. Sie haben sich denn auch stets der Gunst der Sammler erfreut. Freilich wurden dadurch die Fälscher auf den Plan gerufen. Namentlich im 18. Jahrhundert blühte die Steinschneidekunst wieder auf. Nicht alle der Meister sind eigentliche Fälscher, die Familie Pichler z. B. signiert ihre Arbeiten stolz. Aber es war doch so viel unechtes Material entstanden, daß die ganze Gattung zeitweise in Verruf kam. Neben den Sammlern von Originalen waren vor zweihundert bis hundert Jahren auch die der Nachbildungen von Gemmen nicht selten. In einer Zeit, da jede Reproduktion nach Antiken auf dem Papier eben doch meist untreu war, da jedoch Abgüsse großer Statuen schon ihres Formats wegen für den Privatmann zu sammeln untunlich war, konnte man sich bei den Abdrücken von Gemmen in
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Gips oder Schwefelpaste an getreuen Abbildern der Antike erfreuen. Neben diesen Abdrucken standen nach antikem Vorbild auch Nachbildungen der Siegelsteine selbst in Glaspaste. Denn auch im Altertum waren Gemmen gesammelt worden (Bd. I p. 14) und wurden auch durch Abgüsse in opakem blauen oder braunen Glas, die sogenannten antiken Pasten, vervielfältigt. Selbst für die Wirkung der Cameen war die Glasindustrie der frühen Kaiserzeit empfänglich. Die berühmte Portlandvase und das Glasgefäß aus Pompeii suchen durch die in dichtem weißen Glas auf den blauen Grund gesetzten Figuren den Eindruck von in Sardonyx geschliffenen Gefäßen zu erzielen. Aber da befinden wir uns schon in einem sehr fortgeschrittenen Stadium der antiken Glasindustrie. Die ältesten Gläser aus dem Orient und Griechenland bestehen aus blauem Glas mit eingelegten gelben und weißen Glasfäden. Auch nachihm durch eingelegte bunte Glasstäbe, die Muster erzielen dem verhältnismäßig spät gelungen ist, farbloses Glas herzustellen, bleibt doch das farbige Glas beliebt, zumal man (sog. murinische Gläser), einen besonderen Reiz verleiht. Durchscheinendes Glas wird zuerst im vierten Jahrhundert vor Chr. belegt durch das Bild der trinkenden Methe des Pausias in der Tholos von Epidauros, wo man das Gesicht teilweise durch das Glas hindurch schimmern sah (Pausanias II 27, 3). Ähnliche Darstellungen von Glasgefäßen mit Früchten sind in pompeianischen Stilleben seit dem ersten Jahrhundert vor Chr. erhalten. Für die Wertschätzung des Glases bezeichnend ist die Anekdote, die Petron (Kap. 51) erzählt. Der Erfinder des unzerbrechlichen Glases wird hingerichtet, weil sonst das Gold seinen Wert verlieren würde. Schon so ist es jedem anderen Gefäß vorzuziehen, weil es keinen Geschmack annimmt. So haben wir denn auch Künstler- oder richtiger Fabrikantensignaturen auf Gläsern, die ähnlich denen auf Silbergerät in griechischer Sprache und lateinischem Alphabet geschrieben sind. Auch beim durchsichtigen Glas war man nicht mit der reinen Form zufrieden. Man sucht es zu bereichern. Außerordentlich kunstvoll sind die aus einem massiven Glasblock ausgeschliffenen Gefäße, die mit einem durchbrochenen Netzwerk übersponnen sind, wofür man modern (wahrscheinlich mißbräuchlich) den antiken Terminus „vasa diatreta" verwendet. Daneben gibt es Gefäße mit aufgesetzten Buckeln oder Warzen, oft wenig erfreulich anzusehen, dann solche mit eingeschliffenen Figuren von sehr unterschiedlichem Kunstwert, solche mit Buntmalerei und die, namentlich in der Spät-
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a n t i k e so beliebten, Goldgläser mit Goldblättern auf b l a u e m Grund, teilweise mit christlichen G e g e n s t ä n d e n , a n d e r e w i e d e r mit ganz ausgezeichneten P o r t r ä t d a r s t e l l u n g e n im M i n i a t u r f o r m a t . Roh sind g e g e n ü b e r all diesen individuell gezierten Gef ä ß e n die in M e n g e n h e r g e s t e l l t e n aus der Form g e w o n n e n e n Reliefgefäße. Außerordentlich selten sind rundplastische W e r k e a u s Glas, b e m e r k e n s w e r t ein weiblicher Kopf, der die f a r b i g e W i r k u n g der M a r m o r p o l y c h r o m i e zu imitieren unternimmt 4 1 ). Die ältesten Goldgläser aus der c a s a degli amorini dorati in Pompeii dienten als Fensterchen. Das G l a s f e n s t e r k o m m t antik v e r h ä l t n i s m ä ß i g spät auf, in Griechenland u n d Italien h a b e n meist n u r die T h e r m e n u n d einige W i n t e r r ä u m e V e r g l a s u n g . Nördlich der A l p e n bedingt d a s Klima, daß w i r dergleichen auch an P r i v a t h ä u s e r n v o r a u s s e t z e n müssen. Eine b e s o n d e r e V e r w e n d u n g des Glases sind endlich die b u n t e n oder v e r g o l d e t e n Stückchen in Glasmosaiken, die wir schon in Pompeii beobachten k ö n n e n , die erst in der S p ä t a n t i k e ihre große Rolle spielen (Ravenna).
Glas gehört immerhin im Altertum doch noch zu den kostbaren Materialien. Wir wollen uns nun zu den wohlfeileren wenden. Zu ihnen gehören Stuck und Gips, die beide in der Antike auch zu Kunstwerken verwendet werden (Pausanias IX 32, 1). In Stuck v e r v o l l s t ä n d i g t e m a n in m a r m o r a r m e n G e g e n d e n , zu d e n e n z. B. auch Ä g y p t e n gehört, M a r m o r w e r k e . W i r besitzen Beispiele dafür, daß an einem Kopf d a s Gesicht aus M a r m o r bestand, die H a a r e aber großenteils in Stuck dazu modelliert w u r den. Da antik die H a a r e natürlich bemalt w a r e n , fiel d e r Unterschied im M a t e r i a l nicht auf. Das b e k a n n t e s t e Beispiel f ü r dies V e r f a h r e n ist der einst h o c h b e r ü h m t e Zeus von Otricoli im V a t i k a n , dem m a n v o r gar nicht so l a n g e r Zeit noch die Ehre w i d e r f a h r e n ließ, in ihm eine Nachbildung des elischen Zeus des Phidias zu sehen. In seiner h e u t i g e n A u f s t e l l u n g in der R o t u n d e des V a t i k a n ist das H a a r m o d e r n in M a r m o r ergänzt, e b e n s o w i e die S e i t e n p a r t i e n des Bartes, die auch im A l t e r t u m a u s Stuck b e s t a n d e n . Ähnliches k e n n e n w i r j a aus älteren Zeiten, w e n n in dem gleichfalls m a r m o r a r m e n Sicilien an den M e t o p e n des Tempels F in Selinus in den Kalksteinreliefs der M e t o p e n n u r die v o n G e w a n d oder H a a r e n nicht bedeckten Teile der weiblichen Figuren, die bei der B e m a l u n g f r e i v o n F a r b e blieben, a u s M a r mor e i n g e f ü g t sind, o d e r w e n n an unteritalischen Köpfen w i e dem des Apollon v o n Cirö d e r k a h l e Kopf aus M a r m o r bestand, d e n eine Bronzeperücke bedeckte; e n t s p r e c h e n d e s ist aus stadtrömischen F u n d e n w i e d e m Kopf v o n S. O m o b o n e zu belegen. Mustilli, Museo Mussolini p. 37 Nr. 6. 5 R u m p f , Archäologie II
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W e r t v o l l e r als die behelfsmäßige A n w e n d u n g v o n Gips zur Ersparung v o n M a r m o r sind die in Stuck m o d e l l i e r t e n Decken und W ä n d e , v o n d e n e n uns aus dem ersten J a h r h u n d e r t vor bis ins zweite J a h r h u n d e r t nach Chr. w a h r e M e i s t e r w e r k e e r h a l t e n sind. Dazu g e h ö r e n namentlich die Decken der Villa in der Farnesina in Rom, der Gang am Palatin, spärliche Reste am flavischen A m p h i t h e a t e r , die Villa des Domitian in Albano, die Stabianer T h e r m e n in Pompeii, endlich aus der Zeit nach 150 die G r ä b e r d e r Pancratier und Anicier an der Via Latina. Ein s p ä t a n t i k e s Beispiel ist das s o g e n a n n t e Bapteristerion des N e o n in Ravenna v o n etwa 460 nach Chr. Der Gips w u r d e im A l t e r u m wie auch h e u t e noch zum A b f o r m e n benutzt. T h e o p h r a s t (de lapid. 67) e r w ä h n t , daß m a n ihn zu „ A p o m a g m a t a " brauche. A u s d e r letzten Lebenszeit des T h e o p h r a s t stammen nach dem Porträt des Ptolemaios I., das sich unter ihnen findet, die Gipsmodelle aus Mitrahine in Ä g y p t e n , offenbar Modelle aus der W e r k s t a t t eines Silberschmiedes. Für Treibarbeit an Reliefbechern (vgl. p. 47) und dergleichen sollten sie als Muster oder als Modeln für W a c h s f o r m e n für Metallguß dienen. Plinius (XXXV 153) berichtet, Lysistratos, der Bruder des b e r ü h m t e n Lysippos von Sikyon, h a b e als erster Gesichter von lebenden Menschen in Gips a b g e f o r m t und in diese Form flüssiges Wachs gegossen. Es h a n d e l t sich also dabei nur um das A b f o r m e n der Maske. W e n n Plinius f o r t f ä h r t „idem et de signis effigies exprimere invenit", so wissen wir nicht, ob hier der Text in O r d n u n g ist. Er beg r ü n d e t nämlich damit, daß das Modellieren in Ton älter sei als der Bronzeguß. So bezieht sich das wohl auf Butades. Keilformen, die es e r l a u b e n , in h o h e m Maß auch Ü b e r s c h n e i d u n g e n abzugießen, sind uns aus d e m A l t e r t u m nicht e r h a l t e n , auch k e i n e Spur v o n A u s g ü s s e n aus solchen nachweisbar. N u r selten sind in Ä g y p t e n A u s g ü s s e aus m e h r als zwei Formen. Das a n den Bronzen, S t a t u e n w i e G e r ä t e n , befolgte V e r f a h r e n , n ä m lich daß in der Regel aus v e r l o r e n e r F o r m g e g o s s e n w u r d e , n u r in s p ä t e r Zeit v o n flachen Reliefs o d e r M a s k e n m e h r e r e Exemplare aus einer u n d derselben S a n d f o r m g e w o n n e n w u r d e n , spricht nicht dafür, Keilformen als allgemein üblich v o r a u s z u setzen. Das Fehlen solcher mechanischer Hilfsmittel hat viel dazu beigetragen, den antiken K u n s t w e r k e n — mit A u s n a h m e d e r
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medianisch wiederholten T e r r a k o t t e n — ihren Reiz der Unmittelb a r k e i t zu geben, w i e j a auch Schablonen und Kartuschen in der antiken M a l e r e i nicht nachzuweisen sind. Solche wären aber unschwer herzustellen g e w e s e n . Das W e s e n t l i c h e ist demnach nicht, daß man solche Hilfsmittel der Industrialisierung nicht besaß, sondern daß man sie nicht anfertigen wollte, obwohl man j e d e r zeit dazu in der Lage gewesen wäre.
Wachs ist beim Bronzeguß für das Modell natürlich stets verwendet worden. Erhalten ist davon natürlich nichts, da es ja vor dem Guß ausgeschmolzen werden mußte. Auch sonst ist es viel zu wenig widerstandsfähig, als daß es den Jahrhunderten hätte trotzen können. Die angebliche Wachsmaske aus einem Grabe bei Cumae ist eine Ausnahme. Aber hier wie bei anderem vergänglichen Material darf uns der Bestand unserer Museen nicht das Urteil trüben. Im Altertum wird es z. B. für Totenmasken nicht nur in der erwähnten Pliniusstelle über Lysistratos, sondern auch für die „imagines maiornm" bei den Leichenparaden römischer Großer genannt. Aus Wadis bestanden auch Figürchen und Büsten im Lararium des Hauses des Menander zu Pompeii, die durch die glühende Asche schmolzen. Die Hohlräume wurden mit Gips ausgegossen, so daß die teilweise in Auflösung befindlichen Objekte wieder erstanden. Sonst sind Köpfe aus Wachs selten. Selbstverständlich diente Wachs auch zum siegeln, daneben als Schreibfläche von Diptychen und Polyptychen, von denen sich mehrere in Ägypten und im Archiv des Caecilius Jucundus zu Pompeii erhielten 42 ). Der Werkstoff, der im Altertum überaus häufig verwendet wurde und der sich auch am besten konserviert hat, ist der gebrannte Ton. Auch in unserem Antikenvorrat spielen die Gegenstände aus Terrakotta entschieden zahlenmäßig die größte Rolle. Das ist mit dadurch bedingt, daß das Material fast unverwüstlich ist; es widersteht sogar konzentrierter Schwefelsäure. Aber ein weiterer Grund ist, daß gebrannter Ton schlechterdings nicht wieder zu verwerten ist. Metalle kann man einschmelzen, aus Marmor Kalk brennen, Bausteine bearbeitet oder unbearbeitet zu Neubauten verwenden, Ziegel kann man nur in pulverisierter Form zum Messerputzen gebrauchen, und 42) Guida Ruesdh 1911 und 1982. Maiurl, Casa del Menandro p. 100 8. Handbook Greek Collection Metropol. Mus. 1953 Taf. 109,1.
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dazu dienten bis in die neueste Zeit auch auf Rhodos die Scherben von dickwandigen antiken Vorratsgefäßen (Pithoi) archaischer Zeit. Glücklicherweise sind die meisten antiken Gefäße und Statuetten für die Wiederverwendung zu so profanen Zwecken aus viel zu feinem Ton. Die A n w e n d u n g s m ö g l i c h k e i t e n f ü r Ton im A l t e r t u m sind fast unbegrenzt. Wir d e n k e n bei Ziegeln zunächst an Backsteine, die zum H a u s b a u benutzt w e r d e n . Die B e w o h n e r Griechenlands d e r vorgeschichtlichen, archaischen u n d klassischen Zeit b a u t e n sowohl ihre H ä u s e r als auch manche Tempel u n d bis ins v i e r t e J a h r h u n d e r t vor Chr. hinein auch die S t a d t m a u e r n aus Ziegeln; aber nicht aus g e b r a n n t e n Ziegeln w i e wir, s o n d e r n a u s luftgetrockneten u n g e b r a n n t e n Ziegeln. W i r k e n n e n sie a u s Inschriften, so der b e r ü h m t e n A t h e n e r M a u e r b a u i n s c h r i f t v o n 335. Im Original k ö n n e n ihre Reste natürlich n u r selten u n d bei besond e r s sorgfältig beobachteten A u s g r a b u n g e n f e s t g e s t e l l t w e r d e n . Eine A u s n a h m e ist, w e n n ein Bau durch eine F e u e r s b r u n s t zerstört w u r d e u n d so die Ziegel nachträglich u n f r e i w i l l i g g e b r a n n t w u r d e n , wie in der s o g e n a n n t e n zweiten Schicht des vorgeschichtlichen Troia. In O l y m p i a k o n n t e im Innern d e s H e r a i o n e i n e tiefe Lehmschicht beobachtet w e r d e n , in die e i n g e b e t t e t der praxitelische H e r m e s lag; er v e r d a n k t ihr seine v e r h ä l t n i s m ä ß i g g u t e Erhaltung. Dörpfeld (Bd. I p. 96) e r k a n n t e , daß diese Schicht d a durch e n t s t a n d e n war, daß die Luftziegel, nachdem das schützende Dach v e r f a l l e n war, durch den Regen a u f g e l ö s t w a r e n . Er gründete mit auf diesen Befund seine g r u n d l e g e n d e n Untersuchungen über den a n t i k e n Holz-Lehm-Bau. Der u n g e b r a n n t e Ziegel ist leichter zu h a n d h a b e n als der g e b r a n n t e , charakteristischerweise n e n n e n antike Schriftquellen das Bauen mit solchen Ziegeln (Plinthoi) das Modellieren (plattein) v o n H ä u s e r n . Noch in d e r Mitte des vierten J a h r h u n d e r t s v o r Chr. b e s t a n d e n die W ä n d e im Palast des S a t r a p e n Maussollos in H a l i k a r n a s s o s aus u n g e b r a n n t e n Ziegeln, die mit Platten v o n p r o k o n n e s i s c h e m M a r m o r inkrustiert w a r e n (Vitruv II 8, 10. Plinius X X X V I 47). Ähnlichem Zufall wie bei den W a n d z i e g e l n des Palastes v o n Troia v e r d a n k e n wir es, daß wir auch v o n einer a n d e r e n V e r w e n d u n g des u n g e b r a n n t e n Lehms im A l t e r t u m Kenntnis h a b e n . Er w u r d e nämlich — n e b e n dem k o s t s p i e l i g e r e n Wachs — auch zum Siegeln benutzt. W e n n ein Archiv in F l a m m e n aufging, so v e r b r a n n t e n w o h l die U r k u n d e n , aber die Siegelabdrücke w u r d e n durch d a s B r e n n e n k o n s e r v i e r t , so daß w i r sie noch besitzen. Ein solcher F u n d vorgeschichtlicher Zeit h a t die v i e l e n Siegelabdrücke a u s Z a k r o auf Kreta b e w a h r t , a u s d e m zweiten J a h r h u n d e r t v o r Chr. s t a m m e n ähnliche Fundstücke aus Orchoi in 43) Acta Archaeologica I 1930 p. 41 ff. (K. F. Johansen). Journ. Hell. Stud. XXVI 1906 p. 32 (J. M. Milne).
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Mesopotamien, andere aus Ägypten (vgl. auch Athenaeus XIII 585 D)43). Es bedarf schon solch außergewöhnlicher Umstände, damit uns von den Gegenständen aus ungebranntem Ton Proben überliefert werden, denn seiner Natur nach ist er gegen Feuchtigkeit sehr empfindlich. Mauern aus Luftziegeln müssen demnach sowohl gegen Regen wie gegen Erdfeuchtigkeit geschützt werden. Gegen letztere hilft ein Sockel aus Steinen. Bei der Treue, mit der die antike Kunst die Tradition wahrt, hat sich daraus bei Bauten, die in reinem Steinbau ausgeführt sind, die besondere Sockelschicht (Orthostaten) entwickelt. Für die quaderförmig behauenen Steine, die an Stelle der in weniger monumentalen Gebäuden verwendeten unregelmäßigen Bruchsteine bei Tempeln und anderen Prunkbauten verwendet werden, bleibt der Name Plinthoi, der ja ursprünglich eben nur den Luftziegel bedeutet, als Rufname erhalten, ja jedes sechsseitige Parallelepipedon wird griechisch Plinthos genannt. Während so die Mauer von unten durch einen Sockel geschützt wird, dient bei geschlossenen Räumen das Dach als oberer Schutz. Bei Hofmauern wird dies durch eine Schicht von Reisig ersetzt, später wohl auch durch gebrannte Dachziegel. Auch das Hausdach bestand ja ursprünglich aus Stroh oder Schilf (daher der Name Orophos). Im siebenten Jahrhundert vor Chr. k ö n n e n wir bereits Satteldächer aus gebrannten Ziegeln belegen. Es ist das eine der ganz großen Erfindungen der Griechen, w i e die Münzprägung und so manches andere, die sich im Laufe der Zeit über die ganze Erdoberfläche ausgebreitet hat. Die Griechen unterscheiden zwei T y p e n v o n Ziegeldächern. Einmal das lakonische, w o ungefähr halbzylinderförmige Ziegel mit der Höhlung nach oben gelegt werden, und deren Fugen durch umgekehrt g e l e g t e entsprechende Ziegel überdeckt werden, so w i e bei unserem Nonnendach (Abb. 3). Die vornehmere und im Monumentalbau zukunftsreichere Form ist das korinthische Dach. Bei ihm werden ebene Flachziegel (Stroteres) an den Fugen durch k a n t i g e Deckziegel (Kalypteres) überbrückt (Abb. 4). W i e bei Säulenkapitellen, Klinen, Kraterformen, Waffen und dergleichen bedient sich auch hier die griechische Sprache der Landschaftsnamen, um bestimmte Gattungen kenntlich zu machen. In einer seiner Oden (Ol. XIII 21) muß Pindar etwas zum Lobe von Korinth sagen. Viel fällt ihm da naturgemäß nicht ein, was sich zum Ruhme der Stadt anführen ließe. Aber da denkt er an das allgemein bekannte Ziegeldach und sagt in seiner poetisch erhobenen und erhabenen Sprache: die Korinther haben als erste
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Abb. 3 Lakonisches Ziegeldach
auf d e n T e m p e l e i n e n d o p p e l t e n A d l e r (Aetoma) g e s e t z t . D a s w i l l in schlichter P r o s a s a g e n : j e d e r m a n n n e n n t d e n Z i e g e l b e l a g auf d e n S a t t e l d ä c h e r n u n s e r e r T e m p e l d e n k o r i n t h i s c h e n K e r a m o s . W e n n m o d e r n e A r c h ä o l o g e n d a r a u s e n t n e h m e n zu s o l l e n g l a u b ten, d i e T e m p e l h ä t t e n u r s p r ü n g l i c h n u r e i n e n G i e b e l g e h a b t , b i s die K o r i n t h e r d e n z w e i t e n d a z u e r f a n d e n , so h a b e n s i e d e n Stil, in d e m P i n d a r dichten zu m ü s s e n g l a u b t e , u n d d a s absichtlich D u n k l e s e i n e r D i k t i o n w o h l a r g m i ß v e r s t a n d e n . Es gibt noch m e h r M i ß v e r s t ä n d n i s s e im Z u s a m m e n h a n g mit diesem Ziegeldach. Eine delische B a u u r k u n d e f ü h r t unter den v e r a u s g a b t e n Beträgen an: e i n e D r a c h m e f ü r d e n h ö l z e r n e n T y p o s f ü r d i e Ziegel. W i r h a t t e n (p. 24) g e s e h e n , w e l c h s e l t s a m e n M i ß b r a u c h die m o d e r n e W i s s e n schaft mit d e m W o r t T y p o s g e t r i e b e n h a t . So k o n n t e es a u c h
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nicht ausbleiben, daß m a n die a b s t r u s e E r k l ä r u n g fand, es h a n d e l e sich u m ein Holzmodell, nach d e m die Ziegel anzufertigen seien. Aber das W o r t ist hier in seiner ursprünglichen Bedeutung g e m e i n t : ein Stempel, ein Instrument, mit dem gestempelt wird. Es ist eine an a n t i k e n Resten oft belegte Erscheinung, daß die Ziegel v o n Tempeln u n d a n d e r e n öffentlichen Bauten eingestemp e l t e Inschriften tragen, die — natürlich mit e i n e m h ö l z e r n e n Stempel — v o r dem Brand in den weichen T o n eingedrückt w a r e n . Durch sie w e r d e n sie als Eigentum des Staates oder eines Heiligtums gekennzeichnet, m i t u n t e r mit g e n a u e r A n g a b e des B a u w e r k e s ; ein Schutz gegen Diebstahl.
Ist der ursprüngliche Zweck des Ziegeldaches der Schutz des Bauwerkes, so ist es in Griechenland eine schöne Selbstverständlichkeit, daß solch ein der Nützlichkeit d i e n e n d e r Bauteil o r n a m e n t a l verziert wird. Firstschmuck des Giebels (Akrotere) und Schmuckplatten an den Enden d e r Deckziegel (Antefixe), beides in Halbkreisform, h a b e n wir am lakonischen Dach. Reicher ist das korinthische dekoriert. Auch die Ecken des Giebels e r h a l t e n Schmuck, zuweilen figürlichen, die Antefixe w e r d e n gern durch figürliche M a s k e n in g e p r e ß t e m Relief geziert. Es gibt T r a u f l e i s t e n und längs des Firstes Palmetten. Im kleinasiatischen Griechenland und seinen Nachbargebieten sind t ö n e r n e Friesplatten gefunden, die offenbar bestimmt waren, das Hirnholz der w a a g e r e c h t e n Dachbalken zu schützen, und die so den A u s g a n g s p u n k t f ü r den Figurenf r i e s in der ionischen O r d n u n g bilden. Die Köpfe der Deckb a l k e n w e r d e n im Steinbau bekanntlich durch den sogen a n n t e n Zahnschnitt w i e d e r g e g e b e n . W o dieser v o r h a n d e n ist (Südhalle des Poliastempels auf der Akropolis, kleinasiatische Bauten, wie A t h e n a t e m p e l in Priene, Maussolleion), fehlt bis ins vierte J a h r h u n d e r t hinein der Fries. W o der Fries v o r h a n d e n ist (delphische Schatzhäuser, N i k e t e m p e l und H a u p t b a u des Poliastempels auf d e r Akropolis), fehlt h i n g e g e n der Zahnschnitt. Schutz der hölzernen Teile des Gebälks w a r auch vor Durchführung des Steinbaus in der dorischen O r d n u n g nicht u n b e k a n n t Das lehren uns die mit b u n t e n M u s t e r n b e m a l t e n Kastenstücke aus Terrakotta, die — in seltsam s t a r r e r Tradition — auch ans Steingebälk noch g e n a g e l t w u r d e n . Beispiele sind in Sicilien (Athenatempel Syrakus, Selinus) und vom Geloerschatzhaus in Olympia erhalten. Im unteritalischen und sicilischen Griechenland w a r also
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diese Sitte besonders beliebt. So ist es denn kein Wunder, wenn sie von dort nach Mittelitalien verpflanzt wurde. Dort hat ja der Tempel bis ins zweite Jahrhundert vor Chr. hinein an hölzernen Säulen und hölzernem Gebälk festgehalten. Modelle, die als Weihgaben bestimmt waren und die Beschreibung des tuscanischen Tempels bei Vitruv (IV 7) erlauben es uns, zu den in den Ruinen allein erhaltenen Grundrissen den Aufbau zu rekonstruieren 4 4 ). Dazu kommen als wichtigste Zeugnisse die im Original erhaltenen tönernen Verkleidungen des Ziegeldaches mit umlaufenden Schmuckleisten, Akrotere (Caere, Conca, Satricum), Firstgruppen (Veii), Verkleidungen von Firstbalken und Seitenpfetten, Antefixe der Traufleisten wie des Daches im offenen Giebel, durchlaufende Platten vor den Mutuli (Antepagmente). An späteren Bauten (Luni, Orvieto, Arezzo, Telamon, Esquilin in Rom) haben wir auch Giebelreliefs oder große Giebelfiguren. In Südetrurien und im Faliskerland, in Latium, bei den Volskern und Aurunkern ist dieser Tempeltypus zu belegen. Große Terrakottastatuen sind nicht auf Mittelitalien beschränkt. Wir finden sie, wenn auch seltener, auch auf griechischem Gebiet, namentlich in Sicilien. Auch tönerne Akroterfiguren kennt man in Griechenland. Es sei an die Gruppe des bärtigen Gottes, der einen Knaben raubt, aus Olympia erinnert, ebendort wurde auch der prachtvolle Torso eines Reiters gefunden. Beide sind aus der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts vor Chr. Es war ein Irrtum, wenn man einst annahm, Akroterien aus Terrakotta in Griechenland müßten archaisch sein, und die Stoa Basileios in Athen müßte aus vorpersischer Zeit stammen, weil Pausanias (I 3,1) an ihr Akroterien aus gebranntem Ton sah. Ein Bruchstück eines der von Pausanias erwähnten Akroterien ist bei den amerikanischen Ausgrabungen auf der Agora gefunden worden. Es handelt sich um ein Stück des vollentwickelten freien Stiles. Während gebrannte Ziegel bis ins zweite Jahrhundert vor Chr. hinein ausschließlich als Dachbelag und zur Verkleidung des Gebälks verwendet werden, treten sie von da an auch als Baumaterial v.on Mauern auf. Im Orient waren Backsteine schon « ) A n t i k e IV 1928 p. 177 ff. ( S t u d n i c z k a ) . A n d r e n , A r c h i t e c t u r a l T e r r a c o t t a s , L u n d 1939.
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früh dazu verwendet worden; Herodot (I 179) und Xenophon (Anabasis II 4,12) versäumen nicht darauf hinzuweisen. In den klassischen Ländern ist Italien offenbar der Ausgangspunkt für die neue Sitte. Der Mangel an Marmor vor der Entdeckung der Steinbrüche von Luni (dem heutigen Carrara) in augustischer Zeit führte ja auch dazu, daß dort die Tonverkleidung des Tempeldaches und -gebälkes so lange üblich blieb. Der Bau mit Backsteinen hat sich dann im Laufe der Kaiserzeit über alle Provinzen des römischen Reiches verbreitet; nur im steinigen Syrien, im Haurän, blieb man wegen der Bodenbeschaffenheit noch bis in die Spätantike dem Steinbau treu, obwohl der Gewölbe- und Kuppelbau, der für die antike Baukunst des ersten bis sechsten Jahrhunderts nach Chr. üblich ist, im Steinschnitt lange nidit so bequem herzustellen ist wie im Ziegelbau mit Mörtel. Mörtel zum Verband der Ziegellagen und in Art unseres Beton gegossener Mörtel sind die Voraussetzungen für den Aufschwung, den die Baukunst in den genannten Jahrhunderten nimmt. Klassizistisch im Steinbau ausgeführte Tempel bestehen daneben "natürlich — namentlich auch in den östlichen, griechischen Provinzen — weiter und ebenso allenthalben Verkleidung des Ziegelkerns mit Marmor. Die Höhe der Mörtelfugen wechselt in den verschiedenen Perioden und gibt so eine Art Hilfsmittel zum zeitlichen Einordnen undatierter Bauten, Wertvoller dafür noch sind die Ziegelstempel, deren Formen während der Kaiserzeit in Italien variieren. Teilweise sind sie durch die Namen der Consuln aufs Jahr datiert und ergeben so einen willkommenen „terminus ante quem non" für die einzelnen Bauten. Die Ziegel selbst sind nicht wie die alten griechischen Luftziegel und wie unsere heutigen Backsteine kubisch, sondern flach wie die Dachziegel, teilweise sind es sogar Dachziegel, die diagonal durchgehauen sind und so verbaut sind. Formziegel für Fassaden sind charakteristisch für Bauten des zweiten Jahrhunderts nach Chr. (sogenannter Tempel des Deus Rediculus, sogenanntes Amphitheatrum castrense). Auch die alten mittelitalischen Verkleidungsplatten in Terrakotta leben bis in die Kaiserzeit hinein fort. Freilich werden sie nunmehr nicht mehr zum Schmuck der inzwischen vornehm g e w o r d e n e n Marmortempel, sondern für d e n v o n Privathäusern verwendet. Es sind die sogenannten Campanaplatten (Bd. I p. 72). Teils zeigen sie in griechisch-klassizistischem Stil mythologische Szenen, archaistische Gestalten oder Ornamente, dann auch Genredarstellungen (Pygmäen) oder Bilder aus dem römischen Milieu. Terrakotta wird auch zu Sarkophagen verwendet. Nicht nur, daß z. B. in Athen einfache Gräber mit giebelförmig zusammen-
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gestellten Dachziegeln gedeckt w e r d e n . Es gibt schlichte Sargk ä s t e n u n d solche, die mit architektonischem Schmuck w i e Säulen v e r s e h e n sind (in Sicilien). Eine S o n d e r g a t t u n g sind die b e m a l t e n S a r k o p h a g e , die in Klazomenai, teilweise auch in Rhodos g e f u n d e n w o r d e n sind. In Etrurien h a b e n w i r archaische S a r k o p h a g e mit l e b e n s g r o ß e n g e l a g e r t e n Figuren auf d e m Deckel u n d a u s der Spätzeit eine U n m e n g e v o n t ö n e r n e n A s c h e n u r n e n in K a s t e n f o r m mit Deckelfiguren, manche sorgfältig modelliert, aber in der M e h r zahl a u s der Form h e r g e s t e l l t e M a s s e n w a r e . Nicht viel sorgfältiger sind die in Rom namentlich auf d e m Esquilin g e f u n d e n e n Grabaltärchen. Das H a u p t g e b i e t der T e r r a k o t t a ist u n d bleibt e b e n doch d i e Kleinkunst. Hier sind der V e r w e n d u n g s m ö g l i c h k e i t e n so v i e l e und die F u n d e so zahlreich, daß wir uns auf einige k n a p p e H i n w e i s e beschränken m ü s s e n , o h n e im e n t f e r n t e s t e n auch n u r die H a u p t t y p e n a u f z ä h l e n zu k ö n n e n . Einmal sind die k l e i n e n Relieftafeln zu n e n n e n , die in fast allen griechischen H e i l i g t ü m e r n gef u n d e n w e r d e n . Die s e r i e n w e i s e H e r s t e l l u n g macht sie natürlich billiger als die gemalten Weihetäfelchen, die alle einzeln entw o r f e n u n d a u s g e f ü h r t w e r d e n , w ä h r e n d j e n e m a s s e n h a f t a u s der Form g e w o n n e n w e r d e n . O b w o h l es sich u m D u t z e n d w a r e h a n delt, ist die Form selbst in der Q u a l i t ä t in der Regel vortrefflich, in manchen Fällen ausgezeichnet. N e b e n A t h e n sind die a u s unteritalischen H e i l i g t ü m e r n s t a m m e n d e n T a f e l n (Lokroi, M e d m a ) h e r v o r z u h e b e n u n d namentlich Tarent, w o h e r nicht n u r A u s drucke, s o n d e r n auch Formen in großer A n z a h l v o r l i e g e n . Eine ganz b e s o n d e r e G a t t u n g sind die feinen dem f ü n f t e n J a h r h u n d e r t v o r Chr. e n t s t a m m e n d e n flachen Reliefs (vielleicht N a c h b i l d u n g e n v o n Metallvorbildern), die nach einem H a u p t f u n d o r t melische Reliefs g e n a n n t w e r d e n .
Ein unerschöpfliches Gebiet sind die Gefäße oder, wie wir sie nennen, Vasen aus gebranntem Ton. Vom plumpen Vorratspithos, der im Altertum das Faß ersetzen mußte, bis zum hauchdünn gedrehten (anemophoreta und hymenostraka) Trinkbecher, vom einfachsten Gebrauchsgeschirr bis zu Prunkstücken, die es an Geschmack und Reichtum des Schmuckes getrost mit Werken aus Edelmetall aufnehmen können, sind alle Zwischenstufen vertreten. Mit Stolz nennt der Athener die Erfindung der Töpferkunst unter den Großtaten seiner Heimat (Kritias beim Athenaeus 128c), Samisches Geschirr wird in der Neuen Komödie öfter erwähnt. Neben Athenaeus nennen auch Plinius (XXXV 160) und Lukian (Lexiph. 7) eine ganze Reihe von Städten, deren Topfwaren berühmt waren. Die erste Stelle nahm zu Plinius' Zeit Arretium ein. Was er für die frühe
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Kaiserzeit bezeugt, daß die T o n g e f ä ß e weithin transportiert wurden („Haec quoque per maria terrasque ultro citroque portantur, insignibus rotae officinis"), gilt für die voraufgehenden Jahrhunderte bis mindestens ins achte Jahrhundert vor Chr. Die Wissenschaft v o n den antiken V a s e n ist auf dem besten W e g e , sich zu einer Spezialdisziplin auszugestalten, w i e e t w a die Numismatik und Epigraphik es schon l a n g e sind. Dadurch, daß w i r die meisten V a s e n g a t t u n g e n lokalisieren und datieren können, sind die allenthalben, w o antike Kultur war, g e f u n d e n e n Scherben das wichtigste Leitmotiv für den A u s g r ä b e r , ob es sich nun um griechische Fundplätze mit ihrer Fülle v o n bemalten G e fäßen handelt oder um v e r s p r e n g t e Einzelstücke, mitunter auch geschlossene Fundgruppen im Barbarenland. W i e bemerkt, l ä u f t neben der künstlerisch verzierten auch stets die große M a s s e des reinen Gebrauchsgeschirrs. Bei sorgfältig geleiteten A u s g r a b u n g e n wird heutzutage auch dieses untersucht, w ä h r e n d man in früheren Zeiten derlei v o r n e h m ignorierte. A m frühesten hatten sich die A m p h o r e n für den W e i n t r a n s p o r t der nachklassischen Zeit der A u f m e r k s a m k e i t der Forscher zu erfreuen, w e i l sie an ihren Ursprungsorten (Rhodos, Chios, Thasos) an den H e n k e l n mit Inschriften (Beamtennamen) gestempelt wurden.
Künstlerisch am wertvollsten sind natürlich die bemalten Vasen, die uns v o m elften bis vierten vorchristlichen Jahrhundert eine lückenlose Entwicklung der griechischen Zeichenkunst vermitteln, und die darum auch in allen Kunstgeschichten den ihnen gebührenden Platz einnehmen. W i r brauchen uns darum hier nicht mit ihnen näher zu beschäftigen. Nur eines sei hervorgehoben, daß g e n a u e W i e d e r h o l u n g e n der Dekoration bei den figürlich gezierten V a s e n unverhältnismäßig selten ist. Gewiß liegt das teilweise mit an der durch den Zufall der Erhaltung uns überkommenen A u s w a h l . A b e r auch wo, w i e in den Resten einer Töpferei in A t h e n aus dem fünften Jahrhundert v o r Chr., eine ganze A n z a h l Scherben mit Darstellungen ein und desselben Gegenstandes zutage traten, sind doch zwischen den einzelnen Exemplaren stets Abweichungen vorhanden. Eine öde Routine und stumpfsinniges Kopieren liegt den Malern nicht. Das macht auch den Reiz der Ursprünglichkeit aus, den wir selbst auf nicht ganz erstklassigen Stücken immer wieder mit Freude wahrnehmen. Gerade dieser einzige Charme, den alle bemalten griechischen V a s e n besitzen, mag es mit verschulden, daß wir
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den Reliefgefäßen gegenüber entschieden kühler sind. Besäßen wir die bemalten Vasen nicht, würden sie sicher höher geschätzt. Aber sie sind doch, selbst in ihren besten Vertretern, immer Reproduktion und nicht originale Schöpfung. In der Frühzeit sind es vor allem die groben dickwandigen Vorratsgefäße (Pithoi), die Reliefs tragen; oft mit Rollstempeln ausgeführt. Rhodos und Korinth scheinen die Zentren. Im ausgehenden fünften Jahrhundert können wir zunächst in Attika beobachten, daß die Innenseite von bemalten Schalen nicht mit Malerei geziert ist, sondern mit eingestempelten Ornamenten, die ganz offenkundig von Metallvorbildern abhängen. Das gibt von nun a n den Reliefgefäßen einen weiteren unangenehmen Beigeschmack: sie sind als billigere Surrogate für Werke aus Edelmetall gedacht und verraten sich auch als solche. Es ist kein gutes Zeichen für die nun folgenden Jahrhunderte, daß die Vasenmalerei, die gewiß auch schon Ermüdungszeichen aufwies, nun vollkommen verdrängt wird von der immer breiteren Raum einnehmenden Reliefkeramik. In Griechenland nennt man herkömmlicherweise die aus der Form gepreßten halbkugeligen Trinkgefäße „megarische Becher", ohne daß man mit diesem Rufnamen irgend etwas über die Provenienz des einzelnen Stückes aussagen wollte. Eine ganz besondere Klasse nehmen innerhalb der reliefgeschmückten Becher diejenigen ein, die mit bildlichen Darstellungen meist aus der klassischen Schullektüre, also homerischen Gedichten oder euripideischen Dramen, geziert sind, wenn man nämlich diese mehr gut gemeinten als künstlerisch ausgeführten Bilder als eine Zierde betrachten will. Sie gehören zu den Lieblingen der Philologen, eben w e g e n ihres literarischen Inhaltes, und man hat ihnen die Ehre erwiesen, sie als homerische Becher zu bezeichnen. Dieser Name ist eingebürgert, aber unzutreffend. Sueton (Nero 47) nennt homerische Becher ein paar künstlerisch ausgezeichnete Silberbecher, so schön, daß sie Nero besonders liebte. Wir werden sie uns in der Art der prächtigen Cheirisophosbecher vorstellen dürfen. Hingegen sind die in der Archäologie sogenannten homerischen Becher kümmerliche Erzeugnisse. Aber sie sind neben den sog. ilischen Tafeln und der Odysseetafel die einzigen Bildwerke, die tatsächlich als Illustration eines literarischen Textes gemeint sind; erst die spätantiken illustrierten Codices nehmen diese Aufgabe wieder auf. Alle miteinander zeigen, w i e sehr die bildende Kunst leidet, wenn s i e sich streng an den Text hält, und w i e unendlich viel qualitäts-
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voller die u n z ä h l i g e n griechischen W e r k e sowie die v o n ihnen inspirierten s p ä t e r e n N a c h a h m u n g e n und A b w a n d l u n g e n sind, die sich nicht sklavisch an d e n Buchstaben halten, s o n d e r n den Geist d e s Dichters zu e r f a s s e n suchen. Zugleich ist d a s eine W a r n u n g , daß wir nicht aus j e d e m Zug a u i einem antiken Kunstwerk. auch b i n d e n d e Rückschlüsse auf eine literarische Quelle ziehen sollen. In C a m p a n i e n k ö n n e n die calenischen Reliefgefäße w e n i g s t e n s sicher lokalisiert w e r d e n . Im a u s g e h e n d e n ersten J a h r h u n d e r t v o r Chr. beginnt d a n n die exquisite Keramik v o n A r r e t i u m . H i e r sind wir einmal ganz b e s o n d e r s gut informiert. W i r k e n n e n durch die e i n g e s t e m p e l t e n N a m e n die Atelierbesitzer u n d auch die S k l a v e n oder Freigelassenen, die bei ihnen beschäftigt w a r e n . Dann k e n n e n wir durch die an Ort u n d Stelle gemachten Ausg r a b u n g e n die T ö p f e r e i e n u n d die Formschüsseln u n d die Modeln, mit d e n e n die einzelnen F i g u r e n u n d O r n a m e n t e in die F o r m e n eingedrückt w u r d e n . Ähnlich wie bei den neuattischen Reliefs (p. 97) sind da v e r s c h i e d e n e K o m b i n a t i o n e n derselben T y p e n möglich. W i e ein halbes Jahrtausend früher die bemalten Vasen, so sind in der b e g i n n e n d e n Kaiserzeit die arretinischen G e f ä ß e oder deren Scherben ein w e r t v o l l e s Hilfsmittel zur Datierung v o n Fundschichten, namentlich nördlich der A l p e n . B a l d w i r d d o r t a b e r d e r E x p o r t a b g e l ö s t durch d i e im gallischen und germanischen Gebiet des Imperium R o m a n u m hergestellte Reliefkeramik, die s o g e n a n n t e terra s i g i l l a t a . B e i ihr h a n d e l t e s sich u m M a s s e n f a b r i k a t i o n , und m a n lernt die Arretina schätzen, w e n n man d i e s e p r o v i n z i e l l e n M a c h w e r k e d a n e b e n betrachtet. Einzelne W e r k s t ä t t e n g i b t e s , w o d i e R e l i e f s i n T o n s c h l a m m (Barb o t i n e ) a u f g e s e t z t s i n d , d i e R e g e l i s t a b e r doch, d a ß d a s g a n z e G e f ä ß a u s d e r F o r m g e w o n n e n w i r d . H i e r l ä ß t sich mitunter auch das m e h r m a l i g e ü b e r f o r m e n einer V o r l a g e durch g e n a u e s M e s s e n n a c h w e i s e n . Da der Ton b e i m Brenn e n j e d e s m a l e t w a 10 %> s e i n e s V o l u m e n s v e r l i e r t , s o i s t jede neue Überformung entsprechend kleiner. Dies ü b e r f o r m e n ist auch für einen der häufigsten A r t i k e l in der G e b r a u c h s k e r a m i k der Kaiserzeit üblich, nämlich für die Lampen. Ö l l a m p e n sind antik seit den f r ü h e s t e n Epochen in Gebrauch. In der griechischen archaischen Zeit sind sie t e i l w e i s e aus Marmor 4 8 ). Es ist möglich, daß der Ausdruck Lychnitis für e i n e feine parische M a r m o r s o r t e d a h e r rührt, daß aus diesem M a t e r i a l Journal of Hellenic Studies LX 1940 p. 22 ff. (Beazley).
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e b e n Lampen gefertigt w u r d e n . Die s p ä t a n t i k e n E r k l ä r u n g e n v e r s t a n d e n es freilich so, daß der Stein in unterirdischen G ä n g e n bei Lampenlicht gebrochen w u r d e . A b e r d a s w a r in einer Zeit, wo die Lampen, w e n n es sich um b e s s e r e handelte, aus Metall, sonst aus Ton w a r e n . Die T o n l a m p e ist d e n n auch im ganzen A l t e r t u m die gebräuchlichste Art. W e n n A r i s t o p h a n e s im Eingang der Ekklesiazusen von der auf d e m Rad g e d r e h t e n Lampe spricht, so g l a u b t e n die Scholiasten ihm e i n e n Fehler ank r e i d e n zu k ö n n e n , da doch T o n l a m p e n nicht g e d r e h t , s o n d e r n a u s der Form gepreßt seien. Tatsächlich sind a b e r die ä l t e r e n Toniampen, w e n n sie nicht wie die punischen einfach mit der H a n d zurecht gedrückt sind, sorgfältig g e d r e h t . Erst in den nachkiassischen Perioden w e r d e n sie — e b e n s o w i e das übrige Gebrauchsgeschirr — aus der Form gepreßt. Sie sind in U n m e n g e n e r h a l t e n . Offenbar w u r d e n sie nach d e m Gebrauch w e g g e w o r f e n , wie h e u t z u t a g e Streichholzschachteln oder K o n s e r v e n b ü c h s e n . Der Reliefschmuck, den wir in der Kaiserzeit auf den Lampen finden, h a t schon jeweils in der e r s t e n F a s s u n g a u s zweiter Hand ü b e r n o m m e n e Motive. Oft sind sie d a n n ü b e r f o r m t , so daß die F o r m e n stumpf w e r d e n , zuweilen i n f o l g e d e s s e n durch grobes N a c h a r b e i t e n mit dem Modellierholz entstellt. Aber sie h a b e n doch immerhin den Vorzug, daß die Komposition meist volls t ä n d i g e r h a l t e n ist, manchmal sogar auf ein gutes klassisches Vorbild zurückgeht. Eine Sammlung der zahlreichen Stempel existiert nicht, ist wohl auch k a u m zu erreichen, vielleicht nicht einmal w ü n s c h e n s w e r t . Der Körper der Lampe selbst und die Form der Schnauze v a r i i e r e n im Laufe der Zeit, so daß m a n sie e b e n s o wie die arretinischen u n d Sigillatascherben als Leitmotiv für die Bestimmung v o n Fundschichten v e r w e r t e n k a n n . W e n n wir v o n antiken Terrakotten reden, denken wir a b e r in e r s t e r L i n i e d o c h nicht a n A r c h i t e k t u r t e i l e , a n Reliefs, Sarkophage, V a s e n oder Lampen, sondern an die Statuetten, die aiis a l l e n Epochen der a n t i k e n Kunst zahlreich v o r l i e g e n . V o r 70 b i s 80 J a h r e n , a l s d i e G r a b u n g e n i n T a n a g r a u n d M y r i n a s t a t t f a n d e n (Bd. I p. 103), w a r e n s i e g r o ß e M o d e , u n d d a m a l s w u r d e d e r K u n s t m a r k t durch d i e z a h l r e i c h e n F ä l s c h u n g e n ü b e r s c h w e m m t , durch w e l c h e d i e g a n z e G a t t u n g l a n g e Z e i t in M i ß k r e d i t g e r i e t . N u r l a n g s a m h a t m a n sich v o n d i e s e m Schock e r h o l t . A u c h h i e r s i n d nicht n u r a l l e S t i l s t u f e n , s o n d e r n a u c h alle A b s t u f u n g e n der Qualität vertreten. W i r haben rohe mit der H a n d m o d e l l i e r t e Puppen. Oft w u r d e n sie als uralt b e t r a c h t e t , d a b e i s i n d e s m i t u n t e r n u r z e i t l o s e u n d stillose Erzeugnisse, w i e sie immer und überall entstehen. E i n e G r u p p e ist d a f ü r a u f s c h l u ß r e i c h . In B o i o t i e n w a r e n i n
Die Materialien
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Raubgrabungen kleine brettartige Idole mit einer hohen Brautkrone (in der Archäologie nennt man eine solche willkürlich und sicher unrichtig Polos) gefunden. Die griechischen Bauern verglichen die Kopfbedeckung mit der ihrer Priester, und so erhielt die ganze Gattung den Rufnamen: Pappades. Sie galten als uralt. Erst als die systematischen Grabungen von Burrows und Ure in Mykalessos (Bd. I p. 104) solche Pappades in Gräbern von der Wende des sechsten und fünften Jahrhunderts ergaben, verloren sie ihren Nimbus. Nun bemerkte man auch, daß viele von ihnen aus der Form gepreßte Gesichter haben, die gar nicht hochaltertümlich sind. Solches teilweises Verwenden von Formen findet sich auch sonst, namentlich in Boiotien, z. B. in den amüsanten Gruppen, die Handwerker bei der Arbeit zeigen. Auch hier ist der Körper modelliert, aber nicht primitiv, sondern naturalistisch, der Kopf geformt. Andere wieder haben den Körper aus einer Form gepreßt, Kopf und Extremitäten aus anderen; da sind verschiedene Kombinationen möglich. Es gibt völlig aus einer Form für die Vorderseite bei glatter Rückseite oder aus zwei Formschalen gewonnene rundplastische, auch ganz frei modellierte. Manche sind von hervorragendem Kunstwert (Taf. 8, c), andere wieder das, was wir modern Kitsch nennen, und zwar aus allen Perioden. Man sollte diese Dinge wirklich beim rechten Namen nennen, und nicht solch fragwürdige Hervorbringungen minderwertiger Koroplasten mit dem Ernst und der Begeisterung und einer Gründlichkeit behandeln, die bei Werken eines Phidias wohl am Platz wäre. Aber die Terrakotten haben auch ihre entschiedenen Meriten. Gegenüber den Marmorstatuen haben sie den Vorzug, daß sie — soweit sie aus Gräbern stammen — vollständig mit allen Extremitäten und oft mit der antiken Bemalung in eingebrannten, häufiger in matten Farben erhalten sind. Gegenüber den Bronzen haben sie den unberührten, durch keine Patina entstellten Zustand der Oberfläche voraus. Aber da müssen wir gleich wieder eine Einschränkung machen. Immer und stets sind Terrakotten Reproduktionen, die wohlfeil sind und sein sollen. Soweit es sich nicht um die wenigen Ausnahmen von handmodellierten Stücken handelt, werden sie im Dutzend hergestellt
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und im Dutzend bemalt. Das darf man nie v e r g e s s e n . M a n hat z. B. bei den Erklärungsversuchen des f ü r die K o r e n (p. 30) typischen immer noch nicht e i n w a n d f r e i g e d e u t e t e n schrägen Umhanges, die Bemalung h e r a n g e z o g e n . Die Bemalung der T e r r a k o t t e n weicht hier aber zuweilen grundsätzlich ab v o n der des großen M a r m o r s t a t u e n v o n der athenischen Akropolis. Beides k a n n und darf m a n nicht auf eine Stufe stellen. Die M a r m o r k o r e n sind W e r k e n a m h a f t e r Bildhauer, sorgfältig a u s g e f ü h r t und sorgfältig bemalt. Die T e r r a k o t t e n sind billige M a s s e n w a r e , die so bemalt sein werden, wie es h e u t z u t a g e bei in H e i m a r b e i t hergestelltem geschnitztem oder gedrechseltem Spielzeug aus Holz üblich ist. W e n n ein Widerspruch v o r h a n d e n ist, so scheiden die T e r r a k o t t e n als Zeugen aus. Die Bemalung der T e r r a k o t t e n ist e n t w e d e r — n a m e n t lich archaisch — eingebrannt, oder es sitzen auf w e i ß e m Grund nach dem Brand a u f g e t r a g e n e Farben. In nachklassischer Zeit sind das meist gebrochene Töne: m a l v e n farben, himmelblau, schwefelgelb, also dieselben Farben, wie sie n e b e n m e e r g r ü n damals auch die M a r m o r p o l y chromie liebt. N u r in vereinzelten Fällen sind die T e r r a k o t t a s t a t u e t t e n mit einer b r a u n e n oder g r ü n e n Bleiglasur überzogen, die wir auch an T o n g e f ä ß e n aus dem J a h r h u n d e r t um Beginn u n s e r e r Zeitrechnung finden. Die Bleiglasur, die uns in der m o d e r n e n Keramik an Porzellan, F a y e n c e und Steingut v e r t r a u t ist, w a r also auch der A n t i k e nicht u n b e k a n n t . Freilich, das Porzellan fehlt, aber wir h a b e n sowohl d e r m o d e r n e n F a y e n c e wie dem m o d e r n e n Steingut entsprechende Techniken. In der Terminologie der Archäologen wird beides durcheinandergeworfen, manchmal sogar v o n ägyptischem Porzellan gesprochen, wo wir h e u t e Steingut sagen w ü r d e n . A b e r das durchscheinende Porzellan ist der A n t i k e in Europa und V o r d e r a s i e n eben doch u n b e k a n n t . W e n n m a n v o n Gefäßen oder S t a t u e t t e n in ägyptischem Porzellan spricht, so h a n d e l t es sich e n t w e d e r um Fayence, also der Scherben ist rot mit Überzug aus Glasur, oder um Steingut, also h a r t e r heller Scherben in der Farbe der Oberfläche; niemals um Porzellan in unserem Sinne (das 18. J a h r h u n d e r t n a n n t e jedoch auch die F a y e n c e Porzellan). O b w o h l diese Technik seit dem zweiten vorchristlichen J a h r t a u s e n d in Ä g y p t e n b e k a n n t ist
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u n d in archaischer Zeit auch in Griechenland Eingang gef u n d e n hat, bleibt sie doch stets selten. Die e r w ä h n t e n G e f ä ß e mit Glasur sind wahrscheinlich in T h r a k i e n oder im westlichen Kleinasien entstanden. Wichtig sind sie dadurch, daß diese Technik ü b e r die antike Zeit hinaus sich erhalten hat, namentlich in der byzantinischen u n d sassanidischen Keramik. Es sei damit genug. O b w o h l wir nur a n d e u t u n g s w e i s e einige Materialien, aus denen antike K u n s t w e r k e bestanden, gestreift haben, wird der Leser e r m ü d e t sein. A b e r er hat doch vielleicht einen Eindruck erhalten, wie vielgestaltig dieses Gebiet ist, und namentlich wie zufällig d e r Ausschnitt ist, der uns v o n der antiken Kunst und den a n t i k e n Kulturerzeugnissen erhalten ist. Es hängt durchaus nicht immer vom K u n s t w e r t ab, ob und welche Denkm ä l e r bis in u n s e r e Zeiten g e d a u e r t haben, s o n d e r n v o r allem davon, ob das Material den J a h r h u n d e r t e n trotzen k o n n t e . Das ist eine Erkenntnis, die selbstverständlich scheint. Leider scheint sie so selbstverständlich, daß man sie immer wieder vergißt und sich nicht klar macht, daß die Denkmäler, die die Säle und Vitrinen u n s e r e r M u s e e n füllen und die Magazine dazu, nicht die Quintessenz der a n t i k e n Kunst sind, sondern eine durch unabänderliche N a t u r g e s e t z e v o r g e n o m m e n e Auslese, bei der n u r gar zu oft das W e r t v o l l e v e r l o r e n g e g a n g e n ist und das Minderwertige, ja das W e r t l o s e e r h a l t e n blieb. D a n e b e n ist der Zufall der A u s g r a b u n g e n in Rechnung zu stellen. W u r d e ein Zufallsfund, w e n n sein Material es zu lohnen schien, von u n v e r s t ä n d i g e n Banausen eingeschmolzen, oder f a n d er seinen W e g in den r e t t e n d e n Kunsthandel? H a b e n selbst gelehrte A u s g r ä b e r immer das Wesentliche g e s e h e n und beobachtet? Das sind also die Trümmer, aus denen der Archäologe versuchen muß, ein Bild der antiken Kunst zu r e k o n s t r u i e r e n . W e n n ihm das in manchen Fällen w e i t besser möglich ist, als es diese widrigen Umstände erscheinen lassen, so v e r d a n k t er es mit den a n t i k e n Kopien. DIE ANTIKEN KOPIEN Bei der Beurteilung der künstlerischen R e p r o d u k t i o n e n w ä r e theoretisch scharf zu scheiden zwischen der g e n a u e n Kopie, die es sich zum Ziel setzt, ein M e i s t e r w e r k getreu 6
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w i e d e r z u g e b e n und der Nachschöpfung, die sich wohl an dem Vorbild inspiriert, aber sich nicht scheut, es mehr o d e r weniger stark zu vereinfachen oder gar a b z u ä n d e r n und ihm e i g e n e Züge beizumischen. D a n e b e n l ä u f t stets die Ü b e r n a h m e einzelner Motive, ohne daß das Gesamtw e r k — etwa ein Gemälde — als Ganzes kopiert w ü r d e . So klar diese Unterschiede theoretisch sind, so schwer ist es, die Grenzen im Einzelfall zu bestimmen. In ganz besonderem M a ß e trifft das auf die antike Kunst zu, wo u n s ja n u r verschwindend w e n i g e b e r ü h m t e M e i s t e r w e r k e im Original erhalten sind, und wo die Forschung in nur zu leicht verständlicher W e i s e b e m ü h t ist, das V e r l o r e n e w e n i g s t e n s im Abbild w i e d e r z u g e w i n n e n . Nicht jede A n l e h n u n g an ein Vorbild ist als gewollte Kopie gemeint. Schon das V e r h ä l t n i s v o n Lehrer und Schüler bringt es mit sich, daß der A n f ä n g e r aus den A r b e i t e n des Meisters lernt, daß er schließlich als Gehilfe mit h e r a n g e z o g e n wird. Empfängliche N a t u r e n g e r a t e n leicht u n t e r den Einfluß eines großen Vorbilds. A b e r auch ein Genie ist davon nicht immer frei; läßt doch der ber ü h m t e Raffael in seinen J u g e n d a r b e i t e n eine schülerhafte A b h ä n g i g k e i t v o n seinem Lehrer Perugino e r k e n n e n , ü b e r die er freilich bald mächtig hinauswächst. Auch o h n e direktes Schulverhältnis ist aber auch die A n l e h n u n g an einen b e d e u t e n d e n Künstler durchaus möglich. Zu allen Zeiten erleben wir es, wie die Art eines b a h n b r e c h e n d e n Meisters alsbald v o n g e r i n g e r e n nachgeahmt wird. V a s a r i erzählt, wie die Maler in Florenz nach den Kartons der b a d e n d e n Soldaten v o n Michelangelo zeichnen, um sich dessen M a n i e r anzueignen. Bekanntlich ist u n s — ähnlich wie bei so manchem antiken W e r k — v o n diesem verlorenen W e r k nur eine V o r s t e l l u n g durch in Stichen und Zeichnungen b e w a h r t e Ausschnitte möglich. Aus dem Altertum sind uns aber nur w e n i g wirklich g r e i f b a r e Beispiele d a f ü r erhalten. Das größte künstlerische U n t e r n e h m e n der perikleischen Zeit, der v o n 448 bis 432 vor Chr. e r b a u t e P a r t h e n o n wird in der zeitgenössischen Literatur zwar nicht e r w ä h n t , mußte aber mächtig auf die in Athen ansässigen Künstler wirken. In der Tat besitzen wir in einer ganzen Reihe v o n V a s e n b i l d e r n einzelne Figuren oder G r u p p e n aus dem Reliefschmuck d e s
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Tempels verhältnismäßig getreu kopiert 4 0 ). Bemerkensw e r t ist, daß diese Kopien erst e t w a 20—30 J a h r e nach V o l l e n d u n g des Frieses e n t s t a n d e n ; ein deutlicher Hinweis, daß ein großes W e r k auf mehr als eine Generation wirkt. W e n n wir u n s e r e Kunstgeschichten lesen oder schreiben, v e r g e s s e n wir nur gar zu leicht, daß stets Kunstw e r k e der v o r h e r g e h e n d e n Perioden, und zwar zahlreichere als die zeitgenössischen, den damaligen Betracht e r n v o r A u g e n standen und sie beeinflußten. Zunächst w e r d e n die W e r k e der unmittelbar v o r a u f g e h e n d e n Epoche wirksam sein. Man k a n n da weniger v o n einem Zurückgreifen auf V e r g a n g e n e s als v i e l m e h r v o n F o r t w i r k e n sprechen; eine r e t a r d i e r e n d e Kunstströmung, keine retrospektive. Dies Phänomen ist stets bei schwächeren und unselbständigen Künstlern zu beobachten. Sie arbeiten in den in der J u g e n d e r l e r n t e n Form e n bis in ihr hohes Alter hinein weiter. Auch im Publikum gibt es immer eine Schicht, die das allzu N e u e , allzu M o d e r n e ablehnt. Dann k ö n n e n auch ä u ß e r e U m s t ä n d e verursachen, daß die Tradition b e w a h r t bleibt. So w e r d e n selbstverständlich bei den großen Bauvorhaben, die eine Bauzeit v o n Generationen, ja v o n J a h r h u n d e r t e n haben, traditionelle Züge im O r n a m e n t herrschen. A b e r auch kultisch k a n n die Tradition bedingt sein. So wurden auf den Preisamphoren 4 7 ), j e n e n Tonvasen, v o n denen zahlreiche mit a u s e r l e s e n e m Olivenöl gefüllt den Siegern bei den alle fünf J a h r e stattfindenden panathenäischen W e t t spielen als Preis verliehen wurden, die Bilder in der alten schwarzfigurigen Technik gemalt, auch in Zeiten, als diese längst für sorgfältigere Gefäße durch die rotfigurige ersetzt w a r (p. 15). Stets wird hier das Bild der Rückseite mit W e t t k ä m p f e n zu W a g e n oder zu Pferde (hippischer Agon) o d e r Leichtathleten (gymnischer Agon), mitunter auch M u s i k e r n (musischer Agon) im Stil der Entstehungszeit gemalt. Auf der V o r d e r s e i t e ist die g e r ü s t e t e A t h e n a mit Schild, Aegis und e r h o b e n e r Lanze als V o r k ä m p f e r i n dargestellt. Dies Bild bleibt. In archaischer Zeit folgen Gew a n d b e h a n d l u n g und Proportionen dem jeweiligen Zeitgeschmack (Taf. 1, a). Mit dem Beginn der klassischen Zeit, « ) Festschrift Rumpf, Krefeld 1952 p. 119 ff. (S. Papaspyridi-Karouzou). Peters, Studien zu den panathen. Preisamphoren, Berlin 1941. Americ. Journal of Ardiaeology XLVII 1943 p. 441 ff. (Beazley). 6"
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um 460 vor Chr., verliert das Bild völlig den Kontakt mit der lebendigenKunst.es verarmt, verroht. Gegen Ende des fünften Jahrhunderts vor Chr. jedoch wird die Athena in Stellung und Gewand altertümlich dargestellt. Im Laufe des vierten Jahrhunderts, wo wir durch die aufgeschriebenen Namen der Archonten die Amphoren oft aufs Jahr datieren können, werden diese altertümelnden Züge übertrieben, die Gewandsäume schwalbenschwanzförmig gestaltet, Falten, Haltung, Stellung preziös zierlich stilisiert (Taf. l,b). Das ist keine Tradition, sondern ein bewußtes Zurückgreifen auf längst überwundene Kunstformen, zu denen man Distanz gewonnen hat, die man historisch betrachtet und deren Formen man wieder beleben will. Es ist die archaistische Kunst. Sie hat lange der Forschung Rätsel aufgegeben. Schon Winckelmann (Bd. I p.78) hatte erkannt, daß einigein altertümlichem Stil gehaltene Reliefs (Taf. l,c) der voll entwickelten Kunst angehören, andere archaisierende Werke hatte er hingegen für echt altertümlich gehalten. In der Folgezeit suchte man zuweilen die Frage so zu lösen, daß man einen „hieratischen" Stil annahm. Das heißt, man glaubte, daß in den Kaltbildern aus Pietät die alte Form beibehalten worden sei, und daß man, wenn ein neues zu schaffen war, die Formen der alten getreu nachgeahmt habe. Diese Annahme ließ sich nicht halten. Einmal sind die wahren Formen der alten Kunst in der großen Mehrzahl der archaisierenden Werke keineswegs getreu festgehalten, vielmehr nur altertümelnde Formeln angewendet und diese manieristisch überspitzt. Dann aber lehren uns die Denkmäler, z. B. auch die Athenen der Preisamphoren, daß die Tradition während mehrerer Generationen deutlich unterbrochen ist. Das gleiche können wir an den Darstellungen von Götterbildern in anderem Zusammenhang ablesen. Bei der Schilderung der Einnahme von Troja, beim Kampf der Lapithen und Kentauren und sonst finden wir öfter Frauen, die zu einem Kultbild fliehen, oder es wird ein Opfer vor einem altertümlichen Idol dargestellt. Von etwa 460 bis 420 pflegt das Götterbild wie eine der alten Tempelstatuen mit geschlossenen Füßen dazustehen, jedoch das Gewand ist faltenlos. Erst an den Skulpturen
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d e s nach d e m Brand v o n 420 n e u errichteten T e m p e l s im H e r a i o n bei A r g o s h a b e n wir die schematischen, archaisch w i r k e n d e n F a l t e n a n e i n e m Idol. B e z e i c h n e n d e r w e i s e i s t a b e r d a s G e w a n d e i n s o g e n a n n t e r P e p l o s (p. 8) m i t g e g ü r t e t e m Überschlag, also die Form, die Phidias bei s e i n e r A t h e n a P a r t h e n o s (Bd. I T a i . 12) a n w a n d t e ; d i e s e i s t a b e r der archaischen Zeit fremd. D i e s e l b e Form kehrt nun an a r c h a i s t i s c h e n B i l d w e r k e n w i e d e r , s o auf d e m F r i e s d e s A p o l l o n t e m p e l s v o n B a s s a i , auf d e n P r e i s a m p h o r e n u n d ein'em Bild d e r d r e i g e s t a l t i g e n H e k a t e , d a s m a n a l s e i n e K o p i e nach der Epipyrgidia d e s A l k a m e n e s ansieht. A l k a m e n e s w a r Schüler d e s Phidias. U n w e i t der H e k a t e stand in d e n P r o p y l ä e n v o n A t h e n sein H e r m e s Propyl a i o s . Er i s t in z a h l r e i c h e n K o p i e n e r h a l t e n , v o n d e n e n z w e i , a u s P e r g a m o n (Taf. 9, c) u n d E p h e s o s , i n s c h r i f t l i c h auf d a s O r i g i n a l B e z u g n e h m e n . Es i s t w i e d e r e i n archai s t i s c h e s W e r k ; d e r H e r m e n p f e i l e r w i r d v o n e i n e m Kopf g e k r ö n t , d e s s e n Stirn v o n a l t e r t ü m l i c h e n B u c k e l l ö c k c h e n eingefaßt wird. So f ü h r e n uns verschiedene A u s g a n g s p u n k t e immer w i e d e r zum gleichen Ziel. Um 420 vor Chr. setzt in der bildenden Kunst n e b e n der l e b e n d i g e n Entwicklung e r s t m a l i g eine r e t r o s p e k t i v e archaistische B e w e g u n g ein. Dies P h ä n o m e n müßten w i r als solches h i n n e h m e n , auch w e n n w i r es nicht e r k l ä r e n k ö n n t e n . Doch scheint eine E r k l ä r u n g aus dem Zustand, in dem sich Griechenland, u n d namentlich A t h e n , d a m a l s b e f a n d , durchaus möglich. Die Kritik der Sophisten h a t auch v o r der Religion nicht halt gemacht. Die politischen G e g n e r d e s Perikles b e d i e n e n sich g e r n der Erregung, die dadurch in b r e i t e n V o l k s m a s s e n e n t s t a n d e n ist, u m durch die Prozesse w e g e n Gottlosigkeit gegen Philos o p h e n und d e n F r e u n d e s k r e i s des g r o ß e n S t a a t s m a n n e s vorz u g e h e n . So w u r d e n A n a x a g o r a s u n d A s p a s i a a n g e k l a g t . Auch w e n n diese Prozesse politische H i n t e r g r ü n d e h a b e n , wie auch der g e g e n Phidias w e g e n Unterschlagung, so stützen sie sich doch auf d a s allgemeine Volksempfinden. Es ist eine tiefe Kluft zwischen j e n e m P a r m e n i s k o s von M e t a p o n t ( A t h e n a e u s XIV 614 B), der angesichts des unförmlichen r o h e n Idols der Leto auf Delos in Lachen ausbricht, oder dem P h i l o s o p h e n T h e o p h r a s t , der ü b e r den A b e r g l ä u b i g e n spottet, der die Steine am Dreiweg mit ö l salbt, einerseits u n d den u n g e b i l d e t e n , aber gläubigen M a s s e n a n d e r e r seits. Diesen galten die ä l t e s t e n Götterbilder, die oft durch W u n d e r s a g e n b e s o n d e r e n Ruhm e r l a n g t e n , auch als die heiligsten u n d e h r w ü r d i g s t e n , sie w a r e n ihnen v o n a l t e r s h e r v e r t r a u t e r als die n e u e n v o n v o l l e n d e t e m K u n s t w e r t . Stritt m a n sich doch d a r u m , ob d a s v o n O r e s t aus Taurien e n t f ü h r t e Bild der Artemis in
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S p a r t a o d e r Brauron stand, g a l t e n a n d e r e S t a t u e n doch als v o m Himmel gefallen oder v o m Meer a n g e t r i e b e n , j e d e n f a l l s nicht v o n M e n s c h e n h a n d geformt. D a n e b e n g a b es u r a l t e o d e r a n g e b lich u r a l t e Götterzeichen o h n e j e d e Form. N o d i P a u s a n i a s n e n n t im zweiten J a h r h u n d e r t nach Chr. u n b e a r b e i t e t e Steine, Säulen, Lanzen, Szepter, die göttliche Ehren erhielten. Doch ist die alte Gläubigkeit durchaus nicht auf die u n t e r e n V o l k s k l a s s e n beschränkt. M a n e r i n n e r e sich, daß d e r v o r n e h m e u n d reiche Nikias, der durch zahlreiche k o s t b a r e W e i h g e s c h e n k e (wie die Palme in Delos) b e r ü h m t war, als F e l d h e r r sich durch a b e r g l ä u b i g e Rücksichten zu seinem u n d s e i n e r V a t e r s t a d t Unglück leiten ließ, daß der S o k r a t e s s d i ü l e r X e n o p h o n in seinen Schriften einen schlichten O r a k e l g l a u b e n n a i v b e k e n n t . Er u n t e r scheidet sich d a r i n nicht v o n der w ü s t e n H o r d e der Z e h n t a u s e n d , die er durch die armenischen Berge f ü h r t . Welche Macht d i e s e religiösen u n d s u p e r s t i t i ö s e n Ideen schon v o r Ausbruch des peloponnesischen Krieges darstellten, g l a u b t e n wir an d e r durch solche Rücksichten g e h e m m t e n V o l l e n d u n g der P r o p y l ä e n (Bd. I p. 97) zu e r k e n n e n . In den schweren N ö t e n des durch die perikleische Politik e n t f e s s e l t e n Krieges gesellt sich dazu die politische Reaktion. Der H e r m o k o p i d e n p r o z e ß v o n 415 richtet sich g e g e n eine gefährliche Bewegung, die als Staat im S t a a t e e r k a n n t ist, wird volkstümlich durch das Einschalten des religiösen M o t i v s des M y s t e r i e n f r e v e l s . Bei den sich ü b e r s t ü r z e n d e n V e r f a s s u n g s ä n d e r u n g e n im letzten J a h r z e h n t des J a h r h u n d e r t s u n d des Krieges ist das Schlagwort: Rückkehr zu d e n G e s e t z e n der V ä t e r . Auch dazu h a b e n w i r in der bildenden Kunst eine P a r a l l e l e . Die U r k u n d e n r e l i e f s j e n e r Zeit k e h r e n sich w i e d e r ab v o m f r e i e n Stand der Figuren mit s t a r k e r h o b e n e r Ferse des e n t l a s t e t e n Spielbeins — in der Archäologie n e n n e n wir das d a s polykletische Standmotiv —, der f ü r die Zeit von 440 bis 420 charakteristisch ist. Statt d e s s e n stellen (wie in der f r ü h k l a s s i s c h e n Zeit von 460—440) die G e s t a l t e n das eine Bein n u r w e n i g v o r u n d t r e t e n mit beiden Sohlen voll auf. Auch in der M o n u m e n t a l k u n s t h a b e n wir d a f ü r ein Beispiel in dem. b e r ü h m t e n großen ftelief v o n E l e u s i s (Taf. 2, a). Nach d e n F a l t e n m o t i v e n ist es deutlich s p ä t e r als d e r Parthenon. S t a n d m o t i v u n d der Kopf der D e m e t e r z e i g e n a b e r ältere Formen, so daß m a n es meist irrig für vor- o d e r f r ü h phidiasisch hielt. W e n n es auch k e i n e s w e g s archaistisch ist, so ist es doch in d e r s e l b e n G e n e r a t i o n e n t s t a n d e n wie die f r ü h e s t e n wirklich archaistischen W e r k e , in d e n e n das V o l k w i e d e r a n dächtig G ö t t e r b i l d e r wie in der Zeit der b i e d e r n A l t v o r d e r n v e r e h r e n zu k ö n n e n glaubte. Der Beginn des A r c h a i s i e r e n s b e d e u t e t so sichtbar e i n e n Bruch in der bis d a h i n im a l l g e m e i n e n einheitlich v e r l a u f e n d e n Entwicklung der griechischen Kunst. Tatsächlich g r e i f t d i e s e R e a k tion auf weite Gebiete über. Als G e g e n s a t z zu der fast p u r i t a n i -
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sehen Schlichtheit in den Gewändern, in dem Verzicht auf Schmuck in der perikleischen Zeit beginnt um 420 vor Chr. ein neuer Kleiderprunk, der es mit dem der Vorzeit aufnehmen kann. Leuchtend in alter Mode läßt Aristophanes in seinen Rittern von 424 den wieder verjüngten Demos auftreten. Immer reicher werden die Gewandmuster im letzten Menschenalter des fünften Jahrhunderts, wie wir aus den Vasenbildern entnehmen können, und die Inventare des Heiligtums der Artemis Brauronia (Bd. I p. 19) geben uns aus dem vierten Jahrhundert vor Chr. eine Fülle von Namen für alle diese bunten Muster.
Größer und k l a r e r als auf den kleinen V a s e n b i l d e r n h a b e n wir diese W e b e m u s t e r in den Kieselmosaiken (p. 59) aus der e r s t e n H ä l f t e des v i e r t e n J a h r h u n d e r t s v o r Chr. 48 ), die gewissermaßen als v e r s t e i n t e Teppiche die Fußböden bedeckten, und die am kimmerischen Bosporos, in Olynth, in Sikyon, in Assos, in Olympia, in A l e x a n d r i a , in Epidamnos an der Adria und in M o t y e auf Sicilien gef u n d e n sind. Charakteristisch für sie sind die orientalis i e r e n d e n Motive. In den nichtgriechischen Kulturländern V o r d e r a s i e n s und in Ä g y p t e n ist die klassische Kunst nie heimisch g e w o r d e n . So ist es k e i n W u n d e r , w e n n gleichzeitig mit der archaistischen Kunst diese östlichen M u s t e r in Griechenland Boden fassen, B a r b a r e n g e w e b e n e n n t sie Euripides in seinen späten Tragödien. W i e gesagt, eine Spaltung in der Kunst b e d e u t e n diese Erscheinungen. A b e r es wird wohl an altertümliches vorklassisches in vielem a n g e k n ü p f t , jedoch sind es nicht einfach Kopien nach alten Vorbildern. Es sind uns auch get r e u e Kopien nach archaischen Vorbildern erhalten, am b e k a n n t e s t e n ist die schreitende Artemis, die in drei Exemplaren, einem aus Pompeii (Taf. 5, d), einem in Florenz und einem in V e n e d i g v o r h a n d e n ist. A b e r das sind Nachbild u n g e n aus viel späterer Zeit, hinter ihnen steht ein antiquarisch-kunsthistorisches Interesse wie hinter den Kopien der klassischen Meisterwerke. Sie gehören, so m e r k w ü r dig das auch klingen mag, nicht zur archaisierenden, sondern zur klassizistischen Richtung. Die klassizistische Richtung macht sich n e b e n der in Statuen und Reliefs v e r t r e t e n e n archaistischen, neben der durch die orientalischen G e w e b e und den von diesen abh ä n g i g e n Denkmälern r e p r ä s e n t i e r t e n orientalisierenden 48) R ö m i s c h e M i t t e i l u n g e n LII 1937 p. 165 ff. (von L o r e n t z ) .
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D i e antiken.
Reproduktionen
s e i t d e r M i t t e d e s v i e r t e n J a h r h u n d e r t s v o r Chr. b e m e r k bar. A u c h h i e r k ö n n e n w i r a u s d e r p o l i t i s c h e n Geschichte d e n B o d e n e r k e n n e n , a u s d e m sie e r w u c h s . In d e r Zeit P h i l i p p s v o n Makedonien, als Athen nach dem Wunsch des Demosthenes eine G r o ß m a c h t r o l l e s p i e l e n soll, ist d i e N o t d e s p e l o p o n n e s i s d i e n K r i e g e s u n d all d a s E l e n d , d a s e r im G e f o l g e h a t t e , v e r g e s s e n . Die p a t r i o t i s c h e n G e f ü h l e d e s R e d n e r s u n d d e r schließlich v o n i h m g e w o n n e n e n M e n g e b e r a u s c h e n sich a n d e r V o r s t e l l u n g v o n d e s a t t i s c h e n Reiches H e r r l i c h k e i t . P e r i k l e s h a t t e d a s Glüdc, zu B e g i n n d e s K r i e g e s a n d e r P e s t zu s t e r b e n , d a k o n n t e m a n sich schön e i n r e d e n , w i e w u n d e r b a r e r a l l e s h ä t t e z u e i n e m glücklichen E n d e f ü h r e n k ö n n e n . W i e d e r s e h e n w i r in d e r b i l d e n d e n K u n s t d i e P a r a l l e l e . H i e r w a r j a n u n wirklich e i n u n v e r g ä n g liches u n d e d l e s V o r b i l d v o r h a n d e n : alles, w a s P h i d i a s u n d s e i n K r e i s s c h u f e n . Um 350 v o r C h r . w i r d d i e A t h e n a , d i e auf d e n U r k u n d e n r e l i e f s die S t a d t zu r e p r ä s e n t i e r e n h a t , nicht —• w i e bis d a h i n s t e t s (Taf. 2, b) — f r e i im S i n n e d e r z e i t g e n ö s s i s c h e n K u n s t g e s t a l t e t , s o n d e r n g a n z d e u t l i c h u n v e r k e n n b a r nach d e m V o r b i l d d e r P a r t h e n o s d e s P h i d i a s g e f o r m t (Taf. 2, c). A l s 334 L y s i k r a t e s m i t e i n e m K n a b e n c h o r g e s i e g t h a t , w i r d im F r i e s d e s z i e r l i c h e n M a r m o r d e n k m a l s , d a s d e n S i e g e s d r e i f u ß t r u g , in' d e r G e s t a l t (Taf. 3, b) e i n e s k n i e e n d e n , g e f e s s e l t e n t y r r h e n i s c h e n S e e r ä u b e r s e i n e F i g u r a u s d e m O s t f r i e s d e s T e m p e l s auf d e m K o l o n o s A g o r a i o s (Taf. 3, a) w i e d e r h o l t , d e r ü b e r h u n d e r t J a h r e v o r h e r entstanden war. Da haben wir also zum erstenmal wirkliche Kopien nach W e r k e n einer z u r ü c k l i e g e n d e n Epoche. Sie g l i e d e r n sich aber z e i t g e n ö s s i s c h e n K o m p o s i t i o n e n ein, sind also nicht für d e n g e l e h r t e n Liebhaber oder Forscher b e s t i m m t . Es leuchtet ein, daß wir auch sonst klassizistische Züge in der Kunst dieser G e n e r a t i o n e r w a r t e n dürfen. A b e r es ist auch klar, daß durch solch b e w u ß t e s Zurückgreifen, w i e e s u n s auch durch d e n A u s s p r u c h d e s L y s i p p o s , s e i n L e h r m e i s t e r sei der D o r y p h o r o s des P o l y k l e t g e w e s e n , literarisch bez e u g t ist, d a ß durch s o l c h e s Z u r ü c k g r e i f e n d a s D a t i e r e n der K u n s t w e r k e k e i n e s w e g s erleichtert wird. Ja, d i e s e klassizistische Tendenz kann zu Fehlschlüssen Veranlassung geben. D a f ü r sei ein b e k a n n t e s B e i s p i e l a u s f ü h r l i c h e r b e s p r o c h e n . Zugleich k ö n n e n w i r d a b e i d i e M e t h o d e k e n n e n l e r n e n , w i e Kopien 4 9 ) a n M e i s t e r a t t r i b u i e r t w e r d e n , w e l c h e F o l g e r u n g e n Lippold, Kopien und Umbildungen, München 1923.
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daraus für die Künstlergeschichte und Kunstgeschichte gezogen werden, und welch zähes Leben wissenschaftliche Hypothesen haben, wenn sie einmal als Gewißheit akzeptiert worden sind. Die Marmorgruppe einer Frau (Tat. 10, a) mit einem Knaben auf dem linken Arm kam etwa 1760 in die Villa Albani. Winckelmann nannte sie zunächst Juno Lucina. Da er aber gern subtile Beobachtungen aus seiner Belesenheit verwertete, erklärte er sie bald darauf wegen der „königlichen Hauptbinde" als Ino-Leukothea, die den jungen Bakchos trägt. So gab denn sein Freund Cavaceppi, der den fehlenden rechten Arm der Frau und beide Arme des Knaben ergänzte, diesem einen Krug in die Hand. Als Kopf des Knaben setzte er einen antiken, aber unzugehörigen auf. Ennio Quirino Visconti hat die auf Grund des Diadems vorgenommene Benennung mit Recht abgelehnt. Mit andern albanischen Antiken kam die Gruppe ins Musée Napoléon und wurde bei dessen Auflösung 1816 vom bayerischen Kronprinzen für seine Münchner Glyptothek angekauft. Als man sich über die kunstgeschichtliche Stellung antiker Werke Gedanken machte, glaubte Schorn 1830 in ihr „eines der edelsten Werke griechischer Kunst aus der Zeit des Phidias" erkennen zu können. Carl Friederidis sah in ihr 1859 „ein attisches Original werk ersten Ranges", setzte sie aber ins vierte Jahrhundert und deutete sie als Gaia Kurotrophos oder eine ähnliche Göttin. Er verband mit ihr eine athenische Münze der Kaiserzeit, nach der war die rechte Hand auf ein Szepter zu stützen (Taf. 10, b). Nun kombinierten Ludolf Stephani (1859) und Bernhard Stark (1865) Statue und Münze mit zwei Stellen des Pausanias (I 8, 2 und IX 16, 2), wo eine von Kephisodotos gefertigte Gruppe der Eirene mit dem Plutos auf dem Arm in Athen erwähnt wird. Die Datierungen der Statue durch die früheren Gelehrten, die um ein Jahrhundert auseinandergingen, gaben den Ausgangspunkt für einen berühmt gewordenen Aufsatz von Heinrich Brunn (1867). überzeugend wies er zunächst nach, daß es eine römische Kopie, kein Original sei; mehrere seitdem gefundene Repliken haben das bestätigt. Zur Datierung des Originals meinte er, Körper und Gewand seien in der Art des fünften Jahrhunderts gehalten, hingegen wiesen Kopf und Ausdruck ins vierte. Also, folgerte er, wird die Entstehung in der Mitte liegen. Aus der Geschichte und aus einer sehr persönlich gefärbten Bemerkung des Isokrates (XV 109) und einer daraus abgeleiteten Notiz des in Einzelheiten oft so unzuverlässigen Cornelius Nepos wollte er den Anlaß der Weihung erschließen: der nach dem Seesieg des Timotheos bei Leukas 375 geschlossene Friede mit Sparta. Leider dauerte dieser Friede nur wenige Monate. Ehe solch eine Gruppe vollendet gewesen wäre, war der Krieg schon wieder entbrannt. Brunns Autorität ist es wohl zu verdanken, daß seine These ziemlich allgemein angenommen wurde, ja daß sie zum Eckstein der Kunstgeschichte des vierten Jahrhunderts erklärt wurde. Als
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Bestätigung k o n n t e er a n f ü h r e n , daß er auf e i n e m Exemplar der athenischen K u p f e r m ü n z e n , die j a in der Regel sehr abgegriffen sind, ein Füllhorn e r k a n n t e , das als A t t r i b u t d e m Plutos, dem S p e n d e r des Reichtums, wohl anstehe. Als n u n gar 1881 beim A u s b a g g e r n des H a f e n s im Peiraieus eine Replik des K n a b e n mit einem Rest des Füllhorns g e f u n d e n w u r d e , schien das eine glänzende Bestätigung. Noch w e i t e r e V e r m u t u n g e n w u r d e n v o n Brunn an die G r u p p e g e k n ü p f t . Plinius scheidet zwei Bildhauer n a m e n s Kephisodotos. Den ä l t e r e n setzt er in O l y m p i a s 102 (372 v o r Chr.), den j ü n g e r e n zusammen mit Timarchos in O l y m p i a s 121 (296 v o r Chr.). N u n w i s s e n wir aus Inschriften, daß Timarchos u n d Kephisodotos Söhne des Praxiteles w a r e n , wozu ihre Blütezeit bei Plinius recht gut paßt. W ä r e der zwei G e n e r a t i o n e n ä l t e r e K e p h i s o d o t o s n u n auch mit Praxiteles v e r w a n d t , so k ö n n t e er d e s s e n V a t e r sein. Auf alle Fälle v e r m u t e t e Brunn Z u g e h ö r i g k e i t zur Familie. Eine w e i t e r e V e r m u t u n g war, daß die S t a t u e in A t h e n im Freien g e s t a n d e n h ä t t e und d a r u m aus Bronze w a r . In der H ä r t e der G e w a n d b e h a n d l u n g glaubte Brunn eine B e s t ä t i g u n g dieser A n n a h m e zu sehen. Doch g e h e n die s t a r r e n F a l t e n w o h l auf die Glättung des M a r m o r s anläßlich der E r g ä n z u n g im 18. J a h r h u n dert zurück. M a n h a t versucht, durch Bronzieren v o n Gipsabgüssen, durch galvanoplastische Nachbildung u n d durch Nachguß in Bronze d e n ursprünglichen Eindruck w i e d e r z u g e w i n n e n . W e r je eine solche Nachbildung g e s e h e n hat, w i r d zugeben, daß das Experiment völlig mißlungen ist. Angesichts solcher Machw e r k e sehnt m a n sich nach dem M a r m o r zurück. Die 1907 gef u n d e n e W i e d e r h o l u n g aus Villa Patrizi, h e u t e in N e w York, d e r e n Oberfläche u n b e r ü h r t ist, gibt so ü b e r z e u g e n d d e n M a r m o r stil des Originals w i e d e r , daß j e d e E r ö r t e r u n g d a r ü b e r müßig erscheint. Trotz w e i t g e h e n d e r Zustimmung v e r s t u m m t e n jedoch B e d e n k e n g e g e n einige P u n k t e der Brunnschen H y p o t h e s e nicht, w e n n sie auch k a u m je deutlich in allen ihren Teilen a b g e l e h n t w o r d e n ist. Es w u r d e darauf hingewiesen, daß Eirene als solche nicht charakterisiert ist. Auf inschriftlich gesicherten D a r s t e l l u n g e n des vierten J a h r h u n d e r t s v o r Chr. trägt sie als A t t r i b u t das Keryk e i o n (den Heroldstab); das Szepter läßt sich n u r auf späten römischen Münzen der Kaiserzeit nachweisen. U n b e h a g e n h a t t e n manche Gelehrte auch w e g e n des Zeitansatzes. Sie hielten zwar mit Brunn am älteren Kephisodot als U r h e b e r des W e r k e s fest, setzten diesen aber ins f ü n f t e J a h r h u n d e r t , also eine G e n e r a t i o n f r ü h e r als Plinius, u n d v e r b a n d e n es mit d e m Frieden von 403, den in einer S t a t u e zu v e r e w i g e n für die A t h e n e r k a u m Grund v o r h a n d e n w a r . Adolf F u r t w ä n g l e r hat Brunns H y p o t h e s e im Ganzen a n g e n o m m e n , w e n n er auch in Kephisodot eher den ä l t e r e n Bruder als den V a t e r des Praxi-
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teles sehen möchte. Mit vollem Recht h a t er darauf h i n g e w i e s e n , daß die G e w a n d s t i l i s i e r u n g u n v e r e i n b a r mit der des a u s g e h e n d e n f ü n f t e n J a h r h u n d e r t s ist, v i e l m e h r b e w u ß t an V o r b i l d e r der phidiasischen Zeit sich anlehnt. Kopf u n d Körper des K n a b e n verglich er mit dem Dionysoskind, das der olympische H e r m e s des Praxiteles trägt. Es bleibt sein V e r d i e n s t , mit Nachdruck betont zu haben, daß die Stilentwicklung von Phidias bis Praxiteles nicht eine g e r a d l i n i g e u n u n t e r b r o c h e n e Entwicklung darstellt. N u n ist aber nicht n u r der Kopf des Knaben, sondern auch der der Göttin deutlich mit W e r k e n v e r w a n d t , die m a n mit gutem Recht auf Praxiteles z u r ü c k f ü h r e n k a n n , w i e der A p h r o d i t e von A r l e s u n d dem S a u r o k t o n o s . Die A n n a h m e , der große M e i s t e r h a b e den Stil seines weit m i n d e r b e r ü h m t e n V a t e r s oder Bruders sklavisch nachgeahmt, ist schon an sich w e n i g wahrscheinlich. Noch unwahrscheinlicher jedoch ist es, das Original der Münchner G r u p p e in die Zeit u m 375 zu setzen. W i r sind h e u t e ü b e r den d a m a l s herrschenden Zeitstil recht gut unterrichtet. Mit dem U n t e r n e h m e n des Timotheos bei Leukas auch sachlich eng v e r b u n d e n ist ein auf 375 d a t i e r t e s Urkundenrelief (Taf. 2, b). Die flüssigen Konturen, der lockere Stand, die weiche G e w a n d b e h a n d lung, die e n g b r ü s t i g e n schmalhüftigen P r o p o r t i o n e n scheiden es von der angeblichen Eirene, v e r b i n d e n es aber deutlich mit dem Skulpturenschmuck des A s k l e p i o s t e m p e l s in Epidauros. Hier ist für das von Brunn auf Kephisodot z u r ü c k g e f ü h r t e W e r k k e i n Raum. Es h a t ein ganz a n d e r s g e a r t e t e s Pondus. Hier scheiden sich zwei G e n e r a t i o n e n u n d zwei Stilphasen. Von E u p h r a n o r wird der Ausspruch überliefert, sein T h e s e u s sei mit Rindfleisch ernährt, der seines V o r g ä n g e r s P a r r h a s i o s aber mit Rosen. Die s o g e n a n n t e Eirene gehört zu den e r d e n s c h w e r e n G ö t t e r t y p e n , nicht zu d e n ätherischen der Zeit u m 375, W o h i n sie zu setzen ist, h ä t t e m a n l ä n g s t e r k e n n e n k ö n n e n . In Ephesos h a t t e J. T. W o o d (Bd. I p. 75) 1871 nach l a n g e m Suchen Reste des im A l t e r t u m als eines der sieben W e l t w u n d e r gepriesenen Tempels der A r t e m i s g e f u n d e n . Seine Entdeckung v e r a n laßt uns zu einer die archäologische M e t h o d e charakterisierenden Abschweifung. Im Text des Plinius (XXXVI 95) steht: „columnae centum vigintl septem lx p e d u m altitudinis ex his x x x v i caelatae, u n a a Scopa." H i e r a n h a t t e W i n c k e l m a n n Anstoß genommen. Das K a n n e l i e r e n einer Säule schien ihm eines Bildhauers vom Range des S k o p a s u n w ü r d i g , noch w e n i g e r wollte ihm einleuchten, daß m a n solch u n t e r g e o r d n e t e A r b e i t ü b e r h a u p t erw ä h n e . So schlug er eine T e x t v e r b e s s e r u n g v o r : statt „una a Scopa" setzte er „uno e scapo", die 60 Fuß h o h e n Säulen, m e i n t e er, seien aus einem Stück g e w e s e n . Er hat darin sogar die Billigung Brunns g e f u n d e n , w ä h r e n d Sillig den N a m e n des Bildh a u e r s mit dem folgenden Satz v e r b i n d e n wollte, so daß S k o p a s
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und C h e r s i p h r o n g e m e i n s a m den Bau geleitet h ä t t e n . Da Plinius hier den ersten u n d den zweiten M a r m o r b a u v e r m e n g t , w ä r e damit nichts g e w o n n e n w o r d e n . Overbeck h a t t e h i e r richtiger gesehen, denn „caelare" heißt eben nicht eine Säule a u s h a u e n oder k a n n e l i e r e n , s o n d e r n mit Relief v e r s e h e n . Plinius h a b e v o n reliefgeschmückten S ä u l e n gesprochen. Das traf in der T a t zu, die Lesart u n s e r e s Pliniustextes w u r d e glänzend bestätigt. U n t e r den jämmerlichen T r ü m m e r n , die v o n den P r a c h t b a u t e n g e b o r g e n w u r d e n , w a r e n Reste v o n reliefgeschmückten S ä u l e n t r o m m e l n — einige v o n Kroisos gestiftet — vom ä l t e r e n Bau u n d b e s s e r e r h a l t e n e v o m N e u b a u des v i e r t e n J a h r h u n d e r t s .
Kehren wir zu unserem Ausgangspunkt zurück. Auf einem dieser Säulentrümmer (Taf. 10, d) steht eine Frau in Vorderansicht, der Kopf fehlt, sie trägt kein Kind, aber sie ist in allen Einzelheiten des Gewandes, auch in den Staufalten über dem Fuß des Standbeins aufs nächste mit der Münchner Statue verwandt. Gleich nach der Entdeckung wurde das bemerkt. In einem anonym erschienenen Artikel der Saturday Review vom 11. Januar 1873 (der Verfasser soll Sir Frederic Burton sein) wird die Ähnlichkeit der Gestalt mit der berühmten als L'eukothea bekannten Statue in München erwähnt. Der Ort, an dem die Beobachtung stand, entzog sie der Aufmerksamkeit der Archäologen. Auch war man damals wohl noch zu sehr durch die frische Entdeckung von Brunn geblendet. Unabhängig von diesem ersten Hinweis wurde erst 34 Jahre später die Verwandtschaft beider Denkmäler von Franz Studniczka aufs neue entdeckt. Doch zog er nicht die Konsequenzen, er begnügte sich mit dem Hinweis, daß die „Eirene des Kephisodot" nicht aus dem fünften Jahrhundert stammen könne. Durch diesen Vergleich haben wir aber endlich einen archäologisch verwertbaren Punkt. Der Tempel der Artemis brannte im Jahre 356 ab. Der Neubau des Riesenbaues nahm natürlich beträchtliche Zeit in Anspruch. Als Alexander d. Gr. 334 in Ephesos war, bot er der Stadt an, die Kosten für die Vollendung des noch unfertigen Tempels zu übernehmen, wenn sein Name als der des Stifters angebracht würde. Das Angebot wurde abgelehnt. Jedenfalls können die Säulenreliefs dann frühestens aus dem Jahrzehnt von 340—330 stammen. Sie zeigen auch sonst klassizistische Züge; ein Hermes ist einer polykletischen Statue nachgebildet.
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Es bliebe noch die Möglichkeit, daß die sogenannte Leukothea-Eirene doch Kopie nach einem Werk des fünften Jahrhunderts wäre, und daß die Figur auf dem Säulenrelief eine Nachbildung des nämlichen Vorbildes sei. Dagegen spricht aber nicht nur die praxitelische Gesichtsbildung, sondern auch das Volumen der Statue. Sie hat keine Tiefenausdehnung; Vorder- und Rückansicht breiten sich voll aus, aber von der Seite gesehen wirkt sie wie plattgedrückt. Das ist nicht der Stil des fünften Jahrhunderts. Man vergleiche etwa die Koren des Poliastempels auf der athenischen Akropolis (Taf. 5, a), an die man im Zusammenhang mit unserer Statue oft fälschlich erinnert hat. Indessen ist diese Körperauffassung typisch für Praxiteles: Knidische Aphrodite, Aphrodite von Arles, Sauroktonos, der einschenkende und der angelehnte Satyr, Dresdner Artemis, entbehren ebenso der Seitenansicht. Es wurde einmal das Argument vorgebracht, die römischen Kopisten hätten Marmor sparen wollen. Abgesehen davon, daß wir solche Sparsamkeitsrücksichten bei Kopien nach Meisterwerken aus anderen Perioden nicht finden, ist dasselbe Prinzip auch am Hermes des Praxiteles befolgt. Wer diesen nicht als Original gelten lassen will, der kann sich an den Skulpturen vom Maussolleion von Halikarnassos, das 352—348 vollendet wurde überzeugen, wo wir am fälschlich sogenannten Maussollos und der ebenso fälschlich sogenannten Artemisia das gleiche beobachten können. So hätten wir als Ergebnis dieser langwierigen Untersuchung, die ein wenig die Schwierigkeiten und Umwege, auf die sich die Archäologie zur Lösung eines Problems gedrängt sieht, beleuchten möge, daß wir in der sogenannten Eirene die Kopie nach einem Werk der Zeit zwischen 350 und 320 vor Chr. besitzen. Der feste Eckstein für die Geschichte der Plastik um 375, wofür sie in allen Handbüchern und Nachschlagewerken gilt, ist verloren. Aber das Ergebnis zieht noch weitere Kreise. Nach der plinianischen Chronologie, die zu bezweifeln hier kein Grund vorliegt, scheiden damit der ältere und der jüngere Kephisodot als Meister aus. Ersteren hatte Brunn ja auch nur wegen seiner — damals durchaus verständlichen — irrigen Datierung herangezogen. Fällt aber
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der Name Kephisodotos, so auch, die Deutung als Eirene. Da fällt uns ein, daß diese Benennung ja durch kein Attribut gesichert war, im Gegenteil, das Szepter schien dagegen zu sprechen. Man kann also an jede Göttin denken. Das Füllhorn ist nicht nur für Plutos bezeichnend, sondern wir haben es auch bei Tyche, Iakchos, Agathodaimon und anderen Gottheiten. Bei der Gruppe ist ja nicht einmal genau zu entscheiden, ob es auf die Frau oder den Knaben zu beziehen ist. Göttinnen mit einem Kind auf dem Arm sind öfter dargestellt. Seit Brunn pflegt man sie Eirene zu nennen. Aber nicht einmal die zur Bezeichnung der Münchner Gruppe herangezogenen Münzen haben eine inschriftliche Bezeichnung. Pausanias hält den Einfall des Kephisodot, Eirene und Plutos zu verbinden, für einen besonders glücklichen, daher offenkundig seltenen Gedanken. Wo eine Göttin in ähnlicher Darstellung eine Beischrift hat, pflegt sie Tyche zu heißen. Nun fanden wir im Gesicht der Frau wie des Knaben deutlich praxitelische Züge. Von Praxiteles sind uns drei Darstellungen der Tyche überliefert, eine in Megara, eine in Athen und eine in Rom, von der wir nicht wissen, woher sie stammt; es besteht kein Zwang, sie mit der athenischen gleichzusetzen. Nur bei dieser römischen wird sie mit Bonus Eventus verbunden genannt. Damit ist nicht gesagt, daß bei den anderen kein Kind vorhanden war. Bonus eventus wäre im griechischen Agathodaimon. Dieser hat ebenso wie Tyche als Attribut das Füllhorn. Mag diese Deutung zutreffen oder nicht, sidier bleibt der praxitelische Charakter des Bildwerks. Für die wirkliche Eirene des Kephisodot haben wir damit jeden festen Boden unter den Füßen verloren. Wir wissen nicht einmal, ob sie vom jüngeren oder älteren Bildhauer dieses Namens stammte. Von letzterem ist nur ein Werk, Hermes mit dem jungen Dionysos, ausdrücklich genannt. Aber es ging uns ja gar nicht um diese Eirene und um die Frage, ob diese um 370 oder um 290 entstand, sondern um die klassizistischen Strömungen in der griechischen Kunst. Als früheste hätten wir demnach die der Zeit um 350—320. An den Stil der ephesischen Säulentrommeln, die wir mit der Münchner Statue verbanden, lassen sich aber auch attische Grabreliefs, die eben wegen ihrer klassizistischen Tendenz meist zu früh datiert werden, anknüp-
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fen; und die A t h l e t e n b i l d e r panathenäischer Preisamphoren, die aufs J a h r datiert sind, bieten w e i t e r e Analogien. W e n n die 480 v o n X e r x e s nach Susa e n t f ü h r t e n T y r a n n e n m ö r d e r des A n t e n o r vom J a h r 508 durch Seleukos um 300 den A t h e n e r n zurückgegeben w e r d e n , und n u n n e b e n der 476 errichteten Ersatzgruppe des Kritios u n d Nesiotes aufgestellt werden, so hat das natürlich nichts mit kunstgeschichtlichen E r w ä g u n g e n zu tun. Es ist lediglich ein a l t e h r w ü r d i g e s Denkmal der n a t i o n a l e n Demokratie, über dessen W i e d e r e r l a n g u n g man stolz ist. Für die Kunstgeschichte h a t t e n wir also g e s e h e n : die lebendige Kunst ist nicht mehr der einzige Faktor, den w i r in Rechnung zu stellen haben. Bis zum Ende des A l t e r t u m s h a b e n wir einmal die seit 420 zu b e l e g e n d e n preziösarchaistischen Denkmäler; seit derselben Zeit auch die an orientalische Buntwebereien sich a n l e h n e n d e kunstgewerbliche Richtung, die zunächst an G e w ä n d e r n und M o s a i k e n anzutreffen ist, bald aber auch auf d e k o r a t i v e Friese, Gefäßattachen und a n d e r e G e g e n s t ä n d e der Zweckk u n s t übergreift. Endlich f a n d e n wir n u n seit etwa 350 als dritte Richtung die klassizistische, die sich b e w u ß t an M e i s t e r w e r k e einer weiter zurückliegenden Periode anlehnt. Nicht immer sind diese Strömungen in gleicher S t ä r k e v o r h a n d e n . J e w e i l s nach dem Zeitgeschmack wechselt ihre Einwirkung. G e r a d e g e g e n die klassizistische Richtung scheinen sich im dritten J a h r h u n d e r t v o r Chr. n e u e Kräfte zu richten in j e n e m rauschenden Stil, den m a n mit willkürlicher Ü b e r t r a g u n g eines m o d e r n e n Ausdrucks a l s antikes Barock zu bezeichnen sich g e w ö h n t hat, und den wir etwa v o n 275 bis 160 ansetzen zu k ö n n e n glauben. Damals ist kein N ä h r b o d e n für klassizistische Tendenzen v o r h a n d e n gewesen. Es ist b e m e r k e n s w e r t , daß Plinius im Buch über Bronzegießer (XXXIV 52) zur 121. Olympias (296 bis 292 vor Chr.) sagt: „cessavit deinde ars". Damit k a n n er nicht sagen wollen, daß die Kunst oder auch nur die Tätigkeit des Bronzegusses damals a u f g e h ö r t hätten. Zahlreiche W e r k e k o n n t e n zu seiner Zeit weit mehr als h e u t e das Unsinnige einer solchen A u s s a g e dartun. Vielm e h r meinte seine offenbar klassizistisch orientierte Quelle: w a s nach 290 geschaffen ist, k a n n man nicht als Kunst bezeichnen. Ebenso ist es zu v e r s t e h e n , w e n n er fortfährt: „ac rursus olympiade elvi revixit". In der Olympias 156 (es ist
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das die liebenswürdige Olympiade, in der das Olympiadenjahr mit der Jahreszahl vor Chr. übereinstimmt) müßten wir demnach ein „Wiederaufleben der Kunst" im Sinne unseres Autors, also eine neue klassizistische Strömung annehmen. In der Tat zeigen die Werke, die wir in die Mitte und zweite Hälfte des zweiten Jahrhunderts vor Chr. setzen können, eine kühle akademisch-klassizistische Haltung. Damit geht Hand in Hand die gesteigerte Sammlertätigkeit, für die Attalos II. von Pergamon das berühmteste Beispiel mit den Phantasiepreisen ist, die er für alte Meisterwerke bietet (Bd. I p. 12). Zufällig ist mit dessen Namen auch die älteste urkundliche Nachricht über Kopien von Gemälden verbunden in der Ehreninschrift, die den Malern Kalas, Gaudotos und Asklepiades in Delphoi im Jahre 140 vor Chr. gesetzt wurde. Die Sitte hielt sich. Gerade von Bildern sind uns eine Reihe Notizen darüber erhalten, so über die Kopie des Blumenmädchens von Pausias, die L. Lucullus, als er 84 vor Chr. als Quaestor in Athen war, dort erwarb (Plinius XXXV 125). Die Kopie der Kentaurenfamilie des Zeuxis, deren Original bei der Einnahme Athens durch Sulla im Jahre 86 vor Chr. zugrunde gegangen sein soll, beschreibt Lukian. Diese Plünderung Athens ist auch in anderer Hinsicht für uns wichtig. Nach dem Tongeschirr für die Matrosen hat man den Untergang eines mit Kunstschätzen beladenen Schiffes, dessen Trümmer 1908 an der tunesischen Küste geborgen wurden, in diese Generation gesetzt. Inschriften aus athenischen Heiligtümern, die an Bord waren, lehren, daß das Schiff von dort kam. So liegt der Gedanke nahe, den Gesamtfund mit einem Teil der Beute aus dieser Stadt vom J a h r e 86 zu verbinden. Außer einer Reihe wichtiger Bronzen waren unter den Fundstücken Reste zweier Marmorkratere des sogenannten neuattischen Stiles. Es ist dies eine Gruppe von Marmorarbeiten, die in gefälliger Form, namentlich auf Reliefs, Typen klassischen und archaistischen Gepräges wiedergeben. Einige dieser Arbeiten sind mit Künstlernamen versehen. Die Meister selbst geben sich als Athener an: Salpion, Sosibios, Pontios. Wir haben also den in der Archäologie seltenen Glücksfall, daß verhältnismäßig gut erhaltene Werke mit antiker Künstlersignatur vorliegen. Aber leider ist das keine reine Freude, denn die Bildhauer sind nicht die Schöpfer der Typen, die sie auf ihren Reliefs verwenden. Ein flötenblasender Satyr vom Krater des Salpion (Abb. 5) kehrt
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wieder auf dem des Sosibios (Abb. 6). Eine tanzende MÄnade des Sosibios ist wiederholt auf dem Rhyton des Pontios. Also es sind Kopisten, die signieren; die Künstlerinschriften sind — modern gesprochen — gleichzeitig Reklame. Sie sollen zeigen, an wen man sich wenden kann, wenn man ähnliche Arbeiten erwerben will. Wir denken dabei an Cicero, der sich brieflich durch Atticus Hermen aus Athen für seine Villa besorgen läßt.
Fries vom Krater des Salpion
Abb. 6 Fries vom Krater des Sosibios
Noch in einer anderen Hinsicht sind die signierten neuattischen Werke wichtig. Salpion und Pontios zwar behandeln einheitlich dionysische Themen, doch sind Einzelfiguren aus ihren Kompositionen auch auf anderen, unsignierten neuattischen Werken zu belegen; dort aber in sinnvollem Zusammenhang. Sosibios setzt gar nebeneinander archaisierende und klassische Gestalten! auch sie treffen wir auf anderen Werken wieder. Die drei tanzenden Mänaden, die hier auseinandergerissen sind, sind von besseren Wiederholungen bekannt. Auch die leierspielende Muse, die sonst teils allein, teils mit Tänzerinnen vorkommt. Der vereinzelte Waffentänzer ist in mehreren Wiederholungen, die je drei Paare zeigen, vertreten. Die Künstler arbeiten mit den Einzelfiguren so, wie der Drucker vor Erfindung der Setzmaschine die beweglichen Lettern des Satzes nebeneinander stellte. Es wird kein Sinn, kein einheitlicher Gedanke erstrebt, der Beschauer soll sich nur an der formalen Schönheit erfreuen. Dabei werden denn auch unbekümmert Vorbilder verschiedener Stilphasen zusammengebracht. Für das Publikum ergibt sich daraus, daß es 7 R u m p f , Archäologie II
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eben den Originalen oder Kopien unterschiedlicher Perioden gleichmäßig Interesse entgegenbrachte. Immerhin sind die Einzelfiguren doch noch in sich einheitlich und nicht Monstra, wie sie Horaz im Eingang seiner Ars poetica schildert.
Der mithridatische Krieg hatte uns für die Kopistentätigkeit einige wertvolle Fingerzeige gegeben; literarische wie monumentale. Er liefert uns noch mehr. Im Laufe dieser Kampfhandlungen wurde die Insel Delos zweimal zerstört, 88 und 64; nie hat sie sich davon erholt. Das ergibt wieder einen wichtigen Zeitpunkt, vor dem die in den verwüsteten Wohnungen gefundenen Kunstwerke entstanden sein müssen. Wichtig ist das für die Kopie des Diadumenos nach Polyklet (Taf. 6, a). Wenn sie auch im Haar nicht so genau das Bronzevorbild wiedergibt wie spätere Exemplare, so ist sie doch unendlich viel stiltreuer als die Athena Parthenos aus der Bibliothek in Pergamon (Bd. I p. 13). Wir werden vielleicht daraus den Schluß ziehen, daß diese eben in einer „barocken" Zeit kopiert ist, jener aber in klassizistischer. Diese klassizistische Periode hat sich sicher noch weit ins erste Jahrhundert vor Chr. hinein erstreckt. Aber gegen dessen Mitte haben wir wieder eine retrospektive Richtung anderer Art, die Nachblüte der „barocken" Kunst. Die Porträts des Cicero und Pompeius, beide in Kopien erhalten, und die berühmte Laokoongruppe, die durch auf Rhodos gefundene Inschriften ihrer Bildhauer Agesandros, Polydoros und Athanodoros in diese Zeit fixiert wird, beweisen das. W a s die Kopien anbetrifft, so wird in diesem Zusammenhang oft der Name des Pasiteles genannt. Als Zeitgenosse des Pompeius hat er ein Werk in fünf Büchern über die berühmten Kunstwerke verfaßt, war als Bildhauer und Toreut berühmt und arbeitete nach sorgfältig ausgeführten Tonmodellen. Ob er als Kopist tätig war, ist nirgends überliefert; man hat es aus seiner kunsthistorischen Schriftstellerei gefolgert. Besser als über Pasiteles sind wir über seine Schule unterrichtet. Stephanos bezeichnet sich als seinen Schüler in der Signatur einer Knabenstatue (Taf. 4 a), die in frühklassischem Stil gearbeitet ist. Menelaos nennt sich in einer Künstlerinschrift Schüler des Stephanos (Taf. 4, b). So haben wir einmal drei Generationen von Bildhauern, von denen zwei sogar durch Werke vertreten sind. Ohne die Signaturen würde jedoch niemand zwischen dem Knaben des Stephanos und der Gruppe von Frau und Knabe des
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M e n e l a o s i r g e n d e i n e V e r b i n d u n g sehen; stilistisch sind sie grundverschieden. Das Schulverhältnis k a n n also n u r darin b e s t e h e n , daß der Schüler vom Meister eben die Technik der M a r m o r b e h a n d l u n g erlernte. Das ist wichtig für Pasiteles. M a n hat sich seinen Stil so wie den der einen Statue des S t e p h a n o s v o r s t e l l e n wollen. Das ist nach dem, w a s wir bei S t e p h a n o s u n d M e n e l a o s s a h e n , nicht nötig u n d nicht wahrscheinlich. Es ist durchaus n a h e liegend, daß er als Kopist tätig war, aber die W e r k e , die er kopierte, k ö n n e n den verschiedensten Stilstufen a n g e h ö r t h a b e n . Es ist nötig, sich das klarzumachen w e g e n der s o g e n a n n t e n pasitelischen G r u p p e n , bei d e n e n der K n a b e des S t e p h a n o s mit einem a n d e r e n Knaben oder einem Mädchen v e r b u n d e n ist. M a n wird sie eher dem Kreis des S t e p h a n o s als d e m d e s Pasiteles zuschreiben. Pasitelische G r u p p e n ist w i e d e r e i n m a l eine der in u n s e r e r W i s s e n s c h a f t g e d a n k e n l o s immer n a d i gesprochenen Bezeichnungen, d e r e n ursprünglich ernst genommene B e d e u t u n g h e u t e n i e m a n d m e h r glaubt. Das beliebige Z u s a m e n s t e l l e n u n d gegenseitige Auswechseln solcher s t a t u a r i scher T y p e n zu G r u p p e n e r i n n e r t an d e n N e u a t t i k e r Sosibios u n d seinesgleichen (p. 97), die sehr w o h l in diese Zeit gehören mögen. A b e r dies Austauschen verschiedener Elemente beschränkt sich nicht immer n u r d a r a u f , daß Einzelfiguren in rundplastischen W e r k e n o d e r Reliefs in verschiedenen Komb i n a t i o n e n v o r k o m m e n ! es k ö n n e n auch die Köpfe ausgewechselt w e r d e n . Das scheint u n s im ersten Augenblick überraschend, aber es k ö n n e n ganz harmonische- W i r k u n g e n dadurch erzielt w e r d e n , j a m e h r noch, die Forschung w u r d e durch solche Wechselbälge auf manchen H o l z w e g gelockt. Am e h e s t e n verständlich ist ein so scheinbar brutales V o r gehen dort, w o nicht ein Künstler, s o n d e r n ein Banause, ein u n g e b i l d e t e r H a n d w e r k e r , tätig ist: bei den Terrakotten 5 0 ). W i r sahen (p. 79), daß die meisten a n t i k e n T e r r a k o t t a s t a t u e t t e n auch die h e u t e hochgeschätzten, M a s s e n w a r e , R e p r o d u k t i o n e n sind. Nur das erste Tonmodell wird einem Künstler v e r d a n k t , oft wirklich einem hochbegabten. Ist es g e b r a n n t , so w i r d es in Ton ü b e r f o r m t ; ist die Form auch g e b r a n n t , k ö n n e n beliebig viele A u s d r u c k e d a r a u s g e n o m m e n w e r d e n . W e n n m a n will, k a n n m a n bei V e r l u s t der ursprünglichen Form oder k a n n ein K o n k u r r e n z u n t e r n e h m e n einen dieser Abdrucke aufs n e u e überformen; nur wird, wie w i r sahen, bei j e d e m n e u e n O b e r f o r m e n durch das A u s t r o c k n e n der Feuchtigkeit sich das V o l u m e n u m e t w a 10 Prozent v e r r i n g e r n ; auch w e r d e n die Formen immer flauer, die ursprüngliche Schärfe geht v e r l o r e n . Komplizierte F i g u r e n mit w e i t a u s g r e i f e n d e n Extemitäten w e r d e n , d a Keilf o r m e n nicht üblich sind, o f t aus Einzelformen z u s a m m e n g e s e t z t , 5«) CoroHa Curtius 1937 p. 89 3. (Sieveking), p. 95 ff. (Wolters). T
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so daß Arme, Beine, Kopf gesondert ausgedrückt und dann im feuchten Zustand mit dem Leib verbunden werden. Dabei mag es zuweilen vorkommen, daß aus Unachtsamkeit ein falscher Kopf aufgesetzt wird; wir haben Figuren, w o eine Frau einen männlichen Kopf trägt und umgekehrt. Aber es kann auch aus Freude an der Abwechslung der Kopf des einen Frauentypus einem anderen aufgesetzt, oder bei einer männlichen Statuette bald ein bärtiger Kopf, bald ein unbärtiger zugefügt werden. Ebenso lassen sich Einzelfiguren zu Gruppen vereinigen. Für all das sind Beispiele bewahrt. Aber es handelt sich hier nur um Handwerker, die nicht selbst gestalten, die vielmehr mit vorhandenen Formen willkürlich, wenn audi k e i n e s w e g s immer geschmacklos umspringen.
Nun gibt es Ähnliches auch in der großen Kunst. Die Sitte, verdienten Mitbürgern oder Mitbürgerinnen, einheimischen oder auswärtigen Wohltätern der Stadt eine oder mehrere Ehrenstatuen zu errichten, nimmt seit dem vierten Jahrhundert vor Chr. in Griechenland und dann auch in Italien in immer steigendem Maße zu. Gegen Ende des Altertums ebbt die Gewohnheit infolge des Nachlassens der finanziellen Mittel ab, stirbt aber erst im sechsten Jahrhundert nach Chr. ganz aus. Um den Massenbedarf in Zeiten wirtschaftlichen Wohlstands zu decken, wurden solche Statuen auf Vorrat angefertigt. Am deutlichsten sieht man das an Bronzen aus Herculaneum 51 ). Dort wurden eine Anzahl Frauenstatuen ziemlich gleichförmiger Madie gefunden, bei denen der Porträtkopf, der nicht immer in den Proportionen ganz genau stimmt, bei Bedarf eingesetzt wurde. Aber auch bei den massenhaft gefundenen Marmorstatuen sieht man, daß es der Bildhauer sich leicht gemacht hat. Eine gewisse Anzahl von Typen von Gewandstatuen wird immer wieder kopiert und mit mehr oder weniger idealisierten Porträtköpfen versehen. Unter den weiblichen sind die sogenannten Herculanerinnen, unter den männlichen der sogenannte Jüngling von Eretria die bekanntesten. In der römischen Zeit lassen sich die verschiedenen Togastatuen in einzelne zeitlich gesonderte Gruppen gliedern, aus denen nur wenige individuell gestaltete Exemplare hervorragen. Sl) Kluge und Lehmaim-Hartleben, Die antiken Großbronzen II, Berlin 1927 p. 71 fl.
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Trotz der Arbeit auf Vorrat waren doch nicht immer Statuen, oft auch nicht die Mittel für solche vorhanden. Schon bei den häufigen Systemwechseln der Herrscher in den Nachfolgestaaten Alexanders und dann im ersten Jahrhundert vor Chr., beim ständigen Wechsel der römischen Machthaber, kam es vor, daß man kurzerhand eine ältere Statue, auch wohl die eines Gottes, mit einer neuen Inschrift und einem neuen Kopf versah (Pausanias I, 2, 4, I, 18, 3. Raubitsdiek, Dedications from the Athen. Akropolis Nr. 121, 135 b, 140, 146). Auch in der spätantiken Zeit können wir beobachten, wie ältere Togastatuen aus der frühen Kaiserzeit mit zeitgenössischen Porträtköpfen versehen werden. Das kam auch früher vor und konnte, selbst wenn es in loyaler Absicht geschah, verhängnisvolle Folgen haben. Tactius berichtet von einem Römer, der bei der Thronbesteigung des Tiberius einer Augustusstatue, die er besaß, den Kopf abnehmen ließ und ihn durch den des neuen Herrschers ersetzte. Das brachte ihm einen Prozeß wegen Verletzung der Majestät ein (Tac. ann. I 74).
Durch solche mehr gelegentliche und zufällige Abänderungen entstand aber kein neues Kunstwerk. Ganz anderer A r t sind die Kombinationen, die in den Kopistenateliers der frühen Kaiserzeit vorgenommen wurden. Ein guter Fixpunkt sind hier für die Datierung die Funde aus den durch den Ausbruch des Vesuv vom Jahre 79 nach Chr. verschütteten Städten. In Pompeii wurde 1927 die vergoldete Bronzestatue eines Knaben ausgegraben, die Ranken in den Händen trug, an denen Lampen aufgehängt werden konnten52). W i e fast alle antiken Großbronzen wurde sie zunächst als ein griechisches Original oder wenigstens als die genaue Kopie nach einem solchen angesehen. Aber 1932 wurde in Volubilis in Marokko wiederum eine Bronzestatue gleicher Abmessung gefunden. Auch sie galt sogleich als ein Original der klassischen Zeit. Aber bald erkannte man, daß die Körper beider Statuen einander vollkommen entsprechen, nur die Köpfe waren verschieden. Der der pompeianischen Statue ist ein Mädchenkopf, der aus zahlreichen Wiederholungen bekannt war, der der marokkanischen Statue war durch einen ehemals Albanischen Bronzekopf der Münchner Glypothek bekannt, der nun, w o eine ebenbürtige Wiederholung vorlag, auf den Ruhmestitel verzichten mußte, ein griechisches Original des fünften 52) Critica d'Arte 1939 p. 17 ff.
