Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht 9783110783322, 9783110783414, 9783110783469, 2022935365

This volume provides a chronological description of procedure under the law of fair-trading practices. It focuses on tac

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Es haben bearbeitet
Inhaltsübersicht
Inhalt
Literaturverzeichnis
A. Einführung
B. Vorgerichtliches Verfahren
C. Auseinandersetzung vor Gericht
D. Verfahren bei Zuwiderhandlung
Normenverzeichnis
Stichwortverzeichnis
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Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht
 9783110783322, 9783110783414, 9783110783469, 2022935365

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Arno Lampmann/Evgeny Pustovalov (Hrsg.) Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht De Gruyter Praxishandbuch

Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht 2. Auflage Herausgegeben von Arno Lampmann und Evgeny Pustovalov

Zitiervorschlag: Bearbeiter in: Lampmann/Pustovalov, 2. Aufl. Rn.

ISBN 978-3-11-078332-2 e-ISBN (PDF) 978-3-11-078341-4 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-078346-9 Library of Congress Control Number: 2022935365 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio­ grafie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Es haben bearbeitet Arno Lampmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, Köln Rn. 1– 6, 11– 365, 372– 482, 503 – 526, 658 – 714, 789 – 854, 895 – 1010 Evgeny Pustovalov, Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, Köln Rn. 7– 10, 366 – 371, 483 – 502, 527– 544, 613 – 657, 715 – 788, 855 – 894 Dr. Mark Lerach, Richter am Landgericht, Köln Rn. 545 – 612

https://doi.org/10.1515/9783110783414-001

Inhaltsübersicht Literaturverzeichnis

XVII

A.

Einführung

1

B.

3 Vorgerichtliches Verfahren I. Geltendmachung des Anspruchs II. Unterwerfung 42

3

C.

Auseinandersetzung vor Gericht 69 69 I. Zuständigkeit II. Streitwert 84 III. Streitgegenstand und Antragsfassung 98 122 IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren V. Hauptsacheverfahren 238

D.

264 Verfahren bei Zuwiderhandlung I. Verstoß gegen den Unterlassungsvertrag 271 II. Ordnungsmittelverfahren

Normenverzeichnis Stichwortverzeichnis

279 284

264

Inhalt Literaturverzeichnis

XVII

A.

Einführung

1

B.

3 Vorgerichtliches Verfahren 3 I. Geltendmachung des Anspruchs . Zügiges Vorgehen 3 4 . Abmahnung a) Wesen der Abmahnung 4 5 b) Form und Inhalt aa) Identität, § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG 6 bb) Vollmacht 7 9 cc) Aktivlegitimation, § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG dd) Angaben zu Aufwendungen, § 13 Abs. 2 Nr. 3, 5 10 UWG 11 ee) Beanstandetes Verhalten, § 13 Abs. 2 Nr. 4 UWG ff) Forderung einer Unterlassungserklärung 12 13 gg) Fristsetzung hh) Androhung gerichtlicher Schritte 14 14 c) Zugang 15 . Abmahnkosten a) Berechtigte und inhaltlich korrekte Abmahnung 16 17 b) Ausschluss des Kostenersatzes, § 13 Abs. 4 UWG c) Erstattungsanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag 18 d) Erstattungsanspruch aus Schadensersatz 18 e) Erforderlichkeit der Kosten 20 aa) Grundsatz 20 bb) Anwaltliche Selbstbeauftragung 20 cc) Tatsächliche Aufwendungen 21 dd) Qualifizierte Einrichtungen und 23 Wirtschaftsverbände f) Kein Anerkenntnis durch Unterlassungserklärung 24 g) Gerichtliche Geltendmachung 24 h) Weitere Abmahnung durch einen anderen Gläubiger 25 i) Weitere Abmahnung durch denselben Gläubiger 25 j) „Schubladenverfügung“ 26 k) Unklarer Vorwurf 26 l) Teilweise berechtigte Abmahnung 27

X

Inhalt

m) Kosten des „zu Unrecht“ Abgemahnten 27 aa) Gegenansprüche bei Abmahnungen unter Verstoß gegen § 13 Abs. 2, 4 UWG 28 bb) Gegenansprüche bei rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen, § 8c Abs. 3 UWG 29 . Rechtsmissbrauch 30 a) Generalklausel, § 8c Abs. 1 UWG 31 b) Fallgruppen mit Indizwirkung, § 8c Abs. 2 UWG 31 aa) Einnahmeerzielungs- und Kostenbelastungsinteresse, § 8c 31 Abs. 2 Nr. 1 UWG bb) „Serienabmahnungen“, § 8c Abs. 2 Nr. 2 UWG 33 cc) Unangemessen hoher Gegenstandswert, § 8c Abs. 2 Nr. 3 UWG 34 dd) Offensichtlich überhöhte Vertragsstrafen, § 8c Abs. 2 34 Nr. 4 UWG ee) Zu weit gefasstes Unterlassungsverlangen, § 8c Abs. 2 35 Nr. 5 UWG ff) Mehrfachabmahnungen, § 8c Abs. 2 Nr. 6 UWG 35 gg) Getrennte Verfolgung mehrerer Verantwortlicher, § 8c 36 Abs. 2 Nr. 7 UWG c) Rechtsmissbrauch durch qualifizierte Einrichtungen und 36 Wirtschaftsverbände . Berechtigungsanfrage 37 37 . Reaktionsmöglichkeiten des Schuldners 37 a) Unterlassungserklärung aa) Gegenüber dem Gläubiger 37 38 bb) Gegenüber einem Dritten b) Beseitigung der Erstbegehungsgefahr durch einen „actus contrarius“ 39 39 c) Zurückweisung des Anspruchs d) Gegenabmahnung und negative Feststellungsklage 40 e) Schweigen 41 f) Schutzschrift 42 II. Unterwerfung 42 42 . Rechtsnatur des Unterlassungsvertrags . Zustandekommen des Unterlassungsvertrags 43 43 a) Vertragsangebot des Gläubigers 44 b) Vertragsangebot des Schuldners . Form und Zugang der Unterlassungserklärung 45 47 . Inhalt und Umfang der Unterlassungserklärung a) Formulierung und Auslegung der Unterlassungsverpflichtung 48 aa) Zulässige Einschränkungen 50

Inhalt

. . . . C.

bb) Unzulässige Einschränkungen 52 b) Vertragsstrafeversprechen 54 aa) Maßgebliche Kriterien, § 13a Abs. 1 UWG 55 bb) Vereinbarung einer fixen Vertragsstrafe 56 cc) Vereinbarung einer variablen Vertragsstrafe 56 dd) Anforderungen beim Verstoß gegen bereits abgegebene Unterlassungserklärung 57 ee) Ausschluss der Vertragsstrafe, § 13a Abs. 2 UWG 58 59 ff) Deckelung der Vertragsstrafe, § 13a Abs. 3 UWG gg) Angemessenheitskontrolle, § 13a Abs. 4 UWG 60 hh) Einigungsstellenvorbehalt, § 13a Abs. 5 UWG 61 61 c) Nichtigkeitsgründe Vorbeugende Unterlassungserklärung 62 Drittunterwerfung 63 64 Wirkungen einer Unterlassungserklärung Notarielle Unterwerfungserklärung 66

Auseinandersetzung vor Gericht 69 69 I. Zuständigkeit . Internationale Zuständigkeit 70 a) Grundsatz 70 71 b) Vorrangige Verordnungen und Abkommen . Örtliche Zuständigkeit 73 74 a) Allgemeiner Gerichtsstand 74 b) Begehungsort c) „Fliegender Gerichtsstand“ 75 79 d) Einzelfälle aa) Printmedien 79 bb) Funk, Fernsehen, Internet 79 80 cc) Schreiben, Telefonate, E-Mails, SMS e) Ansprüche aus dem UKlaG 80 f) Markenrechtliche Verstöße 80 . Sachliche Zuständigkeit 81 . Funktionelle Zuständigkeit 81 82 . Besonderheiten im einstweiligen Verfügungsverfahren a) Zuständigkeit bei nicht anhängiger Hauptsacheklage 82 83 b) Zuständigkeit bei anhängiger Hauptsacheklage c) Zuständigkeit bei anhängiger negativer 83 Feststellungsklage 84 d) Zuständigkeit bei im Ausland anhängiger Klage e) Gerichtsort des einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht bindend 84

XI

XII

Inhalt

II. Streitwert 84 . Bemessung des Gebührenstreitwerts 84 a) Unterlassung und Beseitigung 85 aa) Bedeutung der Sache für den Gläubiger 85 bb) Indizielle Bedeutung der Streitwertangabe des Gläubigers 86 cc) Objektive Bewertungsmaßstäbe 87 dd) Erheblich geringere Bedeutung für den Schuldner 89 ee) Auffangstreitwert von 1 000 Euro b) Abschlag im einstweiligen Verfügungsverfahren 90 c) Ordnungsmittel 92 92 d) Schadensersatzfeststellung und Auskunft e) Rechtsanwaltskosten 93 93 f) Negative Feststellungsklage 93 g) Objektive und subjektive Klagehäufung h) Haupt- und Hilfsantrag 94 i) Erledigung in der Hauptsache 94 . Streitwertbegünstigung 94 96 . Streitwertbeschwerde III. Streitgegenstand und Antragsfassung 98 . Streitgegenstand 98 99 a) Ältere Rechtsprechung b) Aktuelle Rechtsprechung 100 104 . Antragsfassung 104 a) Bestimmtheitsgebot b) Richterliche Hinweispflichten 105 107 c) Konkrete Verletzungsform aa) Einfacher Fall 107 bb) Einbeziehung der gesamten Gestaltung 108 111 cc) Fehlerquellen dd) Folgen eines konkreten Verbots 112 d) Verallgemeinerung 114 e) Verdeckter Handlungsantrag 117 f) „Insbesondere“-Antrag 118 g) Gesondertes Vorgehen gegen einzelne/mehrere Rechtsverletzungen 119 120 h) Besonderheiten bei Erstbegehungsgefahr 120 i) Handlungsempfehlung j) Androhung von Ordnungsmitteln 122 122 IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren . Verfahren im Allgemeinen 122 a) Gang des Verfahrens 122 b) Eignung der Verfahrensart 127

89

Inhalt

XIII

Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis 128 aa) Ähnlicher Verstoß nach einstweiliger Verfügung 129 bb) Verfügungsverfahren mit Auslandsbezug 131 cc) Rechtsschutzbedürfnis bei behördlichen Verboten/ Genehmigungen 132 dd) Rechtsmissbräuchliches Verhalten im Prozess 132 d) „Forum shopping“ 133 . Beteiligung des Schuldners 134 134 a) Anhörung des Schuldners b) Hinterlegung einer Schutzschrift 135 . Prozessuale Waffengleichheit 140 140 a) Einführung aa) Waffengleichheit als Verfassungsgrundsatz 141 141 bb) Effektiver Rechtsschutz und Waffengleichheit 142 b) Rechtsprechung des BVerfG aa) Grundlagen der Waffengleichheit im einstweiligen 144 Verfügungsverfahren bb) Prozessuale Waffengleichheit im 146 Wettbewerbsrecht () Spruchpraxis der 2. Kammer des Ersten Senats 146 () Kongruenz zwischen Abmahnung und Verfügungsantrag 146 () Kein Waffengleichheitsverstoß bei gezielter 149 Gehörsvereitelung () Pflicht zur ausgeglichenen und zügigen 149 Verfahrensführung c) Konsequenzen in der Praxis der Fachgerichte 150 aa) Anwendungsbereich 151 152 bb) Mündliche Verhandlung oder Anhörung () Durchführung einer mündlichen Verhandlung 152 () Entbehrlichkeit einer mündlichen Verhandlung 152 () Entbehrlichkeit der Anhörung 153 cc) Hinweiserteilung 157 159 dd) Anhörung d) Vorgehen bei Waffengleichheitsverstößen 160 aa) Auswirkungen auf das instanz-/fachgerichtliche 160 Verfahren bb) Vorgehen mittels Verfassungsbeschwerde 162 163 () Allgemeine Voraussetzungen () Feststellungsinteresse 163 () Schwerer Nachteil 165 () Vorwegnahme der Hauptsache 166 c)

XIV

Inhalt

.

.

.

.

.

.

.

() Erschöpfung des Rechtswegs und Subsidiarität 167 () Praktische Erwägungen 167 Verfügungsgrund 169 a) Dringlichkeit der Rechtsverfolgung 169 b) Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung 171 aa) Zeitmoment 172 bb) Umstandsmoment 178 179 c) „Wiederaufleben“ der Dringlichkeit Darlegung und Glaubhaftmachung 180 a) Verfügungsanspruch 180 183 b) Verfügungsgrund c) Rechtzeitigkeit des Vorbringens 183 186 Vollziehung der einstweiligen Verfügung 186 a) Wirkungen und Arten der Vollziehung b) Gegenstand der Zustellung 190 c) Zustellungsadressat 193 d) Vollziehungsfrist nach §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO 195 195 aa) Beginn und Lauf der Frist bb) Zustellung „demnächst“ 196 cc) Fristversäumnis 197 197 e) „Schubladenverfügung“ Befolgungspflicht des Schuldners 198 198 a) Ergänzende Handlungspflichten 201 b) Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung Schadensersatzpflicht des Gläubigers, § 945 ZPO 202 202 a) Anwendungsbereich b) Haftungsgrund der anfänglichen Ungerechtfertigtheit 203 c) Haftungsgrund des Fristversäumnisses 206 207 d) Ersatzfähiger Schaden e) Handeln unter Vollstreckungsdruck 209 f) Durchsetzung vor Gericht 212 Abschlussverfahren 214 a) Angemessene Überlegungszeit 215 216 b) Handlungsspielraum für den Schuldner c) Abschlussschreiben des Gläubigers 219 225 Handlungsmöglichkeiten nach gerichtlicher Entscheidung 225 a) Möglichkeiten des Schuldners aa) Vollwiderspruch 225 227 bb) Vollwiderspruch mit Unterlassungserklärung cc) Kostenwiderspruch 228 dd) Klageerzwingung 231 ee) Aufhebung aufgrund veränderter Umstände 232

Inhalt

V.

D.

ff) Verfassungsbeschwerde 235 gg) Hinnahme der Unterlassungspflicht 236 b) Sofortige Beschwerde als Rechtsmittel des Gläubigers 236 c) Berufung als Rechtsmittel beider Parteien 237 Hauptsacheverfahren 238 . Verjährung 239 a) Sechsmonatige Verjährungsfrist 239 244 b) Beginn der Verjährungsfrist c) Hemmung durch Rechtsverfolgung 248 . Unterlassungsklage und Annexansprüche 251 251 a) Unterlassung b) Schadensersatz 252 254 c) Auskunft 256 d) Beseitigung e) Veröffentlichungsbefugnis 257 f) Rechtsanwaltskosten 258 . Negative Feststellungsklage 258 259 a) Negatives Feststellungsinteresse b) Erforderlichkeit einer Gegenabmahnung 262 c) Wirkungen der negativen Feststellungsklage 262

Verfahren bei Zuwiderhandlung 264 264 I. Verstoß gegen den Unterlassungsvertrag 264 . Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe . Vertraglicher Unterlassungsanspruch 267 268 . Gesetzlicher Unterlassungsanspruch . Gerichtliche Durchsetzung vertraglicher Ansprüche a) Sachliche Zuständigkeit 269 270 b) Örtliche Zuständigkeit II. Ordnungsmittelverfahren 271 . Verfahrensrechtliche Aspekte 272 . Verstoß gegen den Unterlassungstitel 274

Normenverzeichnis Stichwortverzeichnis

279 284

268

XV

Literaturverzeichnis Ahrens, Die notarielle Unterwerfungserklärung: Vollstreckbarkeit, Ordnungsmittelandrohung, Ordnungsmittelfestsetzung, WRP 2017, 1304 Ahrens (Hrsg.), Der Wettbewerbsprozess, 9. Aufl., Hürth 2021 Ahrens/Büscher/Goldmann/McGuire (Hrsg.), Festschrift für Henning Harte-Bavendamm, München 2020 Arz, Anmerkung zu OLG Frankfurt a. M., B. v. 27. 2. 2020 – 6 W 21/20, GRUR-Prax 2020, 247 Bechtold/Frankenreiter/Klerman, Forum Selling Abroad, Southern California Law Review Vol. 92 (2019), 487 Bergmann, Zur alternativen und kumulativen Begründung des Unterlassungsantrags im Wettbewerbsrecht, GRUR 2009, 224 Berneke/Schüttpelz, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 4. Aufl., München 2018 Bernreuther, Das Merkmal „Ansprüche auf Grund dieses Gesetzes“ und seine Auslegung, WRP 2017, 1315 Bernreuther, Zur rechtlichen Einordnung der Vollziehungshandlung gemäß § 928 ZPO und zum Umfang der Heilung von Zustellungsmängeln gemäß § 189 ZPO, WRP 2019, 1143 Bildhäuser, Anmerkung zu OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 23. 7. 2020 – 6 U 91/19, GRUR-Prax 2020, 495 Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 5. Aufl., München 2021 Boden, Anmerkung zu BVerfG, B. v. 11. 1. 2021 – 1 BvR 2681/20, GRUR-Prax 2021, 210 Bornkamm, Befreit die einstweilige Verfügung von den Fesseln des Arrestes!, WRP 2019, 1242 Bornkamm, Das Ende der ex-parte-Verfügung auch im Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht, GRUR 2020, 715 Bornkamm, Abmahnung und rechtliches Gehör im anschließenden Verfügungsverfahren, GRUR 2020, 1163 Breun-Goerke, Was tun? Beseitigungs- und Handlungspflichten des Unterlassungsschuldners, WRP 2019, 1539 Büscher, Klagehäufung im gewerblichen Rechtsschutz – alternativ, kumulativ, eventuell?, GRUR 2012, 16 Büscher, Aus der Rechtsprechung des EuGH und des BGH zum Lauterkeitsrecht seit Ende 2017, GRUR 2019, 217 Cepl/Voß (Hrsg.), Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Aufl., München 2018 Danckwerts, Die Entscheidung über den Eilantrag, GRUR 2008, 763 Danckwerts, Anmerkung zu BVerfG, B. v. 3. 12. 2020 – 1 BvR 2575/20, jurisPR-WettbR 1/2021 Anm. 1 Danckwerts, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 21. 1. 2021 – I ZR 17/18, jurisPR-WettbR 5/2021 Anm. 4 Deutsch, Die Schutzschrift in Theorie und Praxis, GRUR 1990, 327 Dienstbühl, Anmerkung zu OLG Düsseldorf, Urt. v. 27. 2. 2019 – 15 U 45/18, GRUR-Prax 2019, 292 Dienstbühl, Anmerkung zu BVerfG, B. v. 3. 12. 2020 – 1 BvR 2575/20, GRUR-Prax 2021, 180 Dienstbühl, Die (versuchte) Titelerschleichung im Verfügungsverfahren und ihre Konsequenzen, WRP 2021, 444 Dissmann, Totgesagte leben länger – wie es mit der Beschlussverfügung weitergehen kann, GRUR 2020, 1152 Dobrosz, Anmerkung zu BVerfG, B. v. 27. 7. 2020 – 1 BvR 1379/20, EWiR 2020, 703 Dölling, Der fliegende Gerichtsstand im Presserecht – Spielball der Interessen?, NJW 2015, 124 Engelschall, Änderung der Verfahrensvorschriften bei Erwirkung einstweiliger Verfügungen?, GRUR 1972, 103 Erdmann/Leistner/Rüffer/Schulte-Beckhausen (Hrsg.), Festschrift für Michael Loschelder, Köln 2010 Feddersen, Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs: Neuerungen bei Vertragsstrafe und Gerichtsstand, WRP 2021, 713 https://doi.org/10.1515/9783110783414-002

XVIII

Literaturverzeichnis

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Literaturverzeichnis

XIX

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A. Einführung Viele praktische Fragen im Zusammenhang mit der Anspruchsdurchsetzung im 1 „grünen Bereich“ werden im Wettbewerbsrecht beantwortet, das schwerpunktmäßig im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelt ist. Es ist ein wesentlicher Teil des gewerblichen Rechtsschutzes, dem neben dem Wettbewerbsrecht die gewerblichen Schutzrechte angehören, die z. B. im Markengesetz (MarkenG), Patentgesetz (PatG), Gebrauchsmustergesetz (GebrMG) und Designgesetz (DesignG) geregelt sind. Nach Bestimmung der materiellen Rechtslage ist es in der Praxis für den Gläubiger von 2 großer Bedeutung, die ermittelten Ansprüche erfolgreich durchzusetzen, während der Schuldner sie abwehren möchte. Die prozessuale Durchsetzung bzw. Abwehr von wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen ist im Hinblick auf stets zu beachtende kurze Dringlichkeits- und Verjährungsfristen sowie zahlreiche Spezialvorschriften schwierig und scheitert auch bei eindeutiger materieller Rechtslage nicht selten allein aus formellen Gründen. Anzahl und Komplexität der Vorschriften werden mit der Zeit nicht geringer, sondern 3 nehmen zu und stellen Streitparteien und Berater vor immer größere Herausforderungen. Der Gesetzgeber hat in Bezug auf die z.T. missbräuchliche Geltendmachung von wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen Handlungsbedarf gesehen und die Sorgfaltsanforderungen bei deren Durchsetzung sowohl in inhaltlicher als auch in formeller Hinsicht stark erhöht. Darüber hinaus hat sich das BVerfG veranlasst gesehen, die Instanzgerichte an die Pflicht zur Wahrung des rechtlichen Gehörs und der prozessualen Waffengleichheit zu erinnern, die im einstweiligen Verfügungsverfahren seiner Auffassung nach zu oft vernachlässigt wurden. Die Umsetzung der Vorgaben des BVerfG beeinflusst den Ablauf von gerichtlichen Eilverfahren erheblich. Die folgenden Erläuterungen geben vor diesem Hintergrund einen Einblick in die 4 Handlungsmöglichkeiten von Gläubiger und Schuldner, die sich in der jeweiligen Konstellation bieten. Anknüpfungspunkt ist dabei jeweils die konkrete Verfahrenssituation (vorgerichtlich oder gerichtlich), wie sie sich den Streitparteien stellt. Die Ausführungen sind – soweit möglich – chronologisch geordnet. Ausgangspunkt 5 ist die vorgerichtliche Geltendmachung der Ansprüche, die im Fall der Erfolglosigkeit in die gerichtliche Durchsetzung mündet. Daran anschließend werden sachgerechte Reaktionsmöglichkeiten des Schuldners auf die gerichtlichen Maßnahmen des Gläubigers dargestellt und das Vorgehen des Gläubigers im Fall einer (erneuten) Zuwiderhandlung durch den Schuldner erläutert.

https://doi.org/10.1515/9783110783414-003

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A. Einführung

6 Bei dem vorliegenden Werk handelt es sich um die 2., aktualisierte, verbesserte und

erweiterte Auflage des Praxishandbuchs „Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht“, das von den Autoren um Neuerungen durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs, eigenständige Kapitel zum Rechtsmissbrauch, zum Schadensersatz nach § 945 ZPO, aktuelle Rechtsprechung und Fachliteratur sowie zahlreiche praktische Hinweise ergänzt wurde. Eine besondere Bereicherung ist ein Beitrag von Dr. Mark Lerach, der die Rechtsprechung des BVerfG zur prozessualen Waffengleichheit im einstweiligen Verfügungsverfahren nebst deren bisheriger Rezeption durch die Instanzgerichte behandelt und weiterführende Hinweise für die Praxis gibt, wobei die Voraussetzungen und Erfolgsaussichten eines Vorgehens mithilfe der Verfassungsbeschwerde, ggf. verbunden mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung, gesondert dargestellt und analysiert werden.

Lampmann

B. Vorgerichtliches Verfahren I. Geltendmachung des Anspruchs 1. Zügiges Vorgehen Ein großer Teil der Streitigkeiten im Wettbewerbsrecht wird nicht im Klageverfahren, 7 sondern im einstweiligen Verfügungsverfahren geführt und im sog. Abschlussverfahren endgültig erledigt. Ausgangspunkt für die Durchsetzung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche ist die 8 Kenntnisnahme vom rechtsverletzenden Verhalten. Der betreffende Zeitpunkt setzt – bis auf einige Ausnahmen – den Lauf der Dringlichkeitsfrist und der Verjährungsfrist in Gang. Bei der vorgerichtlichen Verfolgung des Unterlassungsanspruchs ist es zweckmäßig, 9 die kurze Dringlichkeitsfrist für ein ggf. notwendiges gerichtliches Eilverfahren von Anfang an im Blick zu behalten. Je nach angerufenem Gericht beträgt diese zwischen einem und zwei Monaten. Etwaige Recherchen und Beweissicherungen¹ sollten daher zügig durchgeführt werden, damit nach einer Abmahnung mit angemessener Fristsetzung noch genügend Zeit für ein eventuelles Nachfassen² und die Vorbereitung des einstweiligen Verfügungsverfahrens verbleibt. Auch wenn die Dringlichkeit gem. § 12 Abs. 1 UWG vermutet wird, kann sie z. B. infolge zögerlichen Vorgehens entfallen. Der Gläubiger sollte also dafür sorgen, dass er insbesondere dann, wenn er die Reaktionszeitspanne, die im einschlägigen Oberlandesgerichtsbezirk regelmäßig als ausreichend angesehen wird, überschreitet, in der Lage ist, dem Gericht gegenüber darzulegen und glaubhaft zu machen, dass sein Verhalten bzw. das seines Verfahrensbevollmächtigten stets auf eine eilige Anspruchsdurchsetzung gerichtet war (und ist). Eine weitere Besonderheit im Wettbewerbsrecht ist die kurze Verjährungsfrist des 10 § 11 Abs. 1 UWG. Danach verjähren die Unterlassungs-, Beseitigungs-, Schadensersatzund Aufwendungserstattungsansprüche des Gläubigers in sechs Monaten (eine Sonderregelung gilt für den zum 28. 5. 2022 neu geschaffenen Schadensersatzanspruch des Verbrauchers nach § 9 Abs. 2 Satz 1 UWG). Während die gerichtliche Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs in dieser Hinsicht keine Probleme bereitet, da dessen  Vgl. OLG München, Hinweisb. v. 12. 8. 2021 – 6 U 4145/21, n. v.  Ein sinnvoller Umgang mit der BVerfG-Rechtsprechung zur prozessualen Waffengleichheit erfordert es mittlerweile aus der Gläubigersicht, ein Nachfassen als einen festen Bestandteil der vorgerichtlichen Korrespondenz und für Letztere dementsprechend insgesamt mehr Zeit einzukalkulieren, vgl. Rn. 574, 584, 586 (zu gebührenrechtlichen Auswirkungen vgl. Rn. 81). https://doi.org/10.1515/9783110783414-004

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B. Vorgerichtliches Verfahren

Verjährung mithilfe eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gem. §§ 209, 204 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 2 BGB gehemmt werden kann, wird in der Praxis häufig übersehen, dass dies für die damit einhergehenden Beseitigungs-, Schadensersatz- und Aufwendungserstattungsansprüche (sog. Annexansprüche) nicht gilt, da diese durch das einstweilige Verfügungsverfahren grundsätzlich nicht erfasst werden können.

2. Abmahnung 11 Nach § 13 Abs. 1 UWG soll der Gläubiger eines Unterlassungsanspruchs den Schuldner

vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Die Vorgabe stimmt mit § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG a. F. überein. Mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs sind jedoch die Anforderungen an die Abmahnung gestiegen. Der neu gefasste § 13 UWG legt nun in Abs. 2 gesetzliche Vorgaben zum Inhalt der Abmahnung fest. Zudem werden durch § 13 Abs. 3, 4 UWG die Anforderungen an die Erstattungsfähigkeit der Abmahnkosten gegenüber § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG a. F. erhöht. Schließlich bietet § 13 Abs. 5 UWG dem Schuldner bei unberechtigten, unvollständigen bzw. formfehlerhaften Abmahnungen die Möglichkeit, Gegenansprüche geltend zu machen.

a) Wesen der Abmahnung 12 Die wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist die Mitteilung eines Anspruchsberechtigten an einen Verletzer, dass dieser sich durch eine bestimmte Handlung wettbewerbswidrig verhalten habe, verbunden mit der Aufforderung, dieses Verhalten in Zukunft zu unterlassen und binnen einer bestimmten Frist eine (im Fall der Wiederholungsgefahr strafbewehrte) Unterlassungserklärung abzugeben.³ 13 Die Abmahnung liegt einerseits im Interesse des Gläubigers, der seinen Anspruch

außergerichtlich schnell und kostengünstig durchsetzen kann. Sie warnt andererseits den Schuldner, der sich der Rechtswidrigkeit seines Handelns vielleicht nicht bewusst war, und gibt ihm Gelegenheit, durch Abgabe einer Unterlassungserklärung ein kostspieliges Gerichtsverfahren zu vermeiden. 14 Auch wenn die Abmahnung für ein späteres gerichtliches Vorgehen keine zwingende

Voraussetzung ist, so stellt sie eine Obliegenheit⁴ des Gläubigers dar. Sowohl der

 BT-Drs. 15/1487, S. 25. Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Abmahnungen vgl. BGH, Hinweisb. v. 21.1. 2021 – I ZR 87/20, BeckRS 2021, 8422; LG Heidelberg, Urt. v. 28.8. 2019 – 12 O 25/19 KfH, BeckRS 2019, 27350; Pustovalov/Johnen, WRP 2019, 848, 848 ff. m. w. N.; Streit, GRUR-Prax 2021, 697, 697 ff.  Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 4. Pustovalov/Lampmann

I. Geltendmachung des Anspruchs

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Verzicht auf eine Abmahnung als auch ihre nachlässige Formulierung können für den Gläubiger zahlreiche nachteilige Folgen haben, die sich bis in das später eventuell notwendig werdende Gerichtsverfahren auswirken bzw. in Gegenansprüche aufseiten des Schuldners münden können. So hat der nicht abgemahnte Schuldner, der im Fall der gerichtlichen Geltendma- 15 chung den Klageanspruch sofort anerkennt, in der Regel keine Veranlassung zur Klage bzw. zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegeben, sodass dem Gläubiger nach § 93 ZPO die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen sind (vgl. Rn. 807 ff.). Außerdem ist in der gerichtlichen Praxis insbesondere nach mehreren Entscheidungen des BVerfG im Jahre 2018 (vgl. Rn. 545 ff.) die Tendenz zu erkennen, im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit eine Beschlussverfügung, die grundsätzlich ohne Beteiligung des Schuldners ergehen kann, erst nach erfolgloser Abmahnung zu erlassen (vgl. Rn. 528 ff.).⁵ Eine Abmahnung hingegen, die ein in Wirklichkeit rechtmäßiges Verhalten des 16 Schuldners zu Unrecht beanstandet oder aus einem Rechtsverstoß einen zu weiten Unterlassungsanspruch ableitet, kann zugunsten des Schuldners ein Rechtsschutzbedürfnis zur Erhebung einer negativen Feststellungsklage hervorrufen, mit der er feststellen lassen kann, dass der geltend gemachte Anspruch nicht oder jedenfalls nicht in dem Umfang besteht (vgl. aber Rn. 146 ff.). Des Weiteren macht das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs seit dem 2.12. 2020 dem Gläubiger umfangreiche Vorgaben zum Inhalt der Abmahnung, deren Nichtbeachtung nicht nur zum Verlust des Kostenerstattungsanspruchs und zu Gegenansprüchen des Schuldners führt, sondern ggf. sogar das gesamte Vorgehen unzulässig werden lässt.

b) Form und Inhalt Die Abmahnung unterliegt keinem Formzwang.⁶ Obgleich damit sogar eine münd- 17 liche Abmahnung möglich und in dringenden Fällen, wie z. B. in Messesachen, auch zweckmäßig sein kann, empfiehlt es sich aus Beweisgründen, die Abmahnung schriftlich bzw. in Textform (z. B. per E-Mail) auszusprechen (vgl. Rn. 57, 810). Damit die Abmahnung die gewünschten Wirkungen erzielen kann, muss sie jedoch 18 einen bestimmten Inhalt haben. Grundsätzlich galt und ist weiterhin zu beachten, dass der Schuldner anhand der 19 Abmahnung erkennen können muss, welches konkrete Verhalten ihm als rechtswidrig

 Vgl. Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 74 m. w. N.  Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 26. Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

vorgeworfen wird, weshalb der Gläubiger meint, zur Geltendmachung befugt zu sein, und wie der Schuldner die drohende gerichtliche Inanspruchnahme innerhalb einer angemessenen Frist vermeiden kann. Rechtliche Ausführungen sind nicht erforderlich, wenngleich sie zur Verdeutlichung des Unterlassungsbegehrens im Einzelfall hilfreich sein können und auch mit Blick auf die Erstattungsfähigkeit der Abmahnkosten sowie anschließend ggf. erforderliche gerichtliche Schritte zu empfehlen sind (vgl. Rn. 42, 96, 584). 20 Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs enthält § 13

Abs. 2 UWG eine Reihe von expliziten Vorgaben zum Inhalt einer Abmahnung, deren Nichtbeachtung gem. § 13 Abs. 5 UWG zu Gegenansprüchen des Schuldners führen kann. Die Liste deckt sich nur z.T. mit den bisherigen Anforderungen und ist mit Rücksicht auf die Funktion der Abmahnung als außergerichtliches Streitbeilegungsmittel nicht erschöpfend: Damit die Abmahnung ihren Zweck erfüllen kann, muss sie zusätzlich die Forderung einer Unterlassungserklärung, eine Fristsetzung und die Androhung gerichtlicher Schritte enthalten. § 13 Abs. 2 UWG ist nicht auf Abmahnungen anzuwenden, die bereits vor dem 2.12. 2020 zugegangen sind, vgl. § 15a Abs. 2 UWG. 21

Praxishinweis: Die Auflistung des § 13 Abs. 2 UWG schreibt dem Gläubiger in den Nr. 1 bis 4⁷ nichts vor, was eine sorgfältig abgefasste Abmahnung bisher nicht auch schon enthalten hätte. Der Teufel steckt hier jedoch im Detail. Ausweislich des Obersatzes müssen die Angaben nämlich „klar und verständlich“ sein. Die Regelung ist vor allem deshalb brisant, weil § 13 Abs. 5 UWG dem Schuldner einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Rechtsverteidigung schon für den Fall zuspricht, dass die Abmahnung nicht den formellen Anforderungen des § 13 Abs. 2 UWG entspricht. § 13 Abs. 3 UWG macht zudem den Abmahnkostenersatzanspruch des Gläubigers von der Einhaltung derselben Anforderungen abhängig. Diese einschneidenden Rechtsfolgen gebieten es einerseits, bei Abfassung der Abmahnung größte Sorgfalt walten zu lassen. Andererseits sollte deshalb auch kein überzogen strenger Maßstab an die Erfüllung der Vorgaben des § 13 Abs. 2 UWG angewandt werden.⁸

aa) Identität, § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG 22 Nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG müssen in der Abmahnung klar und verständlich Name

oder Firma des Gläubigers sowie im Fall einer Vertretung zusätzlich Name oder Firma des Vertreters angegeben werden. 23

Praxishinweis: Schon vor der UWG-Novelle 2020 war es selbstverständlich und elementarer Bestandteil einer Abmahnung (wie bei jeder anderen außergerichtlichen Inanspruchnahme auch), dass der Gläubiger seinen Namen bzw. seine Firma und damit seine Identität offenbarte. Der

 § 13 Abs. 2 Nr. 5 UWG betrifft den neu geschaffenen Sonderfall des § 13 Abs. 4 UWG, der in der bisherigen Praxis naturgemäß nicht berücksichtigt werden konnte.  Möller, NJW 2021, 1, 6. Lampmann

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I. Geltendmachung des Anspruchs

Grund, aus dem es der Gesetzgeber für erforderlich gehalten hat, die entsprechende Angabe explizit in seine Pflichtenliste aufzunehmen, erschließt sich daher nicht auf den ersten Blick. Er liegt womöglich in dem landläufigen, insbesondere bei unerfahrenen Marktteilnehmern anzutreffenden Irrglauben, dass Wettbewerbsverstöße von jedermann bzw. anonym oder von sog. Abmahnanwälten in Eigenregie verfolgt werden könnten. Das würde auch die Regelung der (weiteren) Selbstverständlichkeit erklären, wonach der Gläubiger ggf. den Namen oder die Firma seines Vertreters angeben muss, die sich ausweislich der Gesetzesbegründung⁹ nicht auf den gesetzlichen Vertreter, sondern auf andere Vertretungsfälle, wie z. B. durch einen Rechtsanwalt, bezieht.

bb) Vollmacht Die Vorlage einer Vollmachtsurkunde zur Abmahnung ist keine Voraussetzung für 24 die Wirksamkeit einer Abmahnung. Umstritten ist jedoch, ob gem. § 174 BGB die Wirkungen der – in der Regel von einem 25 Rechtsanwalt ausgesprochenen – Abmahnung entfallen, wenn ihr kein Vollmachtsnachweis beigefügt ist und der Schuldner die Abmahnung deswegen unverzüglich zurückweist.¹⁰ Nach der überwiegenden, auch vom BGH geteilten Meinung kommt § 174 BGB jedenfalls dann nicht zur Anwendung, wenn der Abmahnung, wie unter Rn. 48 empfohlen, der Entwurf einer Unterlassungserklärung beigefügt wird, weil damit zugleich ein Angebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrags unterbreitet wird (vgl. Rn. 176).¹¹ Praxishinweis: Der Schuldner bzw. sein anwaltlicher Vertreter sollten sich im Klaren darüber sein, dass die in der Praxis oft anzutreffende pauschale Vollmachtsrüge auch den Vorwurf impliziert, dass der den Gläubiger vertretende Rechtsanwalt in Wirklichkeit ohne Vertretungsmacht bzw. ohne Auftrag und damit letztendlich betrügerisch agiert. Je nach Taktikplanung ist eine dahingehende Unterstellung einer für den Schuldner günstigen Lösung des Falls ggf. sogar abträglich.

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Im Normalfall ist die Tatsache, dass einem Abmahnschreiben keine Originalvollmacht 27 beiliegt, ohnehin nicht Unklarheiten zwischen dem Rechtsanwalt und dem Gläubiger über die Auftragserteilung geschuldet, sondern dem Umstand, dass es sich um Vorgänge handelt, bei denen schnell gehandelt werden muss und daher nicht auf die postalische Übersendung einer Originalvollmacht gewartet werden kann. Dies gilt insbesondere bei „Stammmandanten“, die den Rechtsanwalt per E-Mail oder telefonisch mit der Vertretung im Einzelfall beauftragen. Teplitzky findet zur Vollmachtsrüge deutliche Worte und hält sie eher für eine Spielwiese für schikanefreudige Streit-

 BT-Drs. 19/12084, S. 31.  Eine Übersicht zum Streitstand findet sich bei Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 30 ff.  BGH, GRUR 2010, 1120, 1121 – Vollmachtsnachweis. Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

parteien und deren Rechtsanwälte sowie für rechtstheoretische Überlegungen als für ein ernsthaftes Problemfeld (zur Vollmachtsrüge im Eilverfahren vgl. Rn. 654 f.).¹² 28

Praxishinweis: Sollte der Schuldner tatsächlich im Einzelfall einmal echte Zweifel an der Berechtigung des Gegenanwalts haben, für den Gläubiger tätig zu werden, ist es natürlich – unabhängig von § 174 BGB – statthaft, diese beim Gläubigervertreter anzusprechen und um Übersendung eines entsprechenden Nachweises zu bitten.¹³ Nicht statthaft ist es allerdings, eine Unterlassungserklärung unter die aufschiebende Bedingung des „zweifelsfreien“ Nachweises der „ordnungsgemäßen“ Bevollmächtigung zu stellen, da es sich dabei um über die bloße Vorlage der Vollmachtsurkunde hinausgehende Umstände handelt, die Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Unterlassungserklärung begründen (vgl. Rn. 194 f.).¹⁴ Beantwortet der Gläubiger eine objektiv berechtigte Bitte des Schuldners nicht, läuft er Gefahr des sofortigen Anerkenntnisses des gleichwohl gerichtlich geltend gemachten Anspruchs (§ 93 ZPO).

29 Zu beachten ist in jedem Fall, dass § 174 BGB das ohne Beifügung der Vollmachtsur-

kunde vorgenommene Rechtsgeschäft nur dann für unwirksam erklärt, wenn der andere es aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Der Schuldner, der in seinem Erwiderungsschreiben darstellt, warum das inkriminierte Verhalten rechtmäßig sei und sich nur ergänzend auf die fehlende Vollmachtsurkunde beruft, weist die Abmahnung nicht aus diesem Grund zurück.¹⁵ Der Schuldner, der zunächst eine Fristverlängerung erbittet, um die Berechtigung der Abmahnung prüfen zu können und die Abmahnung erst dann zurückweist, handelt außerdem nicht mehr unverzüglich.¹⁶ Das OLG Celle hat ferner entschieden, dass die Berufung auf die angebliche Unwirksamkeit der Abmahnung treuwidrig ist, wenn die durch den abmahnenden Rechtsanwalt zugeleitete vorformulierte Unterlassungserklärung angenommen und zugleich unter Hinweis auf die fehlende Vollmacht die Zulässigkeit der Abmahnung bestritten und die Erstattung der Abmahnkosten verweigert wird.¹⁷ 30

Praxishinweis: Um vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Auffassungen der Oberlandesgerichte sicherzugehen, sollte der Gläubiger der durch seinen Rechtsanwalt ausgesprochenen Abmahnung eine Vollmacht im Original¹⁸ beifügen oder, falls die Abmahnung zurückgewiesen werden sollte, diese umgehend nachreichen lassen. Legt der Rechtsanwalt mit der Abmahnung eine Vollmacht vor, die die übliche Standardformulierung zur Vertretungsermächtigung des Gläubigers

 Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 41 Rn. 6a m. Fn. 52.  BGH, GRUR 2010, 1120, 1121 – Vollmachtsnachweis; KG, GRUR-RR 2021, 459, 460 f.  LG Frankfurt a. M., B. v. 9.12. 2020 – 2– 03 O 184/20, n. v. (in der Folgeinstanz offengelassen durch OLG Frankfurt a. M., B. v. 11. 3. 2021 – 11 W 13/21, n. v.).  Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 84 Rn. 25.  OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2010, 87, 88; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 33.  OLG Celle, GRUR-RR 2011, 77, 78.  BGH, WRP 2018, 706, 709 – Telefaxkopie einer Originalvollmacht, unter Hinweis auf OLG Hamm, NJW 1991, 1185, 1185 f. Lampmann

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I. Geltendmachung des Anspruchs

„bei außergerichtlichen Verfahren aller Art“ enthält, wird er nach § 130 Abs. 1 Satz 1, § 164 Abs. 1, 3 BGB analog wirksamer Empfangsvertreter für etwaige Gegenabmahnungen des Schuldners.¹⁹

cc) Aktivlegitimation, § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG Die sich aus § 8 Abs. 3 UWG ergebende Aktivlegitimation muss gem. § 13 Abs. 2 Nr. 2 31 UWG in der Abmahnung klar und verständlich dargestellt werden. Praxishinweis: Die Darlegung der Anspruchsberechtigung gehört ebenfalls seit jeher zu einer ordnungsgemäßen Abmahnung. Sie ergibt sich meist aus den Umständen, insbesondere dann, wenn es sich bei den Streitparteien offensichtlich um unmittelbare Mitbewerber handelt. In Zeiten von uneingeschränkt zugänglichen und umfangreichen Informationsmöglichkeiten im Internet mutete man dem Schuldner im Zweifelsfall sogar eine entsprechende Google-Suche zu. Vor dem Hintergrund der strengen Rechtsfolgen der Nichtbeachtung der aktuellen gesetzgeberischen Vorgaben sollte darauf jedoch nicht mehr vertraut und auf präzise Angaben noch sorgfältiger geachtet werden.

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Darüber hinaus haben sich mit dem Inkrafttreten des neu gefassten § 8 Abs. 3 UWG am 33 1.12. 2021 die Voraussetzungen für die Aktivlegitimation als solche erhöht. Während nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG a. F. die Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche jedem Mitbewerber zustanden, ist nach dem neuen Wortlaut erforderlich, dass der Mitbewerber Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt. Praxishinweis: Die neuen Anforderungen an die Aktivlegitimation eines Mitbewerbers führen zu einer Erhöhung der Darlegungs- und Beweislast. Der Gläubiger wird künftig zum Umfang seiner Geschäftstätigkeit vortragen müssen.²⁰ Konkrete Umsatzzahlen sind dazu nicht notwendigerweise anzugeben, ausreichend sind beispielsweise bereits Größenkategorien der Zahl der Verkäufe.²¹ Schwieriger wird sich der Nachweis für Mitbewerber in der Markteintritts- oder Insolvenzphase gestalten: Diese sind nur ausnahmsweise aktivlegitimiert, etwa wenn unzweifelhaft ist, dass die Geschäftstätigkeit weiter geführt oder ausgeweitet werden wird.²² Jeder Mitbewerber sollte bei Abmahnvorhaben einschlägige Daten parat haben; es ist zu erwarten, dass der Einwand der unzureichenden Geschäftstätigkeit zum Standardverteidigungsmittel werden wird.²³ Der Umfang der nachzuweisenden Geschäftstätigkeit steigt mit der Anzahl der ausgesprochenen Abmahnungen.²⁴

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Für Verbände gilt mit der Neuerung des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, dass sie für die Ak- 35 tivlegitimation vorher auf der hierzu geschaffenen Liste der qualifizierten Wirt BGH, GRUR 2021, 752, 753 – Berechtigte Gegenabmahnung.  Bornkamm/Federsen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 14; Hohlweck,WRP 2021, 719, 719 f.  BT-Drs. 19/12084, S. 26, 31.  BT-Drs. 19/12084, S. 26. Kritisch Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 154 f.  So auch Fritzsche, WRP 2020, 1367, 1368.  BT-Drs. 19/12084, S. 26. Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

schaftsverbände eingetragen sein müssen. Ein Wortlautvergleich ergibt, dass dadurch die bisher geltende Voraussetzung „wenn sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen“ ersetzt wurde. Das Eintragungsverfahren stellt praktisch eine (Vorab‐)Prüfung der besagten, somit ausgetauschten Voraussetzung dar. Der betreffende Aufwand des Gläubigers wird dementsprechend vorverlagert. 36

Praxishinweis: Die Voraussetzungen zur Aufnahme auf die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände sind im neu eingeführten § 8b UWG geregelt.²⁵ Eine stattgebende Entscheidung ist nicht endgültig, da das Fortbestehen der erforderlichen Grundlage nach der Eintragung sowohl im regelmäßigen Turnus als auch konkret anlassbezogen zu überprüfen ist, vgl. § 8b Abs. 3 UWG i. V. m. § 4a Abs. 1, 2 UKlaG. Nähere Bestimmungen zu dem Eintragungsverfahren und den zum Aufrechterhalten der Eintragung sodann notwendigen Berichten und Mitteilungen können der durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf der Grundlage des § 8b Abs. 3 UWG i. V. m. § 4d UKlaG erlassenen Verordnung zu qualifizierten Einrichtungen und qualifizierten Wirtschaftsverbänden entnommen werden.

dd) Angaben zu Aufwendungen, § 13 Abs. 2 Nr. 3, 5 UWG 37 § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG verlangt, dass in der Abmahnung klar und verständlich angegeben wird, ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch geltend gemacht wird und wie sich dieser berechnet. 38

Praxishinweis: Auch in der Vergangenheit war einer Abmahnung in der Regel eine Kostenberechnung beigefügt. Nunmehr ist die Angabe sowohl der Höhe als auch der Berechnung der aufgewendeten (Rechtsanwalts-)Kosten verpflichtend. Hält der Gläubiger diese Verpflichtung nicht ein, führt dies gem. § 13 Abs. 3, 5 UWG zum Verlust des Aufwendungsanspruchs und zu einem Erstattungsanspruch des Schuldners. Während die Berechnung und Aufschlüsselung der Rechtsanwaltskosten grundsätzlich kein Problem sein dürfte, stellt sich die Frage, ob und wie die Vorgabe einer klaren und verständlichen Berechnung des Aufwendungsersatzanspruchs zu erfüllen ist, wenn z. B. mehrere Ansprüche (mit unterschiedlichen Gegenstandswerten) nicht nur aufgrund des UWG von mehreren Gläubigern gegenüber mehreren Schuldnern in einer Abmahnung zusammengefasst werden. Ein nicht unwahrscheinliches Szenario, zumal ein unnötig getrenntes Vorgehen nach § 8c Abs. 2 Nr. 6 UWG sogar als Regelbeispiel für Rechtsmissbrauch angeführt wird (vgl. Rn. 140 ff.). Im Hinblick auf den Schutzzweck der Regelungen, die dem Schuldner Rechtssicherheit über die Höhe möglicher Kosten geben sollen, auf der einen und die einschneidenden Rechtsfolgen für den Gläubiger auf der anderen Seite wird die Rechtsprechung zu prüfen haben, ob es genügt, wenn in der Kostenberechnung der zugrundeliegende (Gesamt-)Gegenstandswert der Angelegenheit und die Höhe der auf dessen Basis insgesamt errechneten Rechtsanwaltskosten, die letztendlich geltend gemacht werden, insoweit nachvollziehbar dargelegt werden (vgl. auch Rn. 99). Deren Richtigkeit dürfte für die Einhaltung des § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG jedenfalls nicht Voraussetzung sein.

 Vgl. Hohlweck, WRP 2021, 719, 720. Vertiefend Fritzsche, WRP 2020, 1367, 1369 f. Lampmann

I. Geltendmachung des Anspruchs

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Liegt eine Konstellation nach § 13 Abs. 4 UWG vor (vgl. Rn. 64 ff.), muss das darauf 39 beruhende Fehlen des Aufwendungsersatzanspruchs des Gläubigers gem. § 13 Abs. 2 Nr. 5 UWG in der Abmahnung ebenfalls klar und verständlich angegeben werden. Praxishinweis: Der Gläubiger gerät bei der Umsetzung von § 13 Abs. 2 Nr. 5 UWG in eine Zwickmühle: Unterlässt er den Hinweis, weil er fälschlicherweise davon ausgeht, dass kein Fall von § 13 Abs. 4 UWG vorliegt, ist nicht nur seine etwaige Erstattungsforderung unberechtigt, vielmehr ist er zudem Gegenansprüchen des Schuldners gem. § 13 Abs. 5 UWG ausgesetzt; nimmt er hingegen die Angabe vorsichtshalber auf, schneidet er sich den Kostenersatz ab, der ihm bei der Verneinung der Voraussetzungen des § 13 Abs. 4 UWG möglicherweise im konkreten Fall zugestanden hätte.²⁶

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ee) Beanstandetes Verhalten, § 13 Abs. 2 Nr. 4 UWG Nach § 13 Abs. 2 Nr. 4 UWG muss in der Abmahnung die Rechtsverletzung unter 41 Angabe der tatsächlichen Umstände klar und verständlich angegeben werden. Praxishinweis: Obwohl rechtliche Ausführungen grundsätzlich nicht notwendig sind (vgl. Rn. 19), sollte der Gläubiger insbesondere bei mehreren Beanstandungen von Anfang an zumindest planen, auf welche Klagegründe er sein späteres gerichtliches Vorgehen stützen möchte, falls die begehrte Unterlassungserklärung ausbleibt. Denn selbst ein auf lediglich eine Rechtsfolge gerichtetes Vorgehen kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung verschiedene Streitgegenstände darstellen (vgl. Rn. 97 f., 408 ff.). Dies ist z. B. dann der Fall, wenn der Anspruch auf eine wettbewerbsrechtliche Verunglimpfung oder Herabsetzung und zusätzlich auf eine Kennzeichenverletzung gestützt wird.²⁷ Neue Bedeutung gewinnt der Aspekt rechtlicher Ausführungen durch die aktuelle Rechtsprechung des BVerfG zur prozessualen Waffengleichheit, soweit diese den Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne Beteiligung des Schuldners u. a. von der inhaltlichen Übereinstimmung des Verfügungsantrags mit der Abmahnung abhängig macht (vgl. Rn. 561 ff., 583 ff.). Kommt im konkreten Fall das gerichtliche Eilverfahren in Betracht, ist der Gläubiger gut beraten, den Umfang seiner (auch rechtlichen) Ausführungen entscheidend dadurch bestimmen zu lassen, was er zum Inhalt seiner entsprechenden Antragsschrift machen würde.

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Der Gläubiger hat das beanstandete Verhalten konkret und tatsächlich so genau wie 43 möglich zu beschreiben. Dieses Erfordernis ist ebenfalls nicht neu. Eine „schlampig“ abgefasste Abmahnung, mit der der Schuldner nur pauschal und ohne konkretes Eingehen auf das vorgehaltene Verhalten abgemahnt wird, wird seit jeher als nicht ausreichend angesehen.²⁸ In der Abmahnung muss mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommen, welches Verhalten beanstandet wird, damit der Schuldner weiß, was genau für den Gläubiger den Stein des Anstoßes bildet.²⁹ Ein Abmahn-

 Omsels/Zott, WRP 2021, 278, 282.  BGH, GRUR 2011, 521, 523 – TÜV I. Vgl. aber auch BGH, GRUR 2013, 401, 403 – Biomineralwasser; GRUR 2012, 184, 185 – Branchenbuch Berg.  LG Freiburg, GRUR-RR 2016, 360, 361.  OLG Köln, GRUR-RR 2014, 80, 82. Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

schreiben bezeichnet das dem Schuldner vorgeworfene Verhalten hinreichend, wenn dem Schuldner hierdurch eine sachliche Prüfung und adäquate Reaktion ermöglicht werden.³⁰ 44

Praxishinweis: Vorsicht ist geboten, wenn sich die Abmahnung an mehrere Personen, etwa neben einer Gesellschaft auch an deren Geschäftsführer, richtet. Um jegliche Zweifel auszuräumen, ist es in einem solchen Fall ratsam, den Geschäftsführer in einem an die Gesellschaft adressierten Abmahnschreiben nicht nur persönlich anzusprechen und in einer beigefügten vorformulierten Unterlassungserklärung neben der Gesellschaft als Unterlassungsschuldner aufzuführen, sondern im Abmahnschreiben selbst ausdrücklich klarzustellen, dass sowohl die Gesellschaft als auch der Geschäftsführer persönlich in Anspruch genommen sind und beide ggf. gerichtliche Schritte zu befürchten haben.³¹

45 Der Angabe von Beweismitteln bedarf es regelmäßig nicht.³²

ff) Forderung einer Unterlassungserklärung 46 Zwingender Bestandteil der Abmahnung ist die Forderung einer Unterlassungser-

klärung. Je nachdem, um welche Art der Begehungsgefahr (Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr) es sich handelt, kann entweder eine einfache oder eine – etwa durch ein Vertragsstrafeversprechen – gesicherte Unterlassungserklärung gefordert werden (vgl. Rn. 193 f., 217 ff.). 47 Der Gläubiger muss den Wortlaut der Unterlassungserklärung nicht vorformulieren.

Der Schuldner hat grundsätzlich selbst durch Abgabe einer adäquaten Unterlassungserklärung für die wirksame Ausräumung der Ansprüche des Gläubigers zu sorgen (vgl. auch Rn. 435).³³ Gibt der Gläubiger dem Schuldner eine Unterlassungserklärung vor, muss er beachten, dass es sich dabei um AGB handeln kann, die der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterliegen (vgl. etwa Rn. 251).³⁴ 48

Praxishinweis: Die Vorformulierung der gewünschten Unterlassungserklärung ist aus mehreren Gründen empfehlenswert (vgl. aber Rn. 139). Erstens kann der Gläubiger so dem unerfahrenen Schuldner einen ihm genehmen und wirkungsvollen Weg aufzeigen, den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zu erfüllen (vgl. auch Rn. 586). Zweitens handelt es sich bei der vorformulierten Unterlassungserklärung um ein Vertragsangebot, das vom Schuldner nur angenommen zu werden braucht (vgl. Rn. 176). Drittens umgeht der Gläubiger damit den in der Praxis von findigen

 BGH, GRUR 2021, 752, 754 – Berechtigte Gegenabmahnung.  Russlies, Rn. 173.  KG, GRUR 1983, 673, 674.  BGH, GRUR 2007, 607, 610 – Telefonwerbung für „Individualverträge“; OLG Köln, WRP 1988, 56, 56; OLG Hamburg, WRP 1977, 808, 808; OLG Stuttgart, WRP 1985, 53, 53.  Insbesondere zur unangemessenen Benachteiligung durch die Aufnahme eines Verzichts auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs vgl. OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2020, 556, 556 f. m. Anm. Bildhäuser, GRUR-Prax 2020, 495, 495. Lampmann

I. Geltendmachung des Anspruchs

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Schuldnern bzw. deren Rechtsanwälten erhobenen Einwand, dass die Abmahnung eine geschäftsähnliche Handlung ist, auf die § 174 BGB entsprechend anwendbar und die ohne Vollmachtsvorlage unwirksam ist (vgl. Rn. 24 ff.). Fügt der Gläubiger seiner Abmahnung jedoch eine vorformulierte Unterlassungserklärung bei, die der Schuldner nur noch zu unterschreiben braucht, muss er darauf achten, dass der Anspruch auch tatsächlich dem entspricht, was der Schuldner gesetzlich schuldet bzw. später gerichtlich geltend gemacht werden soll. Bleibt die Erklärung dahinter zurück, besteht die Gefahr, dass rechtswidriges Verhalten in Zukunft aus dem Unterlassungsvertrag nicht geahndet werden kann (vgl. auch Rn. 269 f.). Geht sie darüber hinaus, ändert dies zwar nichts an der Wirksamkeit der Abmahnung (zur Kostenerstattung vgl. Rn. 97 f.),³⁵ der Gläubiger berühmt sich damit jedoch ggf. eines Anspruchs, der ihm nicht zusteht, und kann in Bezug darauf vom Schuldner erfolgreich mit einer negativen Feststellungsklage angegriffen werden. Mit Blick auf § 8c Abs. 2 Nr. 5 UWG ist zudem zu vermeiden, dass die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung offensichtlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht (vgl. Rn. 138 f.).

gg) Fristsetzung Der Gläubiger muss dem Schuldner eine Frist setzen, innerhalb derer er die Abgabe 49 einer hinreichenden Unterlassungserklärung erwartet. Praxishinweis: Es empfiehlt sich, eine Frist nach dem Kalender und nicht nach Stunden, Tagen oder Wochen zu setzen, da der Gläubiger nur so sicher wissen kann, wann die von ihm gesetzte Frist endet. Bei der Fristgewährung nach Tagen ist zu berücksichtigen, ob Feiertage oder Brückentage dazwischenliegen.³⁶

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Wie bei der gewöhnlichen Mahnung gilt auch hier, dass die Bestimmung einer un- 51 angemessen kurzen Frist eine angemessene Frist in Gang setzt.³⁷ Die Angemessenheit der Frist richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Der Schuldner muss in die Lage versetzt werden, die Vorwürfe zu prüfen und ggf. anwaltlichen Rat in Anspruch nehmen zu können. Während in gewöhnlichen und nicht besonders eilbedürftigen Angelegenheiten eine Frist von acht bis zehn Tagen für angemessen gehalten wird, können in besonderen Fällen, wie z. B. in Messesachen, sogar Stunden ausreichen.³⁸ Praxishinweis: Die Praxis zeigt, dass die Setzung einer kurzen Frist ratsam ist. Der Schuldner, der die Abmahnung ernst nimmt und ein gerichtliches Verfahren vermeiden möchte, wird diese einhalten oder sich wenigstens melden und ggf. um eine Verlängerung bitten. Ein böswilliger bzw. auf Zeit spielender Schuldner wird demgegenüber wahrscheinlich ohnehin nicht reagieren und die

 BGH, GRUR 2007, 607, 610 – Telefonwerbung für „Individualverträge“.  Dazu OLG Bamberg, WRP 2018, 714, 715.  BGH, GRUR 1990, 381, 382 – Antwortpflicht des Abgemahnten; Brüning, in: Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, § 13 Rn. 49.  OLG München, WRP 1988, 62, 63; OLG Frankfurt a. M., WRP 1996, 1194, 1195; Brüning, in: HarteBavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 13 Rn. 50. Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

angekündigten gerichtlichen Schritte abwarten. Der Gläubiger kann dann ein sofortiges Anerkenntnis nach § 93 ZPO trotz eventuell zu kurzer Fristsetzung vermeiden, indem er vor der Einleitung der gerichtlichen Schritte noch einige Zeit zuwartet und die durch die zu kurze Fristsetzung in Gang gesetzte (fiktive) angemessene Frist verstreichen lässt, um sicherzustellen, dass inzwischen keine Reaktion des Schuldners eingeht (vgl. aber Rn. 626 m. Fn. 983). Freilich gebietet die neue BVerfG-Rechtsprechung zur prozessualen Waffengleichheit auch insoweit ein sorgfältiges Abwägen in den Fällen, in denen das Gericht ggf. um die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes ersucht werden soll: Soll das Anordnungsverfahren ohne Beteiligung des Schuldners stattfinden, wird eine zügige Antragstellung gefordert (vgl. Rn. 556, 581).

hh) Androhung gerichtlicher Schritte 53 Der Gläubiger muss dem Schuldner in der Abmahnung signalisieren, dass er es ernst

meint und nötigenfalls gerichtliche Schritte einleiten wird.³⁹ Das ergibt sich in der Regel aus den Umständen,⁴⁰ sodass eine ausdrückliche Androhung zwar oft nicht erforderlich sein wird, allerdings ist sie, um Streitigkeiten zu vermeiden, zu empfehlen. Eine reine Berechtigungsanfrage reicht in diesem Sinne nicht aus (vgl. Rn. 146 ff.).⁴¹ Soweit der Schuldner die Abmahnung nicht zur Kenntnis nimmt und sich ihrem Inhalt verschließt, kann er sich auf ein Fehlen der Androhung einer gerichtlichen Inanspruchnahme gem. § 242 BGB nicht berufen.⁴²

c) Zugang 54 Die Abmahnung erfüllt ihren Zweck (vgl. Rn. 13) nur, wenn sie den Schuldner erreicht. Bei der Abmahnung handelt es sich zudem materiell-rechtlich um eine geschäftsähnliche Handlung. Für solche Handlungen gelten dieselben Regeln wie für empfangsbedürftige Willenserklärungen. Sie werden in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie dem Empfänger zugehen (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB).⁴³ 55 Will der Gläubiger Rechte aus dem Abmahnverhältnis herleiten, hat er im Zweifel zu

beweisen, dass die Abmahnung dem Schuldner zugegangen ist. Auch wenn er aus einem Unterlassungsvertrag vorgehen möchte, muss er den Zugang der Abmahnung, die im Regelfall auch ein Angebot auf Abschluss des Vertrags enthält (vgl. Rn. 176), und das Zustandekommen des Vertrags beweisen. In diesem Zusammenhang kommt der Zugangsproblematik in der Praxis aber wenig Relevanz zu.

    

Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 84 Rn. 40. LG Heidelberg, Urt. v. 28. 8. 2019 – 12 O 25/19 KfH, BeckRS 2019, 27350. OLG Hamburg, GRUR 2006, 616, 616. LG Heidelberg, Urt. v. 28. 8. 2019 – 12 O 25/19 KfH, BeckRS 2019, 27350. Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 37.

Lampmann

I. Geltendmachung des Anspruchs

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Die Parteien streiten hingegen recht häufig über den Zugang der Abmahnung, wenn es 56 um die Verteilung der Kostenlast nach § 93 ZPO bei einem sofortigen Anerkenntnis im der Abmahnung folgenden gerichtlichen Verfahren geht (vgl. Rn. 807 ff.). Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung im Jahr 2007⁴⁴ war die Frage, wer in diesem Fall den Zugang beweisen muss, höchst umstritten. Die bis dahin h. M. stellte sich auf den Standpunkt, dass der Gläubiger nur die Absendung der Abmahnung zu beweisen habe. Bei der Abmahnung handele es sich um eine „Wohltat“ für den Schuldner, der auf diese Weise Gelegenheit erhalte, den Rechtsstreit kostengünstig beizulegen. Einige Oberlandesgerichte und Teile der Literatur wollten demgegenüber die Darlegungsund Beweislast für den Zugang der Abmahnung dem Gläubiger auferlegen.⁴⁵ Der BGH hat das Problem so gelöst, dass er dem Schuldner, der sich auf § 93 ZPO berufen möchte, die grundsätzliche Darlegungs- und Beweislast für die Tatbestandsmerkmale der für ihn günstigen Regelung und damit den Nichtzugang der Abmahnung auferlegt. Praxishinweis: Da es sich dabei um eine negative Tatsache handelt, trifft den Gläubiger jedoch eine sekundäre Darlegungslast.⁴⁶ Er muss die Umstände der Absendung darlegen und beweisen. Daraufhin kann der Schuldner wiederum durch das Angebot der Vernehmung seines Büropersonals o. ä. beweisen, dass ihn die Abmahnung trotz ordnungsgemäßer Absendung nicht erreicht hat. Der Gläubiger kann allerdings dem Schuldner den Beweis des Nichtzugangs der Abmahnung wirkungsvoll dadurch erschweren, dass er, was bei eilbedürftigen Angelegenheiten ohnehin ratsam ist, die Abmahnung auf mehreren Wegen, z. B. per Post, Fax und E-Mail, versendet.⁴⁷ Aufgrund der vom BGH gewählten prozessualen Lösung des Problems führt bereits ein non liquet dazu, dass § 93 ZPO keine Anwendung findet und dem Schuldner die Prozesskosten aufzuerlegen sind.⁴⁸

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3. Abmahnkosten Die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Aufwendungen, die regelmäßig in 58 Rechtsanwaltskosten bestehen, kann sich aus unterschiedlichen Rechtsgrundlagen ergeben.Vor der UWG-Novelle 2004 hat die Rechtsprechung die Erstattungspflicht der Abmahnkosten entweder als Schadensersatz⁴⁹ oder aus den Regeln zur Geschäftsführung ohne Auftrag⁵⁰ gewährt. Seitdem ist die Erstattungspflicht im UWG gesetzlich geregelt (bis 2.12. 2020 in § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG a. F. und nun in § 13 Abs. 3 UWG). Mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs wurden die Anforderungen an die

 BGH, GRUR 2007, 629, 630 – Zugang des Abmahnschreibens.  Eine Übersicht über den (wohl überholten) Streitstand findet sich bei Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 40 ff.  KG, WRP 2016, 512, 512.  LG Düsseldorf, B. v. 23.12. 2015 – 2a O 229/15, n. v.  BGH, GRUR 2007, 629, 630 – Zugang des Abmahnschreibens.  Vgl. BGH, GRUR 1982, 489, 489 – Korrekturflüssigkeit.  Vgl. BGH, GRUR 1992, 176, 177 – Abmahnkostenverjährung. Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

Erstattungsfähigkeit der Abmahnkosten erhöht. Zum einen muss die Abmahnung nun nicht nur berechtigt, sondern auch den notwendigen Mindestinhalt gem. § 13 Abs. 2 UWG aufweisen. Zum anderen können nach § 13 Abs. 4 UWG Aufwendungen für bestimmte Abmahnungen gar nicht mehr ersetzt werden.

a) Berechtigte und inhaltlich korrekte Abmahnung 59 Gem. § 13 Abs. 3 UWG kann der Gläubiger den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen der Abmahnung verlangen,⁵¹ soweit sie berechtigt ist, den Anforderungen des § 13 Abs. 2 UWG entspricht und nicht unter Verstoß gegen § 8c Abs. 1 UWG oder Treu und Glauben nach § 242 BGB ausgesprochen wurde.⁵² 60

Praxishinweis: Zu beachten ist, dass es für die Erstattungsfähigkeit der Abmahnkosten nicht genügt, dass die Abmahnung begründet ist. Begründet ist eine Abmahnung bereits, wenn ihr ein Unterlassungsanspruch zugrunde liegt. Berechtigt ist sie dagegen nur dann, wenn sie auch erforderlich und geeignet ist, um dem Schuldner einen Weg zu weisen, den Gläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen.⁵³ Die Unterscheidung ist z. B. in den Fällen von Bedeutung, in denen dem Gläubiger ein Unterlassungsanspruch gegen den Schuldner zusteht, die Abmahnung aber dem Schuldner nicht (mehr) zur Vermeidung eines Gerichtsverfahrens dienen kann. Dies kommt im Fall der sog. Schubladenverfügung (vgl. Rn. 94 f., 712 ff.) sowie dann in Betracht, wenn der Schuldner bereits von einem Dritten abgemahnt wurde (vgl. Rn. 90 f., 92 f.).

61 Im Fall einer gerichtlichen Geltendmachung ist der Fortbestand der Berechtigung im

Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung für den Aufwendungsersatz nicht notwendig, es kommt auf die Umstände im Zeitpunkt der Entstehung an.⁵⁴ Etwas anderes gilt für das Bestehen des Unterlassungsanspruchs an sich. Hier ist – wegen der zukunftsgewandten Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr – der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich.⁵⁵ 62 Auf ein Verschulden des Schuldners kommt es nicht an. 63

Praxishinweis: Voraussetzung für einen Anspruch aus § 13 Abs. 3 UWG ist, dass es sich tatsächlich um eine Abmahnung handelt (vgl. Rn. 17 ff.). Daran mangelt es z. B., wenn der Gläubiger dem

 Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Kostenerstattung vgl. BGH, Hinweisb. v. 21.1. 2021 – I ZR 87/20, BeckRS 2021, 8422; LG Heidelberg, Urt. v. 28. 8. 2019 – 12 O 25/19 KfH, BeckRS 2019, 27350; Pustovalov/Johnen, WRP 2019, 848, 848 ff. m. w. N.; Streit, GRUR-Prax 2021, 697, 697 ff.  Vgl. OLG Düsseldorf, WRP 2016, 501, 502, das dem Gläubiger die Erstattung der Rechtsanwaltskosten mit der Begründung verwehrte, dass er in seinen AGB selbst eine Regelung bereithielt, wonach bei Abmahnungen durch Dritte die Einschaltung von Rechtsanwälten überflüssig sei, sodass er deren Kosten nicht erstatten werde.  BGH, GRUR 2013, 307, 309 – Unbedenkliche Mehrfachabmahnung; OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 109, 110.  BGH, GRUR 2021, 752, 755 – Berechtigte Gegenabmahnung.  BGH, GRUR 2021, 752, 755 – Berechtigte Gegenabmahnung; OLG Stuttgart, WRP 2021, 242, 255. Lampmann

I. Geltendmachung des Anspruchs

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Schuldner lediglich seine Rechtsauffassung mitteilt und zu einer Stellungnahme auffordert (vgl. Rn. 146 ff.).⁵⁶

b) Ausschluss des Kostenersatzes, § 13 Abs. 4 UWG Durch den neu eingeführten § 13 Abs. 4 UWG ist der Aufwendungsersatzanspruch für 64 Mitbewerber ausgeschlossen für Abmahnungen von im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informationsund Kennzeichnungspflichten (§ 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG) oder sonstigen Verstößen gegen die DSGVO und das BDSG durch Unternehmen sowie gewerblich tätige Vereine mit in der Regel weniger als 250 Mitarbeitern (§ 13 Abs. 4 Nr. 2 UWG). Dadurch sollen besonders missbrauchsanfällige Abmahnkonstellationen eingedämmt werden.⁵⁷ Die Vorschrift ist nicht auf Abmahnungen anzuwenden, die bereits vor dem 2.12. 2020 zugegangen sind, vgl. § 15a Abs. 2 UWG. Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr 65 oder in Telemedien i. S. d. § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG umfassen im Ausgangspunkt sämtliche Pflichtangaben im Bereich der Telemedien mit Ausnahme der Pflicht zur Kennzeichnung geschäftlicher Handlungen gem. § 5a Abs. 6 UWG.⁵⁸ Da § 13 Abs. 4 UWG allein der Bekämpfung von Missbrauchsfällen dient, greift der Ausschluss ferner nicht, wenn jedenfalls auch ein Warnzweck gegeben ist. Gleiches gilt, wenn ein Verstoß gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten zugleich beispielsweise eine Irreführung begründet.⁵⁹ § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG unterfallen u. a. § 5 TMG, Informationspflichten in Fernabsatzverträ gen nach § 312d BGB, die Pflicht zur Widerrufsbelehrung und die Vorschriften der PAngV sowie datenschutzrechtliche Informationspflichten.⁶⁰ Die auf die Datenschutzbestimmungen bezogene Einschränkung des § 13 Abs. 4 66 Nr. 2 UWG kommt separat hinzu. Die Regelung kann über den schlichten Aufwendungsersatzausschluss hinausgehenende Folgen haben: Sie impliziert, dass DSGVOVerstöße grundsätzlich nach dem UWG geahndet werden können. Ob dies unionsrechtskonform ist, bleibt abzuwarten. Der BGH hat dem EuGH bereits eine entspre-

 OLG Karlsruhe, WRP 2012, 1434, 1438 f.  BT-Drs. 19/12084, S. 32; Motejl/Rosenow, WRP 2021, 699, 701 f.; Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 155 f. Kritisch Hohlweck, WRP 2021, 719, 723 f.  Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 105d. Vgl. auch Omsels/ Zott, WRP 2021, 278, 284 f. mit Kritik zu Abgrenzungsschwierigkeiten.  Sosnitza, GRUR 2021, 671, 673.  BT-Drs. 19/12084, S. 32. Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

chende Frage vorgelegt.⁶¹ Die gem. § 13 Abs. 4 Nr. 2 UWG maßgebliche Anzahl der Mitarbeiter wird nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG berechnet.⁶² 67

Praxishinweis: Für den Gläubiger tun sich nun selbst bei berechtigten Abmahnungen im Anwendungsbereich des § 13 Abs. 4 UWG erhebliche Schwierigkeiten auf: Mahnt er den Schuldner ab, trägt er die Kosten dafür selbst; unterlässt er hingegen die Abmahnung und geht direkt gerichtlich vor, trägt er das Kostenrisiko eines sofortigen Anerkenntnisses gem. § 93 ZPO (vgl. Rn. 13 ff., 807 ff.).⁶³ Der Gläubiger ist zudem Gegenansprüchen nach § 13 Abs. 5 UWG ausgesetzt, wenn er Aufwendungen für eine an sich begründete und berechtigte Abmahnung entgegen § 13 Abs. 4 UWG geltend macht oder auch nur den Hinweis unterlässt, dass der Aufwendungsersatz ausgeschlossen ist, vgl. § 13 Abs. 2 Nr. 5 UWG.⁶⁴ Schließlich trägt er im Fall des § 13 Abs. 4 Nr. 2 UWG das zusätzliche Risiko, dass er die ihm oftmals unbekannte Mitarbeiteranzahl des Schuldners falsch einschätzt.⁶⁵ Dem Gläubiger, der diese Risiken bei der Abmahnung ausschließen will, bleibt nur, ein Vorgehen gegen den Mitbewerber durch eine aktivlegitimierte Vereinigung nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG anzustoßen,⁶⁶ die von den Einschränkungen des § 13 Abs. 4 UWG nicht erfasst ist.⁶⁷ Zu den Folgeproblemen für den Schuldner vgl. Rn. 235 f.

c) Erstattungsanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag 68 Die nach alter Rechtslage aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegebenen Ansprüche standen neben dem 2004 eingeführten Anspruch aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG a. F. Mittlerweile werden sie jedoch von § 13 Abs. 3 UWG verdrängt.

d) Erstattungsanspruch aus Schadensersatz 69 Grundsätzlich kommt bei Verschulden des Schuldners neben der Haftung aus § 13

Abs. 3 UWG auch ein Anspruch auf Schadensersatz gem. § 9 UWG in Betracht: Der Täter einer wettbewerbswidrigen Handlung wird in der Regel schuldhaft agieren. 70 Scharen weist allerdings darauf hin, dass man das Verständnis der Abmahnkosten als

einen auf einer in der Vergangenheit liegenden Verletzungshandlung beruhenden Schadensposten in Zweifel ziehen könne, wenn man den Schutzzweck der Abmahnung berücksichtige, der vornehmlich darauf gerichtet sei, zukünftige Verstöße zu

 BGH, GRUR 2020, 896, 896 ff. – App-Zentrum. Dazu Motejl/Rosenow, WRP 2021, 699, 702 f.  Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 105g. Kritisch Wagner/ Kefferpütz, WRP 2021, 151, 155 f.  Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 105a.  Vgl. Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 156.  Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 156; Omsels/Zott, WRP 2021, 278, 285; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 105a.  Hierbei kann der Gläubiger regelmäßig damit rechnen, dass seine Person als Beschwerdeführer dem abzumahnenden Mitbewerber gegenüber nicht offengelegt wird, vgl. OLG Oldenburg, WRP 2020, 1231, 1232.  Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 155 f. Lampmann

I. Geltendmachung des Anspruchs

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verhindern, während es der Schutzzweck des Schadensersatzanspruchs sei, Vermögenseinbußen auszugleichen, die aus der abgeschlossenen Verletzungshandlung herrühren.⁶⁸ Man könne daher nur in den Fällen eines Dauerdelikts einen Erstattungsanspruch aus Schadensersatz anerkennen.⁶⁹ Teplitzky hält dem entgegen, dass dabei vernachlässigt werde, dass die Abmahnung notwendig sei, um eben die künftigen Verstöße zu verhindern, für die allein als Folge der (abgeschlossenen) Verletzungshandlung eine Wiederholungsvermutung bestehe, sodass an der Adäquanz der Verursachung der erforderlichen Kosten eigentlich nicht zu zweifeln sei.⁷⁰ Bornkamm/ Feddersen halten nach der Entscheidung „Riptide“⁷¹ des BGH den Schadensersatzanspruch für grundsätzlich gegeben.⁷² Der BGH hat dort die Abmahnung als gebotenes Mittel der Sachverhaltsaufklärung und die darauf entfallenden Kosten als vom Schadensersatzanspruch erfasst angesehen.⁷³ Diese Rechtsprechung sei auf die wettbewerbsrechtliche Abmahnung übertragbar: Auch hier sollen Sachverhaltsunklarheiten durch die Abmahnung und die darauffolgende Unterlassungserklärung aus dem Weg geräumt werden.⁷⁴ Praxishinweis: Man darf gespannt sein, wie die Rechtsprechung mit den Rechtsverfolgungskosten des Gläubigers – die nicht in jedem Fall im Aufwand der Formulierung einer Abmahnung liegen bzw. sich darin erschöpfen (vgl. Rn. 73) – im Detail umgehen wird. Der Gesetzgeber hält die Regelungen in § 13 Abs. 3, 4 UWG zur Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen einer Abmahnung jedenfalls aufgrund der Spezialität für abschließend. Der Gläubiger könne sich daneben nicht auf eine Erstattungsfä higkeit nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus anderem Rechtsgrund berufen.⁷⁵

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Besteht ein Schadensersatzanspruch zugunsten des Gläubigers, ist anerkannt, dass er 72 unter bestimmten Bedingungen über den reinen Aufwendungserstattungsanspruch hinausgeht. Einem Schadensersatzanspruch kann der Schuldner nämlich – anders als dem Anspruch aus § 13 Abs. 3 UWG – nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe sich wegen des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes schon gegenüber einem Dritten strafbewehrt unterworfen, wenn der Gläubiger nichts davon weiß (vgl. Rn. 90 f., 154 f.).⁷⁶

 Scharen, in: Ahrens, Kap. 10 Rn. 13.  Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 108.  Teplitzky, GRUR 2004, 900, 906.  BGH, GRUR 2018, 914, 914 ff. – Riptide.  Vgl. Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 108a f.  BGH, GRUR 2018, 914, 916 – Riptide.  Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 108b.  BT-Drs. 19/12084, S. 32. Zustimmend für § 13 Abs. 4 UWG Hohlweck, WRP 2021, 719, 724; ebenso Möller, NJW 2021, 1, 7.  LG Hamburg, GRUR 1990, 216, 217; LG Köln, GRUR 1987, 741, 742; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/ Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 109. Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

Praxishinweis: Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen müssen die Kosten der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts sogar unabhängig von einer Abmahnung vom Schuldner erstattet werden (vgl. Rn. 255).⁷⁷ Dies ist z. B. dann der Fall, wenn der Rechtsanwalt im Auftrag des Gläubigers die Rechtslage im Einzelfall geprüft hat, der Gläubiger dann jedoch auf eine Abmahnung oder ein sonstiges Tätigwerden des Rechtsanwalts nach außen, z. B. aus taktischen Gründen oder deswegen verzichtet, weil sie ihm unzumutbar sind. Unzumutbarkeit kann sich etwa aus der besonderen Dringlichkeit der Sache ergeben⁷⁸ oder weil eine mit der Abmahnung einhergehende Vorwarnung effektiven Rechtsschutz vereiteln würde (vgl. auch Rn. 530).⁷⁹ Insbesondere in dem Fall, in dem die Abmahnung nach vollständiger, kostenpflichtiger Prüfung des Sachverhalts durch den Gläubiger wegen eines besonders hartnäckigen oder gefährlichen Verhaltens des Schuldners letztendlich nicht ausgesprochen, sondern ein Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt wird, ist nicht einzusehen, weshalb der Schuldner die dennoch angefallenen außergerichtlichen Kosten nicht erstatten müssen soll.

e) Erforderlichkeit der Kosten 74 Von der Frage, ob eine Abmahnung begründet bzw. berechtigt ist, muss die Frage der Erstattungsfähigkeit von Kosten, die in der Regel durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts entstehen, getrennt werden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Erstattungsanspruch auf § 13 Abs. 3 UWG oder auf Schadensersatz gem. § 9 UWG gestützt wird. Erstattet werden – ähnlich wie beim prozessualen Kostenerstattungsanspruch nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO – nur die erforderlichen Kosten.⁸⁰

aa) Grundsatz 75 Ein Unternehmer kann in der Regel die Erstattung der Kosten der Beauftragung eines

Rechtsanwalts verlangen.⁸¹ Denn die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen gehört nicht zu den originären Aufgaben eines Unternehmers, für die er eine eigene Organisation vorhalten muss.⁸² Dies gilt selbst dann, wenn der Unternehmer über eine eigene Rechtsabteilung verfügt.⁸³

bb) Anwaltliche Selbstbeauftragung 76 Besonderheiten sollen nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dann gelten,

wenn ein Rechtsanwalt die Gebühren aus einem sich selbst erteilten Mandat zur Abmahnung aufgrund eigener wettbewerbsrechtlicher Ansprüche ersetzt verlangt.

      

Vgl. etwa (in einem urheberrechtlichen Fall) LG München I, ZUM-RD 2016, 610, 612. Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 59. Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 61. Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 116. BGH, GRUR 2010, 1120, 1122 – Vollmachtsnachweis. Vgl. auch OLG Düsseldorf, WRP 2016, 501, 502. BGH, GRUR 2010, 1120, 1122 – Vollmachtsnachweis. BGH, GRUR 2008, 928, 929 – Abmahnkostenersatz.

Lampmann

I. Geltendmachung des Anspruchs

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Der Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem ein Rechtsanwalt gegen einen unschwer zu erkennenden Verstoß gegen das anwaltliche Berufsrecht vorging. In einem solchen Fall verfüge der Gläubiger über eine hinreichende eigene Sachkunde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, sodass ein Erstattungsanspruch ausscheide.⁸⁴ Gleiches soll für die Kosten des mit der Abmahnung verwandten Abschlussschreibens gelten.⁸⁵ Folgt man dieser Auffassung, sind Rechtsverfolgungskosten auch dann nicht erstattungsfähig, wenn der betroffene Rechtsanwalt – wie man es in der Praxis zuweilen beobachtet – einen Kollegen mit der Vertretung seiner Interessen beauftragt. Praxishinweis: Anders liegt der Fall, wenn es z. B. um die Durchsetzung eines urheberrechtlichen Anspruchs geht, da dieser die beteiligten Rechtsanwälte regelmäßig nicht unmittelbar in der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit trifft.⁸⁶

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cc) Tatsächliche Aufwendungen Erstattungsfähig sind grundsätzlich nur tatsächliche Aufwendungen.⁸⁷ Ein Zah- 78 lungsanspruch hat demnach nur Erfolg, wenn der Gläubiger die (Rechtsanwalts‐) Kosten bereits beglichen hat. Ist er lediglich einem entsprechenden Zahlungsanspruch seitens seines Rechtsanwalts ausgesetzt, kommt nur ein Freistellungsanspruch in Betracht. Praxishinweis: In der Praxis ist diese Unterscheidung nur von geringer Bedeutung, da der Freistellungsanspruch mit der Eingehung der Verbindlichkeit sofort fällig wird, unabhängig davon, ob die Gebührenforderung selbst bereits fällig ist. Eine vorherige Rechnungsstellung des Rechtsanwalts gegenüber dem Mandanten betrifft nur das Innenverhältnis und ist nicht erforderlich.⁸⁸ Der Freistellungsanspruch wandelt sich zudem in einen Zahlungsanspruch um, sobald der Schuldner sich endgültig weigert, die Abmahnkosten zu zahlen, weil darin zugleich eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung bezogen auf die Freistellung liegt.⁸⁹ Dies gilt auch dann, wenn die Weigerung sich erst aus einem Verhalten im Prozess ergibt.⁹⁰ Selbst wenn die Durchsetzung des Zahlungsanspruchs mangels Umwandlung scheitert, weist das Gericht eine Klage nicht vollständig ab, sondern nur zu einem geringen Teil,⁹¹ da der Freistellungsantrag in dem auf Zahlung gerichteten Antrag als „Minus“ enthalten ist.⁹²

 BGH, GRUR 2004, 789, 790 – Selbstauftrag.  BGH, GRUR 2007, 621, 622 – Abschlussschreiben.  LG Hamburg, Urt. v. 4. 3. 2011 – 310 S 1/10, n. v.  BGH, GRUR 2019, 763, 765 – Ermittlungen gegen Schauspielerin. Zur Zumutbarkeit und Angemessenheit der Rechtsanwaltskosten vgl. EuGH, GRUR Int. 2016, 963, 963 f.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 592, 595.  OLG Hamm, GRUR-RR 2014, 133, 134; OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 592, 595.  BGH, GRUR 2015, 1021, 1025 – Kopfhörer-Kennzeichnung.  OLG Stuttgart, NJOZ 2012, 404, 404: Die Beschwer liegt bei 10 % der Forderung.  OLG Stuttgart, NJOZ 2012, 404, 404; OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 1990, 711, 712. Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

80 Ansprüche auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Höhe der Gebühren nach dem

RVG bestehen nur, wenn die Partei keine abweichende Honorarvereinbarung geschlossen hat, nach der sie für die Tätigkeit eine geringere als die gesetzliche Vergütung schuldet. Etwas anderes gilt, wenn der Gläubiger mit seinem Rechtsanwalt eine Vereinbarung getroffen hat, wonach die anwaltliche Tätigkeit nach dem anfallenden Aufwand, mindestens jedoch in Höhe der gesetzlichen Gebühren abgerechnet wird; trägt der Gläubiger dies schlüssig vor, kann der Schuldner die Richtigkeit des Vortrags nur bestreiten, wenn er konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit nennt.⁹³ 81 Richtet sich die Höhe der Rechtsanwaltskosten nach dem RVG, gilt Folgendes: Hat ein

Rechtsanwalt keinen Klageauftrag, so bestimmt sich die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG VV (vgl. auch Rn. 343 ff.). Zu beachten ist der Schwellenwert gem. Nr. 2300 Anm. 1 RVG VV. Danach kann eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Wenn die Abmahnung auf Ansprüche aus dem UWG gestützt wird, entscheidet sich im Einzelfall, ob eine schwierige Angelegenheit vorliegt. Ein Überschreiten des Schwellenwerts ist z. B. gerechtfertigt, wenn der Rechtsanwalt sich im Rahmen des § 3a UWG mit Spezialvorschriften befassen muss.⁹⁴ Außerdem begründen die Verlagerung des Schwerpunkts der anwaltlichen Leistung auf die vorgerichtliche Rechtsverfolgung und somit die Verkomplizierung Letzterer, die durch die Rechtsprechung des BVerfG zur prozessualen Waffengleichheit in der praktischen Konsequenz bewirkt werden (vgl. Rn. 9 m. Fn. 2, Rn. 574, 584, 586), ebenfalls ein Überschreiten des Schwellenwerts.⁹⁵ Ob eine Tätigkeit umfangreich oder schwierig ist, unterliegt der gerichtlichen Überprüfung.⁹⁶ 82 Nach § 15 Abs. 2 RVG können die Abmahnkosten in derselben Angelegenheit nur

einmal ersetzt werden. Ob im Streitfall dieselbe Angelegenheit gegeben ist oder mehrere Angelegenheiten vorliegen, ist unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände zu beantworten, wobei insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrags maßgebend ist.⁹⁷ Mehrere im Wesentlichen gleichlautende Abmahnungen, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang gegenüber unterschiedlichen, rechtlich und wirtschaftlich nicht verbundenen Absatzmittlern geltend gemacht werden, sind rechtlich dieselbe Angelegenheit i. S. d. § 15 Abs. 2 RVG, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weit-

 OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 911, 911.  Loschelder, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 92 Rn. 10 unter Verweis auf Günther/Beyerlein, WRP 2004, 1222, 1224.  So auch Tyra, WRP 2020, 1525, 1526, 1532, der argumentativ einen Gebührensatz von nicht unter 1,8 herleitet.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 995, 999.  BGH, GRUR 2019, 763, 765 f. – Ermittlungen gegen Schauspielerin. Lampmann

I. Geltendmachung des Anspruchs

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gehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann.⁹⁸ Der unterlegene Schuldner hat die (gerichtliche) 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 83 RVG VV vollständig zu erstatten, sofern für ihn nicht ein Tatbestand des § 15a Abs. 3 RVG greift. Ältere Rechtsprechung, wonach die Verfahrensgebühr wegen der nach Vorb. 3 Abs. 4 RVG VV vorgesehenen Anrechnung der bereits vorher entstandenen Geschäftsgebühr von vornherein nur in gekürzter Höhe entsteht, ist nach dem Inkrafttreten des § 15a RVG aufgegeben worden.⁹⁹ Dennoch kann der Gläubiger in der Summe nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren verlangen, § 15a Abs. 1, 3 RVG. Praxishinweis: Da einem Rechtsanwalt, der zum Zeitpunkt der Abmahnung bereits Klageauftrag hatte, nur eine Verfahrensgebühr in Höhe von 0,8 (§ 19 RVG i. V. m. Nr. 3101 Nr. 1 RVG VV) zusteht, sollte der Gläubiger bei der Rechtsverfolgung auf eindeutige Formulierungen achten und so diesbezüglichen Streit vermeiden. Während z. B. die Floskel „werde ich meinem Mandanten zur Klage raten“ auf das Fehlen eines solchen Auftrags hindeutet, wird man der Formulierung „wird mein Mandant Klage erheben“ entnehmen müssen, dass ein solcher Auftrag bereits vorliegt.

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dd) Qualifizierte Einrichtungen und Wirtschaftsverbände Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwalts sind bei qualifizierten Einrichtungen 85 nur ausnahmsweise bei besonderer rechtlicher Schwierigkeit erstattungsfähig, aufgrund derer sie mit ihrer Ausstattung und Erfahrung nicht in der Lage sind, das Geschehen selbst korrekt zu bewerten.¹⁰⁰ Gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 UKlaG muss eine qualifizierte Einrichtung i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG für ihre Eintragung in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 Abs. 1 UKlaG u. a. aufgrund der bisherigen Tätigkeit die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bieten. Diese ist nur bei einer hinreichenden personellen und sachlichen Ausstattung zu erwarten. Danach muss sich die qualifizierte Einrichtung zur Erfüllung ihres Zwecks grundsätzlich selbst mit den hierfür notwendigen Mitteln versehen und zumindest so ausgestattet sein, dass sie typische und durchschnittlich schwer zu verfolgende verbraucherfeindliche Praktiken selbst erkennen und abmahnen kann.¹⁰¹ Gleiches gilt für qualifizierte Wirtschaftsverbände nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG:¹⁰² Diese haben ihre satzungsmäßigen Aufgaben ebenso selbst zu erledigen, wie der neu gefasste § 8b Abs. 2 UWG noch einmal deutlich festhält.  BGH, GRUR 2019, 1044, 1046 – Der Novembermann; GRUR 2019, 763, 765 – Ermittlungen gegen Schauspielerin; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 120a f.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2020, 771, 771 f.  BGH, NJW 2012, 3023, 3030 – Rechtsprechungsänderung; OLG Frankfurt a. M.,WRP 2019, 907, 908.  BGH, NJW 2012, 3023, 3030 – Rechtsprechungsänderung.  BGH, WRP 2019, 187, 192 f. – Versandapotheke; GRUR 2017, 926, 927 – Anwaltsabmahnung II; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 125. Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

f) Kein Anerkenntnis durch Unterlassungserklärung 86 Wer eine Unterlassungserklärung abgibt, erkennt damit weder den geltend gemachten

Unterlassungsanspruch noch den Erstattungsanspruch bezüglich der Abmahnkosten an. Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner die Unterlassungserklärung abgibt, ohne zugleich zu erklären, dass er dabei ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gleichwohl rechtsverbindlich handelt (vgl. Rn. 204). Da in der Unterlassungserklärung selbst keine Anerkennung der Berechtigung der Abmahnung liegt, hat ein solcher Zusatz allein klarstellende Funktion.¹⁰³

g) Gerichtliche Geltendmachung 87 Obgleich die Abmahnung im weiteren Sinne auch zur Vorbereitung eines Gerichtsverfahrens dient, sind deren Kosten nicht Kosten des gerichtlichen Rechtsstreits, weil sie (noch) nicht einem bestimmten Gerichtsverfahren zugeordnet werden können und nicht in erster Linie der Vorbereitung, sondern der Vermeidung der Auseinandersetzung vor Gericht dienen.¹⁰⁴ Der Gläubiger muss sie ggf. regulär einklagen. Folgt der Abmahnung ein Klageverfahren, weil der Schuldner die Abgabe einer Unterlassungserklärung verweigert hat, bietet es sich an, die Abmahnkosten zugleich neben der Unterlassung – als Zahlungsantrag (vgl. Rn. 79) – geltend zu machen. 88

Praxishinweis: Bei einem einstweiligen Verfügungsverfahren, in das die Zahlungsansprüche naturgemäß nicht eingeführt werden können (vgl. Rn. 500 f.), muss der Gläubiger nötigenfalls eine separate Zahlungsklage erheben. Auf die kurze Verjährung gem. § 11 Abs. 1 UWG, die auch für die Abmahnkosten gilt (vgl. Rn. 857), muss besonders geachtet werden.¹⁰⁵ Aus Gründen der Prozessökonomie sollte der Gläubiger darauf hinwirken, dass der Schuldner in Bezug auf die im Regelfall vom Bestand des Unterlassungsanspruchs abhängigen (Annex-)Ansprüche einen zeitlich darauf abgestimmten Verjährungsverzicht oder eine Verlängerung der Verjährungsfrist nach § 202 Abs. 2 BGB erklärt (vgl. Rn. 890 f.), um diese sodann – korrespondierend mit dem Obsiegen oder Verlieren beim Unterlassungsanspruch – unkompliziert erledigen zu können. Ein seriöser Schuldner wird eine entsprechende Abrede ohne zwingenden Grund insbesondere dann nicht ablehnen, wenn der Gläubiger das Verfahren ansonsten zügig und konsequent betreibt.

89 In allen Fällen gilt nach Vorb. 3 Abs. 4 Satz 1 RVG VV, dass die wegen desselben Ge-

genstands entstandene Geschäftsgebühr zur Hälfte, höchstens jedoch mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet wird (vgl. Rn. 83).¹⁰⁶ Nach § 15a Abs. 1 RVG hat der Schuldner insgesamt nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der Geschäfts-

 BGH, GRUR 2013, 1252, 1253 – Medizinische Fußpflege.  BGH, GRUR 2006, 439, 440 – Geltendmachung der Abmahnkosten; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 112.  BGH, GRUR 1992, 176, 177 – Abmahnkostenverjährung; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 112.  Loschelder, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 92 Rn. 11 m. w. N. Lampmann

I. Geltendmachung des Anspruchs

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und Verfahrensgebühr zu erstatten, soweit eine der Tatbestandsvarianten des § 15a Abs. 3 RVG erfüllt ist.

h) Weitere Abmahnung durch einen anderen Gläubiger Es kann vorkommen, dass der Schuldner von mehreren Gläubigern wegen des- 90 selben Verstoßes abgemahnt wird. Während die Vorschriften zur Geschäftsführung ohne Auftrag dem Gläubiger der zeitlich späteren Abmahnung in diesem Fall einen Erstattungsanspruch versagten, weil seine Abmahnung objektiv nicht (mehr) im Sinne des Schuldners lag, gewährt § 13 Abs. 3 UWG diesen, da es insoweit auf die Kenntnis des Gläubigers von der Abmahnung ankommt (vgl. Rn. 60).¹⁰⁷ Anders liegt der Fall, wenn der Schuldner sich zum Zeitpunkt der zweiten Abmahnung bereits strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet hat und daher die Wiederholungsgefahr und mit ihr der Unterlassungsanspruch entfallen sind, weil der Abmahnung dann die Begründetheit fehlt (vgl. Rn. 154 f.).¹⁰⁸ Praxishinweis: Bei einem schuldhaften Verhalten des Schuldners kommt allerdings ein Schadensersatzanspruch in Betracht (vgl. Rn. 72).¹⁰⁹

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i) Weitere Abmahnung durch denselben Gläubiger Hat der Gläubiger den Schuldner bereits auf die Möglichkeit der Streitbeilegung durch 92 Abgabe einer hinreichend gesicherten Unterlassungserklärung (ohne Hinzuziehung eines Rechtsanwalts) hingewiesen, kann eine zweite (diesmal anwaltliche) Abmahnung diese Aufgabe nicht mehr erfüllen; sie ist daher nicht berechtigt i. S. d. § 13 Abs. 3 UWG (vgl. Rn. 60).¹¹⁰ Dies gilt auch für eine Abmahnung, die nicht den identischen, aber kerngleichen Verstoß betrifft.¹¹¹ Ob Zweitabmahnungen auf expliziten Erläuterungswunsch des Schuldners ebenfalls gleich zu beurteilen sind, hat das OLG Frankfurt a. M. zuletzt offengelassen; die Hürden hierfür wären jedenfalls so hoch, dass die Kostenerstattung in der Regel entfällt.¹¹²

 OLG Oldenburg, GRUR-RR 2012, 415, 416; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 24. Bei qualifizierten Wirtschaftsverbänden kommt es indes auf die Kenntnis der Vertreter des Verbands und nicht auf die Kenntnis der Mitglieder an, vgl. OLG Hamm, WRP 2017, 858, 860 f.  Zum böswilligen Verschweigen der vorangegangenen Unterwerfung vgl. Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 8 Rn. 41, der darauf hinweist, dass dieses Verhalten – selbst ein bewusstes Aussetzen des Zweitabmahners dem aus dieser Unkenntnis resultierenden Kostenrisiko – jedenfalls in Bezug auf die Ernsthaftigkeit der Erstunterwerfung keine Rückschlüsse erlaubt.  BGH, GRUR 2002, 357, 358 – Mißbräuchliche Mehrfachabmahnung; GRUR 1982, 489, 491 – Korrekturflüssigkeit.  BGH, GRUR 2010, 354, 355 – Kräutertee; OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 907, 908.  BGH, GRUR 2013, 307, 309 – Unbedenkliche Mehrfachabmahnung.  Dazu OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 907, 908 m. Anm. Smirra, GRUR-Prax 2019, 341, 341. Lampmann

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93

B. Vorgerichtliches Verfahren

Praxishinweis: Eine zweite Abmahnung darf nicht mit der Fallgestaltung verwechselt werden, in der der Gläubiger, nachdem die Wiederholungsgefahr zunächst beispielsweise durch eine hinreichend gesicherte Unterlassungserklärung beseitigt wurde, einen weiteren (kerngleichen) Rechtsverstoß beanstandet. In diesem Fall besteht ein neuer Unterlassungsanspruch (vgl. Rn. 964 ff., 970):¹¹³ Die nach Abgabe einer Unterlassungserklärung durch einen erneuten – auch unverschuldeten – Wettbewerbsverstoß begründete Wiederholungsgefahr kann grundsätzlich allenfalls durch eine neue Unterlassungserklärung mit einer gegenüber der ersten erheblich höheren Strafbewehrung ausgeräumt werden (vgl. Rn. 232 f.).¹¹⁴ Die erste Unterlassungserklärung war ersichtlich nicht geeignet, den Schuldner vom rechtsverletzenden Verhalten abzuhalten, sodass die Abgabe einer inhaltsgleichen Erklärung ebenfalls nicht geeignet sein kann, die Vermutung der (neuen) Wiederholungsgefahr zu widerlegen.¹¹⁵ Eine weitere Abmahnung ist daher keine „zweite“ im hier verstandenen Sinne, sondern in Bezug auf den zweiten Verstoß die erste und kann damit auch berechtigt sein. Diese Besonderheit übersieht das OLG Düsseldorf in einer Entscheidung, in der es der (vermeintlich) „zweiten“ Abmahnung unter Verweis auf eine bereits vorhandene Unterlassungserklärung nach „neuem Hamburger Brauch“ insoweit die Erforderlichkeit abspricht, obwohl es gleichzeitig einen Verstoß gegen die vertragliche Unterlassungsverpflichtung feststellt.¹¹⁶

j) „Schubladenverfügung“ 94 Ähnliches gilt, wenn der Gläubiger zum Zeitpunkt der Abmahnung ein gerichtliches Verfahren in Gang gesetzt und z. B. einen Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt oder die Verfügung bereits erfolgreich erwirkt hat („Schubladenverfügung“). Denn auch in diesem Fall kann die Abmahnung dem Schuldner nicht mehr dabei behilflich sein, ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden.¹¹⁷ Das KG weist daher zu Recht darauf hin, dass es mit Blick auf § 263 StGB nicht unbedenklich ist, vom Schuldner Kostenerstattung zu fordern und dabei zu verschweigen, dass bereits ein gerichtliches Eilverfahren (zeitgleich mit oder vor der Absendung der Abmahnung) eingeleitet worden ist.¹¹⁸ 95

Praxishinweis: Ein Vorgehen im Wege einer „Schubladenverfügung“ ist auch aus anderen Gründen nicht empfehlenswert, vgl. Rn. 713 f.

k) Unklarer Vorwurf 96 Die Abmahnung ist nur berechtigt i. S. d. § 13 Abs. 3 UWG, soweit sie den Schuldner in

die Lage versetzt, zu erkennen, inwiefern ihm der Vorwurf eines wettbewerbswidrigen

     

Vgl. BGH, WRP 2014, 455, 459 – Peter Fechter. BGH, GRUR 1990, 534, 534 – Abruf-Coupon. OLG Köln, ZUM 2015, 404, 406. OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.9. 2015 – 2 U 3/15, BeckRS 2015, 16758. BGH, GRUR 2010, 257, 258 – Schubladenverfügung. KG, GRUR-RR 2012, 134, 135.

Lampmann

I. Geltendmachung des Anspruchs

27

Verhaltens gemacht wird (vgl. Rn. 19, 43, 60, 584).¹¹⁹ Das bedeutet, dass die Inanspruchnahme nicht lediglich pauschal (vgl. auch Rn. 21) und ohne konkretes Eingehen auf das zu unterlassende Verhalten bzw. nicht gestützt auf einen nicht einschlägigen Sachverhalt erfolgen darf.¹²⁰

l) Teilweise berechtigte Abmahnung Die Kosten einer Abmahnung sind, auch wenn sich diese gegen ein konkret um- 97 schriebenes Verhalten wendet, dann nur anteilig erstattungsfähig, wenn die Abmahnung mehrere Beanstandungen zum Gegenstand gesonderter Angriffe macht (und sich somit auf unterschiedliche Streitgegenstände stützt, vgl. Rn. 408 ff.), von denen nicht alle begründet sind.¹²¹ Wird hingegen ein konkretes Verhalten unter mehreren Gesichtspunkten als wettbe- 98 werbswidrig beanstandet, ohne dass dadurch eigenständige Streitgegenstände entstehen, sind die für die Abmahnung anfallenden Kosten bereits dann in vollem Umfang ersatzfähig, wenn sich der Anspruch unter einem der genannten Gesichtspunkte als begründet erweist.¹²² Praxishinweis: Hier stellt sich die Frage, ob zur Bestimmung der Höhe der vom Schuldner zu erstattenden Kosten der insgesamt geltend gemachte Betrag entsprechend geteilt wird oder den Streitgegenständen jeweils ein Wert zugewiesen wird, nach dem die vom Schuldner zu erstattenden Rechtsanwaltskosten separat zu berechnen sind. Aufgrund der degressiven Ausrichtung der Kostentabelle des RVG ist die zweite Variante für den Gläubiger günstiger, da er so eine höhere Erstattung erhält, als wenn die auf Basis eines einheitlichen Gegenstandswerts bestimmten Gesamtkosten schlicht geteilt werden. Vor dem Hintergrund des Verbots der Überkompensation im Schadensersatzrecht dürfte jedoch die erste Variante richtig sein. Die Höhe des Ersatzanspruchs ist somit nach dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils der Abmahnung zum Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen.¹²³

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m) Kosten des „zu Unrecht“ Abgemahnten Die neu eingeführten § 13 Abs. 5, § 8c Abs. 3 UWG bieten dem Schuldner beträchtliche 100 Möglichkeiten, die Kosten seiner Rechtsverteidigung vom Gläubiger erstattet zu bekommen.¹²⁴

 BGH, GRUR 2015, 403, 408 – Monsterbacke II.  LG Freiburg, GRUR-RR 2016, 360, 361.  BGH, GRUR 2019, 82, 85 f. – Jogginghosen.  BGH, GRUR 2019, 82, 85 f. – Jogginghosen; GRUR 2016, 1300, 1306 – Kinderstube.  BGH, GRUR 2019, 82, 85 f. – Jogginghosen; GRUR 2010, 744, 749 – Sondernewsletter; GRUR 2020, 550, 555 – Sofort-Bonus II.  Vgl. Omsels/Zott, WRP 2021, 278, 283 f. Lampmann

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101

B. Vorgerichtliches Verfahren

Praxishinweis: Korrespondierend mit der aktiven Rechtsverfolgung (vgl. Rn. 73) setzt die Erstattungspflicht auch der erforderlichen Rechtsverteidigungskosten nicht zwingend ein Tätigwerden nach außen voraus.¹²⁵

aa) Gegenansprüche bei Abmahnungen unter Verstoß gegen § 13 Abs. 2, 4 UWG 102 Nach § 13 Abs. 5 Satz 1 UWG lösen bereits inhaltlich nicht korrekte Abmahnungen,

die den Anforderungen des § 13 Abs. 2 UWG nicht entsprechen, Kostenersatzansprüche des Schuldners für seine erforderliche Rechtsverteidigung aus, und zwar ungeachtet der materiellen Begründetheit und der Berechtigung der Abmahnung. 103

Praxishinweis: Damit können bloße Formfehler Gegenansprüche des Schuldners nach sich ziehen, auch wenn die Abmahnung begründet ist, weil ein Rechtsverstoß vorliegt. Dies soll den Gläubiger dazu anhalten, die Abmahnung sorgfältig zu gestalten, da fehlende Angaben – über die fehlende Ersatzfähigkeit der eigenen Kosten hinaus – sogar zur Kostenerstattung bei dem Schuldner führen können.¹²⁶ Auch wenn der Unterlassungsanspruch erhalten bleibt, erhöht der Gesetzgeber damit das wirtschaftliche Risiko des – jedenfalls bei einer berechtigten Abmahnung – immer auch im Allgemeininteresse handelnden Gläubigers erheblich und nicht unbedingt angemessen. Die damit verbundene Abwägung der betroffenen Interessen und Folgen dahingehend, dass die an die fraglichen Formalien angeknüpfte (angenommene) Schutzwürdigkeit des rechtswidrig handelnden Schuldners derart erheblich dem Interesse an der effektiven Gewährleistung des lauteren Wettbewerbs durch das Erkennen, die Beseitigung und zukünftige Eindämmung rechtswidrigen Verhaltens vorangestellt wird, erscheint – sachlich betrachtet – bedenklich.

104 Gleiche Gegenansprüche bestehen gem. § 13 Abs. 5 Satz 1 UWG, wenn der Gläubiger

entgegen § 13 Abs. 4 UWG Aufwendungsersatz für die Abmahnung verlangt (vgl. Rn. 64 ff.). 105 Auf ein Verschulden kommt es bei den beiden vorgenannten Handlungsvarianten des

§ 13 Abs. 5 Satz 1 UWG nicht an. 106 Schließlich hat der Schuldner nach § 13 Abs. 5 Satz 1, 3 UWG einen Ersatzanspruch für

erforderliche Verteidigungskosten bei einer – zum Abmahnungszeitpunkt – erkennbar unberechtigten Abmahnung. Die Abmahnung ist regelmäßig dann erkennbar unberechtigt, wenn die sich aus § 8 UWG ergebenden Voraussetzungen nicht erfüllt sind oder die Abmahnung nach § 8c Abs. 1, 2 UWG missbräuchlich ist. Es kommt auf die objektive Erkennbarkeit an.¹²⁷ Nicht erkennbar ist die fehlende Berechtigung der Abmahnung nur, wenn die Unkenntnis nicht auf ein Verschulden des Gläubigers zurückzuführen ist.¹²⁸ Der Verschuldensmaßstab bestimmt sich dabei

   

Für die Parallelvorschrift im Urheberrecht vgl. LG München I, ZUM-RD 2016, 610, 612. Sosnitza, GRUR 2021, 671, 674. BT-Drs. 19/12084, S. 33. Sosnitza, GRUR 2021, 671, 674.

Lampmann

I. Geltendmachung des Anspruchs

29

nach allgemeinen Regeln des § 276 BGB.¹²⁹ Die Beweislast für die fehlende Erkennbarkeit liegt beim Gläubiger.¹³⁰ Praxishinweis: Ein Gläubiger, der zu Unrecht eine Leistung verlangt, handelt grundsätzlich nicht schon dann fahrlässig, wenn er nicht erkennt, dass seine Forderung unberechtigt ist. Er kann sich vielmehr – vor allem bei unklarer Rechtslage – darauf stützen, dass der vertretene Rechtsstandpunkt plausibel ist. Der Gläubiger handelt daher nicht schuldhaft, wenn er seine Überzeugung durch gewissenhafte Prüfung gebildet hat oder wenn er sich bei seinem Vorgehen von vernünftigen und billigen Überlegungen hat leiten lassen.¹³¹

107

Die dem Grunde nach gravierenden Gegenansprüche gem. § 13 Abs. 5 UWG werden 108 dadurch entschärft, dass sie gem. § 13 Abs. 5 Satz 2 UWG auf die Höhe des durch die Abmahnung geltend gemachten Aufwendungsersatzes beschränkt sind. Weitergehende Ersatzansprüche des Schuldners bleiben jedoch unberührt, § 13 Abs. 5 Satz 4 UWG. Praxishinweis: Der Anspruch aus § 13 Abs. 5 Satz 1 UWG unterliegt sowohl nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 UWG als auch nach dem Zweck des § 13 Abs. 5 Satz 1 UWG nicht der kurzen Verjährung nach § 11 Abs. 1 UWG (vgl. Rn. 858 m. Fn. 1392).

109

§ 13 Abs. 5 UWG ist nicht auf Abmahnungen anzuwenden, die vor dem 2.12. 2020 110 zugegangen sind, vgl. § 15a Abs. 2 UWG.

bb) Gegenansprüche bei rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen, § 8c Abs. 3 UWG Abmahnungen, die nach § 8c Abs. 1, 2 UWG missbräuchlich geltend gemacht werden, 111 lösen ebenfalls einen Gegenanspruch des Schuldners auf Aufwendungsersatz für seine erforderliche Rechtsverteidigung aus, § 8c Abs. 3 Satz 1 UWG. Weitergehende Ansprüche bleiben unberührt, § 8c Abs. 3 Satz 2 UWG. Praxishinweis: Missbräuchliche Abmahnungen sind gleichzeitig unberechtigt und lösen somit auch einen Gegenanspruch aus § 13 Abs. 5 Satz 1, 3 UWG aus (vgl. Rn. 106). Der zusätzliche Regelungsgehalt des § 8c Abs. 3 UWG besteht darin, dass dieser Anspruch im Unterschied zu § 13 Abs. 5 Satz 2 UWG der Höhe nach nicht gedeckelt ist.

 Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 86a. Vertiefend Omsels/ Zott, WRP 2021, 278, 283 f.  BT-Drs. 19/12084, S. 33; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 86a. A. A. Omsels/Zott, WRP 2021, 278, 283 m. Fn. 40.  BGH, GRUR 2018, 832, 841 – Ballerinaschuh; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 86a. Lampmann

112

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B. Vorgerichtliches Verfahren

4. Rechtsmissbrauch 113 Das allgemeine Verbot der missbräuchlichen Rechtsverfolgung wurde im Zuge der

UWG-Novelle 2020 in § 8c UWG gesetzlich verankert. Danach ist die missbräuchliche Geltendmachung von Ansprüchen – sowohl außergerichtlich als auch vor Gericht (vgl. Rn. 521 ff.) – untersagt. Der Rechtsmissbrauch führt zur Unzulässigkeit¹³² einer eventuellen Klage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und ist daher in jeder Instanz von Amts wegen zu prüfen.¹³³ 114

Praxishinweis: Der Gesetzgeber hat in § 8c Abs. 2 UWG die durch die bisherige Rechtspraxis entwickelten Fallgruppen des Rechtsmissbrauchs kodifiziert; auf die vor der Novelle ergangene Rechtsprechung kann somit weiterhin zurückgegriffen werden.¹³⁴

115 Der Rechtsmissbrauchseinwand nach § 8c UWG gilt nur für gesetzliche Unterlas-

sungs- und Beseitigungsansprüche aus dem UWG und ist – auch analog – nicht auf andere Ansprüche anwendbar, wie etwa Aufwendungsersatzansprüche, vertragliche Ansprüche oder allgemeine deliktische Unterlassungsansprüche; diese sind nach dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 BGB zu beurteilen.¹³⁵ Bei vertraglichen Ansprüchen aus einem rechtsmissbräuchlich erlangten Unterlassungsvertrag kann dem Schuldner zudem das Recht nach § 314 Abs. 1 BGB zur außerordentlichen Kündigung zustehen, die ggf. auch etwaige bereits entstandene Vertragsstrafenansprüche entfallen lassen kann (vgl. auch Rn. 713).¹³⁶ 116

Praxishinweis: Fraglich ist, ob eine nach § 8c Abs. 1, 2 UWG missbräuchliche Abmahnung – entgegen der bisherigen Rechtsprechung – im Nachhinein „geheilt“ werden kann. Denn in Bezug auf die meisten Fallgruppen des § 8c Abs. 2 UWG erscheint es denkbar, dass der Gläubiger die Abmahnung auf einen Missbrauchsvorwurf des Schuldners so anpassen kann, dass sie diesem nicht mehr unterfällt. Michel hält eine „Heilung“ generell für möglich, da weder Wortlaut noch der Schutzzweck des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs dem entgegenstünden.¹³⁷ Ob bzw. inwiefern sich dieser Ansatz durchsetzen kann, wird die Praxis herausarbeiten müssen.

 BGH, GRUR 2002, 357, 359 – Mißbräuchliche Mehrfachabmahnung; GRUR 2006, 243, 244 – MEGA SALE; GRUR 2013, 176, 177 – Ferienluxuswohnung.  BGH, GRUR 2019, 631, 636 – Das beste Netz (zu § 8 Abs. 4 UWG a. F.).  Michel, WRP 2021, 704, 706 f. m. w. N.  Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8c Rn. 9 m. w. N.  BGH, WRP 2019, 727, 728 ff. – Kündigung der Unterlassungsvereinbarung. Jedenfalls die ex-tuncWirkung einer solchen Kündigung erscheint jedoch für die Konstellation zweifelhaft, dass der Schuldner eine Unterlassungserklärung abgibt, nachdem er den Rechtsmissbrauchseinwand bereits erhoben hat. Denn es liegt in der Natur eines jeden Unterlassungsvertrags, dass der Schuldner, der ihn eingeht, zugleich seine gegen die Inanspruchnahme gerichteten Einwände in rechtlicher Hinsicht aufgibt (vgl. Rn. 953).  Vertiefend Michel, WRP 2021, 704, 708. Lampmann

I. Geltendmachung des Anspruchs

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a) Generalklausel, § 8c Abs. 1 UWG Ob Rechtsmissbrauch gegeben ist, ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände 117 zu beurteilen. Ein Missbrauch liegt vor, wenn die Geltendmachung der Ansprüche überwiegend von sachfremden, nicht schutzwürdigen Interessen und Zielen geleitet ist.¹³⁸ Voraussetzung dafür ist – trotz Abstellens auf äußere Umstände – immer auch ein Wissens- bzw. Willenselement.¹³⁹ Praxishinweis: Ohne Weiteres liegt im Vorgehen im Rahmen einer „Retourkutsche“ – d. h., wenn der zuvor abgemahnte Schuldner den Gläubiger als Reaktion darauf seinerseits abmahnt – noch kein Rechtsmissbrauch.¹⁴⁰ Dennoch muss der Schuldner (als Gläubiger der Gegenabmahnung) in einer solchen Situation besonderes Augenmerk auf eine ansonsten kostenschonende Vorgehensweise legen.

118

b) Fallgruppen mit Indizwirkung, § 8c Abs. 2 UWG Die Fallgruppen des § 8c Abs. 2 UWG haben nur Indizwirkung.¹⁴¹ Soweit sie vorlie- 119 gen, ist eine missbräuchliche Geltendmachung im Zweifel anzunehmen; eine Vermutung i. S. d. § 292 ZPO geht damit jedoch nicht einher.¹⁴² Praxishinweis: Der Rechtsmissbrauch ist mit der bisherigen Rechtsprechung¹⁴³ weiterhin einzelfallbezogen festzustellen.¹⁴⁴ Es liegt weder automatisch ein Rechtsmissbrauch vor, wenn eine Konstellation nach § 8c Abs. 2 UWG gegeben ist, noch ist ein Rechtsmissbrauch auszuschließen, wenn dies nicht der Fall ist. Die Beweislast für die den Rechtsmissbrauchsvorwurf begründenden Umstände trägt der Schuldner.

120

Die Fallgruppen des § 8c Abs. 2 UWG stehen zueinander im Alternativverhältnis.¹⁴⁵ 121

aa) Einnahmeerzielungs- und Kostenbelastungsinteresse, § 8c Abs. 2 Nr. 1 UWG Die erste Fallgruppe des § 8c Abs. 2 UWG folgt weitestgehend der Regelung des § 8 122 Abs. 4 Satz 1 UWG a. F.; die hierzu ergangene Rechtsprechung ist weiterhin anwendbar.¹⁴⁶

 Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8c Rn. 11 m. w. N.  OLG Köln, WRP 2021, 371, 373.  OLG Köln, GRUR-RR 2021, 176, 178; OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 1354, 1354.  Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8c Rn. 12; Michel, WRP 2021, 704, 706.  BT-Drs. 19/22238, S. 17; Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8c Rn. 12; Fritzsche, WRP 2020, 1367, 1371 f.  Vgl. BGH, GRUR 2012, 730, 731 – Bauheizgerät; GRUR 2016, 961, 962 – Herstellerpreisempfehlung bei Amazon.  Michel, WRP 2021, 704, 706.  BGH, WRP 2019, 180, 183 – Abmahnaktion II.  Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8c Rn. 14. Lampmann

32

123

B. Vorgerichtliches Verfahren

Praxishinweis: Es besteht insgesamt inhaltliche Nähe zur Fallgruppe des § 8c Abs. 2 Nr. 2 UWG.¹⁴⁷

124 Ein unangemessenes Einnahmeerzielungsinteresse ist anzunehmen, wenn der

Gläubiger aus Sicht eines wirtschaftlich denkenden Unternehmers kein nennenswertes wirtschaftliches oder wettbewerbspolitisches Interesse an der Rechtsverfolgung hat.¹⁴⁸ 125

Praxishinweis: Dies stellt die Gerichte vor die ihnen originär nicht obliegende und in der Praxis schwierige Aufgabe, auch kaufmännische Entscheidungen des Gläubigers nachprüfen zu müssen.¹⁴⁹

126 Von einem Fall nach § 8c Abs. 2 Nr. 1 UWG ist insbesondere auszugehen, wenn die

Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Gläubigers steht.¹⁵⁰ Dieses Indiz entfällt nicht allein dadurch, dass sich der Gläubiger zuvor bemüht hat, die Wettbewerbsverstöße ohne ausufernde Abmahntätigkeit einfach und kostengünstig abzustellen.¹⁵¹ Die Geltendmachung einer gegenüber der Mittelgebühr erhöhten Gebührenforderung ist hingegen als Indiz nicht ausreichend.¹⁵² Weitere Indizien sind die Abmahnung von Bagatellverstößen und solche vorformulierten Unterlassungserklärungen, die den unzutreffenden Eindruck erwecken, die Übernahme der Unterlassungspflicht und das Anerkenntnis der Kostenerstattungspflicht würden zusammengehören.¹⁵³ 127 Von einem Kostenbelastungsinteresse ist auszugehen, wenn es überwiegend darum

geht, den Schuldner mit möglichst hohen Prozesskosten und Risiken zu belasten und seine personellen und finanziellen Kräfte zu binden (vgl. auch Rn. 140 ff., 143). Dies ist z. B. der Fall, wenn der Gläubiger neben dem einstweiligen Verfügungsverfahren das Hauptsacheverfahren einleitet, ohne dass dafür eine sachliche Notwendigkeit besteht und ohne abzuwarten, ob eine inhaltsgleiche einstweilige Verfügung erlassen bzw. bestätigt und als endgültige Regelung anerkannt wird (vgl. Rn. 524, 897).¹⁵⁴ 128

Praxishinweis: Eine sachliche Notwendigkeit für ein „zweigleisiges“ Vorgehen kann allerdings vorliegen, wenn der Schuldner ausdrücklich erklärt, keine Abschlusserklärung abgeben zu wollen

 Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8c Rn. 15.  BGH, GRUR 2001, 260, 261 – Vielfachabmahner; WRP 2019, 180, 182 – Abmahnaktion II; OLG Köln, GRUR-RR 2020, 539, 540.  Kritisch Möller, jurisPR-WettbR 2/2019 Anm. 3 (Anm. zu BGH, WRP 2019, 180, 180 ff. – Abmahnaktion II).  BGH, GRUR 2012, 286, 287 – Falsche Suchrubrik; WRP 2019, 180, 182 – Abmahnaktion II; OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2020, 557, 558; WRP 2021, 78, 79 f.; Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8c Rn. 15 m. w. N.  BGH, WRP 2019, 180, 183 – Abmahnaktion II.  OLG Hamburg, Hinweisb. v. 20.8. 2018 – 3 U 141/17, BeckRS 2018, 41654.  OLG Hamburg, WRP 2020, 499, 501.  BGH, GRUR 2000, 1089, 1093 – Mißbräuchliche Mehrfachverfolgung. Lampmann

I. Geltendmachung des Anspruchs

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(vgl. Rn. 782 f.), einen bereits eingelegten Widerspruch geraume Zeit nicht begründet oder negative Feststellungsklage erhebt.¹⁵⁵

bb) „Serienabmahnungen“, § 8c Abs. 2 Nr. 2 UWG § 8c Abs. 2 Nr. 2 UWG umfasst die Fälle, in denen ein Gläubiger eine erhebliche 129 Anzahl von Verstößen gegen die gleiche Rechtsvorschrift durch Abmahnungen geltend macht, wenn die Anzahl der geltend gemachten Verstöße außer Verhältnis zum Umfang der eigenen Geschäftstätigkeit steht oder wenn anzunehmen ist, dass der Gläubiger das wirtschaftliche Risiko seines außergerichtlichen oder gerichtlichen Vorgehens nicht selbst trägt. Eine umfangreiche Abmahntätigkeit an sich ist jedoch noch nicht ausreichend, um 130 den Rechtsmissbrauchsvorwurf zu begründen; es bedarf hinzukommender Umstände.¹⁵⁶ Verhalten sich viele Mitbewerber wettbewerbswidrig, muss es grundsätzlich möglich sein, gegen alle vorzugehen, soweit die Verstöße die Marktposition des Gläubigers in relevanter Weise beeinträchtigen; die Anzahl von beispielsweise 51 Abmahnungen kommt daher als Indiz für eine Rechtsmissbräuchlichkeit nicht ohne Weiteres in Betracht.¹⁵⁷ Bei der Bestimmung der Verhältnismäßigkeit des Vorgehens ist nicht nur auf die 131 geschäftliche Betätigung bezüglich der konkurrierenden Produkte, sondern auf die gesamte Tätigkeit des Gläubigers abzustellen.¹⁵⁸ Für einen Missbrauch nach § 8c Abs. 2 Nr. 2 UWG kann die fehlende gerichtliche 132 Durchsetzung von abgemahnten Ansprüchen sprechen¹⁵⁹ oder ein Vorgehen des Gläubigers gegen Abnehmer, obwohl es ihm möglich wäre, aus einem vollstreckbaren Titel gegen den Hersteller als Quelle der Störung vorzugehen.¹⁶⁰ Praxishinweis: Als Indiz für einen Missbrauch nach § 8c Abs. 2 Nr. 2 (wie auch Nr. 1) UWG kann das Verhalten des beauftragten Rechtsanwalts herangezogen werden. Wenn dieser die Abmahntätigkeit „in eigener Regie“ betreibt, wie etwa selbst Wettbewerbsverstöße ermittelt, kann hierin rechtsmissbräuchliches Verhalten liegen.¹⁶¹ Gleiches gilt bei einer Kostenrisikoentlastung des

 OLG Köln, WRP 2020, 781, 785.  BGH,WRP 2019, 1182, 1185 – Umwelthilfe; Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8c Rn. 18 m. w. N.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2021, 1088, 1090.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2021, 1088, 1090.  BGH, GRUR 1999, 1116, 1118 – Wir dürfen nicht feiern; WRP 2019, 1182, 1184 – Umwelthilfe; GRUR 2021, 752, 756 – Berechtigte Gegenabmahnung.  OLG Köln, WRP 2018, 867, 870.  Vgl. BGH, GRUR 2012, 286, 287 – Falsche Suchrubrik. Lampmann

133

34

B. Vorgerichtliches Verfahren

Gläubigers durch eine seitens des Rechtsanwalts¹⁶² oder eines Prozessfinanzierers¹⁶³ gewährte Freistellung.

cc) Unangemessen hoher Gegenstandswert, § 8c Abs. 2 Nr. 3 UWG 134 Eine rechtmissbräuchliche Geltendmachung kann vorliegen, wenn der Gläubiger den

Gegenstandswert unangemessen hoch ansetzt. Ein überhöhter Wert allein reicht jedoch dafür noch nicht aus; der Rechtsmissbrauchsvorwurf kommt erst bei wider besseres Wissen geltend gemachten,¹⁶⁴ systematisch überhöhten Abmahngebühren¹⁶⁵ oder weiteren sachfremden Aspekten¹⁶⁶ in Betracht. 135

Praxishinweis: Die Annahme der Voraussetzungen des § 8c Abs. 2 Nr. 3 UWG wirkt sich ihrerseits auf die Streitwertbemessung des Unterlassungsanspruchs nicht dergestalt aus, dass dieser Aspekt neben §§ 39 ff., 51 GKG (vgl. Rn. 344 ff.) treten und über die dortigen Vorgaben hinausgehend einen insoweit eigenständigen Abschlag wegen der Rechtsmissbräuchlichkeit rechtfertigen würde.¹⁶⁷

dd) Offensichtlich überhöhte Vertragsstrafen, § 8c Abs. 2 Nr. 4 UWG 136 Die vierte Fallgruppe erfasst offensichtlich überhöhte Vertragsstrafen. Damit sind eindeutige und ohne Weiteres erkennbare Fälle gemeint, nicht hingegen die Konstellationen, in denen dem Gläubiger bloße Flüchtigkeitsfehler unterlaufen sind oder sich seine Forderung aus ex-ante-Sicht noch im üblichen Rahmen hält.¹⁶⁸ 137

Praxishinweis: Den Vorwurf der überhöhten Vertragsstrafe kann der Gläubiger jedenfalls im Zusammenhang mit der ersten Abmahnung umgehen, wenn er auf eine unbezifferte Vertragsstrafevereinbarung nach „neuem Hamburger Brauch“ abstellt, mit der dem Gläubiger hinsichtlich einer Zuwiderhandlung das Recht zur Bestimmung der angemessenen Höhe der Vertragsstrafe eingeräumt wird, deren Angemessenheit auf Antrag des Schuldners gerichtlich überprüfbar ist (vgl. Rn. 229 ff.). In diesem Fall kann die Problematik des § 8c Abs. 2 Nr. 4 UWG erst bzw. allenfalls bei einem nachfolgenden Verstoß des Schuldners und der Festsetzung der Höhe einer dadurch verwirkten Vertragsstrafe durch den Gläubiger relevant werden (vgl. auch Rn. 231). Denn die Gesetzesbegründung will die Fallgruppe auch auf diesen nachgelagerten Zeitpunkt erstreckt wissen (ähnlich

 Vgl. OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2007, 56, 57; OLG Jena, GRUR-RR 2011, 327, 328; OLG Köln, GRURRR 2013, 341, 342.  Vgl. BGH, GRUR 2018, 1166, 1169 – Prozessfinanzierer I; WRP 2019, 1009, 1011 – Prozessfinanzierer II.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2021, 1088, 1091.  Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8c Rn. 19 m. w. N.  BGH, WRP 2019, 1182, 1186 – Umwelthilfe.  OLG Frankfurt a. M., B. v. 15.11. 2021 – 6 W 90/21, GRUR-RS 2021, 37043 m. Anm. Pustovalov, LMuR 2022, 135, 136.  BT-Drs. 19/22238, S. 17. Lampmann

I. Geltendmachung des Anspruchs

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ist die gesetzgeberische Wertung bezüglich der Tatbestände des § 13a Abs. 1, 4 UWG und des § 13a Abs. 3 UWG, vgl. Rn. 224, 240).¹⁶⁹

ee) Zu weit gefasstes Unterlassungsverlangen, § 8c Abs. 2 Nr. 5 UWG Ebenfalls missbräuchlich kann ein zu weit gefasstes, über das notwendige Maß hin- 138 ausgehendes Unterwerfungsverlangen sein, da dadurch die Gefahr eines Verstoßes und die Aussicht auf die Vertragsstrafe zum Nachteil des Schuldners unnötig vergrößert wird.¹⁷⁰ Auch hier bedarf es einer offensichtlichen Überschreitung (vgl. Rn. 136).¹⁷¹ In diesem Sinne zu weitgehend sind z. B. verschuldensunabhängige Vertragsstrafen,¹⁷² nicht hingegen die Forderung eines Verzichts auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs (vgl. aber Rn. 251).¹⁷³ Praxishinweis: Um den Vorwurf eines zu weiten Unterlassungsverlangens zu vermeiden, empfiehlt es sich, bei der Vorformulierung der Unterlassungserklärung – wie auch generell – auf die konkrete Verletzungsform abzustellen und Abstrahierungen nur zu verwenden, wenn sie zur Kennzeichnung der Verletzung zwingend notwendig sind (vgl. Rn. 434).¹⁷⁴ Da die Beifügung einer vorformulierten Unterlassungserklärung nicht vorgeschrieben ist, kann darauf nach Abwägung entsprechender Vor- und Nachteile auch ganz verzichtet werden (vgl. aber Rn. 48).

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ff) Mehrfachabmahnungen, § 8c Abs. 2 Nr. 6 UWG Rechtsmissbrauch ist im Zweifel anzunehmen, wenn mehrere Zuwiderhandlungen, 140 die zusammen hätten abgemahnt werden können, einzeln abgemahnt werden. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn der weitere Verstoß geringfügig später 141 vom Gläubiger bemerkt wurde und durch eine erweiterte Abmahnung hätte mitverfolgt werden können.¹⁷⁵ Nicht missbräuchlich sind hingegen Mehrfachabmahnungen von Verstößen aus verschiedenen Handlungen, die der Gläubiger zeitlich versetzt wahrgenommen hat.¹⁷⁶

 BT-Drs. 19/12084, S. 30; Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8c Rn. 20. A. A. mit dem systematischen Argument, dass sich die Fallgruppe des § 8c Abs. 2 Nr. 4 UWG nur auf die Geltendmachung der Ansprüche nach § 8 Abs. 1 UWG bezieht und deshalb lediglich das Versprechen der Vertragsstrafe erfasst, Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 153; Michel, WRP 2021, 704, 712.  Vgl. BGH, GRUR 2012, 730, 732 – Bauheizgerät.  BT-Drs. 19/22238, S. 17.  BGH, GRUR 2012, 730, 731 – Bauheizgerät.  BGH, GRUR 2012, 286, 287 – Falsche Suchrubrik.  So auch Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 153.  KG, WRP 2010, 1273, 1274.  BGH, GRUR 2019, 631, 636 – Das beste Netz; OLG Hamburg, Urt. v. 16. 8. 2018 – 3 U 105/17, BeckRS 2018, 43263; Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 153. Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

142 Unzulässig ist auch die Mehrfachabmahnung durch mehrere Gläubiger, sofern

zwischen ihnen eine Verbindung besteht und eine einzige Abmahnung ausreichend wäre, um ihre Interessen zu wahren. Dies ist z. B. der Fall, wenn mehrere durch denselben Rechtsanwalt vertretene Konzernunternehmen ein und denselben Wettbewerbsverstoß abmahnen.¹⁷⁷

gg) Getrennte Verfolgung mehrerer Verantwortlicher, § 8c Abs. 2 Nr. 7 UWG 143 Schließlich ist eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung im Zweifel anzunehmen,

wenn wegen einer Zuwiderhandlung, für die mehrere Zuwiderhandelnde (Täter, Mittäter, Teilnehmer) verantwortlich sind, die Ansprüche ohne sachlichen Grund nicht zusammen geltend gemacht werden. Ein sachlicher Grund fehlt, wenn für den Gläubiger ein einheitliches Vorgehen mit keinerlei Nachteilen verbunden wäre.¹⁷⁸ Ein sachlicher Grund besteht demgegenüber, wenn die geltend gemachten Ansprüche nicht deckungsgleich sind oder der Gläubiger erst gegen den vermeintlich Hauptverantwortlichen vorgeht.¹⁷⁹

c) Rechtsmissbrauch durch qualifizierte Einrichtungen und Wirtschaftsverbände 144 Gem. § 2b Satz 1 UKlaG ist die Geltendmachung eines Anspruchs nach §§ 1 bis 2a UKlaG unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist und dabei insbesondere vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Die Vorschrift ist nahezu wortgleich mit § 8c Abs. 2 Nr. 1 UWG und entsprechend auszulegen.¹⁸⁰ 145 Rechtsmissbräuchlich ist danach z. B. die selektive Abmahntätigkeit eines Verbands

gegen Nichtmitglieder, die ausschließlich bezweckt, neue Mitglieder zu werben,¹⁸¹ oder die sich nur gegen Außenstehende richtet, während der Verband entsprechende Wettbewerbsverstöße der eigenen Mitglieder planmäßig duldet.¹⁸²

 BGH, GRUR 2002, 357, 358 f. – Mißbräuchliche Mehrfachabmahnung.  BGH, GRUR 2000, 1089, 1093 – Mißbräuchliche Mehrfachverfolgung; GRUR 2006, 243, 244 – MEGA SALE.  Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 153.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UKlaG, § 2b Rn. 1 m. w. N.  OLG Rostock, WRP 2021, 239, 239 m. w. N.  BGH, GRUR 2012, 411, 413 – Glücksspielverband; GRUR 2020, 294, 299 – Culatello di Parma. Lampmann

I. Geltendmachung des Anspruchs

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5. Berechtigungsanfrage Während die Abmahnung die Aufforderung des Gläubigers an den Schuldner dar- 146 stellt, ein bestimmtes Verhalten endgültig zu unterlassen, ist die Berechtigungsanfrage deutlich weniger einschneidend und stellt eine anlassbezogene Anregung zu einem Austausch über die Rechtslage dar. Eine Berechtigungsanfrage kann beim Schuldner eine zumutbare Prüfungs- und 147 Antwortpflicht bezüglich einer möglichen Rechtsverletzung entstehen lassen.¹⁸³ Praxishinweis: Der Gläubiger wird die Berechtigungsanfrage wählen, wenn er sich bezüglich der Rechtslage nicht sicher ist und vermeiden möchte, die Folgen einer womöglich unberechtigten Abmahnung auszulösen. Dies betrifft neben den möglichen Gegenforderungen nach § 8c Abs. 3, § 13 Abs. 5 Satz 1, 3 UWG (vgl. Rn. 102 ff., 111 f.) auch die sofortige negative Feststellungsklage des (vermeintlichen) Schuldners (vgl. Rn. 934 f.).

Die Kosten für eine Berechtigungsanfrage sind nicht erstattungsfähig.¹⁸⁴

148

149

6. Reaktionsmöglichkeiten des Schuldners Die Reaktionsmöglichkeiten auf eine Abmahnung sind vielfältig. Welche davon die 150 Richtige ist, richtet sich nach dem Einzelfall. Der abgemahnte Schuldner steht vor der Frage, ob er die Streitigkeit außergerichtlich, z. B. durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, beenden oder ob er es auf eine (weitere Kosten verursachende) gerichtliche Entscheidung ankommen lassen möchte. Im letzteren Fall kann es ratsam sein, das Ansinnen des Gläubigers explizit zurückzuweisen. Notwendig ist dies allerdings nicht. Der Schuldner kann gut beraten sein, auf eine Abmahnung zu schweigen.

a) Unterlassungserklärung aa) Gegenüber dem Gläubiger Soweit der Schuldner die Abmahnung für berechtigt hält, kann er den Forderungen 151 des Gläubigers nachgeben, eine den Anforderungen entsprechende Unterlassungserklärung abgeben und ggf. etwaige Rechtsanwaltskosten erstatten.

 OLG Hamburg, GRUR-RR 2020, 234, 235 f. in einer patentrechtlichen Angelegenheit (bestätigt durch BGH, GRUR 2021, 1167, 1169 f. – Ultraschallwandler). Für die Reaktions- und Rücksichtnahmepflichten aus einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsschuldverhältnis vgl. auch Russlies, Rn. 380.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 852, 859. Lampmann

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152

B. Vorgerichtliches Verfahren

Praxishinweis: Auch bei einer für unberechtigt gehaltenen Abmahnung kann es ausnahmsweise ratsam sein, sich – ggf. klarstellend ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, aber dennoch rechtsverbindlich (vgl. Rn. 204) – etwa mittels einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu unterwerfen. Das ist z. B. dann der Fall, wenn das monierte Verhalten für den Schuldner nur untergeordnete Bedeutung hat und er sicherstellen kann, dass es sich nicht wiederholt. Er vermeidet so einen teuren und für ihn letztendlich unbedeutenden Rechtsstreit. Er kann sich in Bezug auf die Abmahnkosten in einem solchen Fall mit dem Gläubiger einigen oder es diesbezüglich auf den „kleinen Wettbewerbsprozess“ ankommen lassen, dessen Streitwert nicht bei mehreren zehntausend Euro, sondern lediglich der Höhe der Abmahnkosten liegt.

153 Andererseits sollte der Schuldner ein berechtigtes Unterlassungsbegehren nicht un-

besehen mit einer Unterlassungserklärung beantworten. Es kann sich – je nach Lage des Einzelfalls – empfehlen, den Anspruch dennoch zurückzuweisen oder gar nicht zu reagieren und die angedrohten gerichtlichen Schritte abzuwarten. Insbesondere bei der Abmahnung schlichter und leicht zu ermittelnder Formalien liegt der – allerdings nur selten nachweisbare – Verdacht nahe, dass der Gläubiger weniger den lauteren Wettbewerb als die Möglichkeit im Blick hat, die im angestrebten Unterlassungsvertrag versprochene Vertragsstrafe bei einer Zuwiderhandlung geltend machen zu können, was ihm auch nach der UWG-Reform 2020 jedenfalls bei Zweitverstößen und gegenüber größeren Unternehmen weiterhin möglich wäre, vgl. § 13a Abs. 2 UWG. Diesem Ansinnen kann der Schuldner begegnen, indem er die geforderte Unterlassungserklärung trotz Verstoßes nicht abgibt und abwartet, ob die angedrohten gerichtlichen Schritte tatsächlich eingeleitet werden. Eine Klage kann ggf. mit einem Anerkenntnis und eine einstweilige Verfügung mit einer Abschlusserklärung (vgl. Rn. 759 ff.) beantwortet werden.

bb) Gegenüber einem Dritten 154 Die Wirksamkeit einer Unterlassungserklärung hängt nicht davon ab, dass sie dem abmahnenden Gläubiger gegenüber abgegeben wird. Grundsätzlich kann sich der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs auch einem Dritten gegenüber zur Unterlassung und im Verstoßfall zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichten. Da die Unterlassungserklärung jedoch den Zweck hat, die Begehungsgefahr wirksam zu beseitigen, müssen in diesen Fällen die Ernsthaftigkeit des Unterlassungswillens des Schuldners und die Bereitschaft des Gläubigers des vertraglichen Unterlassungsanspruchs, diesen auch notfalls durchzusetzen, sorgfältig geprüft werden (vgl. Rn. 194, 256 ff.). 155 Hat sich der Schuldner unter diesen Voraussetzungen bereits vor oder während der

aktuellen Inanspruchnahme einem Dritten gegenüber unterworfen, muss er dem (weiteren) abmahnenden Gläubiger gegenüber keine weitere Unterlassungserklärung abgeben, da die Wiederholungsgefahr durch die erste Erklärung bereits insgesamt im Verhältnis zu allen möglichen Gläubigern entfallen ist (sog. Drittwirkung, vgl. auch Lampmann

I. Geltendmachung des Anspruchs

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Rn. 199, 235 f.; zur Kostenerstattung vgl. Rn. 90 f.).¹⁸⁵ Dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Schuldner das Verhalten entgegen seiner vertraglichen Verpflichtung wiederholt hat oder sogar unverändert fortsetzt.

b) Beseitigung der Erstbegehungsgefahr durch einen „actus contrarius“ Der Schuldner kann die Begehungsgefahr außerhalb einer Unterlassungserklärung 156 auch dadurch beseitigen, dass er ein der Begründungshandlung spiegelbildlich entgegengesetztes Verhalten tätigt.¹⁸⁶ Das kommt allerdings nur bei einer Erstbegehungsgefahr, nicht aber bei einer durch einen bereits begangenen Rechtsverstoß ausgelösten Wiederholungsgefahr in Betracht. Praxishinweis: Droht ein Verstoß nicht lediglich, sondern ist bereits begangen worden, sodass die Gefahr dessen Wiederholung im Raum steht, kann ein „actus contrarius“ naturgemäß nicht mehr ausreichen. Ebenso wenig kann der Schuldner die Wiederholungsgefahr durch die bloße Beendigung des wettbewerbswidrigen Verhaltens beseitigen.¹⁸⁷ Vielmehr ist grundsätzlich die Abgabe einer hinreichend gesicherten Unterlassungserklärung notwendig.

157

c) Zurückweisung des Anspruchs Unter mehreren Gesichtspunkten kann die Zurückweisung der gegnerischen An- 158 sprüche die beste Reaktion sein. Den Gläubiger eines wettbewerbsrechtlichen Anspruchs erwarten vor allem im 159 einstweiligen Verfügungsverfahren zahlreiche prozessuale Besonderheiten. Über die Notwendigkeit des zügigen vorgerichtlichen Vorgehens (vgl. Rn. 8 ff.) und die Hürde des Erlangens der begehrten gerichtlichen Eilentscheidung hinaus muss der Gläubiger auch danach nicht nur weiterhin Eile walten lassen, sondern bestimmte Formalien beachten, um die erwirkte einstweilige Verfügung in Kraft zu setzen bzw. zu vollziehen und aufrechtzuerhalten. Diese Anforderungen werden in der Praxis oft übersehen und können sich dadurch zugunsten des Schuldners auswirken. Ein gerichtlicher Titel – egal, ob einstweilige Verfügung oder Hauptsachetitel – hat 160 zudem für den Fall einer Zuwiderhandlung immer nur ein an den Staat und nicht an den Gläubiger zu zahlendes Ordnungsgeld oder ggf. eine Ordnungshaft zur Folge. Die Motivation des Gläubigers, das weitere Verhalten des Schuldners nachzuverfolgen und ggf. ein Ordnungsmittelverfahren durchzuführen, an dessen Ende im Erfolgsfall allenfalls eine Zahlung des Schuldners an die Staatskasse steht, fällt damit um einiges  BGH, GRUR 1983, 186, 186 f. – Wiederholte Unterwerfung I.  BGH, GRUR 2019, 189, 196 m. w. N. – Crailsheimer Stadtblatt II; OLG Frankfurt a. M.,WRP 2021, 356, 358. Kritisch Köhler, GRUR 2011, 879, 879.  Vgl. nur BGH, GRUR 2020, 303, 306 m. w. N. – Pflichten des Batterieherstellers. Lampmann

40

B. Vorgerichtliches Verfahren

geringer aus als die, im Fall einer strafbewehrten Unterlassungserklärung eine Klage auf Zahlung der Vertragsstrafe gegen den Schuldner zu erheben, mit der er mehrere tausend Euro „erzielen“ kann. 161 Auch der Umfang der Haftung unterscheidet sich bei Vorliegen einer gerichtlichen

Entscheidung im Vergleich zu einem Unterlassungsvertrag. Während der Schuldner eines gerichtlichen Titels nur aufgrund persönlichen Verschuldens haftet (vgl. Rn. 1003),¹⁸⁸ muss er bei einem vertraglichen Unterlassungsanspruch auch für Erfüllungsgehilfen einstehen (vgl. Rn. 216).¹⁸⁹ 162

Praxishinweis: Die unterschiedlichen Haftungsregime führen in der Praxis selten zu abweichenden Ergebnissen, da auch dem Titelschuldner umfangreiche Pflichten obliegen, wie z. B. hinsichtlich der betrieblichen Organisation sowie Unterrichtung und Überwachung von Mitarbeitern und sonstigen Dritten, die ursprünglich am Rechtsverstoß mitgewirkt haben oder einen neuen Verstoß herbeiführen können (vgl. Rn. 1004).¹⁹⁰

d) Gegenabmahnung und negative Feststellungsklage 163 Als Reaktion auf eine Abmahnung kann der Schuldner umgehend eine negative

Feststellungsklage mit dem Antrag auf Feststellung des Nichtbestehens der vom Gläubiger geltend gemachten Ansprüche erheben (vgl. Rn. 928 ff.). Nur ausnahmsweise ist vor Klageerhebung eine Aufforderung zum Verzicht auf die in der Abmahnung behaupteten Ansprüche erforderlich (sog. Gegenabmahnung, vgl. Rn. 944 f.). 164

Praxishinweis: Die Vorbereitung der negativen Feststellungsklage mit einer Gegenabmahnung darf nicht mit der Konstellation verwechselt werden, in der die Abmahnung als solche einen (Wettbewerbs-)Verstoß, z. B. in Gestalt einer unlauteren Behinderung gem. § 4 Nr. 4 UWG, begründet, den der bisherige Schuldner nunmehr als Gläubiger unterbinden möchte. In diesem Fall gelten die bereits skizzierten Regeln für die (erstmalige) Abmahnung. Beide Varianten können jedoch zusammenfallen; nämlich dann, wenn der (vermeintliche) Schuldner einerseits gerichtlich feststellen lassen möchte, dass der vom (vermeintlichen) Gläubiger behauptete Anspruch nicht besteht, und andererseits die Abmahnung als eigenständige unlautere Handlung angreift.

 BGH, GRUR 1987, 648, 649 – Anwalts-Eilbrief.  BGH, GRUR 1985, 1065, 1066 – Erfüllungsgehilfe; GRUR 1988, 561, 562 – Verlagsverschulden I; GRUR 1998, 963, 964 – Verlagsverschulden II; GRUR 2017, 823, 824 – Luftentfeuchter; OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 351, 352 f.; LG Memmingen, WRP 2018, 1538, 1539.  Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 5.7. Lampmann

I. Geltendmachung des Anspruchs

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e) Schweigen Genauso wenig, wie der Gläubiger dazu verpflichtet ist, den Schuldner außerge- 165 richtlich abzumahnen (vgl. Rn. 14), ist der Schuldner dazu verpflichtet, auf eine Abmahnung zu antworten (vgl. auch Rn. 746 m. Fn. 1200, Rn. 945, 968 f.). Den zu Recht abgemahnten Schuldner trifft aufgrund des durch den Wettbe- 166 werbsverstoß entstandenen und mit der Abmahnung konkretisierten gesetzlichen Schuldverhältnisses nach Treu und Glauben allerdings die Obliegenheit, auf die Abmahnung hin fristgemäß und abschließend zu antworten, sei es durch Abgabe einer hinreichend gesicherten Unterlassungserklärung oder durch Ablehnung einer solchen, wenn er mögliche Schadensersatzansprüche des Gläubigers vermeiden möchte.¹⁹¹ Diese Obliegenheit ergibt sich aus einer wettbewerbsrechtlichen Sonderbeziehung eigener Art, die noch nicht mit dem Wettbewerbsverstoß als solchem, sondern erst durch den Zugang der Abmahnung¹⁹² begründet wird.¹⁹³ Aufseiten des zu Unrecht abgemahnten Schuldners besteht demgegenüber 167 grundsätzlich keine Aufklärungspflicht. Zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner fehlt es in einem solchen Fall an einer Sonderrechtsbeziehung, in der die Grundlage für eine Aufklärungspflicht liegen könnte.¹⁹⁴ Praxishinweis: Insbesondere dann, wenn der Schuldner den vom Gläubiger geltend gemachten Anspruch für unbegründet hält, kann es sinnvoll sein, diesen nicht explizit zurückzuweisen. Aber auch in den Fällen, in denen der Schuldner die Abmahnung für begründet erachtet oder dies jedenfalls für möglich hält, kann es u. U. ratsam sein, auf die Abmahnung zu schweigen. Beachtet werden muss in den beiden Konstellationen allerdings, dass Verstöße gegen die Antwortobliegenheit des zu Recht abgemahnten Schuldners Schadensersatzansprüche des Gläubigers auslösen können. Denn den Schuldner trifft entsprechend Rn. 165 f. zwar keine Antwortpflicht, aber die besagte Obliegenheit, deren Inhalt sich nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Zwecks der Abmahnung bestimmt.¹⁹⁵ In der Folge hat er z. B. die Kosten eines unnötigen Prozesses zu erstatten, die der Gläubiger in Unkenntnis einer Drittunterwerfung aufwenden musste.¹⁹⁶ Auch im Rahmen einer Kostenentscheidung nach §§ 91a, 93 ZPO ist zu berücksichtigen, ob der Schuldner zur Verfahrenseinleitung durch Verletzung der ihn treffenden Antwortobliegenheit bzw. Aufklärungspflicht über eine abgegebene Drittunterwerfungserklärung Anlass gegeben hat.¹⁹⁷ Keine Einstandspflicht des Schuldners besteht demgegenüber in Bezug auf solche Umstände, von denen

 BGH, GRUR 1990, 381, 382 – Antwortpflicht des Abgemahnten.  KG, WRP 2013, 1061, 1061. A. A. Russlies, Rn. 380, der darauf hinweist, dass die Abmahnung ihrerseits in Wahrnehmung von Rücksichtnahmepflichten erfolgt, und das Entstehen der fraglichen Sonderbeziehung noch vor deren Zugang schlussfolgert.  BGH, GRUR 1995, 167, 168 – Kosten bei unbegründeter Abmahnung.  BGH, GRUR 1995, 167, 169 – Kosten bei unbegründeter Abmahnung.  BGH, GRUR 1987, 54, 55 – Aufklärungspflicht des Abgemahnten.  BGH, GRUR 1987, 54, 55 – Aufklärungspflicht des Abgemahnten.  OLG Hamm, Urt. v. 5.10. 2010 – 4 U 64/10, BeckRS 2010, 28416. Lampmann

168

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B. Vorgerichtliches Verfahren

sich der Gläubiger in zumutbarer Weise selbst die nötige Kenntnis verschaffen kann, z. B. aus öffentlichen Registern oder durch behördliche Auskünfte.¹⁹⁸

f) Schutzschrift 169 Neben Abgabe der Unterlassungserklärung, deren Zurückweisung, Einreichung einer

negativen Feststellungsklage oder bloßer Nichtreaktion hat der Schuldner die Möglichkeit, eine Schutzschrift bei Gericht zu hinterlegen (vgl. Rn. 532 ff.). 170 Die Schutzschrift ist eine mittlerweile in §§ 945a f. ZPO gesetzlich geregelte Maßnah-

me, mit deren Hilfe der Schuldner ein einseitiges Verfahren verhindern und ggf. den Verfahrensgang bzw. -ausgang beeinflussen kann, indem er dem Gericht vor der Entscheidung seinen Standpunkt zur Sach- und Rechtslage mitteilt. 171

Praxishinweis: Ob eine Schutzschrift sinnvoll ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. Rn. 536). Die Annahme, dass die Hinterlegung einer Schutzschrift das Gericht in jedem Fall vom Erlass einer einstweiligen Verfügung abhalten bzw. zur Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zwingen könnte, ist ein Irrglaube. Im Gegenteil: Eine unbedachte Einlassung kann einen bis dahin unvollständigen Vortrag des Gläubigers schlüssig machen und dessen Antrag sogar zum Erfolg verhelfen. Eine anwaltliche Schutzschrift kann es zudem ermöglichen, dass die Zustellung der trotzdem erwirkten einstweiligen Verfügung anstatt des – womöglich im Ausland sitzenden – Schuldners persönlich an seinen im Inland erreichbaren Verfahrensbevollmächtigten bewirkt werden kann.

II. Unterwerfung 1. Rechtsnatur des Unterlassungsvertrags 172 Der Abschluss eines Unterlassungsvertrags bietet den Parteien die in der Praxis häufig

gewählte Möglichkeit, einen wettbewerbsrechtlichen Streit außergerichtlich kostengünstig beizulegen. Es handelt sich dabei um ein Dauerschuldverhältnis (vgl. Rn. 868, 964 ff.),¹⁹⁹ das erst mit der Abgabe zweier, übereinstimmender Willenserklärungen zustande kommt. 173

Praxishinweis: Diese Selbstverständlichkeit sollte nicht übersehen werden, da die einseitige Abgabe der Unterlassungserklärung zwar die Begehungsgefahr zugunsten des Schuldners beseitigt (vgl. Rn. 263 ff.), aber noch keine vertraglichen Ansprüche des Gläubigers begründet.

 OLG Frankfurt a. M., WRP 1989, 391, 393.  BGH, GRUR 2014, 797, 798 f. – fishtailparka. Lampmann

II. Unterwerfung

43

Ist der Unterlassungsvertrag zustande gekommen, so ist er dogmatisch – wenn nicht 174 ausnahmsweise ein anderweitiger Wille der Parteien zum Ausdruck gebracht wurde – als abstraktes Schuldanerkenntnis mit Ersetzung der gesetzlich bestehenden Schuld durch eine vertragliche Schuld einzuordnen (vgl. Rn. 186, 953).²⁰⁰

2. Zustandekommen des Unterlassungsvertrags a) Vertragsangebot des Gläubigers Für gewöhnlich leitet der Gläubiger den Streit mit einer Abmahnung ein, deren obli- 175 gatorischer Bestandteil die Forderung nach einer Unterlassungserklärung ist (vgl. Rn. 46). Zwecks Vereinfachung der Erledigung gibt der Gläubiger zugleich einen beispielhaften Wortlaut einer aus seiner Sicht genügenden Unterlassungserklärung an. Praxishinweis: Obwohl der Schuldner gehalten ist, unabhängig von den Vorstellungen des Gläubigers eine eigene Unterlassungserklärung abzugeben,²⁰¹ ist es für den Gläubiger regelmäßig ratsam, eine Erklärung, die er akzeptieren würde, vorzuformulieren (vgl. Rn. 47 f.). In diesem Fall handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die auf den Abschluss eines (Unterlassungs-)Vertrags gerichtet ist. In der seitens des Schuldners erfolgenden Annahme dieser vorformulierten Unterlassungserklärung oder der wörtlichen bzw. zumindest im Wesentlichen gleichlautenden Abgabe der vorformulierten Verpflichtung als eine eigene liegt sodann die Annahme des Angebots – der (Unterlassungs-)Vertrag kommt zustande.²⁰²

176

Die Annahme der vom Gläubiger beigefügten vorformulierten Unterlassungserklä- 177 rung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Nicht ausreichend ist der bloße Entschluss als solcher. Dieser muss vielmehr objektivierbar nach außen zutage treten.²⁰³ Praxishinweis: Während bei andersartigen Verträgen, z. B. über Warenlieferungen, dafür typischerweise der Beginn mit den geschuldeten Ausführungshandlungen in Betracht kommt, da diese aus Sicht eines unbeteiligten objektiven Dritten auf den Annahmewillen schließen lassen, fehlt es in der Regel an einem solchen Anknüpfungspunkt aufseiten des Gläubigers bei dem lediglich den Schuldner einseitig verpflichtenden Unterlassungsvertrag. In der Mitteilung, dass die Unterlassungserklärung „zur Kenntnis genommen“ werde, kann zwar die Annahme des Vertragsangebots liegen. Auch weitere Umstände, wie z. B. das Anfordern eines Originals der Unterlassungserklä-

 Vgl. BGH, GRUR 1995, 678, 679 f. – Kurze Verjährungsfrist; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/ Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 166. Dies ebenso für vertretbar haltend, jedoch eine – mit keinen sachlichen Abweichungen verbundene – Qualifikation als abstraktes Schuldversprechen bevorzugend Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 8 Rn. 5.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 235, 236.  Hierzu auch BGH, GRUR 2010, 355, 357 – Testfundstelle.  Busche, in: MüKo/BGB, § 151 Rn. 9. Lampmann

178

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B. Vorgerichtliches Verfahren

rung oder eine Einigung über die entstandenen Kosten, können in dieselbe Richtung weisen.²⁰⁴ Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollte der Gläubiger jedoch sicherstellen, dass er die Annahme der Unterlassungsverpflichtungserklärung ausdrücklich und in nachweisbarer Form erklärt. Erklärt er im Zusammenhang mit der Annahme einer Unterlassungserklärung, dass er gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen werde, soweit die Erklärung hinter der geforderten Unterlassungserklärung nach Umfang und zeitlicher Reichweite zurückbleibe, kann der sich daraus ergebende Widerspruch (vgl. auch Rn. 185) einer wirksamen Annahme der Unterlassungserklärung entgegenstehen.²⁰⁵ 179 Eine von Bornkamm/Feddersen angeführte Meinung geht wegen der für den Wegfall

der Wiederholungsgefahr notwendigen „Damoklesschwert“-Wirkung der strafbewehrten Unterlassungserklärung (vgl. Rn. 264) davon aus, dass in deren Zuleitung durch den Schuldner ein Verzicht auf den Zugang der Annahme hineingelesen werden müsse und somit der Zugang der Annahmeerklärung nach den Voraussetzungen des § 151 BGB nicht erforderlich sei.²⁰⁶ Die Gegenauffassung hält den Zugang nur dann für entbehrlich, wenn der Schuldner mit der Annahme seiner Unterlassungserklärung (fest) rechnen kann, was z. B. der Fall ist, wenn sie von der vorformulierten Erklärung nicht abweicht oder der Schuldner bei der Übermittlung erklärt, er gehe bei Ausbleiben einer abweichenden Mitteilung von der Annahme durch den Gläubiger aus.²⁰⁷ 180

Praxishinweis: In der anwaltlichen Praxis muss beachtet werden, dass die Bestimmung des § 151 BGB nicht die Annahmeerklärung selbst entbehrlich macht, sondern nur ihren Zugang bei dem Vertragspartner.²⁰⁸

b) Vertragsangebot des Schuldners 181 Obwohl der Abschluss eines Unterlassungsvertrags in der Regel durch den Gläubiger mit einer Abmahnung eingeleitet wird, ist dieser Ablauf nicht zwingend. Der Schuldner kann eine vorbeugende Unterlassungserklärung abgeben, ohne abgemahnt worden zu sein (vgl. Rn. 253 ff.). In diesem Fall ist diese Erklärung als (erstes) Vertragsangebot des Schuldners zu werten. Ein Unterlassungsvertrag kommt zustande, wenn dieses Vertragsangebot durch den adressierten Gläubiger angenommen wird.

 Offenlassend, ob darin ein Fall des § 151 BGB oder eine konkludente Annahme liegt, OLG Jena, NJOZ 2010, 533, 534. Vgl. auch LG Stuttgart, WRP 2018, 378, 380.  OLG Hamburg, WRP 2018, 861, 865.  Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 174; OLG Frankfurt a. M., GRUR 1986, 626, 627; OLG Bremen, Urt. v. 3.4. 2003 – 2 U 67/02, BeckRS 2003, 17784.  BGH, GRUR 2002, 824, 825 – Teilunterwerfung; OLG Karlsruhe, WRP 1990, 51, 52 f.; OLG München, Urt. v. 12.11.1998 – 29 U 3730/98, BeckRS 1999, 01356; KG, Urt. v. 27.9. 2011 – 5 U 137/10, BeckRS 2011, 27066; Brüning, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 13 Rn. 127.  BGH, GRUR 2006, 878, 878 – Vertragsstrafevereinbarung. Lampmann

II. Unterwerfung

45

Hat der Gläubiger den Schuldner abgemahnt, ihm aber den Wortlaut der geforderten 182 Unterlassungsverpflichtung nicht vorgegeben, so liegt in der Abgabe der erstmalig vom Schuldner selbst formulierten Unterlassungserklärung das erste Angebot, das der Gläubiger annehmen muss, um einen Unterlassungsvertrag zu begründen. Eine seitens des Schuldners abgegebene modifizierte Unterlassungserklärung, die 183 von einer vorformulierten Erklärung des Gläubigers abweicht, ist gem. § 150 Abs. 2 BGB als ein neues Angebot zu werten,²⁰⁹ das durch den Gläubiger zwecks Vertragsabschlusses wiederum noch angenommen werden muss. Das Angebot des Schuldners auf Abschluss eines Unterlassungsvertrags gilt als un- 184 befristet und kann vom Gläubiger jederzeit angenommen werden. Nach der Rechtsprechung des BGH gelten die Regeln der §§ 146 f. BGB nicht, da die Abgabe einer Unterlassungserklärung (auch als neues Angebot) per se als nicht widerruflich anzusehen sei.²¹⁰ Die Unwiderruflichkeit resultiere aus der Funktion der Unterlassungserklärung einerseits und aus der durch ihre Abgabe erzeugten Wirkung der Begehungsgefahrbeseitigung andererseits (vgl. Rn. 263 ff.). Obwohl der BGH in seiner Entscheidung einen Zeitraum von lediglich elf Tagen zu beurteilen hatte, kann nach diesem Maßstab auch ein Zeitraum von dreizehn Monaten (!) zwischen Angebot und Annahme unschädlich sein.²¹¹ Praxishinweis: Soweit der Gläubiger sich mit einer Unterlassungserklärung zufriedengibt, die hinter der ursprünglich verlangten Erklärung zurückbleibt, wird mit Abschluss des Unterlassungsvertrags in der Regel ein Verzicht auf einen etwaigen weitergehenden Anspruch erklärt bzw. ein diesbezüglicher Erlassvertrag geschlossen (vgl. aber Rn. 178).²¹² Dies gilt jedoch nur im Hinblick auf diejenigen Streitgegenstände, die mit der Abmahnung geltend gemacht wurden und für die sodann eine (im Vergleich zum geforderten Umfang einschränkende) Unterlassungserklärung abgegeben wurde; auf die Streitgegenstände, die außerhalb der zugeleiteten Unterlassungserklärung liegen, erstreckt sich ein solcher Verzicht bzw. Erlassvertrag grundsätzlich nicht (vgl. Rn. 201, 269 f.).²¹³

185

3. Form und Zugang der Unterlassungserklärung Da durch die Unterlassungserklärung der gesetzliche Unterlassungsanspruch dauer- 186 haft durch einen vertraglichen substituiert werden soll, sind in formeller Hinsicht strenge Anforderungen einzuhalten.

    

LG Stuttgart, WRP 2018, 378, 379 f.; OLG Hamburg, GRUR-RR 2018, 479, 481 f.; WRP 2018, 861, 865. BGH, GRUR 2010, 355, 357 – Testfundstelle. OLG Düsseldorf, WRP 2016, 246, 249 f. OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2003, 198, 200; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 7 Rn. 10. OLG Hamburg, GRUR-RR 2018, 479, 481; WRP 2018, 861, 865. Lampmann

46

B. Vorgerichtliches Verfahren

187 Eine Unterlassungserklärung bedarf entsprechend § 780 BGB stets der Schriftform.

Zur Wirksamkeit ist es erforderlich, dass der Schuldner (nicht der Gläubiger) seine Erklärung gem. § 126 Abs. 1 BGB eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens abgibt und die Urkunde dem Gläubiger zugeht.²¹⁴ Wenn die Unterschrift durch einen Dritten geleistet wurde, ist eine (konkludente) Genehmigung i. S. v. § 177 Abs. 1 BGB möglich.²¹⁵ Den Zugang der Unterlassungserklärung hat stets der Absender sicherzustellen und ggf. zu beweisen.²¹⁶ 188 Vom Schriftformerfordernis sind die Fälle ausgenommen, in denen es sich bei dem

Erklärenden um einen Kaufmann handelt, § 350 HGB.²¹⁷

189

Praxishinweis: Der Gläubiger sollte jedoch im Zweifel – soweit es sich z. B. um kleinere Mitbewerber handelt, bei denen die Kaufmannseigenschaft nicht offensichtlich ist – auf der Übersendung einer schriftlichen Erklärung bestehen.

190 Aus dem Sinn und Zweck der Unterwerfung folgt die Verpflichtung des Schuldners,

dem Gläubiger auf sein Verlangen die mündlich, telefonisch, per Telefax oder E-Mail abgegebene Erklärung schriftlich zu bestätigen. Kommt der Schuldner dem Verlangen nicht nach, so ist die Erklärung wegen des Fehlens ernsthafter Unterwerfungsbereitschaft wirkungslos (vgl. Rn. 194).²¹⁸ 191

Praxishinweis: Bornkamm/Feddersen nehmen bei ihrem diesbezüglichen Hinweis eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1990 in den Blick, die sich auf die Abgabe einer Unterlassungserklärung per Fernschreiber (Telex) bezog.²¹⁹ Anders als per Telefax (Fernkopie) – eine sich zu diesem Zeitpunkt gerade erst etablierende Technologie –, konnten mittels Fernschreiber nicht ganze Dokumente, sondern lediglich einzelne Zeichen übertragen werden. Der Beweiswert entsprechender Nachrichten war deshalb naturgemäß gering. Dieser Makel ist aufgrund der vollständigen Kopie des Dokuments nebst Unterschrift des Erklärenden bei der Übertragung durch Telefax – insbesondere bei modernen Faxgeräten – allerdings nicht mehr vorhanden,²²⁰ sodass es nicht unwahrscheinlich ist, dass sich die Rechtsprechung diesbezüglich ändert. Im Hinblick darauf sollte der Gläubiger prüfen, ob er sich – wenn ansonsten keine Zweifel an der prozessualen Verwertbarkeit der Erklärung bestehen – mit einer per Telefax übermittelten Erklärung nicht doch begnügen sollte. Er geht andernfalls das Risiko ein, einen gleichwohl eingeleiteten Rechtsstreit kostenträchtig zu verlieren, falls das zuständige Gericht die Faxerklärung für ausreichend und den Unterlassungsanspruch mangels Begehungsgefahr für erloschen halten sollte.

 OLG Hamm, GRUR 1991, 254, 254; Habersack, in: MüKo/BGB, § 780 Rn. 21.  OLG Düsseldorf, Urt. v. 29. 8. 2019 – 2 U 44/18, GRUR-RS 2019, 33231.  Vgl. OLG Celle, GRUR-RR 2009, 198, 198.  Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 145.  Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 145.  Vgl. BGH, GRUR 1990, 530, 532 – Unterwerfung durch Fernschreiben.  A. A. unter Verweis auf Manipulationsmöglichkeiten bei bloßen Kopien OLG München, NJW 1993, 3146, 3146. Lampmann

II. Unterwerfung

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Faktisch besteht jedenfalls dann die Notwendigkeit der Zusendung des Originals, 192 wenn die in der Unterlassungserklärung in Bezug genommenen Abbildungen bzw. Anlagen bei der ausgewählten Übermittlungsform (etwa auf dem Faxausdruck) nicht erkennbar sind.

4. Inhalt und Umfang der Unterlassungserklärung Die aufgrund einer Rechtsverletzung indizierte Wiederholungsgefahr bzw. die bei der 193 ernstlichen Befürchtung einer bevorstehenden Rechtsverletzung begründete Erstbegehungsgefahr (beides Unterformen der Begehungsgefahr) entfallen nur dann, wenn die Unterlassungserklärung grundsätzlich unwiderruflich, unbefristet und unbedingt abgegeben wird. Die Unterlassungserklärung muss dem Gläubiger die Rechtsposition verschaffen, die der Rechtsposition, welche durch einen gerichtlichen Unterlassungstitel begründet wird, möglichst nahekommt (vgl. auch Rn. 953).²²¹ Das abgemahnte Verhalten muss durch die abgegebene Unterlassungserklärung 194 endgültig außer Streit gestellt sein. Dabei ist es entscheidend, dass der ernsthafte Wille des Schuldners, künftig keine Zuwiderhandlung zu begehen, durch die Unterlassungserklärung manifestiert wird. Inhalt der Unterlassungserklärung ist dementsprechend eine Kombination aus der Erklärung, das gerügte Verhalten zukünftig zu unterlassen, d. h. der Unterlassungsverpflichtung (vgl. Rn. 197 ff.), und – bei Vorliegen einer Wiederholungsgefahr – einem den Anforderungen der Rechtsprechung genügenden Vertragsstrafeversprechen (vgl. Rn. 217 ff.). Bereits geringe Zweifel an der Ernsthaftigkeit reichen aus, um der Unterlassungserklärung ihre die Begehungsgefahr ausräumende Wirkung zu nehmen.²²² Praxishinweis: Die Ernsthaftigkeit des Unterlassungswillens entfällt zwar nicht, wenn die Unterlassungsverpflichtung von der Vorlage der Vollmacht des Gläubigers abhängig gemacht wird, jedoch dann, wenn sie unter die aufschiebende Bedingung des Nachweises einer „zweifelsfreien“ und „ordnungsgemäßen“ Bevollmächtigung gestellt wird (vgl. Rn. 24 ff.).²²³

195

Eine Unterlassungserklärung muss, um die im Raum stehende Gefahr der Begehung 196 entsprechender Wettbewerbsverstöße auszuräumen, eindeutig und hinreichend bestimmt sein. Sie muss sich zudem auf den richtigen Streitgegenstand beziehen, was beispielsweise dann nicht der Fall ist, wenn eine Unterlassungserklärung nach wettbewerbswidriger E-Mail-Werbung inhaltlich lediglich dem allgemeinen delikti-

 Ganz h. M., vgl. etwa BGH, GRUR 2006, 878, 879 – Vertragsstrafevereinbarung; GRUR 2003, 889, 889 – Internet-Reservierungssystem.  BGH, GRUR 2001, 422, 424 – ZOCOR; OLG Köln, ZUM 2015, 404, 406.  LG Frankfurt a. M., B. v. 9.12. 2020 – 2– 03 O 184/20, n. v. (in der Folgeinstanz offengelassen durch OLG Frankfurt a. M., B. v. 11. 3. 2021 – 11 W 13/21, n. v.). Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

schen Unterlassungsanspruch des Adressaten aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog entspricht, jener jedoch mangels Wettbewerbsverhältnisses zum Schuldner – im Gegensatz zum Gläubiger – gerade keinen eigenen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch hat.²²⁴

a) Formulierung und Auslegung der Unterlassungsverpflichtung 197 In der Formulierung der Unterlassungsverpflichtung sind die Parteien – wie vor dem Hintergrund der Vertragsfreiheit auch sonst – grundsätzlich frei (vgl. aber Rn. 248 ff.). 198 Auf den Umfang des vertraglichen Unterlassungsanspruchs kommt es jedoch einer-

seits dann an, wenn Gläubiger und Schuldner sich nicht einig werden und der Gläubiger die angebotene Unterlassungserklärung entweder gar nicht annehmen möchte oder der Meinung ist, er habe darüber hinausgehende Ansprüche, die er gerichtlich durchsetzen möchte. 199 Andererseits ist der Umfang der Unterlassungsverpflichtung für die Beurteilung von

Belang, ob diese in der Lage ist, den Unterlassungsanspruch auch gegenüber allen weiteren Gläubigern (z. B. Mitbewerbern) wirksam zu beseitigen (vgl. Rn. 155). Die grundsätzlich erga omnes entfallende Wiederholungsgefahr bleibt nämlich dann bestehen, wenn die Unterlassungserklärung die konkrete Verletzungshandlung zwar abdeckt, aber gegenüber dem gesetzlichen Unterlassungsanspruch inhaltlich eingeschränkt ist. 200 Ergibt sich der Umfang der Unterlassungsverpflichtung nicht aus dem Wortlaut der

Unterlassungserklärung, so ist diese nach den für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen auszulegen, wobei der wirkliche Wille der Vertragsparteien maßgeblich ist (§§ 133, 157 BGB).²²⁵ Rückschlüsse darüber können ggf. auch aus dem nach dem Vertragsschluss an den Tag gelegten tatsächlichen Verhalten der Parteien gewonnen werden.²²⁶ Dabei ist aufgrund des Zwecks der Unterlassungserklärung – Beseitigung der Begehungsgefahr – davon auszugehen, dass die Parteien des betreffenden Vertrags damit auch im Kern gleichartige Verletzungsformen erfassen wollten (vgl. Rn. 450 ff.).²²⁷ Ein unmittelbarer Rückgriff auf die Grundsätze, die im Ordnungsmit-

 LG Berlin, Urt. v. 9.10. 2015 – 15 O 195/15, BeckRS 2016, 7982. Ebenfalls beispielhaft OLG Hamburg, Urt. v. 7.6. 2018 – 3 U 94/17, BeckRS 2018, 43220.  OLG Celle, ZUM 2015, 575, 576; OLG Stuttgart, WRP 2018, 1131, 1132; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29. 8. 2019 – 2 U 44/18, GRUR-RS 2019, 33231; LG Köln, WRP 2017, 748, 748; LG Münster, WRP 2018, 636, 637. Weiterführend Husemann, WRP 2017, 270, 270 ff. m. w. N.  LG Stuttgart, WRP 2018, 378, 381.  OLG Stuttgart, WRP 2018, 1131, 1132; OLG Köln, Urt. v. 13. 3. 2020 – 6 U 201/19, GRUR-RS 2020, 4015; Urt. v. 24. 5. 2017 – 6 U 161/16, BeckRS 2017, 113446. Lampmann

II. Unterwerfung

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telverfahren nach §§ 890 f. ZPO für die Auslegung eines in gleicher Weise formulierten Unterlassungstitels zur Anwendung kommen würden, ist grundsätzlich nicht möglich.²²⁸ Praxishinweis: Die Bestimmung des Streitgegenstands (vgl. Rn. 408 ff.) und die Formulierung einer den Unterlassungsanspruch treffenden, hinreichenden – andererseits aber auch nicht zu weitgehenden – Unterlassungsverpflichtung (vgl. auch Rn. 425 ff.) bereiten in der Praxis nicht selten große Schwierigkeiten und sollten von beiden Parteien von Anfang an mit großer Sorgfalt behandelt werden. Der Schuldner kann bei der Formulierung der Unterlassungsverpflichtung grundsätzlich auf die konkrete Verletzungsform, d. h. die konkret erfolgte Zuwiderhandlung, abstellen. Des Weiteren ist es möglich, die über die konkrete Verletzungsform hinausgehenden, ebenfalls von der Begehungsgefahr umfassten kerngleichen Verletzungshandlungen in die Unterlassungsverpflichtung in Form einer allgemeinen Beschreibung aufzunehmen (vgl. Rn. 454). Eine bloße Wiederholung des Gesetzestextes des einschlägigen Tatbestands genügt demgegenüber in aller Regel nicht (vgl. Rn. 460).²²⁹ Die Abgabe einer eigenen, nicht der vorformulierten Erklärung des Gläubigers entsprechenden Unterlassungserklärung durch den Schuldner ist grundsätzlich möglich (vgl. Rn. 47, 176, 183). Der Schuldner setzt sich damit jedoch stets dem Risiko eines gerichtlichen Verfahrens aus, wenn er sich an der konkreten Verletzungsform vorbei oder nicht weitgehend genug verpflichtet. Eine diesbezügliche „Nachfasspflicht“ des Gläubigers besteht nur in engen Grenzen.²³⁰ Auf der anderen Seite muss der Gläubiger in solchen Fällen auch selbst Vorsicht walten lassen, da die Annahme einer sich in der konkreten Verletzungsform erschöpfenden oder anderweitig eingeschränkten Unterlassungsverpflichtung u. U. einen Verzicht bzw. einen Erlassvertrag bezüglich etwaiger darüber hinausgehender Unterlassungsforderungen darstellen kann (vgl. Rn. 185, 269 f.).²³¹

201

Die Unterlassungsverpflichtung muss den bestehenden gesetzlichen Unterlassungs- 202 anspruch zwar nach Inhalt und Umfang voll abdecken und dementsprechend uneingeschränkt, unwiderruflich, unbedingt und grundsätzlich auch ohne die Angabe eines Endtermins erfolgen (vgl. Rn. 193 f.).²³² Dieser Grundsatz gilt aber im Hinblick auf die Überlegung, dass sich der vertragliche Unterlassungsanspruch wie der gesetzliche Anspruch, den er ersetzen soll, ausschließlich auf ein wettbewerbswidriges Handeln beziehen muss und deshalb keine Verpflichtung des Schuldners besteht, ihn auf ein rechtmäßiges Verhalten zu erstrecken,²³³ zumindest nicht (mehr) kategorisch.²³⁴ Es

 Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 179.  Anders allerdings bei gleichzeitiger Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform, vgl. OLG München, WRP 2017, 730, 731.  OLG München, B. v. 28.11. 2016 – 6 W 1563/16, zit. nach juris; KG, B. v. 16.6. 2017– 5 W 60/17, BeckRS 2017, 123068. Vgl. auch OLG Köln, B. v. 18.6. 2018 – 6 W 57/18, BeckRS 2018, 23300, das im Grundsatz festhält, dass der Unterlassungsanspruch nicht zwingend „im ersten Anlauf“ vollständig erledigt werden muss. Zum vorgerichtlichen Nachfassen vorbereitend auf die Erwirkung einer einstweiligen Verfügung im einseitigen Verfahren vgl. Rn. 9 m. Fn. 2, Rn. 586.  OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2003, 198, 200; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 7 Rn. 10.  BGH, GRUR 2002, 180, 180 f. – Weit-Vor-Winter-Schluss-Verkauf; GRUR 2008, 815, 816 – Buchführungsbüro; GRUR 2016, 395, 398 – Smartphone-Werbung; OLG Düsseldorf, WRP 2016, 246, 249 f.; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 138.  BGH, GRUR 1993, 677, 679 – Bedingte Unterwerfung. Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

gibt häufig einen berechtigten Anlass für Einschränkungen, der es nicht rechtfertigt, darin ein Zeichen für das Fehlen eines ernsthaften Unterlassungswillens zu erkennen;²³⁵ zahlreiche in der Praxis vorkommende Einschränkungen bleiben demgegenüber aufgrund der besagten Anforderung unzulässig und sind nicht hinzunehmen.

aa) Zulässige Einschränkungen 203 Eine von den Vorgaben des Gläubigers abweichende Formulierung der Unterlassungsverpflichtung entsprechend dem Inhalt des gesetzlichen Unterlassungsanspruchs oder ein Hinweis außerhalb der eigentlichen Verpflichtung, der Schuldner teile weitere Beanstandungen nicht, sprechen nicht gegen die Ernsthaftigkeit seines Unterlassungswillens.²³⁶ 204 Gleiches gilt für den Zusatz, die Unterwerfung des Schuldners erfolge „ohne Aner-

kennung einer Rechtspflicht, gleichwohl rechtsverbindlich“, da dieser Vorbehalt den Unterlassungswillen nicht einschränkt, sondern vielmehr auf die Vermeidung der Kostentragungspflicht abzielt, wobei er auch in dieser Hinsicht weitgehend nur deklaratorisch ist (vgl. Rn. 86).²³⁷ 205 Eine Teilunterwerfung, die ein Schuldner in Bezug auf teilbare Ansprüche erklärt,

weil er hinsichtlich dieses Teils eine gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden möchte, hinsichtlich des anderen Teils aber eine gerichtliche Klärung anstrebt bzw. in Kauf nimmt, ist grundsätzlich zulässig²³⁸ und insbesondere dann unproblematisch, wenn sich die Abmahnung auf verschiedene Streitgegenstände bezieht und die Unterwerfung im Hinblick auf einzelne Streitgegenstände erfolgt, für andere aber verweigert wird (vgl. auch Rn. 761).²³⁹ Der Gläubiger muss sich jedoch eine solche Erklärung nur gefallen lassen, wenn eine Teilunterwerfung für den Schuldner objektiv sinnvoll bzw. zweckmäßig erscheint und keine berechtigten Interessen des Gläubigers entgegenstehen (vgl. Rn. 213 f., 269).²⁴⁰ 206

Praxishinweis: Der Schuldner muss beachten, dass eine eingeschränkte Unterlassungserklärung – soweit überhaupt zulässig – allenfalls zu einem entsprechend eingeschränkten Wegfall der Begehungsgefahr führen kann. Er trägt das Risiko, dass der gesetzliche Unterlassungsanspruch des Gläubigers dadurch nicht vollständig erledigt ist. Beispielhaft ist insoweit eine aufschiebende Bedingung in Gestalt einer Aufbrauchsfrist, die zwar grundsätzlich unschädlich ist, soweit die

 Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 8 Rn. 8 ff.  Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 186.  BGH, GRUR 2008, 815, 816 – Buchführungsbüro; OLG Hamburg, AfP 2007, 583, 584.  Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 157 f. m. w. N.; BGH, GRUR 2008, 815, 816 – Buchführungsbüro.  BGH, GRUR 2001, 422, 424 – ZOCOR.  Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 84 Rn. 71.  OLG Hamburg, GRUR-RR 2009, 446, 446. Lampmann

II. Unterwerfung

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einschlägigen Voraussetzungen gegeben sind.²⁴¹ Der Gläubiger kann allerdings für den Zeitraum der vorbehaltenen Aufbrauchsfrist versuchen, eine gerichtliche Entscheidung – zweckmäßigerweise in Form einer einstweiligen Verfügung – herbeizuführen. Ob er damit Erfolg hat, hängt davon ab, inwiefern die Aufbrauchsfrist und die daraus in zeitlicher Hinsicht resultierende Beschränkung der Unterlassungspflicht berechtigt waren (vgl. auch Rn. 628, 634).²⁴²

Ähnlich ist es, wenn die übernommene Unterlassungsverpflichtung für den Gläubiger 207 nicht erkennen lässt, ob damit auch kerngleiche Verstöße erfasst werden. Denn der Schuldner ist nach der Kerntheorie (vgl. Rn. 451 f.) nicht nur zur Unterlassung identischer, sondern auch ähnlicher, im Kern gleicher Verstöße verpflichtet.²⁴³ Obwohl für die Beseitigung der Begehungsgefahr in Bezug auf andere, aber kerngleiche Verstöße nicht stets die Abgabe einer verallgemeinerten Unterlassungsverpflichtung erforderlich ist, darf aufgrund des Verhaltens bzw. der Erklärungen des Schuldners für den Gläubiger jedenfalls kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass sich die zugeleitete Unterlassungserklärung auch auf kerngleiche Verstöße erstreckt.²⁴⁴ Andernfalls läuft der Gläubiger Gefahr, seine wohlverstandenen Interessen zu beeinträchtigen, wenn er nicht auf der Abgabe einer uneingeschränkten Erklärung besteht.²⁴⁵ Praxishinweis: Entsprechende Konstellationen ergeben sich in der Praxis oft dann, wenn der Gläubiger eine allgemein gehaltene Unterlassungserklärung vorformuliert hat, und der Schuldner entweder eine eigene, abweichend formulierte Erklärung abgibt²⁴⁶ oder in der Unterlassungsverpflichtung nicht nur auf die konkrete Verletzungsform Bezug nimmt, sondern in dem verbalisierten Vorspann auch die Details der angegriffenen Handlung wiederholt und auf Beanstandung des Gläubigers nicht klarstellt, dass der Erklärung auch kerngleiche Verletzungsformen unterfallen.²⁴⁷ So beseitigt beispielsweise eine aufgrund der Veröffentlichung einer Werbebroschüre mit unlauterem Inhalt im Internet abgegebene Unterlassungserklärung, die ausdrücklich auf die Werbung im Internet beschränkt wird, die Wiederholungsgefahr nicht.²⁴⁸ Ebenso wenig wird die Wiederholungsgefahr durch eine Unterlassungserklärung beseitigt, die sich auf den Vertrieb von Produkten nur einer bestimmten Marke und nicht der gesamten betreffenden Gattung erstreckt, soweit im Kern gleiche Verletzungshandlungen möglich, aber nicht erfasst sind.²⁴⁹ Der Schuldner sollte im Zweifel klarstellen (z. B. direkt in einem Begleitschreiben oder spätestens auf eine – allerdings nicht immer zu erwartende, vgl. Rn. 201 – Nachfrage des Gläubigers), dass er sich nicht nur zur Unterlassung der konkreten Verletzungshandlung, sondern auch kerngleicher Handlungen verpflichtet hat.

 Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 191.  OLG Schleswig, B. v. 7.10.1998 – 6 W 37/98, BeckRS 1998, 13063; OLG Frankfurt a. M., WRP 2020, 630, 632; LG Berlin, Urt. v. 3.11. 2005 – 16 O 247/05, BeckRS 2011, 9032; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 8 Rn. 10.  BGH, GRUR 2016, 395, 398 – Smartphone-Werbung.  OLG Düsseldorf, WRP 2018, 844, 844 f.  OLG Hamburg, B. v. 27.7. 2009 – 5 W 76/09, BeckRS 2010, 18687.  OLG Hamburg, B. v. 27.7. 2009 – 5 W 76/09, BeckRS 2010, 18687.  OLG Köln, GRUR-RR 2010, 339, 340.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2016, 630, 630.  LG Essen, Urt. v. 22.1. 2014 – 41 O 89/13, BeckRS 2014, 17275. Lampmann

208

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B. Vorgerichtliches Verfahren

209 Der BGH hat eine Unterlassungserklärung für zulässig gehalten, die unter der auflö-

senden Bedingung einer allgemein verbindlichen, d. h. auf Gesetz oder höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhenden, (eindeutigen) Klärung des zu unterlassenden Verhaltens als rechtmäßig abgegeben wird.²⁵⁰ Das OLG Hamburg befand, dass die etwas abweichende Bedingung „einer auf Gesetz oder höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhenden eindeutigen Klärung des zu unterlassenden Verhaltens als rechtmäßig“ wegen der unklaren Formulierung nicht geeignet sei, die bestehende Wiederholungsgefahr auszuräumen. Nach Ansicht des Gerichts könne der Zeitpunkt der „eindeutigen Klärung“ nicht immer zuverlässig bestimmt werden. Außerdem sei unklar, auf welches Gericht bei der „höchstrichterlichen Rechtsprechung“ Bezug genommen werde.²⁵¹ 210

Praxishinweis: In der Praxis sollte vor dem Hintergrund dieser Entscheidung in besonderem Maße darauf geachtet werden, dass eine solche auflösende Bedingung sehr genau formuliert wird, um jegliche Unklarheiten zu vermeiden. Das OLG Frankfurt a. M. hielt es z. B. für zulässig, die Unterlassungserklärung unter die auflösende Bedingung „einer allgemein verbindlichen, d. h. auf Gesetz oder höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhenden Klärung des zu unterlassenden Verhaltens“ zu stellen und erkannte den maßgeblichen Unterschied zum Fall des OLG Hamburg darin, dass diese Klausel auf die Allgemeinverbindlichkeit abstelle und sich die Problematik einer „eindeutigen“ Klärung daher nicht stelle.²⁵²

bb) Unzulässige Einschränkungen 211 Die Unterlassungsverpflichtung darf keinerlei einseitige Gestaltungsmöglichkeiten

des Schuldners, wie etwa ein Widerrufs- oder Kündigungsrecht, enthalten, die den Bestand der Unterlassungsverpflichtung dem Willen des Schuldners überlassen.²⁵³ 212 Für unzureichend erachtet wird ferner die Unterlassungsverpflichtung unter der

auflösenden Bedingung „einer anderweitigen rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung eines bundesdeutschen Gerichts in gleicher Sache“,²⁵⁴ oder wonach der Kläger nicht auch gegen die gleichartige Werbung eines Mitbewerbers erfolgreich vorgeht.²⁵⁵ Der Zusatz „unter der auflösenden Bedingung einer allgemein verbindlichen, d. h. auf einer wissenschaftlichen Studie beruhenden Klärung (medizinische Anerkennung) des streitigen Marktverhaltens“ räumt die Wiederholungsgefahr ebenfalls nicht aus.²⁵⁶  BGH, GRUR 1993, 677, 679 – Bedingte Unterwerfung; OLG Frankfurt a. M., WRP 2017, 876, 876.  OLG Hamburg, Urt. v. 22.1. 2015 – 5 U 271/11, BeckRS 2015, 2311; LG Hannover, ZUM-RD 2016, 384, 385. A. A. OLG Frankfurt a. M., WRP 2017, 876, 876.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2017, 876, 876.  Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 185.  BGH, GRUR 1997, 125, 127 f. – Künstlerabbildung in CD-Einlegeblatt.  LG Köln, WRP 2015, 394, 395.  LG Hannover, Urt. v. 19.12. 2017 – 32 O 66/17, BeckRS 2017, 143468. Lampmann

II. Unterwerfung

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Schädlich sind regelmäßig auch einschränkende Zusätze in der Unterlassungsver- 213 pflichtung, so etwa dahingehend, dass das rechtsverletzende Verhalten zu unterlassen sei, „sofern den Werbeaussagen nicht folgender Hinweis vorausgeht: […]“,²⁵⁷ „soweit bei der Präsentation nicht hinreichend deutlich gemacht werde, dass die Aussage nicht ernst gemeint sei“²⁵⁸ oder „soweit nicht die Voraussetzungen nach dem Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (RDG) […] erfüllt sind“.²⁵⁹ Die Problematik ist im Zweifelsfall immer gegeben, wenn eine Unterlassungserklärung abgegeben wird, die inhaltlich nicht vollständig mit dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch übereinstimmt (vgl. Rn. 193, 205 f.).²⁶⁰ Grundsätzlich unzulässig ist die Einschränkung des Umfangs der vertraglichen Un- 214 terlassungsverpflichtung derart, dass diese allein die künftige Unterlassung, nicht aber die Beseitigung bereits vorhandener (Dritt‐)Verletzungen umfasst. Diese – vom Regelfall²⁶¹ abweichende – Wirkung hat z. B. das OLG Köln in einem Fall dem Wort „erneut“ zugesprochen.²⁶² Dabei gilt jedoch, dass der Gläubiger mit dem Unterlassungsanspruch auch die Beseitigung des bestehenden Verletzungszustands verlangen kann (vgl. Rn. 716 ff., 959 f.),²⁶³ denn jedenfalls bei einer Dauerhandlung ist die Nichtbeseitigung der Verletzungshandlung gleichbedeutend mit der Fortsetzung selbiger.²⁶⁴ Der Schuldner kann mit einer insoweit eingeschränkten Erklärung deshalb die Wiederholungsgefahr nicht (vollständig) ausräumen und muss damit rechnen, gerichtlich in Anspruch genommen zu werden. Ein Schuldner, der seinen Sitz im Ausland hat, beseitigt gegenüber einem deutschen 215 Gläubiger die Wiederholungsgefahr nicht, wenn er sich weigert, einen inländischen Gerichtsstand für die Geltendmachung der Vertragsstrafe zu vereinbaren, weil damit an der Ernsthaftigkeit seiner Unterlassungserklärung zu zweifeln ist.²⁶⁵ Auch der Ausschluss der Haftung für Erfüllungsgehilfen lässt die Wiederho- 216 lungsgefahr nach h. M. nicht entfallen,²⁶⁶ da der BGH eine solche Haftung als im Regelfall zur Wahrung des Gläubigerinteresses erforderlich ansieht (vgl. Rn. 161).²⁶⁷

 KG, WRP 2016, 389, 391 f.  OLG Düsseldorf, Urt. v. 27. 3. 2007 – 20 U 168/06, BeckRS 2007, 10080.  OLG Oldenburg, B. v. 10.1. 2017 – 6 W 107/16, BeckRS 2017, 102971.  BGH, GRUR 2018, 1258, 1262 – YouTube-Werbekanal II.  OLG Düsseldorf, WRP 2016, 246, 252.  OLG Köln, Urt. v. 7. 5. 2015 – 15 U 19/15, n. v.  Als Beispiel vgl. LG Aschaffenburg, Urt. v. 10.1. 2017 – 2 HK O 16/16, BeckRS 2017, 104201.  Vgl. BGH, GRUR 2018, 292, 293 f. – Produkte zur Wundversorgung; GRUR 2015, 258, 263 – CTParadies; Urt. v. 21.10. 2010 – III ZR 17/10, BeckRS 2010, 27521.  KG, GRUR-RR 2014, 351, 352.  OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2003, 198, 199.  Vgl. BGH, GRUR 1985, 1065, 1066 – Erfüllungsgehilfe; GRUR 1987, 648, 649 – Anwalts-Eilbrief. Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

b) Vertragsstrafeversprechen 217 Je nachdem, welche Art der Begehungsgefahr (Erstbegehungs- oder Wiederholungs-

gefahr) besteht, kann entweder die Übernahme einer hinreichenden Unterlassungspflicht ausreichen oder zusätzlich erforderlich sein, die Einhaltung dieser Unterlassungspflicht mit einem Vertragsstrafeversprechen abzusichern. 218 Das Vertragsstrafeversprechen dient auch im Wettbewerbsrecht zunächst der Scha-

denspauschalierung in Bezug auf zukünftige Rechtsverletzungen.²⁶⁸ Überdies besteht seine grundlegende Funktion darin, den Schuldner zur Einhaltung der von ihm versprochenen Unterlassungspflicht dadurch zu bewegen, dass er aufgrund der drohenden Vertragsstrafe vor weiteren Verstößen zurückschreckt.²⁶⁹

219 Muss aufgrund des Bestehens einer Wiederholungsgefahr eine durch ein Ver-

tragsstrafeversprechen bewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden, so ist die Höhe und Ausgestaltung dieses Vertragsstrafeversprechens regelmäßig entscheidend dafür, ob die Unterlassungserklärung als hinreichend ernsthaft akzeptiert wird oder nicht.²⁷⁰ 220

Praxishinweis: Der Zusatz, es müsse zur Verwirkung der vereinbarten Vertragsstrafe eine „schuldhafte“ Zuwiderhandlung erfolgen, ist nicht erforderlich, gleichzeitig schadet er auch nicht. Unabhängig von der Formulierung der Unterlassungserklärung wird eine Vertragsstrafe stets nur dann verwirkt, wenn der Schuldner schuldhaft handelt. Insoweit stellt die Einfügung des Wortes „schuldhaft“ lediglich eine Klarstellung dar.²⁷¹ Die Begrenzung auf eine bestimmte Anzahl von Verwirkungen lässt an der Ernsthaftigkeit der Unterlassungserklärung zweifeln (vgl. Rn. 194).²⁷² Gleiches gilt für die Bestimmung, dass zukünftige Vertragsstrafen nicht an den Gläubiger, sondern an einen Dritten zu zahlen sein sollen.²⁷³

221 Durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs sind mit § 13a UWG weitrei-

chende Vorgaben zur Handhabung von Vertragsstrafeversprechen eingeführt worden. Neben den in § 13a Abs. 1 UWG kodifizierten Anforderungen an die Angemessenheit der Vertragsstrafe werden neuerdings Teilbereiche von der Vertragsstrafe komplett ausgenommen (§ 13a Abs. 2 UWG) oder gedeckelt (§ 13a Abs. 3 UWG). Nachdem zu hoch angesetzte Vertragsstrafeversprechen bisher gem. § 315 Abs. 3, § 319 Abs. 1, §§ 343, 242 BGB auf ihre Angemessenheit korrigiert werden konnten, regelt § 13a

 Vgl. BGH, GRUR 2008, 929, 930 – Vertragsstrafeneinforderung; GRUR 2009, 181, 184 – Kinderwärmekissen; GRUR 2014, 595, 596 – Vertragsstrafenklausel.  Vgl. BGH, GRUR 2014, 595, 596 – Vertragsstrafenklausel; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/ Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13a Rn. 2; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 8 Rn. 19.  OLG Köln, B. v. 18.6. 2018 – 6 W 57/18, BeckRS 2018, 23300.  LG München I, B. v. 1.6. 2015 – 21 O 1601/15, n. v.; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/ Feddersen, UWG, § 13a Rn. 28.  OLG Düsseldorf, B. v. 27.6. 2017 – 20 W 40/17, BeckRS 2017, 131885.  LG Bonn, Urt. v. 25.11. 2020 – 1 O 128/20, GRUR-RS 2020, 43269. Lampmann

II. Unterwerfung

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Abs. 4 UWG nun, dass der Schuldner die Vertragsstrafe von vornherein nur in angemessener Höhe schuldet.²⁷⁴ Bei unbezifferten und überhöhten Vertragsstrafeversprechen kann der Schuldner eigenständig und ohne Gläubigerzustimmung eine Einigungsstelle nach § 15 UWG anrufen, § 13a Abs. 5 UWG.

aa) Maßgebliche Kriterien, § 13a Abs. 1 UWG Damit die durch die vorangegangene Verletzung indizierte Wiederholungsgefahr tat- 222 sächlich entfällt, muss die in der Unterlassungserklärung enthaltene Vertragsstrafe so bemessen sein, dass sich ein Verstoß für den Schuldner voraussichtlich nicht mehr lohnt.²⁷⁵ Wie hoch genau eine Vertragsstrafe bemessen sein muss, um dieser Funktion gerecht 223 zu werden, ist stets unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beantworten.²⁷⁶ Abzustellen war dabei seit jeher insbesondere auf die Schwere und das Ausmaß der begangenen Zuwiderhandlung, deren Gefährlichkeit für den Gläubiger, das Verschulden des Schuldners sowie die Art und Größe seines Unternehmens.²⁷⁷ Die in der Rechtsprechung herangezogenen Kriterien der Angemessenheit sind bei der UWG-Novelle 2020 den Bestimmungen des § 13a Abs. 1 UWG zugrunde gelegt worden.²⁷⁸ Danach sind bei der Festlegung einer angemessenen Vertragsstrafe folgende Umstände zu berücksichtigen: Art, Ausmaß und Folgen der Zuwiderhandlung (Nr. 1), Schuldhaftigkeit der Zuwiderhandlung und die Schwere des Verschuldens (Nr. 2), Größe, Marktstärke und Wettbewerbsfähigkeit des Schuldners (Nr. 3) sowie sein wirtschaftliches Interesse an erfolgten und zukünftigen Verstößen (Nr. 4). Durch diese Kodifizierung ist keine Rechtsänderung eingetreten.²⁷⁹ Die Kriterien des § 13a Abs. 1 UWG gelten auch für die nachträgliche Bestimmung 224 einer Vertragsstrafe nach „neuem Hamburger Brauch“ (vgl. Rn. 231, 242 f.).²⁸⁰ Zur Parallelwertung im Zusammenhang mit dem Rechtsmissbrauchseinwand vgl. Rn. 137. Grundsätzlich stehen zwei Möglichkeiten der Vereinbarung einer ausreichenden 225 Strafbewehrung zur Verfügung: Es kann bereits bei Abschluss des Unterlassungsver Feddersen, WRP 2021, 713, 716.  Vgl. BGH, GRUR 2014, 595, 596 – Vertragsstrafenklausel. So auch OLG Hamm, WRP 1978, 395, 397; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13a Rn. 8. Zur Bemessung mit Beispielen aus der Rechtsprechung vgl. vertiefend OLG Nürnberg, Hinweisb. v. 21. 8. 2018 – 3 U 1138/18, BeckRS 2018, 26109.  Vgl. BGH, GRUR 2014, 595, 596 – Vertragsstrafenklausel, m. w. N.  Vgl. BGH, GRUR 2014, 595, 596 – Vertragsstrafenklausel, m. w. N.; GRUR 1994, 146, 147 f. – Vertragsstrafebemessung; GRUR 2009, 181, 184 – Kinderwärmekissen.  BT-Drs. 19/12084, S. 33.  Feddersen, WRP 2021, 713, 714.  BT-Drs. 19/12084, S. 33; Feddersen, WRP 2021, 713, 714; Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 156. Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

trags eine fixe Vertragsstrafe festgelegt und entsprechend vertraglich vereinbart werden; alternativ kann ein bestimmter Rahmen einer im Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Vertragsstrafe vereinbart werden bzw. kann die Unterlassungserklärung nach „neuem Hamburger Brauch“ abgegeben werden. Die Auswahl der Form der Strafbewehrung steht stets dem Schuldner zu, und zwar ungeachtet etwaiger Vorgaben des Gläubigers in der Abmahnung (vgl. Rn. 47, 176). Zu beachten sind in jedem Fall die besonderen Anforderungen an das (neue) Vertragsstrafeversprechen bei einem Verstoß gegen eine zuvor abgegebene Unterlassungserklärung (vgl. Rn. 232 f.).

bb) Vereinbarung einer fixen Vertragsstrafe 226 Bei der Vereinbarung einer konkreten Vertragsstrafe ist auf der Grundlage des Verhaltens des Schuldners, das Anlass für die Notwendigkeit des Vertragsstrafeversprechens gegeben hat, und der konkreten Umstände des Einzelfalls eine entsprechende Prognose über die für die notwendige Abschreckungswirkung erforderliche Höhe der Vertragsstrafe vorzunehmen. 227 Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Schuldner – anders als etwa bei Austausch-

verträgen – mangels synallagmatischer Pflichten kein originäres Eigeninteresse an der Einhaltung der von ihm versprochenen Unterlassungspflicht hat und der Gläubiger außerdem neue Rechtsverstöße oftmals nur sehr schwer und mit erheblichem Aufwand aufdecken kann.²⁸¹ Darauf beruhend ist eine den Umständen nach angemessene Vertragsstrafenhöhe nach den Kriterien des § 13a Abs. 1 UWG zu bestimmen. 228

Praxishinweis: Früher wurden Vertragsstrafen häufig jedenfalls für erstmalige Verletzungshandlungen in Höhe von mindestens 5 001 Euro vereinbart, um im Streitfall die sachliche Zuständigkeit der Landgerichte nach § 71 Abs. 1, § 23 Nr. 1 GVG zu erreichen. Dies war deshalb von Bedeutung, da die Anwendbarkeit des § 13 Abs. 1 UWG a. F., der die sachliche Zuständigkeit der Landgerichte in Wettbewerbsstreitigkeiten ohne Rücksicht auf den Streitwert bestimmte, auf Vertragsstrafenansprüche vor 2016 noch nicht höchstrichterlich geklärt war, und die ansonsten bei Streitwerten von bis zu 5 000 Euro zuständigen Amtsgerichte in Wettbewerbssachen regelmäßig weniger Erfahrung haben. Da die Problematik nun zugunsten der Zuständigkeit der Landgerichte entschieden ist (vgl. Rn. 977 f.), streitet dieser Gesichtspunkt nicht mehr dafür, von der Vereinbarung einer Vertragsstrafe nach „neuem Hamburger Brauch“ abzusehen. In der Praxis ist die Vereinbarung einer konkreten Vertragsstrafe heutzutage kaum erforderlich und – vor allem wegen der Schwierigkeit, die tatsächliche Schwere eines künftigen Verstoßes vorherzusagen – meistens nicht zweckmäßig.

cc) Vereinbarung einer variablen Vertragsstrafe 229 Als Alternative zur Vereinbarung einer fixen Vertragsstrafe bietet es sich an, die Vertragsstrafe der Höhe nach nur in einem Rahmen festzulegen („bis zu 10 000 Euro“ oder auch „zwischen 3 000 Euro und 15 000 Euro“) oder die Höhe der Vertragsstrafe  Vgl. BGH, GRUR 2014, 595, 596 – Vertragsstrafenklausel. Lampmann

II. Unterwerfung

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bei erfolgender Zuwiderhandlung gänzlich in das Ermessen des Gläubigers zu stellen und insoweit nicht einmal einen Rahmen festzulegen, sondern nach „neuem Hamburger Brauch“ lediglich die Zahlung einer „angemessenen Vertragsstrafe“ zu vereinbaren. In diesen Fällen ist es nach einem Verstoß des Schuldners gegen die abgegebene 230 Unterlassungserklärung dem Gläubiger überlassen, eine Vertragsstrafe innerhalb des vorgegebenen Rahmens oder – sollte kein Rahmen für eine zu zahlende Vertragsstrafe festgelegt worden sein – nach billigem Ermessen zu bestimmen, deren Angemessenheit im Streitfall vom zuständigen Gericht zu überprüfen ist.²⁸² Praxishinweis: Trotz einer gewissen Unbestimmtheit ist die Vereinbarung einer variablen Vertragsstrafe angesichts der für den Schuldner bestehenden Möglichkeit, die Angemessenheit einer geforderten Vertragsstrafe gerichtlich überprüfen zu lassen, nach allgemeiner Meinung wirksam und wünschenswert. Im Ergebnis überwiegen die Vorteile der Vereinbarung einer Vertragsstrafe durch die Vorgabe eines Rahmens bzw. nach „neuem Hamburger Brauch“ deutlich. Insbesondere ist davon auszugehen, dass die Vertragsstrafe meist gerichtlich durchgesetzt werden muss. Muss sich das Gericht ohnehin mit den Ansprüchen befassen, so kann es sich durchaus als günstiger darstellen, wenn die Höhe einer zu zahlenden Vertragsstrafe nicht von vornherein festgelegt ist, denn so können – vorher meist gar nicht absehbare – Besonderheiten einer jeden Zuwiderhandlung ausreichend berücksichtigt werden. Letzteres ist auch mit Blick auf einen etwaigen Einwand der Unangemessenheit nach § 13a Abs. 1, 4 UWG (vgl. Rn. 224, 242 f.) und eine Deckelung nach § 13a Abs. 3 UWG (vgl. Rn. 240) von Bedeutung: In der – grundlegend wichtigen – Phase der effektiven Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs kann der Gläubiger mithilfe des „neuen Hamburger Brauchs“ einem entsprechenden Streit direkt aus dem Weg gehen. Sollte später ein Verstoß eintreten, kann der Gläubiger die konkreten Umstände der Verletzungshandlung einschätzen und eine Überhöhung der Vertragsstrafe leichter vermeiden. Zur ähnlichen Problematik einer offensichtlichen Überhöhung i. S. d. § 8c Abs. 2 Nr. 4 UWG vgl. Rn. 137.

231

dd) Anforderungen beim Verstoß gegen bereits abgegebene Unterlassungserklärung Grundsätzlich ist nach der Rechtsprechung des BGH nur dann von der Ernsthaftigkeit 232 einer zweiten strafbewehrten Unterlassungserklärung – die nach einer Zuwiderhandlung gegen eine zuvor abgegebene Unterlassungserklärung erforderlich geworden ist (vgl. Rn. 268) – auszugehen, wenn diese eine gegenüber der ersten Unterlassungserklärung erheblich höhere Strafbewehrung enthält.²⁸³ Enthielt die bisherige Unterlassungserklärung das Versprechen einer dem Betrag nach 233 fixen Vertragsstrafe, ist diese Rechtsprechung dergestalt anzuwenden, dass die mit  Hierzu BGH, GRUR 1985, 155, 157 – Vertragsstrafe bis zu … I; GRUR 1985, 937, 938 – Vertragsstrafe bis zu … II; GRUR 1990, 1051, 1052 – Vertragsstrafe ohne Obergrenze; GRUR 2014, 595, 596 – Vertragsstrafenklausel; LG Düsseldorf, WRP 2018, 375, 376.  Vgl. BGH, GRUR 1990, 534, 534 f. – Abruf-Coupon. Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

der neuen Unterlassungserklärung verprochene Vertragsstrafe diesen Betrag entsprechend überschreiten muss.Wurde die erste Unterlassungserklärung nach „neuem Hamburger Brauch“ abgegeben, ist die Abgabe einer weiteren Unterlassungserklärung mit Wiederholung des Vertragsstrafeversprechens ebenfalls nach „neuem Hamburger Brauch“ nicht ausreichend, um die durch die Zuwiderhandlung neu entstandene Wiederholungsgefahr auszuräumen (vgl. Rn. 93). Vielmehr ist eine Modifizierung in Form eines Vertragsstrafeversprechens mit einer bestimmten Mindestvertragsstrafe notwendig,²⁸⁴ die in der Regel mindestens in der Höhe der zur Abgeltung des ersten Verstoßes angemessenen Vertragsstrafe anzusetzen ist.²⁸⁵

ee) Ausschluss der Vertragsstrafe, § 13a Abs. 2 UWG 234 § 13a Abs. 2 UWG schließt strafbewehrte Unterlassungserklärungen nach einer erst-

maligen Abmahnung aus, die durch einen Mitbewerber gegenüber einem Schuldner mit in der Regel weniger als 100 Mitarbeitern bei Verstößen im Anwendungsbereich des § 13 Abs. 4 UWG (vgl. Rn. 64 ff.) ausgesprochen wurde. Bei der Bestimmung der Mitarbeiteranzahl ist der Maßstab des § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG anzuwenden.²⁸⁶ § 13a Abs. 2 UWG ist nicht auf Abmahnungen anzuwenden, die bereits vor dem 2.12. 2020 zugegangen sind, vgl. § 15a Abs. 2 UWG. 235 Im „Kampf gegen den Abmahnmissbrauch“²⁸⁷ hat der Gesetzgeber für einen Schuld-

ner in dieser Konstellation eine außergerichtliche Klärung unmöglich gemacht.²⁸⁸ Denn durch die Neuregelung lässt sich die Wiederholungsgefahr gegenüber dem Gläubiger nicht mehr beseitigen. Selbst wenn der Schuldner eine Strafbewehrung von sich aus abgibt, bestehen – mangels wirksamer Annahmeerklärung des Gläubigers (als Folge der Unzulässigkeit einer Vertragsstrafevereinbarung, vgl. Rn. 250) – die Wiederholungsgefahr und die Gefahr möglicher Inanspruchnahme durch Dritte fort.²⁸⁹ Anders sieht es das OLG Schleswig, das die Wiederholungsgefahr nach einem § 13 Abs. 4 UWG unterfallenden Verstoß auch mit der Abgabe einer einfachen Unterlassungserklärung für beseitigt hält.²⁹⁰ Den mit seiner Entscheidung einhergehenden dogmatischen Widerspruch und den Bruch mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung rechtfertigt der Senat mit dem Argument, dass auch die Abgabe einer einfachen

 OLG Köln, ZUM 2015, 404, 406; LG Köln, ZUM-RD 2014, 222, 224.  LG Köln, Urt. v. 20. 3. 2018 – 31 O 359/17, BeckRS 2018, 27290 (bestätigt durch OLG Köln, B. v. 18.6. 2018 – 6 W 57/18, BeckRS 2018, 23300).  BT-Drs. 19/22238, S. 18.  Kritisch Hohlweck,WRP 2021, 719, 719 ff., der eine Evaluierung aller durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs eingeführten Fallgruppen anhand der Rechtsprechung des OLG Köln durchgeführt hat.  Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13a Rn. 19; Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8 Rn. 1.48a.  Feddersen, WRP 2021, 713, 715. Vertiefend Hofmann, WRP 2021, 1, 3.  OLG Schleswig, WRP 2021, 950, 952 f. Lampmann

II. Unterwerfung

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Unterlassungserklärung nachteilige Folgen für den Schuldner habe, da dem Gläubiger bei einer Zuwiderhandlung (neben dem neuen gesetzlichen) dann auch ein vertraglicher Unterlassungsanspruch zustehe, sodass das Gericht nicht mehr den Wettbewerbsverstoß selbst prüfen, sondern nur noch den Verstoß gegen die Unterlassungserklärung feststellen müsse.²⁹¹ Dies war allerdings auch bisher der Fall, sodass das Argument wenig stichhaltig scheint. Praxishinweis: Für den Gläubiger bedeutet das in der Praxis, dass er den Anwendungsbereich des § 13 Abs. 4 UWG im Blick behalten sollte (vgl. auch Rn. 67) und ggf. frühestens mit der zweiten Abmahnung erstmalig eine Strafbewehrung verlangen kann.²⁹² Das Risiko der Schätzung der Mitarbeiteranzahl des Schuldners liegt ebenfalls bei dem Gläubiger.²⁹³ Mitbewerbern steht es in den Fällen des § 13 Abs. 4 UWG (nach wie vor) frei, ohne vorherige Abmahnung gerichtlich vorzugehen, allerdings mit dem Kostenrisiko eines sofortigen Anerkenntnisses nach § 93 ZPO (vgl. Rn. 13 ff., 807 ff.). Für den Schuldner stellt sich die Frage, wie er die Wiederholungsgefahr nach erstmaliger Abmahnung sicher beseitigen kann. Dieses Bedürfnis besteht nicht nur im Verhältnis zum abmahnenden Gläubiger, sondern aufgrund der Drittwirkung der Ausräumung der Wiederholungsgefahr auch im Verhältnis zu weiteren anspruchsberechtigten Dritten (vgl. Rn. 155, 199). Es obliegt dem Schuldner, die Wiederholungsgefahr durch eine wirksame Unterwerfung aus dem Weg zu räumen, sofern er keinen Anlass zu einer gerichtlichen Inanspruchnahme i. S. d. § 93 ZPO geben will.²⁹⁴ Einem Schuldner, der sich nicht auf die Auffassung des OLG Schleswig verlassen möchte, verbleibt faktisch nur die Drittunterwerfung gegenüber einem qualifizierten Wirtschaftsverband bzw. einer qualifizierten Einrichtung (vgl. Rn. 257, 260).²⁹⁵

236

ff) Deckelung der Vertragsstrafe, § 13a Abs. 3 UWG Bei unerheblichen Zuwiderhandlungen von Unternehmen mit in der Regel we- 237 niger als 100 Mitarbeitern ist die Vertragsstrafe nach § 13a Abs. 3 UWG auf 1 000 Euro gedeckelt. Die Mitarbeiteranzahl wird ebenfalls nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG berechnet. Praxishinweis: Zurzeit wirft die neue „Unerheblichkeitsklausel“ Abgrenzungsfragen zu sonstigen lauterkeitsrechtlichen Spürbarkeitskriterien auf, wie etwa zu solchen nach § 3 Abs. 2, § 3a UWG.²⁹⁶ Der Gesetzgeber legt zugrunde, dass es sich im Rahmen des § 13a Abs. 3 UWG nicht um eine „Spürbarkeitsprüfung“ handeln soll, weil die in der Norm aufgezählten Kriterien anhand des konkreten Einzelfalls bewertet werden müssen; die Relevanz und Spürbarkeit i. S. d. § 3 Abs. 2, § 3a UWG sind demgegenüber bei der objektiven Eignung und Wahrscheinlichkeit zur Beein-

 OLG Schleswig, WRP 2021, 950, 952 f.  Kritisch Omsels/Zott, WRP 2021, 278, 286; Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 156 f.  Feddersen, WRP 2021, 713, 715. Kritisch Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 155.  Hofmann, WRP 2021, 1, 3; Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8 Rn. 1.48a; Hohlweck, WRP 2021, 719, 724.  Hofmann, WRP 2021, 1, 4. Zustimmend Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8 Rn. 1.48a. Kritisch zur Wirksamkeit einer solchen Drittunterwerfung Hohlweck, WRP 2021, 719, 724 m. w. N.  Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13a Rn. 9. Lampmann

238

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B. Vorgerichtliches Verfahren

trächtigung der Interessen von Marktteilnehmern anzunehmen.²⁹⁷ Es soll z. B. insbesondere auch im Fall eines Verstoßes gegen unionsrechtliche Informationspflichten, deren Verletzung als erheblich gilt, die Annahme einer unerheblichen Beeinträchtigung nach § 13a Abs. 3 UWG in Betracht kommen.²⁹⁸ 239 Maßgeblich für die Beurteilung nach § 13a Abs. 3 UWG ist der Zeitpunkt der letzten

mündlichen Verhandlung.²⁹⁹ Die Vorschrift ist nicht auf Abmahnungen anzuwenden, die bereits vor dem 2.12. 2020 zugegangen sind, vgl. § 15a Abs. 2 UWG.

240 Die Deckelung des § 13a Abs. 3 UWG ist nicht nur auf fixe Vertragsstrafeversprechen,

sondern auch auf eine nachträgliche Bestimmung einer Vertragsstrafe nach „neuem Hamburger Brauch“ anzuwenden (vgl. Rn. 231).³⁰⁰

gg) Angemessenheitskontrolle, § 13a Abs. 4 UWG 241 Verspricht der Schuldner auf Verlangen des Gläubigers eine unangemessen hohe Vertragsstrafe, schuldet er gem. § 13a Abs. 4 UWG von Gesetzes wegen lediglich eine Vertragsstrafe in angemessener Höhe. 242 Die bisherigen allgemeinen Kontrollmöglichkeiten von relativen Vertragsstrafen nach

§ 315 Abs. 3, § 319 Abs. 1, § 242 BGB werden durch die neue Regelung des § 13a Abs. 4 UWG verdrängt (vgl. auch Rn. 137, 224, 231).³⁰¹ Sie gilt außerdem – vorrangig zu § 343 BGB – für fixe Vertragsstrafen, allerdings nicht in den Fällen, in denen der Schuldner von sich aus eine überhöhte Vertragsstrafe verspricht.³⁰² 243 Bei der Angemessenheitskontrolle nach § 13a Abs. 4 UWG kommt es auf den Zeit-

punkt der letzten mündlichen Verhandlung im Verfahren hinsichtlich der Zahlung der Vertragsstrafe an.³⁰³ 244 Grundsätzlich kann – im Rahmen eines fixen Vertragsstrafeversprechens – eine Ab-

bedingung des § 348 HGB erfolgen, der für Kaufleute die in § 343 BGB vorgesehene Herabsetzungsmöglichkeit der Vertragsstrafe ausschließt. Dies steht der Ernsthaftig-

      

BT-Drs. 19/12084, S. 34. BT-Drs. 19/12084, S. 34. Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13a Rn. 9. Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13a Rn. 9. Feddersen, WRP 2021, 713, 716. Feddersen, WRP 2021, 713, 716. Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13a Rn. 11.

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II. Unterwerfung

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keit der abgegebenen Unterlassungserklärung spätestens mit Einführung des § 13a Abs. 4 UWG nicht mehr entgegen.³⁰⁴ Praxishinweis: Da der Gläubiger eine Unterlassungserklärung mit diesem Zusatz nicht erfolgreich zurückweisen kann, sollte der Schuldner auf die Abbedingung des Ausschlusses der Herabsetzungsmöglichkeit nach § 348 HGB nicht verzichten, selbst wenn eine Herabsetzung der Vertragsstrafe seit der UWG-Novelle 2020 nach § 13a Abs. 4 UWG und in besonders gelagerten Fällen ferner nach § 242 BGB in Betracht kommt.³⁰⁵

245

hh) Einigungsstellenvorbehalt, § 13a Abs. 5 UWG Bei Uneinigkeit über die Höhe der Festsetzung einer zunächst nicht bezifferten Ver- 246 tragsstrafe oder über die Angemessenheit i. S. d. § 13a Abs. 4 UWG kann der Schuldner – auch ohne Zustimmung des Gläubigers – eine Einigungsstelle nach § 15 UWG anrufen (vgl. Rn. 279 f.). Praxishinweis: Solange das Verfahren vor der Einigungsstelle anhängig ist, ist eine danach erhobene Klage unzulässig, § 13a Abs. 5 Satz 3 UWG. Es besteht somit die Gefahr, dass ein unlauterer Schuldner zukünftig die Durchsetzung der Vertragsstrafe unnötig verzögern könnte.³⁰⁶

247

c) Nichtigkeitsgründe Obgleich es den Vertragsparteien grundsätzlich freisteht, wie sie die wettbewerbs- 248 rechtliche Streitigkeit beilegen (vgl. Rn. 197), darf die dahingehende vertragliche Vereinbarung nicht rechtswidrig sein. Nach der Rechtsprechung des BGH können Verträge, die ihrerseits zu unlauterem 249 Wettbewerb verpflichten, gem. § 134 BGB nichtig sein, wenn der rechtsgeschäftlichen Verpflichtung selbst das wettbewerbswidrige Verhalten innewohnt.³⁰⁷ Das ist z. B. der Fall, wenn eine Kooperationsvereinbarung zwischen Zahnärzten und einer Dentallaborgesellschaft gegen Berufsrecht bzw. gegen Wettbewerbsrecht verstößt.³⁰⁸ Ebenfalls nichtig nach § 134 BGB sind Vereinbarungen, die gegen § 13a Abs. 2 UWG 250 verstoßen (vgl. Rn. 234 ff.).³⁰⁹

 Feddersen, WRP 2021, 713, 716; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13a Rn. 12. Hierzu auch schon Teplitzky, GRUR 1996, 696, 699.  Hierzu auch BGH, GRUR 2009, 181, 184 – Kinderwärmekissen.  Feddersen, WRP 2021, 713, 717.  BGH, GRUR 2009, 606, 607 – Buchgeschenk vom Standesamt, m. w. N.  BGH, GRUR 2012, 1050, 1051 – Dentallaborleistungen.  Feddersen, WRP 2021, 713, 715. Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

251 Der uneingeschränkte Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammen-

hangs als AGB-Klausel (vgl. Rn. 47) ist unwirksam und kann zur Nichtigkeit des Unterlassungsvertrags insgesamt führen.³¹⁰ Eine Individualvereinbarung dieser Art kann hingegen dem Grunde nach zulässig sein (vgl. auch Rn. 138).³¹¹ 252 Vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbote fallen in der Regel nicht in den An-

wendungsbereich des UWG. Sie können allerdings gegen das GWB bzw. gegen § 138 BGB verstoßen.³¹²

5. Vorbeugende Unterlassungserklärung 253 Obwohl die Forderung einer Unterlassungserklärung notwendiger Bestandteil einer

jeden Abmahnung ist (vgl. Rn. 46) und der Abschluss eines Unterlassungsvertrags in der Regel auf diese Weise eingeleitet wird, ist dieser Ablauf nicht zwingend (vgl. Rn. 181 ff.). Der Schuldner kann eine (vorbeugende) Unterlassungserklärung abgeben, ohne abgemahnt worden zu sein. 254 Diese Vorgehensweise wurde und wird von bestimmten Rechtsanwaltskanzleien im

Rahmen der Beratung von urheberrechtlichen Schuldnern beim bis in die jüngste Vergangenheit zahlreich verfolgten Filesharing empfohlen. Solche dem Rechteinhaber gegenüber unaufgefordert abgegebenen Erklärungen stellen jedenfalls dann keinen rechtswidrigen Eingriff in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar, wenn der Versender zuvor bereits von anderen Rechteinhabern wegen angeblicher Verletzung von Urheberrechten auf Unterlassung in Anspruch genommen worden ist.³¹³ 255

Praxishinweis: Die Zweckmäßigkeit eines solchen Vorgehens ist nicht nur im Urheberrecht und sonstigen Sonderschutzrechtsgebieten, sondern auch im Wettbewerbsrecht äußerst zweifelhaft. Denn abgesehen von dem Problem, dass der Schuldner den Gläubiger erst auf einen vermeintlichen Rechtsverstoß aufmerksam macht, den dieser vielleicht gar nicht verfolgt hätte, wird häufig übersehen, dass eine vorbeugende Unterlassungserklärung nur für Personen sinnvoll ist, die nicht Täter einer Rechtsverletzung sind. Denn nur sie können durch die Erledigung des Unterlassungsanspruchs die Kosten einer eventuell bevorstehenden Abmahnung verhindern. Der Täter haftet jedoch neben Unterlassung auch auf Schadensersatz. Dieser umfasst u. a. auch die Rechtsanwaltskosten, die durch die Rechtsverletzung adäquat kausal verursacht wurden (vgl. Rn. 73).

   

OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2020, 556, 556 f. m. Anm. Bildhäuser, GRUR-Prax 2020, 495, 495. OLG München, Urt. v. 19.12. 2019 – 29 U 1144/19, GRUR-RS 2019, 47165. Vgl. BGH, Urt. v. 25.10. 2012 – VII ZR 56/11, BeckRS 2012, 23594. BGH, GRUR 2013, 917, 918 – Vorbeugende Unterwerfungserklärung.

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II. Unterwerfung

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6. Drittunterwerfung Zuweilen kann der Schuldner Bedenken haben, die strafbewehrte Unterlassungser- 256 klärung gegenüber dem abmahnenden Gläubiger abzugeben, bei dem es sich meistens – abgesehen von den Fällen der Inanspruchnahme durch qualifizierte Wirtschaftsverbände oder Einrichtungen gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2, 3 UWG – um einen Mitbewerber gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG und damit um einen Konkurrenten handelt. Diese Bedenken müssen sich nicht unbedingt aus der Vermutung ergeben, dass Ziel der Inanspruchnahme die Generierung von Einnahmen aus dem Vertragsstrafeversprechen sein könnte. Die Zweifel des Schuldners können auch schlicht dem nachvollziehbaren Motiv geschuldet sein, mit einem Konkurrenten nicht über einen unabsehbaren Zeitraum vertraglich verbunden zu sein. Ein weiterer Anwendungsfall für die Drittunterwerfung ergibt sich neuerdings aus 257 dem Umstand, dass eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber dem Gläubiger in den Fällen des § 13a Abs. 2 UWG nicht mehr möglich ist (vgl. Rn. 235 f., 260). Wenn der Schuldner trotz dieser Bedenken bzw. Hindernisse eine gerichtliche Inan- 258 spruchnahme vermeiden möchte, bleibt ihm – neben der in der Praxis mit zahlreichen Problemen verbundenen notariellen Unterwerfungserklärung – nur, sich einem Dritten gegenüber zu unterwerfen. Auch nach einer Inanspruchnahme vor Gericht bleibt dieser Schritt grundsätzlich nicht verschlossen (vgl. etwa Rn. 758). Für die Abgabe einer solchen Drittunterwerfung trägt der Schuldner die Darlegungs- und Beweislast.³¹⁴ Die Tatsache als solche, dass sich der Schuldner einem Dritten gegenüber unterwirft, 259 ändert an der Wirksamkeit seiner Unterlassungserklärung grundsätzlich nichts (vgl. Rn. 154).³¹⁵ Der Unwillen des Schuldners, sich – wie üblich – demjenigen gegenüber zu unterwerfen, der den Anspruch geltend gemacht hat, kann allerdings bei hinzutretenden weiteren Umständen Zweifel an der Ernsthaftigkeit seiner Unterwerfung begründen (vgl. Rn. 194). Praxishinweis: Die Unterwerfung gegenüber einem „fürsorglichen“ Mitbewerber,³¹⁶ einem Verband mit abweichender satzungsmäßiger Zielrichtung,³¹⁷ einem mit dem Schuldner personell verwobenen Verein,³¹⁸ einem branchenfremden Fachverband³¹⁹ oder einem dem Schuldner gegenüber

 LG Hamburg, WRP 2016, 531, 533; LG Würzburg, B. v. 27.9. 2018 – 1 HK O 1487/18, BeckRS 2018, 26356.  OLG Frankfurt a. M., WRP 1998, 895, 896. Vgl. auch Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 8 Rn. 41.  OLG Hamburg, Urt. v. 23.4. 2009 – 3 U 151/07, BeckRS 2009, 21353.  OLG Köln, WRP 2012, 221, 222 f.  OLG Zweibrücken, Hinweisb. v. 6.6. 2012 – 4 U 30/12, BeckRS 2012, 16529.  KG, GRUR-RR 2013, 335, 336. Lampmann

260

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B. Vorgerichtliches Verfahren

nicht unvoreingenommenen Handelsverband³²⁰ beseitigt die Wiederholungsgefahr nicht. Gleiches gilt für die Drittunterwerfung gegenüber der Wettbewerbszentrale ohne weitere sachlich rechtfertigende Gründe.³²¹ Letztere werden nun möglicherweise in der Pattsituation aufgrund des § 13a Abs. 2 UWG gesehen werden können (vgl. Rn. 235 f., 257). 261 In jedem Fall muss die Verfolgungsbereitschaft des Dritten sichergestellt sein: Der

vom Schuldner ausgewählte Gläubiger des vertraglichen Unterlassungsanspruchs muss etwaige zukünftige Zuwiderhandlungen auch tatsächlich verfolgen wollen.³²² 262

Praxishinweis: Insoweit beseitigt – unabhängig von der Person des Dritten – eine Drittunterwerfung die Wiederholungsgefahr jedenfalls dann nicht, wenn die Unterlassungserklärung nicht angenommen wird. In einem vom OLG Frankfurt a. M. entschiedenen Fall hatte die Verbraucherzentrale die vom Schuldner übermittelte Unterlassungserklärung zwar entgegen-, aber nicht angenommen, weil „sie in jüngster Zeit in einem nicht mehr vertretbaren Ausmaß derartige Erklärungen erhalte“.³²³

7. Wirkungen einer Unterlassungserklärung 263 Durch die fristgerechte und den Anforderungen der Rechtsprechung genügende Un-

terlassungserklärung entfällt die Begehungsgefahr als materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzung des Unterlassungsanspruchs. 264 Erfolgt die Abgabe der Unterlassungserklärung gegenüber dem abmahnenden

Gläubiger, gilt dies unabhängig davon, ob sie angenommen wird oder nicht.³²⁴ Der Grund dafür liegt darin, dass der Gläubiger eine solche Erklärung nur noch annehmen muss, um den gesetzlichen durch den vertraglichen, vertragsstrafegesicherten Unterlassungsanspruch zu ersetzen, weshalb über dem Schuldner bereits mit der Abgabe seiner Erklärung das „Damoklesschwert“³²⁵ der Vertragsstrafe schwebt. Entscheidend ist damit allein, dass die abgegebene Unterlassungserklärung das rechtswidrige Verhalten umfasst, die versprochene Vertragsstrafe hinreichend bemessen ist und keine Umstände vorliegen, die an der Ernsthaftigkeit der Erklärung (vgl. Rn. 194) Zweifel aufkommen lassen.

 OLG Bamberg, Hinweisb. v. 19. 3. 2013 – 3 U 23/13, BeckRS 2013, 8774.  OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 2003, 1430, 1431; OLG Stuttgart, Urt. v. 20.5. 2010 – 2 U 95/09, BeckRS 2010, 20988.  OLG Frankfurt a. M., WRP 1998, 895, 896; LG Berlin, Urt. v. 9.10. 2015 – 15 O 195/15, BeckRS 2016, 7982. Verneinend für einen presserechtlichen Drittbetroffenen im Ausland OLG Hamburg, Urt. v. 12.11. 2019 – 7 U 175/16, GRUR-RS 2019, 47895.  OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 9.10. 2008 – 6 U 128/08, BeckRS 2008, 23175.  Vgl. BGH, NJW 1996, 723, 725 – Wegfall der Wiederholungsgefahr I; WRP 1996, 284, 285 – Wegfall der Wiederholungsgefahr II; GRUR 2010, 355, 357 – Testfundstelle.  Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 173 f. Lampmann

II. Unterwerfung

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Praxishinweis: In der Praxis führt das zu widerstreitenden Interessen. Denn während der Schuldner an dem Zustandekommen eines Unterlassungsvertrags keinerlei Interesse haben kann, da bereits die Abgabe der Unterlassungserklärung die Begehungsgefahr beseitigt, muss der Gläubiger den Vertragsabschluss sicherstellen (vgl. auch Rn. 981). Er läuft sonst Gefahr, weder einen gesetzlichen noch einen vertraglichen Unterlassungsanspruch, geschweige denn eine Vertragsstrafe (vgl. Rn. 957), gerichtlich durchsetzen zu können.

265

Die die Begehungsgefahr beseitigende Wirkung kommt auch einer nach Fristablauf 266 abgegebenen Unterlassungserklärung zu. Aus den genannten Gründen ist diese – sollten die im Übrigen zu beachtenden Anforderungen erfüllt sein – vom Gläubiger anzunehmen. Praxishinweis: Soweit der Gläubiger bereits einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt hat, die einstweilige Verfügung aber noch nicht erlassen wurde, sollte er auf die anschließende Zuleitung einer hinreichenden Unterlassungserklärung prozessual reagieren und den Verfügungsantrag mit Wirkung für die Zukunft für erledigt erklären, um eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO herbeizuführen (vgl. Rn. 383 ff.). Ist die Verfügung zu diesem Zeitpunkt bereits erlassen worden, sollte der Gläubiger auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung mit Ausnahme der Kostenentscheidung verzichten und die Entscheidung im Parteibetrieb dem Schuldner zustellen.

267

Das durch eine Unterlassungserklärung bewirkte Erlöschen des Unterlassungs- 268 anspruchs ist endgültig.³²⁶ Durch eine spätere Zuwiderhandlung lebt die Wiederholungsgefahr nicht etwa wieder auf. Es entsteht vielmehr ein neuer Unterlassungsanspruch mit neu vermuteter Wiederholungsgefahr,³²⁷ die wiederum nach den genannten Grundsätzen durch Abgabe einer weiteren strafbewehrten Unterlassungserklärung vom Schuldner auszuräumen ist. Der vertragliche Unterlassungsanspruch und der (neu) entstehende gesetzliche Unterlassungsanspruch stehen selbstständig nebeneinander (vgl. Rn. 952, 964 ff.). Eine Unterlassungserklärung, die zur vollständigen Beseitigung der Wiederholungs- 269 gefahr nicht genügt, beinhaltet regelmäßig das konkludente Angebot zu einem gleichzeitigen Erlassvertrag (vgl. auch Rn. 724). Dessen Annahme durch den Gläubiger führt somit zum Erlöschen des (ggf. weitergehenden) gesetzlichen Unterlassungsanspruchs (vgl. Rn. 185, 201), an dessen Stelle die Rechte im Umfang des Unterlassungsvertrags treten (vgl. Rn. 953).³²⁸ Die Verzichtswirkung bezieht sich im Regelfall allerdings nur auf die Streitgegenstände, die der Schuldner in seine Unterlassungserklärung einbezogen hat. Im Fall einer Teilunterwerfung (vgl. Rn. 205 f.), die sich nicht auf alle in der Abmahnung aufgeführten Verstöße erstreckt, kommt ein

 Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 84 Rn. 75. Zur Möglichkeit der Anfechtung einer Unterlassungserklärung vgl. OLG Stuttgart, WRP 2016, 650, 653.  BGH, GRUR 1995, 678, 679 f. – Kurze Verjährungsfrist; GRUR 1998, 1043, 1044 – GS-Zeichen.  OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2003, 198, 200; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 7 Rn. 10. Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

Verzicht hinsichtlich eines nicht umfassten Verstoßes deshalb nur unter besonderen Umständen in Betracht.³²⁹ 270

Praxishinweis: Um Unstimmigkeiten zu vermeiden, sollte der Gläubiger in seiner Annahmeerklärung klarstellen, ob er die Unterlassungserklärung im Sinne dieses Verzichts insgesamt oder nur bezogen auf einen (abgrenzbaren) Teil annehmen möchte. Hierbei darf es allerdings nicht zu widersprüchlichen Angaben kommen, vgl. Rn. 178.

8. Notarielle Unterwerfungserklärung 271 Weiter wird die außergerichtliche Möglichkeit der Abgabe einer notariellen Unter-

werfungserklärung als Alternative zu einer strafbewehrten Unterlassungserklärung diskutiert.³³⁰ Anstoß hierfür gab ein Aufsatz von Köhler aus dem Jahr 2010,³³¹ in dem er die strafbewehrte Unterlassungserklärung u. a. deswegen kritisiert, weil diese Schwierigkeiten bei der Bemessung der Höhe der angemessenen Vertragsstrafe bereite und zudem von den Gläubigern als „Einnahmequelle“ instrumentalisiert werden könne.³³² 272 Inhaltlich ist die notarielle Unterwerfungserklärung hinsichtlich der Beschreibung der

Unterlassungspflicht genauso ausgestaltet wie die strafbewehrte Unterlassungserklärung (vgl. Rn. 197 ff.). Allerdings ergibt sich – anders als bei Letzterer – die notwendige Sicherung nicht aus dem Versprechen einer Vertragsstrafe, sondern daraus, dass sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft mit der Folge, dass der Gläubiger im Fall eines Verstoßes die Möglichkeit erhalten soll, unmittelbar aus der notariellen Unterwerfungserklärung wie aus einem gerichtlichen Unterlassungstitel vollstrecken zu können (vgl. Rn. 982 ff.).³³³ 273 Zur Einhaltung der allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen (Titel, Klau-

sel, Zustellung) muss der Gläubiger dem Schuldner eine vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Unterwerfungserklärung zustellen lassen.³³⁴

     

OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2003, 198, 200. Instruktiv Pustovalov, ZUM 2016, 426, 426 ff. Köhler, GRUR 2010, 6, 6 ff. Köhler, GRUR 2010, 6, 7 f. von Hellfeld, Rn. 485. von Hellfeld, Rn. 486.

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II. Unterwerfung

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Weiter muss der Gläubiger,³³⁵ gegenüber dem die notarielle Unterwerfungserklärung 274 abgegeben wurde, als besondere Zwangsvollstreckungsvoraussetzung diese mit einer Androhung gem. § 890 Abs. 2 ZPO versehen lassen. Umstritten ist hierbei, welches Gericht für die Androhung der Vollstreckung zustän- 275 dig ist.³³⁶ Das OLG München ³³⁷ und das OLG Düsseldorf ³³⁸ halten das Gericht am Sitz des Notars für zuständig. Diese Gerichte leiten dabei die Zuständigkeit mangels ausdrücklicher Normierung aus einer Analogie zu § 797 Abs. 3 ZPO her. Diese Auffassung wird jedoch insbesondere in der Literatur kritisiert. Die notarielle Unterwerfungserklärung laufe vielmehr mit dem Anwaltsvergleich gem. §§ 796a f. ZPO parallel, wonach dasjenige Gericht zuständig sein soll, das für die Geltendmachung des zu vollstreckenden Unterlassungsanspruchs in der Hauptsache zuständig wäre.³³⁹ Der Streitwert des Androhungsverfahrens richtet sich gem. § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG 276 nach dem Wert, den die zu erwirkende Unterlassung für den Gläubiger hat, also nach dem Hauptsachewert des Unterlassungsanspruchs.³⁴⁰ Die durch den Rechtsverstoß verursachte Wiederholungsgefahr entfällt nicht bereits 277 mit Zustellung der notariellen Unterwerfungserklärung,³⁴¹ sondern erst mit Wirksamwerden der Androhung.³⁴² Dies hat jedoch zur Konsequenz, dass der Gläubiger nicht sofort, sondern erst nach Durchführung des Androhungsverfahrens durch die notarielle Unterwerfungserklärung hinreichend gesichert ist. Für ihn ergibt sich damit eine Situation, in der er die hierdurch entstehende „Lücke“³⁴³ naheliegenderweise mittels Erwirkung einer entsprechenden einstweiligen Verfügung zu schließen versuchen wird. Hierbei stellte sich insbesondere die Frage, ob das für den Antrag erforderliche Rechtsschutzbedürfnis mit Blick auf die abgegebene notarielle Unter-

 Dem Schuldner steht eine dahingehende Antragsbefugnis nicht zu, vgl. BGH, GRUR 2018, 973, 973 – Ordnungsmittelandrohung durch Schuldner.  Offenlassend BGH, NJW 2017, 171, 173 – Notarielle Unterlassungserklärung. Einen Überblick über die Diskussion gibt Ahrens, WRP 2017, 1304, 1304 ff.  OLG München, WRP 2015, 646, 647.  OLG Düsseldorf, WRP 2015, 71, 72.  Teplitzky, WRP 2015, 527, 529 f.; Nippe, WRP 2015, 532, 535 f.; Pustovalov, ZUM 2016, 426, 427 ff., der u. a. darauf hinweist, dass andernfalls ein systemwidriger, dem Gläubiger oktroyierter, ihn jedoch entgegen § 35 ZPO benachteiligender „fliegender Notarstand“ begründet werden würde. Vgl. auch LG Paderborn, B. v. 27. 8. 2013 – 7 O 30/13, BeckRS 2013, 22653.  KG, B. v. 22. 8. 2014 – 5 W 254/14, BeckRS 2014, 20176; OLG Hamm, NJOZ 2015, 1900, 1900 f.  So im Grundsatz aber Köhler, GRUR 2010, 6, 9 f.  BGH, NJW 2017, 171, 173 f. – Notarielle Unterlassungserklärung (ebenso als Vorinstanz bereits OLG Köln, GRUR-RR 2015, 405, 407); OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2016, 430, 430 f.; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 163; Teplitzky, WRP 2015, 527, 531.  Hess, jurisPR-WettbR 2/2015 Anm. 2 (Anm. zu LG Köln, Urt. v. 23.9. 2014 – 33 O 29/14, BeckRS 2014, 19073). Lampmann

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B. Vorgerichtliches Verfahren

werfungserklärung noch fortbesteht. Dies haben zunächst das OLG Köln ³⁴⁴ und das LG Berlin,³⁴⁵ mittlerweile aber auch der BGH ³⁴⁶ bejaht. 278

Praxishinweis: Dem unterwerfungsbereiten Schuldner ist im Hinblick auf diese Unwägbarkeiten von dem „Abenteuer“³⁴⁷ einer notariellen Unterwerfungserklärung abzuraten.

   

OLG Köln, GRUR-RR 2015, 405, 406. LG Berlin, WRP 2015, 1407, 1408 f. (bestätigt durch KG, WRP 2017, 457, 458 f.). BGH, NJW 2017, 171, 172 f. – Notarielle Unterlassungserklärung. Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 165.

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C. Auseinandersetzung vor Gericht Bleiben die außergerichtlichen Bemühungen des Gläubigers erfolglos, kann vor der 279 gerichtlichen Durchsetzung der aufgrund des UWG geltend gemachten Ansprüche eine bei der örtlichen Industrie- und Handelskammer eingerichtete Einigungsstelle gem. § 15 Abs. 3 UWG angerufen werden. Sie kann zudem nach § 13a Abs. 5 UWG ohne Zustimmung des Gläubigers durch den Schuldner bei Uneinigkeit über die Höhe der zunächst unbezifferten, vom Gläubiger sodann festgesetzten Vertragsstrafe sowie in den Fällen des § 13a Abs. 4 UWG angerufen werden (vgl. Rn. 246 f.). Die Einigungsstellen sind gehalten, zwischen den Streitparteien eine gütliche Regelung herbeizuführen. Aus einem in einem solchen Verfahren geschlossenen Vergleich kann vollstreckt werden (§ 15 Abs. 7 Satz 2 UWG). Das Verfahren als solches ist gebührenfrei, jedoch können zu erstattende Verfahrensauslagen entstehen. Die eigenen Auslagen einer Streitpartei können allenfalls im Rahmen der Einigung oder gläubigerseits u. U. auch aufgrund eines materiell-rechtlichen Anspruchs zu erstatten sein. Praxishinweis: Dem Verfahren kommt in der Praxis so gut wie keine Bedeutung zu. In Bezug auf die Fragen, die im Zusammenhang mit den Einigungsstellen zu beachten sind, kann an dieser Stelle auf die ausführliche Kommentierung von Köhler/Feddersen verwiesen werden.³⁴⁸ Zur verjährungshemmenden Wirkung vgl. Rn. 886 m. Fn. 1452.

280

Führt das Einigungsverfahren ebenfalls keine Erledigung herbei oder ist es – wie 281 meistens – schon nicht sinnvoll, bleibt dem Gläubiger nur, seine Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. Dafür kommen das Klageverfahren und das einstweilige Verfügungsverfahren in Betracht. Der Unterlassungsanspruch wird im Wettbewerbsrecht für gewöhnlich im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt. Die übrigen Ansprüche werden aus prozessualen Gründen regelmäßig im Klageverfahren geltend gemacht (vgl. Rn. 500 f.). Während sich das Eilverfahren und das Hauptsacheverfahren in zahlreichen Punkten wesentlich unterscheiden, haben sie auch Gemeinsamkeiten, die im Folgenden dargestellt werden sollen.

I. Zuständigkeit Bei der Bestimmung des Gerichts, das den Rechtsstreit zu entscheiden hat, ergeben 282 sich mehrere Zuständigkeitsfragen. Bei Sachverhalten mit internationalen Bezügen stellt sich zunächst die Frage der internationalen Zuständigkeit. Darüber hinaus können mehrere Gerichte örtlich zuständig sein, z. B. dann, wenn sich geschäftliche Handlungen – wie in Zeiten des Internets regelmäßig – nicht lediglich an einem Ort, sondern bundes- oder sogar weltweit auswirken; davon zu unterscheiden ist die hier

 Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 15 Rn. 1 ff. https://doi.org/10.1515/9783110783414-005

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

nicht zu behandelnde Frage, ob und in welchem Umfang materielles deutsches Recht anwendbar ist. Ferner muss der Gläubiger auf die sachliche und funktionelle Zuständigkeit des Gerichts achten. Schließlich sind ggf. einzelne besondere Regelungen speziell für das einstweilige Verfügungsverfahren zu berücksichtigen. Die Besonderheiten bei der Durchsetzung von vertraglichen Unterlassungsansprüchen werden unter Rn. 971 ff. erläutert. 283

Praxishinweis: Im Einzelfall ist zusätzlich zu prüfen, ob das Verhalten auf der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe beruht; dann ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.³⁴⁹

1. Internationale Zuständigkeit a) Grundsatz 284 Ob ein deutsches oder ein ausländisches Gericht zur Entscheidung berufen ist, be-

stimmt sich nach den Regeln über die örtliche Zuständigkeit. Die Gerichtsstandsvorschriften besitzen nach deutschem Recht eine sog. Doppelfunktionalität.³⁵⁰ Grundsätzlich ist deshalb – soweit keine vorrangigen Regelungen im Unionsrecht oder in Staatsverträgen greifen – ein nach § 14 Abs. 2 UWG (oder §§ 12 ff. ZPO) örtlich zuständiges deutsches Gericht auch international zuständig (vgl. auch Rn. 339 f.).³⁵¹ 285 Dabei kommt es darauf an, ob die Informationen dritten Personen bestimmungs-

gemäß zur Kenntnis gebracht werden und die Kenntnisnahme nicht bloß zufällig ist.³⁵² Dass die Äußerungen auf Englisch gehalten sind, steht einer Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht unbedingt entgegen.³⁵³ Allerdings wird man bei einem englischsprachigen Internetauftritt – anders als bei Veröffentlichungen in deutscher Sprache³⁵⁴ – nicht ohne Weiteres von einer bestimmungsgemäßen Auswirkung in Deutschland ausgehen können. 286 Zur Annahme der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ist die schlüssige

Behauptung eines entsprechenden Sachverhalts ausreichend.³⁵⁵ Ob tatsächlich ein schädigendes Ereignis eingetreten ist (oder einzutreten droht), aus dem sich ein Wettbewerbsverstoß ergibt, ist hingegen eine Frage der Begründetheit des verfahrensgegenständlichen Begehrens des Gläubigers (sog. doppelrelevante Tatsache), die

      

Für das Äußerungsrecht vgl. LG Hamburg, B. v. 21.1. 2021 – 324 O 462/20, BeckRS 2021, 3024. BGH, GRUR 1987, 172, 173 – Unternehmensberatungsgesellschaft I. KG, GRUR 2020, 1238, 1238; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, Einl. Rn. 5.38. OLG Düsseldorf, WRP 2020, 88, 89 m. w. N. OLG Düsseldorf, WRP 2020, 88, 90. OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2020, 156, 157. BGH, GRUR 2005, 431, 432 – HOTEL MARITIME.

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I. Zuständigkeit

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vom zuständigen Gericht anhand des anwendbaren nationalen Rechts zu prüfen ist (vgl. auch Rn. 293, 298).³⁵⁶ Die internationale Zuständigkeit fällt nicht unter § 513 Abs. 2, § 545 Abs. 2 ZPO, sodass 287 sie durch die Berufungs- und Revisionsinstanz überprüfbar ist (vgl. auch Rn. 842).³⁵⁷

b) Vorrangige Verordnungen und Abkommen In ihrem Anwendungsbereich hat die EuGVVO (Brüssel-Ia-VO) Vorrang vor den na- 288 tionalen Zuständigkeitsvorschriften. Sie gilt für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, und zwar entgegen ErwG 41 mittelbar auch für Dänemark kraft eines völkerrechtlichen Übereinkommens.³⁵⁸ Maßgeblich ist Art. 7 Nr. 2 EuGVVO. Danach kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung, eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Zu den unerlaubten Handlungen zählen auch unerlaubte Wettbewerbshandlungen.³⁵⁹ Norwegen, Island und die Schweiz sind mit Deutschland durch das LugÜ gebunden, dessen einschlägiger Art. 5 Nr. 3 mit den genannten Regelungen des EuGVVO wortgleich ist. Nach diesen Vorgaben sind deutsche Gerichte im Wettbewerbsrecht zuständig, wenn 289 sich der Erfolgsort der rechtsverletzenden Handlung bestimmungsgemäß (auch) in Deutschland befindet.³⁶⁰ Praxishinweis: Zu beachten ist, dass die vom BGH in seiner viel beachteten Entscheidung „The New York Times“ herausgearbeiteten Grundsätze zur internationalen Zuständigkeit bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Wettbewerbsrecht keine Anwendung finden. Danach besteht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte schon dann, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann.³⁶¹ Diese Grundsätze sind auf wettbewerbsrechtliche Sachverhalte – auch entsprechend – nicht anwendbar, da das Wettbewerbsrecht in erster Linie dem Schutz des betroffenen Mitbewerbers und daneben dem Schutz des Interesses der Allgemeinheit an einem unverfälschten

 BGH, GRUR 2015, 689, 691 – Parfumflakon III.  Zur Revision vgl. BGH, GRUR 2018, 832, 833 – Ballerinaschuh.  Antomo, in: Vorwerk/Wolf, BeckOK/ZPO, Brüssel-Ia-VO, Art. 1 Rn. 11 ff. Vgl. dort auch ausführlich zur Rechtslage im Verhältnis zu Großbritannien.  BGH, GRUR 2015, 607, 607 – Uhrenankauf im Internet.  Für das Internet vgl. BGH, GRUR 2014, 601, 603 – Englischsprachige Pressemitteilung; GRUR 2015, 1129, 1130 – Hotelbewertungsportal.  BGH, GRUR 2010, 461, 463 – The New York Times. Lampmann

290

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

Wettbewerb dient. Sogar ein Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG setzt daher – anders als eine Verletzung des entsprechenden Persönlichkeitsrechts – voraus, dass die Handlung geeignet ist, die wettbewerblichen Interessen des Mitbewerbers auf dem fraglichen Markt zu beeinträchtigen. Deshalb ist bei einem Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG durch eine Internetveröffentlichung – wie auch bei anderen Wettbewerbsverletzungen im Internet – ein Gerichtsstand im Inland nur begründet, wenn sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß auf den inländischen Markt auswirken soll.³⁶² Dagegen kommt es nicht darauf an, ob der in der Internetveröffentlichung genannte Mitbewerber seinen gewöhnlichen Aufenthalt und Lebensmittelpunkt im Inland hat.³⁶³ 291 An welchem Ort sich eine Wettbewerbshandlung bestimmungsgemäß auswirken soll,

ist anhand von Indizien zu ermitteln. Dabei können neben dem Inhalt einer Mitteilung etwa die zur Zahlung einsetzbaren Währungen, die Orte, an die eine etwaige Lieferung von Waren vorgesehen ist, und die zur Verfügung stehenden Sprachen eine Rolle spielen.³⁶⁴ Für eine bestimmungsgemäße inländische Abrufbarkeit von fremdsprachigen Inhalten spricht die vom Seitenbetreiber explizit angebotene Möglichkeit, von der deutschsprachigen zur betreffenden fremdsprachigen Version einer Internetseite zu wechseln,³⁶⁵ oder der Betrieb einer „.de“-Top-Level-Domain.³⁶⁶ 292

Praxishinweis: Der Werbende kann das Verbreitungsgebiet der Werbung im Internet durch einen sog. Disclaimer einschränken, in dem er z. B. ankündigt, Adressaten in einem bestimmten Land nicht zu beliefern. Um wirksam zu sein, muss ein Disclaimer eindeutig gestaltet und aufgrund seiner Aufmachung als ernst gemeint aufzufassen sein sowie vom Werbenden auch tatsächlich beachtet werden.³⁶⁷

293 Die Annahme der internationalen Zuständigkeit für ein wettbewerbsrechtliches Ver-

fahren unter dem Gesichtspunkt des Ortes der Verwirklichung des Schadenserfolgs setzt voraus, dass nach dem Vortrag des Gläubigers ein Wettbewerbsverstoß, der einen Schaden im Zuständigkeitsbereich des angerufenen Gerichts verursacht hat, nicht ausgeschlossen ist. Ob tatsächlich ein schädigendes Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, aus dem sich ein Wettbewerbsverstoß ergibt, ist eine Frage der Begründetheit, die vom zuständigen Gericht anhand des anwendbaren nationalen Rechts zu prüfen ist (vgl. auch Rn. 286, 298).³⁶⁸

 OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 648, 649.  BGH, GRUR 2014, 601, 603 – Englischsprachige Pressemitteilung.  Für das Wettbewerbsrecht vgl. BGH, GRUR 2014, 601, 603 – Englischsprachige Pressemitteilung; OLG Köln, Urt. v. 19. 2. 2014 – 6 U 163/13, BeckRS 2014, 4198. Für das Urheberrecht vgl. OLG Köln, NJW-RR 2008, 359, 359.  BGH, GRUR 2014, 601, 603 – Englischsprachige Pressemitteilung.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 648, 650.  BGH, GRUR 2006, 513, 515 – Arzneimittelwerbung im Internet.  BGH, GRUR 2014, 601, 602 – Englischsprachige Pressemitteilung; GRUR 2015, 689, 691 – Parfumflakon III. Lampmann

I. Zuständigkeit

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Die Zuständigkeit nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ist auch für eine negative Feststel- 294 lungsklage gegeben, mit der die Feststellung begehrt wird, dass ein Anspruch wegen einer unerlaubten Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, nicht besteht.³⁶⁹ Sofern die Rechtsverletzung gleichzeitig die Verletzung einer vertraglichen Pflicht 295 darstellt, stellt sich die Frage, ob sich die Zuständigkeit nach Art. 7 Nr. 1 EuGVVO oder Art. 7 Nr. 2 EuGVVO richtet. Der EuGH sieht die deliktische Zuständigkeit des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO jedenfalls dann gegeben, wenn zur Beurteilung der geltend gemachten Ansprüche eine Auslegung des Vertrags nicht unerlässlich ist.³⁷⁰ Die Zuständigkeit kann auch durch rügelose Einlassung begründet werden, die als 296 stillschweigende Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 25 EuGVVO betrachtet wird und unabhängig davon gilt, ob der Schuldner seinen Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hat oder nicht.³⁷¹ Die Unzuständigkeit muss in jeder Instanz neu gerügt werden.³⁷²

2. Örtliche Zuständigkeit Ergibt sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte als Gerichte des 297 Erfolgsortes aus Art. 5, 7 Nr. 2 EuGVVO, so bestimmen diese Normen auch die örtliche Zuständigkeit,³⁷³ da für die Frage der örtlichen und internationalen Zuständigkeit und des anwendbaren Rechts dieselben Kriterien – „Ort der Interessenkollision“ bzw. „kollisionsrechtliche Spürbarkeitsgrenze“ – angelegt werden. Die die internationale und örtliche Zuständigkeit der deutschen Gerichte begründenden Umstände sind dieselben.³⁷⁴ Für Fälle ohne Auslandsbezug ergibt sich die örtliche Zuständigkeit der Gerichte für 298 wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus § 14 UWG.³⁷⁵ Dieser ist lex specialis zu §§ 12 ff. ZPO und gilt für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch „auf Grund dieses Gesetzes“, d. h. des UWG, geltend gemacht wird. Die Vorschrift ist an-

 EuGH, GRUR 2013, 98, 100.  EuGH, GRUR 2021, 116, 118.  Vgl. BGH, GRUR 2018, 832, 834 – Ballerinaschuh.  BGH, GRUR 2018, 1246, 1248 – Kraftfahrzeugfelgen II.  von Hellfeld, Rn. 280; OLG München, WRP 2019, 1067, 1070.  BGH, GRUR 1971, 153, 153 f. – Tampax.  Der am 28. 5. 2022 in Kraft tretende § 14 Abs. 4 UWG nimmt den sodann in § 9 Abs. 2 Satz 1 UWG neu geschaffenen Schadensersatzanspruch des Verbrauchers aus dem Geltungsbereich des § 14 Abs. 1 bis 3 UWG heraus und bestimmt, dass sich die Zuständigkeit insoweit nach allgemeinen Vorschriften richtet. Lampmann

74

C. Auseinandersetzung vor Gericht

wendbar, wenn der Gläubiger im gerichtlichen Verfahren Tatsachen schlüssig vorbringt, die einen Anspruch aus dem UWG tragen (vgl. auch Rn. 286, 293). Darauf, ob der behauptete Anspruch tatsächlich besteht, kommt es – wie bei Art. 7 Nr. 2 EuGVVO – für die Frage der Zuständigkeit nicht an (vgl. aber Rn. 304).³⁷⁶

a) Allgemeiner Gerichtsstand 299 Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UWG kann der Schuldner, wie bei anderen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten auch, bei dem Gericht in Anspruch genommen werden, in dessen Bezirk sein allgemeiner Gerichtsstand, vor allem also sein (Wohn‐)Sitz, liegt. 300

Praxishinweis: Die Zuständigkeit des Gerichts am (Wohn-)Sitz des Schuldners hat – jedenfalls in der Praxis der Rechtsdurchsetzung unter Mitbewerbern – bisher eine eher untergeordnete Rolle gespielt. Die Neuerungen des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs (vgl. Rn. 307 ff.) werden insoweit wohl für Korrektive sorgen. Ob sie gravierend sein und die Mehrzahl wettbewerbsrechtlicher Verfahren auf die Gerichte am allgemeinen Gerichtsstand des jeweiligen Schuldners verlagern werden, bleibt abzuwarten.

b) Begehungsort 301 Bevorzugt wird der Gerichtsstand des Begehungsortes des – § 32 ZPO entsprechenden

– § 14 Abs. 2 Satz 2 UWG, der aber grundsätzlich nur Mitbewerbern zugutekommt (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 UWG). Danach ist über den allgemeinen Gerichtsstand hinaus „für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird“, das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen ist. Der Gläubiger kann danach auch am Tatort der vermeintlich unlauteren Handlung gegen den Schuldner vorgehen. 302

Praxishinweis: Wichtig ist, dass ein Begehungsort i. S. d. § 14 Abs. 2 Satz 2 UWG bereits dann vorliegt, wenn dort ein Tatbestandsmerkmal (von mehreren) verwirklicht ist.³⁷⁷ In der Folge können für einen Rechtsverstoß – nicht nur bei gleichzeitiger Begehung an mehreren (Handlungs- bzw. Erfolgs-)Orten, sondern – auch unter diesem Gesichtspunkt mehrere Begehungsorte angenommen werden und damit mehrere Gerichte zuständig sein.

303 Bei Verletzungsunterlassungsverfahren werden sowohl der Handlungsort als auch

der Erfolgsort als Begehungsort angesehen, es kann also sowohl an jedem Ort geklagt (oder ein Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt, § 937 Abs. 1 ZPO, vgl. Rn. 333 ff.) werden, an dem sich der Wettbewerbsverstoß ganz oder teilweise verwirklicht hat, als auch an jedem Ort, an dem das geschützte Rechtsgut belegen ist.³⁷⁸ Findet die Verletzungshandlung eines bundesweit agierenden Schuldners nur zufällig am betref-

 Zu § 24 UWG a. F. vgl. BGH, GRUR 1964, 567, 568 – Lavamat I.  Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 14 Rn. 16.  Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 14 Rn. 10. Lampmann

I. Zuständigkeit

75

fenden Ort statt, gilt nichts anderes.³⁷⁹ Gerichtsstand des Begehungsortes ist der Marktort bzw. Ort des wettbewerblichen Interessenkonflikts.³⁸⁰ § 14 Abs. 2 Satz 2 UWG soll die gerichtliche Zuständigkeit dort begründen, wo die Interessen von Mitbewerbern miteinander kollidieren.³⁸¹ Bei der vorbeugenden Unterlassungsklage ist der Ort maßgebend, an dem die 304 Verwirklichung des Wettbewerbsverstoßes droht. Das ist entweder der Ort der Vorbereitungshandlung oder der künftige Handlungs- oder Erfolgsort.³⁸² Es muss allerdings tatsächlich eine Erstbegehungsgefahr bestehen und nicht nur behauptet werden (vgl. Rn. 298), weil sonst mit jeder dahingehenden Behauptung ein (bundesweiter) Gerichtsstand begründet werden könnte.³⁸³

c) „Fliegender Gerichtsstand“ Geht es um Wettbewerbsverstöße, die in einem Medium, wie z. B. Fernsehen, Radio, 305 oder mittels des Internets begangen werden, fallen Handlungs- und Erfolgsort in der Regel auseinander, denn so gestreute Werbung ist bundesweit oder sogar weltweit abrufbar (vgl. Rn. 319). Der Gläubiger kann sich dementsprechend einen Gerichtsstand aussuchen, an dem er den Schuldner in Anspruch nimmt. Dieser wird daher auch umgangssprachlich „fliegender Gerichtsstand“ genannt. Praxishinweis: Das OLG Frankfurt a. M. hält unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses fest, dass die Wahl eines bestimmten Gerichtsstands für einzelne Ansprüche nicht zwingend den Gerichtsstand für die spätere Verfolgung weiterer aus demselben Rechtsstreit resultierender Ansprüche bestimmt.³⁸⁴

306

Eine derart weitreichende Wahlmöglichkeit wird seit einiger Zeit als Benachteiligung 307 des Schuldners kritisiert.³⁸⁵ Der Gläubiger könne sich unter Verletzung der prozessualen Waffengleichheit ein Gericht in seiner Nähe aussuchen oder ein Gericht, das eher in seinem Sinne über den Streitwert entscheide. Für den Schuldner bedeute eine angedrohte Klage an einem weit entfernten Gericht demgegenüber eine Belastung, die ihn oft dazu bewege, sich nicht gegen die Forderungen zu wehren und die geforderte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen.³⁸⁶ Diese Bedenken führten zu einer der

 OLG Köln, MMR 2012, 161, 162.  BGH, GRUR 1962, 243, 245 f. – Kindersaugflaschen; GRUR 1964, 316, 318 – Stahlexport; GRUR 1982, 495, 497 – Domgarten-Brand; GRUR 2006, 513, 515 – Arzneimittelwerbung im Internet.  OLG Düsseldorf, WRP 2020, 88, 89.  BGH, GRUR 1994, 530, 532 – Beta.  OLG Köln, MMR 2012, 161, 163.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 736, 736.  Vgl. BT-Drs. 19/12084, S. 35; Motejl/Rosenow, WRP 2021, 699, 703.  BT-Drs. 19/12084, S. 35. Lampmann

76

C. Auseinandersetzung vor Gericht

weitreichendsten Änderungen durch die UWG-Novelle 2020 in Form der Eingrenzung des „fliegenden Gerichtsstands“ durch § 14 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 UWG. 308

Praxishinweis: Diese Einschränkung erfuhr zu Recht Kritik in der Fachliteratur. Denn zum einen gibt es – erst recht bezogen auf die aktuelle Praxis der Rechtsdurchsetzung – keinen empirischen Nachweis für eine missbräuchliche Ausnutzung des „fliegenden Gerichtsstands“.³⁸⁷ Zum anderen wird nun die wünschenswerte Möglichkeit eingeschränkt, sich an ein im Wettbewerbsrecht spezialisiertes Gericht zu wenden.³⁸⁸ Diese Spezialisierung bestand dabei nicht ohne Grund, sondern hat sich im Zuge einer natürlichen Entwicklung wegen der Besonderheiten und der Schwierigkeit der Materie gebildet und diente insoweit zum einen dem – vorrangigen – Interesse an der zutreffenden Rechtsanwendung und folglich der Rechtssicherheit und der effektiven Gewährleistung des lauteren Wettbewerbs und zum anderen der – nicht unerheblichen – Entlastung der Justiz (durch Vermeidung unnötiger Berufungs- bzw. Revisionsverfahren) und des Schuldners selbst (durch Vermeidung der Mehrkosten unnötiger Berufungs- bzw. Revisionsverfahren).

309 Die Einschränkung des § 14 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 UWG betrifft Zuwiderhandlungen von

Inländern im elektronischen Geschäftsverkehr und Telemedien. 310 Die Reichweite der Einschränkung ist jedoch hinsichtlich des letztgenannten Aspekts

fraglich.³⁸⁹

311 Das LG Düsseldorf betrachtet den „fliegenden Gerichtsstand“ nur dann als nach § 14

Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 UWG ausgeschlossen, wenn der Verstoß „ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien erfordert, mit anderen Worten der Verstoß tatbestandlich an ein solches Handeln anknüpft und bei Nutzung eines anderen Kommunikationskanals nicht verwirklicht werden könnte“.³⁹⁰ Dafür spreche entgegen dem missverständlichen Wortlaut der Sinn und Zweck des Gesetzes, da die missbrauchsanfälligen Zuwiderhandlungen in Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten auf Telemedien gesehen worden seien.³⁹¹ Eine darüber hinausgehende Anwendung der Norm würde zur zweckwidrigen Ungleichbehandlung von Verstößen führen, die gleichzeitig in Telemedien bzw. elektronischem Verkehr und durch andere geschäftliche Handlungen begangen werden.³⁹²

 Ebenso Hohlweck, WRP 2021, 719, 724; Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 157 m. w. N.  In diesem Sinne auch Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 157 f. m. w. N.; Lerach, GRUR-Prax 2020, 37, 37 f.  Vgl. Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 158.  LG Düsseldorf, WRP 2021, 395, 396. Zustimmend Lerach, jurisPR-WettbR 2/2021 Anm. 5 (Anm. zu LG Düsseldorf, WRP 2021, 395, 395 ff.); Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 158. Mit Hinweis auf die – diese Auslegung bestätigende – parlamentarische Debatte Jung, GRUR 2021, 986, 986 (Anm. zu OLG Düsseldorf, WRP 2021, 513, 513 ff.). Kritisch Feddersen, WRP 2021, 713, 717 f.; Motejl/Rosenow, WRP 2021, 699, 704; Rüther, WRP 2021, 726, 726 ff.  BT-Drs. 19/22238, S. 16; BT-Drs. 19/12084, S. 32.  LG Düsseldorf, WRP 2021, 395, 396. Lampmann

I. Zuständigkeit

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Dem stellte sich in einem obiter dictum der anschließenden Beschwerdeentscheidung 312 das – dazu wegen § 571 Abs. 2 Satz 2 ZPO eigentlich nicht berufene³⁹³ – OLG Düsseldorf entgegen. Die Auslegung des LG Düsseldorf lasse sich weder mit dem Wortlaut noch mit der Gesetzeshistorie und -systematik vereinbaren.³⁹⁴ Das LG Düsseldorf hielt jedoch in einer weiteren Entscheidung unter expliziter und ausführlich begründeter Zurückweisung dieser Kritik an seiner teleologischen Reduktion fest.³⁹⁵ Seinen Standpunkt teilen das LG Frankfurt a. M.,³⁹⁶ dem das OLG Frankfurt a. M. beipflichtet,³⁹⁷ und das LG Hamburg. ³⁹⁸ Für den grundsätzlich (fort‐)bestehenden „fliegenden Gerichtsstand“ und dessen lediglich ausnahmsweise gebotene Einschränkung argumentiert ferner das LG München I. ³⁹⁹ Der einschränkenden Auslegung der Ausnahme nach § 14 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 UWG ist 313 mit der wohl h. M. der Vorzug zu geben. Die praktische Erfahrung zeigt, dass die Sorgen des Gesetzgebers zum überwiegenden Teil unbegründet sind. Denn während es zutrifft, dass der Gläubiger durch die Möglichkeit der Wahl des Gerichtsstands einen taktischen Vorteil gegenüber dem Schuldner haben mag (vgl. aber Rn. 537 ff.), halten sich die Fälle des Missbrauchs dieses Vorteils in engen Grenzen.⁴⁰⁰ Auch wenn ein bestimmter Gerichtsort für den Gläubiger „angenehm“ und, umgekehrt, für den Schuldner „unangenehm“ sein mag, wird dieser natürlich nicht deswegen gewählt, um dem Schuldner z. B. eine möglichst lange Anreise in der Hoffnung zu bescheren, dieser werde sich deswegen gar nicht oder nur unzureichend verteidigen.⁴⁰¹ Viel wichtiger (und regressträchtiger) in der anwaltlichen Beratung ist die Prüfung der Erfolgsaussichten des gerichtlichen Vorgehens vor dem Hintergrund der – insbesondere hinsichtlich der Dringlichkeitsfristen (vgl. Rn. 623 f.) divergierenden, weil gem. § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht revisiblen⁴⁰² – Rechtsprechung der Oberlandesgerichte. Dies sind jedoch keine rechtsmissbräuchlichen, sondern allein sachliche Erwägungen, die zudem in den Grundprinzipien der ZPO (vgl. nur die dem Gläubiger zugewiesene Wahlmöglichkeit nach § 35 ZPO) verankert sind. Hinzu kommt, dass sich die im Ausgangspunkt weitreichende Wahlmöglichkeit des 314 Gläubigers aus § 14 Abs. 2 Satz 2 UWG nicht anlasslos ergibt, sondern – bei richtiger Anwendung – mit der Reichweite der rechtsverletzenden Handlung des  So zutreffend im vergleichbaren Fall OLG Frankfurt a. M., WRP 2021, 1088, 1089.  OLG Düsseldorf,WRP 2021, 513, 514 f. Ihm folgend LG Stuttgart, B. v. 27.10. 2021 – 11 O 486/21, GRURRS 2021, 35486; LG Ansbach, Urt. v. 9.11. 2021 – 2 O 709/21, n. v.  Vgl. LG Düsseldorf, WRP 2021, 688, 689 f.  LG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2021, 326, 327.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2021, 1611, 1612.  LG Hamburg, B. v. 8.11. 2021 – 327 O 184/21, GRUR-RS 2021, 36825.  LG München I, Urt. v. 8.11. 2021 – 33 O 480/21, GRUR-RS 2021, 35995.  So auch Hohlweck, WRP 2021, 719, 724.  Zu diesem Kriterium vgl. KG, GRUR-RR 2008, 212, 213.  BGH, GRUR 2003, 548, 548 f. – Rechtsbeschwerde. Lampmann

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

Schuldners korrespondiert, also durch sein eigenes Verhalten ausgelöst wird. Jedenfalls im lediglich für geschäftliche Handlungen eröffneten Wettbewerbsrecht erscheint es sachgerecht, dass, wer sich bundesweit in der Öffentlichkeit betätigt, auch bundesweit damit rechnen muss, gerichtlich in Anspruch genommen zu werden. Diejenigen, die in das Wirtschaftsleben an vielen Orten eingreifen und bundesweit werben, verkaufen und beliefern, müssen das damit verbundene, entsprechend erweiterte Geschäftsrisiko tragen (zur Parallelwertung bei der Beurteilung der Reichweite eines Unterlassungsanspruchs vgl. Rn. 718). Der wirtschaftliche Vorteil bundesweiter Präsenz führt lediglich spiegelbildlich zu dem Risiko, an anderen Gerichtsstandorten selbst in Anspruch genommen zu werden.⁴⁰³ Die wirtschaftlichen Risiken, die hieraus erwachsen, sind nur die Kehrseite der unternehmerischen Entscheidung, den eigenen Wirkungskreis über den Wohn- oder Geschäftssitz hinaus zu erweitern.⁴⁰⁴ 315

Praxishinweis: Die Unsicherheiten bei der Bestimmung der Reichweite des „fliegenden Gerichtsstands“ bei Verstößen im Internet bleiben zunächst bestehen, bis sich eine gefestigte Rechtsprechung durchgesetzt hat. Da eine unrechtmäßig angenommene örtliche Zuständigkeit aufgrund von § 513 Abs. 2, § 545 Abs. 2, § 571 Abs. 2 Satz 2 ZPO im Regelfall weder Berufung noch Revision zugrunde gelegt werden kann, wird es jedoch keine obergerichtliche oder gar höchstrichterliche Klärung geben. Es sei denn, ein höherrangiges Gericht sieht sich in einer geeigneten Fallkonstellation zu einem entsprechenden obiter dictum veranlasst.⁴⁰⁵ Denkbar wäre zudem eine Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).⁴⁰⁶ Ungeachtet dessen bleibt zu hoffen, dass außer – wie bisher schon – Sachsen⁴⁰⁷ und Mecklenburg-Vorpommern⁴⁰⁸ weitere Landesregierungen bzw. Landesjustizverwaltungen die Konzentrationsermächtigung nach § 14 Abs. 3 UWG in Anspruch nehmen und wenigstens so die gewohnte, durch die Richter erarbeitete wettbewerbsrechtliche Spezialisierung und Fachkunde und die damit einhergehende Rechtssicherheit erhalten bzw. wiederherstellen werden (vgl. auch Rn. 323, 325).⁴⁰⁹ Insoweit ging Nordrhein-Westfalen bereits mit gutem Beispiel voran.⁴¹⁰

 Klute, NJW 2014, 359, 359. Für das Presserecht vgl. Hoeren, ZRP 2009, 223, 223.  Für das Presserecht vgl. Dölling, NJW 2015, 124, 128.  Vgl. bereits OLG Düsseldorf, WRP 2021, 513, 514 f.; OLG Frankfurt a. M., WRP 2021, 1611, 1612.  So auch Feddersen, WRP 2021, 713, 718; Rüther, WRP 2021, 726, 730.  In Sachsen liegt die Zuständigkeit, soweit nicht gleichzeitig das Kartellrecht betroffen ist, beim LG Leipzig (für die Bezirke des LG Leipzig, des LG Chemnitz und des LG Zwickau) und beim LG Dresden (für die Bezirke des LG Dresden und des LG Görlitz), § 13 SächsJOrgVO (vgl. SächsGVBl. 2016, S. 103; SächsGVBl. 2020, S. 17).  In Mecklenburg-Vorpommern ist das LG Rostock zuständig, § 4 Abs. 1 Nr. 7 MVKonzVO (vgl. GVOBl. M-V 1994, S. 514; GVOBl. M-V 2018, S. 59).  Ebenso bereits Lerach, GRUR-Prax 2020, 37, 39; Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 157.  § 1 NRWKonzVO Wettbewerbsstreitsachen (vgl. GV. NRW. 2021, S. 1156) ist am 1.1. 2022 in Kraft getreten und weist die Zuständigkeit dem LG Düsseldorf (für den Bezirk des OLG Düsseldorf), dem LG Bochum (für den Bezirk des OLG Hamm) und dem LG Köln (für den Bezirk des OLG Köln) zu. Lampmann

I. Zuständigkeit

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Ebenfalls ungeklärt ist, ob § 14 Abs. 2 UWG – so wie § 14 UWG a. F.⁴¹¹ – einen aus- 316 schließlichen Gerichtsstand begründet oder ob eine abweichende Zuständigkeit durch Vereinbarung oder rügelose Einlassung begründet werden kann.⁴¹²

d) Einzelfälle aa) Printmedien Bei Druckschriften ist Begehungsort der Ort, an dem diese erscheinen und nicht nur 317 zufällig verbreitet werden.⁴¹³ Das ist beim gewöhnlichen Auslieferungsgebiet einer Zeitschrift der Fall,⁴¹⁴ oder wenn deutschsprachige Prospekte auf Anfrage auch nach Deutschland versendet werden.⁴¹⁵ Praxishinweis: Ein bestimmungsgemäßes Verbreiten liegt daher z. B. nicht vor, wenn eine in Wien erscheinende Zeitschrift nur bezogen wird, um in Berlin einen Gerichtsstand zu begründen,⁴¹⁶ eine Werbebeilage nachträglich vom Rechtsanwalt angefordert⁴¹⁷ oder die Druckschrift an den Urlaubsort nachgesendet wird.⁴¹⁸

318

bb) Funk, Fernsehen, Internet Auf Verbreitung durch Funk, Fernsehen und Internet sind die allgemeinen Vorgaben 319 entsprechend anzuwenden. Medial verbreitete Werbung kann dort angegriffen werden, wo wettbewerblich relevante Belange des Gläubigers verletzt worden sind; es genügt nicht, dass das Medium im Bezirk bestimmungsgemäß verbreitet worden ist.⁴¹⁹ Bei Wettbewerbsverletzungen im Internet ist der Erfolgsort demnach beispielsweise im Inland dann belegen, wenn sich der Internetauftritt dort bestimmungsgemäß auswirken soll (vgl. Rn. 289 ff., 305 ff.).⁴²⁰ Der Standort des Mediums, etwa des Internetservers, ist irrelevant,⁴²¹ weil dieser technisch bedingt und zufällig ist.⁴²²

 Vgl. KG, GRUR 2020, 1238, 1238.  Gegen einen ausschließlichen Gerichtsstand – jeweils mit Verweis auf BT-Drs. 19/12084, S. 35 – OLG Düsseldorf, WRP 2021, 513, 515; Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151, 158. A. A. Feddersen, WRP 2021, 713, 718, der darauf abstellt, dass sich die gegenteilige Aussage aus dem Regierungsentwurf auf die seinerzeit noch beabsichtigte vollständige Abschaffung des „fliegenden Gerichtsstands“ beziehe.  BGH, GRUR 1988, 318, 319 – Verbreitungsgebiet; OLG Düsseldorf, WRP 2020, 88, 89.  BGH, GRUR 1971, 153, 154 – Tampax.  BGH, GRUR 2005, 431, 432 – HOTEL MARITIME.  BGH, GRUR 1978, 194, 196 – Profil.  OLG Köln, WRP 1988, 126, 127.  KG, GRUR 1989, 134, 134 f.  OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2005, 33, 33.  BGH, GRUR 2006, 513, 515 – Arzneimittelwerbung im Internet.  Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 14 Rn. 18.  Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 14 Rn. 14. Lampmann

80

C. Auseinandersetzung vor Gericht

cc) Schreiben, Telefonate, E-Mails, SMS 320 Bei einer durch Brief und dergleichen begangenen unerlaubten Handlung liegt der

Handlungsort dort, wo der Täter handelte, insbesondere das Schreiben aufgab, und der Erfolgsort dort, wo die Äußerung den Empfänger erreichte.⁴²³ Entsprechendes wird man für ähnliche Kommunikationsformen, wie z. B. Telefonate, E-Mails und SMS, annehmen können.

e) Ansprüche aus dem UKlaG 321 Bei einem Vorgehen nach dem UKlaG, vor allem bei Verstößen gegen Verbraucher-

schutzgesetze i. S. d. § 2 Abs. 1 UKlaG, die durch die im UKlaG genannten anspruchsberechtigten Stellen verfolgt werden, ist die ausschließliche Zuständigkeit nach § 6 UKlaG gegeben. 322 Dies gilt selbst dann, wenn der Gläubiger sein Antragsbegehren gleichzeitig auch auf

das Wettbewerbsrecht stützt; ein dem entgegenstehender Verweisungsbeschluss ist willkürlich.⁴²⁴ Zudem stellen die Vorschriften des UWG, die der Umsetzung der RL 2005/29/EG (UGP-Richtlinie) dienen, zugleich Verbraucherschutzgesetze i. S. d. § 2 Abs. 1 UKlaG dar. Dazu gehören u. a. die Verbote des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG, die Verbrauchergeneralklausel des § 3 Abs. 2 UWG sowie § 3 Abs. 1 UWG i.V. m. §§ 4a, 5, 5a UWG.⁴²⁵ 323

Praxishinweis: Die auf der Grundlage des § 6 Abs. 2 UKlaG erlassenen Konzentrationsverordnungen sind zu beachten.

f) Markenrechtliche Verstöße 324 Bei zusätzlicher Anspruchsbegründung mit einem Markenrechtsverstoß hat der

Gläubiger die Wahlmöglichkeit, ob er bei einem nach § 14 UWG oder nach § 140 MarkenG zuständigen Gericht klagt, vgl. § 141 MarkenG.⁴²⁶ 325

Praxishinweis: Sowohl bei der einen als auch bei der anderen Handlungsvariante sollte der Gläubiger stets überprüfen, inwiefern die Landesregierungen bzw. die Landesjustizverwaltungen von der jeweiligen Konzentrationsermächtigung (§ 14 Abs. 3 UWG bzw. § 140 Abs. 2 MarkenG) Gebrauch gemacht haben.

 BGH, GRUR 1964, 316, 318 – Stahlexport.  OLG Hamm, B. v. 26.4. 2019 – 32 SA 20/19, GRUR-RS 2019, 39184.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UKlaG, § 2 Rn. 32.  Gruber, in: Kur/von Bomhard/Albrecht, BeckOK/Markenrecht, MarkenG, § 141 Rn. 4, § 140 Rn. 26 ff. Lampmann

I. Zuständigkeit

81

3. Sachliche Zuständigkeit Gem. § 14 Abs. 1 UWG sind für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein 326 Anspruch „auf Grund dieses Gesetzes“, also des UWG,⁴²⁷ geltend gemacht wird (vgl. auch Rn. 978), die Landgerichte ausschließlich zuständig.⁴²⁸ Das bedeutet, dass die Zuständigkeit eines Landgerichts entgegen § 23 Nr. 1 GVG auch dann begründet ist, wenn der Wert eines wettbewerbsrechtlichen Streits im Einzelfall 5 000 Euro nicht übersteigt.

4. Funktionelle Zuständigkeit Funktionell ist bei Wettbewerbsstreitigkeiten die Zuständigkeit der Kammern für 327 Handelssachen zu beachten.⁴²⁹ Die Zuständigkeit einer Kammer für Handelssachen muss für den gesamten Verfahrensgegenstand gegeben sein, also für alle Ansprüche bei objektiver Klagehäufung, für jeden in Anspruch genommenen Schuldner bei subjektiver Klagehäufung und für jede materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage.⁴³⁰ Ein Rechtsstreit wird nur dann vor einer Kammer für Handelssachen verhandelt, wenn 328 dies entweder durch den Gläubiger gem. § 96 Abs. 1 GVG in der Klageschrift bzw. im Antrag auf einstweilige Verfügung⁴³¹ oder durch den Schuldner gem. § 98 Abs. 1 Satz 1 GVG nach Klage- bzw. Antragseinreichung (jedoch wohl nicht lediglich in seiner Schutzschrift,⁴³² vgl. auch Rn. 534) beantragt wird. Der Gläubiger hat also ein Wahlrecht, ob er eine Zivilkammer oder eine Kammer für Handelssachen anrufen möchte. Praxishinweis: Die Anrufung einer Zivilkammer empfiehlt sich bei den Landgerichten, die, wie z. B. in Düsseldorf, Frankfurt a. M., Hamburg, Köln oder München, aufgrund einer internen Geschäftsverteilung Rechtsstreitigkeiten aus unlauterem Wettbewerb ausdrücklich den Zivilkammern zuweisen, wodurch diese über besondere Kenntnisse und Erfahrung verfügen.

329

Der Schuldner muss prüfen, ob er sich der Anrufung einer Zivilkammer durch den 330 Gläubiger fügen oder Verweisung an eine Kammer für Handelssachen beantragen möchte. Der Antrag muss gem. § 101 Abs. 1 Satz 1 GVG vor der Verhandlung zur Sache

 Der am 28. 5. 2022 in Kraft tretende § 14 Abs. 4 UWG nimmt den sodann in § 9 Abs. 2 Satz 1 UWG neu geschaffenen Schadensersatzanspruch des Verbrauchers aus dem Geltungsbereich des § 14 Abs. 1 bis 3 UWG heraus und bestimmt, dass sich die Zuständigkeit insoweit nach allgemeinen Vorschriften richtet.  Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 14 Rn. 2 ff.  Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 14 Rn. 4.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 99, 101; Pabst, in: MüKo/ZPO, GVG, § 95 Rn. 3.  Tolkmitt, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 14 Rn. 21.  OLG Stuttgart,WRP 2018, 1248, 1252. Offenlassend OLG Frankfurt a. M.,WRP 2019, 99, 101. A. A. mit guten Argumenten Heil, WRP 2014, 24, 25 f. Lampmann

82

C. Auseinandersetzung vor Gericht

bzw., falls dem Schuldner eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt war, gem. § 101 Abs. 1 Satz 2, 3 GVG bereits innerhalb dieser Frist gestellt werden. 331

Praxishinweis: Taktisch interessant können die Wahlmöglichkeit auf der Gläubigerseite und die spätere Verweisungsmöglichkeit auf der Schuldnerseite im einstweiligen Beschlussverfahren werden, bei dem es naturgemäß an einer Fristsetzung zur Klage- bzw. Antragserwiderung fehlt. Ist eine einstweilige Verfügung von einer Zivilkammer im Beschlusswege erlassen worden, kann der Schuldner, der sich dagegen wehren möchte, entweder bereits mit Einlegung des Widerspruchs oder womöglich auch noch innerhalb der mündlichen Verhandlung, sofern noch nicht zur Sache verhandelt wurde,⁴³³ die Verweisung an eine Kammer für Handelssachen bewirken und so die Anordnungsentscheidung von einem anderen Spruchkörper prüfen lassen. Das wird er entweder dann tun, wenn ihm eine von der Zivilkammer abweichende, für ihn günstigere Rechtsprechung der Kammer für Handelssachen bekannt ist, oder wenn er aus Mangel an adäquaten Mitteln zur Rechtsverteidigung schlicht sprichwörtlich „die Karten neu mischen“ möchte. Der Gläubiger, der dem Schuldner diese taktischen Möglichkeiten – auch im Hinblick auf einen eventuellen Zeitverlust – nicht einräumen möchte, wird seinen Verfügungsantrag unmittelbar bei einer Kammer für Handelssachen stellen. Tut er dies nicht und will einen Verweisungsantrag des Schuldners abwehren, kann er den dem Verfügungsverfahren zugrundeliegenden Streitgegenstand zusätzlich auf eine Anspruchsgrundlage außerhalb des UWG stützen (vgl. Rn. 327), sodass die Handelskammer nicht nach § 95 GVG zuständig ist, sofern diese zusätzliche Anspruchsgrundlage nicht offensichtlich fernliegend ist. Entsprechende Anspruchsgrundlagen können auch zielgerecht „nachgeschoben“ werden, ohne dass ein Rechtsmissbrauch angenommen wird.⁴³⁴

332 Werden Streitgegenstände, für die die Zuständigkeit einer Kammer für Handelssachen

begründet ist, mit solchen, bei denen dies nicht zutrifft, im Wege der Klagehäufung gemeinsam geltend gemacht, muss die Kammer für Handelssachen, sofern die Voraussetzungen der §§ 97, 99 GVG vorliegen, eine Klagetrennung vornehmen und Teilverweisung an die eine umfassende Zuständigkeit besitzende Zivilkammer aussprechen oder den Rechtsstreit insgesamt dorthin verweisen.⁴³⁵

5. Besonderheiten im einstweiligen Verfügungsverfahren 333 Örtlich und sachlich zuständig für das einstweilige Verfügungsverfahren ist das Ge-

richt der Hauptsache (§ 937 Abs. 1, § 919 ZPO).

a) Zuständigkeit bei nicht anhängiger Hauptsacheklage 334 Grundsätzlich gelten für das einstweilige Verfügungsverfahren dieselben Zuständigkeitsregelungen wie für das Hauptsacheverfahren.

 Tolkmitt, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 14 Rn. 26.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 99, 101.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 45 Rn. 12. Lampmann

I. Zuständigkeit

83

b) Zuständigkeit bei anhängiger Hauptsacheklage Ist eine Hauptsacheklage bereits anhängig, so ist das angerufene Gericht auch für 335 das Verfügungsverfahren ausschließlich (§ 802 ZPO) zuständig; dies gilt unabhängig davon, ob es für die Hauptsache selbst tatsächlich zuständig ist.⁴³⁶ Die Bindungswirkung besteht jedoch nur insoweit, wie es sich bei den beiden Verfahren um einen Streit zwischen denselben Streitparteien und um denselben Streitgegenstand handelt. Praxishinweis: Diese Konstellation dürfte allerdings theoretischer Natur sein, da einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, der gleichzeitig (vgl. Rn. 897) oder nach Erhebung der Hauptsacheklage gestellt wird, in der Regel der notwendige Verfügungsgrund abzusprechen sein wird (vgl. auch Rn. 619 ff.).

336

Wird eine Hauptsacheklage demgegenüber nachträglich anhängig gemacht, lässt sie 337 die einmal begründete Zuständigkeit des Gerichts für das einstweilige Verfügungsverfahren nicht entfallen. Begründet wird dies mit dem Rechtsgedanken des § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO. Nach dem Grundsatz der „perpetuatio fori“ wird zwar nicht die bei Antragseinreichung bestehende Unzuständigkeit, wohl aber eine zu diesem Zeitpunkt bestehende Zuständigkeit bewahrt.

c) Zuständigkeit bei anhängiger negativer Feststellungsklage Eine durch den Schuldner anhängig gemachte negative Feststellungsklage bindet den 338 Gläubiger nach mittlerweile h. M. jedenfalls im Wettbewerbsrecht grundsätzlich weder für die Hauptsacheklage noch für einen einstweiligen Verfügungsantrag i. S. d. §§ 937, 919 ZPO.⁴³⁷ Argumentiert wird dabei u. a. mit der Abmahnobliegenheit des Gläubigers, die ihn „verpflichtet“, dem Schuldner einen außergerichtlichen Weg zur Streitbeilegung aufzuzeigen, wenn er ein sofortiges Anerkenntnis gem. § 93 ZPO vermeiden will (vgl. Rn. 13 ff.).⁴³⁸ Wenn die insoweit dem Schuldner zugutekommende Regelung es ihm zusätzlich noch ermöglichen würde, mit einer umgehenden Feststellungsklage den Gerichtsstand verbindlich festzulegen, könnte der Gläubiger mit Blick darauf von einer Abmahnung und damit von dem vom Gesetzgeber explizit gewünschten (§ 13 Abs. 1 UWG) Versuch der außergerichtlichen Erledigung absehen.⁴³⁹ Außerdem würde dies den Regelungszweck des § 14 UWG konterkarieren. Der Gläubiger kann daher, muss aber nicht seinen Antrag an dem Gerichtsstand der gegnerischen negativen Feststellungsklage einreichen bzw. dort klagen (vgl. Rn. 932, 948).

 OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2020, 557, 558 (ob dadurch ausnahmsweise ein missbräuchliches Erschleichen der Zuständigkeit vorliegt, wurde im konkreten Fall offengelassen).  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 54 Rn. 3 m. w. N. in Fn. 9.  Für das Hauptsacheverfahren vgl. BGH, GRUR 1994, 846, 848 – Parallelverfahren II.  Hoene, WRP 2008, 44, 45. Lampmann

84

C. Auseinandersetzung vor Gericht

d) Zuständigkeit bei im Ausland anhängiger Klage 339 Die Anhängigkeit der Hauptsache bei einem ausländischen Gericht beseitigt die Zu-

ständigkeit inländischer Gerichte für den Erlass einstweiliger Verfügungen nicht. Gem. Art. 35 EuGVVO und Art. 31 LugÜ können einstweilige Maßnahmen nach dem Recht eines Mitglied- bzw. Vertragsstaats auch dann beantragt werden, wenn für die Entscheidung in der Hauptsache die Zuständigkeit des Gerichts eines anderen Mitglied- bzw. Vertragsstaats begründet ist. 340

Praxishinweis: Diese Besonderheit ist vor allem in den (seltenen) Fällen von – durch Verzögerungszwecke geleiteten – negativen Feststellungsklagen mit der Folge der Rechtshängigkeitssperre gem. Art. 29 EuGVVO bzw. Art. 27 LugÜ von Bedeutung, „italienischer Torpedo“.⁴⁴⁰ Hier kann der Gläubiger zwar nicht mehr die Hauptsache, gleichwohl aber einen gerichtlichen Eilantrag an einem anderen (ansonsten ebenfalls international zuständigen) Gericht anhängig machen.

e) Gerichtsort des einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht bindend 341 Die Wahl eines bestimmten Gerichts für das einstweilige Verfügungsverfahren legt das

Hauptsachegericht nicht bindend fest.⁴⁴¹ Der Gläubiger kann deshalb während eines laufenden Eilverfahrens oder sogar noch nach einem eventuell erfolglosen Eilantrag in Bezug auf die Hauptsache sein Wahlrecht frei ausüben (vgl. auch Rn. 306).

II. Streitwert 342 Beim Streitwert sind der Zuständigkeitsstreitwert, der Rechtsmittelstreitwert und

der Gebührenstreitwert zu unterscheiden. Vor dem Hintergrund der Regelung des § 14 Abs. 1 UWG hat der Zuständigkeitsstreitwert im Wettbewerbsrecht keine praktische Bedeutung.

1. Bemessung des Gebührenstreitwerts 343 Die Bestimmung des Gebührenstreitwerts ist in der anwaltlichen Beratungspraxis von

Anfang an von großer Wichtigkeit, da dieser das Kostenrisiko eines eventuell bevorstehenden Rechtsstreits bestimmt. Er dient der Berechnung der Gebühren des Gerichts gem. §§ 39 ff., 51 GKG und der Verfahrens- bzw. Prozessbevollmächtigten gem. § 23 Abs. 1 RVG sowie über § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG, § 12 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO auch der

 Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 126.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 124; Drescher, in: MüKo/ZPO, § 937 Rn. 2. Lampmann

II. Streitwert

85

Bestimmung des Gegenstandswerts der Abmahnung und des Abschlussschreibens (vgl. auch Rn. 389).⁴⁴²

a) Unterlassung und Beseitigung Im Mittelpunkt von wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten steht der Unterlassungs- 344 anspruch. Bezifferte Zahlungsklagen, wie etwa im Fall der Geltendmachung von Vertragsstrafen-, Schadensersatz- oder Kostenerstattungsansprüchen, sind dagegen die Ausnahme. Der Bestimmung des Streitwerts des Unterlassungsanspruchs, nach dem sich in der Regel auch der Wert der Ansprüche auf Auskunft, Störungsbeseitigung, Feststellung und Kostenerstattung richtet, kommt daher eine zentrale Bedeutung zu.⁴⁴³ Gegenstand von wettbewerbsrechtlichen Gerichtsverfahren können natürlich auch der Beseitigungsanspruch, der Feststellungsanspruch, der Auskunftsanspruch, der Schadensersatzanspruch und der Erstattungsanspruch in Bezug auf die Rechtsanwaltskosten sein. Aus den vorbenannten Gründen werden die Bemessungsgrundsätze jedoch im Folgenden schwerpunktmäßig in Bezug auf den Unterlassungsanspruch erläutert.

aa) Bedeutung der Sache für den Gläubiger Seit dem 9.10. 2013 richtet sich der Streitwert in Verfahren über Ansprüche nach dem 345 UWG nicht mehr nach § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO und § 12 Abs. 4 UWG a. F., sondern ist gem. § 51 Abs. 2 GKG grundsätzlich nach der sich aus seinem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache für den Gläubiger vom Gericht nach freiem Ermessen zu bestimmen. Damit wollte der Gesetzgeber für die Streitwertbestimmung in diesem Bereich strengere Maßstäbe im Verhältnis zur bis dahin geltenden Rechtslage einführen.⁴⁴⁴ Es handelt sich dabei um eine für das Wettbewerbsrecht spezielle, § 3 ZPO vorgehende Vorschrift.⁴⁴⁵ Praxishinweis: Aufgrund der Neuregelung ist die davor ergangene Rechtsprechung zwar überholt, dürfte aber noch indizielle Aussagekraft haben und insoweit herangezogen werden können.

346

Bei der Wertermittlung ist auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Einreichung des 347 (Klage‐)Antrags abzustellen (§ 40 GKG, § 4 Abs. 1 Hs. 1 ZPO). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass es sich beim Unterlassungsanspruch um einen bereits fälligen, wenn auch in die Zukunft gerichteten Anspruch handelt, der weitere drohende Ver-

 Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 4.2.  Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 4.3; Tolkmitt, in: HarteBavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 623.  BT-Drs. 17/13057, S. 30.  Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 231. Lampmann

86

C. Auseinandersetzung vor Gericht

letzungen oder die Aufnahme von Verhaltensweisen verhindern soll.⁴⁴⁶ Das Ziel und die Wirkung der Verhinderung zukünftiger Rechtsverletzungen sind entsprechend streitwerterhöhend zu berücksichtigen. 348 Der Beseitigungsanspruch kann allenfalls insoweit auf die Zukunft bezogen werden,

wie er mit den ergänzenden Handlungspflichten korrespondiert, die sich aus dem Unterlassungsanspruch ergeben (vgl. Rn. 716 ff., 959 f.). Im Übrigen betrifft er nur den gegenwärtigen Zustand, sodass sein Wert im Verhältnis zum Unterlassungsanspruch niedriger zu bewerten ist. In jedem Fall ist der auf die Beseitigung entfallende Streitwert eigenständig zu bestimmen.⁴⁴⁷ 349 Weder beim Unterlassungs- noch beim Beseitigungsanspruch ist das Interesse des

Schuldners maßgeblich (vgl. aber Rn. 360).⁴⁴⁸

bb) Indizielle Bedeutung der Streitwertangabe des Gläubigers 350 Den Wertangaben im vorgerichtlichen Abmahnschreiben kommt in der Regel nur

geringe Bedeutung zu, da in diesem Stadium vielfach durch moderate Summen die Bereitschaft zur außergerichtlichen Regelung gefördert werden soll.⁴⁴⁹ 351

Praxishinweis: Dennoch ist Vorsicht geboten. So kann beispielsweise das Angebot, einen geringeren Streitwert „als Entgegenkommen für die schnelle Kooperation“ des Schuldners zu akzeptieren, durch ein Gericht dahingehend interpretiert werden, dass dieser Wert das Interesse des Gläubigers jedenfalls insoweit ausreichend widerspiegelt, als der Eilrechtsschutz in Rede steht (vgl. auch Rn. 371).⁴⁵⁰

352 Der Streitwertangabe des Gläubigers im das Gerichtsverfahren einleitenden

Schriftsatz kommt demgegenüber eine indizielle Bedeutung für den wirklichen Wert des Gegenstands zu,⁴⁵¹ da die Erfolgsaussichten des Verfahrens zu diesem Zeitpunkt in der Regel noch ungewiss sind und daher davon auszugehen ist, dass diese Angabe davon unbeeinflusst erfolgt. 353 Der Vorschlag des Gläubigers ist allerdings nicht einfach zu übernehmen, sondern

anhand der objektiven Gegebenheiten und unter Heranziehung der Erfahrung und üblicher Wertfestsetzungen in gleichartigen oder ähnlichen Fällen in vollem Umfang

 Tolkmitt, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 634.  Tolkmitt, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 669.  BGH, GRUR 1977, 748, 749 – Kaffee-Verlosung II.  OLG Köln, B. v. 20.7.1999 – 6 W 34/99, BeckRS 1999, 7408; von Hellfeld, Rn. 203.  OLG Frankfurt a. M., B. v. 20. 5. 2021 – 6 W 37/21, GRUR-RS 2021, 14366.  OLG Hamburg, WRP 2018, 495, 495; Tolkmitt, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 630. Lampmann

II. Streitwert

87

nachzuprüfen.⁴⁵² Denn die Streitwertangabe kann in einer eindeutigen Sache überhöht sein, etwa um den Schuldner zu schädigen⁴⁵³ oder um Gebühreninteressen der Rechtsanwälte zu dienen; sie kann aber auch zu niedrig sein, wenn z. B. der Gläubiger seine Chancen für schlecht hält.⁴⁵⁴ Praxishinweis: Wird eine Streitwertangabe erst im Laufe des Verfahrens in Zweifel gezogen, so beruht dies häufig nicht auf einer Änderung der Streitwertbemessungsgrundlagen, sondern auf der mittlerweile veränderten Prozesssituation.⁴⁵⁵ Solche nachträglichen Beanstandungen erzielen demnach selten die gewünschte Korrektur der Streitwertbemessung (vgl. auch Rn. 400).

354

cc) Objektive Bewertungsmaßstäbe Im typischen Fall des Vorgehens eines Mitbewerbers ist Bewertungsmaßstab allein 355 das (objektive) Eigeninteresse des Gläubigers und – anders als z. B. bei Interessenvereinigungen bestimmter Gewerbetreibender⁴⁵⁶ oder bei qualifizierten Einrichtungen⁴⁵⁷ – nicht das Interesse Dritter oder der Allgemeinheit.⁴⁵⁸ Bei qualifizierten Wirtschaftsverbänden werden die Interessen der betroffenen Verbandsmitglieder nicht addiert.⁴⁵⁹ Vielmehr wird das Interesse des Verbands im Regelfall ebenso bewertet wie das eines gewichtigen Mitbewerbers.⁴⁶⁰ Das Interesse des Gläubigers wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbe- 356 sondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für die Träger der maßgeblichen Interessen, bestimmt.⁴⁶¹ Die Gefährlichkeit der zu unterbindenden Handlung für den Mitbewerber, der sog. Angriffsfaktor, ist anhand des drohenden Schadens (Umsatzeinbußen, Marktverwirrungs- und Rufschaden) zu bestimmen und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

 BGH, GRUR 1977, 748, 749 – Kaffee-Verlosung II; OLG Düsseldorf, Urt. v. 24. 3. 2015 – 20 U 187/14, BeckRS 2015, 8632.  LG München I, Verf. v. 20.6. 2018 – 33 O 8337/18, n. v.  Spätgens/Chang-Herrmann, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 87 Rn. 2.  Tolkmitt, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 631.  BGH, GRUR 1968, 106, 107 – Ratio-Markt I.  BGH, B. v. 13.10. 2020 – VIII ZR 25/19, GRUR-RS 2020, 29377.  Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 4.6.  Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 4.8.  BGH, GRUR 1998, 958, 958 – Verbandsinteresse; OLG München, B. v. 12. 3. 2021 – 6 W 330/21, n. v.  BGH, GRUR 1990, 1052, 1053 – Streitwertbemessung; GRUR 2013, 301, 305 – Solarinitiative; OLG Köln, Urt. v. 6. 2. 2015 – 6 U 110/14, BeckRS 2015, 5655. Lampmann

88

C. Auseinandersetzung vor Gericht

357 Zu berücksichtigen sind dabei vor allem:⁴⁶²

– – – –

Unternehmensverhältnisse beim Gläubiger und Schuldner, insbesondere Umsätze, Größe, Wirtschaftskraft und Marktstellung der Unternehmen, Intensität des Wettbewerbs zum Gläubiger in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht, Intensität der Erstbegehungs- und Wiederholungsgefahr,⁴⁶³ die sich nach dem Verschuldensgrad beurteilt, Nachahmungsgefahr.

358 Nicht berücksichtigt werden dürfen sachfremde Kriterien, wie z. B.:⁴⁶⁴

– – – – – – – – –

359

rein subjektive Ansichten in Bezug auf den Wert des verfolgten Interesses, die Sanktionierung des angegriffenen Verhaltens durch einen hohen Streitwert, Genugtuung für den Gläubiger, Präventionsgedanken, Versuch der Schwächung der prozessualen Stellung des Schuldners aufgrund eines hohen Kostenrisikos, Erfolgsaussichten, Gebühreninteresse der beteiligten Rechtsanwälte, Interesse der Parteien, ggf. überschießende Rechtsanwaltshonorare von der Gegenseite erstattet zu erhalten, fiskalisches Interesse der Staatskasse, wie etwa im Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Praxishinweis: Angesichts der Vielzahl der zu bewertenden Faktoren und hierbei zutage tretenden Unsicherheiten und Bewertungsspielräume liegt es in der Natur der Sache, dass sich ein „richtiger“ Streitwert nicht ermitteln lässt.⁴⁶⁵ Bei der nach § 3 ZPO bzw. § 51 Abs. 2 GKG vorzunehmenden Schätzung geht es nur um die zutreffende Erfassung und Gewichtung aller maßgeblichen Umstände unter Ausscheidung von sachfremden Erwägungen, wie etwa Sanktion, Prävention oder Gebühreninteresse etc.⁴⁶⁶ Es besteht ein weiter Ermessensspielraum.⁴⁶⁷ Der Streitwert ist in der Regel recht hoch anzusetzen. Er liegt in der Praxis nicht selten deutlich über 50 000 Euro.⁴⁶⁸

 Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 4.6 m. w. N. zur Rechtsprechung.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2017, 1150, 1151.  Tolkmitt, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 627 m. w. N. zur Rechtsprechung.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 49 Rn. 1.  Tolkmitt, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 623.  Spätgens/Chang-Herrmann, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 87 Rn. 4.  von Hellfeld, Rn. 389. Lampmann

II. Streitwert

89

dd) Erheblich geringere Bedeutung für den Schuldner Ist die Bedeutung der Sache für den Schuldner erheblich geringer zu bewerten, ist der 360 Streitwert gem. § 51 Abs. 3 Satz 1 GKG angemessen zu mindern.

ee) Auffangstreitwert von 1 000 Euro Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts hinsichtlich des 361 Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruchs keine genügenden Anhaltspunkte, ist gem. § 51 Abs. 3 Satz 2 GKG insoweit ein Auffangstreitwert von 1 000 Euro anzunehmen.⁴⁶⁹ Der mit der UWG-Noelle 2020 eingeführte § 51 Abs. 3 Satz 3 GKG erweitert die An- 362 wendung des Auffangwerts aus Satz 2 auf Zuwiderhandlungen, die angesichts ihrer Art, ihrer Schwere, ihres Ausmaßes und ihrer Folgen die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern in nur unerheblichem Maße beeinträchtigen. Eine nur unerhebliche Beeinträchtigung liegt z. B. dann vor, wenn der Schuldner nur in geringem Maße wirtschaftlich tätig ist und damit nicht in nennenswertem Wettbewerb zu Mitbewerbern steht bzw. nicht viele Verbraucher durch einen Verstoß beeinträchtigt werden, oder wenn die Rechtsposition der Verbraucher durch den Verstoß nicht verschlechtert wird oder der Verstoß die Verbraucher nicht dazu bewegen wird, das Angebot des Zuwiderhandelnden zu bevorzugen.⁴⁷⁰ Gerichte müssen jedoch zunächst prüfen, ob sich nach § 51 Abs. 2 GKG ein Streitwert 363 bestimmen lässt, der ggf. nach § 51 Abs. 3 Satz 1 GKG zu mindern ist.⁴⁷¹ Praxishinweis: Ähnlich wie in Bezug auf § 51 Abs. 3 Satz 1 GKG kommt den Regelungen des § 51 Abs. 3 Satz 2, 3 GKG im gewerblichen Rechtsschutz kaum praktische Bedeutung zu.⁴⁷² Die Ausnahme stellt ein Urteil des OLG Düsseldorf dar, das ein von einem Kleinunternehmer aus sachfremden Motiven geltend gemachtes Unterlassungsbegehren mangels anderer Anhaltspunkte gem. § 51 Abs. 3 Satz 2 GKG mit 1 000 Euro bewertet und dies gem. § 51 Abs. 4 GKG im Hinblick auf das einstweilige Verfügungsverfahren nochmals auf 700 Euro reduziert hat.⁴⁷³

364

In den Fällen einer objektiven Klagehäufung kann die Ermäßigung nicht für den 365 Gesamtstreitwert erfolgen, sondern nur bezogen auf jeden einzelnen Streitgegenstand; sodann ist eine Addition nach § 39 Abs. 1 GKG geboten.⁴⁷⁴

     

BT-Drs. 17/13057, S. 30 f. BT-Drs. 19/12084, S. 40. OLG Düsseldorf, Urt. v. 24. 3. 2015 – 20 U 187/14, BeckRS 2015, 8632. von Hellfeld, Rn. 392. OLG Düsseldorf, Urt. v. 24. 3. 2015 – 20 U 187/14, BeckRS 2015, 8632. OLG Stuttgart, WRP 2016, 766, 767. Lampmann

90

C. Auseinandersetzung vor Gericht

b) Abschlag im einstweiligen Verfügungsverfahren 366 Für die Streitwertbemessung im einstweiligen Verfügungsverfahren gibt § 51 Abs. 4

GKG vor, dass der sich aus den Abs. 2 und 3 dieser Norm ergebende Wert in der Regel unter Berücksichtigung der geringeren Bedeutung gegenüber der Hauptsache zu ermäßigen ist. Mit Blick auf die Gesetzesbegründung⁴⁷⁵ kann vertreten werden, dass im einstweiligen Verfügungsverfahren grundsätzlich niedrigere Werte als im Hauptsacheverfahren festgelegt werden sollen.⁴⁷⁶ Nach a. A. muss die Bestimmung so verstanden werden, dass die „geringere Bedeutung“ eine Tatbestandsvoraussetzung darstellt, und der Gesetzgeber nicht etwa die Begründung des Gesetzes in dessen Text aufnehmen und eine Ermäßigung in jedem Fall erreichen wollte.⁴⁷⁷ 367 Inzwischen hat sich bei den meisten Oberlandesgerichten eine weitgehend gefestigte

Praxis dazu entwickelt, um welchen Abschlag der Hauptsachestreitwert ggf. nach § 51 Abs. 4 GKG zu reduzieren ist: ein Fünftel ein Viertel drei Zehntel ein Drittel zwei Fünftel ein Halb

OLG Braunschweig,⁴⁷⁸ OLG Hamburg,⁴⁷⁹ OLG Jena,⁴⁸⁰ OLG Köln ⁴⁸¹ OLG Stuttgart ⁴⁸² OLG Düsseldorf ⁴⁸³ OLG Brandenburg,⁴⁸⁴ OLG Celle,⁴⁸⁵ OLG Frankfurt a. M.,⁴⁸⁶ OLG Hamm,⁴⁸⁷ KG,⁴⁸⁸ OLG Koblenz,⁴⁸⁹ OLG München,⁴⁹⁰ OLG Nürnberg,⁴⁹¹ OLG Schleswig ⁴⁹² OLG Zweibrücken ⁴⁹³ OLG Dresden,⁴⁹⁴ OLG Oldenburg ