Antifeminismus im Kaiserreich: Diskurs, soziale Formation und politische Mentalität 9783666357879, 3525013639, 3525357605, 3525356757, 3525013531, 3525357583, 3525357397, 3525354398, 9783525357873


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German Pages [448] Year 1998

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Antifeminismus im Kaiserreich: Diskurs, soziale Formation und politische Mentalität
 9783666357879, 3525013639, 3525357605, 3525356757, 3525013531, 3525357583, 3525357397, 3525354398, 9783525357873

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Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 124

V&R

Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft Herausgegeben von Helmut Berding, Jürgen Kocka Hans-Peter Ulimann, Hans-Ulrich Wehler

Band 124 Ute Planert Antifeminismus im Kaiserreich

Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen

Antifeminismus im Kaiserreich Diskurs, soziale Formation und politische Mentalität

von Ute Planert

Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Planert, Ute: Antifeminismus im Kaiserreich: Diskurs, soziale Formation und politische Mentalität / von Ute Planert. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1 9 9 8 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft; B d . 1 2 4 ) Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 1 9 9 6 ISBN 3 - 5 2 5 - 3 5 7 8 7 - 7

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. © 1 9 9 8 , Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen. - Printed in Germany. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechdich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Text & Form, Pohle. Druck und Bindung: Guide-Druck G m b H , Tübingen.

Inhalt

Vorwort Einleitung

1.

Traditionslinien: Von den »Geschlechtsverhältnissen« zur »Frauenfrage«

9 11

20

2.

Antifeministischer Diskurs in der wilhelminischen Gesellschaft: Trägergruppen und Argumentationen 33 2.1. Bildungsbürgerliche Kulturwächter 33 2.2. Die Frauenbewegung als das Antichristentum der Gegenwart: Protestantismus und lutheranische Orthodoxie 45 2.3. Gefährdeter »Männerstolz vor Direktorenthronen«: Die reichsdeutsche Lehrerschaft 53 2.4. In Furcht um Führungspositionen und »alle Lebensgewohnheiten«: Studentenvereinigungen 59 2.5. Wider die »Feminisierung des deutschen Beamtentums«: Kritik an der Frauenarbeit im öffendichen Dienst 64 2.6. Antisemitische Antifeministen: Der Deutschnationale Handlungsgehilfenverband 71 2.7. Die Visualisierung der Andersartigkeit: Medizin und Mediziner 79 2.8. Die Biologisierung der Politik: Völkische Lebensreform, Anthroposoziologie und Rassenhygiene 83 2.9. >Weibliche< nationale Schutzarbeit contra >unweibliche< Emanzipation: Deutschvölkische und nationalistische Interessenverbände 93 2.10. Politik und Parteien 100 2.11. Katalysatoren des Antifeminismus: Politisierung und Geburtenrückgang 110 3. 3.1.

Der Antifeminismus organisiert sich: Die Gründung des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation Von der literarischen Kritik zum antifeministischen Kampfverband

118 118 5

3.2. 3.3. 3.4.

4. 4.1. 4.2. 4.3. 5. 5.1. 5.2. 5.3.

5.4. 5.5. 5.6. 5.7.

5.8. 5.9.

5.10.

6. 6.1. 6.2.

6

Das antifeministische Netzwerk Das Sozialprofil der Antifeministen und Antifeministinnen.... Die Aktionsformen des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation

124 130

Frauenpolitische Kontroversen 1 9 1 2 - 1 9 1 4 Die Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Frauenbewegung »Christliche Christenverfolgung«: Kirchen, Antifeministen und der Deutsch-Evangelische Frauenbund Feminisierung der Parteipolitik

152

Geschlechterpolitik im Ersten Weltkrieg Ablenkungsmanöver: Vom diskursiven Umgang mit der Frauenerwerbsarbeit »... nur Platzhalterin fur den Mann«: Demobilisierungspläne Konkurrenzfurcht und männliche Ehre: Die Kriegspetition des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation und die Praxis der Demobilisierung Professionalisierung der >weiblichen Eigenartc Die Erziehung zur Hausfrau und Mutter »Feminisierung der Universitäten« und »weibliches Gelehrtenproletariat«: Die Kampagne gegen das Frauenstudium Frauenbildung und Bevölkerungspolitik: Geburtenrückgang als Klassenproblem »Die Unterstellung der Geburtenfrage unter den Gesichtspunkt des Volksinteresses«: Pronatalistische Bevölkerungspolitik Widersprüche: Pronatalismus und die Unkontrollierbarkeit weiblicher Sexualität Rosen und Schokolade: Sexualität, patriotische Frauenorganisationen und die Rede von der nationalen Unzuverlässigkeit der Frau Die »Neuorientierung« und die Folgen: Erweiterung politischer Partizipationsrechte von Frauen auch ohne Revolution? Vom organisierten Antifeminismus zur völkischen Bewegung Das »Danaergeschenk« als »harmloses Vergnügen«: Der Umgang mit dem Frauenstimmrecht Ein »Anschlag auf die Justiz«: Die Opposition gegen die Zulassung von Frauen zu den Ämtern der Rechtspflege

141

154 161 171 177 179 184

187 191 196 199

203 214

219

224 241 241 245

6.3. 6.4.

7. 7.1. 7.2. 7.3.

Neukonstitution und völkische Radikalisierung: Der Bund fiir deutsche Volkserneuerung Die Auflösung des organisierten Antifeminismus in der völkischen Bewegung Schlußbetrachtung: Gesellschaftliche Modernisierung und Geschlechterfrage Emanzipation durch Emanzipationsgegnerschaft? Frauenemanzipation im Nationalstaat? Überlegungen zur Dialektik des nationalstaatlichen Modells Schwache Männer, starke Frauen: Die >Frauenfrage< als Männerproblem

248 251

259 262 270 274

Abkürzungen

295

Anmerkungen

297

Quellen und Literatur

405

Register

431

1. Ortsregister 2. Personenregister 3. Sachregister

431 433 437

7

Vorwort Die vorliegende Studie ist die gekürzte und überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die von der Geschichtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen im Sommersemester 1 9 9 6 angenommen wurde. Dieter Langewiesche war mir der beste Doktorvater, den ich mir vorstellen kann. Ich danke ihm sehr herzlich. Karin Hausen und Gisela Bock gaben mir Gelegenheit, meine Arbeit während der Entstehungsphase in ihren Kolloquien vorzutragen, und halfen mir damit, die Fragestellung zu präsizieren und Begriffe zu schärfen. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Diskussionsforen danke ich für ihre Kritik. Friedrich Lenger hat das Manuskript kenntnisreich kommentiert; ich verdanke ihm viele weiterfuhrende Anregungen. Den Freundinnen danke ich für ihre Bereitschaft, sich mit einzelnen Kapiteln auseinanderzusetzen. Mit Christa Diemel verbinden mich lange Jahre gegenseitiger Unterstützung. Marion Hamm zwang mich mit ihren kritischen Fragen, die Grundlagen meines Urteils wieder und wieder zu überprüfen. Christine Arbogast, Jette Balzer, Annette Tappe, die Hilfskräfte am Historischen Seminar und insbesondere Gertrud Joras halfen mir freundlicherweise bei der Korrektur. Irene Schurichts graphologischer Intuition verdanke ich die Entzifferung eines kaum leserlichen Dokuments. Hans-Peter Ullmann bin ich für die sorgfältige Lektüre und wertvollen Hinweise verbunden, die mir die Überarbeitung des Textes erleichterten. Auch Wolfgang Kaschubas Rat hat mir geholfen. Den Herausgebern der »Kritischen Studien zur Geschichtswissenschaft« danke ich für die Aufnahme meiner Dissertation in die Reihe und ihre editorische Tätigkeit. Ein Stipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung ermöglichte mir drei Jahre konzentrierten Arbeitens. Danken möchte ich auch all denen, auf deren liebevolle Sorge um meinen Sohn Luca Leon ich vertrauen konnte, während ich schrieb. Die häufigen Trennungen fielen uns beiden schwer. Um so kostbarer waren mir die gemeinsamen unbeschwerten Stunden. Für seine Liebe, seine Fröhlichkeit und sein Verständnis danke ich Luca Leon von Herzen und möchte ihm mein Buch widmen.

Ute Planert

9

Einleitung

»Die Frauenbefreiungsbestrebungen, d.h. diejenige Bewegung, die auf die völlige Gleichstellung der Frau mit dem Manne im gesellschaftlichen und bürgerlichen Recht hinzielt, sind daher im Grunde revolutionär.« 1

»Es dürfte kaum eine zweite Bewegung geben, die in so kurzer Zeit so günstige Resultate erzielte«, 2 schrieb August Bebel mit Blick auf die Frauenbewegung im Vorwort zur 50. Auflage seines Klassikers »Die Frau und der Sozialismus« 1 9 0 9 , und tatsächlich hatte sich das Verhältnis der Geschlechter in Deutschland seit den 1890er Jahren in einer Weise verändert, die früheren Generationen undenkbar erschienen war: Schulen und Universitäten standen formal Frauen wie Männern offen, die Frauenerwerbstätigkeit hatte insgesamt zwar kaum zugenommen, verlagerte sich aber zunehmend von traditionellen Bereichen wie der Landwirtschaft und dem häuslichen Dienst auf die modernen Sektoren von Industrie, Handel und Verkehr. Zahlreiche Berufsverbände suchten die Interessen ihrer weiblichen Mitglieder durchzusetzen, und ihre verbesserte Qualifikation ermöglichte privilegierten Frauen aus dem Bürgertum erstmals in größerem Maßstab Alternativen zur traditionellen Versorgungsehe. Frauen schlossen sich zu den unterschiedlichsten Zwecken in Vereinen zusammen; Forderungen nach »freier Liebe«, sexueller Selbstbestimmung und politischem Einfluß in Kirche, Kommune und Staat wurden laut. Etablierte Institutionen setzten sich zunehmend mit der >Frauenfrage< auseinander, und mit der Öffnung der Parteien für Frauen waren die Frauenbewegungen, so sah es auch der nationalliberale Parteivorsitzende Bassermann, zu einem »Machtfaktor im öffendichen Leben« geworden. In dem Maße wie sich das überkommene Geschlechterverhältnis verschob, mehrten sich freilich auch die Bemühungen, den traditionellen Ort des weiblichen Geschlechts festzuschreiben und dem Aufbruch der Frauen politisch zu begegnen. Selbst einem des Feminismus unverdächtigen Historiker wie Gordon A. Craig ist aufgefallen, daß Vorbehalte gegenüber Frauen im Deutschland des 19. Jahrhunderts »zugleich allgemeiner und offener zum Vorschein« kamen als in den Jahren zuvor.3 Als Kronzeugen führte er neben Schopenhauer und Nietzsche auch Richard Wagner an, und tatsächlich ist die ideengeschichdiche Tradition der Frauenverachtung inzwischen recht gut,wenngleich keinesfalls erschöpfend dokumentiert. 4 Heidemarie

11

Bennent hat die Aufmerksamkeit fur den immanent misogynen Gehalt philosophischer Konzeptionen seit der Aufklärung geschärft, 5 Ute Frevert »bürgerliche Meisterdenker« nach ihren Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit befragt, 6 Ulrich Metzmacher Geschlechtermodelle in der (männlichen) Literatur, Kunst, Sexualwissenschaft und Soziologie der Jahrhundertwende untersucht. 7 Neuerdings zeichnet sich ein verstärktes Interesse fur den Zusammenhang von Antisemitismus und Antifeminismus ab, auf den Peter Pulzer schon 1964 hingewiesen hat. 8 Den ideengeschichtlich9 oder psychoanalytisch inspirierten Studien10 dient dabei häufig Otto Weiningers 1903 erschienener Bestseller »Geschlecht und Charakter« als Modellfall.11 Auch die Verschränkung antikapitalistischer und misogyner Impulse im Werk Werner Sombarts ist inzwischen herausgearbeitet und - wenn auch nur andeutungsweise - in Beziehung zu seinem Antisemitismus gesetzt worden. 12 Der sozialhistorische Erkenntniswert solcher Einzelanalysen ist freilich begrenzt, sagen die Auslassungen mehr oder minder berühmter Männer doch wenig aus über die Reichweite ihrer Theorien und noch weniger über die Praxis einer Gesellschaft. Als soziales Phänomen wurde Antifeminismus erst in Ansätzen untersucht. 13 Die Frauenfeindlichkeit weiter Bevölkerungskreise blieb ebenso unbeachtet wie antifeministische Haltungen in Institutionen und Parteien, Vereinen und Verbänden. Um sich dieser Ebene anzunähern, ist es sinnvoll, in Erweiterung einer Definition Herrad Schenks heuristisch zwischen 1. Misogynie - der Vorstellung einer ontologischen Minderwertigkeit der Frau - als »feste(m) Bestandteil abendländischer Kultur«, 2. Frauenfeindlichkeit - bewußten Handlungen und politischen Praktiken, die darauf abzielen, die Diskriminierung von Frauen in die Tat umzusetzen - und 3. Antifeminismus als unmittelbarer Reaktion auf Emanzipationsansprüche zu unterscheiden. 14 Im Mittelpunkt dieser Studie steht der wilhelminische Antifeminismus als der institutionalisierten Opposition zu Emanzipationsforderungen, wie sie von den unterschiedlichen Strömungen der Frauenbewegung verstärkt seit den 1890er Jahren vorgetragen wurden. Die antifeministische Kritik zielte dabei auf die Organisationen der Frauenbewegung und ihre Repräsentantinnen, doch im Grunde ging es um viel mehr: um den Versuch, jene Aufbrüche und Veränderungen im Verhältnis der Geschlechter wieder rückgängig zu machen, wie sie seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert immer offensichtlicher geworden waren. Wenn die Frauenbewegungen sowohl als Symptom wie als Motor gesellschaftlichen Wandels verstanden werden können, so fehlt es bislang noch an der systematischen Untersuchung ihres Gegenpols: den Agenturen des Antifeminismus als der Antithese in der dialektischen Beziehung der Geschlechter. Das Ziel dieser Arbeit ist daher, den antifeministischen Diskurs nachzuzeichnen, ihn sozial zu verorten und die Breiten12

Wirkung antifeministischer Tendenzen im wilhelminischen Deutschland zu ermitteln. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich, Großbritannien, Neuseeland und den USA hatten die Frauenbewegungen in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg mit heftigem Widerstand zu kämpfen .Während jedoch insbesondere zum angloamerikanischen Antisuffragismus reichhaltige Literatur vorliegt, 15 ist die Gegnerschaft zur deutschen Frauenbewegung bisher nur in Ansätzen erforscht. Obwohl der Tatbestand schon um die Wende zum 20. Jahrhundert zum Begriff geronnen war,16 erwähnen sozialgeschichtliche Arbeiten von Historikern, die sich um die Erforschung des politischen Spektrums im Kaiserreich bemühen, die antifeministische Komponente dieser Strömungen allenfalls am Rande. 17 Wiewohl Shulamit Volkov bereits 1978 Antifeminismus als Bestandteil jenes antisemitischen Codes identifizierte, den sie »bei der Mehrheit der Deutschen in der Vorkriegszeit verbreitet« sah,18 beginnt sich erst langsam die Erkenntnis durchzusetzen, daß sich das bürgerliche Unbehagen an der Moderne nur allzuoft in antifeministischen Tendenzen niederschlug. 19 Die Reichweite dieser Strömungen auszuloten und ihre Motivationen zu ergründen, ist daher das Anliegen dieses Beitrags zur Sozial- und Mentalitätsgeschichte des Kaiserreichs aus geschlechterhistorischer Perspektive. Die historische Frauenforschung hat sich aus naheliegenden Gründen zunächst mehr mit der Frauenbewegung als mit ihren Kontrahenten beschäftigt. 20 Einige ältere Arbeiten fuhren zwar die Klassiker unter den frauenfeindlichen Schriften an,21 und auch die Literatur zum Wandel des Angestelltenberufes verweist auf den Widerstand männlicher Berufsverbände. 22 Als eigenständiger Untersuchungsgegenstand wird die Kritik an weiblichen Emanzipationsversuchen jedoch erst in einigen neueren Studien thematisiert: Cathrine E. Stodolsky hat sich in ihrer Arbeit zur weiblichen Volksschullehrerschaft auch der Opposition der männlichen Kontrahenten angenommen, 23 Ursula Baumann analysiert in ihrer eindrücklichen Dissertation das Verhältnis von Protestantismus und Frauenemanzipation. 24 Kerstin Domscheit widmet sich in ihrer hervorragenden Studie dem Antifeminismus im Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband, ohne ihn vorschnell auf das Erklärungsmuster ökonomischer Konkurrenz zu reduzieren. 25 Hintergrund dieses Perspektivenwechsels war der Wandel von der Frauenzur Geschlechtergeschichte, der das Verhältnis der Geschlechter und die Genese der Geschlechterordnung in das Zentrum der Aufmerksamkeit rückte. 26 In diesem Zusammenhang ist die kulturelle Neucodierung von Männlichkeit und Weiblichkeit im Verlauf der Konstitution moderner Humanwissenschaften von Claudia Honegger dargelegt worden. 27 Thomas Laqueur hat sich in einem übergreifenden Entwurf der Inszenierung der 13

Geschlechter von der Antike bis ins 20. Jahrhundert gewidmet.28 Edith Stolzenberg-Bader und - schon vor längerem - Esther Fischer-Homberger haben sich der Erforschung medizinischer Zuschreibungen zugewandt. 29 Wenn nun auch in der deutschen Geschichtsschreibung - wie von Natalie Zemon Davis schon 1976 gefordert 30 - Männer als Geschlechtswesen in den Blick genommen werden, 31 dürfte damit ein verstärktes Interesse fur Beharrungstenzenden im Verhältnis der Geschlechter einhergehen. 32 Tatsächlich formierte sich - vom »mainstream« der historischen Forschung zum Kaiserreich weitgehend unbemerkt - im wilhelminischen Bürgertum eine soziale Bewegung, die sich zum Ziel setzte, weibliche Emanzipationsversuche einzudämmen und dem männlichen Geschlecht die alleinige Vorherrschaft auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens zu sichern. Diese Gegenbewegung 33 kulminierte am Vorabend des Ersten Weltkriegs in der Gründung des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, der unter dem Motto: »Dem Mann der Staat, der Frau die Familie« antrat, das traditionelle Geschlechterverhältnis wiederherzustellen. Die antifeministische Abwehrorganisation bildet den Gravitationskern dieser Studie. Von hier aus läßt sich ein antifeministisches Netzwerk rekonstruieren, das vorwiegend Organisationen des konservativ-nationalistischen und völkischen politischen Spektrums umfaßte. Frauenfeindlichkeit, Antifeminismus und Misogynie gab es selbstverständlich auch außerhalb dieser Strukturen. Wenn der »proletarische Antifeminismus«34 in der SPD hier jedoch ebenso ausgeklammert bleibt wie - um nur einige Beispiele zu nennen - antifeministische Tendenzen in der Jugendbewegung oder frauenfeindliche Konzepte bei Karl Krauss, im Anarchismus und im Expressionismus,35 dann deshalb, weil institutionalisierte Verbindungen fehlen und die politisch-mentalitären Bezugspunkte, an die eine Analyse anzuknüpfen hätte, andere sind. Der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation geisterte als Bollwerk »reaktionärster Kräfte«36 bisher eher als Kuriosum durch die ältere Literatur zur deutschen Frauenbewegung, 37 als daß er ernsthafter Betrachtung würdig schien.38 Lediglich der englische Historiker Richard Evans widmete ihm bereits 1976 einige Aufmerksamkeit als Bestandteil der »national opposition« im Vorfeld des Ersten Weltkriegs,39 verkürzte die Darstellung aber auf ökonomische Ursachen und schätzte die soziale Basis ebenso wie die Reichweite des Bundes falsch ein. Denn dem neuen Verband gehörten nicht nur eine »Handvoll Oberlehrer« an, sondern Männer und Frauen aus der protestantisch-urbanen Mittel- und Oberschichten des Kaiserreiches: Ärzte und Professoren, hohe Staatsbeamte und Juristen, Lehrerinnen und Rassenhygieniker, Hausfrauen, Offiziere und Gutsbesitzer, Journalisten, Pfarrer, Politiker und selbst ein Kabinettsrat der Kaiserin verschrieben sich mit Unterstützung von mitgliederstarken Verbänden wie dem Deutschnationalen 14

Handlungsgehilfenverband oder dem Bund Deutscher Militäranwärter dem Ziel, »dem ganzen modernen Spuk der Emanzipation - wenn es noch möglich ist, ein Ende (zu) machen«.40 Viele der über 350 anhand von Unterschriftensammlungen, Petitionen und Verbandsliteratur identifizierbaren Antifeministinnen und Antifeministen waren zugleich an prominenter Stelle in anderen Vereinigungen aktiv: im Alldeutschen Verband und im Bund der Landwirte, in der Inneren Mission, der Deutschen Gesellschaft für Rassenhygiene oder in einer der zahlreichen antisemitischen Gruppierungen, in den konservativen Parteien, aber auch bei den Nationalliberalen. Durch die Analyse personeller Überschneidungen ließ sich ein dichtes Netz institutioneller Verflechtungen rekonstruieren, und die Auswertung von mehr als 50 Verbandszeitschriften aus diesem Umfeld belegt, daß antifeministische Ressentiments im nationalkonservativen und völkischen politischen Spektrum der wilhelminischen Gesellschaft spätestens seit der Jahrhundertwende zum >guten Ton< gehörten. Die Durchsicht der Tagespresse bestätigt diesen Befund. Die Pressedokumentation der Politischen Polizei in Hamburg und des Helene-LangeArchivs in Berlin, vor allem aber die bislang unbeachtet gebliebene Presseausschnittsammlung des BdL zur >Frauenfrage< im Bundesarchiv Potsdam erwiesen sich in diesem Zusammenhang als hervorragende Quelle. Lexika unterschiedlicher politisch-konfessioneller Provenienz und Schriften, die sich vor der Institutionalisierung einer breitgefächerten Frauenbewegung in den 1890er Jahren um die Zurückweisung von Gleichberechtigungsforderungen bemühten, bilden die Quellenbasis für das erste Kapitel dieser Arbeit, das die Traditionslinien antifeministischen Denkens herausarbeitet. Diese Annäherung ersetzt nicht eine - noch zu schreibende Geschichte des gesellschaftlichen Umgangs mit weiblichen Emanzipationstendenzen seit der Wende zum 19. Jahrhundert. Aber sie wirft ein Schlaglicht auf das, was die bürgerlichen Zeitgenossen und Zeitgenossinnen in Hinblick auf die Geschlechterordnung für selbstverständlich erachteten, waren in den Lexika doch die kondensierten Wissensbestände des 19. Jahrhunderts gespeichert. Sie stellten einen Fundus an frauenfeindlichem Wissensvorrat bereit, an den organisierte Antifeministinnen und Antifeministen appellieren konnten. Zu zeigen, daß scheinbar gesichertes Wissen von Werthaltungen beeinflußt und zeitgebundenem Wandel unterworfen ist, wird Aufgabe dieses einführenden Abschnitts sein. Im zweiten Kapitel geht es dann um die Nachzeichnung der breiten antifeministischen Diskussion, die seit den 1890er Jahren einsetzte. Dabei wird die Diskursanalyse mit einer sozialhistorischen Verortung der Trägergruppen verbunden. Durch die Wahl dieser Methode erweist sich, daß der wilhelminische Antifeminismus kein monolithisches Gebilde war, sondern seine argumentativen Versatzstücke je nach den Bedürfnissen der jeweiligen 15

Akteure zusammensetzte: Pfarrer beriefen sich auf die göttliche, Juristen und Staatsbeamte auf die weltliche Ordnung, wenn es darum ging, die untergeordnete Stellung der Frauen zu legitimieren. Historiker bemühten die Geschichte, Physiologen verwiesen auf die immanente Logik der Natur. Bildungsbürger fürchteten um die Kultur, Politiker um die Handlungsfähigkeit des Staates, Berufsverbände um ihre männliche Klientel, sollten Frauen größeren Einfluß gewinnen. Antisemiten sahen die »Rasse«, Chauvinisten die Nation in Gefahr. Medizinische Experten sowie Repräsentanten der neu entstehenden Rassenlehren und Bevölkerungswissenschaften mühten sich, mit den Mitteln ihrer Wissenschaft die biologische Bestimmung der Frauen zur Mutterschaft nachzuweisen, und sie benutzten ihre Autorität, um daraus weitreichende politische Folgerungen zu ziehen. Häufig wurden mehrere Argumentationsstränge miteinander verknüpft, und es zeigt sich, daß antifeministische und antisemitische Einstellungen vielfach zusammentrafen. Wurde die Diskussion um die >Frauenfrage< anfangs noch von den Forderungen der verschiedenen Frauenorganisationen bestimmt, kehrte sich das Verhältnis nach der reichsweiten Öffnung der Parteien für Frauen um: Seit antisemitische und nationalistische Verbände in der Verbreitung des Gespenstes vom »Geburtenrückgang« von Wissenschaftlern, Politikern und Behördenvertretern unterstützt wurden, geriet die bürgerliche Frauenbewegung in die Defensive. Die daraus resultierende öffentliche Zurückhaltung erhöhte freilich auch die Bereitschaft bestehender Institutionen, in der Frage der, wie es hieß, »berechtigten Forderungen der Frauenbewegung« Zugeständnisse zu machen. Dies war die Situation, in der unter dem Eindruck des konservativen Wahldesasters von 1912 die unterschiedlichen antifeministischen Richtungen in der Gründung einer Abwehrorganisation kulminierten. Das dritte Kapitel wendet sich der Organisationsgeschichte des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation zu,41 untersucht die regionale Verbreitung und stellt die Aktionsformen der Emanzipationsgegner vor. Die Quellenbasis dazu bilden neben der Verbands- und Tagespresse Parlamentsdebatten, archivalische Funde, unveröffentlichte Verbandspublikationen sowie Schriften und Briefwechsel prominenter Mitglieder. Die Analyse des Sozialprofils der antifeministischen Liga - methodisch nur für die aktive Anhängerschaft möglich42 - mit Blick auf die Kategorien Geschlecht, sozialer Status, räumliche Herkunft und Konfession zeigt ein deutliches Übergewicht des gehobenen preußischen Bürgertums mit Übergängen zum niederen Adel, belegt ein breites Berufsspektrum und räumt mit der Vorstellung auf, Antifeminismus sei auf Männer beschränkt geblieben: Knapp ein Viertel der engagierten Emanzipationsgegner waren Frauen. Minutiös wurde den politischen Querverbindungen der organisierten Emanzipationsgegner nachgegangen und das antifeministische Netzwerk rekonstruiert. Auf diese 16

Weise ließ sich der Nachweis fuhren, daß Antifeminismus und Antisemitismus um die Jahrhundertwende nicht nur programmatisch-strukturelle Ähnlichkeiten hatten, sondern auch personell und organisatorisch eng miteinander verflochten waren. Den Kontroversen um die Frauenpolitik in Presse, Politik und Kirche sowie den Auseinandersetzungen zwischen der antifeministischen Liga und den Organisationen der (protestantischen) bürgerlichen Frauenbewegung geht das vierte Kapitel anhand von zeitgenössischen Veröffentlichungen, aber auch privater Korrespondenz nach.43 Dabei zeigt sich, daß in den Augen der Gegner und Gegnerinnen die sogenannte >gemäßigte< Strömung der Frauenbewegung aufgrund ihrer höheren gesellschaftlichen Akzeptanz eine weitaus größere Herausforderung darstellte als die nur von einer Minderheit verfochtenen >radikalen< Forderungen. Deutlich wird, daß antifeministische Haltungen vor allem in den Blättern und Organisationen der »nationalen Opposition« auf Zustimmung trafen. Der Pressekonzern des Hugenberg-Imperiums spielte dabei eine dominierende Rolle. Auch die Versuche männlicher Berufsverbände zur Abwehrung weiblicher Konkurrenz erhielten durch die Aktionen der antifeministischen Liga Rückenwind. Während die protestantisch dominierte Organisation auf die katholische Kirche keinen Einfluß gewann, fand sie in den Reihen der Inneren Mission und der »Frauenhülfe«, den großen evangelischen Wohlfahrtsorganisationen, zahlreiche Fürsprecher beiderlei Geschlechts. Die protestantischen Kirchenleitungen verfolgten dagegen eine Politik des Abwartens und Verzögerns. In der Parteienlandschaft und in den Parlamenten gewannen frauenrechtlerische Forderungen am Vorabend des Ersten Weltkriegs jedoch trotz aller antifeministischen Abwehrbestrebungen an Boden. Die Gegnerinnen und Gegner der Frauenemanzipation begrüßten den Krieg daher als Helfer, der dazu beitragen sollte, die Grenzen zwischen den Geschlechtern neu aufzurichten. Angesichts der patriotischen Begeisterung im Nationalen Frauendienst verlor die Strategie, Frauenrechtlerinnen als »nationale Gefahr« auszugrenzen, freilich bald an Glaubwürdigkeit. Kapitel fünf unternimmt eine Darstellung des Ersten Weltkriegs unter dem Aspekt der Geschlechterpolitik und arbeitet die Anstrengung heraus, mit der versucht wurde, die Bedeutung der Frauen für die Aufrechterhaltung der Heimatfront zu verschleiern, um die Fiktion des Krieges als männliches Großereignis zu retten. Die Kehrseite erhöhter weiblicher Selbständigkeit durch die Abwesenheit der Männer war eine erneut einsetzende Kampagne gegen das Frauenstudium, die Verankerung hauswirtschaftlicher Kenntnisse in weiblichen Ausbildungsgängen sowie eine pronatalistische Bevölkerungspolitik, die weder ihren Klassenaspekt noch ihre frauenfeindliche Ausrichtung verleugnen konnte. Antifeministische Auffassungen konnten sich in diesen Bereichen vielfach durchsetzen, und auch die Praxis der Demobilisierung kam 17

den von zahlreichen Verbänden mitgetragenen Forderungen des Bundes gegen die Frauenemanzipation beträchtlich nahe. Gleichzeitig aber näherten sich staatliche Instanzen, rechtsgerichtete Parteien und selbst nationalistische Organisationen weiblichen Partizipationsforderungen in einer Weise an, die es fraglich macht, ob das Frauenstimmrecht weniger als Geschenk der Revolution denn als Ergebnis längerfristiger Annäherungs- und Auseinandersetzungsprozesse zu werten ist. Nachdem der Kampf gegen das Frauenstimmrecht als gemeinsame Klammer wegfiel, löste sich der Bund gegen die Frauenemanzipation nach dem erfolglosen Versuch auf, sich als Bund für deutsche Volkserneuerung neu zu konstituieren. Antifeministische Einstellungen und Werthaltungen überdauerten jedoch die politische Zäsur. Kapitel sechs spürt dem Werdegang prominenter Emanzipationsgegner nach und belegt, daß die völkische Bewegung der Weimarer Republik unter freilich veränderten Vorzeichen das Erbe des wilhelminischen Antifeminismus antrat. Anfängliche Niedergeschlagenheit machte Ende der zwanziger Jahre der Überzeugung Platz, daß schon bald »ein neues, tüchtiges Geschlecht die Zukunft auf der natürlichen Grundlage echter Männlichkeit und echter Weiblichkeit, gesunden Familienlebens und auf der politischen Grundlage der Pflege völkischen Lebens und der Hingabe an die Völksgemeinschaft wieder aufbauen« werde.44 Tatsächlich läßt sich personelle Kontinuität bis in den Nationalsozialismus hinein nachweisen. Trotz ideologischer Differenzen zur - in der Weimarer Republik wie im Nationalsozialismus vorherrschenden und hier nicht untersuchten - Männerbund-Verherrlichung der Kriegsgeneration kann der wilhelminische Antifeminismus daher als protofaschistische Bewegung gelten. Welche Gründe bewogen die Emanzipationsgegnerinnen und -gegner zu ihrem Engagement? Das letzte Kapitel dieser Arbeit wendet sich Einstellungen, Werthaltungen und Selbstverständlichkeiten zu und versucht, sich der antifeministischen Mentalität zu nähern. Teil eins nimmt sich der irritierenden Präsenz von Frauen im antifeministischen Bund an und versteht die Absage an liberal-demokratische Emanzipationstendenzen als Versuch, eine genuin »weibliche Sphäre« als Machtbasis und autonomen Wirkungskreis zu etablieren - ein Bereich, der so, wie die Antifeministinnen ihn interpretierten, durchaus politische Gestaltungsmöglichkeiten bot. Mit ihrer Haltung trieben die Emanzipationsgegnerinnen eben jene Politisierung des weiblichen Geschlechts voran, der sie wortreich entgegentraten. Die Berufung auf die Idee der Nation spielte dabei eine entscheidende Rolle, so daß sich einige grundsätzliche Überlegungen zur Dialektik des nationalstaatlichen Modells in Hinblick auf die Integration von Frauen anschließen. Der letzte Abschnitt arbeitet heraus, daß antifeministische Einstellungen auf männlicher Seite nicht auf den Aspekt ökonomischen Konkurrenzkampfes verkürzt werden können. Sie wurzelten vielmehr in einer umfassenden 18

Skepsis gegenüber der Moderne und waren von einer tiefen Krise männlicher Identität begleitet. Die Hoffnung auf eine Revitalisierung heldischer Männlichkeit im Ersten Weltkrieg erfüllte sich nicht, und es läßt sich belegen, daß Kriegsniederlage und Entwaffnung im Umkreis der völkischen Rechten als Kastration, als symbolische Degradierung der Männer zu Frauen, empfunden wurde. Auch in der Weimarer Republik erschien vielen Antifeministen die »Weiberherrschaft« als Signum ihrer Epoche, und so wird abschließend der Frage nachgegangen, ob nicht die Attraktivität völkischnationalsozialistischer Konzepte auch darauf beruhte, daß sie neben der Wiederherstellung der politischen Dominanz des männlichen Geschlechts auch die Restabilisierung maskuliner Geschlechtsidentität versprachen.

19

1. Traditionslinien: Von den »Geschlechtsverhältnissen« zur »Frauenfrage«

Spätestens seit Aufklärung und Französischer Revolution mit ihren Gleichheitsversprechen stand der soziale Ort der Frauen in der modernen Welt immer wieder neu zur Disposition. Im Innern eines enormen sozialökonomischen Modernisierungsprozesses in Europa haben sich Generationen von Dichtern und Denkern abgemüht, diesen Ort festzuschreiben. Grundlage dafür war ein bipolares Geschlechtermodell, das qua vorgeblich natürlicher Eigenschaften den Mann auf öffentliches Wirken, die Frau dagegen auf den häuslichen Binnenraum verwies.1 Während zunächst vor allem Aufklärer, Philosophen und Poeten über die »vernünftige«, in diesem Kontext also »naturgemäße« Regelung des Geschlechterverhältnisses nachdachten, nahm sich zunehmend die Wissenschaft dieser Frage an. Damit einher ging eine Veränderung der Argumentationsmuster: Standen zunächst die moralischen Qualitäten von Mann und Frau im Mittelpunkt, 2 suchte man im Verlauf des frühen 19. Jahrhunderts zunehmend nach der anthropologischen Fundierung des »kleinen Unterschieds«. Mit dem Aufstieg der Wissenschaft vom Menschen als einer universellen Naturwissenschaft erlangte dann eine Sichtweise kulturelle Geltungsmacht, die aus der Physis von Mann und Frau ihre unterschiedliche Psyche wie ihre verschiedenen soziale Aufgaben herauszulesen vorgab. Während aber seit der Mitte des 19. Jahrhunderts die Frau als Gegenstand der sich ausdifferenzierenden Humanwissenschaften in den Hintergrund trat und »der Mensch als Mann« zentrale Aufmerksamkeit beanspruchte, flöß die »weibliche Sonderanthropologie« (Claudia Honegger) in einen Wissenszweig ein, der um die Erklärung der Abweichung von der männlichen Norm eine ganze Profession institutionalisierte: die Gynäkologie.3 Der Integration der Wissenschaft von der Frau in eine neuen Disziplin stand die Ausbreitung vermeindichen Wissens über die weibliche Psychophysiologic gegenüber, das »zu einem heftig konsumierten Kulturgut des neu sich formierenden deutschen Bildungsbürgertums« wurde. 4 Träger der popularisierten Wissensbestände waren neben anthropologischen Schriften, die sich an ein breiteres Publikum wandten, 5 vor allem die zeitgenössischen Lexika.6 20

Ging die vor allem für Handwerker und Kaufleute gedachte Krünitzsche »Encyklopädie« 1786 noch davon aus, daß Frauen bei gleicher Erziehung ebensoviel wie Männer zu leisten vermochten, weswegen (Gewerbe-)Schulen für den bürgerlichen Mittelstand sich an Jugendliche beiderlei Geschlechts zu wenden hätten,7 wollte der »Brockhaus« vierzig Jahre später den weiblichen Bevölkerungsteil nur noch zu »Gattinnen, Mütter und Hausfrauen bilden«.8 Während Ende des 18. Jahrhunderts »Geschlecht« noch ausschließlich im Sinne biologischer Klassifikation verstanden wurde,9 war 1824 bereits vom »Geschlechtscharakter« die Rede10 - ein Wort, das die jeweils gängige Auffassung vom Wesen des Mannes und der Frau offenbar so gut zu transportieren vermochte, daß es noch bis weit in das 20. Jahrhundert hinein Konjunktur hatte. Der Begriff koppelte äußerliche Verschiedenheit an moralische Befunde, wies Frauen die Sphäre der Liebe zu, Männern dagegen das Reich des Rechts.11 Mit der Naturalisierung sozialer Rollenzuweisungen verwies die aufsteigende Bürgergesellschaft Frauen auf das Gebiet familialer Häuslichkeit, während sich die neueroberte Öffentlichkeit als Raum von Männern für Männer etablierte, in dem Frauen nur als Ausnahme zugelassen waren.12 Öffentliches Engagement von Frauen wurde entsprechend umdefiniert: Selbst die Arbeit der patriotischen Frauenvereine ließ sich so als Ausfluß christlicher Nächstenliebe lexikalisch würdigen.13 Freilich machten frühsozialistische Einflüsse die prästabilisierte Ordnung der Geschlechter ebenso prekär wie die Zunahme freireligiöser Gemeinden mit ihren egalitären Geschlechterkonzeptionen.14 Hatten sich bürgerliche Vereine und Gesellschaften zunächst stillschweigend als reine Männerclubs formiert, war es seit Mitte der 1830er Jahren offensichtlich notwendig geworden, Männlichkeit als Voraussetzung für Vereinsmitgliedschaften eigens zu betonen.15 Gleichzeitig veränderte sich die zeitgenössische Publizistik zur Geschlechterfrage: In die zunächst bloß normativen Verankerung der Frauen in einem Koordinatensystem der Geschlechter flöß zunehmend die Diskussion aktueller Praxisfelder ein. Bereits 1838 galt dem badischen Liberalen Carl Welcker das Geschlechterverhältnis als das »allgemeinste und wichtigste Verhältniß der menschlichen Gesellschaft, das schwierigste für eine juristische und politische Theorie«. 16 Angesichts der politischen Egalitätstheorien seiner Zeit fühlte er sich zur Begründung einer >vernünftigen< Begrenzung weiblicher Einflußnahme herausgefordert.17 Welckers argumentativer Schlingerkurs macht den Begründungsnotstand des liberalen Bürgertums deutlich und soll deshalb etwas ausfuhrlicher wiedergegeben werden. Die heutige Staatstheorie, schrieb er unter dem Stichwort »Geschlechtsverhältnisse« im renommierten »Staats-Lexikon«, gründe sich auf das allgemeine Menschenrecht, aus dem sich auch der Gleichheitsgrundsatz des bürgerlichen Rechts ableite. 21

Andererseits sei die Ungleichheit zwischen Mann und Frau »schon durch die Natur selbst bestimmt«. Freilich spräche, räumte der Mitherausgeber ein, »die Stimme der Natur nicht so ganz leicht verständlich für alle«. Deshalb erschien ihm eine »principielle Begründung« einer »dem Gesammtwohl der Gesellschaft ensprechende(n) Scheidungslinie« zwischen den Geschlechtern notwendig 18 - ein Unterfangen, das immerhin 36 Seiten beanspruchte. Welcker stützte sich dabei größtenteils auf die gerade erschienene Anthropologie des Mediziners Karl Friedrich Burdach 19 und untersuchte ihre Implikationen fur die politische Praxis. Im Interesse »der Erhaltung ehelicher und Familienverhältnisse und der wahren Weiblichkeit« wollte er daher Frauen von aktiver und passiver Wahlbeteiligung sowie von öffentlichen Amtern ausgeschlossen wissen. Alle anderen Beschränkungen politischer Mitwirkungsrechte hielt der Liberale jedoch fur eine »Folge der alten barbarischen Unterdrückung der Frauen« und forderte noch in der zweiten Auflage von 1847: »Hinweg also mit jeder gesetzlichen Beschränkung der Frauen im Schreiben und Lesen, Hören und Sehen in Beziehung auf öffentliche Dinge, im Zuhören in landständischen Versammlungen, öffentlichen Gerichten und Vorlesungen, in Ausübung des Petitions- wie der Preßfreiheitsrechte und in jeder rechtmäßigen Einwirkung auf die öffentliche Meinung, auf die öffendiche Sitte und Ehre, endlich im freien Rechte der Gründung von Frauenvereinen für erlaubte wohlthätige öffendiche Zwecke.«20

Allerdings: In der Neuausgabe des »Staats-Lexikons« von 1862 war dieser emphatische Passus nicht mehr zu finden. Auch das noch 1847 enthaltene Votum für eine privatrechtliche Gleichbehandlung fehlte. Nachdem Frauen sich aktiv an der 1848er Revolution beteiligt hatten, 21 war statt dessen die neu aufgenomme Wendung zu lesen, daß die rechtliche Gleichstellung der Frau die »höchste Achtungswürdigkeit« ihrer »Bestimmung im häuslichen Kreis« gefährde, welche sie »bei äußerer Verschiedenheit dem Manne gleichstellt«.22 Ob Welcker infolge der Ereignisse seine Überzeugung geändert hatte oder damit nur auf die nach 1850 in zahlreichen Bundesstaaten erlassenen Vereinsgesetze reagierte, die Frauen selbst den Besuch politischer Veranstaltungen verboten, läßt sich nicht entscheiden. Zumindest aber fugte sich nun auch das »Staats-Lexikon« in den Chor frauenfeindlicher Definitionen des Geschlechter Verhältnisses ein. In der Revolution von 1 8 4 8 / 4 9 waren jene Konflikte aufgebrochen, die der konstitutive Ausschluß von Frauen und Unterschichten aus der utopischen Zielvision einer vermeintlich »klassenlosen Bürgergesellschaft« (Lothar Gall) verursacht hatte. Neben offener politischer Repression zeigte sich in der Folge eine weitere Tendenz, die Geschlechterschranken effektiv zu verankern: Die anthropologisch-ontologischen Fundierungsversuche pola22

rer Geschlechtscharaktere verließen die Oberfläche des Körpers und wurden nun, analog zum Fortschritt in der Medizin anatomisch-physiologisch begründet, unter die Haut verlegt. Meyers »Großes Konversationslexikon«, das sich ausdrücklich an die »gebildeten Stände« wandte, widmete im Revolutionsjahr 1848 den »Geschlechtseigentümlichkeiten« einen zehnseitigen Artikel, der eine subkutane Pathologie zum bürgerlichen Standardwissen erhob. Männer und Frauen unterschieden sich demnach nicht nur durch äußere Merkmale wie Statur, Stärke, Funktion und Beschaffenheit, sondern bis in das »Nervensystem« und die »psychischen Äußerungen« hinein. Die seit der Aufklärung zunächst moralische, dann politische Diskussion über die Beteiligung von Frauen am öffentlichen Leben wurde somatisiert: Der Behauptung, das weibliche Nervensystem sei so »viel reizbarer«, daß »manche Nervenkrankheiten, als Hysterie, Veitstanz und Katalepsie jenem fast eigenthümlich« seien, folgte in der Erörterung des Lebenszwecks der Geschlechter die Folgerung, Frauen würden durch Menstruation und Schwangerschaften »auf längere Zeit an wirklichen, ernsthaft geistigen oder sehr angreifenden körperlichen Beschäftigungen verhindert«. 23 Denn zum einen mache sich die weibliche Sexualfunktion »durch alle Systeme des Körpers hindurch« bemerkbar, und zum anderen hätten »schon die rein funktionellen und an sich gesundheitsgemäßen Vorgänge, die vom Geschlechtsleben bedingt und dem Mann fremd sind, den Anstrich des Krankhaften« ,24 Während sich beim Stichwort »Mann« der knappe Eintrag fand: »s. vor allem Mensch«,25 erläuterte das Lexikon die »Frauenzimmerkrankheiten« unter Rückgriff auf die Burdachsche Physiologie auf 26 Seiten. Auch hier verband sich die medizinische Abhandlung mit politischer Einhegung, etwa mit dem Verweis, infolge von »zu weit getriebenen wissenschaftlichen Strebungen« werde »die Sensibilität aufgeregt, venöse Krankheiten begünstigt und der Grund zu Seelenstörungen gelegt«.26 Im »Deutschen Staats-Wörterbuch« war zehn Jahre später diese Einhegung schon zur »zweiten Natur« geronnen. Apodiktisch heißt es dort: »Das Weib ist auf die eheliche Gemeinschaft und die Familie als den natürlichen Mittelpunkt seines Dasein angewiesen.«27 Als Folge dieser rigorosen Festlegung wurden unverheiratete, nicht in Familien eingebundene Frauen nun erstmals zu einem Problem, das zu Lösungsvorschlägen herausforderte. In der Forderung nach Beseitigung der männlichen »Monopolien« in den Gewerbeordnungen klang noch die altliberale Vorstellung von der bürgerlichen Emanzipation durch selbständige Existenz nach, wurde jedoch sogleich politisch gebrochen. Denn mit Ausnahme der freien Berufswahl galt den liberalen Herausgebern die bürgerliche Emanzipation der Frauen durch die Aufhebung der Geschlechtsvormundschaft bereits als vollendet, an eine politische war nicht gedacht. 28 Der von Bluntschli und Brater entworfene 23

bürgerliche Staat definiert sich geradezu durch den Ausschluß von Frauen aus Gesetzgebung, Verwaltung, politischer Repräsentation, Rechtspflege und Militär - kurzum aus allen Bereichen, deren Demokratisierung in der Revolution von 1 8 4 8 / 4 9 eingeklagt worden war. Nun gerierten sich Männer als »natürliche Vertreter« des weiblichen Geschlechts, weil dieses ohnehin, so die Legitimation, »den Staat so selten begreift und zu schätzen weiß«. Dieser exklusiven Verbürgerlichung fiel sogar die noch von Welcker befürwortete weibliche Thronfolge zum Opfer: »Daß es unziemlich ist, Frauen über Männer die Herrschaft zu geben, und daß Frauen nur in seltenen Ausnahmefällen der Ausübung des Herrscherberufs gewachsen sind, wird jetzt wohl selten in Abrede gestellt.« 29 Worin diese Unfähigkeit bestand, brauchte 1858 nicht mehr näher begründet zu werden, fest genug waren die Geschlechterstereotype in den Köpfen der Zeitgenossen verankert. Frauen blieb letzdich nur das »begeisternde Mitgefühl« im Interesse des von Bluntschli und Brater erhofften »nationalen Aufschwunges«. 30 Als weiterführende Literatur zur sozialen Beziehung der Geschlechter nannte das »Staats-Wörterbuch« - nicht ohne den Mangel an praktisch durchführbaren Vorschlägen zu kritisieren - Wilhelm Heinrich Riehls eben als dritten Band seiner »Naturgeschichte des deutschen Volkes« erschienene Familienstudie, mit dem der Volkskundler und Journalist die ausschließliche Familienbestimmung des weiblichen Geschlechts zu belegen suchte. Mit diesem idealisierten Gegenbild vom »ganzen Haus« hatte Riehl auf die Beteiligung von Frauen an der 48er Revolution reagiert. 31 Seinen Zeitgenossinnen warf er unter Rückgriff auf ältere Setzungen der anthropologischen Psycho-Physiologie 32 »unerhörte Individualisierung und falsche Selbständigkeit« vor, wetterte gegen Bildungswünsche, Töchterschulen, Gouvernanten, Vereinstätigkeit und öffendiche Agitation. 33 Daß ihm die Geschlechterdifferenz als Paradefall jeglicher sozialer Ungleichheit galt, machte sein zunächst nur mäßig rezipiertes Werk unter den Gegnerinnen und Gegnern der Frauenemanzipation populär, die sich noch Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Anfangssatz des Familienbuches beriefen: »Wäre der Mensch geschlechtslos, gäbe es nicht Mann und Weib, dann könnte man träumen, daß die Völker der Erde zu Freiheit und Gleichheit berufen seyen. Indem aber Gott der Herr Mann und Weib schuf, hat er die Ungleichheit und die Abhängigkeit als eine Grundbedingung aller menschlichen Entwicklung gesetzt.« 34

In der Phase des liberalen Aufbruchs formierten sich seit den 1860er Jahren gegen solche reaktionären Zumutungen gleich zwei soziale Bewegungen: Arbeiterbildungsvereine und später der Lassallesche Arbeiterverein auf der einen Seite, Louise Ottos überregional ausgerichteter Allgemeiner Deutscher Frauenverein auf der anderen. Ablesbar an den Titeln von Neuerscheinungen, mutierte die alte Diskussion um das Geschlechterverhältnis nach

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dem Auftritt der ersten organisierten Frauenvereine schon bald zur >FrauenfrageAblenkungsmanöver< von Seiten bürgerlicher Familienväter, 36 sondern entsprach realen Bedürfnissen: Mit der Durchsetzung der Industrialisierung hatte ein Strukturwandel der bürgerlichen Haushalte eingesetzt, der es unmöglich machte, eine ganze Reihe unverheirateter Töchter oder berufsloser Verwandter zu beschäftigen und zu ernähren. Das Heiratsalter stieg, und damit verlängerte sich die Jugendzeit, für die noch keine neuen Verhaltensmuster zur Verfügung standen. Gleichzeitig verschärften sich die sozialen Gegensätze so, daß immer mehr Unterschichtsfrauen auf Erwerbsarbeit angewiesen waren. Die frühen Zusammenschlüsse der Arbeiterinnen galten daher dem Ausbau eines sozialen Netzes, und auch der Schwerpunkt der bürgerlichen Frauenbewegung verlagerte sich zunehmend auf Erwerbs- und Bildungsfragen. 37 Mit der Reichsgründung setzte eine neue Ära im Verhältnis der Geschlechter ein: Erstmals meldeten sich Gegner der Frauenbewegung zahlreich zu Wort. Nachdem die Einfuhrung des allgemeinen Männerwahlrechts zum Reichstag implizit auch die Frage weiblicher Mitbestimmung aufgeworfen hatte, erschien um 1 8 7 0 eine Reihe von Artikelserien und Büchern, die sich bemühten, weibliche Emanzipationsgelüste in die Schranken zu verweisen. Das bei Brockhaus verlegte »Politische Handbuch« blieb singular mit seiner Überlegung, ob, »wenn die sociale bürgerliche Stellung der

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F[rau] eine andere geworden,... auch die Frage ihrer politischen Rechte auf die Tagesordnung« kommen könne. 38 Der naturalistischen Begründung der weiblichen Sonderanthropologie trat im Zuge der Institutionalisierung einer deutschen Nationalgeschichte das historische Argument an die Seite. Nicht nur die >Sprache der NaturLehren der Geschichte< wurden nun als interpretierbare Zeichen weiblicher Minderbefähigung gelesen. 39 Hintergrund dieser neuen Beredsamkeit war die durch die Reichsgründung auf die politische Tagesordnung getretene Frage nach dem Ort der Frauen im neuen Staatsgefuge, wie sie sich etwa in juristischen Kodifikationen niederschlug. 40 Daneben spielten wohl auch erste Erfolge des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins und vor allem des Lette-Vereins eine Rolle. 41 Unmittelbarer Anlaß dagegen dürfte Jenny Hirschs deutsche Übersetzung von John Stuart Mills »The Subjection o f Women« gewesen sein, ein Buch, das, wie Helene Lange sich erinnerte, »zum erstenmal in Deutschland eine Erörterung der Frauenfrage auf prinzipieller Grundlage erzwang«. 42 Tatsächlich beriefen sich viele Autoren in ihren Abhandlungen zur >Frauenfrage< auf den englischen Philosophen. Mill habe die Problematik viel treffender dargelegt als die gleichzeitig erschienenen Frauenbriefe Fanny Lewaids, bemerkte Heinrich von Sybel 1870. 4 3 Der nationalliberale Historiker war einer der wenigen Kommentatoren, der sich mit dem politischen Teil des Millschen Forderungskatalogs überhaupt auseinandersetzte, wenn er ihn auch strikt zurückwies. In der Mehrheit gingen die zeitgenössischen Schriften, ob sie sich nun zustimmend oder ablehnend äußerten, nur auf die ökonomische Seite der Frauenemanzipation ein und schwiegen sich über staatsbürgerliche Gleichheit aus.44 Die Opposition artikulierte sich vor allem in Gruppen, denen die autoritäre kleindeutsch-protestantische Staatsgründung einen Statusgewinn gebracht hatte. Die evangelischen Kirchen hatte sich in der frauenpolitischen Diskussion bislang durch Abstinenz ausgezeichnet, doch nachdem der Protestantismus mit der Reichsgründung zu gleichsam nationaler Bedeutung aufgestiegen war, mühten sich evangelische Theologieprofessoren, die ausschließliche Bestimmung der Frau zur Mutterschaft nachzuweisen oder doch wenigstens die »Grenzen der weiblichen Bildung« festzulegen. 45 Unterstützt wurden sie in dieser Sichtweise von Vertretern der Nationalökonomie, einem Fach, dem im Nationalstaat neue Aufgaben zuwuchsen und das dadurch an Wertschätzung gewann. Die Gegner weiblicher Berufstätigkeit waren sich einig: »Die wichtigste aller >Frauen-ArbeitenEmancipation< ist eine ebensolch lächerliche und unausführbare Theorie, wie alle anderen Theorien der Communisten und Socialisten.«56 In der Logik einer Sichtweise, welche die Erhaltung des politischen Status quo zum Ziel hatte, war diese Argumentation insofern folgerichtig, als sich alle Emanzipationsbewegungen des 19. Jahrhundert auf die Naturrechtslehren beriefen und schon dieses Fundament von ihren Gegnern nicht geteilt wurde. Der Topos von den familienzerstörenden Absich27

ten der Arbeiterbewegung war fortan aus der bürgerlich-protestantischen Polemik nicht mehr wegzudenken: »Zwischen Sozialismus und Familie (Patriarchalismus möchte man sagen) - das ist eigentlich der letzte und entscheidende Gang in dem großen Zweikampfe unserer Zeit... . Die >Frauenfrage< ist... ungleich wichtiger als z.B. das >EigenthumVaterland< hat die Frauenfrage schon allen und jeden Boden unwiderbringlich verloren.«63 Diese Sichtweise war jedoch nur in bezug auf politische Emanzipationsforderungen richtig. Dagegen gelang es, die >Frauenfrage< als wirtschaftliches Problem in den Köpfen der Zeitgenossen und Zeitgenossinnen zu verankern. Als der »Brockhaus« 1877 erstmals das Stichwort aufnahm, bewegten Autor und Leserschaft offensichtlich dieselbe Frage: »Was soll aus den Hunderttausenden einzeln stehender Mädchen werden«?64 Mit der 28

»gedankenlosen Phrase«, Mädchen seien zur Hausfrau und Mutter berufen, sei, so die lexikalische Auskunft, diese »sehr ernste Frage offenbar nicht zu beantworten«. Daher müßten Frauen grundsätzlich alle Berufe offenstehen, zu denen sie befähigt seien, ja, der Staat habe die »Verpflichtung«, dem »nachgewiesenen Bildungsbedürfniß auch der Frauen zu entsprechen«.65 Trotz dieser Rhetorik war dabei freilich in erster Linie an Tätigkeiten gedacht, die sich aus Reproduktionsfunktionen ableiten ließen, daneben auch an den Post-, Bahn- und Telegrafendienst sowie an das wissenschaftliche Studium der Medizin. Die vergleichsweise liberale Haltung zu Erwerbsarbeit, freier Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit und juristischer Gleichheit im Privatrecht begründete der Autor mit Verweis auf das abstrakte - also ohne Ansehen der Person gültige - Naturrecht. Allerdings definierte er es in zeitgebundener Manier eigentümlich um: Als Naturrecht galt ihm gerade nicht staatsrechtliche Egalität, sondern die »Aufrechterhaltung der natürlichen Forderungen des Geschlechtsunterschiedes«.66 Auf diese Weise war der Ausschluß von Frauen aus allen staatlich-öffentlichen Funktionen, für den der Artikel votierte, kein Widerspruch, sondern einem Rechtsverständnis immanent, das Staat und Gesellschaft einander gegenüberstellte und seinerseits schon auf dem Modell polarer Geschlechtscharaktere beruhte. 67 Das Modell getrennter Sphären mit seiner Betonung der »idealisirten Geschlechtsunterschiede«68 erschien in dieser Sichtweise geradezu als Inbegriff von Modernität. Weibliche Inferiorität wurde mit Blick auf das »Bewußtsein der heutigen Zeit« ebenso abgelehnt wie die Gleichstellung der Geschlechter. Immer weitergehende Differenzierung, wie man sie etwa aus der fortschreitenden Arbeitsteilung unter industriellen Bedingungen kannte, war den Zeitgenossen Signum der »modernen Cultur«, das sie auf das Geschlechterverhältnis übertrugen. Vorstellungen einer juristisch-politischen Gleichbehandlung wurden auf der Grundlage dieses Differenzmodells als »reactionäre Gegenströmung einer sog. Emancipation der Frau« wahrgenommen, die dem »Grundirrthume« aufsitze, daß die »Frau ihre Ebenbürtigkeit... nicht schon in sich selbst besitze, sondern erst durch eine möglichst große Annäherung an die eigenthümlichen Vorzüge des männlichen Geschlechts zu erstreben habe«.69 Im Koordinatensystem eines so gearteten Fortschrittsdenkens wurde Gleichbehandlung zum Rückschritt. Am Ende der liberalen Ära< konnte sich zwar niemand mehr den Chiffren von Modernität und Fortschritt entziehen, doch etablierte sich im Gehäuse der Modernität qua Differenzmodell ein immanentes Ausschlußverfahren, mit dem sich Emanzipationsansprüche unterschiedlichster Provenienz abweisen ließen. Dieses Differenzmodell behauptet sich im dominanten Diskurs bis in die Gegenwart hinein, wenn auch die Bestimmung dessen, was den Unterschied 29

ausmacht und was daraus fur die Praxis abzuleiten ist, zeittypischen Modifikationen unterworfen war. Die Vorstellung unterschiedlicher Wesenheiten wurde im Lauf des 19. Jahrhunderts zum Alltagswissen, mit dem auch die meisten Autorinnen, die sich der Frauenbewegung des Kaiserreichs zurechneten, operierten. In dem Maße, in dem die Vorstellung eines bipolaren Geschlechtermodells zur Selbstverständlichkeit wurde, verschwanden die langatmigen physio-psychologischen Erörterungen aus den meisten lexikalischen Eintragungen. Sie wichen knappen Hinweisen auf die Existenz von »Unterschieden in Charakter und Gemüt« 70 und tauchten vorrangig noch dort auf, wo politische Forderungen zurückgewiesen werden sollten: »Die geistige Individualität der Frau sowie das bei ihr vorherrschende Gemütsleben lassen sie für eine tätige Teilnahme am öffentlichen Leben wenig geeignet erscheinen. ... Dem Mann der Staat, der Frau die Familie.« 71 Dagegen grenzten sich die katholischen Lexika, die um die Jahrhundertwende erstmals ihre Reserve gegenüber der Frauenbewegung aufgaben und das Stichwort aufnahmen, von dieser medizinisch-weltlichen Sichtweise ab und beriefen sich statt dessen auf die Autorität göttlicher Gebote. »Daß z.B. die größere nervöse Empfindlichkeit das Weib für das Richteramt untauglich mache, sollte in einer Zeit nicht gesagt werden, da die Nervenheilanstalten mehr Männer als Frauen beherbergen. Die grundsätzliche und ausschlaggebende Kritik der Frauenforderungen scheint uns nur möglich zu sein nach dem Maßstabe, welchen wir ... nach der Vernunft und dem Evangelium aufgestellt haben«, hieß es im katholischen »Staatslexikon«. 72 Da sich die Frauenbewegung seit den 1 8 8 0 / 1 8 9 0 e r Jahren in zahlreiche Verbände mit unterschiedlichen Zielsetzungen aufgefächert hatte und in der publizistischen Öffentlichkeit deutlich wahrnehmbar war, genügte ein kurzer Verweis auf die Existenz einer >Frauenfrage< bald nicht mehr. Statt dessen widmeten die Nachschlagewerke des frühen 2 0 . Jahrhunderts lange Abhandlungen der Betrachtung von Frauenbewegung und Frauenvereinen, Frauenarbeit und Frauenstudium. Analog zur gesamtgesellschaftlichen Fragmentierung in »sozialmoralische Milieus« herrschten in der Bewertung der Emanzipationsansprüche je nach politisch-weltanschaulicher Grundhaltung »bedeutende Meinungsverschiedenheiten«, wie das Nachschlagewerk der Görres-Gesellschaft konstatierte. Daher lehnte der Autor den Begriff »Frauenemanzipation« ab, weil er »von dem Fraglichen der Bewegung« absehe. 73 Trotz unterschiedlicher Wertungen in Einzelfragen zeigte sich dabei die Tendenz, daß die Lexika als Bestandteil des dominanten Diskurses die realen Spaltungen der Klassengesellschaft in ihren Darstellungen der >Frauenfrage< reproduzierten - eine klassenspezifische Aufspaltung, die auch in den getrennten Organisationen der proletarischen und bürgerlichen Frauenbewe-

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gung ihre Entsprechung fand. Unter dem Stichwort »Frauenarbeit« wurde fast ausschließlich die Fabrikarbeit der Proletarierinnen behandelt. Dagegen blieb die Bildungsthematik ein bürgerliches Reservat. Die >Frauenfrage< im nun enger gefaßten Sinn schien vor allem die »Unverheirateten« zu betreffen,74 insbesondere die schwierige Lage der, wie der »Brockhaus« 1884 anders als noch in der Auflage sieben Jahre zuvor spezifizierte, »Mädchen der vermögenslosen Mittelklassen«. Denn während es den Mädchen und Frauen der arbeitenden Klassen nicht »an Gelegenheit zum Verdienst« fehle, sei die »wirtschaftliche Existenz- und Erwerbsfrage« fur Frauen der Mittelschicht »verhältnismäßig weit schwieriger« geworden. 75 In klassenspezifischer Borniertheit wurden die kümmerliche Endohnung und die schlechten Arbeitsbedingungen der Proletarierinnen rasch übergangen. Die Einschränkung der Frauenarbeit in den Fabriken, wie es viele Sozialdemokraten forderten, erschien gänzlich undurchführbar, weil damit die Arbeiterfamilien »dem noch größeren Übel der Armenunterstützung zugeführt«, sprich, öffendiche Gelder beanspruchen würden. 76 Die bürgerlich dominierte Publizistik diskutierte - wie übrigens auch große Teile der bürgerlichen Frauenbewegung - die Ausweitung der industriellen Frauenarbeit vor allem in Chiffren sitdicher Verelendung,77 die dem Proletariat als Ganzem schon deswegen unterstellt wurde, weil es die Merkmale der Bürgerlichkeit nur unvollkommen teilte. Während sich die Lexika zumeist über die politische Aktivität der Arbeiterinnen ausschwiegen,78 nahmen sie sich um so mehr der bürgerlichen Frauenvereinigungen an, je mehr sich deren Zweck als bloßes Bildungsstreben präsentieren ließ. Hier ernteten die Forderungen nach verbesserter Mädchenbildung einschließlich des Frauenstudiums schon seit Mitte der 1880er Jahre vorsichtige Sympathie.79 Der Schwenk, den die bürgerliche Frauenbewegung im Zuge ihrer Verbreiterung vom allgemein-humanitären Ideal staatsbürgerlicher Gleichheit zu Berufs- und Bildungszielen unter gleichzeitiger Abgrenzung von den Arbeiterinnen unternommen hatte, erwies sich im Hinblick auf den Verständnishorizont der zeitgenössischen Öffendichkeit als sinnvoll. Dieser Schritt darf freilich nicht als taktische Variante zur besseren Durchsetzung anvisierter Ziele mißverstanden werden. Vielmehr teilten viele bürgerliche Frauen die im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts anschwellende Revolutionsfurcht ihrer Klasse und verknüpften Aktivitäten zur Disziplinierung der Unterschichten - oder milder ausgedrückt: Verringerung der Klassengegensätze - zunehmend mit dem Wunsch nach Verbesserung der eigenen Bildungs- und Berufschancen.80 Wie sehr das Verständnis von dem, was der genuin weibliche Wirkungskreis sei, in Revision begriffen war, belegt die Tatsache, daß sich selbst konservative Stimmen bei der Definition zulässiger Tätigkeiten in vage Formulierungen retteten, die viel Interpretationsspielraum ließen: 31

»Welche Arten von Arbeit dem Weibe als solchem ziemen oder nicht, kann im allgemeinen nur davon abhängig gemacht werden, ob die betreffende Thätigkeit die natürlichen Anlagen zur Mütterlichkeit in leiblicher und geistiger Beziehung beeinträchtigt oder nicht. Ist diese Besorgnis ausgeschlossen, so werden die zulässigen Berufsarten sich aus dem Zeitverhältnis ergeben.« 81

Sogar der Widerstand gegen akademische Frauenbildung schien sich zu verringern. »Keine Bedenken« meldete der »Brockhaus« 1884, 82 freilich nur, solange verschiedene Voraussetzungen erfüllt waren: Die Zahl der studierenden Frauen mußte »voraussichtlich ... sehr klein« bleiben; sie sollten Männern gegenüber keine Bevorzugung erfahren und ihnen keine Konkurrenz machen können. Die Trennung dichotomer Geschlechtersphären mußte prinzipiell erhalten bleiben, und schließlich sollten Frauen keine Funktionen übernehmen, in denen sie eine höhere Autorität verkörperten. Juristische und theologische Ämter schieden daher in dieser Sicht ebenso aus wie die Beschäftigung in Behörden, sofern die Tätigkeit nicht untergeordnet oder aushilfsweise war.83 Gegenüber diesen Einschränkungen veränderte sich die Realität in den Folgejahren jedoch erheblich. Die bürgerliche Frauenbewegung ging in die Bildungsoffensive. 1887 verknüpfte die einer Petition an das preußische Unterrichtsministerium und das preußische Abgeordnetenhaus beigefügte »Gelbe Broschüre« die Revision der Mädchenbildung mit der Forderung nach staadich organisierter Lehrerinnenausbildung. 84 Ein Jahr später mahnte eine Eingabe des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins die Freigabe der ärzdichen Tätigkeit und des höheren Lehrberufs an. Bereits 1889 folgte die Eröffnung von Realkursen für Frauen in Berlin, die 1893 in Gymnasialkurse umgewandelt wurden. 85 Noch im gleichen Jahr bildeten sich mit der Gründung des Kaufmännischen Hilfsvereins für weibliche Angestellte erste Berufsorganisationen,86 denen sich bald darauf der Allgemeine Deutsche Lehrerinnenverein anschloß. Die Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit wurden zum Ausgangpunkt der Professionalisierung von Sozialarbeit,87 und auch die Sittlichkeitsbewegung formierte sich neu. 88 Die Hartnäckigkeit der Eingaben erzwang 1891 erstmals die Verhandlung des Frauenstudiums im Reichstag, in der Folge auch in den Landtagen der Einzelstaaten.89 Schließlich erhielt die bürgerliche Frauenbewegung 1894 im Bund Deutscher Frauenvereine eine Plattform, der sich schon ein Jahr nach der Gründung 65 Vereine angeschlossen hatten. 90

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2. Antifeministischer Diskurs in der wilhelminischen Gesellschaft: Trägergruppen und Argumentationen

Im wilhelminischen Deutschland verbreiterte sich die Diskussion um die >Frauenfragestandesgemäße< Integration bürgerlicher Frauen in die kapitalistische Marktgesellschaft; um die

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Wahrung von Statushomogenität, die infolge der immensen Umschichtungen der Industrialisierung die bürgerliche Familie allein nicht mehr garantieren konnte. 1 Die meisten fuhrenden Vertreterinnen der Frauenbewegung - auch der proletarischen - waren bildungsbürgerlicher Herkunft, kamen also aus einer Sozialgruppe, in der das »kulturelle Kapital« (Bourdieu) eine traditionell große Rolle spielte. Doch auch die Arbeiter- und Arbeiterinnenbewegung konstituierte sich vielfach über Bildungsvereine - wenngleich Sozialistengesetz und preußisches Vereinsrecht die Aktivitäten der Frauen- und Arbeitervereine häufig in formal unpolitische Bahnen lenkte. Daß Bildung und Ausbildung zu den Schlüsselfaktoren der modernen Industrie gesellschaft gehörten, machte sich in allen sozialen Schichten bemerkbar und stieß eine breite bildungspolitische Debatte an, die sich auch in der Bereitschaft niederschlug, über Reformen in der Mädchenbildung nachzudenken. Die Reformbereitschaft war jedoch in den einzelnen Segmenten der wilhelminischen Gesellschaft sehr unterschiedlich ausgeprägt. Im selben Jahr, als das erste deutsche Mädchengymnasium im badischen Karlsruhe seine Arbeit aufnahm, schalteten sich die renommierten »Preußischen Jahrbücher«, die Zeitschrift des konstitutionellen Liberalismus, in die Auseinandersetzung um die weibliche Bildung ein. 2 Das traditionsreiche Blatt gab den »Betrachtungen eines Mädchenschullehrers« Raum, einem Aufsatz, der kraft der pädagogischen Autorität seines Verfassers nicht nur die gängigen Vorurteile über die intellektuelle Minderbegabung des weiblichen Geschlechts reproduzierte, sondern auch die generelle Abneigung der Mädchen gegen wissenschaftliche Begriffsbildung und ihr Desinteresse an Politik, Naturwissenschaft und Philosophie behauptete - just an jenen Elementen also, welche die Grundpfeiler der modernen Männerwelt bildeten. 3 Im Herbst 1893 ging dann anläßlich der Eröffnung von Helene Langes Gymnasialkursen für Frauen ein Aufsatz in Druck, der sich entschieden gegen die Egalisierung des Schulunterrichts und insbesondere gegen das gemeinsame Studium der Geschlechter verwahrte. Statt dessen plädierte der Autor für die Erhaltung der alten Unterrichtsanstalten und die Einrichtung besonderer Frauenakademien. Weibliche Bildungsinteressen wurden zwar nicht pauschal zurückgewiesen, doch nur unter der Voraussetzung strikter Segregation akzeptiert. Dabei ging es weniger um die Ausschaltung potentieller Konkurrentinnen auf dem Arbeitsmarkt - eine solche Situation konnte sich der Verfasser nicht einmal vorstellen - als um die Verteidigung einer exklusiven Bildungselite in Zeiten, in denen man »den mit der Hand beschäftigten Männern ... die früher gewohnte Hochachtung vor der Kopfarbeit ausgetrieben und sie gelehrt (hat), daß sie alle Kopfarbeit leisten können, sobald sie nur ihren Führern folgen, einige für sie geschriebene Blätter lesen und in die für sie berufenen Versammlungen gehen«. 4

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Daß nun auch noch Frauen nicht ausnahmsweise, sondern als ganzes Geschlecht und formal geregelt am Privilegium intellektueller Tätigkeit teilhaben wollten, mobilisierte Widerstand in den Reihen von Akademikern, deren soziales Kapital bereits in Erosion begriffen war, bedrängt einerseits von der gestiegenen Definitionsmacht moderner Naturwissenschaft und Technik, andererseits durch die - wenn auch erst in ihren Anfängen begriffene vertikale soziale Mobilität der wilhelminischen Gesellschaft. Die traditionellen Institutionen des Machterhalts standen auf unsicherem Grund: »Wer der Meinung ist, daß die alte Gestalt der Gymnasien und Universitäten nicht schnell genug zertrümmert werden könne, der mag den Eintritt der weiblichen Schüler und Hochschüler als das wirksamste Mittel fordern, das unvermeidliche Ende zu beschleunigen.«5

Jenseits rhetorischer Floskeln scheint hier ein Gespür für die unerläßliche Modernisierung der höheren Bildungseinrichtungen auf. Tatsächlich wurden die Lehrpläne der Oberschulen seit etwa 1 8 9 0 den gewandelten Erfordernissen von Technik, Militär und Verwaltung angepaßt. Zehn Jahre später brach ein Erlaß zunächst in Preußen, dann in den anderen Ländern des Deutschen Reiches das Monopol des humanistischen Gymnasiums, da nun auch der Abschluß des Realgymnasiums und der Oberrealschule den Weg in die Universitäten öffnete. 6 Begleitet waren die Bildungsreformen von einer ungeahnten und von den Initiatoren auch nicht beabsichtigten Expansion der Schüler- und Studentenzahlen. Der Rede vom »akademischen Proletariat« trat in der bürgerlichen Öffendichkeit bald die antisemitische Parole vom »Überwiegen des Judentums« an den Universitäten zur Seite. Nachdem die Aussicht für Frauen, die formale Zugangsberechtigung zu den Hochschulen zu erhalten, deudich gestiegen war, gesellten sich zu diesem Kanon verstärkt auch antifeministische Stimmen. Die Gegner der akademischen Frauenbildung motivierte nicht allein die numerische Ausdehnung der Akademiker, die den Marktwert des einzelnen Absolventen sinken ließ. Sie fürchteten durch die Zulassung von Frauen den Prestigeverfall akademischer Würden überhaupt, galten doch im weithin akzeptierten Koordinatensystem polarer Geschlechtscharaktere allein Männer als Träger des Intellekts, während Frauen als Repräsentantinnen des Gefühls erschienen. Was aber war eine Elite-Bildung - und Elite heißt ja: die eigene Bedeutung durch den Ausschluß anderer steigern - noch wert, wenn sie Gruppen zugänglich war, die man nicht als gleichrangig erachtete? Kein Wunder also, daß dem Mitarbeiter der »Preußischen Jahrbücher« Studentinnen als »greuliche Erscheinung« galten, »noch eine frivolere Entartung des ohnehin schon vielfach entartenden Studententhums«. 7 »Frivol« - also anmaßend, frech, unanständig und aufreizend - diese Vo-

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kabel benutzte auch Heinrich von Treitschke, Mitherausgeber der Zeitschrift bis 1889, 8 in seinen Universitätskollegien zur Charakterisierung weiblicher Emanzipationswünsche. 9 Treitschkes Vorlesungsreihe über die sozialen Grundlagen des Staates, in Aufbau und Gliederung deutlich an Wilhelm Heinrich Riehls »Naturgeschichte des Volkes« orientiert, enthielt auch ein Kapitel über die Familie, das unter der Hand zu einer Auseinandersetzung mit dem Ort der Frauen in der modernen Gesellschaft und zu einer Philippika gegen die Frauenbewegung geriet. 10 Frappant an den Auslassungen des Historikers ist weniger der frauenfeindliche Impetus selbst als der Umstand, daß damit eine misogyne und antifeministische Haltung gleichsam zum Lehrplan erhoben wurde. Die Vorlesungen über Politik waren, wie sich sein Schüler Max Cornicelius erinnerte, Treitschkes Lieblingkolleg; er hielt sie zwischen 1 8 6 3 und 1 8 9 6 in Freiburg, Heidelberg und Berlin etwa 25 Mal und beeinflußte damit einen Gutteil jener akademischen Jugend, die sich danach anschickte, im Kaiserreich herausgehobene Positionen - vor allem wohl in Lehranstalten und im Staatsdienst - zu besetzten. 11 Treitschke sexualisierte die historische Topographie: Das Prädikat »männlich« oder »weiblich« diente ihm gleichermaßen zur Charakterisierung von Völkern, Nationen, Religionen oder ganzen Jahrhunderten. Zwar hatten bereits die älteren Anthropologien die Stellung der Frau in unterschiedlichen Ethnien als Signum der »Culturstufe« eines Volkes angesehen, und seit dem Reichsgründungsjahrzehnt galt sie auch als Ausdruck des jeweiligen »Nationalcharakters«. 12 Doch über diese Tradition ging Treitschke weit hinaus. Geschlecht avancierte beim Nachfolger Rankes an der Berliner Universität zum wissenschaftlichen Ordnungskriterium. In Treitschkes Koordinatensystem standen sich als oppositionelle Paare gegenüber: Frankreich und Preußen, Französische Revolution und deutsche Reformation, katholisches Christentum und Protestantismus, das »weibische« 18. und das »männliche« 19. Jahrhundert. 13 Preußisch-protestantisch-männlich-deutsch - die Adjektive dieser Wortreihe erschienen gleichsam als Synonyme, wenn es etwa hieß: »Der einseitig männliche Charakter der Reformation wirkt noch nach bis zum heutigen Tage. Der preußische Staat, der so durch und durch protestantisch ist, wie deutlich zeigt er auch diesen Zug. Es giebt keinen Staat, der so wenig Weiberherrschaft gesehen hätte wie der preußische.... Es ist eine Nachwirkung des sechzehnten Jahrhunderts, das der deutschprotestantischen Welt noch immer ihren wesendichen Charakter aufprägt.« 14

Eben dieser Ausschluß von Frauen - und der Anhänger des als »weiblich« apostrophierten katholischen Glaubens 15 - war es, der in den Augen Treitschkes den Führungsanspruch Preußens legitimierte: »Obrigkeit ist männlich; das ist ein Satz, der sich eigentlich von selbst versteht.« 16

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Damit waren Frauen nicht nur aus der politischen Geschichte, sondern auch aus der Gegenwart der Politik ausgeschlossen und blieben letztlich auch wenn das Versorgungsproblem unverheirateter Mittelschichtsfrauen kurz gestreift wurde - auf Ehe und Familie verwiesen. Auf diese Weise gewann das weibliche Geschlecht eine erhebliche, freilich nur vermittelte Bedeutung für das »sittliche Dasein einer jeden Nation«, denn: »Jeder geordnete öffendiche Zustand bedarf auch einer geordneten Form der Geschlechtsgemeinschaft« . 17 Mit dieser Auffassung stand der Ordinarius in der Tradition einer Logik von Staat und Ehe, wie sie der Auslegung des Naturrechts in der bürgerlichen Gesellschaft immanent und schon im preußischen Allgemeinen Landrecht juristisch kodifiziert worden war.18 Grundlage dafür war eine analoge hierarchische Beziehung von Staat und Bürger einerseits, Ehemann und Ehefrau andererseits. Vertraglich durch den »contract social« bzw. den Ehevertrag geregelt, wurde damit die Unterwerfung unter eine Obergewalt Staatsoberhaupt oder Haupt der ehelichen Gemeinschaft - festgelegt, um so Positionskämpfe auszuschließen und >Ruhe und Ordnung< zu gewährleisten. Im Sinne dieser Analogie bildete die Familie tatsächlich die vielzitierte »Keimzelle der Gesellschaft«, in der die Struktur von Über- und Unterordnung für die spätere gesellschaftliche Hierarchie eingeübt wurde. An egalitäre Beziehungen war weder in der einen noch in der anderen Hinsicht gedacht. Die Macht des Ehemannes wurde somit zum staatstragenden Faktor, deren Aufrechterhaltung öffentliches Interesse beanspruchen konnte. Vor diesem Hintergrund erklärt sich die Vehemenz der Reaktionen, welche die befürchtete Erosion der hierarchischen Geschlechterbeziehungen begleiteten. Etwa seit der Jahrhundertwende wurde die >Frauenfrage< in der publizistischen Öffentlichkeit nicht länger nur als Frage der Frauenbildung, sondern als Problem der Geschlechterbeziehungen aufgefaßt. Daß Frauen ein »moralisches Recht auf freie Geistesentwicklung« 19 zukomme, wurde in den Kreisen des gehobenen Bürgertums mehr und mehr anerkannt - freilich eher im Sinn eines unverbindlichen Zugeständnisses. Über die Form der Realisierung wurde weiterhin gestritten. Der institutionelle Wandel machte nur zögernde Fortschritte; immerhin gaben einige Universitäten ihre Zurückhaltung gegenüber dem Frauenstudium auf. Allmählich begannen die Zeitgenossen, sich um die »psychologischen Folgen der Frauenemanzipation« Gedanken zu machen. 20 Zeitschriften wie die »Preußischen Jahrbücher« oder der »Kunstwart«, der sich als Hüter der deutschen Nationalkultur verstand, schickten sich an, nach den gesellschaftlichen Folgen von Veränderungen im Geschlechterverhältnis zu fragen. Der »Kunstwart« richtete 1 9 0 7 eigens eine Rubrik »Mann und Weib« ein, in der beispielsweise »Bücher vom Verhältnis der Geschlechter zueinander« vorge-

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stellt wurden. 21 Und auch die »Preußischen Jahrbücher« widmeten den Geschlechterbeziehungen nun einige Aufmerksamkeit. Hintergrund dieser Entwicklung war die erneute Politisierung der Frauenbewegung. Vorangetrieben durch den sogenannten »radikalen« Flügel, konzentrierten sich die Reformbemühungen seit den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts erneut auf die öffentlich-rechtliche Gleichstellung des weiblichen Geschlechts. Damit hatte die neuformierte fortschrittliche Richtung mit ihrer Zentrierung um die »Bürgerpflicht der Frau« 22 die Frauenbewegung erstmals seit Louise Ottos Zeiten wieder auf genuin politisches Gebiet gefuhrt. Was als Forderung nach rechtlicher Egalität daherkam, rüttelte in der Konsequenz an der geschlechtsspezifischen Organisation der bestehenden Gesellschaftsordnung. Die Stimmrechtsforderung zielte auf das Ende männlicher Alleinherrschaft im Staat, und im Protest gegen die Neufassung des Eherechts im Bürgerlichen Gesetzbuch stand das private Machtverhältnis eines jeden Ehemannes zur Disposition. Auch die zunächst begrüßte Sitdichkeitsbewegung beschränkte sich nicht allein auf fürsorgerische Tätigkeit, sondern entwickelte in der Forderung nach Abschaffung der unterschiedlichen sexualmoralischen Standards für Männer und Frauen politische Sprengkraft. Zwar wurden die >radikalen< Auffassungen nur von einem kleinen Teil der organisierten Frauenbewegung mitgetragen, und von der praktischen Umsetzung war die Gesellschaft des Kaiserreichs meilenweit entfernt. Doch allein die Formulierung solcher Ansprüche genügte, um die Zeitgenossen - und auch viele Zeitgenossinnen - nachhaltig zu verunsichern. Die feministische Kritik zielte nicht nur auf das öffentlichen Gebäude staatlicher Ordnung, sondern drang weiter in die eifrig gehütete Privatsphäre häuslicher Intimität vor und machte das Geschehen in den Schlafzimmern gleichsam zum Politikum. Kein Wunder also, daß der Literaturredakteur der »Preußischen Jahrbücher« fürchtete, die Emanzipationsbewegung werde »eine veränderte Stellung der Frau als spezifisch weiblichem Wesen zum Mann zur Folge haben« und um die überkommene »Psychologie des Geschlechterverhältnisses« bangte. 23 In der gleichen Ausgabe bemühte sich der Publizist Paul Rohrbach, die »Grenzlinie zwischen Recht und Unrecht in der Frauenbewegung« zu ziehen, dort nämlich, »wo aus dem Kampf der Frau um das Recht, sich gleich dem Mann als ein vollwerthiges menschliches Individuum zu entwickeln - ein Kampf gegen die von der Natur einmal gesetzte Differenzirung der Geschlechter wird« ,24 Der Verweis auf angebliche Naturgesetze, die als Legitimationsinstanz die götdiche Ordnung längst ersetzt hatten, bildete ein ebenso zentrales wie universell einsetzbares Argument, weibliche Partizipationsansprüche in die Schranken zu weisen. Tatsächlich stellte die Aufteilung der Welt in männliche und weibliche Sphären mit bestimmten, ihnen zugeordneten Bedeutungen ein fundamen-

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tales Ordnungskriterium der wilhelminischen Gesellschaft dar, das auf der Arbeitsteilung der Geschlechter aufruhte. Die Überschreitung definierter Geschlechtergrenzen brachte das austarierte System ins Wanken und provozierte Furcht, die sich in Ignoranz, unversöhnlicher Ablehnung oder auch in Spott niederschlug. 1903, als sich die Stimmrechtsbewegung hörbar zu Wort meldete und selbst der jeder Radikalität unverdächtige Deutsch-Evangelische Frauenbund Mitspracherecht bei kirchlichen Wahlen anmahnte, malte eine Glosse in den »Preußischen Jahrbüchern« die verkehrte Welt der Geschlechter aus, in der rechtlose Männlein sich mühten, ihre Interessen in einer von Frauen dominierten Gesellschaft zu Gehör zu bringen. 25 Das Motiv der verkehrten Welt dominierte auch einen aufwendig illustrierten Band, der drei Jahre später unter dem Titel »Vom Über-Weiblichen« einem offenkundig bürgerlichem Publikum »heitere Glossen zur Frauenfrage« versprach.26 Weniger spitzzüngige als plumpe Verse durchaus renommierter zeitgenössischer Autoren wie Roda Roda, Julius Stettenheim oder des Jugend-Redakteurs Karl Ettlinger nahmen Bildungs- und Gleichberechtigungsbestrebungen der »blaustrümpfigen«, »herrschsüchtigen« und »liebestollen Weiber« aufs Korn. Als Inkarnation des »wunderlichen Unterfangen(s)« der Frauenbewegung beflügelte insbesondere die Gestalt Anita Augspurgs die Federn der Spottdichter und Karikaturisten. Das umfangreichste Kapitel jedoch war dem »Zukunfts-Weiber-Staate« gewidmet. In mit »Weh' uns Männern« oder »Triumphlied der Frauenrechtlerinnen« betitelten Versen genossen Frauen Privilegien, die bisher dem männlichen Geschlecht vorbehalten waren. Der Mann dagegen trat als »Haushaltssklave« oder in der Rolle des Gebärers auf. Textprobe: » U n d er schaudert, wenn er ausmalt Seiner eignen Zukunft N a c h t . . . Während Mutter Auf dem Kutter Eine Forschungsreise macht. Kinder wird er nicht nur wiegen: Nein, wenn die Natur geht mit Der Kultur in gleichem Schritt Wird er sie auch selber kriegen ... U n d er wird die Klöße kneten U n d die Stuben fegen rein U n d die Strümpfe stopfen fein! Kurz, der Herr des Erdplaneten Einst despotisch Wird helotisch Eine olle Tunte sein.« 2 7

Travestie und Überzeichnung zogen die verkehrte Welt der Geschlechter ins Lächerliche. Das Lachen entschärfte die zugrunde liegende Furcht, die nur 39

im gewollten Unernst formulierbar war: Die Vorstellung, daß jede Veränderung des bestehenden Geschlechterverhältnisses zur Umkehrung der bisherigen Geschlechterrollen fuhren und dann die Unterordnung auf der Seite der Männer, die Dominanz auf Seiten der Frauen liegen mußte. Den ausschließlich männlichen Autoren des Karikaturenbandes war ebenso wie ihrem Publikum bewußt, daß Männlichkeit Herrschaft bedeutete, sonst hätten Glossen, deren einziger Witz in der Verkehrung der Geschlechterrollen lag, weder gedacht werden noch Anklang finden können. Nicht umsonst kristallisierten sich die Männerphantasien vom Machtverlust im Bild des verachteten, weil unmännlichen, seinen Penis verleugnenden Mannes: der Tunte, des weibischen Homosexuellen. Ganz unverblümt brachte Stefan von Kotze, bei den Zeitgenossen vor allem als Reiseschriftsteller beliebt, den Zusammenhang von Macht, Sexualität und männlicher Potenz zum Ausdruck: »Alle männliche, aktive Potenz ist abhängig vom Selbstvertrauen. Jeder Fachmann wird bestätigen können, daß Zweifel an der eignen Kraft der schlimmste Feind des Erfolges im Sexualverkehr des Mannes ist. Sollte die jetzige Ordnung der Dinge sich also ändern und die Frau dauernd, Generationen hindurch dominieren, so muß das Selbstvertrauen und damit die Potenz des Mannes bedenklich geschwächt werden.« 28

Von der >neuen Frau< sah der wilhelminische Bildungsbürger jedoch nicht nur seine eigene Identität bedroht, sondern auch die Objektivationen des männlichen Geistes, Geschichte und Kultur: »Daß also ist das letzte Ideal der emanzipirten, voll entwickelten weiblichen Persönlichkeit: der feminine Mann und ein Menschengeschlecht, dessen Antlitz weibliche Züge trägt.« Der Literaturredakteur der »Preußischen Jahrbücher« sah eine Moderne heraufziehen, die er nur als »weiblich« beschreiben konnte: »Finden sich nicht wirklich schon in der Totalität unseres ganzen modernen Lebens weibliche Züge? Wenn im politischen Leben an Stelle der nationalen und rein politischen Fragen die sozialen in den Vordergrund getreten sind, wenn in der Geschichtswissenschaft Kriegs- und Staatengeschichte >unmodern< geworden und durch sozialpsychologische Auffassungen verdrängt ist, wenn die Philosophie der Naturwissenschaft den Platz geräumt hat, wenn in der Kunst der rezeptive Naturalismus an die Stelle des von innen aus sich heraus zeugungsfähigen Idealismus getreten ist - sind das nicht alles Zeichen dafür, daß in der Seele der Zeit eine Abkehr vom Männlichen zum Weiblichen stattgefunden hat?« 29

Gesellschaftliche Prozesse wurden gemäß des dualistischen Geschlechtermodells sexualisiert, so wie es Treitschke zahllose Akademiker gelehrt hatte. Neben der Gegenüberstellung von >maskulinen< Staatsgeschäften und f e mininen Sozialfürsorge erhielten Gegenstandsbereiche, die als abstrakt und

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produktiv angesehen wurden, das Prädikat >männlich< , während als >weiblich< galt, was >passive< Beobachtung und Empathie voraussetzte - daher die von heute aus gesehen ungewöhnliche Zuordnung der Naturwissenschaften. Die Verbreitung sexualisierter Denkmodelle in den Zeitschriften des gebildeten Bürgertums verweist auf ein fundamentales Bedürfnis nach einfachen Ordnungskategorien, die scheinbar so eindeutig und selbstverständlich waren wie der Unterschied zwischen Mann und Frau. Zugleich bezeichnete Weiblichkeit alles, was die lange Tradition einer angeblich von Männern hervorgebrachten Menschheitsgeschichte und -kultur vermißte. Als NichtMännliches wurde Weiblichkeit so zur Chiffre für alles Neuartige, zum Sinnbild für Wandel und Modernität schlechthin, dem der Hauch von Dekadenz und Minderwertigkeit anhaftete: »Der Feminismus ist ein notwendiges Korrelat jeder Kultur. Die Dekadenz, welche auf jede Epoche eines hochentwickelten Kulturlebens folgt, besteht in dem Überwiegen des feministischen Elements bis zum Ausschluß des männlichen.« 30 Trotz dieser kulturphilosophisch unterfutterten Misogynie waren die Zeitschriften des gebildeten Bürgertums weit von dem Radau-Antifeminismus einiger Berufsgruppen oder völkischer Kreise entfernt. Gegenüber dem steigenden weiblichen Einfluß in Gesellschaft und Kultur bemühten sie sich um Ausgewogenheit in der Darstellung, ohne ihre kritische Haltung aufzugeben. Artikel einiger weniger bürgerlicher Frauenrechtlerinnen fanden ebenso Aufnahme wie die Aufsätze ausgewiesener Antifeministen und Antifeministinnen; neben Frauenbewegungsliteratur wurden auch misogyne Klassiker wie Otto Weiningers 1 9 0 3 erschienener Bestseller »Geschlecht und Charakter« rezensiert, der es bis 1 9 1 2 auf dreizehn Auflagen brachte. 31 An die Seite der Furcht vor einer gesamtgesellschaftlichen Verweiblichung trat das Lob sozialer Hilfsarbeit. Neben dem Verständnis für den Wunsch vieler Frauen nach mehr Geistesbildung stand männliches Eigeninteresse an weiblicher Umhegung und Erotik als Ausgleich für die Entfremdung anstrengender Berufsarbeit, damit »uns die Tagesstunde schlägt, wo wir sagen können: nun bin ich nicht mehr der Arzt, der Kaufmann, der Beamte oder Gott weiß was, nun bin ich Mensch, nun darf ich es sein«. 32 Vor allem Ferdinand Avenarius< »Kunstwart« forderte von den Frauen mehr »Mannesfürsorge« und »Mutterkultur«. 33 Obwohl das Blatt die Frauenbewegung für eine »großenteils ... gute, sehr berechtigte Sache« hielt, 34 häuften sich seit etwa 1 9 1 0 Aufsätze, die den Lebenskreis des weiblichen Geschlechts auf die Mutterschaft reduzierten. Mütter, so der Tenor, leisteten für die nationale Wohlfahrt allemal mehr als Frauen, die einen Beruf ausübten, den die meisten Mädchen ohnehin wegen der größeren Ungebundenheit, nicht aber aus innerer Berufung ergriffen. Gegen eine gediegene Bildung ohne Berufszweck hingegen sei nichts einzuwenden, fördere sie doch die Aufwertung der Mutterschaft zum Beruf. 35 Wiewohl einige 41

Stimmen aus der Frauenbewegung für die Vereinbarkeit von Mutterschaft und Beruf plädierten, erklärte Ferdinand Avenarius Gebären und Kinderaufzucht zur »soziale(n) Pflicht« der Frau und die Erziehung junger Mädchen zum »Mutterberuf« zu einer der »wichtigsten Kulturaufgaben«. 36 Daß der »Kunstwart« weibliche Erwerbstätigkeit durch eine aufgewertete Mutterschaft ersetzen wollte, fugte sich in den kulturkritischen Antimodernismus des vielgelesenen Journals - 1912 waren dem angegliederten Dürerbund mehr als 300.000 Mitglieder angeschlossen - ein.37 Die Zerfaserung der modernen Gesellschaft sollte durch die Rückbesinnung auf »deutsche Tugenden« überwunden werden. Und dazu gehörte auch die Mütterlichkeit. Die »Vorkämpferinnen einer maßvollen Frauenbewegung«, die von einem spezifischen, in der Mutterschaft begründeten Wesen der Frau ausgingen, stießen daher weit eher auf Verständnis als Gleichheitsforderungen, denen der Geruch des Radikalismus anhaftete. 38 Hans Delbrück, der Herausgeber der »Preußischen Jahrbücher«, belächelte die »verrückten Ideen vom modernen Weibe«,39 und der Kunsthistoriker Adelbert Matthaei - Vorstandsmitglied im Dürerbund und später organisierter Antifeminist - warnte vor dem »Obsiegen der extremen Frauenbewegung mit allen Folgen für Geisteskultur, Wirtschaftsleben und Familie«.40 Daß die Berufskonkurrenz der Frauen die Erwerbsaussichten der (bürgerlichen) Männer vermindere und damit die Heirats- und Reproduktionschancen der Gebildeten verschlechtere, war ein verbreitetes Stereotyp. Immer wieder konnte man lesen, daß Frauen aufgrund ihrer >natürlichen< Veranlagung einer zwar nicht schlechteren, aber qualitativ anderen Ausbildung bedürften und für andere Tätigkeiten geeignet seien als Männer.41 So unterschiedlich die Positionen im einzelnen waren, so hatte die Sympathie für feministische Ziele eine klare Grenze: die politische Mitbestimmung in Reich und Einzelstaaten. Je mehr sich die Frauenbewegung politisierte, desto mehr häuften sich die Warnungen vor dem weiblichen Stimmrecht. Die Verhältnisse in anderen Staaten, insbesondere der Kampf der englischen Suffragetten, wurden in einer Weise mißtrauisch beobachtet, aus der die Befürchtung, das Deutsche Reich werde ein ähnliche Entwicklung nehmen, klar hervorging. 42 Der »Kunstwart« warf der Frauenbewegung einseitige Agitation vor und vermißte die Anhörung der Gegner, um darüber zu informieren, weshalb »nicht nur Narren und Reaktionäre, sondern auch Denker und freie Geister« - zu denen sich offenbar auch die Redakteure des Blattes rechneten - die Politisierung des weiblichen Geschlechts nicht gutheißen konnten. 43 Der Parlamentarismus, so argumentierten eine Reihe von Autorinnen und Autoren im Umfeld der Reichstagswahlen von 1912, habe die Erwartungen nicht erfüllt, die man in ihn gesetzt habe. Zufällige Majoritäten entschieden, »Parteienhader« und »Sonderinteressen« beherrschten 42

das politische Leben. 44 An der »Wahlrechtslotterie« teilzunehmen, so legte Wilhelm Stapel in einem Leitartikel die Linie des »Kunstwartes« fest, liege daher weder im Interesse des Staates noch der Frauenbewegung selbst.45 Kritik am parlamentarischen System verband sich mit Enttäuschung über die politische Elite zur heftigen Politikerschelte. Daß es Frauen gelungen war, in die exklusiv männliche Sphäre der Politik einzudringen, wertete das Blatt als Versagen männlicher Potenz: »Wenn politisierende Frauen auftreten, um den Politik machenden Männern öffentliche Gardinenpredigten zu halten oder ihnen gar ins Handwerk zu pfuschen, so beweist das unter anderem auch, daß an der Männlichkeit jener Männer vieles nicht in Ordnung ist.«46

Auch in den »Preußischen Jahrbüchern« dachte man angestrengt über die spürbare Politisierung des weiblichen Geschlechts nach. Delbrück suchte nach einer Lösung, welche die unentbehrlich gewordene Mitarbeit von Frauen im öffentlichen Leben sicherte, ohne ihnen formale Rechte zuzubilligen. 47 Die politische Partizipation des weiblichen Geschlechts war dem nationalliberalen Historiker mit Blick auf die außenpolitischen Interessen des deutschen Reiches ein Greuel. In der Zunahme der Wahlberechtigten sah er die Stärkung demokratischer Verfassungselemente, und Demokratie, das war Delbrücks feste Überzeugung, war mit den Zielen einer politischen Großmacht als dem einzig »wahren und vollkommenen Staat« nicht vereinbar.48 Der Herausgeber der »Preußischen Jahrbücher« schreckte weniger vor der Frauenbewegung seiner Gegenwart zurück, als vor den Konsequenzen ihrer Forderungen, die ihm unausweichlich schienen: »hinter dem verbesserten Eherecht steht drohend die Lockerung der Ehe, und hinter der gelockerten Ehe steht die denkbar tiefste Erniedrigung des weiblichen Geschlechts, die freie Liebe, und hinter den weiblichen Berufen, die sich einer nach dem anderen öffnen und bilden, steht die Forderung des weiblichen Wahlrechts mit allen Widerlichkeiten des Suffragettentums.«

Es war kein Zufall, daß Delbrück aus der Vielfalt möglicher Schreckensbilder gerade die Rechtsforderungen am meisten beunruhigten. Als Historiker und freikonservativem Politiker war ihm die Materie vertraut genug, um zu wissen, daß juridische Kodifikationen nicht nur den Zustand der Gegenwart sanktionieren, sondern darüber hinaus die kommende Wirklichkeit prägen. Jahrhundertelang hatten Männer darüber geurteilt, was Recht und was Unrecht war, und damit das Leben und den Alltag anderer bestimmt. Wenn Frauenforderungen Eingang in Gesetze fanden, belegte das die beginnende Erosion der gesellschaftlichen Definitionskompetenz des männlichen Geschlechts. Wahl- und Eherecht bezeichneten dabei besonders sensible Bereiche.

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Über seine unmittelbare politische Relevanz hinaus eignete dem Wahlrecht im 19. Jahrhundert hohe Symbolkraft als Ausdruck bürgerlicher Mündigkeit. Als Zeichen der rechtlichen Gleichheit derjenigen, die es ausübten, wurde es von allen Emanzipationsbewegungen des bürgerlichen Zeitalters angestrebt, und war eben deshalb probates Mittel gesellschaftlicher Distinktion. Das Eherecht hingegen regelte die privaten Verhältnisse jeder und jedes einzelnen und hatte somit hohe alltagsprägende Kraft. Es war jedoch nicht nur das Interesse an der Aufrechterhaltung der männlichen Vormachtstellung im öffentlichen wie privaten Leben, die Delbrücks ablehnende Haltung bestimmte. Eine noch größere Rolle spielte, daß Frauen, die öffentlich und laut agierten oder gar unverblümt über Sexualität sprachen, fundamental gegen seine internalisierten, von bürgerlicher Moral diktierten Vorstellungen von Weiblichkeit verstießen. Delbrück hoffte, daß sein Zukunftsszenario dem Publikum verständlich machte, »weshalb so viele Männer der Frauenbewegung mit Abneigung gegenüberstehen; daß es nicht Geringschätzung dieser Bestrebungen, noch viel weniger Geringschätzung der Frauen im Schopenhauerschen Sinne ist, der diese Abneigung entspringt, sondern ganz umgekehrt, eine Hochschätzung, der es peinlich ist, von ihrem Ideal etwas aufgeben zu sollen oder es gefährdet zu sehen.«49

Geäußert wurde nicht rational durchdachte Ablehnung, sondern auf der Ebene des Gefühls empfundene »Abneigung«; die sich abzeichnende Veränderung des Frauenbildes war ihm »peinlich«, öffentliche Wahlagitation widerlich und weibliche Sexualität, die nicht durch die Bande der Ehe gezügelt war, schien ihm erniedrigend: Delbrücks Sprache verriet, daß die Figur der >neuen Frau< ein tiefverwurzeltes Konzept aus Normen und Werten tangierte, auf dessen Verletzung selbst wohlmeinende Beobachter mit geradezu physischem Ekel reagierten. Der Herausgeber der »Preußischen Jahrbücher« war, auch wenn er den Vorsitzenden des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation anläßlich einer frauenpolitischen Kontroverse zu Wort kommen ließ, kein intransigenter Antifeminist. Delbrück setzte sich mit den Zielen der Frauenbewegung auseinander und bemühte sich eindringlich um eine wohlbegründete Stellungnahme. Aber wie viele seiner Zeitgenossen konnte auch er nicht über den Schatten internalisierter Wertvorstellungen springen, die längst zur zweiten Natur geworden waren. Noch 1919, als er sich angesichts der Wahlen zur Weimarer Nationalversammlung um die Bewertung des soeben eingeführten Frauenstimmrechts mühte, konnte er trotz aller Einsicht in die nun notwendige Politisierung des weiblichen Geschlechts seine Sympathie fur jene Hausfrauen nicht verhehlen, die »den Stimmzettel des Mannes ihres Vertrauens durch den eigenen in aller Stille verdoppeln«. Der Vernunftrepublikaner Delbrück verhielt sich zum Frauenwahlrecht ähnlich 44

wie zur neuen Verfassung überhaupt: Die Betätigung von Frauen in der Politik erschien ihm wie die ganze neue Republik »notwendig, aber darum noch nicht ein Gewinn«. 50

2.2. Die Frauenbewegung als das Antichristentum der Gegenwart: Protestantismus und lutheranische Orthodoxie Wiewohl die deutsche Frauenbewegung maßgeblich von »protestantische^) Geisteskultur« geprägt war,51 trafen weibliche Emanzipationskonzepte in der evangelischen Kirche und den protestantischen Verbänden ebensowenig wie im gebildeten Bürgertum insgesamt auf ungeteilte Zustimmung. Allerdings wich die harsche, ausschließlich am paulinischen Schweigegebot des »mulier taceat in ecclesiam« orientierte Linie eines Philipp von Nathusius seit den 1890er Jahren einem stärker differenzierten, nach kirchenpolitischen Gruppen aufgefächerten Meinungsspektrum, das von vorsichtigem Entgegenkommen über die Indienstnahme weiblicher Fürsorgetätigkeit bis hin zu entschiedener Ablehnung reichte. 52 Im Zusammenhang mit der Hinwendung der Evangelischen Kirche zu den sozialen Problemen der Industriegesellschaft bekundete ihr sozialpolitisches Forum, der Evangelisch-soziale Kongreß, seine Bereitschaft, sich auch mit der >Frauenfrage< auseinanderzusetzen. Mit Elisabeth Gnauck-Kühne wurde 1895 erstmals einer Frau das Rederecht zugestanden. 53 In der Praxis freilich bewegte sich der Kongreß zwischen »liberaler Halbheit und konservativer Intransigenz«. 54 Schon zwei Jahre später wurden auf dem achten Evangelisch-sozialen Kongreß die »Grenzlinien der Frauenbewegung« beschworen. 55 Der zunehmende Konflikt zwischen liberaler und konservativer Theologie führte schließlich zur Abspaltung der Christlich-Sozialen um Adolf Stoecker, die sich mit der Freien kirchlich-sozialen Konferenz eine eigene organisatorische Plattform schufen. Die ohnehin wenig profilierte Frauengruppe des Evangelisch-sozialen Kongresses überstand die Konversion ihrer Leiterin Elisabeth Gnauck-Kühne zum Katholizismus nicht. Naumanns Nationalsozialer Verein zeigte keine nennenswerten Ambitionen, sich in der Praxis für die im Programm verankerte »größere Sicherung der persönlichen und wirtschaftlichen Stellung der Frau« einzusetzen. Auch nach der Jahrhundertwende etablierte sich keine Frauenorganisation, die dem liberalen Protestantismus verpflichtet gewesen wäre. Und dem Evangelischen Bund, der größten protestantischen Massenorganisation vor dem Ersten Weltkrieg, gelang es ebenfalls nicht, ein eigenständiges frauenpolitisches Profil zu entwickeln.56 45

Es war ausgerechnet die konservative Richtung, welche die Formierung protestantischer Frauenorganisationen entscheidend vorantrieb. 1 8 9 9 hatte Adolf Stoecker die Bildung von Frauengruppen im Rahmen der Freien kirchlich-sozialen Konferenz angeregt. Der einstige Hofprediger und praktizierende Antisemit war auch der eigentliche Urheber jener im gleichen Jahr publizierten Leitsätze des Centraiausschusses für Innere Mission, die das paulinische Schweigegebot auf den Gottesdienst und die biblische Unterordnung der Frauen auf die Ehe beschränkte. 57 Damit war das öffentliche Auftreten von kirchentreuen Protestantinnen erst möglich geworden. Auf Beschluß der Konferenz deutscher Sittlichkeitsvereine formierte sich unter dem Einfluß der Stoeckerschen Thesen ebenfalls 1 8 9 9 der DeutschEvangelische Frauenbund ( D E F ) . Wie schon bei den kirchlich-sozialen Frauengruppen stand dahinter die doppelte Absicht, der liberalen und sozialistischen Frauenbewegung eine christliche Alternative entgegenzusetzen und gleichzeitig das brachliegende Potential der Masse der aktiven Kirchenbesucher, nämlich der Frauen, für ehrenamtliche Sozialarbeit zur Versöhnung der Klassengegensätze zu nutzen. 58 Während jedoch die Frauengruppen der Freien kirchlich-sozialen Konferenz ihren Schwerpunkt auf soziale und caritative Arbeit legten, verstand sich der D E F als Teil der Frauenbewegung und näherte sich in den Folgejahren Stück für Stück den Positionen des Bundes Deutscher Frauenvereine an, dem er 1908 schließlich beitrat. Die Frauenhilfe des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins war dagegen keine protestantische Antwort auf die Frauenbewegung, sondern stand ausschließlich im Dienst kirchlicher Diakonie. Der Evangelisch-Kirchliche Hilfsverein war vom preußischen Herrscherhaus in der Absicht initiiert worden, der Ausbreitung sozialdemokratischer Ideen vor allem in den Städten die Propagierung chrisdich-konservativer Werte entgegenzusetzen. Durch intensive Seelsorge im Rahmen von Stadtmissionen hoffte man, der Entkirchlichung Einhalt zu gebieten. Als dieses Vorhaben Mitte der 1890er Jahre zu scheitern drohte, versprach sich der Vorstand, zusammengesetzt aus Vertretern des Kirchenregiments, der preußischen Verwaltungsspitze und des Herrscherhauses, von der Hinzuziehung von Frauen neue Impulse. Neu an dem Projekt war weniger die unbezahlte caritative Arbeit von Frauen in der Gemeinde als die Organisation der einzelnen Zweigvereine in einem Zentralverband und die Herausgabe eigener Publikationsorgane. 59 Die Frauenhilfe teilte nicht nur die rückwärtsgewandte und anti-sozialistische Stoßrichtung des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins, sondern lehnte auch jedes öffendiche und kirchenpolitische Engagement von Frauen ab. Angesichts der Forderung nach kirchlicher Mitbestimmung, welcher der D E F seit 1 9 0 3 in zahlreichen Petitionen an unterschiedliche Kirchengremien Ausdruck verlieh, beeilte sich die Leitung der Frauenhilfe, auf ihrer Jahrestagung die »Grenze für die Betätigung der Frau in der christlichen Ge-

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meinde« abzustecken. Der mit dem Referat beauftragte Düsseldorfer Pastor Schüttler benutzte seine Kritik an der evangelischen Frauenbewegung zu einem Seitenhieb auf den protestantischen Liberalismus. Er erinnerte seine Zuhörer daran, daß Adolf Harnack, der mit Elisabeth Gnauck-Kühnes Rede auf dem Evangelisch-sozialen Kongreß 1895 eine neue Epoche der Kirchengeschichte angebrochen wähnte, eine Konvertitin unterstützt hatte und legte damit nahe, daß frauenpolitische Zugeständnisse zwangsläufig zur Abkehr vom positiven, wenn nicht sogar vom evangelischen Glauben fuhren müßten. Schötder verquickte das christliche Frauenideal mit bürgerlichen Weiblichkeitsstereotypen und mochte Frauen nur Schweigen, Dienen und als Ausfluß ihrer Familienbestimmung - stille Liebestätigkeit im Rahmen kirchlicher Diakonie zugestehen, keinesfalls aber Leitungsfunktionen und kirchenpolitische Mitspracherechte ,60 Die Berufung auf das paulinische Schweigegebot und die Überzeugung, daß die Frau ins Haus gehöre, bestimmten auch in den Folgejahren die Position der Frauenhilfe. Ihre Verbandszeitschriften entwickelten sich zu einem Forum antifeministischer Kritik, in dessen Mittelpunkt die Abwehr des kirchlichen und nach der Änderung des preußischen Vereinsrechts auch des staatlichen Frauenstimmrechts stand.61 Auf jenen Gebieten, die für die praktische Tätigkeit der Frauenhilfe am wichtigsten waren - etwa in der Frage der Heranziehung von Frauen zu städtischen Kommissionen oder hinsichtlich der Professionalisierung ehrenamdicher Sozialarbeit - vollzog sich freilich eine allmähliche Annäherung an die Forderungen der Frauenbewegung. 62 Als wolle er diese Tendenzen abwehren, stellte Generalsuperintendent Wilhelm Zoellner, der Vorsitzende des westfälischen Zweigvereins, im Namen der geisdichen Funktionäre der Frauenhilfe unmißverständlich klar: »Mit dem, was man heute Frauenbewegung nennt, hat sie nichts zu tun und will sie nichts zu tun haben.« 63 Später schloß sich der Kirchenmann dem Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation an. Dezidierte Gegnerschaft erwuchs der Frauenbewegung aus den Reihen der protestantischen Orthodoxie, die sich um die Zeitschriften »Der Alte Glaube« oder »Glaube und Tat« zentrierte. Doch selbst in der »Reformation«, die der Freien kirchlich-sozialen Konferenz verbunden war, kamen ablehnende Stimmen vor allem nach dem Tod Stöckers mehr und mehr zu Wort. Einig waren sich die meisten Kirchenfunktionäre in der Bestimmung der Frau für die Ehe und der Unvereinbarkeit von Mutterschaft und Erwerbstätigkeit. 64 Gemäß dem christlichen Sitdichkeitsideal waren Sexualität und Nachkommenschaft nur im Rahmen der Ehe denkbar. Die >Neue Ethik< des Bundes für Mutterschutz erfuhr daher eine einhellige Absage, in der prinzipielle Gegner der christlichen Frauenbewegung mit Paula Mueller, der

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Vorsitzenden des Deutsch-evangelischen Frauenbundes, übereinstimmten. 65 Die Bewertung der Frauenbildung war demgegenüber uneinheitlich. Befürchtungen, durch die Ausdehnung des Frauenstudiums würde die Zahl der »Brotstellen« für Männer zurückgehen und die Heiratshäufigkeit sinken,66 wechselten in allen Blättern mit Zustimmung für »diese Frage der Gerechtigkeit« ab.67 Reinhold Seeberg, renommierter Theologe und späterer Nachfolger Stoeckers als Vorsitzender der Freien kirchlich-sozialen Konferenz, begrüßte die Reformpläne der preußischen Regierung zur Mädchenbildung - freilich in der Erwartung, daß sie »berechtigten Wünschen und Bedürfnissen der Frauenbildung Rechnung trägt, ohne doch auch nur im geringsten dem christlich germanischen Frauenideal etwas zu vergeben« und »mit dem klaren Bewußtsein, dadurch dem unklaren und fanatischen >Irrlichtieren< bestimmter Kreise in der Frauenbewegung das Wasser zu entziehen«.68 Es war die Forderung des DEF nach kirchlicher Mitbestimmung für Frauen, welche die Lager polarisierte und den Boden für die Formierung einer antifeministischen Opposition bereitete. Zwar hatte Paula Mueller ihr Wahlrechtsansinnen ausdrücklich mit der Ablehnung des politischen Frauenstimmrechts verbunden und wurde darin von Adolf Stoecker unterstützt. Trotzdem aber war die Position des DEF in den Kreisen der ChristlichSozialen und Orthodoxen heftig umstritten. Muellers später zurückgenommener Vorschlag, das kirchliche Frauenwahlrecht an die Teilnahme am Gemeindeleben zu koppeln, um den Einfluß >kirchenferner Kreise< zu begrenzen, erntete zunächst ausdrückliches Lob vom Herausgeber der »Reformation«, weil er die Möglichkeit bot, auf elegante Weise den Vorrang der >positiven< Richtung bei Kirchengemeindewahlen auszubauen.69 Allerdings zeigte das Kirchenregiment keine Neigung, den Wünschen des DEF zu entsprechen. Die Fünfte Preußische Generalsynode ging nicht weiter darauf ein, und auch die preußischen Provinzialsynoden wiesen die Forderung 1905 zurück.70 Damit lagen die Gremien auf der Linie der lutheranischen Orthodoxie, deren Stellung zur Frauenbewegung »von vornherein keinem Zweifel unterworfen« war.71 Ihr Sprachrohr, »Der Alte Glaube«, nutzte jeden Anlaß, seinem Leserkreis die vermeintlichen Gefahren der Frauenemanzipation vor Augen zu halten, und beschränkte sich dabei keineswegs auf das kirchliche Gebiet. Vielmehr war es die Politisierung der Frauenbewegung und die Wahlrechtsforderung des radikalen Flügels, die den »Alten Glauben« zuerst zu einer grundsätzlichen Stellungnahme veranlaßten. Nachdem sich der Verband fortschrittlicher Frauenvereine auf seiner ersten Generalversammlung mit der Forderung nach politischer Mitbestimmung zu Wort gemeldet hatte, befürchtete das Blatt, daß nun die Frauenbewegung insgesamt zum 48

Nachteil des »inneren Frieden unseres Volkes« eine »politische Färbung« annehmen werde: »Nicht mehr der Frauenerwerb und nicht mehr das Frauenstudium, die Wahlurne, der Zutritt zu den öffenüichen Ämtern und der Sitz im Reichstage bezeichnen das Feldgeschrei der Zukunft.« 72 Das Frauenstimmrecht, schreckte die Zeitschrift ihre strikt protestantisch-konservative Anhängerschaft mit der Beschwörung eines politischen wie konfessionellen Feindbildes auf, könne in Deutschland nur »die Herrschaft der Sozialdemokratie, oder, was noch wahrscheinlicher ist, die des Ultramontanismus bedeuten«. Als Grundübel machten die orthodoxen Lutheraner die Lehre von der Gleichberechtigung der Geschlechter aus. Die angestrebte Gleichheit in Beruf, Bildung, Rechtssicherheit und ehrenamtlicher Sozialarbeit führe konsequenterweise zur Forderung nach politischer Egalität, zumal, wie der ungenannte Verfasser durchaus realistisch erkannte, die »gesellschaftlichen oder bürgerlichen Rechte der Frau nur dann auf die Dauer sicher gestellt sind, wenn sie sich zugleich im Besitz der politischen Macht befindet.« 73 Gemäß ihrer am theologischen Fundamentalismus geschulten Denkweise ging es nach Ansicht der lutheranischen Orthodoxie in der Frauenfrage nicht um einzelne Zugeständnisse, sondern um eine grundsätzliche Haltung in der Geschlechterpolitik. Die Betonung der Geschlechterdifferenz schien ihr daher das beste Mittel, Veränderungen im Geschlechterverhältnis vorzubeugen. 74 Damit war der Rahmen für die Bewertung kirchlicher Mitbestimmungswünsche von Frauen abgesteckt. Der »Alte Glaube« konterte jeden Vorstoß auf diesem Gebiet mit Hinweis auf das paulinische Schweigegebot und hegte sogar gegenüber den kirchlich-sozialen Frauengruppen den Verdacht des Radikalismus.75 Vor allem der Deutsch-Evangelische Frauenbund war heftigen Angriffen ausgesetzt. 76 Die in der Diakonie engagierte Rostocker Freifrau Ida von Meerheimb verfolgte argwöhnisch jede Annäherung des D E F an die bürgerliche Frauenbewegung und rief bereits im Mai 1 9 0 7 die »kirchlichen Frauen« zum Widerstand gegen die »Ansprüche der modernen Bewegung« auf. Mit dem Oppositionspaar >kirchlich< versus >modern< zielte Meerheimb darauf ab, dem D E F die chrisdiche Bindung abzusprechen und ihn so einem Publikum verdächtig zu machen, für das der Begriff >modern< den Beigeschmack von Schrankenlosigkeit, Willkür und ungezügeltem Egoismus hatte. 77 Den Aufruf zur Abwehr hatte Meerheimb geschickt im Vorfeld der anstehenden kirchlichen Kreissynoden-Tagungen piaziert, wo aufgrund einer Petition des D E F erneut das kirchliche Frauenwahlrecht zur Diskussion stand. Nachdem der Eingabe kein Erfolg beschieden war, gab sich der D E F zunächst bescheiden und bat um die Eingliederung von Frauen in das Gemeindeleben auf der Grundlage der bestehenden Kirchenverfassungen. Der

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preußische Oberkirchenrat erwartete von allen Entscheidungsträgern »Zurückhaltung dieser schwierigen Frage gegenüber«, stimmte nach einem befürwortenden Beschluß der sechsten Generalsynode dem Wunsch des DEF Ende 1909 jedoch unter der Bedingung zu, daß die Eingliederung der Frauen in die bestehenden Kirchenverfassungen »nicht als Etappe für weitergehende Forderungen der Frauenbewegung angesehen werde«. 78 Damit war die offizielle Beiordnung weiblicher Hilfskräfte zu einzelnen Aufgaben der Kirchengemeindepflege möglich, ihnen jedoch bei Entscheidungen kein Mitspracherecht eingeräumt worden. Die schon seit etwa 1907 erörterte Idee eines solchen »Frauenamtes« wurde in der evangelischen Tagespresse durchaus wohlwollend kommentiert. 79 Die Gegner des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes mochten furchten, daß sich diese Sympathie auch auf die Frage des kirchlichen Frauenwahlrechts ausdehnen könnte. Denn noch vor dem Anschluß des DEF an den Bund Deutscher Frauenvereine setzte eine Kampagne gegen das kirchliche Mitbestimmungsrecht der Frauen ein, bei der Julius Werner, als ehemals enger Mitarbeiter Stoeckers ursprünglich ein Befürworter der Wahlrechtslinie, eine zentrale Rolle spielte. Der Pfarrer an der Frankfurter Paulskirche verdächtigte den DEF, Zugeständnisse an eine »moderne Zeitforderung« zu machen. Seinen Einstellungswandel begründete er nicht mit innerkirchlichen Argumenten, sondern mit Blick auf Staat und Politik: »die immer radikaler werdende Richtung der nichtchristlichen Frauenbewegung und der gegenwärtige Ansturm des politischen Radikalismus mahnt zur Vorsicht, zudem es mir durch besondere Wahrnehmungen zur inneren Gewißheit geworden (ist), daß ein etwaiger Erfolg auf kirchlichem Gebiet - trotz aller Proteste auf unserer Seite der Agitation für das politische Frauenstimmrecht unfreiwillig zum Sprungbrett und Sturmbock dienen würde.« 8 0

In der Folge entspann sich in der »Reformation« eine Kontroverse zwischen Gegnern und Befurworterinnen des kirchlichen Wahlrechts, bei der Paula Mueller zunächst noch das letzte Wort behielt. 81 Nach dem Tod Adolf Stoeckers schwenkte das Blatt der kirchlich-sozialen Konferenz dann zunehmend auf die Linie der Emanzipationsgegner ein. Nun konnte Julius Werner die »radikale Frauenbewegung« im Verein mit der Sozialdemokratie ungehindert als das »Antichristentum der Gegenwart«, als das im biblischen Sinne Böse denunzieren, während seine Gattin den Frauenrechtlerinnen mangelndes Nationalgefiihl vorwarf- zwei Behauptungen, die gezielt an die christlich-nationale Einstellung des Leserkreises appellierten.82 U m weibliche Emanzipationsansprüche abzuwehren, bedienten sich die christlichen Antifeministen zunehmend außerkirchlicher Motive. In dem Maße, wie sich seit der Jahrhundertwende evangelische Frauenrechderinnen auf die Heilige Schrift und die dort formulierte religiöse Gleichberechtigung 50

von Mann und Frau beriefen, genügte der Verweis auf die Bibel und das paulinische Schweigegebot nicht mehr. Zur Begründung ihrer Ablehnung griffen die Gegner der evangelischen Frauenbewegung auf Stereotype aus dem Vorrat des bipolaren Geschlechtermodells, medizinisch begründeter Geschlechterphysiologie und völkischer Argumentationen zurück. Die »Reformation« vermengte Theologie und Naturwissenschaft zur »Naturordnung Gottes«, die es Frauen verbiete, »eine Autoritätsstellung über Männer sich anzumaßen« und bemühte Möbius< Traktat »Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes«, das sie ihren Abonnenten als »sehr lesenswert« anempfahl. 83 Nach dem Beitritt des DEF zum Bund Deutscher Frauenvereine zitierte auch der Leipziger Theologe Hunzinger >Erkenntnisse< der Anatomie, Physiologie und Psychologie, um die Grenzen einer christlichen Frauenbewegung abzustecken. »Naturordnung und Bibel« stimmten in ihrer Auffassung von der Wesensverschiedenheit der Geschlechter überein, behauptete der sowohl in der »Frauenhülfe« als auch im »Alten Glauben« veröffendichte Aufsatz. Die »gottgesetzte Natur des Frauenwesens« manifestierte sich nach Ansicht des Professors in der Mütterlichkeit, die sich in der Familie und »in konzentrischen Kreisen um das Haus herum« in caritativer Arbeit zur »Regeneration unseres Volkes« betätigen könne, weiblichen Autonomiebestrebungen aber enge Schranken setzte. Männerrechte, so das Fazit der christlichen Psycho-Physiologie, könnten daher nicht für Frauen gelten.84 Die Vorstellung von einer völkischen Überwindung der Klassengegensätze durch die erweiterte Mütterlichkeit chrisdich-nationaler Frauen ging in Hunzingers Aufsatz eine enge Verbindung mit dem christlichen Versöhnungsgedanken ein. Auch die Idee der christlichen Erneuerung nahm trotz erklärter Ablehnung darwinistischer Modelle allmählich rassenbiologische Züge an. Die Nähe der lutheranischen Orthodoxie zu rassistischen Ideologemen zeigte sich auch dort, wo der »Alte Glaube« rassistische Stereotype und sexualmoralische Unterstellungen dazu benutzte, Frauen als Geschlecht zu denunzieren. In Ton und Thematik nur wenig von antisemitischen Hetzblättern wie dem »Hammer« entfernt, hieß es dort unter der Überschrift »Weibliche Verirrungen«: »Wenn irgendwo eine Negertruppe in einer Ausstellung oder sonst sich sehen läßt, so belagern deutsche Mädchen und Frauen das Dorf und können sich nicht genug tun, die schwarze Natursöhne zu bewundern, anzustaunen und zu Rendez-vous bestellen. Diese Frauen und Mädchen fühlen gar nicht, wie tief sie sich erniedrigen, wenn sie sich an einen solchen Schwarzen oder Gelben wegwerfen oder gar eine Ehe mit ihm eingehen.«85

Solcherlei Behauptungen mochten nicht eben dazu beitragen, das Vertrauen des von den Szenarien der »Freien Liebe« ohnehin schon aufgeschreckten 51

Publikums in die Urteilsfähigkeit der um ihre Selbständigkeit ringenden Frauen zu stärken. Die Affinität orthodoxer Glaubensrichtungen zu völkischen Ideen, wie sie sich später in der Deutschen Glaubensbewegung niederschlagen sollte, wirkte sich auch auf die Beurteilung der evangelischen Frauenbewegung aus. Weibliche Emanzipationsbegehren ließen sich um so leichter abwehren, je einfacher sich in der Anhängerschaft das geschlossene Weltbild eines Volksganzen mobilisieren ließ, in dem Männern und Frauen getrennte und genau definierte Sphären zugewiesen waren. Der Beschwörung der völkischen Regeneration entsprach in gemäßigteren Kreisen die Berufung auf die Interessen des Staates, zu dem der deutsche Protestantismus in einer traditionell engen Beziehung stand. 1912, als die Diskussion um das kirchliche und politische Frauenstimmrecht auf ihrem Höhepunkt angekommen war, sah sich Ernst Bunke, Nachfolger Stöckers als Herausgeber der »Reformation«, durch die Gründung des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation zu einer Stellungnahme herausgefordert. Grundsätzliche Bedenken gegen das Mitspracherecht von Frauen in den Kirchengemeinden vermochte der Theologe weder aus der Heiligen Schrift noch aus der weiblichen Bestimmung abzuleiten. Wenn er dennoch das kirchliche Frauenstimmrecht in weiter Ferne sah, lag das daran, daß Bunke die Signalwirkung auf die Politik fürchtete, die von Reformen innerhalb einer dem Staat so eng verbundenen Institution wie der evangelischen Kirche ausgehen könnte. Freilich hatte der Herausgeber der »Reformation« bei seiner Philippika gegen das politische Frauenwahlrecht nicht nur ein abstraktes Staatsideal im Auge, sondern auch ganz konkret die politischen Interessen der »rechtsstehenden Kreise«. Die politische Betätigung sozialdemokratischer Frauen und der »radikalen Frauenrechtlerinnen« schien ihm von »bösen Folgen« begleitet - die Kirchlich-Sozialen fürchteten also um die konservative Mehrheit im Staat. 86 Aus parteipolitischen Rücksichtnahmen schwenkten auch Kirchenvertreter, die der evangelischen Frauenbewegung aufgeschlossener gegenüberstanden, auf orthodoxe Positionen ein. Ida von Meerheimb und das Ehepaar Werner, die später die Christlich-nationale Gruppe im Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation ins Leben riefen, verfolgten die Taktik, gemäßigte Reformwünsche mit Verweis auf unkontrollierbare Folgen zu diskreditieren. Damit trafen sie auf die Revolutionsfurcht weiter Kirchenkreise. Die »Reformation« sprach es offen aus: »Sobald ein Weg gefunden ist, das kirchliche aktive und passive Wahlrecht auf diejenigen zu beschränken, die im Geist der Reformation ein lebendiges Interesse an der evangelischen Kirche zeigen und >mit Ernst Christen sein< wollen, wird auch die Hauptschwierigkeit betr. des kirchlichen Wahlrechtes der Frau überwunden sein. Bei den gegenwärtigen Verhältnissen aber möchten wir es doch lieber bei einer freieren

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Betätigung der Frauen in der Kirche belassen müssen; sozialdemokratische und liberal-radikale Frauen möchten wir mit dem kirchlichen Wahlrecht nicht gern ausgestattet sehen.«

Der Geschlechterkonflikt in der evangelischen Kirche wurde so in einen Konflikt zwischen politisch-weltanschaulichen Milieus transformiert. Diese Verschiebung ermöglichte es, trotz aller Verwerfungen und Zugeständnisse Frauen letztlich von den Zentren der Macht fernzuhalten, ohne auf ihre dringend benötigte Mitarbeit in der Kirche verzichten zu müssen.

2.3. Gefährdeter »Männerstolz vor Direktorenthronen«: Die reichsdeutsche Lehrerschaft Neben Kulturpessimisten und konservativen Protestanten machten auch männliche Berufsverbände gegen die Frauenemanzipation mobil. Handlungsgehilfen und Beschäftigten im öffendichen Dienst lasteten die strukturelle Veränderung ihrer Erwerbszweige der Frauenbewegung an, Lehrerverbände und Studentenorganisationen mochten sich nicht mit dem Ende des männlich-akademischenen Bildungs- und Berufsmonopols abfinden. Waren die Proteste auch in erster Linie standespolitisch motiviert, so maskierte die Auseinandersetzung mit der weiblichen Konkurrenz doch vielfach ein Bündel unterschiedlichster Konfliktlagen. Unter den bürgerlichen Berufsgruppen gehörte die Lehrerschaft zweifellos zur »Avantgarde« derjenigen, die sich darum bemühten, den Einfluß von Frauen im öffentlichen Leben zurückzudrängen. 87 Dieses Ansinnen war in erster Linie standespolitisch motiviert, bekamen Lehrer die Auswirkungen des weiblichen Bildungsbegehrens doch gleich in mehrfacher Hinsicht zu spüren: in den Veränderungen der Lehrpläne, durch die Umgestaltung der Schulorganisation und ganz direkt infolge zunehmender Konkurrenz auf dem Stellenmarkt.88 1896 arbeiteten in Preußen bereits 15.000 festangestellte Lehrerinnen, etwa zwei Drittel davon an Volksschulen, die anderen an privaten und öffentlichen Mädchenschulen. 89 Helene Langes Allgemeiner Deutscher Lehrerinnenverein war um die Jahrhundertwende mit 16.000 Mitgliedern nicht nur der zahlenmäßig größte deutsche Frauenberufsverband, sondern auch der rührigste. Die Berufs- und Bildungsfrage stand auch deswegen im Zentrum der Frauenbewegung, weil viele Funktionärinnen von Beruf Lehrerin waren. Wie Helene Lange teilten die meisten von ihnen zwar das dualistische Geschlechtermodell in vielerlei Hinsicht, wendeten es aber offensiv und leiteten aus der Wesensverschiedenheit der Geschlechter die Notwendigkeit eigenständiger Frauenrechte ab.90 Gerade die den Frauen zugeschriebenen 53

Hege- und Pflegefunktionen sprachen nach Ansicht der organisierten Lehrerinnen dafür, das »weibliche Element« in der Mädchenerziehung stärker zu berücksichtigen - ein Argument, das sich angesichts des Volksschullehrermangels und der elterlichen Interessen an einer respektablen Berufsausbildung für >unversorgte< Töchter als zugkräftig erwies.91 Die männlichen Lehrkräfte sahen sich in der unangenehmen Lage, miterleben zu müssen, wie die institutionellen Hürden, die ihre Kolleginnen an einer formal geregelten gleichwertigen Ausbildung und damit auch an der Begründung gleicher Ansprüche hinderten, von Jahr zu Jahr schwanden. Die Reformen der weiblichen Bildung brachten jene Pädagogen auf den Plan, die sich davon am meisten betroffen fühlten: Volks- und Mädchenschullehrer. An den >männerzentrierten< Knabenoberschulen war dagegen die Beschäftigungschance für Frauen deutlich geringer; ohnehin konnten sie erst Anfang des 20. Jahrhunderts das Oberlehrerinnenexamen ablegen, das für den Unterricht in den höheren Klassen qualifizierte. Auch in anderer Hinsicht sahen sich die Mädchenschullehrer gegenüber ihren Kollegen an den Knabenoberschulen in mehrfacher Weise diskriminiert. Trotz gleicher Vorbildung blieben ihre Einkommensverhältnisse und Aufstiegschancen deutlich zurück, und auch das gesellschaftliche Ansehen war geringer. Paradoxerweise hatten die Mädchenpädagogen die Aufwertung ihres Berufsstandes der Frauenbewegung zu verdanken: Erst als die preußischen Schulreform 1908 mit den Resten männlicher Bildungsprivilegien aufräumte und die Mädchen- der Jungenerziehung gleichstellte, wurde ihre Besoldung an die Einkünfte der Lehrkräfte an Knabenoberschulen angepaßt. 92 Im Gegensatz zu ihren Kollegen an den »höheren« Schulen - das Adjektiv bezog sich weniger auf die Anzahl der Klassenstufen als auf die Gesellschaftsschichten, denen Lehrer und Schüler entstammten - rechneten die Volksschullehrer nicht zum Bildungsbürgertum. Zumeist Söhne von ländlichen Handwerkern, Bauern oder kleinen Kaufleuten, hatten sie nach der Elementarschule ein Lehrerseminar besucht, mithin also keine akademische Bildung vorzuweisen. Die strikte Abschließung der »akademischen« gegen die »seminaristisch« gebildeten Lehrer hatte nicht nur bildungsbezogene, sondern stärker noch soziale Gründe. Daher waren Oberlehrer und »seminaristische« Lehrer selbst dann in getrennten Verbänden organisiert, wenn sie an der gleichen Schule unterrichteten. U m so empfindlicher reagierten die Elementarlehrer auf die Absolventinnen der Lehrerinnenseminare. In ihnen erwuchs den Pädagogen nicht nur unliebsame Berufskonkurrenz, sondern sie fühlten sich den »Fräulein«, die der Herkunft nach meist aus dem mittleren und gehobenen Bürgertum kamen, auch sozial unterlegen. 93 Die Verquickung von Geschlechter- und Klassenkonflikten bewirkte, daß die Standesvertretung der Völksschulpäd54

agogen als erste Lehrerorganisation schon 1880 gegen die Beschäftigung von Frauen protestierte. 94 Ende des 19. Jahrhunderts sorgten Leipziger Volksschullehrer flir Aufsehen, als sie versuchten, die Errichtung eines städtischen Lehrerinnenseminars zu blockieren. Sie argumentierten, daß Kindern im Zuge der Industrialisierung der väterliche Einfluß stärker fehle als der mütterliche; die Schule hätte dieses Manko auszugleichen und dürfe daher nur begrenzt Lehrerinnen beschäftigen. Der deutsche Lehrerverein, dem gut drei Viertel aller Volksschullehrer angehörten, 95 pflichtete dieser Sichtweise bei und erinnerte daran, »dass diejenigen deutschen Staaten, deren Schulwesen als ein besonders hochentwickeltes gilt, bisher die wenigsten weiblichen Lehrkräfte angestellt haben«. 96 Zahlreiche Autoren mühten sich, die geistige oder körperliche Unfähigkeit von Frauen zu den Anstrengungen des Lehrberuf nachzuweisen.97 Auch Minister Studt, Chef des preußischen Unterrichtswesens, machte sich diese Ansichten zu eigen und erklärte 1903: »Die Übelstände, die mit dem Lehrberuf durch die körperliche Verfassung der Lehrerinnen verbunden sind, sind bekannt; sie geben sich in der Statistik deutlich kund, die zahlenmäßig nachweist, daß der weibliche Körper den Anstrengungen des Lehrerberufs weniger gewachsen ist als der männliche. Gegenüber den zum Teil auch körperlichen Anstrengungen scheint in dem weiblichen Körper eine geringere Widerstandsfähigkeit vorhanden zu sein. Die Lehrerinnen sind anscheinend namendich auch weniger widerstandsfähig gegen die schlechte Luft, die sich in den Klassenzimmern entwickelt. Wie Ärzte ihnen bestätigen können, erträgt der männliche Körper die schlechte Luftbeschaffenheit viel besser als der weibliche.« 98

Arbeiten, welche die bessere pädagogische Eignung von Männern herausstellten, wurden von der Wiener Pestalozzi-Stiftung sogar preisgekrönt.99 Die »Lehrerinnenfrage« traf den Nerv einer Nation, die der Schule eine zentrale Rolle bei der Vermittlung politischer und sozialer Normen zumaß.100 Weil die geschlechtsspezifische Aufgabenteilung in eine männliche Produktions- und eine weibliche Reproduktionssphäre die Grundlage der Gesellschaftsordnung bildete, konnte es nicht gleichgültig sein, ob ein Mann oder eine Frau die Klasse unterrichtete. Nur indem die Lehrerin ihrer weiblichen Sexualität - im Rahmen der gängigen Sexualmoral symbolisiert durch die Verehelichung - entsagte, konnte sie als Nicht-Frau und vorgebliche Ausnahmeerscheinung in ein System integriert werden, das fur Mädchen das Erziehungsziel Ehefrau und Mutter vorgab. Die Erfolge, welche die Frauenbewegung auf dem Bildungssektor errang, waren vielfach an die Verleugnung von Weiblichkeit gekoppelt. Da nach der Revolution von 1918/19 auch die neuen Repräsentanten des politischen Systems die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung nicht in Frage stellten, war es kein Zufall, daß das »Lehrerinnenzölibat« das Kaiserreich überdauerte. 101 55

In dem Maße, wie sich in der von Frauenorganisationen angeregten Bildungsreform Erfolge abzeichneten, schlug die standespolitisch motivierte Abwehrhaltung der Pädagogen in offenen Antifeminismus um. Beim Deutschen Lehrertag 1906 in München wurden heftige Angriffe auf die Frauenbewegung laut, die man für die »dramatische« Zunahme der Volksschullehrerinnen verantwortlich machte.102 Tatsächlich stellten Frauen um 1905 in Preußen und Bayern gerade einmal 15 bzw. 18 Prozent der Kollegien; ihr Anteil in den meisten anderen deutschen Staaten lag um 10 Prozent oder noch darunter.103 In den Folgejahren politisierte sich auch die Lehrerschaft an weiterfuhrenden Schulen. War vorher die Mädchenbildungs- und Lehrerinnenfrage ignoriert oder allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Besoldung von Mädchenschulpädagogen erwähnt worden, 104 mühte man sich nun, nachdem staatlich geprüfte Oberlehrerinnen erstmals in nennenswerter Zahl auftraten, die mangelnde Qualifikation der weiblichen Kolleginnen nachzuweisen und ihren Ausschluß aus den Männerverbänden zu begründen.105 Einen wesentlichen Anteil an der zunehmenden Politisierung der Lehrerschaft hatte die Diskussion um die >weibliche Leitung öffentlicher höherer MädchenschulenMannesstolz< nicht weit her. Nur allzu häufig finden sich in den Verbandsblättern Klagen über die rigide schulische Hierarchie: »Die Dienstzeit der Probekandidaten, Seminaristen und wissenschaftlichen Hilfslehrer, die einem Direktor mit Haut und Haar verschrieben werden, der durch ein

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ungünstiges Zeugnis die Zukunft der jungen Leute zerstören kann, ist aber wenig geeignet Männerstolz vor Direktorenthronen zu wecken, wenig geeignet, eine Weitere, starke, überlegene Männlichkeit heranzubilden, die der Jugend als Vorbild vorleben soll. Den meisten ist das Rückgrad gründlich gebrochen, ehe sie ins Amt kommen.«123 Männlichkeit war in der wilhelminischen Gesellschaft ein wichtiger Wert, in dessen Namen sich heftige Kritik üben ließ. Wenn auch das Argument der Manneswürde, das die Lehrer im Streit um die weibliche Schulleitung vorbrachten, schon von den Vertreterinnen der Frauenbewegung belächelt wurde, offenbart sich darin doch der Konflikt zwischen dem männlichbürgerlichen Ideal der selbständigen Persönlichkeit und einem Berufsalltag, der auf Hierarchie und Unterordnung gegründet war. Der Widerspruch ließ sich durch die Versprechung späterer Kompensation in einem geregelten System des >Hinaufdienens< einigermaßen bewältigen, und auch die scheinbare Egalität der Männer als Staatsbürger und Krieger machte die Unterordnung offensichtlich erträglicher. 124 Dieses ausbalancierte System von Herrschaft und Unterwerfung wurde durch eine Frau mit Weisungsbefugnis nachhaltig gestört. Gleichzeitig stellte eine weibliche Vorgesetzte das Leitbild männlicher Autarkie in Frage und rückte den männlichen Untergebenen in die Nähe eines Pantoffelhelden. Tatsächlich konnte man in Tageszeitungen zum Thema Frauen in Führungspositionen lesen: »Der vollwertige Mann wird sich immer gedrückt und beschämt fühlen, eine Frau über sich zu sehen. Des Mannes überkommene Aufgabe ist der Schutz der Frau, aber nicht bei der Frau Schutz zu suchen.« 125 Nicht ganz zu unrecht bemerkte das Verbandsblatt der Mädchenschullehrer daher: »Männer, die unter der Leitung einer Frau stehen, werden nicht als vollwertig angesehen.« 126 Der Unmut der Lehrer brach sich Anfang 1 9 1 0 Bahn in einer von Ludwig Langemann initiierten großangelegten Petition an beide Häuser des preußischen Landtags, der im Jahr zuvor bereits die Koedukationswünsche einiger Frauenverbände abgelehnt hatte. 127 Trotz publizistischer Unterstützung durch chrisdich-orthodoxe Kreise128 war der Bittschrift jedoch wenig Erfolg beschieden. Das Herrenhaus behandelte die Eingabe zwar, zog daraus jedoch keine Konsequenzen. Die Unterrichtskommission des Abgeordnetenhauses ging zur Tagesordnung über, 129 obwohl den Parlamentariern 4 1 6 Unterschriftenlisten aus 9 6 Städten zugegangen waren, in denen gegen das weibliche Direktorat protestiert wurde. 130 Auch eine erneute Petition im darauffolgenden Jahr, die nach Langemanns Angaben 2 4 . 0 0 0 Lehrer unterzeichnet hatten, brachte keine anderen Ergebnisse. 131 Selbst beim Verbandstag der akademisch gebildeten Lehrer konnte sich die Forderung nach einer Verurteilung des weiblichen Direktorats nicht durchsetzen. 132 Immerhin hatten die Lehrerverbände bereits im Zuge der preußischen

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Mädchenschulreform 1908 eine Verfügung erreicht, nach der die Zahl der Lehrerinnen in Mädchenklassen nicht über zwei Drittel, in Jungenklassen nicht über ein Drittel der Lehrkräfte steigen durfte. Diese Quote wurde während des Weltkrieges auch auf die Volksschulen ausgedehnt, außerhalb der großen Städte jedoch ohnehin meist deutlich unterschritten. 133 Für Ludwig Langemann wie für viele seiner Kollegen reichte die Bedeutung des Konflikts zwischen Lehrern und Lehrerinnen weit über die Standespolitik hinaus. Für ihn handelte es sich um die »Frage, ob der Staat die Hand dazu bieten soll, den Frauen den Eintritt in die Beamtenhierarchie offiziell freizugeben, ob der Feminismus, der so wie so schon die politischen Parteien, die Presse und das Publikum beherrscht, nun auch zu einer öffentlich anerkannten Macht werden soll«.134 Unter Rückgriff auf eine Formulierung des Wiener Ariosophen Jörg Lanz von Liebenfels in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift »Ostara«, der »Bücherei der Blonden und Mannesrechtier«, malte Langemann dem zeitungslesenden Publikum das Leben der Männer in einem von Frauen mitgetragenen Staat als »Fegefeuer auf Erden« aus.135 Als einzig wirksames Mittel gegen die »so eilig fortschreitende Politisierung der deutschen Frauen« erschien dem Oberlehrer in Zeiten, »wo nur die von großen Organisationen getragenen Ideen sich im Staatsleben Geltung verschaffen können«, eine »Gegenorganisation der Mütter und Väter«, wie sie unter der Leitung von Langemanns Weimarer Kollegen Friedrich Sigismund im Mai 1912 mit dem Deutschen Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation ins Leben trat.136

2.4. In Furcht um Führungspositionen und »alle Lebensgewohnheiten« : Studentenvereinigungen Sofern die Lehrer als Studenten einer akademischen Verbindung oder Burschenschaft angehört hatten, waren sie bereits dort in Kontakt mit frauenfeindlichen und antifeministischen Haltungen gekommen. Die Burschenschaften wie auch die im Kyffhäuser-Verband zusammengeschlossenen Vereine Deutscher Studenten (VDSt) beobachteten sorgenvoll die wachsende Zahl der Studentinnen an deutschen Hochschulen. In schöner Regelmäßigkeit vermeldeten die Verbandsblätter bereits vor, verstärkt aber nach der preußischen Schul- und Universitätsreform das »schrittweise Eindringen der Frau in alle akademischen Berufe« und beklagten die Verschärfung der Berufskonkurrenz für die männlichen Bewerber.137 Die Erteilung der Lehrerlaubnis an eine Frau, gleich von welcher Universität, war gleichfalls eine Mitteilung wert.138 Wo sie Anhaltspunkte fanden, zogen die Studentenzeitschriften ebenso wie die Organe der Lehrerverbände Leistungsfähigkeit und 59

Arbeitsweise ausgebildeter Akademikerinnen in Zweifel und legten die Vermutung nahe, es gäbe eine grundsätzliche Minderbegabung des weiblichen Geschlechts.139 Wiewohl die studentische Opposition standespolitisch motiviert war, widmeten die Vereinigungen neben dem Frauenstudium auch anderen Aspekten der >Frauenfrage< ihre Aufmerksamkeit. Die »Burschenschaftlichen Blätter« bedachten die Arbeit des Vaterländischen Frauenvereins und des kolonialen Frauenbundes mit Lob, schwiegen sich über Zusammenschlüsse mit stärker emanzipatorischem Charakter aber aus. Dem Kyffhäuserverband dagegen machten Bildungs- und Vereinsreformen die Frauenbewegung zum ernstzunehmenden Gegner. Noch bevor die Gesetze endgültig verabschiedet waren, fühlte sich der Danziger Kriegsgerichtsrat Eisner von Gronow bemüßigt, der Frauenbewegung in den »Akademischen Blättern« ein energisches »Halt« zuzurufen. Mochte er moderate Bestrebungen zur Lösung der sozialen >Frauenfrage< durch die Erweiterung typischer Frauenberufe noch zugestehen, so verurteilte er im Namen der Natur den »Ansturm extremer Elemente«, die auf die »völlige Gleichberechtigung der Geschlechter« abzielten. Was der Alte Herr als Erfordernis der »Natur« ausgab, entsprach freilich den kaum verhüllten Interessen der Männerwelt. Der Mann, schrieb der Adelige in völkischem Duktus und verallgemeinerndem Singular, sei in der deutschen Geschichte stets der »Leiter des Volkstums« und der »Volksgenossen« gewesen und denke daher nicht daran, die aus dieser Position erwachsenen Privilegien an Frauen abzutreten. Insonderheit müßten »Heeres-, Richter-, Diplomaten- und Verwaltungsdienst« Männern vorbehalten bleiben, hoch dotierte und angesehene obrigkeitliche Funktionen mithin, in die aufzurücken wie der Autor selbst die Jungakademiker aus dem Adel und gehobenen Bürgertum bestrebt waren. Jedoch nicht nur die Geschlechterhierarchie des öffentlichen Lebens, sondern auch die in der Ehe symbolisierte Behaglichkeit des Privatlebens erschien durch die Frauenemanzipation bedroht: »Wir Männer haben uns daran gewöhnt, nach des Lebens Sturm und Drang,..., in dem Glück der Ehe den Friedenshafen zu erblicken.... Wir wollen keine Kampfesnaturen dort neben uns haben, wo wir von den Mühen des Tages auszuruhen begehren, wo wir das Echo unseres Herzens finden ... wollen«.140

Der Danziger Kriegsgerichtsrat reduzierte die mögliche Vielfalt weiblicher Lebensentwürfe nicht nur auf die Ehe, sondern beschränkte die Handlungsmöglichkeiten der verheirateten Frau darüber hinaus auf die umfassende körperliche und geistig-seelische Reproduktion des Ehegatten, dem sie nicht als selbständige Persönlichkeit, sondern als bloßes »Echo« seiner selbst gegenübertrat. Eine Bewegung, die auf die Stärkung des weiblichen Selbst60

bewußtseins abzielte, geriet mit dieser ultimativ geforderten Selbstlosigkeit zwangsläufig in Konflikt. Eisner von Gronow hatte also allen Grund, den Staat, in dessen Namen er Recht sprach und mit dem ihn, wie er glaubte, die gleichen Interessen verbanden, zu Hilfe zu rufen, um der Frauenbewegung Einhalt zu gebieten. Auch nach 1908 widmete der Kyffhäuserverband der >Frauenfrage< seine Aufmerksamkeit. Die »Akademischen Blätter« rezensierten Werke aus dem Umkreis der Frauenbewegung und ihrer Gegner. Helene Lange mußte sich den Vorwurf »frauenrechtlerische(r) Halbdenkerwahrheiten« gefallen lassen, und Moebius< »Physiologischer Schwachsinn« erhielt - in einem wohl wegen der höheren Glaubwürdigkeit von einer Autorin unterzeichneten Beitrag - ausdrückliches Lob. 1 4 1 Das hinderte die Schriftleitung allerdings nicht daran, anläßlich der Gründung des Deutsch-Akademischen Frauenbundes einer Vertreterin der ideologisch ähnlich ausgerichteten Frauenverbindung einen Leitartikel einzuräumen, in dem auf der Grundlage einer vorausgesetzten Fundamentaldifferenz der Geschlechter Freiheit der Bildung und der Berufswahl fur Frauen gefordert, die Vereinbarkeit von Beruf und Mutterschaft jedoch bestritten wurde. 142 Zunehmend setzten sich die rund 5.000 im VDSt zusammengeschlossenen Studenten selbst mit dem Feminismus auseinander.143 Die Referate bei lokalen Vereinszusammenkünften galten nicht länger nur der Kolonialpolitik und Themen wie der »Rassenidee als Grundlage einer nationalen Weltanschauung« oder der »jüdischen Rasse in ihrem psychischen und moralischen Einfluß auf das deutsche Volk«. Seit dem Wintersemester 1 9 0 8 / 0 9 wurde das »Problem der Frauenbewegung«, die »Frauenerwerbsfrage« oder ganz allgemein die »Frauenfrage« an den einzelnen Hochschulorten erörtert, seit 1912 auch mit Blick auf das weibliche Stimmrecht. Auffällig viele dieser Vereinsabende fanden nach der Gründung des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation in Kiel statt, wo die antifeministische Liga eine rege Ortsgruppe unterhielt.144 Zwar wurde der Aufruf des Bundes nicht nachgedruckt, doch wiesen die »Akademischen Blätter« auf Julius Werners »markante« Monatsschrift »Glaube und Tat« hin, die seit 1913 als Mitteilungsblatt der Christlich-nationalen Gruppe im antifeministischen Bund fungierte. 145 Kein Wunder, gehörte Werner doch ebenso wie der antifeministische Leiter der »Politisch-anthropologischen Monatsschrift«, Otto Schmidt-Gibichenfels, zu den Gründungsmitgliedern des Kyffhäuserverbandes. 146 Gibichenfels war ebenso Mitglied im Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation wie der Berliner Professor Gustav Roethe. Der Germanist, Ehrenmitglied im Berliner VDSt, forderte unter dem Beifall »der übergroßen Mehrheit der männlichen Kommilitonen« Studentinnen noch lange nach der offiziellen Zulassung von Frauen zur Universität zum Verlassen seiner Vorlesungen auf. 147

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Hatten die »Akademischen Blätter« die lokalen Veranstaltungen zur Frauenfrage zuvor nur registriert, waren sie seit der Mitte des Jahres 1912 der Zentralredaktion plötzlich einen Bericht wert. Zwischen den Bundesbrüdern und den organisierten Studentinnen spielten sich auf lokaler Ebene zuweilen heftige Auseinandersetzungen um das Frauenstimmrecht ab,148 insbesondere dann, wenn es um die hochschulinterne Vertretung der Studierenden ging.149 Erst in der Weimarer Republik kam es zu einer regelmäßigen Zusammenarbeit zwischen den im Kyffhäuserverband zusammengeschlossenen Korporierten und ihren Schwestern im Geiste aus dem rechtsgerichteten Verband Akademischer Frauenvereine.150 Nachdem die Freistudentenschaft Frauen aufnahm und sich die Akademischen Frauenvereine am VDSt orientierten, begannen auch die Burschenschaften Ausschau nach kooperationsbereiten Studentinnenvereinigungen zu halten. »Die Studentin ist keine vorübergehende Erscheinung geblieben, sondern ein wichtiger Faktor des akademischen Lebens geworden«, mußten die »Burschenschaftlichen Blätter« im Kriegsjahr 1916 eingestehen und begründeten damit die Notwendigkeit, sich der Kommilitoninnen anzunehmen. Als Kooperationspartner schien sich der Verband der Studentinnenvereine Deutschlands anzubieten, die älteste Studentinnenorganisation, in der sich in den Anfangsjahren des Frauenstudiums die frauenbewegten Pionierinnen zusammengeschlossen hatten. Nachdem junge Frauen ohne Schwierigkeiten zu Abitur und Studium zugelassen wurden, geriet der als Kampfverband konzipierte Verein in eine Orientierungskrise, in der die Burschenschaften ihr Korporationsprinzip zur Sinnstiftung anboten. 151 Das Verbandsblatt nahm Neuigkeiten aus dem Verband der Studentinnenvereine in seine Hochschulnachrichten auf und vertrat nach der Novemberrevolution in seinen »Politischen Richtlinien« den Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter, zu dem auch die Vertretung der Frauen in der Nationalversammlung gehörte. 152 Freilich war es mit der Akzeptanz der Studentinnen nicht so weit her, wie die Leitsätze glauben machten. Nicht umsonst gab es immer wieder Klagen über das flegelhafte Benehmen der Studenten gegenüber ihren Kommilitoninnen. 153 Auch in anderer Hinsicht erfaßte der frauenfreundliche und demokratische Anstrich, den sich die Burschenschaften nach 1918 gaben, nur einen Teil der Wahrheit. Noch sechs Jahre zuvor hatten die »Burschenschaftlichen Blätter« den Gründungsaufruf des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation abgedruckt. 154 Seit dem Sommer 1912 machte sich das nationalistische und imperialistische Blatt Gedanken über Geburtenrückgang und Rassenhygiene.155 Der ehemalige Schriftleiter der Deutschen Burschenschaft, der alldeutsche Oberlehrer und Realschuldirektor Karl G. Hensing, saß sowohl im Vorstand als auch in der Geschäftsleitung des antifeministischen Verbandes.156 Andere Vorstandsmitglieder der antifeministi62

sehen Liga kamen in den »Burschenschaftlichen Blättern« ebenfalls zu Wort, behandelten allerdings nicht die >FrauenfrageMännerberufen< zogen nicht nur Studenten und Lehrer, sondern auch Beamtenorganisationen und Angestelltenverbände zu Felde. Auch hier äußerte sich die Abneigung gegen Frauenemanzipation und Frauenbewegung um so stärker, je mehr sich die Vereinigungen zu einer nationalistischen oder gar deutschvölkischen Grundhaltung bekannten. Im Mittelpunkt der Kritik stand zunächst die Beschäftigung von Frauen im Dienst von Post und Bahn, später ganz allgemein die Frauenarbeit im Büro. Zur sozialen Absicherung alleinstehender Frauen hatte die landesmütterliche Fürsorgepolitik der badischen Großherzogin Luise schon seit 1864 die Anstellung von Frauen in Telegraphenämtern forciert, wo die Geschäftsdepesche während der Hochindustrialisierung zum unentbehrlichen Kommunikationsmittel der expandierenden Wirtschaft geworden war. Die Ausweitung der Telekommunikation ging einher mit einer wachsenden Nachfrage nach Arbeitsplätzen für Frauen aus den unteren bürgerlichen Schichten, für die Fabrikarbeit und häufig auch die Tätigkeit als Verkäuferin aus Gründen des Sozialprestiges nicht in Frage kam. In Baden waren sich Regierung sowie Vertreter der Industrie- und Handelskammer einig in dem Bestreben, die Ausbildungschancen für junge Frauen zu verbessern. Noch bevor der Berliner Lette-Verein seine Arbeit aufnahm, wurden schon 1865 Buchhaltungskurse für Frauen organisiert, und bald darauf gingen die badischen Post-, Telegraphen- und Eisenbahnämter dazu über, Frauen in erweitertem Umfang als Gehilfinnen anzustellen.161 Der Übergang der badischen Verkehrsbetriebe an das Reich 1871 stoppte diesen Trend. Wie schon im Norddeutschen Bund sah das Reglement der Reichspost nur die Anstellung von Männern vor. Besonders das sogenannte »Militäranwärterwesen« wurde für Frauen zum Beschäftigungshindernis. In preußischer Tradition garantierte die Heeresverwaltung ausgedienten oder invaliden Zeitsoldaten und Unteroffizieren die Übernahme in die mittlere Beamtenlaufbahn. Während in Baden und anderen süddeutschen Staaten die Telegraphentechnik Frauenarbeitsplätze schuf, war der Telegraphendienst im Norddeutschen Bund eine Domäne abgemusterter Militärpersonen, und die Militärlobby setzte dieses Quasi-Monopol auch im Kaiserreich durch.162 Allerdings erwiesen sich die Militäranwärter gegen Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend als problematisches Rekrutierungspotential für die zivilen Behörden. Zum einen nahm ihre Zahl durch die starke Aufrüstung des Deutschen Reiches stetig zu. Allein im Bund Deutscher Militäranwärter der dem antifeministischen Bund korporativ angehörte - waren 1912 rund

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73.000 Mitglieder in 710 Vereinen zusammengeschlossen.163 Zum anderen klaffte zwischen ihrer Ausbildung - in der Regel Volksschulabschluß und zwölf Jahre Soldatendasein - und den im Zuge des Ausbaus zum Wohlfahrtsstaat gestiegenen berufsfachlichen Anforderungen der Verwaltungen eine immer größere Lücke.164 Die ausgedienten Unteroffiziere belasteten die behördlichen Arbeitgeber durch einen Mangel an Flexibilität, Bildung und bürgerlichen Umgangsformen bei gleichzeitig hohen Kosten für Festanstellung und Pensionsberechtigung. Diese Nachteile mochten den kaiserlichen Generalpostmeister Heinrich von Stephan dazu bewogen haben, bei der Einfuhrung und Durchsetzung des Telefons seit den 1880er Jahren daraufhinzuarbeiten, die Suprematie des Militärs über die Nachrichtentechnik zu brechen.165 Unter dem Druck knapper Finanzen ließen sich durch die Einstellung von Frauen mehrere Probleme zugleich lösen. Um die Akzeptanz des neuen Kommunikationsmittels im zukunftsträchtigen Markt der Privatkunden zu erhöhen, bedurfte es eines geschickten Vermittlungspersonals, das die bürgerlichen Umgangsformen und gegebenenfalls auch Fremdsprachen beherrschte. Militäranwärter und untere Zivilbeamte kamen aufgrund ihrer mangelnden Vorbildung für diese Position nicht in Frage. Geeignete Bewerber aus dem mittleren Dienst waren dagegen teuer und als (angehende) Familienväter örtlich weniger flexibel als die etwa gleich qualifizierten unverheirateten Töchter aus derselben sozialen Schicht, die reihenweise um Arbeit nachfragten. Zudem ließen sich männliche Beamte, da unkündbar, nicht als beliebige Manövriermasse benutzen, falls sich das Geschäft mit dem neuen Medium weniger gut entwickeln sollte als geplant. Indem von Stephan die vorgeblich >natürliche< Eignung von Frauen fur den Telefondienst wegen ihrer angeblich besser verständlichen Stimmlage postulierte und gleichzeitig ihre mangelnde Verwendbarkeit im Telegraphenamt betonte, schuf er bei der Reichspost einen nach Geschlechtern segregierten Arbeitsmarkt. So konnte er sich zum Ausbau des Telefonnetzes der billigeren, flexibleren und qualifizierteren weiblichen Arbeitskräfte bedienen, ohne sich der Kritik der Militärverwaltung auszusetzen. Auch den Vorbehalten konservativer Postdirektoren und männlicher Interessenorganisationen ließ sich mit Verweis auf die >natürlichen< Geschlechterunterschiede und ihre spezifischen Einsatzmöglichkeiten trefflich entgegentreten.166 In den Jahren vor der Jahrhundertwende wurden die Tätigkeitsgebiete für die zumeist aus dem unteren und mitderen Bürgertum stammenden Frauen auf Schreib- und Rechenarbeiten im Kanzleidienst und in nachgeordneten Stellungen auf Postämtern ausgedehnt. Gleichzeitig ermöglichte eine Verordnung, die bisher sozial ungenügend abgesicherten Fernsprech-, Postund Telegraphengehilfinnen nach neunjähriger Bewährungsfrist etatsmäßig 65

als Beamtin anzustellen. Das >Beamtinnen-Zölibatgemäßigte< Frauenbewegung keinen Hehl machte. In Anlehnung an die Position Elisabeth Krukenbergs schlug sie vor, Frauen an wohlfahrtsstaatlichen Aufgaben zu beteiligen und die sozialen Frauenberufe attraktiver zu gestalten, um dadurch weiblicher Konkurrenz in >Männerberufen< Einhalt zu gebieten. 171 Daß die Beamtenzeitschrift nicht auf offene Konfrontation, sondern eher auf differenzierte Argumentation setzte, hatte mehrere Ursachen. Die Tradition des Verbandes Deutscher Beamten-Vereine als unpolitische Selbsthilfeorganisation verbot harsche Angriffe auf die staatlichen Arbeitgeber ebenso wie die Selbststilisierung der Organisation als unbedingt loyal und kaisertreu. 172 Zudem handelte es sich bei der »Frauenfrage« im öffentlichen Dienst 66

um ein Versorgungsproblem der Mittelschichten, von denen auch Beamte als Väter von Töchtern betroffen waren. Daneben mochte es keine geringe Rolle spielen, daß die Verbandsführung von höheren Beamten dominiert wurde, die keine unmittelbare Konkurrenz zu furchten hatten. Und schließlich war da noch die Inszenierung der Telefonvermittlung als Frauenberuf, die an die gültige Vorstellung von getrennten Geschlechtersphären anknüpfte. Daß sich die weibliche Stimme für den Telefondienst - und hier arbeiteten nächst den Lehrerinnen die meisten Frauen im öffendichen Dienst - in besonderer Weise eigne, bezweifelte inzwischen niemand mehr.173 Entsprechend wurde beim 21. Verbandstag der Antrag des Vereins der Geheimen Kanzleisekretäre glatt abgeschmettert, der zur Gegenwehr gegen die zunehmende Frauenarbeit aufgerufen hatte. Offenbar wurde die Beschäftigung von Frauen im Reichs- und Staatsdienst in der Bevölkerung von breiter Akzeptanz getragen. Zur Ablehnung des Antrags reichte die lapidare Bemerkung aus, Protest gegen die Einstellungspolitik »würde gehässig aussehen und die Beamten [in der Öffentlichkeit, U.P.] bloßstellen«.174 Am Vorabend des Ersten Weltkriegs spitzte sich der Konflikt zwischen Beamtenschaft und Staatsbehörden jedoch erneut zu. In einer Denkschrift legte die Postverwaltung 1912 Pläne zu einer Personalreform vor, die dezidiert davon ausging, mit der Ersetzung männlicher Beamter durch Gehilfinnen Einsparungen erzielen zu können. 175 Dieser Teil der Postreform stieß im Reichstag auf heftige Kritik, weniger in der politischen Mitte als an den Rändern. Friedrich Ebert sprach von einer »Lohndrückerei schlimmster Art« und forderte gleichen Lohn fur gleiche Arbeit, stillschweigend davon ausgehend, daß von einer Angleichung der Tarife - aufgrund der gängigen Vorbehalte Frauen gegenüber - Männer profitieren würden. 176 Während der Vertreter der Deutsch-Konservativen vor abnehmenden Eheschließungen infolge weiblicher Berufskonkurrenz warnte, zogen die Antisemiten im Verein mit der elsaß-lothringischen Regionalpartei die körperliche und charakterliche Eignung der weiblichen Postangestellten in Zweifel.177 Der Sprecher der antisemitischen Wirtschaftlichen Vereinigung sah in der Beschäftigung von Frauen im Staatsdienst gar ein »Problem unseres Militärstaates und damit auch ein Problem unseres Staatsganzen«. Wenn die Aussichten der Militäranwärter auf eine gutdotierte Zivilversorgung nach ihrem Abschied vom Heer sänken, würde es, glaubte er, »keinem Menschen mehr einfallen, Unteroffizier zu werden«. Vor allem aber war ihm - und darin folgte ihm die Deutsch-Konservative Partei später178 - jene Bestimmung ein Dorn im Auge, nach der Frauen zumindest theoretisch zu Vorgesetzten von Männern avancieren konnten. 179 Ähnlich wie im Fall der Lehrerschaft gingen Konkurrenzfurcht und der Wunsch nach Festschreibung männlicher Dominanz eine enge Verbindung ein. Tatsächlich hatte die Reichspost bereits seit Ende 1911 zahlreiche Frauen 67

als Schreibkräfte und in untergeordneten Verwaltungspositionen eingestellt. Zwischen 1911 und 1914 stieg die Zahl der Gehilfinnen auf den dafür in Frage kommenden Postämtern um rund das Fünffache. Gleichzeitig formierten sich mit Erlaubnis der Behörden aus bereits bestehenden regionalen Zusammenschlüssen die Reichsverbände der weiblichen Beschäftigten bei Post und Bahn.180 Der Berufsverband der betroffenen Beamten reagierte auf die zunehmende weibliche Konkurrenz mit heftiger Gegenwehr. Die »Deutsche Postzeitung«, das Organ der mittleren Reichs- , Post- und Telegraphenbeamten, hatte sich bereits 1911 mit der >Frauenfrage< in der Postverwaltung beschäftigt und dabei jene Argumente angeführt, die den Kritikern im Reichstag später als Stichworte dienten: die »größere physische Schwäche des Weibes«, die Verhinderung von Familiengründungen und das Problem der Versorgung ausgedienter Unteroffiziere. 181 Auf dem Gauverbandstag 1912 war die Personalpolitik der Post das beherrschende Thema, und wie im Verbandsblatt bemühten sich die Funktionäre auch hier darum zu zeigen, daß weibliche Mitarbeiter infolge ihrer vorgeblich geringeren Leistungsfähigkeit und eingeschränkten Verwendbarkeit den Staat nicht billiger, sondern letztlich teurer zu stehen kämen.182 Hinter den Angriffen auf die Kolleginnen verbarg sich freilich nicht nur die Furcht vor der rein zahlenmäßigen Konkurrenz, sondern - ähnlich wie bei den Volksschullehrern - auch ein Statusproblem. Vielfach brachten die weiblichen Postbediensteten eine bessere Schulbildung mit als die männlichen Beamten und wurden daher, wie sich die »Deutsche Postzeitung« beklagte, »von der Verwaltung noch zuviel als Dame denn als Angestellte angesehen«.183 Der Unmut über die Ungleichbehandlung verschärfte sich noch, als Frauen auf den Postämtern dritter Klasse zu Vorgesetzen von Unterbeamten avancieren konnten. Einer Frau unterstellt zu sein, vertrug sich offenbar nur schwer mit dem Selbstbild des wilhelminischen Beamten, und die Berichte lassen erahnen, daß es nicht selten disziplinarische Schwierigkeiten gab.184 Dazu kam, daß viele Beamte sich durch die behördlichen Rationalisierungsund Umstrukturierungsmaßnahmen in ihrem »Ehrgefühl«185 verletzt fühlten und an einem vorindustriell geprägten Begriff des Staatsbeamtentums festhielten, der eine staatlich garantierte auskömmliche Lebensführung als Gegenleistung für unbedingte Loyalität betrachtete. Deshalb bestanden sie auf der Besoldung nicht nach der Maßgabe von Leistung, sondern nach den Prinzipien von Bedürfnis und sozialer Stellung, nicht zuletzt auch nach dem Familienstand. Die real sinkende Kaufkraft der Beamtengehälter konnte die standesgemäße Lebensweise freilich vielfach nicht mehr garantieren. Als Sinnbild des sozialen Abstiegs malte die »Deutsche Postzeitung« das Schrekkensbild der zur Berufstätigkeit gezwungenen Beamten-Ehefrau in den schwärzesten Farben aus.186 Die von ökonomischen Zwängen freigestellte 68

Frau und Mutter galt als Inbegriff von Bürgerlichkeit. Konnte diese Lebensform nicht mehr aufrecht erhalten werden, sank nicht nur das soziale Ansehen der Familie. Auch die Ernährerrolle des Familienvaters und damit die ökonomische Basis männlicher Autorität im Familienverband geriet in Gefahr. Nach dem Maßstab bürgerlicher Auskömmlichkeit erschien vielen Beamten das als Familienlohn betrachtete Männergehalt zu gering - vor allem, wenn sie es mit der Entlohnung der zwangsweise unverheirateten weiblichen Staatsbediensteten verglichen. Vor diesem Hintergrund betrachteten sie noch die deutlich geringeren Frauenlöhne bei der Post als viel zu hoch eine angebliche Bevorzugung, die das Standesorgan den weiblichen Kollegen in Mark und Pfennig vorrechnete. 187 Drehte sich der Konflikt letztlich auch um den Übergang von der statuszur leistungsgerechten Bezahlung sowie um die Durchsetzung marktwirtschaftlicher Methoden und Rationalisierungsmaßnahmen, so machten ihn die Postbeamten doch an der - gegenüber anonymen Prozessen weitaus leichter faßbaren - Konkurrenz der weiblichen Angestellten fest. Kein Wunder also, daß die organisierte Postbeamtenschaft empfänglich fur frauenfeindliche Polemik wurde und spätestens 1913 Beziehungen zum antifeministischen Bund anknüpfte. 188 Die Postreform machte exemplarisch deudich, daß die behördlichen Arbeitgeber den Staatsdienst nicht länger als männliches Monopol zu betrachten geneigt waren. Hatten die Telefonistinnen ein noch unbesetztes Feld widerstandslos erobert, konnte man im Fall der Lehrerinnen darauf verweisen, daß sie in erster Linie an den von Männern wenig geschätzten Mädchenschulen unterrichteten - an den Kalkulationen der Postverwaltung zeigte sich, daß auch ein Staatsbetrieb seine Einstellungspraxis nicht an standespolitischen Grundsätzen, sondern nach finanziellen Gesichtspunkten ausrichtete.189 Diese Erfahrung dürfte viele Beamte nachhaltig verunsichert haben. Nachdem der Staat viele Jahre lang die Entstehung von Interessenvertretungen der männlichen Beamtenschaft zu verhindern gesucht hatte, mußte die vergleichsweise rasche Sanktionierung weiblicher Berufsverbände wie ein Affront erscheinen. Vater Staat war dabei, so schien es, seine gehätschelten Söhne mehr und mehr wie Stiefkinder zu behandeln. Zu diesem Eindruck trug die Beförderungsmisere der mittleren Beamten - die Verwaltung ließ mehr und mehr Bewerber um immer weniger Aufstiegspositionen konkurrieren190 - ebenso bei wie der Rückgang der Realeinkommen in allen Gehaltsklassen. Die Löhne der Arbeiter stiegen stärker als die Einkünfte der Unterbeamten, deren Furcht vor Proletarisierung sich stetig vergrößerte. Aber auch die mittleren, sogar die höheren Beamten zählten längst nicht mehr, wie noch im 19. Jahrhundert, zu den bestbezahlten Arbeitskräften. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs verfugte ein noch nicht festangestellter 69

Assessor über kaum mehr Kaufkraft als ein Friseurgeselle. Die Unzufriedenheit insbesondere der unteren und mittleren Beamtenschaft schlug sich in der Entstehung zahlreicher Fach- und Interessenverbände nieder, und 1912 gab selbst der Verband Deutscher Beamten-Vereine auf Druck der Basis seine traditionelle interessenpolitische Zurückhaltung auf.191 Die Umorientierung im Verband Deutscher Beamten-Vereine war mit heftigen Flügelkämpfen verbunden. In deren Gefolge trennte sich der Verband von seinem bisherigen Organ und gab seit 1912 die »Deutsche Beamten-Rundschau« heraus.192 Die traditionsreiche »Monatsschrift fur Deutsche Beamte« versuchte, sich unter neuer Leitung als Konkurrenzblatt zu etablieren193 und schrieb dazu den Kampf gegen die Beschäftigung von Frauen im öffentlichen Dienst auf ihre Fahnen. Frauenfeindlichkeit und Antifeminismus sollten das Blatt offenbar vor allem für die mittleren und unteren Beamten attraktiv machen und als Kitt zwischen den divergenten Interessen einer Beamtenschaft dienen, die entgegen dem Selbstverständnis vom vormodernen Stand längst in unterschiedliche Berufsrollen und -fraktionen aufgespalten war. Noch Ende 1911 hatte die »Monatsschrift für Deutsche Beamte« einen Artikel gegen die weibliche Leitung öffentlicher Schulen aus »beteiligten Kreisen« - gemeint waren damit wohl Ludwig Langemann und seine Mitstreiter - zwar aufgenommen, sich aber gleichzeitig davon distanziert. In einer Anmerkung hatte die Redaktion auf die geringe Zahl der Direktorinnen hingewiesen und die Initiatoren damit indirekt der Übertreibung bezichtigt.194 Nach der Neuorganisation der Zeitschrift häuften sich dagegen die Artikel, die von einer »Invasion der Frauen in Männerberufe« 195 sprachen und die Frauenbewegung dafür verantwordich machten. Schon 115 Oberlehrerinnen unter den fast 4.000 auf Anstellung wartenden Kandidaten genügten, um die männliche Beamtenschaft in Panik zu versetzen.196 Während sich die Verfasser alle Mühe gaben, die Unentbehrlichkeit männlicher Beamter für den Staatsdienst zu belegen, attestierten sie ihren Kolleginnen geistige Minderbefahigung, hohe Krankheitsanfälligkeit und mangelnde charakterliche Eignung - nicht als Einzelpersonen, sondern infolge ihrer Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht.197 Mit Blick auf den vieldiskutierten >Geburtenrückgang< orteten die Autoren die Ursache für das hohe Heiratsalter und die aktenkundig geringe Kinderzahl der Staatsdiener in der Verdrängung der Männer durch weibliche Konkurrenz. Infolge der Beschäftigung von Frauen gingen die gutdotierten Beamtenstellen zurück; die schlechten Berufsaussichten machten es Männern unmöglich, in jungen Jahren eine Familie zu gründen und dort, so der unausgesprochene Gang der Argumentation, auf gesellschaftlich akzeptierte Weise ihre sexuellen Bedürfnisse auszuleben. In dieser Sichtweise gefährdete die Frauenbewegung gar die »sittliche Grundlage der deutschen Nation«. 198 70

Strukturelle sozialökonomische Verschiebungen und komplexe Zusammenhänge wurden so auf ein einfaches Muster reduziert, mit dem sich trefflich Politik und Propaganda machen ließ. Die Frauenbewegung war schuld - dieses Postulat enthob jenen Teil der Beamtenschaft, der sich betont national gab und sich nur zu gern zur Stütze des Staates stilisierte, des Konflikts mit dem behördlichen Arbeitgeber.199 Schützenhilfe bei ihrem Feldzug gegen die »Feminisierung des deutschen Beamtentums« erhielten die Staatsdiener vom Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation. Friedrich Sigismund, Mitbegründer der antifeministischen Liga, brachte es auf den Punkt: »>Frau< und >Beamter< sind innere Widersprüche.« Deshalb warb der Weimarer Oberlehrer nicht nur unter seinen unmittelbaren Berufskollegen, sondern auch im »Monatsblatt für deutsche Beamte« eifrig um Unterstützung. 200 Auch eine Antifeministin aus dem Vorstand kam in dem Beamtenblatt zu Wort.201 Der neue Herausgeber, der Breslauer Staatsrechder von Gerhardt, war seinen Lesern mit gutem Beispiel vorausgegangen: Er hatte bereits im Frühjahr 1912 den Gründungsaufruf der Emanzipationsgegner unterschrieben. 202

2.6. Antisemitische Antifeministen: D e r Deutschnationale Handlungsgehilfenverband Mehr noch als unter Lehrern, Beamten und Studenten traf frauenfeindliche und antifeministische Politik bei den kaufmännischen Angestellten auf breite Zustimmung. Das Handelsgewerbe hatte im Gefolge der Industriellen Revolution einen tiefgreifenden Strukturwandel erfahren: Die Expansion des tertiären Sektors ging einher mit der Herausbildung neuer Berufsbilder, einer Segmentierung des Arbeitsmarkts, Spezialisierung und Entindividualisierung der kaufmännisch-verwaltenden Tätigkeiten sowie einer verstärkten Hierarchisierung innerhalb der Angestelltenschaft. Aus dem Kaufmann im Wartestand wurde ein lohnabhängiger Angestellter, dessen Einkommen sich relativ zu anderen Berufen verschlechterte und das als Folge sinkender Aussicht auf Selbständigkeit zunehmend für eine ganze Familie ausreichen mußt e 203 Wiewohl durch die Umschichtungsprozesse auch qualifizierte Positionen entstanden, war die Mehrzahl der Handlungsgehilfen Ende des 19. Jahrhunderts »Handlanger des Unternehmerthums« 204 mit teilweise sehr schlechten Arbeitsbedingungen. 205 Gleichzeitig nahm die Zahl der weiblichen Angestellten enorm zu. Die Reichsstatistik von 1907 zählte viermal mehr männliche Kaufmannsgehilfen als 1882, während sich die Anzahl der weiblichen Beschäftigten versechsfacht hatte. Allerdings lag die >Frauenquote< der kaufmännischen Angestell71

ten mit rund 18,5 Prozent nur halb so hoch wie der Frauenanteil in der Arbeiterschaft. Anderen Berechnungen zufolge stellten Frauen mehr als ein Viertel der Beschäftigten im tertiären Sektor.206 Von der stürmischen industriellen Entwicklung, die zu einer Ausweitung der Bürotätigkeit in den Fabriken und einem ungekannten Aufschwung im Verkehrswesen führte, profitierten nicht alle Gesellschaftsschichten gleichermaßen. Trotz eines langfristigen Aufwärtstrends belasteten Deflation und Konjunkturstockungen in den Jahren nach 1873 besonders die ohnehin in heftigen Umschichtungsprozessen begriffenen unteren Schichten des Bürgertums, so daß sich nicht nur Arbeiter-, sondern auch Kleinbürgertöchter zur Aufnahme außerhäuslicher Erwerbsarbeit gezwungen sahen. Etwa gleichzeitig setzte in den deutschen Kontoren die Verbreitung von Büromaschinen nach amerikanischem Muster ein. Die Bedienung von Schreib- und Buchungs-, Vervielfältigungs- und Adressiermaschinen wurde von den männlichen Angestellten wenig geschätzt. Wegen des hohen Mechanisierungsgrades als wenig qualifizierte Hilfs- oder Anlerntätigkeit eingestuft und entsprechend schlecht entlohnt, rückte sie wohl auch wegen der damit verbundenen Schmutz- und Lärmbelästigung in die Nähe von Fabrikarbeit. Demgegenüber hielten die männlichen Angestellten an ihrer als >intellektuell< etikettierten >Kopfarbeit< fest. Die »männliche Maschinenverweigerung« (Christel Hess) eröffnete jungen Frauen im Zuge unternehmerischer Rationalisierungsstrategien eine neue Berufsperspektive, die freilich von hierarchischen Geschlechterverhältnissen geprägt war.207 Die männlichen Angestelltenorganisationen reagierten unterschiedlich auf diese Entwicklung. Während die meisten Verbände nach und nach von ihrem Widerstand gegen die Kolleginnen abrückten, 208 spielte der Kampf gegen die weibliche »Schmutzkonkurrenz« im Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband von Anfang an eine zentrale Rolle. Frauen und Juden war die Mitgliedschaft in dem »aus dem Antisemitismus heraus geboren(en)« Verein ausdrücklich verwehrt. 209 Damit waren jüdische Arbeitgeber aus einem Verband ausgeschlossen, der sich zur Abgrenzung von den sozialdemokratisch dominierten Gewerkschaften bürgerlich gerierte und grundsätzlich auch Prinzipale aufnahm. Angriffe, wie sie mit Vorliebe gegen jüdische Warenhausbesitzer vorgebracht wurden, kanalisierten und kaschierten daher wohl auch Konflikte zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, die mit Rücksicht auf die Selbststilisierung des Verbandes nicht offen artikuliert werden konnten. So gesehen, läßt sich die vehemente Kritik an der Frauenarbeit im Büro auch als verdeckter Angriff auf die Unternehmerseite interpretieren. Schon im Entstehungsjahr 1893 warnte der Vorsitzende des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes (DHV) vor den Auswirkungen weiblicher Konkurrenz, und das Gründungsstatut legte ihre Einschränkung als 72

Verbandsziel fest.210 Die Ablehnung weiblicher Erwerbstätigkeit außerhalb weniger definierter >Frauenberufe< war Bestandteil einer wirksamen Verschmelzung von effektiver Interessenvertretung und völkischer Ideologie und ein Grund für den beispiellosen Erfolg der Deutschnationalen Handlungsgehilfen, die am Vorabend des Ersten Weltkrieges rund 40 Prozent aller organisierten männlichen Angestellten zu ihren Mitgliedern zählten.211 Bis in die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts hinein stellte der Verband standespolitisch-ökonomische Argumente in den Vordergrund. Wiewohl sich die Ausdehnung der Frauenarbeit nicht auf Kosten der männlichen Beschäftigen vollzog, sondern aus der Ausweitung des tertiären Sektors mit erhöhter Nachfrage nach Arbeitskräften resultierte212 und selbst der DHV einräumen mußte, daß sich ein solcher Zusammenhang nicht beweisen ließ,213 war das Verbandsorgan »Deutsche Handels-Wacht« voll von Beispielgeschichten, in denen die Verdrängung von Männern durch billigere »Fräulein« geschildert wurde. 214 Daneben suchte der DHV in Leitartikeln und Vorträgen die lohnmindernde Wirkung der Frauenarbeit nachzuweisen215 und appellierte - ähnlich wie Ludwig Langemann im Fall der Lehrerschaft - an den >Männerstolz< der Handlungsgehilfen, indem er darauf hinwies, »wie unwürdig es für uns ist, uns von Frauen aus unserem Beruf verdrängen zu lassen«.216 Diese Verdrängungsthese zielte auf Deklassierungsängste ab, die, wie Zuschriften an die »Deutsche Handels-Wacht« zeigen, in der Angestelltenschaft tatsächlich verbreitet waren.217 Als Trägerinnen bürotechnischer Rationalisierung wurden die weiblichen Angestellten zur Projektionsfläche für Angst vor Arbeitsplatzverlust und gesellschaftlichem Abstieg. Andererseits läßt der Appell an den »Männerstolz« erkennen, daß der Verband jenseits der Berufskonkurrenz in der Tradition eines misogynen Geschlechtermodells stand, das Frauen geringschätzte und denjenigen mit Verachtung strafte, der sich mit ihnen auf eine Ebene stellte oder noch hinter ihnen zurückblieb. Entsprechend wurden politische Gegner mit Vorliebe des »weibische(n) Gezänk(s)« bezichtigt oder gleich als ganze Person in ihrer Geschlechtsidentität mit Begriffen wie »Männlein« oder »verweiblichte Führer« angegriffen.218 Nachdem die Berufszählung von 1898 einen erneuten Anstieg der Frauenarbeit im Handelsgewerbe erbracht hatte, erweiterte der Verband sein frauenfeindliches Repertoire: Die Szenarien passiver Bedrohtheit wurden um aktive Angriffe auf die weibliche Konkurrenz ergänzt. Die neue Strategie zielte darauf ab zu zeigen, daß Frauen - durchgängig geringer entlohnt keineswegs die billigeren Arbeitskräfte seien. Die Argumentationen, derer sich der Verband dabei bediente, knüpften an die weitverbreitete Auffassung an, daß Frauen gänzlich von ihrer Körperlichkeit okkupiert seien und insbesondere die weiblichen Sexualfunktionen eine Quelle fortgesetzter Beein73

trächtigung darstellten. Sich auf die Auslassungen bekannter Anthropologen und Mediziner berufend, zog der Verbandsvorsitzende Schack eine scharfe Trennlinie zwischen den Geschlechtern und behauptete, »daß gerade unser Beruf dem Weibe als Geschlechtswesen verhängnisvoll wird«. 219 Durch die mehr oder minder eigenwillige Interpretation von Krankenkassenstatistiken suchte der D H V nachzuweisen, daß weibliche Angestellte neben Verdauungs- und Entwicklungsstörungen vornehmlich Erkrankungen des Nervensystems und der Geschlechtsorgane riskierten, letztere mit der Folge häufiger Frühgeburten, über die wohlgemerkt nicht die Frauen selbst, sondern »besonders die Männer ehemaliger Handlungsgehilfinnen zu klagen« hätten. 220 Daß der Verband die angeblichen Schädigungen der Gebärfähigkeit in den Vordergrund stellte, war nicht zuletzt seiner völkischnationalistischen Orientierung geschuldet, in der die Reproduktionsfähigkeit der Frauen über die Frage nach dem >Fortbestand unseres Volkes< zum Politikum wurde. Die Behauptungen des D H V wurden von dem Urteil medizinischer Experten gestützt. Vor der Berliner Gesellschaft fur öffentliche Gesundheitspflege hatte der Arzt und Privatdozent Julius Heller 1 9 0 4 die Eignung von Frauen fur kaufmännische Berufe aus gesundheitlichen Gründen verneint und den häuslichen Dienst als Paradebeispiel einer medizinisch unbedenklichen und zur Ehe qualifizierenden Tätigkeit dagegen gestellt. Kein Wunder, daß der D H V diesen Vortrag umgehend als Broschüre über die hauseigene Verlagsbuchhandlung vertrieb. 221 Auch Tageszeitungen und die Zeitschrift der organisierten Privatbeamten beriefen sich nur zu gern auf die frauenfeindlichen Auslassungen des Berliner Arztes, der seine Ansichten auch in den Folgejahren vor etlichen medizinischen Gremien verbreitete. 222 Die von Medizinern und männlichen Berufsverbänden geschürten Vorurteile gegen erwerbstätige Frauen verfehlten ihre Wirkung auf die Einstellungspolitik im öffentlichen Dienst nicht: Der Staatssekretär im Reichspostamt wies die sächsischen Behörden an, aufgrund der Krankheitsanfälligkeit weniger weibliches Personal einzustellen. 223 Die Krankheitsursachen lagen, so suggerierten ärztlichen Studien, in der defizitären weiblichen Psycho-Physiologie begründet: Menstruationsbeschwerden, Schwangerschaften, aber auch Hysterie und Nervosität, die als >typische Frauenleiden galten. Ähnlich argumentierte ein Referent auf dem Deutschen Naturforscher- und Ärztetag in Stuttgart, der einen Zusammenhang von Geschlechtsfunktion und Warenhausdiebstahl herzustellen suchte. Den Grund für die Tatsache, daß die Delikte fast ausschließlich von Frauen begangen worden seien, ortete er nicht in sozialen Verhältnissen, sondern in der weiblichen Sexualität: Die Diebinnen, so behauptete ein Dr. Gudden aus München, seien zum Tatzeitpunkt entweder schwanger gewesen, hätten unter Hysterie gelitten oder gerade ihre Menstruation gehabt. 224

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Solche Expertenurteile paßten ins Konzept des DHV, dem daran gelegen war, die sittlich-moralische Eignung von Frauen für kaufmännische Berufe in Frage zu stellen. Häufig kehrte er auch den Spieß um und machte sich in herablassend-patriarchaler Manier Gedanken über die »sittlichen Gefahren«, denen weibliche Angestellte an ihrer Arbeitsstelle ausgesetzt seien. Frauenfeindlichkeit verschränkte sich hier mit dem rigiden Antisemitismus der Deutschnationalen, denn angeblich ging die Gefahrdung in erster Linie von jüdischen Geschäftsinhabern und speziell von den - als jüdische Einrichtung apostrophierten - Warenhäusern aus. 1903 war von einer - so wörtlich - »Verjudung des Geschäftslebens« die Rede, und seit etwa 1906 mehrten sich Artikel wie dieser: »Tatsache dürfte sein, daß ein gewaltiger Prozentsatz derjenigen weiblichen Wesen, welche jetzt zur Nachtzeit die Straßen der Großstädte durchstreifen, Töchter anständiger bürgerlicher Eltern sind, aber das Unglück hatten, als junge und unerfahrene Dinger in das Geschäft eines Bornstein oder Bernstein hineinzugeraten.« 2 2 5

Die DHV-Forderung, Arbeitgebern, denen sexuelle Übergriffe gegen weibliches Personal nachgewiesen wurden, künftig die Einstellung von Frauen zu verbieten, hatte demnach nicht nur einen frauenfeindlichen, sondern auch einen antisemitischen Hintergrund: Sie zielte über die Ausschaltung weiblicher Konkurrenz hinaus auf die öffentliche Stigmatisierung jüdischer Geschäftsleute ab, die in der Phantasie der antisemitischen Skribenten allein für Sexualdelikte in Frage kamen. 226 Patriarchale Besorgnis legte der D H V auch dann an den Tag, wenn es darum ging, Frauen andere Berufsfelder vorzustellen, um den Druck auf das Handelsgewerbe zu vermindern. Die Versuche, die Öffentlichkeit auf Alternativen zur Erwerbstätigkeit im Handel aufmerksam zu machen, nahmen seit etwa 1905 auffällig zu. In diesen Jahren zeigte sich, daß die kaufmännischen Berufe auch für Frauen aus den unteren Gesellschaftsschichten immer mehr an Attraktivität gewannen. 227 Sie stellten durch ihre proletarische Herkunft das Selbstbild vom mittelständischen Charakter der Handelsberufe in Frage und schürten die ohnehin vorhandenen Deklassierungsängste. Darauf reagierte der D H V mit der Propagierung sogenannter »Familienberufe«, Tätigkeiten, die »den Charakter der persönlichen Fürsorge an sich tragen« und die sich im weitesten Sinn in Verbindung mit hausfraulichen oder mütterlichen Tätigkeiten bringen ließen.228 1905 richtete der Verband einen neuen Ausschuß ein, der sich ausschließlich mit der Bekämpfung der Frauenarbeit im Handelsgewerbe beschäftigte. Unter der Leitung von Richard Döring - später ein Funktionär der antifeministischen Liga - wurden nicht nur die DHV-Ortsgruppen zu Vorträgen über die Nachteile handelsgewerblicher Frauenarbeit angehalten, sondern auch Flugblätter und Broschüren verfaßt, welche die vermeindichen Vorzüge schlechtbezahlter

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und minderqualifizierter Berufe wie Dienstmädchen oder Blumenbinderin in den leuchtensten Farben schilderten.229 Die Broschüre »Was soll unsere Tochter werden« wurde durch die Vermittlung von Lehrern und Pfarrern rund 80.000 Mal an die Eltern von Volksschulabgängerinnen verteilt, die vor der Berufswahl standen.230 Die Propagierung schlechtbezahlter Frauenberufe war freilich keine Spezialität des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes. Selbst das liberale »Berliner Tageblatt« wollte die sonst so hochgeschätzte freie marktwirtschaftliche Konkurrenz dort eingeschränkt sehen, wo es sich um die Konkurrenz der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt handelte. Das Blatt forderte die Rückführung von Frauen aus »Männerberufen« in »speziell weibliche Berufe« und pries dabei eine Liste an, die sich von den Vorschlägen des DHV in nichts unterschied: hauswirtschaftliche Berufe, Krankenpflegerin, Hebamme, Gärtnerin, Garköchin, Schneiderin und Putzmacherin. 231 Der DHV ging darüber noch hinaus und forcierte mit Blick auf die bürgerlichen Schichten die Professionalisierung ehrenamtlicher Sozialarbeit zu sogenannten sozialen Frauenberufen im kirchlichen und kommunalen Kontext.232 Bereits 1905 hatte das Blatt die Leitsätze des antisemitischen Hofpredigers Adolf Stoecker zur kirchlichen Frauenarbeit wiedergegeben. 233 Daß Stöcker, dem der Verband über die Unterstützung der Deutsch-sozialen Partei verbunden war, in den abgedruckten Leitsätzen auch das kirchliche Frauenstimmrecht befürwortete, störte die Handelsgehilfen damals noch nicht. Sie widmeten ihre Aufmerksamkeit allenfalls dem Stimmrecht von Frauen bei Wahlen zu Kaufmannsgerichten. 234 Ihr Engagement war auf die Beschränkung der handelsgewerblichen Frauenarbeit ausgerichtet; eine grundsätzlich antifeministische Wendung im Sinn einer Opposition gegen die Frauenbewegung hatte der Verband zu diesem Zeitpunkt noch nicht genommen. Vorerst verlagerte er sein Hauptaugenmerk auf dem Kampf gegen die Einrichtung von kaufmännischen Berufsschulen für Frauen. Während Handlungsgehilfinnen bis zur Jahrhundertwende in der Regel als angelernte Kräfte beschäftigt wurden, stellte ein Regierungserlaß vom Oktober 1900 den Gemeinden frei, obligatorische Fortbildungsschulen für weibliche Handelsangestellte einzurichten. Die Deutschnationalen Handlungsgehilfen befürchteten dadurch zu Recht eine Minderung des Qualifikationsvorsprungs ihrer männlichen Mitglieder und gingen in unzähligen Petitionen auf Reichs-, Einzelstaats- und Ortsebene dagegen vor.235 Statt beruflicher Qualifikation verlangten sie die Verpflichtung aller jungen Mädchen zum Besuch hauswirtschaftlicher Fortbildungsschulen und stießen damit die vor allem während des Ersten Weltkriegs geführte öffentliche Debatte um das »weibliche Dienstjahr« mit an. Wie wichtig dem DHV diese Politik war, zeigte sich daran, daß an der Haltung zur Frauenarbeit und insbesondere zur 76

Berufsschulpflicht von weiblichen Angestellten die Einigungsverhandlung mit dem Verband Deutscher Handlungsgehilfen scheiterte.236 Der DHV sah »in den Töchtern unseres Volkes vor allem die Mütter der kommenden Generation«.237 Auf das in völkischen Blättern zirkulierende Gespenst des Geburtenrückgangs reagierte er mit der Intensivierung völkischer Agitation in seinem Verbandsorgan.238 Seit 1909 erschien eine Artikelserie, die den weit mehr als 100.000 Mitgliedern die »völkische(n) Hochziele« des DHV nahebrachte und erstmals auf breiter Grundlage den »Rassegedanken« diskutierte.239 Der »germanischen Ehe« war eine eigene Folge gewidmet. Der Artikel selektierte Kranke und Behinderte - »jedes Leben ein Verbrechen an der Rasse« - aus der germanischen Fortpflanzungsgemeinschaft und verlangte die Umsetzung einer »zielbewußten Rassenzucht«, um »Mißgeburten des Körpers und der Seele zu verhindern«.240 Ein solches Konzept war ohne die Mitwirkung von Frauen nicht denkbar. Es sollte sich zeigen, daß die Betonung der Kategorie »Rasse« eine Politisierung des DHV in der >Frauenfrage< nach sich zog. 1911 druckte die »Handels-Wacht« einen Vortrag des Münchner Arztes und Hygiene-Professors Max von Gruber über »Mädchenerziehung und Rassenhygiene« nach, der die vom DHV schon seit langem vorgebrachte Forderung nach der Erziehung der Frauen zur Mutterschaft aufgriff und mit rassenhygienischem Vokabular unterlegte. Von Gruber führte wortreich aus, wie außerhäusliche Erwerbsarbeit die Reproduktionsfähigkeit von Frauen beeinträchtigte und lag damit ganz auf der Argumentationslinie des DHV.241 Neu jedoch war, daß der spätere Mitbegründer des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation unter dem Beifall der Handelsgehilfen gegen »die öffentliche Betätigung der Frauen überhaupt« zu Felde zog. Er kündigte den Widerstand all derer an, »welche sich nicht gutwillig darein zu fugen bereit sind, daß unser Volk am Feminismus erlahmt und verdirbt; zuerst psychisch und dann physisch«.242 Mit dem Abdruck des von Gruberschen Referats schlug die »Deutsche Handels-Wacht« neue Töne an. Zwar hatte das Organ des DHV gelegentlich Sympathie fiir den Kampf der Lehrerschaft gegen weibliche Berufskonkurrenz bekundet und in diesem Zusammenhang auch kurz die Gründung des Weltbundes fiir Frauenstimmrechts erwähnt.243 Davon abgesehen, war die Frauenbewegung bisher aber kein Thema gewesen. Im Zusammenhang mit der publizistischen Betonung von »Rasse« und »Volk« vollzog sich nach 1911 der Übergang von standespolitisch motivierter Frauenfeindschaft zu einer breiter angelegten, wenn auch immer noch in der Berufskonkurrenz verankerten antifeministischen Abwehrhaltung.244 Entsprechend wurde der Deutsche Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation 1912 »aufrichtig als Kampfgenosse« begrüßt.245 Die Deutschnationalen Handlungsgehilfen, die sich nun rühmten, »immer in der vorder77

sten Reihe gestanden (zu) haben, wenn es galt, die fanatischen Überspanntheiten der Frauenrechtlerinnen geziemend zu beschränken«, druckten nicht nur den Gründungsaufruf der neuen Organisation ab und forderten ihre Mitglieder zum Beitritt auf,246 sondern arbeiteten in der Folge auch eng mit der antifeministischen Liga zusammen. Den Kontakt stellte vor allem Richard Döring her, Leiter des Referats Frauenarbeit und seit 1911 stellvertretender Vorsitzender des DHV. 247 Er war schon zur ersten Hauptversammlung der antifeministischen Liga als Redner geladen und rückte dann ebenso wie der DHV-Funktionär Werner Heinemann in den Geschäftsfuhrenden Ausschuß und den Vorstand des Bundes auf. Theophil Eberhard, der Geschäftsführer der Antifeministen, gehörte ebenfalls dem DHV an.248 Döring und Heinemann publizierten im Organ des antifeministischen Verbandes zahlreiche Artikel zur Frauenarbeit, zur Berufsschulpflicht fur Frauen und zum weiblichen Dienstjahr.249 Umgekehrt berichtete die »Deutsche Handels-Wacht« regelmäßig und in größerem Umfang über die Aktivitäten der antifeministischen Liga und empfahl ihre Publikationen der deutschnationalen Angestelltenschaft: zur Lektüre.250 Bei den Handlungsgehilfentagen waren Funktionäre der Emanzipationsgegner regelmäßig mit Gruß- und Festreden präsent.251 Auch vor Ort arbeiteten die beiden Verbände eng zusammen: Heinemann und Döring referierten in den Lokalvereinen der Emanzipationsgegner, Handlungsgehilfen übernahmen die Saalaufsicht bei antifeministischen Veranstaltungen, und in Mannheim vereinte derselbe Funktionär in Personalunion die Geschäftsführung der regionalen DHV-Niederlassung mit dem Vorsitz der antifeministischen Ortsgruppe. 252 Der Einfluß der Kooperation machte sich im DHV an einer Ausweitung des Themenspektrums und am veränderten Vokabular bemerkbar. Das Verbandsorgan widmete nicht länger nur der Frauenarbeit im Handelsgewerbe oder ihren vermeintlichen »rassenhygienischen« Konsequenzen Aufmerksamkeit, sondern setzte sich erstmals mit den politischen Zielen der Frauenbewegung auseinander.253 Im DHV-Jahrbuch von 1914 war dem Kampf »gegen den Feminismus« unter der Rubrik »Staat und Gesellschaft« ein eigenes Kapitel gewidmet.254 Allein dieses Wort, das seit der Gründung der antifeministischen Liga häufiger im Verbandsorgan des DHV auftauchte, machte die Sache den Deutschnationalen schon verdächtig und legitimierte in ihren Augen den Widerstand: »Emanzipation, Feminismus, diese Worte deuten zur Genüge an, daß es sich um den Kampf gegen eine undeutsche Zeiterscheinung handelt.« 255 Welche Bedeutung die deutschnationalen Handlungsgehilfen durch den Einfluß des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation dieser Frage nun beimaßen, wurde deutlich, als der Verband 1913 eine neue Broschüre für seine Reihe »Vortragsentwürfe« in Auftrag gab: Das Redemanuskript »Die radikale Frauenbewegung als natio78

nale Gefahr« bereicherte fortan das Standardrepertoire der DHV-Funktionäre in allen Ortsgruppen. 256

2.7. Die Visualisierung der Andersartigkeit: Medizin u n d Mediziner Ebenso wie männliche Berufsverbände auf medizinische Studien verwiesen, die den höheren Krankenstand von Frauen in bestimmten Berufszweigen auf geschlechtsgebundene Faktoren zurückführten, beriefen sich Gelehrte auf die Forschungen von Anatomen und Physiologen, um die mangelnde Eignung des weiblichen Geschlechts fur die geistigen Anstrengungen akademisch-wissenschaftlicher Studien und Berufe zu begründen. 257 Die Wissensbestände der weiblichen Sonderanthropologie, die aus physiologischen Merkmalen psychische und soziale Normen ableitete, gehörten als »Lehre von den Geschlechtsunterschieden« zum Curriculum der Medizinstudenten. 258 Daher verwundert es nicht, daß viele misogyne Theorien wiederum von Medizinern stammten - insbesondere von Anatomen, Nervenärzten und Gynäkologen, die zunehmend die Zuständigkeit für Frauenund Geschlechterfragen an sich zogen. 259 In dem Maße, wie das Gehirn als Nachweis menschlicher Singularität und Überlegenheit zum Zentralorgan aufstieg, nahmen die Versuche zu, dort auch den Unterschied der Geschlechter zu lokalisieren. Die Suche nach dem materiellen Substrat der Geschlechterdifferenz entwickelte sich analog zu einem Forschungsprozeß, der von der Betrachtung der Körperoberfläche immer weiter ins Innere des Körpers vordrang. Anatomen wie Theodor L.W. Bischoff und Nikolaus Rüdinger vermaßen zunächst Kopfgrößen und Gehirngewichte, bis schließlich Gehirne in der Absicht seziert wurden, die Funktionen einzelner Gehirnregionen herauszupräparieren.260 Paul Julius Möbius stützte seine vielzitierten Behauptungen »Über den Physiologischen Schwachsinn des Weibes« auf die Ausprägung bestimmter Hirnstrukturen, die er für den Sitz definierter Fähigkeiten hielt. So ortete er etwa eine Hirnfurche als »Zahlenorgan«, deren angeblich geringere Ausprägung bei Frauen ihm das Fehlen mathematischer Begabung signalisierte.261 Das »Zahlenorgan«, also die Fähigkeit zu abstrakt-logischem Denken, fehlte den Möbius'schen Untersuchungsergebnissen zufolge auch Schwarzen.262 Das gleiche Modell konnte also mühelos zur Ausgrenzung unterschiedlicher Gruppen aus der Dominanzkultur benutzt werden. Moderne Techniken der Vermessung und Sektion sollten den sichtbaren Beweis für die Devianz von Frauen, Juden und Schwarzen gegenüber dem männlich-weißen >Herrenmenschen< erbringen. Damit fungierte die Naturwissenschaft als Instrument 79

der Absicherung von Herrschaftsansprüchen: innenpolitisch gegen weibliche und jüdische Emanzipationstendenzen, außenpolitisch gegen kolonialisierte Völker. 263 Es waren jedoch nicht nur die Anatomen und Physiologen, sondern auch Vertreter der sich neu formierenden Disziplinen Psychiatrie, Psychologie und Sexualwissenschaft, die misogyne Konzepte von Weiblichkeit entwickelten. Zwar wurde Richard Krafft-Ebings Behauptung eines >natürlichen< weiblichen Masochismus von der folgenden Medizinergeneration nicht mehr fraglos übernommen, doch auch sie erklärte größere Sensitivität und Passivität zum »tertiäre(n) Geschlechtsmerkmal« der Frauen. 264 Das Paradigma naturgegebener Geschlechterunterschiede prägte noch jene Wissenschaftler und Wissensgebiete, die sich revolutionär von den bisherigen Auffassungen zu lösen meinten: Freuds Theorie des Penisneides ist inzwischen hinlänglich kritisiert worden, aber auch der Nestor der deutschen experimentellen Psychologie, William Stern, orientierte seine Studien zum intellektuellen Verhalten ganz selbstverständlich an der Grenzlinie zwischen den Geschlechtern. 265 Entscheidend war, daß die Ergebnisse dieser Arbeiten nicht allein im medizinisch-psychologischen Spezialdiskurs zirkulierten, sondern über die Medien einer breiten Öffentlichkeit vermittelt und gezielt zur Diskreditierung weiblicher Leistungen und Forderungen der Gegenwart eingesetzt wurden. Die »Politisch-Anthropologische Revue« beispielsweise nutzte die Sternsche Studie als Beleg fur die These von der geistigen Minderbefahigung des weiblichen Geschlechts und behauptete, sie sei »für die praktische Kulturerscheinung der Frauenfrage« von »nicht geringer Bedeutung«. 2 6 6 Lombrosos Rede vom »dritten Geschlecht« ging, auf die Frauenbewegung angewandt, in den populären Diskurs über und inspirierte Ernst von Wolzogen zu einem Roman. 267 Nachdem die Seelenärzte im Zuge ihrer Professionalisierungsbestrebungen die Definitionskompetenz fur die Normierung der Weiblichkeit an sich gezogen hatten, wurde es möglich, Frauen, die in Mutterschaft und Hausarbeit nicht ihren »Hauptberuf« sahen, in der öffentlichen Rede als »seelisch krank« zu bezeichnen. 268 Möbius' »Physiologischer Schwachsinn« wurde vermutlich weniger in der Fachpresse als in Tageszeitungen und Verbandsblättern besprochen. Diese Publizität machte das Pamphlet zum wilhelminischen Bestseller, der jedes Jahr in neuer Auflage erschien. 269 Der greise Leipziger Gelehrte wurde schlagartig so populär, daß die Redaktion des »Berliner Local-Anzeigers« ihn um den Eröffnungsbeitrag zu einer Artikelserie bat, deren Titel - »Hat die Frauenbewegung der Frau genützt?« - die kritische Haltung des Blattes schon im Vorfeld deutlich markierte. Der Mediziner nutzte die Gelegenheit, die Frauenbewegung als Symptom fur die »fortschreitende Entartung der zivilisierten Völker« zu brandmarken und äußerte die Hoffnung, daß ihre 80

zwangsläufigen Mißerfolge zur Rückbesinnung auf die unumstößlichen, weil naturgesetzlichen Geschlechtergrenzen fuhren würden. 270 Im Meinungsstreit um die Frauenbewegung avancierte das bereits im 19. Jahrhundert entwickelte medizinisch-defizitäre Frauenbild zur beliebten, in der Tages- wie Verbandspresse gleichermaßen kolportierten Argumentationsfigur. In einem Umfeld, in dem Naturgesetze längst Glaubenssätze abgelöst hatten - oder, wie es der antifeministische Psychiater Wilhelm Brügelmann formulierte, als »Vertreter der Gottheit« fungierten 271 - , kam wissenschaftlichen wie pseudowissenschaftlichen Aussagen hohe Autorität zu. Behauptungen, welche die Naturgesetzlichkeit bestimmter Sachverhalte postulierten und sie mit der Aura scheinbarer Natürlichkeit umgaben, eigneten sich daher besonders für hochkontroverse Gesellschaftsbereiche. Die Naturalisierung der Politik schlug sich insbesondere in der Diskussion um das weibliche Stimmrecht nieder. Tageszeitungen begründeten ihr Veto gegen die politische Partizipation von Frauen mit »physiologischen Zuständen, die wir auch im Tierreich beobachten«. Weil sie das eigene Gesellschaftsmodell auf das Tierreich übertrugen, waren Wissenschaftler wie Publikum überzeugt, daß dort »dem Manne der Hauptkampf für die Existenz der Familie« zukomme - woraus sich im Umkehrschluß folgern ließ, auch die Politik des Deutschen Reiches sei in Männerhänden besser aufgehoben. 272 Vermittelt über Zeitschriften und Zeitungen, flössen die misogynen Lehren medizinisch-physiologischer Experten in das Alltagswissen ein. Aber auch umgekehrt schlugen sich populäre Vorurteile in der medizinischen Forschung nieder. Im Zusammenhang mit der Ehekritik der radikalen Frauenbewegung kursierten 1905 in der Presselandschaft: Gerüchte, daß »eine große Anzahl der bekanntesten und verwegensten Führerinnen ... homosexuell veranlagt« seien. 273 Zwei Jahre später verlieh die Studie eines Berliner Arztes den Verleumdungen wissenschaftliche Weihen, indem sie in der Erkenntnis gipfelte: »In der Tat sind die Kreise der Frauenbewegung eine wahre Fundgrube fiir Urnindenforscher und der Uranismus, der in diesen Kreisen wie eine geistige Seuche herscht, ist nicht allein von mir beobachtet worden, wenn es auch selbstverständlich falsch ist, jede einzelne Frauenrechtlerin für gleichgeschlechdich zu halten.« 274

Ärzte wie Laien suchten nach interpretierbaren Kennzeichen abweichenden Verhaltens. Dabei blieb der populäre Blick an der Körperoberfläche haften und stilisierte Kleidung, Haarschnitt und Gebaren zu Hinweisen auf homosexuelle Neigungen. Anita Augsburg, jene »bekannte, in Männerkleidern mit kurzgeschorenen Haaren herumlaufende ... Frauenrechtlerin« avancierte so als »Hosen-Anita« zum Lieblingsobjekt unzähliger Karikaturisten und wurde zur sinnfälligen Inkarnation aller »Verdrehtheiten« der Frauenbewe81

gung. 275 Der Blick medizinischer Experten dagegen trachtete danach, die äußere Hülle zu überwinden und in das Innere von Körper und Geist vorzudringen. Sie forschten in der Physiognomie ihrer Patientinnen nach dem »eigentümliche(n) Flackern der Urnindenaugen« oder tasteten die Vagina auf der Suche nach dem »den Lesbierinnen eigentümlichen Rot« ab. Ärzte wie Laien bemühten sich angestrengt um die Visualisierung der Andersartigkeit und reflektierten damit einen Wissenschaftsprozeß, in dem Sichtbarkeit zum Kriterium von Wahrheit geworden war. Neuartige optische Verfahren und die technische Revolutionierung der Bildreproduktion ließen das Auge über die anderen Sinneswahrnehmungen dominieren und schufen gleichzeitig eine Projektionsfläche für die Semiotik des Abweichenden. 276 Schon am Ende des 19. Jahrhunderts begannen Photographie und Karikatur, die Sehweisen zu bestimmen. 277 Lombroso und Möbius, aber auch viele andere reihten endlose Bildfolgen menschlicher Physiognomien in dem Bemühen aneinander, die sichtbaren Äquivalente der Kriminalität - im Fall der Männer - oder der Prostitution - im Fall der Frauen - abzubilden. 278 Die medizinischen Darstellungen des 19. Jahrhunderts faßten die Eigenheiten des jüdischen Körpers als Zeichen einer den Juden innewohnenden Andersartigkeit auf. 279 Antisemitische Karikaturen übersetzten diese Vorstellung in die Bildersprache und machten sie so in der breiten Öffentlichkeit populär.280 Der rubrizierende Blick der anderen machte aus Menschen Juden, aus Männern Verbrecher und aus Frauen Prostituierte, »Mannweiber« oder Lesben. 281 Der Glaube an die sichtbaren Kennzeichen der Andersartigkeit erlaubte die ebenso einfache wie scharfe Unterscheidung zwischen gesellschaftlicher Zugehörigkeit oder sozialer Ausgrenzung und stellte eine säkularisierte Variante »der von geistlicher Seite betonten Auffassung [dar], ... daß die Art des Lebens den Stempel dem Anlitz aufdrückt«.282 Die Stigmatisierung >radikaler< Frauenrechderinnen als Lesben gab den Zeitgenossen die Möglichkeit, am Bild der deutschen Frau als ehrbarer Hausfrau und Mutter festzuhalten und gleichzeitig Forderungen aus dem Kreis der Frauenbewegung, die auf eine Veränderung des Geschlechterverhältnisses abzielten, als Vorstellungen einer devianten Minderheit zu ignorieren. Der Verdacht homosexueller Neigungen sei »eine hinreichend deutliche Erklärung dafür, wie es hat möglich sein können, daß in Deutschland, dem Lande der reinsten Frauen und der reinsten Frauenverehrung, eine Bewegung hat aufkommen können, die alle menschliche Natur so sehr auf den Kopf stellen will, wie die entartete Richtung in der Frauenbewegung es tut.« 283

Die Dichotomie zwischen >entarteter Frauenbewegung< und der >reinen deutschen Frau< war zunächst im Umfeld der antisemitischen Rechten formuliert worden. Die Antisemiten begrüßten die medizinischen Mitstreiter gegen die »Tollheiten der Weiberbewegung«, befanden jedoch die »ras-

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sisch-kulturellen Gründe und die des Familienlebens schon maßgeblich genug«, um gegen die »Feinde des wahren deutschen Weibtums, die sich seine Befreier nennen«, einzuschreiten. 284 Faktisch jedoch war die medizinische Aktualisierung misogyner Traditionen und der rassenbiologisch begründete Antifeminismus im wilhelminischen Deutschland eng verwoben.

2 . 8 . D i e Biologisierung der Politik: Völkische Lebensreform, Anthroposoziologie und Rassenhygiene Biologistische, und das hieß zumeist auch: rassistische Ideologeme waren zentral für die Konstitution des Antifeminismus im wilhelminischen Deutschland. Antisemiten und Rassenforscher, Menschenzüchter und Germanenmythologen einte die Biologisierung sozialer und politischer Verhältnisse, die es erlaubte, komplexe Sachverhalte unter Berufung auf die Autorität naturwissenschaftlicher Tatsachen auf ein einfaches Schema zu reduzieren. Der gleichzeitig unternommene Rückgriff auf einen sozial gewendeten Darwinismus erwies sich als gleichermaßen funktional für die Legitimation einer Außenpolitik, die Weltgeltung beanspruchte, wie für die Zementierung politischer Machtverhältnisse in der Innenpolitik und im Verhältnis der Geschlechter. In den Zirkeln der völkischen Lebensreform, wo etwa seit der Jahrhundertwende Kulturpessimismus in Degenerationsfurcht umgeschlagen war und man durch »Höherzüchtung« dem drohenden »Rassenverfall« beizukommen suchte, spielte die Fortpflanzungsfähigkeit und -bereitschaft der Frauen eine bedeutsame Rolle. Der Chefredakteur von »Kraft und Schönheit«, der Zeitschrift des deutschen Vereins für vernünftige Leibeszucht, brachte es 1904 so auf den Punkt: »Wenn man also den ungeheuren Einfluß des Weibes auf die Entwicklung des Geschlechts anerkennt, dann wird man auch begreifen, warum die sozialen Reformen bezüglich der Übung des Frauenloses so unendlich wichtig sind, ebenso wie man manche der >Emanzipationsbestrebungen< der Frauenrechderinnen nur mit gemischten Gefühlen betrachtet, wenn man den höheren Maßstab der Gesellschaftsund Rassenordnung anlegt.« 285

Vermittelt über das Ziel einer »biologische(n) Politik« 286 avancierte das Verhältnis der Geschlechter zu einem breit diskutierten Thema, dessen sich ganz unterschiedliche Strömungen der völkischen Erneuerungsbewegung 287 annahmen: Der »Volkserzieher« des liberalen Berliner Lehrers und deutschgläubigen Kirchenkritikers Wilhelm Schwaner ebenso wie der »Hammer« des Leipziger Antisemiten Theodor Fritsch, der in seinen »Hammer-Ge-

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meinden« eifrig fur die Züchtungsgemeinschaften des Mittgart-Bundes warb, wie sie ähnlich später von den Nationalsozialisten in den Ordensburgen realisiert wurden. Aber auch Rassenforscher wie der vom DHV so hochgeschätze Vorsitzende der Gesellschaft fur Rassenhygiene, Max von Gruber, und die »Politisch-Anthropologische Revue«, das Sprachrohr der Anthroposoziologie, nahmen sich zunehmend der >Frauenfrage< an. Die von dem ehemaligen SPD-Mitglied Ludwig Woltmann288 begründete »Politisch-Anthropologische Revue« hielt ihre Leser seit ihrem Erscheinen 1902 über die Absichten der Frauenbewegung auf dem Laufenden.289 Den Stimmrechtsforderungen und der Sexualreformbewegung widmete die Zeitschrift, eines der wichtigsten Foren für rassenhygienische und rassenideologische Konzepte, besondere Aufmerksamkeit. Vor allem aber entwikkelte sich das Blatt, das vor und auch noch während des Ersten Weltkriegs zahlreiche Rassentheoretiker beeinflußte,290 zu einem Umschlagplatz für die Verbreitung neuester >Erkenntnisse< aus Geschlechterphysiologie und Psychologie.291 Auf diese Weise trug die Zeitschrift wesentlich zur Popularisierung >wissenschaftlich< untermauerter Geschlechterstereotype bei. Möbius umstrittenes Traktat »Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes« erhielt, um nur ein Beispiel zu nennen, ein dickes Lob ob seiner »wissenschaftliche(n) Präzisierung« von Behauptungen, für die »sich bereits im alltäglichen Leben zwanglos Belege finden«: eine aus dem durchschnittlich etwas geringeren Gehirngewicht der Frauen gefolgerte »minderwertige weibliche Moral« und »offenkundige geistige Sterilität«, die der Rezensent als »physiologisches Postulat« der Bestimmung zur Mutterschaft und »Verantwortlichkeit für eine gesunde Fortdauer der Rasse« interpretierte.292 Unter wissenschaftlich ambitionierten Rassenforschern blieben Möbius' Behauptungen freilich nicht unwidersprochen. Alfred Ploetz' renommiertes »Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie« verwies die Theorie von der geistigen Minderbemittlung des weiblichen Geschlechts 1907 »ins Gebiet der Fabel« - allerdings nur, um die Zulässigkeit von Frauenstudium und Frauenberufstätigkeit aus biologischen Rücksichten wieder einzuschränken. Mochte der Herausgeber der Frauenbewegung auch aufgeschlossener gegenüberstehen als viele seiner Fachkollegen - daran, daß »die Hauptaufgabe des weiblichen Geschlechts in der Fortpflanzung der Menschheit« bestehe und daher »die Frau als Gattin und Mutter vor der Frau als Vertreterin geistiger Bestrebungen den Vorrang behaupten muß«, herrschte auch in diesem Forum kein Zweifel.293 Anthroposoziologen und Rassenbiologen befürworteten die Aufwertung der Mutterschaft im Zeichen der Rassenhygiene. Vorgeschlagen wurde etwa die »Musterung der Frauen zur Ehe«, 294 um ein, wie es hieß, »zweifelhaftes Zeugungsprodukt« zu vermeiden.295 »Im Interesse der Zuchtwahl« erschien die Frauenbewegung mit ihren Forderungen nach Sexualreform und öko84

nomischer Selbständigkeit manchen Autoren anfänglich als Verbündete. So verfocht etwa der Prager Philosophieprofessor Christian von Ehrenfels das Zusammenleben von Müttern mit ihren Kindern in sogenannten »Frauenkongregationen« als Kern einer neuen Gesellschaftsordnung. Ausgewählte Männer sollten diese Frauenkonvikte zum Zweck des Geschlechtsverkehrs besuchen können, waren aber von allen über eine finanzielle Abgabe hinaus gehenden Verpflichtungen gegenüber den Frauen und den von ihnen gezeugten Kindern befreit. Als Voraussetzung dieser sogenannten »polygynen« Gesellschaft galt Ehrenfels die wirtschaftliche Unabhängigkeit und juristische Selbstständigkeit der Frauen. Daher erklärte sich seine Sympathie für die Frauenemanzipation, die allerdings leicht ins Gegenteil umschlagen konnte - lag doch, wie er einräumte, »der modernen Frauenbewegung nichts ferner ..., als der Gedanke an Ermöglichung von Polygynie«.296 Von Ehrenfels, wie Alfred Ploetz Gründungsmitglied des Bundes fur Mutterschutz und Sexualreform, betrachtete seine Vorschläge als harmonische Vereinigung von sozialistischen, feministischen, bevölkerungspolitischen und rassenbiologischen Reformansätzen. 297 Freilich standen seine Ideen, wie er zugab, im Interesse der »unmittelbaren Bedürfnisse des Mannes«.298 Konkrete Pläne, die Frauen wirklich unabhängig gemacht hätten, etwa die staatliche Alimentierung lediger Mütter, die unter dem Stichwort Mutterschaftsversicherung im Mutterschutzbund wie auch im Verband fortschrittlicher Frauenvereine diskutiert wurden, lehnte er entschieden ab. Sexuelle Selbstbestimmung von Frauen - im Ehrenfels'schen Sprachgebrauch »sexuelle Damenwahl« - widerprach seinen Vorstellungen, die zwar kulturrevolutionär daherkamen, aber die Geschlechterhierarchie unangetastet ließen.299 Auch Ploetz wandte sich schon bald enttäuscht von der Mutterschutzbewegung ab und bezweifelte ihren rassenhygienischen Wert, nachdem sich Forderungen, nur »gesunde« Mütter zu fördern und eine Eheverbot für »Minderwertige« zu proklamieren, nicht durchsetzen konnten.300 Wie der Prager Philosophieprofessor veröffentlichten auch andere Verfechter der Rassenbiologie sowohl im Ploetz'schen »Archiv« als auch in Ludwig Woltmanns »Politisch-Anthropologischer Revue«, in der die Frauenstimmrechtsbewegung von Anfang an mit Mißtrauen verfolgt worden war.301 Seit die Differenzen mit den Sexualreformerinnen klar zutage traten, wurde das Thema Frauenemanzipation dort nur noch mit Blick auf seine »biologischen Gefahren« diskutiert. Als biologische Gefahr galten alle Bestrebungen zur Revision der Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern, die Frauen Alternativen zur Mutterschaft anboten. 302 Daß berufstätige oder feministisch engagierte Frauen Familie haben könnten, lag außerhalb des Vorstellungsvermögens der Anthroposoziologen. Ihres sozialdarwinistischen Theorienfundamentes gemäß, hielten sie die Frauenbewegung daher für 85

»eines jener merkwürdigen Mittel der Natur ... die Fortpflanzung und Vermehrung degenerierender Individuen« - in diesem Fall also der Frauenrechderinnen - »zu verhüten und sie zur Ausmerze zu bringen«. 303 Die Vorstellung, daß sich der Feminismus in der Evolution nicht durchsetzen werde, weil »die extremen frauenrechderischen Tendenzen vielfach nicht zur Vererbung kommen, sondern immer wieder mit ihren altjüngferlichen Trägerinnen aussterben müssen«, war weit verbreitet und wurde von den verschiedensten Tageszeitungen kolportiert. 304 1 9 0 6 hatte die »Politisch-Anthropologische Revue« der Frauenbewegung trotz biologischer Gefahr< immerhin noch einige berechtigte Kritikpunkte zugestanden, doch nach dem Tod Ludwig Woltmanns verschärfte sich der Ton zusehends. Der neue Herausgeber Otto Schmidt-Gibichenfels teilte Woltmanns sozialreformerische Ambitionen nicht, sondern trimmte die Zeitschrift auf einen einseitig rassenbiologisch-nationalistischen Kurs mit deudich antisemitischem Einschlag. 305 Die Akzentverschiebung schlug sich auch in einem Wechsel des Untertitels nieder: Statt weiterhin eine »Monatsschrift für das soziale und geistige Leben der Völker« zu sein, firmierte das Blatt seit 1 9 1 2 als »Monatsschrift für praktische Politik, für politische Bildung und Erziehung auf biologischer Grundlage«. Der Kurswechsel machte sich auch beim Thema Frauenemanzipation bemerkbar. Die Koedukation galt nun als »natur- und vernunftwidrig«, 306 differenzierendere Beurteilungen der >Frauenfrage< wichen Untergangsszenarien. 307 Otto Ammon, dessen eugenisches Hauptwerk »Die natürliche Auslese beim Menschen« noch nach dem Zweiten Weltkrieg zum Grundbestand der naturwissenschaftlichen Anthropologie in Deutschland gehörte, sah durch die Arbeit der Frauenrechüerinnen 1909 eine nationale Katastrophe heraufziehen: »Bei den Nationen, wo der Feminismus oder Ultrakapitalismus siegt«, befürchtete er, werde »die hieraus folgende biologische Entartung ... den Untergang der Nation oder ihre Aufsaugung durch eine andere Rasse herbeiführen«. 308 Daß Ammon mit dieser Behauptung auf die Juden abzielte, war jedem Antisemiten klar. Der Leserschaft wurde damit suggeriert, daß Juden und Jüdinnen die Frauenbewegung als Instrument ihrer Interessen benutzten. Ähnliche Behauptungen hatte der antisemitische »Hammer« - Auflage 1 9 0 2 : 6 . 0 0 0 3 0 9 - schon zu Beginn des 2 0 . Jahrhunderts aufgestellt. Offenbar gewannen Argumentationen, wie sie zuvor nur von kleinen Zirkeln der völkisch-antisemitischen Lebensreform vertreten worden waren, während der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts an Seriosität und diffundierten zunehmend in die wissenschaftliche und pseudowissenschaftliche Diskussion. »Keine ärgeren Feinde unseres Volkstums« hatte es für den »Hammer«Herausgeber Theodor Fritsch schon 1903 gegeben, »als die an der Vernichtung der Weiblichkeit arbeiten«. 310 Und diese Feinde waren, daran ließ der

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Artikel, der als Flugblatt bis 1910 in 70.000 Exemplaren aufgelegt wurde,311 keinen Zweifel: Frauenbewegung, Judentum und Sozialdemokratie. Einem »Hammer«-Mitarbeiter stellte sich die politische Gegenwart so dar: »Noch ehe der politisch gleichgültige Rassen-Deutsche nur begriff, was vorging, hörte der Jude bereits das Gras wachsen;... So erfand er die Sozial-Demokratie und nahm die naiven Massen unter seine Führung. Ebenso ist er mit Erfolg dabei, die Frauen-Bewegung in seinem Sinne zu leiten.«312

Das antisemitische Hetzblatt stilisierte die Frauenbewegung nicht nur in Analogie zu SPD und Judentum zum >inneren ReichsfeindRasse< und >Volkmedizinisch< begründeten - Argument, geistige Anstrengungen unterdrücke körperliche Reifeprozesse und mache die Mädchen somit physisch untauglich zur Mutterschaft. Den völkischen Kulturkritikern war die Gegenwart mit ihrer Betonung des Intellekts ohnehin suspekt. Während sich die Wissensbestände durch die Entwicklungen in Medizin, Naturwissenschaft und Technik rapide vermehrten und für den einzelnen zunehmend unüberschaubar wurden, propagierten sie die Orientierung an den gleichsam naturnäheren Instanzen »Instinkt«, »Herz« und »religiösem Gemüt«, die in der vom Produktionsprozeß abgekoppelten, >unverbildeten< Frau symbolisch verkörpert waren.316 Wie sich die Ablehnung von Bildungsreformen aus dem Anti-Intellektualismus der Völkischen speiste, schlugen bei der Beurteilung der Stimmrechtsfrage antiparlamentaristische und antidemokratische Affekte zu Buche. Weit davon entfernt, den Wahlberechtigten politische Urteilsfähigkeit zuzutrauen und in parlamentarischen Verfahren eine sinnvolle Methode politischer Entscheidungsfindung und Konfliktlösung zu sehen, galten den 87

Hammerleuten parteipolitische Auseinandersetzungen als »widerwärtige(s) Parteigezänk« und der eingeschränkte Parlamentarismus des Kaiserreichs als »politischer Hexen-Sabbath« - beides Bezeichnungen, deren weibliche, im zweiten Beispiel auch jüdische Konnotationen die Verächtlichkeit der damit bezeichneten Gegenstände noch unterstrich. Der »Hammer« lehnte das gleiche Wahlrecht generell ab; viel weniger wollte er politischen Einfluß an Frauen überantworten. 317 Die akademische Gleichberechtigung für Frauen und die Vereinsreform 1 9 0 8 waren es schließlich, die den Leipziger Justizrat Schnauß im Januar 1 9 0 9 zu einer zusammenfassenden Wertung der >Frauenfrage< herausforderte, in der sich die Ablehnung weiblicher Berufstätigkeit und Bildung mit rassenhygienischen Erwägungen und der Warnung vor einer Politisierung der Frauen mischten. 318 Die Frauenpolitik der preußischen wie der Reichsregierung hatte die Entfremdung der völkischen Rechten von den staatlichen Funktionsträgern weiter vorangetrieben. Schnauß hielt weder die regierenden Politiker noch selbst den Kaiser aufgrund der »feministischen Anschauungen« seiner Minister fur fähig und willens, den Einfluß der Frauenbewegung zurückzudrängen. 319 In dieser Sichtweise wurde er von altkonservativen Regierungskritikern unterstützt. Ein Artikel in Hardens »Zukunft« ortete die eigentlichen Drahtzieher der weiblichen Emanzipationsbegehren auf der Regierungsbank und mutmaßte 1 9 1 2 im Rückblick, Fürst Bülow habe sogar das Frauenwahlrecht durchsetzen wollen, um - ähnlich wie beim Reichsvereinsgesetz - mit diesem Kompensationsgeschäft den Liberalen die Beschränkung des allgemeinen gleichen Männerwahlrechts zum Reichstag schmackhaft zu machen. 320 Als dann mit der Gründung des Deutschen Frauenbundes auch noch die bisher festeste Bastion der Emanzipationsgegner, die Deutsch-Konservative Partei, ins Wanken geriet, schritt Schnauß zur Selbsthilfe. Im Sommer 1 9 0 9 rief der Justizrat, dem Beispiel eines Artikels in der freikonservativen »Post« folgend, die »Volksgenossen« zur Gründung einer Vereinigung auf, deren Zweck die Bekämpfung des Feminismus sein sollte. 321 Die Politisierung der Frauenbewegung war es auch, die den »Volkserzieher« des Berliner Lehrers Wilhelm Schwaner vom Fürsprecher »für die Erlösung der Frau« - das Wort »Emanzipation« vermied er absichtlich 322 - zu einem entschiedenen Gegner machte. »In der Frauenbewegung finden wir die geist- und gemütstarken Menschen des anderen Geschlechts«, hatte das antiklerikale, betont nationale und an einer völkischen Lebensreform orientierte Blatt weibliche Emanzipationstendenzen seit Beginn seines Erscheinens 1897 unterstützt. 323 Zwar ließ Wilhelm Schwaner keinen Zweifel daran, daß er die Berufstätigkeit verheirateter Frauen ablehnte und die Zeit fiir das allgemeine Stimmrecht - für Männer wie für Frauen - noch nicht ge-

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kommen sah.324 Das hinderte ihn aber nicht daran, insbesondere in den Jahren um die Jahrhundertwende bekannte Vertreterinnen der Frauenbewegung - auch vom linken Flügel - zu Wort kommen zu lassen.325 Für die Unterstützung einer »maßvollen Frauenbewegung« 326 nahm der deutschgläubige, parteipolitisch zeitweise linksliberale Herausgeber sogar Abbestellungen von Abonnenten in Kauf, die sich in ihrer Männlichkeit gekränkt fühlten. 327 Je mehr sich jedoch die Forderungen nach beruflicher und politischer Gleichstellung ihrer Realisierung näherten, desto mehr öffnete der »Volkserzieher« Gegnern und Gegnerinnen der Frauenbewegung seine Spalten. Zwar hatte das Blatt immer schon die Wesensverschiedenheit der Geschlechter betont, doch häuften sich im Umfeld der Vereins- und Bildungsreform von 1908 die Artikel, die den Gattungszweck der Frau auf die Mutterschaft einengten und ihr Leistungen auf anderen Gebieten absprachen.328 Schließlich wurde die Ablehnung auch politisch begründet: »Das geforderte absolute Gleichmaß fur beide Geschlechter bis zur Verleihung des passiven Wahlrechts für die Volksvertretung und die eifrigst verlangte Öffnung sämtiicher Berufe entkleiden die Frauenbewegung ihres idealen Charakters«, hieß es im Frühjahr 1908 in einer Artikelserie, die das »Unzulängliche in der Frauenbewegung« bemängelte. 329 Frauen, die sich ohne Ansprüche anzumelden, ausschließlich fur soziale Fürsorge einsetzten, wurden nun »Frauenrechtlerinnen in des Wortes schlimmster Bedeutung« gegenübergestellt, die »in ihrer fieberhaften Tätigkeit, in ihrem extravaganten Auftreten [und] ... ihrer Selbstüberhebung« die »Grenzen jeder erlaubten Frauenemanzipation« weit überschritten.330 Daß die Öffentlichkeit ein verzerrtes Bild von der Frauenbewegung hatte, lag nicht zuletzt an der Berichterstattung der Medien. Während die größte Frauenorganisation, der Bund Deutscher Frauenvereine, durch die Aufnahme haus- und landwirtschaftlicher Verbände zu immer vorsichtigerem Taktieren gezwungen war, stellten die Zeitungen spektakuläre Positionen in den Mittelpunkt, so daß die >radikalen< Forderungen einer progressiven Minderheit die Vorstellungswelt der Zeitgenossen prägten. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg konzentrierten die deutschen Tageszeitungen ihre Aufmerksamkeit zunehmend auf die öffendichkeitswirksamen Aktionen der englischen Suffragetten und kommentierten sie unabhängig von ihrer politischen Couleur im Ton einhelligen Abscheus.331 Damit taten sie ein Übriges, um die Wahrnehmung des zeitungslesenden Publikums von der Frauenbewegung zu verschieben und die Politisierung des weiblichen Geschlechts gründlich zu diskreditieren. Mit der »nun auch in Berlin einsetzenden Suffragetten-Bewegung« begründete auch Wilhelm Schwaner im September 1909 die Publikation einer Frauen-Ausgabe des »Volkserziehers«, die nicht nur Frauenstimmrecht und Koedukation harsch ablehnte, sondern auch einen Titelaufsatz enthielt, der 89

vor misogynen und emanzipationsfeindlichen Ausfällen nur so strotzte. »Die Frau hat keine Persönlichkeit«, war das Credo des Nervenarztes Georg Groddeck, der Frauen für bloße Repräsentantinnen des Gattungszwecks hielt und in ihnen die zu eigenen Leistungen unfähige »Magd« des Mannes sah. Neben den Bemühungen, der weiblichen Existenz nicht nur die Individualität, sondern überhaupt die Wesenshaftigkeit abzusprechen und sie auf ein bloßes »Symbol der Welt«, auf ein »Gleichnis der Gottnatur« zu reduzieren, machte Groddeck die solchermaßen entpersonalisierten Frauen für den Untergang der »edelste(n) Rasse der Welt« verantwortlich. Der Leiter eines Baden-Badener Sanatoriums warf dem weiblichen Geschlecht vor, aus »Glückshunger ... slavisches und romanisches Blut mit dem unseren (zu) vermisch(en) und ... jetzt gar Japanern, Chinesen und Negern europäisches Blut« preiszugeben. Zudem schädigten Frauen durch Wohltätigkeit und Rücksicht gegenüber Schwachen die Zukunft: der Rasse. 332 Weil der Feminismus diese »Weibermoral« auch dem Mann beibringen wolle, hielt Groddeck die Frauenfrage mit Blick auf die »Rassenzukunft« für das entscheidende Problem seiner Zeit. Mit dieser Sicht stand der badische Psychiater nicht allein. Selbst Hardens »Zukunft«, eines harschen Rassismus und Antisemitismus gewiß unverdächtig, 333 druckte die Auslassungen des Mediziners mit der Bitte um ernstliche Prüfung »diese(r) männischen Gedanken« nach. 334 Auch anderenorts waren rassenhygienische Erwägungen ein Grund, die Frauenbewegung als ganzes oder einzelne ihrer Tätigkeitsfelder abzulehnen. Die »Staatsbürger-Zeitung« wollte Frauen aufgrund des ihnen unterstellten Geschlechtscharakters von gesellschaftspolitischer Mitbestimmung ausgeschlossen sehen. Weil »nicht alles, was Menschen-Antlitz trägt, ... ein Anrecht auf diese Bezeichnung« hat, seien »eiserne Radikalkuren« vonnöten, die wohl kaum die Zustimmung von Frauen fanden, weil sie zwar »erhalten und pflegen, nicht aber ausmerzen und reinigen« könnten. Auch Max von Grubers Deutsche Gesellschaft für Rassenhygiene war mit der caritativen Frauenarbeit unzufrieden und suchte nach Wegen, den Blick von der sozialen auf die »Rassenfürsorge« zu lenken und die Frauenarbeit »in neue Bahnen zu lenken, in welchen sie der Vermehrung der Untüchtigen keinen Vorschub leisten« konnte. 335 Die rassenhygienisch motivierte Ablehnung der Frauenbewegung häufte sich in den völkisch-lebensreformerischen Blättern auffallend, seit von einigen wenigen Frauen das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung gefordert worden war. Seitdem geisterten Phantasien von »deutsche(n) Mädchen« durch den völkischen Blätterwald, die sich »dutzendweise stinkenden und scheusäligen Ashantis, Zulus, Massais, Indianern und Polynesiern in geiler Lust anbieten«. 336 Der Frauenbewegung wurden sexuelle Motive als heimliche Triebfeder unterstellt; aus »perverse(m) Instinkt« wolle sich das »eman-

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zipierte Weib« von den Verpflichtungen der Ehe und Kindererziehung befreien, um ihre »unnatürliche(n) sexuellen Triebe« vorzugsweise mit Männern »der niederen Artung« ausleben zu können. 337 Jörg Lanz-Liebenfels verlegte sich in seiner »arisch-aristokratische(n)« Schriftensammlung »Ostara« geradezu obsessiv auf den Nachweis, daß Frauen »den Mann der niederen Rasse« wegen seines größeren Penis' sexuell bevorzugten. Dadurch rotteten sie den »heroischen blonden Mann« aus, denn qua »physiologischer Imprägnation« - angeblich drückte der männliche Samen beim Geschlechtsverkehr der Frau »seine Eigentumsmarke« auf - wiesen eheliche Kinder Merkmale all jener Männer auf, mit denen die Mutter jemals zusammen war. Wie andere Völkische verband auch Lanz-Liebenfels seine verquasten Vorstellungen über Frauen und weibliche Sexualität mit expliziter Kritik an der Frauenemanzipation. Das »freie Weib«, verantwordich für »alles weltgeschichtliche Unheil«, galt ihm insbesondere in seiner Spielart als berufstätige Frau als »volkswirtschaftlicher Schädling«; »Frauenrechtlerei« stellte sich ihm als »ungeheure Gefahr für die gesamte Kulturmenschheit« dar. Abhilfe schien da nur noch die sofortige Einführung des »Männerrechts« zu versprechen, wo Frauen, nach Prostituierten und Zuchtmüttern selektiert, kaserniert und aus der männlichen Öffendichkeit verbannt werden sollten.338 Lanz-Liebenfels' Pamphlete wurden in der Führungsriege des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation rezipiert; umgekehrt berief sich der österreichische Herrenrechder auf die Schriften der aktiven Antifeministin Käthe Sturmfels.339 Herrenrechtler und Rassenaufarter reduzierten die Forderungen der Sexualreform auf rassistische und moralische Kategorien. Eine politische Auseinandersetzung wurde überflüssig; Diskreditierung und moralische Entrüstung genügten. Der Vorwurf überschießender Sinnlichkeit läßt sich dabei nicht nur als Projektion eigener sexueller Wünsche deuten, sondern auch als Replik auf die Kritik an der männlichen Sexualität verstehen, wie sie von den in der Sittlichkeitsbewegung aktiven Frauenverbänden vorgebracht wurde. Sie setzten männlichen Sexualansprüchen und der herrschenden Doppelmoral die Aufforderung zur Selbstbeherrschung mit dem Argument entgegen, »normal konstituierte Menschen« könnten »auf die Befriedigung des Fortpflanzungstriebes verzichten«.340 Stieß diese Argumentation schon bei der Ärzteschaft auf heftigen Widerspruch, 341 mochte die ungewohnte Pathologisierung der männlichen Sexualität manche Autoren dazu herausfordern, nun umgekehrt weibliche Sexualität - in den Chiffren ihrer Weltanschauung - als >pervers< zu denunzieren. 342 Freilich konnte das Argumentationsmuster rassischer Vergessenheit erst in dem Maß Raum greifen, wie infolge der Kolonialpolitik andere Völker im Bewußtsein der Zeitgenossen Gestalt angenommen hatten und die Ausdehnung des Deutschen Reiches dem Nationalstaat Probleme machte - spürbar 91

etwa in der Diskussion um die deutsche Staatsbürgerschaft oder um die jetzt nicht mehr nur religiös verstandene >MischehenfrageWeibliche< nationale Schutzarbeit contra >unweibliche< Emanzipation: Deutschvölkische u n d nationalistische Interessenverbände Neben Antisemiten, völkischen Lebensreformern und Rassenideologen stellten deutschvölkische und nationalistische Interessenverbände eine weitere wichtige Bastion des wilhelminischen Antifeminismus dar, neben den Alldeutschen allen voran die im Bund der Landwirte zusammengeschlossenen Agrarier. Der finanzkräftige und mitgliederstarke Verband - er umfaßte vor dem Ersten Weltkrieg rund 330.000 Einzelmitglieder - gründete seine politische Macht auf die enge Verklammer ung mit der nationalliberalen und freikonservativen, insbesondere aber mit der Deutsch-Konservativen Partei. Gegen die Verpflichtung auf ihr Wahlprogramm stellte die von preußischen Großgrundbesitzern dominierte Organisation Finanzmittel und die Unterstützung ihres leistungsfähigen Presseapparats zur Verfugung. Der BdL gab neben seiner »Korrespondenz« mit der »Deutschen Tageszeitung« und dem »Berliner Blatt« zwei Tageszeitungen heraus und unterhielt ein modernes Zeitungsarchiv, das den ihm nahestehenden Abgeordneten - im Reichstag etwa ein Viertel, in Preußen circa ein Drittel der Mandatsträger - als wertvolle Informationsquelle diente.347 1899 legten die Archivmitarbeiter des Agrarierverbandes eine Sammlung von Zeitungsausschnitten zur Frauenfrage an, ein Zeichen dafür, daß die Frauenbewegung zum ernstzunehmenden politischen Faktor avanciert war. Die Pressemappen enthielten nicht nur Berichte über Aktionen und Versammlungen verschiedener Frauenvereine, sondern dokumentierten auch die Haltung der Parteien zur >Frauenfragegermanisch< ausgegeben. Sie waren in den Augen der Deutschvölkischen nicht nur die Voraussetzungen für die territoriale Expansion des Deutschen Reiches, sondern zugleich ihre Legitimation. Umgekehrt erklärte man sich mißliebige Zeiterscheinungen wie die Mutterschutzbewegung durch den Verlust der »herrschende(n) Stellung und sittlichen Grundsätze der Germanen« sowie in der »Völkervermischung der verschiedensten Rassen«. Daß der »rassenreine Deutsche« zum Kampf gegen diese »undeutsche(n) Einflüsse« aufgerufen wurde, belegt, daß der Begriff der Nation im Umkreis der »Deutschen Tageszeitung« längst rassistisch definiert war.355 Um die Frauenbewegung bei der antisemitischen und antisozialistischen Leserschaft der »Deutschen Tageszeitung« zu diskreditieren, genügte es daher, Frauenbewegung mit Sozialdemokratie und Judentum gleichzusetzen und alle drei der »Internationalität« zu bezichtigen: »Die Vertreterinnen der Frauenbewegung ... halten alles Nationale für einen veralteten, zu überwandenden Überrest aus barbarischen Zeiten, genau wie die Sozialdemokratie. Die Führerinnen stehen so gut wie ausnahmslos überhaupt auf den Boden der Sozialdemokratie oder dieser jedenfalls sehr nahe. Mit wenigen Ausnahmen gehören hier wie dort die Führerinnen der jüdischen Rasse an, und auch das ist sehr bezeichnend, denn ganz abgesehen von den eigentlichen politischen Zielen liegt für jene ja die internationale Idee im Blut.«356

Die agrarische Presse rekurrierte immer wieder auf binäre, sich gegenseitig ausschließende Oppositionen wie die Gegensatzpaare deutsch/jüdisch und national/international. Indem sie der Frauenbewegung die Attribute »jüdisch« und »international« beilegte, war der Leserschaft damit gleichzeitig bedeutet, daß diese Bestrebungen fundamental den nationalen deutschen Interessen zuwiderliefen. Die Frauenbewegung schien den Agrariern auf eine »Revolution unseres gesamten geistigen, wirtschaftlichen und politischen Lebens« abzuzielen und damit nur die »Fahne der Sozialdemokratie« voranzutragen. 357 Die Forderung bürgerlicher Gleichheit erschien als »Kampf der Geschlechter bis aufs Messer«, der die Feministinnen mit ihren »hyper-modernen Anschauungen« entweiblichte und in ein »bizarres Zwitterding« verwandelte. Vor allem die Sozialistinnen, freundlich mit »Bruthennen des Dogmas Marxens« tituliert, wurden gern unter Rückgriff auf einen Roman Ernst von Wolzogens als »drittes Geschlecht« charakterisiert und damit außerhalb jener Na95

turordnung gestellt, auf die sich die Agrarierpresse zur Absteckung der Geschlechtergrenzen ansonsten berief.358 Daneben hatte die »Deutsche Tageszeitung« aber auch den >radikalen< Flügel der Frauenbewegung im Visier. Kaum eine Veranstaltung des Verbandes fortschrittlicher Frauenvereine blieb unkommentiert. Die Titulierung »Fortschrittsdamen« hatte dabei durchaus parteipolitischen Nebensinn; verdächtigte man sie doch nicht ganz zu Unrecht liberaler Sympathien. Der Antifeminismus des BdL speiste sich also zu einem wesentlichen Teil aus seiner innenpolitischen Frontstellung gegen Sozialdemokratie und Liberalismus und war Ausdruck parteipolitischer Konkurrenzkämpfe. Darüber hinaus aber wirkten die parteipolitischen Charakterisierungen als willkürlich verwendete Chiffren, auf deren Signalwirkung die Urheber vertrauen konnten. Die im Umkreis des BdL formulierte andfeministische Terminologie bediente sich aus dem vorhandenen Fundus nationalistischer und antisemitischer Feindbilder, indem sie einzelne Versatzstücke herausbrach und die Stereotype neu kombiniert auf die Frauenbewegung anwandte. Dieses Strukturmuster kennzeichnete ebenso wie die Zuschreibung der Trias international/jüdisch/sozialistisch bzw. liberal auch den Umgang anderer völkischer und nationalistischer Verbände mit der >FrauenfrageDeutschen TageszeitungFrauenheer< der Sozialdemokratie. In Fragen des politischen Machterhalts rangierte Klassenloyalität allemal vor Geschlechtersolidarität.122 Tatsächlich rekrutierten sich die hier untersuchten Wortführer der antifeministischen Liga fast durchweg aus der adelig-bildungsbürgerlichen Oberschicht. Es waren Damen und Herren der »besseren Kreises die sich für den Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation engagierten, und seine Gründungsaufrufe lesen sich wie ein »Who is who« der Vorkriegsgesellschaft. Unter den Unterzeichnern finden sich gleich sechs Exzellenzen: der ehemalige preußische Staatsminister Ernst Maximilian von Koller123 ebenso wie Dr. Eduard Hoffmann, der es zum Direktor im Reichsjustizamt gebracht 135

hatte, Seite an Seite mit einer Frau Oberhofmarschall aus dem Zwerg-Fürstentum Lippe.124 Mit von der Partie waren diverse Hof- und Geheime Regierungsräte, so der konservative Kunsthistoriker Professor Adelbert Matthaei und der Berliner Germanistikprofessor Gustav Roethe, seines Zeichens nicht nur prominenter Frauenstudiumsgegner, sondern auch Sekretär der preußischen Akademie der Wissenschaften.125 Für die Welt der Kunst unterschrieben etwa der Kaiserlich-Königliche Kammervirtuose Professor Xaver Scharwenka126 und seine Exzellenz Professor Anton von Werner, hochdekorierter Genremaler, einflußreicher Kulturpolitiker, Direktor der akademischen Hochschule für bildende Künste in Berlin und Mitglied in einem knappen Dutzend nationaler und internationaler Künstlerakademien.127 Die evangelische Kirche war mit Geheimen Kirchen- und Konsistorialräten vertreten, weiterhin mit einem Generalsuperintendenten und einem Konsistorialpräsidenten.128 Aber auch aus der säkularen Verwaltungshierarchie bekannten sich eine Reihe von Spitzenbeamten offen zum antifeministischen Bund. Aus der Welt der Wissenschaft meldeten sich vor allem Mediziner und Juristen zu Wort, etwa Professor Max von Gruber in seiner Doppelfunktion als Chef der Gesellschaft fur Rassenhygiene und Leiter des Hygiene-Instituts an der Universität München, 129 oder Carl F. L. von Behr-Pinnow, Sozialhygieniker, Eugeniker, preußischer Kabinettsrat und Kammerherr in der Medizinalverwaltung, gleichzeitig Kabinettsekretär Ihrer Majestät der Kaiserin.130 Unterschrieben hatte auch der Jenaer Anatom und spätere Senator der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität, Professor Karl von Bardeleben, der sich bereits 1897 in einem Gutachten »hervorragender Universitätsprofessoren, Frauenlehrer und Schriftsteller« zur Universitätseignung von Frauen als ein »prinzipieller Gegner des Frauenstudiums« zu erkennen gegeben hatte. 131 Dazu kamen hohe Militärs wie Kontre-Admiral Erich von Dresky, Generalmajor Freiherr Albert von Lüdinghausen und seine Exzellenz Generalleutnant August Keim, der im Ersten Weltkrieg trotz seines hohen Alters noch mit der Verwaltung des besetzten Belgien beauftragt wurde.132 Aus der Politik unterschrieben etliche Funktionäre der Deutsch- wie der Freikonservativen Partei, daneben Parteiantisemiten wie Karl Hellwig und Adolf Bartels133 und der spätere Fraktionsfiihrer der Deutschnationalen Volkspartei, Ernst Oberfohren. 134 Aber auch der bekannte nationalliberale Anatom Professor Waldeyer stellte seinen Namen dem Bund zur Verfugung, und mit Paul Boenisch, dem Referent für Landwirtschaft im Reichsamt des Inneren, hatte sich gar ein Zentrumsmann den Antifeministen angeschlossen.135 Die Publizistik war breit vertreten: mit etlichen Journalisten, Schriftstellern und den Verlegern Friedrich Zillessen und Walther Graef.136 Für die Hochfinanz zeichnete der Direktor der Bayrischen Handelsbank, der Münchner Freiherr von Pechmann. 136

Freiherr von Pechmann war keineswegs der einzige Aristokrat, der sich mit den Zielen des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation einverstanden erklärte. Fast ein Sechstel seiner prominenten Anhängerschaft führte ein Adelsprädikat im Namen, darunter je drei Grafen und Gräfinnen, ein Baron, vier Freiherren, sechs Freifrauen und eine leibhaftige (hessische) Prinzessin. Die aktiven Emanzipationsgegnerinnen waren - mit 26 zu 13 Prozent - dabei im Schnitt deutlich >blaublütiger< als ihre männlichen Bundesgenossen, und auch im Vorstand des Bundes war der Adel überrepräsentiert.137 Der Anteil der adeligen Funktionärinnen unter den Vorstandsfrauen lag gar, unbeeinflußt von Weltkrieg und Revolution, konstant bei einem Drittel. Adeliges Selbst- und Standesbewußtsein erleichterte offenbar sonst eher traditionell eingestellten Frauen den öffentlichen Auftritt. Dieses Phänomen ließ sich freilich auch in evangelischen, konservativen und nationalistischen Frauenvereinen beobachten, war also kein spezifisches Merkmal des antifeministischen Bundes.138 Die aktive Gefolgschaft des antifeministischen Bundes rekrutierte sich jedoch nicht nur bezüglich adeliger Geburt, sondern auch hinsichtlich des Bildungsniveaus aus den Spitzen der wilhelminischen Gesellschaft. Die weitaus meisten Männer hatten eine Hochschule oder doch wenigstens ein Lehrerseminar besucht, mehr als ein Drittel hatte sich dort einen akademischen Grad erworben. 139 Adelsprädikate, akademische Titel und Auszeichnungen wie Exzellenz oder Geheimrat zusammengenommen, konnten 45 Prozent der aktiven Antifeministinnen und Antifeministen ihren Namen mit einem oder mehreren Zusätzen schmücken - ein hoher Prozentsatz selbst im titelbegeisterten Kaiserreich.140 Die berufliche Zusammensetzung des Bundes spiegelte die adelig-bildungsbürgerliche Herkunft der engagierten Emanzipationsgegner wider. Die meisten männlichen Antifeministen waren in der gehobenen Staats- und Kommunalbürokratie beschäftigt: Gut 22 Prozent, vielfach als Juristen ausgebildet, waren Kabinetts-, Justiz-, (Ober-)Regierungs- und Rechnungsräte, hohe Kommunalbeamte, Senatspräsidenten und Staatsminister, arbeiteten in der Medizinalverwaltung oder als höchste Richter in einem Landesoder Oberlandesgericht. Repräsentanten des neuen Mittelstandes - Journalisten, Ärzte, Rechtsanwälte, aber auch spezialisierte Angestellte im tertiären Sektor - stellten mit 15 Prozent die zweitgrößte Gruppe im Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation. 141 Entgegen bisheriger Forschungsmeinung 142 rangierten Lehrer und Oberlehrer mit knapp 14 Prozent erst auf Platz drei. Geistliche machten etwas mehr als 11 Prozent der Bundesgefolgschaft aus, Angehörige des alten Mittelstandes - Kaufleute und Handwerker - deutlich weniger: nicht ganz 8 Prozent. 143 Militärs (ausschließlich hohe Offiziere) lagen mit 6,2 Prozent an sechster Stelle, dicht gefolgt von Universitätsangehörigen144 137

und Vertretern der modernen Funktionseliten - Verbandsfunktionäre und hauptberufliche Politiker - mit jeweils 5,8 Prozent. 5,4 Prozent der männlichen Antifeministen waren als Rentiers - zumeist Gutsbesitzer - Repräsentanten feudaler Strukturen; nur knapp 4 Prozent gehörten zum modernen Wirtschaftsbürgertum: Unternehmer, Fabrikanten, Direktoren und (Finanz-)Manager. Das Schlußlicht bildeten Studenten mit einem Anteil unter drei Prozent. Sofern die weiblichen Bundesangehörigen bei der Berufsanalyse mit berücksichtigt und nicht erwerbstätige Ehefrauen dem Stand ihres Mannes zugeschlagen werden, verändert sich die Reihenfolge der Sozialgruppen nur in wenigen Punkten: Nach wie vor belegen die Vertreter der gehobenen Staats- und Ministerialbürokratie mit ihren Gattinnen - diesmal mit 20 Prozent - den Spitzenplatz. Mit je 14 Prozent folgen gleichauf die Angehörigen des neuen Mittelstandes sowie die Gruppe der Lehrer, Lehrerinnen und Lehrersgattinnen. Allerdings schieben sich durch die veränderte Berechnungsmethode die Feudalrentner deutlich nach vorn: Bedingt durch den hohen Anteil adeliger Antifeministinnen rangieren die Grundrenter und -rentnerinnen nun mit knapp 11 Prozent an dritter Stelle.145 Das Wirtschaftsbürgertum tauscht unter Einschluß der Frauen seinen vorletzten Platz mit den (Politik-Funktionären, deren Gattinnen überhaupt nicht in Erscheinung traten. Alle anderen Berufsgruppen bleiben von dem neuen Berechnungsmodus jedoch nahezu unberührt; mit Ausnahme der Feudalrentner verändert sich der prozentuale Anteil der einzelnen Parteiungen um weniger als ein Prozent. Die Meinungsführer und -fuhrerinnen im Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation stammten also aus dem niederen Adel und dem gebildeten, oft staatsnahen Bürgertum. Die breite Masse der Gefolgschaft - soweit sie sich in korporativen Mitgliedschaften von Angestellten- und Beamtenverbänden spiegelt - dürfte sich dagegen aus den mittleren und unteren bürgerlichen Schichten rekrutiert haben. 146 Obwohl die antifeministische Liga sich als Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation konstituierte, blieb ihre Wirkung im wesentlichen auf den Norden Deutschlands beschränkt.147 Fast zwei Drittel (64 Prozent) der aktiven Mitglieder kamen aus Preußen, knapp 40 Prozent davon allein aus Berlin. Alle übrigen Regionen waren dagegen weit abgeschlagen: 9 Prozent der Antifeministinnen und Antifeministen waren in einem der thüringischen Staaten zu Hause, 6 Prozent wohnten im Königreich Sachsen und 4 Prozent in Hamburg. Baden, Bayern, Hessen und Bremen rangierten in der regionalen Verteilung jeweils zwischen zwei und drei Prozent; ähnlich groß war auch die österreichische Fraktion im antifeministischen Bund. Nur wenige Köpfe zählte der Verband in anderen Ländern des Deutschen Reiches: Drei aktive Emanzipationsgegner bzw. -gegnerinnen lebten im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, je zwei im Königreich 138

Württemberg, im Fürstentum Schaumburg-Lippe oder im Herzogtum Braunschweig. Im Fürstentum Lippe gab es gar nur eine aktive Antifeministin. Jedoch hatte der Bund nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen benachbarten Staaten Anhänger und Anhängerinnen gefunden: je ein Mitglied in England und der Schweiz, zwei in Italien und drei in Frankreich. Das Übergewicht der preußischen Emanzipationsgegnerinnen und -gegner war im Vorstand noch stärker ausgeprägt als unter den aktiven BundAnhängern. 1913 hatten preußische Vorstandsmitglieder 33 von 46 Ämtern inne, das entsprach einem Anteil von 72 Prozent. 18 Funktionärinnen und Funktionäre, also knapp 40 Prozent des Gremiums, kamen allein aus Berlin. Je drei der offiziellen Bundesvertreterinnen und -Vertreter wohnten in Thüringen und Hamburg (jeweils 7 Prozent), zwei lebten in Sachsen, jeweils eine bzw. einer in Mecklenburg-Schwerin, Baden, Bayern, Hessen und der Schweiz. 1918 wurde der Vorstand des Bundes gegenüber der Vorkriegszeit stark erweitert. Er umfaßte nun 67 Antifeministen und Antifeministinnen. Nötig geworden war die Ausweitung des Gremiums wohl durch den körperschaftlichen Anschluß einiger Verbände, deren Vertretung im Führungsgremium des Bundes die Zusammenarbeit institutionell absichern sollte.148 Auch im erweiterten Vorstand von 1918 hatten die preußischen Funktionäre ein deutliches Übergewicht und besetzten mehr als zwei Drittel aller Positionen. 24 Vorstandsmitglieder kamen aus Berlin, mit knapp 36 Prozent vier Prozent weniger als noch 1913. Die preußische Provinz hatte demnach ihre Stellung gegenüber der Reichshauptstadt leicht ausgebaut. Mit der Neuorganisation der Vereinigung als Bund für deutsche Volkserneuerung verlagerte sich das Machtgefüge im Vorstand jedoch wieder deutlich und nun auch institutionell abgesichert zugunsten des preußischen Zentrums. In der 1920 veröffentlichten Satzung wurde festgeschrieben, daß sämtliche Mitglieder des Engeren Vorstands ihren Wohnsitz in Groß-Berlin haben mußten. Tatsächlich kamen jedoch nur sieben der acht Funktionäre und Funktionärinnen aus der Reichshauptstadt. Der Grund war der Wohnort der Zweiten Vorsitzenden, Ida von Meerheimb. Für die einflußreiche Christlich-Nationale aus Rostock machte der Bund stillschweigend eine Ausnahme.149 Typisch für den Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation war nicht nur seine vorwiegend auf Norddeutschland und vor allem Preußen beschränkte Verbreitung, sondern auch die überwiegend städtische Herkunft seiner Mitglieder. Definiert man Stadt als Gemeinwesen mit mehr als 50.000 Einwohnern, so wohnten 62 Prozent aller Antifeministen und Antifeministinnen in Urbanen Zentren. Aus Millionenstädten kam dabei fast ein Drittel der engagierten Emanzipationsgegner und -gegnerinnen (30 Prozent), aus Großstädten mit zwischen 500.000 und einer Million Bürgern dagegen nur 139

7 Prozent. Knapp ein Fünftel (19 Prozent) aller Bundesmitglieder lebte in Großstädten mit weniger als 500.000 Einwohnern; gut sechs Prozent in Mittelstädten mit einer Einwohnerzahl zwischen 50.000 und 100.000 Bürgern. In Dörfern, Kleinstädten oder auf dem Land wohnten dagegen zusammengenommen nicht einmal 40 Prozent aller aktiven Antifeministinnen und Antifeministen. Nach dem oben definierten Berechnungsmodus zählen die Universitätsstädte Weimar, Göttingen und Jena ihrer geringen Einwohnerzahl wegen nicht zur Gruppe der Städte. Verläßt man jedoch das starre Schema und attestiert den drei mitteldeutschen Gemeinden (universitäts-)städtische Kultur und Urbanen Status, tritt die vorwiegend städtische Herkunft der männlichen wie der weiblichen Mitglieder des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation noch klarer hervor: Nach diesem Verfahren waren über 70 Prozent aller engagierten Emanzipationsgegner in einem Urbanen Zentrum zu Hause. 150 Mittelpunkt der antifeministischen Bewegung war Berlin. Ein knappes Viertel der ermittelten Antifeministen und Antifeministinnen - 87 Personen - lebten in der Hauptstadt des Deutschen Reiches. Andere Städte waren im Gegensatz dazu weit abgeschlagen: In Hamburg ließen sich 15 Emanzipationsgegnerinnen und -gegner (4 Prozent) ausmachen, in Dresden 12 und in Kiel 10 Personen (3,3 bzw. 2,8 Prozent). In Frankfurt am Main und Kassel lebten je 9 aktive Antifeministen und Antifeministinnen (2,5 Prozent). Auch das kleine Weimar schien ein günstiges Milieu für antifeministische Strömungen geboten zu haben: Dort waren immerhin 20 aktive Mitglieder (5,5 Prozent) des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation daheim.151 Die Auswertung der Daten über die geographische Verteilung der Bundesmitglieder läßt zwei Schlüsse zu: Zum einen bestätigt sie die Vermutung, daß es sich bei dem Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation um eine Abwehrbewegung handelte, die nicht zuletzt durch die Erfolge der Frauenrechtlerinnen motiviert war. Zentren der antifeministischen Organisation waren just jene Städte und Regionen, die als Hochburgen der Frauenbewegung galten. 152 Zum anderen läßt die geographische Verteilung der emanzipationsfeindlichen Aktivistinnen und Aktivisten indirekt auf ihre konfessionelle Zugehörigkeit schließen.153 Ein Großteil der engagierten Antifeministen kam aus ganz oder überwiegend evangelischen Regionen. Selbst bayrische Emanzipationsgegner waren Protestanten. 154 Zwar bemühte sich der Bund, was die beiden chrisdichen Religionen anging, in seinen offiziellen Verlautbarungen um konfessionelle Neutralität. 155 Mit seinen Eingaben und Petitionen wandte er sich nicht nur an Vertreter der evangelischen, sondern auch an die katholische Kirche. De facto aber war die antifeministische Liga ein im Kern protestantischer Verband. Weil den orthodoxen Lutheranerinnen und Lutheranern im Bund 140

der evangelische Gedanke angesichts einiger prominenter deutschgläubiger Mitglieder wie Adolf Bartels oder Ernst zu Reventlow dennoch zu kurz zu kommen schien,156 schlossen sie sich zu einer »Christlich-nationalen Gruppe« zusammen, die innerhalb der antifeministischen Liga eigenständig agierte. Einen katholischen Flügel gab es dagegen nicht. Entsprechend stand die evangelische Frauenbewegung im Zentrum der »christlich-nationalen« Kritik; die katholische Frauenbewegung wurde im »Monatsblatt« der Antifeministen dagegen weitgehend ignoriert. Die erklärte Feindschaft des langjährigen Bundesvorsitzenden und Schriftleiters Ludwig Langemann gegen das katholische Zentrum war jedoch nicht nur parteipolitisch, sondern auch konfessionell begründet.157 Trotzdem schlossen sich einige wenige Katholiken den Emanzipationsgegnern an.158 Das erschien offensichtlich ebensowenig als Widerspruch wie die Diskrepanz zwischen dem notorischen - vor allem seit 1917 im Bundesorgan stark hervortretenden - Antisemitismus der Organisation und der Tatsache, daß eine ihrer bedeutendsten Repräsentantinnen - die Mannheimer Schriftstellerin und Journalistin Anna Schellenberg - Jüdin war.159

3.4. Die Aktionsformen des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation Ungeachtet seiner antimodernen Forderungen waren die Mittel, mit denen der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation arbeitete und auf sich aufmerksam machte, auf der Höhe der Zeit. Pressearbeit, öffentliche Versammlungen, Kontakte zu Politikern, der Einsatz von Flugblättern und interne Mitgliederschulungen galten im Verbandswesen vor dem Ersten Weltkrieg als Kennzeichen »modernster Organisation und Propaganda«.160 Die antifeministische Liga konnte damit durchaus mithalten. Ihre ausgefeilte Öffentlichkeitsarbeit betrieb sie auf verschiedenen Ebenen. Nach innen stellte die Vereinigung über eine Monatszeitschrift den Kontakt zu ihren Mitgliedern her und lieferte ihnen das antifeministische Weltbild frei Haus. Nach außen zeigte der Bund Präsenz in der lokalen Öffentlichkeit, organisierte Kontakte zu Politikern und anderen Verbänden, versuchte die öffentlichen Meinung durch Pressearbeit und Publikationen zu beeinflussen und sprach gezielt die flir seine Ziele zuständigen Behörden und ihre maßgeblichen Funktionsträger an. Die Koordination dieser Aktivitäten übernahm die Berliner Geschäftsstelle. Hier war - vermutlich seit 1914 - ein bezahlter Funktionär aussschließlich für - wie man heute sagen würde - Public Relations zuständig.161 Der Information der Mitglieder in eigener Sache diente das Verbandsor141

gan »B.G.F.-Korrespondenz«. Herausgegeben von Ludwig Langemann, bot sie - zunächst handschriftlich verfaßt, dann gedruckt - eine kommentierte Zusammenstellung frauenpolitischer Presseausschnitte aus antifeministischer Sicht. Dazu kamen Eigenberichte des Schriftleiters, Nachrichten über die Aktivitäten der neugegründeten Organisation und ihrer Ortsgruppen, Auszüge aus Werken prominenter Mitglieder sowie Literaturhinweise.162 Bundesmitglieder bezogen das vier bis sechs Seiten starke Blatt kostenlos.163 Die erste Nummer - Auflage 200 Stück - war im Nu vergriffen.164 Seit 1913 erschien das »Monatsblatt des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation«, das die »Aufklärungsarbeit« der »Korrespondenz« in größerem Stil fortsetzte. Jedes Mitglied erhielt das Blatt, finanziert über den Jahresbeitrag.165 Der Aufbau war immer der gleiche: Am Anfang standen ein oder mehrere größere Artikel zu bestimmten Detailproblemen, die das antifeministische Verständnis tagesaktueller Erscheinungen vermitteln sollten. Andere Rubriken gaben einen Überblick über den aktuellen Stand des weiblichen Wahlrechts im In- und Ausland und berichteten über die Entwicklung der >Frauenfrage< in gesellschaftlichen Institutionen, in Parteien und Verbänden. Eine letzte Abteilung informierte schließlich über Vereinsinterna, Vorträge und Bücher. Mit diesen Nachrichten sollte den Bundesmitgliedern Material zur »Informierung und Werbearbeit« an die Hand gegeben werden.166 Die Funktionäre des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation beobachteten die gesellschaftspolitische Entwicklung und die Aktionen ihrer Gegnerinnen sehr genau. Im Nachlaß des Heidelberger Ortsgruppenvorsitzenden Arnold Rüge fand sich eine dicke Mappe mit Zeitungsausschnitten aus Frauenzeitschriften, Adressenlisten von Frauenvereinigungen sowie eine umfangreiche Bibliographie zur Frauenliteratur. Rüge war es auch, der vorschlug, Bund-Mitgliedern ein Verzeichnis der verschiedenen Frauenorganisationen und ihrer Presseorgane zuzuschicken.167 Die hohe Zahl nachgedruckter Fremdberichte belegt, daß eine Reihe von Verbandsund Tageszeitungen nicht nur regelmäßig gelesen, sondern auch systematisch ausgewertet wurde. Sogar ausländische Publikationsorgane waren darunter - Bund-Schriftleiter Ludwig Langemann bezog ζ. B. das Verbandsblatt der amerikanischen Stimmrechtsgegnerinnen. 168 Die konsequente Nutzung der Medienlandschaft für eigene Zwecke war ebenso eine moderne Erscheinung wie die Einrichtung eines Pressedienstes, der aus der Nachrichtenmenge, die aufzunehmen die Kapazität einer Einzelperson überstieg, gezielt bestimmte Informationen auswählte und weitergab. Durch die Selektion und einseitige Präsentation der Informationen wurde das Zeitgeschehen den Leserinnen und Lesern gleichsam im antifeministischen Sinne vorinterpretiert; das »Monatsblatt« wurde zum Transportmittel einer spezifischen Weltanschauung. Die gleichbleibende Aufmachung 142

der Zeitschrift produzierte einen Wiedererkennungseffekt, der die Bindung der Abonnentinnen und Abonnenten an die Organisation sowie ihre Identifikation mit den Zielen des Bundes verstärken sollte. Der Einbindung und Mobilisierung antifeministischen Potentials dienten daneben die Ortsvereine, die sich in den größeren Städten Nord- und Mitteldeutschlands bildeten. Vorwiegend in Preußen und Schleswig-Holstein schlossen sich die Anhängerinnen und Anhänger in Ortsgruppen zusammen: in Schleswig, Kiel und Hamburg, in Potsdam, Breslau, Bremen und Hildesheim, in Hannover, Göttingen, Weimar, Dresden und als südlichste Enklave in der Region Mannheim-Heidelberg. In Berlin, dem Sitz des Bundes, gab es gleich drei Vereinigungen; in Leipzig war ein weiterer Ableger geplant. 169 Die Ortsvereine stellten Mitgliedern nicht nur einen Ort geselligen Austausches zur Verfugung, sondern sollten auch die Präsenz des Bundes in der lokalen (Zeitungs-Öffentlichkeit garantieren. Die Gründung der Ortsgruppen vollzog sich in der Regel im Anschluß an einen Vortrag, zu dem eigens ein prominentes Bund-Mitglied anreiste, um etwa über die »Gefahren der radikalen Frauenbewegung« aufzuklären. Ab und an fanden sich zu den Versammlungen auch Delegierte befreundeter Verbände oder sogar Reichstags-Abgeordnete ein, um ihre Solidarität zu bekunden. 170 Die Ortsgruppen starteten mit 20 (in Hildesheim), 30 (in Göttingen) oder 50 (wie in Weimar und Kiel) aktiven Mitgliedern. 171 Zum Teil konnten sie jedoch ihre Größe bis zum Vorabend des Ersten Weltkriegs verdoppeln. In Breslau stieg die Zahl der engagierten Antifeministen binnen eines Jahres von 25 auf 50 an. 172 Die Lokalvereine waren als eigenständiger Verband mit Vorsitzenden, Schriftführern, Kassierern und Beisitzern organisiert. Ebenso wie im Zentralverband hatten die Antifeministinnen auch vor Ort rund 20 Prozent der Funktionärsposten inne. Allerdings waren sie in den Ortsgruppen noch weniger an den eigentlichen Führungspositionen beteiligt und mußten sich - wie in Weimar - mit der undankbaren Aufgabe des Kassenwarts oder einem Sitz im Beirat begnügen. 173 Wöchentliche Treffen, wie sie etwa in Heidelberg-Mannheim abgehalten wurden, 174 dürften auch schon vor dem Krieg die Ausnahme gewesen sein. Die Ortsverbände wurden meist nur aus konkretem Anlaß aktiv, etwa dann, wenn bekannte Antifeministinnen und Antifeministen in der Provinz Station machten oder die Berliner Verbandsleitung die Leiterin der englischen AntiSuffrage-Bewegung auf Tournee schickte.175 Mit solchen Veranstaltungen schuf der Bund öffentlichkeitswirksame Ereignisse, mit denen er sein Anliegen in der Presse wie im Bewußtsein der Zeitgenossen gegenwärtig hielt und erfolgreich um neue Mitglieder warb. 176 Zumindestens in der Vorkriegszeit waren sie gar nicht so selten: Die (Berlin-)Friedenauer Antifeministen warteten im Mai, September und No-

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vember 1913 mit prominenten Rednern auf, und zwischen Januar und März 1914 luden die Schleswiger Emanzipationsgegner immerhin zweimal zum Vortrag ein. Im selben Jahr brachte es eine Berliner Versammlung auf respektable 300 Besucher und Besucherinnen.177 Dennoch klagte Antifeministen-Chef Langemann schon Ende 1913, daß gerade auf Ortsebene »eine ausreichende Zahl arbeits- und opferwilliger Mitglieder« fehle und es daher trotz insgesamt steigender Mitgliederzahlen mit »der Ortsgruppengründung nur sehr langsam vorwärts« gehe.178 Fünf Jahre später hieß es, daß die beabsichtigte Neuorganisation der offenbar unbefriedigend arbeitenden Lokalvereine »den Zeitumständen entsprechend unmöglich« sei und daher »auf die Zeit nach dem Kriege zurückgestellt werden« müsse.179 Um seine Ziele zu forcieren, suchte der antifeministische Bund daher bewußt den Kontakt zu anderen Vereinigungen. Über die geschilderten personellen Verflechtungen mit Parteien und Verbänden hinaus drängte er Organisationen zum körperschaftlichen Anschluß. Bereits im Herbst 1913 berichtete der damalige Geschäftsführer Theophil Eberhard, »verschiedene Hausfrauenvereine, handwerkliche Fach- und andere weibliche Berufsorganisationen (hätten) ihre prinzipielle Zustimmung zum Programme des Deutschen Bundes erklärt, und Unterhandlungen wegen korporativen Beitritts seien im Gange.«180

Bis 1916 hatten sich der antifeministischen Liga neben dem Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband auch der Bund Deutscher Militäranwärter, der Verband sächsischer mittlerer Eisenbahnbeamter und der Verband Deutscher Rechtsanwalts- und Notariats-Bürobeamter angeschlossen. In Hinblick auf anstehende Petitionen gegen das Frauenwahlrecht verstärkte der Verband seine Anstrengungen und forderte seine Mitglieder auf, in allen Vereinen, denen sie sonst noch angehörten, den Antrag zu stellen, der antifeministischen Liga korporativ beizutreten. 181 Der Bundesvorsitzende war zuversichdich und hoffte »auf einen gewissen Erfolg«.182 Die Werbeaktionen blieben nicht ohne Ergebnis. Eineinhalb Jahre später konnte Ernst Oberfohren, Langemanns Nachfolger auf dem Chefsessel des antifeministischen Bundes, dem Vorstand von 25 angeschlossenen Vereinen berichten.183 Ihre Namen nannte er nicht, doch hatte Langemann seinerzeit besonderen Nachdruck auf die »Anwerbung der grossen Beamtenverbände« gelegt.184 Tatsächlich schlossen sich den Emanzipationsgegnern bei ihren Petitionen neben völkischen Gruppierungen vor allem Beamten- und Angestelltenvereinigungen an. Wie der Deutschnationale Handlungsgehilfenverein hatte auch der Bund Deutscher Militäranwärter Mitspracherecht in der antifeministischen Liga: Seit 1918 entsandte er einen Vertreter in den Geschäftsfuhrenden Ausschuß.185 144

Der antifeministische Bund versuchte seinen Einfluß nicht nur durch personelle Interdependenzen und korporative Mitgliedschaften auszudehnen, sondern setzte auch erfolgreich auf die überzeugende Wirkung direkter Kommunikation. Zahlreiche Organisationen luden prominente Antifeministinnen und Antifeministen zum Vortrag ein. Julius Werner, der Leiter der Christlich-nationalen Gruppe im Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, referierte beim Pommerschen Provinzialverein fur Innere Mission 186 und vor 2 0 0 deutschnationalen Handlungsgehilfen in Karlsruhe. 187 1913 wetterte er auf dem evangelischen Schulkongreß in Kassel gegen die »Gefährdung des deutschen Hauses und der christlichen Familie« durch die Frauenrechtlerinnen, 188 und drei Jahre später trat er als Hauptredner bei der Jahresversammlung des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins und der Frauenhilfe auf. 189 Vorstandsmitglied von Behr-Pinnow sprach bei einer Tagung der Deutschen Vereinigung fur Säuglingsschutz, 190 und Max von Gruber wies beim Deutschen Verein für öffentliche Gesundheitspflege die Schuld am Geburtenrückgang der »Frauenemanzipation mit ihrer Geringschätzung des Mutterberufs« zu. 191 Im Volksvermehrungs-Ausschuß der Deutschen Gesellschaft für Bevölkerungspolitik forderte der Mediziner die Einschränkung der Frauenerwerbstätigkeit und die »Verhinderung des weiblichen Wettbewerbs auf den Gebieten der männlichen Arbeit«. 192 Rechtsaußen Arnold Rüge wurde ganz offiziell ins Offizierskasino des 1. Badischen Leibdragonerregiments eingeladen. 193 Archivrat von Pflug-Harttung verurteilte die Frauenbewegung im Berliner Verein fur notleidende Frauen der gebildeten Stände und sah die grundsätzliche Überlegenheit des Mannes durch den Weltkrieg für erwiesen an. 194 Seine Bundeskollegin Marie Diers hielt einen Vortrag bei der Brandenburgischen Landgemeinde, dem Verband älterer deutscher Wandervögel, 195 Helene Hummel legte ihre Position bei der Vereinigung für vaterländische Vorträge (einer Unterabteilung des Alldeutschen Verbandes) dar, 196 und Anna Schellenberg zog auf dem Breslauer Kongreß für Schulreform gegen die Frauenbewegung zu Felde. 197 Bund-Gründer Friedrich Sigismund klärte den Konservativen Verein in Leipzig über die »nationale Gefahr« durch die >radikale< Frauenbewegung auf. 198 Der langjährige Vorsitzende Ludwig Langemann ließ sich im Nationalliberalen Verein seiner Heimatstadt Kiel über das Frauenstimmrecht aus. 199 Sein Vortrag in der Kieler Ortsgruppe des Alldeutschen Verbandes endete mit einer Resolution: Die Frauenbewegung, so urteilten die versammelten Vaterlandsfreunde einmütig, berge »im völkischen Sinne erhebliche Gefahren in sich«. 200 Besonders aktiv in Sachen Vortragsreisen war der Kieler Oberlehrer und Politiker Ernst Oberfohren in seiner Eigenschaft als - zeitweiliger - Vorsitzender des Antifeministen-Bundes. Er trat beim Kieler Militärverein »Herzog von Holstein« auf, 201 trug seine Gedanken über die Auswirkungen des 145

Ersten Weltkrieges auf die >Frauenfrage< beim Verein ehemaliger Seesoldaten vor202 und sprach 1914 das Grußwort des Bundes beim Norddeutschen Handlungsgehilfentag in Neumünster. 203 Einer ganzen Reihe von Vereinen war das Anliegen der Emanzipationsgegner also wichtig genug, um antifeministische Rednerinnen und Redner bei ihren Veranstaltungen willkommen zu heißen. Durch gezielte Anwerbungen versuchte der Bund außerdem, einflußreiche Bürokraten und Institutionen auf sein Anliegen aufmerksam zu machen. Bundesgeschäftsfuhrer Eberhard bot beispielsweise dem Regierungspräsidenten von Wiesbaden den Bezug des »Monatsblattes« an und legte seinem Schreiben gleich drei Probenummern bei.204 Die Tübinger Universitätsbibliothek kam auf diese Weise zu einem kompletten Abonnement des »Monatsblattes«, der »Deutschen Volkswacht« und der Schriftenreihe der Organisation.205 Wenn möglich, ließ man die Arbeit des Verbandes der anvisierten Stelle direkt von einem Bundeskollegen empfehlen, wie etwa im Fall einer beim Sächsischen Innenministerium eingegangenen Werbeschrift. Sie war von einem Antifeministen übermittelt worden, der als Sekretär im Dresdener Kultusministerium angestellt war.206 Um ihre Ziele zu erreichen, schreckte die Organisation selbst vor offener Denunziation nicht zurück. Im Kriegsjahr 1915 machte das antifeministische Vorstandsmitglied Willy Nüsse den Oberregierungsrat Roedenbeck im preußischen Innenministerium auf eine Berliner Frauenversammlung aufmerksam, bei der die Hoffnung geäußert wurde, die Mitarbeit der Frauen im Krieg werde zur Verleihung des Stimmrechtes fuhren. 207 Antifeminist Nüsse sah darin eine »Gefährdung des Burgfriedens« und bat Roedenbeck darum, »gegen derartige Veranstaltungen Stellung zu nehmen«. Er verblieb »in der angenehmen Hoffnung, keine Fehlbitte getan zu haben« und setzte seiner Unterschrift von Hand ein deutlich erkennbares Hakenkreuz hinzu. Offensichüich appellierte Nüsse an die Solidarität eines Bundesbruders vermutlich aus dem Deutschbund, dessen Erkennungszeichen die Swastika war.208 Da das Schreiben mit dem Vermerk »In den Geschäftsgang« in die »Akten zum Vereins- und Versammlungswesen während des Krieges« wanderte, 209 dürfte Nüsses Vorstoß nicht vergeblich gewesen sein - jetzt war Anlaß gegeben, die Frauenrechderinnen noch aufmerksamer zu observieren als bisher. Neben solchen Methoden informeller Einflußnahme lag ein Schwerpunkt der Gremienarbeit des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation auf Gegenpetitionen zu Vorstößen aus der Frauenbewegung. Ob kommunales Wahlrecht, Abschaffung des >Lehrerinnenzölibats< oder Reichstagsdebatten: Der Bund wollte in der Exekutive wie in Plenarsälen für ein Gegengewicht zu den feministischen Forderungen sorgen. Dabei kopierte er nicht nur in der Form das Vorgehen der Frauenrechtlerinnen (und anderer Inter146

essenorganisationen) - Petitionen, Einflußnahme auf Parteienvertreter und später Unterschriftenlisten sondern überließ auch Anlaß und Zeitpunkt der Auseinandersetzung zunächst der Frauenbewegung. Besondere Wirkung zeigten die Aktivitäten der antifeministischen Liga in der Regel dann, wenn sich ein Bundesmitglied vor Ort für ihre Belange verwandte. So machten etwa die Bremer Antifeministen und Antifeministinnen im Frühjahr 1914 gegen eine Petition des örtlichen Stimmrechtsvereins mobil, in dem die Senatoren aufgefordert wurden, auch Frauen die vollen staatsbürgerlichen Rechte zu gewähren. 210 Schon zwei Monate später berichtete das »Monatsblatt« von einem sozialdemokratischen Antrag auf Einführung des Frauenstimmrechts im Bremer Senat, den »unser Bundesmitglied Herr Kuhlmann« - augenscheinlich Mitglied der Bremer Bürgerschaft - »in einer vortrefflichen Rede« zurückgewiesen habe. Der Antrag wurde gegen die Stimmen der SPD Vertreter verworfen. Die »Forderungen der Rechtlerinnen« seien von Senat und Bürgerschaft »glatt abgelehnt worden«, jubelte das »Monatsblatt« und empfahl das energische Vorgehen der Bremer Ortsgruppe zur Nachahmung. 211 Erst als 1915 Ludwig Langemanns Denkschrift »Warum müssen Kirche, Gemeinde und Staat das Frauenstimmrecht grundsätzlich ablehnen?« fertiggestellt war, ergriff die antifeministische Liga selbst die Initiative und schickte sie an die unterschiedlichsten Institutionen im ganzen Reich. Der Titel war aus guten Gründen so allgemein gehalten. Die Formulierung machte es möglich, einen großen Kreis von Adressaten mit vergleichbar geringem Aufwand anzusprechen. Sogar das Anschreiben, das die Broschüre begleitete, war standardisiert: Es mußten nur noch jeweils neue Anschriften und Anredeformen eingesetzt werden. In Bremen durchlief die Schrift vier Monate lang Wahlkommission, Unterrichtskanzlei und die Kirchliche Kommission des Senats, bis sie schließlich auf dem Tisch des Regierenden Bürgermeisters - für den sie ursprünglich bestimmt war - landete.212 Auch beim Bayrischen Staatsministerium des Königlichen Hauses und des Äußeren in München erhielt man Post aus Berlin.213 Ergänzt um Ausführungen aus weiblicher Feder, ging die Druckschrift an einzelne Parlamentarier und Mitglieder der Staatsbürokratie, von denen man sich Unterstützung erhoffte - ein Unternehmen, dem der Bund im Rückblick »besonders gute Wirkung bei der Gegenpropaganda« zuschrieb.214 Den direkten Kontakt zu den Volksvertretern hatte die antifeministische Liga schon vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs gesucht. Als der Verein »Frauenbildung-Frauenstudium« 1914 im preußischen Landtag gegen die Universitätsberechtigung der Oberlyzeen petitionierte, 215 gingen sämtlichen Abgeordneten der Kammer von seiten des Bundes ausführliche Darlegungen zu, »in denen die Entstellungen und Schiefheiten dieser Eingabe 147

aufgezeigt wurden«. 216 Zwei Jahre später, als der Berliner Verein Frauenwohl die Aufhebung des Eheverbots für Festangestellte Lehrerinnen zu erreichen suchte, nahmen die Antifeministen Kontakt mit dem preußischen Kultusminister von Trott zu Solz auf und übersandten ihm eine Argumentationshilfe, um das Ministerium zum Festhalten am Lehrerinnenzölibat zu motivieren.217 Tatsächlich wurde der Antrag des Vereins Frauenwohl abgewiesen.218 Hauptsächlich aber setzte der Deutsche Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation auf die konsequente Beeinflussung der Presse. Sein Name und seine Intention hatten schon bei der Gründung für ein großes Medienecho gesorgt, und vielleicht war sein schroffes Auftreten in gewisser Weise auch auf Effekt berechnet. Akribisch wurde der Tenor des Presseechos registriert und ausgewertet.219 Schließlich wurden und werden in Zeitungen, das hatte der chrisdich-nationale Pfarrer Julius Werner schon 1906 erkannt, »nicht nur Tatsachen und verbürgte Nachrichten verbreitet,... sondern vor allem geistige Anschauungen, politische und soziale Ideen«.220 Die Bundesleitung war überzeugt, daß die Verwirklichung ihrer Ziele »nur durch eine unablässige Tätigkeit in Wort und Schrift zur Aufklärung der öffentlichen Meinung bewirkt werden« könne. Auch dazu diente die »B.G.F.-Korrespondenz« und das sie ablösende »Monatsblatt«. Der Nachdruck der Artikel in den Printmedien war ausdrücklich erwünscht. 221 Zusätzlich erschien mit »Deutsche Frauenart« periodisch ein hauseigener Pressedienst, um »passende Aufsätze einer größeren Anzahl von Zeitungen zugänglich« zu machen.222 Im Sommer 1918 wurde schließlich ein Frauenpresseausschuß gegründet, der unter dem Vorsitz der Schriftstellerin Marie Diers vermutlich Kontakt zu verschiedenen Frauenzeitschriften halten sollte.223 Über diese Form der Medienarbeit hinaus lancierte der Verein gezielte Zeitungskampagnen. So machten die Antifeministen 1913 gegen den Breslauer Frauenkongreß »in der Presse Front«. Der Bund gab zu den Breslauer Ereignissen - auf dem Frauenkongreß waren angeblich auch Schulmädchen zugegen - eine offizielle Stellungnahme heraus, die in einer nicht näher genannten Anzahl Zeitungen veröffentlicht wurde. 224 Neben diesen institutionalisierten Wegen bediente sich der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation der Verbindungen, die einzelne Antifeministinnen und Antifeministen zu regionalen und überregionalen Presseorganen aufgebaut hatten. Als Mitarbeiter verschiedener Tageszeitungen oder Verbandszeitschriften hatten sie Gelegenheit, im Sinne des Bundes dort Artikel unterzubringen und konnten sich so zur »Erörterung von Streitfragen« gezielt in die publizistische Diskussion einschalten.225 Julius Werners evangelische Kirchenzeitschrift »Glaube und Tat« fungierte als Verbandsorgan der Christlich-nationalen Gruppe des Bundes, 226 mit der evangelischen »Frauenhülfe« herrschte engstes Einvernehmen. 227 Darüber hinaus forderte 148

die Geschäftsstelle aber auch die weniger prominenten Antifeministen auf, »unsere Schriften verbreiten zu helfen, vor allem durch Besprechungen in der Lokalpresse«.228 Gerade weil die Organisation der Ortsgruppen hinter den Erwartungen des Verbandes zurückblieb, wollte der Bund durch Pressearbeit auf lokaler Ebene von sich reden machen und nahm gezielt die Provinzblätter in den Blick.229 Von den Bewohnern und Bewohnerinnen des >platten Landes< versprach man sich stärkere Sympathien fur die antifeministische Sache als unter der >modernen< Stadtbevölkerung - in Anbetracht der städtischen Herkunft aktiver Emanzipationsgegner eine glatte Fehleinschätzung. Die antifeministische Liga verließ sich jedoch nicht nur auf die traditionellen Formen der Pressearbeit, sondern setzte zur Mitgliederwerbung und Popularisierung ihrer Vorstellungen ebenso wie zu direkten Angriffen auf die Frauenbewegung Flugblätter und Flugschriften ein.230 Als Referenzadresse traten sowohl die zentrale Geschäftsstelle in Berlin als auch Ortsverbände auf. Graphisch waren die knappen, meist ein bis zwei Seiten umfassenden Flugblätter nicht sonderlich aufwendig gestaltet; sie erinnerten eher an Briefe denn an Handzettel, die auf den ersten Blick Aufmerksamkeit erregen sollten. Vielfach wurden die Druckerzeugnisse nicht auf der Straße an ein anonymes Publikum verteilt, sondern gezielt an Presseorgane und potentielle Sympathisanten verschickt, hatten also den Charakter von Pressemitteilungen. Daneben benutzte der Bund die Handzettel aber auch, um auf seine Veranstaltungen aufmerksam zu machen. Als die Antifeministen Ende 1912 in Berlin zu ihrer ersten Hauptversammlung zusammenkamen, waren schon am Vortag »an den verkehrsreichsten Plätzen Flugblätter und Ankündigungen« für das große Ereignis verteilt worden. 231 Schon wenige Monate danach, im Mai 1913, erschienen die ersten Broschüren der antifeministischen Liga, die zum Teil aus Vorträgen prominenter Bundesmitglieder hervorgegangen waren.232 Ausdrücklich wurden alle Mitglieder darum gebeten, »sie in möglichst vielen Exemplaren zu beziehen und sie in ihren Kreisen zu verbreiten«.233 Vertrieben wurden die genannten fünf und zwei später hinzutretende Werbeschriften über die Berliner Geschäftsstelle des Bundes und bis zum Tod des Bundesmitglieds Friedrich Zillessen über dessen Berliner Verlagsbuchhandlung, in der auch das »Monatsblatt« erschien.234 Die Schriftenreihe sollte neben den Mitgliedern vor allem Personen ansprechen, die nicht - oder noch nicht - bereit waren, dem Bund beizutreten und sich zu einem Abonnement des »Monatsblattes« zu verpflichten. Der für die Kaufkraft einer bürgerlichen Klientel, wie der Bund sie ansprach, vergleichsweise niedrige Verkaufspreis von zehn bis 25 Pfennig, der sich bei Abnahme größerer Stückzahlen noch verringerte,235 läßt den Werbecharakter der Broschüren deutlich hervortreten. Vermutlich hatte man dabei auch potentielle Interessenten aus kleinbürgerlichen Schichten 149

wie Mitglieder des D H V oder anderer männlicher Berufsverbände im Blick. Erzielen ließ sich ein solcher Preis nur durch hohe Auflagen oder entsprechende Subvention. Nicht immer jedoch mußte der Bund selbst dafür sorgen, daß Schriften aus seinem Umfeld auf den Buchmarkt kamen. Bei einer ganzen Anzahl Texte aus der Feder organisierter Emanzipationsgegnerinnen und -gegner nahmen andere Stellen - etwa die evangelische Frauenhilfe oder der Vaterländische Schriftenverband - ihm das unternehmerische Risiko und die Kosten ab. 236 Anderen Antifeministinnen und Antifeministen gelang es, Verlage - insbesondere aus dem Umfeld der völkischen Bewegung - zur Publikation ihrer Abhandlungen zu bewegen. 237 Doch nicht nur deshalb erschienen als offizielle Schriften des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation keine weiteren Broschüren. Der Organisation fehlten schlicht sowohl Geld als auch Personal. Im Januar 1 9 1 7 beklagte sich Schriftleiter Ludwig Langemann bei seinem Vorstandskollegen Arnold Rüge: »Was Sie über fehlende Werbeschriften sagen, ist ja ganz richtig; aber da gibt es einige sehr wesentliche Hindernisse. ... Wer schreibt die Werbeschriften? - Fast die ganze literarische Arbeit für den Bund ist mir zugefallen, auch das Monatsblatt; meine Kräfte sind aber beschränkt.«

Rüge sollte daher die einzig aktuelle, als »Denkschrift« des Bundes ausgewiesene Broschüre »Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation« durch »einen empfehlenden Artikel« für die süddeutschen Zeitungen absetzen helfen: Könnte sie »in 1 0 . 0 0 0 Exemplaren in Deutschland verbreitet werden ..., so würde die Wirkung schon zu spüren sein, und ausserdem wäre uns auch finanziell geholfen«. 238 In der Tat war es um die Finanzen des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation nicht zum Besten bestellt. Trotz des relativ niedrigen Mitgliedssatzes von drei Mark jährlich für Einzelpersonen und vier Mark für Ehepaare erwiesen sich die Antifeministen und Antifeministinnen als saumselige Beitragszahler. 239 Mitte 1918 standen für das laufende Jahr noch 1.650 Mark private Mitgliedsbeiträge aus. Die 25 dem Bund korporativ angeschlossenen Verbände entrichteten unterschiedlich hohe Mitgliedsbeiträge, Zahlen wurden jedoch nicht genannt. 240 Das Spendenaufkommen soweit es im Monatsblatt per Quittung nachgewiesen wurde - überschritt tausend Reichsmark pro Jahr kaum. 241 Auch wenn der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation noch im Sommer 1 9 1 8 eine Kriegsanleihe in Höhe von tausend Mark zeichnete und über ein Kapital von weiteren tausend Reichsmark verfugte, 242 konnte er sich mit finanzkräftigen Organisationen wie etwa dem Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband oder dem Bund der Landwirte bei weitem nicht messen. Die im Verlauf des Ersten

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Weltkriegs zunehmende finanzielle Belastung auch bürgerlicher Haushalte, die Geldentwertung und der Verlust der Kriegsanleihen dürften das ihre dazu beigetragen haben, die Einkünfte des Bundes zu schmälern. Kein Wunder also, wenn der Vorsitzende Ludwig Langemann 1916 seine Organisation mit Blick auf die amerikanischen Emanzipationsgegnerinnen als »kleinen finanzschwachen« Verein bezeichnete.243 Vor diesem Hintergrund war die Arbeit der antifeministischen Liga erstaunlich effektiv. Dazu trug nicht zuletzt die medienwirksame Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Frauenbewegung bei.

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4. Frauenpolitische Kontroversen 1912-1914

Die Anliegen der antifeministischen Liga trafen vor allem dort auf Resonanz, wo schon seit der Jahrhundertwende die kritische Haltung gegenüber der Frauenbewegung dominierte: in den Verbandsorganen der Deutschtümler, Rassenverbesserer, Kulturkritiker und Lebensreformer, in den Zeitschriften männlicher Berufsverbände, bei etlichen (Frei-konservativen, Nationalliberalen und in der »nationalen Opposition«. In der völkischen und deutschnationalen Tagespresse - neben der BdL-eigenen »Deutschen Tageszeitung« insbesondere in den Blättern der Hugenberg-Gruppe: der »Post«, der »Deutschen Zeitung«, den »Berliner Neuesten« und den »Hamburger Nachrichten« 1 - häuften sich bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges Artikel aus der Feder organisierter Antifeministinnen und Antifeministen, die gegen Frauenwahlrecht und Koedukation, Frauenarbeit und Frauenstudium zu Felde zogen und für die Vorherrschaft des Mannes in Staat, Ehe und Beruf stritten. 2 Andere Beiträge zitierten aus dem antifeministischen »Monatsblatt« oder aus »Glaube und Tat«, dem Verlautbarungsorgan des christlich-nationalen Pfarrers Julius Werner.3 Legion waren auch jene Besprechungen in Tageszeitungen und Verbandsblättern, die Beifall für den »angenehmen Lesestoff« der »ganz ausgezeichnete(n)« Schriften aus der Feder führender Emanzipationsgegner und -gegnerinnen bekundeten und damit auf den antifeministischen Bund aufmerksam machten. 4 Besonders die »Deutsche Handels-Wacht«, das Organ des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes, wurde nicht müde, über die Aktivitäten und Publikationen der Emanzipationsgegner zu berichten. 5 Durch den Anschluß an die Liga der Antifeministen erfuhr der DHV einen deutlichen Politisierungsschub. Seit 1912 stellte der DHV nicht länger nur den Kampf gegen weibliche Berufskonkurrenz im Handelsgewerbe in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen, sondern zog allgemein gegen die Frauenbewegung und die Politisierung des weiblichen Geschlechts zu Felde.6 Als »Waffenschmiede« dienten dem Verband dabei die Veröffentlichungen der antifeministischen Liga. 7 1914 enthielt das Jahrbuch der Handlungsgehilfen erstmals einen Artikel, der sich dezidiert »Gegen den Feminismus« aussprach.8 Die Kritik an der Frauenarbeit dehnte der DHV nun auch auf andere Berufsfelder aus und verknüpfte sie mehr und mehr mit rassenhygie152

nischen und bevölkerungspolitischen Erwägungen. 9 Der Auftritt organisierter Antifeministen verschaffte nach Einschätzung der Handlungsgehilfen ihren Positionen ersichtlich mehr Zuspruch in der Öffentlichkeit. 10 Auch einzelne Lehrerverbände verspürten in ihrem Kampf gegen weibliche Kollegen und Vorgesetzte nun offenbar Rückenwind. Mit den Stimmen von Zentrumsfraktion und Liberalen gelang es dem Rheinischen Philologenverband, die geschlechtsneutrale Ausschreibung einer Leitungsstelle am städtischen Kölner Mädchenlyzeum zu blockieren.11 Um die Vorbehalte gegen ihre Kolleginnen zu untermauern, planten die rheinland-westfälischen Mädchenschullehrer, nach dem Vorbild der Handlungsgehilfen eine Statistik zu erstellen, die über Krankheiten, Beurlaubungen und Dienstunfähigkeit bei Oberlehrerinnen und Oberlehrern Auskunft geben sollte.12 Andere Lehrer bemühten die Wahrscheinlichkeitsrechnung, um Behauptungen des antifeministischen Bundes >wissenschaftlich< nachzuweisen: daß nämlich Frauen aufgrund ihrer größeren Subjektivität und Gefuhlsbetontheit unfähig zum objektiven Urteil seien und sich in der Schule daher ungerechter verhielten als Männer.13 Der neugegründete Wehrverein machte aus seiner Sympathie flir die Emanzipationsgegner und -gegnerinnen keinen Hehl.Und selbst der in bürgerlichen Kreisen vielgelesene »Kunstwart«, den »berechtigten Forderungen« der Frauenbewegung gegenüber sonst eher aufgeschlossen, änderte in den letzten Vorkriegsjahren die Marschrichtung und warf der Frauenbewegung vor, die Aufgaben der Frau als Gattin und Mutter vernachlässigt zu haben. 14 Hatte sich Herausgeber Friedrich Avenarius anfänglich skeptisch gezeigt und bekundet, ein Anti-Emanzipationsverein wäre zehn Jahre zuvor doch »mehr an der Zeit« gewesen, war der Bericht über die zweite Hauptversammlung des antifeministischen Bundes Ende 1913 des Lobes voll. Überzeugt hatten den »Kunstwart«-Autor die »vernünftig gemäßigte(n) Elemente« im Saal, mit denen sich der Bund nach seiner Auffassung »vorteilhaft von zahlreichen ... Frauentagungen« abhob. 15 Bereits im Mai hatte das Flaggschiff des bildungsbürgerlichen Kulturpessimismus rassenhygienische Bedenken gegen die Frauenbewegung angemeldet und sich damit eine lobende Würdigung im »Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie« erschrieben.16 Ploetzens »Archiv«, das noch 1907 die Frauenbildungsbewegung vor dem Vorwurf der angeborenen weiblichen Minderbegabung in Schutz genommen hatte, legte Frauen unter dem Eindruck der Debatte um den Geburtenrückgang zunehmend auf ihren »Gattungszweck« fest. Nach der Gründung des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation öffnete sich das Blatt dann dezidiert antifeministischen Positionen. Wurde bis 1911 die Verminderung der Kinderzahlen vor allem mit Blick auf die Frauenerwerbsarbeit diskutiert, tauchte 1912 die Frauenemanzipation als Erklärungsmuster auf.17 »Sich zu emanzipieren ist wider 153

die Natur des Rassenweibes«, hieß es 1913 apodiktisch, und deshalb, so das vernichtende Urteil, ginge »das Frauenrechtler tum« von »völlig falschen Voraussetzungen aus«.18 Es war vor allem der Humangenetiker Fritz Lenz, der sich im »Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie« der Sache des antifeministischen Bundes annahm und dafür sorgte, daß Publikationen aus seinem Umfeld in der mittlerweile renommierten Fachzeitschrift besprochen wurden. 19 1912 von Max von Gruber an sein Münchner Hygiene-Institut geholt, füngierte der 27jährige Mediziner bereits zwei Jahre später als Vize-Sekretär der von Gruber und Alfred Ploetz präsidierten Deutschen Gesellschaft für Rassenhygiene.20 Wie sein Chef stritt Lenz dafür, die Emanzipation des weiblichen Geschlechts als Ursache des Geburtenrückgangs anzuerkennen, und verurteilte Frauenstimmrecht und Frauenstudium aufs Schärfste. Vermutlich gehörte auch Lenz dem Bund der Emanzipationsgegner an, und es erscheint naheliegend, daß er seine antifeministischen Attacken im Archiv mit Billigung, wenn nicht im Auftrag von Grubers vorbrachte.21 Doch es waren nicht nur Rassenbiologen und Kulturpessimisten, die der antifeministischen Liga nun größere Aufmerksamkeit entgegenbrachten. Auch das Interesse im breiten Publikum nahm zu. War für die Zusammenkunft der Emanzipationsgegner 1912 noch ein »mittlerer Raum übergroß gewesen«, füllte die zweite Jahrestagung des Bundes Ende 1913 bereits den gewiß nicht kleinen Saal der Berliner Philharmonie. 22

4.1. Die Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Frauenbewegung 2 3 Auf die Angriffe des gegnerischen Bundes und seiner Verbündeten reagierten die Organisationen, die sich der bürgerlichen Frauenbewegung zurechneten, ungeachtet ihrer internen Differenzen mit einhelliger Empörung. Unmittelbar nach der Gründung der antifeministischen Liga unterzeichnete Gertrud Bäumer im Namen des Bundes Deutscher Frauenvereine eine Gegenerklärung, die gleichzeitig in zahlreichen Tageszeitungen und in den wichtigsten Blättern der Verbände erschien, die dem BDF angeschlossen waren - von Paula Müllers »Evangelischer Frauenzeitung« bis zu Minna Cauers liberal-demokratischer »Frauenbewegung«. 24 Daß sich nicht nur »Geheimräte, Exzellenzen, Männer der Wissenschaft und Kunst« abfällig über die Frauenbewegung äußerten, sondern auch »gebildete Frauen ... zu Füßen dieser Männer sich niederlassen und nicht einmal die Schmach (empfinden), die ihnen angetan wird«, erfüllte die Wortführerinnen der Frauenorganisationen mit Erstaunen. 25 Die >Gemäßigte< Bäumer, die >Fortschrittlerin< Cauer und die >Radikale< Anita Augspurg zeigten sich 154

gleichermaßen überzeugt, daß der Anti-Bund mit seiner »modernen Donquichotterie« und »naiven Grobschlächtigkeit« ihren jeweiligen Zielen mehr nützen als schaden werde.26 »Votes for Women«, das Organ der amerikanischen Stimmrechtlerinnen, gratulierte den deutschen Gesinnungsgenossinnen zu solcher Gegnerschaft. 27 Durchaus zu Recht werteten die Frauenrechtlerinnen die Formierung einer Gegenorganisation als Zeichen eigenen Erfolges. »Wann hätte wohl je der deutsche Blätterwald so intensiv von Frauenbewegung und Frauenstimmrecht gerauscht, wie infolge der Bundesgründung gegen beide?« freute sich Anita Augspurg,28 und Marie Stritt bedankte sich bei »unsere(n) verehrten >Antisecht starker< Männer und >echt weiblicher< Frauen, wo der Hebel angesetzt werden muß, um diese Frauenemanzipation aus der Welt zu schaffen, denn so klingende und berühmte Männer mit ihren Gattinnen müssen doch selbstverständlich den Schlüssel zu aller Weisheit haben, so auch die volle Kenntnis besitzen der der Frauenbewegung zugrunde liegenden ökonomischen, sozialen, kulturellen und politischen Verhältnisse. ... Vor diesen Namen senken sich die Fahnen, diesen gradiosen Vorschlägen gegenüber müssen wir schweigen, vor diesen wirtschaftlichen und politischen Kenntnissen der Verhältnisse beugen wir uns in bekannter deutscher Demut, denn Geheimräte, Professoren, Exzellenzen haben gesprochen. Frauen, hört es! ... Diese >echt starken Männer< und ihre >echt weiblichem Frauen werden euer Dasein erhöhen und verschönern.... überlassen wir ihnen das Feld und legen wir uns beruhigt schlafen.«35

Von spöttischen Kommentaren zu den ersten Aktionen des neuen Bundes abgesehen, widmete die Presse der >Radikalen< den Antifeministen nur noch selten ihre Aufmerksamkeit. Dem gemäßigten und erst recht dem konserva155

tiven Flügel der Frauenbewegung fehlte freilich weithin die Gelassenheit zu solch lässiger Ironie. Kein Wunder, standen doch - trotz aller Ankündigungen, nicht die Frauenbewegung an sich, sondern nur ihre »radikalen Auswüchse« bekämpfen zu wollen - der BDF und der Deutsch-Evangelische Frauenbund im Mittelpunkt der antifeministischen Kritik. Die Emanzipationsgegner und -gegnerinnen warfen dem BDF vor, mit seinen Reformvorschlägen zum Eherecht die geltenden Moralvorstellungen zu unterminieren und der »Zuchtlosigkeit einen Freibrief auszustellen«. Im Interesse der ledigen und erwerbstätigen Frauen strebe die Dachorganisation der bürgerlichen Frauenbewegung die »mechanische Gleichberechtigung der Geschlechter« an und verpflichte die zugehörigen Vereine auf das weibliche Stimmrecht, um damit die »Frauenherrschaft im Staat« zu errichten. Kurz: Die >Gemäßigten< in der Frauenbewegung, wahre Wölfinnen im Schafspelz, seien noch viel gefährlicher als die >Radikalengemäßigt< und >radikal< kaum einen Unterschied. 36 Die Vorwürfe trafen auf um so größere öffentliche Resonanz, als der antifeministische Bund dabei geschickt an die lockere Organisationsform des BDF anknüpfte und durch undifferenzierte Darstellung komplizierte Zusammenhänge entstellte. So war etwa das Votum der Rechtskommission des BDF, den § 218 zu streichen, 1908 auf der Generalversammlung nur mit knapper Mehrheit abgelehnt worden. Daraus konstruierten die Emanzipationsgegner die Behauptung, alle dem Bund Deutscher Frauenvereine angeschlossenen Verbände träten für die »Lockerung der Ehe« ein. Wiewohl die >gemäßigte< Mehrheit Helene Stöckers Bund für Mutterschutz die Aufnahme in den BDF verweigert hatte, versuchten die Antifeministen den Eindruck zu erwecken, die im BDF zusammengeschlossene bürgerliche Frauenbewegung sympathisiere grundsätzlich mit der »freien Liebe« und begründeten ihre Auffassung mit der - tatsächlich geübten - Kritik am Eherecht. Nachdem ein Arzt in Minna Cauers »Frauenbewegung« für die Legalisierung der Abtreibung plädiert hatte, schob der Bund dem BDF die »Mitverantwortung« für diese Auslassung zu und sprach den bürgerlichen Frauenrechderinnen pauschaul das Recht ab, sich weiterhin »als zuverlässige Hüter der >sexuellen Sittlichkeit und Reinheit der Ehegemäßigten< Frauenbewegung vorzuwerfen, es sei ihr nicht ernst mit dem Festhalten an der Ehe als Grundlage der Gesellschaftsorganisation, obwohl sie dieses Bekenntnis schon längst in ihr Programm aufgenommen hatte. 156

Mit Vorliebe gaben die Antifeministen die sexualpolitische Position des Bundes für Mutterschutz für die offizielle Haltung des BDF und der deutsch-evangelischen Frauen aus. An geeigneter Stelle in der Presse piaziert, wurden die Verdächtigungen in evangelisch-konservativen Kreisen »von den Zeitungslesern grossenteils geglaubt«.38 Als erfolgreich erwies sich auch die Taktik, bei Tagungen angesehener Gremien wie des Vereins für öffentliche Gesundheitspflege oder des Gesamtverbandes evangelischer Arbeitervereine das Votum der BDF-Rechtskommission auf Streichung des Paragraphen 218 im gleichen Atemzug mit der Zugehörigkeit des DEF zum Dachverband der bürgerlichen Frauenbewegung zu erwähnen. Daß der Vorschlag der Rechtskommission 1908 gerade mit den Stimmen des DEF abgelehnt worden war, wurde dabei geflissentlich unterschlagen. 39 Mit derlei Insinuationen brachten die Emanzipationsgegner und -gegnerinnen die Leiterinnen der angegriffenen Verbände unter heftigen Legitimationsdruck. Wiewohl Gertrud Bäumer sich in der Auseinandersetzung mit ihren Gegnern um einen satirisch-überlegenen Ton bemühte, ließen ihre Aufrufe zu vermehrter Aufklärungsarbeit und Mitgliederwerbung doch ihre Besorgnis erkennen, die »Verwirrung«, die vom antifeministischen Bund »absichtlich verbreitet wird«, könnte beim zeitungslesenden Publikum auf fruchtbaren Boden fallen.40 Die Funktionärinnen bemühten sich nach Kräften, den Verdächtigungen und Unterstellungen ihre eigene Sicht der Dinge entgegenzusetzen. Vor allem anderen fürchteten sie die (sexual-)moralische Diskreditierung ihrer Bestrebungen durch die Gegnerinnen und Gegner.41 Deshalb machten es sich zahlreiche Artikel und Leserbriefe zur Aufgabe, der Öffentlichkeit zu beweisen, daß der >gemäßigten< Frauenbewegung nichts ferner lag, als die »Heilighaltungen der Ehe« in Frage zu stellen.42 Gertrud Bäumer wies bereits das Wort »Emanzipation« entrüstet zurück. Offenbar fürchtete sie, schon der Begriff, von den Zeitgenossen mehrheitlich im Sinne von erotischer Freiheit und rücksichtslosem Egoismus verstanden, werde die Frauenbewegung schädigen. Deshalb versuchte sie, dem Wort einen anderen Sinn zu geben und sprach lieber von der entkörperlichten »Fähigkeit zur geistigen Selbstbestimmung«. 43 Im Gefolge der heftigen Angriffe durch den Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation und seiner Sympathisanten rückte die BDF-Vorsitzende jedoch nicht nur demonstrativ so weit als möglich von der Sexualreformbewegung ab, sondern ging auch zu den englischen Suffragetten auf Distanz.44 »Frauen, die revolutionäre Kampfesmittel anwenden«, verlautbarte sie in einer Vorstandserklärung vom Mai 1913, verleugneten ihre »weibliche Natur« und schadeten »den Interessen der Frauenbewegung«. Die dem BDF angehörenden Vereinigungen waren hinfort darauf festgelegt, »durch ihre Kampfesweise den Beweis (zu) liefern, daß im öffentlichen Leben For157

men geschaffen werden können, die dem Wesen und der Natur der Frau gemäß sind.«45 Die Gegner der Frauenbewegung überzeugte das öffentliche Bekenntnis freilich nicht im mindesten. Als besonders medienwirksam erwies sich der antifeministische Schachzug, die Frauenbewegung mittels mathematischer Rechenspiele anzugreifen. Um die Jahreswende 1 9 1 3 / 1 4 erschien in mehreren großen Tageszeitungen ein Aufsatz des Kieler Oberlehrers Dr. Schrohl, der beweisen sollte, daß nur eine verschwindende Minderheit aller Frauen hinter der Forderung nach dem weiblichen Wahlrecht stünde. Er enthüllte mit großer Geste, daß der BDF die Stärke seiner Anhängerschaft nicht nach organisierten Personen, sondern nach zahlenden Mitgliedern berechnete. Wenn Frauen gleichzeitig in mehreren Vereinen organisiert waren, wurden sie somit mehrfach gezählt. Das stimmte, doch steckte dahinter wohl weniger, wie Schrohl dem BDF vorwarf, »doppelzüngige und verschlagene Taktik«, als vielmehr eine vereinfachte Verwaltungspraxis. Keine halbe Million, wie vom BDF angegeben, sondern allenfalls 300.000 Mitglieder umfasse die bürgerliche Frauenbewegung, rechneten Schrohl und andere Antifeministen dem Publikum die »doppelte Buchführung des BDF« vor, das entspräche nur zwei Prozent der erwachsenen deutschen Frauen. Und selbst im BDF hätten sich gerade einmal 10.000 Frauen den Stimmrechtsvereinen angeschlossen. Die Zahlen selbst - für die Schrohl keine Belege anführte - wurden in den Entgegnungen von der BDF-Spitze nicht dementiert. Aus der Tatsache, daß nur rund 10.000 Frauen reinen Stimmrechtsvereinen angehörten, allerdings zu folgern, alle anderen BDF-Organisationen unterstützten die Stimmrechtsforderungen nicht, war schlichtweg falsch. Ebenso falsch war die Behauptung, die angeschlossenen Vereine seien vielfach nicht über die Programmatik des BDF informiert und die Hauptsache seiner Politik sei, »daß möglichst viele Frauen mit zählen und zahlen«.46 Auf ähnliche Weise polemisierte der antifeministische Bund im gleichen Jahr gegen die - vom Statistischen Reichsamt ermittelte - Zahl von 9,5 Millionen erwerbstätigen Frauen, auf die sich der BDF zur Untermauerung seiner Forderungen berief. Der Bundesvorsitzende Ludwig Langemann und seine Vorstandskollegen, Ernst Oberfohren und der DHV-Funktionär Werner Heinemann, gaben zu Protokoll, daß die seit 1895 um drei Millionen gestiegene Zahl erwerbstätiger Frauen ausschließlich auf das Konto von Bevölkerungswachstum und der unterschiedlichen Zählung sogenannter »mithelfender Familienangehöriger« ginge. 47 Die Ausführungen wurden von einer ganzen Reihe rechtsstehender Tageszeitungen übernommen. 48 Bereits Ende 1912 hatten die renommierten »Preußischen Jahrbücher« einen umfangreichen, auch in der Provinzpresse rezipierten Aufsatz der Antifeministin Anna Schellenberg abgedruckt, in dem sie die Relevanz der von der Frauenbewegung angeführten »wirtschaftlichen Tatsachen« bestritt.49 158

In der Tat waren Frauen, die im elterlichen Betrieb oder dem ihres Mannes mitarbeiteten, 1907 präziser erfaßt worden als zwölf Jahre zuvor. Allerdings hatte der Bearbeiter der Reichsstatistik bereits selbst daraufhingewiesen, daß die unterschiedlichen Zählweisen nicht allein für die starke Zunahme der »Mithelfenden« verantwortlich sei. Heinemann bestritt freilich nur, daß »eine allgemeine Vermehrung der außerhäuslichen Erwerbsarbeit« stattgefunden habe. Darin mußte ihm Helene Lange ebenso Recht geben wie in seiner Auffassung, Frauen und Mädchen seien zunehmend auf ehemals »männlichen« Gebieten tätig. 50 Falsch war aber, daß die »Antis« daraus den Schluß zogen - und ihn weithin verkündeten - , es habe überhaupt keine Zunahme der Frauenarbeit, sondern nur eine Verdrängung der Männer vom Arbeitsmarkt stattgefunden. Wer sich im Dschungel der Halbwahrheiten, gegenseitigen Vorwürfe und Rechtfertigungen nicht verirren wollte, mußte schon über eine sehr gründliche Kenntnis der Materie verfügen - eine weitaus bessere, als man beim breiten Publikum voraussetzen durfte. Den meisten Lesern und Leserinnen blieb vermutlich nur - je nach Interessenlage und Sympathie - im Gedächtnis, daß entweder die Frauenbewegung ihre Stärke und die Nodage der Frauen maßlos übertrieb oder der Anti-Bund mit falschen Anschuldigungen operierte. Die Funktionärinnen des BDF jedenfalls hatten in den letzten Vorkriegsjahren alle Hände voll damit zu tun, die Angriffe ihrer Gegner zurückzuweisen. »An Irrtümern«, klagte Helene Lange im November 1913, habe die antifeministische Liga »vom ersten Aufruf bis heute mehr zusammengebracht, als die Zeit aller Frauenrechtlerinnen zusammengenommen zu berichtigen gestatten würde«. 51 Den BDF-Frauen war klar, daß keines ihrer Argumente überzeugte Antifeministen und Antifeministinnen bekehren würde. Schließlich hatten sie sich mit einigen Wortführern schon lange vor der Gründung des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation in Sachen Frauenarbeit und Frauenstudium auseinandergesetzt. 52 Trotzdem schrieben sie gegen ihre Gegner an, bis »einem die eigene Feder müde wird bei der Wiederholung«. 53 Ging es doch darum, sich im diskursiven Feld zu behaupten und »den Unkundigen und Fernstehenden zu zeigen, daß die gegen uns vorgebrachten Argumente Seifenblasen sind, die zerplatzen, so wie man nur mit dem Finger daran rührt«. 54 Die Auseinandersetzung zwischen dem antifeministischen Bund und den Frauenrechtlerinnen fand jedoch nicht nur in der Presse statt, sondern hatte noch einen weiteren wichtigen Schauplatz: die direkten Begegnungen vor Ort. Vor allem in Berlin, »Hauptstadt der Frauenbewegung« und nicht umsonst Sitz des antifeministischen Bundes, aber auch anderswo nahmen Gegner und Befürworter der Frauenemanzipation wechselseitig an den Veranstaltungen ihrer Kontrahenten teil und versuchten, die Gegenseite von 159

ihrer Auffassung zu überzeugen oder doch wenigstens die Versammlung zu polarisieren. Im allgemeinen endeten solche Besuche damit, daß die Gegenspieler einer vernichtenden Kritik in der eigenen Presse unterzogen wurden. Während die gemäßigte Mitte dem Zeitungsdisput den Vorzug gab, waren es überwiegend Vertreterinnen des linken Flügels der Frauenbewegung, die den Emanzipationsgegnerinnen und -gegnern bei Veranstaltungen entgegentraten. »Die >Gemäßigten< ließen sich, wie so oft, in Volksversammlungen nicht blicken«,55 stellte Minna Cauers »Frauenbewegung« Ende 1912 mit unverhohlenem Vorwurf fest. Cauer und ihr Verein »Frauenwohl« hatten bereits im Juni in Berlin eine Protestkundgebung organisiert, als die Nachricht von der Formierung des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation bekannt wurde. 56 In Hamburg waren bei der Gründung der antifeministischen Ortsgruppe alle örtlichen Frauenvereine präsent.57 Als in Dresden der erste sächsische Ableger der antifeministischen Liga ins Leben gerufen wurde, füllten Frauenrechtlerinnen »den Saal wohl zur Hälfte«. 58 Der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation war auf Kölner und Berliner Stimmrechtsversammlungen ebenso ein Thema wie beim Bayrischen Frauentag. 59 Die Berliner >Radikalen< waren mit ihren Flugblättern anfänglich bei jeder Veranstaltung der antifeministischen Liga zugegen, und in Stuttgart tauchten Angehörige des Stimmrechtsvereins so lange bei den Vortragsabenden des mit den »Antis« verquickten Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbands auf, bis sie mit »alle(n) Ehren« empfangen wurden und man ihnen sogar Einladungskarten übersandte. 60 Umgekehrt traten Antifeministinnen und Antifeministen Wahlrechtsverfechterinnen in Brandenburg, Schleswig-Holstein und Berlin entgegen. 61 Die Berliner Ortsgruppe der antifeministischen Liga übersandte ihren Anhängern Einladungen zu Diskussionsveranstaltungen des BDF mit der Bitte um frühzeitiges Erscheinen, damit »die Mitglieder unseres Bundes geschlossen neben einander Plätze einnehmen können«. 62 Organisierte Emanzipationsgegner störten in Kiel eine Kundgebung örtlicher Frauenrechtlerinnen, die eine »leibhaftige englische Suffragette« eingeladen hatten. 63 Bei der Jahresversammlung des Verbandes fortschrittlicher Frauenvereine meldete sich eine Abordnung Berliner Antifeministen zu Wort, und als der Preußische Landesverein fur Frauenstimmrecht anläßlich der bevorstehenden Landtagswahlen zur Debatte lud, nutzte der Geschäftsführer des Antibundes das Forum, um gegen die Wahlrechtsforderung zu protestieren. 64 In Breslau schließlich statteten sich die Frauenrechtlerinnen und ihre Gegner nach anfänglichen Disputen in aller Form gegenseitig Besuche ab.65 Zumeist jedoch war das Bild der Auseinandersetzungen nicht von friedlicher Koexistenz und demokratischer Streitkultur geprägt. Die Breslauer Antifeministen hatten zunächst einer Gegnerin das Diskussionsrecht verweigert und führten zur Begründung an, daß es auch einem der ihren beim 160

preußischen Landesstimmrechtsverein nicht anders ergangen sei.66 In Hamburg machte der Deutsche Bund seine Veranstaltung erst gar nicht öffentlich publik, sondern ließ die Eintrittskarten durch einen befreundeten Rechtsanwalt verteilen und beauftragte die verbündeten Deutschnationalen Handlungsgehilfen mit Saalschutz und Kartenkontrolle. Eine Diskussion mit den trotzdem zahlreich erschienenen Frauenrechtlerinnen wurde nicht zugelassen; stattdessen lud man Sympathisanten und potentielle Mitglieder zu einer »internen Beratung« ein.67 Und in Berlin drohte der Versammlungsleiter potentiellen Störenfrieden mit Hausrecht und Polizei, noch bevor die Veranstaltung recht begonnen hatte.68 Zum Eklat kam es schließlich bei einer öffentlichen Versammlung in Charlottenburg, zu dem der Anti-Bund ausdrücklich auch Vertreterinnen der Berliner Frauenbewegung eingeladen hatte. Der Nervenarzt Kurt Ollendorf äußerte sich aus medizinischer Sicht zur >Frauenfrage< und lieferte dabei Beleidigungen gleich mit. Die Führerinnen der Frauenbewegung, so erklärte er, seien »pervers« oder zum mindesten »entartet« und hätten auf dem Gebiet der Homosexualität praktische Erfahrungen. Minna Cauer und die ihr Nahestehenden verließen unter Protest den Saal, Else Lüders lehnte es entrüstet ab, weiterhin mit einem Gegner zu diskutieren, der auf solch infame Art den »weiblichen Stolz« verletze.69 In der später veröffentlichten Textfassung wurde der inkriminierte Passus wohlweislich gestrichen, so daß Zeitungen wie die mit den >Antis< sympathisierende freikonservative »Post« und der evangelische »Reichsbote« die »bemerkenswerte« Ollendorfsche Abhandlung ihrer Leserschaft mit Wärme empfahlen. 70

4.2. »Christliche Christenverfolgung« 7 1 : Kirchen, Antifeministen u n d der Deutsch-Evangelische Frauenbund Seit der antifeministische Bund auf den Plan getreten war, hatte insbesondere die evangelische Frauenbewegung einen schweren Stand. Der lutheranische Ableger der Emanzipationsgegner, die »Christlich-nationale Gruppe«, hatte sich Anfang Juli 1912 unter der Führung des Frankfurter Pfarrers Julius Werner und der Rostocker Baronin Ida von Meerheimb als eigenständige Organisation innerhalb des Deutschen Bundes zusammengeschlossen, weil den orthodoxen Protestanten über der völkisch und rassenhygienisch motivierten Ablehnung der Frauenbewegung die religiösen Bedenken zu kurz gekommen waren.72 Als Organ diente ihnen Werners »Glaube und Tat«, das mit einer Auflage von 3.000 Stück in Kirchenkreisen weit verbreitet war.73 Den Christlich-Nationalen war vor allem der Deutsch-Evangelische Frauenbund (DEF) ein Dorn im Auge. Sie nahmen Anstoß daran, daß 161

der DEF nicht nur auf kirchliche Diakonie setzte, sondern sich als Teil der Frauenbewegung verstand und innerkirchliche Mitbestimmung ebenso wie das kommunale Frauenstimmrecht durchsetzen wollte. Ida von Meerheimb hatte den DEF und seine langjährige Leiterin, Paula Mueller, bereits seit der Jahrhundertwende in lutheranischen Blättern attackiert. Werners Ziel war, die Kirchenferne der männlichen Protestanten durch eine männlich-kriegerische »ecclesia militans« zu überwinden. 74 Ein bestimmender kirchlicher Einfluß von Frauen, die ohnehin den größten Teil der Kirchgängerinnen stellten, stand diesem Projekt diametral entgegen. Der Pfarrer an der Frankfurter Paulskirche hatte als ehemals enger Mitarbeiter Adolf Stoeckers zu den Mitbegründern des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes gehört, war zu ihm jedoch auf Distanz gegangen, als er die Forderung nach kirchlichem Frauenwahlrecht 1903 in sein Programm aufnahm. 75 Spätestens seit der DEF 1908 die Absicht erkennen ließ, dem Bund Deutscher Frauenvereine beizutreten, verfolgte Werner ihn mit einer Inbrunst, die »den Renegaten verriet«.76 Zur Freude kirchlich-orthodoxer Blätter wie dem »Alten Glauben« hatte die antifeministische Liga im Verein mit ihrer Christlich-nationalen Gruppe schon in der ersten Ausgabe ihrer Korrespondenz mit der Polemik gegen den DEF begonnen. 77 Seit dem Sommer 1912 warfen die Emanzipationsgegner dem DEF immer wieder vor, das scheinbar harmlose kirchliche und kommunale Frauenstimmrecht nur deswegen anzustreben, um von dieser Plattform aus um so leichter das staatliche - oder, wie es im zeitgenössischen Sprachgebrauch hieß, »politische« - Wahlrecht für Frauen einfordern zu können. Daß im Programm des DEF davon nicht die Rede war, störte die Antifeministinnen und Antifeministen nicht weiter. Ihnen schien diese Zurückhaltung rein taktischer Natur zu sein.78 Die Angriffe der Emanzipationsgegner und ihrer Christlich-nationalen Gruppe führten in kirchlich-konservativen Kreisen zu einer heftigen Kontroverse um die Stellung des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes und die Berechtigung seiner Forderungen. Insbesondere der »Reichsbote«, einst ein treuer Weggenosse Stoeckers und der deutsch-evangelischen Frauen, 79 machte sich nun zum Sprachrohr antifeministischer Kritik.80 »Die geistige Reife der Frau«, so ließ das Blatt eine Wahlrechtsgegnerin verkünden, »muß so weit vorschreiten, daß sie ihr die Teilnahme mit der an das Stimmrecht gebundenen politischen Tätigkeit untersagt.«81 Aber auch in der agrarischen »Deutschen Tageszeitung«, der freikonservativen »Post« und in der konservativen »Kreuz-Zeitung« tobte der Meinungsstreit und wurde von den Redaktionen mit mehr oder minder unverhüllter Präferenz zugunsten der >Antis< entschieden.82 Selbst dort, wo man sich - wie in der »Reformation«, die der kirchlich-sozialen Konferenz nahestand - mit Sympathiebezeugungen zugunsten der antifeministischen Liga zurückhielt, nahm man die Agi162

tation der Christlich-Nationalen zum Anlaß, dem kirchlichen und politischen Frauenstimmrecht eine klare Absage zu erteilen.83 Die Forderung nach dem kirchlichen Frauenwahlrecht vermochte sich trotz aller Anstrengungen des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes noch bis in die Anfangsjahre der Weimarer Repubik in der evangelischen Kirche nicht durchzusetzen. Entsprechende Petitionen an kirchliche Institutionen wurden immer wieder mit dem vom Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation sattsam propagierten Argument abgelehnt, kirchliche Mitsprachebefugnisse würden zur Begründung weitergehender Forderungen benutzt werden. 84 Immerhin war die sechste Generalsynode 1909 der bescheidenen Bitte des DEF gefolgt und hatte angesichts der herrschenden Personalnot die - auf der Basis des bestehenden Kirchenrechtes mögliche Beiordnung von weiblichen Hilfskräften zu caritativen Aufgaben in der Gemeinde empfohlen. Ein Mitspracherecht bei Entscheidungen blieb ihnen allerdings versagt.85 Immerhin wurde die >Frauenfrage< in den Vorkriegsjahren wichtig genug, um den Evangelischen Oberkirchenrat zur gezielten Schulung der Geistlichkeit auf diesem Gebiet zu veranlassen. Landeskirchliche Kurse machten die Pfarrer mit den Veränderungen der weiblichen Erwerbstätigkeit vertraut, legten den Schwerpunkt aber auf die Erörterung der sozialdemokratischen Auffassung von der >Frauenfrage< und auf die Sichtweise »radikale(r)« Theorien, denen sie die Stellung der Frau in der evangelischen Gemeinde und Diakonie positiv gegenüberstellten. 86 Zu grundsätzlichen Zugeständnissen war die Kirchenführung jedoch nicht bereit. Selbst als bei der Eisenacher Konferenz 1914 die Bedingungen für die Teilnahme an Kirchengemeindewahlen zur Debatte standen, ging davon kein Impuls für die Zulassung von Frauen aus. Der Kieler Oberkonsistorialrat Kastan empfahl in enger Anlehnung an die Rhetorik der organisierten Antifeministen, die Partizipationswünsche »a limine abzuweisen«,87 und der Oberkonsistorialpräsident wischte in seinem Hauptreferat jegliche Diskussion mit der Bemerkung vom Tisch, für eine Frage von so grundsätzlicher Bedeutung wie das Frauenstimmrecht sei die Kirchenkonferenz nicht zuständig. 88 Die präsidiale Verzögerungstaktik zeigte Erfolg: In den Katalog von 14 Voraussetzungen, die für die Teilnahme an Kirchenwahlen zu erfüllen waren, wurde das männliche Geschlecht ob seiner Selbstverständlichkeit nicht einmal aufgenommen. 89 Hinter den Kulissen freilich verfolgte die Kirchenleitung die Entwicklung der >Frauenfrage< genau. Der Evangelische Oberkirchenrat ließ sich von den Königlichen Konsistorien nicht nur über die Einbeziehung von Frauen in die Gemeindearbeit Bericht erstatten, 90 sondern fragte darüber hinaus an, ob sich die Kirchenverwaltungen schon mit der Stimmrechtsfrage zu beschäftigen hatten. 91 Auch über die Aktivitäten der Emanzipationsgegner waren die Kirchenoberen bestens informiert. Berichte über die Verhandlun163

gen antifeministischer Petitionen im Preußischen Abgeordnetenhaus fanden ebenso Aufnahme in seine Akten wie ein mit der Bitte um »Kenntnisnahme und Begutachtung« übersandtes Exemplar des Langemannschen Memento gegen Frauenwahlrecht in Kirche, Gemeinde und Staat.92 Der Präsident des Oberkirchenrates machte sich höchstpersönlich die Mühe, der antifeministischen Liga mitzuteilen, ihre Denkschrift: sei »mit besonderem Interesse« aufgenommen und zur »Einsichtnahme in unserem Kollegium in Umlauf« gegeben worden. 93 Den erbetenen Kommentar wollte er freilich nicht abgeben. Ganz offensichtlich versuchte der Evangelische Oberkirchenrat, eine offizielle Stellungnahme zum kirchlichen Frauenwahlrecht zu vermeiden. Schließlich rekrutierte sich die kirchliche Basis weithin aus Frauen, und auch die praktische Arbeit in Diakonie und Gemeindepflege wurde vielfach von Frauen getragen. Indem sich die Kirchenführung jeglicher Entscheidung enthielt, blieb es weiterhin möglich, das Arbeitspotential der Frauen zu nutzen, ohne ihnen einerseits Mitspracherechte einzuräumen und sie andererseits durch die Ablehnung von Partizipationsbegehren zu brüskieren. Aus ähnlichen Rücksichten hielt sich auch die katholische Kirche mit Sympathiekundgebungen zugunsten der antifeministischen Liga zurück. Wiewohl der antifeministische Bund - auch im Bewußtsein der Zeitgenossen - eine protestantisch dominierte Organisation war, versäumte er dennoch nicht, auch in der katholischen Kirche um Unterstützung für seine Ziele zu werben, und setzte auch Bischöfe auf die Versandliste seiner Publikationen. In der Mainzer Diözese trafen Bischof Kirstein und Domkapitulär Ficker im Dezember 1915 eigens wegen der eingegangenen Langemannschen Denkschrift gegen das Frauenwahlrecht zusammen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Angesichts »des Wegfalls kirchlicher Wahlen im röm.fisch] kath.[olischen] Bekenntnis« sahen die beiden Kirchenoberen von einer Antwort ab. Dahinter stand die Überlegung, eine kirchenamtliche Begutachtung der Denkschrift könnte wegen der Brisanz des Themas »untunlich, bedenklich und gefährlich« sein. Der Mainzer Kirchenführung erschien es offenbar besser, die Forderung nach mehr weiblicher Mitbestimmung totzuschweigen als durch womöglich positive Stellungnahmen einzelner Bischöfe die Diskussion weiter anzuheizen. Inhaltlich aber waren die beiden Kirchenmänner von den Positionen des antifeministischen Bundes nicht weit entfernt. Sie sahen das »Mulier taceat in ecclesia« bei den Protestanten »stark bedroht... von weiblicher Arg- und Hinterlist« und riefen als Reaktion auf die Denkschrift des antifeministischen Bundes die lokalen katholischen Frauenvereine zur Zurückhaltung gegenüber interkonfessionellen und protestantischen Frauenorganisationen auf, um sie vor der Infizierung mit dem emanzipatorischen Virus zu bewahren. Insbesondere der offenbar zu fortschrittlich gesinnte katholische Mainzer Lehrerinnenverein sollte, so die Gesprächsnotiz, veranlaßt werden, ge164

genüber seinen Konkurrenten »wachsam, regsam und strebsam« zu bleiben.94 Im Gegensatz zu den christlichen Kirchen stellten sich viele der - mit dem Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation eng verbundenen - Funktionäre der Frauenhilfe des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins ganz auf die Seite der antifeministischen Liga.95 Die öffendiche Diskussion um die >Frauenfrage< hatte auch in der größten evangelischen Frauenorganisation zur Debatte über ihre Haltung zur Frauenemanzipation geführt. Einzelne Geisdiche betrachteten die Frauenhilfe selbst als »ein Stück Frauenbewegung« und redeten dem kirchlichen Frauenwahlrecht und freier Berufswahl bis hin zum Pfarramt das Wort. Solche Positionen mochten in manchen Lokalvereinen verfochten werden - in der Zentrale der Frauenhilfe und in der Redaktion ihres Verbandsorgans war man anderer Meinung. 96 Die »Frauenhülfe«, eher in den Vorständen der Zweigorganisationen als an der Basis gelesen,97 begrüßte Werner und seine christlichen Mitstreiter ausdrücklich als »Gesinnungsgenossen und Mitarbeiter«98 und lieh ihre Stimme jenen Pastoren, die weder ihre Sympathie für antifeministische Positionen noch ihre Mitgliedschaft in der christlich-nationalen Gruppe der Emanzipationsgegner verhehlten. Formal als Meinung eines »Privatmannes« gekennzeichnet, wurde so im offiziellen Organ der Frauenhilfe seitenlang das Programm des antifeministischen Bundes erläutert und seine Auslassungen - zum Teil im wördichen Zitat - zu quasi-kirchlichen »Leitsätzen« stilisiert.99 Bei der Jahresversammlung der Frauenhilfe 1916 durfte der Vorsitzende der christlich-nationalen Antifeministen sogar das Hauptreferat bestreiten.100 Julius Werner nutzte die Gelegenheit, dem Betätigungsfeld der Frauen enge Grenzen zu ziehen, und rief zum doppelten »Freiheitskampf« auf: »1. gegen die Frau, die nicht Mutter werden will und 2. gegen die, die in außerhäuslichen Berufen nicht Mutter werden kann«.101 Auch bei den Tagungen der Provinzialverbände trat der Frankfurter Pfarrer in Erscheinung. Seine Vorträge wurden anschließend im hauseigenen Stiftungsverlag des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins veröffenüicht. 102 Dort erschien von 1917 bis 1922 auch die Frauenzeitschrift »Wege und Ziele«, ein Blatt, das, vom antifeministischen Bund als »willkommene Bundesgenossin« begrüßt, mehrere Antifeministinnen zu seinen regelmäßigen Mitarbeiterinnen zählte.103 Während sich die Frauenhilfe ganz auf die Seite der Emanzipationsgegner schlug, fand der DEF im kirchenpolitischen Kräftefeld nur wenig Unterstützung. Zwar unterschrieben einige evangelische Frauenvereine seine Protestnote gegen die Polemik der Antifeministen,104 doch gaben die nächst der Frauenhilfe größten evangelischen Frauenorganisationen - die Frauengruppen der Freien kirchlich-sozialen Konferenz und der Sitüichkeitsverein - in 165

ihren Zeitschriften antifeministischen Verlautbarungen kommentarlos Raum. Daß in den »Frauenblättern zur Hebung der Sittlichkeit« kurz darauf zwar die Gegenerklärung des BDF, nicht aber der Protest des DeutschEvangelischen Frauenbundes erschien, wertete der DEF-Vorstand wohl nicht zu Unrecht als Zeichen mangelnder Solidarität.105 Auch die Vorsitzende der kirchlich-sozialen Frauengruppen, Elisabeth von Knebel-Doeberitz, unterschrieb die Solidaritätsadresse nicht im Namen ihrer Organisation, sondern nur als Privatperson. Dagegen betonte sie in der Folge mehrfach, daß die kirchlich-sozialen Frauengruppen dem Bund Deutscher Frauenvereine nicht angehörten. Durch vorauseilenden Gehorsam versuchte sie, potentiellen Angriffen christlicher Antifeministen zuvorzukommen, und legte die »Grenzlinien für die öffentliche Tätigkeit der kirchlich-sozialen Frauen« fest. Diese quasi-offizielle Stellungnahme der Kirchlich-sozialen Konferenz zur Frauenfrage knüpfte das »prinzipiell nicht unberechtigte kirchliche Stimmrecht« an religiöse Qualifikationsbestimmungen. Ob Männer vom religiösen Standpunkt aus zur Ausübung des Kirchenwahlrechts geeignet waren, wurde nicht diskutiert; ein Qualifikationsnachweis für das männliche Geschlecht war nicht vorgesehen. Das Wahlrecht zu Parlamenten und Kommunalvertretungen wurde ganz abgelehnt und statt dessen die Anhörung weiblicher Sachverständiger vorgeschlagen.106 Bei ihrem Verbandskongreß 1913 nahm sich schließlich auch die Innere Mission der >Frauenfrage< an.107 Auf der Veranstaltung kamen sowohl eine Vertreterin des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes als auch ein Gegner des kirchlichen Frauenwahlrechts zu Wort. Die Diskussion wurde bestimmt von einer Wortmeldung des inzwischen zum Hamburger Hauptpastor avancierten Professors Hunzinger, der bereits in der »Frauenhülfe« und im »Alten Glauben« gegen das kirchliche Frauenwahlrecht zu Felde gezogen war. Unter Berufung auf den Frauenhilfe-Funktionär und Antifeministen Pastor Cremer behauptete er, von einem Brief zu wissen, der belege, daß Paula Mueller und die Mehrheit des DEF für das politische Frauenstimmrecht einträten. Gleichzeitig meinte er die Innere Mission vor dem DEF warnen zu müssen, weil der Verband, mit seinen Partizipationsansprüchen von der Kirche abgewiesen, sich nun an die Innere Mission »heranzumachen suche«.108 Diese wenigen Sätze - einen Beweis für seine Behauptungen konnte Hunzinger nicht vorbringen - genügten, um den DEF fast ein Jahr lang in heftige Auseinandersetzungen zu verwickeln, in die sich auch der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation und sein christlich-nationaler Ableger einschalteten.109 Die Kampagne zielte darauf ab, den Deutsch-Evangelischen Frauenbund aus der Inneren Mission herauszudrängen oder ihn dort doch zum mindesten verdächtig zu machen.110 166

Die offizielle Stellungnahme des Centraiausschusses für Innere Mission zur >Frauenfragezur Zeit< nicht an erster Stelle aussprechen«, vertraute sie Gertrud Bäumer an. 133 Mueller hielt das Frauenstimmrecht fur die logische Konsequenz anderer Frauenbestrebungen und konnte sich schon lange vor der Revolution von 1 9 1 8 / 1 9 politische Konstellationen vorstellen, unter denen ihr die Ausübung dieses Rechts gerade fur konservative Frauen geboten schien. 134 Es gehörte also keineswegs zu den »Widersinnigkeiten der Geschichte«, 135 daß die christlich-konservative, taktisch versierte Frauenrechtlerin als eine der ersten Politikerinnen fur die DNVP in das Weimarer Parlament einzog. Der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation und seine christlichnationale Gruppe hatten trotz der andauernden Angriffe auf den DeutschEvangelischen Frauenbund ihre Ziele in mehrfacher Hinsicht nicht erreicht: Weder konnten sie die Abspaltung des D E F vom Bund Deutscher Frauenvereine durchsetzen, noch hatte die Geistlichkeit Paula Mueller das Vertrauen entzogen. Auch ein Führungswechsel im D E F hatte nicht stattgefunden. Entgegen dem ursprünglichen Plan war es gleichfalls nicht gelungen, den D E F - wie man es auch mit dem Vaterländischen Frauenverein vergeblich versuchte - unter Aufgabe aller Rechtsforderungen ins eigene Lager zu ziehen. 136 Für die Positionen des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation waren in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg selbst >konservative< Frauenorganisationen nicht mehr reaktionär genug. Immerhin hatten es die Emanzipationsgegner und -gegnerinnen geschafft, etliche DEF-Mitglieder gegen die Bundesleitung aufzuwiegeln und 170

vielleicht sogar den eigenen Reihen anzugliedern. Auch in den Kreisen der evangelischen Kirche und der Inneren Mission hatten sie Mißtrauen gegen die evangelische Frauenbewegung gesät. Die antifeministische Polemik bewirkte, daß sich der DEF im Bund Deutscher Frauenvereine nach links abgrenzte und sich ganz offiziell gegen das politische Frauenwahlrecht aussprach. Kirchen- und frauenpolitisch war er hinfort unzweideutig auf eine christlich-konservative Linie festgelegt. Daß es nicht zum Bruch mit dem Dachverband der bürgerlichen Frauenbewegung kam, war neben taktischem Kalkül nicht zuletzt der Freundschaft der beiden Vorsitzenden zu verdanken. Die Angriffe der Emanzipationsgegner und -gegnerinnen kosteten die Funktionärinnen des DEF »viel Zeit, Kraft und Freudigkeit«. Die »mühselige Arbeit« der Klarstellung antifeministischer Vorwürfe band in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg einen Gutteil der Energie und Arbeitskraft des Verbandes.137 Bis zum Juli 1914 beschäftigte sich fast jede Nummer der »Evangelischen Frauenzeitung« mit dem Anti-Bund und seinen Unterstellungen. Die Abwehr der ständigen Angriffe überstiegen die Kräfte des Bundesvorstandes und zogen die Einrichtung eines eigenen Pressebüros nach sich.138 Jeder auch noch so unbeweisbare Vorwurf verschärfte das Klima des Mißtrauens, in dem der DEF sich bewegte, und zwang ihn, über seine Positionen Rechenschaft abzulegen. Selbst Personalentscheidungen wurden mit Blick auf die mögliche Reaktion der Antifeministen gefallt.139 Als einzige Repräsentantin der Frauenbewegung sah sich Paula Mueller genötigt, den von der antifeministischen Liga geäußerten und geschürten Verdächtigungen eine eigene Verteidigungsschrift entgegenzusetzten. 140 Der enorme publizistische Aufwand zeigt, daß die Leitung des DEF immer von neuem Gefahr lief, das Vertrauen weiter Kirchenkreise - und auch die Unterstützung der eigenen Anhängerschaft - zu verlieren. Und die kirchliche Realpolitik gab noch bis in die Weimarer Republik denjenigen Recht, die den Einfluß von Frauen in Kirche, Diakonie und Mission möglichst gering halten wollten.

4.3. Feminisierung der Parteipolitik Weit weniger Rückhalt als in der evangelischen Kirche fanden die Emanzipatonsgegnerinnen und -gegner in einem anderen Segment des wilhelminischen Kaiserreichs: in den Parteien. Aus ihrer Sicht machte nicht nur die Politisierung der »Frauenwelt«, sondern auch die Feminisierung der (Partei-)Politik unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg »geradezu erschrekkende Fortschritte«. 141

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Noch im Oktober 1912 hatten Deutsch- und Freikonservative, Nationalliberale und Zentrumsmänner im Preußischen Abgeordnetenhaus eine Anzahl Petitionen für die Einfuhrung unterschiedlicher Varianten des Gemeindestimmrechts für Frauen glatt abgeschmettert. Von öffentlichem Interesse an dem Gegenstand konnte nicht die Rede sein: Die Sitzung fand vor »fast leeren Bänken« statt, während eine Reihe von Abgeordneten gruppenweise beisammenstand und sich unterhielt, anstatt den Verhandlungen zu folgen.142 Immerhin aber votierte das Haus für die Wählbarkeit von Frauen in Schulkommissionen, und die Sprecher von Zentrum und Nationalliberalen ließen durchblicken, daß ihre Parteien nicht prinzipiell gegen das kommunale Frauenstimmrecht eingestellt seien, sondern nur den Zeitpunkt für verfrüht hielten.143 Das Wahlrecht zum Landesparlament mochte die Mehrheit der preußischen Volksvertreter den Frauen »aus Gründen der Staatsräson« allerdings nicht verleihen.144 Das änderte aber nichts daran, daß sich Parteistrategen aller Schattierungen zunehmend den Kopf darüber zerbrachen, wie sich das brachliegende weibliche Potential nutzbringend für die eigenen Zwecke einsetzen ließ. Nicht umsonst sah der Zentrumsabgeordnete Trimborn eine Ursache für die verstärkte Politisierung der Frauen in dem mittlerweile bei allen Parteien feststellbaren Bestreben, »die Frauen im Sinne der eigenen Ideen möglichst aufzuklären, damit dann diese Ideen in das Haus und in die Seele des Mannes dringen«.145 Im Gegensatz zu den anderen linksliberalen Fraktionen hatte die kleine Demokratische Vereinigung als einzige bürgerliche Partei schon 1910 die Forderung nach dem Frauenwahlrecht in ihr Programm aufgenommen. Ende 1912, auf dem ersten Gesamtparteitag des inzwischen zur Fortschrittlichen Volkspartei geeinigten Linksliberalismus, stand die >Frauenfrage< im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen. Die zahlreichen Anträge, die auf die Aufnahme der Forderung nach vollen Staatsbürgerrechten für das weibliche Geschlecht in das Parteiprogramm drängten, scheiterten an den Austrittsdrohungen der Gegner. In Sorge um den Zusammenhalt der Partei hatte das offizielle Organ der Fortschrittler schon im Vorfeld des Parteitages zum Rückzug geblasen. Um die Partei nicht zu sprengen, zogen die Frauen schließlich ihre Anträge zurück und begnügten sich mit einer wenig aussagefähigen Kompromißformel. Anstelle einer Programmänderung wurden die linksliberalen Parteigänger nun lediglich unverbindlich aufgefordert, »die Frauen im Kampf um ihre politischen Rechte bis zur vollen staatsbürgerlichen Gleichberechtigung zu unterstützen«. 146 Bei den Nationalliberalen hatte der Vorsitzende Bassermann höchstselbst die Öffnung gegenüber frauenrechtlerischen Forderungen eingeläutet. Weder eine Protesterklärung Kieler Parteigenossen147 - dahinter darf getrost Antifeministen-Chef Ludwig Langemann vermutet werden - noch ein Prinzipienstreit im »Deutschen Kurier« konnten verhindern, daß ein national172

liberaler Verein nach dem anderen Frauen in seine Reihen aufnahm. 148 Daraufhin stellte der »Deutsche Kurier« im Frühjahr 1914 seine Spalten Anhängern der antifeministischen Liga zur Verfügung. Das Frauenwahlrecht, war in dem nationalliberalen Organ zu lesen, würde den Staat »mit Millionen politischer Dilettanten belasten«.149 Der Kölner Antifeminist de Jonge durfte seine mit Frauenrechten sympathisierenden Parteigenossinnen gar des »krankhaften Mannweibtums« beschuldigen und als »pervers« denunzieren.150 Das Schlußwort - es stand unter dem pathetischen Motto: »Politische Macht oder Frauenglück?« - übertrug die Redaktion der organisierten Emanzipationsgegnerin Helene Hummel und machte damit mehr als deutlich, auf welcher Seite sie stand.151 Trotz aller Gegenpropaganda fanden die maßvollen Wünsche der nationalliberalen Frauen - Wahlrecht zu Kommunalversammlungen und Berufsvertretungen, weibliche Schöffen bei Jugendgerichten 152 - das Verständnis der Parteiführung, so daß die nationalliberalen Emanzipationsgegner mehr als einmal die Erfahrung machen mußten, daß die Redaktionen verschiedener Parteiblätter ihre Artikel unter Hinweis auf die offizielle Linie zurückwiesen.153 Das Frauenstimmrecht auf teil- oder gesamtstaatlicher Ebene stand bei den Nationalliberalen freilich nicht zur Debatte. 154 Allmählich kam auch die festeste Stütze der Antifeministen, die konservative Partei, ins Wanken. Zwar hatte der Fünfzigerausschuß der Partei noch im November 1912 die Ablehnung nicht nur des politischen, sondern auch des kommunalen und kirchlichen Wahlrechts beschlossen, und das offizielle Organ der Konservativen nahm bereitwillig Artikel der Christlich-nationalen Gruppe zur Bekämpfung der Frauenemanzipation auf.155 Dennoch hatte der christlich-nationale Agitator und konservative Funktionär Julius Werner nicht verhindern können, daß sich im April 1913 eine Vereinigung Konservativer Frauen Zusammenschloß und das Plazet der Partei erhielt.156 Die Bildung einer rechtsgerichteten Frauenorganisation löste Unruhe im Lager der konservativen Parteigänger aus. Vor allem die im Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation organisierten Konservativen hielten mit ihren Bedenken nicht hinterm Berg.157 Umstritten war weniger das Programm, unter dem die konservativen Frauen angetreten waren, als die Zusammensetzung des Vorstandes. Gehörte dem Gremium doch auch die Vorsitzende des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes an, die von fuhrenden Antifeministen und Antifeministinnen längst zur Intimfeindin erkoren worden war. Paula Mueller habe, befand Bund-Gründer Friedrich Sigismund rigoros, solange nicht das Recht, »sich konservativ zu nennen, bis sie nicht der Frauenbewegung öffentlich abgesagt« habe.158 Auch die »Deutsche Tageszeitung« stellte sich auf die Seite der Gegner und erinnerte daran, daß Paula Mueller das Reichstagswahlrecht nie prinzipiell abgelehnt habe. Das BdL-Blatt wertete ihre Berufung in die Leitung eines konservativen Frauen173

Verbandes als »eine Inkongruenz ..., die eine latente Gefahr ftir die Entwicklung dieser Organisation in wirklich konservativem Sinne bilden kann oder gar bilden muß. 159 Die Befürchtungen der Emanzipationsgegner waren nicht aus der Luft gegriffen. Selbst liberale Frauenrechtlerinnen erwarteten von der konservativen Frauenvereinigung keine oppositionelle Stellung zur Frauenbewegung, solange Paula Mueller an der Spitze des Zusammenschlusses stand.160 Letztlich aber behielten in der konservativen Partei pragmatische und parteistrategische Gesichtspunkte gegenüber dem antifeministischen Unbehagen die Oberhand. Angesichts des schwindenden Einflusses der Partei im Reich brachte Freiherr von Richthofen die Überlegungen auf den Punkt: »Man mag die Politisierung der Frauen bedauern, aber sie zu leugnen wäre VogelStrauß-Politik. ... Liberale, Sozialdemokraten und besonders auch das Zentrum haben es verstanden, sich die Hilfe der Frauen zu sichern. Nur noch die konservative Partei stand beiseite. Sollte man die vielen konservativen Frauen, die ein Betätigungsfeld fur ihre Überzeugungen suchen, zurückstoßen? Sollte man darauf verzichten, einen Damm gegen die Radikalisierung zu errichten?«161

Die Partei erwartete von ihrer Frauenabteilung jedoch nicht nur Schleppenträgerdienste, sondern auch die Beeinflussung der Frauenbewegung in konservativem Sinn162 - Indiz dafür, daß die >Frauenfrage< am rechten Rand des politischen Spektrums in den letzten Vorkriegsjahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hatte. 163 Nur deshalb konnte die Vereinigung konservativer Frauen argumentieren, daß »viele ehrlich denkende konservative Frauen, die im Beruf stehen, in Gefahr (sind), sich an die linken Parteien zu wenden, da die größte Zahl der konservativen Herren bis jetzt für berechtigte Wünsche der Frauenwelt kein Ohr hatte«.164 Immerhin erreichten die Bedenkenträger, daß die Frauenabteilung unter die Kuratel der Partei gestellt wurden. Eine Resolution des engeren Parteivorstandes zog dem Aktionsradius der konservativen Frauen enge Grenzen. Sie mußten sich verpflichten, sich jeder »eigentliche(n) politische(n) Betätigung« und insbesondere aller »frauenrechtlerischen Bestrebungen« zu enthalten. Desgleichen hatten sie das Frauenwahlrecht dezidiert abzulehnen und sich in allen Entscheidungen dem Votum der Parteileitung zu beugen.165 Die so gesteckten Wirkungsgrenzen durften, betonte ein Vertreter der Parteiführung, bei Strafe des Parteiausschlusses »auch nicht um eine Haaresbreite« überschritten werden.166 Den Antifeministinnen und Antifeministen reichte das jedoch nicht aus. Sie wiesen darauf hin, daß im Programm der konservativen Frauen ausdrücklich nur von der Ablehnung des politischen, also des Reichstagswahlrechts, nicht aber vom kommunalen und kirchlichen Frauenwahlrecht die Rede war.167 Tatsächlich waren Paula Mueller und ihre Mitstreiterinnen 174

selbstbewußt davon ausgegangen, nach ihrem Zusammenschluß werde es nunmehr »nicht zu vermeiden sein,... daß auch das kirchliche und kommunale Wahlrecht mit konservativen Politikern gründlich besprochen wird«.168 Wenn sie dabei auf Entgegenkommen gehofft hatten, sahen sie sich gründlich getäuscht. Zur Genugtuung der organisierten Emanzipationsgegner und -gegnerinnen bestätigte die Partei ihren Frauenwahlrechtsbeschluß vom November 1912 erneut und schob damit jeglichen Mitbestimmungswünschen für die kommenden Jahre einen Riegel vor.169 Die Reichstagsverhandlungen vom Januar 1914 machten deutlich, daß das Frauenstimmrecht dennoch, um es in der Sprache seiner organisierten Gegner auszudrücken, unaufhaltsam »auf dem Marsche« war. Zum ersten Mal ging die Reichstagsmehrheit über eine Stimmrechtspetition aus Frauenkreisen nicht mehr achtlos zur Tagesordnung über, sondern überwies sie dem Reichskanzler zur Kenntnisnahme. Gegen die Stimmen der Nationalliberalen, Konservativen und Antisemiten folgte sie damit einem Vorschlag der Petitionskommission, die mit diesem symbolischen - faktisch aber wirkungslosen - Entgegenkommen nicht zuletzt einer weiteren Radikalisierung der Wahlrechtskämpfe nach englischem Muster vorbeugen wollte. Vor allem aber, begründete der Zentrums-Mann Schwarz das Votum der Kommission, habe die Bewegung für das Frauenstimmrecht so »angesehene Vertreter in allen Parteien gefunden, daß man den Bestrebungen die formelle Kenntnisnahme nicht versagen darf«.170 Freilich hatte die zur Diskussion stehende Petition nicht die Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts zum Ziel, sondern bezweckte nur die Ausdehnung der bestehenden Ordnung auf das weibliche Geschlecht.171 Die Klassenverhältnisse blieben dadurch unberührt, und das mochte so manchem Abgeordneten die Annäherung erleichtert haben. Auch war der Antrag auf Überweisung zur Kenntnisnahme alles andere als revolutionär. Er bedeutete, wie der sozialdemokratische Wortführer spöttisch anmerkte, »ungefähr denselben Fortschritt, den man zu verzeichnen hat, wenn man ein Schriftstück nicht in den großen Papierkorb, sondern nur noch in einen kleineren Papierkorb hineinwirft«.172 Trotzdem war es auffallig, daß sich in der Debatte ausnahmslos alle Parteien darum bemühten, ihre grundsätzlich positive Haltung zur Frauenbewegung zu dokumentieren. Das wäre wenige Jahre zuvor noch undenkbar und vor allem unnötig gewesen. 1913 fanden die - auch das Frauenwahlrecht berührenden - Verhandlungen über einen Gesetzesentwurf der SPD zur Reform der Völksvertretungen in den Bundesländern vor gähnend leeren Reichstagsrängen statt, und auch die Regierungsvertreter blieben der Beratung fern.173 Im Jahr zuvor hatte sich der SPD-Reichstagsabgeordnete Franke für seine Behauptung, auch Frauen würden eines Tages »hier im Hause Sitz und Stimme bekommen«, noch wiederholt auslachen lassen müssen.174 175

1914 dagegen war der Vertreter der freikonservativen Reichspartei der einzige, der noch im Sinne des antifeministischen Bundes vor einer »Umwälzung unserer Verhältnisse« durch das Frauenstimmrecht warnte.175 Selbst die Deutschkonservativen enthielten sich nun der früher üblichen Herrenwitze und bekundeten nicht mehr, wie noch in ihrem 1911 veröffendichten Handbuch, daß die einzige Wahl, die eine Frau zu treffen habe, die Wahl ihres Ehegatten sei.176 Hatte die deutschkonservative Fraktion noch im März 1912 dogmatisch zu Protokoll gegeben: »Der politische Kampf paßt nicht für Frauen«, 177 verwies sie jetzt stolz auf ihre parteieigene Frauenorganisation und gab sich alle Mühe zu beweisen, »daß wir in der Frauenfrage an sich durchaus nicht die reaktionären Rückschritder sind, zu denen Sie uns gerne machen möchten«. 178 Angesichts der »selbstsüchtigen Treibereien der Parteien« blieb dem Deutschen Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation nichts anderes übrig, als auf den »unerschütterlichen Widerstand« der politischen Exekutive zu setzen.179 Doch auch diese Hoffnung sollte sich unter den Bedingungen des kommenden Weltkrieges als trügerisch erweisen.

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5. Geschlechterpolitik im Ersten Weltkrieg

Der August 1914 brachte für die publizistischen Aktivitäten des antifeministischen Bundes eine tiefe Zäsur. Die Zeitungsöffendichkeit kannte nur noch ein Thema: Krieg. Die Auseinandersetzung um den Ort der Frauen in der Gesellschaft, eines der zentralen Themen der Vorkriegsjahre, war über Nacht zum Nebenschauplatz degradiert. Die Parole des Tages hieß »Burgfrieden« und galt auch für den Kampf der Geschlechter. Zwar erwies sich die Absicht, innenpolitische Konflikte stillzustellen, bald als bloße »ideologische Attrappe«, hinter der Macht- und Verteilungskämpfe um so heftiger tobten. 1 Immerhin gestand der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation angesichts des aufflammenden Nationalismus im B D F seinen Gegnerinnen zu, das »Herz noch am rechten Fleck« zu tragen und verzichtete in den ersten Kriegsmonaten auf die übliche Polemik. 2 Antifeministen und Antifeministinnen hatten schon lange vor 1914 den Krieg in bester sozialdarwinistischer Manier als »Kulturfaktor, als Schöpfer und Erhalter der Staaten« herbeigesehnt. 3 Der Krieg »mit seiner gewaltigen Auslösung männlicher Energie« werde, so erwarteten sie, dazu beitragen, »die Grenzen neu aufzurichten und zu sichern, die hinsichüich der Rechte, Pflichten und Aufgaben der beiden Geschlechter im öffentlichen wie im privaten Leben gezogen werden müssen.« 4 Dieses Wunschdenken schien sich zunächst zu bestätigen. Der Krieg habe der »deutschen Frauenwelt« gezeigt, »wie sehr sie der Männer bedarf«, frohlockte der deutschvölkische Schriftsteller und Antifeminist Fritz Bley im BdL-Frauenblatt »Die Gutsfrau«, und der antifeministische Journalist Oskar A . H . Schmitz führte im Überschwang neuer Herrenmoral den Frauen in der »Wehr« seines Gesinnungsfreundes General Keim so recht die Schutzlosigkeit ihres Geschlechts vor Augen: » D a die Frau von Natur die körperlich Schwächere ist, kann sie niemals mehr Freiheit gewinnen, als ihr die Männer mit den stärkeren Armen zugestehen wollen. Ihre H o f f n u n g kann nur darin bestehen, die Männer durch Berufung auf ihre Ritterlichkeit zeitweise ihre wirkliche Uebermacht vergessen zu lassen. Das ist den Frauen zu ihrem inneren Schaden tatsächlich mancherorts, besonders in England und Amerika mehr als wünschenwert gelungen. Aber auch in jenen Ländern braucht es den Männern nur eines Tages zu viel zu werden, und es wird sich zeigen, daß >erkämpfte< Frauenrechte immer in der Luft schweben. Es ist gewiß erfreulich, daß auch bei uns in den Großstädten wenigstens tagsüber eine schwache Frau fast überall unangefoch-

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ten zwischen stärkeren Männern, die sie vielleicht begehrenswert finden, ihres Weges gehen kann; aber die Frau sollte doch eines nicht vergessen, und dieses Bewußtsein durch zurückhaltendes Wesen zeigen: daß dies nur deshalb möglich ist, weil die Männer unter sich übereingekommen sind, sie zu schützen, und, falls einer dieses Uebereinkommen brechen sollte, solche Unritterlichkeit zu bestrafen.«5

Auch ßley erinnerte, Sexualität, Macht und politischen Herrschaftsanspruch verquickend, daran, »wie alle Frauenehre da vor wüste Gier hingeworfen wird, wo nicht der Mann als Held in Waffen und politischer Leiter Schutz zu bieten vermag«.6 Die »Herrschgier der Frauen« habe noch immer ihren Dämpfer gefunden, war sich der antisemitisch-antifeministische »Hammer« sicher und zog seine eigene Lehre aus der Geschichte: »Jede kriegerische oder revolutionäre Umwälzung setzte den Mann wieder in seine natürlichen Rechte« ein.7 Was der Krieg für den Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation konkret bedeutete, nahm sich angesichts solch weitgespannter Hoffnungen freilich recht trübe aus. Wie die meisten Vereine litt er unter Ressourcenverknappung und der Kriegsverpflichtung seiner männlichen Mitglieder. Darüber hinaus brachte ihn die patriotische Haltung des BDF in erhebliche argumentative Schwierigkeiten. Die diskursive Strategie der Antifeministen, Frauenrechtlerinnen in Anlehnung an die »vaterlandslosen Gesellen« der Sozialdemokratie zur pazifistisch-polyglotten »nationalen Gefahr« zu stilisieren, verlor an Glaubwürdigkeit angesichts einer bürgerlichen Frauenbewegung, die in ihrer Mehrheit an bellizistischer Rhetorik den Männern kaum nachstand und im Nationalen Frauendienst ihren Beitrag zur Militarisierung der Gesellschaft: leistete.8 Ebenso wie viele Sozialdemokraten und jüdische Kriegsteilnehmer erhoffte sich ein Großteil der bürgerlichen Frauenbewegung von der Bewährung im Krieg eine Chance auf gleichberechtigte Integration in Staat und Gesellschaft. Unter Führung des BDF entstand in enger Zusammenarbeit mit den städtischen Verwaltungen ein breitgefächertes Hilfsangebot, an dem sich caritative ebenso wie sozialdemokratische Frauenvereine beteiligten. Die Mitarbeiterinnen des »Nationalen Frauendienstes« fungierten als staatliche Fürsorgerinnen; aus der Frauenbewegung wurde eine quasi-behördliche Institution, die der Kommunalverwaltung zugeordnet war.9 Die Übernahme öffentlicher Aufgaben durch den Nationalen Frauendienst kam einer staatlichen Legitimation der (bürgerlichen) Frauenbewegung und der öffentlichen Anerkennung ihrer Leistungen gleich. Da nützte es wenig, daß der antifeministische Bund wo immer möglich - und nicht zu Unrecht - darauf hinwies, daß patriotische Begeisterung und vaterländische Pflichterfüllung häufig mit der stillen Hoffnung auf die Prämierung durch Gemeinde- und Staatsbürgerrechte einhergingen.10 Die Regierungen waren auf die Mitarbeit der Frauen an der »Heimatfront« dringend angewiesen 178

und dachten nicht daran, das weibliche Geschlecht, als dessen Vertretung sich der BDF gerierte, vor den Kopf zu stoßen. 11 Durch den Nationalen Frauendienst wurde die bürgerliche Frauenbewegung auch für Frauen akzeptabel, die ihr vor dem Krieg noch mit Skepsis gegenübergestanden hatten. Mitte 1914 zählte der BDF 250.000 Mitglieder; fünf Jahre später waren ihm knapp 890.000 Frauen angeschlossen.12 Ludwig Schemann, prominenter Anhänger der antifeministischen Liga, beklagte sich 1915 bitter darüber, daß die Frauenrechtlerinnen nun Zulauf aus Kreisen erhielten, die er als ureigenes Operationsfeld seines Verbandes betrachtet hatte. 13 In der Tat hatte der Auftritt organisierter Emanzipationsgegner und -gegnerinnen schon vor dem August 1914 die >Gemäßigten< im BDF vorsichtiger werden lassen und den Rechtstrend in der Dachorganisation der bürgerlichen Frauenbewegung verstärkt. Zeitungen konstatierten befriedigt, daß infolge der antifeministischen Polemik »rückhaltsloser als zuvor auch Frauenrechtlerinnen die schematische Gleichstellung von Mann und Frau ablehnen«. 14 Der aufflammende Nationalismus und die praktische Wohlfahrtsarbeit im Nationalen Frauendienst mochte den BDF für Frauen aus »rechtsstehenden Kreisen« zusätzlich attraktiv gemacht haben. Dem Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation jedenfalls wurde in der Auseinandersetzung mit den bürgerlichen Frauenrechtlerinnen personell wie ideologisch das Wasser abgegraben - kein Wunder, daß er auf den Nationalen Frauendienst nicht gut zu sprechen war.

5.1. Ablenkungsmanöver: Vom diskursiven U m g a n g mit der Frauenerwerbsarbeit Zudem mußten die Emanzipationsgegner furchten, daß ihre im Verein mit verbündeten männlichen Berufsverbänden stimmgewaltig vorgetragene Behauptung, Frauen eigneten sich weder physisch noch psychisch für die Besetzung von >MännerarbeitsplätzenMännerberufenDieser Krieg bedeutet den Sieg unserer Frauenbewegung^ sagte das Fräulein Doktor, als es mit dem alten Herrn Professor die Hochschule verließ und eine Elektrische bestieg. In ihre etwas herben Züge grub sich ein sieghaftes Lächeln und die strenge blinkenden Kneifergläser blitzten stolz, als sie den Ausspruch tat, den die mit innerer Genugtuung festgestellte Tatsache des Vorhandenseins eines weiblichen Schaffners auf der Straßenbahn veranlaßte. ... Indessen wendete sich die Schaffnerin zu den Sprechenden. Sachlich fragte sie nach dem Ziel der Fahrt. Sachlich stellte sie die Fahrscheine aus, nahm das Fahrgeld und dankte mit leiser Stimme dem Herrn Professor für das kleine Trinkgeld. Die Beamtin wollte sich zu den nächsten Fahrgästen wenden, da räusperte sich der Herr Professor und sagte: >Ich sehe, Sie sind verheiratet? < Die Schaffnerin wendete ihr Gesicht überrascht dem älteren Herrn zu, dann senkte sie vor seinen freundlichen Blicken fast verlegen die Augenlider und nickte. >Mein Mann ist im Feldes sagte sie. >Gefällt Ihnen der Berufes fragte der alte Herr weiter. Sie lächelte und wußte offenbar nicht, was sie antworten sollte. »Ich meines fuhr das Fräulein Doktor dazwischen, >es ist ein stolzes Bewußtsein für eine Frau, einen Beruf ausfüllen zu können, den bisher nur die Männer für sich reserviert hatten.< >Ich wolltes sagte die Beamtin, und ihre Worte klangen seltsam verschleiert, >mein Mann wäre wieder da und ich könnte mich wieder um meine Kinder kümmern^ Der alte Herr Professor nickte ernst. Das Fräulein Doktor aber biß sich auf die Lippen und schwieg.«23

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Erzählungen wie die genannte konstruierten ein System polarer Gegensätze: In den Figuren der Ehefrau und Mutter auf der einen, der Frauenrechtlerin auf der anderen Seite traf Bescheidenheit auf Anmaßung, Demut auf Stolz, Pflichterfüllung auf selbstsüchtige Überspanntheit, praktische Lebensnähe auf Realitätsblindheit. Für die Leser und Leserinnen war die zugrundeliegende Konnotation klar: Weiblichkeit stand Unweiblichkeit, die »echte« der »Surrogatfrau« gegenüber. 24 Erwünschtes Verhalten wurde durch die Solidarität der (Männer-)Gesellschaft in Gestalt des alten Professor belohnt und bestätigt; die Figur der Frauenrechtlerin hatte auf keinerlei Sympathien zu rechnen und verließ die Szene als moralische Verliererin. Doch die Geschichte hatte - was die Länge des Zitats rechtfertigen mag noch einen zweiten Sinn. »Echte« Frauen, so legte sie nahe, verloren nicht allein dadurch ihre Weiblichkeit, daß sie im Krieg vorübergehend Männerarbeit leisteten. Tätigkeiten, deren Ausübung vor 1914 noch als Gefährdung des weiblichen Geschlechts gegolten hatten, jetzt aber volkswirtschaftlich notwendig waren, wurden somit legitimiert, wenn es nur im rechten Geiste geschah. Erst wenn frauenrechtlerische Gesinnung dazukam, war die Frau fur ihr Geschlecht verloren. Blieben Männer nach ihrer Rückkehr von der Front arbeitslos, war, so ein dritter Subtext der Erzählung, nicht der Staat schuld, der ihre Existenz mit dem Gestellungsbefehl aufs Spiel gesetzt hatte; auch nicht die Wirtschaft und die behördlichen Arbeitgeber, die in ihrer Abwesenheit Frauen beschäftigten. Verantwortlich zu machen waren allein die Un-Frauen, die sich nicht freiwillig zurück auf ihren angestammten Platz begaben und eine Frauenbewegung, die den Krieg zum Macht- und Konkurrenzkampf mit den Männern nutzte. Tatsächlich blieb die suggestive Kraft solcher nur scheinbar harmlosen Geschichten nicht ohne Wirkung. Verletzte Soldaten in ihrer Furcht vor Kriegsinvalidität schienen für ihre unterschwellige Polemik besonders empfänglich zu sein. Während die »Freisinnige Zeitung« in liberaler Manier 1915 noch darauf vertraute, daß sich nach Kriegsende das Geschlechter verhältnis von allein regulieren und die traditionale Arbeitsteilung wieder hergestellt würde, 25 veröffentlichten die konservative »Kreuzzeitung« und die rechtsnationalen »Hamburger Nachrichten« die Zuschriften verwundeter Soldaten, die sich durch weibliche Konkurrentinnen »in ihrer Existenz bedroht« fühlten. Die Schuld lasteten sie nicht den staatlichen Verursachern ihrer Malaise, sondern der Frauenbewegung an: »Während wir vor dem Feinde die unmenschlichen Strapazen geduldig ertragen, Hunger, Durst, Kälte, Regen und Gefahren mißachten, weil wir siegen wollen, sitzen daheim sicher und geborgen deutsche Frauen und sinnen darüber nach, wie sie diese günstige Gelegenheit, wo die Männer im Felde stehen, dazu benützen können, um die Frauen in die bisher noch verschlossenen Männerberufe hineinzuführen.« 26

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Auch in den Frontzeitungen war die Emanzipation des weiblichen Geschlechts ein vieldiskutiertes Thema. Die formulierten Bedenken deuten daraufhin, daß die Beschäftigung von Frauen in >Männerberufen< und ihre neue Rolle als Familienoberhaupt unter den eingezogenen Soldaten die Befürchtung hervorrief, durch ihre Abwesenheit während des Krieges ihre traditionelle Stellung in der Familie zu verlieren. Die »Kriegszeitung der 4. Armee« sah sich daher bemüßigt, ihren soldatischen Lesern zu versichern, daß die Männer nach der Demobilmachung wieder in ihre alten Berufe zurückkehren und ihren angestammten Platz als Familienernährer einnehmen würden. Sie dürften daher, so die Aufforderung an die Soldaten, nicht den Mut verlieren, wenn sie über ihre zukünftige Position im Familiengefuge nachdächten. 27 In Abwehr solcher Verdrängungsängste erlebten die misogynen Argumente der klassischen Psycho-Physiologie in nur leicht abgewandelter Form eine Renaissance. Wieder einmal wurde das Gehirngewicht in die Waagschale geworfen. Frauen, so suggerierten die auch von organisierten Antifeministen verfaßten Pressemeldungen, waren Männern grundsätzlich unterlegen und auch dann nicht in der Lage, männlichen Normen zu genügen, wenn sie ihre Plätze einnahmen. 28 Mangelnde physische Kraft und gedankliche Unselbständigkeit, hieß es im Verbandsblatt der Arbeitgeberorganisationen sicher auch mit Blick auf die Rechtfertigung der geringeren Frauenlöhne, machten Frauen zu mehr als mechanischer Tätigkeit untauglich. 29 Bei allem guten Willen fehle Frauen eben doch »die militärische Straffheit, das unbeirrte, eiserne Pflichtbewußtsein des Mannes.«30 Nachdem Frauen traditionell männliche Funktionen übernommen hatten, war es kein Zufall, daß sich die Verteidiger der männlichen Dominanz auf den letzten Rest stützten, der von der Geschlechterdifferenz verblieben war: die imaginierten Implikationen der Physiologie und die Verpflichtung der Männer zum Dienst mit der Waffe. Nach Möglichkeit wurde Frauenarbeit zudem unsichtbar gemacht. Die publizistische Würdigung der weiblichen Leistungen im Krieg erwähnte Berufsarbeit oftmals nur am Rande und stellte das Bemühen um sparsame Haushaltsführung, Kindererziehung, Wohlfahrtspflege und ideologische Unterstützung der Soldaten in den Mittelpunkt. 31 In die gleiche Richtung gingen jene zahllosen Beiträge, die den Weltkrieg als Retter der deutschen Hausfrau und Mutter priesen.32 Die preußisch-konservative »Kreuz-Zeitung« bestand darauf, sinkenden Geburtenraten zum Trotz den »Wehrbeitrag der deutschen Frau« in ihrer Geburtenleistung zu sehen.33 Die zahlreichen diskursiven Ablenkungsmanöver machen deutlich, welche Probleme die wilhelminische Gesellschaft mit der geschlechterpolitischen Dimension des Weltkrieges hatte. Nicht nur die Gegner und Gegnerinnen der Frauenbewegung in- wie außerhalb des Bundes zur Bekämpfung 183

der Frauenemanzipation, sondern auch Soldaten an der Front befürchteten, daß die Trennung von Männern und Frauen, die Einbindung der weiblichen Arbeitskraft in die Kriegswirtschaft: und die selbständige Übernahme von Verantwortung das Verhältnis der Geschlechter zueinander verändern und die >Frauenfrage< nach dem Krieg ein »schwer zu lösendes Problem« abgeben könnte. 34

5.2. »... nur Platzhalterin fur den Mann«: Demobilisierungspläne Seit Anfang 1916, also noch vor dem Versuch, weibliche Arbeitskräfte gezielt durch das Frauenreferat im Kriegsamt zu mobilisieren, prognostizierten nicht nur Emanzipationsgegner, sondern auch sozialdemokratische und eher liberal eingestellte Zeitungen einen »Geschlechterkrieg von grausamer Art« zwischen heimkehrenden Männern und erwerbstätigen Frauen.35 Gewerkschaften äußerten »sozialpolitische Bedenken«, Verbandsfunktionäre unterschiedlichster Provenienz warnten die Frauen keineswegs uneigennützig davor, in der jeweiligen Branche nach der Rückkehr der Männer noch auf Beschäftigung zu hoffen. 36 Die Arbeitsgemeinschaft der kaufmännischen Verbände und der DHV hatten bereits im Oktober 1915 an Handelskammern, Militärbehörden und Länderregierungen appelliert, den Kriegsrückkehrern einen Anspruch auf ihren alten Arbeitsplatz zuzusichern. 37 Der preußische Handelsminister von Sydow ließ sich vor den Karren der deutschnationalen Handlungsgehilfen spannen und wies die Regierungspräsidenten an zu prüfen, ob den privaten Handelsschulen, gegen die der DHV als »Schnellbleichen« für das weibliche Geschlecht zu Felde zog, nicht Ausbildungsbeschränkungen auferlegt werden könnten. Öffentliche Schulen wurden aufgefordert, alles zu vermeiden, »was dazu dienen kann, den Zustrom der weiblichen Jugend zum kaufmännischen Beruf zu verstärken.«38 Den männlichen Berufsverbänden entgegenzukommen, fiel dem preußischen Spitzenbeamten um so leichter, als er nicht zuletzt aus Gründen der Staatsräson die »natürlichste weibliche Aufgabe im Hause« erblickte und in seinen Vorträgen an der Vorstellung festhielt, daß ledige Frauen im Haushalt mit Mutter und Geschwistern am besten aufgehoben seien.39 Auch das bayrische Innenministerium wies Verwaltungsbehörden und Arbeitsämter an, öffentlich vor der Ausbildung zur Handelsgehilfin zu warnen. 40 Eine vom DHV in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Soziale Reform angestrengte Eingabe an den Reichskanzler und den Bundesrat hatte schließlich die behördliche Überwachung der privaten Handelsschulen zur Folge.41 In Hannover schritten die Kaufmannsvereine und Handlungsgehilfen zur 184

Selbsthilfe. Sie gründeten einen Stellennachweis mit dem ausdrücklichen Ziel, ein männliches Monopol auf die Vermittlung offener Arbeitsstellen zu errichten. Der Vertrag war frühestens sechs Monate nach Kriegsende kündbar und verpflichtete die angeschlossenen Verbände, weibliche Konkurrentinnen von der Stellenbesetzung auszunehmen, ja, sie nicht einmal über vakante Stellen zu unterrichten. 42 Vielfach schlossen auch Unternehmen und Gewerkschaften Vereinbarungen ab, die den heimkehrenden Soldaten ein Vorrecht auf ihren Arbeitsplatz gegenüber den inzwischen eingestellten Fabrikarbeiterinnen garantierten. 43 Die Deutsch-Konservative Partei schlug schon 1915 die Verpflichtung der Arbeitgeber auf Entlassung der weiblichen Arbeitskräfte nach Kriegsende vor,44 und auch die Zeitungen forderten bereits im zweiten Kriegsjahr die rechtzeitige »Demobilisierung des Frauenheeres«.45 Die Rede vom »Frauenheer« verweist auf mehrere Bedeutungsebenen: Den Zeitgenossen war durchaus bewußt, daß die weiblichen Kriegsleistungen von ebenso großer Wichtigkeit waren wie der Frontdienst der Männer. Nicht umsonst wurde erstmals im Ersten Weltkrieg der Front die »Heimatfront« auch sprachlich zur Seite gestellt. Gleichzeitig aber schienen die Frauen ein eigenes Heer zu bilden, das - analog zur Vorkriegsmetapher vom »Krieg der Geschlechter« - den männlichen Soldaten feindlich gegenüberstand. Die sprachliche Parallelisierung von Frauen und Männern im Begriff des »Frauenheeres« war daher begleitet von Versuchen, die Differenz der Geschlechter zu betonen und die traditionelle Hierarchie im Sinne männlicher Überlegenheit zu bestätigen. In der veröffentlichten Meinung setzte sich die Sprachregelung vom durch die Not geborenen »Ausnahmezustand« durch, der in der »Friedenszeit nicht weiter bestehen« könne und dürfe. 46 »Daß viele Frauen jetzt 1 - 2 Jahre gut oder leidlich Männerarbeit leisten, beweist übrigens noch nicht, daß sie dazu auch auf die Dauer fähig sein werden«, bekundete der stellvertretende Antifeministen-Chef und Kabinettsrat der Kaiserin von Behr-Pinnow in einem Artikel, der in allen großen konservativen Blättern Norddeutschlands nachgedruckt wurde, und verwies auf die »Schädigungen des Frauenkörpers« und die Nachteile für die »Kinderaufzucht«. 47 Unter allen Umständen galt es den Eindruck einer Gleichwertigkeit von Frauen- und Männerarbeit zu vermeiden, hätte dieses Eingeständnis doch ein plausibles Argument für die rechtliche und soziale Gleichstellung der Geschlechter geliefert. Offenbar sahen aber auch viele Frauen - wenn sie bei der Einstellung nicht ohnehin die Zustimmung zur Enüassung nach Kriegsende abgeben mußten - die kriegsbedingte Berufstätigkeit als nur vorübergehend an.48 Bei überaus schlechten Arbeitsbedingungen und im Vergleich zu Männern deutlich geringerer Endohnung erfuhren Arbeiterinnen, die unter zunehmend erschwerten Bedingungen noch eine Familie zu versorgen hatten, ihre Tätig185

keit weit eher als Belastung denn als Emanzipationschance. 49 Vielfach teilten sie auch jenes geschlechtersegmentierende Rechtsempfinden, das den Männern als »Ernährern« einen prinzipiellen Anspruch auf einen Arbeitsplatz zugestand, gegenüber dem Frauen zurückzustehen hatten. 50 »Machen wir uns ... schon heute mit dem Gedanken vertraut, daß wir Frauen wieder höflich und entschieden aus allen Berufen hinausgedrängt (werden), die wir in der Not der Zeit so vollkommen ausgefüllt haben. Ein Unglück wird dieser frei- oder unfreiwillige Verzicht nicht sein«, ließ sich im März 1 9 1 6 eine Referentin vor der Berliner Psychologischen Gesellschaft vernehmen. 51 Auch der B D F deutete bei seiner »Kriegstagung« im Juni desselben Jahres Rückzugsbereitschaft an. 52 Elisabeth Altmann-Gottheiner, Vorstandsmitglied und Herausgeberin der BDF-Jahrbücher, hatte schon im Januar erklärt: »Jede deutsche Frau, die bewußt über diese Dinge nachdenkt, ist sich klar, daß sie während des Krieges nur Platzhalterin für den Mann ist, der ihren Posten früher innehatte, und daß sie zurücktreten muß, sobald er heimkehrt und Anspruch auf diesen Platz erhebt.« 53

Ob die organisierten Vertreterinnen der Frauenbewegung nun zustimmten oder nicht: Daß Frauen bei Kriegsende die >Männerarbeitsplätze< freizumachen hatten, war längst beschlossene Sache. Das Reichsamt des Inneren hatte sich mit dem Generalstab, dem Reichsmarineamt, zahlreichen Ministerien unterschiedlicher Länder, dem Deutscher Städtetag, den Arbeitsnachweisund Arbeitgeber verbänden sowie den Gewerkschaften bereits im April 1915 auf diese Position verständigt. Die Verhandlungen des Reichstagsausschusses für Handel und Gewerbe 1 9 1 6 / 1 7 bekräftigten diese Haltung. Vorgesehen war, sofort nach Kriegsende die im Krieg ausgesetzten Arbeitsschutzbestimmungen für Frauen wieder einzuführen. Damit war vielen Fabrikarbeiterinnen die Fortsetzung ihrer Tätigkeit unmöglich gemacht. Zusätzlich erwogen die Demobilisierungspläne, mit Zwang gegen Frauen einzuschreiten, die ihren Arbeitsplatz nicht freigaben. 54 Den Wünschen der Angestelltenverbände, die Handelsunternehmen nach Kriegsende auf eine generelle Entlassung von Frauen zu verpflichten, entsprach der Ausschuß indessen nicht. 55 Wie das Reichsamt des Inneren setzte er auf Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Doch während insbesondere in Handwerksbranchen, wo qualifizierte Arbeiterinnen die Ausnahme waren, Kriegsteilnehmern ihre Wiederanstellung auf Kosten der ersatzweise eingestellten Arbeiterinnen zugesichert wurde, hielten sich private Unternehmer, Staatsbetriebe wie Post und Bahn und auch die öffentliche Bürokratie im Fall der Angestelltenschaft alle Optionen offen. In den letzten beiden Kriegsjahren hatte, vorangetrieben durch die Neuerungen in den kriegswichtigen Industrie- und Versorgungsbetrieben, eine umfassende Ra186

tionalisierung der Büro- und Verwaltungstätigkeiten eingesetzt. Maschinelle und tayloristische Rationalisierungsmaßnahmen wie etwa die Lochkartentechnik standardisierten und schematisierten die Arbeitsvorgänge so, daß sie nun auch von angelernten Bürokräften verrichtet werden konnten. 56 Den männlichen Angestellten machten somit nicht nur gleich qualifizierte, aber schlechter bezahlte Frauen Konkurrenz, sondern auch noch jene angelernten >ModernisierungshelferinnenMännerberufen< vor. Adressaten waren diesmal sowohl der Deutsche Reichstag als auch das Preußische Herren- und Abgeordneten187

haus. Die antifeministische Liga entfaltete eine fieberhafte Tätigkeit, um möglichst viele Verbände fiir ihre Pläne zu gewinnen und rechnete dabei vor allem auf die Unterstützung von Lehrerverbänden, Beamtenorganisationen sowie Militäranwärter- und Kriegervereinigungen. 62 In enger Anlehnung an die erfolglose Hamburger Eingabe bestand die neuerliche Bittschrift aus zwei Forderungen: Daß nämlich erstens »überall, wo männliche und weibliche Beamte zusammenarbeiten, eine amtliche Unterstellung der Männer unter die Frauen ausgeschlossen« und zweitens »jede Verdrängung der männlichen Beamten durch weibliche Hilfsarbeiter ... vermieden und den heimkehrenden Kriegern - auch den privaten Angestellten in Handel, Industrie und Landwirtschaft - die Anstellungs- und Erwerbsmöglichkeiten ... durch weibliche Konkurrenz nicht verschlechtert werde.« 63

Geschützt werden sollten also nicht nur Arbeitsplatz, Einkommen und gesellschaftlicher Status der Beamten und - mit Rücksicht auf den Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband - Privatangestellten, sondern auch, wie der erste Absatz verrät, die männliche Dominanz und Ehre. 64 Das Mißverhältnis zwischen realem Anlaß - die Zahl der Direktorinnen an öffentlichen Schulen, auf die der Passus abzielte, war verschwindend gering 65 - und der Bedeutung, der diesen wenigen Fällen zugemessen wurde, läßt erahnen, wie stark die Selbstdefinition vieler Männer durch eine institutionell sanktionierte Umkehr der traditionellen Geschlechterhierarchie bedroht war. Konkurrenzangst und die Furcht vor einer Veränderung des gesellschaftlichen Kräfteverhältnisses zwischen Männern und Frauen im Gefolge des Ersten Weltkriegs vermochten viele Vereine und Einzelpersonen zu mobilisieren. Rund 90 Verbände unterstützten die Petition des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, knapp die Hälfte davon waren Lehrervereinigungen, etwa 15 Prozent Beamtenorganisationen, gut fünf Prozent Zusammenschlüsse von »Privatbeamten«, mithin Verwaltungsangestellten in der privaten Wirtschaft. Die zahlenmäßig größten Gruppierungen stellten der Deutschnationale Handlungsgehilfenverband und der Reichsverband Deutscher Militäranwärter. Aber auch christliche Arbeitervereine beider Konfessionen hatten die Petition unterschrieben. 66 Die Unterstützung für diese größte Aktion des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation war jedoch nicht nur sozioökonomisch, sondern auch geschlechterpolitisch motiviert. Dem Vorstoß der Antifeministen schlossen sich auch Organisationen an, die von den wirtschaftlichen Aspekten der Eingabe ihrem Vereinszweck nach überhaupt nicht betroffen waren: der Deutschbund, der alldeutsche Turnverein Berlin, der Alt-Herrenbund der Vereine Deutscher Studenten, Abteilungen des Wehrvereins und des Reichshammerbundes, der Schutzbund furs deutsche Weib und einige konservative Vereine. 67 Dem antifeministisch-pronatalistisch ausgerichteten 188

Schutzbund furs deutsche Weib gehörten seinerseits neben dem Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation germanentümelnde Vereinigungen wie der Wälsungenorden und etliche Verbände aus der Lebensreform- und Abstinenzbewegung an.68 Wieviele Personen hinter der Bittschrift standen, läßt sich nicht exakt ermitteln. Nach vorsichtiger Schätzung scheint die Zahl von 300.000 bis 350.000 jedoch nicht zu hoch gegriffen. 69 Dem Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation war es mit dieser Petition offenbar gelungen, die Befürchtungen vieler Menschen - zum weit überwiegenden Teil Männer aus dem mittleren und unteren Bürgertum städtischer Herkunft - aufzugreifen und massenwirksam zu kanalisieren. Prompt klagte denn auch das Organ des Bundes Deutscher Frauenvereine, »daß es mit allem Frauenwesen in der Öffentlichkeit viel schwerer geworden ist, als etwa vor zwanzig Jahren«.70 Im vom ostelbischen Adel dominierten Preußischen Herrenhaus war wenig verwunderlich - der antifeministischen Petition kein Erfolg beschieden. Das Gremium wies die Bittschrift am 12.12.1916 zurück und ging zur Tagesordnung über.71 Auf deutlich mehr Resonanz stieß das Anliegen der Emanzipationsgegner und ihrer Verbündeten im preußischen Abgeordnetenhaus. Der zuständigen Gemeindekommission war die Petition wichtig genug, um im April 1917 Vertreter des Handels-, Unterrichts- und Arbeitsministeriums zu ihrer Verhandlung hinzuzuziehen. Politiker und Spitzenbeamte stimmten in der Ansicht überein, daß bei knappen Arbeitsplätzen Männern der Vorrang zu geben sei; der Punkt brauchte gar nicht erst diskutiert zu werden. Weitgehend einig war man sich auch darüber, daß Beamte nicht gezwungen werden dürften, unter weiblichen Vorgesetzten zu arbeiten. An der praktischen Umsetzbarkeit entsprechender Vorschriften hegten die Behördenvertreter - insgesamt frauenfreundlicher argumentierend als die Politiker - indes vor allem in kleineren Städten Zweifel und erklärten sich darüber hinaus nicht für die Verhältnisse der Beschäftigten in privaten Unternehmen zuständig. Den Passus, der die Privatangestellten betraf, nahm die Kommission daher aus der Diskussion heraus. Die Hauptanliegen des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation und seiner Verbündeten - Schutz der Männer vor weiblicher Konkurrenz und weiblichen Vorgesetzten - sollten jedoch, so ihr Vorschlag, der preußischen Staatsregierung zur Erwägung weitergeleitet werden. 72 Das Abgeordnetenhaus trat im Januar 1918 dem Votum der Gemeindekommission bei.73 Dagegen konnte sich der Reichstag im Juni 1918 nur entschließen, die Petition dem Reichskanzler als Material zu überweisen.74 Dennoch konnte sich die antifeministische Liga von der Demobilisierungspolitik faktisch in ihren Ansichten bestätigt fühlen. Der preußische Staatsminister Graf Posadowsky hatte im April 1918 vor der Gesellschaft für Soziale Reform die »Zurückführung der Frau ... in den Schoß der Familie« 189

als eine der Hauptfragen der Sozialpolitik bezeichnet. 75 Noch bevor der Waffenstillstand unterschrieben war, erging aus dem Preußischen Kriegsministerium eine Denkschrift zur Frauenarbeit in der Übergangswirtschaft, deren wesentliche Bestimmungen lauteten: »1. Die Frauen müssen heraus: a) alle Frauen aus den Arbeitsplätzen, die für die heimkehrenden Männer freigemacht werden müssen. ... 2. Die Frauen müssen herein a) nicht erwerbsbedürftige Frauen in die Familie b) erwerbsbedürftige Frauen in die früheren Berufe, die Mangel an Arbeitskräften haben (Hauswirtschaft, Landwirtschaft) und solche sonstigen Berufe, in denen sie infolge zweckmäßiger Arbeitsteilung den Männern keine Konkurrenz machen.« 76

Arbeitgeber und Gewerkschaften, die sich als Garanten einer sozialpolitischen Restabilisierung betrachteten, kamen im Stinnes-Legien-Abkommen überein, daß »sämtliche aus dem Heeresdienst zurückkehrenden Arbeitnehmer ... Anspruch darauf (haben), in die Arbeitsstelle sofort nach Meldung wieder einzutreten, die sie vor dem Kriege innehatten«. 77 Ende Januar 1919 trat eine ähnliche Verordnung für die Angestellten in Kraft.78 In unheiliger Allianz behandelten alle am Demobilisierungsprozeß beteiligten Organisationen erwerbstätige Frauen als beliebige Manövriermasse. Die geschlechtshierarchische Reorganisation des Arbeitsmarktes und die Restabilisierung patriarchaler Geschlechterverhältnisse wurde von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen. 79 Selbst die bürgerliche Frauenbewegung konnte sich dem Topos nicht entziehen, daß der soldatische Einsatz von Leib und Leben an der Front den »Dank des Vaterlandes« erheische, und zwar in Gestalt der Wiederherstellung des patriarchalen Status quo ante.80 Ergänzend zur Wiedereinführung der Arbeiterinnen-Schutzgesetze setzten das Reichsamt fiir wirtschaftliche Demobilmachung und das Preußische Ministerium für Handel und Gewerbe zu diesem Zweck eine peinlich genaue Befragung jener weiblichen Büroangestellten ins Werk, die nach Kriegsende ihren Arbeitsplatz nicht selbst gekündigt hatten. Unterlassene oder unrichtige Auskünfte hatten die Entlassung zur Folge. 81 Aufgrund der so gewonnenen Daten maßten sich die Behörden an, darüber zu urteilen, welche der Frauen nun wirklich auf die Verdienstmöglichkeit angewiesen waren. Zwar protestierten BDF-Vertreterinnen gegen die »ans Terroristische« grenzenden Mittel der Entlassungspraxis und die »willkürlichen« Freisetzungen von Frauen,82 zwar interpellierten Parlamentarierinnen aus der bürgerlichen und konfessionellen Frauenbewegung gegen die nach ihrer Ansicht vielerorts gesetzwidrige Demobilmachungspraxis, und immerhin wurde 1920 in den Demobilmachungsausschüssen die Zuziehung von Frauen Pflicht.83 Die insgesamt wenig einflußreichen Initiativen änderten aber 190

nichts daran, daß die »sexuelle Diskriminierung ... im pragmatischen ökonomischen Gewand« - und mit Susanne Rouette wäre hinzuzufügen: im Gewand geschlechtsspezifischer Sozialpolitik - ganz im Sinne der Emanzipationsgegnerinnen und -gegner mit beachtlichem Erfolg funktionierte. 84

5.4. Professionalisierung der >weiblichen EigenartMännerarbeitsplätzen< fernzuhalten, hatten eine lange Tradition. Bereits in der letzten Dekade vor dem Ersten Weltkrieg hatten bürgerliche Blätter intensiv damit begonnen, spezifische Frauenberufe zu propagieren. Nach der Mädchenschulreform und der Zulassung von Frauen zu den preußischen Universitäten war es insbesondere der »Kunstwart«, der den gut 300.000 Mitgliedern des angeschlossenen Dürerbundes und anderen Lesern als Kontrastprogramm zu den nunmehr eröffneten >männlichen< Tätigkeitsfeldern immer neue Berufe vorstellte, die - wie etwa Landpflegerin, Kranken- oder »Hausschwester« (ein besseres Dienstmädchen) - der >weiblichen Eigenart< besonders zu entsprechen schienen.85 Im gleichen Sinn beantwortete die »Monatsschrift für Deutsche Beamte« die rhetorisch gestellte Frage, was aus den Beamtentöchtern werden solle, meist verbunden mit einer deutlichen Spitze gegen den Berufsehrgeiz der »moderne(n) Frauen-Emanzipation«. 86 Mit der gezielten Propagierung >weiblicher< Berufe versuchten männliche Berufsverbände, aber auch völkisch-nationale Ideologen und christlich-konservative Kreise ein Gegengewicht gegen die vielfältiger gewordenen Qualifikationschancen für Frauen zu schaffen und hatten dabei vor allem die unteren und mitderen bürgerlichen Schichten im Blick. Teilweise trafen sie sich dabei mit Initiativen bürgerlicher Frauenrechtlerinnen, die sich darum bemühten, Frauen »höherer Stände« standesgemäße Berufsfelder zu erschließen. So hatte etwa Agnes Karll die Krankenpflege mit Unterstützung des BDF als weltlichen Beruf für bürgerliche Frauen professionalisiert, und der »Kunstwart«-Vorstoß zugunsten der Ausbildung von »Hausschwestern« wirkte, als habe er sich Mathilde Webers in den 1890er Jahren entwickelten Vorschlag zur Schulung von »Hausbeamtinnen« zum Vorbild genommen. 87 Der Erste Weltkrieg verstärkte die rhetorischen Anstrengungen um die Umleitung arbeitssuchender Frauen in >typische< Frauenberufe noch. Schienen die Verfechter und Verfechterinnen purer Weiblichkeit mit dem Verweis auf das Schicksal der Kriegsheimkehrer doch nun die Moral auf ihrer Seite zu haben. 88 Die Novelle der Gewerbeordnung vom Dezember 1911 hatte den Gemeinden erstmals die Möglichkeit eröffnet, die gesamte erwerbstätige weib191

liehe Jugend zum Besuch einer Fortbildungsschule zu verpflichten und löste damit heftige Kontroversen über die Gestaltung des Unterrichts aus.89 Frauenberufsverbände drangen auf den Vorrang berufsqualifizierender Inhalte; der Deutschnationale Handlungsgehilfenverband forderte dagegen, die weibliche Jugend in den Fortbildungsschulen auf ihren >natürlichen Beruf< als Hausfrau und Mutter vorzubereiten. 90 Stürmischen Beifall erntete sein stellvertretender Vorsitzender, Richard Döring, auf einer Versammlung des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation fur einen Lehrplan, der sich auf Gesundheits- und Nahrungsmittellehre, Säuglings- und Krankenpflege, Nähen, Kochen und häusliche Buchführung beschränkte.91 Auch der in bürgerlichen Kreisen vielgelesene »Kunstwart« sprach sich dafür aus, Hauswirtschaftskunde in die Lehrpläne der Mädchenberufsschulen stärker zu integrieren und teilte die Haltung des DHV, wonach selbst erwerbsstätige Frauen in erster Linie auf ihren häuslichen >Hauptberuf< vorbereitet werden sollten.92 Schon seit 1910 hatte das Blatt die Idee einer weiblichen Dienstpflicht propagiert, um anstelle außerhäuslicher Erwerbstätigkeit »die Mädchen wieder ans Haus zu gewöhnen und zu tüchtigen Wirtinnen« zu erziehen.93 Der preußische Handelsminister machte sich diese Positionen zu eigen und verordnete den kaufmännischen Auszubildenden weiblichen Geschlechts die Unterweisung in hauswirtschaftlichen Kenntnissen, die in den Fortbildungsschulen auch an die Stelle des berufsbezogenen Unterrichts treten konnte. 94 Neue Berufsschulen wurden nur dann genehmigt, wenn für die Mädchen hauswirtschaftliche Kurse in ausreichendem Umfang vorgesehen waren.95 Im Ersten Weltkrieg ging der dem »Kunstwart« angegliederte Dürerbund noch über das Bestehende hinaus und entwarf Pläne für eine Zwangsfortbildungsschule, die das gesamte weibliche Geschlecht umfassen und gezielt auf seine >natürliche< Aufgabe als Hausfrau und Mutter der kommenden Generation vorbereiten sollte. Antikapitalistische Impulse, die der >kalten< Fabrikwelt die warme Innerlichkeit des Hauses entgegensetzten, paarten sich mit der Verwissenschaftlichung hausmütterlicher Tätigkeiten und dem Credo, daß in der Familienarbeit das höchste Glück des »gesunden Weibes« und die Erfordernisse des >Volksganzen< in eins fielen.96 Vor dem Hintergrund der Versorgungskrise im Ersten Weltkrieg erwies sich die Propagierung solcher Vorstellungen als überaus erfolgreich: Im liberalen Baden votierte die Schulkommission der Zweiten Kammer bei der Einfuhrung eines neuen Fortbildungsschulgesetzes 1918 dafür, hauswirtschaftlichen Unterricht für alle Mädchen verpflichtend zu machen und in den Mittelpunkt des Lehrplans zu stellen.97 Parallel zu diesen Entwicklungen dehnte auch die bürgerliche Frauenbewegung ihre Professionalisierungsbestrebungen zunehmend auf die häusliche Tätigkeit aus. Insbesondere auf ihrem rechten Flügel sah man hier ein 192

neues Arbeitsfeld.98 Aus dem BDF heraus wurde ein Verband deutscher Hausfrauenvereine gegründet, und auch die landwirtschaftlichen Hausfrauenvereine in Preußen und der Reißensteiner Verband für wirtschaftliche Frauenschulen auf dem Lande schlossen sich dem Dachverband der bürgerlichen Frauenbewegung an.99 Ebenso wie ihre männlichen Gegenspieler stellten auch Frauenrechtlerinnen nie in Frage, daß allein das weibliche Geschlecht für Haus- und Familienarbeit zuständig war. Der Erste Weltkrieg steigerte die Bedeutung der hauswirtschaftlichen Arbeit beträchtlich. Die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln wurde zur kriegswichtigen Aufgabe; von der effektiven Nutzung knapper Ressourcen hingen nicht nur das private Überleben, sondern auch die Weiterführung des Krieges ab. In der zweiten Kriegshälfte war Hunger an der Tagesordnung. Nur etwa die Hälfte der rationierten Lebensmittel wurde noch über öffendiche Instanzen verteilt, die andere Hälfte versuchten sich die Hausfrauen über graue und schwarze Märkte, manche auch durch Diebstahl zu beschaffen. Mit dem Hunger wuchs auch die Neigung zu Protesten und Demonstrationen. Der Unmut richtete sich weniger gegen den Mangel als solchen, als gegen die staadichen Verteilungsmethoden und -kriterien, die vielfach als ungerecht empfunden wurden. Während insbesondere Unterschichtsfrauen die Behörden für die unzureichende Ernährungslage verantwortlich machten, unterstellten die staadichen Instanzen umgekehrt den Arbeiterfrauen unzureichende hauswirtschaftliche Kenntnisse und attestierten ihnen Unfähigkeit, mit der haus- und volkswirtschaftlichen Mangelsituation zurechtzukommen. 100 Angesichts des Bevölkerungsrückgangs, der durch den Krieg verstärkt wurde, stiegen die Anforderungen, die an die Kinderpflege gerichtet wurden. Daß Abgeordnete in Parlamentsdebatten »die Unkenntnis und Unfähigkeit der Mutter in der Pflege des Kleinkindes« für die hohe Säuglingssterblichkeit verantwortlich machten, 101 war kein Einzelfall, sondern das Ergebnis jahrelanger Propaganda, wie sie etwa durch den Deutschen Verein für Säuglingsschutz des antifeministischen Kabinettsrat der Kaiserin, BehrPinnow, betrieben worden war. Abhilfe sollte die Aufnahme des Faches Kinderpflege in den Mädchenunterricht der Volks- und Berufsschulen schaffen.102 Auch in der veröffentlichten Meinung wurde vermehrt Kritik an den als unzureichend etikettierten haus- und familienwirtschaftlichen Kenntnissen der Frauen laut. Schuld daran sei, so hieß es, die Frauenbewegung mit ihrer Geringschätzung der hauswirtschaftlichen Tätigkeit.103 Doch auch die bürgerliche Frauenbewegung w a r f - den Blick weniger auf das Bürgertum denn auf die Unterschichten gerichtet - den Hausfrauen Versagen vor, und selbst weibliche Berufsorganisationen sprachen sich fiir ein hauswirtschaftliches Erziehungsprogramm aus.104 Es war ausgerechnet eine Antifeministin, die 193

das weibliche Geschlecht vor pauschalen Schuldzuweisungen in Schutz nahm. 105 Wirtschaftsblockade und Hunger taten ein übriges, um die Bedeutung der Hausarbeit für eine funktionierende Volkswirtschaft sinnfällig vor Augen zu fuhren und Rufe nach einer Professionalisierung des »Hausfrauenberufs« zu verstärken.106 Als Konsequenz aus der Debatte wurde das Programm eines weiblichen Dienstjahres, vor 1914 vor allem von Militärs und Geistlichen mit Blick auf Kriegsvorbereitung und Krankenpflege verfolgt, nun breit diskutiert und auf einen umfassenden Haushaltungsunterricht für Frauen ausgeweitet.107 Jede Gruppe, die sich öffendich zu der Frage äußerte, erwartete von der Einführung des weiblichen Pflichtjahres die Stärkung ihrer eigenen Interessen. Mit Ausnahme der »Radikalen« sahen bekannte bürgerliche Frauenrechtlerinnen in der Frauendienstpflicht ein geeignetes Mittel, um die weibliche Jugend zu sozialer Verantwortung und zum Staatsbürgertum zu erziehen.108 Bernarda von Neil, Hans Delbrücks Haus- und Hofautorin fur die Behandlung von >Frauenfragen< in den »Preußischen Jahrbüchern«, erhoffte sich vom weiblichen Dienstjahr dagegen ein Instrument, um »die Mütter zu ihrem Haushalt und ihren Familien zurückzufuhren« und den Prozentsatz der erwerbstätigen Frauen unter den Schnitt der Vorkriegsjahre zurückzubringen. 109 Die »Wehr« setzte auf die »Bekämpfung der Zuchtlosigkeit unserer Jugend«, der deutschgläubige »Volkserzieher« wünschte sich vom Frauendienstjahr mehr Sinn für Arbeit und die Stärkung des Nationalgefühls. Völkische Autorinnen und Autoren forderten die »Ertüchtigung der Rasse« als allein maßgebendes Ziel und wollten ihrer anti-urbanistischen Einstellung gemäß die jungen Mädchen eine gewisse Zeit aus dem städtischen »Brodem des Industrialismus« herausnehmen, um damit ihre Gebärfähigkeit zu steigern. Christliche Blätter schließlich erwarteten von der »Ausbildung aller Frauen in ihrem eigentlichsten und ursprünglichsten Beruf« einen Rückgang des »Alkoholismus, der Unzucht, der Verschwendung und der Genußsucht«. 110 Gestritten wurde vor allem um die soziale Seite des Projekts. War es wünschenswert, allen Mädchen die gleiche Ausbildung zukommen zu lassen und damit gesellschaftliche Nivellierungstendenzen zu fördern? Oder sollte man - eine Auffassung, der die Mehrheit der Autorinnen und Autoren zuneigte - sozialspezifische Unterschiede machen? Der BDF benutze die Diskussion um das weibliche Dienstjahr dazu, seiner Forderung nach der politischen Mitbestimmung des weiblichen Geschlechts Nachdruck zu verleihen. Die obligatorische Einführung der Frauendienstpflicht sei nur unter der Voraussetzung voller staatsbürgerlicher Gleichheit wünschenswert, erklärte Helene Lange in der »Frau«111 und forderte damit den Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation zum Widerspruch heraus. Die Antifeministinnen und Antifeministen sahen sich in der unangenehmen Lage, einem populären Plan, der in der Betonung der 194

Hausfrauen- und Mutterrolle ihren Überzeugungen durchaus entsprach, ob seiner Verknüpfung mit dem Frauenstimmrecht zumindest in der von der Frauenbewegung verfolgten Fassung entgegentreten zu müssen. Die feinen Unterschiede dem Publikum zu vermitteln, war alles andere als einfach, zumal die Frauenrechtlerinnen und ihre Gegner in der inhaltlichen Ausgestaltung nicht allzuweit auseinanderlagen. Der Kaiserliche Kammerherr von Behr-Pinnow, zweiter Vorsitzender der antifeministischen Liga, trat für die Ausbildung aller schulentlassenen Mädchen in der Hauswirtschaft ein, die vor der Aufnahme einer anderen Tätigkeit abgeschlossen sein sollte. Freilich sah der von den Emanzipationsgegnerinnen und -gegnern vorgeschlagene »Dienst der Frauen« der vom BDF geforderten »modernen Frauendienstpflicht« - so die um Abgrenzung bemühte Formulierung - zum Verwechseln ähnlich.112 Helene Lange hatte bereits 1915 ein Programm vorgelegt, das auf der hauswirtschaftlichen Unterweisung aller aus der Volksschule entlassenen Mädchen basierte. Bis zur Einführung des vorgesehenen einjährigen Kursus sollte die Schulpflicht der Mädchen um ein hauswirtschaftliches Halbjahr verlängert werden. Es war vorgesehen, Mädchen aus den unteren sozialen Schichten bis zur Ablegung des Examens außerhalb des Elternhauses in Anstalten unterzubringen. Den aus weiterführenden Schulen endassenen >höheren Töchtern< sollte es indessen gestattet sein nachzuweisen, daß sie bereits zu Hause oder in einer privaten Einrichtung entsprechenden Unterricht genossen hatten. Mit diesem Zeugnis konnten sie direkt in das eigendiche weibliche Dienstjahr eintreten, das nach den Vorstellungen Helene Langes zur Übernahme von Ehrenämtern in Jugendfürsorge, Waisen- und Wohlfahrtspflege qualifizieren sollte." 3 Der Vorschlag beugte nicht nur einem möglichen Mangel an ehrenamdichen Helferinnen vor, sondern erneuerte auch den Monopolanspruch der bürgerlichen Frauenbewegung auf den Bereich der sozialen Arbeit. Die BDF-Pläne offenbarten eine für das Bürgertum des 19. und frühen 20. Jahrhunderts typische tiefliegende Verachtung der unteren Sozialschichten und speziell der Arbeiterinnen, denen man im Gegensatz zu bürgerlichen Frauen nicht zutraute, ihren Töchtern die notwendigen Techniken der Haushaltsführung zu vermitteln. In ihrem Klassendenken standen die meisten Frauen der bürgerlichen Frauenbewegung den bürgerlichen Männern weitaus näher als ihren Schwestern aus dem Proletariat. In dieser Hinsicht erwies sich trotz der Zusammenarbeit bürgerlicher und sozialdemokratischer Frauen im Nationalen Frauendienst »Klasse« gegenüber »Geschlecht« als die wirkungsmächtigere Kategorie.

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5.5. »Feminisierung der Universitäten« und »weibliches Gelehrtenproletariat«: Die Kampagne gegen das Frauenstudium Die Debatte um das weibliche Dienstjahr engte das Bildungsziel des weiblichen Geschlechts erneut auf den (haus-)mütterlichen Beruf ein. Sie lenkte von Diskussionen und Reformen in anderen Zweigen der Mädchenbildung ab und drängte alternative Lebensentwürfe in den Hintergrund. Damit stand sie in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Kampagne gegen das Frauenstudium, die nicht nur von Antifeministen und verbündeten Völkischen, sondern auch von Hochschuldozenten und -rektoren außerhalb des antifeministischen Bundes getragen wurde. »Darüber brauchen sich die studierenden Damen nicht zu täuschen, daß sie auch dort, wo sie offiziell gebilligt und zugelassen werden, fast niemals so ernst genommen werden wie die Männer«, hatte ein nationalliberales Blatt schon Ende 1912 verlautbaren lassen,114 und wie zur Bestätigung sinnierte der Karlsruher Professor Willy Hellpach kurz vor Beginn des Ersten Weltkrieges im liberalen »Berliner Tageblatt« weitschweifig über die »innerliche Beklemmung«, die jeden »ernste(n) Hochschullehrer« angesichts weiblicher Zuhörerschaft überfalle, da ihm »aus nie zu beseitigendem Ewigmenschlichen« noch die fleißigste und begabteste Studentin zu einer »Störung« werden müsse. Getrieben von »zielloser Unbefriedigung«, »Modesucht«, »Snobismus« oder »Sensationshoffnungen« füllten Frauen die Hörsäle und zwängen den Dozenten damit, das Niveau zu senken und bestimmte Lehrinhalte wegzulassen - sehr zum Schaden der Wissenschaft im Allgemeinen, der männlichen Studenten im Besonderen und erst recht zum Nachteil des Ansehens des akademischen Lehrers im Kollegenkreis. 115 Diese Stimme kam keineswegs von einem ausgewiesen völkischen Antifeministen, sondern von einem angesehenen Liberalen, der gleichwohl mit organizistischen Lehren sympathisierte: Der Psychologieprofessor hatte dem Bund für Mutterschutz angehört und war in der Weimarer Republik Vorsitzender der badischen DDP. 116 Die Einberufung der männlichen Studenten verschärfte die Agitation gegen das Frauenstudium drastisch. »Wie Heuschrecken« fielen die Studentinnen über die deutschen Universitäten her, schimpfte der organisierte Antifeminist und Stuttgarter Chefredakeur der »Reichspost« in süddeutschen Zeitungen. 117 Die lebensreformerische »Völkskraft« bezeichnete das »überhandnehmende Frauenstudium« als »nervös-degenerative Erscheinung«, 118 und der ebenso antifeministisch wie antisemitisch eingestellte Heidelberger Philosophiedozent Arnold Rüge, der sich vor dem Krieg schon unter dem Beifall des »Hammer« gegen die »Verweiblichung und Verweichlichung« 196

der Universitäten gewandt hatte, verstieg sich gar zu der Behauptung, »daß die Hochschulen, einstmals Ertüchtigungsanstalten für die männliche Jugend, im Kriege zu Tummelplätzen von jungen Mädchen und namentlich von Juden geworden« seien.119 Der studentische Kyffhäuserverband beschwerte sich unter Rückgriff auf Publikationen organisierter Antifeministen über die »Feminisierung der Universitäten« und zitierte Unmutsäußerungen männlicher Kommilitonen, denen der ganze »Weiberbetrieb nicht passe«. Auch außerhalb der Studentenschaft nahmen die Klagen über den »unhaltbar gewordenen Zustand« an den Hochschulen zu.120 Die Militärfuhrung plante, die Universitäten wegen der Besetzung kriegsbedingt freigewordenener Studienplätze durch Frauen zu schließen.121 Damit konnte sie sich gegenüber den zivilen Behörden nicht durchsetzen, doch zunehmend regte sich der Widerstand gegen die Studentinnen auch im akademischen Establishment. Im preußischen Herrenhaus diffamierte ein Universitätsprofessor die renommierte Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität 1918 als »Mädchenschule«.122 Ihr Rektor, der Gynäkologe und spätere Präsident des Reichsgesundheitsamtes, Ernst Bumm, hatte schon im Jahr zuvor die Verschärfung der Zulassungsbedingungen fur Frauen verlangt. Weil das Frauenstudium zur »Mode« geworden sei, müsse die Immatrikulation nicht nur wie bei männlichen Studierenden von der allgemeinen Hochschulreife, sondern zusätzlich vom Nachweis besonderer Veranlagung, Eignung und Vorliebe fur den erwählten Beruf abhängig gemacht werden. 123 Die Warnungen des angesehenen Wissenschaftlers vor dem Frauenstudium wurde nicht nur in völkischen Kreisen begeistert aufgenommen. Selbst die vielgelesenen »Preußischen Jahrbücher« begannen nun damit, sich über die »Gefahren eines weiblichen Gelehrtenproletariats« Gedanken zu machen.124 Auch der preußische Kultusminister äußerte »Besorgnis« über die »starke Zunahme« der Studentinnen. 125 Tatsächlich aber war die Zahl der studierenden Frauen weit weniger stark angestiegen, als die Rede vom aus »Mode« oder »Sport« betriebenen Studium glauben machte. Nach regierungsoffiziellen Zahlen waren im Sommer 1917 gerade einmal zehn Prozent aller Immatrikulierten weiblichen Geschlechts. Unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg hatte der Frauenanteil bei 6,5 Prozent gelegen.126 Die Gegner des Frauenstudiums hätten es also besser wissen können. Statt dessen operierten sie mit absoluten Zahlen, unterschlugen, daß die Zahl der Studierenden insgesamt gewachsen war und präsentierten Berlin, wo mit Abstand die meisten Frauen studierten - fast ein Drittel aller Studentinnen war hier eingeschrieben - ,127 als Paradebeispiel. Auch zwischen regulär Immatrikulierten und der recht hohen Zahl der Gasthörerinnen wurde zumeist nicht unterschieden. 128 Die Zeitgenossen fanden die vorgebrachten Behauptungen plausibel, schien der Augenschein 197

ihnen doch recht zu geben. Weil viele angehende Akademiker zum Kriegsdienst eingezogen wurden, waren unter denjenigen, die noch in den Hörsälen saßen, rund ein Drittel Frauen.129 Ähnlich wie im Fall der Debatte um ausländische Studierende wurde eine faktische Minderheit zum Stein des Anstoßes stilisiert und vielfach als erdrückende Mehrheit wahrgenommen. Die Gegner des Frauenstudiums zogen die Qualifikation der Studentinnen in Zweifel und behaupteten, daß unzureichende Vorbildung und mangelnde persönliche Eignung das Niveau an den Universitäten zu Lasten der männlichen Kommilitonen herabdrückten. Die Mädchenschulreform vom August 1908 habe, so der Vorwurf, junge Frauen zum Studium »verleitet«, denen es »nicht nur an der erforderlichen Begabung, sondern auch oft an den körperlichen Kräften, endlich auch an den Geldmitteln« dazu fehle.130 Im Mittelpunkt der Kritik stand der sogenannte »vierte Weg« zur Universität, der seit Oktober 1915 auch die Absolventinnen der Oberlyzeen zum Studium berechtigte. Da es weitaus mehr Oberlyzeen als Studienanstalten gab, wo eine elitäre Minderheit von Frauen bislang die Reifeprüfung abgelegt hatte, war der Kreis der potentiellen Studentinnen dadurch erheblich größer geworden. Der sogenannte Oktober-Erlaß wurde von Universitätsprofessoren und Vertreterinnen der Frauenbildungsbewegung gleichermaßen scharf angegriffen. Beide Fraktionen machten in erster Linie die Ausweitung der Studienberechtigung für das »Eindringen ungeeigneter Studentinnen« in den Universitätsbetrieb verantwortlich.131 Helene Lange und ihre Mitstreiterinnen mochten um das Renommee der Studentinnen bangen und den Vorwurf fürchten, man sehe ja nun, daß es mit den geistigen Fähigkeiten des weiblichen Geschlechts nicht weit her sei. Unausgesprochen aber stand hinter der Opposition gegen den »vierten Weg« die Furcht vor dem Verlust sozialer Exklusivität, wie sie in Zeiten einer sozialen Ausweitung der Studentenschaft und des Aufstiegs der Technischen Hochschulen in der Rede vom - zunächst nur als männlich verstandenen - »akademischen Proletariat« zum Ausdruck kam. Jene Frauen, die sich den Zugang zur Bildungselite noch als »Ausnahmeerscheinung« erkämpft hatten, wollten mit einem »weiblichen Gelehrtenproletariat« ebenso wenig zu tun haben wie die jüngeren Absolventinnen der Studienanstalten aus gehobenem sozialen und vorwiegend städtischem Umfeld.132 Auch auf seiten der Männer mochten soziale Deklassierungsängste bei den neuerlichen Angriffen auf die Studentinnen eine Rolle spielen. Was war ein Bildungspatent wert, wenn nun schon Frauen aus der unteren Mittelschicht, die ein Oberlyzeum besucht hatten, ein Anrecht darauf geltend machen konnten? Dazu kam bei den männlichen Kommilitonen Verdrängungsfurcht und vermutlich auch schlichte Wut: Während man sie zur Verteidigung der Heimat< zu Tausenden in den Krieg schickte, absolvierten in 198

eben jener durch die Soldaten vor kriegerischen Handlungen geschützten Heimat Frauen ordnungsgemäß ihre Ausbildung und waren in der Lage, ein Abschlußzeugnis vorzuweisen, bevor die >Kriegsheimkehrer< der gleichen Generation ihr Studium auch nur wieder aufnehmen konnten.

5 . 6 . Frauenbildung und Bevölkerungspolitik: Geburtenrückgang als Klassenproblem Parallel zur akademischen Kritik am »weiblichen Gelehrtenproletariat« mehrten sich die Stimmen, die im Gefolge der in Universitäten und Behörden etablierten Rassenhygieniker und Bevölkerungspolitiker als selbsternannte Fürsprecher des >Volksganzen< gegen »unsere heutige Mädchenverbildung« Sturm liefen. Insbesondere »Deutschlands Erneuerung«, das Blatt der Deutschen Vaterlandspartei, reihte Artikel um Artikel aneinander, in denen die höhere Mädchenbildung als »Erziehung zum Rassenselbstmord« gegeißelt wurde.133 Die meisten Autoren machten dafür die Frauenbewegung verantwortlich - wenig verwunderlich, waren sie doch zugleich eifrige Mitarbeiter der »Politisch-anthropologischen Monatsschrift« des organisierten Antifeministen Otto Schmidt-Gibichenfels. Die von der Frauenbewegung durchgesetzte Mädchenschulreform mit ihrer Angleichung an die Lehrinhalte der Knabenschulen hätte, so der Vorwurf, aus einem »Recht auf Bildung für die wirklich Begabten« einen »Zwang zum Lernen für alle« gemacht und unter den jungen Frauen durchgängig zu »Nervosität und geistige(r) Erschöpfung« gefuhrt. Um den Mädchen »Frische und Kraft« für ihren künftigen Mutterberuf zu erhalten, müßten daher die Lehrpläne an den höheren Mädchenschulen strikt reduziert werden: »Die Überschätzung der rein verstandesmäßigen Bildung muß den Forderungen der Rassenhygiene weichen.« 134 Schließlich seien Frauen nicht zum Gebrauch ihrer geistigen Fähigkeiten bestimmt, sondern zur »Übertragung dieser Anlagen auf die Nachkommenschaft«. Die weibliche Jugend müsse daher von Anfang an fiir die Ehe erzogen werden, folgerte das Blatt und warnte vor jeder »Nachgiebigkeit gegen die Frauenbewegung«. 135 Gebildete Frauen, soviel glaubten (Frauen-)Ärzte, Rassenhygieniker und Volksaufarter mit Blick auf amerikanische Studien nachweisen zu können, seien weder willens noch in der Lage, eine große Anzahl von Kindern zu gebären und zu erziehen. 136 »Je besser die Schulen werden, desto schlechter werden die Wochenbetten, um so geringer wird die Milchabsonderung«, polemisierte der Deutschnationale Handlungsgehilfenverband und berief sich dabei auf den mittlerweile verstorbenen Erz-Frauenfeind Paul Julius Möbius. 137 Zehn Akademikerinnen brächten zusammengenommen gerade 199

einmal sechs Kinder zur Welt, während sonst vier Kinder pro Frau üblich seien, rechnete der antisemitische »Hammer« zu Zeiten vor, als zwei bis drei Kinder pro Ehe in (fast) allen Schichten längst eher die Regel als die Ausnahme waren,138 und fragte mit den Worten des »Fränkischen Couriers« polemisch: »Wie lange würde die Nation fortbestehen, wenn alle Frauen die höhere Gymnasial- und Universitäts-Bildung erhielten?«139 Diese Frage stellte sich dem »Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie« schon gar nicht mehr. Dem in wissenschaftlichen Kreisen anerkannten Fachblatt erschien es als Tatsache, »daß, wenn alle Frauen studieren würden, unser Volk in kurzer Zeit ausgestorben wäre«. Entgegen längst vergangenen, wenngleich immer schon prekären Sympathien für manche Zweige der Frauenbewegung, wurde damit die Bevölkerungsstatistik zum Dreh- und Angelpunkt in der Beurteilung der >FrauenfrageAusnahmeerscheinungen< beschränkt wissen, die ihm als »von mehr männlicher Veranlagung« galten.143 Die »Mehrzahl der Frauen der mittleren Stände, die der Anreiz zum Studium am ehesten trifft«, müsse aber, verlangte der Gynäkologe und Gesundheitspolitiker, ihrer »natürlichen Bestimmung« - nach anderen Quellen sprach er von »vaterländischer Bestimmung« - erhalten bleiben: »Unsere Kinder sollen von Müttern geboren werden, die ein ausgeruhtes Gehirn und genug Zeit zur Aufzucht einer zahlreichen Nachkommenschaft haben.«144 Hier zeichnete sich schon eine Argumentationslinie ab, wie sie später in der Weimarer Republik häufig artikuliert wurde: Nachdem sich die Behauptungen von der geistigen Minderbemittlung und geringen körperlichen Leistungsfähigkeit des weiblichen Geschlechts angesichts der Realität gerade im Ersten Weltkrieg kaum mehr halten ließen, wurden die Geschlechterunterschiede erneut in einen ominös-ontologischen »Wesensgrund« hineinverlagert und die Aufrechterhaltung der Grenzen zwischen Männern und Frauen zunehmend nationalpolitisch begründet. 145 Der mangelnde Nachwuchs wurde, wie aus den Zitaten deutlich wird, nicht als bevölkerungspolitisches, sondern als Klassenproblem wahrgenommen. Während es scheinbar nur um die >Frauenfrage< ging, wurde auch über das Verhältnis von Klasse und Nation verhandelt. »Unsere Frauen« waren die Frauen und Töchter des (gehobenen) Bürgertums, die stärker als Frauen aus unteren Sozialschichten über die Informationen und vor allem die finanziellen Möglichkeiten zur Geburtenkontrolle verfugten. Einem kleinen Kreis von Frauen war es - vermutlich mit Billigung ihrer Ehemänner - mit vergleichweise geringem Aufwand möglich geworden, den Kreislauf von Empfängnis, Schwangerschaft und Geburt willentlich zu durchbrechen. Ihren Schwestern aus dem Proletariat und wohl auch aus Teilen der unteren Mittelschicht gelang das nur um den Preis von Enthaltsamkeit, lebensgefährlicher Abtreibungsmethoden oder dem vielfach geübten coitus interrupt s mit seinen hohen Versagerquoten.146 Da der säkulare Trend zur Kinderbeschränkung in kapitalistischen Industriegesellschaften die unteren Bevölkerungsschichten in Deutschland (noch) weniger stark erfaßt hatte, klaffte hinsichtlich der Kinderzahl eine Lücke zwischen Bürgertum und Unterschichten, die von vielen Bürgern als geradezu physische Bedrohung erlebt wurde, wie es in der Metapher der unaufhaltsam »von unten hervorquellende(n) Masse« zum Ausdruck kam. Der »Kunstwart« hatte diese Entwicklung schon am Vorabend des Ersten Weltkriegs wortreich beklagt: Während sich die »intelligentesten Kreise« vor Nachwuchs fürchteten, zeige sich in den »niedersten« Schichten eine »Kindererzeugung ohne Maß und Verstand aus ungebändigtem Triebleben, eine Fruchtbarkeit aus mangelnder Selbstzucht«.147 Diese Behauptung negierte 201

nicht nur die Tatsache, daß auch in der Arbeiterschaft die Geburtenrate rückläufig war, sondern sprach auch allen verzweifelten Verhütungs- und Abtreibungsversuchen der Unterschichtsfrauen Hohn. Die bürgerlichen Kulturwächter appellierten mit ihrem Erklärungsmuster an ein verbreitetes bürgerliches Vorurteil: die quasi natürwüchsige Triebhaftigkeit der Unterschichten - ein Stereotyp, das dem Bürgertum in seiner Selbstinszenierung als gemäßigt und rational die soziale Distinktion ermöglicht hatte. Diese Konstruktion erwies sich als offen genug, um nun mit rassenhygienischem Inhalt gefüllt zu werden. Im Zuge allgemeiner Verwissenschaftlichung trat der moralischen Abwertung die Biologisierung des Sozialen gleichwertig an die Seite. Unterbürgerlichen Schichten haftete nicht länger nur der Makel der Unmoral an, sondern sie standen nun auch im Verdacht somatischer Minderwertigkeit. Die nach der Jahrhundertwende vielfach geäußerte Furcht, »von den uns umgebenden kulturell tieferstehenden, aber fruchtbareren Völkern aufgezehrt zu werden«, hatte ein innenpolitisches Pendent, wenn nicht Vorbild: Für bildungsbürgerliche Blätter wie den »Kunstwart« standen »Völksgesundheit« und »Völksbildung«, ja, sogar die gesamte bürgerliche Kultur in dem Maße auf dem Spiel, »wie der Völkszuwachs mehr und mehr aus leider Gottes physisch minderwertigen Schichten quillt.« 148 Dagegen waren sich die Völksverbesserer darüber einig, daß die »qualitative« Erneuerung der deutschen Bevölkerung aus dem »gebildeten Mittelstand« hervorgehen sollte: »Die wichtigste Aufgabe ... der Frau der Oberschicht ist die Erhaltung ihrer Klasse, die Mutterschaft«, hatte das »Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie« schon 1910 geschrieben. 149 In bevölkerungspolitischer Hinsicht war die >Frauenfrage< daher vor allem eine »Damenfrage«. 150 Die klassenspezifische Ausrichtung der bevölkerungspolitischen Diskussion war freilich kein spezifisch deutsches Phänomen. Auch die englische Eugenik war »less an objective science than a biological way o f thinking comparatively and qualitatively about classes and accounting for differences between them primarily in hereditarian rather than in social or cultural terms«. 151 In ihren pronatalistischen Bemühungen standen Großbritannien und Frankreich dem Deutschen Reich ebenso wenig nach wie in der Wahrnehmung des Geburtenrückgangs als »Rassenselbstmord«. Überall entstanden staatlich-offiziöse ebenso wie private Initiativen zur Förderung des Kinderreichtums, und an die Gebärtüchtigkeit der Mütter appellierte man auf dem Kontinent ebenso wie jenseits des Kanals. Die Koppelung der Geburtenfrage an antifeministische Vorwürfe auch von offizieller Seite scheint dagegen ein deutsches Spezifikum gewesen zu sein. Die Vehemenz der deutschen Reaktion mochte auch damit zusammenhängen, daß man in Frankreich längst an gleichbleibende oder sinkende Bevölkerungsziffern gewöhnt war, während in Deutschland der Übergang von Bevölkerungsex-

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pansion zu Stagnation die Wahrnehmung und die Schärfe der Debatte beeinflußte. In Großbritannien brachte man die Bevölkerungsabnahme eher mit Frauenerwerbsarbeit als mit der Frauen(stimmrechts)bewegung in Zusammenhang, und in Frankreich stimmten selbst feministische Blätter in das Hohelied der Kinderproduktion ein, wogegen die Frage, wieviel Kinder in einer Ehe geboren werden sollten, in französischer Sicht offenbar in den Zuständigkeitsbereich des Ehemannes fiel.152

5.7. »Die Unterstellung der Geburtenfrage unter den Gesichtspunkt des Volksinteresses«: Pronatalistische Bevölkerungspolitik Die Schriften, in denen nach den Ursachen des Geburtenrückgangs in Deutschland geforscht und Pläne zu seiner Abhilfe entworfen wurden, waren Legion. Je nach politisch-weltanschaulichem Standort betonten die meist männlichen Autoren mal den Einfluß gestiegenen Wohlstandes und zunehmender Urbanität, mal die Bedeutung sinkender Religiosität, bald medizinische Ursachen, bald im Gefolge von Sombart und Julius Wolf einen allgemeinen Trend zur Rationalisierung der Lebensführung. 153 Viele Aufsätze waren Schauplatz heftiger Zivilisationskritik. Beklagt wurde alles, was den Übergang der Gesellschaft zur Moderne ausmachte und nicht länger als »Fortschritt«, sondern zunehmend als Problem empfunden wurde: Land»flucht« und Verstädterung, Industrialisierung und Arbeitermassen, die Auflösung ständisch-traditioneller Bindungen und ihre Ersetzung durch neue Formen des Statuskonsums, »Erwerbshetze«, Kapitalismus und Wettbewerbsgesellschaft, Schnelligkeit und Verkehr.154 In der Tat hatte infolge der Hochindustrialisierung der Anteil der Städter an der Gesamtbevölkerung zwischen der Reichsgründung und dem Beginn des Ersten Weltkriegs von rund 36 auf 60 Prozent zugenommen. 155 Die rapide Urbanisierung prägte wesentlich die Zeiterfahrung der Einwohner und Einwohnerinnen des Kaiserreichs. Die Stadt erschien als Fokus neuer Lebens- und Arbeitsformen, technischer Innovationen, veränderter soziokultureller Normen und eines neuen Lebensgefuhls. Gleichzeitig schien sie alle sozialen Brennpunkte zu bündeln. Die Stadt wurde zur Chiffre für Modernität schlechthin und wurde folglich auch mit dem veränderten generativen Verhalten der Bevölkerung in Beziehung gebracht. Die Konsequenz war ein rigider Anti-Urbanismus der bevölkerungspolitischen Literatur, der sowohl übersah, daß der relative Kinderreichtum bäuerlicher Familien auf wirtschaftlichen Erwägungen - Kinder als Arbeitskräfte - beruhte, als auch ignorierte, daß im städtischen Subproletariat gleichfalls überproportional 203

viele Kinder zur Welt kamen. Die Behauptung eines niedrigeren ländlichen Heiratsalters und die rassenbiologische Idealisierung der bäuerlichen »Erbmasse« trugen ein übriges dazu bei, daß die »Wiederbesiedlung des platten Landes« in keinem bevölkerungspolitischen Forderungskatalog fehlte. Der pronatalistische Anti-Urbanismus war nicht zuletzt frauenpolitisch motiviert, ging man doch davon aus, daß »die Landbevölkerung ... eine Frauenfrage kaum jemals gekannt habe, noch so leicht kennen lernen« werde. Tatsächlich war die Frauenbewegung ein überwiegend städtisches Phänomen. Deshalb hoffte man, mit Binnen-Kolonisation und Schaffung sogenannter »ländlicher Heimstätten« für ausgediente Soldaten Heiratshäufigkeit und Kinderzahlen zu erhöhen und damit gleichzeitig die Zahl derjenigen Frauen zu vermindern, »für die dann eine >Frauenfrage< überhaupt noch besteht«.156 Frauen erschienen als das Bindeglied, mit deren Hilfe die Bindung der Familien an das Dorf verstärkt werden konnte. Bürgerlichromantisierenden und von der Realität des bäuerlichen Lebens meilenweit entfernten Vorstellungen zufolge sollten die »Landmädchen« daher zum »Sinn für die alten schönen Volkstrachten, für die gediegene Schlichtheit des Bauernhauses, für alte Volksbräuche« erzogen werden.157 Hinter diesen Vorschlägen stand die Absicht, der Abwanderung in die Städte vorzubeugen, um die Vergrößerung und Politisierung der Industriearbeiterschaft zu verhindern. Anti-Urbanismus und Agrarromantik hatten also durchaus auch antisozialistische und antifeministische Implikationen. Die Ursachenforschung zum Geburtenrückgang bot sich prächtig als Projektionsfläche für Feindbilder an. Seitenhiebe auf die SPD und ihre »Organisierung der Unfruchtbarkeit« waren an der Tagesordnung, und in den Artikeln, in denen zur Denunziation der Verkäufer von Verhütungsmitteln aufgerufen wurde, brachen sich antikapitalistische Affekte ungebremst Bahn. 158 In der Rede vom »gewissenlosen Geschäftsgeist« oder kapitalistischen »Händlergeist« schwang unüberhörbar Antisemitismus mit. 159 Die organisierte Antifeministin Kathinka von Rosen wurde noch deutlicher: Sie machte für den Geburtenrückgang den Verkauf von Verhütungsmitteln durch Hausierer »fremder Rasse« verantwortlich und verlangte, die »inneren Feinde« des Landes zu verweisen.160 Auch die Frauenbewegung wurde heftig angegriffen, weniger, wie noch in den letzten Vorkriegsjahren, wegen ihrer Forderung nach politischer Mitbestimmung, sondern zunehmend aus bevölkerungspolitischen Gründen. Ein Teil der deutschvölkischen Bewegung hielt jedoch nach wie vor an den alten Feindbildern fest. Der Verband gegen die Überhebung des Judentums entwickelte eine Verschwörungstheorie, wonach mittels liberaler Gesetzgebung - dazu zählten die radikalen Antisemiten auch die Einführung des Frauenstimmrechts - der Zusammenbruch der deutschen Staats- und Gesellschaftsordnung herbeigeführt werden sollte.161 Die »Politisch-Anthropologische 204

Monatsschrift« nahm ganz im Stil der Dolchstoßlegende schon 1915 ein Schreiben deutscher Frauenrechtlerinnen an den Weltbund für Frauenstimmrecht als Beweis dafür, wie Frauen den »sich aufopfernden männlichen Volksgenossen in den Rücken fallen«.162 Es müsse, hieß es, nun wirklich Ernst gemacht werden mit der Abwehr der »Fräuleinrechtlerei«, der es »nicht einfällt, vor der im Kriege zutage tretenden ungeheuren Entfaltung männlicher Tatkraft und männlicher Organisation die Segel ihrer Selbstüberhebung zu streichen.«163 Auch die »Norddeutschen Monatsblätter« polemisierten trotz >Burgfriedens< gegen die Frauenbewegung. Mit Blick auf die Forderung nach Frauenwahlrecht und sexueller Selbstbestimmung galt sie ihnen ganz im Stil des antifeministischen Bundes als ausländische »geistige Krankheitserscheinung«, die »schlimmer als irgend eine andere uns drohende Gefahr am Marke des Volkes zehrt«.164 Die organisierten Emanzipationsgegner und -gegnerinnen selbst hielten sich in der ersten Kriegshälfte dagegen mit Polemiken gegen das Frauenstimmrecht zurück und widmeten sich dem Thema vor allem unter dem Aspekt der angeblich schlechten Erfahrungen, die man im Ausland damit gemacht habe.165 Freilich stand dieser antifeministische Internationalismus in Zeiten nationaler Isolation nicht eben hoch im Kurs. Das mangelnde Presseecho offenbarte, daß die Diskussion um Stimmrechtsfragen vorübergehend aus der Mode gekommen war. Außerhalb radikaler völkischer Zirkel schlugen die Wogen nur im Zusammenhang mit der Teilnahme >radikaler< Frauenrechtlerinnen an dem internationalen Frauenkongreß in Den Haag noch einmal hoch. Die nationale Empörung richtete sich jedoch weniger gegen das dort eingeklagte Frauenwahlrecht als gegen die »eigenmächtigen ... Verschwisterungsversuche« mit Frauen anderer Nationalität in Kriegszeiten.166 Während die Stimmrechtsfrage erst wieder im Kontext der Debatte um die »Neuorientierung« akut wurde, schob sich ein pronatalistisch begründeter Antifeminismus immer mehr in den Vordergrund. Schon vor 1914 hatten Volkswirtschaftler, Mediziner, Rassenhygieniker und Theologen der Frauenbewegung die (Mit-)Schuld am »Geburtenrückgang« zugewiesen und bürgerliche Blätter hatten die Vorwürfe bereitwillig kolportiert.167 Je mehr Männer dem Ersten Weltkrieg zum Opfer fielen, je stärker über den bevölkerungspolitischen Ausgleich des »große(n) Völkersterben(s)« nachgedacht wurde, desto aggressiver wurden die Stimmen, die eine »gründliche Abrechnung mit den politischen Frauenvereinen« verlangten, weil sie »die Pflicht zur Empfängnis und Kinderaufzucht ihrer >freien Persönlichkeit ... nicht zumuten wollen.«168 Die Frauenbewegung mit ihren »Trugbilder(n) von Frauenrechten, Gleichberechtigung der Frau, Politisierung der Frau, Frauenstimmrecht« habe den Frauen einen »Ekel« vor der Mutterschaft beigebracht169 und sei, wie sich der Lebensreformer

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Emil Peters vom Bund für deutsche Volkskraft auf gutbesuchten Vortragsreisen quer durch Deutschland ausdrückte, rundum »kindesfeindlich«. 170 Da es während des Krieges möglich geworden war, sich öffentiich zum Problem der Geburtenkontrolle zu äußern - wenn auch nur in Form scharfer Kritik - , konnte man damit nun auch Frauenorganisationen bezichtigen: »Weibliche Propaganda in Frauenversammlungen«, hieß es, spielten bei der Verbreitung empfängnisverhütender Methoden eine große Rolle. 171 Unter welchem Aspekt die Frauenbewegung jeweils diffamiert wurde, unterlag offensichtlich den Schwankungen der politischen Konjunktur. Seitdem die Thematisierung privaten Sexualverhaltens nicht mehr tabu war, standen zunehmend nicht nur Frauenorganisationen, sondern alle Frauen im Kreuzfeuer der Kritik. Religiöse Blätter klagten über die gesunkenen »sittlichen Begriffe« der »Frauenwelt«, und in den Kreisen der Antifeministen, Rassenhygieniker, Völkischen und Lebensreformer vermeinte man gar einer »allgemeinen und geheimen Verschwörung gegen das Kind« auf die Spur gekommen zu sein. Auch über die Motivationen der Frauen glaubten die Autorinnen und Autoren genau Bescheid zu wissen: Die Frauen wollten keine Kinder gebären, weil sie »der opfervollen Mutterschaft den direkten Lebensgenuß« vorzögen. 172 Liebe und Sexualität stellten in dieser Betrachtungsweise keine individuellen Bedürfnisse dar, sondern erhielten ihre Rechtfertigung erst aus ihrer Funktion fur die Stärkung der »Volkskraft« und die Größe der Nation. Fortpflanzung blieb nicht länger den einzelnen überlassen, sondern war eine »biologische und nationale Forderung«. 173 Die Frau »muß begreifen, daß ein Kind nicht ihr persönliches Eigentum ist, sondern göttlichen Ursprungs ist und dem Staat gehört«, schrieb ein pädagogisches Fachblatt Ende 1915 und forderte deshalb dazu auf, Sexualkunde-Unterricht in den Lehrplan der Mädchen-Fachschulen aufzunehmen. 174 Im biologistischen Diskurs wurde noch die sexuelle Lust vom Individuum abgelöst und auf das >Völk< zugerichtet: Der Geschlechtstrieb, hieß es in einer Publikation des Deutschbundes schon Ende 1 9 1 3 , sei dem Menschen »nur als Lockung gesetzt, damit er seiner Aufgabe sicherer genüge«. 175 Mit dem Ausbau des öffentlichen Gesundheitswesens wurde der Körper nationalisiert; »die Pflicht, gesund zu sein« nahm ständig zu und erreichte mehr und mehr alle Teile der Gesellschaft. 176 Hatte die Gesundheitsdebatte seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert vor allem die bürgerlichen Schichten und die Landbevölkerung im Blick, richtete sich die Aufforderung, mit dem »Kapital« Gesundheit rational umzugehen, auch an das städtische Proletariat, seit sich Industrialisierung und Marktgesellschaft in der zweiten Jahrhunderthälfte durchsetzten. 177 Wie es scheint, sind Frauen als explizit benannte Gruppe verspätet in diesen Prozeß einbezogen worden. 178 Erst nachdem sich der Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit der