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Jahrhunderts vor Chr. zu sein. Damit war das Eis gebrochen und immer mehr gepriesene angebliche Originalbronzen der hochklassischen Zeit wurden mit in den Strudel gezogen und zu Kopien degradiert. So ging es dem sogenannten Saburoffschen Knaben aus dem Meer bei Eleusis, dem sogenannten Bronzekopf von Benevent im Louvre und dem oft und hoch gefeierten sogenannten Idolino aus Pesaro in Florenz. Wenn auch heute keines dieser Bronzewerke mehr als griechisches Original gilt, so hat doch keines dadurch seine Schönheit verloren. Es zeugt von dem Geschmack und dem Geschick der Kopisten, daß selbst hervorragende Kenner der antiken Kunst ihre Kombinationen und Permutationen älterer Vorbilder als echte Meisterwerke ansahen. Der bekannteste solcher Fälle ist der Capitolinische Dornauszieher (Taf. 7, b). Er gehört bekanntlich zu jenen „Unsterblichen", zu den wenigen Antiken, die nie verschüttet waren (Bd. I p. 32). Als man begann, kunsthistorisch zu urteilen, wurde die Statue von Heinrich Meyer, dem Kommentator Windtelmanns, wegen ihrer „rührenden Einfalt", ihrer „unschuldigen reizenden Schönheit" und wegen des Saumes um die Lippen für ein griechisches Werk, und zwar der besten Zeit, gehalten. Hingegen hat Heinrich Brunn 1859 sich für Ansetzung in nachklassische Zeit, in die Periode, da der vielfach kopierte Knabe mit der Gans entstanden ist, entschieden, und ein und demselben Künstler wollte Overbeck in seiner damals vielgelesenen Geschichte der griechischen Plastik beide Statuen zuschreiben. Jedoch Reinhard Kekule trat 1872 dafür ein, daß es sich um ein eklektisches Werk der „pasitelischen Schule" handele, denn der Kopf stehe nicht im Einklang mit dem mit lysippischer Meisterschaft gestalteten Körper. Adolf Furtwängler aber meinte 1876 in dem Dornauszieher das originale Werk eines Zeitgenossen des Myron zu erkennen. ! All diese Untersuchungen beschränkten sich auf die Capitolinische Statue selbst, die Marmorkopien — es sind deren vier, sämtlich ohne Kopf bekannt — blieben unberücksichtigt. Ihre bloße Existenz hätte davor warnen müssen, in der Bronzewiederholung ein Original zu sehen. Aber es ist nun einmal das Schicksal aller antiken lebens-
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großen Bronzen, soweit sie nicht römische P o r t r ä t k ö p f e haben, in der Archäologie als echt griechische alte A r b e i ten zu gelten. Das Problem erhielt einen w e i t e r e n A u f trieb, als die olympischen Giebelskulpturen g e f u n d e n w a r e n . Kekule verglich n u n 1883 mit diesen den Kopf der Capitolinischen Bronze; die vier isoliert e r h a l t e n e n flauen M a r m o r k o p i e n desselben k o n n t e n füglich b e i s e i t e gelassen werden, sie zeugen nur dafür, daß der Kopf beliebt war. Es ist zweifellos einleuchtend, daß d e r Vergleich mit den olympischen W e r k e n die Stilstufe des Kopfes richtig definieren läßt. Aber m a n w a r damit nicht zufrieden, der Körper sollte derselben Stilstufe a n g e h ö r e n . Die Datierung des Denkmals um 460 hat sich fast vierzig J a h r e widerspruchslos b e h a u p t e n können. Das ist seltsam, denn der Fall h a t t e sich w e i t e r kompliziert dadurch, daß 1874 in Rom eine h e u t e im Britischen M u s e u m befindliche M a r m o r w i e d e r h o l u n g (Taf. 7, a) d e s Dornausziehers mit ungebrochenem Kopf zutage trat. A b e r ihr Kopf w a r von dem der Bronze grundverschieden; nichts von r ü h r e n d e r Einfalt und unschuldig reizender Schönheit, sondern derb realistisch, dem Motiv und dem K ö r p e r wohl angemessen. Es ist charakteristisch, daß Adolph Menzel v o n dem Stück a n g e t a n war; wir besitzen Zeichn u n g e n von ihm danach. Die Frage lautete n u n : welche der beiden Fassungen gibt den dem Original a n g e h ö r i g e n Kopf wieder? Kleine W i e d e r h o l u n g e n in Statuettenform, eine Bronze in Paris und eine Terrakotta aus Priene, d e r e n Köpfe u n t e r e i n a n d e r und von den großen W i e d e r holungen abweichen, schieden mit Recht als Umstilisierung aus, w a r e n aber doch beide nicht g e r a d e geeignet, das in den Handbüchern allein herrschende Dogma vom frühklassischen Original zu bekräftigen. Die Lösung der Frage sollte v o n einem Standpunkt, der nicht durch die engen Schranken der Fachdisziplin g e b u n d e n war, erfolgen. Ein norwegischer Kunsthistoriker, A. A u b e r t , wies 1901 anschließend an die Untersuchungen v o n Emanuel Löwy ü b e r die Entwicklung der dritten Dimension in der griechischen Plastik darauf hin, daß das W e r k nicht frühklassisch sein oder auch n u r aus d e r hochklassischen Periode s t a m m e n könne. Es d a u e r t e ü b e r ein Menschenalter, bis diese richtige Erkenntnis sich Bahn gebrochen hatte. Inzwischen h a t t e n immerhin doch schon
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einige Anhänger der alten Anschauung zugegeben, daß der mit der Statue gegossene Felsensitz dafür spricht, daß es sich um eine Kopie handelt. Heute, da wir an den Leuchterknaben sehen, wie großzügig, aber auch wie geschickt die Kopistenwerkstätten in der Zeit um Christi Geburt Köpfe auswechselten, hat die Frage viel von den grundsätzlichen Erwägungen, die einst mit ihr verknüpft wurden, verloren. Natürlich gibt es solche Verbindungen von ursprünglich einander fremden Köpfen und Körpern nicht nur in Bronze. Im Knaben des Stephanos und den sogenannten pasitelisdien Gruppen hatten wir ja schon Marmorwerke verwandter Art kennengelernt. Ein typisches Marmorwerk dieser Richtung ist die sogenannte Esquilinische Venus im Conservatorenpalast (Taf. 4, c). Auf dem Körper eines nackten Mädchens, den man — wäre er ohne Kopf gefunden •— etwa mit der „einansichtigen" Gruppe der Chariten in Verbindung bringen würde, sitzt ungebrochen ein Kopf in der Art des strengen Stiles der Epoche um 460 vor Chr. Die Stütze der Statue mit Isissymbolen (Aspis = Uräusschiange) beweist, daß es eine römische Kopie ist. Durch den einfachen Hinweis auf die Leuchterknaben und den Dornauszieher ist die Einordnung des Werkes in die Kunstgeschichte gegeben. Es sei nur kurz angemerkt, daß man wegen der strengen Züge des Kopfes auch das Original der ganzen Statue einst in die Zeit der Olympiaskulpturen setzte, daß man in ihr ein Denkmal der Taucherin Hydna, die in der Schlacht beim Artemision eine Rolle spielte, hat erkennen wollen, daß es die älteste monumentale Darstellung des weiblichen Aktes in der griechischen Kunst sein sollte und dergleichen mehr. Eine Aphrodite wird man in der Statue so wenig sehen wollen wie eine Taucherin. Die dem Isiskult entlehnten Attribute lassen am ehesten an ein rituelles Reinigungsbad in diesem ägyptischen Gottesdienst denken. Auch die sogenannte Wettläuferin, eine nicht minder berühmte Statue des vaticanischen Museums, gehört in diesen Zusammenhang. Sie wurde mit einer Stelle des Pausanias (V 16, 2) verbunden. Dort wird nun das Kostüm, das die elisdien Jungfrauen, die beim Hera-Fest um die Wette liefen, ganz abweichend beschrieben (Chiton, der übers Knie reicht, nicht weit oberhalb von diesem aufhört) und es wird gesagt, daß die Siegerinnen in diesem Wettlauf gemalte Bilder, nicht Statuen weihten. Dennoch glaubte man in dem vaticanischen Marmor eine Kopie nach einer Siegerinnenstatue der Mitte des fünften Jahrhunderts vor Chr. zu besitzen. Die stilistischen Schwierigkeiten lösen sich hier, wenn man auch diese Statue einer Kopistenschule dieser Zeit zuweist, in ihr ein retrospek-
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t i v e s W e r k , vielleicht s o g a r mit Zufügung eines ursprünglich nicht zugehörigen Kopfes sieht. Es ist im Prinzip dasselbe, ob Köpfe ausgewechselt, o d e r ob einzelne Statuen in v e r s c h i e d e n e n K o m b i n a t i o n e n v e r w e n d e t werden, w i e bei d e n „pasitelischen Gruppen", o d e r ob in einem Relief willkürlich v e r s c h i e d e n e T y p e n v e r e i n i g t w e r d e n , w i e bei den N e u a t t i k e r n . Daß die V e r f e r t i g e r d e r Leuchterk n a b e n mit a u s w e c h s e l b a r e n Köpfen Griechen w a r e n , k ö n n e n wir d a r a u s entnehmen, daß an d e r Innenseite eines F r a g m e n t s d e r Statue, v o n der der Kopf in München ( W i e d e r h o l u n g d e s s e n a u s Volubilis) stammt, griechische Buchstaben standen. F ü r A t t i k a K ö n n t e m a n den F u n d o r t des K n a b e n Saburoff anführen.
Aber wir haben noch bessere Beweise für dergleichen bei attischen Meistern der Zeit. Künstlernamen mit der Heimatangabe Athen finden wir nämlidi nicht nur auf Reliefs, sondern auch auf Statuen. Antiochos ist der Meister einer verkleinerten, aber nicht durch fremde Zutaten veränderten Kopie der Athena Parthenos des Phidias (Bd. I Taf. 12, b), Glykon verdanken wir die Kopie des Lysippischen angelehnten Herakles, die unter dem Rufnamen Herakles Farnese bekannt ist, auch sie ist nicht verfälscht. Aber Kleomenes hat der Statue eines Hermes, die uns mit kopiertem ursprünglichen Kopf im sogenannten Hermes Ludovisi erhalten ist, einen Porträtkopf aufgesetzt. Am längsten bekannt von allen neuattischen Künstlern ist Apollonios des Nestor Sohn. Seine Signatur steht auf dem Felsensitz des bekannten Torso im Belvedere (Taf. 12, b).Es ist eines der altberühmten Werke; schon 1432 wird er auf dem Quirinal erwähnt. Aus colonnesischem Besitz ging er gegen 1530 in päpstlichem über und gehörte unter dem Rufnamen „il torso" seitdem zu den gefeiertesten Antiken Roms. Die Hochachtung vor ihm war so groß, daß die so ergänzungsfreudigen Jahrhunderte bei diesem Bruchstück auf jegliche Restaurierung verzichteten. Die Buchstabenformen weisen etwa ins erste vorchristliche Jahrhundert. Die hervorragende Qualität des Torso hat immer wieder zu der Annahme geführt, daß wir in ihm keine Kopie, sondern ein Original jener Zeit besitzen. Auf all die vielen Fragen über Fundort, über Ergänzung der fehlenden Gliedmaßen und des Kopfes, über die Deutung, ob Herakles, ob Marsyas oder wer sonst, können wir hier auch nicht andeutungsweise eingehen.
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Im Jahre 1884 wurde am Quirinal die wohlerhaltene Bronzestatue eines sitzenden Faustkämpfers (Taf. 12, a) gefunden. Die Schlagriemen an beiden Armen lassen an der Deutung keinen Zweifel. Aber über die stilistische Einordnung des Werks war man sich keineswegs im klaren. Man schwankte mit der Datierung zwischen 400 und 200 vor Chr. Den Ansatz um 400 stützte man besonders auf die starre Bildung der Haare, den jüngeren auf die Modellierung des Körpers. Heute brauchen wir diese auffälligen Unterschiede im Zeitansatz nicht ausführlich besprechen oder widerlegen, denn der Scharfblick von Rhys Carpenter hat 1926 an der Vorderfläche des linken Schlagriemens in winzigen Buchstaben eingeritzt die Signatur des Apollonios, des Sohnes des Nestor, eben des Meisters des belvederischen Torso, entziffert. Für eine Künstierinschrift ist der Ort und das Format im höchsten Grade ungewöhnlich. Es kann sich nur um einen Hinweis handeln, der nicht für den gewöhnlichen Betrachter bestimmt ist. Die neuattischen Bildhauer pflegen ihre Signaturen nicht zu verstecken. Nun ist die Statue ohne den Sitz gegossen. Dieser selbst •— ob es nun ein Felsblock oder ein regelmäßig behauener Klotz war, ob er aus Marmor oder aus Bronze war — wird die große, gut sichtbare Inschrift getragen haben, ganz wie der Felssitz des belvederischen Torso. Für den Transport waren beide Teile getrennt. Damit auch die richtige Figur auf den richtigen Sitz käme, war die kleine Notiz am Schlagriemen wünschenswert. Für die Statue selbst entnehmen wir, daß sie 200 J a h r e später entstanden ist als der jüngste Zeitpunkt, den man vorgebracht hatte. Hat man einmal von der Künstlerinschrift Kenntnis, so erkennt man sofort die frappante Ähnlichkeit zwischen dem Leib des Faustkämpfers und dem des Torso, namentlich die Muskulatur des Rückens und die Hautfalten in der Leistengegend stimmen auffällig überein. Aber man ist enttäuscht über den Kopf. Auf dem Torso hatte man sich im Geiste stets einen wohl barock aufgewühlten, aber idealen Kopf vorgestellt: hier hat man ein brutal realistisches Porträt mit den Spuren des Boxkampfes (Geschwulsten, geplatzter Haut, Blutstropfen). Aber wir haben ja genug Beispiele kennengelernt dafür, daß Körper und Kopf in Kopien durchaus nicht im Stil zusammengehen brauchen. Für die neuattische Schule
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haben wir ferner den Gewinn, daß derselbe Künstler in Marmor und Bronze arbeiten kann; wir dürfen uns also den Betrieb nicht zu schematisch vorstellen. Ob freilich Apollonios der Sohn des Nestor mit jenem Apollonios identisch ist, der das Kultbild des Capitolinischen Jupiter ausführte, muß zweifelhaft bleiben. Der Name Apollonios ist nicht selten, und aus dieser Zeit kennen wir mindestens noch einen: Apollonios des Archias Sohn aus Athen. Für den Faustkämpfer haben wir das erlösende Gefühl, daß Kopf und Leib nicht einheitlich sind. Wirklich behaglich war wohl niemandem bei der Betrachtung des Ganzen. In einer Periode, da die barocke Stilphase schon als antik empfunden wurde, ist das Kopieren von Werken nachklassischer Zeit nicht verwunderlich; wir hatten das ja schon am Leib des Dornausziehers kennengelernt. Aber während dieser und die Leuchterknaben trotz der fremden klassizistischen Köpfe doch harmonisch wirkten, stört uns beim Faustkämpfer etwas. Der Kopf ist in sich nicht einheitlich; die realistischen Gesichtszüge und der klassizistische Stil der Haare stimmen nicht zusammen. Letztere waren es, aus denen man die Frühdatierung auf die Zeit um 400 und damit die Beziehung auf Demetrios von Alopeke gründen wollte. Das ist ein neues Phänomen. Aber es ist nicht vereinzelt. Wie Kopisten Haare freien Stiles in strengere Formen übersetzen können, hat 1912 Georg Dehn53) am Beispiel des Ares Ludovisi nachgewiesen. Die Haare dieses in mehreren stilistisch einheitlichen Kopien vorliegenden Meisterwerkes vom Ende des vierten Jahrhunderts vor Chr. werden wiederholt an dem des sogenannten Joven Orador in Madrid, an einem Kopf in Athen und dem sogenannten Nelsonschen Kopf. Jeweils sind die Gesichter verschieden, aber die Anordnung der Haare stimmt Locke für Locke überein. Nur deren Stilisierung weicht völlig von der des Ares ab. Während die Locken des Ares buschig, locker sind, wie es seiner Entstehungszeit angemessen ist, sind sie an den anderen Wiederholungen härter, leerer oder — am Nelsonschen Kopf — zeichnerisch klar, fast in polykletischer Weise gegeben. All diese Werke hatte man auf in sich einheitliche Originale 53) Jahrbuch ardiäolog. Institut XXVII 1912 p. 199 ff.
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verschiedener Perioden zurückführen w o l l e n . H e u t e n e h m e n wir nur b e i m A r e s Ludovisi an, daß er wirklich ein k l a s s i s c h e s V o r b i l d g e t r e u w i e d e r g e b e n will. D a s a n d e r e sind eklektische N e u s c h ö p f u n g e n v o n Kopisten, die e s sich b e q u e m machten, i n d e m s i e für die A n l a g e der H a a r e einfach ein Vorbild, das s i e w o h l auch e i n m a l g e n a u kopierten, a b w a n d e l t e n . U b e r l e g t m a n es sich genau, s o ist das ja auch gar nicht verwunderlich. K ö n n t e n d i e s e Bildhauer frei schaffen, s o brauchten s i e ja nicht zu k o p i e ren. Da sie aber nun einmal kopieren, l e h n e n sie sich an Vorbilder an, auch dort, w o sie e t w a s N e u e s g e b e n wollten. Das gibt zu denken. Audi die Neusdiöpfungen werden an Künstler vergeben, die in der Regel abschreiben. Gerade bei klassizistischen Werken ist darum mit solchen Reminiszenzen zu rechnen. Es sei eine kleine Abschweilung erlaubt. Schon aus dein großen Bedarf an klassischen und klassizistischen Kopien können wir einen Rückschluß auf den' ganzen Charakter der Epoche ziehen. Es ist das Zeitalter des Augustus und die unmittelbar anschließenden Jahre. In der Literatur braucht man nur die Namen Vergil und Horaz zu nennen; die ganze sogenannte goldene Latinität sieht ja in unbedingter Verehrung zu klassischen griechischen Werken auf, und in der bildenden Kunst steht es nicht anders. Zu den großen Neuschöpfungen dieser Zeit gehören die Reliefplatten der Ära Pacis Augustae und die entsprechenden Friese der Ära Pietatis des Claudius. Ein Bruchstück des letztgenannten Denkmals in Villa Medici 54 ) zeigt bei einer gleichgültigen Hintergrundsfigur deutliche Porträtzüge. Rhys Carpenter, der die Inschrift an der Bronze des Faustkämpfers entdeckte, erkannte, daß es das Porträt eines Dichters ist, das uns in über 40 Wiederholungen erhalten ist. Den Namen dieses Dichters hatte einst Franz Studniczka aus den Zeichnungen eines verschollenen Inschriftclipeus des Fulvius Ursinus und dem erhaltenen, gleichfalls inschriftlich gesicherten Clipeus in englischem Privatbesitz erkannt: es ist der berühmte Komödiendichter Menander. Es ist kein Ruhmesblatt in der Geschichte der Archäologie, wenn einige ihrer Vertreter diese gesicherte Identifikation haben bezweifeln wollen, ja gar noch die stilistisch und sachlich gleich unmögliche Benennung als Vergil haben verteidigen wo ilen. Hätte es eines Gegenbeweises überhaupt noch bedurft, so ist er durch die mediceische Platte der Ära Pietatis erbracht. Es ist ganz undenkbar, daß man einen erst vor 60 Jahren verstorbenen römischen Dichter gefeiertesten Andenkens, der damals schon als SdiulM) Cagiano de Azevedo, Antichità di Villa Medici, Rem 1951 Taf. VII, 9.
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lektüre jedem vertraut war, der neun J a h r e vor der Geburt des nur durch vier Personen von ihm getrennten Kaisers Claudius gestorben war, daß man solch eine bekannte Größe der jüngeren Vergangenheit überhaupt dprt angebracht und wenn, dann als nebensächliche Gestalt unter anderen nichtssagenden Köpfen dargestellt hätte. Haben wir uns aber einmal in die Praktiken unserer Kopisten hineingelebt, so ist es gar nicht verwunderlich, daß der Bildhauer, wenn er einen anonymen Porträtkopf in einer Nebenfigur geben sollte, er diesem die Züge des von ihm sicherlich öfter kopierten Menander gab, so wie man eben auch die Haare des Ares Ludovisi verwertete, wenn man ein neues W e r k schaffen wollte. Die Tatsache, daß in dem halben Jahrhundert, da die Archäologie sich mit diesen Reliefs beschäftigt, niemandem die zweifellose Ähnlichkeit mit dem Menander auffiel, zeigt, wie diskret der Bildhauer diese Entlehnung anzubringen verstand. Uber die Entdeckung eines solchen „Zitates" w ä r e er sicher ebensowenig böse gewesen, wie Vergil es über die eines Homerzitates in der Aeneis gewesen wäre.
Doch kehren wir zurück zu den Kopien klassischer Werke. Die Untersuchung der einzelnen Locken, so pedantisch und kleinlich sie auch zunächst erscheinen mag, führt noch öfter zu überraschenden Resultaten. Ein bärtiger Kopf in der Ermitage zu Leningrad galt lange Zeit als getreue Kopie eines Werkes des Myron, bis sich herausstellte, daß sein Haupthaar — wieder Locke für Locke — mit dem eines unbärtigen Kopfes aus Perinthos in Dresden übereinstimmte. Die Frage war nun, ob jenem der Bart abzunehmen oder ob er diesem anzufügen sei, wenn man den ursprünglichen Zustand erhalten wollte. Der Gesamteindruck läßt einen dahin neigen, daß die unbärtige Fassung die ursprüngliche ist, die bärtige eine klassizistische Bereicherung. Auf alle Fälle sehen wir, wie geschickt der Kopist zu stilisieren vermochte. Am Faustkämpfer in Rom sahen wir, wie „barocke" Züge klassizistisch umgebogen werden. Ähnlich wurden offenbar ganze Statuen dem Zeitgeschmack angepaßt. Ein Beispiel ist der hängende Marsyas, von dem eine ganze Reihe von Kopien, nämlich die in rotem Marmor ausgeführten, deutlich klassizistisch umstilisiert sind. Das gleiche trifft bei der berühmten Gruppe der Niobiden in Florenz zu. Hier kann uns die Wiederholung der sogenannten ältesten Tochter im Vatican (Taf. 9, a) — ganz gleich, ob sie das Original oder nur eine ganz vorzügliche
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K o p i e i s t — l e h r e n , w i e s e h r d i e S t a t u e n durch d i e U b e r setzung in eine andere Formensprache v e r l o r e n haben. N o c h e t w a s W e i t e r e s fällt u n s auf: die Florentiner K o p i e n (Taf. 9, b) s i n d i m V e r h ä l t n i s z u d e r r ö m i s c h e n u m e t w a ein Zehntel verkleinert. Die Florentiner Statuen, e b e n die v e r k l e i n e r t e n , w i r k e n trocken, frostig; sicher s t e h e n s i e dem Original ferner. A b e r wir k ö n n e n k a u m sagen, w a n n s i e e n t s t a n d e n sind. V e r k l e i n e r t e Kopien h a b e n wir schon aus der f r ü h e n Kaiserzeit. Die Bronzestatuen aus der P a p y r o s v i l l a v o n H e r c u l a n e u m , die s o g e n a n n t e n Herculanischen T ä n z e r i n n e n (Taf. 8, a), höchstwahrscheinlich Danaiden, die — fast möchte m a n s a g e n , selbstverständlich — auch für Originale des f ü n f t e n J a h r h u n d e r t s galten, sind u m ein F ü n f t e l kleiner als ihre Urbilder; d a s zeigt eine k o p f lose W i e d e r h o l u n g der einen aus Rom (Taf. 8, b, h e u t e im G a r d n e r M u s e u m in Boston, Mass.). Ebenso wie bei d e n Niobiden, ist auch hier d a s g r ö ß e r e Exemplar in der A u s f ü h r u n g so vorzüglich, daß h e r v o r r a g e n d e K e n n e r d a r i n d a s Original s e h e n wollten. Sei dem, wie ihm wolle, die k l e i n e r e n sind q u a l i t a t i v d a r a n g e m e s s e n hart und verarmt. Jedoch sie sind nicht umstilisiert wie die N i o b i d e n , sie sind als t r e u e Kopien gemeint. W e n n auch die A u s b e u t e an Nachb i l d u n g e n v o n M e i s t e r w e r k e n a u s den V e s u v s t ä d t e n gering ist, so bleibt doch das Datum der V e r s c h ü t t u n g ein so wichtiger Fixpunkt, daß j e d e s Stück von dort u n s e r e Beachtung v e r d i e n t . V e r k l e i n e r t e Kopien t r e t e n dort noch m e h r e r e auf Auf Stat u e t t e n g r ö ß e reduziert ist die ein Drittel l e b e n s g r o ß e Bronze des u n t e r d e m R u f n a m e n „Narcisso" b e k a n n t e n Dionysos aus Pompeii, v o n dem der M a r m o r t o r s o einer g r o ß e n W i e d e r h o l u n g in Florenz v o r h a n d e n ist. Dann w ä r e n die M i n i a t u r b ü s t e n a u s Bronze von b e r ü h m t e n Schriftstellern und P h i l o s o p h e n a u s der Herculanischen Villa zu n e n n e n . Aus Plinius d. ä. (XXXV 10), d. j. (ep. IV 28), Persius (prol. 5), I u v e n a l (II 4, VII 29) u n d Lukian (Nigrinus 2) w i s s e n wir, daß Bilder v o n A u t o r e n ein beliebter Schmuck der Bibliotheken w a r e n . Der P r i v a t m a n n hatte, w e n n auch vielleicht die Mittel, so meist nicht den Platz für lebensgroße S t a t u e n oder Büsten, so n a h m m a n e b e n Nachbildungen in k l e i n e m oder k l e i n s t e m Format. M a r m o r b ü s t c h e n v o m Klassikern, die wir nach den großen E x e m p l a r e n b e n e n n e n k ö n n e n , sind e i n e ganze Anzahl e r h a l t e n ; sie sind meist grob u n d s t a r k vereinfacht. H i n g e g e n sind die Bronzebüstchen w a h r e Kabinettstücke v o n zierlicher und präziser Arbeit. Dasselbe gilt v o n der B r o n z e s t a t u e t t e des M e t r o d o r in New York, w ä h r e n d die Stat u e t t e des D e m o s t h e n e s und die in Silber g e t r i e b e n e des Sophokles in A n c o n a nicht ganz so fein sind.
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• Audi Idealstatuen werden in Bronze im Kabinettsformat kopiert. Manche wirken erstaunlich treu, so die Nachbildungen von polykletischen Meisterwerken, dem Hermes und dem Pan. Dagegen ist die Münchner Kleinbronze nach dem Diskobol des Myron umstilisiert mit flockigem Haar und unklassischen Gesichtszügen. Die Kleinbronzen nach der knidischen Aphrodite des Praxiteles sind mehr Umschöpfungen als wirkliche Kopien. Weit billiger als Bronze ist Terrakotta. Neben den zahllosen Statuetten im jeweiligen Zeitstil gibt es auch vereinzelte Kopien. Der Diadumenos des Polyklet, die so oft wiederholte Aphrodite im umgegürteten Chiton und das Porträt des Cicero seien als verhältnismäßig gute, stark verkleinerte Kopien genannt; in Elfenbein (p. 51) und Holz (p. 52) sind naturgemäß nur vereinzelte Kopien in Statuettenform bewahrt.
Natürlich fehlen aber unter den so zahlreichen Marmorkopien Verkleinerungen nicht. Bei Kolossalwerken ist dies ja auch die fast einzig mögliche Art der Reproduktion, anders wären sie in Zimmern und Gärten nicht unterzubringen gewesen. Bei der Athena Parthenos (Bd. I Taf. 12) liegen die Reduktionen zwischen einem Viertel und einem Vierundzwanzigstel der Originalgröße, die Reliefnachbildungen (Aspasiosgemme — Taf. 6, c —, Münzbilder) sind noch beträchtlich kleiner. Nur einige Gruppen der Schildreliefs kennen wir dank der Entdeckung von Hans Schräder in neuattischen Reliefs, die den Maßstab des Originals beibehalten haben. Die gleichfalls kolossale Tyche von Antiochia am Orontes des Eutychides ist nur aus außerordentlich kleinen Nachbildungen in Marmor, Bronze oder Silber und auf winzigen Münzbildern überliefert. Natürlich fehlt es auch nicht an Verkleinerungen in Marmor nach Statuen in Lebengröße oder wenig darüber. Besonders hervorragende Beispiele sind der Herakles des Polyklet im Museum Barracco und der myronische Herakles in Boston. Die Mehrzahl der Kopien halten sich offenbar an das Format der Originale. Es stimmen nämlich Wiederholungen des gleichen Vorbildes aus verschiedenen Zeiten und Fundorten in den Maßen überein. Die Höhe von sieben Fuß ist ungefähr das Normalmaß der Statuen; Knabenfiguren kleiner. Doch auch Kolosse von zehn Fuß Höhe wie der Herakles Farnese sind in mehreren Exemplaren gleichen Maßstabs erhalten. Bei der noch größeren Athena Medici stimmen ebenso die Wiederholungen in den Ab-
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messungen überein. Die Verkleinerungen beider Typen haben Statuettenformat und sind ungenau. Von Kopien im Maßstab des Originals hatten wir den Diadumenos aus Delos (Taf. 6 a, p. 98) kennengelernt. Von den pompeianischen Kopien gehört die der schreitenden Artemis (Taf. 5, d) und die des polykletischen Doryphoros (Taf. 6, d) hierher. Dank der besonderen Umstände der Verschüttung von Pompeii ist die Erhaltung ausgezeichnet. Beides sind Marmorkopien. Die archaische Artemis offenbar nach einem Marmororiginal, so daß der Kopist ziemlich getreu arbeiten konnte. A n d e r s steht es beim D o r y p h o r o s . Er gibt e i n e Bronze w i e d e r . Der Kopist m u ß t e eine Stütze z u f ü g e n , d a m i t die Beine nicht abbrechen; sie hat die Form e i n e s B a u m s t u m p f e s Ähnlich ist die Stütze.die der delisdie D i a d u m e n o s (Taf. 6, a) h a t . Das ist einer der Punkte, w o bei einer U b e r s e t z u n g e i n e s Bronzew e r k e s in M a r m o r eine A b ä n d e r u n g des O r i g i n a l s erforderlich w a r . Ein a n d e r e r P u n k t ist die B e h a n d l u n g der H a a r e . H i e r sind wir in der glücklichen Lage, v o m Kopf des D o r y p h o r o s auch eine B r o n z e w i e d e r h o l u n g zu besitzen. Sie stammt a u s d e r Papyrosvilla in H e r c u l a n e u m ; Apollonios des Archias Sohn a u s A t h e n n e n n t sich als der Meister, also w i e d e r ein N e u a t t i k e r (Taf. 6, b). Bei dieser Inschrift m ü s s e n wir e t w a s v e r w e i l e n . Schon bei Salpion, Sosibios u n d Pontios (p. 96) und K l e o m e n e s (p. 105) h a t t e n wir gesehen, daß die s i g n i e r e n d e n K ü n s t l e r nidit die Schöpfer der Typen w a r e n , die sie meißelten. Dasselbe ist natürlich bei Antiochos (p. 105) der Fall, d e r s e i n e n N a m e n auf eine Kopie der A t h e n a P a r t h e n o s des Phidias (Bd. I Taf. 12, b) setzte, und bei Glykon, der sich als Meister des H e r a k l e s F a r n e s e nennt, w ä h r e n d die maßgleiche Kopie d e s s e l b e n Kolosses mit dem Porträtkopf des Commodus in Florenz als W e r k d e s Lysippos bezeichnet ist. W e n n wir d a r a u s Schlüsse ziehen wollen, so h a b e n im ersten vorchristlichen u n d im e r s t e n nachchristlichen J a h r h u n d e r t die Kopisten naiv ihre M e i s t e r s i g n a t u r e n auf d e n Nachbildungen b e r ü h m t e r M e i s t e r w e r k e angebracht, und wir w e r d e n auch in d e m A t h e n e r A l e x a n d r o s , d e r d a s Herculanische M a r m o r g e m ä l d e mit d e n Knöchelspielerinnen signierte, n u r e i n e n Kopisten sehen. Nicht n u r in A t h e n h a t diese Sitte oder Unsitte geblüht. Auf der M a r m o r i n s e l P a r o s w a r e n o f f e n k u n d i g auch K o p i s t e n w e r k s t ä t t e n ansässig, d e r e n I n h a b e r die v o n ihnen g e m e i ß e l t e n S t a t u e n mit e i g e n e m N a m e n versahen 5 5 ). Eine g a n z e Reihe v o n N a m e n ist e r h a l t e n ; leider 55) J a h r b u c h a r c h ä o l o g . I n s t i t u t L 1935 p. 49 ff. ( R u b e n s o h n ) .
