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German Pages 68 [69] Year 1963
ARCHIV FÜR TIERERNÄHRUNG BEGRÜNDET
VON
ERNST M A N G O L D HERAUSGEGEBEN
VON
A N D R E A S H O C K und HANS B E R G N E R UNTER MITWIRKUNG
VON
K . B r e i r e m , Vollebekk • J. B r ü g g e m a n n , München J. K i e l a n o w s k i , Warschau • W. L e n k e i t , Göttingen K . N e h r i n g , Rostock • H. T a n g l , Budapest G r e t e T h o r b e k , Kopenhagen • M. F. T o mm e , Moskau W. W ö h l b i e r , Stuttgart-Hohenheim
12. BAND Ausgegeben am 30. 12.1962
HEFT
6
AKADEMIE-VERLAG ARCHIV
•
BERLIN
F Ü R T I E R E R N A H R U N G • t i . B A N D NR. 6 • S . 2 9 1 - 3 J 1 • B E R L I N • 1. N O V E M B E R 196a
INHALT B. Piatkowski: Untersuchungen über den Stoffwechsel an hochleistenden Kühen während der Trockenperiode und Laktation — 3. Mitteilung: Nährstoffbedarf und Futterverwertung 291 B. Wiesner: Untersuchungen zur Frage der sogenannten Lupinose
297
K. Nehring und I. Schröder: Untersuchungen zur enzymatischen Hydrolyse von Eiweißfutterstoffen — 1. Mitteilung : Zur Methodik der enzymatischen Hydrolyse 305 W. Breunig: Der Einfluß der Verdauungsleistung des Schafes auf Samen verschiedener Grünlandpflanzen und deren Keimfähigkeit 315 R. Schiemann, W.Jentsch> W. Klippel, F. Schmidt, St.Trela und B.Tscheschmedschiew: Vergleichende Untersuchungen zwischen der Methodik der Gesamtstoffwechselmessungen und der Tierkörperanalytik an wachsenden Ratten und Schweinen . . . . 321 A., Hock und D. Dargel: Untersuchungen über die Bindung von Ammoniak in Trockenschnitzeln
343
Z u r Veröffentlichung werden angenommen: O r i g i n a l m a n u s k r i p t e , die in anderen Zeitschriften noch nicht veröffentlicht worden sind und in gleicher F o r m auch nicht in anderen Zeitschriften erscheinen werden. D e r Umfang soll höchstens 1 Druckbogen (16 Druckseiten) betragen. Bei umfangreicheren Manuskripten müssen besondere Vereinbarungen mit den Herausgebern und dem Verlag getroffen werden. K u r z e O r i g i n a l m i t t e i l u n g e n über wesentliche, neue Forschungsergebnisse. Umfang im allgemeinen höchstens 1 Druckseite Kurze Originalmitteilungen werden beschleunigt veröffentlicht. K r i t i s c h e S a m m e l b e r i c h t e nach Vereinbarung mit den Herausgebern. Manuskriptsendungen sind zu richten an die Herausgeber, Prof. D r . Andreas Hock und D r . Hans Bergner, Institut für Tierernährungslehre der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin N 4, Invalidenstraße 4 2 . D i e Verfasser werden gebeten, ihre Manuskripte zweizeitig mit Schreibmaschine geschrieben druckfertig einzureichen. Das Institut, aus dem die Arbeit stammt, wird mit dem Namen der Autoren im Titel der Arbeit vermerkt. Wünscht der A u t o r eine andere A n schrift, s o kann sie in einer Fußnote angegeben werden. A m Schluß des Manuskripts soll der Autor seine Ergebnisse diskutieren und kurz zusammenfassen. Im Manuskript sind Autorennamen einfach zu unterstreichen. Kursivschrift bitten wir zu unterwellen. Kleindruck wird durch einen senkrechten Strich am Rand gekennzeichnet. Literaturangaben erfolgen im Text mit dem Namen des Autors und dem J a h r der Veröffentlichung, bei mehreren Arbeiten im gleichen J a h r zusätzlich mit a, b, c usw. in der Reihenfolge, wie die Arbeiten im Literaturverzeichnis angeordnet sind, z . B . Meyer (1958a). Im Literaturverzeichnis werden die Arbeiten, alphabetisch nach dem Namen des ersten Autors geordnet, in folgender Weise zitiert: N a m e , Vorname des A u t o r s (bei Frauen ein Vorname ausgeschrieben), Zeitschrift, Band, Seitenzahl, Jahreszahl. Abbildungen sind auf das unbedingt Notwendige zu beschränken und dem Manuskript gesondert beizufügen. Hinweislinien, Buchstaben usw. sind nur mit Bleistift einzutragen. Bei Fotografien soll hierfür ein Deckblatt verwendet werden. D e r T e x t zu den Abbildungen wird auf einem besonderen Blatt zusammengestellt. D i e Verfasser erhalten von ihren Beiträgen 50 Sonderdrucke kostenlos. Darüber hinaus können bis zu 1 0 0 Sonderdrucke gegen Berechnung bezogen werden. Wir bitten, Bestellungen bei Rückgabe der Korrekturfahnen zu übergeben.
D a s A r c h i v für Tierernährung erscheint jährlich in einem Band zu sechs Heften. Herausgeber: Prof. D r . Andreas H o c k und D r . Hans Bergner, Institut für Tierernährungslehre der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin N 4 , Invalidenstraße 42, T e l . : 4 2 0 0 18. V e r l a g : Akademie-Verlag G m b H , Berlin W 8, Leipziger S t r a ß e 3 - 4 , T e l . : 22 04 41, T e l e x - N r . : 0 1 1 7 7 3 , Postscheckkonto: Berlin 3 5 0 2 1 . Bestellnummer dieses Heftes: 1010/X1I/6. Bezugspreis je Heft D M 8,50 zuzüglich Po-to und Versand kosten. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur mit Genehmigung des Verlages gestattet. Veröffentlicht unter der Lizenznummer 5003 des Ministeriums für Kultur. Gesamthcrstellung: Druckbaus „ M a x i m G o r k i " , Altenburg. E S 2 2 H.
291 Deutsche Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin Institut für Tierzuchtforschung Dummerstorf b. Rostock
B . PLATKOWSKI
Untersuchungen über den Stoffwechsel an hochleistenden Kühen während der Trockenperiode und Laktation ( ß . Mitteilung) Nährstoffbedarf und Futterverwertung I. E i n l e i t u n g und P r o b l e m s t e l l u n g Von Interesse ist die Frage, ob der Nährstoffbedarf je 1 kg Milch bei hoher Leistung verändert ist. W I T T [ 1 0 ] und HUTH [ 2 ] fanden in praktischen Fütterungsversuchen keinen erhöhten Nährstoffaufwand, z. B. bei einer Leistung von 30 kg Milch. WIEGNER und GRÖNHEIM [ 9 ] sowie CLAUSEN [ 1 ] vertraten die Ansicht einer abnehmenden Wirkung des Futters bei hoher Leistung. Doch wurde bereits von MOLLGAARD [4] nachgewiesen, daß die Ergebnisse der erstgenannten Autoren nicht zu dieser Schlußfolgerung berechtigen. In neueren Untersuchungen wird von S0RENSEN [8] bei erhöhter Produktion eine progressiv ansteigende Thyroxinabsonderung festgestellt. Der Autor schließt daraus auf einen höheren Nährstoffverbrauch je Milcheinheit. Im folgenden sollen daher die diesbezüglichen Ergebnisse, die im Rahmen der Stoffwechseluntersuchungen erhalten wurden, genannt und besprochen werden. II. V e r s u c h s d u r c h f ü h r u n g Die Untersuchungen wurden an 4 hochleistenden Kühen duchgeführt (s. 1. Mitt.). Die Ermittlung des verdaulichen Rohproteins erfolgte im Rahmen der Bilanzversuche, ebenfalls die an Ca und P. Da bislang noch keine experimentellen Unterlagen vorliegen, um die Berechnung des Stärkewertes (StW) einer gemischten Ration aus den verdaulichen Nährstoffen vornehmen zu können, mußten die verzehrten StW aus den einzelnen Komponenten ermittelt werden (SCHIEMANN und NEHRING [7]). Die quantitative Erfassung der Milch erfolgte täglich, die Bestimmung der Komponenten auf Grund einer lOtägigen Sammelperiode im Monat. III. V e r s u c h s e r g e b n i s s e Die Leistungen der Tiere (vgl. 1. Mitt. S. 88) A, B, C und E betrugen in 100 bzw. 305 Laktationstagen 2248, 2529, 2753 und 2511 kg FCM bzw. 4649, 6076, 6208 und 4024 (in 187 Tagen) kg FCM. Die während der ersten 100 Tage der Laktation verzehrten Futtermengen und die darin enthaltene Trockenmasse (Tab. 1) betrug: Kuh A 5,98 dt Heu, 40 dt Rüben, 2,13 dt Trockenschnitzel und 5 dt Kraftfutter, Kuh B 6 dt Heu, 40 dt Rüben, 3 dt Trockenschnitzel und 6,3 dt Kraftfutter, Kuh C 5,52 dt Heu, 36,8 dt Rüben, 3,42 dt Grünfutter, 3,08 dt Trockenschnitzel und 6,68 dt Kraftfutter, Kuh E 4,44 dt Heu, 29,6 dt Rüben, 7,48 dt Grünfutter, 3,26 dt Trockenschnitzel und 5,07 dt Kraftfutter. 21
Archiv für Tierernahrung
292
PIATKOWSKI, Stoffwechsel an hochleistenden Kühen
Tabelle 1 Futterverzehr in Trockenmasse während 100 bzw. 305 Laktationstagen 305 Tage
100 Tage Tr.-M.
Gesamt, kg tägl., kg aus Grundfutter kg /o
A
B
C
E
A
B
C
E*
1441 14,4 10,1 70,0
1626 16,3 10,9 66,9
1705 17,1 11,3 66,4
1544 15,4 11,1 72,0
4050 13,3 10.9 81,8
4622 15,1 11,7 77,2
4716 15,5 11,9 77,2
2779 14,9 11,9 80,4
* 187 Tage
Legt man die Trockenmasse als Bezugsbasis zugrunde, so verzehrten die Tiere A, B, C und E während der ersten 100 Laktationstage im Durchschnitt 14,41 kg, 16,26 kg, 17,05 kg und 15,44 kg täglich. Besonders die Tiere B und C zeichnen sich danach durch eine gute Futteraufnahme aus. Der Kraftfutteranteil (Haferschrot, Sojaextraktionsschrot, Weizenkleie, Troblako, Mineralstoffgemisch) beträgt in der gleichen Reihenfolge 4,32 kg, 5,39 kg, 5,74 kg und 4,32 kg. Aus dem Grundfutter stammten 70,0%, 66,9%, 66,4% und 72,0% der Trockenmasse. Hierzu ist zu bemerken, daß die Zusammenstellung der Tagesration auf einen quantitativen Verzehr und nicht auf eine maximale Grundfutteraufnahme abgestellt werden mußte. Es darf als günstig angesehen werden, wenn zur Deckung des Nährstoffbedarfs von hochleistenden Kühen ca. 70% der Trockenmasse aus dem Grundfutter stammen. In 305 Laktationstagen verzehrten Kuh A : 11,26 dt Heu, 66,5 dt Rüben, 8,5 dt Trockenschnitzel, 18,3 dt Weidegras, 17,3 dt Wickgemenge und 8,5 dt Kraftfutter; Kuh B : 11,28 dt Heu, 64,6 dt Rüben, 8,82 dt Trockenschnitzel, 20,5 dt Weidegras, 19,69 dt Wickgemenge und 12,30 dt Kraftfutter; Kuh C: 11,3 dt Heu, 62,9 dt Rüben, 9,61 dt Trockenschnitzel, 20,42 dt Weidegras, 19,39 dt Wickgemenge und 12,45 dt Kraftfutter. Die Kühe nahmen täglich 13,28 kg, 15,15 kg, 15,46 kg und 14,86 kg Trockenmasse auf, wovon 81,9%, 77,2%, 77,2% und 80,4% aus dem Grundfutter stammten (Tab. 1). Die in 305 Tagen verzehrte Kraftfuttermenge einschließlich Troblako und Mineralstoffgemisch betrug bei den Tieren A, B und C 7,34 dt, 12,31 dt bzw. 12,45 dt. Entsprechend der vorher getroffenen Feststellung stammen in der 305tägigen Laktation ca. 80% der Trockenmasse aus dem Grundfutter. Tabelle 2 gibt den in den genannten Futtermengen enthaltenen Nähr- und Mineralstoffgehalt an. Die Relationen zwischen Eiweiß und StW sowie Ca und P sind optimal. Nur für den 305-Tage-Abschnitt erscheint das Eiw./StW-Verhältnis als sehr eng. Dies zeigte bereits die niedrige N-Verwertung (vgl. 1. Mitt.) in der 2. Laktationshälfte. Wird nun ein Erhaltungsbedarf von 300 g verdaul. Rohprotein und 3 kg-StW je Kuh und Tag (Kuh A 330 g und 3,3 kg) zugrunde gelegt, so erhalten wir den in Tab. 3 aufgeführten Nährstoffaufwand je 1 kg FCM. Als wichtiges Teilergebnis ist festzuhalten, daß Hochleistungskühe in den ersten 100 Laktationstagen für die Produktion von 1 kg FCM einen Bedarf von 55 g verdaulichem Rohprotein bei ausgeglichenem bzw. leicht positivem N-Haushalt und 238 g-Stärkewert hatten und damit unter den Normen liegen, die für Kühe mit geringerer Leistung aufgestellt wurden.
293
Archiv für Tierernährung, Band 12, Heft 6, 1962
Tabelle 2 Aufnahme an kg Nähr- und Mineralstoffen in 100 bzw. 305 Laktationstagen verdaul. Rohprot.
StW
Ca
P
Eiweiß/StWVerhältnis
Ca/PVerhältnis
A* B C E
153,0 175,4 178,7 149,7
801,9 913,9 954,2 953,9
11,8 12,1 12,5 11,5
5,9 6,8 7,2 5,8
1:5,24 1:5,21 1:5,34 1:6,37
1,99:1 1,79:1 1,73:1 1,98:1
A** B C
380,7 462,6 464,4 270,0
2079,4 2418,2 2484,3 1464,6
32,4 34,0 33,2 21,6
14,2 16,8 17,2 9,9
1:5,46 1:5,23 1:5,35 1:5,42
2,28:1 2,02:1 1,93:1 2,18:1
***
* 100 Tage,
** 305 Tage,
**« 187 Tage
Tabelle 3 Nährstoffaufwand für 1 kg FCM in 100 bzw. 305 Laktationstagen GewichtsAufwand je 1 kg FCM* veränderung kg g
Tier
A
B
C
E
* 100 Tage,
verdaul. Rohprot. StW, Ca P
53,4 210,0 3,9 1,7
verdaul. Rohprot. StW, Ca P
57,5 242,8 3,6 1,9
verdaul. Rohprot. StW, Ca P
54,0 237,7 3,5 1,9
verdaul. Rohprot. StW, Ca P
47,7 260,4 3,4 1,5
** 305 Tage,
- 4 kg
- 7 kg
— 2 kg
- 5 kg
Aufwand je Gewichts1 kg FCM** veränderung kg g 60,2 230,8 5,0 1,8 61,1 247,4 4,1 1,8
+ 28
+ 29
60,0 252,8 3,9 1,8
+ 11
53,2*** 254,5 4,0 1,5
+ 5
*** 187 Tage
Der Ca-Aufwand schwankt zwischen 3,4—3,9 g je kg FCM und läßt auf ein Überangebot schließen, wenn man 2,5 g Ca je 1 kg Milch als Richtzahl annimmt. Die PVersorgung ist bei Kuh E unzureichend, bei den Kühen A, B und C zufriedenstellend. Der Bedarf an verdaulichem Rohprotein für 1 kg FCM beträgt im 305-Tage-Abschnitt 60,2 g, 61,1 g, 60,0 g und 53,2 g bei Kuh E (187 Tage). Läßt man Kuh E wegen der nicht vollständigen Laktation aus der Berechnung heraus, so sind es im Mittel 60,4 g. Hierbei blieb der Gewichtszuwachs einschließlich des Bedarfs für den Foetus vor Beginn der Trockenperiode unberücksichtigt. Diese fast der Norm entsprechenden Werte wurden, wie die Ergebnisse der Bilanzversuche beweisen, nicht ge21*
294
PIATKOWSKI, Stoffwechsel an hochleistenden Kühen
rade unter Bedingungen erzielt, die auf eine sehr ökonomische Eiweißausnutzung abgestellt waren. Während des 100-Tage-Abschnittes, in dem die Tiere geringfügig an Gewicht einbüßten, liegt daher auch der Aufwand etwas niedriger, nämlich im Durchschnitt 53 g. Ein noch günstigeres Bild bietet der Verbrauch an StW je kg F C M ; er liegt mit 231 g, 247 g, 253 g, 254 g ( 0 246 g ) unter der geltenden Norm von 275 g, gegenüber dem 100-Tage-Abschnitt jedoch etwas höher. Bei den Mineralstoffen steigerte sich der Ca-Aufwand auf 5,0 g, 4,1 g, 3,9 g und 4,0 g, was die zu hohe Ca-Zufuhr besonders in der zweiten Laktationshälfte deutlich werden läßt. Nicht die gleiche Feststellung kann für den Aufwand an P getroffen werden, da er mit 1,8 g, 1,8 g, 1,8 g und 1,5 g je 1 kg FCM unverändert blieb. IV. B e s p r e c h u n g d e r E r g e b n i s s e Auf Grund des Nährstoffverzehrs während der Laktationsperiode kann nachgewiesen werden, daß für hochleistende Milchkühe bei einem ausgeglichenen bzw. leicht positiven Ernährungshaushalt kein erhöhter Nährstoffaufwand je kg FCM erforderlich ist, wenn ein Erhaltungsbedarf von 3000 g-StW und 300 g verdaulichem Rohprotein zugrunde gelegt wird. So beträgt der Aufwand während der ersten 100 Laktationstage an verdaulichem Rohprotein je 1 kg FCM 55 g und der an StW 238 g, wobei die Tiere mit ca. 5 kg nur geringfügig an Körpergewicht zusetzen. In einem ähnlich durchgeführten Versuch an Ziegen ( K A L A I S S A K I S [3]) wurde je kg Milch (3,5% Fett) ein Nährstoffbedarf von 225 g-StW und 48 g verdaulichem Rohprotein gefunden. Im 305-Tage-Abschnitt erhöht sich der Aufwand auf 60 g verdauliches Rohprotein und 246 g-StW. H U T H [2] fand in seinen Untersuchungen an schwarzbunten Hochleistungskühen einen Verbrauch von 70,4 g verdaulichem Rohprotein und 276 g-StW je kg FCM. Die niedrige Verwertung des verdaulichen Rohproteins(42—47%) läßt jedoch darauf schließen, daß dieses Ergebnis durch die reichliche Zufuhr beeinflußt wurde. Auch R I C H T E R und B E C K E R [6] fanden keinen gesteigerten Rohproteinbedarf bei höherer Leistung. Damit bestätigen sich cjie Auffassung von W I T T [10] und die Ergebnisse von H U T H [2], daß das 30. kg Milch mit dem gleichen Nährstoffaufwand erzeugt wird wie das 20. und 10. kg und daß keine abnehmende Wirkung des Futters vorhanden ist. Zusammenfassung Die Untersuchungen erfolgten an 4 Kühen im Rahmen von Stoffwechselversuchen. Die 100- bzw. 305-Tageleistung (kg FCM) betrug bei Kuh A 2248 bzw. 4649, bei Kuh B 2529 bzw. 6076, bei Kuh C 2753 bzw. 6208 und bei Kuh E 2511 bzw. 4024 (187 Tage). Der Aufwand an je kg FCM betrug für den 100-Tage-Abschnitt 55 g verdauliches Rohprotein und 238 g-STW, für den 305-Tage-Abschnitt 60 g verdauliches Rohprotein und 246 g-StW. Eine abnehmende Wirkung des Futters bei hoher Leistung trat unter den beschriebenen Versuchsbedirgungen nicht ein. Literaturverzeichnis [1] CLAUSEN, H.: Arbeiten der Dtsch. Ges. f. Züchtungskunde 6 1 , 1933 [2] HUTH, F. W. : Z. Tierzücht. Züchtungsbiol. 66, 2 3 5 - 3 0 0 , 1956 [3] KALAISSAKIS, P.: Z. Tierphysiol., Tierernähr, und Futtermittelkunde 14, 3 0 3 — 1 1 , 1 9 5 9
Archiv für Tierernährung, Band 12, Heft 6, 1962
[4] [5] [6] [7] [8] [9] [10]
295
M 0 L L G A A R D , H.: Tierernähr. 2, 520 - 2 9 , 1931 N E H R I N G , K.: Lehrbuch der Tierernährung und
Futtermittelkunde 3. Aufl. NeumannVerlag. Radebeul und Berlin R I C H T E R , K. und B E C K E R , M.: Arch. Tierernähr. 2, 338—378, 1952 S C H I E M A N N , R. und N E H R I N G , K.: Wissenschaft!. Abhandlungen der DAL Bd. V/13, 2 3 4 - 5 4 , 1956 S G R E N S E N , D. H. und H A V S K O W , P.: Beretn. Forsogslabor. 1 9 5 8 , Nr. 302, 1 — 159 W I E G N E R , G. und G R Ö N H E I M , A.: Tierernähr. 2, 193—232, 1931 W I T T , M . : Landw. Blatt Weser-Ems Nr. 47, 1950, zit. nach H U T H [2] Eingegangen am 25. 7. 1962
297 Aus dem Institut für Tierzucht und Tierernährung der Vet. Med. Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin (Direktor: Prof. Dr. med. vet. habil. E. WIESNER) E.
WIESNER
Untersuchungen zur Frage der sogenannten Lupinose Seit vielen Jahrzehnten finden sich im Schrifttum verschiedener Länder immer wieder Angaben darüber, daß nach Verfütterung von Lupinen bei großen und kleinen Wiederkäuern und bei Schweinen Schäden beobachtet würden, die teilweise zum Tode führen. Am bekanntesten ist in dieser Hinsicht beispielsweise eine Untersuchung aus den Jahren 1878/79, die in drei pommerschen Kreisen (Stolp, Rummelsburg und Schlave) 41,2% = 1 4 1 3 8 aller Schafverluste auf die nachteiligen Folgen einer Lupinenverfütterung zurückführte. Außerdem wurden infolge der „Lupinose" im genannten Untersuchungsgebiet 13898 Lämmer weniger aufgezogen als in den Vorjahren. In manchen Kreisen Deutschlands sind zu damaliger Zeit 1 0 % aller Schafe an Lupinose gestorben. Neuerdings wird die Vergiftung in Westaustralien wieder häufiger beschrieben. Nach den bisherigen Angaben im Schrifttum verläuft die Lupinose entweder akut, wobei der Tod bereits nach 1—2 Tagen, zumeist nach 4 — 5 Tagen eintreten kann und nervöse Erscheinungen und Ikterus im Vordergrund stehen, oder chronisch nach fortgesetzter Lupinenfütterung, zumeist ohne Ikterus. Schon nach einer einzigen Fütterung treten zuweilen Erkrankungen auf. Inappetenz, Fieber und Pulsbeschleunigung stellen die ersten Symptome dar. Die Tiere stemmen vielfach den Kopf gegen die Wände und knirschen mit den Zähnen. Infolge Übertretens von Gallenbestandteilen ins Blut wird nach einigen Tagen eine ikterische Verfärbung der Konjunktiven und der Sklera und später auch der Haut und der übrigen Schleimhäute beobachtet. Benommenheit, Bewußtlosigkeit, Schreckhaftigkeit, Lähmungen und Krämpfe runden das Bild ab. Der Harn enthält Gallenfarbstoffe, Gallensäuren, Eiweiß, Harnzylinder und Nierenepithelien. Maul- und Nasenschleimhaut können ulzeröse Entzündungen zeigen. Überstehen die Tiere die Vergiftung, so bleiben sie doch noch lange im Nährzustand zurück. Pathologisch-anatomisch besteht zumeist das der Phosphorvergiftung sehr ähnliche Bild einer Verfettung und akuten gelben Atrophie der Leber mit Icterus gravis, parenchymatöser Nephritis und Gastritis. So sehr man sich auch mit diesen Fragen befaßte, so wenig ist es jedoch bis auf den heutigen Tag gelungen, die eigentliche Ursache dieser sogenannten „Lupinose" zu ermitteln. Bei sorgsamer Sichtung des Schrifttums lassen sich in ätiologischer Hinsicht bisher vorwiegend 4 Faktorengruppen abgrenzen: 1. Alle Lupinenarten enthalten in wechselnder Menge mehrere Alkaloide, die man bisher vorzugsweise für die „Lupinose" verantwortlich machte. Die in Deutschland heute am stärksten kultivierte Gelbe Lupine, Lupinus luteus L., beinhaltet in den Samen ihrer b i t t e r e n Form bei einem Gesamtalkaloidgehalt von 0,5 — 1,5% etwa 0,25% Lupinidin = Spartein, daneben Lupinin, das mit diesem strukturisomere Allolupinin und schließlich Lupanin, außerdem das Glyko-Alkaloid Vernin = Guaninribosid und das Glykosid Lupinid ( G E S S NER). Für die Neuzulassung Gelber Süßlupine wird ein Höchstgehalt von 0,06% gefordert. Spartein wirkt in kleinen Dosen zentralnervös atmungserregend, in größeren Gaben allmählich lähmend. Auch die glatte Muskulatur des Darmes und des Uterus, vor allem trächtiger Tiere (Abort), wird erregt. Daneben werden Fieber, Schreckhaftigkeit, Verstopfung, Durchfall und Ikterus beobachtet. Lupinin und Lupanin wirken ähnlich wie Spartein, jedoch mit nur 20 bzw. sogar nur 6—7% der Sparteinwirksamkeit. Über die Wirkung der übrigen Inhaltsstoffe ist bisher nichts bekannt. Zwar ist die stark giftige Eigenschaft der Lupinenalkaloide unumstritten, doch werden sie heute in zunehmendem Maße nicht mehr für die sog. „Lupinose" verantwortlich gemacht. Gegen die ätiologische Bedeutung der
298
WIESNER, Zur Frage der sog. Lupinose
Lupinenalkaloide spricht beispielsweise die Tatsache, daß Lupinen bereits 20—30 Jahre verfüttert wurden, bevor 1872 in der Lausitz und danach auch in anderen Gegenden Deutschlands die erste „Lupinose" beobachtet werden konnte. Schon vor über 8 0 Jahren bestritt daher L I E B S C H E R die Verantwortlichkeit der Alkaloide, er wird neuerdings von G E S S N E R (S. U.) in dieser Ansicht unterstützt. Auch in zahlreichen Fütterungsversuchen mit Süßlupinen in üblichen Mengen als Eiweißfutter zeigte sich, daß zumindest die Süßlupine mit ihrem relativ geringen Alkaloidgehalt bei verschiedenen Haustieren keine gesundheitsschädigende Wirkung ausübt ( R I C H T E R und S C H I L L E R ) . Völlig geklärt ist jedoch diese Frage nicht, wie andere Arbeiten zeigen. C O L U M B U S steigerte bei 4 Generationen Ratten den üblichen Süßlupinenanteil auf 1 0 0 % und bemerkte bei gleichzeitigem Fehlen pathologischer Veränderungen an den einzelnen Organen eine Wachstumsdepression der Tiere, v. S E N G B U S C H verfütterte Bitterlupinensamen an Schweine, Meerschweinchen und Mäuse. Während Schweine und Mäuse das Futter versagten, fraßen die Meerschweinchen davon und verendeten nach 2 Wochen. GORDON und H E N D E R S O N stellten fest, daß eine mit dem Futter allmählich aufgenommene Alkaloidmenge weniger schädlich ist, als eine intraperitoneal oder rektal (v. S E N G B U S C H ) plötzlich massiert zugeführte. Schließlich haben D O B E R S T E I N und W A L K I E W I C Z beobachtet, daß sich bei fortdauernder Zufuhr der Alkaloide mit dem Futter eine chronische „Lupinose" herausbildet. 2. Mitunter soll sich in den Lupinensamen „Iktrogen" finden, ein anscheinend enzymatisches Gift, das ebenfalls schon 1880 von K Ü H N für das Auftreten der „Lupinose" verantwortlich gemacht wurde und dem verschiedentlich die Wirkung zugesprochen wurde, die nach anderen Quellen die vorstehend genannten Alkaloide ausüben sollten. Iktrogen wurde jedoch niemals in reiner Form isoliert. Auch nach anderen Untersuchungen soll das die „Lupinose" verursachende Gift keinesfalls mit den obengenannten Lupinenalkaloiden identisch sein. A R N O L D und S C H N E I D E M Ü H L erzeugten durch solche Lupinen, die von allen Alkaloiden befreit worden waren, bei Schafen „Lupinose" und bezeichneten das von ihnen aus gemahlenen Lupinensamen isolierte Gift als Lupinotoxin. Lupinotoxin soll eine braune, glänzende, harzartige Masse bilden, von der bei Hunden bereits 2—5 g letal wirken. Lupinotoxin gelangt zur Wirkung nach Verbreitung auf hämatogenem Wege, und zwar um so leichter, wenn die die Lupinen fressenden Tiere Verletzungen in der Maulhöhle aufweisen (POTT). Eigenartigerweise entwickelt sich das Lupinengift nicht in allen Lupinen und nicht in jedem Jahr in solcher Menge, daß es eine giftige Wirkung entfaltet. 3. Gerade diese Tatsache, daß die Lupinen nicht allgemein, sondern nur zu gewissen Zeiten giftig wirken, hat bereits wiederholt die Vermutung aufkommen lassen, daß die „Lupinose" gar keine Vergiftung durch ihr normalerweise innewohnende Stoffe sei, sondern eine Pilzerkrankung. Erst die Zersetzungsprodukte saprophytärer Pilze sollen die Schadwirkungen auslösen. Lupinensamen und Lupinenschrot schimmeln außerordentlich leicht. Neben Schimmelpilzen wurden von Lupinen bereits häufig Meltaupilze (Erysiphe), Lupinenrost (Uromyces Lupini), Cladosporium herbarum, Cladosporium polytricha, Sepedonittm mycophilum, Aspergillus und Penicillium isoliert, ohne daß bisher eine Aussage möglich gewesen wäre, der Einwirkung welchen Pilzes die Bildung eines möglichen „Lupinengiftes" zuzuschreiben wäre. Außerdem hat man an verdächtigen Lupinen Mikrococcus herbarum und aus anderen Schmarotzerpilzen hervorgegangene Kokken gefunden, die bei verendeten Schafen auch in der Leber und in den Nieren nachgewiesen werden konnten. Daß bei der „Lupinose" schädliche Pilze mitwirken, dürfte nach POTT endlich auch daraus hervorgehen, daß einwandfrei abgeerntete und eingebrachte Lupinen selten Lupinose hervorrufen und daß die erkrankten Tiere oft an Geschwürs- und Schorfbildungen an den Lippen, an Anschwellungen einzelner Kopfteile und an Nasenkatarrh leiden. Diese Vermutung wird auch durch die Tatsache unterstützt, daß die Lupinen — diese Angaben sind allerdings umstritten — nicht im ersten Jahre, sondern nur dann giftig wirken, wenn sie mehrere Jahre auf demselben Felde angepflanzt werden. Auch soll durch Bestreuen der Lupinenäcker mit künstlichem Dünger die Lupinose verhindert werden, während sie mancherorts gerade nach Düngung mit Kainit bzw. nach Verfütterung von Lupinen auftreten soll, die auf einem mit Kali angereichertem Boden gewachsen sind.
Archiv für Tiercrnähmng, Band 12, Heft 6, 1962
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4. Erst in jüngster Zeit hat schließlich G A R D I N E R daraufhingewiesen, daß die in Australien nach Verfütterung von Lupinus varus und L. angustifolius beobachtete „Lupinose" durch eine vermehrte Ablagerung von Eisen in der Leber gekennzeichnet zu sein scheint. Eine Reihe pathologischer Merkmale gleicht denen der Hämochromatose des Menschen, jener Erkrankung mit gestörtem Eisenstoffwechsel, bei der es zu hochgradiger Eisenablagerung in zahlreichen inneren Organen kommt (auch: Bronzediabetes infolge Pigmentzirrhose der Leber und des Pankreas mit diabetischen Symptomen). Für das Zustandekommen der Krankheit soll danach der angeblich hohe Eisengehalt der Lupine von Bedeutung sein. Als entscheidend wird jedoch ein bisher unbekannter Fehler in der Pflanze angesehen, der in der Leber biochemische Veränderungen auslöst, die ihrerseits zu einer Absorption und Ablagerung des Eisens führen. So konnte nachgewiesen werden, daß beispielsweise die Haemonchose, die ebenfalls eine erhöhte Eisenabsorption hervorruft, eine krankheitsbegünstigende und auslösende Wirkung entfaltet. Ein Mangel an energieproduzierenden niederen Fettsäuren sowie ein Vitamin B 12 -Mangel scheinen bei der Entstehung dieser biochemischen Veränderungen eine Rolle zu spielen und stehen im Zusammenhang mit der verminderten Aktivität der Vormagenfauna und -flora. Eigene Untersuchungen Bei der in der DDR geplanten Ausdehnung des Süßlupinenbaues (1960: 19619 ha mit 13375 t Körnerertrag) und angesichts der zwar geringfügigen, jedoch regelmäßigen Verunreinigung der Süßlupinen mit Bitterlupinen, die durch eine spontane Mutation der Süßlupinen bedingt wird und deshalb nicht zu vermeiden ist, kommt der Beurteilung der Schadwirkung bei Verfütterung von Bitterlupinensamen eine große volkswirtschaftliche Bedeutung zu. In der landwirtschaftlichen Praxis interessiert es die Tierhalter sehr stark, wie hoch der Besatz mit bitteren Körnern im Süßlupinenschrot sein darf, bevor es bei den einzelnen Tierarten zu Futterschäden kommt. Diese Frage ist bisher im Schrifttum nicht sehr stark berücksichtigt worden, obwohl eine Reihe von Fütterungsversuchen mit reinen Süßlupinen ohne-bitteren Besatz mit guten Ergebnissen vorliegen. Da Schweine und Hühner Lupinen erfahrungsgemäß nur ungern aufnehmen und Schafe relativ hohe Dosen vertragen, wurde der Fütterungsversuch mit steigenden Dosen Bitterlupine an Kälbern durchgeführt. Verwendet wurde gereinigtes Saatgut von Lupinus luteus L., Sorte Bianka (Gelbe Süßlupine) und L. luteus L., Sorte Schwaka (Gelbe Bitterlupine). Von den verschiedenen Süßlupinenarten (weiß: Kraftquell, Nährquell; gelb: Bianka, Gülzower süße Gelbe; blau: Müncheberger süße Blaue, Gülzower süße Blaue) hat bisher die gelbe die weiteste Verbreitung als Futterpflanze gefunden. Vor allem als Grünfutterpflanze stellt sie, nach frühräumenden Feldfrüchten angebaut, selbst auf ärmsten, trockenen Sandboden, eine wertvolle Zwischenfrucht dar. Ihre Stengel stehen aufrecht und werden 30 bis 100 cm hoch. Die fingerig stehenden Fiederblättchen sind verkehrtlanzettlich, etwa fünfmal so lang als breit. Die Blüten sind kurz gestielt, in Quirlen stehend, Blumenkrone mit Deckblättchen gelb, wohlriechend. Die Blütezeit liegt im Juni/Juli, die Reife im September. Die schwach nierenförmigen Samen sind auf weißem Grunde schwarzfleckig oder umgekehrt auf schwarzem Grunde weißfleckig, 7,5 — 8,3 mm lang, 6,0—6,5 mm hoch und 3,2—3,6 mm dick. 9840 Samen wiegen 1 kg. Die Süßlupine zeichnet sich dadurch aus, daß sie nur langsam verholzt und somit bei fortschreitender Vegetation trotz steigender Erträge ihre Verdaulichkeit hur wenig zurückgeht. Die Samen insbesondere der Gelben Lupine zeichnen sich durch ihren außerordentlich hohen Gehalt an Rohprotein aus. Nachteilig wirkt es sich aus, daß die Lupinen stets in verschiedenen Reifestadien geerntet werden müssen. Wegen des sonst sehr starken Körnerausfalls wird daher ein erheblicher Teil der Samen stets noch unreif sein, schimmelt auch bei sorgfältigster Behandlung und leidet dadurch an Bekömmlichkeit.
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WIESNER, Zur Frage der sog. Lupinose
Wegen der hohen Kosten wird man bei der Verfütterung der Samen die Menge begrenzen und z. B. beim Rind nicht über 1,0—1,5 kg pro Tier und Tag hinausgehen. Diese Begrenzung empfiehlt sich außerdem, weil die Lupinen schwer verdaulich sind und leicht zu Verstopfungen Anlaß geben. Diese genannte und ökonomisch bedingte Menge wurde daher auch als Maßstab den eigenen Untersuchungen zugrunde gelegt. Eine Analyse der verfütterten Süß- und Bitterlupine ergab folgende Werte: Süßlupine /o Trockensubstanz Rohprotein Rohfett Rohfaser N-freie Extraktstoffe Asche Eisen* Gesamtalkaloide *
90,9 40,9 4,1 14,3 27,1 4,5 0,013 0,025
Bitterlupine /o 91,0 38,9 3,7 15,1 29,3 4,0 0,008 0,45
*) Für die Durchführung der Eisenbestimmung danke ich Herrn Hahnfeld, Institut für Vet.-Chemie (Dir.: Prof. Dr. Chomse). Die Gesamtaikaloidbestimmung nahm in dankenswerter Weise Herr Dipl.-Chem. Berschneider, Staatl. veterinärmed. Prüfungsinstitut (Dir.: Prof. Dr. Fechner), vor.
Die Analysenergebnisse zeigen u. a., daß der Alkaloidgehalt der verfütterten Bitterlupine mit 0,45% bereits unter der bisher im Schrifttum genannten N o r m liegt und daß auch der relativ niedrige Eisengehalt, der in der Süßlupine 0,013% beträgt und in der Bitterlupine noch weit geringer ist, in den vorliegenden Versuchen wohl kaum die einleitend unter 4) genannte Theorie der Lupinoseentstehung stützen dürfte. Dies erscheint um so einleuchtender, als frischer Spinat beispielsweise bereits etwa 1,5% Eisen enthält und beim Menschen bisher niemals Eisenablagerungen infolge Spinatgenusses ermittelt wurden. Die gesamte Versuchsdauer erstreckte sich über 7 Tage Vorperiode, 14 Tage Hauptperiode, 7 Tage Nachperiode. Tabelle 1 Verabfolgte Süßlupinenmengen in der Vor- und Nachperiode je Tier und Tag in kg Gruppe 1 (Kontrolle): Gruppe 2 Gruppe 3 Gruppe 4 Gruppe 5 Gruppe 6
Hannemann Dixi Peter Vroni Karl Halla Eliot Hanni Ingeborg Anasthasia Ebba Dahlia
0,5 0,5 0,9 0,9 0,9 0,8 0,6 0,7 0,6 0,6 0,7 0,4
In dieser Zeit erhielten die Tiere innerhalb der Vor- und Nachperiode nur Süßlupinen im Futter (Tab. 1), in der Hauptperiode hingegen in unterschiedlichem Maße
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Archiv für Tierernährung, Band 12, Heft 6, 1962
(0—80%) auch Bitterlupine (Tab. 2). Die während des gesamten Versuches verabfolgte Gesamtlupinenmenge (Tab. 3) betrug etwa 250 g/100 g Körpergewicht (Versuchsbeginn) und Tag. Das übrige Futter während des Versuches bestand aus (je nach Größe der Tiere) unterschiedlichen Mengen von Wiesenheu, Runkelrüben, Weizenkleie, Steffenschnitzeln und kohlensaurem Kalk. Das Kalb Dahlia erhielt außerdem einen geringen Vollmilchanteil. Die pro Tier und Tag verabfolgten Mengen Tabelle 2 Verabfolgte Süß- und Bitterlupinenmengen in der Hauptperiode je Tier und Tag
Gruppe
Name
Körpergewicht in kg
Lupine insges. in g
davon: Süßlupine /o
Bitterlupine
g
%
g
—
—
Hannemann Dixi
192 208
500 500
—
500 500
2
Peter Vroni
368 360
900 900
95 95
855 855
5 5
45 45
3
Karl Halla
366 312
900 800
90 90
810 720
10 10
90 80
4
Eliot Hanni
246 257
600 700
80 80
480 570
20 20
120 130
5
Ingeborg Anasthasia
217 216
600 600
60 60
380 380
40 40
220 220
6
Ebba Dahlia
271 165
700 400
20 20
140 80
80 80
500 320
1 (Kontrolle)
Tabelle 3 Insgesamt verabfolgte Süß- und Bitterlupinenmengen während aller drei Versuchsperioden in kg Süßlupinen Gruppe: 1 (Kontrolle)
Bitterlupinen
Hannemann Dixi
14,0 14,0
2
Peter Vroni
24,57 24,57
0,63 0,63
3
Karl Halla
23,94 21,28
1,26 1,02
4
Eliot Hanni
15,12 17,78
1,68 1,82
5
Ingeborg Anasthasia
13,72 13,72
3,08 3,08
6
Ebba Dahlia
11,76 6,72
7,84 4,48
—
302
WIESNER, Zur Frage der sog. Lupinose
an verdaul. R o h p r o t e i n schwankten z w i s c h e n 415 u n d 520 g bei einem EiweißStärkeverhältnis z w i s c h e n 1 : 4 , 5 u n d 1:6,2. V o r B e g i n n des Fütterungsversuches u n d während aller drei Versuchsperioden w u r d e n die Tiere regelmäßig klinisch untersucht; Temperatur, Puls, A t m u n g , K o n junktiven, A p p e t i t u n d Allgemeinbefinden, Z N S ( S o m n o l e n z , Schreckhaftigkeit, Krämpfe, L ä h m u n g e n ) , Kotbeschaffenheit, Harn (Sediment, Gallenfarbstoffe, Eiweiß). Bis auf das K a l b Ebba, das s o w o h l relativ als auch absolut den h ö c h s t e n Bitterlupinenanteil erhalten hatte ( 8 0 % = 500 g / T a g ) , zeigten alle übrigen Kälber keinerlei klinische Veränderungen, die auf ein Wirksamwerden der Lupinenalkaloide schließen ließen. Bei E b b a bestand bei mehreren Untersuchungen lediglich der Verdacht auf A u s s c h e i d u n g v o n Gallensäuren i m Harn, o h n e daß jedoch irgendeine andere Veränderung an diesem Tier zu bemerken g e w e s e n wäre. N a c h A b s c h l u ß des Versuches w u r d e zur pathologisch-anatomischen u n d -histologischen K o n t r o l l e ein Kalb jedes Versuchspaares geschlachtet, aber auch pathologisch-anatomisch w u r d e n keinerlei Veränderungen ermittelt, die auf eine L u p i n e n w i r k u n g schließen ließen. H i s t o l o g i s c h ergaben sich an Herz, Leber u n d N i e r e n f o l g e n d e B e f u n d e : Peter (Gruppe 2): Herz: Leber:
Rundzell- und Histiozyteninfiltration interstitiell + bis + + , Sarcosporidien + . Leberzellen unverändert. Kerne deutlich angefärbt u n d gut erhalten, keine auffallenden Kernveränderungen. Leberzellenbalken regelmäßig angeordnet. Kapillaren teilweise deutlich ausgeprägt und größtenteils leer. Gefäße zum Teil mit Blut gefüllt. Nieren: Lympho-histiozytäre Infiltrate - f . Karl (Gruppe 3): Herz: Leber:
Rundzell- und Histiozyteninfiltration interstitiell + bis + + , Sarcosporidien + + . Leberstruktur gut erkennbar, Zellen und Kerne erhalten, nur vereinzelte Kerne pyknotisch verändert. Einzelne ausgetretene Sternzellen mit Gallenfarbstoff beladen in den Kapillaren + . Zytoplasma gequollen + + , keine degenerativen oder entzündliche Vorgänge, keine Bindegewebszubildung. Nieren: Lympho-histiozytäre Infiltrate + . E l i o t (Gruppe 4): Herz: Leber:
Rundzell- und Histiozyteninfiltration interstitiell - f . Zellen gut ausgebildet, Kerne größtenteils unversehrt. Zwischen den Kapillaren Ablagerung geringer Mengen v o n Gallenpigment + + + , Zellinfiltrate + E n d o thelzellen leicht verdickt + . Nieren: Interstitielle Herdnephritis + + + , keine Ablagerungen. I n g e b o r g (Gruppe 5): Herz: Leber:
Rundzell- und Histiozyteninfiltration interstitiell + . Zellen u n d Kerne in der Mehrzahl unverändert. N u r ganz vereinzelt Gallenpigment in den Kapillaren abgelagert. Gefäße teilweise mit Blut gefüllt + , ferner Quellung (- + • Vereinzelt Rundzellherdchen + . Nieren: Interstitielle Herdnephritis + + . E b b a (Gruppe 6): Herz: Leber:
Rundzell- und Histiozyteninfiltration interstitiell + bis + + , Sarcosporidien + + . Zytoplasma gequollen + + + evtl. Fett? K a u m Kerndegenerationen (noch reversibler Stoffwechselschaden). Keine Fibrose. Endzündliche Reaktion im periportalen Raum. Eosinophile Leukozyten. Nieren: Lympho-histiozytäre Infiltrate dazu Ablagerungen in den Tubuli contorti (Eisen?).
Archiv f ü r Tierernährung, Band 12, H e f t 6 , 1 9 6 2
303
Diskussion Die Ätiologie der sogenannten „Lupinose" ist bis zum heutigen Tage keinesfalls geklärt. Nach allen bisherigen Untersuchungen scheinen eine Reihe von Faktoren ursächlich in Frage zu kommen: Verschiedene Alkaloide, das enzymatische Gift Iktrogen, die Zersetzungsprodukte saprophytärer Befallspilze und schließlich nach neueren Angaben ein angeblich hoher Eisengehalt der Lupinen. Da mit der Verfütterung von Lupinensamen als Folge einer geplanten Ausdehnung des Süßlupinenanbaues in stärkerem Umfang gerechnet werden muß, sollte in eigenen Untersuchungen ermittelt werden, bis zu welchen Mengen Lupinensamen verfüttert werden können, ohne, daß dabei mit Vergiftungserscheinungen gerechnet werden muß. Insbesondere interessierte die Frage, ob bei Verabfolgung ökonomisch vertretbarer reiner und mit Bitterlupine verunreinigter Süßlupinenmengen bereits Schadwirkungen auftreten oder ob diese erst zu befürchten sind nach Verfütterung von Lupinensamen in Mengen, die von vornherein unwirtschaftlich und somit kaum zu befürchten sind. Daneben sollte versucht werden, die Problematik der Ätiologie der Lupinose zu beleuchten. Ohne Zweifel sind in früheren Jahren nach Verabfolgung von Lupinensamen an Schafe und andere Wiederkäuer Krankheits- und Todesfälle beobachtet worden. Nach den vorliegenden eigenen Untersuchungen erscheint es jedoch fraglich, ob beim Rind bei Verwendung einwandfrei gewonnener und nicht mit giftigen Unkrautsamen verunreinigter Lupinensamen und bei Einhaltung wirtschaftlich vertretbarer Mengen unserer heimischen Lupinen die Erscheinungen der akuten „Lupinose" überhaupt beobachtet werden können. Einwandfreie Lupinensamen in Mengen zwischen 240 g (Dixi) und 280 g (Anasthasia) pro 100 kg Körpergewicht über einen Zeitraum von 4 Wochen verursachten weder klinisch noch pathologisch-anatomisch die im Schrifttum genannten Krankheitserscheinungen, selbst dann nicht, wenn während der Hauptperiode des Versuches (14 Tage) der Bitterlupinenanteil 5 bis 80% der Lupinenration ausmachte und die Tiere somit täglich bis zu maximal 2,3 g Lupinen-Gesamtalkaloide aufnahmen. Diese hohen Alkaloidmengen konnten jedoch nur erreicht werden durch den relativ hohen Bitterlupinenanteil bis zu 500 g pro Tag, der unter den Verhältnissen der breiten Fütterungspraxis kaum je gegeben werden dürfte. Selbst bei stärkster „Mutationsverunreinigung" dürften diese Mengen nicht im entferntesten erzielt werden. Wollte man den gleichen Gesamtalkaloidgehalt bei Zugrundelegung unserer Analysen lediglich durch Süßlupinensamen •erreichen, so müßten 9,2 kg verfüttert werden. Damit dürfte bereits gesagt sein, daß bei Innehaltung vernünftiger Dosen und bei mehrwöchiger Verabfolgung einwandfreier Samen unserer heimischen, alkaloidarmen gezüchteten Lupinen zumindest beim Rind kaum Schäden zu erwarten sind. Andererseits ist natürlich zu beachten, daß die häufig in sehr ungleichem Reifestadium geemteten Lupinen leicht zu Pilzbefall mit all seinen unangenehmen Folgen neigen. Man möchte daher annehmen, daß Schäden nach Verabfolgung unserer einheimischen Lupinen keine Alkaloidvergiftung darstellen, sondern auf einen Pilzbefall zurückgeführt werden und daher therapeutisch auch entsprechend anders als eine Alkaloidvergiftung behandelt werden müssen (Abführmittel, gärungswidrige Präparate, symptomatische Therapie). Wichtiger wäre in dieser Hinsicht allerdings die Züchtung von in ihrem
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WIESNER, Zur Frage der sog. Lupinose
Reifestadium möglichst homogenen Süßlupinenarten. Möglicherweise führt auch das „Totspritzen" der Lupinen vor der Ernte bereits zu einer Verminderung der Zahl der unreifen Lupinenkörner, die ja ihrerseits den günstigsten Nährboden für einen Pilzbefall darstellen. Obwohl bei Sektion des Versuchstieres Ebba in den Tubuli contorti der Verdacht auf Eisenablagerungen geäußert wurde, ist der Eisenanteil unserer heimischen Lupinensamen viel zu gering, als daß es zu Störungen des Eisenstoffwechsels kommen könnte. Im Höchstfall erhielten die Tiere pro Tag 0,11 g Eisen mit der Lupine, während ein Mensch beispielsweise bei einer Spinatmahlzeit von 0,5 kg bereits 7,5 g Eisen aufnimmt, ohne dabei Schaden zu nehmen. Es kann somit auch dem Eisen als ätiologischem Faktor bei der Entstehung der Lupinose nicht das Wort geredet werden. Zusammenfassung Nach eigenen Untersuchungen sind beim Rind nach mehrwöchiger Verfütterung einwandfrei geernteter und nicht durch giftige Unkrautsamen verunreinigter Samen der Sorte Bianka von Lupinus luteus L. (gelbe Süßlupine) unter den Verhältnissen der Praxis selbst dann keine Erscheinungen der sogenannten „Lupinose" zu erwarten, wenn nicht unerhebliche Teile Bitterlupine (Sorte Schwaka von Lupinus luteus L.) beigemischt werden. Es wird bezweifelt, daß bei der heute ausschließlich erfolgenden Verwendung alkaloidarmer Lupinen die „Lupinose" eine Alkaloidvergiftung ist und es wird vielmehr angenommen, daß den Samen anhaftende Befallspilze die bekannten Krankheitserscheinungen bedingen. Zur Vermeidung solcher Schäden sollte daher größter Wert auf die einwandfreie Gewinnung des Futters gelegt werden. Literaturverzeichnis [1]
ARNOLD
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SCHNEIDEMÜHL,
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305 Aus dem Institut für Agrikulturchemie und Bodenkunde der Universität Rostock (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. K. NEHRING) K.