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militärischen Expansion und gezielten Bevölkerungspolitik des neuen Nationalstaats auf die Erzeugung einer möglichst zahlreichen und gesunden Nachkommenschaft richtete, wurden Frauen offenbar als eigenständige Zielgruppe der Gesundheitspolitik wahrgenommen. 179 Gegen Ende des 19. Jahrhunderts jedenfalls traf die Verpflichtung zur Gesundheit beide Geschlechter gleichermaßen, doch waren Ausmaß und Implikationen für Männer und Frauen nun jeweils verschieden. Richteten sich Aufforderungen zur Körperertüchtigung, zum Maßhalten im Alkoholkonsum und zur Prävention von Geschlechtskrankheiten an die Männer, galten die Appelle an das weibliche Geschlecht dessen Fähigkeit zur Reproduktion. Einzelnen und genau umschriebenen Empfehlungen an Männer stand die ganzheitliche Vereinnahmung des Frauenkörpers gegenüber. 180 Weitaus stärker als das männliche Geschlecht galt die Frau im beginnenden 20. Jahrhundert als eigentliche »Trägerin der Volksgesundheit«, die »mit ihrem Körper der Gesamtheit verantwortlich« war.181 In den Zirkeln der völkischen Lebensreform begann man bereits damit, vorgeburtliche Prozesse in den Blick zu nehmen: »Zeuge pflichtbewußt« hieß das Motto fur die Männer, während man von »vorgeburdicher Erziehung« sprach und Frauen ermahnte, daß ihre psychische Befindlichkeit während der Schwangerschaft fur das Kind »schicksalsentscheidend« sei.182 Einem Staat, der imperialistische Weltgeltung beanspruchte, konnten Qualität und Quantität seines Nachwuchses nicht gleichgültig sein. Um die in Deutschland vergleichsweise hohe Säuglingssterblichkeit einzudämmen, wurden unter der Ägide des späteren Antifeministen-Chefs Behr-Pinnow mit erheblichen finanziellen Mitteln Wohlfahrtsinstitutionen ausgebaut und die Stillpflicht propagiert. Frauen, die nicht stillen mochten oder konnten, begingen, so war in den Zeitungen zu lesen, »ein Verbrechen am Kinde«.183 Seit der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation zeitgleich mit der Veröffentlichung der vielbesprochenen Schriften über den Geburtenrückgang ins Leben getreten war, übertrafen sich Völkische, Lebensreformer und Rassenzüchter in dem Bemühen, Frauen auf ihren »Gattungszweck« zu verpflichten und überführten die private Entscheidung des Gebärens in die öffendiche »Sozial-Pflicht der Frau« zum Wohle von Volk, Rasse und Nation. 184 Selbst prominente Sozialdemokraten wie Alfred Grotjahn, Berliner Professor für Sozialhygiene, sahen trotz aller anderen Frauenarbeit an der >Heimatfront< in der Geburt möglichst vieler Kinder den einzigen »Wehrbeitrag der deutschen Frau«, der dem Kriegsdienst der Männer gleichkam.185 Der Frauenkörper wurde zur Gebärmaschine für den »Volkskörper« funktionalisiert. Es liege daher nicht »im biologischen Interesse des Volkes, die Frauen gar zu sehr in die Öffendichkeit des Lebens zu zerren«, urteilte der Bund für deutsche Volkskraft, und die »Norddeutschen Monatshefte« erwarteten gar, daß mit Blick auf den »natürlichen Mütter207

bedarf« des deutschen Volkes Frauen alle anderen Interessen zurückzustellen hätten. 186 Diese Forderungen waren freilich ebenso wirkungslos wie die pronatalistische Sozialpolitik der Regierungen. Im Verlauf des Ersten Weltkriegs nahm die Kenntnis und Verbreitung von Verhütungsmitteln enorm zu. Die Militärführung hatte daran nicht unerheblichen Anteil. Da ihr an der psychischemotionalen Stabilisierung der eingezogenen Soldaten gelegen war, wurden die Frontkämpfer auf außereheliche Sexualkontakte verwiesen und in Techniken zum Schutz vor Geschlechtskrankheiten unterrichtet. Es war wenig verwunderlich, daß die Soldaten diese Methoden beim Heimaturlaub auch im ehelichen Geschlechtsverkehr anwandten - zumal der Krieg den wenigsten Familien als geeignetes Umfeld erschien, um Kinder in die Welt zu setzen.187 Je weniger Kinder geboren wurden, desto mehr häuften sich die Stimmen, die Wehrpflicht und Kriegsdienst der Männer zum Anlaß nahmen, eine wenn auch nicht wörtlich so genannte - >Gebärpflicht< für Frauen zu fordern. 188 »Aus dem Schoß unserer Frauen müssen uns die Heere erwachsen, die wir brauchen«, befand der Antifeminist und Rassenhygieniker Max von Gruber apodiktisch.189 Als sich das Kriegsende abzeichnete, wurden die Schöße der Mütter in die Gestaltung der künftigen Friedenswirtschaft eingeplant - am grünen Tisch und ohne die realen Lebensverhältnisse im geringsten zu berücksichtigen. Die >Heimatfront< hungerte, Familienväter kamen nicht oder als Krüppel zurück, eine ganze Generation junger Männer war auf dem Schlachtfeld dezimiert worden - und die Bevölkerungspolitiker forderten erhöhte Menschenproduktion, nicht allein um die Kriegsverluste auszugleichen, sondern auch, um »für Landwirtschaft und Industrie genug Menschenkraft selbst zu erzeugen«.190 Die Fähigkeit, Kinder zu gebären, verwandelte sich umstandslos in einen Produktionsfaktor des volkswirtschaftlichen Wiederaufbaus. Als größter Feind der Kindererzeugung von Staats wegen erschien folgerichtig der »liberale Individualismus« mit seiner Höherbewertung des einzelnen vor den Interessen einer wie auch immer definierten Gesamtheit. Ihn sahen die Zivilisationskritiker in der modernen Welt allenthalben am Werk, nicht zuletzt in dem Bemühen um die Gleichberechtigung der Frau. Der deutschvölkischen Bewegung galt die Frauenbewegung ebenso wie der »manchesterliche Individualismus« als Ausfluß des kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems, dem sie eine als »germanisch« hypostasierte konfliktfreie »Volksgemeinschaft« entgegensetzte. 191 Nur selten kam Kritik an der Frauenbewegung ohne den Seitenhieb auf ihren »kurzsichtige(n) Individualismus« oder ihre »mißverstandene Individualisierung« aus und enthielt damit zugleich eine parteipolitische Komponente: Die liberalen Neigungen im BDF-Vorstand und die linksliberalen Sympathi208

en der >Radikalen< waren den Zeitgenossinnen und Zeitgenossen wohlbekannt.192 Die Forderung nach möglichst hoher Kinderzahl ließ sich für die meisten Theoretiker am besten im Rahmen von Ehe und Familie umsetzen. 193 Die Hochschätzung der Ehe, wie sie etwa der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation in seinem Programm festschrieb, war nicht länger nur religiös oder konservativ-traditionell, sondern zunehmend national und bevölkerungspolitisch begründet. Wiewohl das geltende Recht die hierarchische Organisation der Ehe sanktionierte, schien die fraglose Unterordnung der Frauen nicht mehr selbstverständlich zu sein, sondern mußte publizistisch eingefordert werden: »Das Weib muß Weib bleiben, der Mann Mann. Das Weib muß sich dem Mann unterordnen, der Mann hat die Pflicht, seine Führerrechte weise zu gebrauchen. Nur auf solchem Grund gebaute Ehen sind gesund, garantieren höchste Kräftesteigerung und eine würdige Nachkommenschaft.« 194 Auch hinsichtlich des Stellenwerts, den Kinder und Kindererziehung im Leben vieler Frauen einnahmen, lagen offenbar Welten zwischen dem Wunschbild der Menschenzüchter und der Realität. Nicht umsonst mußte der rassenhygienische Kernsatz: »Höchste Lebenserfüllung findet das Weib nur als Mutter« gebetsmühlenartig immer wieder unter die Leute gebracht werden.195 Mehr und mehr völkisch-nationalistische Verbände - wie etwa der Wehrverein oder der Deutschbund - schrieben die Förderung der Bevölkerungszunahme auf ihre Fahnen. 196 Bevölkerungspolitische Leitsätze der Deutschen Gesellschaft für Rassenhygiene wurden begeistert nachgedruckt. 197 Schon kurz vor, erst recht aber im Ersten Weltkrieg schössen pronatalistische Vereinigungen unter der Ägide von Biologen und Medizinern wie Pilze aus dem Boden. Der katholische Gesundheitspolitiker Jean Bornträger initiierte im Rheinland eine Vereinigung für kinderreiche Familien und Witwen, der völkisch-lebensreformerische Schutzbund fürs deutsche Weib, 1916 aus den Reihen des Wandervogels hervorgegangen, war dem Deutschen Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation brüderlich verbunden, und in Karlsruhe gründete der Schularzt Hermann Pauli zusammen mit dem antifeministischen Aktivisten Arnold Rüge den Bund für deutsche Familie und Volkskraft.198 In Halle rief der Physiologe Emil Abderhalden einen Bund zur Vermehrung der Volkskraft ins Leben und organisierte eine bevölkerungspolitische Vortragsreihe an der Universität.199 1917 waren bei der Tagung des Ausschusses für die Fragen der Volksvermehrung 20 Organisationen zugegen, die über eine halbe Million Mitglieder vertraten. Selbst Großbanken und Industriebetriebe beteiligten sich an bevölkerungspolitischen Maßnahmen und begannen, ihren Angestellten Kinderprämien und Erziehungsbeihilfen zu zahlen. 200 Experten zumeist männlichen Geschlechts fühlten sich berufen, Vorschläge zur Steigerung der Gebärfreudigkeit zu 209

präsentieren und ließen dabei ihren Phantasien freien Lauf: Die Ideen reichten von der anti-urbanistisch motivierten Bodenreform über die Schaffung eines antikapitalistischen Volksstaates201 bis hin zur - auf den Nationalsozialismus vorverweisenden und von einer Frau vorgeschlagenen - Einführung der angeblich »urgermanischen Mehrehe rassewerter Männer«.202 Größeren Realitätsgehalt besaßen da schon die Pläne Max von Grubers, des antifeministischen Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Rassenhygiene. Er entwickelte kurz vor und im Ersten Weltkrieg ein Ensemble bevölkerungspolitischer Maßnahmen, von denen ein Teil heute (zumindest theoretisch) zu den Steuerungsinstrumenten nicht nur der bundesrepublikanischen Sozialpolitik gehört: Steuerliche Umverteilungen zugunsten kinderreicher Familien, staatliche Erziehungsbeihilfen und die Förderung von Wohneigentum für Familien.203 Als bekanntem Wissenschaftler und anerkanntem Rassenhygieniker war von Gruber an der Verpflichtung des weiblichen Geschlechts auf Geburt und Kindererziehung gelegen. Ausbildung, Berufstätigkeit, politische und sexuelle Selbstbestimmungsrechte von Frauen konnten da nur hinderlich sein.204 Diese Auffassung teilte er mit seinem antifeministischen Bundesgenossen, dem Juristen und Mediziner von Behr-Pinnow, dem zeitweiligen Vorsitzenden der antifeministischen Liga. Wie groß die Übereinstimmung zwischen dem antifeministischen Bund und der >offiziellen< Politik in Hinblick auf bevölkerungspolitische Positionen war, machen institutionelle Verflechtungen mehr als deutlich. In Reaktion auf die Gründung des Bundes für Mutterschutz hatte der spätere Antifeministen-Chef als Kabinettsrat der Kaiserin die Einrichtung einer Reihe von Institutionen in die Wege geleitet, die sich die Verringerung der Säuglingssterblichkeit zum Ziel setzten. Zusammen mit Fritz Rott leitete Behr-Pinnow das Kaiserin Auguste Victoria-Haus, eine vom Reich und Preußen finanzierte Kinderklinik mit Modellcharakter, die über ein Netz angeschlossener Krankenhäuser und Wohlfahrtsorganisationen beträchtlichen Einfluß ausübte. Seine Deutsche Gesellschaft für Säuglingsschutz amalgamierte philanthropische Traditionen der Kinderfursorge mit eugenischen Vorstellungen und imperialistischen Interessen. Sozialhygiene und die Verringerung der Säuglingssterblichkeit waren, so die Überzeugung, ein wichtiger Markstein auf dem Weg zu deutscher Weltgeltung. 205 Als renommierte Experten für Bevölkerungspolitik waren Behr-Pinnow und Gruber 1915 zu einem Symposium über die »Erhaltung und Mehrung der deutschen Völkskraft« geladen, das die Zentralstelle für Volkswohlfahrt organisierte.206 Vorsitzender der Zentralstelle war zeitweilig Ignaz Kaup, jener Sympathisant des österreichischen Antisemiten Georg von Schönerer und Verfechter antiurbanistischer Regenerationspläne, den von Gruber 1912 an sein Münchner Hygiene-Institut geholt hatte. Später machte er als 210

Chef des Hygiene-Instituts der Technischen Universität Berlin Karriere. Kaup, Österreicher wie von Gruber, hatte seine Ablehnung der Frauenarbeit aus rassenhygienischer Sicht erstmals 1913 auf dem Verbandstag der Deutschnationalen Handlungsgehilfen begründet. Die »Deutsche HandelsWacht«, das Organ der Handlungsgehilfen, hatte zuvor bereits von Grubers Rede zum Zusammenhang zwischen Mädchenerziehung und Rassenhygiene begeistert nachgedruckt. 207 Ebenfalls 1915 wurde unter dem Vorsitz von Julius Wolf die Deutsche Gesellschaft für Bevölkerungspolitik ins Leben gerufen. Der Ökonom hatte bereits 1912 den Geburtenrückgang als »Rationalisierung des Sexuallebens« analysiert und die Schuld dafür der Sozialdemokratie und der Frauenbewegung zugewiesen. Mit diesem Konzept ebenso wie mit seinem Terminus vom »Zwei-Kinder-System« hatte Wolf andere Theoretiker des Geburtenrückgangs wie Bornträger und Seeberg maßgeblich beeinflußt.208 Zu den Referenten auf der Gründungsversammlung der Gesellschaft: für Bevölkerungspolitik gehörte auch Antifeministen-Chef von Behr- Pinnow. Als einzige Frau hatte man Paula Mueller vom Deutsch-Evangelischen Frauenbund eingeladen, wohl wissend, damit eine entschiedene Gegnerin aller sexualreformerischen Bestrebungen gewonnen zu haben. Tatsächlich beeilte Mueller sich zu betonen, daß die »ernste deutsche Frauenbewegung« mit ihrem Eintreten fur das Persönlichkeitsrecht der Frau niemals eine Stellungnahme gegen die Familie verbunden habe und schrieb ihr die Zurückgewinnung der Frauen für den »Mutterberuf« als Hauptaufgabengebiet ins Stammbuch. Dieser bevölkerungspolitische Kotau ging von Behr-Pinnow offenbar noch nicht weit genug. Sein Vortrag bei dem Festakt im Preußischen Abgeordnetenhaus enthielt eine unüberhörbare Spitze gegen die Frauenbewegung, die das Ansehen der Hausfrau und Mutter »gründlich herabgezogen« habe.209 Gegenüber dem preußischen Innenminister befand er gar, die Gesellschaft habe sich bezüglich der Geburtenkontrolle zu weit auf die Positionen radikaler Frauenrechtlerinnen eingelassen.210 Der Rede Paula Muellers bei der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Bevölkerungspolitik war deutlich anzumerken, daß sie sich in der Defensive befand. In der Tat geriet die Frauenbewegung, je länger der Krieg dauerte, durch die allgegenwärtigen Angriffe der Bevölkerungspolitiker und Rassenhygieniker unter immer stärkeren Rechtfertigungsdruck. Ihre Gegner hielten »mit einer gewissen absichtlichen Zähigkeit«, wie Gertrud Bäumer sich ausdrückte, an der Vorstellung fest, die Frauenbewegung bewerte die Berufstätigkeit der Frau höher als ihre Mutterschaft und könne von der Bevölkerungspolitik daher nur als »negativer Faktor« angesehen werden. Die Vorwürfe waren schwerwiegend genug, um den BDF zu einer Stellungnahme zu veranlassen und die jährliche Tagung 1916 unter das Motto »Frauenberufsfrage und Bevölkerungspolitik« zu stellen.211 211

Freilich waren die Diskussionen kaum geeignet, das gegnerische »Vorurteil« zu entkräften. Zwar wurde das Ziel der Bevölkerungsvermehrung nicht grundsätzlich in Frage gestellt und eine Reihe von Vorschlägen zu seiner Umsetzung entwickelt, doch beharrten die Delegierten gegenüber dem staatlich anvisierten Gebärzwang auf der weiblichen »Freiheit der Selbstbestimmung«. Der Politik der bloßen Zahl stellten sie die Frage nach den sozialen Umständen von Geburt und Kindererziehung entgegen und sprachen sich gegenüber dem staatlichen Verbot der Verbreitung von Kontrazeptiva für Geburtenplanung aus, weil »jedes Jahr unzählige Geburten vorkommen, die ein unverantwortliches Unrecht gegen Frauenkraft und Frauenleben sind«.212 Gertrud Bäumer ging in ihrem Grundsatzreferat noch weiter und übte heftige Kritik an der staatlichen Bevölkerungspolitik mit ihrer »Unterstellung der Geburtenfrage unter den Gesichtspunkt des Volksinteresses«. An die Ethik Kants anknüpfend, forderte sie Frauen dazu auf, in bevölkerungspolitischen Diskussionen stets daran zu erinnern, daß der Mensch Selbstzweck sei und nicht zum Mittel staatlicher Politik erniedrigt werden dürfe. Selbst ein so hoher Wert wie die Nation konnte nach Überzeugung der glühenden Nationalistin Bäumer nicht zur Vorrang staatlicher Interessen über die »unantastbare Sphäre persönlicher Verantwortung« fuhren. Bäumer verurteilte »den Umweg über Weltmachtserwägungen und die Rücksicht auf die militärische Kraft« als Triebfeder der staatlichen Anstrengungen zur Geburtenvermehrung und forderte, statt dessen die Position der Frauen in Familie und Staat aufzuwerten: »Denn es besteht ein unauflöslicher Widerspruch zwischen dem, was die Bevölkerungspolitik ... von den Müttern verlangt, und der Einflußlosigkeit, zu der sie in Familie und Staat rechtlich und vielfach tatsächlich verurteilt sind.«213 In den mündlichen Verhandlungen hatte die BDF-Vorsitzende zur Abwehr staadicher Geburtenbegehrlichkeit Zeitungsberichten zufolge offenbar noch deutlichere Worte gefunden. Wiewohl sie konzedierte, daß »das germanische Volk unter allen Umständen die führende Stellung [in der Welt, U.P.] einzunehmen habe«, dürften sich Frauen, so die klare Aussage, nicht »in den Dienst der Machtstellung und Machtbehauptung zwingen lassen.«214 Von »Zurückweisung der Zwangsverpflichtung« bei »euphorische(r) Einwilligung in die Freiwilligkeit«215 konnte in der offiziellen Stellungnahme des BDF zur Geburtenpolitik nicht die Rede sein. Selbst dort, wo sich Frauenrechtlerinnen in pronatalistischer Absicht in die Debatte einmischten, knüpften sie ihre Betrachtungen an die Forderung nach mehr Frauenrechten und einer sozialen und wirtschaftlichen Besserstellung der Familien.216 Da sich Frauen trotz pronatalistischer Politik und Propaganda den Gebärzumutungen gegenüber als unzugänglich erwiesen, arbeiteten Regierungsexperten und Parlamentskommissionen bevölkerungspolitische 212

Zwangsmaßnahmen aus, die tief in das persönliche Leben von Frauen eingriffen und nur deshalb nicht in die Praxis umgesetzt wurden, weil die Novemberrevolution ihrer Ratifizierung zuvorkam. Nach den Entwürfen waren nicht nur - wie schon seit 1915 - Werbung und Verbreitung, sondern auch Produktion und Verkauf von empfängnisverhütenden Mitteln unter Strafe gestellt. Ausgenommen von dieser Regelung waren lediglich Kondome, weil sie vor der Übertragung von Geschlechtskrankheiten schützten. Damit war Frauen die Regulierung ihrer Fruchtbarkeit aus der Hand genommen. Ob der Geschlechtsverkehr geschützt oder ungeschützt vollzogen wurde, ließ sich nicht gegen den Willen der (Ehe-)Männer durchsetzen. Auch Mittel, mit denen sich die Unterbrechung einer Schwangerschaft herbeifuhren ließ, und die Werbung für Hilfe in >diskreten Frauenangelegenheitennatürlichen< Beruf hatten jedoch nicht nur Lebensreformer und obskure völkische Zirkel auf ihre Fahnen geschrieben, sie war auch legitimes Bildungsziel staatlicher und städtischer Schulpolitik. Preußen hatte im Frühjahr 1909 quasi als Gegengewicht zu den universitätsvorbereitenden Studienanstalten sogenannte Frauenschulen eingeführt, die im Anschluß an das Lyzeum >typisch weibliche< Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelten: Hauswirtschaft, Gesundheitslehre, Säuglingspflege und Kindererziehung, angereichert durch ein wenig Gesetzes213

künde und Volkswirtschaft. »Hier werden die jungen Mädchen, die nicht in die männliche Berufsphäre einzudringen beabsichtigen, mit dem praktischen Leben vertraut gemacht, wie es täglich an eine echte deutsche Hausfrau herantritt«, jubelte der Breslauer Antifeminist und Staatsrechder von Gerhardt in seinem »Monatsblatt fur Deutsche Beamte« angesichts des preußischen Erziehungsprogramms zur Weiblichkeit. Die hochgelobten Frauenschulen krankten freilich an einem entscheidenden Manko: Die Schulform, die weder Berechtigungspatente verlieh noch Qualifizierung für einen marktvermittelten Beruf anbot, vermochte weder Eltern noch Schülerinnen zu überzeugen. Der Frauenschule liefen die Schülerinnen davon oder gar nicht erst zu, und selbst von Gerhardt mußte einräumen, daß diese »ideale Einrichtung ... keine Lebensfähigkeit besitzt«.219 Tatsächlich ging dieser Schultyp während des Ersten Weltkriegs aus Mangel an Besucherinnen sang- und klanglos ein - ein deutliches Indiz dafür, daß aller Rhetorik von der Wertschätzung der Hausfrau und Mutter zum Trotz Eltern eine berufsfachliche Ausbildung für ihre Töchter vorzogen. In Stettin und in Duisburg wurden die unattraktiven Frauenschulen durch Frauendienstschulen ersetzt, die sich bei ähnlicher praktischer Orientierung im theoretischen Unterricht das Ziel setzten, »den jungen Mädchen den Gedanken der Staatsbürgerschaft nahe zu bringen«.220 Die Erziehung zum Staatsbürger hatte im Ersten Weltkrieg erstmals auch die weibliche Jugend erfaßt. 221

5.8. Widersprüche: Pronatalismus und die Unkontrollierbarkeit weiblicher Sexualität Die pronatalistischen Bestrebungen hatten zwar die >Geburtenfrage< zum Thema öffendicher Diskussion gemacht, sie dabei aber zur Produktion von >Menschenmaterial< funktionalisiert und vom Hintergrund weiblicher Lebenserfahrung abgelöst. Faktisch hatte der bevölkerungspolitische Diskurs eine Trennung von Sexualität und Fortpflanzung vorgenommen. Besprochen und gefordert wurde Fortpflanzung; die emotionale und sexuelle Seite der Kindererzeugung wurde davon abgespalten und aus der öffentlichen Rede verbannt. Das Verschweigen weiblicher Sexualität im Fortpflanzungsdiskurs hatte zur Folge, daß die sexuelle Komponente in anderen Zusammenhängen wiederkehrte: Die publizistische Erörterung weiblicher Kleidungs- und Verhaltensweisen enthielt neben nationalistischen deutlich auch sexualisierte Untertöne. Der Erste Weltkrieg führte in einem bisher ungekannten Ausmaß zur Separierung der Geschlechter und trennte (Ehe-)Partner auf unbestimmte Zeit voneinander. Während die Militärfuhrung die Sexualität der eingezoge214

nen Soldaten durch die Duldung von Prostitution und die gezielte Aufklärung über die Möglichkeiten zur Vorbeugung vor Geschlechtskrankheiten noch leidlich unter Kontrolle hatte, waren die sexuellen Kontakte von Frauen ungleich schwieriger zu überwachen. Den eingezogenen Soldaten war an der sexuellen Treue ihrer Ehefrauen gelegen, und auch der Staats- und Militärfuhrung konnte das Verhalten der »Kriegerfrauen« wegen der Stimmung unter den Truppen nicht gleichgültig sein. Die Forderung nach sexueller Abstinenz für Frauen bei gleichzeitiger Duldung der (Front-prostitution stand im Einklang mit der geltenden Sexualmoral, die auch schon vor dem Krieg Männern gestattet hatte, was sie Frauen verbot. Neu war indessen die Reichweite, die dem Thema zugemessen wurde. Ebenso wie die Diskussion um den Geburtenrückgang überführte auch die Geschlechtertrennung im Ersten Weltkrieg den privaten Raum der Sexualität in eine Frage von nationaler Bedeutung, und in beiden Fällen war das Verhalten der Frauen von weitaus größerem öffentlichen Belang. Während fur die kämpfenden Soldaten das Militärrecht galt, entwickelten die militärischen und polizeilichen Behörden zur Disziplinierung der »Kriegerfrauen« wie überhaupt der Zivilbevölkerung eine ausgefeilte Beobachtungspraxis.222 Im Fokus der behördlichen Aufmerksamkeit standen vor allem außereheliche Kontakte der »Kriegerfrauen« und sexuelle Beziehungen zu Kriegsgefangenen. Sexualität und Treue waren, wie die Schützengrabenund Armeezeitungen zeigen, ein beherrschendes Thema unter den Soldaten an der Front. 223 Mit Rücksicht auf die >Kampfesmoral< machte sich der Staat daher zum Handlanger der eingezogenen Ehemänner und versuchte, die eheliche Treue der »Kriegerfrauen« durch rigide Überwachung sicherzustellen. Schlimmer noch erging es jener zunehmenden Zahl von Frauen und Mädchen, die Beziehungen zu Kriegsgefangenen unterhielten. Wurde eine solche Verbindung bekannt, wurde die Frau verurteilt und durch Veröffentlichung ihres Namens in den Tageszeitungen stigmatisiert.224 Wo die Vorgänge nicht justiziabel waren, übernahm die Presse das Amt des Sittenrichters und suchte das Verhalten der weiblichen Bevölkerung durch publizistische Beeinflussung zu steuern. Die unterschwellig sexualisierten Debatten über Kleidungsstil und Freizeitverhalten von Frauen signalisierten, welche Probleme die Gesellschaft: abwesender Männer mit dem Potential weiblicher Sexualität hatte. Die Reden über Mode und Schmuck, über »Sitten-« und »Würdelosigkeiten« sprachen zugleich über die Unkontrollierbarkeit weiblicher Lust. Der Krieg hatte kaum begonnen, da startete Pastor Bohn, ausgewiesener Antifeminist und Generalsekretär der evangelischen »Frauenhülfe«, bereits eine Pressekampagne, die zum Kampf gegen die »dreiste Sittenlosigkeit einer durch und durch undeutschen Frauentracht« aufrief. 225 In Berlin klatschten 2.200 Anhänger und Anhängerinnen des Wehrvereins Beifall, als 215

der Chefredakteur des »Thürmer« gegen das »kleinlich gepflegte Ich« der Frauen zu Felde zog und sie in der Mode wie im Gesellschaftsleben der >undeutschen< Vorliebe für alles »Fremdtümliche« zieh.226 Der »Kunstwart« machte sich zum Fürsprecher einer »deutschen Mode« und forderte gemeinsam mit dem Deutschen Werkbund, dem Dürerbund und dem Verband für Deutsche Frauenkleidung und Frauenkultur sparsamen Umgang mit Material, die Verwendung heimischer Erzeugnisse und mehr Unabhängigkeit vom englischen und französischen »Modediktat«. Herausgeber Friedrich Avenarius wollte gar die nach kapitalistischen Gesetzesmäßigkeiten verlaufende Mode durch eine »deutsche Typentracht« ersetzen, die Anleihen bei den vormodernen ständischen Kleiderordnungen machte. 227 Sein Redakteur Wilhelm Stapel nahm die Gelegenheit zum Anlaß, der Frauenbewegung Untätigkeit gegenüber dem »Modejammer« vorzuwerfen und ihr unter Anspielung auf das erstrebte Stimmrecht - mangelnde politische Reife zu unterstellen - ein Vorwurf, der zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen dem »Kunstwart« und der BDF-Vorsitzenden Gertrud Bäumer führte.228 So sehr sich die Debatte vordergründig um nationale Autarkie und den Umgang mit knappen Ressourcen drehte, so sehr machten die verwendeten Attribute deutlich, daß es um mehr als um eine volkswirtschaftliche KostenNutzen-Rechnung ging. Wilhelm Stapel nannte die herrschende Mode »skandalös«, und dem Dürerbund, der Organisation der »Kunstwart«Gemeinde, galten die »übereleganten, verschrobenen Damentoiletten« schlicht als »Frivolität«.229 Damit war nicht nur gemeint, daß - wie eine »Kunstwart«-Autorin monierte - die »Sorglosigkeit« und das »Puppenhafte« der geltenden Moderichtung dem Ernst der Zeit nicht entspräche.230 Sobald ein Mann die Feder ergriff, erhielt die Debatte deudich sexualisierte Konnotationen. Sittenrichter Wilhelm Stapel erregte sich über tiefe Ausschnitte und kurze Röcke, die hochhackige Stiefel sehen ließen, und ein Gesinnungsgenosse vom Dürerbund brachte die »frivole« Damenmode umstandslos in Zusammenhang mit der sexuellen Libertinage der »Kriegerfrauen, die die Abwesenheit des Mannes als kino- und kuchenfrohe Ferienzeit betrachten. ... Aus der Faulheit blüht die Sinnlichkeit empor, und wenn eines Tages der Mann aus der Front auf Urlaub kommt, findet er den Fremden im Haus.« 231 Auch die »Wehr« des antifeministischen Generals Keim berichtete von »aufgeputzte(n) Frauen«, die »gepaart mit leichtsinnigen Lebemännern« die Tage zubrächten. Andere Redewendungen enthielten noch deutlichere Anspielungen. Die merkwürdig anmutende Formulierung, daß sich das wilde »Treiben« in der >Heimat< vor den Augen der Fronturlauber »würde- und schamlos spreizt«, erweckte durchaus nicht zufällig die Assoziation einer Prostituierten beim Geschlechtsverkehr.232 Faktisch wie metaphorisch stand das weibliche Geschlecht unter Pro216

stitutionsverdacht. Der Münchner Polizeipräsident von Grundherr wies seine Beamten an, die Personalien »besonders auffällig« gekleideter Frauen festzustellen und begründete seine Maßnahme mit »sittenpolizeiliche(n) und sicherheitspolizeiliche(n) Bedenken«. Auch die Kleidung könne »aufreizen und öffentliches Ärgernis erregen«, behauptete der Münchner Modepolizist und glaubte die Staatshüter berufen, gegen die »Auswüchse der Mode« einzuschreiten.233 Anstößig erschienen ihm insbesondere kurze Rökke, tiefe Ausschnitte und die Betonung der Hüften - mithin genau jene modischen Attribute, mit denen die sexuelle Attraktivität von Frauen betont werden sollte. Das Sexualverhalten von Frauen wurde im Krieg noch stärker als zuvor zum Gegenstand öffendich-nationalen Interesses. Der Frauenkörper wurde metaphorisch zum »Volkskörper« umgewandelt, dessen >Reinheit< staatliche Instanzen in Vertretung der abwesenden Ehemänner zu überwachen hatten. Tatsächlich konnte jede Frau, die bezichtigt wurde, mit wechselnden Partnern geschlafen zu haben, als Prostituierte polizeilich registriert werden. Tendenziell avancierten so alle Frauen zum Objekt sittenpolizeilicher Kontrolle.234 Wie weit der generelle Prostitutionsverdacht gegen die Frauen an der >Heimatfront< ging, zeigte sich an dem Stellenwert, den die weibliche Kopfbedeckung in der Debatte um Mode und Moral einnahm. Hatten sich vor dem Ersten Weltkrieg Frauen der gehobeneren Gesellschaftsklassen nur gut >behütet< in der Öffentlichkeit gezeigt, zog sich der Hut während des Krieges auf ein Mindestformat zurück oder verschwand ganz von den Köpfen. Damit gab er den Blick auf das Haar als einem dominanten weiblichen Sexualsymbol frei - ein permanenter Stein des Anstoßes für die Tugendwächter, die das modisch-kleine »Hütlein« und den »unverschämten Sechser« - eine Haartolle im Gesicht - in Bezug zu »keckem Auftreten und herausfordernder Haltung« setzten und darin einen Beweis ftir die »dreiste Sittenlosigkeit« ihrer Trägerinnen sahen.235 Unter Kriegsbedingungen - im System der abwesenden >Beschützer< - genügte neben Modebewußtsein offenbar allein schon das selbstbewußte Auftreten von Frauen in der Öffentlichkeit, um sie in den Geruch sexueller Leichtfertigkeit zu bringen. Diese Vermutung wird von zeitgenössischen Berichten über weibliche Angestellte bestätigt, in denen der Hinweis auf das offene Haar und den fehlenden Hut als Kennzeichen der Kokotten nicht fehlen durfte. »Backfische und Modepüppchen«, schimpfte etwa die »Monatsschrift: für Deutsche Beamte« im Sommer 1918 über »die >schön< frisierten Damen, die jetzt morgens mit durchbrochenen Strümpfen, in mit Riesenschleifen gezierten Stöckelschuhen, mit hohen Turm- oder Lockenfrisuren, in leuchtenden Jacken und Glaceehandschuhen, ohne Hut durch die Tore von Behörden und Behördenersatz trippeln«.236 Die weiblichen Angestellten symbolisierten wie keine andere Berufsgrup217

pe den Typus der >neuen FrauModetorheiten< deutscher Frauen verbarg sich ein Diskurs über weibliche Sexualität, der von Frauen sexuelle Abstinenz verlangte. Viele Frauenvereine machten sich diesen Anspruch auf ausschließlich weibliche Enthaltsamkeit zu eigen und versuchten, ihre Mitglieder auf sexuelle Askese zu verpflichten.237 Gleichzeitig aber wurde in den Publikationsorganen der nationalen Opposition mit der Behauptung, das »öffentliche Leben in der Heimat« sei »des Heldentums unserer Krieger nicht würdig«, schon seit 1916 eine geschlechterpolitische Dolchstoßlegende vorbereitet: die Unterwanderung der Kampfesmoral durch die >Sittenlosigkeit< an der weiblichen >Heimatfrontdeutscher< Frauen« an den Tag, denen per Anführungszeichen die Zugehörigkeit zur deutschen Nation abgesprochen wurde. Die Meldungen erweckten den Eindruck, als hätten Tausende von Frauen und Mädchen die eintreffenden französischen und belgischen Kriegsgefangenen auf den Bahnhöfen mit Schokolade, Kuchen, Bonbons, Rosen und Zigaretten geradezu überschüttet. Wiewohl aus den Bemerkungen ersichdich wurde, daß Frauen und Männer aller Gesellschaftsschichten die Ankunft der Kriegsgefangenen beobachteten, stand allein das Verhalten der Frauen im Kreuzfeuer der Kritik.242 Jede Annäherung von Frauen an Kriegsgefangene wurde als »Vaterlandsverrat« begriffen und mit Prostitution gleichgesetzt. »Schamlose 219

Weiber«, hieß es in den Zeitungskommentaren, hätten die »Künste ihrer Koketterie spielen lassen«,243 »abenteuernde Dämchen« benutzten »den Ernst der Stunde, um am Lächeln des in sicherer Hut befindlichen Feindes ihre Sinnenlust zu befriedigen«.244 Die »Deutsche Zeitung« wurde noch deutlicher und kommentierte: »Wenn nicht übereinstimmend bekundet würde, daß sich in der Hauptsache >Damen< der ersten Gesellschaftsschichten so erbärmlich würdelos benommen haben, hätte man auf den Charakter und die Absichten dieser >Frauen< und >Mädchen< Rückschlüsse ziehen können, die es möglich gemacht hätten, über diese skandalösen Vorgänge mit einem Achselzucken hinwegzugehen.« 245

Militärs sahen durch das Verhalten der Frauen die »nationale Ehre« Deutschlands angetastet, während die »Vossische Zeitung« gar von einem »Verstoß gegen die Geschlechtsehre« sprach.246 Auch hier zeigte sich wieder, daß der Frauenkörper symbolisch längst in den >Volkskörper< überfuhrt worden war. Jeder vermeintliche Verstoß gegen einen rigiden Tugendkatalog wurde daher als Angriff auf die nationale Identität gewertet. Darüber hinaus erschien die Begrüßung fremder Soldaten als kollektiver Verrat an den kämpfenden Männern und Ehemännern, als eine Art massenhafter Ehebruch. Welche sexuellen (Rache-)Phantasien in diesen Debatten am Werke waren, wird aus einem Artikel der »Hamburger Nachrichten« deutlich, die sich angesichts der zu »Liebkosungen« stilisierten Willkommensgrüße bemüßigt fühlten, die deutschen Frauen daran zu erinnern, daß sie ihre sexuelle Integrität allein dem Schutz der Soldaten verdankten: »Käme der Franzose nicht als Gefangener, sondern als Sieger: unseren Mädchen und Frauen würde es fürchterlich ergehen; wir mögen die Schrecken nicht ausdenken, geschweige denn ausmalen.«247 Weibliches Handeln war mitnichten Privatsache, sondern wurde unter Kriegsbedingungen noch mehr als sonst zum Gegenstand öffentlichen Interesses. Patriotische Frauen und Frauenverbände fürchteten offenbar, in den Strudel der Beschuldigungen hineingerissen zu werden und distanzierten sich mit harschen Worten.248 Die Wogen der Empörung schlugen so hoch, daß ein Ministerialerlaß die Regierungspräsidenten anwies, Bahnhöfe bei Gefangenentransporten abzusperren und zivilem Publikum den Zugang zu Gefangenenlagern zu untersagen. Die Bahnhofskommandeure hatten dafür zu sorgen, daß »Liebesgaben« nur noch an deutsche Soldaten verteilt wurden. 249 Die militärischen Generalkommandos kündigten an, die Personalien der weiblichen Neugierigen feststellen zu lassen und - eine moderne Variante des mittelalterlichen Prangers - ihre Namen in den Tageszeitungen zu veröffentlichen.250 Auch das Rote Kreuz schaltete sich in die Diskussion ein und wies wiederholt darauf hin, daß die Verpflegung der Kriegsgefangenen allein Sache der 220

Militärverwaltung sei.251 Die Bekanntmachungen richteten sich nicht nur an die Öffentlichkeit, sondern auch an die eigenen Mitstreiterinnen. Die Hilfsorganisation war durch die Vorfälle unter heftigen Druck geraten, waren von den Vorwürfen doch auch ihre Mitarbeiterinnen betroffen. Zweigvereine übten öffentlich Selbstkritik und beeilten sich, »unsere verirrten Mitschwestern zu ihrer Pflicht zurückzurufen«. 252 In der nationalistischen Aufruhr des Kriegsbeginns war eine Versorgung der Kriegsgefangenen durch Rotkreuz-Helferinnen offenbar nicht ohne Presseschelte möglich.253 Bei genauerem Hinsehen freilich erwiesen sich eine Reihe von Meldungen als Gemengelage von Übertreibungen und Halbwahrheiten, die eine Zeitung von der anderen abschrieb. Mehr als einmal erschienen in den Folgewochen kleine und unauffällig piazierte Pressenotizen, aus denen hervorging, daß sich die inkriminierten Vorgänge anders als berichtet oder in der betreffenden Stadt überhaupt nicht abgespielt hatten. So manche der den Gefangenen gereichten Rosen und Schokoladen entpuppte sich als Wasser und Brot, das nicht den Gefangenen selbst, sondern den deutschen Begleitmannschaften übergeben worden war.254 Der allgegenwärtige Verweis auf verschenkte Rosen und Schokolade entsprach wohl weniger den tatsächlichen Gegebenheiten, als daß er symbolisch zu verstehen ist: Gezeigt werden sollte, daß Frauen Luxusgüter an Fremde verschwendeten, die im Krieg rar waren. Daß Frauen Rosen, die gemeinhin in Liebesbeziehungen ihren Platz hatten, verschenkt haben sollten, unterstrich noch die Bedeutung dieses unpatriotischen Akts. Wichtiger als präzise Information war die Botschaft, die da lautete: Während die Männer draußen kämpften, verlustierten sich Frauen zu Hause mit den Kriegsgegnern und gaben kriegswichtige Ressourcen oder gar sich selbst dem >Feind< preis. Damit war die zugrunde liegende Aussage der stereotypen, aber weithin kolportierten Geschichten klar: Das weibliche Geschlecht war national unzuverlässig und zu patriotischem Handeln unfähig. Daß diese Botschaft im Sommer und Frühherbst des Jahres 1914 verbreitet wurde, erscheint nach diesen Betrachtungen nicht mehr als Zufall. War das doch genau die Zeit, da sich Frauen anschickten, mit offizieller Billigung des Staates im Roten Kreuz, den Vaterländischen Frauenvereinen und im Nationalen Frauendienst ihren Patriotismus unter Beweis zu stellen. Der Vaterländische Frauenverein und die Frauenvereine vom Roten Kreuz hatten bürgerlichen und adeligen Frauen einen weiblichen Weg zu Heldentum und Ehre gewiesen. Sammlungstätigkeit für die Aufrüstung und vor allem die Vorbereitungskurse für die Kriegskrankenpflege eröffneten konservativ-nationalistischen Frauen partiellen Zugang zur Welt des Militärs und boten ihnen eine gesellschaftlich sanktionierte Möglichkeit, an Glanz und Glorie des wilhelminischen Militarismus teilzuhaben. Die militärischen 221

Kriegsplaner erkannten früh die Möglichkeit, die vorgeblich weiblichen Eigenschaften des Helfens und Heilens für die effektive Kriegsfiihrung zu nutzen. Die Verwundetenpflege war mitnichten ein humanitärer Akt, sondern diente der schnellen Wiederherstellung kriegstauglichen >MenschenmaterialsVolksgenossen< rechtfertigte also das Engagement von Frauen in Öffentlichkeit und Politik. Voraussetzung war dabei allerdings, daß sie nicht gegen die, sondern mit den Männern zusammenarbeiteten. Das Wort Politik wurde in den Texten der Antfeministinnen sorgsam vermieden, doch faktisch handelte es sich um die politische Mobilisierung der Frauen im Zeichen der »Nation«. Indem sie den Staat quasi als die Verlängerung der Familie in den öffendichen Raum hinein betrachteten, gelang den Emanzipationsgegnerinnen der Spagat zwischen zwei nur scheinbar unversöhnlichen Positionen: Sie konnten an der Maxime >Die Frau gehört ins Haus!< festhalten und dennoch Politik treiben. Mit ihrer faktischen >Emanzipation der Tat< trieben sie eben jene Fundameritalpolitisierung der wilhelminischen Gesellschaft voran, die sie wortreich zu bekämpfen suchten. Van gleichberechtigter Teilhabe konnte dabei freilich nicht die Rede sein. Trotz aller Politisierung blieb der Staat in der Vorstellung der Antifeministinnen letzdich Männersache, stand in der antifeministischen Aufgabenverteilung die »Wehrtüchtigkeit« der Männer der »Gebärtüchtigkeit« der Frauen gegenüber.29 An der Auffassung, daß Frauen als weibliche »Ergänzung« die zwar bedeutsame, aber untergeordnete Aufgabe der Erziehung, Ermutigung und Unterstützung männlicher Helden zukam, änderten auch die veränderten Modalitäten der Weimarer Republik nichts, in der sich prominente Antifeministinnen für die völkische Rechte engagierten. Trotz rechtliche] Gleichstellung beharrten sie auf einem weiblichen Sonderstatus, der ihnen als Ausgleich fur politische Unterordnung Respekt, Verehrung und Entpflichtung von den Härten des Daseins garantierte. Nicht Mitbestimmung, sondern »Schutz unseres Landes, unserer Selbst durch den starken Mann« galt ihnen als »völkisches Frauenrecht«, als ein Privileg, das Frauen qua Geschlecht zustand.30 Das politische System Weimars, das zwar auf die Frauen angewiesen war, doch sie »weder ehren noch schützen« wolle, betraciteten sie dagegen als »frauenfeindlich bis zur Vernichtung«.31

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Ihr eigenes Heraustreten an die Öffentlichkeit wie schon vor dem Ersten Weltkrieg mit der Not der Zeit legitimierend, hofften die Antifeministinnen schon 1920 auf die völkische Wiedergeburt durch einen heldischen Führer, der selbstredend nur ein Mann sein konnte. 32 Vor diesem Hintergrund führte insbesondere die Emanzipationsgegnerin Emma Witte einen heftigen Abwehrkampf gegen die neue Gattung der »völkischen Feministin«.33 Als Anhängerin der Nationalsozialistischen Freiheitspartei beschwor sie die Parteileitung 1924 im Streit um die Mitbestimmungswünsche des Deutschen Frauenordens, die »Machtansprüche« der völkischen Frauenrechtlerinnen strikt zurückzuweisen. Wie schon im Kaiserreich fürchtete sie auch jetzt, daß »unmännliche Nachgiebigkeit« ein »unaufhaltsames Hinabgleiten auf der einmal betretenen schiefen Bahn nach sich ziehen« müsse.34 Daß die Antifeministinnen die männliche Überlegenheit nicht nur anerkannten, sondern als Voraussetzung des Wiedererstarkens Deutschlands betrachteten, verband sie aufs Innigste mit der nationalsozialistischen Weltanschauung, zu der es auch ansonsten enge Affinitäten gab. Konflikte um die Stellung der Frau in Partei und Staat, wie sie von einigen frauenrechtlerisch inspirierten Nationalsozialistinnen ausgetragen wurden, 35 blieben daher aus, auch wenn der Handlungsspielraum der Antifeministinnen im Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation deutlich über die Einflußmöglichkeiten von Frauen in der NSDAP hinaus gegangen sein dürfte.

7.2. Frauenemanzipation im Nationalstaat? Überlegungen zur Dialektik des nationalstaatlichen Modells Die Gegnerinnen der Frauenemanzipation hatten sich ins politische Fahrwasser begeben, und es war ausgerechnet die Berufung auf jene »Nation«, deren Bestand die Frauenrechderinnen vor dem Ersten Weltkrieg angeblich in Gefahr brachten, die diesen Politisierungsschub vorantrieb. Dazu trug das Janusgesicht der Nationalidee mit ihrer Dialektik von Ausschluß und Zugehörigkeit wesentlich bei. Das Konzept des Nationalstaates enthielt neben seinen unbestreitbaren Mechanismen von Ausgrenzung und Unterdrükkung immer auch ein Versprechen auf Integration und Gleichberechtigung. Nachdem das deutsche Kaiserreich 1 8 7 0 / 7 1 als Nationalstaat bürgerlicher Männer evangelischer Konfession gegründet worden war, bemühten sich alle dabei ausgegrenzten Gruppen mit Blick auf dieses Egalitäts- und Emanzipationsversprechen um politische und soziale Integration. Die heftigen innenpolitischen Auseinandersetzungen des Kaiserreichs - Stichworte wären hier etwa: Kulturkampf, Sozialistengesetze, Antisemitismus oder die zunehmend unter dem Aspekt der »Rasse« diskutierte Mischehenfrage 270

lassen sich durchaus auch als nationale Integrationskämpfe interpretieren. So gesehen war die Auseinandersetzung um das Frauenstimmrecht nicht nur ein Kampf um persönliche und politische Mündigkeit, sondern auch die Einforderung staatsbürgerlich-nationaler Zugehörigkeit. Zu der - 1870 noch keineswegs ausgemachten - politischen Integration vor Frauen in die deutsche »Nation« trugen jedoch nicht nur die Frauenrechtlerinnen bei, sondern auch die Frauen der nationalen Organisationen und selbst die »feindlichen Schwestern« (Hedwig Dohm) im Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation. Ebenso wie die Aktivistinnen im Ostmarkenverein, im Kolonial- oder Flottenverein und anderen nationalen Verbänden arbeiteten die Antifeministinnen in Organisationen mit, die als Agenturen des Nationalismus im Kernbereich des gesellschaftlichen Definitionsprozesses von »Nation« Stander. Dort waren die Frauen nicht nur physisch präsent, sondern betonten die nationale Bedeutung des weiblichen Geschlechts und insistierten darauf, datf Frauen zur deutschen »Nation« gehörten. Es waren nicht zuletzt die nationalen Verbände des späten Kaiserreichs, die durch die Beeinflussung der öffentlichen Meinung über die Zugehörigkeit zur »Nation« befanden und definierten, was unter »deutsch« zu verstehen war. Indem sich die Emanzipationsgegnerinnen an diesem Prozeß beteiligten, trugen sie auf ihre We.se dazu bei, Frauen in die »Nation« zu integrieren. f rauen waren in der Konzeption des bürgerlichen Nationalstaates schon immer mitgedacht worden - freilich nicht als Mitgestalterinnen der politischen Welt, sondern als Bewahrerinnen eines geschützten und scheinbar korifliktfreien Binnenraumes, wo sich ungestört von »blut'gem Männerstreit« Kultur und emotionale Bindungen entfalten sollten. 36 Heim und Welt, Familie und Staat, weiblicher und männlicher Geschlechtscharakuer bedingten einander. Der Blick auf die Entwürfe der bürgerlichen Meisterdenker< und auf die politische Symbolik macht deutlich: Für das Projekt des bürgerlichen Nationalstaates war die Konstruktion zweier differenter Geschlechtersphären mit jeweils spezifischen Konnotationen konstitutiv.'7 Dieses Differenzmodell kollidierte mit einer Vorstellung von »Nation«, die jedem und jeder, die oder der in die »Nation« hineingeboren war, quasi natürlich politisch-soziale Teilhabe versprach. Die ungeheure Attraktivität des nationalstaatlichen Ordnungsmodells basierte - und basiert noch - gerade darauf, daß es bei scharfer Abgrenzung nach außen im Inneren Egalität verheißt. Das Machtgefälle im Binnenraum wird dabei ebenso verschleiert wie Machtstrukturen im gleichsam naturwüchsigen sozialen Raum der Familie, die dem Nationalstaat nicht zufällig als Analogon an die Seite gestellt wird. Es war diese Verheißung von Zugehörigkeit und interner Gleichheit, die historisch eine beträchtliche Dynamik entfaltete, im Fall von Sozial271

demokratie und politischem Katholizismus ebenso wie in Hinblick auf die Juden- und Frauenemanzipation. Da der Nationalstaat im Inneren auf Homogenisierung angelegt war und ist, blieb das Integrationsangebot im Fall der Unterschichten an Verbürgerlichung, im Fall der Katholiken und Juden an Assimilation und Akkulturation gekoppelt - jedenfalls bevor der Antisemitismus zur politischen Macht aufstieg und Judentum als »Rasse« definierte. Frauen als dem unaufhebbar »Anderen« standen solche Möglichkeiten der Angleichung nicht zur Verfugung. Ihnen wurde statt dessen eine separate Sphäre angewiesen, die, wiewohl konstitutiv für die nationale Staatlichkeit, zunächst als vor- oder nebenpolitisch ausgegeben wurde. Daß dieser separate Raum der Frauen schon immer politisch und auf den Staat, das »Volk« und die »Nation« bezogen war, zeigte sich - scheinbar paradox - immer dann, wenn eine dieser Bezugsgrößen besonders hervortrat, sei es in Kriegszeiten oder in der ideologischen Betonung des Völkischen in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg. Front und Heimatfront waren ohne einander nicht denkbar, das »Volk« brauchte die Frau als reproduktive Kraft. Noch in dem reaktionärsten Modell geschlechtsspezifischer Aufgabenteilung blieb die Bedeutung von Frauen für das Funktionieren des Systems sichtbar. Daher tendierte das Agieren von Frauen zur permanenten Grenzüberschreitung. Da Weiblichkeit ebenso wie Männlichkeit keine ontologischen Größen, sondern soziale und kulturelle Konstrukte sind, unterlag die Grenzziehung zwischen dem eben noch als weiblich Erlaubten und dem schon als >vermännlicht< Verbotenen permanentem Wandel. Die ebenso häufigen wie hilflosen Versuche der Zeitgenossen und mancher Zeitgenossinnen, eine weibliche Essenz zu destillieren und genuin weibliche Aufgaben- und Tätigkeitsbereiche zu definieren,38 waren daher von vornherein zum Scheitern verurteilt. Dazu, daß Frauen sich noch in der Grenzüberschreitung auf die »Nation« berufen konnten, trug die Konzeption der Nationalidee mit ihren Partizipationsverheißungen wesentlich bei.39 Das Differenzmodell der Geschlechter bedeutete jedoch nicht nur eine immer wieder erst zu durchschreitende - Begrenzung, sondern ließ auch Raum für die Entwicklung von Selbständigkeit und Autonomie. Indem Frauen die Zuständigkeit für den häuslichen Binnenraum, Familienbeziehungen, Emotionen, Kindererziehung, Reproduktion und alle >Frauenangelegenheiten< zugeschrieben wurde, konnten sie sich konkurrenzlos als Expertinnen auf diesen Gebieten gerieren. Die konstitutive Bedeutung der Familie für den Nationalstaat trug vor dem Hintergrund sozioökonomischer Verschiebungen und Veränderungen der Familienstruktur ebenfalls zur Thematisierung der >Frauenfrage< bei. Nicht umsonst wurde die >Frauenfrage< zunächst als Versorgungsproblem alleinstehender Mittelschichtsfrauen diskutiert, die sich nicht in das bürgerliche Modell der nationalstaat272

liehen »Keimzelle« einfugten. Die immanente Partizipationsverheißung der nationalstaatlichen Konzeption ließ Frauenbewegungen entstehen, die auf unte rschiedliche Weise weibliches Mitspracherecht einforderten und die Handlungsspielräume fur Frauen erweiterten. Es waren daher nicht allein ökonomische Umbrüche oder der Druck der Frauenorganisationen, die am Ende des letzten Jahrhunderts die politische Integration des weiblichen Geschlechts in den deutschen Nationalstaat vorantrieben. Auch die Binnenlogik des nationalstaatiichen Konzepts und die Entstehung eines politischen Massenmarktes ließen den fuhrenden männlichen Repräsentanten in Staat und Gesellschaft den Ausschluß des weiblichen Geschlechts immer weniger plausibel erscheinen - zumal organisierte Frauen aus dem Bürgertum ihre Systemfunktionalität in Sozial- und Parteipolitik bereits unter Beweis gestelli: hatten. Auffallig ist, daß sich die allmähliche Integration von Frauen in den wilhelminischen Nationalstaat seit dem Ende des letzten Jahrhunderts in enger Verc uickung mit einem zunehmend militanten Antisemitismus vollzog. In den letzten Jahren des Kaiserreichs gingen ediche Vereinigungen aus dem Umfeld der »nationalen Opposition« dazu über, den Faktor »Frau« in ihre Politik mit einzubeziehen. Das Konzept der »Nation« bedarf offensichdich ebenso wie die rechtsextreme Vorstellung einer homogenen »Volksgemeinschaft« der äußeren und wohl auch auch der inneren Feinde - und gegenübei dem »internationalen Judentum« oder der »internationalen Sozialdemokratie« mochte selbst dem bürgerlichen Antisemiten die Zusammenarbeit mit gleichgesinnten »deutschen« Frauen opportun erscheinen.40 Vor diesem Hintergrund näherten sich in den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg das wilhelminische Kaiserreich und ein Teil der bürgerlicher Frauenbewegungen aneinander an. Ausgerechnet jener Staat, der sich in seinen öffentlichen Inszenierungen so männlich-militaristisch gab, öffnete sich Stück für Stück den frauenrechderischen Forderungen - sei es in der Mädchenschulreform oder der Öffnung der Universitäten, im preußischen Vereinsgesetz oder durch die Aufnahme von Frauen in die bürgerlichen Parteien, in ihrer Zulassung zu den Krankenkassenwahlen oder als Schöffinnt η vor Gericht. Voraussetzung war das Bekenntnis der >Gemäßigten< zur >Nation« und das Festhalten an der Theorie der fundamentalen Geschlcchterdifferenz. Nach dem Muster von Integration und Ausgrenzung mußte auch hier die Spaltung der Frauenbewegung in eine integrationsfähige Fraktion und einen als »radikal« ausgegrenzten Flügel vorausgehen. Der Integrationsprozeß von bürgerlichen Frauen in die »Nation« war unter diesen Vorzeichen allerdings höchst zwiespältig. Indem die BDFMehrheit, Frauen der nationalen Organisationen und auch die Antifeministinnen am dualistischen Geschlechtermodell festhielten, verwiesen sie auf einen spezifisch weiblichen Beitrag zur Nationsbildung. Damit verschafften 273

sie Frauen politischen Zugang zu dem Modell »Nation«, stießen aber keine Neudefinition der gängigen männlich-militaristischen Imprägnierung an. Frauen wurden der öffentlichen Sphäre der »Nation« sozusagen hinzuaddiert - und addierten sich selbst dazu, nicht nur auf der Ebene nationaler Leitbilder, sondern auch ganz praktisch - etwa im »Nationalen Frauendienst« während des Ersten Weltkriegs. Vermutlich war unter den Voraussetzungen des wilhelminischen Deutschland die Integration von Frauen nur auf der Basis des dualistischen Geschlechtermodells überhaupt möglich, weil dieses Konzept die geringste Herausforderung darstellte. Es versprach die Zustimmung eines größeren Personenkreises zum ja noch nicht gefestigten Nationalstaat, bot den Machthabern also Hegemonie durch Konsens (Gramsci). 41 Das differente Integrationsmodell führte zu einer Erweiterung der Partizipationschancen von Frauen, begrenzte sie aber gleichzeitig auch erneut auf eine als weiblich definierte separate Sphäre - eine bis heute wirksame Dialektik, wie der Blick auf die geschlechtsspezifische Aufgabenverteilung in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Verwaltung zeigt.

7.3. Schwache Männer, starke Frauen: Die >Frauenfrage< als Männerproblem Lassen sich die antifeministischen Haltungen der Emanzipationsgegnerinnen als die Reaktion von Modernisierungsverliererinnen deuten, die von einem gleichberechtigten Geschlechterverhältnis keine Stärkung ihrer Position, sondern Machtverlust erwarteten und daher für die Aufwertung ihrer Rolle als >deutsche Mütter< votierten, so wurzelte auch der Antifeminismus der bürgerlichen Männer in einer umfassenden Skepsis gegenüber den Erscheinungsformen der Moderne, die von einer tiefen Krise der männlichen Identität begleitet war. Entwurzelt und desorientiert dem »atemberaubenden Wirbeltanz des modernen Lebens« 42 ausgeliefert, bedrängt von äußeren Anforderungen und sich selbst entfremdet, suchten sie Schutz im trauten Heim und verklärten die nicht in den Produktionsprozeß eingebundene Frau zum Inbegriff all dessen, was sie an ihrer Gegenwart und an sich selbst vermißten. »Der Mensch muß etwas haben, wohin er sich aus dem Kampf des Lebens flüchten kann«, 43 faßte das Fachblatt der Militäranwärter die Bedürfnisse seiner Leser aus der unteren Mittelschicht zusammen und brachte damit in einfacher Sprache auf den Punkt, was der Schriftsteller Stefan von Kotze schon 1 9 0 4 für ein gebildeteres Publikum formuliert und mit Fortschrittskritik verknüpft hatte. Die Frau und ihr Heim, schrieb er in seinem antifeministischen Pamphlet »Altjungfernkoller«,

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»sind die letzte Zufluchtsstätte, die dem Manne geblieben ist in dem tosenden Drunter und Drüber des modernen Erwerbslebens.... Du unser geliebtes Weib! - Gerade jetz:, da wir technisch die Welt bezwungen, da unsere Gelehrten in die tiefsten Geheimnisse der Natur eindringen, da der gute alte Kinderhimmel immer weiter von uns rückt - jetzt, da um uns überall Räder surren und Maschinen keuchen, da alles hastet und lärmt und drängt, da das Leben an unseren Nerven zupft, wie ein wahnsinniger Geiger an den Saiten, da der Boden unter unseren Füßen zu wanken beginnt und der Schwindel des rasenden Fortschritts unser Hirn verwirrt - gerade jetzt brauchen wir Dich am notwendigsten«. 44

In einer Welt, in der die Gegenwart erstmals permanentem Wandel unterworfen war, suchten die Männer nach Konstanz und fanden sie im Gegen bild der Frau, deren vermeintliches »Wesen« seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert mit dem stetigen Urgrund der »Natur« identifiziert worden war.45 Der weiblichen, vom »Daseinskampf verschonte(n) Kleinwelt der Körperund Seelenwerte«46 fiel nicht nur die Aufgabe zu, die Lebenstüchtigkeit des gepeinigten Gatten täglich zu erneuern, sondern sie sollte auch ein »Gegengewicht« gegen die »materielle technische Macht- und Außenkultur« bilden und »den Zusammenhang mit einer höheren Welt erhalten« - einer spirituellen Sphäre, bei der die einen noch an Gott, die anderen schon an das Evangelium der Rasse dachten. 47 Die Zeitgenossen - und gerade auch viele Bildungsbürger - mußten feststellen, daß ihre Kenntnisse nicht mehr genügten, um sich in der veränderten Welt zurechtzufinden. Auf das als sicher geglaubte Wissen war kein Verlaß. Diese Erfahrung schlug sich in heftiger Kritik am »Zeitalter ödester Milligramm- und Milimeterforscherei«48 nieder, in einem Anti-Intellektualismus, der Wissensvermittlung als Ursache moderner Orientierungslosigkeit denunzierte: »Wir sorgen fur Bildung und Wissen. Erhöhen unaufhörlich die Bureautüchtigkeit der jungen Männer. Aber was wir dabei diesen vollgestopften Gehirnen nehmen, das ist die Fähigkeit, sich in der Welt und in der Natur zurechtzufinden.« 49 Und die »Politisch-Anthropologischen Monatshefte« schrieben anklagend: »Der sogenannte >objektive Menschmännlich< apostrophierte Tugenden beschworen und die Unersetzlichkeit männlicher Helden betonten, von denen offenbar weit und breit nichts zu sehen war.105 Wenn Wilhelm Schwaner im Sommer 1918 klagend »ein männliches Volk, einen männlichen Frieden, eine männliche Zukunft mit männlicher Jugend und männlicher Kriegsbereitschaft« einforderte, mag es erlaubt sein, aus der monströsen Lächerlichkeit dieser Beschwörungsformel ex negativo zu schließen, daß der Herausgeber des »Volkserziehers« in seiner Gegenwart keine Spur von heldischer Männlichkeit ausmachen konnte. Und tatsächlich kam er zu den Schluß: »Es ist traurig, aber wahr: während der männlichsten Zeit, während des Krieges, regieren >zuhause< die Weiber«.106 Nun war es freilich schon vor, aber auch im Ersten Weltkrieg ein Stilmittel der völkischen Rechten, politisch Andersdenkende mit Begriffen aus der Sexualmetaphorik zu denunzieren. Man beraubte sie mit Hilfe von Anfuhrungszeichen - die »Männer« - ihrer Geschlechtsidentität und machte sie dadurch verächtlich, daß man ihnen weiblich konnotierte Begriffe wie Hysterie und »altjüngferliches Winseln« zuschrieb oder ihnen »weibische und weichliche Humanität« unterstellte.107 Daß Begriffe aus der Geschlechtermetaphorik zum Mittel politischen Kampfes werden konnten, belegt erneut, wie stark die wilhelminische Gesellschaft durch den Gegensatz von >männlich< und >weiblich< strukturiert war. Die Klage darüber, von >Weibern< regiert zu werden, ging freilich ebenso wie die allgegenwärtige Beschwörung eines martialischen Ideals von Männlichkeit weit über bloße Rhetorik hinaus. Viele Männer erlebten sich tatsäch284

lieh als schwach und sahen im Verlauf des Krieges ihren patriarchalen Herrschaftsanspruch immer mehr dahinschwinden. Sie waren nicht nur ihrer Rolle als Familienernährer beraubt, sondern auch ihrer Funktion als Beschützer, hing die erfolgreiche Kriegsfuhrung doch nicht mehr allein vom Fronteinsatz der Soldaten, sondern ebenso von der Mitarbeit der Frauen an der »Heimatfront« ab. Die Figur des wilhelminischen Patriarchen, so glaubt Elisabeth Domansky, starb im Ersten Weltkrieg eines mehrfachen Todes: »Er starb in der Materialschlacht, die ihn zum Rädchen in der industrialisierten Krie jsmaschinerie werden und seine Träume vom heldenhaften Kampf ins Nichts zeririnen ließ. Er starb aber auch an der sinnlichen Erfahrung dieses Krieges, die von illem abwich, was bis dahin vorstellbar gewesen war. Die Anonymität des Kampfes, in dem Gegner wie gegnerische Waffen oft unsichtbar blieben, wurde zu einer unerträglichen Belastung, die Männer die Nerven verlieren und schreiend aus den Gräben laufen ließ. Männer wurden verrückt aus dem Gefühl des Eingeschlossenseins heraus oder weil sie den Lärm des Geschützdonners nicht lange ertragen konnten. Verschüttete erlitten Nervenzusammenbrüche: Männer gebärdeten sich >wie Frauenganzer< Mann jederzeit kriegerisch für sein Land einzutreten hatte, 113 und die politische Rechte weitete diesen Anspruch auf den Einsatz für das »Deutschtum« insgesamt aus: »Das höchste Gut des Mannes ist sein Volk«.114 Heldische Maskulinität und deutschnationales Bewußtsein wurden im Begriff männlicher Ehre in eins gesetzt. Umgekehrt gab es eine Reihe von Verhaltensweisen, die als »unmännlich und zugleich undeutsch« galten: vom als >orientalisch< diffamierten und homosexuell konnotierten Zigarettenrauchen bis hin zur Friedensresolution des Reichstags 1917. 115 Nationale und männliche Ehre fielen so zusammen, oder anders ausgedrückt: Das Bild vom erfolgreichen Krieger und Vaterlandsverteidiger gehörte zum Ensemble jener Vorstellungen, die die männliche Identität und Ehre ausmachten. Eine Kriegsniederlage war in diesem Kodex nicht vorgesehen. Der Ausgang des Ersten Weltkriegs und die Entwaffnung des Heeres wurde von vielen Männern daher nicht nur als Angriff auf ihre nationale Identität, sondern auch ganz persönlich als Verlust der männlichen Ehre empfunden. Wenn Wehrhaftigkeit und Heldentum zum Bild potenter Männlichkeit gehörten, wurde die verordnete Waffenlosigkeit folgerichtig als Kastration erlebt: »Nicht nur entwaffnet, nein, geradezu entmannt sind wir, der erbarmungslosen Willkür rachsüchtiger Gegner auf Gnade und Ungnade ergeben«, stöhnte die »Wehr« im Dezember 1918.116 »Deutschlands Erneuerung« erweiterte diesen Topos und sprach von der Versöhnungspolitik der Weimarer Koalition als »geistige Kastration« durch die »Genossenschaft zur Niederhaltung des Deutschtums«. 117 Das Verbot von Waffen und Militär als Symbol viriler Männlichkeit und der Verzicht auf ein - in diesen Kreisen als männlich deklariertes - nationalistisches Machtstreben lieferte Deutschland in den Augen der völkischen Rechten den »Vergewaltigungen anderer Völker« aus118 und machte seine Männer damit symbolisch zu Frauen.119 »Wehrlos macht ehrlos und schutzlos« hatte die »Wehr« schon im Dezember 1918 ihre Sicht der Dinge zusammengefaßt, 120 und zu dieser traditionell eher >weiblichen< Erfahrung mochte das - in Heldenmythen nicht umsonst vielfach geleugnete - Erlebnis der eigenen Verletzlichkeit und Schwäche im Krieg beträchtlich beigetragen haben.121 Die Kriegsniederlage und der sogenannte »Schmachfrieden« von Versailles verstießen nicht nur gegen das politische Wunschdenken der nationalistischen Rechten, sondern verletzten auf einer tieferen Ebene die männliche Ehre jener rechtsgerichteten Extremisten, die in der Folge alles daransetzten, die Verhältnisse zu revidieren und die Geschichte im Sinne des Frontkämpfermythos umzuschreiben - nicht zuletzt, um so ihre Geschlechtsidentität wiederherzustellen. Zum Männlichkeitskodex gehörte in diesem Denksystem auch die Fähigkeit, Frauen als das >schwächere< Geschlecht in kriegerischen Auseinander286

Setzungen zu verteidigen und insbesondere die Wahrung ihrer als weibliche Ehre vorgestellten sexuellen Integrität sicherzustellen. Daher sorgten in den Anfmgsjahren der Weimarer Republik Zeitungsmeldungen für Aufruhr, nach denen in den besetzten Gebieten Frauen vergewaltigt und zur Prostitution gezwungen würden. Da die »völkische Ehre« als »in der Ehre der deutschen Frauen, unserer jetzigen und künftigen Mütter und Bräute verkörpert« galt, war es ein Leichtes, die Vorgänge zur »Schmach« wider »Dt utschlands Ehre« zu stilisieren. Der Vorwurf, die Vergewaltigungen seien von »schwarzen Franzosen« ausgegangen, machte daraus eine »Schande«, die »im deutschen Volke der gesamten weißen Rasse angetan wird«.122 Der weibliche Körper wurde dabei - Ausdruck eines generalisierten Besitzanspruchs - mit dem »Volkskörper« schlechthin gleichgesetzt. Die radikale Rechte operierte sehr erfolgreich nicht nur mit nationalistischen und rassistischen Einstellungen, sondern auch mit heldischen Männlichkeitsbildern. Sexualität und Politik gingen in völkischen Texten eine enge Verbindung ein. Es belegt die Verwurzelung des völkisch-nationalistischen Diskurses in sexuellen Kategorien, wenn rechtsradikale Frauen an die männliche Ehre ihrer Mitstreiter appellierten, um sie nicht als Gesinnungsgenossen, sondern als potentielle Sexualpartner zum politischen Handeln zu bewegen: »De Jtsche Männer und Jünglinge! Wollt ihr weiter tatenlos zusehen, wie eine unfähige Regierung unser Land und Volk von Tag zu Tag näher an den Abgrund bringt und verwüstet? Wollt ihr stumpfsinnig weiter zusehen, wie die Juden und die ganze Schar ekler Wüsdinge planmäßig unsere besten Volksgenossinnen verseuchen, in Elend und Schande bringen? Deutsche Jungmannen! Seid Ihrs zufrieden, daß Eure Schwestern von Juden und sonstigem nichtsnutzigen Gesindel Tag für Tag geschändet und entjungfert werden, so daß für Euch als Gattinnen schließlich nur noch feile StraiJendirnen und geschändete Weibsbilder zur Ehe da sind? ... Wollt ihr es tatenlos dahi ι kommen lassen, daß wir Frauen und Mädchen allesamt zum Staatseigentum für cliese vertierten Wüsdinge erklärt werden sollen, so wie es unter der jüdischen Leitung und Bolschewistenherrschaft der Revolution bereits in Rußland geschehen ist .. ?«123

Rassistisch-antisemitische Phantasien von Juden und Schwarzen als Sexualrivalen mischten sich in solchen Texten mit dem verbreiteten Glauben an die überlegene Potenz jüdischer und schwarzer Männer. Wurden die völkischen Märiner auch dem Ehrenkodex folgend zum Schutz der Frauen aufgerufen, so übermitteln die Formulierungen bei genauerem Hinsehen doch die Vorstell ang realer Ohnmacht und Handlungsunfähigkeit. Zur Vermutung, daß sich die beschworenen Männlichkeitsmythen mit der Wirklichkeit nicht deckten, paßte es auch, daß ein Göttinger Volkswirt seine Geschlechtsgenossen mfforderte, »das Letzte, was noch unser ist« - die mit der Volksehre identifizierte Frauenehre - »mit allen Mitteln« zu verteidigen: per Unterschrift auf einer Postkarte.124 Kein Wunder, daß die rechtsradikalen Frauen 287

ankündigten, »selbst zu den Waffen zu greifen« und 1919 für den »Großen Frauenschutz- und Trutzbund« mit dem Slogan warben: »Kommt zu uns! Wir fuhren Euch! Wir beschirmen Euch!«125 Wenn die völkischen Unterzeichnerinnen mit den Decknamen »Brünhild«, »Barden« und »Veleda« die Gefahr einer sexuellen Verstaatlichung des weiblichen Geschlechts heraufbeschworen, bezogen sie sich damit auf ein Stereotyp, das seit der russischen Revolution 1917 durch die bürgerliche Presse geisterte: die Behauptung, in der Sowjetunion würden nicht nur das Privateigentum, sondern auch die Ehefrauen und Töchter von Bürgerlichen und begüterten Bauern >sozialisiert< und zwangsweise zur Prostitution verpflichtet.126 Hinter diesen Phantasien mochte, wie Klaus Theweleit vermutet, die Projektion eigener sexueller Wünsche auf den Klassenfeind stecken. Daneben dienten diese Meldungen aber auch ganz konkret dazu, ähnlich wie die pathologisierende Behauptung, nur »haltlose, leicht erregbare Personen, wie Frauen und Jugendliche« würden sich in einer Art »hysterische^) Anfall« für den Bolschewismus begeistern127 - den Kommunismus zu denunzieren und damit auch den innenpolitischen Gegner, die Sozialdemokratie, abzuqualifizieren. Seit der russischen Revolution war der »Bolschewismus« das anti-bürgerliche Schreckgespenst schlechthin, und es ist bezeichnend, daß sich die rechtskonservative und - radikale Presse mit dem Kommunismus nicht auf der Ebene politischer Argumente auseinandersetzte, sondern ihn mit sexualmoralischen Kategorien als Antithese bürgerlicher Ordnung zu delegitimieren suchte. Die Nachrichten über die in Bordellen zwangskasernierten Töchter und Ehefrauen wohlhabender Männer konstruierten die Figur der Frau im Kommunismus als genauen Gegenpol zu ihrer bürgerlichen Existenz. War die Figur der Frau in der bürgerlichen Gesellschaft dadurch charakterisiert, daß sie nicht als eigenständiges Wesen auftrat, sondern durch ihre Zugehörigkeit zu einem bestimmten Mann definiert wurde (Ehefrauen, Töchter), so erschienen Frauen in der Sowjetunion als Allgemeingut der Männer ohne spezifischen Besitzer. Identifizierbare Einzelpersonen wandelten sich, unterstrichen durch die Betonung ihrer »Kasiernierung«, zu einer undefinierbaren Masse, auch dies ein antibürgerlicher Begriff. Aus ehrbaren Frauen wurden mittellose Prostituierte. Da die Figur der Prostituierten in den Texten der literarischen Moderne gemeinhin als sinnliche Frau vorgestellt wird und die Zeitungsberichte mit der rhetorischen Figur des Gegensatzes operierten, bedeutete das umgekehrt, daß die Ehefrauen und Töchter, von denen die Rede war, als entsexualisiert gedacht wurden. Das wirksamste Mittel zur Delegitimation des politischen Systems der Sowjetunion war offenbar zu behaupten, daß es jene Werte auf den Kopf stellte, auf denen die bürgerliche Welt in letzter Instanz basierte: Ein Geschlechterverhältnis, daß Frauen zum Privateigentum ihrer Männer und Väter erklärte, sie einhegte und entsexualisierte. Der Kommunismus, so die 288

Botschaft der Zeitungsmeldungen an die männlichen Leser, beraubte Männer nicht nur ihres Besitzes an materiellen Gütern, sondern entehrte und enteignete auch noch ihre Frauen. Gesteigert wurden die antikommunistischen Schreckensszenarien durch Erzählungen von baltisch-lettischen »Flintenweibern«, die nicht erst durch die Freikorpsliteratur der späteren zwanziger und dreißiger Jahre, sondern sehe in seit der Revolution durch die zeitgenössische Presse geisterten. Die »Deutsche Volkswacht«, das kurzlebige Nachfolgeorgan des antifeministischen »Monatsblatts«, druckte im Frühjahr 1 9 2 0 den Brief einer, wie es hieß, aus Riga geflüchteten baltischen »Dame« ab, die gesehen haben wollte, claß »Bolschewistinnen in Uniform ... sich stets vor[drängten], wenn es sich darum handelte , Erschießungen vorzunehmen. Zu einer Massenerschießung ritt eine Bolschewistt nhauptmännin festlich geschmückt im wallenden Sammetmantel und großem Federhut auf schneeweißem Roß an der Spitze ihrer weiblichen Horden durch die Stad: zum Platz der Hinrichtung. Die Verurteilten wurden gewöhnlich auch vor der Erschießung ihrer Kleider beraubt.... Viele Leichen hat man stark verstümmelt aufgefunden.« 128

Welcher Art diese Verstümmelungen waren, mochte das Blatt seiner Leserschaft nicht vorenthalten und zitierte den Bericht eines Freikorpssoldaten, um zu zeigen, welche unrühmliche Rolle die »politischen Frauen« in der »kommunistischen Bewegung« spielten: »Es ist Tatsache, daß es zumeist die berüchtigten Flintenweiber, darunter Mädchen im Alter von 18 Jahren mit höherer Schulbildung waren, die Hinrichtungen vollstreckten, vor denen Männer oft zurückschreckten. Hört man, daß diese entmenschten Weiber erst ihr (sie!) Opfer sich das Grab graben ließen, sie dann entkleidet am Rance dieser Grube aufstellten, und erst einmal durch Schüsse in den Unterleib verwundeten, um sich an ihren Qualen zu weiden, so eröffnet sich eine neue Abart von Grausamkeit, die mit abnormen Anlagen zusammenhängt. Grausamkeit pathologischer Art, Grausamkeit aus Perversität. Augenzeugen berichten, daß die Flintenwdber ihre angeschossenen Opfer durcheinander in die Gruben warfen und mit Erde beschütteten, während noch Leben in den Unglücklichen war. Die dünne Erdschic it aber bewegte sich noch lange über den zuckenden Leibern, die sich im Todeski mpf verkrampft hatten«. 129

Die Texte enthalten eine Vielzahl unterschiedlicher Bedeutungsebenen: Zielten sie vordergründig auf die Diskreditierung des Kommunismus, legten sie unter dem Aspekt des Geschlechterverhältnisses nahe, daß Frauen und keineswegs nur Proletarierinnen, nein, auch gebildete Mädchen offenbar bürgerlicher Herkunft - , einmal politisiert und ihrer von der bürgerlichen Gesellschaftsordnung garantierten Unterordnung ledig, sich in wahre Bestien verwandelten, die männliche Vormachtstellung wie soziale Ord-

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nung bedrohten. Schon während der Französischen Revolution, schrieb »Auf Vorposten«, das Blatt des radikalantisemitischen Verbandes gegen die Überhebung des Judentums, 1918 über die kommunistischen »Megären des Schlachtfeldes«, habe man(n) die Erfahrung gemacht, »daß die Weiber beim Volksaufruhr stets am blutgierigsten sind«. 130 Die »Volkswacht« begriff die Erzählungen als »Früchte der Frauenemanzipation« und behauptete, daß der Kampf der Geschlechter um politische und wirtschaftliche Macht, den sie in der Gesellschaft der Weimarer Republik auszumachen glaubte, lediglich eine mildere Variante jener »letzten, rohesten Ausschreitungen weiblicher Herrschsucht« darstelle, die letzdich in dem »leidenschaftlichen Wunsch« der Frauen wurzele, »Macht zu besitzen und sie fühlen zu lassen«. Angesichts solcher weiblichen »Ausschreitungen« forderten die organisierten Antifeministen die »Abkehr von den Emanzipationsgelüsten« und den »bewußte(n) Verzicht auf eine weibliche Machtstellung«, die Wiederherstellung überkommener Geschlechterverhältnisse, die ihnen allein eine »fortgeschrittene Frauenkultur« zu garantieren schien. 131 Frauen, so suggerierten die Erzählungen über die »Flintenweiber«, waren von »Natur« aus herrschsüchtig und grausam und mußten von den Banden gesellschaftlicher Konvention im Zaum gehalten werden. Davon abgesehen, daß wollüstige Detailtreue ausschließlich in den Schilderungen männlicher Protagonisten aufzufinden war und damit Spekulationen über eine sadomasochistische Orientierung der Autoren nahelegt, vermittelten die Texte bei näherem Hinsehen freilich das Bild übermächtiger Frauen, gegenüber denen Männer nur noch als Opfer erschienen. Der Widerspruch zu den verbreiteten Klischees vom >starken Helden< und dem schwachen Geschlecht< fiel schon den Zeitgenossen auf. Den Umstand, daß »sich so viele Männer ganz widerstandslos von den Megären erschießen ließen«, erklärte die baltische Augenzeugin nach Angaben der »Volkswacht« daher damit, »daß jene gewöhnlich durch die Entbehrungen einer langen, zermürbenden Haft seelisch und körperlich zuletzt völlig gebrochen waren«. 132 Tagespolitisch kam den Geschichten die Aufgabe zu, die Mißhandlung und Ermordung weiblicher Zivilisten durch deutsche Freikorpseinheiten zu rechtfertigen, über die Rückkehrer aus dem Baltikum in demokratischen Tageszeitungen berichteten. 133 Diese Funktion erklärt aber noch nicht, warum die rechtsgerichteten Soldaten immer wieder Bilder von Kameraden beschworen, die qualvoll verbluteten, nachdem Frauen ihnen in den Unterleib geschossen hatten. Sicher sollte damit ein Maß äußerster Grausamkeit zum Ausdruck gebracht werden, und die Erzähler konnten damit rechnen, daß ihre männlichen Zuhörer bei dieser Vorstellung instinktiv zusammenzuckten. Die Frage aber ist, ob sich hinter diesen Kastrationsphantasien nicht tatsächlich, wie Theweleit nahelegt, die Angst vor der sexuell aktiven Frau verbarg, die den Männern ihre Männlichkeit nahm und sie sich selbst

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einverleibte.134 Was Theweleit psychoanalytisch aus der Triebstruktur einzelner rechtsextremer Individuen ableitete, ließe sich auch allgemeiner ins Gesellschaftliche wenden: Die Kastrationsphantasien erklärten sich dann als Furcht vor der starken, aus ihrer verordneten Unterwerfung ausgebrochenen Frau, die Männer ihres Penis' als Herrschaftszeichen beraubt und sich ihn in Form von Pistolen und Gewehren als männlichem Herrschaftsattribut aneignet. Akzeptiert man diese Deutung, erscheint die Saga von den »Flintenweibern« als sexualsymbolische Entsprechung jenes »Entmannungs- und Verweiberungsprozess(es)«, den der Emanzipationsgegner und rechtsradikal·: Agitator Ludwig Langemann auf dem Tiefpunkt antifeministischer Ohnmacht nach der Novemberrevolution wortreich beklagte. Die eingedeutschte Variante der sowjetischen »Flintenweiber« waren die »weiblichen Spartakisten in Berlin«, deren »fürchterliche(n) Bluttaten« nicht zufällig im selben Artikel mahnend vor Augen geführt wurden. 135 Was die rechtsgerichteten Männer in Angst und Schrecken versetzte, war nicht nur die sozioökonomische und politische, sondern auch die sexuelle Seil e der Frauenemanzipation. Davon zeugen die heftigen Abwehrreaktioner auf die Forderung nach >freier Liebe< ebenso wie die zwischen Angst und erotischem Begehren schwankenden Darstellungen dämonisch-männermordender Weiblichkeit etwa eines Gustav Klimt und die literarischen Zeugnisse (nicht nur) der Wiener Moderne. 136 Auch der Hamburger Pfarrer Max Glage, ehedem Mitglied im Bund zur Bekämpfung der Frauenem;inzipation, malte sich und seinen Lesern das »sadistische Lustmorden der Flintenweiber, denen es einen Hauptspaß bereitete, die Pastoren abzuschießen wie Spatzen« in den grellsten Farben aus und stellte die »militaristisch: Vermännlichung des revolutionierten Weibes« in einen inneren Zusammenhang mit dem »Sexual-Bolschewismus«, den er als Ergebnis einer auf der Werten von Freiheit und Gleichheit basierenden »völlige(n) Entschränkur g des Weibes im Verhältnis zum Mann« betrachtete. Seiner politischen Überzeugung gemäß lag der Gegenpol zur bürgerlichen Welt- und Gesell echterordnung in der Sowjetunion, und doch hatte, so die Diagnose 1927, auch die Weimarer Republik allen Grund, »vor einer sexuellen Bolschcwisierung seiner Frauenemanzipation zu zittern«. Die »wilden orgiastischen Krämpfe des Bolschewismus mit seiner Emanzipation des Fleisches« schienen sich dem Kirchenmann schon in der »modern frisierte(n) und gekleidete(n) deutschen Frau« anzudeuten; pathologisierend ortete er überall »ernste Symptome der Emanzipation«. 137 Daß die politische Auseinandersetzung um die Frauenemanzipation in den Zirkeln der nationalen Rechten nach 1918 vielfach in einen sexualmoralischen Diskurs überführt wurde,138 mochte am bereits durchgesetzten Frauenstimmrecht liegen und dariin, daß die nach Kriegsende veränderten politischen und ökonomischsozialen Rahmenbedingungen zunächst wenig beeinflußbar schienen. Die 291

auch äußerlich gewandelte »neue Frau« war das sichtbarste Zeichen eines in Transformation befindlichen Geschlechterverhältnisses,139 und vermutlich machte die erotische Libertinage deswegen die größten Schwierigkeiten, weil sie jeden heterosexuellen Mann existentiell berührte und die Ordnungsprinzipien der Gesellschaft in Frage stellte. In den Schriften der radikalen Rechten jedenfalls war politische Emanzipation untrennbar mit sexueller Revolution verknüpft. Bei dem ariogermanischen Herrenrechtler Lanz-Liebenfels erschien die Geschichte des politisierenden »freien Weibes« mit seiner auf dem »Unterleibsstandpunkt« verharrenden »Pornokratie« gar als die »Geschichte menschlicher Bestialität« schlechthin.140 Dem »bedrohten Ödipus«, wie Robert Musil den neuen Status des Mannes zutreffend beschrieb,141 machte es die emanzipierte Frau unmöglich, sich vor der Kälte der modernen Welt zurück in den Schoß asexueller mütterlicher Weiblichkeit zu flüchten, um vom Kampf ums Dasein auszuruhen. Die »neue Frau« zu entsexualisieren und politisch einzuhegen, war daher das gemeinsame Ziel der Nachkriegs-Antifeministen, gleich ob sie den Wiedereintritt in die »Zeit der Patriarchen« beschworen,142 den Männerbund verherrlichten oder das männliche Prinzip mit dem Weltkrieg abgewirtschaftet sahen. Denn selbst ein Soziologe wie Leopold von Wiese, der überzeugt war, »daß die Frau da, wo sie wirklich Frau ist, menschlicher ist als der Mann, den die Hypertrophie des Geistes oft zu Unmenschlichkeiten verfuhrt« und der deshalb »eine Vermenschlichung des Lebens« von einem idealisierten weiblichen Prinzip erwartete, wandte sich ausdrücklich gegen die Frauenbewegung, deren Gleichberechtigungsstreben ihm auf die unerwünschte »Vermännlichung des Frauenwesens« abzuzielen schien. Leopold von Wiese war in diesem Sinne also, wie sein Rezensent in den »Preußischen Jahrbüchern« konstatierte, Antifeminist.143 Viele Kriegsheimkehrer projizierten ihre Sehnsucht nach Frieden und einem geordneten Alltag auf das weibliche Geschlecht und entwarfen die entpolitisierte und entsexualisierte Figur der liebend sorgenden Hausmutter als Gegenbild zu den Schrecken des Krieges. Die Hausfrau, so glaubten sie, »offenbart ihre innere Ordnung nach außen und überträgt sie aufihre Umgebung ... Von ihrem ganzen Wesen geht Ordnung und Frieden aus; aus ihren Augen (dem Spiegel der Seele) strahlet ihre innere Friedens-Sonne sonnigen Frieden; Licht und Wärme, in denen allein nur ein freudig-friedliches Leben gedeihen kann, das allen Hausgenossen zu Fortschritt und Wohlfahrt gereichen wird.«144

Je mehr die Schrecken des Ersten Weltkrieges verblaßten, desto mehr traten freilich Positionen in den Hintergrund, die in der Manier so manches bürgerlichen Vorkriegsantifeministen in der vom gesellschaftlichen Produktionsprozeß abgekoppelten Frau den Rettungsanker in einer aus den Fugen geratenen Moderne erblickten. Zwar vollzog auch die völkische und natio292

nalsozialistische Bewegung der Weimarer Republik die regressive Idealisierung der zur bloßen Mutter entsinnlichten und entpolitisierten Frau nach. Diese Sphäre aber blieb von letzdich untergeordneter Bedeutung, und der Prototyp eines Nationalsozialisten zeichnete sich gerade dadurch aus, daß er sich weiblicher Bande ledig dünkte. Der Positionswechsel vom bürgerlichen Antifeminismus zu einer politischen Konzeption, die auf als männlich definierten Strukturen beruhte, deutete sich gegen Ende des Ersten Weltkrieges auc Λ in Zeitschriften an, die durch personelle Verflechtungen dem Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation nahestanden. Die »Politisch-anthropologische Monatsschrift« hatte schon 1917 jegliche Orientierung am weiblichen Prinzip heftig befehdet und in den Zusammenhang einer umfassenden Kulturkritik gestellt: »Der Mann ist durch unsere heutige Kultur nicht nur physisch, er ist auch seelisch krark geworden, sein Bewußtsein hat keine Stütze, keinen Ideenhalt mehr und nur die 'dee ist ein fester Punkt im Leben ... Er sucht also einen Stamm, an den er sich anklammern kann und diesen Stamm glaubt er am Weibe zu finden. Statt Staatsmersch zu werden und sich als solcher an den Rasseninstinkt des Volkes und an das Staatswohl anzuklammern, wird er durch und durch >Gesellschaftsmensch< und findet ι η dieser Gegend natürlich nichts anderes vor als Weiber, Weiber und wieder nur Weiber«. 145

Wie in den Schriften Blühers, Weiningers und einer Reihe anderer Autoren aus dem Umfeld der »Konservativen Revolution« wurden hier als negativ empfundene gesellschaftliche Tendenzen mit Weiblichkeit identifiziert und der als >männlich< konstruierten Triade Staat, Volk und (arische) Rasse gegenübergestellt. 146 Die neue Rechte erwartete ihr Heil vom Männerbund und bot sich dem haltlosen Odysseus zur Orientierung an. Hatte der Vorkriegsantifeminismus in der Familie noch die Grundlage der Staatsordnung gesehen und diesen bedeutenden Einflußbereich den Frauen überantwortet, schloß der »geistige Antifeminismus« bündischer Provenienz Frauen von der Erziehung der männlichen Jugend aus und mochte ihnen nur noch Mädchen und Kleinkinder anvertrauen. Im Gegensatz zu den etwa im Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation vertretenen Vorstellungen ging es nicht um die Wiederherstellung der patriarchalen Familie, sondern um ihre Überwindung durch die Männergemeinschaft. Die Familie, hieß es bei Hans Blüher, liefere den Mann der »Vorherrschaft des Weibes« aus und zerstöre damit seine schöpferischen Fähigkeiten. Namentlich die - selbstverständlich als männlich gedachte - geistige Elite müsse daher dem weiblichen Einiluß entzogen und durch Männer sozialisiert werden. 147 Auch die Formel von der >Gleichwertigkeit, aber Verschiedenheit der Geschlechter (die freilich nur zu oft männliche Dominanz maskiert hatte), verschwand nun zugunsten einer offenen Verherrlichung männlicher Suprematie. Die Männer-

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bundideologie, die nach dem Ersten Weltkrieg von der bündischen Jugend in die Weimarer Gesellschaft diffundierte, um dann im Nationalsozialismus eine zentrale Rolle zu spielen, war freilich nicht nur, wie Jürgen Reulecke in seinem anregenden Aufsatz meint, eine Reaktion auf die Krise der bürgerlichen Familie und die Demontage des wilhelmischen Vater-Patriarchen.148 Vielleicht basiert das in zahlreichen Kulturen zu beobachtende Phänomen tatsächlich - wovon Nicolaus Sombart überzeugt ist - auf einer »nicht bewältigten Angst vor dem Weiblichen« und wäre als »auf den Begriff gebrachte männliche Abwehrstrategie« gegen die Übermacht der Mütter mit den Mitteln der psychoanalytisch informierten Kulturanthropologie zu erklären.149 Jenseits vermeintlicher oder tatsächlicher anthropologischer Konstanten zielte die Männerbundideologie in ihrer spezifischen Ausformung im Deutschland des 20. Jahrhunderts jedoch auch ganz konkret auf die Beschneidung jener Machtpotentiale, die Frauen im Gefolge eines sich wandelnden Geschlechter Verhältnis seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zugewachsen waren.150 Die Attraktivität völkisch-nationalsozialistischer Konzepte beruhte nicht zuletzt darauf, daß sie die Restabilsierung männlichdominanter Geschlechtsidentität verhießen und damit Eindeutigkeit und Konstanz an die Stelle irritierender Vielfalt und beängstigenden Wandels setzten.

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Abkürzungen AB ADV AfS ΑΗΡ. Ak. Hl. ARC Β BAP BB BDF BdL BLA BNM BT BZ BZaM CB DA DAG DE DEF DHU DHV DH\V DK DP DPB DST8 DTZ DV DVK DVW DZ EFZ EZA FB FG FH FS FZ GF GG GLA GStA GT

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Anmerkungen

Einleitung 1 Post, 25.12.1901, BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 5 5 , S. 63. 2 Bebel, S. XXXI. 3 Vgl. Craig, S. 173f. 4 Wesentlich breiter als für den deutschen Sprachraum sind die Weiblichkeitskonzeptionen berühmter Denker in der anglo-amerikanischen Literatur untersucht, vgl. etwa (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) Okin; Elshtain, Public Man; dies., Meditations; Kinnard; Schwartz; Tomaselli; Pateman u. Gross. Für Frankreich vgl. etwa Moreau. Gisela Bock spricht in Anlehnung an Arlette Farge von der »Fragwürdigkeit einer Geschichtsschreibung, die sich in der Präsentation und Wiederholung des wirklich oder vermeindich Schrecklichen, das im Lauf der Jahrhunderte von Männern geschrieben wurde, erschöpft, die von der Empörung über die Deni nziation zu einer Art von Faszination führt und anachronistisch wird im gleichen Maß, wie s e darauf verzichtet, solche Texte nach ihrem historischen Kontext ... zu untersuchen«. Vgl. 3ock, Geschichte, Frauengeschichte, Geschlechtergeschichte, S. 383; Farge, S. 43. Dennoch bleibt es ein Verdienst, den >male bias< in der europäischen und amerikanischen politischen Philosophie offengelegt zu haben. 5 Vgl. Bennent; daneben auch den von Stopczyk herausgegebenen Band. 6 Vgl. Frevert, Bürgerinnen und Bürger, dort insbesondere dies., Bürgerliche Meisterdenker. 7 Vgl. Metzmacher. Freilich haftet der Zusammenstellung der Quellentexte eine gewisse impressionistische Vorgehensweise an. Beispiele antiemanzipatorischer Belletristik von Frauen werdt η angeführt in: Herr im Hause. Prosa von Frauen zwischen Gründerzeit und erstem Weltkrieg, hg. v. E. Kaufmann, Berlin (Ost) 1989. 8 >Es bestand tatsächlich eine starke Verbindung zwischen Antisemitismus und Antifemin ismus; die meisten Antisemiten waren Antifeministen und die meisten Antifeministen wenn nicht aktiv antisemitisch, so doch mindestens zu einer Zeit stark nationalistisch, als die beiden Begriffe anfingen, das gleiche zu bedeuten.« Pulzer, S. 179, zum Bund der Emanzipationsgegner S. 180f. Das zeitgleiche Auftreten von Emanzipationsgegnerschaft und Antisemitismus hatte auch Haas bemerkt, wenngleich seine Ausführungen wissenschaftlich nicht befriedigen und in Hinblick auf ihre impliziten Werthaltungen ärgerlich stimmen. 9 Rider, Weininger; vgl. auch ders., Illusionen. 10 Vgl. von Braun, »Der Jude« und »Das Weib«. Luckhardt findet in Anlehnung an Kristeva struktarell ähnliche Ausgrenzungsstrategien des weiblichen >Anderen< bei ansonsten so unterschiedlichen Denkern wie Otto Weininger, August Bebel und Georg Simmel. 11 Vgl. Weininger. Vgl. auch die zeitgenössische Entgegnung von Meisel-Hess. 12 Vgl. Sanford. Zu Sombart vgl. jetzt auch Lenger, Sombart. 13 Vgl. zur Auseinandersetzung um die >Frauenfrage< in der SDP Thöntiessen. Kritisch dazu Nolan. Mit einem nicht näher definierten Antifeminismus-Begriff arbeitet Freier. Der Schwerpunkt Schmidt-Waldherrs liegt auf den Weimarer Jahren; für die Zeit davor beruht ihre Darstellung auf Bäumer, Psychologie der Gegner. Breiter angelegt ist dagegen der Über-

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Anmerkungen zu S. 12-13 blicksartikel von Korotin, der auch das Verhältnis von Antifeminismus und Antisemitismus reflektiert. 14 Vgl. Schenk, S. 163. Freilich sind die konkreten Ausdrucksformen von Frauenfeindlichkeit historischem Wandel unterworfen, ebenso wie misogyne Einstellungen die Grundlage für antifeministisches Handeln bilden (können). In der Praxis sind die Phänomene vielfach miteinander verwoben: Die Behauptung weiblicher Sonder- oder Minderbefähigung dient oftmals zur Legitimation des frauenfeindlichen Ausschlusses aus zentralen Machtbereichen und der Zuschreibung einer minderberechtigten >weiblichen Sphären Als Beispiel vgl. zum Zusammenhang zwischen der medizinischen Konstruktion weiblicher Minderwertigkeit und dem Auschluß der Frauen vom akademischen Studium Fischer-Homberger, Neue Materialien. 15 An Gesamtdarstellungen liegen vor Harrison und Benjamin. Vgl. als Überblick auch Chafetz u. Dworkin und die dort angegebene Literatur. Amerikanische Arbeiten zur Frauenbewegung beziehen zum Teil gegnerische Strömungen mit ein, vgl. etwa Cott. Vgl. zur historischen Frauenforschung in den USA und Großbritannien die Literaturberichte von Harzig und Maas. Während die angloamerikanischen Veröffentlichungen zum Antifeminismus sich auf den organisierten Widerstand gegen Stimmrechtsforderungen konzentrieren, fokussiert die französische Forschung misogyne Tendenzen der Hochkultur als Ausdruck einer umfassenden Krise der Geschlechteridentitäten um die Jahrhundertwende, vgl. Perrot; Maugue, Die neue Eva; dies., Litterature antifeministe; dies., Identite masculine. Ähnlich wie in Deutschland wurden auch in Frankreich seit den 1890er Jahren in populären Zeitschriften heftige Debatten über die >Frauenfrage< gefuhrt. Auch hier gab es enge Beziehungen zwischen Antisemitismus, nationalem Chauvinismus und Antifeminismus; allerdings verband sich der Antifeminismus in Frankreich - konträr zum deutschen Beispiel - mit der katholischen Staatsreligion und wies anti-protestantische Züge auf, vgl. die wenigen Bemerkungen bei Offen. - Zu frauenfeindlichen Tendenzen der Gegenwart sind mittlerweile zwei englischsprachige Werke in deutscher Ubersetzung erschienen, vgl. Faludi und Smith. 16 Vgl. Dohm und die Terminologie der diversen Frauenzeitschriften dieser Zeit. 17 Das gilt selbst für eine so beeindruckende Studie wie Chickerings politisch-mentale Verortung des Alldeutschen Verbandes. Ältere, aber auch neuere deutsche Veröffentlichungen über Parteien und Interessenverbände kommen in der Regel ganz ohne den Blick auf die Frauenpolitik der Vereinigungen aus. Vgl. etwa Puhle; Stegmann; Lohalm; Striesow; Fricke u.a; Ulimann, Interessenverbände. 18 Vgl. VolkoO, Antisemitismus, zit. nach dem Wiederabdruck in dies., Jüdisches Leben, S. 23. 19 Vgl. Frevert, »Wo Du hingehst...«. Vgl. auch Sombart, Männerbund. Zur frauenfeindlichen Abwehrhaltung früher Nationalsozialisten und von Vertretern der Konservativen Revolution vgl. ders., Deutsche Männer, sowie Theweleit und die wenigen Bemerkungen bei Breuer, S. 43f. 2 0 Eine Ausnahme bildet Herrad Schenk. Sie hat in ihre erstmals 1980 erschienene Geschichte der Frauenbewegung bereits ein Kapitel zum Antifeminismus aufgenommen, vgl. S. 1 6 2 - 1 7 7 . Vgl. als Überblick über die bisher erschienenen Arbeiten zur deutschen Frauenbewegung die Forschungsberichte von Bock, Geschichte, Frauengeschichte, Geschlechtergeschichte; Frevert, Bewegung und Disziplin; Wickert und Paletschek, Gleichheit und Differenz. Neuerdings wird verstärkt den nationalistischen und antisemitischen Tendenzen innerhalb der Frauenbewegung nachgegangen, vgl. etwa Kohn-Ley u. Korotin; Walle; Omran. 21 Vgl. etwa Pudenz; Twellmann; Bussemer. Auch Dammer geht in ihrer Studie zur Ideengeschichte der Frauendienstpflicht kurz auf den antifeministischen Bund ein, sitzt dabei aber einigen Fehleinschätzungen auf.

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Anmerkungen zu S. 13-17 22 Vgl. etwa Nienhaus, Berufsstand weiblich; dies., Vater Staat; Lorentz. 23 Vgl. Stodolsky, Missionary; dies., Geschlecht und Klasse. 24 Vgl. Baumann. 25 Vgl. Domscheit. 26 Vgl. dazu auch die beiden von Hausen herausgegebenen Bände »Frauengeschichte Gesclilechtergeschichte« und »Geschlechterhierarchie und Arbeitsteilung«. 27 Vgl. Honegger. 28 Vgl. Laqueur. 25 Vgl. Fischer-Homberger, Krankheit Frau; Stolzenberg-Bader. 3C Vgl. Davis, S. 126-132. 31 Vgl. Frevert, Männergeschichte; dies., Ehrenmänner; Schissler, Männerstudien; WerkstattGeschichte, H. 6, 1993; Kühne. 32 Ein Indiz dafür ist Frevert, Mann und Weib, S. 61-132. 3; Den Begriff der »Gegenbewegung« entwickelt Mottl: »a conscious, collective, organized attempt to resist or reverse social change«, vgl. S. 620. 34 Vgl .Nolan. 35 Vgl. zu den letzteren van den Berg, Misogynie; ders., >Free Love Vgl. »Beruf und Ehe«, in: ebd., 24 ( 1 9 1 0 / 1 1 ) , Nr. 1, S. 83-89. Hier stimmte der Herausgeber mit Elisabeth Gnauck-Kühne überein, was erklärt, warum sie so häufig im Kunjtwart zu Wort kam, vgl. etwa Frauenleben und Berufsarbeit, in: KW 25 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 12, S. 4 1 6 - 4 1 9 und den Kommentar (des Herausgebers?), S. 419f. Vgl. auch die Auseinandersetzt ng um die Frauenerwerbsarbeit während des Krieges in »Die deutsche Frauenbewegung und die Erwerbsarbeit der Frau. Zwei Meinungen« (Johanna Waescher und Wilhelm Stapel), in: ebd., 30 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , H. 2, S. 2 0 9 - 2 1 4 . Die Raumaufteilung, die deutlich zugunsten des Kritikers ausfiel, machte klar, welcher Seite das Blatt zuneigte. Auch die Preußischen Jahrbücher erklärten sich - zwar nicht explizit, aber durch die Auswahl der rezensierten Literatur zu diesem Thema - gegen die Vereinbarkeit von Mutterschaft und Beruf, vgl. PJ, Bd. 133, Juli-:>eptember 1908, S. 358-360. 37 Vgl. Kratzsch, S. 336. Die korporativen Mitglieder sind in diese Zahl eingerechnet. Der Vors:and des Dürerbundes war eine ebenso erlauchte wie bunt gemischte Gesellschaft, der 19K! nicht nur etliche Museumsdirektoren und offizielle Kunstverwalter, Kleider- und Lebensreformer sowie Vertreter der Heimatkunst- und Heimatschutzbewegung angehörten, sondern beispielsweise auch Friedrich Naumann, der Historiker Karl Lamprecht, die Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach, die Frauenrechtlerin Marianne Weber - und drei Mitglieder des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation: Adolf Bartels, der konservative Kunsthistoriker Professor Adelbert Matthaei und Professor Henry Thode, Richard Wagiers Schwiegersohn, vgl. die Vorstandsliste ebd., S. 4 6 3 - 4 6 6 (Anlage I). Trotz ihres Matorialreichtums kann Kratzschs Monographie nur unter Vorbehalt benutzt werden. Der Autor hebt die - zweifellos vorhandenen - liberalen und demokratischen Anklänge im Kun itwart über Gebühr hervor und bagatellisiert und idealisiert die - ebenso vorhandenen chauvinistischen, völkischen und rassistischen Tendenzen. Es scheint, als fehle ihm die Distanz zum Objekt - was insbesondere dann peinlich wird, wenn Ausdrücke wie »jüdisch Versippte« unkommentiert und ohne Zitatzeichen aus der Quellensprache übernommen werden (S. 318)

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Anmerkungen zu S. 42-i5 oder sich im Kapitel »Gesinnungsantisemitismus« folgender, allen Ernstes als Erklärung gemeinter Satz findet (S. 307): »Im Verhältnis zwischen Deutschen und Juden muß man eine offenbar naturhaft bedingte, an Äußerlichkeiten von Aussehen und Gebaren sich entzündende Abneigung voraussetzen, die folgerichtig gegenüber Ostjuden stärker ausgeprägt war als gegenüber den Sephardim.« 38 Zu einer solchen wurde Louise Otto zum 50. Jahrestag der Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins in bürgerlichen Blättern stilisiert. Das Engagement fur politische Gleichberechtigung wurde dabei ausgeblendet, und ihr von der 1848er Revolution geprägtes Bekenntnis zur deutschen Nation in den Dienst des Weltkriegs-Nationalismus gestellt. Vgl. Ludwig Frankel, Louise Otto-Peters und die deutsche Frauenbewegung, in: PJ, Bd. 162, Dezember 1915, S. 5 3 2 - 5 3 7 . 39 Vgl. PJ, Bd. 145, Juli 1911, S. 155. 4 0 Vgl. Adelbert Matthaei, Frauenliteratur, in: ebd., Bd. 139, März 1910, S. 5 2 4 - 5 2 6 , Zitat S. 526. 41 Vgl. ebd., und »Die andere Seite der Reformbewegung in der Frauenfrage«, in: KW 2 1 ( 1 9 0 8 / 0 9 ) , Nr. 9, S. 1 9 9 - 2 0 1 . 4 2 Vgl. etwa die Politische Korrespondenz der Preußischen Jahrbücher in Bd. 147, Januar 1912, S. 188f. und Bd. 149, August 1912, S. 3 7 3 - 3 7 9 sowie Wilhelm Stapel, Unsere Frauen und die Suffragettes, in: KW 2 4 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 14, S. 155f. Reichlich Belege dafür bieten auch die Tageszeitungen gleich welcher politischen Couleur, vgl. die Zeitungsausschnitte im Bundesarchiv Potsdam (BAP), 61 Re 1, Nr. 7 9 6 0 - 7 9 6 3 . 4 3 Vgl. »Weltbund fur Frauenstimmrecht«, in: KW 22 ( 1 9 0 8 / 0 9 ) , Nr. 18, S. 384f. und Hermann Ulimann, Männer in Frauenversammlungen, in: ebd., 2 4 ( 1 9 1 0 / 1 1 ) , Nr. 7, S. 7 2 76. 4 4 Vgl. Katharina Zitelmann, Die Frau in der Politik, in: ebd., 23 ( 1 9 1 0 / 1 1 ) , Nr. 12, S. 4 2 8 - 4 3 0 , Zitate S. 429. 45 Vgl. Wilhelm Stapel, Frauenstimmrecht, in: ebd., 25 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 21, S. 145-154. 4 6 Otto Corbach, Zum Thema: Frauenbewegung und Politik, in: ebd., 25 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 9, S. 207-211, ZitatS. 211. 4 7 Vgl. Hans Delbrück, Ein Nachwort zum Frauenkongreß, in: PJ, Bd. 148, April 1912, S. 125-141. Als Kompromiß visierte er die Anhörung von Frauen bzw. Frauenverbänden zu einzelnen Themenkomplexen an, ein Weg, der während des Ersten Weltkriegs teilweise auch beschritten wurde. Für diese Möglichkeit plädierte Bernarda v. Neil, Preußen und die preußischen Frauen, in: ebd., Bd. 147, Februar 1912, S. 2 9 2 - 2 9 8 sowie dies., Frauenstimmrecht und weibliche Gutachten in öffentlichen Angelegenheiten, in: ebd., Bd. 150, Dezember 1912, S. 4 1 4 ^ 3 8 . 4 8 Vgl. Delbrück, in: ebd., Bd. 148, April 1912, S. 131f. und S. 134f. 4 9 Ebd., S. 141. 50 Ders., Das Frauenwahlrecht, in: ebd., Bd. 175, Januar 1919, S. 1 3 6 - 1 4 0 , Zitate S. 137 u. S. 140. 51 Das »Reich der Freiheit, für das Louise Otto Bürgerinnen warb, blüht am freudigsten da, wo protestantische Geisteskultur waltet«, war Agnes von Zahn-Harnack, Vorsitzende des BDF in der Weimarer Republik und als Tochter des liberalen Theologen Adolf Harnack nicht unparteiisch, überzeugt (Frauenbewegung, S. 359). 52 Vgl. dazu ausführlich die informative Studie von Baumann. 53 Vgl. Mitteilungen des Evangelisch-sozialen Kongresses 2 (1893), Nr. 7, S. 4 und das Protokoll der Verhandlungen des Evangelisch-sozialen Kongresses in Erfurt 1895. 54 So das Urteil von Baumann, S. 85.

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Anmerkungen zu S. 45-48 55 In einem Referat der Juristin Emilie Kempin, von dem sich Gnauck-Kühne allerdings abgrenzte, vgl. ebd., S. 96. 56 Vgl. ebd., S. 9 4 - 9 8 und S. 1 4 9 - 1 5 1 . 57 Welche Ziele und Schranken sind der Frauenbewegung durch das Evangelium gesetzt? Centialausschuß für Innere Mission, Berlin 1899. 58 Vgl. Kirchlich-soziale Blätter 2 (1899), Nr. 3, S. 17f. und Mueller, Handbuch zur Frauenfrage, S. 16. 59 Vgl. Mybes und Baumann, S. 1 3 9 - 1 4 9 . 60 Vgl. Bericht über die 5. Jahresversammlung der Frauenhülfe des Evangelisch-Kirchlichen tf ülfsvereins am 17.6.1903, in: FH 3 ( 1 9 0 3 / 0 4 ) , Nr. 4 / 5 , S. 4 5 - 8 0 , Referat Schöttler S. 60-64. 61 Vgl. etwa Pastor Schöttler, Der Beruf der Frau, in: FH 5 ( 1 9 0 5 / 0 6 ) , Nr. 6, S. 65f.; Reinhold Hoffmann, Die Predigt der Frauen, in: ebd., 6 ( 1 9 0 6 / 0 7 ) , Nr. 1, S. 3 - 0 und Nr. 2, S. 1 8 - 2 0 ; ebd., 8 ( 1 9 0 8 / 0 9 ) , Nr. 2, S. 51f.; A.W. Hunzinger, Die Aufgabe der Frau gegenüber der Veitanschauungsnot unseres Volkes, in: ebd., 9 (1909), Nr. 4, S. 1 0 3 - 1 0 8 und Nr. 5, S. 135-139. 62 Vgl. Ewald Stier, Die Frau in kommunaler Arbeit, in: ebd., 9 (1909), Nr. 9 , S. 2 6 0 - 2 6 6 . 63 Das Zitat findet sich bei Mybes, S. 31. Zur Person Zoellners, der von 1 8 9 7 - 1 9 0 5 auch dem Kaiserswerther Diakonissenmutterhaus vorstand vgl. Philipps. 64 Vgl. Friedrich Mahling, Probleme der modernen Frauenfrage, III, in: Ref. 6 (1907), Nr. 3, S. 38-43. 65 Vgl. Paula Mueller, Der Bund für Mutterschutz und die >neue Ethikneue SitdichkeitNeuen EthikChristliche Weltgemäßigten< Frauenbewegung, denn der Beitritt wurde erst am 30.9.1908 beschlossen, vgl. Paula Mueller-Otfried, 25 Jahre, S. 25. Möglicherweise spielte Werner mit seiner Formulierung, »besondere Wahrnehmungen« gemacht zu haben, auf eine bereits vorher feststellbare Annäherung der beiden Verbände an, deren Vorsitzende in freundschaftlicher Weise verbunden waren, wie der Schriftverkehr zwischen Paula Mueller und Gertrud Bäumer zeigt, vgl. HLA, BDF, Film Nr. 13-45 u. Film Nr. 12-39. 81 Vgl. Guida Diehl, Noch einmal »Kirchliche FrauenrechteFrauenfrage< unter

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Anmerkungen zu S. 51-55 sozial en, nicht politischen Aspekten betrachtet habe, vgl. »Noch ein Kapitel zu Stoeckers Biogriphie«, in: ebd., 11 (1912), Nr. 4 6 , S. 7 2 5 - 7 3 0 . Dennoch kamen immer wieder Befiirworterinnen des Frauenwahlrechts zu Wort, vgl. etwa Elisabeth Haase, Frauenhilfe, in: ebd., Nr. 31, S. 488f. 83 Vgl. Ref. 7 (1908), Nr. 8, S. 128. 84 Vgl. A.W. Hunzinger, Die Aufgabe der Frau gegenüber der Weltanschauungsnot unser:s Volkes, in: DAG 10 ( 1 9 0 8 / 0 9 ) , Nr. 12, Sp. 2 7 5 - 2 8 1 u. Nr. 13, Sp. 3 2 0 - 3 2 5 , nachgedruckt in FH 9 (1909), Nr. 4 u. Nr. 5, S. 135-139. 85 DAG 11 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , Nr. 8, Sp. 1 8 3 - 1 8 5 , Zitat Sp. 183. 86 Vgl. Ernst Bunke, Das kirchliche Wahlrecht der Frauen, in: Ref. 11 (1912), Nr. 34, S. 538-540. 87 Diese Einschätzung vertrat der Mitbegründer und spätere Vorsitzende des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, vgl. Ludwig Langemann, Die Petition gegen die weibliche Leitung öffentlicher Schulen und der Oberlehrerstand, in: KL 19 (1911), Nr. 1 , S . l l f . , ZitatS. 12. 88 »Die Unruhe des Werdens ist auf pädagogischem Gebiet deutlich wahrzunehmen«, schrieb Robert Rissmann 1897 in seinem Vorwort zur ersten Ausgabe der Deutschen Schule, dem Zentralorgan der im Deutschen Lehrerverein zusammengeschlossenen Volksschullehrer, und brachte seine Zeiterfahrung auf den Punkt: »Eine ganze Welt scheint ans Abschiednehmen zu denken« (S.l). Hinsichtlich der Beschäftigungschancen stellte sich der Arbeitsmarkt fur Lihrer ausgesprochen gespalten dar: Während das niedere Lehramt an Volksschulen auch noch im Kaiserreich ein ausgesprochener Mangelberuf war, sahen sich Anwärter auf den höheren Dienst periodisch wiederkehrenden Wechsellagen gegenüber: Bis in die späten 1890er Jahre herrschte eine Überftillungskrise, die um die Jahrhundertwende in eine Mangelphase umschlug, um vor dem Ersten Weltkrieg allmählich in eine neuerliche Überfullung überzugehen. Vgl. dazu Titze, Akademikerzyklus, S. 100-102. Zur Lehrerinnenausbildung vgl. Albisetti. 89 Vgl. die Tabelle auf S. 320 in R. u. L. Wilbrandt, Die deutsche Frau im Beruf, in: Handbuch der Frauenbewegung, Bd. 4 , Berlin 1902. 9 0 Vgl. Lange, Grenzlinien. 91 Vgl. zum Lehrermangel an Volksschulen und seinen Folgewirkungen Titze, Lehrerbildung, S. 3 4 5 - 3 7 0 , insb. S. 3 5 6 - 3 6 4 . Stodolsky, Missionary, zeigt, daß die Väter vieler Lehr:rinnen selbst Lehrer waren (Kap. 4). 92 Vgl. Kraul, S. 2 7 9 - 3 0 3 , hier S. 285f. 9;! Vgl. Stodolsky, Geschlecht und Klasse, S. 1 7 1 - 1 7 4 . 9't Vgl. Der Hamburger Lehrertag. Als Konfliktursachen spielten neben der Verschränkung von Klassen- und Geschlechterfrage auch Stadt-Land-Gegensätze und die Konfession eine Rolle. Lehrerinnen hatten häufiger die als attraktiver geltenden Stellen in Urbanen Zentren inne. Zudem suchte sich die (protestantische) Lehrerschaft von kirchlicher Aufsicht zu befreien und sah dieses Ziel durch katholische Lehrerinnen gefährdet, die in katholischen Gebieten einen überproportional höheren Anteil der Stellen besetzten und denen eine enge Bindung an die Kirche nachgesagt wurde, vgl. Gahlings u. Moering, S. 3 7 - 6 1 . 9!) Die Mitgliederzahl des Deutschen Lehrervereins stieg zwischen 1901 und 1906 von 84.922 auf 122.797, vgl. Bölling, Organisationsgrad, S. 1 2 1 - 1 3 4 , hier S. 125f. Vgl. auch ders., Sozi.dgeschichte. 9ό Vgl. Die deutsche Schule 1 (1897), 12. Heft, S. 730. Dieselbe Behauptung war schon auf c em Hamburger Lehrertag aufgestellt worden, vgl. Stenogr. Bericht über die Verhandlungen des (3.) Deutschen Lehrertages zu Hamburg, in: Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung 32

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Anmerkungen zu S. 55-56 (1880), S. 225. Zur Haltung der Volksschullehrerschaft gegenüber den Lehrerinnen vgl. ausführlich Stodolsky, Missionary, S. 1 3 1 - 1 9 9 . Ihr Aufsatz von 1993 ist im wesendichen die deutsche Zusammenfassung dieses Abschnitts. 9 7 Vgl. etwa Perlman; Drewke; Tröster; Hardt; Bartsch. Gahlings glaubt zu erkennen, daß die Argumente der körperlichen Inferiorität überwogen, als es um die Existenzberechtigung des Lehrerinnenberufs überhaupt ging, während die Behauptung der geistigen Unfähigkeit mit der Diskussion um die qualitative Bewertung und dem Umfang der Frauentätigkeit in den Vordergrund trat, vgl. Gahlings u. Moering, S. 41. Häufig treten beide Argumentationsstränge jedoch parallel auf oder stützen einander. 98 Zit. nach Gahlings u. Moering, S. 39. 9 9 Vgl. Bouvier u. Engelhard. 100 So verlangte Wilhelm II. in den Erlassen von 1889, 1901 und 1908 die Mitwirkung der Volksschule bei der »Bekämpfung der sozialistischen Ideen«, vgl. Wehler, Kaiserreich, S. 125. An diesem Beispiel wird freilich auch deutlich, daß politisch-pädagogische Zielsetzungen nicht auf die reale Praxis hochgerechnet werden dürfen. 101 Bis 1920 war die Heirat einer Lehrerin ein Grund, sie zu endassen. Die Aufhebung dieser Regelung betraf nur Frauen, die nach diesem Zeitpunkt eingestellt wurden. Lehrerinnen, die bereits vor dem Stichtag im Schuldienst gestanden hatten, wurde im Fall einer Heirat die Weiterbeschäftigung nur auf Widerruf zugesagt. Vgl. den Erlaß des Ministers fur Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vom 8. März 1920. Abgedruckt in: PV 14 (1920), Nr. 20, S. 149; weiterhin Hahn und Huercamp, Bildungsbürgerinnen. Wie nach dem Ersten Weltkrieg mit sozialpolitischen Mitteln Geschlechterpolitik betrieben wurde, vgl. grundlegend bei Rouette. 102 Vgl. Der Deutsche Lehrertag in München, insbesondere das Referat des Chemnitzer Oberlehrers W. Laube, der in der »Verweiblichung des Lehrkörpers« an Volksschulen eine Gefahr für das gesamte »Volkstum« erblicken wollte (S. 13-17). Laubes Thesen waren schon bei einer Versammlung des Sächsischen Lehrervereins 1903 von 2.000 Lehrern mit nur einer Gegenstimme angenommen worden, vgl. Marie Loeper-Housselle, Aus dem Königreich Sachsen, in: Die Lehrerin in Schule und Haus 22 (1905/06), Nr. 9 , S . 225f. Nachdem in München die Vertreterinnen des Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenvereins unter Protest den Saal verlassen hatten, fand die Versammlung unter Vermittlung des Münchner Schulrats Kerschensteiner zu einem Formelkompromiß, der die Gleichberechtigung von Lehrern und Lehrerinnen anerkannte. Zu einem Bedauern des Vorfalls konnte sich der Lehrertag jedoch nicht entschließen. Vgl. Lange, Kampfzeiten, Bd. 1, S. 3 1 7 - 3 2 4 . 103 Ausnahmen waren Anhalt mit knapp 16 und Elsaß-Lothringen mit 44,6 Prozent der Gesamdehrerschaft, vgl. Beckmann, S. 114. 104 Vgl. die Jahrgänge 9 ( 1 8 9 9 / 1 9 0 0 ) bis 16 (1906/07) des Pädagogischen Wochenblatts füir den akademisch gebildeten Lehrerstand Deutschlands. Auch im KorrespondenzBlatt für den akademisch gebildeten Lehrerstand (KL), in dem das Wochenblatt 1907 aufging, wurde das Thema Mädchenschule zunächst nur in Hinblick auf die finanzielle Gleichstellung mit den Lehrern an höheren Knabenschulen diskutiert, vgl. die Jahrgänge 8 ( 1 9 0 0 ) - 12 (1904). 105 Vgl. etwa Hohnholz, Oberlehrerin und Oberlehrer, in: KL 16 (1908), Nr. 14, S. 1 3 8 140 und Nr. 15, S. 1 5 2 - 1 5 4 , sowie Otto Hesse, Philologenvereine und >weibliche Oberlehrers in: ebd., 17 (1909), Nr. 22, S. 2 4 9 - 2 5 1 . 106 In den Standeskämpfen um bessere Bezahlung und einen höheren gesellschaftlichen Status appellierten die Lehrer an die Regierungsparteien mit Vorliebe unter Verweis auf »die Vaterlandsliebe des deutschen Gelehrten« und gaben zu bedenken, daß man mit diesem

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Anmerkungen zu S. 56-57 »naticnale(n) Kapital ... sehr vorsichtig umgehen« sollte, vgl. KL 10 (1902), Nr. 2 0 , S. 3 2 3 - ' ; 2 6 , Zitat S. 326. 10' 7 Vgl. Anna Marie Ristow, Ein Wort der Erwiderung, in: ebd., 13 (1905), Nr. 4 3 , S. 377-;;80. 10:5 Vgl. ebd., 15 (1907), Nr. 18, S. 154. 109 Langemann hatte nach eigenen Angaben 23 Jahre an einer höheren Mädchenschule und 20 Jahre an einem Ixhrerinnenseminar gearbeitet, vgl. Frauenfrage und Schule, S. 5. 113 Ludwig Langemann, Mädchenschule; ders., Bemerkungen. Von seinen zahlreichen Artikeln für Verbandszeitschriften vgl. etwa Zur Mädchenschule, in: KL 14 (1906), Nr. 39, S. 3 2 9 - 5 3 1 . Das Korrespondenz-Blatt war seit 1904 das Zentralorgan des Vereinsverbandes akademisch gebildeter Lehrer Deutschlands, dem 1906 rund 15.000 Mitglieder angehörten, vgl. e 3d., 12 (1904), Nr. 8, und ebd., 14 (1906), Nr. 15, S. 48. 95 Prozent aller preußischen Philo ogen ließen sich durch diese Organisation vertreten, vgl. Müller, S. 236. Unter den Tage! zeitungen öffnete vor allem die Berliner Post Langemann ihre Spalten, vgl. etwa Nr. 405 vom .51.8.1909. 111 Vgl. Ludwig Langemann, Weibliche Leitung der öffenüichen höheren Mädchenschulen. Line Entgegnung, in: KL 15 (1907), Nr. 18, S. 160f., Zitat 160. 112 Vgl. ebd., Nr. 16, S. 137. Der Artikel »Soll Frauen die Leitung von höheren Mäd< henschulen anvertraut werden« ist nicht namentlich gekennzeichnet, doch der Stil läßt Lang:mann als Verfasser erkennen. 113 Vgl. KL 17 (1909), Nr. 8, S. 85. 114 Der rheinisch-westfälische Zweigverein von Philologen an öffentlichen höheren Mädchenschulen sammelte bei seiner 13. Hauptversammlung im Oktober 1906 Spenden zur Versendung von 200 Langemannschen Broschüren, vgl. KL 14 (1906), Nr. 38, S. 323. Vgl. auch das Referat bei der 33. Versammlung des Pommerschen Philologenvereins im gleichen Jahr, in: ebd., Nr. 4 0 , S. 342f. Im Bezirk Brandenburg wählte man eine Kommission, welche die Entwicklung hinsichdich der weiblichen Leitung in den Mädchenoberschulen beobachten sollte, vgl. ebd., 15 (1907), Nr. 48, S. 422. Im selben Jahr verabschiedeten die rheinlandwestiälischen Philologen eine Grundsatzerklärung mit der Drohung, die Einstellung von Direktorinnen werde zur Abwanderung der Lehrer mit Hochschulzeugnis von den Mädchenschulen fuhren, vgl. ebd., 15 (1907), Nr. 4 4 , S. 396f. Die Hannoveraner Mädchenschulphilologen bestimmten mit Blick auf Langemanns Aktivitäten den Statuserhalt der akademischen Oberlehrer zum Zweck ihres Verbandes, vgl. ebd., 17 (1909), Nr. 25, S. 284. i : 5 Vgl. ebd., 17 (1909), Nr. 41, S. 467. 1 6 So hatte sich der Vegesacker Oberlehrer Hohnholz im Konflikt um die Einstellung einei Direktorin einer höheren Mädchenschule in seiner Heimatstadt zuerst an Ludwig Lanf ;emann gewandt und war durch dessen Antwort dazu ermuntert worden, den Fall in der Standespresse mitzuteilen. Auch in der Einschätzung einzelner Repräsentantinnen der Frauenbewegung, die er kennengelernt hatte, berief sich Hohnholz auf Langemanns Urteil. Vgl. KL (1908), Nr. 14, S. 1 3 8 - 1 4 0 und Nr. 15, S. 152-154. 1L7 Im Bezirk Brandenburg schnellte die Mitgliederzahl innerhalb eines Jahres von 22 auf 103 hoch, vgl. ebd., 15 (1907), Nr. 4 8 , S. 422 und Nr. 14, S. 111. 118 Vgl. den Bericht über die Tagung des Verbandes von Philologen an öffentlichen höheren Mädchenschulen Preußens, in: ebd., 16 (1908), Nr. 39, S. 404f. 119 Vgl. ebd., 14 (1906), Nr. 21, S. 179. 120 Vgl. ebd., 17 (1909), Nr. 4 1 , S. 353; Ludwig Langemann, Weibliche Leitung der öffentlichen höheren Mädchenschulen, in: ebd., 15 (1907), Nr. 18, S. 160; ebd., 18 (1910), Nr. Ü6, S. 6 9 - 7 1 ; ebd., Nr. 8, S. 9 0 - 9 2 und ebd., Nr. 24.

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Anmerkungen zu S. 57-61 121 Vgl. ebd., 15 (1907), Nr. 18, S. 154 und 19 (1911), Nr. 4, S. 64. 122 Vgl. »Ist es wünschenswert, dass die Oberlyzeen und Lyzeen von Frauen geleitet werden?«, in: ebd., 14 (1906), Nr. 42, S. 362-365, Zitate S. 363f. 123 Ebd., 10 (1902), Nr. 20, S. 325. 124 Der Hinweis, daß Frauen nicht die gleichen Rechte wie Männer beanspruchen könnten, solange sie nicht den Militärdienst ableisteten, hatte neben seiner Funktion, Ausschlußkriterien zu legitimieren, wohl auch diesen Hintergrund. Vgl. KL 15 (1907), Nr. 17, S. 147. 125 »Frauenstimmrecht«, in: Pfälzischer Kurier, Nr. 260, 5.10.1902, BAP, 61 Re 1, Nr. 7956. 126 KL 17 (1909), Nr. 4, S. 41. 127 Vgl. ebd., 17 (1909), Nr. 20, S. 225f. 128 Vgl. Maria Werner, Das Altjungferntum in der modernen Frauenbewegung, in: Reichsbote, Nr. 34, 10.2.1910, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 76f. 129 Vgl. Ludwig Langemann, Die Petition gegen die weibliche Leitung öffentlicher Schulen und der preußische Landtag, in: KL 18 (1910), Nr. 29, S. 401f. 130 Die Angaben sind zwar dem Verbandsblatt der Mädchenschullehrer entnommen, dürften aber glaubwürdig sein, da als Quelle das Amtliche 1. Petitionenverzeichnis, Drucksache Nr. 75 des Abgeordnetenhauses, angeführt wird. Vgl. ebd., 18 (1910), Nr. 8, S. 101. 131 Vgl. ebd., 19 (1911), Nr. 27, S. 391, und Ludwig Langemann, Die Petition gegen die weibliche Leitung öffentlicher Schulen und der Oberlehrerstand, in: ebd., 19 (1911), Nr. 1, S. llf. 132 Allerdings stand das Thema 1912 erneut auf der Tagesordnung, vgl. ders., Die Petition gegen die weibliche Leitung öffentlicher Schulen und der preußische Landtag, in: ebd., 18 (1910), Nr. 29, S. 401f. und ebd., 19 (1911), Nr. 18, S. 261. 133 Vgl. Stodolsky, Missionary, S. 178 und die dort angeführten Quellen. 134 Langemann, Weibliche Leitung, in: KL 15 (1907), Nr. 18, S. 160. 135 Vgl. »Die herannahende Frauenherrschaft«, in: Post, Nr. 559, 29.11.1909, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 61. Der Artikel war namentlich nicht gekennzeichnet, läßt sich aber nach Stil und Inhalt zweifellos dem antifeministischen Vorkämpfer zuordnen. Langemann hatte 1909 eine ganze Reihe von Artikeln fur die Post verfaßte, die sich überwiegend gegen die Berufung von Direktorinnen an Mädchenschulen richteten, vgl. KL 17 (1909), Nr. 8, S. 85 und Nr. 36, S. 404. 136 Vgl. KL 19 (1911), Nr. 18, S. 261 und Langemann, Frauenfrage und Schule, Zitate S. 18. Anfang April 1912 wurde die Frage der weiblichen Schulleitung beim Verbandstag der akademisch gebildeten Lehrer in Dresden erneut behandelt. Es erscheint plausibel, daß die Gründung des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation im Mai 1912 durch den Weimarer Oberlehrer Professor Sigismund mit diesem Treffen in Zusammenhang stand. 137 Vgl.Ak.B1.22 (1907/08), Nr. 6; ebd., Nr. 11; ebd., 28 (1913/14), Nr. 23, S. 361f., BB 23 (1908/09), Nr. 8,15.1.1909, S. 188f. (Zitat S. 188); 24 (1909/10), Nr. 3,1.5.1910, S. 59; 27 (1912/13), Nr. 1,1.10.1912, S. 17f. u.ö. Zur politischen Einstellung der Studenten im Kaiserreich vgl. grundlegend Kampe und Jarausch. 138 Vgl. BB 26 (1911/12), Nr. 1, 1.4.1912, S. 42; Ak. Bl. 23 (1908/09), Nr. 4. 139 Vgl. Ak. Bl. 19 (1904/05), Nr. 18, S. 317. 140 K. Eisner v. Gronow, Ein Halt der Frauenbewegung, in: Ak. Bl. 23 (1908/09), 16.7.1908, S. 129. 141 Vgl. ebd., 23 (1908/09), Nr. 5, S. 80 und 24 (1909/10), Nr. 14, S. 228. Kurz nach der Gründung des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation wurde das Möbiussche

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Anmerkungen zu S. 61-62 Trakt it erneut besprochen. Der Rezensent hielt den Ton der Streitschrift fur wenig sachdienlich, stimmte aber inhaltlich mit ihr überein·. Möbius habe nichts anderes beweisen wollen, »als daß die geistige Anlage des Weibes eben eine andere sei als die des Mannes, und dieser Beweis wird wohl kaum entkräftet werden können«. Vgl. Ak. Bl. 2 7 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 1 0 , 1 6 . 8 . 1 9 1 2 , S. 162. 142 Vgl. Ilse Tesch, Die akademische Frauenbewegung, in: ebd., 2 4 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , Nr. 4 , S. 5 1 - 5 3. Die Burschenschaften sahen im Bund Deutscher Studentinnen die weibliche »Parallele« zum VDSt, vgl. W. H. Edwards, Die inkorporierten Studentinnen, in: BB 30 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 9, 1.8.1916, S. 147. 143 Die Mitgliederzahl wurde vom Kyffhäuserverband im Januar 1912 auf 5.285 beziffert, vgl. Ak. Bl. 2 6 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 2 0 , S. 6 der »Inneren Beilage« dieser Ausgabe, die alle Mitg ieder namentlich auflistet. 144 Vgl. »Das Vortragswesen des Kyffhäuser-Verbandes«, in: Ak. Bl. 24 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , Nr. 7, S. 105f. und Nr. 14, S. 226f.; ebd., 25 ( 1 9 1 0 / 1 1 ) , Nr. 10, S. 152f.; ebd., 27 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 4 , S. 56-58 und Nr. 17, S. 284f.; ebd., 28 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 5, S. 6 4 - 0 7 und Nr. 11, S. 1 7 1 - 1 7 3 . 145 Vgl. ebd., 25 ( 1 9 1 0 / 1 1 ) , Nr. 7, S. 106 u.ö. sowie ebd., 28 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 9, S. 144 (Zitat). U.6 Vgl. ebd., 17 ( 1 9 0 2 / 0 3 ) , S. 139; ebd., 2 7 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 19, S. 323; jochmann, S. 124. V-7 Vgl. »Derfrauenfeindliche Professor«,in: BT,Nr. 5 7 6 , 1 2 . 1 1 . 1 9 0 9 , B A P 6 1 Re l , N r . 7960, S. 52. Dem Bericht zufolge beglückwünschte das Auditorium Roethe durch »dröhnendes Getrampel« zu seiner Maßnahme. »Nur leichter Widerspruch erhob sich, und es fanden sich nur einige wenige Herren, die ostentativ den Saal verließen.« Roethe hatte sich bei seiner Berufung an die Berliner Universität das Reservatrecht ausbedungen, Frauen trotz Immatrikulation aus seinen Veranstaltungen ausschließen zu dürfen, vgl. Bäumer, Licht, S. 145. 148 Anders ist es nicht zu deuten, wenn nach dem Bericht über eine »rege und heftige Deb itte für und wider das Frauenstimmrecht« hervorgehoben wird, daß immerhin die sich anschließende Kneipe »zur Zufriedenheit aller Teilnehmer verlief«, vgl. Ak. Bl. 27 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 9 , S. 245; ebd., 28 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 18, S. 283f. 119 In Marburg wäre es 1912 fast zu einem Bruch zwischen dem Studentenausschuß und den akademischen Behörden gekommen, nachdem die Universität den Verein studierender Frauen zu den Wahlen zur Studentenvertretung zugelassen hatte, vgl. ebd., 2 7 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 6, S. 90. 150 In diesem Verband waren nach dem Ersten Weltkrieg sechs deutsch-akademische Frauenbünde zusammengeschlossen. Der Verband verortete sich »an der Seite der nationalen Korporationen«, mit denen er die »deutsch-völkische Einstellung« und die »Stellung zu rass«nfremden Elementen« teilte. Daher distanzierten sich die Frauenbünde auch von der Frauenbewegung. Ihre Gedanken würden, hieß es 1920, »mit Dank gegen die früheren Füh erinnen aufgenommen, aber mit kühlerem Verstände durchdacht«, vgl. »Der Deutsche Verband Akademischer Frauenvereine«, in: ebd., 35 ( 1 9 2 0 / 2 1 ) , Nr. 1 / 2 , S. 12f. 151 Vgl. W. H. Edwards, Die inkorporierten Studentinnen, in: BB 30 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 9, 1.8.1916, S. 1 4 6 - 1 4 8 . 152 Vgl. ebd., 27 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 8, 15.7.1913, S. 204; ebd., 31 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , Nr. 11, 15.9.1917, S. 169; ebd., 33 ( 1 9 1 8 / 1 9 ) , Nr. 4, 23.12.1918, S. 50. Vgl. zur Entwicklung der Burschenschaften nach 1918 Ströle-Bühler. 153 Ein Münsteraner Student warf seinen Kommilitonen vor, »durch Flegeleien die Damen hinausekeln« zu wollen und erntete damit heftigen Protest, der sich, wie der Ton des

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Anmerkungen zu S. 62-66 Gesamtartikels nahelegt, freilich auch als schlichte Ableugnung von Schikanierungen interpretieren läßt. Nicht umsonst heißt es darin: »Wenn die Damen Anspruch erheben, den männlichen Genossen gleichberechtigt zu sein, müßten sie auch die Konsequenzen ziehen«, daß sie nämlich keinen »Anspruch auf eine besondere Rücksichtnahme« hätten. Vgl. BB 2 4 ( 1 9 1 1 / 12), Nr. 8, 15.1.1912, S. 214. 154 Vgl. ebd., 26 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 9 , 1 . 8 . 1 9 1 2 , S. 222. 155 Vgl. »Die Bevölkerungsbewegung des deutschen Reiches während des Jahres 1912«, in: BB 28 ( 1 9 1 3 / 1 9 1 4 ) , Nr. 6, 15.12.1913, S. 134; »Geburtenrückgang im deutschen Reich und seine Ursachen«, in: ebd., Nr. 4 , 15.4.1914, S. 81f.; »Rassenhygiene in Theorie und Praxis«, in: ebd., 2 6 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 8, 15.7.1912, S. 8 6 - 8 8 . 156 Vgl. Monatsblatt 6 (1918), Nr. 1 / 2 , S. 3f. und Wer ist's?, Leipzig 1922 8 , S. 626. Der Alt-Burschenschaftler Hensing machte die ausländischen Studierenden zu einem Thema des Alldeutschen Verbandes, vgl. Hensing. 157 Der Antisemit Philipp Stauff zeichnete als Vorsitzender der Guido-von-List-Gesellschaft ein zweiteiliges Portrait des Wiener Runenkundlers und Ariosophen, vgl. BB 28 ( 1 9 1 3 / 14), Nr. 1, 1.10.1913, S. 6 - 8 und Nr. 2, 15.10.1913, S. 41f. Auch der Heidelberger Privatdozent und spätere Aktivist des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes, Arnold Rüge, kam zu Wort, vgl. Kuno Fischer und die akademische Freiheit, in: ebd., 22 ( 1 9 0 7 / 0 8 ) , Nr. 6, 15.12.1907, S. 1 2 5 - 1 2 7 . 158 Vgl, Langemann, Der nationale Staat und die Frauenfrage, in: DHB 2 (1912), Nr. 4, S. 32f. 159 Vgl. Julius 'Werner, Die kulturpolitische Notwendigkeit des Konservatismus für Staat und Gesellschaft, in: ebd., 3 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 11, unpag. 160 Vgl. ebd., und Oswald Orlog, Ausländer an deutschen Hochschulen, in: D H B , Nr. 5, S. 3 8 - 4 5 , hier S. 38. Ein völkischer Lehramtsstudent gestaltete Anfang 1914 einen Diskussionsabend zum Frauenstudium, bei dem wohl ähnliche Positionen zur Sprache kamen, vgl. ebd., 3 (1914), Nr. 11, S. 79. Dabei ist man allerdings auf Vermutungen angewiesen, da der angekündigte Bericht vor der kriegsbedingten Einstellung des Blattes nicht mehr abgedruckt wurde. 161 Vgl. Hess, Morsetaste. 162 Vgl. Nienhaus, Vater Staat, S. 3 4 ^ 3 . 163 Vgl. Deutsche Postzeitung 23 (1912), Nr. 25, S. 892. 164 Vgl. den instruktiven Aufsatz von Süle, Militäranwärter. 165 Die Verdrängung von Frauen aus dem Post- und Telegraphendienst des Reiches war wohl weniger, wie z.T. noch in der Literatur zu lesen, v. Stephans persönlicher Frauenfeindlichkeit geschuldet als den strukturellen Rahmenbedingungen des Reichspostreglements und dem Einfluß des Kriegsministeriums. Dort, wo das Kriegsministerium noch keine überkommenen Rechte auf Versorgung ehemaliger Soldaten geltend machen konnte, auf dem noch neuen Gebiet des Telefonwesens, war v. Stephan unter dem Druck knapper Finanzen sofort bereit, die Einstellung von Frauen zu forcieren. 166 Daß es sich bei der Behauptung, Frauen eigneten sich aufgrund ihrer höheren und daher verständlicheren Stimmlage besser für die Telefonvermittlung, um ein kulturelles Konstrukt handelte, zeigt sich deutlich daran, daß bei der Einfuhrung des Telefons in Amerika Männer mit dem Argument bevorzugt wurden, die männliche Stimme sei wegen ihrer größeren Lautstärke besser verständlich. Vgl. Nienhaus, Vater Staat, S. 6 2 - 7 5 , hier S. 71f. 167 Vgl. ebd., S. 7 5 - 8 7 . 168 Vgl. Kerchner, S. 160f. 169 Die Mitgliederzahl nach M D B 37 (1913), H. 12, S. 199.

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Anmerkungen

zu S. 66-68

170 Vgl. »x«., Über die Erwerbstätigkeit der Frauen, besonders derjenigen in Beamtenstellen, in: ebd., 2 7 ( 1 9 0 3 ) , H . 15, S. 2 4 8 - 2 5 0 ; »Aus der amüichen Statistik der Frauen (Beamtinnen)-Organisationen im Deutschen Reich«, in: ebd., 3 4 ( 1 9 1 0 ) , H . 4 , S. 5 6 - 5 8 . 171 »Frauenbewegung und Beamtentum«, in: ebd., 3 ( 1 9 1 0 ) , H. 16, S. 2 9 9 - 3 0 2 und H. 17, S 3 2 0 - 3 2 2 . Daß die Artikel aus weiblicher Feder stammen, scheint mir aufgrund des Inhal' s unzweifelhaft. 172 Der Verband Deutscher Beamten-Vereine gab erst 1912 seine interessenpolitische Absti lenz auf, vgl. Süle, Beamtenorganisationen, S. 102. 173 Vgl. »Zurückziehung weiblicher Beamte von den Telegraphen- und Postscheckämtern«, in: M D B 35 ( 1 9 1 1 ) , H. 7 , S. 165. Selbst die unmittelbar betroffenen mittleren Postb eamten stützten ihre Polemik gegen die weiblichen Mitarbeiterinnen nicht auf dieses Argu nent, sondern verwiesen nur darauf, daß »dieser Vorzug erheblich überschätzt wird«, vgl. A. Altermann, Frauenfrage und Postverwaltung, in: DP 22 ( 1 9 1 1 ) , Nr. 2 6 , S. 9 3 2 - 9 3 4 , Zitat S. 9 3 3 . Vgl. auch Nienhaus, Vater Staat, S. 8 5 . 174 Vgl. »Bericht über den 2 1 . Verbandstag, abgehalten in Dresden vom 8. bis 12. Juni 1 9 1 1 , in: M D B 35 ( 1 9 1 1 ) , H. 12, S. 2 7 3 - 2 7 8 , Zitat S. 2 7 6 . Vgl. zur Begründung des Antrags der i^anzleisekretäre das »Protokoll über die Hauptversammlung des Verbandes Deutscher Beamtenvereine«, ebd., H. 2 0 , S. 423f. und H. 2 1 , S. 4 3 8 . 175 Denkschrift über die Beamtenorganisation der Reichs-, Post- und Telegraphenverwaltung Abgedruckt als Beilage zur DP 2 3 ( 1 9 1 2 ) , Nr. 2 0 , 1 9 . 5 . 1 9 1 2 , S. 7 2 3 - 7 3 6 , hier insb. S. 7 2 6 . Vgl. auch Nienhaus, Vater Staat, S. 84f. Zur Kostenersparnis sollten die Zuständigkeitsbereiche unterer Beamter und nicht festangestellter Gehilfen zu Lasten der Aufgaben des mittleren Dienstes vergrößert werden. Aufgrund der spezifischen Personalsituation - Frauen waren auf unteren oder Gehilfenposten angestellt, im mittleren Beamtentum dominierten Män ler - verwandelte sich die geschlechtsneutrale Verwaltungsreform, die allenfalls Konflikte zwischen einzelnen Statusgruppen evozierte, in ein Geschlechterproblem. 176 Vgl. RT, XIII. Leg., 1. Session, Bd. 2 8 6 . Berlin 1 9 1 3 , 86. Sitzung vom 9 . 1 . 1 9 1 3 , S. 282weiblichen Aufgaben< insbesondere Verehelichung und Mutterschaft - nicht erfüllten. Vgl. Hans Winterfeld, Frauenfrage und öffendiche Meinung, in: D T Z , Nr. 139, 23.3.1907, BAP, 61 Re 1, Nr. 7958, S. 181f und v.Wolzogen. Der Roman des bekannten Schriftstellers, der auch in anderen Werken die gewandelten Geschlechterbeziehungen zum Thema machte, ging mit 2 0 . 0 0 0 Exemplaren in die Startauflage. 2(.8 Vgl. »Frauen und Mütter!«, in: DTZ, Nr. 4 2 4 , 1 0 . 9 . 1 9 1 0 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 146f 269 Das Buch wurde allein bis 1908 neun Mal aufgelegt, vgl. GV, 1 7 0 0 - 1 9 1 0 , Bd. 97, S. 328-330. 2 7 0 Vgl. »Hat die Frauenbewegung der Frau genützt?«, in: BLA, Nr. 371, 11.8.1903, BAP, 61 Re 1, Nr. 7956. 271 Vgl. Brügelmann, S. VIII und S. 103f. 272 Vgl. »Frauenfragen«, in: HC, Nr. 85, 16.2.1907, BAP, 61 Re 1, Nr. 7958, S. 173. 273 Vgl. Altenburger Landzeitung Nr. 87, 12.4.1905, BAP, 61 Re 1, Nr. 7957. 274 W. Hammer, Über die gleichgeschlechtliche Frauenliebe mit besonderer Berücksichtigung; der Frauenbewegung, in: Monatsschrift fur Harnkrankheiten, psychopathia sexualis und sexuelle Hygiene 4 (1907), S. 3 9 5 ^ 0 4 und 4 3 9 - 1 4 6 , Zitat S. 440. Vgl. auch ders., Über einen Fall von typischem Uranismus eines jungen Mädchens, in: ebd., 1 (1904), H. 8, S. 2 2 9 2 3 6 jnd ders., Tribadie Berlins. Unter Uranismus verstand man die sexuell gleichgeschlechtliche Orientierung sowohl von Männern wie von Frauen, während - abweichend vom heutigen Sprachgebrauch - lesbische Frauen als Tribaden, homosexuelle Männer als Sodomisten bezeichnet wurden. 2' 7 5 Vgl. Altenburger Landzeitung, Nr. 87, 12.4.1905, BAP, 61 Re 1, Nr. 7957. Eine Auswahl an Karikaturen findet sich bei Bötticher. 2'76 Vgl. zum Wandel der sinnlichen Wahrnehmung die ausgezeichnete Studie von Duden, Geschichte und dies., Frauenleib. 2' 7 7 Vgl. von Braun, Schamlose Schönheit, S. 129. 2 7 8 Vgl. Möbius, Geschlecht und Entartung; Lombroso u. Ferrero. Die Bildfolgen als solche sind stumm: Sie zeigen lediglich eine Zusammenstellung männlicher und weiblicher Portraits. Erst der Begleittext macht aus den Gesichtern die Physiognomien von Prostituierten und Kriminellen. 2' 7 9 Vgl. dazu Sander L. Gilman, Der jüdische Körper. Eine Fuß-Note, in: ders., S. 1 8 1 204. 2 3 0 Vgl. Fuchs, Jude. 231 Vgl. die bei Fuchs, Frau abgedruckten Darstellungen. Zu Fuchs vgl. auch Bavenschen u. Gorsen. 232 Vgl. Hammer, S. 398. 233 Altenburger Landzeitung, Nr. 87, 12.4.1905, BAP, 61 Re 1, Nr. 7957. 2 3 4 Hammer 11 (1912), Nr. 341, S. 359. 235 Die Frau und die Rasse, in: KS, Sonderheft 3: Rassenheft. Berlin 1904, Zitat S. 24. 2 3 6 Vgl. PAR 11 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Η. 4 , S. 215. 237 Zur Kategorie der völkischen Lebenserneuerung rechnen Gruppen, die im Gegensatz

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Anmerkungen zu S. 84-85 zu den nationalistischen Interessenorganisationen nicht die Umsetzung einer oder mehrerer konkreten Forderungen anvisierten, sondern auf eine umfassende Kulturreform abzielten. Sie organisierten ihre Anhängerschaft nicht über den formalen Status einer Vereinsmitgliedschaft, sondern als »Gemeinden« oder »Schulen«, zentriert um charismatische und integrative Führerfiguren. Lockerer in den Organisationsstrukturen, ähnelten sie Glaubens- oder Weltanschauungsgemeinschaften eher als Vereinen, weshalb es sinnvoll scheint, von einer »Bewegung« zu sprechen. Zentrales Argumentationsmuster der hier vorgestellten Gruppierungen war die Kategorie Rasse und die Berufung auf die vorgeblichen Tatsachen der Biologie; in vielem - etwa hinsichtlich des Antisemitismus - sind die Übergänge zu völkisch-antisemitischen und nationalistischen Interessenverbänden fließend. 288 Ludwig Woltmann gehörte dem revisionistischen Flügel der SPD an und versuchte auch nach seinem Austritt, den Sozialismus mit Rassenlehren zu vereinbaren, vgl. Eduard Bernstein, Ludwig Woltmanns Beziehungen zur Sozialdemokratie, in: PAR 6 (1907/08), Η. 1, April 1907, S. 45-53. Woltmanns Schrift »Politische Anthropologie« war 1900 bei einer Preisaufgabe unter der Fragestellung »Was lernen wir aus den Prinzipien der Deszendenztheorie in bezug auf die innerpolitische Entwicklung und Gesetzgebung der Staaten?« ausgezeichnet worden. Den ersten Preis der von Friedrich Krupp finanzierten Ausschreibung erhielt Wilhelm Schallmeyer für seine Abhandlung »Vererbung und Auslese im Lebenslauf der Völker«. Die beiden Arbeiten - rassenanthropologisch ausgerichtet die eine, rassenhygienisch argumentierend die andere - trugen wesendich zur Popularisierung des Sozialdarwinismus in Deutschland bei, vgl. Winau, insb. S. 305f. Zur Geschichte der anthroposoziologischen Schule vgl. Stölting. Eine systematische Darstellung der Rassentheorien aus überwiegend geistesgeschichtlicher Sicht unternehmen von zur Mühlen und Mosse, Rassismus. Einen universalhistorisch ausgerichteten, aber notwendig komprimierten Überblick bietet Geiss. 289 Einige ihrer ständigen Mitarbeiter hatten die Erweiterung von Frauenrechten bereits vor der Gründung des Blattes aus anthropologischer Sicht zurückgewiesen, vgl. Ludwig Wilser, Die Frauenfrage im Lichte der Anthropologie, in: Globus. Illustrierte Zeitschrift für Länder und Völkerkunde, LXXII (1897), Nr. 21, 4.12.1897, S. 331-336. 290 Vgl. Stark, S. 90. 291 Vgl. etwa PAR 2 (1903/4), Η . 12, S. 1003f., und ebd., 5 (1906/07), H. 5, S. 300. 292 Vgl. ebd., 5 (1906/07), Η. 1, S. 61f. 293 Vgl. Moritz Alsberg, Die geistige Leistungsfähigkeit des Weibes im Lichte der neueren Forschung, in: ARGB 4 (1907), H. 4, S. 476-492, Zitate S. 491. 294 Vgl. PAR 1 (1902/03), Η. 4, S. 320 (unter der Rubrik »Rassen-Hygiene«). 295 Vgl. W. Mensinga, Zuchtwahl und Mutterschaft, in: ebd., 2 (1903/04), H. 8, S. 630-639, Zitat S.633. 296 Vgl. Christian von Ehrenfels, Die sexuale Reform, in: ebd., 2 (1903/04), H. 12, S. 970-993, ZitateS. 981f. 297 Vgl. ders., Sexuale Reformvorschläge, in: ebd., 4 (1905/06), H. 8, S. 4 2 5 ^ 4 3 , hier S. 425 und S. 440. Der Aufruf des Mutterschutzbundes und die Namen der Gründungsmitglieder sind abgedruckt in: ARGB 2 (1905), H. 2, S. 164-166. Im Gegensatz zum völkischantisemitisch begründeten Rassismus ist über sozialemanzipatorisch motivierte eugenische Bewegungen - zu denen in gewisser Weise auch der Bund für Mutterschutz zu rechnen wäre - noch wenig gearbeitet worden. Ansätze dazu finden sich bei Janssen-Jurreit. 298 Vgl. Christian η Ehrenfels, Die sexuale Reform, in: PAR 2 (1903/04), Η. 12, S. 975. 299 Vgl. ders., Sexuale Reformvorschläge, in: PAR4 (1905/06), Η. 8, S. 435f. 300 Die Übereinstimmung zwischen Ploetz und dem Mutterschutzbund währte keine zwei Monate. Schon eine Ausgabe nach der Vorstellung der neuen Organisation im ARGB

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Anmerkungen

zu S. 85-88

formulierte der Berliner Mediziner heftige Kritik, vgl. ARGB 2 ( 1 9 0 5 ) , H. 2, S. 316f. Vgl. auch Ernst Rüdins Stellungnahme ebd., 4 ( 1 9 0 7 ) , Η. 1, S. 1 3 6 - 1 3 9 . 301 Vgl. PAR 1 ( 1 9 0 2 / 0 3 ) , Η. 4 , S. 323f., und ebd., H. 7, S. 588f. 302 Albert Reibmayr, Die biologischen Gefahren der heutigen Frauenemanzipation, in: ebd., 5 ( 1 9 0 6 / 0 7 ) , H. 8, S. 4 4 5 - 4 6 8 . 3 0 3 Oers., Über die Zu- und Abnahme der geschlechdichen Reproduktionskraft der Rassen und Völker, in: ebd., 11 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , H. 12, S. 6 3 1 - 6 5 0 , ZitatS. 6 5 0 . 3 0 4 Vgl. »Zur Frauenfrage«, in: BT, Nr. 9 , 6 . 1 . 1 9 0 8 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 5 9 , S. 60f., Zitat S. 61. »Persönlichkeiten mit ausgeprägt antifamilialen Instinkten (sind) zum Aussterben verurteilt, weil sie eben ihre Instinkte nicht vererben können«, schrieb Wilhelm Ostwald in den Β NN (Nr. 6 4 7 , 2 1 . 1 1 . 1 9 0 9 , BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7 9 6 0 , S. 6 5 ) , nach Eduard von Hartmann eine »Stra c der Natur« fur »Abweichung«, vgl. die freikonservative Post, Nr. 3 3 6 , 2 0 . 7 . 1 9 1 2 , BAP, 61 Ri: 1, Nr. 7 9 6 2 , S. 138. 30 5 Nach dem Tod Ludwig Woltmanns 1907 hatte zunächst der Arzt Friedrich Landmann die Fjedaktion weitergeführt. Schmidt-Gibichenfels übernahm den Herausgeberposten im November 1 9 1 1 , vgl. PAR 10 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 8, hatte aber schon in den Jahren davor immer häufiger Artikel in der Politisch-Anthropologischen Revue veröffentlicht. 3C6 Vgl. PAR 8 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , Nr. 7, S. 385f. 3C7 Für die Bewertung der Frauenemanzipation kann daher Stöltings Auffassung, die Redaktion der Zeitschrift sei nach dem Tod Woltmanns bis zum Eintritt Schmidt-Gibichenfels' 1911 »im alten Sinne« weitergeführt worden (vgl. S. 140), nicht bestätigt werden. 3C8 Vgl. ebd., S. 149 und Otto Ammern, Volksvermehrung und sozialer Fortschritt, in: PAR 8 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , Nr. 3, S. 1 3 6 - 1 5 2 , Zitat S. 151. 3 0 9 Vgl. den BriefTheodor Fritschs an Ludwig Schemann vom 3 0 . 8 . 1 9 0 2 , U B Freiburg, Nl. Schemann, II D ) Fritsch, Theodor. 3 1 0 [Theodor Fritsch,] Frauen-Frage, in: Hammer 2 ( 1 9 0 3 ) , Nr. 2 3 , S. 2 5 7 - 2 6 3 , Zitat S. 257. 3 1 1 So behauptete es jedenfalls Theodor Fritsch, in: ebd., 9 ( 1 9 1 0 ) , Nr. 2 0 2 , S. 6 1 5 . 3 1 2 Werner v. Saucken, Frauen-Bewegung und Sozial-Demokratie als Begleiterscheinungen des wirtschaftlichen Umsturzes, in: ebd., 8 ( 1 9 0 9 ) , Nr. 175, S. 5 8 2 - 5 8 6 , Zitat S. 584f. 3 1 3 Vgl. ebd., S. 2 5 9 und S. 261f. 3 1 4 Vgl. Theodor Fritsch, Zur Frauen-Frage, in: ebd., 6 ( 1 9 0 7 ) , Nr. 120, S. 3 5 3 - 3 5 8 , Zitat S. 356f. 3 1 5 Vgl. Berliner Blatt Nr. 145, 2 3 . 6 . 1 9 0 7 , BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7 9 5 8 , S. 198. Die am Mittelstand orientierte Zeitung Schloß den zustimmenden Abdruck des Hammer-Artikels mit den Worten, aus »Modepuppen und Eigendünkelhühner(n) werden nie brauchbare Hausfrauen und Mütter werden«. 3 1 6 Vgl. [Theodor Fritsch,] Bildung und Frauenberuf, in: Hammer 4 ( 1 9 0 5 ) , Nr. 6 9 , S. 1 9 3 - 1 9 6 ; H. Bloss, Deutsche Mädchenschulen und Philosophie, in: ebd., 5 ( 1 9 0 6 ) , Nr. 9 4 , S. 298f, Alfred Heil, Neue höhere Schulen fiir Mädchen?, in: ebd., 4 ( 1 9 0 5 ) , Nr. 9 1 , S. 203f.; Ludwig Müller, Die natürliche Grundlage der sozialen Ethik, in: PAR 8 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , Nr. 11, S. 5 9 4 - 6 0 6 , hier S. 6 0 4 . 3 1 7 Vgl. F. Roderich, Zur Änderung des Wahlrechts, in: Hammer 5 ( 1 9 0 6 ) , Nr. 89, S. 134f. und Th. Fritsch,] Frauen-Stimmrecht?, in: ebd., 6 ( 1 9 0 7 ) , Nr. 111, S. 6 5 - 7 0 . 3 1 8 Schnauß, Die Gefahren der Frauen-Bewegung, in: ebd., 8 ( 1 9 0 9 ) , Nr. 158, S. 3 3 - 3 8 . 3] 9 Der Jurist hatte insbesondere den Fürsten Bülow im Visier, unter dessen Federführung eine liberal-konservative Koalition das zugunsten der Frauen reformierte Vereinsrecht verabschiedete. Die Politik des Reichskanzlers, so hatte Schnauß schon im Dezember 1908 in

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Anmerkungen zu S. 88-90 den Hamburger Nachrichten formuliert, enthalte »einen Wesensbestandteil, der, wenn nicht Feminismus, so doch mit ihm verwandt ist«, vgl. Schnauß, Die Frauenfrage, in: Hamburger Nachrichten, Nr. 878, 13.12.1908, BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7959, S. 150f. 320 Vgl. Lucia Dora Frost, Politische Übergriffe, in: Zukunft 2 0 (1912), Nr. 32, S. 1 8 1 190, insb. S. 1 8 3 - 1 8 6 . 321 Vgl. Schnauß, Zu den Gefahren der Frauenbewegung, in: Hammer 8 (1909), Nr. 170, S. 422-426. Der Post-Artikel, in dem gleichfalls 1909 zur Gründung einer antifeministischen Abwehrorganisation aufgerufen wurde, stammte - ohne daß es sich beweisen ließe - möglicherweise aus der Feder von Ludwig Langemann, der häufiger in dieser Tageszeitung veröffentlichte. 322 Vgl. Wilhelm Schwaner, Pfingstglocken, in: VE 2 (1898), Nr. 2 2 , S. 1 7 2 - 1 7 4 , Zitat S. 173, und ders., Frauenbriefe, in: ebd., 5 (1901), Nr. 2, S. 9. 323 Vgl. ebd., 5 (1901), Nr. 2, S. 9. 324 Vgl. ebd., 2 (1898), Nr. 22, S. 173. 325 Vgl. Anna Plothoio, Die Frauenbewegung und ihre Ziele, in: ebd., 2 (1898), Nr. 4 , S. 25f.; Minna Cauer, Wandlungen, in: ebd., Nr. 8, S. 57f.; Anna Pappritz, Die Federation abolitioniste internationale und die Sittlichkeitsfrage, in: ebd., Nr. 4 8 , S. 3 7 7 - 3 7 9 ; Helene Stöcker, Frauengedanken, in: ebd., 3 (1899), Nr. 28, S. 234f.; Marie Raschke, Das neue Recht, in: ebd., 4 (1900), Nr. 30, S. 234f.; Anna Plothow, Frauentage, in: ebd., 9 (1905), Nr. 22, S. 1 7 1 - 1 7 3 ; Helene Lange, Zur modernen Ehekritik, in: ebd., 11 (1907), Nr. 25, S. 1 9 6 - 1 9 8 . Bei dieser letzten Wortmeldung einer bekannten Frauenrechtlerin handelte es sich allerdings schon nicht mehr um einen eigens fur den Volkserzieher verfaßten Beitrag, sondern um einen Nachdruck aus einer Beilage des Berliner Tageblatts, der mit seinem Eintreten für die Ehe und gegen >freie Liebe« trotz einer allmählichen Distanzierung von der Frauenbewegung noch in die Linie des Blattes paßte. 326 Vgl. Georg Schlatt, Frauenmission, in: VE 11 (1907), Nr. 1, S. 4. 327 Vgl. ebd., 5 (1901), Nr. 2, S. 9. Die parteipolitische Zuordnung Wilhelm Schwaners stützt sich auf den Abdruck des Programms der Deutschen Volkspartei in ebd., 2 (1898), Nr. 22, S. 172. 328 Vgl. Karl Scheffler, Die Geschlechter und die Kunst, in: ebd., 11 (1907), Nr. 11, S. 81f., und Georg Groddeck, Die Frau, in: ebd., 13 (1909), Nr. 18, S. 1 3 7 - 1 4 2 . 329 P. Nordheim, Das Unzulängliche in der Frauenbewegung, in: ebd., 12 (1908), Nr. 8, S. 6 1 - 6 3 , Zitat S. 61. 330 Vgl. Anna Bewer, Frauenrechtlerei und Menschenrecht, in: ebd., 11 (1907), Nr. 19, S. 147f., Zitat S. 147. 331 Vgl. die - hier wegen ihrer Vielzahl nicht näher zu nennenden - Presseartikel in der 1899 vom BdL angelegten Zeitungsausschnittsammlung im BAP, Bestand 61 Re 1, Reichslandbund-Pressearchiv, insbesondere die Bände Nr. 7 9 5 9 bis Nr. 7963. 332 Georg Groddeck, Die Frau (wie Anm. 328), S. 139 und 141f. 333 Vgl. etwa das auf gegenseitige Toleranz abzielende fiktive Gespräch zwischen Bismarck und dem Bankier Bleichröder, das Herbert Eulenberg unter dem Titel »Judenfrage« fur die Zukunft vom 8.5.1909 schrieb (Bd. 67, S. 2 1 3 - 2 1 5 ) . 334 Vgl. Georg Groddeck, Die Frau, in: Die Zukunft vom 10.7.1909, Bd. 68, Berlin 1909, S. 5 5 - 6 9 , Zitat S. 55. Groddeck verhandelte nicht nur die defizitäre weibliche Psychophysiologic, sondern verknüpfte sie ausdrücklich mit einer Stellungnahme zur Frauenemanzipation. »Der Zweck des Weibes aber, der Mutterberuf, kann nur erreicht werden, wenn die Frau in ihrer Bewegungsfreiheit gehemmt wird«, schrieb Groddeck und verwies auf Menstruation und Schwangerschaft als Zeichen des »Verfallenseins an die Geschlechtlichkeit«, mit der

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Anmerkungen zu S. 90-93 >die Natur« der Frau »schon durch ihren Körper eine Fessel angelegt« habe. Die Natur, so Groddeck, »will die Thätigkeit der Frau nicht, sie hat der Frauenbewegung Grenzen gesetzt: und deshalb kann der Mann ihr ruhig zusehen, ja, er kann und soll sie unterstützen«. Die >Frau:nfrage< galt ihm als »eine Spielerei, ein weibliches Vergnügen, an dem sich der Mann erfreut und das er im rechten Moment zu benutzen wissen wird«. Daher sei nichts dagegen einzuwenden, wenn Frauen im alltäglichen Leben und im Beruf mitarbeiteten; qua >Natur< würd: alle Frauenarbeit ohnehin »immer nur im Dienst des Mannes geleistet werden; er wird die Flüchte der fleißigen Arbeit sammeln und aus den Steinen, die die Frau herbeischleppt, den Bau seiner Kunst, seiner Religionen, seiner Welt aufführen« (vgl. ebd., S. 58-61). Immerhin dürft: Hedwig Dohm zwei Monate später im gleichen Blatt einen Kübel scharfzüngigen Spottes über diesen »Erlöser von der Frauenemanzipation« ausgießen, vgl. Die Zukunft vom 25.9.1909, S. 434—436. Freilich stand ihr Kommentar nicht nur vom Umfang her deudich hinter der Abhandlung ihres Kontrahenten zurück (bei dem Nachdruck handelte es sich um den kompletten fünften Vortrag aus Georg Groddeck: Hin zur Gottnatur! Leipzig 1909), sondern er war auch vorsorglich hinter einer Schmähschrift über die »systematische Hysterie von Weibermassen« (gemeint waren damit die Suffragetten) eingeklinkt worden, vgl. Johannes Vi. Hmisch, Ekklesiazusen, in: ebd., S. 429^133. 3= 5 Vgl. »Frauen und Rassenfursorge«, in: H N , Nr. 58,4.2.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7961, S. 132. 35 6 Vgl. P. Nordheim, Rassenkeuschheit, in: VE 12 (1908), Nr. 14, S. 110f., Zitat S. 111. 3; 7 Vgl. Weka, Krank am Weibe, in: Hammer 8 (1909), Nr. 172, S. 4 9 3 ^ 9 6 , Zitate S. 493f 3o8 Vgl. Jörg Lanz-Liebenfels, Gefahren des Frauenrechts (1909), zit. nach der (bis auf einige Anpassungen an die veränderte politische Situation) unveränderten 2. Aufl. (1929), insb. S. 2f. und S. lOf. Vgl. auch ders., Rasse und Weib sowie ders., Prostitution. 3;i9 Ludwig Langemann, der spätere Vorsitzende der antifeministischen Liga, berief sich in dem Artikel »Die herannahende Frauenherrschaft« (Post, Nr. 559,29.11.1909, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 61) ausführlich auf Lanz-Liebenfels' eben erschienene >Gefahren des Frauenrechis«, während Lanz-Liebenfels (S. 11) aus »Krank am Weibe« von Käthe Sturmfels zitierte, die s:ch später dem antifeministischen Bund anschloß. 340 Petition des Bundes Deutscher Frauenvereine an den Reichstag betreffend Aufhebung der gewerblichen Prostitution, S. 10. Zu den unterschiedlichen sexualpolitischen Positionen vgl. die differenzierte Diskursanalyse von Wobbe. 341 Vgl. Carl Alexander, Sexual-Hygiene, Frauen-Proteste und Libido sexualis, in: Monatsschrift für Harnkrankheiten, psychopathia sexualis und sexuelle Hygiene 1 (1904), H. 4, S. 163-175. 342 Vgl. Lanz-Liebenfels, Prostitution, insb. S. 1-5. 343 Vgl. als ein Beispiel für die Konzentration auf die »Rassenfürsorge« durch das weibliche Geschlecht den Artikel »Frauen und Rassenfürsorge«, in: Hamburger Nachrichten, Nr. i>8,4.2.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7961, S. 132. 344 Was freilich nicht ausschloß, das Teile der »radikalen« Frauenbewegung ebenso wie ein Teil der politischen Linken von rassenhygienischen Vorstellungen beeinflußt waren und daran Emanzipationshoffhungen knüpften, vgl. Herlitzius. 345 Vgl. S. R. Steinmetz, Feminismus und Rasse, in: Zeitschrift für Socialwissenschaft 7 (19C4), Nr. 12, S. 751-768. 346 Vgl. »Rasse, Weib und Bibel«, in: Hammer 4 (1905), Nr. 71, S. 249-251, hier S. 251. 347 Vgl. Ullmann, S. 89-94. 348 Vgl. BAP, Bestand 61 Re 1, Reichslandbund-Pressearchiv, Nr. 7955 - Nr. 7987. Der

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Anmerkungen zu S. 93-97 BdL hatte nach seiner Gründung 1893 mit dem Aufbau eines der größten und ältesten deutschen Pressearchive begonnen und wertete in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg bis zu 310 Zeitungen verschiedener politischer Richtungen aus, vgl. Meyer, Pressearchiv und Metschies. Der Schwerpunkt der Sammeltätigkeit lag auf konservativ-nationalen Blättern. Das BdL-Archiv stellt somit - wenigstens hinsichtlich der >Frauenfrage< - keinen Querschnitt der Tagespresse, sondern einen vorsortierten und entsprechend eingefärbten Fundus dar. 349 »Stenographischer Bericht über die 20. General-Versammlung des BdL, 17.2.1913«, in: Korr. BdL, Jg. 1913, 18.2.1913, S. 64. 350 Diese Einschätzung begründet auch die Einordnung einer wirtschaftlichen Interessenorganisation in die Gruppe nationalistischer Verbände. 351 Vgl. Die »fortgeschrittenen Frauen und die Reform der Ehe, in: DTZ, Nr. 4 6 4 , 3.10.1905, BAP, 61 Re 1, Nr. 7958, S. 15. 352 Vgl. ebd., Lediglich ein im Pressearchiv des BdL verzeichneter Artikel widmete sich ausdrücklich den »Eroberungen auf dem Gebiete der Männerberufe«, vgl. M. Melchior, Auf dem Wege zum Weiberstaat, in: DTZ, Nr. 534, 13.11.1907, BAP, 61 Re 1, Nr. 7959, S. 54. 353 Vgl. Anna Grock, Frauentum und Frauenehre, in: DTZ, Nr. 58, 4.2.1910, ebd., Nr. 7960, S. 74f. 354 Vgl. »Verschrobenheiten«, in: Deutsche Volkskorrespondenz, Nr. 6, 8.1.1910, ebd., S. 68. 355 Vgl. Elisabeth Haßlinks, Die deutschen Frauen voran!, in: DTZ, Nr. 20, 13.1.1906, BAP, 61 Re 1, Nr. 7958, S. 48. Bei dem Namen der Autorin dürfte es sich um ein Pseudonym handeln. Möglicherweise verbarg sich dahinter die Berliner Antifeministin Elisabeth Hancke. 356 Ernst zu Reventlow, Frauenbewegung und Internationalismus, in: ebd., Nr. 4 7 4 , 9.10.1909, BAP, 61 Re l , N r . 7960, S. 3 1 - 3 3 , ZitatS. 32. Vgl. auch »Die .fortgeschrittenem Frauen und die Reform der Ehe«, in: ebd., Nr. 4 6 4 , 3 . 1 0 . 1 9 0 5 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7958, S. 15. 357 Vgl. Ilse Rippert, Verlorene Eigenart, in: ebd., Nr. 2 2 0 , 1 2 . 5 . 1 9 0 6 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7958, S. 82f. Der Artikel ist eine Besprechung von Stefan v. Kotzes antifeministischem Machwerk »Altjungfernkoller«. 358 Vgl. ebd., und Spectator, Das dritte Geschlecht, in: DTZ, Nr. 4 0 7 , 3 1 . 8 . 1 9 0 7 , BAP, 61 Re 1, Nr. 5979, S. 12f. 359 Vgl. Vorwärts, 33. Jg., Nr. 351, 22.12.1916. 360 Ernst zu Reventlow, Die Frauenbewegung - nationale Zersetzung, in: AB 19 (1909), Nr. 3 9 , 2 5 . 9 . 1 9 0 9 , S. 3 3 3 - 3 3 5 , Zitat S. 334. Dieser Artikel gab demnach die Vorlage für den oben zitierten in der Deutschen Tageszeitung ab. Reventlows öffentliches Auftreten gegen die Frauenbewegung stand in merkwürdigem Gegensatz zum guten Einvernehmen mit seiner Schwester, der Schwabinger Literatin Franziska zu Revenriow, die sich mitnichten in das vom antifeministischen Bund verfochtenen Bild der deutschen Frau und Mutter einfugte und auch an den politischen Unterredungen ihres Bruders teilnahm, vgl. Boog, S. 78. Reventlows Gegnerschaft zur Frauenbewegung war auch seinem Biographen nicht entgangen; als Erklärung bietet Boog in trivialpsychologischer Manier die als Schwäche empfundene innere Abhängigkeit von der Ehefrau Marie an, die Reventlow durch äußere Aktivitäten zu kompensieren versucht habe (vgl. ebd., S. 1 1 0 - 1 1 2 ) . 361 Vgl. Ernst zu Reventlow, Frauenbewegung und Internationalismus, in: D T Z , Nr. 4 7 4 , 9.10.1909, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 3 1 - 3 3 , S. 32. 362 Elisabeth Krukenberg, Die Frauenbewegung - eine nationale Stärkung, in: RheinischWestfälische Zeitung, Nr. 1130, 16.10.1909, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 40f. 363 Vgl. Ernst zu Reventlow, Zur Frage der Frauenbewegung, in: AB 19 (1909), Nr. 4 3 , 23.10.1909, S. 370f., Zitat S. 371.

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Anmerkungen zu S. 97-98 364 Vgl. AB 22 (1912), Nr. 29, 20.7.1912, S. 255. Der alldeutschen Ortsgruppe Berlin, die über das Frauenstimmrecht diskutierte, gehörte vermutlich auch Ernst zu Reventlow an. 365 »Soll unser Volk sittlich zugrunde gerichtet werden?«, in: KRS 8 (1911), Nr. 23, 23.6 1911, S. lf. Sowohl die Deutschbund-Blätter als auch die Korrespondenz des Reichsverbandes gegen die Sozialdemokratie sind nur noch in wenigen Jahrgängen und lückenhaft erhalten, so daß über weitergehende antifeministische Inhalte keine Aussagen getroffen werden können. Immerhin läßt sich nachweisen, daß sich die Gothaer Deutschbundgemeinde 190ii mit der »Frauenfrage vom nationalen Standpunkte« beschäftigte, vgl. DeutschbundBlätter 13 (1908), Nr. 10, 15.10.1908, S. 104. 306 Vgl. Ernst zu Reventlow, Zur Frage der Frauenbewegung, in: AB 19 (1909), Nr. 4 3 , 23.10.1909, S. 370f. 367 Vgl. »Das Recht der Frau bei Vereins- und Parteiversammlungen«, in: Korr. BdL, Jg. 190't, Nr. 54, 22.9.1904, S. 174. 368 Vgl. »Die 13. Generalversammlung des BdL«, in: ebd., Jg. 1906, Nr. 14, 14.2.1906, S. 51.-56, ZitatS. 55. 369 Vgl. AB 15 (1905), Nr. 3, S. 27. 3 7 0 Vgl. AB 17 (1907), Nr. 2 0 , S. 102. Auch in den Zweigvereinen begannen sich Männer für die Gründung von Frauen-Ortsgruppen zu interessieren. Sie fragten um praktische Hinweise beim Verein für das Deutschtum im Ausland nach, der Frauen schon seit Ende der 1880er Jahren in eigenen Lokalvereinen organisierte. Vgl. Anselma von Radnofay, Wie gründet man Frauen-Ortsgruppen?, in: DA 28 (1909), Nr. 4 , April 1909, Sp. 49f. Die Frauenortsgruppe Dresden war bereits 1887 ins Leben gerufen worden, vgl. die Festansprache zum fünf ährigen Jubiläum ebd., Novemberheft 1892. 3 71 Vgl. A. Geiser, Nationale Arbeit deutscher Frauen, in: AB 17 (1907), Nr. 21, S. 180f. 372 Vgl. AB 18 (1909), Nr. 16, und ebd., Nr. 45, 7.11.1908, S. 387. 373 So jedenfalls läßt sich der erstmals 1916 aufgenommene und danach wiederholt abgedruckte Hinweis interpretieren, daß »Frauen und unselbständige Haushaltsangehörige von Mitgliedern .. die Mitgliedschaft im Verbände gegen einen Jahresbeitrag von 1 Mark erwerben (können), ohne Anspruch auf Lieferung der Alldeutschen Blätter und des Handbuchs.« Vgl. Handbuch des Alldeutschen Verbandes, 20. Aufl., München 1916, S. 5. Funktionärsposten auf Orts- und Verbandsebene blieben jedoch weiterhin Männern vorbehalten. 374 Vgl. Deutschbund-Blätter 13 (1908), Nr. 1, 15.1.1908, S. 7. Frauen wurden in die ordensähnlich geführte Organisation nicht aufgenommen. Sie konnten sich dem Deutschbuni zwar als »Freundinnen« anschließen, stellten 1908 aber kaum mehr als ein Prozent der Anhängerschaft (13 von 1096), vgl. ebd., Nr. 8, 15.8.1908, S. 72. 375 Der Vorsitzende des Reichsverband, Generalleutnant von Liebert, gehörte gleichzeitig der Hauptleitung des Alldeutschen Verbandes an, vgl. Handbuch des ADV 15 , S. 13 und S. 52. Über den Alldeutschen Ludwig Schemann war der Reichsverband mit der antifemistischen Lig; verknüpft. Schemann war mindestens seit 1903 Mitglied im Nationalen Reichswahlverband (Vorsitzender: Friedrich Lange vom Deutschbund), der sich 1905 mit dem Reichsverband gegen die Sozialdemokratie Zusammenschloß und seine Angehörigen bat, ihre Mitgliedschaft auf die neue Organisation zu übertragen. Vgl. UB Freiburg, Nl. Schemann, II D) Nat onaler Reichswahlverband, Reichsverband gegen die Sozialdemokratie. Vgl. weiterhin Broizat, S. 146 (Anm. 2) und die Mitgliederliste im Mitteilungsblatt für die Herren Vorsitzenden der Ortsgruppen des Reichsverbandes gegen die Sozialdemokratie 1 (1915), Nr. 3, Juni 1915, S. 2f. und Nr. 4 , Juli 1915, S. 3f. 376 Vgl. L. Herzog, Die Frauen und die Politik. Flugblatt des Reichsverbandes gegen die Soz aldemokratie, S. 3. Berlin o. J., UB Freiburg, Nl. Schemann, II D) Bund zur Bekämpfung

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Anmerkungen zu S. 98-102 der Frauenemanzipation. Das Papier trägt kein Datum, doch läßt sich seine Veröffentlichung anhand der im Text angesprochenen Umstände mit größter Sicherheit auf Frühjahr/Sommer 1912 datieren. 377 Vgl. ebd., S. 4 , und »Eine brave deutsche Frau«, in: Korr. BdL, Jg. 1907, Nr. 5, S. 18. 378 Vgl. Luise Geisrig, Prag und die deutschen Frauen, in: AB 18 (1908), Nr. 52, S. 445. 379 Vgl. »Ein Reichsverband gegen die Sozialdemokratie in England«, in: KRS 6 (1909), Nr. 36, 5.10.1909, S. 141. 380 Vgl. Emma Wehr, Ein Bund gegen Frauenrechtlerei, in: DTZ, Nr. 3 5 7 , 1 . 9 . 1 9 0 8 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7959, S. 117f. 381 KRS 8 (1911), Nr. 13, 6.4.1911, S. 50f. 382 Vgl. »Die Frauen und die Politik« (wie Anm. 376). 383 Ebd., S. 3. 384 Vgl. ebd., S. 3f. In der Vorstellung des Reichsverbandes war diese Forderung nur durch bedingungsloses Einschwenken auf die Linie der äußersten politischen Rechten einzulösen. 385 Cecile Gräfin Keyerlingk-Rantenburg, Die Frau und die Politik, in: Kreuz-Zeitung, Nr. 320 und Nr. 321, 11.7.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 1 2 4 - 1 2 6 , alle Zitate S. 125. 386 Vgl. RT, IX. Leg., Bd. 138, 36. Sitzung vom 13.2.1895, S. 864. 387 Vgl. Frevert, Frauengeschichte, S. 117. Bussemer (S. 2 3 - 2 9 ) weist nach, daß die Heiratshäufigkeit im 19. Jahrhundert von krisenbedingten Schwankungen abgesehen konstant blieb. Der Rückgang der Eheschließungen wurde von den Zeitgenossen ebenso überschätzt wie der statistische Frauenüberschuß. 388 Vgl. Meyer, Mühsame Arbeit. 389 Vgl. RT, X. Leg., Bd. 1 6 8 , 1 2 7 . Sitzung vom 13.1.1900, S. 3 5 1 1 - 3 5 1 4 . Dennoch galt dem konservativen Publizisten die Heirat als »beste Lösung der Frauenfrage«. Nur wo keine Ehe in Aussicht stand, mochte er die Ausbildung in einem >weiblichen< Beruf zugeben, vgl. v. Oertzen. Den Hinweis auf den Titel verdanke ich Christa Diemel, Basel. 390 Vgl. RT, X. Leg., Bd. 1 6 5 , 1 5 . Sitzung vom 21.1.1899, S. 349f. Tatsächlich rekrutierten sich die ersten Studentinnen vorwiegend aus dem Adel oder dem gehobenen Bürgertum. Vgl. fur das Beispiel der Tübinger Universität Glaser. 391 Vgl. RT, IX. Leg., Bd. 138, 36. Sitzung vom 13.2.1895, S. 864. 392 Prinz von Schönaich verwahrte sich in seiner Befürwortung des Frauenstudiums ausdrücklich gegen den Vorwurf, er wolle damit die Frauenemanzipation fördern, vgl. RT, X. Leg., Bd. 165, 15. Sitzung vom 21.1.1899, S. 349f. 393 Das Konzept der »großen Depression«, wie es Hans Rosenberg für die Jahre nach der Reichsgründung eingeführt hat, ist angesichts zyklischer Wachstumstrends stark umstritten. Zwischen 1880 und 1894 stieg das Sozialprodukt um 52 Prozent, die Industrieproduktion gar um 73 Prozent. Beide Werte lagen damit nur knapp unter den Steigerungsraten (+54 bzw. + 74 Prozent), die während der >Wachstumsjahre< 1 8 9 4 - 1 9 0 8 erreicht wurden. Vgl. u.a. Spree, Wachstumstrends und Eley, Rosenberg. Die wirtschaftlichen Daten ändern allerdings nichts daran, daß die Zeitgenossen die Periode nach 1873 an der Hochkonjunktur nach 1850 und insbesondere am überschießenden Boom zwischen 1867 und 1873 maßen und sie vor diesem Hintergrund pessimistisch beurteilten. 394 Vgl. RT, IX. Leg., Bd. 138, Berlin 1895, 36. Sitzung vom 13.2.1895, alle Zitate S. 864. 395 Vgl. Einige deutsche Gesetzparagraphen; Kempin; Marie Stritt, Rechtskämpfe, in: Handbuch der Frauenbewegung, Bd. 2, S. 134f., sowie den von der Rechtskommission des BDF unterzeichneten Aufruf der Frauenvereine, in: FB, Jg. 1896, Nr. 12, S. 114f.

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Anmerkungen zu S. 103-106 39ö Vgl. RT, IX. Leg., Bd. 146,114. Sitzung vom 25.6.1896, S. 2909-2913 undS. 29172919. 39'7 Vgl. ebd., S. 2923-2926 und »Antrag an den Sozialdemokratischen Parteitag«, in: FB, Jg. 1895, Nr. 12, S. 126, zit. nach Gerhard, Unerhört, S. 230. 39:5 Vgl. RT, Bd. 146, 114. Sitzung vom 25.6.1896, S. 2920-2923 und S. 2929-2932, Zitat S. 2920. Nach adeligen Gepflogenheiten blieb das von der Ehefrau eingebrachte Vermögen auch nach der Hochzeit ihr Eigentum. Ein Nutznießungsrecht durch den Ehemann war dort unbekannt und stand im Widerspruch zu den Traditionen adeliger Heiratspolitik und Erbregelung. 39? Eine von 50.000 Frauen unterzeichnete Petition zur Revision des Familienrechts kam - kur:: nach dem Inkrafttreten des BGB - nicht einmal zur Verhandlung im Plenum, vgl. RT, X. Lej., Bd. 169,155. Sitzung vom 27.2.1900, S. 4327. Vgl. zur Rechtsthematik ausfuhrlich Gerhard, Verhältnisse; dies., Rechtsstellung. Vgl. auch Vogel. 400 »Frauen-Stimmrecht? I.«, in: Der Beobachter, Nr. 47, 16.11.1907, BAP, 61 Re 1, Nr.7959, S. 56. 401 Zit. nach der Rede des Abgeordneten Rickert, RT, X. Leg., Bd. 185, 193. Sitzung vom 14.10.1902, S. 5624. 402 Vgl. ebd. 403 Vgl. »Die 13. Generalversammlung des BdL«, in: Korr. BdL, Jg. 1906, Nr. 14, 14.2.1906, S. 51-56 und RT, X. Leg., Bd. 185, 193. Sitzung vom 14.10.1902, S. 5634. 4C4 Dieser Sachverhalt wurde übereinstimmend von dem Nationalliberalen Bassermann und dem Zentrumsabgeordneten Trimborn berichtet, vgl. RT, X. Leg., Bd. 185,193. Sitzung vom 14.10.1902, S. 5621 u. 5623. 405 Vgl. ebd., S. 5620. Zu dem Verband vgl. auch die Monographie von Ratz. 406 Vgl. RT, X. Leg., Bd. 169, 160. Sitzung v. 6.3.1900, S. 4447-1458. 407 Vgl. RT, X. Leg., Bd. 185, 193. Sitzung vom 14.10.1902, S. 5620ff., Stellungnahme des 2.entrums S. 5623. 408 So urteilte der freisinnnige Abgeordnete Müller, vgl. RT, XII. Leg., Bd. 229, 70. Sitzung vom 10.12.1907, S. 2130. 409 Vgl. RT, XII. Leg., Bd. 229, 69. Sitzung vom 9.12.1907, S. 2098. 41 0 Vgl. die Zusammenstellung bei Willms, S. 12. 4 M Der Bearbeiter des Textbandes zur Berufszählung 1895 bezeichnete schon damals die Ang; ben über die Zahl >mithelfender< Frauen insbesondere in der Landwirtschaft als zu niediig gegriffen. 1907 wurde demgegenüber der Kreis der »mithelfenden Familienangehörigen« ausdrücklich um die Dienstleistungen von Frauen in den Handwerksbetrieben, Gastivirtschaften und Handelsgeschäften ihrer männlichen Verwandten erweitert. Vgl. Statistik des Deutschen Reiches, Bd. 111, S. 202 und Bd. 211, S. 4. Vgl. auch die Diskussion der statistischen Variablen bei Willms, S. 24*-36*. 4 12 Vgl. etwa Bäumer, Die Frau in Volkswirtschaft und Staatsleben. 4 13 Vgl. RT, XII. Leg., Bd. 229, 69. Sitzung vom 9.12.1907, S. 2096; ebd., 70. Sitzung vom 10.12.1907, S. 2139 und S. 2147. 4 14 Vgl. RT, XIII. Leg., Bd. 291, 189. Sitzung vom 13.1.1914, S. 6469 und Nolan. 415 Vgl. Edmund Fischer, Die Frauenfrage, in: Sozialistische Monatshefte 1905, Bd. 1, S. 258-266; ders., Die Familie, in: ebd., S. 532-539. Vgl. auch ders., Frauenarbeit. 416 Vgl. Oda Olberg, Polemisches über Frauenfrage und Sozialismus, in: Sozialistische Mor atshefte 1905, Bd. 1, S. 301-310 (Zitat S. 310) und Emma Ihrer, Die proletarische Frau und die Berufstätigkeit, in: ebd., S. 443—149. 417 Vgl. Curt Hartwig, Einige Randbemerkungen zur Frauenfrage, in: ebd., Bd. 2, S. 8 7 6 -

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Anmerkungen zu S. 106-108 880. In der Begründung bewies der Autor, daß sich Sozialismus und Sozialdarwinismus nicht gegenseitig ausschließen mußten: »Denn ich bin der Überzeugung, dass jede Kultur, welche die normale Fortpflanzungsrate - drei bis vier geistig und körperlich vollentwickelte Kinder auf jede gebärtüchtige Frau - beeinträchtigt, dem natürlichen Untergang geweiht ist. Aus zwei Gründen: Einmal, weil ein Volk, in dem etwa neomalthusianische Strömungen ernstlich zur praktischen Geltung gelangen, unweigerlich von anderen Völkern - selbst niederer Kultur über den Haufen gerannt und erdrückt wird, und zweitens, weil - vom Standpunkt der materialistischen Geschichtsauffassung aus - die ständige Vermehrung der Bevölkerung als die eigentliche und letzte Triebkraft aller wirtschaftlich-technischen und damit auch aller kulturellen Höherentwicklung erscheint, und deshalb kein solches Volk auf die Dauer auf dem erreichten Stand der Kultur beharren, geschweige denn ihn weiterbilden kann. Aus beiden Gründen scheint mir der Sozialismus mit neomalthusianistischen Bestrebungen unvereinbar und die Förderung dieser letzteren als Hilfsmittel für eine wirtschaftliche Selbständigkeit der Frau nicht in Betracht zu kommen.« (S. 877). 4 1 8 In der Praxis wurde dem allgemeinen gleichen Männerwahlrecht gegenüber dem Frauenstimmrecht jedoch stets höhere Bedeutung beigemessen, und auch hinsichdich ihrer Arbeitsmarktpolitik erwiesen sich Genossen und Gewerkschafter als Sachwalter männlicher Interessen. Zum proletarischen Antifeminismus< - ein Thema, das im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter verfolgt werden kann - vgl. Nolan; Thönnessen; Richebächer; Evans, Sozialdemokratie; Albrecht u.a.; Losseff-Tillmanns; Miller; zur proletarischen Frauenbewegung auch Bitter. 4 1 9 So das Urteil des SPD-Mannes Heine über die »quälerischen Bestimmungen« gegen Frauen. Der Zentrumsabgeordnete sprach von »blamablen Verhältnissen in Preußen« und der nationalliberale Parlamentarier nannte das alte Vereinsrecht »nicht mehr zeitgemäß«. Vgl. RT, XII. Leg., Bd. 2 2 9 , 69. Sitzung vom 9.12.1907, S. 2 1 1 3 , 2 0 9 8 und 2108. 4 2 0 Vgl. ebd., 71. Sitzung vom 11.12.1907, S. 2161 und RT, XIII. Leg., Bd. 2 3 3 , 180. Sitzung vom 10.12.1908, S. 6112. 421 Vgl. Bebels Rede im Reichstag am 14.10.1902. RT, X. Leg., Bd. 185, S. 5634. 4 2 2 Rheinisch-Westfälische Zeitung, Nr. 1 1 2 3 , 9 . 1 1 . 1 9 0 7 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7959, S. 51. 4 2 3 Leipziger Neueste Nachrichten, Nr. 144, 25.4.1908, S. 82, BAP, 61 Re 1, Nr. 7959, S. 82. 4 2 4 Vgl. Jahrbuch der Frauenbewegung 1912, S. 126 und S. 128f. 425 Zit. nach Ό. Zahn-Harnack, Frauenbewegung, S. 304. Während die Freisinnige Volkspartei das Frauenwahlrecht noch 1906 ausdrücklich ablehnte und auch der Nationalsoziale Verein sich nur für solche öffentlichen Stellungen erwärmen mochte, in denen sich die »fürsorgende und erzieherische Tätigkeit« der Frauen entfalten konnte, hatte sich Friedrich Naumann selbst immer lebhaft für die politische Gleichberechtigung beider Geschlechter eingesetzt, vgl. ebd., S. 288f. 4 2 6 Vgl. Jahrbuch der Frauenbewegung 1912, S. 126. 4 2 7 So v. Zahn-Harnack, Frauenbewegung, S. 286. Eine eingehende Untersuchung des Verhältnisses zwischen Liberalismus und Frauenbewegung steht noch aus. Nähere Aufschlüsse läßt die Habilitationsschrift von Angelika Schaser (Berlin) erwarten, die an einer politisch-privaten Biographie der Lebens- und Arbeitsgemeinschaft von Helene Lange und Gertrud Bäumer arbeitet. Erste Ergebnisse werden vorgelegt in Schaser, Bürgerliche Frauen. 4 2 8 Zit. nach Jahrbuch der Frauenbewegung 1912, S. 123. Vgl. auch RT, XIII. Leg., Bd. 287, 110. Sitzung vom 12.2.1913, S. 3699. 4 2 9 Vgl. National-Zeitung, Nr. 396, 20.10.1910, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 165.

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Anmerkungen zu S. 108-111 433 Vgl. Jahrbuch der Frauenbewegung 1914, S. 106. 431 Zit. nach einem Bericht der Königsberger Allgemeinen Zeitung, Nr. 465 vom 2.10.1912 über den »Erste(n) nationalliberale(n) Frauentag in Weimar am 2.10.1912«, BAP, 61 Rc 1, Nr. 7962, S. 186a. 432 Vgl. Jahrbuch der Frauenbewegung 1914, S. 123f. 433 Vgl. Kölnische Volkszeitung, Nr. 200,25.8.1910, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 142 und Hafntr, S. 333. 434 Vgl. Hafner, S. 122 und RT, XIII. Leg., Bd. 287,110. Sitzung vom 12.2.1913, S. 3699. 435 Vgl. Hafner, insb. S. 332f., Zitat S. 351. Freilich nicht überall - vgl. Kap. 4.2. 436 Vgl. Die christliche Frau, Oktober 1910, S. 24f., zit. nach Hafner, S. 287, dessen theo] Dgisch-kri tische Interpretation der Rede die Zustimmungserklärungen aus der katholischer wie konfessionell neutralen Frauenbewegung weniger auf die frauenfreundlichen Anteile dei Rede selbst als auf das von antifeministischen Strömungen durchzogene gesellschaftliche Umfeld zurückfuhrt, dem gegenüber die eingeschränkten Zugeständnisse Mausbachs als wohkuender Fortschritt empfunden wurden. 45 7 Vgl. Hafner, S. 307-354, Zitate S. 322 und S. 324. 4 ; 8 Daraus entspann sich eine Kontroverse zwischen dem Volksverein für das katholische Deutschland und dem Katholischen Frauenbund um das Alleinvertretungsrecht der organisiert« η Katholikinnen, die mit dem Zugeständis des Volksvereins endete, die Schulung der katholischen Frauen falle »grundsätzlich« in das Aufgabengebiet des katholischen Frauenbundes, vgl. ebd., S. 333-335; zu den liberalen Gegnern vgl. S. 328. 4;!9 Vgl. Jahrbuch der Frauenbewegung 1914, S. 120. 4':0 Vgl. »Zur Frauenfrage«, in: Kreuz-Zeitung, Nr. 312, 7.7.1906, BAP, 61 Re 1, Nr. 795f ,S. llOf. 4'tl Vgl. Jahrbuch der Frauenbewegung, 1914, S. 120; RT, XIII. Leg., Bd. 283, 20. Sitzung vom 5.3.1912, S. 466f.; ebd., Bd. 287, 110. Sitzung vom 12.2.1913, S. 3699; zum Deui sehen Frauenbund vgl. auch Baumann, S. 220f. 442 Vgl. RT, XIII. Leg., Bd. 283, 16. Sitzung vom 29.2.1912, S. 339. 443 Vgl. Aus der Frauenwelt. Beilage zur VZ, Nr. 154, 24.3.1912, und C. Metger, Die Frausn in der Politik, in: Tag, Nr. 17, 16.1.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7961, S. 119. 444 BLA, Nr. 112,2.3.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7961, S. 162; DTZ, Nr. 249,15.6.1912, ebd., Nr. 7962, S. 99; BZaM, Nr. 225, 27.11.1907, ebd., Nr. 7959, S. 55; VZ, Nr. 33, 21.1.1908, ebd., S. 63. 445 Vgl. Rigasche Zeitung Nr. 75, 2. (15). 4.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 147; Berliner Morgen-Post, Nr. 131,16.5.1913, ebd., S. 175; BZaM, Nr. 64, 17.3.1913, ebd., S. 123: VZ, Nr. 532,24.11.1910, ebd., Nr. 7960, S. 179; DTZ, Nr. 566,28.11.1910, ebd., Nr. 7960, S. 180. 446 BNN, Nr. 136,15.3.1913, BAP, 61 Re l , N r . 7 9 6 3 , S . 122; Deutsche volkswirtschaftliche Korrespondenz, Nr. 85, 29.10.1909, ebd., Nr. 7960, S. 47. 447 LNN, Nr. 235, 25.8.1909, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 9. 448 Vgl. Köln. Zeitung, v. 14.9.1910, ebd., S. 148. 449 Staatsbürger-Zeitung, Nr. 204, 1.9.1909, ebd., S. 17. 450 Zit. nach BT, Nr. 100,24.2.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7961, S. 148. Zum Frauenweltkongreß, dessen Repräsentantinnen auch beim Reichskanzler Bülow empfangen wurde, vgl. Der Internationale Frauen-Kongreß. 451 »Mit Freuden konstatiert der Skeptiker, daß die Gattung Blaustrumpf im Aussterben ist«, hieß es im BT, Nr. 100,24.2.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7961, S. 148. Vgl. auch »Stimmen

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Anmerkungen zu S. 111-114 der Presse«, in: D T Z , Nr. 119, 6.3.1912, ebd., S. 179; NAZ, Nr. 4 7 , 25.2.1912, ebd., S. 151f.; D T Z , Nr. 101, 25.2.1912, ebd., S. 151. 4 5 2 Vgl. Helene von Somnitz-Freest, Zur Organisation der konservativen Frau, in: KreuzZeitung, Nr. 107, 4.3.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7984, S. 1. Vgl. auch den Leserbrief einer Kongreßteilnehmerin an die Kreuz-Zeitung, Nr. 1 0 7 , 4 . 3 . 1 9 1 2 , ebd. 4 5 3 Hedwig von Trotha, Aufruf an die konservativen Frauen, in: D T Z , Nr. 1 4 7 , 2 1 . 3 . 1 9 1 2 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 6f. Vgl. auch Freisinnige Zeitung, Nr. 54, 5.3.1912, ebd., Nr. 7961, S. 173 und Helene von Somnitz-Freest, Zur Organisation der konservativen Frau, in: Kreuz-Zeitung, Nr. 107, 4.3.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7984, S. 1. 4 5 4 Helene von Somnitz-Freest, ebd. 455 »Die sozialdemokratische Frauenbewegung«, in: Der Rheinländer, Nr. 35, 1.9.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7987, S. 17. 4 5 6 Zit. nach D T Z , Nr. 119, 6.3.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7961, S. 179. 4 5 7 Vgl. das Berliner Flugblatt vom 10.5.1912, das zur Demonstration für das »allgemeine, gleiche, direkte und geheime Frauenwahlrecht zu allen gesetzgebenden und Verwaltungskörperschaften« aufrief (BAP, 61 Re 1, Nr. 7987, S. 13) und VZ, Nr. 2 4 2 , 1 3 . 5 . 1 9 1 2 , ebd., S. 14. 4 5 8 Vgl. die Äußerung in den Neuen Bahnen, dem Vereinsblatt des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins, zit. nach Sauer, S. 70. Hellmuth von Gerlach, Pazifist und Mitbegründer der linksliberalen Demokratischen Vereinigung - jener einzigen bürgerlichen Partei, die für die volle Rechtsgleichheit der Frauen eintrat, sich jedoch während des Ersten Weltkriegs auflöste - faßte seinen Eindruck vom Frauenkongreß so zusammen: »Je größer die Frauenbewegung wird, um so stärker der Einfluß der reaktionären Elemente.« Ihm schmeckte der Frauenkongreß nach »Bülow-Politik, übersetzt ins Weibliche«. Vgl. WaM, Nr. 1 0 , 4 . 3 . 1 9 1 2 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7961, S. 171. 4 5 9 »Die Antwort des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation auf die Angriffe seiner Gegnerinnen«, Flugblatt, GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 92, S. 1. 4 6 0 Vgl. zur Bevölkerungsentwicklung Marschalck. 4 6 1 Vgl. Korr. BdL, Jg. 1901, Nr. 4 2 , 4.7.1901, S. 2f. und Nr. 68, 13.12.1901, S. 3. Ähnliche Polemiken gegen Großstädte, Landflucht und Industrialisierung wurden in der Folge immer wieder abgedruckt, etwa unter dem Titel »Massengräber deutscher Volkskraft«, in: ebd., Jg. 1911, Nr. 1, 5.1.1911, S. lf. 4 6 2 Vgl. Otto Behre, Deutschland und Frankreich verglichen auf bevölkerungsstatistischem Gebiet, in: PJ, Bd. 123, Januar-März 1906, S. 7 9 - 1 0 0 , Zitat S. 94. 4 6 3 Vgl. H. Wendland, Ein Hauptstück nationaler Politik, I und II, in: AB 16 (1906), Nr. 3 9 , 2 9 . 9 . 1 9 0 6 , S. 313f. und Nr. 4 0 , 6 . 1 0 . 1 9 0 6 , S. 321f., Zitat S. 322, sowie Heinrich Claß, Die Zukunft des deutschen Volkstums, in: ebd., Nr. 51, 22.12.1906, S. 410f. Zur Soziologie der Alldeutschen vgl. die noch erhaltenen Handbücher des ADV und Chickering, We men. 4 6 4 Jaques Porcher, Der Kultus des Kindes und das französische Weib, in: KS, Sonderheft 3: Rassenheft, Berlin 1904, S. 2 5 - 3 1 , Zitat S. 25. Vgl. auch die Vorbemerkung des Schriftleiters, Die Frau und die Rasse, in: ebd., S. 24f. 465 Die Orientierung an unterschiedlichen Wirkformen männlich-militärischen Heldenund Abenteurertums (als Eroberer, Kolonisator, Krieger) impliziert jedoch nicht, daß diese Vereinigungen nicht auch für Frauen interessant gewesen wären. Im Gegenteil, alle Verbände unterhielten eigene Frauengruppen, die noch der Erforschung harren. Der Wehrverein bildet sowohl ideologisch wie auch organisatorisch eine Ausnahme. Er hatte keine Frauenabteilung, betonte aber die Bedeutung der Frau als Mutter der zukünftigen Kriegergeneration und war, wie noch gezeigt wird, antifeministischen Argumenten gegenüber aufgeschlossen.

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Anmerkungen zu S. 114-115 466 Philipp Stauff, Völkische Fruchtbarkeit, in: AB 19 (1909), Nr. 2 8 , 1 0 . 7 . 1 9 0 9 , S. 238f. und Nr. 2 9 , 1 7 . 7 . 1 9 0 9 , S. 245f., Zitat S. 238. In den Folgewochen diskutierte Stauff weitere vorgebliche Ursachen des Geburtenrückgangs wie etwa Industrialisierung und Urbanisierung, Faktoren mithin, die - ohne daß es dem Autor bewußt war - im Zusammenhang mit der Entwicklung Deutschlands zu einer modernen Industrienation standen. Daß Stauff dennoch den Frauen die Hauptschuld zuwies, belegt die Tatsache, daß er die Artikelserie mit der Erörterung der weiblichen (Un-)Moral eröffnete. 4 6 7 W. Breithaupt, Einiges zur Bevölkerungsbewegung in Deutschland, unter besonderer Berücksichtigung des Geburtenrückganges, in: Ak. Bl. 2 6 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 1 4 , 1 6 . 1 0 . 1 9 1 1 , S. 2 2 0 - 2 2 3 , Zitat S. 222. 4 6 8 Die Politisch-Anthropologische Revue führte bereits Anfang 1904 den Geburtenrückgang auf Verhütung und Abtreibungen zurück. Ihr genügten zunächst jedoch wenige Zeile ι zur Feststellung der Tatsache. Sie enthielt sich sowohl eines Kommentars als auch einer Werting. Offenbar war das Thema damals noch nicht diskussionswürdig. Vgl. »Rückgang der Geburtenziffer in Preußen«, in: PAR 2 ( 1 9 0 3 / 0 4 ) , Η. 10, S. 836. 4 6 9 Vorbereitet vom medizinischen und dem neuen psychoanalytischen Diskurs, hatte die Sexu;ilreformbewegung sicher viel zur Enttabuisierung der Sexualität beigetragen. Ganz allgemein ist um die Jahrhundertwende, aber auch danach, ein gesteigertes öffentliches Interesse an dieser Thematik festzustellen, das sich im Erscheinen unzähliger Sexualratgeber, aber auch in der Zunahme erotischer Motive in den Emanationen der Hochkultur manifestiert. 4 7 0 Vgl. W. Breithaupt, Einiges zur Bevölkerungsbewegung in Deutschland, unter besonderer Berücksichtigung des Geburtenrückganges, in: Ak. Bl. 2 6 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 14, 16.10.1911, S. 222. 4 7 1 Zwar lastete Seeberg den »Wille(n) auf Herabsetzung der Kinderzahl« zunächst beiden Eltern an, um die Männer dann aber schon im Folgesatz aus ihrer Verantwortung zu entlassen: »Trotzdem ist es leider gerade das weibliche Geschlecht, das ... für die Theorie und Praxis des Neumalthusianismus eintritt.« Die Schuld an der Verbreitung dieser Vorstellungen trug auch fur den Theologieprofessor die Frauen-, speziell die Mutterschutzbewegung und die SoziiJdemokratie. Vgl. Seeberg, Geburtenrückgang, S. 34 u. S. 41f. 4 7 2 »Dem Mann (ist) von der Natur die schöpferische und intellektuelle Kraft gemäß der Aktivität seines geschlechtlichen Wesens, der Frau die Vertiefung des Gemüts gemäß der Passivität ihres geschlechtlichen Wesens zugewiesen«, schrieb selbst der Sozialist Eduard Fuels, der sich zwar als Feminist bezeichnete, jedoch die Frauenbewegung seiner Zeit mit ihren »Intellektualisierung« und »Maskulinisierung« wegen der »unausrottbaren Differenzen zwischen Mann und Frau auf geistigem Gebiet« heftig kritisierte, vgl. Fuchs, Frau, S. 4 6 1 485, Zitate S. 470. 4'73 Hatten die Paragraphen 2 1 8 - 2 2 0 den Schwangerschaftsabbruch schon 1872 unter Strafe gestellt, so stieg die Zahl der Verurteilungen unter dem Eindruck des Geburtenrückgangs dramatisch an: von der Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg um gut das Vier:ache. Seit 1900 galt der »Unzuchtsparagraph« des Reichsstrafgesetzbuches, der den Handel mit Verhütungsmitteln unter Strafe stellte. Bereits 1910 wurde zum ersten Mal versucht, durch Gesetzesverschärfungen die Verbreitung von Anti-Konzeptiva weiter zu unterbinden. Vgl. dazu ausfuhrlich Stürzbecher. 4H Ärztliche Befragungen ergaben, daß es häufig die Ehefrauen waren, die auf die Anwendung von Verhütungsmitteln oder den coitus interruptus bestanden und ggf. sexuelle Verv/eigerung als Druckmittel einsetzten. Auch Abtreibungen wurden in vielen Fällen ohne das Wissen des Ehemannes vorgenommen. Vgl. Marcuse und Neumann. Freilich darf die Rede

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Anmerkungen zu S. 115-117 von der weiblichen Autonomie nicht über die alltägliche Not, Angst und Bedrohung hinwegtäuschen, die fiir Frauen mit Fruchtbarkeit, Geburtenkontrolle und Abtreibung verbunden waren. Als Korrektiv gegen eine euphemistische Sichtweise vgl. die eindringliche Schilderung von Hagemann, Frauenalltag, S. 2 4 5 - 2 6 8 . 475 Vgl. E. W. Trojan, Die Organisierung der Unfruchtbarkeit, in: VE 17 (1913), Nr. 20, S. 1 5 6 - 1 5 8 , Zitat S. 157. Die Wirksamkeit dieser anti-sozialdemokratischen Propaganda beruhte darauf, daß sie nicht gänzlich frei erfunden war, sondern ein Fünkchen Wahrheit enthielt. Tatsächlich unterstützte die SPD die Bestrebungen sozialistischer Mediziner und Sexualreformer/-innen nach einer frühzeitigen sexuellen Aufklärung der Jugendlichen, zwar nicht offiziell im Programm, aber durch Herausgabe von Schriften, Organisation von Vorträgen und Besprechungen in der Parteipresse. Das bloße Bemühen um eine verbesserte Information in sexuellen Fragen wurde von den politischen Gegner zum Aufruf zur Empfängnisverhütung stilisiert. Daß die zeitgenössische Öffentlichkeit die Abtreibungspraxis vor allem im Proletariat verbreitet wähnte, lag nicht zuletzt daran, daß den Arbeiterinnen im Gegensatz zum Bürgertum die finanziellen Mittel für einigermaßen sichere Methoden der Empfängnisverhütung fehlten. Ihnen fehlte auch das Geld, um sich von einem Arzt - häufig in einer Privatklinik - gegen entsprechende Bezahlung die >medizinische Notwendigkeit einer Abtreibung bescheinigen und damit legalisieren zu lassen. Ob Arbeiterinnen tatsächlich öfter abtrieben als Bürgerinnen, kann nur vermutet werden; zumindest aber waren diese Aborte auch durch die Komplikationen, die beim Selbstversuch oder bei gewerbsmäßigen Abtreiber/innen häufiger auftraten als in ärztlicher Behandlung - offensichtlicher. Vgl. Hagemann, Frauenalltag, S. 2 2 7 - 2 2 9 u. S. 2 5 4 - 2 5 7 . 4 7 6 WaM, 8.7.1912. Das Zitat verdanke ich ebenso wie einige Gedanken dieses Abschnitts der anregenden Dissertation von Bergmann, Verhütete Sexualität, (Zitat S. 244). Vgl. auch dies., Frauen, Männer und dies., Empfängnis. 4 7 7 »Kindersegen und kein Ende«, in: KRS 8 (1911), Nr. 32, 16.8.1911, S. 127f. 4 7 8 Vgl. zur Gebärstreikdebatte der SPD Bergmann, Frauen, Männer; zu den bevölkerungspolitischen Vorstellungen der SPD und ihrem Wandel in der Weimarer Republik vgl. Hagemann, Frauenalltag, S. 2 6 8 - 2 7 5 . 4 7 9 Weitere Hauptfaktoren sah er in der steigenden Zahl neomalthusianischer Arzte, der sinkenden religiösen Bindung und einer allgemeine Rationalisierung der Lebensführung, vgl. Bornträger, insbesondere S. 4 4 - 5 1 , 5 7 - 6 9 , 119f., 1 2 3 - 1 2 5 , 155, 160. Zur statistischen und staatlichen Diskussion über den »Geburtenrückgang« vor allem in Preußen vgl. Bergmann, Verhütete Sexualität, S. 2 3 ^ 9 . 4 8 0 Vgl. Bornträger, S. 46f. mit »Kindersegen und kein Ende«, in: KRS 8 (1911), Nr. 32, 16.8.1911, S. 127f. Zitat in Bornträger, S. 28. 481 Bornträger, S. 152. 4 8 2 Vgl. ebd., S. 23 und S. 153. 4 8 3 Ebd., S. 153. 4 8 4 Vgl. ebd., S. 152f. Obgleich auch die Sozialdemokratie fur den Geburtenrückgang verantwortlich gemacht wurde, fehlt ein ähnlicher Aufruf hinsichtlich der Arbeiterbewegung. Ob daraus zu schließen ist, daß der Geschlechterkonflikt bedrohlicher erschien als die Klassenfrage, mag dahin gestellt bleiben; zumindest aber kann gefolgert werden, daß die Austragungsmodi des Klassenkonflikts, soweit sie in der institutionalisierten Form des Parteienwettbewerbs verlief, eingeübt und auch akzeptiert waren. Demgegenüber fehlten (und fehlen weithin noch) in der Geschlechterfrage sowohl das Eingeständnis unterschiedlicher Interessen als auch institutionalisierte Konfliktregelungsmechanismen. 4 8 5 Alfred Rosenbergs Aufforderung zur »Emanzipation von der Frauenemanzipation«

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Anmerkungen zu S. 118-119 findei sich bei Bornträger bereits 1920 vorformuliert: »Emanzipiert Euch von der Emanzipation! seid wieder Frauen« schrieb der rheinische Mediziner den Leserinnen der PAR ins Stammbuch, vgl. Volkssitdichkeit und Frauentum, PAR 19 ( 1 9 2 0 / 2 1 ) , Nr. 6, S. 2 5 7 - 2 6 1 , ZitatS. 261.

3. Der Antifeminismus organisiert sich: Die Gründung des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation 1 Vgl. Rosen, Moralischer Schwachsinn, S. 7 u. S. 41. Das Buch erschien bei Marhold, dem gleichen Verlag, der auch Möbius' »Physiologischen Schwachsinn« und seine Beiträge zur Lehre von den Geschlechts-Unterschieden herausbrachte. Auf Marholds Wunsch wurde v. Rose i s Pamphlet in der zweiten Auflage von einem Vorwort des Leipziger Medizinprofessors begleitet, vgl. ebd., S. 3 - 6 und S. 9f. 2 Vgl. Sturmfels, Was ist der Frau erlaubt; dies., Krank am Weibe. Hier auch die Angabe, daß c er Titel »Was ist der Frau erlaubt wenn sie liebt?« 22.000 Mal aufgelegt wurde, vgl. S. 4. Vgl. veiterhin Werner, Grüne Gefahr. Maria Werner war bereits in christlichen Blättern gegen die Frauenbewegung zu Felde gezogen, vgl. Kap. 2.2. 3 Vgl. Emma Wehr, Ein Bund gegen Frauenrechderei, in: DTZ, Nr. 357, 1.9.1908, BAP, 61 R : 1, Nr. 7 9 5 9 , S. 117f. 4 Vgl. Boelicke, S. 31. 5 Vgl. Schnauft, Zu den Gefahren der Frauenbewegung, in: Hammer 8 (1909), Nr. 170, S. 426; ders., Zur Frauenfrage, in: HN, Nr. 818, 19.12.1908, BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 5 9 , S. 150f. 6 Vgl. Friedrich Sigismund, Zur Geschichte des Bundes gegen die Frauenemanzipation, in: Tag, 13.6.1912, Η LA, BDF, Film 1 3 ^ 5 / 3 . 7 Vgl. Kreuz-Zeitung, 5.11.1911, BAP 61 Re 1, Nr. 7961, S. 74 und HN, Nr. 113, 7.3.1912, ebd., S. 182. 8 Vgl. Friedrich Sigismund, Frauenstimmrecht in weiblicher Beleuchtung, in: Tag, Nr. 190, 15.8 1911, ebd., S. 45. Der Berliner Schriftsteller und Journalist Oscar Α. H. Schmitz, der sich später dem Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation anschloß, hatte am gleichen Ort bereits im Frühjahr 1910 auf die Existenz der englischen Anti-Suffragettenliga hingewiesen, vgl. Das Frauenstimmrecht, in: Tag, 22.5.1910, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 109. 9 Henry F. Urban, Gegnerinnen des Frauenstimmrechts in Amerika, in: Unterhaltungsbeilage der Β NN, Nr. 118, 5.3.1911, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 200c. Ähnlich auch ders., Frau :nstimmrecht, in: Tag, Nr. 3 9 , 1 6 . 2 . 1 9 1 2 , ebd., S. 137f. Als New Yorker Korrespondent des liberalen »Berliner Tageblattes« hatte Urban dort bereits 1908 die »despotische Herrschaft der Frau im öffenüichen Leben [Amerikas, U.P.], in Schule und Haus« kritisiert. Der Man ι stehe zur Frau in einem »Hörigkeitsverhältnis« und lasse in »masochistische(r) Färbung ... alle Launen der brünstig Angebeteten wonnig über sich ergehen«. In den USA, schrieb er, sei das Männerhirn »entmännlicht, verweiblicht, also entartet«. Dieser »übertriebene Feminismus Vgl. Ludwig Langemann, Der nationale Staat und die Frauenfrage, in: DHB 2 (1912), H. 3, S. 32f.; Julius Werner, Die kulturpolitische Notwendigkeit des Konservatismus. Unpag. Beilage zu ebd., 3 (1914), H. 11. 80 Vgl. »Deutsche Judenordnung«, in: AufVorposten 6 (1918), H. 1 - 3 , S. 7 2 - 7 6 . 8!. Vgl. »Der Verband gegen die Überhebung des Judentums«, in: D H B 2 (1912), Nr. 3, S. 2:5-27 und UB Freiburg, Nl. Schemann, IV A) Verband gegen die Überhebung des Judentums. Zur Funktion des VDS als Kaderschmiede des ADV vgl. Ernst Hasse, Alldeutscher Verband und Kyffhäuserverband, in: Ak. Bl. 21 (1906/7), Nr. 9, S. 146f. 82 Vgl. ebd., S. 147. 8:5 Vgl. K. Böhme, Deutschtum und Christentum, in: Ak. Bl. 20 (1905/6), Nr. 17, S. 295 und Pabst, Julius Werners Abschied von Frankfurt a.M, in: ebd., 32 (1917/18), Nr. 9, S. 90. 84 Vgl. Jochmann, S. 124. 8:> Vgl. Ak. Bl. 27 (1912/13), Nr. 5 , 1 . 6 . 1 9 1 2 , S.74 (Verbandsnachrichten Berlin) und die Geleitworte zum Beginn des Ersten Weltkriegs in: ebd., 29 (1914/15), Nr. 11, S. 8f. Der antifeministische Admiral v. Dreski war Gast beim Antrittskommers des Kieler VDS, vgl. ebd., 2 7 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 5, S. 75. 8ό Vgl. Roethe. Der Verein fur das Deutschtum im Ausland zählte auch den Schweizer AntiFeministen Eduard Blocher zu seinen Mitarbeitern, vgl. Eduard Blocher, Die sprachliche Zukunft der Schweiz, in: DA 3 (1911/12), H. 11, S. 5 2 8 - 5 3 6 . 8 7 Vgl. »Der frauenfeindliche Professor«, in: BT, Nr. 5 7 6 , 1 2 . 1 1 . 1 9 0 9 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 52. 83 Vgl. Monatsblatt 4 (1916), Nr, 12, S. 6. 8 ? Vgl. Ak. Bl. 22 (1907/08), Nr. 6, S. 95 und ebd., 2 6 (1911/12), Nr. 5, S. 73f. 9 0 Vgl. Kampe, S. 150. Seit 1913 gehörte der Kyffhäuserbund korporativ der GobineauGescllschaft an, vgl. die Beitrittserklärung vom 24.8.1913, UB Freiburg, Nl. Schemann, IV A) Kyffhäuserverband der Vereine Deutscher Studenten. Umgekehrt war Schemann Ehrenmitglied im VDS Freiburg, vgl. ebd., IV A) Verein Deutscher Studenten. 91 Vgl. Kampe, S. 137 und S. 238 (Anm. 49). Zur Einschätzung von T R und DZ als alldiutsche Tageszeitungen vgl. auch Chickering, We men, S. 234f. und S. 283. 92 Vgl. Kap. 3.1. 93 Vgl. zu Wendland, dessen Beruf nicht aus dem Bundesaufruf hervorgeht, den Artikel »Zur Frauenbewegung«, in: DZ, Nr. 162, 15.6.1912, UB Freiburg, Nl. Schemann, II D)

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Anmerkungen

zu S.