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nicht alle mit d e m z u g e h ö r i g e n B i l d w e r k : Bulis. A r i s t a n d r o s Sohn des Skopas, A n t i p h a n e s Sohn des Thrasonides, Protogenes Sohn des Karpos, Athenaios Sohn des Dionysios, Antiochos, X e n o n S o h n d e s X e n o n , S o g e n e s S o h n d e s S o k r a t e s , n e n n e n sich; n u r b e i A n t i o d i o s f e h l t d i e H e r k u n f t s b e z e i c h n u n g P a r o s . Gleichfalls in P a r o s g e f u n d e n ist d i e S i g n a t u r e i n e s M a a r k o s K o s s u t i o s v o n A p h r o d i s i a s . Es h a n d e l t sich d a o f f e n k u n d i g u m einen Freigelassenen der Familie der Cossutier, deren ältestes uns aus der Kunstgeschichte bekanntes Mitglied j e n e r D e c i u s C o s s u t i u s S o h n d e s P u b l i u s ist, d e r u m 170 v o r C h r . f ü r A n t i o c h o s E p i p h a n e s v o n S y r i e n d a s O l y m p i o n in A t h e n b a u e n sollte. M a a r k o s K o s s u t i o s K e r d o n , durch d i e P a n s t a t u e n a u s L a n u v i u m in L o n d o n b e k a n n t , u n d M. K o s s u t i o s Menelaos sind Freigelassene derselben Familie. Der Kossutios, d e s s e n S i g n a t u r a u s P a r o s s t a m m t , ist i n t e r e s s a n t a l s ä l t e s t e r V e r t r e t e r d e r B i l d h a u e r s c h u l e v o n A p h r o d i s i a s in K a r i e n . Er w i r k t e im e r s t e n J a h r h u n d e r t v o r Chr. D i e ü b r i g e n A p h r o d i s i e r g e h ö r e n e r s t ins z w e i t e nachchristliche J a h r h u n d e r t , w a s b e i A n t o n i n i a n o s schon d u r c h s e i n Relief m i t d e m P o r t r ä t d e s Antinoos erwiesen wird. Weitere Künstler aus Aphrodisias sind: Zenon Sohn des Attinas, Zenas Sohn des Alexandras, Z e n a s Sohn des Zenas, Kornelios, Menestheus, Polyneikes, Andronikos, Koblanos der Meister der Athletenstatue aus Sorrent, e n d l i c h A r i s t e a s u n d P a p i a s , d e r e n I n s c h r i f t e n auf d e n P l i n t h e n d e r K e n t a u r e n a u s s c h w a r z e m M a r m o r s t e h e n , die in d e r V i l l a H a d r i a n s b e i T i b u r g e f u n d e n s i n d . Die R e s t e d e r S t a t u e n , d i e m i t d e r Inschrift d e s E u b u l i d e s in A t h e n zu T a g e k a m e n , l e h r e n , d a ß auch d i e s e r n u r e i n K o p i s t w a r . A u c h d e r b e r ü h m t e b o r g h e sische F e c h t e r v o n A g a s i a s d e m S o h n d e s D o s i t h e o s a u s E p h e s o s w i r k t nicht w i e e i n e o r i g i n a l e S c h ö p f u n g , u n d d a s s e l b e m u ß trotz aller Begeisterung der m o d e r n e n Betrachter von der melischen Aphrodite des A l e x a n d r a s des Sohnes des Menides gesagt werden. Doch m a g d a s f ü r K o p i s t e n s i g n a t u r e n g e n ü g e n . Es w ä r e u n s natürlich viel lieber, wir besäßen statt der Kopien die Originale, und diese w ä r e n von ihren Schöpfern bezeichnet. A b e r e s ist e b e n d i e T r a g i k d e r A r c h ä o l o g i e , d a ß solche G l ü c k s f ä l l e ä u ß e r s t s e l t e n s i n d . Die K o r e d e s A n t e n o r , d i e A t h e n a d e s E u e n o r , d i e G r a b s t e l e n d e s A r i s t o k l e s u n d A l x e n o r , d i e Sitzs t a t u e d e s E u d e m o s , d i e N i k e d e s P a i o n i o s b l e i b e n doch v e r e i n z e l t e A u s n a h m e f ä l l e . Beim F r i e s d e s g r o ß e n p e r g a m e n i s c h e n Altars h a b e n wir z w a r große Teile der Reliefs und eine Reihe v o n K ü n s t l e r s i g n a t u r e n , k ö n n e n a b e r nicht s a g e n , w e l c h e z u welchen gehören. Archelaos von Priene, der Meister der Apot h e o s e des Homer, ist' ein m a t t e r Klassizist. Es w ä r e w ü n s c h e n s w e r t g e w e s e n , d i e K o p i s t e n w ä r e n e t w a s w e n i g e r eitel g e w e s e n und hätten, bei aller Hochachtung v o r 8 R u m p f , Archäologie II
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ihrer eigenen Leistung, auch die N a m e n der M e i s t e r des Originals angebracht; d a s ist nur a u s n a h m s w e i s e geschehen. Das antiquarisch-kunsthistorische I n t e r e s s e seit den T a g e n des Duris v o n Samos u n d Polemon (Bd. I p. 12) sorgte d a f ü r , daß die N a m e n der alten Künstler nicht völlig beiseite geschoben w u r den. H a t t e n wir doch gesehen, daß d a m a l s — w i e auch s p ä t e r — die Sammler m e h r auf den K ü n s t l e r n a m e n als auf d a s W e r k W e r t legten (Bd. I p. 16). In P e r g a m o n ist der Rest einer Inschrift g e f u n d e n , in der die H e i m a t des Künstlers, Chios, g e n a n n t ist; m a n hat nicht o h n e Wahrscheinlichkeit v e r m u t e t , daß es sich um ein W e r k des b e r ü h m t e n Bupalos oder die Kopie nach einem solchen h a n d e l t . Der H e r a k l e s im T y p u s des f ä r n e sischen mit der Inschrift des Lysippos w u r d e bereits e r w ä h n t . A u s s p ä t e r e r Zeit, e t w a dem dritten bis v i e r t e n J a h r h u n d e r t nach Chr., h a b e n w i r e i n e Reihe v o n Künstlerinschriften a u s Rom auf Basen von S t a t u e n mit d e n N a m e n b e r ü h m t e r M e i s t e r : Tisikrates, Lykios, Timotheos, Sthennis, Kaiamis, Polyklet, Lysippos, Praxiteles, M y r o n , Bryaxis u n d a n d e r e . Zuweilen ist s o g a r das W e r k zugefügt, d a s die Basis t r u g : K y n i s k o s d e s Polyklet, Apollon des Myron, H e r a k l e s d e s Euphranos, G a n y m e d e s des Leochares oder S e l e u k o s d e s Lysippos. Die Schriftf o r m e n sind spät, die Sprache teils griechisch, teils lateinisch. Leider ist nie die zugehörige Stutu.e e r h a l t e n . Eine A u s n a h m e bilden die b e i d e n D i o s k u r e n auf M o n t e Cavallo. Hier h a b e n wir die S t a t u e n ; auch hier sind die Schriftf o r m e n der Inschriften s p ä t : o p u s Fidiae u n d o p u s Praxitelis. Aber auch die Arbeit der Statuen ist s p ä t ; d a s b e w e i s t schon die A r t der A u g e n b o h r u n g , die in die Zeit v o n e t w a 335 bis 375 nach Chr. weist. A b e r ein Rätsel sind die N a m e n zweier verschiedener Meister. Selbst w e n n Unterschiede in der A u s f ü h r u n g festgestellt w e r d e n k ö n n t e n , geht der Entwurf doch u n z w e i f e l h a f t auf einen zurück, die Erfindung ist einheitlich. Es k ö n n e n nicht die b e k a n n t e n Phidias u n d Praxiteles g e m e i n t sein. Möglich wäre, daß s p ä t e U n k e n n t n i s d e r e n N a m e n a n gebracht hätte. A b e r m i n d e s t e n s e b e n s o möglich ist, daß s p ä t e Bildhauer tatsächlich Phidias u n d P r a x i t e l e s geheißen h a b e n , daß die N a m e n echt sind, n u r mit d e n klassischen M e i s t e r n nichts zu tun h a b e n . Das ist nicht unwahrscheinlich; einen Praxiteles und einen Leochares k e n n e n wir z. B aus dem e r s t e n J a h r h u n d e r t nach Chr. Im A l t e r t u m ist es durchaus d e n k b a r , daß Bildhauer sich als „nom de g u e r r e " solch h o c h t r a b e n d e N ä m s n beilegen. A b e r es ist a u d i möglich, daß sie sie schon von G e b u r t an besaßen. Im A l t e r t u m w i e auch s p ä t e r w a r e n oft die Künstler Söhne v o n Künstlern; da liegt solche N a m e n g e b u n g nahe. H a t t e doch auch im 18. J a h r h u n d e r t n a d i Chr. der d a m a l s b e r ü h m t e A n t o n Raphael Mengs, d e n sein V a t e r — selbst M a l e r — von Geburt an zum M a l e r bestimmt hatte, die T a u f n a m e n des Corregio u n d des b e r ü h m t e n U r b i n a t e n e r h a l t e n .
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Auf alle Fälle d ü r f e n wir aus den N a m e n Phidias und Praxiteles an den Dioskuren v o n M o n t e Cavallo k e i n e größeren F o l g e r u n g e n ziehen als d r e i h u n d e r t J a h r e f r ü h e r aus dem des Apollonios an der Doryphoros-Herme aus Herculnneum, die uns zu diesem Exkurs über Kopistenund K ü n s t l e r n a m e n v e r a n l a ß t e . Kehren wir zu dieser zurück. Die H a a r b e h a n d l u n g der H e r m e (Taf. 6, b) ist a u ß e r o r d e n t lich sorgfältig; die einzelnen Büschel sind sauber ziseliert, die Spitzen der Locken sind frei hochgebogen. Solch Verf a h r e n ist in Marmor n u r sehr mühselig nachzuahmen. Auf der Kopie aus Pompeii (Taf. 6, d) u n d den a n d e r e n W i e d e r h o l u n g e n in M a r m o r sowie d e r Basalt-Replik in Lening r a d ist denn auch das H a a r als einfache flache K a p p e mit präzis eingemeißelten Strähnen, aber ohne die g e k r ü m m ten Spitzen gegeben. Dasselbe beobachten wir am Bronzeschaber von Ephesos und seinen M a r m o r w i e d e r h o l u n g e n . Das ist also bei M a r m o r k o p i e n nach Bronze zu beachten. Es ist aber h i n w i e d e r u m durchaus nicht so, daß stets die H a a r a n g a b e in Bronze zuverlässiger w ä r e als in Stein. Das H a a r der Bronze aus Pesaro, des s o g e n a n n t e n Idolino, ist viel flauer als an der v e r s t ü m m e l t e n Basalt-Kopie des Kopfes, die einst in Winckelmanns Besitz war und h e u t e im Vatican a u f b e w a h r t wird. Hier wirkt das H a a r im Basalt viel „bronzemäßiger". U b e r h a u p t sind die W i e d e r holungen in dunklem Stein meist sorgfältiger durchgearbeitet als die in weißem Marmor. Das K e n t a u r e n p a a r des Aristeas u n d Papias (p. 113) sucht n e b e n a n d e r e n BronzeEffekten auch die f r e i s t e h e n d e n Lockenspitzen nachzuahmen; aber sie stammen sicher aus späterer, wahrscheinlich hadrianischer Zeit. Auch bei Kopien müssen wir den Zeitstil der Epoche, der sie entstammen, in Rechnung stellen. Auf diesem Gebiet ist noch sehr viel zu leisten. Das rein g e f ü h l s m ä ß i g e Argument, daß der Betrachter d i e j e n i g e Kopie f ü r die t r e u e s t e hält, die seinem Geschmack am meisten zusagt, ist leider sehr trügerisch. Gewiß wird man die Q u a l i t ä t nicht außer acht lassen. Es gibt so jämmerliche Kopien, daß m a n aus ihnen auf den Stil des Originals k e i n e Schlüsse ziehen kann. Dennoch k a n n ein Stümper einen oder den a n d e r e n Zug sklavisch treu wiederholt haben, wo ein talentierter Künstler sich k ü h n über Einzelheiten
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erhaben dünkt. Auf alle Fälle ist es gut, erst einmal die Kopien zeitlich zu ordnen, um feststellen zu können, inwieweit der Stil ihrer Entstehungszeit sich bemerkbar macht. Ein Kriterium bei den Marmor-Kopien können die Stützen 56 ) sein, wie wir eine bei der pompeianischen Kopie des Doryphoros kennenlernten (p. 112). So sehr sie den Gesamteindruck stören, geben sie zuweilen einen Hinweis. Ihr Fehlen bei Wiederholungen in Bronze hat es sicherlich mit verschuldet, daß so viele von diesen für Originale galten oder gelten. Also auch hier hat alles einen Nachteil und einen Vorteil. Das Vorhandensein einer Stütze sagt an sich noch nicht, daß das betreffende Werk unbedingt eine Kopie sein muß. Auch originale Marmorwerke könne a der Stütze nicht immer entraten. Am frühesten beobachtet man das an den Marmorstatuen von Pferden. Die gewaltige Last des Leibes, womöglich noch mit einem Reiter darauf, kann von zerbrechlich dünnen Marmorbeinen nicht getragen werden. So haben denn die archaischen Pferde aus dem Perserschutt der Akropolis, die also spätestens 480 vor Chr. entstanden sein können, unterm Bauch Stützen; es sind einfache kantige Pfeiler. Die archaischen Terrakottastatuen aus Veii haben als Stützen neben den Beinen zierliche Voluten. Gänzlich amorph scheinen die Stützen der Gespanne im Westgiebel des Parthenon gewesen zu sein, während an den Akroterien von Lokroi die Pferde der Dioskuren von Tritonen gestützt werden, der Terrakottareiter von Gerace durch eine Sphinx. Im ausgehenden fünften Jahrhundert vor Chr. werden Stützen nicht mehr nur als Notbehelf verwendet, sondern freiwillig in die Komposition einer Statue einbezogen. Von den ephesischen Amazonen lehnt die auf Kresilas zurückgeführte den Ellenbogen auf einen Pfeiler, die unter dem Rufnamen Euterpe bekannte angelehnte Aphrodite und die angelehnte Athena von der Akropolis brauchen eine Stütze, manchmal wird schon damals dazu ein archaistisches Idol verwendet. Am stärksten wird das Motiv ausgestaltet an der unter dem Namen Narkissos bekannten Statue eines Knaben. Im vierten Jahrhundert geht 6«) Muthmann, Statuenstützen, Abh. Akad. Heidelberg 1950, 3.
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m a n w e i t e r , d i e L a s t d e s K ö r p e r s r u h t nicht m e h r a l l e i n auf d e m s o g e n a n n t e n S t a n d b e i n . D e r auf e i n e S t ü t z e außerhalb der Figur g e l e h n t e A r m ermöglicht es, d e m K ö r p e r e i n e e l e g a n t e K u r v e zu g e b e n . P r a x i t e l e s l i e b t d a s besonders, sein Hermes und der ausruhende Satyr sind so a u f g e b a u t , s e l b s t b e i d e r k n i d i s c h e u A p h r o d i t e (Taf. 11) w i r k t d a s auf d i e H y d r i a g l e i t e n d e G e w a n d a l s d r i t t e Stütze n e b e n d e n Beinen. A l l d a s ist künstlerische K o m p o s i t i o n , nicht N o t b e h e l f w i e b e i d e n s p ä t e r e n K o p i e n , d e n n auch der in B r o n z e g e a r b e i t e t e S a u r o k t o n o s ist an d e n Baum gelehnt. Im delphischen W e i h g e s c h e n k d e s D a o c h o s b e s i t z e n w i r o f f e n b a r z e i t g e n ö s s i s c h e K o p i e n in Marmor nach einer B r o n z e g r u p p e des L y s i p p o s in Phars a l o s . H i e r l e h n t sich S i s y p h o s g a n z i n der A r t d e r p r a x i t e l i s c h e n W e r k e auf e i n e H e r m e , h i n g e g e n i s t d e r n a c k t e A g i a s o h n e S t ü t z e g a n z w i e e i n e B r o n z e s t a t u e n u r auf seine zwei Beine gestellt. Die Stützen an d e n Kopien nach Polyklet a u s Delos u n d Pompeii, E h r e n s t a t u e n e b e n d o r t h e r u n d aus H e r c u l a n e u m sind gutd a t i e r t e f r ü h e Beispiele für Kopistenstützen. In den folgenden J a h r h u n d e r t e n geben u n s die K a i s e r s t a t u e n oder F u n d k o m p l e x e wie e t w a aus der H a d r i a n s v i l l a gut d a t i e r b a r e Beispiele f ü r die F o r m e n der B a u m s t r ü n k e als Stützen. A b e r nicht alle S t a t u e n stützen sind vegetabilisch. Der Delphin an den S t a t u e n der A p h r o d i t e d e u t e t natürlich auf die M e e r g e b u r t der Göttin, der Delphin mit Eros darauf bei der A u g u s t u s s t a t u e aus P r i m a p o r t a auf die A b s t a m m u n g des iulischen H a u s e s v o n A e n e a s u n d damit v o n V e n u s . H i e r beseitigen die figürlichen Stützen k e i n e Schwierigkeit der Deutung. In a n d e r e n Fällen erleichtern F o r m der Stütze oder A t t r i b u t e an derselben die Deutung. So e r h ä l t z. B. A r e s Panzer und Schwert als Stütze, Schriftsteller u n d Dichter die zylindrische Büchse mit Buchrollen, das s o g e n a n n t e Scrinium. Bei bakchischen Gestalten sind am Baum entsprechende G e r ä t e a u f g e h ä n g t , w i e K y m b a l e n oder Syrinx. I n t e r e s s a n t e r sind einige A p o l l o n t y p e n . Hier ist der Unterschied zwischen sterblichem J ü n g l i n g und Gott nicht immer leicht. Der Apollon des Kasseler T y p u s ist durch den Köcher am Baumstumpf des n a m e n g e b e n d e n Exemplars gesichert. Bei einem a n d e r e n Typus, den m a n einst fälschlich mit e i n e m in der N ä h e g e f u n d e n e n O m p h a l o s in Bez i e h u n g setzte, und d a r u m O m p h a l o s a p o l l o n n a n n t e (Apollon Choiseul-Gouffier ist umständlicher, aber w e n i g s t e n s nicht irref ü h r e n d ) , ist n u r an einer Replik, v o n der allein der linke Unterschenkel e r h a l t e n ist, der Köcher am Baumstumpf v o r h a n d e n . Dasselbe A t t r i b u t h a t n u n auch der D i a d u m e n o s v o m Delos (Taf. 6, a). Folgerichtig h a t Friedrich H ä u s e r d a r a u s geschlossen,
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daß wir auch hier den Gott erkennen sollen. Der antike Rufname ist sozusagen Atelierjargon, wie beim Doryphoros und Apoxyomenos. Die lang vertretene Ansicht, es sei ein Athlet, kann als Gegenargument nicht ernst genommen werden. Wir haben zahlreiche Beispiele, daß Götterbilder zu menschlichen Porträts umgestaltet wurden (p. 105), aber keines, daß aus einem Menschen ein Gott geworden wäre. Manche Stützen haben zu Kontroversen Anlaß gegeben, so auch die der Warwakionsstatuette (Bd. I Taf. 12, a). Sie sollte Kopistenzutat sein, aber wir haben die Stütze auch auf einem Urkundenrelief und — als Baumstamm — auf einem Münzbild, bei Darstellungen der Flächenkunst besteht kein Zwang, eine Stütze anzubringen. Die Parthenos trug auf der rechten Hand das Bild der Nike von vier Ellen (1,78 m) Höhe, also von sehr starker Lebensgröße. Der etwa zwei Meter waagerecht, leicht gesenkt vorstoßende Unterarm wäre ohne Stütze unter der Last unrettbar abgeknickt. Wäre das nicht sdion vorher bedacht gewesen, es hätte sich beim Montieren des Werkes sofort ergeben. Nun entspricht am Original die Höhe der Stütze genau der Höhe der unteren Säulenreihen der Stoen, die die Cella des Tempels innen umsäumten, allein durch ihr harmonisches Einfügen in das architektonische Gesamtbild erweist sie sich als ursprünglich. Die Pferde am Westgiebel beweisen, daß die Zeit Stützen bei Bedarf wohl verwendete. Nicht nur die Form der Stützen wandelt sich im Laufe der Zeit, auch die der Standplatte; wir n e n n e n sie Plinthe zum Unterschied v o n der Basis, worunter wir den Sockel verstehen, in den jene e i n g e l a s s e n ist. In der archaischen und klassischen Zeit wird mit einer Marmorstatue e i n e Plinthe zusammen aus demselben Block gearbeitet, sie ist aber nicht auf Ansicht berechnet, sondern wird in die Oberfläche der Basis versenkt. Bronzestatuen w e r d e n mit Zapfen, die mit den Füßen zusammen g e g o s s e n sind, in die Steinbasis eingelassen. Um festen Stand der W e r k e zu gewährleisten, um sie vor Winddruck und Erschütterungen zu sichern, werden Marmorplinthen und Bronzezapfen mit Blei vergossen. Nur bei k l e i n e n Bronzestatuetten wird eine Standplatte mit der Figur zusammen g e g o s s e n . Bei kleinen Terrakotten wird e n t w e d e r ein hohler Sockel zusammen mit der Figur aus der Form gepreßt oder die Statuette wird auf eine rechteckige flache Standplatte aufgesetzt. In den Vesuvstädten haben wir bereits bei lebensgroßen oder knapp unterlebensgroßen Bronzen sorgfältig profilierte Basen,
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die zwar nicht mit der Statue zusammen gegossen sind, aber doch aus Bronze bestehen. In der Hadriansvilla, also im ersten Drittel des zweiten Jahrhunderts nach Chr. begegnen uns zuerst Steinköpien mit profilierten Plinthen, die mit der Statue aus einem Block gearbeitet sind. Die Kentaueren des Aristeas und Papias sind gute Beispiele dafür. Damit haben wir einen brauchbaren Hinweis für die Entstehungszeit von Kopien. Die von Brunn entdeckten pergamenischen Galliergruppen (Bd. I, p. 84) galten w e g e n ihrer allerdings vorzüglichen Ausführung lange Zeit als Originale. Die Form der Plinthe mit Rahmenleiste (Bd. I, Taf. 7, b) entscheidet die Frage; es sind Kopien frühestens hadrianischei Zeit. Zuweilen haben die profilierten Plinthen Täfelchen, die für eine Aufschrift bestimmt waren. Zu unserem Leidwesen waren aber diese Beschriftungen nicht eingemeißelt, sondern nur aufgemalt, so daß sie heute verlor.en sind; immerhin geben sie den Standort an, von dem aus die Statue gesehen werden soll.
Wichtiger jedoch als diese Frage ist die Frage: Original oder Kopie. Bei den Tempelskulpturen der klassischen Zeit ist der Fall ja klar, soweit es sich nicht um Ersatzfiguren wie in den Ecken des Westgiebels am Zeustempel in Olympia handelt. Beim Hermes des Praxiteles haben wir die Notiz des Pausanias, vor allem aber spricht für ein originales Werk die ganz ausgezeichnete Qualität der Vorderseite und die bei Kopien nicht zu belegende, bei den Tempelskulpturen aber übliche summarische Anlage der Rückseite, sowie die für eine Kopie unerhörte Behandlung der Haare. Nicht ganz so eindeutig liegt es bei dem Torso der Aphrodite im Typus derer von Arles in Athen und dem angelehnten Satyr vom Palatin. In beiden Fällen ist die Marmorarbeit bravourös, jedoch bei dem triimmerhaften Zustand ist eine Entscheidung schwer; man möchte doch eher an Kopien denken. Am besten wäre es schon, wir könnten eine Reihe von Originalen mit ihren Kopien vergleichen. Aber da hapert es gerade. Ein absolut sicherer Schulfall sind die Koren (Taf. 5, a) von der Südhalle des Poliastempels auf der Akropolis; von ihnen besitzen wir harte und trockene, wenn auch treue Kopien (Taf. 5, b). Die Nachbildungen des Parthenongiebels aus Eleusis sind verkleinert und umgestaltet. Für original halte ich auch mit den meisten Forschern den Kopf der Ariadne vom Südabhang der Akropolis (Taf. 3, c). Von seinen Kopien ist die Berliner (Taf. 3, d) ganz vorzüglich und treu, aber im Haaransatz
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zu scharf und kantig. Das Original ähnelt hier dem Kopf des Wagenlenkers vom Maussolleion, der Demeter von Knidos, an deren Originalität wohl niemand zweifelt, und dem Hermes. Immerhin ist die Kopie stilistisch so rein, daß Panofka sie als Werk des Meisters der Niobe erkennen konnte. Für den Kopf der Hygieia vom Palatin hat Bernard Ashmole das Original in einem Fragment des Akropolismuseums 57 ) gefunden. Leider ist dieses arg verstümmelt, aber man sieht doch, daß hier der Kopist trotz Wahrung der Grundzüge und Maße sein Vorbild so umgestaltet hat, daß man kaum von Kopie, eher von Umsetzung des Kopfes in einen anderen Stil sprechen wird. Verführerisch, ist der Gedanke, in dem Brocken eines Kopfes, der in Knidos gefunden ist, das Original des Praxiteles zu sehen. Aber es ist solch ein kleines Fragment, daß es wenig helfen würde. Die knidische Aphrodite des Praxiteles ist neben dem elisdien Zeus und der Parthenos des Phidias das in der uns erhaltenen antiken Literatur am öftesten genannte und am meisten gefeierte Werk der Plastik; so lädt sie dazu ein, einige grundsätzliche Fragen anzuschließen. Die erste: Wie können wir die Statue überhaupt indentifizieren? In unserem Falle ist das ziemlich einfach. Auf Münzen von Knidos sind Bilder der Aphrodite, teils in ganzer Figur (Taf. 10, c), teils nur der Kopf wiedergegeben; stets derselbe Typus. Dann ist das natürlich das Kultbild im Haupttempel der Stadt, das Meisterwerk des Praxiteles, um dessentwillen allein man aus dem ganzen Erdkreis nach Knidos segelte, wie Plinius (XXXVI 20) sagt. Nun besitzen wir von diesem Typus 50 Repliker (Taf. 11, a) mehr oder weniger vollständig, die in den MaP°n (sieben Fuß Höhe) übereinstimmen, und eine Unzahl Verkleinerungen (Taf. 11, b) und Umbildungen (Taf. 11, c). Ennio Quir'ino Visconti hatte bereits 1782 den Schluß gezogen, daß dies eben Wiederholungen der Knidierin seien (Bd. I p. 63). Wenn auch nur sehr zögernd, hat sich die Wissenschaft dieser Erkenntnis endlich doch angeschlossen. Münzbilder mußten auch sonst noch häufig als Hilfsmittel bei der Bestimmung literarisch überlieferter Meisterwerke dienen; leider nur allzu häufig, denn nicht überall liegt der Fall so klar 57) Papers of the British School Rome X 1927 p. 1 (Ashmole).
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wie hier. Nicht j e d e s Götterbild auf einer Münze ist nach einer Statue entworfen, und w e n n es der Fall ist, so ist immer noch nicht gesagt, daß diese auch am Ort der Münzstätte stand. Ein Fall für viele: die T y r a n n e n m ö r d e r standen sicher in Athen, sind aber auch auf Münzen v o n Kyzikos abgebildet. Die Knidische Aphrodite und der Zeus in Olympia sind jedoch Kultbilder, die den Ruhm dieser Orte in alle Welt trugen. Darum ist der Zeus auf den bescheidenen elischen Bronzemünzen hadrianischer Zeit (Bd. I p. 82 Abb. 4) eben der des Phidias. Doch sind die Köpfe des Gottes auf älteren Münzen v o n Elis nicht von dem Goldelfenbeinkoloß abhängig. Erst in Zeiten, die historisch und kunsthistorisch denken, nimmt ein gefeiertes Kunstwerk den Hauptplatz auf einer Münze ein. Münzen sind es auch, die neben Gemmen z. B. ein archaisches W e r k , den Apollon des Tektaios und Angelion in Delos, der auf der rechten Hand die drei Chariten trägt, e r k e n n e n lassen. Freilich sind sie k ü m m e r lich klein. Papyrosfetzen eines Gedichtes v o n Kallimadios, die Rudolf Pfeiffer®8) scharfsinnig erläuterte, geben uns w e i t e r e erwünschte Kunde v o n diesem W e r k des frühen sechsten J a h r h u n d e r t s v o r Chr. Ebenso w i e dieser Apollon sind die T y r a n n e n mörder als kleines Beizeichen auf attischen Silbermünzen des zweiten J a h r h u n d e r t s vor Chr. abgebildet, nach d e n e n v o n Stackelberg das Relief auf einem Marmorthron aus A t h e n erkannte, worauf gestützt Friederichs die Marmorkopien in Originalgröße identifizieren k o n n t e (Bd. I p. 81). Nur in Reliefs und Statuetten ist der Apollon des Kanachos nach dem von Plinius (XXXIV 75) e r w ä h n t e n Hirsch auf der Hand wiedergefunden. Die genaue Beschreibung allen Beiwerks durch Pausanias erlaubte es, von der A t h e n a Parthenos des Phidias eine Reihe v o n Wiederholungen verschiedenen Formats und verschiedener Technik nachzuweisen (Bd. I p. 81). Die k n a p p e Beschreibung des Lukian hat schon Carlo Fea es ermöglicht, vom Diskobol des Myron die wichtigsten Nachbildungen zu erkennen (Bd. I p. 64). Diese Entdeckung h a t w e i t e r e Früchte getragen. Durch genaue Stilanalysen k o n n t e Brunn (Bd. I p. 80) zunächst den M a r s y a s nachweisen, mit Hilfe v o n Münzbildern ließ sich dieser mit der Frankfurter A t h e n a (Bd. I Taf. 6, b) zu einer Gruppe vereinigen. So w u r d e eine Künstlerpersönlichkeit g e f u n d e n ; rein auf Grund des Stiles schlössen sich w e i t e r e W e r k e an, zuletzt der von Amelung aus verschiedenen Bruchstücken zusammengesetzte Anadumenos 5 9 ). V o n Kresilas ist das vierfach überlieferte Porträt des Perikles auf G r u n d v o n Plinius zu bestimmen. Nach seinem Stil g e h ö r t v o n den Amazonen der sogenannte Berliner Typus dem Meister. 58) Journal of the Warburg and Courtauld Institutes XV 1952 p. 20 ff. 59) Arias, Mirone, Florenz 1940.
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Durch Elimination bliebe für Phidias dann die M a t t e i s c h e A m a zone, die auch in der T a t seiner w ü r d i g ist.
Ganz kühn war die Entdeckung des Doryphoros durch Friederichs (Bd. I p. 81). A b e r sie hat sich für Polyklet bewährt wie wenig andere Hypothesen. Durch äußere Hilfsmittel hätte sich eigentlich nur das Motiv des Diadumenos nach dem Grabstein des Ti. Octavius Diadumenus im V a t i c a n ermitteln lassen. Die im Aufbau so verwandten, im Charakter so verschiedenen Statuen des Doryphoros und Diadumenos bildeten nun den Kern. Das bei Plinius ( X X X I V 56) überlieferte Urteil des Varro, die W e r k e des arigivischen Meisters seien „paene ad unum exemplum" gestaltet, erleichterte es, weitere im Stil unverkennbar polykletische Arbeiten in Kopien anzuschließen, wie die Knabensieger Dresden und W e s t m a c o t t Herakles, Hermes, Amazone 6 0 ). Ähnlich wie Polyklet hat auch Skopas einen leicht kenntlichen Stil 0 1 ). Freilich mußten erst W e r k e von ihm gefunden sein, bis dahin war die Forschung auf Irrwegen. Die Ausgrabungen in T e g e a ergaben 1879 originale Reste der Giebelskulpturen. Zwar nennt Pausanias (VIII, 45, 5) den Skopas nur als Architekt des Tempels. Doch wenn ein berühmter Bildhauer einmal als Baumeister auftritt, wird der Skulpturenschmuck nicht ohne seine Mitwirkung entstanden sein. Den Beweis dafür lieferte die Genueser Platte des Maussolleionfrieses, die mit den tegeatischen Trümmern in allen Stilmerkmalen übereinstimmt. An diese Originale ließen sich Kopien anknüpfen: die Nereide in Ostia und die verkleinerte Mänade in Dresden, die beide mit literarisch bezeugten W e r k e n zu verbinden sind. Die festen, gedrungenen Proportionen, die fleischigen Körper, die kompakten Köpfe mit den charakteristischen tiefliegenden Augen stimmen überall so auffällig überein, daß sich auch weitere Kopien nach Statuen anschließen ließen, von denen in den Schriftquellen keine Spur erhalten ist: der Meleager (mit abgewandelten Umbildungen) und der sogenannte Herakles Lansdowne mit zahlreichen Wiederholungen des Kopfes; j a sogar in originalen W e r k e n wie dem Grabrelief von Iiissos glaubt 60) Bianchi Bandinelli, Policleto, Florenz 1938. Anas, Skopas, Rom 1952.
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man den Stil des Meisters oder mindestens seiner Werkstatt zu erkennen. Bei Praxiteles 82 ) war das erste in Kopien identifizierte Werk der eidechsentötende Apollon (Sauroktonos), der leicht am Motiv zu erkennen war. Ihm folgte die Knidia, wie wir sahen, auf Grund von Münzbildern. Der im Original 1877 gefundene Hermes in Olympia bekräftigte durch seinen Stil diese Zuweisungen; der schon früher erkannte angelehnte Satyr wurde dadurch gleichfalls gesichert und der einschenkende, welch letzterer auf ein Bronzeoriginal zurückgeht, und darum der im Altertum so berühmte Periboetos war. An die Knidia konnte die Aphrodite von Arles geknüpft werden, an den Sauroktonos die Artemis des sogenannten Dresdener Typus, an den Hermes der Aberdeensche Kopf. All das ergibt ein so geschlossenes Bild von der Art des Praxiteles, daß es ganz unmöglich erscheint, die bei Pausanias unter diesem Namen überlieferten Platten von Mantinea (VIII 9, 1) wirklich dem großen Meister zu geben. Der Künstlername mag stimmen, aber es handelt sich doch wohl um den gleichnamigen Enkel. Fügen wir noch hinzu, daß wir von Kopien nach Lysippos sicher nur den Typus des „Herakles Farnese" nach der schon erwähnten Inschrift der Wiederholung in Florenz kennen (denn der nur durch die einzige vaticanische Statue repräsentierte Apoxyomenos wird einem doch auf die Dauer unheimlich), daß die Tyche des Eutychides durch Münzbilder und die kurze Erwähnung des Pausanias (VI 2, 7) gesichert ist, die Dirke-Gruppe des Apollonios und Tauriskos nach Plinius (XXXVI 33) im sogenannten Farnesischen Stier erkannt wurde, so hätten wir die wichtigsten der auf bekannte Künstler beziehbaren Kopien. Daneben steht das große Heer derjenigen, die noch auf ihren Autor warten; auch nur einen Bruchteil der mehr oder weniger wahrscheinlichen Konjekturen der modernen Forschung zu nennen oder gar zu besprechen, würde den Rahmen unseres Büchleins sprengen. Kehren wir nodi einmal zur Knidischen Aphrodite zurück. Sie ist eine Kopie nach einem Marmorwerk. Die mehr originelle als überzeugende These, daß von antiken Marmorstatuen keine 62) Rizzo, P r a s s i t e l e . M a i l a n d
1932.
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genauen Kopien möglich gewesen seien, weil sie mit Rücksicht auf die Polychromie nicht hätten überformt werden dürfen, ist ja schon dadurch hinfällig, weil der Gebrauch von Keilformen der Antike nicht geläufig war (p. 66). Es ist darum auch nicht zulässig, von antiken Nachgüssen nach dem Original bei Bronzen zu sprechen. Bei den beiden Herculanischen Ringern ist nur der Leib aus derselben Form, nur er wird auch am Hermes Agoraios bei Lukian (Iup. trag. 33) in Pech abgeformt. Das ist elastisch, es entspricht also eher der modernen Leimform als der Gipsform. Ja, wir können uns fragen, ob diese Überformungen von Brust und Bauch, wie sie Lukian nennt, für Kopien der Statue bestimmt waren, oder ob die Teilgüsse, wie so oft in den Bildhauerateliers neuerer Zeiten, als Modelle für das Studium dienen sollten, so wie Plinius (XXXV 68) erzählt, daß die Künstler an den Skizzen des Parrhasios auf Holz und Pergament sich bildeten. Daß nach Marmor kopiert wurde, zeigen zudem die Nachbildungen der Koren von der Südhalle des Poliastempels, diejenigen nach den Parthenongiebeln aus Eleusis, die Repliken der Ariadne vom Südabhang und die römische Kopie des großen Eleusinischen Reliefs. Wenn von Pasiteles ausdrücklich gesagt wird, er habe nichts ohne genaues Tonmodell gearbeitet (Plinius XXXV 156), so war das eben doch nicht allgemein üblich. Es ist in der Tat erstaunlich, wie etwa die Neuattiker dieselben Mänadentypen in verschiedenen Maßstäben exakt wiederholen. Natürlich gibt es aber auch immer kleinere Unterschiede oder Varianten. Aber es gibt auch größere Unterschiede, so daß man von verschiedenen Klassen von Kopien sprechen kann. Nehmen wir wieder zum Ausgangspunkt die Knidia. Neben den großen, sieben Fuß hohen Wiederholungen (Taf. 11, a) gibt es kleinere von fünfeinhalb Fuß Höhe (Taf. 11, b), deren besterhaltenes und bestbekanntes Exemplar aus Colonesischem, später Braschischem Besitz in die Münchner Glypothek gelangt ist. Sie ist in den Proportionen etwas schlanker, weicht aber namentlich in der Haltung des linken Armes, in der Hydria und im Gewand ab. Der Eindruck ist aber auch bei dieser kleineren Kopienreihe durchaus so, als ob es sich um eine im allgemeinen getreue Wiedergabe eines Werkes des vierten Jahrhunderts handelt. Da hat die einmal ausgesprochene Vermutung viel für sich, daß von Praxiteles oder seinem Kreis zwei ähnliche Fassungen desselben Sujets vorhanden waren. Ähnlich besitzen wir ja von der ruhenden Venus des Tizian verschiedene Wiederholungen, teils vom Meister selbst, teils aus seiner Werkstatt. Unsere schriftliche Uberlieferung aus dem Altertum ist gerade audi im Vergleich zu den erhaltenen Bildwerken viel zu ärmlich, als daß wir da Entsprechendes ausschließen dürften.
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Grundsätzlich verschieden davon sind jedoch die Unterschiede in der Einzelausführung innerhalb derselben Kopienreihe. Bei der größeren Redaktion ist in der Regel der Körper weich modelliert, zuweilen aber — z. B. an einer Wiederholung aus Ostia — sind die Muskelgrenzen und Fettfalten tief eingeschnitten. Die Köpfe sind meist zart und weich gestaltet, andere wieder hart und kantig, jene haben duftiges Haar, diese einzeln eingerissene, „bronzemäßige" Strähnen. Welche Fassung dem Original näher steht, lehren Originalarbeiten derselben Zeit, also der olympische Hermes, die Mausolleionskulpturen, der Aberdeensche Kopf, die Ariadne vom Südabhang, die Demeter von Knidos und die qualitätvollsten attischen Grabreliefs. Sie entscheiden deutlich für die weichere Gattung. Der wohlerhaltene Kopf aus Tralleis, einst Sammlung Kauffmann, heute im Louvre, dürfte wohl dem Urbild am nächsten stehen. Weit schwieriger liegt der Fall etwa bei den Repliken der Parthenos. Bei den Schildreliefs ist die Aufgabe am einfachsten. Die in Originalgröße ausgeführten neuattischen Reliefs sind zwar im Stil des zweiten Jahrhunderts nach Chr. etwas hart und trocken, stehen aber den Metopen und dem Fries des Tempels selbst natürlich weit näher als die allzu stark verkleinerten, auch vergröberten Exzerpte aus der Komposition an den Repliken in Statuettenform oder den einzeln erhaltenen Schilden. Andrerseits ist bei den Kopien der Statue der Kopf der größten, der aus Pergamon, von allen anderen so entfernt, daß man nicht von einer Kopie, sondern von einer Umarbeitung sprechen wird. Älter als diese Statue aus dem zweiten Jahrhundert vor Chr. sind die Reliefnachbildungen auf den Scheiben eines goldenen Ohrschmucks aus einem Grab des vierten Jahrhunderts vor Chr. von der Halbinsel Taman in der Ermitage zu Leningrad. Hier ist alles Detail sorgfältig eingetragen, aber die Proportionen und der Charakter sind nicht die des fünften Jahrhunderts. Wir haben also den charakteristischen Fall, daß die dem Original zeitlich am nächsten stehenden Kopien weniger treu sind als die späteren. Ähnlich liefern ja auch die Papyri nicht immer bessere Texte als die späten Handschriften. Jedoch sind auch die späten Kopien der Parthenos durchaus nicht einheitlich. Wer wollte, konnte sich aus ihnen seinen eigenen Phidias machen, je nachdem er das spitze Oval der Statuette in Madrid oder das plattgedrückte Gesicht der Warwakionstatuette (Bd. I Taf. 12, a) als dem Original näher stehend annahm, ob er die porzellanmäßig wirkende Wiederholung mit erhaltener Polydiromie in Berlin oder die weichere Fassung des verstümmelten Kopfes der Ny Carlsberg Glyptothek in Kopenhagen bevorzugte. Prüft man die Köpfe an den Parthenonskulpturen, an dem Kopf des Dionysos aus dem Ostgiebel oder
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den besseren der entscheiden, d e m der S t a t u e des Außergewöhnlich
Friese, so wird m a n sich für den K o p e n h a g e n e r in w e i t e m A b s t a n d , doch als nächster der auf N e u a t t i k e r s A n t i o d i o s (Bd. I Taf.12, b) folgt. stiltreu scheint d a n n a u d i e i n e der k l e i n s t e n W i e d e r g a b e n d e s Kopfes, die auf der G e m m e des A s p a s i o s (Taf. 6, c). Hier ist nicht n u r das Gesicht in seinen vollen Formen gut getroffen, auch die ganze M e n a g e r i e v o n wirklichen und f a b e l h a f t e n Tieren auf dem Helm ist weit besser als auf d e n Ohrgeh ä n g e n von Taman, von den plumpen Figuren der W a r w a k i o n s t a t u e t t e ganz zu schweigen.
Audi sonst sind die Gemmen aus der Kaiserzeit, eben der Zeit des Aspasios, mit ihrem ausgesprochen klassizistischen Charakter und ihrem kunsthistorischen Interesse für die Kopienkritik ein unverächtliches Abb. 7 Hilfsmittel, geben sie Stich nach verschollener Gemme uns doch die an den mit der Amazone des Phidias Statuen meist verlorenen Extremitäten und Attribute. Als Beispiele seien die Amazonen, die sogenannte Capitolinisdie und die Matteische (Abb. 71 anoefiihrt. Bei letzterer hat die 1954 in der Hadriansvilla gefundene Replik die Gemme glänzend bestätigt. Auch sonst sind sie oft ganz erstaunlich stilgetreu,' man vergleiche etwa die Gemme mit dem Schaber und die in Ephesos gefundene Bronze nach demselben Original. Was für die Parthenosköpfe zutrifft, gilt natürlich auch für andere Köpfe. Eine der erhabensten Götterfiguren der phidiasischen Zeit ist der Apollo, den man nach dem Aufbewahrungsort der am vollständigsten erhaltenen Wiederholung den Kasseler Apollon nennt. Hier war vor 20 bis 40 Jahren der Liebling der Archäologen eine Kopie des Kopfes im Palazzo Vecchio zu Florenz. Sein Gegenstück ist eine Wiederholung im Museo Barracco zu Rom.
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Kopien
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W ä h r e n d das Florentiner Exemplar gläsern, hart u n d f r o s t i g ist, w i r k t d a s r ö m i s c h e e t w a s w e i c h e r u n d e n t s c h i e d e n w ä r m e r . W i e d e r b i e t e n sich d i e P a r t h e n o n s k u l p t u r e n z u m V e r g l e i c h , s i e e r l a u b e n es, d i e E n t s c h e i dung eindeutig zugunsten der römischen Replik und d e r e r , d i e ihr n a h e s t e h e n , z u f ä l l e n . D i e b l u t l e e r e F l o r e n tiner F a s s u n g ist e i n t y p i s c h e s Erzeugnis der Kunst u m d i e M i t t e d e s z w e i t e n J a h r h u n d e r t s n a c h Chr. Ä h n l i c h a u s g e l a u g t ist die W i e d e r h o l u n g des Kopfes der A r i a d n e v o m S ü d a b h a n g (p. 119), d e r d e r A e t e r n i t a s , w e l c h e , d i e K a i s e r i n S a b i n a z u m H i m m e l trägt, auf e i n e m u m 136 n a c h Chr. e n t s t a n d e n e n R e l i e f a u f g e s e t z t ist. H i e r h a b e n w i r zwei wichtige P u n k t e : einmal, daß d e r Figur ein f r e m d e r , nach e i n e m klassischen Vorbild k o p i e r t e r Kopf v o m K ü n s t l e r a u f g e s e t z t ist — ähnlich w i e beim M e n a n d e r p o r t r ä t der Ära Pietatis (p. 108) — dann, d a ß w i r die Kopie g e n a u d a t i e r e n k ö n n e n . Die P e r m u t a t i o n e n v o n K ö p f e n h a t t e n wir j a schon bei d e n L e u c h t e r k n a b e n u n d d e m Dornauszieher k e n n e n g e l e r n t . Für die D a t i e r u n g v o n Kopien, w o ein ä u ß e r e r F i x p u n k t w i e d e r V e s u v a u s b r u c h fehlt, g e b e n die Fälle eine Hilfe, w o e i n e m klassischen Körper ein römischer Porträtkopf aufgesetzt ist. Da fallen natürlich die Beispiele fort, w o durch m o d e r n e Hrgänzer solch eine V e r b i n d u n g v o r g e n o m m e n w u r d e , daß z. B. ein Torso des polykletischen D i a d u m e n o s mit einem Kopf des A u g u s t u s v e r s e h e n w u r d e , oder der myronische Athlet, der sich das Riem e n g e f ü g e im H a a r zurechtrückt, einen Kopf des Lucius V e r u s e r h a l t e n hat. Man w ü r d e darauf gar nicht hinzuweisen brauchen, w ä r e nicht in der m o d e r n e n Archäologie einmal diese E r g ä n z u n g d e s myronischen Torsos durch d e n Bildhauer T e n e r a n i als typisches Beispiel d e r A k t b e h a n d l u n g in antoninischer Zeit hingestellt w o r d e n . Nicht v o n solchen m o d e r n e n Z u s a m m e n s t o p p e l u n g e n soll hier die Rede sein, s o n d e r n v o n solchen Fällen, w o der v o m a n t i k e n Bildhauer a u f g e s e t z t e Porträtkopf ungebrochen auf d e r S t a t u e e r h a l t e n ist. Häufig sind d a s Götterbilder. Zunächst b e f r e m d e t uns, daß m a n e i n e m Gott die Züge eines Sterblichen gab. Doch sei d a r a n erinnert, daß Botticelli den heiligen drei Königen die Porträts der M e d i c e e r gab, daß der Kardinal Albrecht v o n B r a n d e n b u r g v o n Cranach als heiliger H i e r o n y m u s , v o n G r ü n e w a l d als heiliger Erasmus gemalt w u r d e ; solche mod e r n e n Beispiele ließen sich beliebig v e r m e h r e n , doch b e w e i s e n sie nichts für die A n t i k e . Im Altertum, namentlich in der Kaiserzeit, w a r es durchaus üblich, Menschen als Götter zu bilden. Bei V e r s t o r b e n e n g a b e n H e r o e n k u l t u n d G r a b o p f e r d a f ü r eine n a h e liegende V e r b i n d u n g . Sueton (Calig. 7) erzählt v o n d e m in einer S t a t u e als Cupido d a r g e s t e l l t e n U r e n k e l des Augustus, Statius, d a ß der kaiserliche F r e i g e l a s s e n e A b a s c a n t u s seine G e m a h l i n
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Priscilla in deren Grabmal als Ceres und Ariadne aus Bronze, als Maia und Venus aus Marmor aufgestellt habe (silvae V 1, 230 f.). Sogar Lebende werden als Götter abgebildet. Petronius schildert in seinem Roman (cap. 29), Trimalchio sei im Atrium seines Hauses mit dem Heroldstab des Mercurius gemalt gewesen. Wie so viele Züge des unschätzbaren Autors, ist auch dieser aus dem Leben genommen. Ein Altar in Bologna gibt dieselbe Szene in Relief; irrigerweise hat man hier in dem als Mercur dargestellten reichen Bürger einen Augustus erkennen wollen und daran tiefsinnige Spekulationen geknüpft.
Bei den statuarischen Kopien gehen wir wieder von der Knidia aus. Eine Nachbildung im Vatican (Taf. 11, c) trägt einen Porträtkopf mit der Frisur, wie wir sie von Münzen der Kaiserinnen Faustina d. J. und Lucilla kennen, also zwischen 160 und 180 nach. Chr. Damals muß demnach d i e Statue entstanden sein. Der Künstler hat noch einige Abänderungen vorgenommen. Statt der Hydria steht neben, der Figur ein Cupido, gleichfalls mit Portätzügen. Aus Gründen der Schicklichkeit hat die als Venus dargestellte Sterbliche ein Gewand bekommen, das ihr rechtes Bein und den. Schoß verhüllt. An der Vorderseite der Plinthe ist eingemeißelt „Veneri Felici sacrum Sallustia Helpidiusd(onum) d(ederunt)", also ganz wie hundert J a h r e früher bei Priscilla ist auch hier die Römerin als Göttin dargestellt. In die Zeit der vaticanischen Statue führt uns eine Inschrift vom 15. Mai 168 aus Gabii, in der ein reicher Seidenhändler die Stiftung eines Tempels mit der Bronzestatue der Venus und vier anderen Bronzestatuen in Nischen mitteilt, ferner, daß er eine Summe deponiert hat, aus deren Zinsen alljährlich am Geburtstag seiner Tochter Plutia Vera ein Opferschmaus veranstaltet werden soll. Die Überschrift der Inschrift lautet: „Veneri Verae Felici Gabinae", also die verstorbene Vera ist zugleich Venus Felix von Gabii. Aber die religionsgeschichtlichen Probleme dürfen uns hier nicht von den kunstgeschichtlichen ablenken. Für die Marmorbehandlung der Zeit ist die vaticanische Statute wichtig. Sie ist aber auch interessant wegen der Abänderungen und Zutaten. Zusätze der Art sind bei Kopien keineswegs unerhört. Von dem skopadischen Meleager besitzen wir vier Wiederholungen. Am längsten bekannt ist die Statue im Vatican. Sie ist diejenige, die sich offenkundig am weitesten vom Original entfernt. Die wehende Chlamys ist ebenso Kopistenzutat wie
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der Eberkopf, dessentwegen sie Meleager genannt wird. Nicht ganz so mit Beiwerk überladen ist die Replik in der Ny Carlsberg Glypothek. Die beiden Statuen aus Santa Marina sind völlig nackt, weichen aber auch voneinander ab. Die Berliner hat einen Jagdspeer wie die vaticanische. Das Exemplar im Fogg Museum der Harvard-Universität hat statt des Speeres einen Stab, der unter die Achsel gestemmt ist. Das ist ein gut klassisches Motiv. Durch den Speer sollte der Dargestellte zu aufdringlich als Jäger charakterisiert werden, aber die schlaffe Haltung des linken Armes ist sinnlos, wenn die Speerspitze vor der Schulter lehnt. Die Konzeption des Originals ist verdorben.
Es gibt auch kleinere Varianten. Das doppelte Haarband der Knidia besteht an einigen Köpfen aus zwei parallelen, an anderen aus zwei konvergierenden Bändern. Man hat aus dem unteren Abschluß des Halses an einem der Köpfe letzterer Art schließen wollen, er sei zum Einsetzen bestimmt gewesen; dieser Typus gehöre zu einer Umgestaltung, bei der die Göttin bekleidet dargestellt gewesen sei; aber gerade dieser Kopf ließ sich dann Bruch auf Bruch mit einem nackten Torso vereinigen. Es sind einfach zwei Varianten, nur können wir heute kaum entscheiden, welche dem Original näher steht. Aber wir wollten von der Datierung der Kopien nach äußeren Merkmalen sprechen. Für Datierung aus dem Fundort hatten wir die Vesuv Städte wiederholt erwähnt. Nicht ganz so zwingend sind andere Fundkomplexe zu werten. Die recht umfangreichen Funde von Kopien in Cherchel, dem antiken Caesarea, und Volubilis führt man mit Wahrscheinlichkeit auf den Sammeleifer des Königs Iuba II. von Mauretanien zurück, der in dem halben Jahrhundert um Christi Geburt regierte und der als Schriftsteller auf historischem und philosophischem Gebiet sich versuchte. Die reiche Ausbeute an Kopien aus der Villa des Hadrian (117—138) bei Tibur wird wahrscheinlich zum großen Teil zur Lebenszeit des Erbauers entstanden sein. Doch blieb die Villa kaiserlicher Besitz, und die Fundangaben sind nicht immer zuverlässig. In die zweite Hälfte des zweiten Jahrhunderts nach Chr. gehören die Kopien aus den Faustinathermen in Milet, in die Wende des zweiten und dritten die severischen Funde aus Leptis Magna. Außerordentlich wichtig sind die Funde aus den Thermen des Caracalla (211—217), die erst unter Alexander Severus (222—234) vollendet wurden; bekannt sind 9
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namentlich die im 16. Jahrhundert von den Farnese ausgegrabenen Stücke: Herakles Farnese, der farnesische Stier, Flora Farnese, Genius Farnese usw. Es ist wiederholt bezweifelt worden, daß all diese Kopien auch aus der Zeit der Anlage der betreffenden Bauten stammten. Dafür wie dagegen haben wir kein zwingendes Argument. Natürlich waren im Altertum so wenig wie heute Statuen ortsfest. Von dem Standortwechsel berichten Inschriften auf Plinthen einiger Werke, die puteolanische Bauinschrift spricht vom Standortwechsel einer ganzen Reihe. Daß Originale wanderten, wissen wir aus den zahlreichen Überführungen. Sei es, daß es sich um zu Museen in unserem Sinne umgestaltete Heiligtümer handelt (Bd. I p. 15), oder um die nach Rom geraubten Werke oder um die, die Constantin in sein neues Rom am Bosporus bringen ließ. Andrerseits sind zwischen 150 und 250 so zahlreiche Bauten entstanden, daß man auf einen gewissen Wohlstand schließen muß. Die Geschicklichkeit der Marmorarbeiter, denen wir etwa die Masse der Sarkophage aus dieser Periode verdanken, gibt die Gewähr, daß man zur Ausschmückung von Neubauten damals nicht auf Raub angewiesen war. In gewisser Hinsicht können uns die wenigen erhaltenen Datuminschriften an^ Statuen helfen, die am Atlas aus Sevilla (49 nach Chr.), am Hermes aus Eremita (155), an der Victoria von Calvatone (165). Nur indirekte Zeugen sind Inschriften, zu denen die Statuen nicht erhalten sind, wie die oben genannte des Plutius aus Gabii und zahlreiche andere, oder die Plinthe, deren Statue verloren ist, vom Jahr 200. Keine Kopien sind die auf 162 datierten Statuen des Kautes und Kautopates im Lateran und das Mithrasrelief von 188 aus Sidon. Die spätesten mit. Zeitangabe versehenen Kopien sind in Epidauros qefunden: eine Athena von 304 und ein Asklepios von 308 nach Chr. Diese wenigen äußeren Daten gäben eine viel zu schmale Basis für chronologische Festlegung der Kopien. Da können wir es nur begrüßen, daß die Gewohnheit, Porträtstatuen aus den klassischen Werken zu machen, uns zu Hilfe kommt. Die Venus Felix steht ja durchaus nicht allein. Viele Grabstatuen sind Kopien klassischer Typen; natürlich mit fremden Köpfen. Teils sind diesQ
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idealistisch wie am Jüngling von Eretria, aber es kann auch eine berühmte Porträtstatue wie die des Aischines einen Jünglingskopf augustischer Zeit bekommen. Eine lange Reihe bilden die weiblichen Gewandstatuen. Die beiden als die Herculanerinnen bekannten Typen und verwandte klassizistische Vorbilder sind als Grab- oder Ehrenstatuen in den drei ersten Jahrhunderten der Kaiserzeit unendlich oft wiederholt. Die wechselnden Moden der Frisur, die wir nach den Münzen der Kaiserinnen oft auf fünf Jahre genau festlegen können, kommen uns da sehr zustatten. Die Mache der Gewandbehandlung gibt weitere wertvolle Hinweise; weichere oder härtere Falten, Bohrerfurchen, die die lebendige Modellierung ersetzen und dergleichen mehr. Natürlich sind auch die Proportionen zuweilen verändert; am stärksten wohl bei Wiederholungen älterer Gewandfiguren in zwei Drittel Lebensgröße aus Sparta, bei denen man nur mit Mühe das Vorbild noch erkennt. Wahrscheinlich entstammen sie der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts nach Chr. Es sind wohl die spätesten, sicher die verwildertsten Kopien, die wir besitzen. Die Musenstatue mit der lateinischen Künstlerinschrift eines Atticianus aus Aphrodisias, die man nach den Buchstabenformen ins vierte Jahrhundert setzt, wirkt bei aller Härte und Leere der Ausführung daneben noch ganz stilrein. Für die nackten männlichen Statuen ist namentlich der Typus des sogenannten Ares Borghese wichtig. Er wurde gern mit Porträtzügen versehen; einmal mit denen des Hadrian. Zuweilen wird er mit einer Aphrodite nach einem Vorbild des vierten Jahrhunderts vor Chr., der sogenannten Aphrodite von Capua, zu einer Gruppe vereinigt, ein römisches Ehepaar als Mars und Venus. Ein hervorragendes Beispiel ist die Gruppe aus Ostia, in der die Frau die Frisur der Crispina (180—190) trägt. Neben der Behandlung des Gewandes und des Nackten sind für die Kopiendatierung und -bewertung aufschlußreich auch die Bohrung in den Haaren und die seit der Mitte des zweiten Jahrhunderts üblich werdende, mit plastischen Mitteln erzielte Wiedergabe von Pupille und Iris in den Augen. Nicht immer bedienen sich die Kopisten der neuesten Errungenschaften; glatter Augapfel ent9*
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scheidet nicht unbedingt für frühe Entstehung, wohl aber trifft das umgekehrte zu. So können uns die muschelförmig eingetieften Augensterne an den Dioskuren von Monte Cavallo (p. 114) lehren, daß sie im vierten Jahrhundert gearbeitet sind. Das wird durch den Fundort: die Constantinsthermen, noch bekräftigt. Dort haben sie, nie verschüttet, zusammen mit den Statuen des großen Constantin und seiner Söhne die Jahrhunderte überdauert. Nach den Kopistendaten, die uns aus dem Osten erhalten sind, überrascht das nicht. Der Leser wird aber nun mit Kopistenfragen genug haben, obwohl wir nicht einmal alle Probleme gestreift haben. Gewiß ist die Beschäftigung mit Originalen angenehmer und erhebender. In der archaischen Zeit sind wir in der glücklichen Lage, fast ausschließlich mit Originalen operieren zu können. Das ist wohl mit der tiefere Grund, warum sich diese Epoche in der Archäologie des letzten Menschenalters so großer Beliebtheit erfreute. Audi von spätantiken Denkmälern sind kaum Kopien vorhanden, dafür sind aber deren Originale alle irgendwie den voraufgehenden Zeiten verhaftet. In der ganzen nachklassischen Kunst sind die Kopien ein Faktor, der nie unberücksichtigt bleiben darf. Vor allem aber können wir in der klassischen Periode selbst ohne sie nicht auskommen. Wenn jemand sagt: Kopien interessieren mich nicht, ich beschäftige midi nur mit Originalen, so klingt das sehr vornehm; aber ohne Kopien kann man keine Einsicht und keine Ubersicht der antiken Kunst gewinnen. Gewiß erfordert ihr Studium Entsagung. Jedoch die Aufgabe des Archäologen ist ja nicht der Genuß der Kunstwerke, sondern deren Erforschung, und der Versuch, die mannigfachen Probleme der Kopien zu lösen, entbehrt auch nicht eines eigenen Reizes, wenn man bedenkt, daß auch hinter zunächst wenig ansprechenden Nachbildungen ein verlorenes Meisterwerk verborgen ist.
Namen- und Sachverzeichnis
N A M E N -
Aegypten 18 f., 24, 38, 49 f., 52, 55, 65 ff., 69 Aelian 47, 56 Agalma 19 f. Agasias 32, 113 Agesandros 98 Aiakes 26 Aigina 11 Aisdiylos 19 f. Akragas 13 Akrolith 48, 62 Akropolis 10,116,119 Alabaster 40 f., 59, 61 Albani 33 Albano 66 Alexander d. Gr. 92 Alexandria 21, 49, 59, 87 Alexandros Sohn des Menides 32, 113 Alexandros, Maler 112 Algerien 13 Alkamenes 52, 85 Alxenor 113 Alyattes 43 Amazonen 28,116,121f., 126 Amelung 121 Ammianus Marcellinus 58, 61 Anaxagoras 85 Ancona 47, 110 Andrias 19 f. Andronikos 113 Angelién 121 Antenor 95, 113 Antikythera 42 Antiodios 104, 112, 125 Antiphanes 113 Antoninianos 113 Aphrodisias 113, 131 Aphrodite von Arles 27, 91, 93, 119
U N D
133
S A C H V E R Z E I C H N I S
Aphrodite von Knidos 27, 120, 123 if. Apollon von Kassel 117, 126 f. Apollonios Sohn des Ardiias 107, 112, 115 Apollonios Sohn des Nestor 105 ff. Apollonios vonTralleis 123 Apoxyomenos 117, 123 Ara Pacis 108 Ara Pietatis 108, 127 Ardiaistisdie Kunst 84 ff., 95 Ardielaos 113 Archermos 25 Architektur 5 ff., 9 Aretino 25 Argos 85 Ariadne 119 f., 125 Aristandros 113 Aristeas 113, 115, 119 Aristokles 113 Aristophanes 7, 78, 87 Aristoteles 24 Arretium 72, 74 f., 77 Arrian 58 Artemis Brauronia 87 Artemision 42 Ashmole 120 Aspasia 85 Aspasios 111, 125 Assos 40, 87 Athanodoros 98 Athen 10, ,39 ff., 71, 73 f., 82, 89, 93, 96 f. Athena Parthenos 85, 88, 91, 104, 111 f., 118, 120 f., 125 f. Athenaeus 46, 69, 74, 85
Athenaios 113 Attalos II. 96 Atticianus 131 Atticus 97 Attika 22, 88, 105 Aubert 103 Augustus 101, 117 Aventicum 47 Barletta 42 Basalt 60 Basilika 7 Basis 118 f. Bassai 44 Beazley 17, 55 Belvederischer Apoll 32 Belvederischer Torso 32, 105 ff. Benevent 101 Bernay 47 Bernstein 59 f. Blei 42 f. Boethos 23 Boscoreale 47 Bosporus 87 Boston 110 Brauron 87 Brescia 26, 42 Bronze 41 ff. Brunn 34, 89 ff., 102, 119, 121 Bryaxis 114 BQste 22 Bulis 113 Buntweberei 55 ff. Bupalos 114 Burrows 79 Burton 92 Caere 12 Caesarea 129
134
Namen- und Sachverzeichnis
Calvatone 130 Caracallathermen 129 f. Carpenter 106, 108 Carrara 40, 73 Charagma 24 Charakter 24 f. Chares von Lindos 20 Chares von Teichiussa 19, 26 Cheramyes ?6 Chios 30, 114 Chiusi 22 Chryselephantine Bildw e r k e 48 f. Cicero 25, 97 f., 111 Colosseum 21 Commodus 21, 112 Constantin 130, 132 Cornelius Nepos 89 Cossutius 113 Cumae 67 Dadi 69 Daodios 117 Dehn 107 Delos 19, 26, 70, 86, 98, 112, 117, 121 Delphi 19, 26, 39, 42 f., 49, 96, 117 Demeter von Knidos 26, 120 Demetrios von Alopeke 107 Demosthenes 88, 101 Deneken 29 Diadumenos 27, 112, 117, 122 Didyma 26 Diodor 7 Dioskuren von Monte Cavallo 26, 114 f., 132 Diskobol 27, 37, 121 Dodona 43 Dörpfeld 68 Dornauszieher 27, 102 it., 107 Doryphoros 27, 112, 115 f., 118, 122 Dreros 42 Duris 114 Ehrenstatuen 100 Eirene 89 ff. Eisen 43 f. Elektron 46, 60
Eleusis 39, 42, 59, 86, 101, 119, 124 Elfenbein 48 ff., 111 Emerita 130 Endoios 25 Ephesos 50, 85, 91 f., 115, 126 Epidamnos 87 Epidauros 23 f., 91, 130 Eretria 100 Esquilin 48, 72, 74, 104 Etrurien 12, 22, 46, 59f., 74 Eubulides 113 Eudemos 113 Euenor 25 Euphranor 91, 114 Eurípides 24, 87 Euthydiides 111, 123 Faustkämpfer 42, 106 f., 109 Fea 121 Florenz 87, 109 f., 112 Fréjus 28 Friederichs 89, 122 Furtwängler 91, 102 Gabii 128, 130 Gagat 60 Gemmen 62 ff., 126 Gerace 116 Gerhard 14 .Gewandmuster 87 Gips 65 ff. Glas 64 f. Glasur 80 Glaukos 44 Glykon 104, 112 Goethe 37 Gold 43, 46 ff. Grabreliefs 22, 25 Halbedelsteine 62 ff. Halikarnassos 9 f., 18, 20, 23 f., 68, 93 Hauser 117 Hekateion 52, 85 Herculaneum 42, 59, 100, 110, 112, 115, 130 Herme 21 f. Herodot 8, 18 f., 24 f., 43 f., 46 ff., 73 Hestia Giustiniani 30 Hildesheim 47
Hippardios 21 Hoby 47 Holz 51 ff., )11 Homer 5, 20, 48 Horn 58 Humboldt 36 Idolino 29, 42, 102, 115 Ikariosreliefs 29, 53 Isis 104 Isokrates 89 Iuvenal 60, 110 Jerusalem 13 J u b a 129 Kalbträger 26 Kaiamis 114 Kallimachos (Bildhauer) 57 Kallimachos von Kyrene 121 Kanadios 121 Keilformen 24 Kekule 102 f. Kephisodotos 89 ff. Kieselmosaiken 59, 86 Klassizismus 87 ff., 95 Klazomenai 52, 74 Kleidung 8 Kleomenes 104, 112 Koblanos 113 Körbe 57 Kolonos Agoraios 10, Koloss 18 ff. Kopien 81 ff., 88 ff., 96 Koren 31 Korinth 57, 69 f., 76 Korkyra 22 Kornelios 113 Kossutios 113 Kresilas 28, 116, 121 Kreta 42, 68 Kritios 95 Kunze 49 Kuroi 31 Kypseliden 19 Kypseloslade 50 Kyrene 19 Kyzikos 121 Lampen 77 Laokoon 98 Leder 57
N a m e n - und Sachverzeichnis Leinwand 55 Leningrad 109, 115 Lenorment 34 Leodiares 114 Letronne 14 Leukas 89, 91 Löwy 103 Luftziegel 39 Lukian 24 , 37 , 44 , 48 f., 74, 96, 110, 121, 124 Luni 40 73 Lydien 46, Lykien 53 Lykios 114 Lyra 58 Lysikratesdenkmal 39, 88 Lysippos 20, 27, 51, 88, 102, 104, 112, 114, 117, 123
Ochris 42 Olympia 19, 39, 47, 49, 68, 71, 87, 91 Olynthos 59, 87 Ordioi 68 Ostia 131 Overbeck 92, 102 Oxus 48
Paionios 25, 113 Panofka 14, 120 Papias 113, 115, 119 Papyros 58 Paris 103 Parmeniskos 85 Paros 77, 112 Parrhasios 91, 124 Parthenon 30, 44, 82, 86, 116, 124 Pasiteles 98 f., 104 f. Patina 45 Mahedia 42, 96 Paus'anias* 7, 9 f.l 20, Mainz 54, 57 25, 44 f., 48 ff., 51 f., Marathon 42 58, 61, 64 f., 72, 86, Marengo 47 89, 94, 101, 104, 119, Marmor 39 ff. 122 f. Marsyas 109 Pausias 96 Maussolleion 9 f., 20, Peiraieus 39, 90 23 f., 71, 93, 120, 122 Peplos 8 Pergament 57 Megara 94 Pergamon 40, 85, 98, Megarische Becher 76 I 113 f., 119, 125 Megaron 5 Perikles 85, 88, 121 Menander 108, 127 Perinthos 109 Menelaos 98 f. Persius 110 Menestheus 113 Perugia 40 Metrodor 110 M e y e r 102 Pesaro 29, 42, 102, 115 Mildenhall 47 Petra 13 Milet 129 Petron 64, 128 Mobiliar 7, 54 Pfeiffer 121 M oty e 87 Phe-ros 20 München 89 ff., 101 Pharsalos 117 M y k a l e s s o s 79 Phidias 28, 49, 85, 88, Myrina 78 112, 114, 120 ff. Myron 27, 37, 109, 111, Philipp 88 Phönikische Silber114, 121 schalen 46 Mytilene 26 Pindor 20, 69 Plinius 25, 27, 44. 51, Narcisso 29, 110 54 f., 58, S6, 68, 74, Narkissos 116 90ff., 95f., 110, 120ff., Nesiotes 95 124 Neuattisdie Kunst 96ff., 104, 106 f., 111, 124 Plinthe 118 Nikias 86 Plutarch 45, 60 Nîmes 11 Poggio 9 Polemon 114 Niobiden 109 f., 120
135
Polybios 24 Polydoros 98 Polyklet 27 f., 60, 86, 88, 92, 98, 111 f., I M , 117, 122 Polyneikes 113 Pompeii 11, 33, 44, 47, 53 f., 64, 65, 67, 87, 101, 112, 117 Pompeius 98 Pontios 96 f., 112 Poros 39, 41 Porphyr 60 f. Praxiteles 25, 27, 90, 93 f., 111, 114, 117, 119 f., 123 Preisamphoren 83 f. Priene 71, 103 Propyläen 44, 59, 85 f. Protogenes 113 Puteoli 53, 130 Ravenna 65 f. Reinadi 34 Relief 22 ff. Rhodos 20 , 76, 98 Rom 39, 42 f., 52 f., 66, 94, 103, 110, 130 Salpion 96 f., 112 Samos 42, 52, 74 Sauroktonos 27, 93 Schildpatt 5e Schilf 56 Schopenhauer 35 Schorn 89 Selinus 22, 65 Sevilla 130 Sicilien 52, 65, 71, 74 Sidon 59, 130 Sikyon 87 Silber 46 Skopas 91, 122, 128 Skulptur 18 ff. Sorrent 113 Sosibios 96 f., 112 Sparta 42, 86, 89, 131 Spesfiguren 30 Stackelberg 121 Stark 89 Statius 127 Steine 38 ff., 58 ff. Stele 22 Stephani 89 Stephanos 98 f., 104 Sthennis 114
136
Namen- und Sachverzeichnis
Stoa 7 Strausseneier 60 Stroh 56 Stuck 6 5 « . Studniczka 92, 108 Stützen 112, IIS ff. Subiaco 26 Sueton 58, 76, 127 Sunion 10, 41 Tacitus 101 Tanagra 78 Tauriskos 123 Tegea 40, 122 Tektaios 121 Tenerani 127 Terrakotten 24, 67 ff. 99 f., 111, 118 Theodoros 44 Theophrast 66, 85 Tiberius 101 Tlbur 113, 129 Timardios 90 Tliimotheos, Bildbauer 23 ff., 114 Timotheos, Strateg 89, 91 Tisikrates 114 Tizian 124 Todi 42
Ton 67 ff. Tonmodell 25 Tracht 8 Trachyt 40 Trasimenisdier See 42 Trebenischte 42, 48 Troia 68 Tuskanisdier Tempel 53, 72 Tydie 94 Typos 23 ff., 70 f. Tyrannenmörder 95, 121 Ure 79 Urkundenreliefs 86, 88, 91 Ursinus 29 Varro 122 Vasen 13 ff., 74 ff. Vasenmaler 17 Vatican 104, 109 Veii 22, 72, 116 Venedig 87 Venus Genetrix 28 Vergoldung 44 f. Visconti 29, 89, 120 Vitruv 5 ff., 53, 57, 68, 72
Vix 42 Voltaire 36 Volterra 40 f. Volubilis 42, 101, 105, 129 Vulci 14, 42 Wachs 67 Waffen 8, 57 Webemuster 87, 95 Weidengefledit 57 Wettläuferin 104 Winckelmann 13, 28 f., 33, 37, 89, 91, 115 Wood 91 Xantep 42, 51 Xanthos 29 Xenon 113 Xenophon 48, 73, 86 Xerxes 95 Xoanon 52 Zakro Zenas Zenon Zeuxis Ziegel
68 113 113 96 68 ff.
Tafel 1
c) Archaistisches Kitharodenrelief
Tafel 2
Tafel 3
a) vom Tempel auf dem Kolonos Agoraios
b) vom Denkmal des Lysikrates
c) Original d) Kopie vom Kopf der Ariadne vom Südabhang
Tafel 4
Tafel 5
Tafel 6
Tafel 7
Tafel 8
Tafel 9
Tafel 10
Tafel 11
Tafel 12
GESA M
TVERZEICHNIS
SAMMLUNG GÖSCHEN DAS WISSEN DER WELT IN KURZEN, KLAREN, ALLGEMEINVERSTÄNDLICHEN EINZELDARSTELLUNGEN NACH DEN LEHRPLÄNEN DER DEUTSCHEN UNIVERSITÄTEN UND HOCHSCHULEN AUFGEBAUT JEDER BAND DM 2,40 DOPPELBAND DM 4,80
STAND MAI 1955
WALTER D E GRUYTER & CO. BERLIN W 35
INHALTSVERZEICHNIS Seite
Biologie Botanik Chemie Deutsche S p r a c h e und L i t e r a t u r Elektrotechnik Englisch E r d - und L ä n d e r k u n d e Französisch Geologie Germanisch Geschichte Griechisch Hebräisch H o c h - und T i e f b a u Indogermanisch Italienisch Kristallographie Kunst L a n d - und F o r s t w i r t s c h a f t Lateinisch Maschinenbau Mathematik Mineralogie . Musik Pädagogik Philosophie . . . . ; Physik Psychologie Publizistik Religionswissenschaften Russisch Sanskrit Soziologie Technologie Volkswirtschaft Wasserbau Zoologie
11 11 10 5 13 6 7 6 12 6 4 6 7 15 6 6 12 4 12 6 13 8 12 4 3 3 10 3 7 3 7 7 3 11 7 14 12
Geisteswissenschaften Philosophie
• Pädagogik
• Psychologie
• Soziologie
Einführung in die Philosophie v o n H. Leisegang. 2. A u f l a g e . 145 Seiten. 1953 Erkenntnistheorie v o n G. Kropp. 1. T e i l : A l l g e m e i n e Grundlegung. 143 Seiten. 1950 Hauptprobleme der Philosophie v o n G. Simmelf. 7., unveränd. A u f l a g e . 177 Seiten. 1950 Ceschichte der Philosophie I: D i e griechische Philosophie von W.Capelle. 1. T e i l . V o n Thaies bis L e u k i p p o s . 2., e r w e i t e r t e A u f l a g e . 135 Seiten. 1953 II: Die griechische Philosophie von W. Capelle. 2. T e i l . V o n der Sophistik bis z u m T o d e Piatons. 2., stark e r w e i t e r t e A u f l a g e . 144 Seiten. 1953 . . . . III: Die griechische Philosophie v o n W. Capelle. 3. T e i l . V o m T o d e Piatons bis zur A l t e n Stoa. 2., stark erweiterte A u f l a g e . 132 Seiten. 1954 . . . . IV: Die griechische Philosophie von W. Capelle, 4. T e i l . V o n der A l t e n S t o a bis z u m Eklektizismus im 1. Jahrhundert v . Chr. 2., stark erweiterte A u f l a g e . 132 Seiten. 1954 V : D i e P h i l o s o D h i e des M i t t e l a l t e r s von J.Koch. In V o r b e r e i t u n g V I : V o n d e r R e n a i s s a n c e b i s K a n t v o n K. Schilling. 234 Seiten. 1954 Bd. V I I : I m m a n u e l K a n t v o n G. Lehmann. In Vorbereitung . V I I I : D i e P h i l o s o p h i e d e s 19. J a h r h u n d e r t s v o n ö. Lehmann. I. T e i l . 151 Seiten. 1953 I X : D i e P h i l o s o p h i e d e s 19. J a h r h u n d e r t s von G. L'hmann. 2. T e i l . 168 Seiten. 1953 . X : D i e P h i l o s o p h i e i m e r s t e n D r i t t e l d e s 20. J a h r h u n d e r t s v o n G. Lehmann. I n V o r b e r e i t u n g Die geistige Situation der Zeit (1931) v o n K . Jaspers. 3., unveränderter A b d r u c k der 1932 bearbeiteten 5. A u f l a g e . 211 Seiten. 1953 Phi'osophisches Wörterbuch v o n M. Apel f . 4., u n v e r ä n d e r t e A u f l a g e . 260 Seiten. 1953 Philosophische Anthropologie v o n M. Landmann. In VorbereiBd. tun2 Geschichte d i r Pädagogik v o n H. Weimer. 11., neubearbeitete und v e r m e h r t e A u f l a g e . 176 Seiten. 1954 Therapeutische Psychologie. Freud — A d l e r — Jung v o n W. M. Kranefeldt. M i t einer Einführung v o n C. G. Jung. 2. A u f l a g e . 152 Seiten. 1950 Tozlologie. Geschichte und H a u p t p r o b l e m e v o n L. von Wiese. 5. A u f l a g e . 162 Seiten. 1954
Religionswissenschaj
Bd.
281
Bd.
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394/394a Bd. 536 Bd.
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Bd. 1000 B d . 1031 156/156a Bd.
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Bd. 1034 Bd.
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ten
'esus
v o n M. Dibelius f . 2. A u f l a g e . U n v e r ä n d e r t e r N a c h druck. 137 Seiten. 1949 B d . 1130 Pa lus v o n M. Dibelius f . N a c h dem T o d e des Verfassers herausgegeben und zu E n d e g e f ü h r t v o n W . G. Kümmel. 155 Seiten. 1951 Bd. HOC
3
Musik
Musikästhetik von H. J. Moser. 180 Seiten. 1953 Systematische Modulation von R. Hernried. 2. Auflage. 136 Seiten. 1950 Der polyphone Satz von E. Pepping. 1. Teil: Der cantus-firmusSatz. 2. Auflage. 223 Seiten. 1950 Harmonielehre von H. J. Moser. I : 109 Seiten. 1954 Technik der deutschen Gesangskunst von H. J. Moser. Dritte, durchges. u. verbesserte Auflage. 144 Seiten mit 5 Fig. 1954 Bd. Die Kunst des Dirigierens von H. W. von Waltershausen. 2. Auflage. 138 Seiten. 1954 Die Technik des Klavierspiels aus dem Geiste des musikalischen Kunstwerkes von K . Schubert f . 3. Auflage. 110 Seiten. 1954 Die Musik des 19. Jahrhunderts von W. Oehlmann. 180 Seiten. 1953 Allgemeine Musiklehre von H. J. Moser. 2., durchges. Auflage. 155 Seiten. 1955 Bd.
Bd.
344
Bd. 1094 Bd. 1143 Bd.
803
576/576a Bd. 1147 Bd. 1045 Bd.
170
220/220a
Kunst Stilkunde von H. Weigert. I : Vorzeit, Antike, Mittelalter. 2. Auflage. Mit 94 Abbildungen. 1953 I I : Spätmittelalter und Neuzeit. 2. Auflage. Mit 84 Abbildungen. 1953
136 Seiten. 146 Seiten.
Bd.
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53R 539
Bd.
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Geschichte Einführung In die Geschichtswissenschaft von P. Kirn. 2. Auflage. 121 Seiten. 1952 Archäologie von A. Rumpf. I : Einleitung, historischer Überblick. 143 Seiten mit 6 Abbildungen im Text und 12 Tafeln. 1953 I I : In Vorbereitung Kultur der Urzeit von F. Behn. 4. Auflage der „Kultur der Urzeit". Band I —III von M. Hoernes. I : Die vormetallischen Kulturen. (Die Steinzeiten Europas. Gleichartige Kulturen in anderen Erdteilen). 172 Seiten mit 48 Abbildungen. 1950 I I : Die älteren Metallkulturen. (Der Beginn der Metallbenutzung. Kupfer- und Bronzezeit in Europa, im Orient und in Amerika). 160 Seiten mit 67 Abbildungen. 1950 I I I : Die jüngeren Metallkulturen. (Das Eisen als Kulturmetall. Hallstatt-Latfene-Kultur in Europa. Das erste Auftreten des Eisens in den anderen Erdteilen). 149 Seiten mit 60 Abbildungen. 1950 Vorgeschichte Europas von F. Behn. Völlig neue Bearbeitung der 7. Auflage der „Urgeschichte der Menschheit" von M. Hoernes. 125 Seiten mit 47 Abbildungen. 1949 . . . Von den Karolingern zu den Staufern von J. Haller. Die altdeutsche Kaiserzeit (900 - 1 2 5 0 ) . 3. Auflage. 141 Seiten mit 4 Karten. 1944 4
Bd. 1065
Deutsche Geschichte im Zeltalter der Reformation, der Gegenreformation und des 30jfihrlgen Krieges von F. Härtung. 129 Seiten. 1951 Bd. 1105 Quellenkunde der deutschen Geschichte im Mittelalter (bis zur Mitte des 15. J a h r h u n d e r t s ) von K. Jacobf. i : Einleitung. Allgemeiner Teil. Die Zeit der Karolinger. 5. Auflage. 118 Seiten. 1949 Bd. 279 11 r Die Kaiserzelt (911 - 1250). 4. Auflage. 127 Seiten. 1949 • Bd. 280 ) I ! ; Das S p ä t m i t t e l a l t e r ( v o m I n t e r r e g n u m bis 1500). U n t e r V e r w e n d u n g der H i n t e r l a s s e n s c h a f t herausgegeben von F. Weden. 152 Seiten. 1952 Bd. 284 Ladische Geschichte von A. Krieger. 137 Seiten. 1921 . . . . B d . 230 Geschichte Englands v o n H. Preller. I : bis 1815. 3., s t a r k u m g e a r b e i t e t e Auflage. 135 Seiten m i t 7 S t a m m t a f e l n u n d 2 K a r t e n im T e x t . 1952 . . . . Bd. 375 I I : v o n 1815 bis 1910. 2., völlig u m g e a r b . Auflage. 118 S. m i t 1 S t a m m t a f e l und 7 K a r t e n im T e x t . 1954 . . . Bd. 1088 Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika von O., Graf zu Stolberg-Wernigerode. In V o r b e r e i t u n g . . . Bd. 1051/105la
Deutsche Sprache und
Literatur
Deutsches Rechtschreibungswörterbuch v o n M. Gottschald. 2., verbesserte Auflage. 269 Seiten. 1953 . . . . Bd. Deutsche Wortkunde von A. Schirmer. Eine kulturgeschichtliche B e t r a c h t u n g des deutschen Wortschatzes. 3., durchgesehene Auflage. 109 Seiten. 1949 Deutsche Sprachlehre von W. Hofstaetter. 9., neubearbeitete Auflage v o n G. Spree. 144 Seiten. 1953 Stimmkunde f ü r Beruf, K u n s t u n d Heilzwecke von H. Biehle. 111 Seiten. 1955 Redetechnik von H. Biehle. E i n f ü h r u n g in die Rhetorik. 115 Seiten. 1954 Sprechen und Sprachpflege von H. Feist. (Die K u n s t des Sprechens). 2., verbesserte Auflage. 99 Selten m i t 25 Abbildungen. 1952 Deutsches Dichten und Denken von der germanischen bis zur staufischen Zelt von H. Naumann. (Deutsche L i t e r a t u r geschichte v o m 5.— 13. J a h r h u n d e r t ) . 2., verbesserte Auflage. 166 Selten. 1952 Deutsches Dichten und Denken vom Mittelalter zur Neuzeit von G. Müller ( 1 2 7 0 - 1 7 0 0 ) . 2., durchgesehene Auflage. 159 Seiten. 1949 Deutsches Dichten und Denken von der Aufklärung bis zum Realismus von K . Vietor (Deutsche Literaturgeschichte von 1 7 0 0 - 1 8 9 0 ) . 2., durchgesehene Auflage. 156 Seiten. 1949 Oer Nlbelunge Nflt in Auswahl mit kurzem W ö r t e r b u c h von K . Langosch. 9., u m g e a r b e i t e t e Auflage. 164 Seiten. 1953 Die deutschen Personennamen von M. Gottschald. 2., verbesserte Auflage. 151 Seiten. 1955
200/200a Bd.
929
Bd.
20
Bd.
60
Bd.
61
Bd. 1122
Bd. 1121 Bd. 1036
Bd. 1096 Bd.
1
Bd.
422 5
Indogermanisch
• Germanisch
Gotisches Elementarbuch von H. Hempel. G r a m m a t i k , T e x t e mit U b e r s e t z u n g u n d E r l ä u t e r u n g e n . 2., u m g e a r b e i t e t e Auflage. 165 Seiten. 1953 Bd. 79 Germanische Sprachwissenschaft von H. Krähe. 2. Auflage. I I : Formenlehre. 140 Seiten. 194S Bd. 780 Althochdeutsches Elementarbuch von H. Naumann f und W. Betz. 2. Auflage. 156 Seiten. 1954 Bd. II II Mittelhochdeutsches Elementarbuch von 11. de Boor. In Vorbereitung Bd 1108 Altnordisches Elementarbuch von F. Ranke. Schrifttum, Sprache, T e x t e mit Ü b e r s e t z u n g und W ö r t e r b u c h . 2., durchgesehene Auflage. 146 Seiten. 1949 Bd. 1113
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•
Italienisch
Altenglisches Elementarbuch von M. Lehnert. Einführung, G r a m m a t i k , T e x t e mit U b e r s e t z u n g u n d W ö r t e r b u c h . 3., v e r b e s s e r t e Auflage. 178 Seiten. 1955 Englische Literaturgeschichte. I : Die alt- und mittelenglische Periode von F. Schabet. 163 Seiten. 1954 I I : Von der Renaissance bis zur A u f k l ä r u n g von Paul Meissner-);. 139 Seiten. 1937 I I I : R o m a n t i k und Viktorianismus von Paul Meissner f . 150 Seiten. 1938 I V : Das 20. J a h r h u n d e r t von Paul Meissnerf. 150 Seiten. 1939 Beowulf von M. Lehnert. Eine Auswahl mit E i n f ü h r u n g , teilweiser Übersetzung, A n m e r k u n g e n u n d etymologischem W ö r t e r b u c h . 2., verbesserte Auflage. 135 Seiten. 1949 Shakespeare von P. Meissner-f. 2. Auflage, n e u b e a r b e i t e t von M. Lehnert. 136 Seiten. 1954 Romanische Sprachwissenschaft von H. Lausberg. I : E i n l e i t u n g u n d Vokalismus. In V o r b e r e i t u n g . . . . I I : K o n s o n a n t i s m u s . In V o r b e r e i t u n g Italienische Literaturgeschichte von K. Vossler. U n v e r ä n d e r t e r N a c h d r u c k der 1927 erschienenen 4., durchgesehenen und verbesserten Auflage. 148 Seiten. 1948 . . . .
Griechisch •
Bd. 1125 Bd. 1114 Bd. 1116 Bd. 1124 Bd. 1130 Bd. 1135 Bd. 1142 Bd. Bd.
128 250
Bd.
125
Bd.
117
Bd.
111
Bd.
114
Lateinisch
Griechische Sprachwissenschaft von W. Brandenstein. 1: Einleitung, L a u t s y s t e m , Etymologie. 160 Seiten. 1954 Geschichte der griechischen Sprache I : Bis zum A u s g a n g der klassischen Zeit. Von O. Hoffmannf. 3., u m g e a r b e i t e t e Auflage v o n A. Debrunner. 156 Seiten. 1954 I I : G r u n d f r a g e n und G r u n d z ü g e d. nachklass. Griechisch. Von A. Debrunner. 144 Seiten. 1954 Geschichte der griechischen Literatur von IV. Nestle. 2., verbesserte Auflage. I : Von den A n f ä n g e n bis auf A l e x a n d e r d. Gr. 148 Seiten 1950 I I : Von A l e x a n d e r d. Gr. bis z u m A u s g a n g der A n t i k e . 128 Seiten. 1948
Bd.
70
Bd.
557
Geschichte der lateinischen Sprache v o n F. Stolz t - 3., s t a r k u m g e a r b e i t e t e A u f l a g e v o n A. Debrunner. 136 S e i t e n . 195J Bd.
492
Hebräisch • Sanskrit • Russisch Hebräische Grammatik v o n G. Beer\. 2., völlig n e u b e a r b e i t e t e A u f l a g e v o n R. Meyer. I : S c h r i f t - , L a u t - u n d F o r m e n l e h r e I. 157 S e i t e n . 1952. B d . II: S c h r i f t - , L a u t - u n d F o r m e n l e h r e I I . 195 S e i t e n . 1955 Bd. Sanskrit-Grammatik v o n M. Mayrhofer. 89 S e i t e n . 1953 . . . Russische Grammatik v o n G. Berneker. 6., u n v e r ä n d e r t e A u f lage v o n M. Vasmer. 155 S e i t e n . 1947
Erd- und
764/764a B d . 1158 Bd.
66
Bd. Bd.
910 911
Bd.
319
Bd.
30
Länderkunde
Afrika v o n F.Jaeger. E i n g e o g r a p h i s c h e r Ü b e r b l i c k . 2., u m gearbeitete Auflage. I : D e r L e b e n s r a u m . 179 S e i t e n m i t 18 A b b i l d u n g e n . 1954 I I : Mensch u n d K u l t u r . 155 S e i t e n m i t 6 A b b i l d u n g e n . 1954 Australien und Ozeanien v o n H. J. Krug. 176 Seiten m i t 46 Skizzen. 1953 Kartenkunde v o n M. Eckert-Greifendorfff. 3., d u r c h g e s e h e n e A u f l a g e v o n W.KUffner. 149 S e i t e n m i t 6 3 A b b . 1950
Volkswirtschaft
763/763a
• Publizistik
Allgemeine Betriebswirtschaftslehre v o n K. Mellerowicz 8., u n v e r ä n d e r t e A u f l a g e . I : 142 S e i t e n . 1954 . II: 112 S e i t e n . 1954 . . I I I : 143 S e i t e n . 1954 Allgemeine Volkswirtschaftslehre v o n A. Paulsen. I : In V o r b e r e i t u n g . Zeitungslehre v o n E. Dovifat. 3., n e u b e a r b e i t e t e A u f l a g e . 1955 1: 148 S e i t e n . 1955 .' I I : 158 S e i t e n . 1955 .
B d . 1003 B d . 1153 B d . 1154 B d . 1169 B d . 1039 B d . 1040
Naturwissenschaften Mathematik Geschichte der M a t h e m a t i k v o n J. E. Hof mann. I : Von den A n f ä n g e n bis z u m A u f t r e t e n v o n F e r m a t u n d D e s c a r t e s . 200 S e i t e n . 1953 Mathematische F o r m e l s a m m l u n g v o n F. Ringleb. Vollständig umgearbeitete • Neuausgabe des Werkes v o n O. Th. Bürklen. 6., d u r c h g e s e h e n e A u f l . 2 7 4 S e i t e n m i t 57 F i g u r e n . 1955. I n V o r b e r e i t u n g Fünfstellige Logarithmen v o n A. Adler. Mit mehreren graphischen Rechentafeln und häufig v o r k o m m e n d e n Z a h l w e r t e n . 2. A u f l a g e . N e u d r u c k . 127 S e i t e n m i t 1 T a fel. 1949 Höhere Algebra v o n H. Hasse. 3., v e r b e s s e r t e A u f l a g e . I : L i n e a r e G l e i c h u n g e n . 152 S e i t e n . 1951 I I : G l e i c h u n g e n h ö h e r e n G r a d e s . 158 S e i t e n m i t 5 F i g u r e n . 1951 A u f g a b e n s a m m l u n g z u r h ö h e r e n Algebra v o n H. Hasse u n d W. Klobe. 2.. v e r b e s s e r t e u n d v e r m e h r t e A u f l a g e . 181 S e i t e n . 1952 Elementare und klassische Algebra v o m m o d e r n e n Standpunkt v o n W. Krull. 2., erweiterte A u f l a g e . I : 136 S e i t e n . 1952 E i n f ü h r u n g in die Zahlentheorie v o n A. Scholzf. 2. A u f l a g e , ü b e r a r b e i t e t v o n B. Schoeneberg. 128 S e i t e n . 1955. . . Gruppentheorie v o n L. Baumgartner. 2. A u f l a g e . 115 S e i t e n m i t 6 F i g u r e n . 1949 Funktionentheorie v o n K. Knopp. 8. A u f l a g e . I: Grundlagen der allgemeinen Theorie der analytischen F u n k t i o n e n . 139 S e i t e n m i t 8 F i g . 1955 I I : A n w e n d u n g e n und W e i t e r f ü h r u n g der allgemeinen T h e o r i e . 130 S e i t e n m i t 7 F i g . 1955 A u f g a b e n s a m m l u n g zur F u n k t i o n e n t h e o r i e v o n K . Knopp. 4. A u f l a g e . I: Aufgaben zur elementaren Funktionentheorie. 135 S e i t e n . 1949 I I : A u f g a b e n z u r h ö h e r e n F u n k t i o n e n t h e o r i e . 151 S e i t e n . 1949 E l e m e n t e der F u n k t i o n e n t h e o r i e v o n K. Knopp. 4. A u f l a g e . 144 S e i t e n m i t 2 3 F i g . 1955 D i f f e r e n t i a l r e c h n u n g v o n A. Willing f . 3., n e u b e a r b e i t e t e A u f lage. D u r c h g e s e h e n e r N e u d r u c k . 201 S e i t e n m i t 9 5 F i e u r e n u n d 2 0 0 B e i s p i e l e n . 1949
8
Bd.
226
Bd.
51
Bd.
423
Bd.
931
Bd.
932
B d . 1082 Bd.
930
B d . 1131 Bd.
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ITl
Bd.
878
Bd.
1109
Bd.
87
Repetltorlum und Aufgabensammlung zur Differentialrechnung von A. Wittingi, 2., neubearbeitete Auflage. Durchgesehener Neudruck. 145 Seiten. 1949 Bd. 146 Integralrechnung von A. Wittingf. 2., verbesserte Auflage. Durchgesehener Neudruck. 176 Seiten mit 62 Figuren und 190 Beispielen. 1949 Bd. 88 Repetltorlum und Aufgabensammlung zur Integralrechnung von A. Wittingf. 2., neubearbeitete Auflage. Durchgesehener Neudruck. 121 Seiten mit 32 Figuren und 309 Beispielen. 1949 Bd. 147 Gewöhnliche Differentialgleichungen von G. Hoheisel. 4., neubearbeitete Auflage. 129 Seiten. 1951 Bd. 920 Partielle Differentialgleichungen von G. Hoheisel. 3., neubearbeitete Auflage. 130 Seiten. 1953 Bd. 1003 Aufgabensammlung zu den gewöhnlichen und partiellen Differentialgleichungen von G. Hoheisel. 2., umgearbeitete Bd. 1059 Auflage. 124 Seiten. 1952 Mengenlehre von E. Kamke. 3. Auflage. In Vorbereitung. Bd. 999/999a Darstellende Geometrie von W. Haack. I: Die wichtigsten Darstellungsmethoden. Grund- und Aufriß ebenflächiger Körper. 110 Seiten mit 117 Abbildungen. 1954 • Bd. 142 I I : Körper mit krummen Begrenzungsflächen. Kotierte Projektionen. 129 Seiten mit 86 Abbildungen. 1954 . . Bd. 143 Sammlung von Aufgaben und Beispielen zur analytischen Geometrie der Ebene von R. Haussner. Mit den vollständigen Lösungen. 139 Seiten mit 22 Figuren im Text. Neudruck. 1949 Bd. 256 Nlchteuklldlsche Geometrie von R. Baldusf, Hyperbolische Geometrie der Ebene. 3., verbesserte Auflage, durchgesehen und herausgegeben von F. Löbell. 140 Seiten mit 70 Figuren im Text. 1953 Bd. 970 Differentialgeometrie von K. Strubecker (früher Rothe). I : Kurventheorie der Ebene und des Raumes. 150 Seiten mit 18 Figuren. 1955 Bd. 1113/1113a Einführung In die konforme Abbildung von L. Bieberbach. 4. Auflage. 147 Seiten mit 42 Zeichnungen. 1949 . . . Bd. 768 Vektoranalysis von S. Valentiner. Neudruck der 7. Auflage (1950). 138 Seiten mit 19 Figuen. 1954 Bd. c54 Vermessungskunde von P. Werkmeister. I: Stückmessung und Nivellieren. 9. Auflage. 165 Seiten mit 145 Figuren. 1949 Bd.