NEHRING
und
I.
SCHRÖDER
Untersuchungen zur enzymatischen Hydrolyse von EiweißfutterstofFen (I. Mitteilung) Zur Methodik der enzymatischen Hydrolyse Bereits um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde die große Bedeutung des Eiweißes für die Ernährung von Mensch und Tier erkannt. Seine Sonderstellung ist dadurch bedingt, daß es durch keine anderen Nährstoffe wie Kohlenhydrate und Fette ersetzt werden kann. Die besondere Aufgabe des Eiweißes besteht darin, als Baumaterial für den Aufbau des zu einem großen Teil aus Eiweiß bestehenden tierischen Organismus zu dienen. Darüber hinaus sind die Proteine auf Grund der großen Anzahl der sie aufbauenden Aminosäuren zu einer Reihe von besonderen lebensnotwendigen Aufgaben befähigt, so zur Produktion von Fermenten und anderen Wirkstoffen, wobei einzelne Aminosäuren selbst katalytische Funktionen ausüben können und als Wirkstoffe anzusprechen sind, zur Abgabe von Methylbzw. Sulfhydrilgruppen und wie die übrigen organischen Nährstoffe zur Fettbildung, zur Leistung von Arbeit und als Verbrennungsmaterial für energetische Zwecke. Auch die Verdaulichkeit der anderen Nährstoffe wird durch den Eiweißgehalt in der Futterration beeinflußt und zwar günstig durch eine Erhöhung der Eiweißzufuhr. Wird das Eiweiß im Baustoffwechsel nicht benötigt, so kann es als solches nicht gespeichert werden und geht in den Energiestoffwechsel, wobei die Verwertung jedoch wesentlich ungünstiger ist als die der anderen Nährstoffgruppen. Aus diesen Betrachtungen geht hervor, daß zwar eine ständige Zufuhr an Eiweiß lebensnotwendig ist, daß aber bei zu reichlichem Angebot die Verwertung zurückgeht. In der Tierernährung ist daher im Interesse einer rationellen Fütterung eine Berücksichtigung dieser Erkenntnisse um so notwendiger, als das Eiweiß im allgemeinen den teuersten Nährstoff darstellt bzw. nicht in der erforderlichen Menge zur Verfügung steht. Die Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte zeigten, daß bei der Deckung des Eiweißbedarfs nicht nur die Quantität, sondern die Qualität des zugeführten Proteins entscheidend ist, da der tierische Organismus auf eine ständige Zufuhr aller essentiellen Aminosäuren angewiesen ist. Nach Ermittlung dieser essentiellen Aminosäuren wurde ihr Wert für den Organismus durch den Begriff der biologischen Wertigkeit definiert. Es zeigte sich jedoch, daß diese biologische Wertigkeit der Proteine nicht durch die bloße Anwesenheit dieser Aminosäuren bestimmt wird, sondern eine optimale Aminosäureausnutzung und Proteinsynthese im Organismus nur dann eintreten kann, wenn die Aminosäuren in bestimmten Relationen und gleichzeitig bei der Synthese zur Verfügung stehen. Die in den letzten Jahren nach Erarbeitung der quantitativen Bestimmungsmethoden von Aminosäuren, der chromatographischen und mikrobiologischen, in verstärktem Maße durchgeführten Bausteinanalysen zur Ermittlung der Aminosäurekonzentration in den verschiedenen EiweißfutterstofFen, sind daher nicht ausreichend, um Aussagen über den realen Wert der vorliegenden Aminosäuren machen zu können, da in dieser Methode der Gehaltsbestimmung einmal die Fehler der nicht erfaßbaren enzymatischen Verfügbarkeit der Aminosäuren und zum andern der nicht vollständigen Ausnutzung der Proteine durch den Organismus enthalten sein müssen. Als Ergänzung dieser gehaltsmäßigen Erfassung der Aminosäuren in den Nahrungsmitteln und Futterstoffen sind daher Untersuchungen erforderlich, um den
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NEHRING und SCHRÖDER, Enzymatische Hydrolyse von Eiweißfutterstoffen
Vorgang der enzymatischen Aufspaltung der Proteine im Magendarmtraktus zu erfassen. Während für das Studium physiologischer Vorgänge im tierischen Organismus das Tierexperiment unentbehrlich ist, besteht bei der Erforschung der Verdauungsvorgänge, also der enzymatischen Hydrolyse, die Möglichkeit, die Verdauungsfermente unter Bedingungen, die den Verhältnissen im Organismus möglichst genau entsprechen, einwirken zu lassen. Für die Lösung des Problems der Eiweißaufspaltung im Magen-Darm-Traktus sind folgende Fragen von nicht unwesentlicher Bedeutung: 1. Wie weit unterscheiden sich die einzelnen Eiweißfutterstoffe hinsichtlich ihrer enzymatischen Aufspaltung? 2. In welchen Relationen erfolgt die enzymatische Freisetzung der Aminosäuren aus diesen Futterstoffen? 3. In welchem Umfang sind im Verdauungsrückstand enzymatisch nicht freisetzbare Aminosäuren enthalten? In diesem Fragenkomplex sind also im besonderen das erwähnte Problem der nicht vollständigen Ausnutzung der Proteine durch den Organismus und die unterschiedliche enzymatische Verfügbarkeit der Aminosäuren enthalten. Von entscheidendem Einfluß auf enzymatische Untersuchungen sind die Methodik und eine Reihe von Faktoren, über die in der vorliegenden Arbeit berichtet werden soll. Zur Untersuchung der Proteinaufspaltung im Magen-Darm-Traktus ist es bei Versuchen in vitro erforderlich, die Bedingungen den Verhältnissen im tierischen Organismus so weit wie möglich anzupassen. Es wurde daher bewußt von der Verwendung kristalliner Fermente Abstand genommen. Um den Fermentkomplex im Organismus zu entsprechen, schienen uns die Rohfermente, wie sie von der Firma VEB Chemische Fabrik Grünau, Werk Rostock, hergestellt wurden, geeignet zu sein. Diese Rohfermentpräparate besitzen eine hohe Aktivität, so daß mit einer kleinen Menge die größtmögliche Wirkung erzielt und die Verunreinigung des Substrats durch das Fermentprotein innerhalb der Fehlergrenze der Methode gehalten werden kann. Aus dem gleichen Grunde wurde auf die Aktivierung des zunächst vorliegenden Trypsinogens mittels Enterokinase verzichtet und das Trypsinogen autokatalytisch aktiviert. Eine Anwendung von Erepsin hielten wir, wie weiter unten begründet wird, ebenfalls für nicht erforderlich. Es kamen daher als Fermentpräparate Rohpepsin und Rohtrypsin in hoher Aktivität zur Anwendung. 1. D i e F e r m e n t e Da für den Reinheits- und Wirkungsgrad der Fermente das Herstellungsverfahren entscheidend ist, soll im folgenden die Gewinnung der Fermente angegeben werden. a) Die Gewinnung von Pepsin Das Pepsin wurde aus der Magenschleimhaut des Schweins gewonnen. Die Umwandlung des Pepsinogens in Pepsin erfolgte durch Autolyse bei schwach saurer Reaktion. Nach einer 24stündigen Behandlung der entfetteten und zerkleinerten
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Schleimhäute mit angesäuertem Wasser (HCl) wurden die Schleimhautmassen abgetrennt und die pepsinhaltige Lösung nach der Klärung mit Kochsalz versetzt, bis sich schlammige Verunreinigungen absetzten, die abgetrennt wurden. Die geklärte Pepsinlösung wurde mit Kochsalz unter Zusatz von HCl gesättigt, bis sich ein Niederschlag von Pepsin bildete, der abfiltriert, vorsichtig getrocknet und gepulvert wurde. b) Die Gewinnung von Trypsin (nach Angaben von PRIESTER — Chemische Fabrik Grünau, Werk Rostock) Die zerkleinerten Pankreasdrüsen wurden mit der doppelten Menge Aceton zweimal extrahiert, getrocknet und pulverisiert, das als Pankreatin bezeichnete Produkt mit der zehnfachen Menge 20—25%igen Alkohols extrahiert und das Trypsin mit 96%igem Alkohol wieder ausgefällt. Nach der Abtrennung des Niederschlages durch Filtrieren oder Zentrifugieren wurde die gelbliche, schlammige Masse bei maximal 40 °C getrocknet und gemahlen. Das so erhaltene Produkt besitzt durchschnittlich eine Aktivität von ca. 100000 F G E . Höhere Aktivitäten werden durch weitere Umfällungen erhalten. So erhielten wir nach der 2. und 3. Umfällung Präparate mit einer Aktivität von 256000 bzw. 500000 F G E . Weitere Aktivitätssteigerungen waren nicht zu erzielen. Wir sehen damit die Aktivität von 500000 F G E als die höchste unter diesen Bedingungen erreichbare Aktivität an. Bei enzymatischen Arbeiten, die sich über längere Zeiträume erstrecken, ist es im Interesse der Reproduzierbarkeit der Ergebnisse notwendig, in bestimmten Zeitabständen die Fermente auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Zur Ermittlung der peptischen Aktivität wurde die Bestimmungsmethode nach E G E [2] durchgeführt und die Aktivität in E E (Ege-Einheiten) angegeben. Das von uns verwendete Pepsinpräparat 1 :8000 hatte pro 1 g = 8000 E E . Zur Ermittlung der tryptischen Aktivität wurde die Bestimmungsmethode nach FULD-GROSS [5] durchgeführt und die Aktivität in F G E (Fuld-Gross-Einheiten) angegeben. Die verwendeten Trypsinpräparate hatten Aktivitäten von 100000 F G E und 500000 F G E . Nach Literaturangaben müssen unter den verwendeten Pepsin- und Trypsinpräparaten Fermentgemische verstanden werden. So besteht das Rohpepsin aus dem eigentlichen Pepsin (Northrop-Pepsin) [8], der Gelatinase [9] und dem Kathepsin [3, 4]. Insbesondere dem Kathepsin wird eine wesentliche Rolle bei der Eiweißverdauung zugemessen. Aus den Arbeiten von E . FREUDENBERG [3, 4] und S. BUCHS [1] geht hervor, daß das reine Magensekret sowie alle Pepsinpräparate, einschließlich des kristallinen Pepsins nach NORTHROP, neben der eigentlichen Pepsinwirkung die Wirkung des Kathepsins zeigen. In Untersuchungen von MASCH und HUCHTING [6] werden jedoch die zu dieser Theorie führenden Arbeiten, insbesondere diejenige von BUCHS angegriffen und widerlegt. Es ist daher schwierig, die Wirkung des reinen Pepsins zu begrenzen, so daß auch heute diese Frage noch nicht als restlos geklärt bezeichnet werden kann. Die Aufspaltung der Proteine erfolgt entsprechend den Anschauungen entweder nur bis zu den Polypeptiden oder in begrenztem Umfang bis zu den niederen Peptiden und Aminosäuren. Im Rohtrypsin sind neben dem eigentlichen Trypsin, das von v. EULER und OPPENHEIMER auch Tryptase genannt wird, das Chymotrypsin, die Carboxypoly22
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NEHRING und SCHRÖDER, Enzymatische Hydrolyse von Eiweißfutterstoffen
peptidase, die Aminopolypeptidase und Dipeptidase enthalten. Es war daher mit einer bis zu den Aminosäuren gehenden Hydrolyse zu rechnen. 2. D i e D u r c h f ü h r u n g d e r e n z y m a t i s c h e n H y d r o l y s e Die enzymatischen Hydrolysen wurden in 300-ml-Kölbclien im Brutschrank bei 38—39 °C durchgeführt. Zur Verhinderung von Fäulnisprozessen, besonders bei der tryptischen Hydrolyse, diente ein Zusatz von 1 ml Toluol und einigen Tropfen Chloroform. Die Kölbchen waren jeweils durch Watte verschlossen. Bei Hydrolysezeiten von 10 Minuten und 3 Stunden wurde langsam elektrisch gerührt, bei längeren Hydrolysezeiten genügte ein gelegentliches Umschütteln. Bei der peptischen Hydrolyse von Grünfutterstoffen wurde von einem pH-Wert 1,3 ausgegangen, bei den Futterstoffen Gerste, Raps, Lupine und Fleischmehl genügte ein pH 1,5, um noch nach 24stündiger Hydrolyse im pH-Optimum des Ferments zu sein. Der tryptischen Hydrolyse ging immer eine 3stündige peptische voraus. Nach dieser Vorhydrolyse wurde auf pH 8,5 eingestellt, wieder auf 38° C erwärmt und Trypsin zugefügt. Die Konstanthaltung des pH-Wertes im tryptischen Bereich erfolgte durch laufende Überprüfung und wenn notwendig, durch vorsichtige Zugabe von 1 n NaOH. Die Benutzung von Puffern schien nicht angebracht, da durch die hohe Salzkonzentration Störungen bei der papierchromatographischen Bestimmung auftreten. Nach erfolgter Hydrolyse wurde einige Minuten auf kochendem Wasserbad erhitzt, sofort auf 0°C abgekühlt und der nicht gelöste Anteil (Fraktion III) durch Zentrifugieren abgetrennt. Das Zentrifugat (Fraktion I und II) wurde neutralisiert — wobei ausfallende Polypeptide unberücksichtigt blieben — und vorsichtig im Vakuum bei 30°— maximal 40° C bis zur Trockne eingeengt. Durch Extraktion mit 80%igem Alkohol bei 0°C im Eisschrank erfolgte eine Auftrennung in „Polypeptide" (ungelöster Anteil — Fraktion II) und Aminosäuren + niedere Peptide (gelöster Anteil — Fraktion I). Es wird somit verstanden unter: Fraktion I Fraktion II Fraktion III
Aminosäuren und niedere Peptide „Polypeptide" Proteine.
Die enzymatischen Hydrolysen wurden jeweils in zwei Parallelen durchgeführt und nach Auftrennung in die drei Fraktionen und der anschließenden totalen Aufspaltung mittels einer Säurehydrolyse durch NH 2 -N-Bestimmungen kontrolliert. Bei Übereinstimmung der NH 2 -N-Werte wurden gleiche Mengen der beiden Parallelhydrolysate zu einem Hydrolysat vereinigt, das dann papierchromatographisch in 2 bis 5 Parallelen mit jeweils 5 Auftragungen (entsprechend 10 bis 25 Einzelwerte) untersucht wurde. Durch diese Methodik sollte der individuelle Einfluß einer Einzelhydrolyse ausgeschaltet werden, ohne die Anzahl der Hydrolysen ins Grenzenlose anwachsen zu lassen. 3. D e r E i n f l u ß d e r F e r m e n t m e n g e auf d i e P r o t e i n s p a l t u n g Die Untersuchungen von N O R T H R O P [8] zeigten, daß i ü r reine Pepsinlösungen eine völlige Proportionalität zwischen Reaktionsgeschwindigkeit und Enzymmenge besteht, bei unreinen Pepsinpräparaten jedoch nicht.
309
A r c h i v f ü r T i e r e r n ä h r u n g , Band 12, H e f t 6 , 1 9 6 2
Um einmal die größtmögliche enzymatische Wirkung zu erzielen und andererseits die Verunreinigung des Substrats durch das Fermentprotein innerhalb der Fehlergrenze der Methodik zu halten, wurden Untersuchungen zur Ermittlung der günstigsten Fermentmenge durchgeführt. Es zeigte sich, daß eine Menge von 20 mg Pepsin pro 200 mg Substrat-N auszureichen scheint, um die peptisch hydrolysierbaren Bindungen zu lösen. Bei Trypsin dagegen nimmt die Wirkung auch oberhalb von 20 mg mit steigenden Mengen zu. Die Fermentmenge pro Ansatz, d. h., pro 200 mg Substrat-N betrug daher jeweils 20 mg Pepsin (ca. 1% v. Gesamt-N) bzw. 40 mg Trypsin (ca. 2% v. Gesamt-N) und konnte unberücksichtigt bleiben. Um die Reproduzierbarkeit der Wirkung verschiedener Fermentpräparate auf die Peptidbindung der Proteine in qualitativer Hinsicht zu ermitteln, wurde die DNFB-Methode angewendet. Es erfolgte die Bestimmung der NH 2 -endständigen Aminosäuren der Fraktion II peptischer Hydrolysate. Bei Verwendung 4 verschiedener Pepsine (1:4.200,1 :4.900,1:6.500 und 1:9.000) ergaben sich keine Differenzen. Als endständige Aminosäuren wurden jeweils gefunden: Leucin/Isoleucin, Phenylalanin, Valirl, Alanin, Threonin, Glycin, Serin, Glutaminsäure und Asparaginsäure. 4. D i e E r m i t t l u n g d e s „ A u s g a n g s - p H " b e i d e r p e p t i s c h e n H y d r o l y s e Während bei der tryptischen Hydrolyse nach einer Hydrolysedauer von einigen Stunden ein Absinken des pH-Wertes festzustellen ist, steigt bei der peptischen Hydrolyse von Eiweißfutterstoffen schon nach sehr kürzer Zeit der pH-Wert an. Um die Wasserstoffionenkonzentration im pH-Wirkungsoptimum der Fermente zu halten, wurde bei der tryptischen Hydrolyse der pH-Wert durch Zugabe von In NaOH reguliert. Bei der peptischen Hydrolyse wurde von einem niederen pH-Wert ausgegangen („Ausgangs-pH"), da sich bei Voruntersuchungen herausgestellt hatte, daß bereits nach den ersten beiden Stunden praktisch ein konstanter Wert erreicht wird. Dieses „Ausgangs-pH" wurde für die Hydrolyse einer Anzahl von Futterstoffen ermittelt (s. Abb. 1). 3,0
zulässige
2.0-
•
F
Schwankung
Optimum
1,5-
1,0• 0
10
20
30
iO
Luzerne
Erbse
Gerste, Fleischmehl
Ca sein
SO
Hydrolysezelt
in
Std.
+ +++ + ++++
Abbildung 1. pH-Verschiebung während der peptischen Hydrolyse. Substrat: Luzerne, Erbse, Gerste, Fleischmehl und Casein 22*
310
NEHRING und SCHRÖDER, Enzymatische Hydrolyse von Eiweißfutterstoffen
zulässige
Schwankung
Optimum
0
10
20
30
40
SO Hydnlysezeit
in Std.
Abbildung 2. pH-Verschiebung während der peptischen Hydrolyse. Substrat: Luzerne
Wie aus den Kurven ersichtlich ist, wird bei den Futterstoffen Erbse, Gerste, Fleischmehl und Casein bereits nach der ersten Stunde ein pH-Wert erreicht, der im pH-Wirkungsoptimum (um pH 2) liegt und praktisch konstant ist, wenn als „Ausgangs-pH" 1,5 gewählt wird. Für die Grünfutterstoffe, wie Luzerne und Klee wurde ein „Ausgangs-pH" von 1,3 ermittelt, s. Abb. 2. Auf Grund dieser Ergebnisse wurde bei allen peptischen Hydrolysen bei Grünfutterstoffen ein „Ausgangs-pH" von 1,3, bei Gerste, Raps, Lupine und Fleischmehl von 1,5 gewählt. 5. D e r Z u s t a n d d e s U n t e r s u c h u n g s m a t e r i a l s Die enzymatische Spaltbarkeit einer Peptidbindung kann durch verschiedene Faktoren beeinflußt werden. Als der wichtigste hat allgemein der Einfluß der Temperatur bei der Trocknung des Untersuchungsmaterials zu gelten, da zu hohe Trockentemperaturen bei den Futterstoffen sich entscheidend auf die Bindung der Proteine und auf die Reaktion mit Kohlenhydraten (Bräunungsreaktion) auswirken können. Während im allgemeinen eine erhöhte Trockentemperatur zu einer Beeinträchtigung der enzymatischen Freisetzung der Aminosäuren führt, ist jedoch auch gezeigt worden [7], daß durch Erhitzen des Sojabohnenölkuchens und auch anderer pflanzlicher Futterstoffe in gewissen Temperaturbereichen die enzymatische Verfügbarkeit der Aminosäuren erhöht wird. Auch durch eine Vorkochung kann die Spaltbarkeit der Peptidbindung im ungünstigen Sinne beeinflußt werden; so fanden U N V E R D O R B E N und F I S C H E R [11], daß sich der Verdauungskoeffizient nach Vorkochen stets verminderte, oder wie unsere orientierenden Untersuchungen zeigten, daß durch ein Vorkochen von 30 Minuten bis 2 Stunden der N-Gehalt im enzymatischen Rückstand (Fraktion III) bei der kombinierten peptischen und tryptischen Verdauung von Markstammkohl und Gerste laufend zunahm, während die NH 2 -N-Werte in der Fraktion I zurückgingen.
311
Archiv für Tierernährung, Band 12, Heft 6, 1962
Zur Erklärung dieser unterschiedlichen Wirkung der Temperatur auf die Spaltbarkeit der Peptidbindung ist eine Reihe Faktoren zu berücksichtigen, die einen bestimmenden Einfluß ausüben können, so 1. 2. 3. 4. 5.
Die Höhe der Temperatur Die Erhitzungsdauer Das Erhitzen im wäßrigen Medium (Kochen) oder im festen Zustand Die Anwesenheit von reduzierenden Kohlenhydraten Die Anwesenheit von Inhibitoren.
Geringe und kurzfristige Temperaturerhöhungen, die nur zur Koagulation der Proteine führen und keine weiteren Veränderungen im Proteinverband bewirken, sind in der Lage, die enzymatische Verfügbarkeit der Aminosäuren zu erhöhen. Veränderungen der Proteine werden ermöglicht durch höhere Temperaturen, eine längere Erhitzungsdauer und durch die Anwesenheit von reduzierenden Kohlenhydraten, so daß diese Faktoren zu einer geringeren enzymatischen Freisetzung der Aminosäuren führen. Bei Anwesenheit von Fermentinhibitoren können diese durch Erhitzen in festem Zustand zerstört werden, so daß eine Fermenthemmung vermieden und die Verfügbarkeit erhöht wird. Um den Einfluß einer höheren Trockentemperatur auf die zu untersuchenden Futterstoffe zu ermitteln, wurden für diese Versuche das Fleischmehl (mit hohem Proteingehalt), die Gerste (mit hohem Kohlenhydratgehalt) und die Lupine (mit mittlerem Gehalt an Protein und Kohlenhydraten) ausgewählt. Die Futterstoffe wurden einer östündigen Hitzebehandlung von 105°C ausgesetzt. Anschließend folgte eine 3stündige peptische und 48stündige tryptische Hydrolyse, um die evtl. vorhandene unterschiedliche Spaltbarkeit voll erfassen zu können. Es wurde der NH 2 -N-Gehalt bestimmt, da uns die Erfassung der enzymatisch freigesetzten NH 2 -N-Gruppen als das deutlichste Kriterium auf die Lösung der Peptidbindungen erschien. Durch Vergleich mit nicht erhitzten Proben wurde die Spaltungserniedrigung bestimmt, s. Tab. 1. Tabelle 1 Einfluß von höherer Trockentemperatur auf die enzymatische Spaltbarkeit der Proteine NH 2 -N-Gehalt d. enzym. Hydrolysates der Fraktion I
NH 2 -N-Gehalt d. enzym. Rückst, im Druckhydrolysat Fraktion III
erhitzt mg
%
nicht erhitzt mg
erhitzt mg
58,4
52,6
9,9
_
_
23,1
18,3
20,8
6,9
6,9
42,8
38,7
9,6
2,6
2,6
nicht erhitzt mg Fleischmehl (1.6 g) Gerste (10,2 g) Lupine (2,8 g)
Spaltungserniedrigung
Bestimmt wurden der NH 2 -N-Gehalt.der Fraktion I und Fraktion III (nach Säurehydrolyse).