129-130

Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation. Der Artikel vermeldet weiterhin, daß auch die antifeministischen Bundesmitglieder Walter Boelicke (Plauen) und Philipp Kropp (Jena) als Schriftststeller und Redakteure arbeiteten, nennt aber die Namen der Zeitungen nicht. 9 4 Philipp Stauff schlug ihn wie auch Fritz Bley fur die Leitung des Deutschvölkischen Schriftstellervereins vor, vgl. Stauffs Rundschreiben vom 1 4 . 1 1 . 1 9 0 9 , U B Freiburg, Nl. Schemann, I V B ) Stauff, Philipp. 9 5 Vgl. von Gruber, Mädchenerziehung. Zur Deutschen Gesellschaft für Rassenhygiene vgl. Schmuhl, S. 92f. sowie Weingart u.a., S. 2 0 1 . 9 6 Vgl. dazu Weingart u.a., S. 2 2 0 - 2 2 3 . Vgl. zu den Funktionen Behr-Pinnows beim Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation Monatsblatt 2 ( 1 9 1 4 ) , Nr. 7 / 8 , S. 7 8 ; ebd., 3 ( 1 9 1 5 ) , Nr. 1, S. 7; ebd., Nr. 6, S. 3f.; ebd., 4 ( 1 9 1 6 ) , Nr. 2 , S. l f . ; ebd., 8 ( 1 9 1 8 ) , Nr. 1 / 2 , S. 3f. Als prominenter Eugeniker wurde Behr-Pinnow 1 9 1 9 / 2 0 zum Vorsitzenden der Nachfolgeorganisation der antifeministischen Liga, des Bundes fur deutsche Volkserneuerung, gewählt, vgl. D V W 8 ( 1 9 2 0 ) , Nr. 3, S. 16. 9 7 Vgl. dazu und zu den Kontakten zwischen Schemann und Rassenhygienikem der ersten Stunde wie Alfred Ploetz, Eugen Fischer und Fritz Lenz Weingart u.a, S. 96f. Die kollegialen und freundschaftlichen Verbindungen zwischen dem Vorsitzenden der Gobineau-Gesellschaft und den renommierten wissenschaftlichen Vertretern der Rassenhygiene einer- sowie den offiziellen Verwaltern der Bevölkerungspolitik andererseits sehen die Autoren darin begründet, daß die Rassenlehre in Deutschland ständig zwischen Wissenschaft und Ideologie schwankte, vgl. ebd., S. 100. Neben dieser strukturell-systematischen Analyse sollte jedoch die persönliche Ebene nicht aus dem Blick geraten. Zu den »herzlichen Beziehungen« dürfte die - bei allen sachlichen Differenzen - gute Freundschaft zwischen Schemann und v. Gruber sicherlich wesentlich beigetragen haben, ebenso wie der Kontakt zu ihrem »gemeinsamen Freund« Otto Ammon. Vgl. die Briefe v. Grubers an Schemann vom 2 4 . 1 . und 2 3 . 7 . 1 9 1 1 , U B Freiburg, Nl. Schemann, I I D ) Max von Gruber. 9 8 Vgl. den Aufruf des Unabhängigen Ausschusses »An das deutsche Volk«, in: Korr. BdL, Jg. 1 9 1 6 , Nr. 3 5 , S. 108f.; Schemanns Briefe an Schäfer vom Februar und März 1 9 1 6 , U B Freiburg, Nl. Schemann, I V B ) Schäfer, Dietrich. Zum Unabhängigen Ausschuß vgl. Ringer, S. 1 7 7 - 1 7 9 ; Schädlich. Zur Kriegspublizistik der deutschen Professoren vgl. Schwabe; Bleuel, Deutschlands Bekenner. 9 9 Vgl. zur Politikvorstellung Max von Gruber, Ziel und Weg der Deutschen Vaterlandspartei, in: D E 2 ( 1 9 1 8 ) , Η . 1, S. 64f. Zur Vaterlandspartei vgl. Stegmann, Neo-Konservatismus, S. 2 1 9 ; ders., Konservatismus, S. 4 1 9 ; ders., Erben, S. 2 1 6 - 2 2 3 ; R. Ullrich; Etue. 1 0 0 Vgl. Stegmann, S. 515f.; Stark, S . 4 4 f . u n d S . 2 5 9 (Anm. 1 1 0 ) . Der Münchner Verleger Julius Lehmann war bis Mitte der 1 9 2 0 e r Jahre Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Alldeutschen und druckte ihre Verbands- und Flugschriften sowie ihre Bücher. Unter dem Einfluß Max von Grubers Schloß er sich der Deutschen Gesellschaft für Rassenhygiene an und widmete seinen Verlag ganz der Verbreitung rassentheoretischer Schriften. Bei dem späteren Kapp-Putschisten erschienen neben v. Grubers Abhandlungen auch die Arbeiten seines Antifeministen-Kollegen Ludwig Kuhlenbeck, der in protofaschistischer Manier die Rassentheorie zur Grundlage eines neuen Rechtsverständnisses machen wollte. Lehmann verlegte auch Ludwig Schemanns Bücher und sorgte darüber hinaus für die finanzielle Unterstützung des Freiburger Antifeministen, vgl. Stark, S. 1 1 2 - 1 1 5 , S. 120f. und S. 1 9 6 - 2 0 1 . 101 »Der Deutschnationale Vereinsmensch«, in: D H W 2 4 ( 1 9 1 7 ) , Nr. 3, S. 4 2 . Die Mitgliedsnummern orientierten sich am Beitrittsdatum. Eine niedrige Nummer signalisierte wie später auch bei der NSDAP - , daß der Betreffende schon früh Mitglied im D H V geworden war.

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Anmerkungen zu S. 131-133 102 Die aktiven Emanzipationsgegner zählten zum Teil zur wilhelminischen Prominenz oder übten vielfach Berufe aus, die - wie etwa Pfarrer, Lehrer, Hochschuldozent oder Jounalist - die Fähigkeit zur öffentlichen Meinungsäußerung sowohl schulten als auch voraussetzten. Auch die Antifeministinnen, soweit sie nicht ohnehin als Lehrerinnen tätig waren oder bereits als Schriftstellerinnen reüssiert hatten, gehörten Sozialschichten an, die Won und Schrift einen hohen Stellenwert einräumten. Daß das Bildungsbürgertum die Meinungsfuhrerschaft übernahm, war jedoch kein Spezifikum des antifeministischen Bundes, sondern in der bürgerlichen Öffentlichkeit des 19. Jahrhunderts allgemein üblich. Wo Mitgliederlisten fehlen, die diesen Eindruck korrigieren könnten, wird jede Organisationsgeschichte die Dominanz des Bildungsbürgertums in Rechnung zu stellen haben. 103 Die Namen der engagierten Antifeministinnen und Antifeministen wurden ermittelt aus: Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation: Aufruf und Deutscher Bund gegen die Frauenemanzipation: Aufruf! Beide in UB Freiburg, Nl. Schemann, II D) Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation. Vgl. weiterhin »Die christlich-nationale Gruppe gegen die I;rauenemanzipation«, in: DAG 14 (1912/13), Nr. 19, 7.2.1913, Sp. 4 5 1 ^ 5 3 , hier Sp. 453 sowie Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 5 und S. 7; Nr. 4, S. 32; Nr. 9, S. 65; Nr. 10, S. 83; Nr. 1 , S . 102f.;Nr. 12, S. 115 undS. 122. Ebd., 2 (1914), Nr. 1 , S . 8f.;Nr. 2, S. 27; Nr. 3, S. 27 Im Vorstand von 1913 und 1920 stellten adelige Antifeministen und Antifeministinnen einen Anteil von rund 20 bzw. 25 Prozent. Lediglich 1918 entsprach die >Adelsquote< in dem Gremium etwa der prozentualen Verteilung in der gesamten aktiven Anhängerschalt. 1.(8 Vgl. zur Frauenbewegung im Rahmen der evangelischen Kirche Baumann. Die konservativen und nationalistisch ausgerichteten Frauenorganisationen sind - wohl aus Mangel an feministischer Sympathie - bislang weitgehend unerforscht. Eine systematische Untersuch ang dieses Milieus läßt das Hamburger Habilitationsprojekt von Kirsten Heinsohn erwarten. Erste Annäherungen bieten neben den genannten Arbeiten von Bruns, Machteffekte und Chickering, Casting Their Gaze, die Aufsätze von Riemann und Daniel, Vaterländische Frausnvereine. Die dominierende Rolle der Adeligen betont auch Andrea Süchting in ihrer unveröffentlichen Zulassungsarbeit über den Vaterländischen Frauenverein. Ich danke der Autorin fur die Überlassung des Manuskripts. 1.59 Von den 282 männlichen Emanzipationsgegnern hatten 87 promoviert; 28 führten zusä:zlich den Professorentitel. 13 Männer setzten ihrem Namen nur den »Professor« hinzu. Darunter waren Konsistorial- und Kirchenräte, möglicherweise aber auch - dort wo kein Beruf genannt wurde - unpromovierte Schul- oder Akademieprofessoren. Zusammengerechnet fuhrien rund 34 Prozent der Antifeministen einen akademischen Titel. 140 Im Einklang mit den zeitgenössischen Umgangsformen wurden dabei Ehefrauen, die sich mit den Titeln ihrer Männer ansprechen ließen (Frau Geheimrat, Frau Professor etc.), an dieser Stelle als Titelträgerinnen mitgezählt. 141 Zu dieser Gruppe rechneten überwiegend gutverdienende Freiberufler oder höhere Angestellte: 16 Journalisten (Redakteure und Schriftsteller eingeschlossen), 9 (Ober-)Ärzte, 5 Rechtsanwälte, 2 Apotheker, je ein Architekt, Regisseur und Landschaftsmaler. Nur wenige akti\ e Antifeministen arbeiteten in einem weniger prestige- und einkommensträchtigen Beruf des tertiären Sektors. Je einer verdiente seinen Unterhalt als Telegraphen- oder Gerichtssekretär, Hank- oder Rechtsanwaltsbürobeamter oder Industriekaufmann. 142 Vgl. Evans, Feminist Movement, S. 178. 113 Von den 20 Nennungen dieser Gruppe war einer Schneidermeister; 19 bezeichneten sich als »Kaufmann«. Eine nähere Spezifizierung läßt die Quellenlage nicht zu. Daher kann nicht mit Sicherheit entschieden werden, ob es sich dabei tatsächlich um selbständige Kaufleute im Sinne des Begriffe vom »alten Mittelstand« handelte oder ob diese Beruftbezeichnung bereits in Hinblick auf die neuen Angestelltenschichten verwendet wurde, die sich etwa seit der Jahrhundertwende ausdifferenzierten. Da sich andere Antifeministen aber präziser als »Incustriekaufmann« oder »Bankbeamter« einfuhren - und damit ersichtlich dem »neuen Mittelstand« zuzurechnen sind - wurde der »Kaufmann« dem »alten Mittelstand« zugeschlagen. 114 Die Gruppe setzt sich zusammen aus je einem Ordinarius für Medizin, Geschichte und Germanistik, einem Dozenten der Staatswissenschaften, einem Kartographen und einem Bibl othekar, je einem Privatdozenten für Philosophie und Medizin, einem Assistenzarzt, eine m Kunsthistoriker, einem Musikprofessor, einem (außerordentlichen) Professor der Theo-

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Anmerkungen zu S. 138-141 logie, dem Akademiedirektor von Werner, einem ordentlichen Professor an einer Technischen Hochschule sowie zwei promovierten Professoren ungenannter Disziplinen. 145 Bei adeligen Antifeministen und Antifeministinnen ohne Berufsangabe wurde davon ausgegangen, daß ihre Einkünfte zumindestens teilweise aus Landbesitz resultieren. 146 Vgl. Kap. 3.4. 147 Den Berechnungen liegt ein Sample von 349 männlichen und weiblichen Emanzipationsgegnern zugrunde, deren regionale Herkunft ermittelt werden konnte. 148 Für dieses Modell hatte vermudich die Integration von Spitzenfunktionären des DHV in den Vorstand des antifeministischen Bundes Pate gestanden. Die Einbindung anderer Verbände war spätestens seit 1917 das erklärte Ziel der antifeministischen Liga, vgl. Kap. 3.4. 149 Vgl. DVW 8 (1920), Nr. 2 / 3 , S. 10 und S. 16. 150 In etwa entsprach die Mitgliederstruktur des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation damit der sozialen Zusammensetzung anderer nationalistischer oder völkischer Organisationen. Sie alle waren, wie Ulimann (S. 108) mit Blick auf den Alldeutschen Verband formulierte, Organisationen »städtischer Mittelschichten, die sich durch Bildung oder Besitz auszeichneten«. 151 Diese für eine Stadt von Größe und Bedeutung Weimars ungewöhnlich hohe Anzahl ist weniger auf den Umstand zurückzuführen, daß der Bundesvorsitzende in Weimar wohnte, als auf ungewöhnlich günstige Überlieferungsbedingungen. Die Ortsgruppe Weimar ist die einzige, deren Mitgliederliste komplett vorliegt. Bei der Bewertung der örtlichen Verteilung muß daher die einseitige Materiallage in Rechnung gestellt werden. 152 Insbesondere natürlich die Reichshauptstadt Berlin, vgl. Verzeichnis der in Deutschland erscheinenden Frauenzeitschriften. 153 Daten über die Konfessionszugehörigkeit der Bundesmitglieder liegen - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nicht vor. 154 Der Münchner Bankier Wilhelm Freiherr von Pechmann war evangelisch, vgl. Kantzenbach, insb. S. 1 - 3 . Der (katholische) Kemptener Landesgerichtsrat Gustav Ziegler war mit einer Protestantin verheiratet, sein Sohn wurde evangelisch getauft, vgl. den Familienbeschrieb der Familie Ziegler im Stadtarchiv Kempten/Allgäu. 155 Vgl. einen Brief Ludwig Langemanns an den Hamburger Pastor Max Glage vom 12.12.1915 im Nordelbischen Kirchenarchiv, Best. St. Anschar 3 / 1 4 , zit. nach Baumann, S. 359f. 156 Vgl. Möhler, S. 222 und Hermand, S. 204. Kosch, Bd. 2, S. 1030 datiert Reventlows exponierte Tätigkeit für die Arisierer des chrisdichen Glaubens auf die Jahre 1 9 3 3 - 1 9 3 6 . 157 Vgl. Langemann, Deutschlands Erniedrigung; ders., Papsttum; ders., Evangelium. 158 Neben dem erwähnten Landgerichtsrat Ziegler auch der Referent für Landwirtschaft im Reichsamt des Inneren, Paul Boenisch, vgl. Biographisches Handbuch, Nr. 196. 159 Vgl. Mannheimer Adreßbuch 1900, S. 677 und 1928, S. 399 sowie die Auskunft des Stadtarchivs Mannheim vom 6.2.1991, Geschäftszeichen 16.74.10-Frauenem. 160 So die Definition von Ε. E. Hermann Schmidt, Organisation und Propaganda in der Politik, in: Ruben, Bd. 1, S. 1 2 7 - 1 3 9 . Schmidt konstatiert am Vorabend des Ersten Weltkriegs, daß »die Parteien und Verbände bis vor kurzer Zeit noch die Reklame, wie sie von Industrie und Handel betrieben wird, verschmähten. Aber die Zeichen mehren sich, daß auch hierin andere Anschauungen Platz greifen« (ebd., S. I38f.). Als Musterbeispiele moderner Organisation nennt Schmidt die SPD und den Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband, so daß die Vermutung naheliegt, daß sich der Bund - soweit es sein eingeschränkter finanzieller Spielraum zuließ - in seinen Aktionsformen an die mit ihm eng verbundene Angestelltenorganisation anlehnte.

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Anmerkungen zu S. 141-144 1(>1 Vgl. den Spendenaufruf in Monatsblatt 1 (1913),Nr. 12,S. 124. Der Spendenfond für die Hinrichtung dieser Stelle war bereits im Mai 1913 gegründet worden, vgl. ebd., 1918 erhielt die Geschäftsstelle einen monatlichen Zuschuß von 125 Mark, der auf Antrag um weitere 25 Mark erhöht werden konnte. Ob damit Personal- oder Sachkosten oder beide Ausgabeposten bestritten werden sollten, geht aus den Unterlagen nicht hervor. Vgl. den Verhandlungsbericht der Vorstands- und Ausschußsitzung vom Sonnabend den 13.7.[19]18 im Ratskeller des Rathauses in [Berlin-]Friedenau, GLA Karlsruhe 69, Nl. Arnold Rüge Nr. 7. 102 Vgl. B.G.F.-Korrespondenz des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation 1 (1912), [o.O., o.J., autotypiert], Nr. 2, September 1912, Nr. 3, Oktober 1912, Nr. 4 , November 1912, UB Freiburg, Nl. Ludwig Schemann, II D) Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation. Die Bedeutung des Kürzels B.G.F. wurde nicht aufgelöst; vermudich stand es für Bund gegen Frauenemanzipation. 103 Vgl. »Mitteilungen«, in: B.G.F.-Korrespondenz 1 (1912), Nr. 3, Oktober 1912, S. 6. 164 Vgl. ebd. Da die Ausgabe als Autotypie hergestellt worden war, konnte sie nicht mehr verv elfältigt werden. Der Herausgeber sah sich daher nicht in der Lage, jedem Mitglied des antifeministischen Bundes ein Exemplar zuzustellen. Im Umkehrschluß bedeutete dies, daß sich dem Verband bis zum Oktober 1912 deudich mehr als 2 0 0 Emanzipationsgegnerinnen und -gegner angeschlossen hatten. 155 Vgl. Monatsblatt 1 (1913),Nr. 1,S. 8. Nachdem der Verein seinen Namen 1914 leicht modifiziert hatte, hieß das Verbandsorgan entsprechend Monatsblatt des Bundes gegen die Frauenemanzipation. Der Einfachheit halber wird die Zeitschrift daher als Monatsblatt zitiert. 166 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 1. 1 57 Vgl. Vgl. GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge Nr. 7; Monatsblatt 2 (1914), Nr. 2, S. 36. 158 Vgl. Monatsblatt 4 (1916), Nr. 8 / 9 , S. 6. 159 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 2, S. 1 lf. und 16; ebd., Nr. 6, S. 4 8 ; ebd., Nr. 9, S. 79f.; ebd., Nr. 10; S. 91f.; ebd., Nr. 11, S. 103; vgl. Monatsblatt 2 (1914), Nr. 1,S. 15; ebd., Nr. 4 , 5. 4;S; ebd., Nr. 5, S. 5 0 - 5 1 ; ebd., Nr. 6, S. 60. Vgl. auch ebd., 4 (1916), Nr. 6 / 7 , S. 8 sowie Dresdner Nachrichten, Nr. 66, 7.3.1914 und Nr. 70, 11.3.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7965, S. 33f. und S. 37. 170 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 9, S. 79f.; ebd., Nr. 11, S. 103. 171 Vgl. B.G.F.-Korrespondenz 1 (1912), Nr. 2, September 1912, S. 2 und Nr. 3, Oktober 1912, S. 5; Monatsblatt 1 (1913), Nr. 2, S. 16; ebd., Nr. 6, S. 48; ebd., Nr. 9, S. 80. 172 Vgl. Elsa Hielscher, Der Anfang eines Bundes zur Bekämpfung der Frauenemaizipation in Schlesien, in: FG 7 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , 15.7.1913, S. 156; Marie Wegner, Eine Sitzung der Antis, in: ebd., 8 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , 15.5.1914, S. 139f. 173 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 2, S. 16. 174 Vgl. ebd., 4 (1916), Nr. 3, S. 4 und ebd., Nr. 1 0 / 1 1 , S. 8. 175 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 7 und ebd., 2 (1914), Nr. 2, S. 26. 176 So sollen sich einem Bericht des Monatsblatts zufolge der Göttinger Ortsgruppe nach einem Referat des Bundesvorsitzenden Langemann 36 neue Mitglieder angeschlossen haben, vgl. 1 (1913), Nr. 9, S. 79f. Ausführliche Berichte über lokale Aktivitäten des Bundes erschienen etwa in: BNN, Nr. 4 4 8 , 4.9.1913; Post, Nr. 4 3 9 , 19.9.1913; Hamburger Fremdenblatt, Nr. 51, 1.3.1914 (vgl. StA H H , PP, S 18846); Kieler Neueste Nachrichten, Nr. 12, 15.1.1913 (vgl. BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 68); Weimarische Zeitung, Nr. 22, 26.1.1913, Götlinger Zeitung, 2.8.1913. 177 Vgl. HN, Nr. 234, 22.5.1913; BNN, Nr. 4 4 8 , 4.9.1913; ebd., Nr. 565, 6.11.1913 (vgl StA H H , PP, S 18846); Schleswiger Nachrichten vom 7.1.1914; ebd., 5.3.1914; Monatsblatt 2 (1914), Nr. 2, S. 26.

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Anmerkungen zu S. 144r-146 178 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 10, S. 84. 179 Verhandlungsbericht der Vorstands- und Ausschußsitzung vom Sonnabend den 15.7.[19]18 im Ratskeller des Rathauses in [Berlin-]Friedenau, GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 7. 180 NAZ, Nr. 221, 19.9.1913. 181 Vgl. das von Bertha Stauff unterzeichnete Rundschreiben des Bundes an Ludwig Schemann vom 20.6.1916, UB Freiburg, Nl. Schemann, IV A) Deutscher Bund gegen die Frauenemanzipation. 182 Brief Ludwig Langemanns an Arnold Rüge vom 18.1.1917, GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 7. 183 Vgl. Verhandlungsbericht der Vorstands- u. Ausschußsitzung vom Sonnabend den 15.7.[19]18 im Ratskeller des Rathauses in [Berlin-]Friedenau, GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 7. 184 Sie »muss zurzeit unsere Hauptarbeit sein«, schrieb Langemann an Rüge am 18.1.1917, GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 7. 185 Vgl. Verhandlungsbericht der Vorstands- und Ausschußsitzung (wie Anm. 183). 186 Über »Die Ethik Jesu und die moderne Frau«, vgl. Monatsblatt 3 (1915), Nr. 1, S. 14. 187 Referatsthema war »Die Grundlage und die Grundsätze der modernen Frauenbewegung«, vgl. ebd., 2 (1914), Nr. 1, S. 15. Für seine Ausführungen erntete er »demonstrativen Beifall«, vgl. DTZ, Nr. 629, 10.12.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 150. 188 Vgl. DAG 15 (1913/14), Literarische Beilage , Nr. 2, 28.11.1913, Sp. 27f. 189 Vgl. Gutsfrau 4 (1915/16), Nr. 17, S. 363. 190 Über »Die Sicherung des Volksbestands in Deutschland«, vgl. Monatsblatt 3 (1915), Nr. 6, S. 3f. 191 Vgl. Gertrud Bäumer, Wieder einmal Herr von Gruber, in: Frau 21 (1913/14), Η . 1, S. 50. Gruber sprach sich »mit großer Entschiedenheit gegen die Frauenrechtlerinnen aus. Sie wollen nicht mehr Gebärmaschinen werden ... Sie wollen jetzt Gedankenmaschinen werden. Das aber sollen sie nur den Männern überlassen ... Denn Konsequenz ist niemals der Erbteil des weiblichen Geschlechts gewesen.« Vgl. BT, Nr. 480, 21.9.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 79f. 192 Weiterhin verlangte er einen obligatorischen Fortbildungsunterricht fur Mädchen zur Vorbereitung auf ihre Mutter- und Hausfrauenrolle sowie die Abschaffung von Kinderkrippen. Die evangelische Reformation fand diese Vorschläge »bemerkenswert«, vgl. 16 (1917), Nr. 3, 21.1.1917, S. 33. 193 Vgl. Rüge, Allertiefste Not. 194 Vgl. Monatsblatt 3 (1915), Nr. 3, S. 4. 195 Vgl. ebd., 6 (1918), Nr. 5 / 6 , S. 8. 196 Vgl. ebd., 5 (1917), Nr. 3, S. 6. 197 Vgl. Marie Wegner, 1913, in: FG 8 (1913/14), S. 53f. 198 Vgl. »Der Kampf gegen das Frauenstimmrecht, in: B.G.F.-Korrespondenz 1 (1912), Nr. 4, November 1912, S. 3f. 199 Vgl. Monatsblatt 2 (1914), Nr. 1, S. 15. 200 Vgl. AB 23 (1913), Nr. 265, S. 267. Den zugesagten ausführlichen Bericht blieb das Verbandsorgan seinen Lesern jedoch schuldig - ein weiteres Indiz dafür, daß sich Verbandsleitung und Basis des ADV in ihrer Haltung zur >Frauenfrage< nicht einig waren. 201 Vgl. Monatsblatt 2 (1914), Nr. 2, S. 26. 202 Vgl. ebd., 5 (1917), Nr. 2, S. 4. 203 Vgl. ebd., 2 (1914), Nr. 6, S. 57f.

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Anmerkungen

zu S.

146-148

2 0 4 Vgl. Hessisches HStA Wiesbaden, Aktenbestand Preußischer Regierungspräsident, Abt. 4 0 5 , Nr. 6 0 9 5 , Bl. 9 0 . 2 0 5 Die Akten weisen die Bestände als »Geschenk des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der I rauenemanzipation, Berlin« aus, vgl. Akzessionsjournal der Universitätsbibliothek Tübingen 1 9 1 3 , Eintrag vom 4 . 8 . 1 9 1 3 . 2 0 6 Im Staatsarchiv Dresden, Ministerium des Innern, Nr. 4 4 0 1 ist als Bl. 31 Ludwig Langemanns Schrift »Der Deutsche Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation. Seine Aufgaben und seine Ziele« abgelegt. Als Übermitder kommt der Antifeminist Max Theodor Forkhardt in Betracht, der für die Jahre 1914ff. im Sächsischen Staatshandbuch als Sekretär im Kultusministerium verzeichnet ist. 2 0 7 Vgl. GStA Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 7 7 , Tit. 6 6 2 , Nr. 154, Bd. 1, Bl. 75. 2 0 8 Das Hakenkreuz war seit der Jahrhundertwende zum bevorzugten Symbol völkischer Gruppierungen geworden und kodierte mehr und mehr einen rigiden Antisemitismus. Hakenkreuze erschienen auf den Flugblättern und Broschüren antisemitischer Vereinigungen, auf Werbeanzeigen fiir »germanische« Literatur und in einschlägigen Zeitschriften. Der Volkserzieher führte das Enblem im Titel, und auch auf der Wiener Ostara war die Swastika häufi g abgebildet. Ostara- Herausgeber Lanz von Liebenfels hißte zu Weihnachten 1 9 0 7 eine Hakenkreuzflagge auf seiner Burg Werfenstein. Auch Guido von List zählte das Hakenkreuz zu stinem bevorzugten Symbolfundus; ebenso vermutlich seine Anhänger wie etwa der Antif:minist Philipp Stauff. Die Thüle-Gesellschaft, 1918 (u.a.) aus dem mit der antifeministischen Liga verflochtenen Germanenorden hervorgegangen, führte das Hakenkreuz in ihren Bunc esnadeln und verwendete es als Verbandszeichen in Ausweisen sowie für Briefköpfe. Die Brigade Ehrhardt, zu der der Antifeminist Arnold Rüge in Verbindung gestanden sein will, trug es am Stahlhelm, andere Freikorps führten es in ihrer Standarte. Vgl. auch Rabbow, s.v. »Hakenkreuz«, S. 1 1 0 - 1 1 8 . 2 0 9 Vgl. GStA Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 7 7 , Tit. 6 6 2 , Nr. 1 5 4 , Bd. 1, Bl. 75. 2 1 0 »Eingabe der Ortsgruppe Bremen des Deutschen Bundes gegen die Frauenemanzipation gegen eine Petition des >Bremer Vereins fur Frauenstimmrecht< um Abänderung der Wahl Vorschriften, betr. die Ableistung des Staatsbürgereides, dafür, daß auch die Frauen das Bürgerrecht erlangen können«, datiert vom 1 4 . 1 . 1 9 1 1 , Staatsarchiv Bremen, Senatsregistratur, 5 tA 3-V.2. Nr. 1042. Wahrscheinlich beruht die Datierung auf einem Lesefehler, bei dem 1911 mit 1 9 1 4 verwechselt wurde. Das Monatsblatt des antifeministischen Bundes berichtete von der Petition im Mai 1 9 1 4 , vgl. 2 ( 1 9 1 4 ) , Nr. 5, S. 50f. 2 ] 1 Vgl. Monatsblatt 2 ( 1 9 1 4 ) , Nr. 7 / 8 , S. 73f. und ebd., Nr. 5, S. 50f. 2] 2 Ludwig Langemann, Warum müssen Kirche, Gemeinde und Staat das Frauenstimmrecht grundsätzlich ablehnen? Denkschrift des Deutschen Bundes gegen die Frauenemanzipation, o. O., o. J. [Berlin 1 9 1 5 ] , archiviert im Staatsarchiv Bremen, Senatsregistratur, StA 3-V.2. Nr. 1 0 4 2 . 21 3 Vgl. Bayerisches Hauptstaatsarchiv, MA 9 2 7 6 5 . 2 1 4 Vgl. Monatsblatt 6 ( 1 9 1 8 ) , Nr. 1 / 2 , S. 2. Zum Inhalt vgl. Langemann

u. Hummel.

21.5 Was auf den ersten Blick widersinnig anmuten mag, hatte den Sinn, einen weiblichen Befähigungsnachweis minderer Güte zu vermeiden, der, so fürchtete man, die Gruppe der weiblichen Studierenden überhaupt in Mißkredit bringen würde. »Frauenbildung-Frauenstudiuni« lehnte einen weiblichen >Sonderweg< zum Abitur ab und votierte dafür, die Mäd:henbildung den Bildungspatenten der Knaben anzugleichen. 2: 6 Vgl. Monatsblatt 2 ( 1 9 1 4 ) , Nr. 6 , S. 57.

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Anmerkungen zu S. 148-149 2 1 7 Vgl. ebd., 4 (1916), Nr. 10/11, S. 4f. 218 Vgl. zum Beamtinnen-Zölibat ausfuhrlich Hahn und Huerkamp, Bildungsbürgerinnen. 219 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 5 und ebd., Nr. 10, S. 83f. 2 2 0 Vgl. Werner, Protestantismus, S. 87. 221 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 9, S. 65; ebd., Nr. 10, S. 82; Titelblatt der B.G.F.Korrespondenz. 222 Vgl. Monatsblatt 6 (1918), Nr. 1/2, S. 1. In welchem Zeitraum und wie lange »Deutsche Frauenart« erschien, war ebensowenig herauszufinden wie Auflagenhöhe oder Abonnentenkreis. Auch im untersuchten Archivmaterial ist kein Exemplar des Pressedienstes mehr erhalten. 223 Vgl. Verhandlungsbericht der Vorstands- und Ausschußsitzung vom Sonnabend den 13.7.[19]18 im Ratskeller des Rathauses in [Berlin-]Friedenau, GLA Karlsruhe 69, Nl. Arnold Rüge Nr. 7. Neben Marie Diers gehörten dem Gremium Ida von Meerheimb, Anna Schellenberg, Käthe Sturmfels-Becker, Helene Hummel und Frau Moersberger an. Mit Ausnahme der letzteren hatten sich alle Mitglieder des Frauenpresseausschusses bereits durch publizistische Tätigkeit im Sinne des Bundes ausgewiesen. Über die Aktivitäten des Gremiums geben die Quellen keine Auskunft. 2 2 4 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 9, S. 79. 225 Vgl. ebd., 1 (1913), Nr. 10, S. 83. Besonders hervorgehoben wurden die völkischen Aktivisten Arnold Rüge, Adolf Bartels und Philipp Stauff, Werner Heinemann und Richard Döring vom DHV, die Mediziner Max von Gruber und Kurt Ollendorf, der Abtreibungsgegner Eduard von Liszt, der alldeutsche Historiker Dietrich Schäfer, der spätere DNVPFraktionsfuhrer Ernst Oberfohren, die Schriftsteller und Journalisten Wilhelm Schäfer, Anna Schellenberg, Henry Urban, Elisabeth Hancke, Walter Boelicke, Oscar Α. H. Schmitz und Kathinka von Rosen, die Christlich-Nationale Ida von Meerheimb, das Pfarrerehepaar Werner sowie etliche Lehrer und Juristen, größtenteils Ausschuß- oder Vorstandsmitglieder des Bundes. Allein Ludwig Langemann, der langjährige Schriftleiter des Monatsblattes, war gleichzeitig freier Mitarbeiter bei der Post, den Itzehoer Nachrichten, dem Göttinger Tageblatt, beim Reichsboten, der Anklamer Zeitung, den Kieler Neuesten Nachrichten und der Nordwest Zeitung; seine Artikel wurden gelegentlich auch in der Süddeutschen Zeitung nachgedruckt. Vgl. die Quellenbelege bei Langemann, Kampf des Papsttums und ders., Wille zum Leben. 2 2 6 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 10, S. 83. 2 2 7 Das Organ pries den antifeministischen Bund ausdrücklich als »Gesinnungsgenossen und Mitarbeiter«, vgl. Frauenhülfe 12 (1912), Nr. 11, S. 319. 228 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 5, S. 40; ebd., 2 (1914), Nr. 3, S. 36. 229 Vgl. ebd., 2 (1914), Nr. 3, S. 36. 2 3 0 In der Produktwerbung, die vermehrt auf die Wirkung von Aktion und Graphik setzte, rechnete das »Verteilen von Zetteln« allerdings schon damals zu den »charakteristischen Überrest(en) der primitiven Reklame«, vgl. Platzhoff-Lejeune, S. 11 und als Kompendium der zeitgenössisch diskutierten Werbeformen Ruben. Zur politischen Reklame vgl. Liesenberg. Die Flugschriften, auf die im folgenden Bezug genommen wird, sind archiviert im GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 92. 231 Vgl. Clara Regenhardt, Die erste Tagung der »Antis«, in: Centralblatt 14 (1912/13), Nr. 16, S. 125. 232 Vgl. Langemann, Bund; ders., Frauenstimmrecht; ders., Auf falschem Wege; Hancke, Frauenbewegung; Ollendorf. Ollendorfs Broschüre war aus einer Berliner Versammlung im

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Anmerkungen zu S. 149-152 Februir 1913 hervorgegangen, vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 2, S. 16. Bei Langemanns programmatischer Abhandlung über den antifeministischen Bund handelte es sich einer Auskunft des Staatsarchivs Dresden zufolge (Schreiben an die Autorin vom 8.4.1991, Aktenzeichen B: 4 2 1 / 9 1 ) um seine Ansprache bei der Gründung der Ortsgruppe Berlin. 23.S Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 2 , S . 16. 234 Vgl. Werner, Gefährdung; Langemann u. Hummel, Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. 23!i Vgl. die Preisliste in Monatsblatt 1 (1913), Nr. 5, S. 40. 23 Der Vaterländische Schriftenverband veröffentlichte in seiner 28. Flugschrift einen Aufsai ζ der Antifeministinnen Anna Schellenberg und Helene Dose über Ziele der modernen Frauenbewegung, vgl. DV 1 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 5, S. 200. Julius Werner brachte eine ganze Reihe von Vortragen und Broschüren im Stiftungsverlag Potsdam heraus, der zur evangelischen Fraue lhilfe gehörte, vgl. z.B. Frauenkraft. Nach der Gründung des Bundes zur Bekämpfung der F -auenemanzipation wiederaufgelegt wurde Eduard von Liszts Abhandlung Weibliche Erwei bsfahigkeit und Prostitution, die ursprünglich als Sonderausgabe der (österreichischen) Ostara-Hefte erschienen war. Arnold Rüges Vorschläge zur Mobilmachung der deutschen Fraue ikräfte für den Krieg erschien beim Berliner Verein der Soldatenfreunde. 23 7 Vgl. etwa Rüge, Wesen der Universitäten; ders., Dienst der Frauen; Sigismund, Fraue istimmrecht; ders., Frauenbewegung; Hancke, Moderne Amazonen. 233 Ebd., Ob die Einschätzung von 10.000 abzusetzenden Exemplaren von »Fraueneman:;ipation und Frauenstimmrecht« realistisch war, läßt sich nicht mehr nachrechnen, darf aber dennoch bezweifelt werden. Zwar wurde in der ersten Ausgabe des Monatsblattes vom Januar 1913 mitgeteilt, daß ein Bundes-Mitglied allein 1.000 Exemplare der ersten antifeministischen Propagandaschrift geordert habe, vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 8. Doch flaute das Interesse an der Organisation, zumindest was die Berichterstattung in der Presse anging, mit Beginn des Ersten Weltkriegs jäh ab, was sich sicher auch auf den Absatz der Werbeschriften auswirkte. 23 ? Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 8. In stereotyper Wiederholung findet sich in fast jeden Monatsblatt die Aufforderung, doch endlich die Jahresbeiträge an die Geschäftsstelle zu entrichten. 2 4 D Vgl. Verhandlungsbericht der Vorstands- und Ausschußsitzung vom Sonnabend den 13.7.| 19]18 im Ratskeller des Rathauses in [Berlin-] Friedenau, GLA Karlsruhe 69, Nl. Arnold Rüge Nr. 7. Je nachdem, ob man die Beitragssätze für Ehepaare oder Einzelpersonen zugrunde legt, müssen im Bund demnach 1918 mindestens 4 0 0 bis 550 zahlungsunwillige Mitglieder organisiert gewesen sein. 241 Vgl. z.B. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 5, S. 40; D V 8 (1920), Nr. 1,S. 8;Nr. 2 / 3 , S . 16. 2 4 1 Vgl. Verhandlungsbericht der Vorstands- und Ausschußsitzung vom Sonnabend den 13.7.119]18 im Ratskeller des Rathauses in [Berlin-]Friedenau, GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 7 243 Vgl. Monatsblatt 4 (1916), Nr. 8 / 9 , S. 7.

4. Frauenpolitische Kontroversen 1 9 1 2 - 1 9 1 4 1 Die Hugenberg-Gruppe war direkt oder mittelbar beteiligt an der Post, am Tag, den Münchner Neuesten Nachrichten sowie an ΗΝ, BNN, DK, DZ und BLA. Über Korrespondenten-Dienste stand sie darüber hinaus mit der DTZ, der Kreuz-Zeitung, der Rheinisch-

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Anmerkungen zu S. 152 Westfälischen Zeitung und der Schlesischen Zeitung in Verbindung, vgl. die verdienstvolle Studie von Guratzsch, insb. S. 330f., 397f., 401, 413, 420. Die Tatsache, daß beinahe alle Blätter, die antifeministische Stellungnahmen veröffentlichten, von der Hugenberg-Gruppe beeinflußt waren, erklärt sich aus dem bevorzugten Interesse Hugenbergs fiir die >nationale< Presse. Zu Hugenberg vgl. Holzbach sowie Wernecke u. Heller. 2 Vgl. etwa Ludwig Langemann, Frauenerwerb und Frauenbewegung, in: Post, Nr. 225, 14.5.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 6 2 , S. 59f.; Ernst Oberfohren, Gemeinschaftserziehung, in: BNN, Nr. 55, 31.1.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 86f.; ders., Frauenbewegung und Antimilitarismus, in: Kreuz-Zeitung, Nr. 244, 28.5.1913, ebd., S. 193f.; Elisabeth Hancke, Englische Frauenrechtlerinnen, in: Schlesische Zeitung, Nr. 3 7 , 1 6 . 1 . 1 9 1 3 , ebd., S. 71; Julius Werner, Die Stimmrechtsforderungen in der modernen Frauenbewegung, I und II, in: RB, Nr. 300, 23.12.1913 und Nr. 301, 24.12.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 1 6 2 - 1 6 4 ; Emst Oberfohren, Zur Kritik der radikalen Frauenbewegung, in: Ostpreußische Zeitung (Königsberg), Nr. 181, 5.7.1913, ebd., S. 38; Woltersdorff, Was will die Frauenemanzipation?, in: NAZ, Nr. 241, 12.10.1913, ebd., S. 102f.; Marie Diers, Die Frauen und der Patriotismus, in: DTZ, Nr. 44, 25.1.1914, ebd., S. 194f.; Ludwig Langemann, Der Westdeutsche Frauenstimmrechtstag, in: HC, Nr. 319, 11.7.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7966, S. 55; Oscar Α. H. Schmitz, Hetärentum und Frauenemanzipation, in: Neuer Merkur (München), November 1914, zit. nach Frau und Staat 4 (1915/16), Nr. 1, S. 1. Selbst das freikonservative Neue Deutschland, das die antifeministische Liga noch 1912 scharf kritisiert hatte, gab nun organisierten Emanzipationsgegnern Raum, vgl. ders., Frauenrecht, Nr. 33, 16.5.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7965, S. 152f. 3 Vgl. u.a. DTZ, Nr. 4 7 8 , 11.10.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 6 2 , S. 197; StaatsbürgerZeitung, Nr. 163, 14.7.1912, ebd., S. 128; BNN, Nr. 265, 28.5.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 193; BNN, Nr. 6 3 9 , 1 7 . 1 2 . 1 9 1 3 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 157f.; PAR 13 ( 1 9 1 4 / 15), Nr. 3, Juni 1914; NAZ, Nr. 142, 20.6.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7966, S. 36; BNN, Nr. 3 3 5 , 5 . 7 . 1 9 1 4 , ebd.,S. 55f. 4 Vgl. u.a. DV 1 (1913/14), H. 10, S. 397; Wehr 2 (1913), Nr. 10, S. 4; ebd., 5 (1916), Nr. 2, unpag; AB 23 (1913), Nr. 35, S. 287f.; Ostpreußische Zeitung, Nr. 1 8 1 , 5 . 7 . 1 9 1 3 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 38; GF 1 (1912/13), H. 21, unpag.; ebd., 2 (1913/14), Nr. 3, unpag.; DAG 15 (1913/14), Literarische Beilage, Nr. 2, Sp. 27f.; Hammer 12 (1913), Nr. 262, S. 276f.; NM 4 (1917), H. 4/5, S. 204; PAM 14 (1915/16), Nr. 12, S. 672; NAZ, Nr. 165, 16.7.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 45; Die Nornen (Wälsungenorden) 2 (1913), Juliheft 1913, S. 19f. und die Zusammenstellung von Pressenachweisen in Monatsblatt 2 (1914), Nr. 2, S. 28, die vom Plauener Sonntagsanzeiger bis zum Wiener Alldeutschen Tageblatt reichten. 5 Vgl. DHW 19 (1912), Nr. 14, S. 268f.; ebd., Nr. 22, S. 426f.; ebd., 2 0 (1913), Nr. 18, S. 359; ebd., Nr. 21, S. 4 1 3 - 4 1 5 . Bei der Eröffnung des 13. Handlungsgehilfentages 1913 sprach der Frankfurter Pfarrer Julius Werner von der Christlich-nationalen Gruppe im antifeministischen Bund ein Grußwort, vgl. Schriften des DHV, Bd. 60/61, S. 1 7 - 2 0 . Auch die Festrede zum Abschluß der Tagung wurde Werner übertragen, vgl. DHW 20 (1913), Nr. 14, S. 269f. 6 Vgl. u.a. »Braucht der Staat die Frauen?«, in: DHW 19 (1912), Nr. 24, S. 475f.; Habermann, Das Ziel der staatsbürgerlichen Erziehung in der Beleuchtung einer Frauenrechtlerin, in: ebd., 2 0 (1913), Nr. 12, S. 229f.; »Staat und Gesellschaft. Stimmen zur Frauenfrage«, in: ebd., 21 (1914), Nr. 10, S. 193f. Ältere Argumentationsmuster blieben daneben jedoch weiterhin bestehen, vgl. ebd., 2 0 (1913), Nr. 3, S. 5 0 - 5 2 . 7 Vgl. Richard Döring, Auf dem Vormarsch, in: ebd., Nr. 18, S. 366. 8 Vgl. »Das neue Jahrbuch«, in: ebd., Nr. 21, S. 419.

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Anmerkungen zu S. 153-154 9 Vgl. »Weibliche Richter« und »Frauenkraft im Schuldienst«, in: ebd., 21 (1914), Nr. 10; »Frauen im Staatsdienst«, in: ebd., Nr. 7, S. 127; W. D., Bevölkerungspolitik, in: ebd., 23 (1916), Nr. 1, S. 3f. Kaupps Vortrag über Frauenarbeit und Rassenhygiene auf dem Handlung sgehilfentag 1913 wurde nach dem Bericht der Handels-Wacht von mehr als 2 0 0 0 Handlungsgehilfen gehört, vgl. 20 (1913), Nr. 13, S. 2 5 3 - 2 6 0 , hier S. 258. 10 Vgl. Richard Döring, Auf dem Vormarsch, in: ebd., 20 (1913), Nr. 18, S. 366. 1 L Vgl. »Weibliche Leitung städtischer Lyzeen«, in: DPB 23 (1915), Nr. 4 5 , S. 704f. und die »Stellungnahme der Kölner Philologen, ebd., S. 705f. 12 Vgl. ebd., 20 (1912), Nr. 21, S. 306. 13 Vgl. Ferd. Kirchner, Wahrschcinlichkeitsrechung und Konferenzbeschlüsse, in: Lyzeum 2 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , H. 3, S. 1 2 6 - 1 3 6 . 14 Vgl. E.D., Jahrbuch der Frauenbewegung 1913, in: KW 2 6 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , H. 13, S. 7 5 77. Iii Vgl. ebd., 25 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , H. 20, S. 137f., und E. S., Der Bund zur Bekämpfiing der Frauenemanzipation, in: ebd., 27 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Η. 1, S. 331f. Ii) Vgl. K. L., Frauenstimmrecht und Rassenhygiene, in: ebd., 27 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 16, und Fritz Lenz, Frauenstimmrecht und Rassenhygiene, in: ARGB 10 (1913), H. 3, S. 411. Γ 7 Die Verschiebung des Erklärungsmusters läßt sich selbst an zwei Folgeaufsätzen einund desselben Autors zeigen, vgl. /. Graßl, Volkserneuerung, in: ARGB 8 (1911), H. 2, S. 178· 197, insb. S. 186. Nach der Formierung der antifeministischen Liga erschien ihm die »Erkrankung des Muttertriebes« als »Effekt des Feminismus«, vgl. ders., Einiges über den Generationswechsel, in: ebd., 9 (1912), H. 6, S. 7 1 8 - 7 2 9 , Zitat S. 728. Zwar durfte Stammautorin Agnes Bluhm die Borntraegersche These vom Zusammenhang zwischen Frauenbewegung und Geburtenrückgang zunächst noch einer Kritik unterziehen (vgl. ebd., H. 5, S. 664-671), doch stellte die studierte Ärztin später klar, daß »Beruf und Mutterschaft... fur cie Allgemeinheit der Frauen immer Gegensätze bleiben« müßten, vg. ebd., 11 ( 1 9 1 4 / 15), H. 5, S. 6 7 7 - 6 7 9 , Zitat S. 678. Iii Vgl. /. Graßl, in: ebd., 10 (1913), H. 4 , S. 550. 19 Vgl. Fritz Lenz, Zur Frauenfrage, in: ebd., 10 (1913), H. 6, S. 824f.; ders., Ein weibliches Urteil gegen die Emanzipation, in: ebd., 11 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , H. 2, S. 218f. Vgl. auch ebd., 9 (1912), H. 6, S. 800f. und ebd., 10 (1913), H. 2, S. 238f. 20 Vgl. Weindling, S. 145 und S. 238. 2 1 Vgl. etwa seine Besprechung von Felix A. Theilhaber, Das sterile Berlin. Berlin 1913, in: ARGB 10 (1913), H. 4, S. 5 3 9 - 5 4 5 , insb. S. 541. Für Lenz' Mitgliedschaft im antifeministische ι Bund spricht auch ein Stoßseufzer, der ihm 1913 aus tiefstem Herzen zu kommen schitn: das »Gebahren mancher Frauenrechtlerinnen«, schrieb er in der Besprechung einer Broschüre der Antifeministin Anna Schellenberg, »hat uns fast schon irre gemacht an der weiblichen Seele, an deren Tiefe und Treue zu glauben uns Männern ein Lebensbedürfnis ist«. Vgl. Fritz Lenz, Zur Frauenfrage, in: ebd., H. 6, S. 825. 2.1 Vgl. »Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation«, in: DTZ, Nr. 520, 13.10.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 1 0 4 - 1 0 6 , hier S. 104f.; ähnlich auch VZ, Nr. 520, 13.10.1913 und HC, Nr. 5 2 9 , 1 7 . 1 0 . 1 9 1 3 , StA HH, PP, S 18846, S. 52. Auch die Protestversaminlung der Stimmrechtsvereine in Potsdam fand unerwartet regen Zuspruch, vgl. die beinihe wörtlich übereinstimmenden Berichte von NAZ, Nr. 2 7 3 , 1 9 . 1 1 . 1 9 1 3 und DTZ, Nr. 585, 17.11.1913, BAP 61 Re 1, Nr. 7964, S. 134. 23 Mit der sozialdemokratischen Frauenbewegung beschäftigte sich der antifeministische Bund nicht. Sie erschien lediglich als Bestandteil einer allgemeinen »roten Gefahr«. Deshalb wird in dieser Arbeit darauf verzichtet, diesen Strang der Frauenbewegung zu thematisieren.

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Anmerkungen zu S. 154-156 24 Vgl. »Erklärung des Bundes deutscher Frauenvereine zur Organisation der Gegner«, in: Frau 19 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , H. 10, S. 630f.; in: FB 18 (1912), Nr. 13, S. 101 und in: EFZ 12 ( 1 9 1 1 / 12), Nr. 19, S. 148f. Die Erklärung des B D F wurde auch an die Vorstandsmitglieder des antifeministischen Bundes geschickt, vgl. HLA, BDF, Film Nr. 1 3 - 4 5 / 1 . 25 Vgl. Minna Cauer, Der Bund der >echt starken< Männer und der >echt weiblichen< Frauen, in: FB 18 (1912), Nr. 12, S. 91f., und »Die >Antisecht starken< Männer und der >echt weiblichen< Frauen, in: FB 18 (1912), Nr. 12, S. 91f. Die Sequenz »Diese >echt starken< Männer ... erhöhen und verschönern« wurde entgegen dem Originaltext zum besseren Verständnis des Zitats einen Satz nach vorne gezogen. Vgl. auch den spöttischen Kommentar Anita Augspurgs in FS 1 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , H. 12, S. 267. 36 Vgl. B.G.F.-Korrespondenz des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, Η. 1, Juli 1912, sowie Ludwig Langemann, Frauenbewegung und Frauenbildungsfrage, in: Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 1 - 4 ; Woltersdorjf, Frauenbewegung als Individualismus, in: ebd., Nr. 2, S. 1 lf., und »Man hüte sich vor den Gemäßigten«, in: ebd., S. 15. 37 Vgl. BNN, Nr. 356, 15.7.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 130 und »Auch ein Dokument der Frauenbewegung«, in: Monatsblatt 1 (1913), Nr. 11, S. 99. Die Kritik bezog sich auf die FB vom 15.4.1912.

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Anmerkungen zu S. 157-158 38 So die DEF-Vorstandsfiau Gräfin Groeben in einem Brief an Gertrud Bäumer vom 20.11.1913, in dem sie um eine erneute offizielle Abgrenzung des BDF gegen den Bund fur Mutt:rschutz bat, vgl. HLA, BDF, Film Nr. 1 3 - 4 5 / 2 . Vorausgegangen war eine Kontroverse um »Frauenbewegung und Sittlichkeitsfrage« zwischen dem antifeministischen Bundesmitglied Woltersdorff und Paula Mueller, in: Post Nr. 2 6 3 , 8.6.1913; Nr. 352, 30.7.1913; Nr. 365, 7.8.1913; Nr. 4 3 9 , 1 9 . 9 . 1 9 1 3 ; Nr. 4 7 7 , 1 1 . 1 0 . 1 9 1 3 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 7, S. 52, S. 54, S. 77 u. S. 98f. 39 Vgl. Paula Mueller, Die Verdächtigungen der Frauenbewegung, in: E F Z 1 4 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 20, S. 153f. und den vorausgegangenen Briefwechsel zwischen Paula Mueller (Schreiben vom 20.6.1914) und Gertrud Bäumer (Antwort vom 27.6.1914), HLA, BDF, Film Nr. 1 3 4 5 / 2 . Vgl. zu den Vorgängen auf der Generalversammlung des B D F 1908 Gerhard, Unerhört, S. 273f. und die dort angeführte Literatur. 4(i Vgl. Gertrud Bäumer, Die Gegner, in: C B 14 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 20, S. 1 5 3 - 1 5 5 . 41 Dieses Faktum belegt, wie groß die sexualmoralischen Tabus nach wie vor in Bezug auf Frauen waren - trotz der diskursiven Libertinage. 42 Vgl. »Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation«, in: HC, Nr. 300, 15.6 1912, StA Hamburg, PP, S 18846, S. 8 und E. Krukenberg, Frauen-Emanzipation, in: Bonner Zeitung, 16.6.1912, HLA, BDF, Film Nr. 1 3 ^ 5 / 3 . 4;! Vgl. Gertrud Bäumer, Emanzipation und Emanzipation, in: Frau 21 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 5, S. 2f 4-286, ZitatS. 286. 44 Bereits im April 1913 hatte Wilhelm Stapel im Kunstwart (Jg. 26, H. 14, S. 155f.) die Verurteilung der Suffragetten durch »unsre deutschen Stimmrechtlerinnen« gefordert. Um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: Sowohl die Zurückweisung sexueller Reformen als auch die Ablehnung der Suffragetten dürften die meisten BDF-Vorstandsfrauen nicht nur aus takti sehen Gründen, sondern aus eigener Überzeugung unterschrieben haben. Die öffentliche Derr onstration dieser Gesinnung war jedoch den Angriffen der Antifeministen und insbesondere dem Auftreten des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation geschuldet. Die vom linken Flügel heftig kritisierte - Erklärung gegen die englischen Suffragetten resultierte daraus, daß »jede Ausschreitung der Suffragettes ... gegen uns ausgebeutet und als Abschrekkun;;smittel gegen unsere Ziele und Forderungen benutzt« wird (vgl. den Briefwechsel zwische ι Bäumer und Mueller, HLA, BDF, Film Nr. 1 2 - 4 5 / 2 . Einen Grund, um »solchen irrigen Sehl aßfolgerungen entgegenzutreten«, hätte der BDF, betrachtet man die bürgerliche Presse, spätestens seit 1910 gehabt. Wenn der Vorstand aber damit bis zum Mai 1913 wartete, liegt der zeitliche Zusammenhang mit der Polemik der organisierten Emanzipationsgegner auf der Hand. 4 5 Vgl. Gertrud Bäumer i.A. des Gesamtvorstands des BDF, Zur Kampfesweise der Suffragettes, in: FF 15 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 3, S. 17f. Vgl. dazu auch die - größtenteils zustimmenden Stellungnahmen der einzelnen im BDF organisierten Verbände im HLA, BDF, Film Nr. 13-44. Auf scharfen Protest stieß die Erklärung lediglich bei Marie Stritt und einigen Hamburger >Raclikalenbeleidigten Mannesgefuhl·, in: Frau 17 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , H. 4 , S. 2 0 3 - 2 1 0 ; dies., Die Gegner der weiblichen Leitung öffentlicher Mädchenschulen und ihre Kampfesweise, in: ebd., 18 ( 1 9 1 0 / 1 1 ) H. 5, S. 2 6 3 - 2 7 5 . 53 Vgl. Helene Lange, Der Bund zur Verbreitung von Irrtümern, in: Frau 21 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Η. 1, S. 35. Am 27.6.1914 seufzte Gertrud Bäumer in einem Brief an Paula Mueller: »Ich bin im Augenblick auch mit der unangenehmen Aufgabe der Berichtigung von 5 oder 6 Zeitungsartikeln beschäftigt. Einmal wird man sich ja durch diese Betriebsamkeit der Herren Gegner hindurchgebissen haben. Aber wer weiß, wie lange es noch dauert, bis man seine Zeit für besseres verwenden kann.« Vgl. HLA, BDF, Film 1 3 ^ 1 5 / 2 . 54 Vgl. Helene Lange, Herrn Langemanns Verteidigung, in: Frau 21 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 2, S. 114. 55 »Die >AntisAntis< in Berlin«, in: FB 19 (1913), Nr. 5, S. 35f., und A. von Gottberg, Noch einmal der DHV, in: FG 8 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 11, S. 91. Solange die schwäbischen Stimmrechtlerinnen noch nicht selbst über geschulte Rednerinnen verfugten, hatten sie ihre Freunde von der liberalen Württembergischen Vereinigung dorthin geschickt. 61 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 2, S. 13 und S. 14; ebd., Nr. 3, S. 23. 62 Vgl. die Einladung der Ortsgruppe Groß-Berlin vom Januar 1913 in HLA, BDF, Film Nr. 1 3 ^ 5 / 3 . 63 Vgl. Monatsblatt, Nr. 5, S. 39. In Kiel kam es - vor allem dank des rührigen Bundesvor-

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Anmerkungen zu S. 160-162 sitzenden Langemann - häufiger zu Auseinandersetzungen bei Veranstaltungen des örtlichen Frauenstimmrechtsvereins, vgl. KNN, Nr. 98, 27.4.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 153f. 64 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 5, S. 39 und »Eine öffentliche Auseinandersetzung mit den preußischen Stimmrechtlerinnen«, in: RB, Nr. 84,11.4.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 139f. sowie Frankfurter Zeitung, Nr. 272, 1.10.1913, ebd., Nr. 7964, S. 87. 65 Vgl. Marie Wegner, Eine Sitzung der Antis, in: FG 8 (1913/14), Nr. 16, S. 139f. 66 Vgl. Elsa Hielscher, Der Anfang eines Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation in Schlesien, in: ebd., 7 (1912/13), Nr. 20, S. 156. 67 Vgl. R., Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation in Hamburg, in: Ham jurger Fremdenblatt, Nr. 35, 11.2.1913, StA H H , PP, S 18846, S. 16. Vgl. auch »Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation«, in: Hamburger Frauen-Zeitung. Nr. 4, 19.2.1913, StA H H , PP, S 18846, S. 41, und »Unsere lieben >AntisAntis< in Berlii«, in: FB 19 (1913), Nr. 5, S. 35f., und den gleichlautenden, leicht gekürzten Bericht »Aus dem Lager der Antis«, in: FG 7 (1912/13), Nr. 12, S. 92. 70 Vgl. Kurt Ollendorff, Die Frauenemanzipation in ärztlicher Beleuchtung, in: Monatsblatt 1 (1913), Nr. 3, S. 17-20; ebd., Nr. 4, S. 27-30; ebd., Nr. 5, S. 35, und die unter demselben Titel erschienene Schrift Nr. 3 des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frau:nemanzipation. Vgl. weiterhin »Frauenemanzipation in ärztlicher Beleuchtung«, in: Post Nr. 281,19.6.1913, StA H H , PP, S 18846, S. 44 (hier das Zitat), und »Die Frauenemanzipation in ärztlicher Beleuchtung«, in: RB, Nr. 155,5.7.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 39. 71 Vollständig lautet das Zitat: »Ich habe in vierzig Jahren der Arbeit für die Frauenbewegung eine lange Skala von mehr oder weniger nobler Feindseligkeit und alle Sorten von Gegnern kennen gelernt, aber ich muß sagen: etwas Abstoßenderes als diese christliche Christenverfolgung des Herrn Pfarrer Werner und die pharisäische Selbsterniedrigung der ihn in seiner Polemik unterstützenden Damen ist mir noch nicht zu Gesicht gekommen.« Helene Lan$e, Bischöfe, Pfarrer und das Frauenstimmrecht, in: Frau 21 (1913/14), H. 11, S. 6 4 1 645. hierS. 644. 71 Vgl. Julius Werner im Reichsboten vom 3.7.1912, zit. nach »Die Gegner der Frauenbewegung und ihre christlich-nationale Sondergruppe«, in: EFZ 12 (1911/12), Nr. 21, S. 161 f. 73 So die Einschätzung Paula Muellers, zit. nach Baumann, S. 333 (Anm. 73). 7 i Die »Männerentfremdung in der Kirche« hatte ihre Ursache nach Werners Auffassung »im Fehlen eines männlichen, zur Tat drängenden, kampfesfrohen Geistes. Und dieser Sch; den wird nicht verringert durch die größere Heranziehung von beruflicher Frauenarbeit, auch nicht durch Verleihung kirchlicher Wahlrechte an Frauen«, vgl. Julius Werner, Frauenfrage oder Männerfrage?, in: RB, 2.3.1905, Ε ZA, Bestand 7, Nr. 1251, S. 20. Vgl. auch Alexander Vömel, Männliches Christentum, in: GT 7 (1913/14), Nr. 5, S. 4. Zum Begriff »eedesia militans« vgl. Baumann, S. 209. In diesem Sinn auch das »Männer heraus!« bei Max Gla^e (ebenfalls Mitglied des antifeministischen Bundes), Weib. 75 Vgl. Paula Mueller, »Die Unverständlichkeiten« des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes, in: EFZ 14 (1913/14), Nr. 8, S. 57f. und Julius Werner in GT, Dezember 1913. 76 Die treffende Formulierung stammt von Baumann (S. 210); dort (S. 209f.) auch weitere Informationen zum Werdegang Werners.

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Anmerkungen

zu S.

162-163

7 7 So etwa des Alten Glauben, der sich nach der Gründung des antifeministischen Bundes zum Sprachrohr der Christlich-nationalen Gruppe machte, vgl. D A G 14 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 19, Sp. 4 5 1 ^ 5 3 . 7 8 Vgl. »Vom kirchlichen Frauenstimmrecht«, in: B.G.F.-Korrespondenz des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, Nr. 1, Juli 1 9 1 2 . U B Freiburg, Nl. Schemann, II D ) Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation; L.[angemann], Prinzipiell und taktisch, in: KNN, 2 1 . 9 . 1 9 1 2 , HLA, B D F , Film Nr. 1 2 - 3 9 ; F. Plriege!] in D A G 13 ( 1 9 1 1 / 12), Nr. 4 7 , Sp. 1 1 2 2 . 7 9 Vgl. Pfarrer Wurm, Stuttgart, in: Monatsblätter für Innere Mission, H . 12, Dez. 1 9 1 2 , zit. nach E F Z 13 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 10, S. 7 5 . 8 0 Der Reichsbote öffnete prominenten Emanzipationsgegnerinnen und -gegnern seine Spalten und druckte den Aufruf der Christlich-nationalen Gruppe »seiner grundsätzlichen Tragweite wegen im Wortlaut« nach, vgl. Nr. 1 5 3 , 9 . 7 . 1 9 1 2 , BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7 9 6 2 , S. 1 2 0 . In seinem Leitartikel »Frauenfrage und Antifeminismus« ( R B , Nr. 1 5 6 , 6 . 7 . 1 9 1 2 ) distanzierte sich Dietrich v. Oertzen zwar von der herrschen Verurteilung jeglicher Frauenbewegung durch den emanzipationsfeindlichen Bund und mißbilligte dessen »bloße Negation«. Inhaltlich stimmte er im wesentlichen mit den Positionen der antifeministischen Liga überein. Zur Kontroverse zwischen christlichen >Antis< und dem D E F vgl. etwa R B , Nr. 1 8 5 , 9 . 8 . 1 9 1 2 , BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7 9 6 2 , S. 160f.; R B , Nr. 1 8 7 , 1 1 . 8 . 1 9 1 2 , ebd., S. 1 6 3 ; R B , Nr. 1 8 9 , 1 4 . 8 . 1 9 1 2 , ebd., S. 1 6 5 ; R B , Nr. 1 9 6 , 2 2 . 8 . 1 9 1 2 , ebd., S. 167f; Julius Werner, Grundsätzliches in der modernen Frauenbewegung, in: R B , Nr. 2 1 5 , 1 3 . 9 . 1 9 1 2 , ebd., S. 176f.; »Das Hintertürchen«, in: ebd., Nr. 7 9 , 5 . 4 . 1 9 1 3 , BAP 6 1 Re 1, Nr. 7 9 6 3 , S. 131f. Auch der D E F warf dem Blatt Parteilichkeit vor, vgl. Paula Mueller, Im Kampf gegen unsere Angreifer, in: E F Z 12 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 2 3 , S. 1 7 7 - 1 8 2 ; S. Ό. d. Groeben, Zur Auseinandersetzung mit dem Reichsboten, in: ebd., 13 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 1, S. 2f. 8 1 Vgl. Dr. Ella Mensch, Zur Politisierung der Frau, in: R B , Nr. 1 5 6 , 6 . 7 . 1 9 1 2 . 8 2 Vgl. »Zur Kritik der Frauenbewegung«, in: Kreuz-Zeitung, Nr. 3 5 1 , 2 9 . 7 . 1 9 1 2 , BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7 9 6 2 , S. 152f.; Ida von Meerheimb, Zur Stellung gegenüber der christlichen Frauenbewegung, in: D T Z , Nr. 1 3 7 , 1 6 . 3 . 1 9 1 3 , BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7 9 6 3 , S. 1 2 3 ; Woltersdorf, Die Frauenbewegung und die Sittlichkeitsfrage. Offener Brief an den Deutsch-evangelischen Frauenbund, in: Post, Nr. 2 6 3 , 8 . 6 . 1 9 1 3 , BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7 9 6 4 , S. 7. Erst nach dem Einspruch Paula Muellers nahmen Kreuz-Zeitung und D T Z Entgegnungen des D E F auf, vgl. R B , Nr. 1 8 5 , 9 . 8 . 1 9 1 2 , BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7 9 6 2 , S. 1 6 1 ; Paula Mueller, Der Bund gegen die Frauenbewegung, in: D T Z , Nr. 3 6 1 , 1 9 . 7 . 1 9 1 2 , ebd., S. 1 3 6 und ihre Erklärung in der Kreuz-Zeitung, Nr. 3 4 5 , 2 5 . 7 . 1 9 1 2 , BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7 9 6 2 , S. 146f. Die D T Z veröffendichte den Artikel der »verdienten Vorkämpferin der positiven Frauenbewegung« mit dem ausdrücklichen Hinweis, sie identifiziere sich nicht mit der »hochgeschätzt(en)« Mitarbeiterin. Dagegen wurde in der Kreuz-Zeitung die Meinung geäußert, daß chrisdiche Frauen ihre Auffassung in der Öffendichkeit besser durch politische Mitarbeit vertreten könnten als durch »Gründungen von Antibünden«. Die Redaktion bat daraufhin ihre Leserinnen und Leser um ihren Kommentar, vgl. »Die chrisdiche Frauenbewegung«, in: Kreuz-Zeitung, Nr. 6 0 2 , 2 4 . 1 2 . 1 9 1 2 , BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7 9 6 3 , S. 47f. 8 3 Vgl. Ernst Bunke, Das kirchliche Wahlrecht der Frauen, in: Ref. 11 ( 1 9 1 2 ) , Nr. 3 4 , S. 5 3 8 - 5 4 0 . In der Folge entspann sich eine Debatte über die »Gefahr« der Frauenbewegung, in der eine Gegnerin der Frauenbestrebungen das letzte Wort erhielt. Die Lehrerin verwies Frauen auf soziale Arbeit und »positiv-chrisdiche« Volksmission - Positionen, die weit hinter den Ansatz des D E F zurückfielen und längst nicht mehr umstritten waren. Man wird nicht fehlgehen, diesen Aufsatz als Stellungnahme der Redaktion zu werten, vgl. Johanna Pachali,

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Anmerkungen zu S. 163-165 Falsche Frauenemanzipation und notwendige christliche Frauenbewegung, in: ebd., 13 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 39, S. 462f. 84 Vgl. Paula Mueller, Kirchliches Frauenstimmrecht, in: EFZ 1 3 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 8, S. 61f. Eine Ausnahme machte dabei die Hannoveranische Bezirkssynode, die sich für das aktive Pfari Wahlrecht der Frauen aussprach, vgl. RB vom 25.5.1911, EZA, Bestand 7, Nr. 1251, Bl. 82. Die Vorstellung, das kirchliche Frauenstimmrecht sei nur taktisches Vorgeplänkel für das politische Wahlrecht, knüpfte an eine Bemerkung Anita Augspurgs an, die im Anschluß an die Generalversammlung des Verbandes fortschrittlicher Frauenvereine 1905 nach einer Meldung der "äglichen Rundschau vom 5.10.1905 gesagt haben sollte, »daß die besondere Bemühung um Erlangung des kirchlichen Wahlrechts nicht einem hervorragenden konfessionellen Interesse, sondern taktischen Erwägungen entspringe, daß dieses Stimmrecht augenblicklich am Leicitesten zu erringen sei.« Vgl. ebd., Bl. 24. 8ö Vgl. Beschluß Nr. 29 vom 12.11.1909, in: EZA, Bestand 7, Nr. 1212, Beschlüsse der sechiten und siebten Generalsynode. Weil die Diakonissen vor allem von der Krankenpflege absorbiert wurden, fehlten den Kirchengemeinden Kräfte für die Leitung etwa von Kindergottesdiensten, Jungfrauen- und Arbeiterinnenvereinen, Konfirmanden- und Mütterversammlungen und für die Jugend-, Armen- oder Altenfürsorge. Die Eignung von Frauen wurde, als das Bedürfnis erst einmal erkannt war, mit ihren aus »Naturanlage und Bestimmung« resultierenden »charismatische(n) Kräfte(n)« begründet, vgl. Pastor Lie. G. Diettrich, Das aktive und passive Wahlrecht der Frauen in der Kirche, in: Das Reich, 11. und 19.5.1907, EZA, Bestand 7, Nr. 1251, Bl. 4 0 und 41. 8 5 Die Kurse erfreuten sich offenbar so großer Nachfrage, daß sie bald auch in gedruckter Form erhäklich waren, vgl. ebd., Nr. 1251, Bl. 76 (Rundschreiben des E O K vom 22.2.1911) und ebd., Nr. 3989, Bl. 31 und 34. 87 Vgl. Koreferat des Kieler Oberkonsistorialrats D. Kastan zu der Frage: Bietet die gege nwärtige Gestaltung des Verfahrens bei kirchlichen Gemeindewahlen Anlaß zu grundsätzlicher Änderung und in welcher Richtung?, in: EZA, Bestand A 1, Nr. 270, Deutsche Evangelische Kirchenkonferenz. Protokolle der 32. Tagung vom 11.-16.6.1914, Bl. 149f. Ob Kastan Mitglied im Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation war, ist nicht nachzuweisen. Da der Kirchenfunktionär in der gleichen Stadt wie der langjährige antifeministische Bundesvorsitzende Ludwig Langemann wohnte, läßt sich ein Kontakt jedoch begründet vermuten. 88 Vgl. ebd., Bl. 129. 89 Vgl. Zusammenstellung der Beschlüsse der 32. Deutschen Kirchenkonferenz, ebd. 9 0 Vgl. die Schreiben der Königlichen Konsistorien im EZA, Bestand 7, Nr. 1251. 91 Wie Anm. 88. 92 Vgl. EZA, Bestand 7, Nr. 1251, unpag. die mit Begleitbrief vom 27.11.1915 übersandte Denkschrift, den am 5.6.1916 beim Evangelischen Oberkirchenrat eingegangenen 7 . - 1 1 . Peti ionsbericht der Gemeindekommission, Haus der Abgeordneten, 22. Legislaturperiode. III. Session 1916, Nr. 2 3 5 / 2 3 9 , Drucksache Nr. 237sowie den am 8.2.1918 eingegangenen Bericht über die 109. Sitzung des Preußischen Hauses der Abgeordneten vom 15.1.1918. 93 Vgl. das Schreiben Voigts an Rüge vom 28.2.1916, ebd. 94 Vgl. den handschriftlich von Domkapitular Ficker protokollierten Beschluß vom 9 . . 1 9 1 5 bezüglich der an den Mainzer Bischof Kirstein übersandten Denkschrift des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, Dom- und Diözesanarchiv Mainz, F XV, Deutscher Bund gegen die Frauenemancipation 1915. 95 Die Frauenhilfe wurde bis 1916 vom Engeren Ausschuß des Evangelisch-Kirchlichen

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Anmerkungen zu S. 165 Hilfsvereins geleitet. Diesem Führungsgremium gehörte kraft Amtes der Kabinettsrat der Kaiserin und zeitweilige Vorsitzende des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, Carl von Behr-Pinnow, an, vgl. Baumann, S. 2 5 0 , Anm. 49. Der Generalsuperintendent Wilhelm Zoellner, Erstunterzeichner des antifeministischen Aufrufs und bis 1905 Vorsteher des Kaiserswerther Diakonissenmutterhauses, war langjähriges Vorstandsmitglied der Frauenhilfe und Vorsitzender des westfälischen Provinzialverbandes. Zu seiner Mitgliedschaft im antifeministischen Bund vgl. auch FB 18 (1912), Nr. 12, S. 92. Der Perleberger Pfarrer Arnold Hein verfaßte 1 9 1 2 / 1 3 zahlreiche Aufsätze für die Frauenhülfe, in denen ersieh zur Mitgliedschaft im Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation bekannte. Der Potsdamer Pastor Lie. Cremer war Schriftleiter des Engeren Ausschusses der Frauenhilfe und in dieser Eigenschaft auch mit der Abfassung von Handbüchern und Selbstdarstellungen betraut, vgl. Frauenhülfe; ders., Frau; ders., Dienst. Seine Unterschrift findet sich auf einem Werbeflugblatt der Heidelberg-Mannheimer Ortsgruppe der antifeministischen Liga; auch befindet sich seine Anschrift in der nachgelassenen Adressenliste des Heidelberger Vorsitzenden Arnold Rüge. Vgl. GLA Karlsruhe, Nl. Rüge, Nr. 92 und Nr. 10. 9 6 Vgl. Erwin Gros, Die Frauenbewegung im Lichte der Geschichte und des Christentums, in: Frauenhülfe 12 (1912), Nr. 9, S. 2 4 7 - 2 5 4 . Der Artikel war die schriftliche Fassung eines Einfuhrungsvortrags in die Arbeit der Frauenhilfe in Wiesbaden. Die Redaktion der Frauenhülfe druckte den Text zwar ab, distanzierte sich aber gleichzeitig davon, vgl. die Fußnote auf 5. 247. Das Wiesbadener Beispiel macht deutlich, daß die strikt antifeministische Linie des Vorstandes nicht von allen angeschlossenen Geistlichen - und vermutlich auch nicht von allen in der Frauenhilfe tätigen Mitarbeiterinnen - geteilt wurde. Aus den offiziellen Verlautbarungen der Frauenhilfe kann daher nur mit Einschränkung auf die Einstellungen an der Basis rückgeschlossen werden. 9 7 Vgl. Baumann, S. 147. 98 Vgl. Frauenhülfe, Nr. 11, 1912, S. 319. 99 Vgl. Arnold Hein, Frauenhülfe und Frauenbewegung, in: Frauenhülfe 12 (1912), Nr. 11, S. 3 1 1 - 3 2 0 ; ders., Frauenrecht oder Frauenarbeit? Ein Nachwort, in: ebd., 13 (1913), Nr. 6, S. 1 6 6 - 1 6 8 . Immerhin wurde PaulaMueller Gelegenheit zur Entgegnung eingeräumt, vgl. Was will die Frauenbewegung? Ein Wort zur Verständigung, in: ebd., Nr. 10, S. 3 0 0 - 3 0 5 . Das Schlußwort der Kontroverse übertrug die Redaktion wiederum dem antifeministischen Pfarrer Arnold Hein, der Muellers Stellungnahme »aufs tiefste« bedauerte (vgl. Unsere Stellung zur Frauenbewegung, in: ebd., S. 3 0 5 - 3 1 0 , hier S. 308). 100 Vgl. GF 4 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 17, S. 363f. Bei dieser Veranstaltung wurden die engen personellen Verflechtungen zwischen der evangelischen Frauenhilfe und den organisierten Emanzipationsgegnern besonders deutlich: Den Jahresbericht hielt der Antifeminist und Frauenhilfe-Funktionär Pastor Cremer, und als Kammerherr der kaiserlichen FrauenhilfeGründerin schaltete sich der Zweite Vorsitzende des antifeministischen Bundes, Freiherr v. Behr-Pinnow, in die Diskussion um das Frauendienstjahr ein. 101 Vgl. ebd., S. 363. Die Ausführungen des orthodoxen Pfarrers schienen selbst der wohlmeinenden Gutsfrau, die dem BdL nahestand und mit Käthe Zimmer eine organisierte Antifeministin zu den Herausgeberinnen zählte, »oft mehr seinem Ideal als den harten Bedingungen des wirklichen Lebens entsprechend«, vulgo: etwas weltfremd. Baumann (S. 249 und S. 344, Anm. 115) vermutet in dem Wernerschen Referat eine Reaktion auf das kriegsbedingt gestiegene Selbstbewußtsein an der Frauenhilfe-Basis. 102 Vgl. Werner, Frauenkraft und Frauendienst. 103 Vgl. Monatsblatt 5 (1917), Nr. 1, S. 8. 104 Vgl. »Erklärung«, in: EFZ 12 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 21, S. 162. Unterzeichnet war die

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Anmerkungen zu S. 166-168 Protestnote vom Gesamtvorstand des DEF, dem Evangelischen Diakonieverein, dem Verein chrisdicher Lehrerinnen, dem Kapellenverein und dem Verband evangelischer Arbeiterinnen vereine. 105 Vgl. Kirchlich-soziale Blätter, Nr. 11, November 1912, S. 8 und Frauenblätter, Nr. 9, September 1912, S. 70f. Das Protokoll der DEF-Vorstandssitzung vom 21.10.1913 wird zit. nach Baumann, S. 333, Anm. 69. 106 Vgl. Elisabeth von Knebel-Doeberitz, Grenzlinien für die öffentliche Tätigkeit der kirchlich-sozialen Frauen, zit. nach RB, Nr. 269, 15.11.1912 und »Geschäftsbericht der 7. Kommission der Kirchlich-sozialen Konferenz zur Behandlung der Frauenfrage und des Verbandes der Kirchlich-sozialen Frauengruppen, in: Ref. 12 (1913), Nr. 32, 10.8.1913, S. 381-383. Vgl. auch Knebel-Doeberitzens Distanzierung von BDF und Frauenstimmrecht in RB, Nr. 157, 23.8.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 169. 107 Der antifeministische Bund begleitete den Kongreß mit der Warnung, das kirchliche Frauenstimmrecht werde nur »den unkirchlichen Elementen zum Sieg verhelfen« und zitierte schon im Vorfeld aus dem BDF-Programm, um die Gefährlichkeit der Frauenrechtlerinnen unter Beweis zu stellen, vgl. »Dokumente der deutschen Frauenbewegung«, in: Monatsblatt 1 (1913), S. 67-69 und 84—87, sowie »Zum kirchlichen Frauenstimmrecht«, in: ebd., Nr. 10, S. 87. -ähnliche Bedenken wurden auch anderswo laut, vgl. Ref. 11 (1912), Nr. 39, S. 621 und Charlotte Niese, Über die Frauen, in: DV 1 (1913/14), H. 2, S. 63-68. 1 J8 Vgl. Paula Mueller, Die Frauenfrage auf dem Kongreß Innerer Mission zu Hamburg, in: EFZ 14 (1913/14), Nr. 2, S. 9-11, Zitat S. 11. 139 Vgl. die Beiträge in EFZ 14 (1913/14), Nr. 3, S. 17f.; ebd., Nr. 5, S. 35f.; ebd., Nr. 6, S. 41-43;ebd., Nr. 9,S. 67f.;ebd., Nr. 10,15.2.1914,S. 73-75; ebd., Nr. 12,S. 89f.;ebd., Nr. 20,:;. 153; Monatsblatt 1(1913), Nr. 11,S. 101; ebd., 2 (1914), Nr. 2, S. 17-19; ebd., Nr. 5, S. 4«)f.; GT (1913/14), Nr. 6, S. 3-5. 110 Wenn dieses Ziel von den Antifeministen auch nicht direkt ausgesprochen wurde, läßt es sich doch aus der Gegenerklärung der pastoralen Beiräte des DEF entnehmen: Der DEF »gehört zur Inneren Mission und wird sich dieses Recht von Niemand in der Welt streitig mac ien lassen«, vgl. Paula Mueller, Die Frauenfrage auf dem Kongreß Innerer Mission zu Hamburg, in: EFZ 14 (1913/14), Nr. 2, S. 11. 111 Vgl. »Der Central-Ausschuß fur Innere Mission und die Frauenbewegung«, in: Ref. 13 (1914), Nr. 11, S. 129. Vgl. zu diesem »Denkmal« an »Engherzigkeit und Geschlechtseitelkcit« auch Helene Lange, Bischöfe, Pfarrer und das Frauenstimmrecht, in: Frau 21 ( 1 9 1 3 / 14), H. 11, S. 641-645, Zitat S. 643. Positiver wertet Baumann, S. 214f. 112 Vgl. Emst Bunke, Vom Deutsch-Evangelischen Frauenbund, in: Ref. 12 (1913), Nr. 47, i. 558f. 113 Vgl. Wilhelm Studemund, Die Frauen und die Innere Mission, in: Ref., Nr. 52, S. 6 1 3 618 114 Ein Schreiben Muellers an Gertrud Bäumer (vom 20.9.1912, HLA-BDF, Film Nr. 12-59) läßt erkennen, daß es sich um einen bereits im Mai 1912 von DEF-Ausschuß gefaßten Beschluß handelte, der die Vositzende faktisch zu einer Distanzierung von der Wahlrechtsforderi ng nötigte. Im Ausschuß waren neben den Funktionärinnen des Bundesvorstandes die Rep äsentantinnen der Ortsgruppen und 20 von der Generalversammlung gewählte Delegierte vortreten. Sein Votum zeigte, daß es zwischen den Positionen des Vorstandes und dem Verständnis an der Basis deutliche Spannungen gab. 115 Vgl. Paula Mueller, Gedanken über das politische Frauenstimmrecht, in: EFZ 12 (19] 1/12), Nr. 22, S. 169-172, Zitate S. 171f. 116 Vgl. Minna Cauer, Die streitlustigen »Antis«, in: FB 18 (1912), Nr. 17, S. 131f.

361

Anmerkungen

zu S. 168-169

117 Zur Kontroverse zwischen Helene Lange und Paula Mueller vgl. Frau 20 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Η . 1 u. 2. 118 Vgl. [Julius Werner?], Z u r Kritik der Frauenbewegung, in: Kreuz-Zeitung, Nr. 351, 29.7.1912, BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7962, S. 152f.; »Zur Frauenbewegung«, in: RB, Nr. 176, 30.7.1912, ebd., S. 153. Wenig später formulierte der Reichsbote seine Vorstellungen im Klartext u n d verlangte die Einigung von D E F und Chrisdich-nationaler Gruppe gegen die Frauenemanzipation »bei scharfer Abgrenzung des DEF nach links und Ausschaltung der Stimmrechtsfrage« (Nr. 185, 9.8.1912, ebd., S. 162). 119 Vgl. Paula Mueller, Die Tagung des Bundes deutscher Frauenvereine, in: E F Z 13 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 2, S. 11-13, hier S. 12. 120 Gertrud Bäumers Referat auf der X. Generalversammlung, das die Resolution vorbereitete, stand unter dem aussagekräftigen Motto: Warum müssen die Frauen Politik treiben? In den Satzungen des BDF dagegen wurde von den angeschlossenen Vereinigungen nicht das Bekenntnis zur Stimmrechtsforderung verlangt, sondern nur die »Förderung des weiblichen Geschlechtes« vorausgesetzt. 121 Vgl. Paula Mueller, Das Abkommen des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes mit dem Vorstand des Bundes deutscher Frauenvereine, in: E F Z 13 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 5, S. 33f. Der entscheidende Passus lautete: »Der Deutsch-Evangelische Frauenbund nimmt dem politischen Stimmrecht gegenüber eine neutrale Stellung ein, lehnt jedoch eine Agitation dafür ab.« Vgl. weiterhin dies., Die Stellung des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes auf der Generalversammlung in Gotha, in: ebd., S. 34f. 122 Vgl. Der Deutsch-Evangelische Frauenbund auf der Generalversammlung des Bundes deutscher Frauenvereine, in: D T Z , Nr. 478, 11.10.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 1 9 8 200; Flriedrich] P[aulsen], Vom Tage, in: DAG 14 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 3, Sp. 68; »Beschluß des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes«, in: Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 6. 123 Vgl. Ida Dehmel, Warum müssen die Frauen Politik treiben, in: Frau und Staat 1 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 2. 124 Vgl. das offizielle Schreiben Gertrud Bäumers an Paula Mueller im Namen des BDFVorstandes vom 17.9.1912, Η LA, BDF, Film Nr. 1 2 - 3 9 . 125 Diese Notiz ist nicht erhalten, doch bedankt sich Paula Mueller bei Gertrud Bäumer am 20.9.1912, daß sie der offiziellen BDF-Note ein persönliches Wort hinzugefugt hatte, vgl. ebd. 126 Vgl. den Brief Gertrud Bäumers an Paula Mueller vom 21.9.1912, ebd. 127 Vgl. dazu auch Paula Mueller, Unsere Gegner, in: EFZ 13 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 14, S. 105f. 128 Vgl. den Brief Alice Bensheimers an Gertrud Bäumer vom 2.11.1912, HLA, BDF, Film Nr. 12-39. 129 So hatte Alice Bensheimer am 2.11.1912 Gertrud Bäumer brieflich vorgeschlagen, das Wissen um die Stimmrechtsbefürworterinnen im D E F gegen Mueller in einem Aufsatz zu verwenden - ein Vorschlag, der m.W. nie in die Tat umgesetzt wurde. Nachdem sie erfahren hatte, daß der D E F sein Neutralitätsabkommen mit dem BDF lösen wollte, sondierte Bäumer vor der offiziellen Besprechung offenbar zunächst einmal, wer von diesem Abkommen überhaupt wußte, um sich dann hinter den Kulissen der Zustimmung einzelner Vorstandsfrauen zu versichern, vgl. die Antwort Alice Bensheimers auf eine entsprechende Anfrage Gertrud Bäumers vom 26.10.1912. Bäumer versorgte Paula Mueller auch mit Informationen über BDF-Vorstandsinterna und tauschte sich mit ihr über die Haltung einzelner Funktionärinnen zur DEF-Politik aus, vgl. das Dankschreiben Muellers vom 25.7.1913. Alle Belege in HLA, BDF, Film N r . 1 2 - 3 9 . 130 Vgl. Ida von Meerheimbs freilich mit Vorsicht zu genießende Mitteilung, »schon so

362

Anmerkungen zu S. 169-172 manche einstige Mitglieder des Deutsch-evangelischen Frauenbundes« seien in die Reihen der >Antis< getreten (Zur Stellung gegenüber der christlichen Frauenbewegung, in: DTZ, Nr. 137, 16.3. .913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 6 3 , S. 123). 131 Vgl. Paula Mueller, Rückblick, in: EFZ 13 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 7, S. 49f. und Marie Martins Kritik in der Chrisdichen Welt (Jg. 1913, Nr. 44), zit. nach Ref. 12 (1913), Nr. 47, S. 558f. 132 Alle Zitate in Paula Mueller, Die Ausschußsitzung des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes, in: EFZ 13 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 6 , S. 41f. Hinter der Formulierung »chrisdichkonservativ« vermuteten einige DEF-Liberale eine Fesdegung auf kirchlich-orthodoxe Positionen, was Mueller vehement bestritt, vgl. dies., Chrisdich-Konservativ, in: ebd., Nr. 13, S. 97 -99. 133 Schreiben Paula Muellers an Gertrud Bäumer vom 20.9.1912, HLA, BDF, Film Nr. 12-39. 134 Vgl. Paula Mueller, »Prinzipiell«, in: EFZ 14 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 1, S. lf., hier S. 2. 135 So die Einschätzung von Gerhard, Unerhört, S. 334f. 136 Vgl. Ida von Meerheimb, Zum Kampf gegen die Frauenemanzipation, in: RB, Nr. 183, 7.8.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 160 und Μ. B., Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, in: Hamburger General-Anzeiger, Nr. 38, 14.2.1913, StA HH, PP, S 18846, S. 39. 137 Vgl. Paula Mueller, in: EFZ 13 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 7, Rückblick, S. 50. 138 Vgl. B., Die Ausschußsitzung des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes, in: EFZ 14 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 3, S. 18f. Die Einrichtung des Pressebüros stand in unmittelbarem Zusammenhang mit den Angriffen auf den DEF während der Tagung der Inneren Mission in Hamburg. 1 ϊ 9 Wiewohl sie von einigen Vorstandsmitgliedern sehr geschätzt wurde, lehnte der DEF die Jüdin Alice Salomon als künftige Vorsitzende des BDF mit Blick auf die Reaktion der als Antisemiten bekannten Emanzipationsgegner ab, vgl. Baumann, S. 213. Freilich waren auch inneihalb des DEF antisemitische Haltungen verbreitet. So erschien in der EFZ 14 ( 1 9 1 3 / 14), Nr. 11, S. 86 eine Besprechung von Adolf Bartels' »Der deutsche Verfall«, in dem der organisierte Antifeminist über den »verjudeten Liberalismus« herzog und »Rassenreinheit« fordtrte. Die Rezensentin L. W. beurteilte diese Gedankengänge als »logisch und überzeugend« und wünschte ihnen »fruchtbaren Boden«, damit »sich jeder... wieder auf das besänne, was er als Deutscher seinem Vaterlande schuldig ist.« Vermudich war es Gertrud Bäumer, die sich in einem Brief an die DEF-Vorstandsfrau Selma v. d. Groeben »ziemlich erschrocken darioer« äußerte, daß »eine der führenden Persönlichkeiten des Gegnerbundes, ein Mann von einem geradezu unqualifizierbaren Ton der Frauenbewegung gegenüber, in der DeutschEvangelischen Frauenzeitung ernst genommen und mit Achtung, ja mit Zustimmung behandelt« wird. Vgl. den undatierten Brief im HLA, BDF, Film Nr. 12-39. Vgl. auch Marlis Όϋήορ, Erscheinungsformen des Antisemitismus im Bund Deutscher Frauenvereine, in: Fem nistische Studien 3 (1984), S. 146f. 140 Vgl. Paula Mueller, Zur Abwehr. 141 Vgl. »Bekämpfung der Frauenemanzipation«, in: DTZ, Nr. 5 1 9 , 1 3 . 1 0 . 1 9 1 3 , BAP 61 Re 1, Nr. 7964, S. 104. 142 Die Beobachtungen der Frauenrechderin Anna Plothow sprechen dafür, daß die Frak Jonen ihre Haltungen bereits im Gemeindeausschuß geklärt hatten und von der Plenardeb; ttc keine Überraschung mehr zu erwarten war, vgl. »Das Frauenwahlrecht im Abgeordnetenhaus«, in: BT, Nr. 545, 24.10.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 8f. 143 Vgl. Stenographische Berichte des Preußischen Hauses der Abgeordneten, XXI. Leg.,

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Anmerkungen zu S. 172-173 5. Session, Bd. 6, Berlin 1913, 83. Sitzung vom 22.10.1912, Sp. 7 0 3 9 - 7 0 6 6 . Vgl. auch den Kommentar Gertrud Bäumers, Vom Kampfplatz, in: Frau 2 0 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , H. 3, S. 1 7 0 - 1 7 2 . 144 So äußerte sich der freikonservative Abgeordnete Wagner anläßlich der bevorstehenden preußischen Landtagswahlen, vgl. »Eine öffendiche Auseinandersetzung mit den preußischen Frauenstimmrechtlerinnen«, in: RB, Nr. 84, 11.4.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 139f. 145 Vgl. Stenographische Berichte des Preußischen Hauses der Abgeordneten, XXI. Leg., 5. Session, Bd. 6, Berlin 1913, 83. Sitzung vom 22.10.1912, Sp. 7053. 146 Vgl. Martha Voß, Die Frauenfrage auf dem Mannheimer Parteitage der Fortschrittlichen Volkspartei, in: BT, Nr. 5 1 9 , 1 1 . 1 0 . 1 9 1 2 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 198. Vgl. auch den Kommentar von Ludwig Langemann in den BNN, Nr. 521, 12.10.1912, ebd., S. 200. 147 Vgl. »Nationalliberale und Frauenstimmrecht«, in: Frau 19 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , H. 9 , S. 571. 148 Vgl. etwa die kurze Meldung über den Nationalliberalen Verein fur Leipzig und Umgebung in MKP 6 (1913), Nr. 4 0 , S. 638. 149 Vgl. Hans Philipp, Die politische Schulung der Frau, in: DK, Nr. 8 6 , 1 1 . 4 . 1 9 1 4 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7965, S. 100f., hier S. 101. 150 Dr. de Jonge, Der richtige Mittelweg in der Frauenfrage, in: DK, Nr. 78, 1.4.1914, ebd., S. 87. Vgl. auch Erna Karsten, Liebevolle Parteifreunde, in: Stimmrecht. Beiblatt zur FG 4 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , Nr. 8, S. 133. Zu der Kontroverse vgl. weiterhin Prof. Moldenhauer, Zur politischen Frauenfrage, in: DK, Nr. 83, 7.4.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7965, S. 95f.; Schrohl, Verlangen die deutschen Frauen das Stimmrecht?, in: ebd., Nr. 87, 14.4.1914 u. Nr. 106, 6.5.1914, ebd., S. 106f. u. S. 142f. sowie die Replik von Elisabeth Krukenberg in: ebd., Nr. 9 3 , 21.4.1914, ebd., S. 120. Antifeministen aus dem Bund waren in dem nationalliberalen Blatt schon früher zu Wort gekommen, vgl. Kurt Ollendorf, Männer machen die Geschichte, in: DK, Nr. 8 0 , 4 . 4 . 1 9 1 3 . 151 Vgl. Helene Hummel, Politische Macht oder Frauenglück, zit. nach Monatsblatt 2 (1914), Nr. 6, S. 58f. Julie Bassermann, Ehefrau des Parteichefs und Vorsitzende der nationalliberalen Frauenorganisation, protestierte mit Schreiben vom 22.5.1914 in scharfer Form beim Chefredakteur des Deutschen Kuriers gegen die Aufnahme solcher »gehässigen, teilweise unrichtigen Artikel« und legte ihm dringend nahe, eine Gegenerklärung Gertrud Bäumers an prominenter Stelle zu veröffendichen. Der Abdruck von Leitartikeln aus den Reihen des antifeministischen Bundes, so ihre unverhohlene Drohung, mache es ihr »ganz unmöglich«, sich »irgendwie« für das Blatt einzusetzen, vgl. HLA, BDF, Film Nr. 1 3 ^ 1 5 / 2 . 152 Vgl. die Meldung des RB, Nr. 56, 7.3.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7965, S. 37f. 153 In der Nationalzeitung und den Nationalliberalen Blättern, vgl. Hans Philipp, Die politische Schulung der Frau, in: DK, Nr. 86, 11.4.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7965, S. 101. Über die Zurückweisung von Artikeln klagte auch Ludwig Langemann, »Bekämpfung der Frauenemanzipation«, in: DTZ, Nr. 519, 13.10.1913, BAP 61 Re 1, Nr. 7964, S. 104. 154 Vgl. den dürftigen Kommentar der Nationalliberalen Partei zu der hier noch in Anfuhrungszeichen gesetzten »Frauenbewegung«, der im Glossar gerade fünfeinhalb von insgesamt 1.229 Seiten einnimmt: Politisches Handbuch,S. 3 4 6 - 3 5 1 , zum Wahlrechts. 350. Die Position der nationalliberalen Frauen und der Bassermannschen Fraktion ging in einigen Punkten weit darüber hinaus, wurde aber offenbar nicht kodifiziert. 155 Vgl. Ida von Meerheimb, Zur Stellung gegenüber der chrisdichen Frauenbewegung, in: DTZ, Nr. 1 3 7 , 1 6 . 3 . 1 9 1 3 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 123; »Die chrisdich-nationale Gruppe zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, in: MKP 6 (1913), Nr. 3, Sp. 3 6 - 3 8 und ebd., 5 (1912), Nr. 37, Sp. 622. 156 Schon 1909 hatten Berliner Aristokratinnen unter der Schirmherrschaft (frei- )konser-

364

Anmerkungen

zu S.

173-175

vativcr Politiker wie des Vorsitzenden des Reichsverbandes gegen die Sozialdemokratie den Deutschen Frauenbund gegründet, um die »Frauen der höheren Gesellschaftskreise« in die Politik einzuführen. Diese erste ausdrücklich politische Vereinsgründung rechtsgerichteter Frauen war jedoch parteipolitisch nicht gebunden, vgl. Kap. 2 . 7 . 1 9 1 3 Schloß sie sich dem B D F an, vgl. Baumann, S. 2 1 9 - 2 2 1 ; zur Vereinigung konservativer Frauen vgl. ebd., S. 222-228. 157 Vgl. Julius Werner, Die Frau, die Politik und die Parteien, in: D T Z Nr. 2 6 0 , 2 6 . 5 . 1 9 1 3 , BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7 9 6 3 , S. 190f.; iters., Die englischen Konservativen und die modt rne Frauenbewegung, in: R B , Nr. 2 1 6 , 1 4 . 9 . 1 9 1 3 , BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7 9 6 4 , S. 71f.; Fritz Bley, Die Frauen 1 8 1 3 - 1 9 1 3 , in: D T Z , Nr. 4 6 7 , 1 5 . 9 . 1 9 1 3 , ebd., S. 7 2 - 7 4 . Wie umstritten die Neugründung war, wird bereits im Gründungsreferat des Landtagsabgeordneten von Goßl :r deutlich, der durchgängig auf die Argumente der Gegner Bezug nimmt, vgl. »Über die Vereinigung konservativer Frauen«, in: MKP 6 ( 1 9 1 3 ) , Nr. 2 0 , Sp. 3 0 8 - 3 1 2 . Hier auch die Zusammensetzung des Vorstandes, Sp. 3 0 9 . 158 Vgl. Friedrich Sigismund, Die Vereinigung konservativer Frauen, in: Tag, Nr. 1 9 6 , 2 2 . 8 . 1 9 1 3 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 6 4 , S. 59. 159 Anmerkung der Schriftleitung zur unter dem Titel »Vereinigung konservativer Frauen« abgedruckten Zuschrift des Freiherrn von Richthofen, Nr. 2 6 2 , 2 7 . 5 . 1 9 1 3 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 6 3 , S. 192 A, hier S. 193. 160 Vgl. Marie Wegner, Die Konservativen und die Frauenbewegung, in: FG 7 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 2 3 , S. 1 7 7 - 1 7 9 , hier S. 177. I M »Vereinigung konservativer Frauen«, Zuschrift des Freiherrn von Richthofen, in: D T Z , Nr. 2 6 2 , 2 7 . 5 . 1 9 1 3 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 6 3 , S. 192f. Der Konservative und BdL-Anhänger hoffte insbesondere auf den Einfluß konservativ geschulter Mütter, da »es sich nicht leugnen (läßt), daß die Jugend sich häufig genug von den glänzenden Reklamephrasen des Liberalismus blenden läßt« (S. 193). 162 Gefordert wurde die »Bildung eines Gegengewichts gegen alle radikalen modernen Bestiebungen auf dem Gebiete der eigendichen Frauenfrage«. Vgl. Wolfgang Eisenhart, Die Vereinigung konservativer Frauen, in: R B , Nr. 112, 1 6 . 5 . 1 9 1 3 , ebd., S. 176f., Zitat S. 177. 13 Auch Frevert (Mann und Weib, S. 1 2 2 ) merkt an, daß sich die Konservativen stärker als andere bürgerliche Parteien mit den weiblichen Partizipationswünschen auseinandersetzten. 1(A So die Argumentation der Vereinigung konservativer Frauen in der Kreuz-Zeitung, zit. räch Marie Wegner (wie Anm. 160), Zitat S. 178. 165 Vgl. Konservative Korrespondenz, Nr. 9 5 , 2 5 . 1 1 . 1 9 1 3 , BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7 9 8 4 , S. 29. 16 Vgl. »Die Vereinigung konservativer Frauen«, in: MKP 7 ( 1 9 1 4 ) , Nr. 8, Sp. 124—126, Zitat Sp. 125. 167 Vgl. [Viele konservative Frauen] »Zur Gründung der Vereinigung konservativer Frauen«, in: Monatsblatt 1 ( 1 9 1 3 ) , Nr. 9 , S. 71f. 18 Zit. nach Marie Wegner, Die Konservativen und die Frauenbewegung, in: F G 7 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 2 3 , S. 178. 1 6 9 Vgl. Ida von Meerheimb, Frauenbewegung und Liebestätigkeit, in: D T Z , Nr. 6 4 7 , 2 2 . 1 2 . 1 9 1 3 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 6 4 , S. 160f. 170 Vgl. RT, XIII. Leg., 1. Session, Bd. 2 9 1 , 1 8 9 . Sitzung vom 13. Januar 1 9 1 4 , S. 6 4 6 3 f . 171 Vgl. Antrag Nr. 8 3 2 des Deutschen Verbandes ftir Frauenstimmrecht auf Erteilung des aktiven und passiven Wahlrechts fur Frauen unter denselben Bedingungen, wie es den Männern zusteht. RT, XIII. Leg., 1. Session, Bd. 3 0 1 , Anlagen zu den Stenogr. Berichten, S. 112'.'.

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Anmerkungen

zu S.

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1 7 2 Vgl. RT, X I I I . Leg., 1. Session, Bd. 2 9 1 , 1 8 9 . Sitzung, S. 6 4 6 5 . 1 7 3 Vgl. RT, X I I I . Leg., 1. Session, Bd. 2 8 7 , 1 1 0 . Sitzung vom 1 2 . 2 . 1 9 1 3 , insb. S. 3699-3714. 1 7 4 Vgl. RT, X I I I . Legislaturperiode, 1. Session, Bd. 2 8 3 , 6 . Sitzung vom 1 5 . 2 . 1 9 1 2 , S. 28. 175 Dr. Arendt hielt die Einfuhrung des Frauenwahlrechts in wörtlicher Übereinstimmung mit dem Bund der Emanzipationsgegner für ein »Danaergeschenk« und gab zu bedenken, daß sich der männlichen Machteinfluß dann verringern werde. Würde doch die Anzahl der Wähler, die für einen Abgeordneten zu stimmen hatten, durch das allgemeine Wahlrecht glatt verdoppelt (wie Anm. 1 7 0 , S. 6 4 7 2 ) . Damit argumentierte er im Sinne der antifeministischen Liga, für die politische Partizipation von Frauen mit Frauenherrschaft gleichzusetzen war. Die Reichspartei, die Dr. Arendt vertrat, entsandte seit den Januarwahlen 1 9 1 2 gerade noch 14 Abgeordnete in das Parlament. 1 7 6 Vgl. Handbuch der Deutsch-Konservativen Partei, Berlin 1 9 1 1 4 , S. 1 3 1 , zit. nach Frevert, Mann und Weib, S. 2 3 5 . Ähnlich hatte sich ein deutschkonservativer Abgeordneter bei einer Tagung des B d L geäußert, vgl. Kap. 2 . 6 . 1 7 7 Vgl. RT, X I I I . Leg., 1. Session, Bd. 2 8 3 , 2 0 . Sitzung vom 5 . 3 . 1 9 1 2 , S. 4 6 7 . 1 7 8 Vgl. R T , X I I I . Leg., 1. Session, Bd. 2 9 1 , 1 8 9 . Sitzung, S. 6 4 7 0 . 1 7 9 Vgl. Ernst Oberfohren, Zur Kritik der radikalen Frauenbewegung, in: Ostpreußische Zeitung, Nr. 1 8 1 , 5 . 7 . 1 9 1 3 , BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7 9 6 4 , S. 38.

5. Geschlechterpolitik im Ersten Weltkrieg 1 Das Zitat bei Wehler, Kaiserreich, S. 2 0 4 . Vgl. allgemein die klassische Studie von Kocka, Klassengesellschaft. Der Geschlechterkonflikt kommt hier allerdings nicht in den Blick. Vgl. dazu Daniel, Arbeiterfrauen; Guttmann. 2 Vgl. Oscar Α. H. Schmitz, Krieg und Frauenbewegung, in: Tag, Nr. 2 6 9 , 1 5 . 1 1 . 1 9 1 4 , BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7 9 6 6 , S. 1 0 9 . Zwischen dem antifeministischen Monatsblatt vom 1 5 . 7 . 1 9 1 4 und dem Folgeexemplar vom 1 5 . 1 . 1 9 1 5 klaffte eine Lücke, die nur von einem als »streng vertraulich« gekennzeichneten Rundschreiben des Vorstands vom November 1 9 1 4 unterbrochen wurde. Für eine behördliche Zensur gibt es - abgesehen von der Vertraulichkeit des Rundschreibens - keine Anhaltspunkte. Da auch die Schriftleitung des Blattes nicht kriegsbedingt wechselte, kommt als Ursache der antifeministischen Abstinenz der von Oscar Α. H . Schmitz (s. oben) angeführte Grund in Betracht: Der Krieg habe den »widerwärtig tobende(n) Kampf der Geschlechter sofort beruhigt«, sprich: Die Frauenbewegung hatte dem Bund der Emanzipationsgegner keinen Angriffspunkt für Kritik geboten. 3 So der Titel einer 1 9 1 2 fertiggestellten, 1 9 1 3 veröffentlichten Schrift des Antifeministen und Herausgebers der »Politisch-Anthropologischen Revue«, Otto Schmidt-Gibichenfels. Vgl. auch ders., Der Krieg als Kulturfaktor, in: PAR 11 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 8, S. 3 9 3 ^ 0 7 . Die Antifeministin Kathinka von Rosen hatte den Krieg ebenfalls »seit Jahren ersehnt«, vgl. D T Z , Nr. 5 0 9 , 7 . 1 0 . 1 9 1 4 , BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7 9 6 6 , S. 1 0 1 . 4 Vgl. Ernst Oberfohren, Der Krieg und die Frauenbewegung, in: Monatsblatt 3 ( 1 9 1 5 ) , Nr. 3, S. l f . Noch einfacher lagen die Dinge für den organisierten Antifeministen Julius von Pflug-Harttung bei einem Vortrag im Festsaal des Preußischen Abgeordnetenhauses: Der Krieg »beweist die Überlegenheit des Mannes«, vgl. Der Krieg und die Frauen, in: NAZ, Nr. 5 3 , 2 2 . 2 . 1 9 1 5 , BAP, 6 1 Re 1, Nr. 7 9 6 6 , S. 1 4 0 . Der Deutschen Volkskorrespondenz zufolge

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Anmerkungen zu S. 178-179 führte der Krieg »die von der Natur selbst gegebene und somit götdich erscheinende Arbeitsteilung« der Geschlechter eindringlich vor Augen, vgl. »Denkende Menschen«, Nr. 75, 30.3.1915, ebd., S. 173. Ähnlich auch Otto Pfister, Der Krieg und die Frauen, in: DTZ, Nr. 23, ] 3.1.1915, ebd., S. 122f. 5 Vgl. Fritz Bley, Deutschlands Erneuerung und die Frau, in: Gutsfrau 3 (1915), Nr. 9 , S. 158-160, Zitat S. 159; Oskar Α. H. Schmitz, Gedanken aus Anlaß des Weltkrieges, in: Wehr 3 (1914), Nr. 1 1 / 1 2 , S. 11. 6 Vgl. Fritz Bley, Die Unbelehrbaren vom Haag, in: GF 3 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , Nr. 13, S. 244. 7 Vgl. Ernst Wachler, Geschichte der Weiberherrschaft, in: Hammer 14 (1915), Nr. 304, S. 106. 8 »Wir wollen teilhaben an dem vielgeschmähten Militarismus, der uns jetzt so herrliche Früchte trägt,« schrieb etwa Agnes von Zahn-Harnack, Krieg, S. 17. Abweichend von der BDI-Mehrheit vertrat lediglich ein Teil des >linken< Flügels der bürgerlichen Frauenbewegung um Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann pazifistische Anschauungen. 9 Vgl. Anna Pappritz, Nationaler Frauendienst, in: Kriegsjahrbuch des B D F 1915, S. 2 6 33. Vgl. auch die Beiträge von Marie Baum, Käthe Gaebel und Alice Salomon in diesem Band sowie die Erinnerungen von Lüders. Vgl. auch die in ihren Interpretationen sehr dicht an der Auffassung der Behörden haftende Arbeit von Gersdorff, insb. S. 1 5 - 2 7 ; weiterhin Clemens, S. 105 -109; für Baden Guttmann, S. 1 3 0 - 1 6 3 ; zur Geschichte der Forderungen nach Frauendienstpflicht und ihren Motivationen Dammer. 10 Daß der Nationale Frauendienst in Zusammenarbeit mit den Kommunen Fürsorgewesen und Wohlfahrtspflege organisierte, galt den Antifeministen und Antifeministinnen nicht als notwendige Unterstützung für die Angehörigen von Kriegsteilnehmern, sondern als weiterer Schritt hin auf die Übernahme (lokal-)politischer Verantwortung, vgl. 9. Petitionsbericht der Gemeindekommission, Drucksache Nr. 237, Sammlung der Drucksachen des Preußischen Hauses der Abgeordneten, XXII. Leg., 3. Session 1 9 1 6 / 1 7 , Bd. 3, Berlin 1916, S. 1934. Es wäre allerdings völlig verfehlt, wollte man den glühenden Nationalismus etwa einer Gertrud Bäumer auf diesen funktionalen Aspekt verkürzen, vgl. Bäumer, Krieg; dies., Heimatchronik; Schaser, Nation. Die Neigung der bürgerlichen Wortfuhrerinnen, Individualität im Erle jniskollektiv des >Volkes< aufgehen zu lassen, wird von Prokop mit nichtgelebten IchAntt ilen und unterdrückter Sinnlichkeit in Zusammenhang gebracht. 1L So dachten auch zahlreiche Parlamentarier. Der Berichterstatter der Gemeindekommission im Preußischen Landtag begründete etwa die Empfehlung, die Petition des antifeministischen Bundes gegen das kommunale Frauenstimmrechts der Regierung nur als Material zu überweisen, im März 1916 damit, daß »die Frauen ... sich in dieser schweren Zeit in der aufopfernsten Weise mit patriotischer Begeisterung in den Dienst der Allgemeinheit gestellt und auf dem Gebiet der Kriegswohlfahrtspflege Hervorragendes geleistet (hätten). Diese Leistungen verdienen Dankbarkeit und Anerkennung, die auch in der heutigen Verhandlung ihren Ausdruck finden müsse.« Vgl. 9. Petitionsbericht der Gemeindekommission (wie Anm. 10), S. 1934. 11 Die Zahlen nach Hering, S. 34. Der BDF konnte seine Anhängerschaft während des Ersten Weltkrieges mehr als verdreifachen, obwohl mit dem Deutsch-Evangelischen Frauenbund mittlerweile einer der mitgliederstärksten Verbände ausgeschieden war. 13 Durch den Anschluß an die »gesunde deutsche Frauenbewegung« sei es den Frauenrechtlerinnen gelungen, »viele werthvolle deutsche Frauen, die zu uns gehörten, auf ihre Seite hinüberzuziehen«, beklagte sich Ludwig Schemann im Spätherbst 1915, vgl. sein Schreiben vom 4.11.1915, UB Freiburg, Nl. Schemann, II D) Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation. Der Brief ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, daß die in der antifemini-

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Anmerkungen zu S. 179-182 stischen Presse geäußerten Vorwürfe gegen Frauenrechtlerinnnen nicht nur propagandistische Verlautbarungen waren, sondern auch privat geäußerten Einstellungen entsprachen. 14 Vgl. »Zur Frauenfrage«, in: DVK, Nr. 1 3 9 , 1 8 . 6 . 1 9 1 2 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 103. 15 Die Zahlen nach Wehler, Kaiserreich, S. 203. Wehler reflektiert die Bedeutung des Arbeitskräftemangels für die Gewerkschaften, läßt aber seinen Einfluß auf das Verhältnis der Geschlechter gänzlich außer acht. 16 Das »Hindenburg-Programm« ist abgedruckt in Sichler u. Tiburtius, S. 1 0 5 - 1 0 8 . Seine Ablehnung ist ein Lehrstück für die Dominanz des Ordnungsmodells polarer Geschlechtscharaktere gegenüber militärischen Interessen. Vor dem Reichstag begründete Staatssekretär Helfferich vom Reichsamt des Inneren die Ablehnung der Frauenarbeitspflicht mit dem Überangebot von Frauen auf dem Arbeitsmarkt, äußerte daneben aber auch ausdrückliche Bedenken, weil Frauen »physisch anders organisiert« als Männer seien, vgl. den Bericht der NAZ, Nr. 332, 30.11.1916, BAP, 61 Re 1, Nr. 7969, S. 150f. über die Reichstagssitzung vom 29.11.1916. Die meisten Reichstagsabgeordneten teilten Helfferichs Geschlechterdualismus; selbst der Sprecher der Fortschrittlichen Volkspartei plädierte dafür, Frauen sollten nur solche Arbeiten aufnehmen, »für die sie ihrer Natur nach in erster Linie berufen« seien. Die Einrichtung separater Frauenreferate und der Frauenarbeitszentrale im Kriegsamt spiegelte die Vorstellung zweier getrennter Geschlechtersphären in der Praxis wider. 17 Vgl. die sorgfältige Analyse von Daniel, Arbeiterfrauen. 18 Vgl. z.B. Dorothea Goebeler, Die Laboratoriumsgehilfin, in: BLA, 2.6.1915, BAP 61 Re 1, Nr. 7967, S. 16; Hans Dominik, Unsere Schaffnerinnen, in: BLA, Nr. 3 1 9 , 2 5 . 6 . 1 9 1 5 , ebd., S. 44; »Die Briefträgerin.«, in: BT, Nr. 4 6 3 , 1 0 . 9 . 1 9 1 5 , ebd., S. 111; »Das ewig Weibliche«, in: Freisinnige Zeitung, Nr. 113, 16.3.1915, ebd., S. 3; »Die Zunahme von weiblichen Erwerbstätigen in der Industrie«, in: Vorwärts, Nr. 141, 23.5.1915, ebd., S. 8. 19 Vgl. Helmut v. Gerlach, Dienstmütze und Frauenrecht, in: WaM, Nr. 26, 28.6.1915, ebd., S. 48. 2 0 Vgl. »Na ja - die Frauen«, in: Post, Nr. 353, 14.7.1915, ebd., S. 61. 21 So auch die Wahrnehmung in der Frauenpresse, vgl. Marie Wegner, Burgfrieden fur die Frauen?, in: FG 9 (1915), Nr. 19, S. 137-139. 22 Vgl. etwa »Weibliche Kriegsarbeit«, in: Vorwärts, Nr. 1 1 9 , 1 . 5 . 1 9 1 5 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7966, S. 194f.; »Niedere Frauenlöhne eine Gefahr«, in: Tag, Nr. 1 4 1 , 1 9 . 6 . 1 9 1 5 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7967, S. 32f.; »Frauenarbeit in und nach dem Kriege« (Referat des Vorsitzenden des Münchner Metallarbeiterverbandes), in: Münchner Post, Nr. 3 2 , 9 . 2 . 1 9 1 6 , ebd., Nr. 7968, S. 68. 23 Vgl. Paul A. Schettler, Die Schaffnerin, in: Weser-Zeitung, Nr. 245, 13.7.1915, ebd., Nr. 7967, S. 60. 2 4 Als »Surrogatfrauen« bezeichnete der BLA Frauen, die Berufstätigkeit der Haushaltsführung und Kindererziehung vorzogen, vgl. »Krieg und Frauenfrage«, Nr. 156, 25.3.1916, BAP, 61 Re 1, Nr. 7968, S. 109. 25 Vgl. »Das ewig Weibliche«, in: Freisinnige Zeitung, Nr. 113, 16.3.1915, BAP, 61 Re 1, Nr. 7967, S. 3. 26 Kreuzzeitung, Nr. 3 7 0 , 2 3 . 7 . 1 9 1 5 , ebd., S. 73, nach einem Artikel der HN. Der Soldat - im bürgerlichen Beruf Kaufmann - schrieb im Namen verwundeter Handwerker, Arbeiter, Kaufleute, Lehrer und Beamter und bezog sich auf den Ausspruch einer ungenannten Frauenrechtlerin, die gesagt haben sollte: »Je größer die Lücken durch den Tod werden, je notwendiger ist es, für die Frau neue Berufe zu schaffen, die ihr früher verschlossen waren.« Der Artikel wurde umgehend in der konservativen Parteipresse nachgedruckt, vgl. MKP 8 (1915), Nr. 32, S. 512.

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Anmerkungen zu S. 183-185 27 Vgl. Lipp. 28 Vgl. »Ist das Gehirn des Mannes schwerer als das der Frau?«, in: Dresdner Nachrichten, Nr. 196, 17.7.1915, BAP, 61 Re 1, Nr. 7967, S. 67; »Unbelehrbare Frauen. Lieber 100 Prozesse mit Männern als 10 mit Frauen«, in: Berliner Volkszeitung, Nr. 3 4 5 , 9 . 7 . 1 9 1 5 , ebd., S. 53; Oscar Α. H. Schmitz, Das mißverstandene Geschlecht, in: Tag, Nr. 78, 1.4.1916, BAP, 61 R.: 1, Nr. 7968, S. 115. 29 »Die Frau in leitenden Stellungen«, in: Μ KP 10 (1917), Nr. 32, S. 480f. nach Der Arbeitgeber (Nr. 1 2 / 1 9 1 7 ) , der Zeitschrift der Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbänd:. 3C Vgl. Erna v. Knobloch, Das weibliche Dienstjahr, in: VE 20 (1916), Nr. 4, S. 29. 31 Vgl. etwa Walther Nithack, Unser Dank an die Frauen, in: BLA, Nr. 323, 27.6.1915, BAP, 61 Re 1, Nr. 7967, S. 46. 3i Vgl. etwa »Gedanken und Einfalle«, in: Dresdner Nachrichten, Nr. 50, 20.2.1916, BAP, 61 Re 1, Nr. 7968. Der Anzeigenteil der Alldeutschen Blätter entlarvte indessen die Heini- und Haus-Propaganda als bloße Ideologie, warben dort doch nicht nur Berufsratgeber ftir I rauen, sondern etwa auch eine »Chemieschule für Damen« um Kundschaft, vgl. 27 (1917), Nr. 4 1 , S. 4 1 2 , und ebd., 28 (1918), Nr. 5, S. 40. 3.;; Vgl. Nr. 4 7 5 , 1 9 . 9 . 1 9 1 5 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7967, S. 115. 3': So Fr. Engel im evangelischen RB, der die Gleichstellung von Frauen in Ausbildung und Beruf für die Zerstörung des Familien- und »Volkslebens« verantwortlich machte und dem Staat vorwarf, zu diesem Emanzipationsprozeß »die Hand gereicht« zu haben, vgl. »Der Krieg und die Frauen«, Nr. 425 vom 26.8.1915 und Nr. 4 2 6 vom 27.8.1915, ebd., S. 9 2 - 9 5 . 3!> Vgl. »Kampf der Geschlechter?«, in: Vorwärts, Nr. 54, 24.2.1916, BAP, 61 Re 1, Nr. 7968, S. 84; »Die Geschlechter nach dem Kriege«, in: VZ, Nr. 194, 14.4.1916, ebd., S. 123. 3 Vgl. »Die Frauenarbeit in der Industrie. Sozialpolitische Bedenken«, in: BT, Nr. 307, 1 7 . 6 . 1 9 1 6 , ebd., S. 169; »Eine Warnung«, in: HC vom 1 9 . 3 . 1 9 1 6 , ebd., S. 105; »Gewerkschaften und Frauenarbeit«, in: WaM vom 31.7.1916, BAP, 61 Re 1, Nr. 7969, S. 2. 3 V Vgl. »Überhandnehmen der Frauenarbeit im Handelsgewerbe«, in: DHW 23 (1916), Nr. 2, S. 24 u. S. 28; »Gegen die Frauenarbeit im Handelsgewerbe«, in: ebd., Nr. 4, S. 59f. 38 Die privaten Handelsschulen sollten nicht mehr Schülerinnen aufnehmen können, als sie im April 1914 hatten. Vgl. Vorwärts, 23.3.1916, BAP, 61 Re 1, Nr. 7968, S. 108f. 39 Vgl. »Die Frau im Hause«, in: GF 1 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , H. 19, S. 333. 4 0 Vgl. »Warnung vor Zuzug nach den Städten und vor Frauenarbeit im Handelsgewerbe«, in: DHW 23 (1916), Nr. 4 , S. 61. 41 Vgl. »Unsere Sozialpolitik im Jahre 1917«, in: ebd., 25 (1918), Nr. 5 / 6 , S. 42. 41 Vgl. BNN, Nr. 4 1 3 , 15.8.1916, BAP, 61 Re 1, Nr. 7968, S. 18f. Möglicherweise hatte bei dieser und ähnlichen Aktionen der DHV seine Hände im Spiel, vgl. »Unsere sozialpolitischen Aktivitäten im Kriegsjahr 1915«, in: DHW 23 (1916), Nr. 4, S. 55. 43 Vgl. Daniel, Arbeiterfrauen, S. 120. 4 4 Vgl. »Männerarbeit und Frauenarbeit«, in: Μ KP 8 (1915), Nr. 4 2 , S. 670. 45 Vgl. Magdeburger Zeitung, Nr. 867, 21.11.1915, BAP, 61 Re 1, Nr. 7967, S. 179. 4 5 Vgl. »Wandlungen im Frauenleben«, in: Kreuzeitung, Nr. 656, 24.12.1916, BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 6 9 , S. 176. 4 7 Vgl. v. Behr-Pinnow, Frauenfragen. U.a. abgedruckt in: NAZ, Nr. 1 0 9 , 1 9 . 4 . 1 9 1 6 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7968, S. 126; Deutsche Warte, Nr. 31, 30.4.1916, ebd., S. 132f.; Schlesische Zeitung, Nr. 29, 19.4.1916, ebd., S. 127; DTZ, Nr. 2 4 , 14.1.1917, ebd., Nr. 7969, S. 195; u.d.T. »Die Ausgestaltung der Frauenrechte« in HC, 6.8.1916, ebd., S. 6. Schon bei der Ablt hnung des Hindenburg-Programms hatten die Zivilregierungen damit argumentiert, daß

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Anmerkungen zu S. 185-188 der Arbeitszwang für Frauen die außerhäusliche Betreuung der Kinder und andere Vergesellschaftungen häuslicher Leistungen voraussetzen und damit zu einer Umwälzung der Familienverhältnisse fuhren würde, vgl. Daniel, Arbeiterfrauen, S. 76f. 48 So Besse 1, Beunruhigung. Methodisch läßt sich jedoch einwenden, daß die von Bessel als Indikator gewertete hohe Heiratsfrequenz möglicherweise aus dem Rückstau der Kriegsjahre resultierte oder z.T. gar erst eine Folge der Verdrängung von Frauen aus dem Arbeitsmarkt war. Ein sehr hoch angesetzter Protestbegriff sucht vergeblich nach Einsprüchen der (Männer-)Gewerkschaften gegen die Endassung weiblicher Konkurrenz und läßt die Bitten von Frauen, sie in ihren Stellungen zu belassen, wie sie sich in Eingaben von Unternehmen an die Demobilmachungsausschüsse niederschlugen, außer acht. Die Aussage, Frauen hätten ihre Tätigkeit grundsätzlich als vorübergehend betrachtet, stützt sich hauptsächlich auf die Einschätzung des Reichsministeriums für wirtschaftliche Demobilmachung; die Wirkung angedrohter Zwangskündigungen wird m.E. ebenso unterschätzt wie das Ausmaß der Repressionen gegen arbeitende Frauen in der Weimarer Republik durch die Konzentration auf die Jahre mit weitgehender Vollbeschäftigung. 49 Vgl. zu den Lebens- und Arbeitsbedingungen von Arbeiterinnen im Ersten Weltkrieg Daniel, Arbeiterfrauen, S. 1 2 5 - 2 3 2 ; mit Blick auf Baden Guttmann, S. 3 4 - 7 8 . 50 Vgl. Hering, S. 33f. 51 Vgl. »Krieg und Frauenfrage«, in: BLA, Nr. 156, 25.3.1916, BAP, 61 Re 1, Nr. 7968, S. 109. 52 Vgl. Altmann-Gottheiner, Zitat S. 38. Vgl. auch die anderen Beiträge in diesem Band. 53 Vor dem Verein für Fraueninteressen. Vgl. Münchner Neueste Nachrichten vom 30.1.1916, zit. nach Daniel, Arbeiterfrauen, S. 83. Hervorh. i. Original. 54 Vgl. Daniel, Arbeiterfrauen, S. 118f.; Bessel, Beunruhigung, S. 217. 55 Zu den Demobilmachungsplänen des D H V vgl. Wenn der Friede kommt. Der Deutsche Handelstag, eine vom D H V mitgetragene Veranstaltung, hatte schon 1915 die Arbeitgeber aufgefordert, bevorzugt Kriegsbeschädigte einzustellen und einberufenen Angestellten eine Arbeitsplatzgarantie zuzusichern. Diese Position wurde zu diesem Zeitpunkt offensichtlich von der Deutsch-Konservativen Partei geteilt, vgl. »Frauenarbeit im Handelsgewerbe«, in: MKP 8 (1915), Nr. 4 4 , S. 698. 56 Vgl. Lorentz, S. 8 0 - 8 3 . 57 Vgl. zu den Planungen fur die Demobilmachung Rouette, S. 22^11. 58 Vgl. StA Hamburg, Bestand Senat, CI. VII Lit. Rf. No. 505 Vol. 1. 59 Vgl. dazu Ullrich, S. 41. 60 So die fernmündliche Auskunft des Hamburger Staatsarchivs an die Verf. 61 Vgl. Monatsblatt 4 (1916), Nr. 2, S. 4. 62 Daß eine solche Petition in Vorbereitung sei, wurde bereits im Januar 1916 angekündigt, vgl. Monatsblatt 4 (1916), Nr. 1, S. 2. Im Lauf des Jahres wandte sich Vorstandsfrau Bertha Stauff schriftlich an einzelne Bundesmitglieder mit der Bitte, in der jeweiligen Stadt nach potentiellen Verbündeten Ausschau zu halten und ihr die Adressen der in Frage kommenden Verbände mitzuteilen, vgl. ihr Schreiben an Ludwig Schemann vom 14.7.1916, UB Freiburg, Nl. Schemann, IV A) Deutscher Bund gegen die Frauenemanzipation. 63 Monatsblatt 4 (1916), Nr. 12, S. 1. 64 Zum Ehrbegriff des Bürgertums im Spiegel der Duell-Kultur vgl. F revert, Ehrenmänner. 65 1917 wurden in Preußen von 270 öffentlichen Lyzeen ganze 13 von einer Direktorin geleitet. Zusätzlich stand einer in Berlin neu eröffneten Mittelschule eine Frau vor. Dagegen befand sich die Leitung der rund 2 0 0 privaten Mädchenlyzeen überwiegend in weiblicher

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Anmerkungen zu S. 188-189 Hand. Die Haushaltungs- und Berufsschulen verdankten ihre Entstehung vielfach der Initiative vcn Frauenvereinen und wurden entsprechend von einer Frau geleitet. Bei der Errichtung städtischer Pflichtfortbildungsschulen wurde die Direktion in der Regel einem Mann übertragen. Demnach gab es Führungspositionen fur Frauen fast ausschließlich im Rahmen privater Initiativen. Die Übernahme von Bildungsaufgaben durch staadiche oder kommunale Träger bedeutete zugleich auch ihre >MaskulinisierungMalweibes< zur glücklichen Hausfrau und Mutter in den grellsten Farben schilderte, vgl. »Wie seine Frau bekehrt wurde«, in: ebd., 35 (1911), H. 16, Unterhaltungs-Beilage, S. 63f. 87 Vgl. in: KW 22 ( 1 9 0 8 / 0 9 ) , H. 19, S. 57, mit Weber, Hausbeamtinnen. Mathilde Weber gehörte dem Vorstand des BDF an. Zur Professionalisierung der weltlichen Krankenpflege als Frauenberuf vgl. Bischoff; Kerchner, S. 1 7 0 - 1 8 7 , sowie Agnes Karll, Die Krankenpflege als wirtschaftlich selbständiger Beruf, in: KW 2 4 ( 1 9 1 0 / 1 1 ) , H. 10, S. 2 9 0 - 2 9 . Die von Agnes Karll gegründete Beruftorganisation der Krankenpflegerinnen Deutschlands gehörte seit 1906 dem BDF an. Die fast ausschließlich aus bürgerlichen Verhältnissen stammenden freien Schwestern betrachteten die Frauenbewegung als ein wichtiges Instrument zur Verhinderung

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Anmerkungen zu S. 191-194 sozialer Konflikte. Diese Haltung machte es dem Kunstwart ebenso leicht, seine antifeministischer Ressentiments (die sich in erster Linie gegen Rechts- und Gleichheitsforderungen richteten) in den Hintergrund zu stellen wie die Tatsache, daß der Krankenschwesternverband am dualistischen Geschlechtermodell festhielt und die >Hausarbeitsnähe< der Krankenpflege betonte. 8S Vgl. I.Ida} v.lon] M.leerheimb], Krieg und Frauen, in: DAG 17 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 11, Sp. 168-171; »Was wird aus unseren Töchtern?«, in: Ref. 17 (1918), Nr. 34; besonders plump: »Der Wert der hauswirtschaftlichen Schulung«, in: DHW 2 3 (1916), Nr. 10, 5.10.1916, S. 150. 8ί' Vor 1912 bot eine Novelle zur Reichsgewerbeordnung vom Juni 1900 den Gemeinden der meisten Länder lediglich die Möglichkeit, eine Berufsschule fur weibliche kaufmännische Angestellte einzurichten. Nur Bayern, Baden und Württemberg kannten bereits im 19. Jahrhundert einen obligatorischen Fortbildungsunterricht für Mädchen. Für männliche Jugendliche herrschte demgegenüber Berufsschulzwang, vgl. v. Zahn-Harnack, Frauenbewegung , S. 216f. Zur Geschichte der weiblichen Berufsausbildung in Handel und Gewerbe vgl. Schlüter, Neue Hüte, S. 72f. Vgl. auch dies., Quellen und Dokumente. 9 0 Vgl. zusammenfassend: Schriften des DHV, Bd. 52. Zu den Veränderungen in den Gew:rbeordnungen und im Fortbildungsschulwesen allgemein vgl. die Zusammenstellung in: Schrften des DHV, Bd. 6 0 / 6 1 , S. 1 7 8 - 2 1 7 . Zu den Aktionen der Frauenberufsverbände vgl. den Jberblick bei Lorentz, S. 160f. 9 . Vgl. »Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation«, in: HC, Nr. 529, 17.10.1913, StA Hamburg, PP,S 18846, S. 52. Das Monatsblatt der Antifeministen vertrat in der Frage der weiblichen Fortbildungsschule auch weiterhin die Position des DHV. 9.1 Vgl. Johannes Buschmann, Frauenerwerbsarbeit und Fortbildungsschule, in: KW 27 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 2 , S. 2 6 8 - 2 7 2 . 9.Ϊ Vgl. Richard Nordhausen, Ein Mädchendienstjahr, in: ebd., 23 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , H. 2 1 , 1 , S. 129· 133, ZitatS. 132. 94 Vgl. Lorentz, S. 160f. 9 i Vgl. Kerchner, S. 144. 9ό Vgl. Ulbricht, hier S. 6. 97 Vgl. Guttmann, S. 77. 9 i Vgl. etwa »Familie und Wohlfahrtspflege«, in: GF 1 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , H. 2 1 , S. 371. 9'? Vgl. Helene Wenck-Riiggeberg, Deutschlands Landfrauen und ihre Kriegsarbeit, in: NM 3 ( 1 9 1 6 ) , Nebelung-Heft, S. 6 1 1 - 6 1 6 , hier S. 613; Bernarda v. Neil, Hausfrauen-Organisationen, in: PJ, Bd. 156, April-Juni 1914, S. 3 4 5 - 3 4 8 . 130 Vgl. Daniel, Krieg der Frauen, S. 1 4 3 - 1 4 5 . 131 So der nationalliberale Abgeordnete Bock vor dem badischen Landtag im Frühjahr 191:3, vgl. Guttmann, S. 77. 102 Vgl. Josef Trumpp, Schulung der weiblichen Jugend in Kinderpflege und Hauswirtichaft, in: Kriegshefte der Süddeutschen Monatshefte 13 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 2, S. 1 0 7 110 103 Vgl. Emma Kromer, Hausfrauenvereine, in: KW 29 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , H. 2 , S. 204f. 104 Vgl. Lorentz, S. 170. 105 Die Verteidigung der »deutsche(n) Frau« war freilich zum Gutteil durch die Opposition zur Frauenbewegung motiviert, vgl. Ida von Meerheimb, Frauendienst und Frauenpflicht, in: DAG 17 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 4, Sp. 54f. 106 In diesem Zusammenhang wurde auch die Einbeziehung der Hausfrauenarbeit in die Berechnung des Völkseinkommens gefordert, eine Betrachtungsweise, die sich bis heute noch

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Anmerkungen zu S. 194r-197 nicht durchgesetzt hat. Vgl. »Die hausmütterliche Tätigkeit als Beruf«, in: KW 28 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , H. 3, S. 2 2 8 - 2 3 0 . 107 Einen zeitgenössischen Überblick über erschienene Literatur bieten Holtmann u. Reichel. Zu den meistgelesenen Schriften gehörten Cauer und Gnauck-Kühne. Vgl. auch Dammer, S. 148-173, die sich freilich auf die Darstellung weniger ausgewählter Positionen beschränkt. 108 Vgl. die Umfrage der Königsberger Harttungschen Zeitung, Nr. 1 7 , 1 2 . 1 . 1 9 1 6 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7968, S. 39. 109 Vgl. Bernarda v. Neil, Wünsche und Bedenken zum Frauenlehrgang, in: PJ, Bd. 166, Dezember 1916, S. 4 8 2 ^ 8 8 , hier S. 483. 110 Vgl. v. Muelmann, Die Bekämpfung der Zuchtlosigkeit unserer Jugend, in: Wehr 5 (1916), Nr. 7, S. 5f.; Frau Konsul Kiep, Militarismus der deutschen Frau, in: VE 19 (1915), Nr. 24, S. 190f.; L. Kaiweit, Das weibliche Dienst- und Wehrjahr, in: V K 1 2 (1915), Nr. 6, S. 1 2 8 132, Zitat S. 129; Richard Nordhausen, Das Mädchen-Dienstjahr, in: Tag, zit. nach DHW 19 (1912), Nr. 15.5.8.1912, S. 293f., Zitat S. 294; Johanna Pachali, Die allgemeine Wehrpflicht der Frauen, in: DAG 17 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 15, 7.1.1916, Sp. 2 3 0 - 2 3 2 , Zitat Sp. 231. Vgl. zur protestantischen Diskussion weiterhin etwa »Die weibliche Dienstpflicht«, in: Ref. 14 (1915), Nr. 4 5 , S. 538f.; Marie Wege, Die Dienstpflicht der Frau, in: ebd., 15 (1916), Nr. 7, S. 7 4 - 7 6 . 111 Vgl. Jg. 20, S. 193, zit. nach v. Zahn-Harnack, Frauenbewegung, S. 231. 112 Vgl. »Dienst der Frauen und Frauendienstpflicht«, in: DAG 18 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , Nr. 16, 19.1.1917, Sp. 2 4 8 - 2 5 0 , Zitat S. 248. 113 Vgl. die Zusammenfassung der Vorschläge bei v. Zahn-Harnack, Frauenbewegung, S. 233-235. 114 »Die Anti-Suffragetten«, in: National-Zeitung (Berlin), Nr. 257, 1.11.1912, StA Hamburg, PP, S 18846, S. 29. 115 Vgl. Willy Hellpach, Der Dozent und die Hörerinnen, in: BT, Nr. 309, 21.6.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7966, S. 39. 116 Vgl. Weindling, S. 253 und S. 328. 117 Vgl. Henriette von Pawlowsky, Burgfrieden für die Frauen?, in: FG 10 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , Nr. 25, S. 193f. 118 Vgl. »Frauenstudium im Kriege«, in: VK 14 (1917), Nr. 1 / 2 , S. 36. Als Erläuterung verwies das Blatt darauf, daß »der schwächer werdende Frauenorganismus aus Gründen der Überkompensation eine auffallige Geistigkeit (erzeugt), die zur Erfüllung männlicher Wünsche und zur Erlangung männlicher Rechte verwendet wird. Es wandeln sich damit biologische Frauenpflichten in geistige und politische Frauen-Rechte um«. 119 Vgl. Ruges Bittschrift an den Kriegsminister vom 19.10.1918, abgedruckt in DV 4 (1919), Η. 1, S. 1 2 - 2 0 , hier S. 16f. Vgl. auch ders., Konsuln, habt acht!, in: Monatsblatt 4 (1916), Nr. 6 / 7 , S. 3f. und die Besprechung von Ruges Philippika »Das Wesen der Universitäten und das Studium der Frauen« in Hammer 11 (1912), Nr. 243, 1.8.1912. 120 Vgl. Hans Roeseier, Frauenstudium und Krieg, in: Ak. Bl. 31 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , Nr. 13, S. 162f. Vgl. auch die Entgegnung Hertha Kurths und die Antwort Roeselers in ebd., Nr. 15, S. 190f. Trotz gegensätzlicher Auffassung über die Studieneignung der Frauen waren sich die beiden Kontrahenten in ihrem Klassenstandpunkt einig: ein »weibliches akademisches Proletariat« wollten weder der Student noch die Studentin dulden. 121 Vgl. das sogenannte »Hindenburg-Programm«, abgedruckt in Sichler u. Tiburtius, S. 105-109. 122 Vgl. Lohmann, Die Gefahren eines weiblichen Gelehrtenproletariats, in: PJ, Bd. 174, Oktober 1918, S. 7 3 - 7 9 , hier S. 73.

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Anmerkungen zu S. 197-200 123 Vgl. zu Bumms Funktionen Weindling, S. 160, 340, 348. Bumms Rede zum Frauenstudi am wurde auszugsweise nachgedruckt in DHW 24 (1917), Nr. 1 1 / 1 2 , S. 149f. und VK 15 (1918), Nr. 1 / 2 , S. 24f. Auch andernorts dachte man über eine Studienbeschränkung fur Frauen nach, vgl. »Wilamowitz-Moellendorff über das Frauenstudium«, in: Monatsblatt 6 (1913), Nr. 7 / 8 , S. 9f. 114 Vgl. Lohmann, Die Gefahren eines weiblichen Gelehrtenproletariats, in: PS, Bd. 174, S. 73-79. 125 Vgl. Ref. 17 (1918), Nr. 31, S. 246. i;:6 Vgl. Verwaltung und Statistik 8 (1918), H. 2, S. 8. 12,7 Vgl. die Angaben zur Verteilung der Studentinnen auf die einzelnen preußischen Universitätsstädte in Ref. 17 (1918), Nr. 31, S. 246. Die dort genannten Zahlen stimmen im wesentlichen mit den Ergebnissen neuer Forschungen überein, vgl. Titze u.a., Datenhandbuch, Bd. I, 2. Teil, S. 82, 103, 130, 171, 230, 250, 270, 354, 390, 434, 477. Im Wintersemester 1 9 1 7 / 1 8 waren unter 10.769 Berliner Studierenden 1322 Frauen (12,3 Prozent), dahinter folgte Bonn weit abgeschlagen mit nicht einmal 530 Studentinnen. Den höchsten Anteil von Studentinnen wies jedoch nicht die Hauptstadt, sondern die weitaus kleinere Universität Marburg mit 14,4 Prozent auf. Fast gleichauf mit Berlin rangierte die erst 1914 gegründete Frankfurter Universität mit 12,3 Prozent Studentinnen. Den deudich geringsten Frauenanteil unter den Studierenden hatte - Zufall oder nicht - mit weniger als fünf Prozent Kiel, die Heimatstadt des langjährigen Vorkämpfers gegen die Frauenemanzipation und Antifeministen-Chefs Ludwig Langemann. 128 Nach Angaben der Reformation 17(1918),Nr. 31, S. 246, standen im Winter 1 9 1 7 / 18 an preußischen Universitäten rund 4.000 weibliche Immatrikulierte fast 1.100 Gasthörerinnen gegenüber. In den meisten anderen Berichten zum Thema werden die beiden Zahlen jedoch zusammengenommen. 129 Vgl. ebd. 130 Vgl. Lohmann, Die Gefahr eines weiblichen Gelehrtenproletariats, in: PS, Bd. 174, S. 74. 131 Vgl. ebd. 132 Vgl. Hertha Kurth, Frauenstudium und Krieg. Eine Entgegnung, in: Ak. Bl. 31 (1916/17), Nr. 15, S. 190. Bei der Opposition gegen das »weibliche Gelehrtenproletariat« vulgo: Studienanstalten kontra Oberlyzeen - mochte auch der Stadt-Land-Gegensatz eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben. 133 Vgl. Hermann Werner Siemens, Die nationalbiologischen Gefahren der Schulreform, in: I)E 1 (1917), H. 5, S. 426-32, Zitat S. 431. Der Dermatologe Siemens veröffendichte im gleichen Jahr ein Werk über Rassenhygiene und Bevölkerungspolitik, das im Nationalsozialismus mit 55.000 verkauften Exemplaren zum Klassiker avancierte, vgl. Weindling, S. 473. 134 M. Holzmann, Unsere heutige Mädchenverbildung, in: DE 2 (1918), Nr. 12, S. 8 5 5 862, ZitateS. 859-861. 135 Vgl. H. G. Holle, Züchtung - Zucht - Erziehung, in: ebd., H. 3, S. 274-80, Zitat S. 276. 136 Vgl. Hermann Werner Siemens, Die nationalbiologischen Gefahren der Schulreform, in: DE 1 (1917), H. 5, S. 430f. Von einem solchen Zusammenhang geht heute auch die W H O aus, wenn sie Verbesserungen in der Frauenbildung als Maßnahme gegen die sogenannte Uberbevölkerung empfiehlt. 137 Vgl. W.O., Bevölkerungspolitik, in: DHW 23 (1916), Nr. 1, S. 3f., Zitat S. 4. 138 Mehr Kinder kamen in subproletarischen Schichten zur Welt und dort, wo die Kinder ihre Arbeitskraft in die Subsistenzökonomie der Familie einbrachten: bei Bauern sowie den

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Anmerkungen zu S. 200-201 Kaufleuten und Handwerkern des >Alten Mittelstands^ Neben dem Stadt-Land-Gefälle war vor allem der Unterschied zwischen protestantischen und katholischen Regionen ausgeprägt, vgl. den kurzen Überblick bei Wehler, Gesellschaftsgeschichte, S. 4 9 8 - 5 0 0 . Auch in den Arbeiterfamilien wurde die Beschränkung der Kinderzahl zunehmend üblich, wie die umfassende Darstellung Ritters u. Tenfeldes zeigt. Im Gegensatz zu den dort genannten, v.a. auf Reinhard Sprees Forschungen beruhenden Kinderzahlen (vgl. S. 563) ermittelt Rita Müllers demographisches Dissertationsprojekt an der Universität Mannheim für die rund 2.500 Familien zählende protestantische Arbeitergemeinde Feuerbach bei Stuttgart bereits um die Jahrhundertwende durchschnittlich zwei Kinder pro Ehe. 139 »Von den gelehrten Frauen«, in: Hammer 12 (1913), Nr. 278, S. 579. 140 Vgl. /. Paulsen, Die Herrschaft der Schwachen und der Schutz der Starken in Deutschland. Kritische Betrachtungen eines Arztes über soziale Fürsorge, in: ARGB 1 1 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , H. 2, S. 1 4 5 - 1 6 9 , hierS. 161. 141 Vgl. »Rückgang der Geburten und Eheschließungen - steigende Bevölkerungsziffer«, in: KS 12 (1912), H. 8, S. 239f. Der Bund fur Regeneration stellte 1912 eigene Gruppentreffen ein und empfahl seinen Anhängern die Mitarbeit in den Hammergemeinden. Seinen Mitgliedern vermittelte er den verbilligten Bezug der PAM und legte seinem Publikationsorgan Flugschriften des PAM-Herausgebers Schmidt-Gibichenfels bei, vgl. ebd., H. 12, S. 376. 1915 druckte KS Schmidt-Gibichenfels' Aufsatz »Der Krieg als Kulturfaktor, als Schöpfer und Erhalter der Staaten« komplett nach, vgl. ebd., 15 (1915), Nr. 8, S. 1 7 8 - 8 6 ; Nr. 9 , S. 2 0 1 208; Nr. 10, S. 2 2 7 - 2 3 4 ; Nr. 11, S. 2 5 1 - 2 5 7 . 142 Vgl. Otto Conrad, Mädchenerziehung und Vererbung, in: Der Zeitgeist. Beiblatt zum BT, Nr. 21, 25.5.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7965, S. 169. 143 Indem Bumm wissenschaftlich interessierten Frauen die Kategorie »männlich« zuwies, enthob er sich der Verpflichtung, seine Denkschemata von »weiblichen« und »männlichen« Wesenseigenschaften revidieren zu müssen. 144 Bumms Rede über das Frauenstudium an der Berliner Universität nach »Das Frauenstudium«, in: VK 15 (1918), Nr. 1 / 2 , S. 24f. und »Das medizinische Studium der Frauen im Urteil eines Gynäkologen«, in: Monatsblatt 5 (1917), Nr. 8 / 9 , S. 3 - 5 , Zitat S. 4 (nach der VZ). Vgl. auch »Zur Frage der Fruchtbarkeit akademisch gebildeter Frauen«, in: ebd., 3 (1915), Nr. 7, S. 4; »Die studierende Frau und die Ehe«, in: ebd., 4 (1916), Nr. 2, S. 3f. 145 Vgl. Uvau, Kriegserkenntnis von Friedensschäden am deutschen Volkskörper, in: NM 4 (1917), Brachet-Heft, S. 2 0 9 - 2 2 0 ; »Geschlecht und Bildung«, in: KW 35 ( 1 9 2 1 / 2 2 ) , Η. 1, S. 61 f. Beide Artikel konzedieren, daß sich die Unterschiede zwischen den Geschlechtern in geistiger und körperlicher Hinsicht durch Krieg und Revolution verringert hätten, nur um dann den >natürlichen< Wesensunterschied um so stärker zu betonen und Frauen um der »nationalen Zukunft« (NM, S. 211) willen erneut auf die Mutterschaft zu beschränken. 146 Vgl. Ritter u. Tenfelde (S. 628f., S. 6 3 3 - 6 3 5 ) ; ausfuhrlich Hagemann, Frauenalltag; dies., Frauensache. Neumann (S. 196) schätzt, daß unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg zwei Drittel bis drei Viertel aller Arbeiterehepaare die Größe ihrer Familie zu kontrollieren versuchten. Wiewohl sich die SPD-Führung offiziell gegen Geburtenbeschränkung aussprach, legt die Struktur der Partei nahe, daß es gerade Partei- und Gewerkschaftsmitglieder waren, die zusammen mit ihren Frauen Empfängnisverhütung übten, vgl. Kutz-Bauer, S. 181. Das Interesse an Empfängnisverhütung nahm, darin ist sich die Forschung einig, mit dem Qualifikationsgrad der Beteiligten zu. 147 Vgl. Walter Ulbricht, Mutterschaft, in: K W 2 7 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Η. 1, S. 2 7 9 - 2 8 3 , Zitate S. 281.

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Anmerkungen zu S. 202-205 148 Vgl. ebd., S. 282. 149 Graßl, Die Bekämpfung der Kindersterblichkeit vom Rassenstandpunkt, in: ARGB 7 (1910), H. 2, S. 1 8 8 - 2 1 3 , Zitat S. 209. 1:50 Vgl. Fritz Lenz, Gedanken zur Erneuerung des deutschen Volkes, in: D E 2 (1918), Nr. XI, 7 6 5 - 7 7 5 , hier S. 773. 151 Vgl. Soloway, Zitat S. 369. 152 Vgl. ebd., und Huss. 153 Vgl. Wolf, Zweikindersystem; ders., Geburtenrückgang. Wie Jean Bornträger machte Woli" neben dem Sozialismus ausdrücklich den »Feminismus« für den Rückgang der Geburtenhäufigkeit verantwordich und sprach vom »Streik der Mütter«, vgl. S. 61 u. S. 141. 154 Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch eine Debatte im Preußischen Abgeordnetenhaus, vgl. DAG 17 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 2 5 , Sp. 398f. Vgl. auch die Bibliographie im Deutschen Statistischen Zentralblatt Jg. 1913, Nr. 10; Jg. 1914, Nr. 1 - 9 ; Jg. 1915, Nr. 6; Jg. 1916, Nr. 3. 155 Vgl. Reulecke, Urbanisierung, Tab. 2, S. 202. 156 Vgl. A. Schulze, Ansiedlung und Frauenfrage, in: NM 2 (1915), S. 5 7 7 - 5 7 9 , Zitate S. 579 157 Vgl. Anna Röttger, Zur Bildung der Landmädchen, in: KW 30 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , S. 88f. 158 Vgl. E. W. Trojan, Die Organisierung der Unfruchtbarkeit, in: VE 17 (1913), Nr. 20, S. 1 55-158; R. von Wahlert, Über den Geburtenrückgang, in: ebd., 18 (1914), Nr. 8, S. 59f. 159 Vgl. Frieda Linß, Zur Frage des Geburtenrückgangs, in: ebd., 22 (1918), H. 7, S. 7 7 80. 160 Vgl. Kathinka v. Rosen, Geburtenrückgang, in: PAM 16 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 9, S. 4 5 6 458 .ZitateS. 456f. 161 Vgl. »Rückblicke und Ausblicke«, in: Auf Vorposten 3 ( 1 9 1 3 / 1 6 ) , H. 12, S. 3 3 8 - 3 5 1 , hier S. 349. 162 Vgl. »Deutsche Frauenrechderinnen«, in: PAM 14 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 1, S. 50f., Zitat S. 50. 163 Vgl. H. G. Holle, Der Krieg als Lehrmeister, in: ebd., 13 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , Nr. 10, S. 5 2 1 537, ZitatS. 528. 164 Vgl. Eckehart, Das Landkind in der Großstadt, in: NM 3 (1916), Nebelung-Heft, S. 6 0 5 - 6 0 9 , Zitat S. 607. 165 Vgl. etwa Adam Ander, Die amerikanischen Frauen und ihr Kampf um das Frauenstimmrecht, in: Monatsblatt 3 (1915), Nr. 7 / 8 , S. 1 - 6 ; Ludwig Langemann, Bewährt sich das Frauenstimmrecht im Auslande?, in: ebd., Nr. 11, S. 1 - 3 . 166 Vgl. Beda Prilipp, Internationale »deutsche« Frauen, in: NM 2 (1915), Mai-Heft 1915, S. 2 6 7 - 2 6 9 , Zitat S. 268; Fritz Bley, Die Unbelehrbaren vom Haag, in: GF 3 ( 1 9 1 4 / 15) Nr. 13, S. 244f.; fast wortgleich: »Denkende Menschen«, in: Deutsche Volkskorrespondeni, Nr. 75, 30.3.1915, BAP, 61 Re 1, Nr. 7966, S. 173f. Dagegen Gertrud Bäumer, Zum Internationalen Frauenkongreß im Haag, in: DTZ, Nr. 2 1 6 , 20.4.1915, ebd., S. 188. 167 Vgl. Kap. 2.8. Das Argument, die von der Frauenbewegung ausgelöste Frauenberufsarbeit verhindere Familiengründungen, blieb bis zum Ende des Ersten Weltkriegs unv: rändert, vgl. Frieda Linß, Zur Frage des Geburtenrückgangs, in: VE 22 (1918), H. 7, S. 77-80. 168 Vgl. Ludwig Müllers Besprechung von v. Grubers Vorschlägen zur Bekämpfung des Geb urtenrückgangs, in: PAM 13 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , Nr. 8, S. 447f., Zitat S. 448. 169 Vgl. Heinrich Pudor, Die deutsche Mutternot, in: KS 17 (1917), H. 4, S. 9 3 - 9 6 , Zitat S. 94f.

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Anmerkungen zu S. 206-208 170 Vgl. VK 14 (1917), Nr. 1 / 2 , S. 46; ebd., Nr. 5 / 6 , S. 133f. Ähnlich auch Heinrich Pudor, Mutterschulen, in: Deutsche Minne 1 (1916), 1. Buch, S. 2 5 - 2 7 . 171 Vgl. K. Oldenberg, Der Geburtenrückgang und seine treibenden Kräfte, in: DE 2 (1918), Nr. 4, S. 2 6 4 - 2 7 9 , Zitat S. 275. Oldenberg gehörte wie Max v. Gruber, Jean Bornträger und Julius Wolf zu den Theoretikern des Geburtenrückgangs. 172 Vgl. ebd., S. 275 und Emil Peters, Bevölkerungssorgen, in: VK 14 (1917), Nr. 5 / 6 , S. 9 7 - 1 0 0 , Zitat S. 99. 173 Vgl. Peters, ebd., S. 100. 174 Vgl. Else Croner, Aufklärungs-Unterricht. Eine Forderung für Mädchen-Fachschulen, in: Lyzeum 3 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , H. 2, S. 7 9 - 8 3 , Zitat S. 83. 175 Vgl. L. Müller, Die Zukunft der Familie, in: D V 1 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 3, S. 1 0 5 - 1 1 4 , Zitat S. 106. 176 So der Titel einer Schrift des Stabsarztes Fr. Munter, vgl. »Leitsätze«, in: KS 15 (1915), H. 10, S. 222. Den Prozeß der Verstaadichung des Körpers mit seinen rassenhygienischen Implikationen hat Paul Weindling hervorragend nachgezeichnet. 177 Vgl. zu diesem Prozeß Frevert, Krankheit. 178 Das legt zumindest die Lektüre von Frevert, Krankheit, nahe. Eine Arbeit, die sich den geschlechtsspezifischen Verhaltensanforderungen an Frauen unter dem Aspekt der Gesundheitspolitik für diese frühe Zeit widmet, liegt m.W. nicht vor. Welche Rolle die diskursive Pathologisierung des Weiblichen als Abweichung von der männlichen Norm in diesem Zusammenhang spielt, wäre erst noch zu erforschen. 179 Diese hier in aller Vorsicht vorgetragene Vermutung wäre freilich noch durch eine eingehende Untersuchung abzusichern. Das kann im Rahmen der vorliegenden Dissertation jedoch nicht geleistet werden. 180 Das könnte freilich auch damit zusammenhängen, daß der Männerkörper als Ganzes bereits umfassend in den Medikalisierungsprozeß einbezogen worden war. 181 Vgl. Else Wirminghaus, Die Frau und die Volksgesundheit, in: KW 25 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , H. I , S. 69-71, Zitate S. 71. 182 Vgl. F. Landmann, Zeuge pflichtbewußt, in: Deutsche Minne, 2. Buch 1 9 1 8 / 1 9 , S. 6 3 - 6 7 , und »Schutzbund fürs deutsche Weib«, in: PAM 15 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , Nr. 7, S. 3 8 4 386. 183 Vgl. »Leitsätze« (aus Fr. Münter: Die Pflicht, gesund zu sein), in: KS 15 (1915), H. 10, S. 222f. 184 Ob dem zeidichen Zusammenhang auch ein kausaler zugrundeliegt, muß offen bleiben. Auffällig ist jedoch, daß alle Artikel zeidich nach der Formierung der antifeministischen Liga datieren. Vgl. ebd.; Ludwig Müller, Die Zukunft der Familie, in: DV 1 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 3, S. 1 0 5 - 1 1 4 , Zitat S. 105; Alfred Damm, Enthaltsamkeit und Ausschweifung im Geschlechtsleben, in: KS 12 (1912), H. 7, Juli 1912 S. 2 1 4 - 2 1 7 . 185 Vgl. Grotjahn,S. 3. Ganz so neu war dieses Argument innerhalb der SPD nicht: August Bebel hatte schon zwanzig Jahre zuvor den Frauentod im Wochenbett mit dem Kriegstod der Männer verglichen, um die Forderung nach dem Frauenstimmrecht zu untermauern. Zum Zusammenhang von Wehrpflicht und männlichem Stimmrecht vgl. Frevert, Soldaten. 186 Vgl. Emil Peters, Der Kulturwert der Körperkraft, in: VK 12 (1915), Nr. 12, S. 2 5 7 268, Zitat S. 2 6 0 , und Uuau, Kriegserkenntnis von Friedensschäden am deutschen Volkskörper, in: NM 4 (1917), Brachet-Heft, S. 2 0 9 - 2 2 0 , Zitat S. 210. 187 Vgl. Daniel, Krieg der Frauen, S. 138f. 188 Vgl. ebd., S. 259; Ε mil Peters, Bevölkerungssorgen, in: VK 14 (1917), Nr. 5 / 6 , S. 97-100.

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Anmerkungen zu S. 208-210 189 M.lax] v. Gruber, Die Sicherung unserer Zukunft, in: SM 13 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Η. 1, S. 4 9 - 5 6 , ZitatS. 55. 150 Vgl. Richard Ehrenberg, Familie und Heimat als Urquelle für Deutschlands Erneuerung. in: DE 2 (1918), H. 5, S. 3 5 9 - 3 6 4 , Zitat S. 361. Freilich ging Ehrenberg - wie im Parteiblatt der annexionistischen Vaterlandspartei nicht anders zu erwarten - noch im Frühsomner 1918 von einem »Siegfrieden« aus und erwartete, daß nach Kriegsende »der Osten« deutsch kolonisiert werden müsse. 191 Vgl. Archibald von Aich, Im Banne deutschen Denkens, in: Hammer 14 (1915), Nr. 322, S. 5 9 3 - 5 9 6 , Zitate S. 593. 192 Vgl. Ludwig Müller, Die Zukunft der Familie, in: DV 1 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 3, S. 1 0 5 - 1 1 4 , Zitat S. 106; Volkskraft 14 (1917), Nr. 1 / 2 , Zitat S. 46; ebd., Nr. 3 / 4 , Zitat S. 59. 193 Andere Formen der Institutionalisierung von Fortpflanzung wie etwa Hentschels Mitt;;art-Bund konnten sich im Kaiserreich nicht durchsetzen. Erst die Nationalsozialisten lösten in der Alltagssprache (»dem Führer ein Kind schenken«) Ehe und Fortpflanzung voneinander ab. 194 Gustav F. Müller, An die Arbeit! Richtlinien für Gewissensmenschen, in: Nornen 2 (1913), Januarheft 1913, S. 6 - 1 7 , Zitat S. 12. 195 Vgl. Fritz Lenz, Merkworte zur Rassenhygiene, in: PAM 16 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 5, S. 273t., Zitat S. 274. Diese Behauptung findet sich in fast allen Artikeln zur Bevölkerungspolitik. 196 Vgl. »Der Deutsche Wehrverein!«, in: Wehr 5 (1916), Nr. 1, S. 4f.; »Arbeitsplan des Deu :schbundes in der Rassenfrage«, in: D H B 3 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 3 / 4 , S. 18f. 197 Vgl. Fritz Lenz, Merkworte zur Rassenhygiene, in: DE 1 (1917), H. 3, S. 273f. Derselbe Artikel erschien auch in PAM 16 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 5. Lenz war Vizesekretär in v. Grubers Deutscher Gesellschaft für Rassenhygiene, vgl. Weindling, S. 145. 198 Vgl. Weindling, S. 295. Zur Gesellschaft deutsch-germanischer Gesittung als Schutzbund für das deutsche Weib vgl. Kurt Riedel, Der deutschen Minne erste Fahrt, in: Deutsche Min le, Erstes Buch, S. Iff. sowie S. 44f. Die Satzungen der Vereinigung und einige Flugblätter finden sich in UB Freiburg, Nl. Schemann, II D) Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipaiion. Die Wirksamkeit des Schutzbundes scheint nicht sehr groß gewesen sein; weitere Hinweise auf seine Tätigkeit - abgesehen von einer zweiten Nummer der Deutschen Minne fehlt η ebenso wie einschlägige Sekundärliteratur. 199 Vgl. Lütgert, Ethik; ders., Pädagogik; E. von Stern. 2 30 Vgl. »Tagung des Ausschusses für die Fragen der Volksvermehrung zu Erfurt am 31. Mai d. J.«, in: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Bevölkerungspolitik 2 (1917), Nr. 3 / 8 , S. 63f.; »Erziehungsbeihilfen« [der Deutschen Bank, U.P.], in: ebd., S. 73; »Mietbeihilfen lind Kinderprämien« [der Carl Dulsberg Farbenfabriken, U.P.], in: ebd., S. 77f.; »Ehrengabt für kinderreiche Mütter«, in: VK 13 (1916), Nr. 9 , S. 180. 231 Vgl. Lehmann-Hohenberg, Deutsche Emeuerungsgedanken über den gerechten Lohn, in: I)E 1 (1917), H. 2, S. 171-176. 202 Vgl. die Rezension von Margart Hunkel, Freia und Frauwa, in: PAM 16 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 11, S. 566f. 203 Vgl. Max v. Gruber, Rassenhygiene, die wichtigste Aufgabe völkischer Innenpolitik, in: I)E 2 (1918), Nr. 1, S. 1 7 - 3 2 . Einen ausgeklügelten Plan staadicher Beihilfen, die heutigen Sozialleistungen nicht unähnlich sehen (z.B. die Zahlung von Mutterschaftsgeld, das damals noch Wochenbeihilfe hieß), wurde auch im Alldeutschen Verband diskutiert, vgl. A. Zeiltr, Die Gefahr des Geburtenrückgangs für die deutsche Zukunft, in: AB 28 (1918), S. 142f.

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Anmerkungen zu S. 210-214 2 0 4 Dagegen vertrat etwa Helene Stöcker die - weit weniger populäre - Position, daß der Ausbau von Frauenrechten gerade aus rassenhygienischen Erwägungen heraus vorangetrieben werden müsse. Hinter diesen kontroversen Auffassungen stand nicht nur der Dissens in der >Frauenfragegemischte< Gesellschaft: zusammengefunden hat, um etwas zu erreichen, wie die durch den Bund der Gegner repräsentierte. An Intellekt, Kampfesweise, Motiven, Anschauungen, Stimmungen kann man sich schlechtweg nichts Uneinheitlicheres und Bunteres denken. Philosophen und Handlungsgehilfen, schöngeistige Damen und phlegmatische Bourgeois, Oberlehrer und konservativ-militaristische Politiker - und jeder spricht seine eigene Sprache.« Vgl. Die Gegner, in: CB 14 (1913/14), Nr. 20, S. 153-155, Zitat S. 153. 69 Die Aus- und Umformung antifeministisch-misogyner Orientierungen in der Weimarer Republik verlief weder geradlinig noch konfliktfrei und kann im Rahmen dieser Arbeit nur kursorisch thematisiert werden. Hier geht es um die Nachzeichnung personeller Kontinuitäten zwischen dem organisierten Antifeminismus des Kaiserreichs und der völkischen Bewegung nach 1918. Das spannungsreiche Verhältnis zwischen der radikalen Rechten und den völkischen Modernisierinnen wäre eine eigenständige Untersuchung wert (dazu bislang nur Ziege), ebenso die Beziehung des Vorkriegs-Antifeminismus zum Antifeminismus der »konservativen Revolution«, die sich möglicherweise durch ihre Verarbeitung des WeltkriegsErlebnisses unterschieden. Zum Frauenbild jungkonservativer Chefdenker liegen nur wenige Studien vor; abgesehen von Theweleits Männerphantasien und Nicolaus Sombarts SchmittBiographie findet sich ein kurzer Hinweis in Breuers eindrücklicher Anatomie der Konservativen Revolution (S. 43). Freilich erschöpft sich der Weimarer Antifeminismus nicht, wie die hier verfolgte Blickrichtung aufgrund der Wahl ihres Gegenstandes suggeriert, im elitär-faschistoiden Kultus des »Männerbundes«, sondern läßt sich beispielsweise auch auf der Ebene der Kunst und der Populärkultur nachweisen, vgl. Irwin Lewis McCormick. Vgl. weiterhin auch Wittrock; Schade sowie Arendt u.a. 70 Pechmann verließ die BVP bereits 1919 und engagierte sich danach aktiv nur noch in kirchlichen Ämtern. Wie sein Biograph Kantzenbach (S. 4) vorsichtig nahelegt, dürfte auch er später DNVP gewählt haben. 71 Vgl. Ε ley, Resharping, S. 370. 72 Vgl. Bleuel, Deutschlands Bekenner, S. 107. 73 Vgl. Wer ist's? 1922 8 , S. 1007 und 1678f. 74 Vgl. Bleuel, Deutschlands Bekenner, S. 1 0 3 u . S . 144. Vgl. allgemein auch Michalski. 75 Vgl. Braeuer. 76 Vgl. Emma Witte, Antrag des Deutschen Frauenordens. Ein Mahnwort an die Leitung der Nationalsozialistischen Freiheitspartei, in: Deutsches Tageblatt, Nr. 144,27.6.1924, BAP,

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Anmerkungen zu S. 252-255 61 lie 1, Nr. 7974, S. 109 und »Die Frauen der Deutschnationalen«, in: Vorwärts, Nr. 7, 5.1.1922, BAP, 61 Re 1, Nr. 7974, S. 24. 77 Vgl. Chanady; Walker. 7S Vgl. das Vorwort von Schwarzmaier zum Findbuch Arnold Rüge, GLA Karlsruhe, Rep ;rtorium Nr. 1176. 79 Vgl. Fricke, Bd. 1, S. 521f. Zur Mitgliederzahl vgl. ebd., Bd. 2, S. 562. 80 Vgl. Monatsblatt 7 (1919), Nr. 2 / 3 , S. 4. Dort wurde der Schutz- und Trutzbund als »Loje zur Wiedergeburt einer deutsch-germanischen Welt« vorgestellt und Ludwig Langemanns Pamphlete als »Politische Schriften für Volldeutsche« angekündigt. Vgl. Langemann, Deutschlands Erniedrigung; ders., Weg zum Abgrund; ders., Zusammenbruch; ders., Evangelium; ders., Kampf des Papsttums. 81 Vgl. Alfred Roth, Das sollt Ihr tun. Vorschläge und Anregungen fur die Gliederung des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes, Stade 1921 (Manuskript), BAP, 1507, Nr. 329, S. 28 (= Bl. 14). Inwieweit dieser Plan in die Realität umgesetzt wurde, geht aus der vorl egenden Sekundärliteratur nicht hervor. Zur Funktion Bartels' als Beiratsmitglied vgl. Fricxe, Bd. 2, S. 564. 82 Vgl. UB Freiburg, Nl. Schemann, II D) Deutschvölkischer Schutz- und Trutzbund. 83 Vgl. Roth (wie Anm. 81), S. 11 (Bl. 5) und S. 6 (= Bl. 3). 84 Vgl. Witte. 85 Vgl. Philipp Stauff, Vom deutschen Frauenleben, in: AB 29 (1919), Nr. 1, S. 6f. 86 Vgl. Alfred Roth, Das sollt Ihr tun. Vorschläge und Anregungen fur die Gliederung des Dei tschvölkischen Schutz- und Trutzbundes, Stade 1912 (Manuskript), BAP, 1507, Nr. 329, S. 11 (= Bl. 5). Daneben wurde auch Gertrud Prellwitz, Vom Wunder des Lebens genannt. Vgl. auch Schellenberg. 87 Vgl. H.G. Holle, Deutsche Schwesternschaft, in: PAM 16 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 9 , S. 465f. 88 Vgl. zur Einschätzung als Ergänzung des antifeministischen Bundes ebd. Die Vermutung, daß die Deutsche Schwesternschaft sich dem DSTB anschloß, stützt sich auf inhaltliche Übereinstimmungen, Alfred Roths ausdrückliche Empfehlung der Hunkelschen Schriften und dar; uf, daß wenige Monate vor der Übernahme der PAM durch den Schutz- und Trutzbund - während also vermutlich die Verhandlungen schon liefen - begeisterte Rezensionen von Hunkels »Deutscher Gottesmutterschaft« (Sontra 1919) erschienen, vgl. ebd., 18 ( 1 9 1 9 / 2 0 ) , Nr. 10, S. 474f. und ebd., Nr. 12, S. 571f. ί 9 Vgl. Lohalm, S. 123f. 5 0 Vgl. den Bericht über die Vereinigung von NSDAP und Deutschsozialistischer Partei zur Deutschen Nationalsozialistischen Partei in PAM 2 0 ( 1 9 2 1 / 2 2 ) , Nr. 2, S. 87f. 5 1 Vgl. Fricke, Bd. 1, S. 777 und Lohalm, S. 2 2 4 und S. 269. 5 2 Der Bund für deutsche Familie und Volkskraft war eine jener privaten bevölkerungspolitischen Vereinigungen, wie sie im Ersten Weltkrieg mehrfach initiiert wurden, vgl. das Material in UB Freiburg, Nl. Schemann, II) Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation. Rüge trat 1919 aus der Vereinigung aus, vgl. GLA Karlsruhe 6 9 , Nl. Ru§;e, Nr. 21. 93 Vgl. Lohalm, S. 258 und 261. Noch vor der polizeilichen Auflösung des Deutschvölkischcn Schutz- und Trutzbundes 1922 wurde Rüge aus dem Verband ausgeschlossen, weil er versucht hatte, von München aus gegenüber der zentralistischen Hamburger Leitung einen eigenständigen bayrischen Landesverband aufzubauen, vgl. ebd., S. 2 2 8 f und S. 2 6 0 - 2 6 4 sowie Fricke, Bd. 1,S. 197. 54 Vgl. Arnold Rüge: Einige Kampfdaten aus meinem Leben. Ein Rückblick an meinem 60. Geburtstag. Karlsruhe 1941 (Druckschrift). GLA Karlsruhe, 69 Nl. Rüge, Nr. 2. Da Rüge

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Anmerkungen zu S. 255-257 diese Eigenlaudatio während des >Dritten Reiches< verfaßte, war er bemüht, sich als Vorkämpfer der völkischen Bewegung und des Nationalsozialismus darzustellen. Zieht man das aus diesen Entstehungsbedingungen zu erklärende Pathos und die Übertreibungen ab, bleiben Fakten übrig, die in vielen Fällen auch von der Forschung (vgl. Lohalm, S. 228f., S. 261, S. 299; Schwarzmaier, Zitat S. 245) bestätigt werden. Daher kann zumindest das Faktengerüst der Druckschrift als einigermaßen zuverlässig eingeschätzt werden. Vgl. auch Rüge, Völkische Wissenschaft. 95 Vgl. Fricke, Bd. 1, S. 196-201 und Mohrmann, S. 108. 96 Vgl. R W 2 (1921), Nr. 28, 9.7.1921 (Rathenau); Nr. 40, 1.10.1921 (Erzberger) und Nr. 45, 5.11.1921 (Wirth), GLA Karlsruhe, 69, Nl. Rüge, Nr. 111. 97 Vgl. Striesow, Bd. 1, S. 402f., S. 406f., S. 410, S. 416, S. 421, S. 436 und Bd. 2, S. 696 (Anm. 2), S. 701 (Anm. 58) sowie Lohalm S. 269f. Zu den Mitbegründern zählte auch Theodor Fritsch vom antisemitisch-antifeministischen Reichshammerbund, der ebenfalls vorher im Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund aktiv war, vgl. Fricke, Bd. 2, S. 552. 98 Vgl. Striesow, Bd. 1, S. 4 3 2 ^ 3 6 . 99 Vgl. Fricke, Bd. 2, S. 554; zur Nationalsozialistischen Freiheitspartei vgl. Striesow. 100 Vgl. Witte; dies., Antrag des Deutschen Frauenordens. Ein Mahnwort an die Leitung der Nationalsozialistischen Freiheitspartei, in: Deutsches Tageblatt, Nr. 144,27.6.1924, BAP, 61 Re 1, Nr. 7974, S. 109; dies., Völkisches Frauenrecht, in: Deutsches Tageblatt, Nr. 205, 6.9.1924, ebd., S. 112f.; dies., Judentum und Internationalismus in der Frauenbewegung, in: DZ, Nr. 46, 26.1.1920, BAP, 61 Re 1, Nr. 7973, S. 49. 101 Vgl. Striesow, Bd. 1, S. 4 4 3 ^ 4 6 und Bd. 2, S. 719 (Anm. 224). Reventlow galt zunächst ob seiner Sympathien fur den Nationalbolschewismus als Parteigänger des StrasserFlügels. Von der Kampfgemeinschaft revolutionärer Nationalsozialisten war er zusammen mit Strasser als Kopf einer Revolutionsregierung vorgesehen, bevor er sich 1 9 3 2 / 3 3 ganz Hider anschloß, vgl. auch Fricke, Bd. 3, S. 176. Letztlich aber lehnte er das Angebot der KPD ab, ein Stück Wegs gemeinsam zurückzulegen, weil »der Bolschewismus das Nationale mit Haut und Haaren aufgefressen hätte«, vgl. Ernst zu Reventlow, Wir und Rußland, in: RW 2 (1921), Nr. 44, S. 4. Vgl. auch ders., Nationalbolschewismus, in: ebd., 1 (1920), Nr. 6. 102 So urteilt das Biographische Wörterbuch zur deutschen Geschichte (Bd. 2, S. 2312), dem man ansonsten allzu sorglosen Umgang mit der Darstellung nationalsozialistischer Verstrickungen bescheinigen muß. 103 Vgl. zum Nationalclub Schulz und Fricke, Bd. 3, S. 3 9 9 ^ 0 2 . 104 Vgl. Schoeps; Petzold; Fricke, Bd. 1, S. 107-115, hier S. HOf. 105 Vgl. Fricke, Bd. 1, S. 523. 106 Vgl. Diers, Mutter des Menschen; dies., Deutsche Frauenfrage; dies., Familienkultur, in: Nationalsozialistische Frauenkorrespondenz 1 (1932), Heft 8,24.6.1932; dies., Frau ohne Politik - mit Herz!, in: Die deutsche Frau. Sonderbeilage Nr. 2 zum Völkischen Beobachter, Ausg. 1 0 5 / 1 0 6 vom 15./16.4.1933. 107 Vgl. Bartels, Nationalsozialismus.; Bleuel u. Klinnert, S. 201f.; Möhler, S. 222; Hermand,S>. 204; Mork, S. 159. Kosch (Bd. 2, S. 1030) datiert Reventlows exponierte Tätigkeit für die Deutschgläubigen auf die Jahre 1933-1936. 108 Vgl. Fricke, Bd. 3, S. 169-172 und Mohrmann, S. 127. Zu den Aufgaben des Kampfbundes vgl. Brenner. Die Entwicklung der >deutschtümelnden< Kunstauffassung wird mit Blick auf die Literaturgeschichte aufgearbeitet von Fischli. Vgl. auch Bartels, Heimatkultur. 109 Diese Abgrenzung wurde von Hans Blüher selbst vorgenommen, vgl. Antifeminismus. Auch die antifeministische Liga teilte die Begriffsbestimmung. Ihr Vorstandsmitglied Richard

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Anmerkungen zu S. 257-264 Döring vermerkte anläßlich der Rezension des Werkes, daß der »bürgerliche Antifeminismus« im Dt utschen Bund gegen die Frauenemanzipation »fest Gestalt gewonnen« habe, vgl. R. D., Der bürgerliche und der geistige Antifeminismus, in: Monatsblatt 4 (1916), Nr. 10/11, S. 8. Vgl. daneben die zeitgenössische Zurückweisung der Blüherschen Thesen durch E. BusseWilsoi; zur Auseinandersetzung um das »Mädchenwandern« in der Jugendbewegung vgl. Klönr.e; Fiedler und die auf deskriptiver Ebene verharrende Dissertation von Musial. 110 Vgl. als Kurzfassung nationalsozialistischer Vorstellungen über das Geschlechterverhältnis den Abschnitt über den »Staat und die Geschlechter« in Rosenberg, zum Unterschied hinskhdich der Staatsauffassung insb. S. 485 und S. 493. Vgl. auch Baeumler. 111 Diese Generationendifferenzierung beobachtete auch Reulecke (Männerbund, S. 199f.) bei der Auseinandersetzung um die Funktion der Familie in der Weimarer Republik. 112 Vor 1918 sprach eine Antifeministin im Bund Alterer Wandervögel (vgl. Kap. 3.4); 1920 hielt Käthe Sturmfels-Becker eine Rede über die »Führerschaft« vor der Vereinigung Deutsche Jugend, vgl. DE 4 (1920), H. 4, S. 563-573. 113 So Hildebrand, S. 165. Freilich sollte man die Bedeutung der Alterskohorten nicht überschätzen. Im Fall der antifeministischen Liga standes sich 1933 die ehemaligen Bundesgenossen Arnold Rüge und Ernst Oberfohren, beide Jahrgang 1881, als entschiedener Nationalsozialist und als konservativer Gegner des neuen Regimes gegenüber. 1] 4 Wilhelm Freiherr von Pechmann, antifeministischer Bankier in München und vor seiner Konversion zum Katholizismus Repräsentant hoher protestantischer Kirchenämter, verfaßte in seiner Funktion als Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages eine Eingabe gegen Euthanasie-Aktionen ans Reichsministerium des Inneren, nachdem er von dem Prot :stbrief des württembergischen Landesbischofs Wurm gegen die Anstaltsmorde in Württemberg erfahren hatte, vgl. Schmuhl, S. 316. Ernst Oberfohren, ehemaliger Schriftleiter und Vorsitzender der antifeministischen Liga mit durchaus antisemitischem Einschlag, versuchte als Fraktionsvorsitzender der DNVP vergeblich, die Koalition mit der NSDAP rückgängig zu machen, der er zunächst aus Loyalität zu Hugenberg zugestimmt hatte. In einem Memorandum äußerte er die Überzeugung, daß der Reichstagsbrand nach einem Plan von Goebbels inszeniert worden war. Ende März 1933 wurde Oberfohren zur Mandatsniederlegung gezwungen, ein Schritt, der für das nicht nationalsozialistisch gesinnte konservative Bürgertum offe ibar eine hohe symbolische Bedeutung besaß. Als politischer Gegner verfolgt, beging Oberfohren im Mai 1933 Selbstmord. Vgl. Biographisches Lexikon, S. 259; Klemperer, S. 22; Wulf.

7. Schlußbetrachtung: Gesellschaftliche Modernisierung und Geschlechterfrage 1 Vgl. Wunder. 2 Vgl. Greven-Aschoff, S. 47, und als zeitgenössisches Zeugnis Hummel, S. 148f. ; »Die Hausfrau stand in früheren Zeiten in weitaus größerer Achtung, als es heutzutage der Fall ist«, war die antifeministische Pfarrersfrau Maria Werner (Grüne Gefahr, S. 43) sicher. ί .·. Hieran hat sich - siehe die Unterbezahlung aller sozialen Berufe und die fast ausschließlich von Frauen geleistete Betreuung von Kindern sowie alten und kranken Menschen - bis heute nichts geändert. Zur Definition nicht kapitalistisch verwertbarer Tätigkeiten als »Li:besarbeit« vgl. Bock u. Duden.

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Anmerkungen zu S. 264-266 5 Das Zitat wurde Friedrich Naumann zugeschrieben, vgl. Werner, Grüne Gefahr, S. 46. Maria Werner professionalisierte nicht nur die Mutterschaft, sondern bereits das Frau-sein zum »Frauen- und Mutterberuf«. An ihre eigene Ehe anknüpfend, bewertet sie die Hausfrauenrolle als Teil eines Arbeitspaares, die den Mann durch Reproduktionsleistung fiir Beruftarbeit und öffentliche Aufgaben freistellt. Konsequenterweise wird daher das Gehalt des Ehemannes als Familienlohn betrachtet, vgl. ebd., S. 53 und S. 62f. 6 »Also nicht mehr im eigenen Hause schaltet und waltet die Frau, sie ist eine bezahlte Angestellte des Mannes«, kommentierte eine Emanzipationsgegnerin diesen Vorschlag, vgl. Käthe Krafft, Die Frauenbewegung, ein Rassenproblem, in: DTZ, Nr. 215, 30.4.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 157 (Hervorhebung im Original). 7 Vgl. als Beispiel einer christlichen Antifeministin Werner, Grüne Gefahr, S. 2 4 - 5 4 , als Prototyp der völkischen Emanzipationsgegnerin Elisabeth Haßlinks, Die deutschen Frauen voran!, in: DTZ, Nr. 20, 13.1.1906, BAP, 61 Re 1, Nr. 7958, S. 48 und Kathinka von Rosen, Die Dienstbotenfrage und das Einküchenhaus, in: V E 13 (1909), Nr. 20, S. 156f. 8 Vgl. Werner, Grüne Gefahr, S. 52 und S. 34. 9 Vgl. ebd., S. 35, S. 45f., S. 5 4 - 5 9 , Zitat S. 55. Die anschauliche Schilderung des Verhältnisses einer »Mutter von heute« zu ihrer heranwachsenden Tochter läßt begründet vermuten, daß Maria Werner hier eigene Erlebnisse verarbeitet hat. Zur Abwanderung junger Mädchen aus dem häuslichen Dienst als vermeintliche Folge der »Frauenemanzipation« vgl. auch Hummel, S. 129f. 10 Vgl. Emma Wehr, Unterschätzung häuslicher Frauentätigkeit, in: ZF 1 (1905), H. 21, S. 1 5 - 1 9 , Zitat S. 18. 11 Vgl. Käthe Krafft, Die Frauenbewegung, ein Rassenproblem, in: DTZ, Nr. 125, 30.4.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 157 und Emma Wehr, Die Frauen-Bewegung vom nationalen und weiblichen Standpunkte, in: Hammer, Nr. 66, S. 1 3 6 - 1 4 0 , hier S. 137. 12 Vgl. »Jahresversammlung der Sächsischen Frauenhilfe«, in: Monatsblatt 5 (1917), Nr. 1 0 - 1 2 , S. 6. 13 Vgl. Hummel, S. 134. Hummel berichtet von der ungeschriebenen Regelung der Standesvertretungen, Lehrer, die einer Direktorin unterstellt waren, nicht in ihre Verbände aufzunehmen - eine Praxis, die nach der Durchsicht einschlägiger Verbandsorgane glaubhaft scheint. 14 Vgl. Krafft (wie Anm. 6); Wehr (wie Anm. 10); Werner, Grüne Gefahr, S. 34f., S. 5 1 - 5 3 . 15 Vgl. E.W., Noch ein Wort zur Frauenbewegung, in: Post, 11.5.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 171. 16 Zu den teils auf Egalität, teils auf Differenz basierenden politischen Argumentationsmustern der Frauenrechtlerinnen vgl. Wobbe; weitere Literatur bei Paletschek, Dilemma. 17 Weil m.E. weder das englische »race« noch der Begriff der Ethnizität die Konstruktion der jüdischen »Rasse« im antisemitischen Diskurs seit dem 19. Jahrhundert angemessen beschreibt, habe ich mich trotz erheblicher Bedenken dafür entschieden, das Wort »Rasse« weiter zu benutzen und in Anfuhrungszeichen zu setzen. Ich weise ausdrücklich daraufhin, daß es sich dabei um eine in den Quellen vorgenommene Zuschreibung handelt, nicht um einen nach wissenschaftlichen Kriterien gebildeten analytischen Begriff. In gleicher Weise müssen auch »Volk« und »Nation« als Konstruktionen verstanden werden. Deshalb werden auch diese Begriffe - soweit es sich um die Wiedergabe diskursiver Definitionsprozesse handelt - im folgenden in Anfuhrungszeichen gesetzt. 18 Vgl. als ein Beispiel unter vielen Hummel, insb. S. 101f., S. 156. Aus der bedeutsamen (ordnungs- politischen Funktion der Familie erklärt sich auch der Aufschrei über »Bestrebungen, die geeignet sind, die Ehe zu lockern, die Familie zu schädigen, die Begriffe von Zucht

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Anmerkungen zu S. 266-269 und {litte zu verwirren«, vgl. Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation: Aufruf. UB Freiburg, Nl. Schemann, II D) Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipatior.. 19 »Der Frau gehört das Haus, hier ist ihr Reich und ihre Welt, hier bildet sie sich zur Persö ilichkeit, hier leistet sie ihrem Volke die allergrößten Dienste, hier schafft sie ihr Teil an dem Kulturwerk der Menschheit« schrieb Helene Hummel (S. 149) und fragte ihre Leser und Leser nnen selbstbewußt: »Wer wollte unsere Kulturaufgabe niedriger einschätzen als die des Manr es?« 20 Vgl. Maria Werner, Nationalgefuhl und Frauenbewegung, in: Ref. 9 (1910), Nr. 15, S. 234. 21 Vgl. die wichtige Arbeit von Bock, Zwangssterilisation; dies., Gleichheit und Differenz. In kritischer Auseinandersetzung mit diesem Buch und mit Claudia Koonz' Sichtweise auf die >Mütter im Vaterland< hat sich in den letzten Jahren eine lebhafte Debatte um die (Mit-) Tätei schaft von Frauen im Nationalsozialmus entwickelt, in deren Verlauf die etwa auch von Kuhn vertretene Auffassung des Nationalsozialismus als Extremform des Patriarchats (und der Frauen als bloßer Opfer der Machtverhältnisse) zugunsten einer differenzierten Sichtweise auf weib iche Handlungsspielräume und Verhaltensweisen abgelöst wurde. Vgl. etwa die Kontroverse zwischen Bock und Koonz in GG 15 (1989) und GG 18 (1992) sowie den Literaturüberblick der Frauengruppe gegen Antisemitismus und Heinsohn u.a. (Hg.), Karriere. 22 Vgl. als Beleg für sozialdarwinistische und rassenhygienische Auffassungen etwa die Arbeiten der Antifeministen v. Gruber, Mädchenerziehung, und Schmidt-Gibichenfels. 2.i Die Antifeministin Kathinka von Rosen hielt mit ihrem Glauben an die überlegene germanische »Rasse« nicht hinterm Berg: »Die Arier waren zu allen Zeiten das Herrenvolk und wir, ihre Nachkommen, wollen es auch bis in alle Ewigkeit bleiben. Steht dieser Wille bei uns vest, so müssen wir uns vor Rassenschändung hüten. ... Und weil sich alles forterbt, so ist es unsere Pflicht, jede Rassenmischung wie und wo wir können zu bekämpfen.« (Deutsche Erziehung im Elternhause, in: DV 1 ( 1 9 1 3 / 1 4 , H. 6, Seite 217-222, Zitat Seite 221). Vgl. auch Krafft (wie Anm. 6). Auch Sturmfels, Krank am Weibe, verband rassistischen Antisemitismus und sozialdarwinistische Überzeugungen mit der Auffassung, daß »die Mutterschaft die einzige Bestimmung der [deutschen] Frau« sei (vgl. S. 9 und S. 94-106). 24 Vgl. etwa Emma Wehr, Ein Bund gegen Frauenrechtlerei, in: DTZ, Nr. 357,1.8.1908, BAI', 61 Re 1, Nr. 7959, S. 117f., ein Artikel, der die volkswirtschaftlichen Nachteile schlechter Haushaltsführung und Kindererziehung vorrechnet. 25 Vgl. Maria Werner, Die Durchbrechung des männlichen Staatsgedankens, in: DeutschSoz ale Blätter, Nr. 82, 11.10.1912. 26 Elisabeth Hancke, Frauengedanken, in: Berliner Blatt, Nr. 301, 23.12.1908. »Die ernjten Fragen, die unser innerstes Familienglück bedrohen, können nur durch die Frauen selbst gelöst werden«, hatte Hancke schon 1906 formuliert und mit Blick auf die Frauenbewegung gefordert: »Deshalb müssen sich alle echt deutschen Frauen zu einem Kampfe gegen die Sitt :nlosigkeit rüsten, rücksichtslos und unbestechlich ihre deutschen Gesinnungen zum Besten des Vaterlandes vertreten und Irrlichter, wie die freie Liebe, auslöschen. ... Die Pflicht zur Bekämpfung der inneren und äußeren Feinde ist nicht nur die der Männer, sondern zum großen Teil auch die der Frauen.« Vgl. Elisabeth Haßlinks [wahrscheinlich Elisabeth Hancke], Die deutschen Frauen voran!, in: DTZ, Nr. 20, 13.1.1906. 27 Käthe Rohmeder, Zur deutschen Frauen-Bewegung, in: Hammer 4 (1905), Nr. 68, S. 17I:-177, ZitatS. 176. 28 Vgl. E.W., Noch ein Wort zur Frauenbewegung, in: Post, 11.5.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 79(>3, S. 172.

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Anmerkungen zu S. 269-275 29 Vgl. zu diesem Dualismus Käthe Becker-Sturmfels, Führerschaft. Eine Rede vor der Vereinigung »Deutsche Jugend«, in: DE 4 (1920), Nr. 9, S. 5 6 3 - 5 7 3 , hier S. 570. 30 Vgl. Emma Witte, Völkisches Frauen-Recht, in: Deutsches Tageblatt, Nr. 2 0 5 , 6.9.1924, BAP, 61 Re 1, Nr. 7974, S. 112f., Zitate S. 113. Daß die starken Männer< aus dem Ersten Weltkrieg als Besiegte heimgekehrt waren, hatte dieser Sichtweise nichts anhaben können. Mit der Kriegsniederlage ihrer >Beschützer< setzten sich die Antifeministinnen offenbar nicht weiter auseinander; zumindest wurde sie in den vorliegenden Texten nicht eigens thematisiert. 31 Vgl. Marie Diers, Die deutsche Frauenbewegung einst und jetzt, in: Deutschvölkisches Jahrbuch 1920, Weimar 1920, S. 8 9 - 9 6 , Zitate S. 94. 32 Vgl. Käthe Becker-Sturmfels, Führerschaft, in: D E 4 (1920), Nr. 9, S. 5 7 1 - 5 7 3 . 33 Vgl. Witte, S. 81. 34 Die Formulierung war fast wortwörtlich aus der Rhetorik des antifeministischen Bundes übernommen; neu war lediglich, daß Witte die »schiefe Ebene« durch die »schiefe Bahn« ersetzte. Vgl. dies.:, Antrag des Deutschen Frauenordens. Ein Mahnwort an die Leitung der Nationalsozialistischen Freiheitspartei, in: Deutsches Tageblatt, Nr. 144, 27.6.1924, BAP, 61 Re 1, Nr. 7974, S. 109. Vgl. auch Käthe Becker-Sturmfels' Eintreten gegen Gruppenleiterinnen in der bündischen Jugend, Führerschaft, in: DE 4 (1920), Nr. 9, S. 563-573. 35 Vgl. dazu Gottschewski; Reichenau; Ziege, Antisemitische Frauen; Sophie Kogge-Börner. Erste Ansätze zur Formulierung eines völkisch-antisemitischen Feminismus finden sich bereits 1909, vgl. Ingeborg Andresen, Frauenfrage und Hammerziele, in: Hammer 8 (1909), Nr. 163, S. 2 1 7 - 2 2 3 . 36 Vgl. dazu den schon klassischen Aufsatz von Hausen, Polarisierung. 37 Vgl. etwa Rumpfund Tacke; einen umfassenden Überlick über die aktuelle Nationalismusforschung bietet Langexviesche, Nation. 38 Als Beleg fur diese Abgrenzungsversuche läßt sich nahezu jeder Artikel im Monatsblatt des antifeministischen Bundes heranziehen. 39 Dieser Aspekt war es auch, den der antifeministische Generalsuperintendent Wilhelm Zoellner im Auge hatte, wenn er Volk und Nation gegeneinander ausspielte und davon sprach, daß unter dem Einfluß des Nationalismus die »Grundfaktoren des Lebens, Familie, Sippe, Geschlecht und Volk, an Bedeutung« verloren hätten und statt dessen die »Organisationen, Staat und Gesellschaft » in den Vordergrund getreten seien. Vgl. Die Schicksalsfrage der deutschen Frau an ihr Volk in ernster Zeit. Potsdam ο .J. [1917], zit. nach Kaiser, S. 100-105, hier S. 102. Zu Zoellners antifeministischer Einstellung vgl. S. 104. 4 0 Vgl. als Beispiel für diese Haltung Frymann (i.e. ADV-Chef Heinrich Claß). 41 Diesen Hinweis verdanke ich Marion Hamm, Tübingen. 4 2 Vgl. Glage, Kirche, S. 14. 43 »Schuldenmachen, Darlehen«, in: Militär-Anwärter 18 (1910), Nr. 17, S. 4 9 7 ^ 9 9 , Zitat S. 498. 4 4 Vgl. Ώ. Kotze, S. 55. Ähnliches war auch in Fritz Bleys Zeitfragen, der Beilage zur DTZ, zu lesen: »Und je härter der Lebenskampf, je zergliederter die Vielgestaltigkeit, je wilder die Draufgängerei des Erwerbes wird, desto tiefer wird in uns ... die Sehnsucht nach dem treuen und keuschen Weibe, als der Mutter unserer Kinder und der Seele unserer deutschen Seele.« Vgl. »Verschrobenheiten«, in: ZF 1 (1905), H. 10, S. 18-22, Zitat S. 22. 45 Vgl. Hausen, Polarisierung. 4 6 Vgl. Emil Peters, Frauenbewegung und Volkskraft, in: VK 13 (1916), Nr. 9, S. 1 6 9 174, ZitatS. 171.

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Anmerkungen zu S. 275-278 47 Vgl. Werner, Frauenkraft, S. 19, und Uvau, Kriegserkenntnis von Friedensschäden am deutschen Volkskörper. Die deutsche Frau, in: NM 4 (1917), Brachet-Heft, S. 2 0 9 - 2 2 0 . 48 Vgl. Artur Dinter, Friedrich Lienhard, die Deutschen und der Weltkrieg, in: PV 9 (19115), Nr. 19/20, S. 73. 49 »Jugendkraft und Mutterkraft«, in: VK 13 (1916), Nr. 9, S. 1 7 5 - 1 8 0 , Zitat S. 175. 5C Franz Haiser, Das maskulierte Weib, in: PAM 16 (1917/18), Nr. 1, S. 2 7 - 3 5 , Zitat S. 31. 51 Vgl. »Jugendkraft und Mutterkraft«, in: VK 13 (1916), Nr. 9, S. 176. 51; Vgl. PJ, Bd. 101, H. 2, August 1900, S. 3 6 5 - 3 6 7 , Zitat S. 365. 5;i Der organisierte Antifeminist, Alldeutsche und antisemitische Geschichtsprofessor Dietnch Schäfer trug sein Möglichstes dazu bei, die Berufung Simmeis auf den Lehrstuhl einer deutichen Universität zu verhindern, vgl. Jung, S. 15. 54 Vgl. Simmel, S. 91. Wiewohl Simmel eindringlich auf die historische Gleichsetzung man llicher Leistungen mit >objektiver< Kultur hinwies, unterschieden sich die Bereiche, in denen er - wie auf dem Gebiet des »Hauses« - Frauen originäre Leistungen zubilligte, kaum von den Ausführungen ausgewiesener Antifeministen. Vgl. mit Simmeis Überlegungen in »Weibliche Kultur« (ebd., S. 2 1 9 - 2 5 2 ) etwa Scheffler. 55 Lou Andreas-Salome, Der Mensch als Weib, in: Pfeiffer, S. 9f. »Frau Lou«, wie sie von ihm genannt wurde, war eng mit Sigmund Freud befreundet und praktizierte selbst als Psychoanalytikerin, vgl. Gay, S. 220f. Die Vorstellung eines - wie man heute sagen würde >ganzheidicheren< weiblichen Wesens war typisch für das (Groß-)Bürgertum der Jahrhundertwende und dürfte auch Freuds Wahrnehmung geprägt haben. 56 Vgl. »Mann und Frau. Aus der Germanenbibel« [von Wilhelm Schwaner, U.P.], in: VE 13 (1909), Nr. 20, unpag. 57 »Mann und Weib«, in: KW 36 (1922/23), Η. 1, S. 46. E8 Vgl. Emil Peters, Frauenbewegung und Volkskraft, in: VK 13 (1916), Nr. 9, S. 171. 59 Vgl. Habermann, Die Verarmung der Arbeit«, in: D H W 1 9 (1912), Nr. 14, S. 2 6 5 - 2 6 7 , Zißte S. 266. 60 Franziska Otto-Paulsen, Das Allzu weibliche, in: V E 17 (1913), Nr. 16, unpag. 61 Uvau, Kriegserkenntnis von Friedensschäden am deutschen Volkskörper. Die deutsche Fra J, in: NM 4 (1917), Brachet-Heft, S. 210. 2 Vgl. das Nachwort der Redaktion zu Elisabeth Gnauck-Kühnes Aufsatz »Frauenleben und Berufsarbeit«, in: KW 15 (1911/12), H. 12, S. 419. (>3 Vgl. Franz Haiser, Das maskulierte Weib, in: PAM 16 (1917/18), Nr. 1, S. 30. i>4 Vgl. ebd., und das Nachwort der Kunstwart-Redaktion, in: KW 15 (1911/12), H. 12, S. geistige Mütterlichkeit als nationalen Mythos zu begreifen, liegt zwar ein interessanter Ansatz zugrunde, doch führt die konsequente Ignorierung der Spezialliteratur zur Frauenbewegung zu undifferenzierten Urteilen und für mi:h nicht nachvollziehbaren Wertungen. 69 Vgl. Lange, Frauenbewegung, Zitat S. 14 und dies., Grenzlinien. 70 Besonders deutlich kommt diese Dichotomie in den Schriften des Baden-Badener

399

Anmerkungen zu S. 278-280 Nervenarztes Georg Groddeck zum Ausdruck, der die Frau einerseits als »Gottnatur« glorifizierte und sie gleichzeitig zur persönlichkeitslosen »Magd« des Mannes stempelte, vgl. Die Frau, in: V E 13 (1909), Nr. 18, S. 1 3 7 - 1 4 3 , ZitateS. 139. Im Reden und Denken über Frauen hat das Strukturmuster Idealisierung und Entwertung lange Tradition; es sei nur an die Aufspaltung des weiblichen Wesens in >Heilige< und >Hure< erinnert. 71 Zit. nach Kölnische Zeitung, Nr. 205, 24.2.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7961, S. 146. 72 Vgl. auch Maugue, Identite masculine und Badinter. Anders wertet Mosse, Bild. Seine Stereotypenanalyse kommt zu dem Ergebnis, daß die Vorstellung von idealer Männlichkeit in Europa seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert über politische Systeme und Weltkriege hinweg weitgehend konstant geblieben und erst in den letzten Jahrzehnten unter dem Einfluß US-amerikanischer Kulturexporte in Veränderung begriffen sei. Der Blick auf die Normen (ver-)fuhrt Mosse freilich dazu, die Dynamik gesellschaftlichen Wandels unterhalb der normativen Ebene bei weitem zu unterschätzen. Seine Sichtweise, am fin de siecle sei »die Maskulinität ... von einer Krise doch weit entfernt« gewesen (S. 141), kann ich daher nicht teilen. 73 Vgl. Ε[rnst] Rteventlow], Die Frauenbewegung - nationale Zersetzung, in: AB 19 (1909), Nr. 39, S. 3 3 3 - 3 3 5 , hier S. 335. 74 Vgl. Hartig, Wem ist es ernst?, in: Die Nomen 2 (1913), Juniheft 1913, S. 26f. und den Kriterienkatalog bei Glage, Weib, S. 8 3 - 8 7 . 75 Vgl. »Stenographische Berichte über die 18. General-Versammlung des BdL am 20.2.1911«, in: Korr. BdL, Jg. 1911, S. 61 (Rede des BdL-Funktionärs Dr. Oertel). 76 Vgl. Glage, Weib, S. 86. 77 So jetzt auch Thomas Kühne, Männergeschichte als Geschlechtergeschichte, in: ders., Männergeschichte, S. 7 - 3 0 , hier S. 11. 78 »Beim Deutschen liegen oft höchste Mannhaftigkeit und äußerste Weichheit so nahe beisammen, daß plötzliche Wechsel zwischen beiden nicht Überaschen können«, versuchte sich die Wehr 1919 die Niederlage gegen die »härteren« Engländer zu erklären, vgl. Friedrich Prinz zu Solms-Braunfels, Deutsche Volkserziehung ohne Wehrpflicht durch körperliche Ertüchtigung zur Mannhaftigkeit, in: Wehr 8 (1919), Nr. 6, S. 1 0 - 1 2 , Zitat S. 10. Vor 1918 hatten nicht nur militärische Erziehung, sondern auch das Duell als probates Mittel gegolten, eine Probe männlichen Mutes abzulegen und dieser inneren »Weichheit« Herr zu werden, vgl. Frevert, Ehrenmänner, S. 2 1 4 - 2 3 2 , insb. S. 216f. 79 Anaxagoras, Der Mann von heute, in: Nomen 3 (1914), Linden- oder Brachmond, S. 6 2 - 6 4 , Zitat S. 62. 80 Otto Corbach, Zum Thema: Frauenbewegung und Politik, in: KW 5 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , S. 2 0 7 - 2 1 0 , ZitatS. 210. 81 Vgl. Haiser, Das maskulierte Weib, in: PAM 16 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 1, S. 29. Die Neigung, unverstandene Auffassungen in Kategorien der Sexualpathologie zu verhandeln, war auf der politischen Rechten weit verbreitet. In der Deutschen Tageszeitung erklärte ein Autor, er sei geneigt, »einen Frauenrechtler von vornherein als einen Masochisten anzusprechen« und verlangte, daß solche »Männer, die eigentlich keine Männer, sondern Weiber sind«, wenn schon aus Finanzgründen nicht interniert, so doch »den Blicken der Oeffentlichkeit zwar schmerzlos, aber eilig und sicher entzogen werden«, damit »wir nicht mit diesem widerwärtigen Anblicke der Herabwürdigung des männlichen Geschlechts behelligt werden«. Vgl. »Frauenrechder«, in: DTZ, Nr. 372, 25.7.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 6 2 , S. 146. 82 Vgl. Glage, Weib, S. 6 und S. 83. 83 Ludwig Langemann, Der Feminismus, sein Wesen und seine Entwicklung, in: HN, Nr. 174, 14.4.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 3 0 - 3 2 , ZitatS. 31.

400

Anmerkungen zu S. 280-283 84 Justizrat Schnauß, Die Frauenfrage, in: HN, Nr. 878, 13.12.1908, BAP, 61 Re 1, Nr. 7959, S. 151f., ZitatS. 152. 8.') Vgl. Reinhold Seeberg, Volkserhaltung, S. 27. Der Begriff Feminismus zielte Anfang des Jahrhunderts also nicht nur, wie Uta C. Schmidt (S. 43f.) im Anschluß an Richard Evans meint, auf ciie Disqualifikation eines politischen Gegners, sondern konnte auch die Vermännlichung von Frauen bezeichnen und damit allgemeiner die Verwischung und Auflösung bisher gültiger Geschlechtergrenzen beschreiben. Beide Verwendungsweisen kamen nebeneinander vor und wann aufeinander bezogen. 86 Zit. nach Kirchhoff, Akademische Frau, S. 27. 87 Vgl. Franz Erich Junge, Die Verweiblichung der Politik in Amerika, in: DTZ, Nr. 283, 7.6.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 5. 88 Vgl. den Nachdruck eines Artikels von Freiherr [Ernst?] v. Wolzogen aus der Schlesischtn Zeitung in der Wehr 2 (1913), Nr. 2, S. 11; Hochwart, Männlichkeit, in: ebd., Nr. 10, S. 3; Otto Schmidt-Gibichenfels, Uralte Herrschaftsorganisationen in moderner Beleuchtung, in: PAK 11 (1911/12), Nr. 6, S. 2 8 1 - 2 9 3 ; Sombart, Händler und Helden. ( 9 Vgl. A. Langer, Die Krise des Marxismus, in: DE 6 (1922), Nr. 10, S. 6 1 1 - 6 1 8 , Zitat S. 613. 90 Vgl. Oberfohren, Zum Frauenstimmrecht, in: DTZ, Nr. 1 6 4 , 2 0 . 3 . 1 9 1 2 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 18f. Auch die PAM war sich sicher: »Und berufskrank ist der Mann, er ist schwer kulrurkrank.« Fraglich erschien ihr 1917 allenfalls, »was größere Anforderungen an die Spannkraft der Nerven gestellt hat, das Toben des gegenwärtigen Weltkrieges selbst oder die fiinzig Jahre Vorbereitung, die ihn in der gegenwärtigen Form ermöglichen.« Vgl. Franz Ha.ser, Das maskulierte Weib, in: PAM 16 (1917/18), Nr. 1, S. 30. Ή Die Einstellung zur Technik dürfte allerdings generationenspezifisch unterschiedlich gewesen sein. Zu vermuten steht, daß die Skepsis gegenüber neuen Technologien vor allem in det älteren Generation verbreitet war. Unter den Jüngeren dominierte - wie sich am Beispiel einiger >Jungkonservativer< belegen läßt - wohl eher die Technikbegeisterung. ?2 Vgl. etwa den Zeitschriftentitel »Kraft und Schönheit«, das Organ des deutschen Vereins fur vernünftige Leibeszucht. Insbesondere das »Rassenheft« (Sonderheft 3, Berlin 19 34) macht diese Verteilung der Prädikate zwischen den Geschlechtern deudich. 93 »Jugendkraft und Mutterkraft«, in: Volkskraft 13 (1916), Nr. 9, S. 1 7 5 - 1 8 0 , Zitate S. 176 u. 179. 9 4 Vgl. Oberfohren, Zum Frauenstimmrecht, in: DTZ, Nr. 1 6 4 , 2 0 . 3 . 1 9 1 2 , BAP, 61 Re 1, Ni. 7962, S. 18. 95 Vgl. Otto Schmidt-Gibichenfels, Uralte Herrschaftsorganisationen in moderner Beleuchtung, in: PAR 11 (1912/13), Nr. 6, Zitate S. 2 8 4 - 2 8 6 . Entsprechend galt das Militär nach einem Ausspruch Friedrich Paulsens als »Schule der Männlichkeit«, vgl. Frevert, Ehrenmänner, S. 220. 9 6 Vgl. Wilhelm Schwaner, Die Berichtigung, in: VE 20 (1916), Nr. 3, S. 19; Friedrich Sigismund, Frauenbewegung und Staat, in: PAR 15 (1916/17), Nr. 8, S. 4 2 6 - 4 3 8 , Zitat S. 438. 9 7 Glage, Weib, S. 83. 98 Vgl. Auf Vorposten 4 (1916/17), H. 7/8, unpag. Zum Männlichkeitsideal und den Abbildungstraditionen bei der Darstellung männlicher Körper vgl. Mosse, Bild. 99 Vgl. Blüher, Wandervogelbewegung. 100 Vgl. Fritz Bley, In der Waffenschmiede, in: Auf Vorposten 4 (1916/17), H. 3, S. 65. Wenn darin die »Recken« mit ihren stählernen Schwertern Bertha v. Suttners »Die Waffen nieder« ein trotziges »Die Waffen hoch!« entgegenhielten, scheint mir neben der offen-

401

Anmerkungen

zu S.

283-286

kundigen Abrechnung mit dem Pazifismus auch hier eine sexuelle Konnotation mitzuschwingen. 101 Altjungfernkoller, S. 37. 1 0 2 »Durch Kampf zum Sieg.«, in: Auf Vorposten 4 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , H . 4 / 5 , S. 9 7 . 1 0 3 Vgl. Friedrich Sigismund, S. 4 2 6 - 4 3 8 , Zitat S. 4 3 8 .

Frauenbewegung und Staat, in: PAR 15 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , Nr. 8,

1 0 4 Vgl. Marie Diers, Die Anderen, in: N M 2 ( 1 9 1 5 ) , September-Heft 1 9 1 5 , S. 4 6 1 f . ; abgedruckt auch in D T Z , Wehr und AB 2 5 ( 1 9 1 5 ) , Nr. 3 4 , S. 2 8 7 . Vgl. daneben Grafv. Baudissin, A u f zu Arbeit und Abwehr, in: Wehr 8 ( 1 9 1 7 ) , Nr. 6 , S. l f . 1 0 5 Vgl. etwa »Alldeutsche Umschau«, in: AB 2 5 ( 1 9 1 5 ) , Nr. 3 9 , S. 3 3 3 . 1 0 6 Vgl. Wilhelm Schwaner, Träger des Lichts. Gorch Fock, in: V E 2 2 ( 1 9 1 8 ) , Bl. 12, S. 1 3 9 - 1 4 2 , Zitate S. 140f. 1 0 7 Vgl. »Ein Altnationalliberaler über den >GroßblockbazillusVater der Frauenemanzipation< stilisieren zu wollen. Strukturelle Gesellschaftsveränderungen erfolgten nur punktuell (und wurden z.T. nach 1 9 1 9 wieder zurückgenommen, vgl. Kap. 5), und in der Weimarer Republik formierten sich auf der extremen politischen Rechten sehr schnell Verbände und Ideologien, die diese angeschlagene männliche Identität zu restabilisieren trachteten. 113 Vgl. die Beispiele bei 1 1 4 Fritz Lenz,

Lemmermann.

Zur Erneuerung der Ethik, in: D E 1 ( 1 9 1 7 ) , Η . 1, S. 3 5 - 5 6 , Zitat

5. 3 7 . 1 1 5 Vgl. v. Baudissin, Auf zu Arbeit und Abwehr, in: Wehr 8 ( 1 9 1 7 ) , Nr. 6 , S . 1 und »Die 13. Generalversammlung des BdL«, in: Korr. BdL, Jg. 1 9 0 6 , Nr. 13, S. 4 3 - 5 0 , hier S. 4 8 . 1 1 6 Vgl. B.[audissin>], Zum Weihnachtsfest und neuen Jahr!, in: Mitteilungen des Deutschen Wehrvereins, Dezember 1 9 1 8 , S. 1. 1 1 7 Vgl. Hans v. Liebig, Politische Betrachtungen, in: D E 3 ( 1 9 1 9 ) , H . 5, S. 3 5 8 - 3 6 8 , Zitate S. 3 6 6 . 1 1 8 »Es ist unmännlich und zugleich undeutsch«, sich den »Vergewaltigungen anderer Völker zu beugen«, hatte die Wehr schon im Zusammenhang mit der Friedensresolution des Reichstags 1 9 1 7 erklärt, vgl. v. Baudissin, Auf zu Arbeit und Abwehr!, in: Wehr 8 ( 1 9 1 7 ) , Nr. 6 , S. l f .

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Anmerkungen zu S. 286-292 119 Die Alldeutschen Blätter faßten anläßlich eines profranzösischen Artikels Thomas Mar ns den engen Zusammenhang von nationaler und männlicher Geschlechtsehre unter den Beg iff der »nationale(n) Geschlechtslosigkeit der deutschen >Ästhetenweiblichen< Demokratie hatte der NS-Propagandist darüber hinaus die politischen Mitbestimmungsrechte von Frauen in der Weimarer Republik vor Augen. Er bezog sich auf die Tatsache, daß Elisabeth Lüders, die nicht nur demokratische Reichstagsabgeordnete war, wie Nicolaus Sombart, von dem das Beispiel stammt, anfuhrt, sondern auch eine Exponentin der Frauenbewegung, gegen die Amnestie der Fememörder gestimmt hatte (vgl. Sombart, Männerbund, S. 153).

404

Quellen und Literatur A. Quellen a) Archivalien Evar. gelisches Zentralarchiv, Berlin Best and A 1, Kirchenbundesamt Bestand 7, Evangelischer Ober-Kirchenrat Bestand 14, Königliches Konsistorium der Provinz Brandenburg Helene-Lange-Archiv, Berlin Bestand Bund Deutscher Frauenvereine Staatsarchiv Bremen Senatsregistratur, StA 3-V.2. Nr. 1042 Stmtsarchiv Dresden Ministerium des Innern, Nr. 4401 Universitätsbibliothek Freiburg Nachlaß Karl Ludwig Schemann Staatsarchiv Hamburg Bestand Politische Polizei, S 18846, Deutscher Bund zur Bekämpfung der FrauenEmanzipation Bestand Senat, CI. VII Lit. Rf. No. 505, Vol. 1 Generallandesarchiv Karlsruhe Nachlaß Arnold Rüge Stadtarchiv Kempten/Allgäu Fa nilienbeschrieb der Familie Ziegler Dem- und Diözesanarchiv Mainz F XV, Deutscher Bund gegen die Frauenemancipation 1915 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Abteilung Merseburg Ministerium des Innern, Rep. 77, Tit. 662, Nr. 154, Bd. 1 Bayerisches Hauptstaatsarchiv Μ A 92765

München

Bundesarchiv Potsdam Bitstand 61 Re 1, Reichslandbund-Pressearchiv, Nr. 7 9 5 5 - 7 9 8 8

405

Bestand 1507, Reichskommissar für Überwachung der öffendichen Ordnung Bestand 3 0 / 0 1 , Reichsjustizministerium, Fasz. 4180 und 4 1 8 1 Archiv der Universität Tübingen Akzessionsjournal der Universitätsbibliothek Tübingen Hessisches Hauptstaatsarchw Wiesbaden Aktenbestand Preußischer Regierungspräsident, Abt. 405, Nr. 6095

b) Zeitgenössische

Lexika

Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie fur die gebildeten Stände, Leipzig 1819-1824. Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, hg. v. J. S. Ersch u. J. G. Gruber, Leipzig 1818-1889. Bilder-Conversations-Lexikon fur das deutsche Volk, Leipzig 1837-1841. Bluntschli's Staatswörterbuch, hg. v. Löning, Zürich 1869-1875. (Brockhaus') Conversations-Lexikon. Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie, Leipzig 1875-1879 1 2 , Leipzig 1882-1887 1 3 . Deutsches Staats-Wörterbuch, hg. v. J. C. Bluntschli u. K. Brater, Stuttgart 1857-1870. Das grosse Conversations-Lexikon fur die gebildeten Stände, hg. v. J. Meyer, Hildburghausen 1840-1852. Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Jena 1909-1911 3 . Herders Conversations-Lexikon, Freiburg i. Br. 1854-1857. Kirchen-Lexikon oder Encyklopädie der katholischen Theologie und ihrer Hilfswissenschaften, hg. v. H . J. Wetzer u. B. Welte, Freiburg i. Br. 1847-1860. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Leipzig 1902-1920 6 . Oekonomisch-technologische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirtschaft und der Kunstgeschichte, von J. G. Krünitz, Berlin 1782-1853. Real-Encyclopädie fur protestantische Theologie und Kirche, Leipzig 1896-19 1 3 3 . Staatslexikon, hg. im Auftrag der Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft im katholischen Deutschland v. J. Bachem, Freiburg 1901-1904 2 . Staats-Lexikon oder Encyklopädie der Staatswissenschaften, hg. v. C. v. Rotteck u. C. Welcker, Altona 1834-1843, Altona 1845-1848 2 , Leipzig 18 56-1866 3 . Staats- und Gesellschafts-Lexikon, hg. v. H . Wagener, Berlin 1859-1867. Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit oder neuestes encyclopädisches Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe, hg. ν. Η. A. Pierer, Altenburg 1840-18 54 2 . Volksthümliches Handbuch der Staatswissenschaften und Politik. Ein Staatslexicon fur das Volk, hg. v. R Blum, Leipzig 1848-1851. Wetzer und Weite's Kirchen-Lexikon oder Encyklopädie der katholischen Theologie und ihrer Hilfswissenschaften, Freiburg i. Br. 1882-1899 2 . Zedier, J. H., Grosses vollständiges Universal Lexicon aller Wissenschaften und Künste, Halle 1732-1754.

c)

Periodica

Akademische Blätter. Zeitschrift des Kyffhäuser-Verbandes der Vereine Deutscher Studenten, München 15 ( 1 9 0 0 / 0 1 ) - 36 (1921). Der Alte Glaube. Evangelisch-Lutherisches Gemeindeblatt für die gebildeten Stände, Leipzig, Hamburg (später Kassel) 1 ( 1 8 9 9 / 1 9 0 0 ) - 18 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) .

406

Alldeutsche Blätter, hg. v. Alldeutschen Verband, Berlin 9 (1899) - 32 (1922). Der Anscharbote. Sonntagsblatt fur die St. Anschargemeinde und deren Freunde, Schönberg 19 (1914) - 21 (1916). Arciiv fur kaufmännische Sozialpolitik, hg. v. Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verband, Hamburg 1 (1904) - 11 (1914). Archiv fur Rassen- und Gesellschaftsbiologie, Berlin 1 (1904) - 13 ( 1 9 1 8 / 2 1 ) . Auf Vorposten. Monatsschrift des Verbandes gegen die Überhebung des Judentums, Berlin 1 ( 1 9 1 2 ) - 4 (1916/17). Buischenschaftliche Blätter. Monatsschrift für den deutschen Burschenschafter, hg. v. Deutsche Burschenschaft und Vereinigung alter Burschenschafter, Bad Nauheim u.a. 22 ( 1 9 0 7 / D 8 ) - 3 4 (1919/20). Ce ltralblatt des Bundes Deutscher Frauenvereine, Leipzig 1 (1899) - 14 (1913). Deutschbund-Blätter, Berlin 13 (1908). Deutsche Handels-Wacht. Zeitschrift des Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verbandes (vorher: Mitteilungen des DHV), Hamburg 3 (1896) - 30 (1923). Deutsche Minne, Zeitz 1 (1916) - 2 (1919). Deutsche Postzeitung. Organ des Verbandes mittlerer Reichs-, Post- und TelegraphenBeamten, Berlin 20 (1909) - 26 (1915). Die deutsche Schule. Monatsschrift, hg. im Auftrag des Deutschen Lehrervereins v. Robert Rissmann, Berlin 1 (1897). Deutsche Volkswacht. Zeitschrift des Bundes für deutsche Volkerneuerung (für deutsche Frauen- und Männerart), Berlin 8 (1920). Deutscher Volkswart. Monatsschrift fur Volksdeutsche Erziehung, Leipzig 1 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) - 6 (1921). Deutsches Philologen-Blatt. Korrespondenz-Blatt für den akademisch gebildeten Lehrerstand, Leipzig 2 0 (1912) - 2 6 (1918). Deutschlands Erneuerung. Monatsschrift für das deutsche Volk, München 1 (1917) - 8 (1924). Die deutschnationale Frau, hg. v. Reichsfrauenausschuß der DNVP, Berlin 1 ( 1 9 2 1 / 2 2 ) - 2 (1922). Das Deutschtum im Ausland(e). Monatsblatt des Allgemeinen Deutschen Schulvereins zur Erhaltung des Deutschtums im Auslande, Berlin 22 (1903) - 28 (1909). Ε eutschvölkische Hochschulblätter, hg. im Auftrage des Deutschvölkischen Studentenverbandes Berlin u.a., Berlin 1 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) - 4 (1914). Evangelische Frauenzeitung. Zeitschrift für die Interessen der evangelischen Frauenwelt. Organ des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes, Hannover 1 ( 1 9 0 0 / 0 1 ) - 2 0 ( 1 9 1 9 / 2 0 ) . Die Flotte. Monatsblatt des Deutschen Flotten-Vereins und des Hauptverbandes Deutscher Flotten-Vereine im Auslande, Berlin 11 (1908) - 22 (1919). Die Frau. Monatsschrift für das gesamte Frauenleben unserer Zeit. Organ des Bundes Deutscher Frauenvereine, Berlin 1 ( 1 8 9 3 / 9 4 ) - 30 ( 1 9 2 2 / 2 3 ) . Die Frau der Gegenwart. Deutsche Zeitschrift für moderne Frauenbestrebungen, Breslau 1=6 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) - 8=13 (1919). Die Frau im Osten: deutsche Zeitschrift für moderne Frauenbestrebungen. Organ für die Interessen der Frauenbewegung in den ösdichen Provinzen, Breslau 1=4 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) - 3=6 (1911/12). Frau und Staat. Organ der Deutschen Vereinigung für Frauenstimmrecht, Leipzig 1 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) - 5 (1916). Die Frauenbewegung. Revue fur die Interessen der Frau, Berlin 1 (1895) - 25 (1919). Frauen-Blätter. Organ des Deutschen Sittlichkeitsvereins (Untertitel wechselnd), Berlin 1 ( 1 8 9 2 ) - 2 8 (1919).

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-

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Deutschen Bundes für Jugendwandern,

Wege und Ziele. Monatsschrift für die deutsche Frau, Potsdam 1 ( 1 9 1 7 ) - 6 ( 1 9 2 2 ) . Die Wehr. Zeitschrift des Deutschen Wehrvereins, Berlin 1 ( 1 9 1 2 ) - 9 ( 1 9 2 0 ) . Ze tschrift für Frauenstimmrecht. Zeitschrift für die politischen Interessen der Frau, Berlin 1907-1918. Zeitschrift für Kolonialpolitik, Kolonialrecht und Kolonialwirtschaft, hg. v. der Deutschen Kolonialgesellschaft, Berlin 1 ( 1 8 9 9 ) - 14 ( 1 9 1 2 ) . Di·: Zukunft, Berlin 17 ( 1 9 0 9 ) - 2 0 ( 1 9 1 2 ) . Zeitfragen. Wochenschrift für deutsches Leben, Berlin 1 ( 1 9 0 5 ) .

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