312
NEHRING und SCHRÖDER, Enzymatische Hydrolyse von Eiweißfutterstoffen
Wie aus der Tabelle hervorgeht, drückt sich der Temperatureinfluß insbesondere in einer Spaltungserniedrigung der Fraktion I aus, während in der Fraktion III keine Unterschiede vorhanden sind. Es dürfte daraus geschlossen werden können, daß nicht alle Peptidbindungen in gleicher Weise einer Veränderung unterliegen, sondern lediglich Peptidbindungen, die von bestimmten Aminosäuren gebildet werden. Es besteht also eine unterschiedliche Reaktionsfähigkeit der Aminosäuren im Peptidverband, ähnlich der unterschiedlichen Empfindlichkeit der Aminosäuren bei der Säurehydrolyse in Gegenwart von Kohlenhydraten. Bei erhitztem Material gelangt dieselbe Eiweißmenge in Lösung, da hierzu lediglich die Spaltung weniger Peptidbindungen erforderlich ist, die durch die Erhitzung keiner Veränderung unterlagen. Erst bei der weiteren Aufspaltung ergeben sich dadurch Unterschiede, daß gewisse Aminosäuren in der Peptidkette durch Reaktion mit den Kohlenhydraten die Substrat-Ferment-Bindung nicht ermöglichen und dadurch die Spaltung verhindern. Der Einfluß einer höheren Trockentemperatur auf die Spaltbarkeit der Peptidbindungen ist also insbesondere bei höherem Kohlenhydratgehaltwirksam und kann zu einer nicht unwesentlichen ernährungsphysiologischen Wertminderung der Futterproteine führen. Durch die Bildung enzymresistenter Komplexe wird die Wirksamkeit der Verdauungsfermente erschwert und dadurch die biologische Wertigkeit des Proteins beeinträchtigt. Es darf heute als sicher angenommen werden, daß durch eine erhöhte Trockentemperatur zwischen den Amino- und Carboxyl-Gruppen der Proteine und Kohlenhydrate sogenannte Carboxyl-Amino-Polykondensationen stattfinden (MaillardReaktion) und dadurch die Spaltungserniedrigung der Proteine zu erklären ist. Das Problem der Trocknung von Futterstoffen erscheint daher von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Aus diesen Untersuchungen ist ersichtlich, daß insbesondere bei enzymatischen Arbeiten der Zustand des Untersuchungsmaterials einen nicht unwesentlichen Einfluß auf die Ergebnisse haben kann und daher eine sorgfältige Aufbereitung der Futterstoffe erforderlich ist. Zusammenfassung Als Vorbereitung für die Durchführung enzymatischer Arbeiten zur Ermittlung der Wirkung der Proteasen Pepsin und Trypsin auf Eiweißfutterstoffe wurde über methodische Untersuchungen zur enzymatischen Hydrolyse und über Faktoren, die für enzymatische Arbeiten von Wichtigkeit sind, berichtet. Insbesondere wurden behandelt die Art der verwendeten Fermente, die Fermentkonzentration, die Durchführung der enzymatischen Hydrolyse, die Einhaltung des pH-Optimums und der Zustand des Untersuchungsmaterials. Literaturverzeichnis [1] BUCHS, S.: Die Biologie des Magenkathepsins. Basel, New York 1947. Enzymologie 13, 208 (1949); Biochem. Z. 320, 247, 1950 [2] EGE, R. und P. MENCK-THYGESEN : Biochem. Z. 264, 1 3 - 1 8 , 1933 [3] FREUDENBERG, E.: Enzymologia [Den Haag] 8, 385, 1940 [4] FREUDENBERG, E.: Ann. paediatr., Basel 1 5 6 , 1 2 4 , 1 9 4 2 , zit. in „Physiologische Chemie" v o n B . F L A S C H E N T R Ä G E R u n d E . LEHNARTZ. S p r i n g e r - V e r l a g B d . 1 ,
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Archiv für Tierernährung, Band 12, Heft 6, 1962
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and W . W .
CRAVENS:
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[11] UNVERDORBEN, O . u n d R . F I S C H E R : Z . T i e r e r n ä h r . F u t t e r m i t t e l k u n d e 5 , 1 7 4 — 2 0 2 , 1 9 4 1 Eingegangen am 18. 8.1962
315 Institut für Acker- und Pflanzenbau der Humboldt-Universität zu Berlin (Direktor: Prof. Dr. E. RUBENS A M )
W . BREUNIG
Der Einfluß der Verdauungsleistung des Schafes auf Samen verschiedener Grünlandpflanzen und deren Keimfähigkeit Immer wieder kann man beobachten, daß weidende Rinder im Spätsommer und Herbst mit Vorliebe die reifen Samenstände der Rasenschmiele (Deschampsia caespitosa) abstreifen und aufnehmen (Abb. 1). Die übrigen Pflanzenteile dieses Grases werden — besonders im älteren Stadium — von den Tieren strikt gemieden. Neben dem niedrigeren Si0 2 -Gehalt der Rispen gegenüber den Blatt- und Halmteilen [HORN, 3] sind für die bevorzugte Aufnahme der Fruchtstände u. U. spezielle In-
A b b . 1. V o n weidenden Rindern abgestreifte Samenständer der Rasenschmiele
(Deschampsia
caespitosä)
haltstoffe der Samen verantwortlich zu machen. Das sollte aber nicht Gegenstand unserer Untersuchung sein. Wir interessierten uns vielmehr für die Frage des Einflusses der Darmpassage auf die Keimfähigkeit der Rasenschmielensamen, um hier eventuell einen Weg der Verbreitung dieses gefürchteten Schadgrases der wechselfeuchten Grünlandstandorte zu finden. Die Rasenschmiele nimmt derzeit auf vielen Grünlandflächen, vor allem auf dem Niederungsmoor, einen hohen Anteil ein. Da die Weidetiere diese Pflanze wegen der starken Verkieselung von Halm und Blatt nur zum Wuchsbeginn und auch da nur zaghaft fressen, bringt sie unter ihr zusagenden Bedingungen eine empfindliche Ertrags- und Qualitätseinbuße des Pflanzenbestandes mit sich. Außerdem ist sie als horstig-bültig wachsendes Gras der Bewirt-
316
BREUNIG, Einfluß der Verdauungsleistung des Schafes auf Samen
schaftung sehr hinderlich, und es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, die Rasenschmiele zurückzudrängen bzw. ihrer Verbreitung Einhalt zu gebieten. Daher versuchten wir die Frage zu klären, ob ein Teil der von den Rindern mit den Rispen aufgenommenen Samen ohne Verlust seiner Keimfähigkeit den Verdauungstraktus passieren kann. Damit wäre eine Möglichkeit des Keimens und Weiterverbreitens über die auf der Weide abgesetzten Exkremente gegeben. Dieser Umstand könnte das Gedeihen von Jungpflanzen der Rasenschmiele begünstigen, da dieselben relativ schattenempfindlich sind und in geschlossenen dichten Pflanzenbeständen kaum Aufgangschancen haben, auf der Narbenlücke eines Kuhfladens jedoch günstige Wuchsbedingungen fänden. Leider konnten wir nicht die Voraussetzungen für einen Verdauungsversuch mit Rindern schaffen. Als Ersatz riet uns der damalige Direktor des Institutes für Tierernährungslehre der Landw.-Gärtnerischen Fakultät, E. M A N G O L D , zu Schafen, die das Institut zur Verfügung stellte, und überdies erhielten wir die freundliche Unterstützung des ehemaligen wissenschaftlichen Oberassistenten dieses Institutes, Dr. L . L E N N E R T S , dem hierfür nochmals herzlich gedankt sei. Der Versuch lief im Winter 1 9 5 7 / 5 8 mit Merino-Hammeln, die dazu in Einzelboxen untergebracht wurden. Vergleiche mit Rinderverdauungsversuchen von L E N N A R T Z [6] und S A L Z M A N N [ 9 ] bestätigten später unsere Annahme, daß die längere Verweildauer des Futters im Darmtraktus der Schafe [ N U S S H A G , 8 u. a.] eine intensive Verdauung der gefütterten Samen und damit eine mindestens ähnlich starke Beeinflussung ihrer Keimfähigkeit wie beim Rind mit sich bringt. Versuchsablauf und Ergebnisse. Neben Rasenschmiele (Deschampsia caespitosa) sollte die Veränderung der Keimfähigkeit bei Weißklee ( T r i f o l i u m repens), Mittlerem Wegerich (Plantago media) und Gänseblümchen (Bellis perennis) geprüft werden. Am 6. 2. 1957 kamen zwei zweijährige Hammel in die Boxen, um sich an Versuchsgeschirr und Umgebung zu gewöhnen. Als Futterration wurden pro Tier und Tag 400 g Hafer und 600 g Häckselstroh verabreicht. Heugaben unterblieben, um Fremdsamen möglichst auszuschalten. Am 11.2. begann die erste Hauptversuchsperiode mit der Verfütterung von 5000 WeißkleesarAen (3—4 g ) an jeden Hammel. Zur besseren Aufnahme hat sich das Vermischen der Kleesamen mit etwas angefeuchtetem Hafer gut bewährt. Für die Untersuchung wurde der in Beuteln aufgefangene Kot vom 2. bis 5. Tag nach der Verfütterung tageweise gesammelt, in größeren Schalen vorgetrocknet und dann vorsichtig fein gemörsert. Die gewichtsmäßige Hälfte des Kotes kam, in einer 3—4 cm starken Schicht (ähnlich dem Fladen) ausgebreitet, bei warmer Wechseltemperatur (16 Std. 30° C, 8 Std. 18°C) und täglicher Anfeuchtung bis zum Wasseraustritt, in einen Keimversuch. Dabei sollten Keimung und Aufgang des Klees in den Exkrementen beobachtet werden. Nach 21 Tagen hatten sich im Kot von Hammel I 44 Keimpflanzen und Hammel II 61 Keimpflanzen entwickelt. Das wären etwa 4,5% bzw. 6% der verfütterten Samen, wenn man zugrunde legt, daß am 5 . Tag der größte Teil der Samen ausgeschieden ist, wie L E N K E I T [ 5 ] und C O L U M B U S [ 1 ] in Darmdurchgangs-Versuchen festgestellt haben.
317
Archiv für Tierernährung, Band 12, Heft 6, 1962
Die andere Hälfte des gemörserten Kotes war nach 2—3 Tagen Lufttrocknung siebfähig und wurde durch ein 2 mm-Sieb in dünner Schicht auf eine Glasplatte geschüttelt, um die recht gut kenntlichen Kleesamen herauszusuchen. Diese kamen nun bei Wechseltemperaturen von 8 Std. 30° C und 16 Std. 18°C zusammen mit einer Vergleichsprobe unbehandelter Samen in einen normalen Keimversuch. Die am 23. 2.' angesetzten Samen zeigten am 11. 3. auf den in fünffacher Wiederholung aufgestellten Keimschalen folgende durchschnittliche Keimfähigkeit: Prozentsatz der gekeimten Samen
Probe v o m :
Hammel I
13. 14. 15. 16.
2. 2. 2. 2.
(2. Durchgangstag) (3. (4. (5.
Hammel II
13. 14. 15. 16.
2. 2. 2. 2.
(2. Durchgangstag) (3. (4. (5.
16% 8% 2% ' 3% durchschn. 9,2% 10% 15% 12% 24% durchschn.
Unbehandelte Vergleichsprobe
|
10,2% 62%
Die unverdaut im Kot gefundenen Samen hatten ihre Keimfähigkeit weitgehend eingebüßt. Durchschnittlich keimten nur etwa 9—10% gegenüber 62% der Vergleichsprobe. Die Tendenz der Keimfähigkeitsminderung mit verlängerter Verweildauer des Klees im Verdauungskanal kam bei beiden Tieren zum Ausdruck. Eine verbesserte Keimung von im Kot verbliebenen Samen, wie sie S A L Z M A N N [9] erwähnt, konnten wir nicht feststellen. Außerdem lagen unsere Ergebnisse weiter unter den von S A L Z M A N N [9] und L E N N A R T Z [6] veröffentlichten Keimzahlen aus Rinderverdauungsversuchen mit Grünlandsämereien. Anschließend an die als Testversuch gedachte Weißkleefütterung verabreichten wir den Schafen am 18. 2. nach der beschriebenen Methode je 10000 Stück Rasenschmielensamen. Das Auffinden der Samen bereitete jedoch ungleich größere Schwierigkeiten, weil sich die feinen Haare der winzigen Grasfrüchte stark mit Kotteilchen verklebt hatten. Auch das Anfärben von 1000 Samen je Tier mit FuchsinDiamantlösung konnte die Arbeit nicht erleichtern, da eine braungrüne Kruste die Farbe überdeckte. Nach intensivem Suchen gelang es, aus der halben Kotmenge eines jeden Hammels 200 Samen herauszufinden. Auf eine tageweise Staffelung des Keimversuches mußte daher verzichtet werden. Die am 11.3. angesetzten Rasenschmielenproben brachten nach 19 Tagen Keimzeit nachstehendes Ergebnis: Hammel I Hammel II unbehandelte Vergleichsprobe
1 7 % Keimfähigkeit 1 9 % Keimfähigkeit 10%
318
BREUNIG, Einfluß der Verdauungsleistung des Schafes auf Samen
Die niedrige Keimzahl der unbehandelten Probe kann als Bestätigung der von [ 3 ] gefundenen herabgesetzten Keimfähigkeit der Rasenschmiele in den Wintermonaten angesehen werden. Die Passage des Verdauungskanals scheint dagegen die Keimung der unversehrt ausgeschiedenen Samen zu begünstigen. Die zweite Hälfte des Kotes wurde, wie bereits beschrieben, wiederum als Ganzes in einen parallelen Keimversuch genommen. Diese Kotschalen bzw. die darin enthaltenen durch den Darm gegangenen Samen ergaben nach 21 Tagen folgende Keimpflanzenzahlen: HORN
Ausscheidung am 20. 21. 22. 23.
2. 2. 2. 2.
Durchgangstag 2. 3. 4. 5.
Hammel I
Hammel II
27 Keimpflanzen 19 21 5 „ t
36 Keimpflanzen 34 11 16
insges. 72 Keimpflanzen
97 Keimpflanzen
Ausgehend von der gefütterten Menge (10000 Samen je Tier) sind diese 169 Keimpflanzen (in der halben Kotmenge) nicht einmal 2%. Doch es gilt zu bedenken, daß die Tiere auf der Weide bereits an einer einzigen großen nichtgemähten Bülte der Rasenschmiele bis zu 100000 Samen finden. Ein solcher Horst könnte somit, allen Keimlingen gute Entwicklungsbedingungen zugebilligt, über den Kot 1500 neue Rasenschmielenpflanzen hervorbringen. Theoretische Berechnungen solcher Art ergeben unvorstellbare Zahlen, doch sie sind müßig, weil die Natur einem Bruchteil der Samen Lebenschancen einräumt. Aber andererseits wird dabei klar, daß die Erhaltung der Rasenschmiele bei zusagenden Standortverhältnissen millionenfach gesichert ist. Der Kuhfladen kann auch anfliegenden Samen die Möglichkeit zum Keimen bieten. Diese Annahme haben wir durch einen kleinen Versuch erhärtet. Auf feuchtem Rinderkot wurden im Dezember unbehandelte Samen gestreut und bei Zimmertemperatur gehalten. Nach 21 Tagen brachten 29% der Samen kräftige Keimpflanzen hervor. Diese Beobachtungen unterstreichen die Notwendigkeit sorgsamster Weidepflege auf Rasenschmielenflächen aufs Neue. Auf einer ungepflegten Weide ist die Verschmielung nicht mehr aufzuhalten. Gelingt es auch nur einem ganz kleinen Teil der von den Rindern im Herbst auf nichtgemähten Koppeln aufgenommenen reifen Samen den Verdauungstraktus ohne Verluste der Keimfähigkeit zu passieren, so ist damit eine nicht zu unterschätzende Möglichkeit der Ausbreitung gegeben. Die Möglichkeit wird zur weitgehenden Sicherheit, wenn die ab August auf die Weide fallenden Fladen unverteilt liegen bleiben. Der Fladen unterdrückt die von ihm bedeckte Grasnarbe fast völlig und kommt damit der nach H O R N [ 3 ] in der Jugendentwicklung stark konkurrenzgefähr'deten Rasenschmiele sehr entgegen. Die Rasenschmiele vermag bei Licht im Herbst sofort zu keimen. Für anfliegende Samen kann neben dem Fladen auch der Maulwurfs- und Ameisenhaufen zusagende Wachstumsbedingungen bieten wie eine bei zu hoher Feuchtigkeit stark durchgetre-
319
Archiv für Tierernährung, Band 12, Heft 6, 1962
tene Grasnarbe, da hier ebenfalls wenig andere Pflanzen den engeren Standraum streitig machen. Im 3. Versuchsabschnitt fütterten wir den Schafen am 6. 3. je 2000 Samen des Mittleren Wegerichs (Plantago media). Die ausgeschiedene Kotmenge wurde wieder halbiert und in beschriebener Weise behandelt. Die in den Exkrementen verbliebenen und mit diesen zusammen angesetzten Samen keimten sehr rasch. Allerdings nahm die Keimfähigkeit mit zunehmender Verweildauer im Verdauungskanal beim Wegerich stark ab, wie nachstehende Ergebnisse zeigen. Nach 18 Tagen standen am 2. 4. in den Schalen
vom 2. Durchgangstag 3J ' >> ~ >> „ 4. >>
Hammel I
Hammel II
39 Keimpflanzen 21 9
32 Keimpflanzen 46
10
2
7
insges. 71 Keimpflanzen
95 Keimpflanzen
Das entspricht etwa 10% des gefütterten Wegerichsamens. In der Tendenz ähnlich, aber viel höher lagen die Keimzahlen im Versuch mit den herausgesammelten Samen, die sich als kleine schwarze Körnchen im Schafkot relativ leicht finden ließen. Keimfähigkeit des Wegerichsamens aus Schafkot (angesetzt am 15. 3., festgestellt am 3. 4.)
vom 2. Durchgangstag ,, 3. „ 4. „ 5. unbehandelte Versuchsprobe
Hammel I
Hammel II
57% 50% 21% 6%
55% 43% 32% 19% 77 %
Zum Abschluß des Versuches sollte noch der Einfluß der Verdauung auf die Keimfähigkeit bei Gänseblümchensamen (Bellis perennis) geprüft werden. Das Erkennen der kleinen pergamentartigen Samen schien recht schwierig, daher wurde ein Teil der verabfolgten Samen mit Fuchsin-Diamantlösung angefärbt. Trotzdem gelang es nicht, die zur Keimprobe bzw. für die 5 Wiederholungen notwendige Samenzahl aus der halben täglichen Kotmenge herauszufinden. Wir konnten daher die Keimfähigkeit nur aus einer Mischprobe der aus dem Kot beider Hammel vom 2.—5. Ausscheidungstag herausgefundenen Samen bestimmen. Sie brachten 20% keimfähige Samen hervor gegenüber 37% Keimfähigkeit der unbehandelten Vergleichsprobe. Die mit der halben Kotmenge der einzelnen Tage angesetzten Keimproben zeigten bei Gänseblumen keine einzige Keimpflanze. Die feinen Samen werden wahrscheinlich im Verdauungskanal der Wiederkäuer — zumindest der Schafe — größtenteils verdaut oder verlieren ihre Keimfähigkeit zunehmend mit der Verweildauer im Kot.
320
BREUNIG, Einfluß der Verdauungsleistung des Schafes auf Samen
Allerdings war die ergänzend gemachte Beobachtung interessant, daß unbehandelte, auf Schafexkremente ausgesäte Samen von Gänseblümchen schnell und in großer Zahl keimten. Somit liegt die Keimung von auf Kuhfladen auf der Weide angeflogenen Samen durchaus im Bereich des Möglichen. Abschließend bleibt festzustellen, daß ein großer Teil der Samen der untersuchten Grünlandpflanzen (Weißklee, Rasenschmiele, Mittlerer Wegerich und Gänseblümchen) beim Passieren des Magen-Darmkanals der Schafe verdaut werden. Das gilt vor allem für die Gänseblümchen. Ein Teil der augenscheinlich unversehrt passierten Samen hat seine Keimfähigkeit eingebüßt. Im Keimversuch zeigten unbehandelte Vergleichsproben mit Ausnahme der Rasenschmiele eine höhere Keimfähigkeit. Bei der Rasenschmiele schien die Magen-Darm-Passage der von H O R N [ 3 ] gefundenen und in unseren Beobachtungen bestätigten geringen Keimbereitschaft in den Wintermonaten entgegenzuwirken. Die Zahl der Keimpflanzen in anteilmäßigen Kotproben lagen bei unserem Versuch mit Schafen wesentlich unter den von L E N N A R T Z [6] und S A L Z M A N N [9] veröffentlichten Ergebnissen aus Rinderverdauungsversuchen, wenn man die Anzahl gefütterter Samen zugrunde legt. Unbehandelte und auf Exkremente von Rindern und Schafen gesäte Samen entwickelten sich in allen Fällen gut und zeigten keine verminderte Keimfähigkeit gegenüber den auf Löschpapier in Petrischalen festgestellten Keimzahlen mit Samen gleichen Alters und gleicher Herkunft. Die Ausbreitung samenreifer Weißklee-, Wegerich- und Rasenschmielenpflanzen über den Kot weidender Rinder kann angenommen werden. Die Keimung der auf Kuhfladen aufliegenden Sämereien ist ebenfalls möglich. Diesen beiden Wegen der Verbreitung und Erhaltung wird durch die hohe Produktion reifer Samen je Einzelpflanze, insbesondere bei der Rasenschmiele, ein bestimmter Grad an Sicherheit verliehen. Literaturverzeichnis [1] COLUMBUS, A . : Der quantitative Verlauf der Entleerung des Pansens bei Schafen und Ziegen, mit Berücksichtigung der Gesamtentleerung des Magendarmkanals. Diss. Berlin 1934 [2] GRÜNDLER, E.: Klinische Beiträge über die Kotmengen bei den Haustieren. Diss. Gießen 1911 [3] HORN, A . V.: Die Rasenschmiele [Aira (Deschampsia) caespitosa]. Diss. Berlin 1935 [4] KEMPSKI: Über die endozooische Verbreitung und speziell der Verbreitung von Unkräutern durch Tiere auf dem Wege des Darmkanals. Diss. Rostock 1906 [5] LENKEIT, W . : Arch. Tierernähr. Tierzucht 3, 1930 ' [6] LENNARTZ, H.: Z. Acker- u. Pflanzenbau 103, 1957 [7] MANGOLD, E.: Handbuch der Ernährung und des Stoffwechsels der landwirtschaftlichen Nutztiere. Bd. II u. III. Verlag Springer, Berlin 1929 [8] NUSSHAG, W . : Lehrbuch der Anatomie und Physiologie der Haustiere. 2. Aufl., Verlag Hirzel, Leipzig 1951 [9] SALZMANN: Schweiz, landwirtsch. Mh. 17, 1939 Eingegangen am 25. 8. 1962
321 Aus dem Oskar Kellner-Institut für Tierernährung Rostock (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. K. NEHRING)
R . SCHIEMANN, W . JENTSCH, W . KLIPPEL, F . SCHMIDT, ST. TRELA u n d B . TSCHESCHMEDSCHIEW
Vergleichende Untersuchungen zwischen der Methodik der Gesamtstoffwechselmessungen und der Tierkörperanalytik an wachsenden Ratten und Schweinen 1. P r o b l e m s t e l l u n g u n d V e r s u c h s ü b e r s i c h t Die Methodik der Gesamtstoffwechselmessungen erfordert als wichtigste Bestimmungsgrößen die Bilanz zwischen Einnahmen im Futter und Ausgaben über die verschiedenen Ausscheidungswege für Stickstoff, Kohlenstoff und Energie. Die Kenntnis der Sicherheit dieser Bilanzgröße ist für die Beurteilung der Gesamtstoffwechselmethodik zum Zweck der Bestimmung des energetischen Produktionswertes von Futterstoffen und Rationen von großem Wert. Neben der Gesamtstoffwechselmethodik mit Hilfe von Respirationsapparaten wurde für die Messung der Nettoenergie von Futterstoffen beim Schwein von TOMME [10] die Methodik der Kontrollschlachtung vorgeschlagen. Als Beitrag zur vergleichenden Einschätzung der beiden Methoden führten wir im Oskar Kellner-Institut für Tierernährung in den letzten Jahren eine Reihe von Vergleichsuntersuchungen zwischen der Bilanzmethodik mit Hilfe der Gesamtstoffwechselmessungen und der Tierkörperanalyse nach dem Kontrollschlachtungsverfahren an Ratten und Schweinen durch. Die Versuche an Schweinen liefen in der Außenstelle Leipzig-Möckern des Institutes in Zusammenarbeit mit dem Institut für Tierzucht der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg, in dem die Ausschlachtungen vorgenommen wurden. 1 Die Versuche an Ratten wurden in Rostock durchgeführt; an diesen Versuchen waren Mitarbeiter aus den VR Bulgarien und Polen im Rahmen von Studienaufenthalten verantwortlich beteiligt (Kand. B. TSCHESCHMEDSCHIEW, Sofia; Dr. ST. TRELA, Krakau; Dr. F. SCHMIDT, Lublin). Zur N-Bilanzfrage wurden bereits früher [4] zahlreiche Versuche an Ratten, Schweinen und Küken im Institut durchgeführt, worauf verwiesen wird. Mit Ratten kamen 5 Versuchsreihen von 1959—61 zur Durchführung, wobei sich diese Versuche im wesentlichen auf die Kontrolle der N-, C- und Energiebilanz über den Vergleich: Bilanz—Tierkörperanalyse beschränken. Über Versuchszeit und Tierzahl gibt Tabelle 1 Auskunft. Die Versuche mit Schweinen sind in Tabelle 2 übersichtsmäßig zusammengestellt, wobei zu bemerken ist, daß die erste Versuchsreihe nur als Einarbeitungsserie zu werten ist und wegen aufgetretener methodischer Schwierigkeiten ausgeschaltet werden mußte. B e i S l u n d S 2 war der Vergleich Bilanz: Tierkörperanalyse Versuchsziel, und S1/T und S2/T wurden prinzipiell nach der von TOMME (T) angegebenen Methodik zur Bestimmung der Nettoenergie (Mais, Gerste) nach dem Kontrollschlachtungsverfahren durchgeführt. 1 Es sei hier der besondere Dank an den Direktor des Institutes, Herrn Prof. Dr. WUSSOW, sowie an die Mitarbeiter, die sich an der Durchführung der Versuche beteiligten, zum Ausdruck gebracht.
322
SCHIEMANN u. a., Methodik der Gesamtstoffwechselmessungen und Tierkörperanalytik
VersuchsNr.
1 2 3 4 5
Versuchszeit
27. 11. 30. 21. 5.
1 . - 4. 8.-21. 10. —10. 9 . - 1. 6.-16.
3. 59 9.59 12. 59 11. 60 7.61
o. a 3 h O• o
Versuchsgruppe
Tie
M er
Tabelle 1 Durchgeführte Versuchsreihen mit Ratten
4 4 2 4 4
4* 4* * 2 4 4
Gewicht der Tiere bei Versu
Versuchsgruppe
VersuchsNr.
tr
Tiei
N
Tabelle 2 Durchgeführte Versuche mit Schweinen
13.10.60-20.2.61 25. 3 . 6 1 - 1 7 . 7 . 6 1 1 0 . 1 0 . 6 0 - 6.3.61
2 2 (2)
27. 3 . 6 1 - 1.8.61
(2)
3 3 3* 3 3 3
Gewichtsentwicklung in kg
Zunahme in kg
3 5 . 2 - 98,8 3 6 , 5 - 96,5 30,5-104,5 34,0-114,8 3 6 . 3 - 94,3 36,5-104,0
63,6 60,0 74,0 80,8 58,0 67,5
Zulage
1 5 % Mais 1 5 % Gerste
» 2 Tiere mußten wegen Erkrankung vorz eitig aus dem Versuch gen ommen werden.
Die Versuche werden nachfolgend getrennt nach den Tierarten besprochen. [2. V e r s u c h e an R a t t e n z u m V e r g l e i c h : B i l a n z — T i e r k ö r p e r a n a l y s e ] 2.1 V e r s u c h s m e t h o d i k Die ersten beiden Versuchsreihen waren mit der Fragestellung über die Wirkung von Stilboestrol auf Zuwachs, N-Retention und energetische Verwertung gekoppelt, wobei die Tiere (je 8 $ und $ Versuchstiere, von denen nur je 2 für die Respirationsversuche ausgewählt wurden) in der ersten Versuchsreihe 3 ppm Diäthylstilboestrol im Futter und in der zweiten Versuchsreihe 1,2 mg Diäthylstilboestrol einmalig subcutan erhielten. In beiden Versuchsreihen reagierten die „Stilboestroltiere" mit einer sofort einsetzenden starken Verminderung der Futteraufnahme, so daß ein stark verzögertes Wachstum auftrat und der Einfluß des Stilboestrols auf die Futterverwertung nicht untersucht werden konnte. Es werden daher im folgenden nur die Versuchsergebnisse der in Respirationsversuchen gehaltenen Tiere zum Problem Bilanz—Tierkörperanalyse behandelt.
323
Archiv für Tierernährung, Band 12, Heft 6, 1962
Die Versuchsdurchführung war bei den 5 Serien prinzipiell gleich. Es wurden jeweils (in den Versuchsreihen 3—5 aus je einem oder zwei Würfen) die ausgewählten Tiere 5 Tage gleichmäßig vorgefüttert. Am letzten Vorfütterungstag wurde den Tieren das Futter 16 Std. vor Beginn des Hauptversuches entzogen. Es erfolgte die Einteilung in 0- und Versuchsgruppen nach Gewicht und Wurf. Wie Tabelle 1 zeigt, ist die gewichtsmäßige Ausgeglichenheit der Gruppen in den Versuchsreihen 2—5 zufriedenstellend. Bei Beginn des Hauptversuchs wurden die Tiere der O-Gruppen getötet und zur Analyse vorbereitet. An den Tieren der Versuchsgruppen wurde der Gesamtstoffwechsel während 5—6 Wochen bei kontrollierter ad libitum-Fütterung in Versuchsserie 1 und bei konstanten Futtergaben von 8—12 g Trockensubstanz in den Versuchsreihen 2—5 entsprechend den Angaben in Tabelle 1 gemessen. In Versuchsreihe 1 und 2 erfolgte die Gaswechselmessung an 3 Tagen in der Woche, in den 3 weiteren Versuchsreihen an 6 Tagen in der Woche, um den Einfluß einer eventuellen Aktivitätsbeeinflussung bei Wechsel der Aufenthaltskammern der Tiere auszuschalten. Die Apparatur und die generelle Durchführung der Gesamtstoffwechselversuche mit Ratten wurde früher von uns [3, 9] beschrieben, worauf verwiesen wird. 24 Std. vor Abschluß der Versuchsreihen wurde den Tieren das Futter entzogen, wobei in allen Fällen der Gaswechsel während des Nüchterntages gemessen wurde. Durch den Hungertag sollte erreicht werden, daß die Ergebnisse der Tierkörperanalyse weitgehend für die Körperzusammensetzung der Ratten repräsentativ sind und nicht wesentlich durch den Inhalt des Verdauungstraktes beeinflußt werden. Die analytische Aufarbeitung der Kot- und Harnausscheidungen erfolgte in den ersten beiden Versuchsreihen (Stilboestrolversuche!) von jeweils 7tägigen Perioden, während in den 3 letzten Versuchsreihen die Kot- und Harnausscheidungen während der gesamten Versuchszeit zu einer Sammelprobe vereint und nach den üblichen Verfahren [3] auf den Gehalt an org. Substanz, N, C und Cal analysiert wurden. In Tabelle 3 ist die durchschnittliche Zusammensetzung der in 4 Versuchsreihen (in Versuchsreihe 1 wurde eine ähnliche Ration gefüttert) aus den gleichen Futtermitteln bestehenden Futterration sowie die mittlere Verdaulichkeit für org. Substanz, N, C und Energie zusammengestellt. Tabelle 3 Zusammensetzung und Verdaulichkeit der Futterration
Zusammensetzung 50% 25% 10% 6% 6% 2% 1%
23
Haferflocken Gerste Magermilchpulver Fischmehl Trockenhefe Mineralstoffe Citosan (Vitaminmischung)
Archiv für Tierernährung
Analysenergebnisse Organ. Sbst. Rohprotein Rohfett Rohfaser NFE C Energie
Verdaulichkeit
94,50% 20,38% 4,87% 2,51% 66,74%
87,4% 77,0%
45,34% 4560 cal/g
86,5% 85,8%
324
SCHIEMANN u. a., Methodik der Gesamtstoffwechselmessungen und Tierkörperanalytik
Es handelt sich um eine häufig verwendete Ration für Wachstumsversuche mit Ratten mit einer hohen Verdaulichkeit von 87% der organischen Substanz, einem Rohproteingehalt von 20% und einem Rohfasergehalt von 2,5%. Die Vorbereitung zur Tierkörperanalyse erfolgte so, daß die Tiere kurz vor der Tötung (Äther) gewogen, bei — 20° C eingefroren und im gefrorenen Zustand grob zerkleinert wurden. Die etwa 1 cm 3 großen Würfel wurden mittels eines Kältebades (C0 2 -Eis + Aceton) möglichst tief gefroren und zusammen mit CO z -Eis in einer kleinen Schlagmühle (Modell: Pirouette) fein zerkleinert. Das so homogenisierte Material wurde anschließend im Vakuumtrockenschrank bei 40—50°C getrocknet und danach nochmals mit der Schlagmühle gemahlen. In der letzten Versuchsreihe wurde vor dieser Mahlung eine Vorbehandlung mit Äther durchgeführt, um die Hauptmenge des Fettes abzutrennen. Nach Abdampfen des Äthers wurden Ätherextrakt und Rückstand getrennt analysiert. Von den so vorbehandelten Tierkörpern wurden die Gehalte an Trockensubstanz, Rohasche, Rohfett, Stickstoff (NFE, berechnet), Kohlenstoff und Energie in üblicher Weise [3] bestimmt. Im Ätherextrakt erfolgte die C- und Energiegehaltsbestimmung.
2.2 E r g e b n i s s e d e r T i e r k ö r p e r a n a l y s e n Die Ergebnisse der Tierkörperanalysen der Tiere der O-Gruppen sind in Tabelle 4 zusammengestellt. Tabelle 4 Tierkörperanalyse der O-Tiere Versuchsreihe 1
TierNr.
Lebendgewicht
Tr.Sbst.
g
/O'
In % der Trockensubstanz Roh- Rohasche fett (NFE) N C
la lb lc ld 2a 2b 2c 2d 3a 3b 4a 4b 4c 4d 5a 5b 5c 5d
95,7 115,6 88,8 94,8 91,0 99,0 97,0 101,0 66,2 69,0 68,7 78,2 74,4 84,0 83,0 84,8 78,1 84,3
30,37 30,41 31,48 32,71 28,09 27,16 28,51 28,83 28,52 29,94 28,54 28,54 29,52 28,81 26,77 27,24 26,02 24,57
11,32 10,47 10,89 10,46 11,08 11,03 11,17 10,33 11,81 11,23 11,28 10,88 11,25 11,44 12,14 12,14 12,40 12,67
24,04 30,65 26,44 30,15
0,39 0,44 0,29 1,08
—
—
—
—
—
—
(im Mittel:
86,3
28,67
11,33
20,61
2
3 4
5
—
—
—
—
—
—
19,72 22,09 20,67 19,10 12,87 13,89 14,14 13,58
3,25 4,47 3,77 4,65 4,24 3,84 4,58 4,75
Energie cal/g Tr.-Sbst.
Energie: C-Verhältnis
10,28 9,35 9,98 9,33 10,37 10,23 9,92 10,29 10,41 10,38 10,52 10,01 10,29 10,37 11,32 11,22 11,02 11,04
50,10 51,84 50,84 51,91 49,96 50,10 51,23 50,62 49,75 50,19 49,26 50,24 48,96 49,19 47,63 47,22 47,91 46,85
5711 5931 5798 5981 5710 5699 5933 5754 5666 5809 5582 5728 5557 5572 5360 5278 5359 5243
11,40 11,44 11,40 11,52 11,43 11,38 11,58 11,37 11,39 11,57 11,33 11,40 11,35 11,33 11,25 11,18 11,19 11,19
10,35
49,66
5648
11,37)
325
Archiv für Tiercrnährung, Band 12, Heft 6, 1962
Tabelle 5 enthält die entsprechenden Analysenwerte der Tiere der Versuchsgruppen. Tabelle 5 Tierkörperanalyse der Versuchstiere
Versuchsreihe
TierNr.
Lebendgewicht Beginn Ende g
1 2 3 4
5
Ia Ib IIa IIb IIc lila Illb IV a IVb IV c IV d Va Vb Vc Vd
(im Mittel:
119,0 114,5 90,0 91,0 95,0 73,9 65,3 73,9 76,1 76,2 79,9 84,9 81,9 82,1 82,0
g
Tr.Sbst.
%
Ct'
260,0 33,67 151,5 32,41 198,0 34,57 209,0 33,20 151,0 35,22 195,3 34,54 191,1 32,82 194,7 33,62 189,2 35,63 197,2 34,62 168,6 33,16 194,5 37,36 187,6 39,00 185,4 36,92 183,7 36,45 190,5
34,88
In % der Trockensubstanz
Energie Enercal/g gie: Tr.C-VerSbst. hältnis
Rohasche
Rohfett
9,76 13,24 9,58 9,58 11,38 9,56 10,09 10,21 9,35 9,60 10,38 8,43 7,97 8,61 9,12
32,46 - 0 , 5 3 9,33 52,19 23,39 1,81 9,85 48,79 — — 9,26 51,98 — — 9,17 52,08 — — 9,28 53,39 — — 8,36 54,50 — — 9,05 53,26 29,18 1,55 9,45 52,38 35,28 0,37 8,80 53,86 34,89 - 0 , 1 8 8,91 54,58 29,31 1,43 9,42 51,61 37,05 4,52 8,00 54,70 3,62 7,60 56,35 40,91 4,14 8,00 54,14 37,25 35,73 3,40 8,28 54,60
6009 5544 5940 5959 6259 6382 6163 6028 6301 6312 5969 6351 6548 6336 6375
11,51 11,36 11,43 11,44 11,72 11,71 11,57 11,51 11,70 11,56 11,57 11,61 11,62 11,70 11,68
33,55
6165
11,58)
9,79
(NFE)
N
8,85
C
53,23
Insgesamt gesehen ist die Variabilität der Körperzusammensetzung der Tiere recht beträchtlich. Bei den Tieren der O-Gruppe schwankt der Trockensubstanzgehalt zwischen 24,6 und 32,7%! Innerhalb der einzelnen Versuchsreihen ist die Variabilität jedoch bedeutend niedriger, bedingt durch die Auswahl der Tiere nach den Würfen. Aus den Versuchsreihen 2, 4 und 5 ergibt sich eine durchschnittliche Streuung pro g Lebendgewicht von ^ 1,1 mg N, ± 4 , 6 mg C und ± 5 5 cal. Umgerechnet auf .ein Durchschnittsgewicht der Tiere bei Versuchsbeginn von 85 g beläuft sich die Unsicherheit der Gehaltsbestimmung der Versuchstiere bei Versuchsbeginn durch die Analyse von 4 Geschwistertieren durchschnittlich auf etwa 50 mg N, 200 mg C und 2300 cal. Auf die in diesen Versuchen im Mittel erhaltenen Zunahmen bezogen, errechnen sich hierdurch Unsicherheiten von 1,5% bei N und je 1% bei Kohlenstoff und Energie. Ein Vergleich der Analysendaten der 0-Tiere mit denen der Versuchstiere ergibt, daß bei letzteren der absolute Trockensubstanzgehalt um etwa 6% angestiegen ist. Dies ist hauptsächlich durch den höheren prozentualen Fettgehalt der schwereren Tiere zu erklären. Auf Grund des höheren Fettgehaltes sind die Werte für Kohlenstoff, Energie sowie das Energie :C-Verhältnis ebenfalls gegenüber den 0-Tieren erhöht. Bei Stickstoff bzw. bei den Mineralstoffen zeigt sich erwartungsgemäß eine entsprechende Erniedrigung der prozentualen Gehaltswerte in der Trockensubstanz. 23*
326
SCHIEMANN u. a, Methodik der Gesamtstoffwechselmessungen und Tierkörperanalytik
Die Tierkörperanalysen liefern noch ein weiteres wichtiges Nebenergebnis. Bei Gesamtstoffwechselversuchen oder sonstigen Bilanzversuchen wird gewöhnlich mit folgenden Gehaltswerten für tierisches Protein und Fett gerechnet: Eiweiß C-Gehalt: N-Gehalt: Brennwert:
52,54% 16,00% 5678 cal/g
Fett 76,50% 9500 cal/g
Die direkte Analyse des Gesamtkörperfettes ergab bei 180 g schweren Tieren einen C-Gehalt von 75,30% und einen Brennwert von 9300 cal/g. Bei 80 g schweren Tieren waren die analogen Analysendaten 75,80% C und 9350 cal/g. Unter Berücksichtigung der errechneten Mengen an N-freien Extraktstoffen mit einem C-Gehalt von 40% und einem Brennwert von 4000 cal/g und Einsetzen der analysierten Gehaltswerte für das Fett ergibt sich pro g Rohprotein (N x 6,25) folgendes: C-Gehalt
Brennwert
Schwere Tiere Leichte Tiere
49,40 ± 0 , 7 0 % 49,92 ± 0 , 7 8 %
5396 ± 106 cal/g 5446 ± 1 1 8 cal/g
Im Mittel aller Tiere
49,66 ± 0 , 7 8 %
5421 ± 110 cal/g
Diese Werte weichen von den in den Bilanzversuchen verwendeten Faktoren beträchtlich ab. Naturgemäß ist die Bezugsbasis (N x 6,25) auch in Frage zu stellen. Eine Empfehlung auf Änderung der bisher üblichen Berechnungsfaktoren bei den Stoffwechselbilanzversuchen kann aus diesen Werten noch nicht abgeleitet werden, denn die angegebenen Werte beziehen sich auf die Gesamttierkörperzusammensetzung. Bei den meisten Bilanzversuchen findet das Differenzverfahren Anwendung, wobei die Differenzen vornehmlich durch Unterschiede im Gehalt an Muskelprotein und Depotfett begründet sind. Die angeführten Daten sollen vielmehr unterstreichen, daß die Verwendung der z. Z. gebräuchlichen Faktoren im einzelnen zu nicht unbeträchtlichen Abweichungen führen kann. In verstärktem Maße gilt dies für die Berechnung der Wärmeproduktion auf Grund der N-Ausscheidung im Harn und des respiratorischen Quotienten, worauf früher von uns [8] bereits hingewiesen wurde. Hierzu ergeben die Rattenversuche ebenfalls einen erneuten Hinweis bei der Analyse der Energie: C-Verhältnisse. In Tabelle 6 sind die Energie: C-Verhältnisse für die einzelnen Versuchstiere zusammengestellt, die sich aus der Tierkörperanalyse nach Abzug des C- und Energiegehaltes bei Versuchsbeginn [a] (entsprechend analysiertem Gehalt in den 0-Tieren) sowie aus der energetisch ausgedrückten stofflichen Bilanz zur C-Bilanz [b] und aus der energetischen Bilanz unter Berechnung der Wärmeproduktion aus den respiratorischen Daten zur C-Bilanz [c] ergeben. Theoretisch ist das Energie: C-Verhältnis bei Protein 10,8 und bei Fett 12,4 (Zusammensetzung entsprechend den obigen Angaben. Folglich müssen die Energie: C-Verhältnisse bei dem Tierkörperzuwachs zwischen diesen Werten liegen. Mit Ausnahme bei Tier Ib, bei dem die Lebendgewichtszunahme (siehe Tabelle 5) nur 37 g betrug, liegen die Werte in den Spalten a und b zwischen 11,3 und 12,0, entsprechen
327
Archiv für Tierernährung, Band 12, Heft 6 , 1 9 6 2
Tabelle 6 Energie : C-Verhältnisse Versuch Nr. 1 2 3 4
5
Tier-Nr.
a
Ia Ib IIa IIb IIc lila III b IVa IV b IVc IVd Va Vb Vc Vd
11,58 (13,32) 11,42 11,44 11,98 11,80 11,61 11,58 11,85 11,65 11,70 11,76 11,76 11,89 11,86
b 11,27 (10,54) 11,54 11,49 11,46 11,63 11,63 11,49 11,57 11,60 11,42 11,78 11,93 11,79 11,73
G 11,31 ( 8,97) (10,72) (10,64) 10,96 11,62 11,60 0 2 -Verbrauch nicht exakt gemessen (10,78) 11,41 (10,74) 10,82
folglich den theoretischen Vorstellungen über die Zusammensetzung des Zuwachses. Dagegen weichen die Energie: C-Verhältnisse in Spalte c bei mehreren Tieren erheblich von den anderen ab. Bei der Deutung ist nicht nur auf eine größere Ungenauigkeit der Bestimmung des 0 2 -Verbrauches zu schließen, da der Fehler der O a -Bestimmung nach den durchgeführten Eichversuchen 1 % des Verbrauches nicht überschreitet. Vielmehr ist davon auszugehen, daß sich die gebräuchlichen Faktoren der Wärmeproduktionsberechnung auf Grundumsatzbedingungen, d. h. auf die Verhältnisse des Abbaus von Körpersubstanz beziehen. Unter Fütterungsbedingungen ist von vornherein damit zu rechnen, daß die resorbierbaren Nährstoffe nur in grober Annäherung in ihrer Zusammensetzung dem tierischen Fett, Protein und Glykogen entsprechen, auf deren Umsatz die Berechnungsfaktoren basieren. V o n Ration zu Ration können mehr oder weniger große Abweichungen in der Zusammensetzung der resorbierten Nährstoffe zu den drei Bezugskomponenten bestehen, so daß die energetische Bilanz (Berechnung der Wärmeproduktion der N-freien Nährstoffe aus den respiratorischen Quotienten) mit einem größeren Fehler behaftet ist als die energetisch ausgedrückte stoffliche Bilanz und der Grad der Übereinstimmung zwischen den beiden Bilanzen im Gegensatz zu den bisherigen Vorstellungen [1] kein Kriterium für die Sicherheit des Versuchsergebnisses darstellt. Demzufolge wird im folgenden nur die energetisch ausgedrückte stoffliche Bilanz (im weiteren als Energiebilanz bezeichnet) zum Vergleich mit der Tierkörperanalyse herangezogen. 2.3 E r g e b n i s s e d e r
Gesamtstoffwechselversuche
Die wesentlichsten Ergebnisse der Gesamtstoffwechselmessungen sind in Tabelle 7 zusammengefaßt. Die Tiere I b und I I c waren „Stilboestroltiere", bei denen die Futteraufnahme und demzufolge auch Bilanz und Gewichtszunahme erheblich niedriger lagen als bei den Paralleltieren der Versuchsreihe. Das Tier I V d fraß ebenfalls nicht völlig die an-
328
SCHIEMANN u. a., Methodik der Gesamtstoffwechselmessungen und Tierkörperanalytik
Tabelle 7 Futtereinnahme und Bilanz f ü r N, C und Energie
Vers.Serie
1 2
3 4
5
TierNr.
la Ib IIa IIb IIc lila Illb IVa IVb IVc IVd Va Vb Vc Vd
Lebendgewichts Zuwachs
Futtereinnahme
Bilanz (berechnete Retention)
g
gN
gC
kcal
gN
gC
kcal
141,0 37,0 108,0 118,0 56,0 121,4 125,8 120,8 113,1 121,0 88,7 109,6 105,7 103,3 101,7
18,579 10,944 13,421 13,417 10,936 12,639 12,645 14,048 14,052 14,054 12,498 15,705 15,713 15,712 15,684
253,82 150,20 204,99 204,93 167,02 193,04 193,13 195,10 195,16 195,19 173,58 202,44 202,50 202,35 202,43
2619,1 1547,9 2064,2 2060,9 1679,4 1943,9 1944,8 1965,8 1966,3 1966,7 1748,9 2030,2 2030,8 2029,3 2030,1
5,286 1,869 3,906 4,048 2,647 3,620 3,550 4,536 4,404 4,444 3,573 3,677 3,082 3,341 3,375
24,34 5,30 23,58 23,01 14,76 24,09 23,71 25,98 27,45 28,71 18,91 30,52 33,59 28,13 25,88
274,3 55,8 272,1 264,4 169,3 280,2 275,7 298,6 317,6 333,1 216,0 359,6 400,8 331,7 303,6
gebotene Ration, so daß die insgesamt aufgenommene Futtermenge um 11% niedriger lag als bei den Paralleltieren, was sich auch in den Bilanzwerten zeigt. Sieht man von diesen Ausnahmen ab und vergleicht die Bilanzgrößen der Paralleltiere, die gleiche Futtereinnahmen aufweisen, so findet man z. B. im Energiezuwachs Differenzen zwischen Paralleltieren von mehr als 20%. Diese Differenzen in der Zuwachsgröße müssen in Differenzen des Erhaltungsbedarfs begründet sein. Hierauf soll später noch näher eingegangen werden, da die Beurteilung dieser Differenzen insbesondere zur Frage der Brauchbarkeit der Kontrollschlachtungsmethode zum Zweck der Nettoenergiebestimmung von Futterstoffen nach der von TOMME [ 1 0 ] angegebenen Methodik von Bedeutung ist. 2.4 V e r g l e i c h d e r B i l a n z m e s s u n g e n m i t den T i e r k ö r p e r a n a l y s e n Nach den angeführten Daten können nunmehr die ermittelten Bilanzgrößen mit den Tierkörperanalysenwerten nach Abzug des Gehaltes der Tiere an N, C und Cal bei Versuchsbeginn verglichen werden, wie es Tabelle 8 veranschaulicht. Beim Stickstoff ist die Differenz zwischen Tierkörperanalyse und Bilanz im Mittel mit 2,7% der Einnahme und 10,0% des Tierkörperzuwachses negativ. Mit zwei Ausnahmen (Tiere M b und Vb) sind in diesen Versuchsserien die Differenzen gerichtet im Sinne des bereits in früheren Versuchen [4] immer wieder gefundenen „N-Verlustes". Die höchste Differenz beträgt —5,4% der Einnahmen bei Tier I V d . Die Ursache(n) für diesen N-Verlust konnte bisher nicht geklärt werden. Wie orientierende langfristige Isotopenversuche bei Verfütterung von mit 15 N-markierter Gerste ergaben, wird der Stickstoff im Stoffwechsel nicht gasförmig entbunden, so daß die Ursachen des „N-Verlustes" in bisher nicht erkannten Fehlern der quantitativen Erfassung des Stickstoffes der Exkremente, der Probenahme und der Analytik gesucht werden müssen.
329
Archiv für Tierernährung, Band 12, Heft 6 ,1962
Tabelle 8 Differenzen zwischen Tierkörperzuwachs und Bilanz in % der Einnahme (a) und in % des Tierkörperzuwachses (b) N VerTierTiersuchs- KT«- körperJNr. siere zuwachs
Differenz a
1 2 3 4
5
Ia Ib IIa IIb Ile lila III b IVa IVb IVc IV d Va Vb Vc Vd
Im Mittel Streuung
Energie
C Tierkörperzuwachs
g
/o
b 0/ /o
g
4,633 1,432 3,743 3,738 2,195 3,360 3,680 3,992 3,674 3,822 2,894 3,335 3,173 3,080 3,152
-3,5 -4,0 -1,2 -2,3 -4,1 -2,1 + 1,0 -3,9 -5,2 -4,4 -5,4 — 2,2 + 0,6 -1,7 -1,4
-14,1 (-30,5) - 4,4 + 0,0 -20,6 - 7,7 + 3,5 -13,6 —19,9 -16,3 -23,5 -10,3 + 2,9 -8,5 -7,1
27,24 5,21 22,75 23,16 14,84 25,75 23,86 23,75 25,46 26,41 17,46 29,23 31,08 26,88 26,40
-2,7 ±1,9
-10,0 + 7,3
Differenz a
%
b /o
+ 1,1 + 10,6 - 0 , 1 (-1,7) -0,4 -3,6 + 0,1 + 0,6 ± 0 , 0 + 0,5 + 0,9 + 6,4 + 0,1 + 0,6 -9,4 -1,1 -7,8 -1,0 -8,7 -1,2 -0,8 -8,3 -0,6 -4,4 -8,1 -1,2 -0,6 -4,7 + 0,3 + 2,0 -0,3 ±0,7
-2,5 ±6,1
Tierkörperzuwachs
Differenz a
kcal 315,3 69,4 259,8 265,0 177,9 303,9 276,9 275,0 301,6 307,6 204,3 343,6 365,4 319,7 313,0
%
b /o
+ 1,6 + 13,0 + 0,9 ( + 1 9 , 6 ) -0,6 ±0,0 ±0,0 + 0,2 + 0,5 + 4,8 + 1,2 + 7,8 + 0,1 + 0,4 -8,6 -1,2 -0,8 -5,3 -8,3 -1,3 -0,7 -5,7 -0,8 -4,7 -1,7 -9,7 -3,8 -0,6 + 0,5 + 3,0 -0,2 ±1,1
-1,2 ±6,7
Im Hinblick auf die energetische Produktionswertbestimmung von Futterstoffen unter der Bedingung der Fettmast ausgewachsener Tiere haben diese „N-Verluste" auf das Ergebnis nur einen geringfügigen Einfluß, da sich die energetischen Werte des Kohlenstoffs im Protein (10,8 kcal/g) und Fett (12,4 kcal/g) nur um rd. 15% unterscheiden. (Rechnet man mit einem Anteil des Proteinansatzes am energetischen Gesamtansatz von 30% mit einer Unsicherheit infolge des „N-Verlustes" von 20%, so wirkt sich diese Unsicherheit auf den energetischen Gesamtansatz mit 0,9% aus.) Beim Kohlenstoff betragen die höchsten Differenzen + 1 , 1 bzw. —1,2% der CEinnahmen im Futter und bei der Energie + 1 , 6 bzw. —1,7% der Energieeinnahme. Bei 6 bzw. 7 Tieren sind die Abweichungen positiv und bei 9 bzw. 8 negativ; es liegt also keine gerichtete Abweichung vor. Dies ergibt sich auch aus dem Mittel der Abweichungen, die mit — 0,3% der Einnahme und mit — 2,5% des Tierkörperzuwachses bfei Kohlenstoff bzw. mit —0,2% der Einnahme und —1,2% des Tierkörperzuwachses bei der Energie kleiner sind als die entsprechenden Streuungsgrößen. Aus der Höhe der Abweichungen ist für Kohlenstoff und Energie die wichtige Schlußfolgerung zu ziehen, daß die in den Gesamtstoffwechselversuchen gemessenen Bilanzgrößen durch die Tierkörperanalysen voll bestätigt werden. Das bedeutet, daß die von uns angewandte Methodik der energetischen Futterwertmessung, aus-
330
SCHIEMANN u. a., Methodik der Gesamtstoffwechselmessungen und Tierkörperanalytik
gehend von der energetisch ausgedrückten stofflichen Bilanz, zu richtigen Ergebnissen führt, wenn die C0 2 -Produktion fortlaufend gemessen wird. Bei nicht fortlaufender C0 2 -Messung werden mögliche Auswirkungen von Aktivitätsänderungen außerhalb der Respirationskammer auf die Einzelbilanz durch Aktivitätskontrollen und vor allem durch das Differenzverfahren weitestgehend eliminiert. Demzufolge weisen die durchgeführten Versuche mit Ratten die Brauchbarkeit der Energiewechselmessung zum Zweck der Bestimmung der energetischen Ansatzleistung nach der indirekten Methodik der Energiemessung über die N- und C-Bilanz nach. 3. V e r s u c h e an S c h w e i n e n z u m V e r g l e i c h : Bilanz — Tierkörperanalyse 3.1 V e r s u c h s m e t h o d i k Die Versuchsmethodik war in den beiden Serien S1 und S2 (s. Tab. 2) prinzipiell gleich. Als Versuchstiere dienten kastrierte männliche Schweine der Rasse Deutsches Edelschwein. Die Tiere in Versuch S1 entstammten einem Wurf und in Versuch S 2 zwei Würfen. Zur Eingewöhnung und Vorbereitung der Tiere wurden sie kurz nach dem Absetzen in das Institut übernommen. Bei Versuchsbeginn wurden die jeweils 6 Tiere in O-Gruppe (2 Tiere) und Versuchsgruppe (3 Tiere + 1 Ersatztier) eingeteilt. Die Tiere der O-Gruppe wurden sofort ausgeschlachtet. An den Tieren der Versuchsgruppen wurde der Gesamtstoffwechsel in Versuchsserie S1 während 19 Wochen und in Versuchsserie S2 während 16 Wochen gemessen, wobei die Messung des Gaswechsels an 5 Tagen pro Woche erfolgte. Während der gesamten Versuchszeit befanden sich die Schweine in Stoffwechselkästen, um Aktivitätsunterschiede möglichst auszuschalten. Zur quantitativen Kotsammlung waren die Tiere mit einem Geschirr versehen. Aufarbeitung und Analyse von Kot und Harn erfolgte von den Sammelproben aus jeweils 7tägigen Perioden. Die sonstige Durchführung der Gesamtstoffwechselmessungen war die gleiche, wie früher von uns [5] beschrieben wurde. 48 Std. vor Abschluß der Versuche wurden die Tiere genüchtert, um den Inhalt des Verdauungstraktes möglichst klein zu halten. Während der beiden Hungertage wurde der Gaswechsel gemessen. Anschließend wurden die Tiere zur Ausschlachtung gebracht. Die Futtergabe war so vorgesehen, daß durchschnittliche Tageszunahmen von 400 bis 500 g erreicht werden. Die tägliche Futtermenge wurde demzufolge von 1100 g Trockensubstanz bei Versuchsbeginn bis auf 1600 g in Versuchsserie S1 und 2050 g in Versuchsserie S2 gesteigert. Zusätzlich erhielten die Tiere 20—25 g einer Mineralstoffmischung täglich. In Tabelle 9 sind durchschnittliche Zusammensetzung sowie mittlere Verdaulichkeit der Versuchsrationen zusammengestellt. Es handelt sich um eine hoch verdauliche Ration mit 16% verdaulichem Rohprotein bei genügend tierischem Eiweiß, also um eine geeignete Wachstumsration. Die Ausschlachtung erfolgte in der Weise, daß die Tiere sofort nach dem LKWTransport nach Halle (also 1—2 Std. nach Beendigung der Gaswechselmessungen) gewogen, im Versuchsschlachthaus des Institutes für Tierzucht getötet und nach Ausblutung die Innereien (Lunge mit Schlund und Zunge, Herz, Milz, Hirn, Leber, Nieren, Magen, Dünndarm, Dickdarm, Darmfett mit Pankreas) aus dem Tier-
331
A r c h i v für Tierernährung, Band 12, Heft 6, 1 9 6 2
Tabelle 9 Zusammensetzung und Verdaulichkeit der Futterration Verdaulichkeit %
Analysenergebnisse in % Zusammensetzung S1 36% 36% 10% 10% 8%
Gerstenschrot Maisschrot Sojaextr.-Schrot Kartoffelflocken Fischmehl
Org. Sbst. Rohprotein Rohfett Rohfaser NFE C Energie
S 2
94,8 94,9 19,0 18,6 3,4 3,4 3,7 3,6 68,8 69,2 45,0 44,8 4447cal /g 4452cal/g
S 1
S 2
89,2 85,5 78,6 42,7 92,5 87,9 87,3
89,3 85,8 76,7 40,7 92,8 87,8 87,2
körper entfernt wurden. Blut und Innereien wurden gewogen. Sodann wurden die Tiere entlang der Wirbelsäule in zwei gleich schwere Hälften zersägt; vor der weiteren Verarbeitung blieben die Hälften zur Auskühlung 24 Std. hängen. Zur Analyse der Körperfcusammensetzung wurde jeweils die linke Hälfte verwendet. Bei der ersten Ausschlachtung (O-Tiere des Versuchs S1) wurden nach dem im Institut für Tierzucht der Universität Halle üblichen Ausschlachtungsverfahren [12] 13 Teilproben gezogen und analysiert. Zur Verminderung des Analysenaufwandes und zur Verringerung der Probenahmefehler wurde die Anzahl der Teilproben in den weiteren Ausschlachtungen auf 6 reduziert, wie es die folgende Tabelle ausweist: Tabelle 10 Teilproben zur Analyse der Schlachtkörper 1. Innereien 2. Kopf 3. Kotelett 4. 5. 6. 7.
Bauch u. Blatt Schinken Speck Flomen
1
• 2
3
8. 9. 10. 11. 12. 13.
Schwarten Knochen Abfall* Borsten Mageninhalt Darminhlat
1 J
4
J1
66
J
5
* (Augen, Augenlid, innere Ohrmuschel, Geschlechtsteile, Klauen).
Die Probenahme erfolgte in Mengen von jeweils ca. 1 kg aus den gut durchgemischten, mehrfach mittels eines Fleischwolfes zerkleinerten Schlachtkörperteilen. Die Proben 1 (Innereien) und 4 (Schwarten, Knochen, Abfall) wurden vor der Probenahme autoklaviert. Von den einzelnen Proben wurden Trockensubstanz, Stickstoff, Rohfett, Kohlenstoff und Brennwert bestimmt. Im Vergleich zu den Versuchen mit Ratten ist das Analysenverfahren bei Schweinen erheblich aufwendiger und wegen der größeren Zahl an Einzelproben mit mehr Fehlerquellen behaftet. Eine Homogenisierung der gesamten Tiere zum Zweck der Gewinnung einer einzigen Durchschnittsprobe konnte wegen technischer Schwierigkeiten nicht realisiert werden.
332
S C H I E M A N N u. a., Methodik der Gesamtstoffwechselmessungen und Tierkörperanalytik
3.2 E r g e b n i s s e d e r T i e r k ö r p e r a n a l y s e n In Tabelle 11 sind die aus der Analyse der Teilproben sich errechnenden Werte der Tierkörperzusammensetzung der O-Tiere und der Versuchstiere f ü r beide Versuchsserien zusammengestellt. Tabelle 11 Tierkörperanalysen u J3
Lebendgewicht
JS U CA H
Anfang kg
OJ >
Ende kg
Schlachtkörpergewicht kg
f» ? •8 S s* ö u 5 Ü "0 ta
Tr.Sbst. /o
in % d. Tr.-Sbst. Rohfett
N
32,15 29,50 37,98 33,00
8,53 9,00 8,22 8,44
u T
«c
vi nu flj c > W ^
A) O-Tiere S1 S1 S2 S2
la lb 2a 2b
(im Mittel
33,76 31,05 34,05 29,82
34,5 31,5 35,1 31,0 33,0
0,74 0,45 1,05 1,18
33,61 31,19 33,21 31,35
54,20 54,33 55,68 54,10
6135 5986 6768 6316
11,3 11,0 12,2 11,7
0,86
32,34 33,16 8,55 54,58
6301
11,6)
1,04 44,78 55,00 6,12 59,06 0,75 46,79 59,73 5,46 59,68 1,43 43,13 53,89 6,43 61,05 1,35 49,22 62,29 5,24 61,24 2,53 46,50 60,70 5,34 63,60 1,35 45,70 59,51 5,67 60,60
7246 7544 7260 7620 7646 7570
12,3 12,6 11,9 12,4 12,0 12,5
46,02 58,52 5,71 60,87
7481
12,3)
B) Versuchstiere la Ib Ic IIa IIb IIc
36,0 34,5 34,5 35,5 36,0 28,0
102,0 92,5 102,0 93,0 92,0 94,0
(im Mittel
34,1
95,9
S1 S1 S1 S2 S2 S2
100,96 91,75 100,57 91,65 89,47 92,65
1,41
Wie bei den Ratten (Tabellen 4 u n d 5) ist die Variabilität der Körperzusammensetzung auch bei den Schweinen recht beträchtlich. So schwankt der Trockensubstanzgehalt bei den O-Tieren zwischen 31,2 und 33,6%. Die Streuung pro kg Lebendgewicht der O-Tiere errechnet sich zu 1,2 g N , + 8,1 g C und ^ 79 kcal. Demzufolge beträgt die Unsicherheit der Gehaltsbestimmung der Versuchstiere bei Versuchsbeginn mit 35 kg Lebendgewicht etwa 30 g N , 200 g C und 2000 kcal. Bezogen auf den in diesen Versuchen im Mittel erhaltenen Zuwachs ergibt sich hierdurch eine Unsicherheit v o n 1,8% bei N , 1% bei C und 0,8% bei der Energie. Vergleicht man die Analysenwerte der 0-Tiere mit denen der Versuchstiere, so ergibt sich bei letzteren ein wesentlicher Anstieg im Trockensubstanzgehalt, hauptsächlich bedingt durch den höheren Fettgehalt der Versuchstiere. Analog ist der Cund Energiegehalt u n d auch das Energie: C-Verhältnis bei den Versuchstieren erhöht. Hinzuweisen ist noch auf die Gewichtsdifferenzen zwischen dem Lebendgewicht unmittelbar v o r der Schlachtung u n d nach der Schlachtung. Sie liegen bei den 0-Tieren im Mittel bei 860 g und bei den Versuchstieren bei 1400 g. Diese gerichteten Gewichtsdifferenzen sind n u r durch Wasserverdunstung zu erklären.
333
Archiv für Tierernährung, Band 12, Heft 6, 1962
Zur Beurteilung der Genauigkeit der Analysen bei Kohlenstoff und Energie kann das Energie: C-Verhältnis mit herangezogen werden. Die letzte Spalte der Tabelle 11 enthält diese Verhältnisse für die durchgeführten Tierkörperanalysen bei den 0- und Versuchstieren. Bei den 0-Tieren entspricht das Verhältnis von 11,6 den theoretischen Erwartungen, während dies Verhältnis bei den Versuchstieren mit 12,3 im Mittel als zu hoch bestimmt wurde. Dies tritt noch deutlicher in Erscheinung, wenn das Energie: C-Verhältnis für den Tierkörperzuwachs (a), also nach Abzug des Cund Energiegehaltes der Tiere bei Versuchsbeginn, berechnet wird. Vergleichsweise sind in die folgende Tabelle die entsprechenden Verhältnisse, die sich aus den Gesamtstoffwechselversuchen errechnen lassen, aufgenommen, und zwar sowohl aus der energetisch ausgedrückten stofflichen Bilanz (b) als auch aus der energetischen Bilanz unter Ermittlung der Wärmeproduktion aus den respiratorischen Daten (c) berechnet. Tabelle 12 Energie : C-Verhältnisse Vers.-Nr. S1 S2
Tier-Nr.
a
b
c
Ia Ib Ic IIa IIb IIc
12,6 13,1 12,1 12,6 12,0 12,6
11,9 12,0 11,9 12,0 11,9 12,0
11,8 12,1 11,9 11,9 12,0 11,8
Im Mittel
12,5
12,0
11,9
Die sich aus der Bilanz — sei es aus der energetisch ausgedrückten stofflichen Bilanz oder auch aus der Energiebilanz — errechnenden Energie: C-Verhältnisse entsprechen den theoretischen Erwartungen. Damit ist den Bilanzwerten eine höhere Genauigkeit zuzumessen als den Werten der Tierkörperdifferenz, bei denen die Energie: C-Verhältnisse höher gefunden wurden, als sie theoretisch möglich sind. Die detaillierte Analyse der Einzelwerte deutet auf eine größere Unsicherheit bei der Kohlenstoffbestimmung der fettreichen Schlachtprodukte der Versuchstiere in Richtung einer nicht vollständigen Oxydation der Proben bei der durchgeführten nassen Verbrennung hin. Von den beiden Energiebilanzwerten, die sich in diesen Versuchsreihen im Gegensatz zu den Versuchen mit Ratten kaum unterscheiden, wird analog wie bei den Versuchen mit Ratten im folgenden für den Vergleich mit den Tierkörperanalysen die energetisch ausgedrückte stoffliche Bilanz (im weiteren als Energiebilanz bezeichnet) herangezogen. 3.3. E r g e b n i s s e d e r G e s a m t s t o f f w e c h s e l v e r s u c h e Tabelle 13 enthält die wesentlichsten Ergebnisse der durchgeführten Gesamtstoffwechselversuche. Bei gleicher Futtereinnahme in Versuchsreihe S1 fällt sowohl im Lebendgewichtszuwachs als auch in den Bilanzgrößen das Tier I b stärker heraus. Aber auch bei praktisch gleicher Lebendgewichtsdifferenz sind nicht unbeträchtliche Differenzen in den
334
SCHIEMANN u. a., Methodik der Gesamtstoffwechselmessungen und Tierkörperanalytik
Tabelle 13 Futtereinnahme und Bilanz für N, C und Energie
Vers.Nr.
TierNr.
Lebendgewichtszuwachs
Futtereinnahme
kg S1 S2
Ia Ib Ic IIa IIb IIc
66,0 58,0 67,5 57,5 56,0 66,0
Bilanz
kg N
kg C
kcal
5,510
82,053
811129
5,231
78,922
784464
kg N
kg C
kcal
2,186 1,785 1,975 1,823 1,967 1,969
22,285 20,769 21,371 23,094 21,434 22,405
265173 248441 254903 277140 255762 267796
Bilanzwerten der Einzeltiere vorhanden. So errechnet sich aus den beiden Versuchsreihen eine mittlere Streuung der Bilanzwerte von 7,2% bei N, 3,6% bei C und 3,7% bei der Energie. Auf die Bedeutung dieser Streuungen im Hinblick auf die Methode der Kontrollschlachtung wird auf S. 340f. näher eingegangen. 3.4. V e r g l e i c h d e r B i l a n z m e s s u n g e n m i t d e n T i e r k ö r p e r a n a l y s e n In Tabelle 14 sind die Tierkörperanalysen werte nach Abzug des Gehaltes der Tiere an N, C und Energie bei Versuchsbeginn und die prozentualen Differenzen zwischen diesem Tierkörperzuwachs — d. h. dem direkt am Tier gemessenen Zuwachs — und der Bilanz — dem in den Gesamtstoffwechselversuchen auf indirektem Wege ermittelten Zuwachs — zusammengestellt. Tabelle 14 Differenzen zwischen Tierkörperzuwachs und Bilanz in % der Einnahmen (a) und in % des Tierkörperzuwachses (b) N Vers.Serie
S1 S2
TierNr.
Ia Ib Ic IIa IIb IIc
Im Mittel Streuung
Tierkörperzuwachs
Energie
C
Differenz a
b
Tierkörperzuwachs
kg
%
/o
1,764 1,382 1,826 1,442 1,285 1,672
-7,7 -7,3 -2,7 -7,3 -13,0 -5,7
-23,9 -29,2 - 8,2 -26,4 -53,1 -17,8
-7,3 -26,4 ±3,4 ±15,0
Differenz a
b
Tierkörperzuwachs
kg
/o
/o
20,480 19,657 20,517 21,535 20,285 20,853
-2,2 -1,4 -1,0 -2,0 -1,5 -2,0
-8,8 -5,7 -4,2 -7,2 -5,7 -7,4
-1,7 ±0,4
-6,5 ±1,9
Differenz a
b
kcal
/o
/o
258032 257176 248231 271025 244362 263098
-0,9 ±1,1 -0,8 -0,8 -1,5 -0,6
-2,8 ±3,4 -2,7 -2,3 -4,7 -1,8
-0,6 ±0,9
-1,8 ±2,7
Beim Stickstoff ergibt sich in noch weit stärkerem Maße als bei den Ratten (s. Tab. 8) eine negative Differenz zwischen Tierkörperzuwachs und Bilanz im Sinne eines „N-Verlustes", der im Mittel 7,3% der N-Einnahme und 26,4% der Retention be-
Archiv für Tierernährung, Band 12, Heft 6, 1962
335
trägt. Bei den Schweineversuchen kann ein gewisser, nicht erfaßter NH 3 -Verdunstungsverlust aus den Exkrementen nicht völlig ausgeschlossen werden, obwohl die Kot- und Harnsammlung nach der früher beschriebenen Methodik [5] mit aller Sorgfalt durchgeführt wurde. Diese „N-Verluste" weisen darauf hin, daß bei langfristigen N-Bilanzversuchen zum Zweck der Bestimmung der N-Verwertung und des Proteinansatzes den ermittelten N-Bilanzen mit großen Vorbehalten begegnet werden muß. Auf die Bestimmung der Nettoenergie von Futterstoffen mittels Gesamtstoffwechselversuchen haben diese „N-Verluste" auf das Ergebnis nur einen geringfügigen Einfluß, was bereits bei denRattenversuchen (s. S.331) abgeleitet wurde. Beim Kohlenstoff ergibt sich auch eine negative Differenz zwischen Tierkörperzuwachs und Bilanz von 1,7% der Einnahmen und von 6,5% der Retention. Bei der Energie liegen diese Werte erheblich niedriger und betragen im Mittel nur 0,6% der Einnahmen bzw. 1,8% der Retention, wobei im Falle der Energie die Streuungen höher sind als die mittlere gerichtete Differenz, diese also völlig als innerhalb der Fehlergrenze liegend anzusehen ist. Es ist daher zunächst zu fragen, ob nicht erfaßte C-haltige (und evtl. auch energiehaltige) Ausscheidungsprodukte vorliegen können. Aus einer Anzahl ganztägiger Gaswechselregistrierungen mit dem „Uras"gerät läßt sich entnehmen, daß Schweine eine geringe Menge Methan produzieren. Der Kohlenstoff dieser Methanmenge, die in den Gesamtstoffwechselversuchen nicht erfaßt wurde, kann aus den angeführten Versuchen mit 0,3—0,4% der C-Einnahme abgeschätzt werden. Damit reduziert sich die negative Abweichung beim Kohlenstoff auf weniger als 1,5% und bei der Energie praktisch auf 0. Unter Berücksichtigung der bereits erwähnten größeren Ungenauigkeit der CBestimmung bei den fettreichen Proben im Sinne einer nicht vollständigen Oxydation bei der nassen Verbrennung kann analog den Versuchen mit Ratten auch für diese Versuche mit Schweinen die wichtige Schlußfolgerung gezogen werden, daß die in den Gesamtstoffwechselversuchen gemessenen Bilanzgrößen innerhalb der unvermeidbaren Fehlergrenzen solcher Versuche für Kohlenstoff und Energie durch die Tierkörperanalyse voll bestätigt werden. Demzufolge weisen die durchgeführten Versuche mit Schweinen ebenfalls die Brauchbarkeit der Energiewechselmessung zum Zweck der Bestimmung der energetischen Ansatzleistung nach der indirekten Methodik der Energiemessung über die N- und C-Bilanz nach. 4. V e r s u c h e an S c h w e i n e n z u r K o n t r o l l s c h l a c h t u n g s m e t h o d i k nach T O M M E Wie einleitend erwähnt, wurden parallel zu den beschriebenen Versuchen an Schweinen ergänzende Versuchsreihen im Prinzip nach der von T O M M E [10] angegebenen Methodik zur Nettoenergiebestimmung von Futterstoffen bei Schweinen ohne Verwendung von Respirationsapparaturen durchgeführt, um die Respirationsmethodik mit der Kontrollschlachtungsmethodik von der energetischen Seite aus der eigenen Erfahrung heraus besser vergleichen zu können. Die parallel zur 1. und2. Versuchsreihe durchgeführten Versuche werden als S l/TundS2/Tbezeichnet. 4.1. M e t h o d i s c h e s Zu Beginn der Versuche wurden parallel zu den Versuchsreihen S1 und S2 6 weitere Borge in zwei gleichmäßige Gruppen aufgeteilt. Als 0-Tiere dienten die gleichen wie bei den Versuchen zum Vergleich: Tierkörperzuwachs — Bilanz (s. Tab. 11).
336
SCHIEMANN u . a . , Methodik der Gesamtstoffwechselmessungen und Tierkörperanalytik
Die eine Gruppe (im folgenden als Kontrollgruppe [K] bezeichnet) erhielt die gleiche Ration wie die in den Respirationsapparaturen gehaltenen Tiere (s. S. 333), allerdings mit dem Unterschied, daß wegen der begrenzten Schlachtungskapazität die Versuchszeit um 14 Tage verlängert wurde. Die zweite Gruppe (im folgenden als Versuchsgruppe [V] bezeichnet) erhielt zu dieser Ration in Sl/T eine Zulage von 15% Mais und in S2/T eine Zulage von 15% Gerste. Über die Versuchszeit orientiert Tabelle 2 (s. S. 324). Während der gesamten Versuchszeit wurde der Kot der in Einzelfütterung gehaltenen Tiere gesammelt. Nach dem Differenzverfahren zwischen Versuchs- und Kontrollgruppe läßt sich damit die Verdaulichkeit der Zulagen über die gesamte Versuchszeit errechnen. In Tabelle 15 sind Zusammensetzung und mittlere Verdaulichkeit der Zulagen angegeben. Tabelle 15 Chemische Zusammensetzung und Verdaulichkeit der Mais- und Gerstenzulagen Zusammensetzung Mais /o Org. Substanz Rohprotein Rohfett Rohfaser NFE Energie
Gerste /o
98,48 97,00 9,55 10,80 4,60 2,72 2,41 5,71 81,93 77,77 4504 cal/g 4429 cal/g
Verdaulichkeit Mais /o
Gerste /o
84,9 49,6 35.1 46,3 94.2 78,6
82,1 75,8 52,3 24,6 88,3 79,5
Gehalt an verdi. Nährstoffen Mais /o
Gerste /o
4,74 8,19 1,61 1,42 1,12 1,40 77,18 68,67 3540 cal/g 3521 cal/g Nährstoff Nährstoff
In Versuch Sl/T mußten aus der Kontrollgruppe 2 Tiere vorzeitig wegen Erkrankung ausgeschaltet werden, so daß für die Ausschlachtung nur ein Tier der Kontrollgruppe und 3 Tiere der Versuchsgruppe verblieben. In Versuch S2/T, der ohne alle Störungen verlief, wurden am Versuchsende je 2 Tiere der Versuchs- und Kontrollgruppe ausgeschlachtet, da die Kapazität für die ordnungsgemäße Ausschlachtung auf 4 Tiere beschränkt war. Die Ausschlachtung erfolgte in der gleichen Weise wie bei den Tieren der Versuchsreihen S1 und S2 (s. S. 332). Die Analytik wurde jedoch auf die Bestimmung der Trockensubstanz und die der Energie eingeschränkt. 4.2. E r g e b n i s s e d e r T i e r k ö r p e r a n a l y s e n In Tabelle 16 sind neben den Gewichtsangaben die sich aus der Analyse der Teilproben errechnenden Werte für den Trockensubstanz- und Energiegehalt der Kontroll- und Versuchstiere beider Versuchsserien zusammengestellt. Aus den Werten der Tabelle 16 geht einmal hervor, daß die Zusammensetzung der Schlachtkörper, gemessen am Trockensubstanz- und Energiegehalt (in % der Trockensubstanz), recht beträchtlichen Schwankungen auch zwischen den Paralleltieren unterliegt und daß ferner der energetische Gesamtansatz zwischen den Paralleltieren beträchtliche Differenzen aufweist.
337
Archiv für Tierernährung, Band 12, Heft 6, 1962
Tabelle 16 Ergebnisse der Ausschlachtungsversuche Lebendgewicht Anfang kg
SchlachtGeEnergiegehalt körperwichts Trocken- Energie gewicht differenz substanz in cal/g d. TierTr. Sbst. körpers Ende kcal kg kg kg
IaK la V Ib V le V
30,5 33,0 34,5 34,5
104,5 107,0 123,5 114,0
103,47 105,54 121,67 112,75
1,03 1,46 1,83 1,25
48,29 51,68 45,83 47,60
7408 7549 7207 7311
370182 411705 401860 392323
IIa K IIb K IIa V IIb V
34,5 38,0 36,0 37,0
96,5 92,0 101,0 107,0
93,58 90,38 97,45 103,97
2,92
44,74 4i,04 50,89 49,00
7410 7300 7829 7744
310238 270811 388297 394474
TierNr.
1,62
3,55 3,03
4.3. B e r e c h n u n g der N e t t o e n e r g i e v o n Mais und G e r s t e Zur Beurteilung der Genauigkeit der durchgeführten Versuche zum Zweck der Nettoenergiebestimmung von Mais und Gerste soll die Nettoenergie für die jeweiligen Kombinationsmöglichkeiten der Aufrechnung angegeben werden. Wie erwähnt, wurde in der Versuchsgruppe Sl/T 15% Maisschrot entsprechend 30,254kg Tr.-Subst. pro Tier und in der Versuchsgruppe S2/T 1 5 % Gerstenschrot entsprechend 28,710 kg Tr.-Subst. pro Tier zugelegt. Durch Differenzbildung zwischen dem energetischen Zuwachs der Versuchs- und Kontrolltiere ergibt sich der durch die verzehrte Zulage bewirkte Ansatz, wie es Tabelle 17 veranschaulicht. Tabelle 17 Berechnung der Nettoenergie von Mais und Gerste Tierpaar
Ansatzdifferenz kcal
Verzehrte Zulage kg
Ansatz in % d. Bruttoenergie
Ansatz in % d. verdl. Energie
1213 792 477
26,9 17,6 10,6
34,3 22,4 13,5
827
18,4
23,4
2612 4234 2756 4378
59,0 96,0 62,2 98,8
74,2 120,3 78,3 124,3
3495
79,0
99,3
Ansatz pro kg Zulage kcal
A) Mais IaV/IaK IbV/IaK IcV/IaK
36701 23958 14425
30,254
Im Mittel B) Gerste IlaV/IIaK IlaV/IIbK IlbV/IIaK IlbV/IIbK Im Mittel
74995 121572 79129 125706
28,710
338
SCHIEMANN u. a., Methodik der Gesamtstoffwechselmessungen und Tierkörperanalytik
Sowohl aus der Größe der Streuung als auch aus den absoluten Werten ergibt sich, daß die in diesen Versuchen ermittelten Nettoenergiewerte unwahrscheinlich sind. Es muß daher gefragt werden, ob dies speziell an der Durchführung dieser Versuchsreihen liegt oder ob mehr die Methodik an sich als ungeeignet zur Lösung des Problems der energetischen Produktionswertbestimmung von Futterstoffen anzusehen ist. Zunächst können gegen die hier angeführten Untersuchungen Einwände erhoben werden, daß z. B. bei S1/T in der Kontrollgruppe nur ein Tier verblieb und demzufolge diese Versuchsreihe zur Bestimmung der Nettoenergie des Maises unbrauchbar ist. Auch wenn dadurch der absolute Ansatzwert stark in Frage zu stellen ist, so zeigt sich aber zwischen den 3 Paralleltieren der Versuchsgruppe eine recht beträchtliche Streuung von ± 11000 kcal in der Ansatzdifferenz. Es erscheint daher geboten, die unvermeidbaren Fehlermöglichkeiten bei der Kontrollschlachtungsmethodik zusammenzustellen und in ihrer Auswirkung auf die Bestimmungsgröße Nettoenergie zu untersuchen. Folgende unvermeidbare Fehlerquellen sind zu betrachten: 1. Unsicherheit der 0-Wertermittlung bei Versuchsbeginn durch Analyse von Paralleltieren. 2. Fehler der Futtermittelanalytik (Trockensubstanz und Energie) und Wägefehler 3. Variation des Erhaltungsstoffwechsels innerhalb der Gruppen. 4. Veränderung des Erhaltungsbedarfs infolge Lebendgewichtsdifferenzen zwischen den Gruppen. 5. Fehler der Tierkörperanalyse. Im folgenden sollen diese Fehlerquellen von der energetischen Seite beurteilt werden. Zu 1. Die Unsicherheit der 0-Wertermittlung wurde bereits abgeleitet (s. S. 334) und mit ± 2000 kcal eingeschätzt. Zu 2. Ein Futtereinnahmefehler von i 0,5%, der die analytischen Fehler und die Ungenauigkeit der Wägung und des quantitativen Verzehrs einschließt, dürfte auch bei sorgfältigster Versuchsdurchführung nicht zu unterbieten sein. Bezogen auf die Futtereinnahme in diesen Versuchen ergeben sich ^ 4500 kcal. Zu 3. Aus unseren umfangreichen Gesamtstoffwechselversuchen zum Proportionalitätsproblem (5) läßt sich die Streuung des Erhaltungsstoffwechsels für die in 3 zeitlich getrennt abgelaufenen Versuchsserien verwendeten 17 Tiere berechnen. Sie ergibt sich zu ^ 2 kcal/Tag und kg Lebendgewicht. Die verwendeten Versuchstiere entstammen 3 verschiedenen Zuchten. Berechnet man die Streuung für die einzelnen Versuchsreihen, so reduziert sie sich geringfügig. Setzt man jedoch voraus, daß durch Verwendung von Geschwisterpaaren für Versuchs- und Kontrollgruppe die Variation auf die Hälfte vermindert wird, also auf ^ 1 kcal/Tag und kg Lebendgewicht, so ergibt sich bei 140 Versuchstagen und einem durchschnittlichen Lebendgewicht von etwa 70 kg eine Streuung von ca. i 10000 kcal.
Archiv für Tierernährung, Band 12, Heft 6, 1962
339
Zu 4. Der Mehrbedarf an Erhaltungsenergie der Versuchsgruppe gegenüber der Kontrollgruppe infolge höherer Gewichtszunahmen durch das Zulagefuttermittel kann korrekturmäßig berücksichtigt werden. Die Ermittlung dieser Korrekturgröße ist jedoch schwierig durchführbar. Aus unseren früheren Untersuchungen zum Proportionalitätsproblem läßt sich ableiten, daß die Variation der erhöhten Erhaltungsbedarfsforderung pro kg Lebendgewicht im Mittel der 3 durchgeführten Versuchsreihen ^ 3,3 kcal beträgt. Rechnet man mit einer durchschnittlichen Gewichtsdifferenz zwischen Versuchs- und Kontrollgruppe von 7 kg, so errechnet sich bei einer Versuchszeit von 140 Tagen eine Unsicherheit von ^ 3200 kcal. Zu 5. Die Ungenauigkeit der Tierkörperanalytik mit den Fehlern der Probenahme, der Trockensubstanz- und Energiebestimmung kann mit ^ 1,5% eingeschätzt werden. Dies entspricht ca. 5500 kcal. Da die besprochenen Fehler nicht gerichtet und unabhängig voneinander sind, ist die totale theoretische Streuung über das Fehlerfortpflanzungsgesetz zu errechnen. Aus den 5 Streuungsgrößen ergibt sich danach eine Gesamtstreuung von rd. ± 13000 kcal. Welche Auswirkung hat diese Gesamtstreuung auf die Meßgröße der Nettoenergie? Durch die 15%ige Zulage des zu untersuchenden Futtermittels ist bei einer 50%igen Verwertung der Bruttoenergie (Verdaulichkeit: 80%; Verwertung der verdaulichen Energie zum Ansatz von 70%) ein Energiezuwachs von 7,5% der Energieeinnahmen zu erwarten. Nach den Versuchsbedingungen der Kontrollschlachtungsmethodik wird der Lebendgewichtszuwachs von 35 kg auf 100 kg etwa durch eine Energiezufuhr von 800000—900000 kcal erreicht. 7,5% Energiezuwachs durch die Zulage entspricht demzufolge etwa 60000—70000 kcal, die mit einer Streuung von i 13000 kcal behaftet sind. Um also mit ICT Wahrscheinlichkeit eine Sicherung der Nettoenergiewerte von 95% zu erreichen, ist die Zahl der Paralleltiere pro Versuchsund Kontrollgruppe auf 16—20 gegenüber der in der Methodik angeführten Zahl von 4 zu erhöhen. Das gleiche läßt sich auch aus den Rattenversuchen ableiten, ohne daß hier auf Einzelheiten weiter eingegangen werden soll. Dadurch wird jedoch der Aufwand für die einzelne Nettoenergiebestimmung so groß, daß die praktische Durchführbarkeit in den meisten wissenschaftlichen Einrichtungen unmöglich ist. Demgegenüber ist mittels der Gesamtstoffwechselmessungen zur energetischen Produktionswertbestimmung von Futterstoffen für die gleiche Sicherung der Nettoenergie ein vollständiger Differenzversuch von 3 Monaten Dauer mit 4—6 Paralleltieren erforderlich, wie früher (5) in einer analogen Fehlerbetrachtung nachgewiesen wurde. 4.4. V e r g l e i c h d e r G e s a m t s t o f f w e c h s e l m e t h o d i k m i t d e r K o n t r o l l schlachtungsmethodik In den letzten Jahren sind im Oskar-Kellner-Institut Gesamtstoffwechselversuche zur Nettoenergiebestimmung von 14 Kraftfutterstoffen an Rindern, Schafen, Schweinen, Kaninchen und Ratten durchgeführt worden. Die Kraftfutterstoffe wurden so gewählt, daß die Variabilität im Gehalt an den einzelnen verdaulichen Nährstoffen möglichst hoch war, um auf mehrfachkorrelativem Wege für die einzelnen verdau24
Archiv f ü r Tierernährung
340
SCHIEMANN u. a., Methodik der Gesamtstoffwechselmessungen und Tierkörperanalytik
liehen Nährstoffe die Nettoenergiefaktoren festlegen zu können (2). Für die Schweine ergab sich folgende Nettoenergieberechnungsgleichung: y = 2,4 l x t + 8,8 9 x 2 + 0 , 1 8 x 3 + 3 , 2 2 x 4 (y = Nettoenergie, Xj—x 4 = verdl. Rohprotein, Rohfett, Rohfaser u. N F E ) . Die Streuung zwischen berechneter und gemessener Nettoenergie ist kleiner als 5 % , so daß zumindest für die Gruppe der Kraftfutterstoffe dieser Gleichung eine verallgemeinerungsfähige Bedeutung zukommt. Zur weiteren Beurteilung der Sicherheit der Nettoenergiemessungen nach der Kontrollschlachtungsmethodik sind in Tabelle 18 den bisher veröffentlichten, nach der Kontrollschlachtungsmethodik ermittelten Nettoenergiewerten, bei denen der Gehalt an verdaulichen Nährstoffen mit angegeben ist, die nach obiger Gleichung berechneten gegenübergestellt. Tabelle 18 Nettoenergiebestimmungen nach der Kontrollschlachtungsrriethodik
Futtermittel
Hafer Gerste Gerste Gerste Pferdezahnmais orangefarb. Mais Dobrudscha- Mais (Mais Erbsen Sonnenblumenölkuchen Leinölkuchen Weizenkleie Kartoffel Fischmehl Luzernemehl Erbsen-Grünhafergemenge
Gemessene Berechnete Nettoenergie Nettoenergie N E ber. pro kg Tr.- pro kg Tr.N E gem. Sbst. Sbst. kcal kcal 2228 1759 2640 3495 2357 3069 3117 827 1939
2136 2471 2120 2537 2740 2857 2949 2745 2503
104 71 124 73 86 107 106 332) 77
1805 1837 1647 2008 1632 852
1815 1694 1682 2678 1457 785
99 108 98 75 112 109
1221
1433
85
Versuchsansteller
TOMME U. A. (11) Ïy PALAMARU U. a. (6) Oskar- Kellner-Institut PALAMARU U. A. (11) (7) (7) Oskar-Kellner-Institut TOMME U. a. (11) >>
„ ) )
>>
J>
Zwischen den berechneten und gemessenen Nettoenergiewerten bestehen erhebliche Differenzen. So wurden beispielsweise als Nettoenergiewerte für Gerste 1759, 2640 und 3495 kcal/kg und für Mais (827), 2357, 3069 und 3117 kcal/kg gemessen. Daraus ist zu folgern, daß der Gesamtstoffwechselmethodik mit Hilfe der Respirationsapparaturen zum Zweck der Nettoenergiebestimmung von Futterstoffen beim Schwein gegenüber der Kontrollschlachtungsmethodik der Vorzug zu geben ist. Dies gilt sowohl hinsichtlich der erreichbaren Genauigkeit als auch hinsichtlich des Arbeitsaufwandes.
341
Archiv für Tierernährung, Band 12, Heft 6, 1962
Zusammenfassung 1. In 5 langfristigen Versuchsreihen mit wachsenden Albinoratten wurden die durch Gesamtstoffwechselmessungen sich errechnenden Ansätze für N, C und Energie mit den durch Analyse der gesamten Tierkörper sich ergebenden Ansätzen verglichen. Die Differenzen zwischen Tier-körperanalyse und Bilanz betrugen in % der Einnahme im Mittel — 2,7% bei N, —0,3% bei C und —0,2% bei der Energie; die Streuungen aus den 15 Einzelversuchen errechnen sich zu i 1,9% bei N, i 0,7% bei C und ± 1,1% bei der Energie. 2. In 2 analogen Versuchsreihen mit wachsenden Schweinen (35 bis 100 kg) ergaben sich für N, C und Energie folgende Differenzen zwischen Tierkörperanalysen und Bilanz, ausgedrückt in % der Einnahme: — 7,3; —1,7 und — 0,6; die Streuungen aus den 6 Einzelversuchen errechnen sich zu i 3,4% bei N, i 0,4% bei C und ± 0,9% bei der Energie. 3. Damit wurde auch in diesen Versuchsserien mit Ratten und Schweinen wiederum eine negative Differenz zwischen Tierkörper2uwachs und Bilanz im Sinne eines „N-Verlustes" gefunden, so daß bei langfristigen N-Bilanzversuchen zum Zweck der Bestimmung der N-Verwertung und des Proteinansatzes den ermittelten N-Bilanzen mit großen Vorbehalten begegnet werden muß. Auf die Bestimmung der Nettoenergie von Futterstoffen mittels Gesamtstoffwechselversuchen haben diese „NVerluste" nur einen geringfügigen Einfluß. 4. Für Kohlenstoff und Energie ergaben sich bei beiden Tierarten innerhalb der Fehlergrenze liegende Übereinstimmungen zwischen Tierkörperzuwachs und Bilanzen, wodurch die Brauchbarkeit der Energiewechselmessung zum Zweck der Bestimmung der energetischen Ansatzleistungen nach der indirekten Methodik der Energiemessung unter Verwendung von Respirationsapparaturen über die N- und C-Bilanz noch einmal eindeutig nachgewiesen wird. 5. In Parallelversuchen mit Schweinen wurde nach der von T O M M E angegebenen Kontrollschlachtungsmethodik die Nettoenergie von Mais und Gerste gemessen, wobei sich sehr hohe Streuungen in den Nettoenergiewerten ergaben. Auf Grund theoretischer Betrachtungen und einer fehlerkritischen Auswertung der bisher vorliegenden Versuche nach der Kontrollschlachtungs- und Gesamtstoffwechselmethodik wird nachgewiesen, daß der letzten zum Zweck der Nettoenergiebestimmung von Futterstoffen beim Schwein der Vorzug sowohl hinsichtlich der erreichbaren Genauigkeit als auch hinsichtlich des Arbeitsaufwandes zu geben ist. Literaturverzeichnis [1] HOFFMANN, L. und R. SCHIEMANN : Der Wert der Bilanzkontrolle bei Respirationsversuchen. 1. Symposium on energy metabolism. EAAP-Publ. 1960, 8, 234—40 [2] HOFFMANN, L . , R . SCHIEMANN u n d K . NEHRING: Z u r B e r e c h n u n g d e r
Nettoenergie
v o n Futterstoffen. Arch. Tierernähr. 1960, 10, 229—40 [3] NEHRING, K . , L . HOFFMANN u n d R . SCHIEMANN: D i e V e r w e r t u n g d e r
Futterenergie
in Abhängigkeit vom Ernährungsniveau. 1. Mitt. Versuche mit Kaninchen und Ratten. Arch. Tierernähr. 1959, 9, 85 — 139 [4] NEHRING, K . ,
W . LAUBE,
E . SCHWERDTFEGER,
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L. HOFFMANN : Die Bestimmung der biologischen Wertigkeit des Eiweißes. N-Bilanz und N-Ansatz im Tier. Biochem. Z. 1957, 328, 549 — 61 24*
342
SCHIEMANN u. a., Methodik der Gesamtstoffwechselmessungen und Tieritörperanalytik R . S C H I E M A N N , L . H O F F M A N N und W . K L I P P E L : Die Verwetrung der Futterenergie in Abhängigkeit vom Ernährungsniveau. 2. Mitt. Versuche mit Schweinen. Arch. Tierernähr. 1960, 10, 2 7 5 - 3 2 0 P A L A M A R U , E. und Mitarbeiter: Beitrag zur Bestimmung des Nährwertes von Gerste bei Schweinen nach der Methodik der Kontrollschlachtung. In: Das Problem der Futterbewertung und Futterwerteinheit. V. Sitzungsber. d. Dtsch. Akad. d. Landwirtschaftswiss. zu Berlin, 1962 (im Druck) P A L A M A R U , E. und Mitarbeiter: Beitrag zur Bestimmung des Nährwertes von Mais bei Schweinen nach der Methodik der Kontrollschlachtung. In: Das Problem der Futterbewertung und Futterwerteinheit. IV. Sitzungsber. d. Dtsch. Akad. d. Landwirtschaftswiss. zu Berlin, 1961, Bd. X, H. 2, 11—20 S C H I E M A N N , R . , L. H O F F M A N N und K. N E H R I N G : Die Verwertung reiner Nährstoffe. 2. Mitt. Versuche mit Schweinen. Arch. Tierernähr. 1961, 11, 265 — 83 S C H I E M A N N , R., L. H O F F M A N N und M. S C H M I D T : Über den apparativen Aufbau von Respirationsapparaten für Kleintiere. Arch. Tierernähr. 1957, 7, 80—97 T O M M E , M . F.: Die Ausarbeitung weiterer Methoden zur Beurteilung des Futterwertes. In: Das Problem der Futterbewertung und Futterwerteinheit. II. Sitzungsber. d. Dtsch. Akad. d. Landwirtschaftswiss. zu Berlin 1958, Bd. VII, H. 15, 21—41 T O M M E , M . F.: Die Ergebnisse der nach der Kontrollschlachtungsmethodik zur Bestimmung des Nährwertes von Futterstoffen bei Schweinen durchgeführten Versuche. In: Das Problem der Futterbewertung und Futterwerteinheit. V. Sitzungsber. d. Dtsch. Akad. d. Landwirtschaftswiss. zu Berlin, 1962 (im Druck) W E N I G E R , J. und K. F U N K : Ausschlachtungsversuche und Schlachtungsmethoden an Schweinen unter Berücksichtigung ihrer Futterverwertung. Arch. Tierernähr. 1953, 3, 145-59
[5] NEHRING, K . ,
[6]
[7]
[8] [9] [10] [11]
[12]
Eingegangen am 7. 9. 1962
343 Aus dem Institut f ü r Tierernährungslehre der Humboldt-Universität 2u Berlin (Direktor: Prof. Dr. A . H O C K )
A . HOCK u n d D . D A R G E L
Untersuchungen über die Bindung von Ammoniak in Trockenschnitzeln Ein wesentlicher Vorteil des Wiederkäuers als Nutztier ist bekanntlich die Tatsache, daß er in der Lage ist, aus stickstoffhaltigen Nichteiweißverbindungen mit Hilfe seiner Pansenbakterien Bakterieneiweiß zu synthetisieren, das in den distal des Pansens gelegenen Verdauungsorganen (Labmagen, Dünndarm, Dickdarm usw.) als Nahrungseiweiß verwertet wird. Bereits seit langem ist bekannt, daß speziell dem Rind mit Vorteil Harnstoff kristallisiert oder gebunden an andere Futtermittel als derartige Stickstoffnahrung angeboten werden kann [1]. Seit einiger Zeit werden mit Erfolg auch Ammonsalze verwendet (z. B. Ammoniumhydrogencarbonat) [2], Die Verwendung von Ammoniak direkt war bisher aus verständlichen Gründen (Unmöglichkeit der direkten Aufnahme durch das Tier infolge seiner Ätzwirkung und des hohen pH-Wertes) nicht versucht worden. Seit einiger Zeit ist es aber vor allem polnischen und amerikanischen Wissenschaftlern (siehe unten) gelungen, Ammoniak an verschiedene Futtermittel in nennenswertem Umfang zu binden. Die Art dieser Bindungen war bis jetzt noch unklar. Die folgende Arbeit dient der Untersuchung dieser Frage. In der Literatur wird, wie schon gesagt, über verschiedene Futtermittel berichtet, deren Stickstoffgehalt bei Behandlung mit gasförmigem Ammoniak oder wäßriger Ammoniaklösung erheblich steigt. Einige dieser Futtermittel sind in der Tabelle 1 zusammengefaßt [3—6], Tabelle 1 vor Ammonisierung
x 6,26 nach Ammonisierung
8% 11-14% 16-17% 11-13% 21-23% 3,2-3,6% 5- 7% 17%
18-20% 16% 19-20% 16-17% 25-27 % 7,2-7,7% 19% etwa 18 %
N
Trockenschnitzel Gerste Weizenkleie Wiesenheu Luzemenheu Gerstenstroh Futterrüben Futtermöhren
x 6,25
N
Der in den angeführten Futtermitteln aufgenommene Ammoniak soll nach Angaben der Autoren weder beim Erhitzen noch durch Extraktion mit kaltem Wasser wieder freigegeben werden. Auf Grund dieser Feststellungen wird über die Frage diskutiert, ob das Ammoniak an den Hemicellulosen, am Lignin oder am Pektin gebunden vorliegt [7]. In der vorliegenden Arbeit wurde versucht, diese Fragen zu klären. Infolge der hohen Bindungsfestigkeit des Ammoniak war kaum anzunehmen, daß einfache
344
A. HOCK und D. DARGEL, Bindung von Ammoniak in Trockenschnitzeln
Absorption vorliegt, wahrscheinlicher erschien eine echte chemische Bindung, wobei wir die Existenz eines Ammoniumsalzes oder die eines Amides erwogen. Die für diese Untersuchungen verwendeten handelsüblichen, mit Rauchgasen getrockneten Trockenschnitzel (Zuckerextraktionsschnitzel) wurden nach Extraktion der in ihnen noch enthaltenen Zuckerreste mit 50° warmem Wasser bei einem Feuchtigkeitsgehalt von 8—10% (lufttrocken) bis zur maximalen Aufnahme mit Ammoniak begast. Dabei wurde eine starke Wärmeentwicklung beobachtet, gleichzeitig traten größere Mengen Kondenswasser auf. Wir erhielten mit steigender Dauer der Begasung Schnitzel mit zunehmendem Stickstoffgehalt bis zu maximal 3,2 bis 3,4% nach 8 Stunden. Der ursprüngliche Gehalt war 1,2 bis 1,3% (Tabelle 2). Tabelle 2 Dauer der Begasung 0 Stunden 5 „ 6 7 8 „
Prozent N 1,2-1,3 2,1-2,3 2,7-2,8 3,0-3,1 3,1-3,3
Ferner wurden die mit kaltem Wasser extrahierten Trockenschnitzel mit wäßriger 1— 5%iger Ammoniaklösung behandelt. Auch hier betrug der maximale Stickstoffgehalt 3 bis 3,2%; er wurde, wie Tabelle 3 zeigt, um so früher erreicht, je höher die Konzentration der verwendeten NH3-Lösung war. Tabelle 3 N-Gehalt nach Einwirkungsdauer von
NHj-Gehalt d. Lösungen 1 Prozent
2 3
4 5
1 Tag
2 Tagen
3 Tagen
4 Tagen
2,8 2,9 3,2 3,1 3,1
3,0 3,1 3,2 3,2 3,1
3,1 3,1 3,2 3,3 3,1
3,1
Eine unterschiedliche Behandlung der Trockenschnitzel mit Ammoniak ergab also keine abweichenden Ergebnisse. Die ammonisierten Schnitzel wurden zunächst darauf untersucht, ob Ammoniak nur absorbiert war. Sie wurden auf 110° erhitzt und der Stickstoffgehalt in % der Trockensubstanz vor und nach dieser Behandlung bestimmt (Tabelle 4). Tabelle 4 Probe Nr.
N-Gehalt vor Erhitzen
N-Gehalt nach Erhitzen
1 2 3 4 5
3,41% 3,32% 3,28% 3,35% 3,31%
3,09% 3,11% 2,85% 2,91% 3,12%
345
Archiv für Tierernährung, Band 12, Heft 6, 1962
Wie man sieht, gingen durch dieses Erhitzen nur geringe Mengen N flüchtig. Zur Prüfung, ob der aufgenommene Stickstoff in Form eines Ammoniumsalzes vorliegt, wurden die getrockneten Schnitzel nach üblichem Verfahren [8] bei vermindertem Druck (ca. 100 mm) in wäßriger Lösung mit Magnesiumhydroxyd auf 50° erwärmt und das sich entwickelnde Ammoniak in einer Vorlage in n/10 Schwefelsäure aufgefangen. Dabei zeigte es sich, daß von den N-Bestandteilen der ammonisierten Schnitzel kurz nach der Behandlung noch 0,8 bis 1% in Form von austreibbarem Ammoniak vorlagen. Doch scheint dieser Ammoniak-N auch noch weiter mit den Schnitzeln zu reagieren, denn analysierte man die Schnitzel etwa 1 Woche nach der Begasung, so fand man nur noch 0,2 bis 0,3%. Jedoch ist bei Schnitzeln, die mehrere Wochen gelagert wurden, kein dementsprechender N-Verlust zu verzeichnen. Tabelle 5 Tage nach Ammonisierung
austreibbares NH S
N-Gehalt
N-Verlust
der Schnitzel 1 2 4 8
0,8-1,0% 0,6-0,8% 0,3-0,5% 0,2-0,3%
3,32% 3,28% 3,27% 3,25%
—
0,04% 0,05% 0,07%
Weiterhin wurden Versuche durchgeführt, diesen Ammoniak-N durch kaltes Wasser auszuwaschen. Doch blieb selbst bei wochenlanger Einwirkung des Waschwassers der Stickstoffgehalt 2,8—3%. Die Versuche bewiesen folglich, daß über 95% des von den Trockenschnitzeln aufgenommenen Ammoniak-Stickstoffes in fester Bindung vorlagen. Durch mehrmaliges Extrahieren der Trockenschnitzel mit kochendem Wasser verminderte sich der Stickstoffgehalt, die ausgelaugten Schnitzel wiesen dann Werte von 1,8 bis 2% Stickstoff auf. Dies beweist, daß der verschwundene Stickstoff an Substanzen gebunden ist, die bei dieser Behandlung gelöst werden; in Frage kommt vornehmlich Pektin. Die noch verbliebenen relativ hohen Stickstoffwerte sind unserer Meinung nach auf die stets unvollständige Extraktion der Schnitzel zurückzuführen. Begaste man die ausgelaugten Schnitzel erneut, war nur eine Erhöhung von 0,2 bis 0,3% Stickstoff festzustellen. Entfernte man vor der Ammonisierung die heiß wasserlöslichen Stoffe, blieb der Stickstoffgehalt der Trockenschnitzel, von geringen Differenzen abgesehen, der gleiche (Tabelle 6). Tabelle 6 Probe Nr.
N-Gehalt von Trockenschnitzeln ammonisiert 3,2 % 3,37% 3,33% 3,37%
extrahiert
1,87% 1,95% 1,84%
erneut ammonisiert 2,14% 1,90% 1,95% 1,87%
346
A. HOCK und D .DARGEL, Bindung von Ammoniak in Trockenschnitzeln
Tabelle 6 a Probe Nr.
N-Gehalt v. Trockenschnitzeln extrahiert
5 6 7
1,76%
1,81% 1,87%
ammonisiert 2,23% 1,9 % 2,11%
Der Ammoniak wird demnach nicht von der Cellulose oder von anderen unlöslichen, im Rübenmark enthaltenen Stoffen aufgenommen. In heißem Wasser lösen sich, außer Spuren von Saponinen, nur Pektinstoffe und darin evtl. noch enthaltener Rohrzucker. Wie wir in getrennten Versuchen zeigen konnten, reagiert dieses Disaccharid unter den angewandten Bedingungen nicht mit NH 3 . Die Reaktionen zwischen Pektin und Ammoniak wurden von uns gleichzeitig untersucht. Die Pektinstoffe sind hochmolekulare Komplexe von Monosacchariden und Uronsäuren. Botanisch kann man sie auch zu den Hemicellulosen oder Gerüstsubstanzen rechnen, wie z. B. im Flachs oder im Stroh. Das Bauprinzip des in fast allen Pflanzen vorkommenden Pektins ist in den Grundzügen immer gleich. Durch Hydrolyse erhält man daraus L-Arabinose, D-Galactose, Galäcturonsäure und Methanol. Je nach Alter der Pflanzen überwiegt einer der aus diesen Verbindungen bestehende Komplex [9,10]. Das Pektin kommt in löslicher (in Johannisbeeren, Erdbeeren [11]) und in unlöslicher (Flachs, Erdnuß [12—14]) Form vor. Die Unlöslichkeit beruht dabei entweder auf dem Vorhandensein von Calcium-Magnesiumsalzen der sogenannten Pektinsäure oder auf Ester mit Cellulose oder anderen Polysacchariden mit hohem Molekulargewicht. In der löslichen Form findet man meist die Methylester der Galacturonsäure stark vorherrschend. Neben löslichen und unlöslichen Pektinstoffen existieren noch Übergangsformen, die in heißem Wasser löslich sind. So findet sich das Pektin in der Zuckerrübe in der in kaltem Wasser unlöslichen, aber heißwasserlöslichen Form und bildet bis zu 50% der Bestandteile des Rübenmarks. Dieses native Pektin (auch Urpektin oder Protopektin genannt) konnte noch nicht in der Form, wie es in den Pflanzen vorliegt, isoliert werden. Schon durch die Behandlung mit heißem Wasser wird es wesentlich verändert. Man erhält das sogenannte Hydratopektin, das sich durch Extraktion mit 70%igem Alkohol in zwei Komponenten zerlegen läßt, in das Calcium-Magnesiumsalz der Pektinsäure und in das Araban [15, 16]. Das Calcium-Magnesiumsalz ist aus dem Rübenpektin in Mengen von etwa 70% zu erhalten, die restlichen 25—30% entfallen auf das Araban. Aus der wäßrigen Lösung des Calcium-Magnesiumsalzes läßt sich die Pektinsäure durch Behandlung mit Salzsäure und Alkohol als gallertige Masse erhalten, die aber hartnäckig Aschebestandteile einschließt. Das Araban besteht aus einem Gemisch verschiedener Anhydride der L-Arabinose; die Pektinsäure ist ähnlich der Cellulose oder Stärke aus langen Galacturonsäureketten aufgebaut, deren Carboxylgruppen mit Methanol verestert sind und deren Hydroxygruppen teilweise glycosidisch maskiert sind [17—20]. Beim weiteren Abbau
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der Pektinsäure erhält man 2 Mol Methanol, 2 Mol Essigsäure, 1 Mol Galactose, 1 Mol Arabinose und Tetragalacturonsäure, die bei Behandlung mit Salzsäure unter Druck in Galacturonsäure gespalten wird. Es entsteht nun die Frage, ob das NH 3 mit der Pektinsäure oder dem Araban oder mit beiden reagiert. Wir konnten eine Reaktion nur mit Pektinsäure nachweisen. Nach Extraktion der ammonisierten Trockenschnitzel stellten wir uns aus dem Hydratopektin das Araban her [21] und führten Stickstoffanalysen durch. Es fanden sich nur ganz geringe, praktisch vernachlässigbare Stickstoffmengen, die als Verunreinigungen anzusehen sind. Beim Ammonisieren des reinen Araban wurde ebenfalls kein Stickstoff aufgenommen (Tabelle 7). Tabelle 7 Probe Nr. 1 2 3 4 5
N-Gehalt des Araban aus ammonisierten Schnitzeln 0,17% 0,21% v o r Ammonisierung nach Ammonisierung 0,13% 0,13% 0,3 % 0,31% 0,20% 0,17%
Auf Grund der Feststellung, daß Galacturonsäureester sehr labil sind, sie spalten schon in der Kälte bei Einwirkung von verdünnten Alkalien oder in Hitze in wäßriger Lösung Methoxyl ab [22], läßt sich annehmen, daß auch bei der Einwirkung von gasförmigem Ammoniak oder wäßriger Ammoniaklösung diese Reaktion vor sich geht und daß dabei Amide entstehen. Dies konnte durch Behandlung von Pektin mit flüssigem Ammoniak von SOLMS, DENZLER und DEUE [23] bereits gezeigt werden. Sie verwendeten Polygalacturonsäuremethylester (100%ig verestertes Pektin) und Galacturonsäuremethylester, die mit flüssigem Ammoniak umgesetzt, die entsprechenden Amide ergaben. Überraschend ist, daß unter den von uns angewandten wesentlich milderen Reaktionsbedingungen diese Ammonolyse ebenfalls stattfindet. Die uns zur Verfügung stehenden, selbst hergestellten und gereinigten Pektinpräparate hatten im Gegensatz zu den in der Literatur beschriebenen Substanzen, die 6 bis 9% Methoxyl enthielten, nur 4%. Diese Differenz rührt wahrscheinlich daher, daß wir die Lösungen des Hydratopektins einfach einkochten, während in der Literatur schonendes Einengen auf dem Wasserbad empfohlen wird. Das Hydratopektin mit einem Methoxylgehalt von 4,4% wurde mit Ammoniak begast, wobei wie bei der Ammonisierung der Trockenschnitzel starke Wärmeentwicklung zu bemerken war. Versuche, evtl. Methanol, das bei der Reaktion mit den Galacturonsäureestern entstehen müßte, nachzuweisen, waren bisher erfolglos. Durch die Behandlung mit Ammoniak sank der Methoxylgehalt auf 0,4 bis 0,6%, während der Stickstoffgehalt sich auf 4 bis 4,5% erhöhte. Anschließend extrahierten wir aus dem ammonisierten Hydratopektin das Araban und untersuchten die dargestellte Pektinsäure.
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Aus ammonisiertem Hydratopektin mit 4 bis 4,5% Stickstoff, erhielten wir zu 70% das Calcium-Magnesiumsalz der Pektinsäure (30% Araban) und daraus zu 95% die Pektinsäure. Wenn der gesamte Stickstoff in ihr enthalten wäre, müßte man 8 bis 8,5% finden. Wir ermittelten 7,7 bis 7,8%. Es ließ sich also in der gewonnenen Pektinsäure der gesamte, ursprünglich im Hydratopektin vorhandene Stickstoff nachweisen. Das von uns hergestellte ammonisierte Hydratopektin enthielt 0,4 bis 0,6% Methoxyl. In der Pektinsäure müßten demnach 1,1 bis 1,15% enthalten sein. Wir fanden 1,37%. Ebenfalls stellten wir uns aus Trockenschnitzeln, die ammonisiert worden waren, Hydratopektin und Pektinsäure her und berechneten den Stickstoffgehalt. Bei der maximalen Ammoniakaufnahme werden ca. 1,7% Stickstoff aufgenommen. Bei einer Ausbeute von 25% an Hydratopektin müßten darin 6,5 bis 6,9% Stickstoff enthalten sein. Gefunden wurden von uns nur 4,5%. Das war aber zu erwarten, da noch erhebliche Mengen Pektin in den Schnitzeln zurückbleiben. Versuche, Hydratopektin und Pektinsäure mit Diazomethan in die Ester zu überführen und Untersuchungen über die Abspaltung der eingeführten Methoxylgruppen mit gasförmigem Ammoniak und wäßriger Ammoniaklösung werden zur Zeit durchgeführt. Versuchsteil 1. A m m o n i s i e r u n g v o n T r o c k e n s c h n i t z e l n mit A m m o n i a k g a s Zur Begasung mit Ammoniak wird jeweils ein Kilo Trockenschnitzel 3mal mit 10 Liter 50° heißem Wasser zur Entfernung von anhaftenden Zuckerresten ausgelaugt. Die Schnitzel werden scharf abgepreßt. Anschließend füllt man die an der Luft getrockneten Schnitzel in einen verschließbaren Behälter. Der Ammoniak wird von unten durch die Schnitzel geleitet. Zu Beginn des Versuches wird ein starker, nach 2 bis 3 Stunden nur noch ein schwacher Ammoniakstrom eingeleitet. Die Schnitzel erwärmen sich dabei sehr stark und verfärben sich gleichzeitig. Außerdem quellen sie in dem entstehenden Kondenswasser sehr stark auf. Um das Maximum an Ammoniakaufnahme zu erreichen, ist ein starker Überschuß der theoretischen Menge notwendig. Die Ammonisierung wird nach etwa 8 Stunden abgebrochen, die Schnitzel jedoch über Nacht noch im verschlossenen Behälter aufbewahrt. Die stark nach Ammoniak riechenden Schnitzel werden an der Luft, die zur Stickstoffbestimmung verwendeten bei 110° bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Stickstoffanalysen werden nach „Kjeldahl" durchgeführt. 2. A m m o n i s i e r u n g v o n T r o c k e n s c h n i t z e l n mit w ä ß r i g e r A m m o n i a k lösung Je 100 g feingemahlene Trockenschnitzel werden mit 500 ml 1- bis 5%iger wäßriger Ammoniaklösung im verschlossenen Kolben verschiedene Zeit aufbewahrt. Die Schnitzel quellen sehr stark auf und verfärben sich wie bei der Begasung. Anschließend werden sie abfiltriert, scharf abgepreßt und an der Luft getrocknet. Die zur Stickstoffanalyse gelangenden Schnitzel werden bei 110° bis zur Gewichtskonstanz getrocknet.
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3. B e s t i m m u n g v o n A m m o n i a k i n F u t t e r m i t t e l n Zur Bestimmung von locker gebundenem Ammoniak werden 2 g feingemahlene trockene Schnitzel in einen 100 ml Dreihalskolben eingebracht. Eine Kolbenöffhung ist mit einer Waschflasche, die 20 ml n/10 Schwefelsäure enthält, verbunden, eine ist mit verschließbarem Tropftrichter, der Magnesiumhydroxydsuspension enthält, versehen und die letzte mit einer Kapillare. Bei einem Druck von ca. 100 mm H g werden 50 ml der Magnesiumhydroxydlösung zu den Schnitzeln getropft. Der im Wasserbad stehende Kolben wird langsam auf 50° erwärmt. Die Destillation des Ammoniaks ist nach 30 Min. beendet. 4. D a r s t e l l u n g v o n H y d r a t o p e k t i n a u s T r o c k e n s c h n i t z e l n 1 kg Trockenschnitzel werden 3mal mit 10 Liter 50° heißem Wasser ausgelaugt, anschließend 5mal mit 10 Liter Wasser 1 Stunde lang gekocht. Die Schnitzel werden gut abgepreßt und die gesammelten Filtrate auf ein Volumen von etwa 4 Liter eingedampft. Die erhaltene trübe, braun-graue Lösung wird zur Klärung 30 Min. mit 100 g Kieselgur gekocht und sofort heiß abgesaugt. Zur abgekühlten, nun schwarzbraunen Lösung fügt man ca. 200 ml 5%ige Natriumhypochloritlösung (Bleichlauge) hinzu und läßt 12 Stunden stehen. Die Lösung färbt sich orange bis grüngelb. N u n wird unter Rühren langsam in 10 Liter Alkohol eingegossen. Man erhält einen farblosen, gallertartigen Niederschlag, der abfiltriert, mehrmals gut in Alkohol suspendiert, dann in Äther aufgenommen und abschließend scharf abgesaugt wird. Das Hydratopektin, das noch größere Mengen Alkohol und Äther einschließt, wird in der Reibschale trocken gerieben. Z u m Schluß trocknet man im Vakuum über Phosphorsäureanhydrid. Ausbeute: 243 g (24%) N-Gehalt: 0,3% Methoxylgehalt: 4,4% (Bestimmung nach Zeisel) 5. D a r s t e l l u n g v o n H y d r a t o p e k t i n a u s a m m o n i s i e r t e n T r o c k e n schnitzeln Die Trockenschnitzel werden vor dem Ammonisieren mit 50° heißem Wasser von anhaftenden Zuckerresten befreit (siehe 1.). Nach dem Trocknen werden sie bis zur Maximalaufnahme ammonisiert, an der Luft getrocknet bzw. vom gasförmigen Ammoniak befreit und nach 4. mit Wasser ausgekocht und weiter aufgearbeitet. Stickstoffgehalt: 4,5% Methoxylgehalt: 0,2% 6. D a r s t e l l u n g v o n a m m o n i s i e r t e m H y d r a t o p e k t i n 5 g staubfein gemahlenes Hydratopektin werden in einem 100 ml Kölbchen einem schwachen, vorher getrockneten Ammoniakstrom ausgesetzt. Es erwärmt sich, gleichzeitig verfärbt es sich von hellgelb nach dunkelbraun. Nach 8 Stunden wird der Ammoniakstrom unterbrochen, der Kolben verschlossen und 12 Stunden stehengelassen. Das ammonisierte Hydratopektin wird im Vakuum über Phosphorsäureanhydrid getrocknet. Stickstoffgehalt: 4,05 bis 4,3% Methoxylgehalt: 0,4 bis 0,6%
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7. C a l c i u m - M a g n e s i u m s a l z d e r P e k t i n s ä u r e 250 g Hydratopektin werden unter Rühren und Erhitzen 3mal mit 70%igem Äthanol extrahiert. Nach dem Abkühlen wird dekantiert, das Calcium-Magnesiumsalz 3mäl mit Äthanol und abschließend mit Äther gut gewaschen. Es wird dann wieder in der Reibschale an der Luft trockengerieben und im Vakuum über Phosphorsäureanhydrid getrocknet. Ausbeute: 175 g (70%). 8. D a r s t e l l u n g d e r P e k t i n s ä u r e 50 g Calcium-Magnesiumsalz werden in 500 ml Wasser auf dem Wasserbad gelöst. Nach dem Abkühlen versetzt man die hellbraune Lösung mit 50 ml konzentrierter Salzsäure und gießt sofort unter Rühren in 4 Liter Äthanol ein. Man erhält farblose Flocken, die sich leicht filtrieren lassen. Die Pektinsäure wird 3mal in SalzsäureÄthanol (10 Vol. 70%iges Äthanol, 1 Vol. konzentrierte Salzsäure) suspendiert und anschließend mit 70%igem Äthanol bis zur Chloridfreiheit nachgewaschen. Abschließend wird sie 3mal mit Äther digeriert, scharf abgesaugt und an der Luft trockengerieben. Getrocknet wird wieder im Vakuum über Phosphorsäureanhydrid. Ausbeute: 38 g Methoxylgehalt: 1,94 bis 3,8% Zur weiteren Reinigung wird erneut in 500 ml heißem Wasser gelöst und 12 Stunden mit Ionenaustauscher KPS p. a. behandelt. Es wird dann abfiltriert, in Äthanol ausgefällt und getrocknet. 9. Die stickstoffhaltige Pektinsäure aus ammonisierten Trockenschnitzeln und aus ammonisiertem hydratopektin werden ebenfalls nach vorstehenden Vorschriften hergestellt. Pektinsäure aus ammonisiertem Hydratopektin: Stickstoffgehalt: 7,7% Methoxylgehalt: 1,37% Pektinsäure aus ammonisierten Trockenschnitzeln: Stickstoffgehalt: 6,22% Methoxylgehalt: 1,1% Zusammenfassung Es wurden Untersuchungen über die Bindungsverhältnisse von Ammoniak in ammonisierten Trockenschnitzeln (Zuckerextraktionsschnitzel) durchgeführt. Es wurde dabei folgendes gefunden: 1. Durch Begasung von Trockenschnitzeln mit Ammoniak ohne Druck oder durch Behandlung mit wäßrigen Ammoniaklösungen steigt der Stickstoffgehalt der Schnitzel von rund 1,8 auf 3,2%. 2. Die Bindung des Ammoniak erfolgt unter Wärmeabgabe und Austritt von Wasser. Es handelt sich nicht um eine einfache Absorption. Durch Auswaschen mit kaltem Wasser ist der Ammoniak nicht wieder zu entfernen. 3. Methoden, die zur Extraktion von Pektin führen, wie Behandlung mit heißem Wasser, entfernen auch den aufgenommenen Stickstoff. 4. Es wurde festgestellt, daß das Ammoniak mit den Methoxylgruppen der Polygalacturonsäureester des Pektins in Reaktion tritt. Das Methanol wird offensichtlich abgespalten und es entstehen Polygalacturonsäureamide.
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ALBRECHTTHAER-ARCHIV Die Deutsche Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin hat im Einvernehmen mit der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin beschlossen, die Zeitschrift weiter herauszugeben. Ursprünglich erhielt die Zeitschrift Arbeiten aus der gesamten Agrarforschung, jetzt veröffentlicht sie ausschließlich Beiträge aus den Gebieten der Bodenkunde, Pflanzenernährung sowie Acker- und Pflanzenbau. Das „ Albrecht-Thaer-Archiv" soll dazu dienen, den Leser über die neuesten Probleme in den genannten Fachgebieten sowie über Forschungsergebnisse der betreffenden wissenschaftlichen Einrichtungen zu unterrichten. Durch die Mitarbeit ausländischer Fachkollegen und die Aufnahme ausländischer Arbeiten kann die Zeitschrift ferner zu einem Bindeglied in der internationalen Forschung werden.
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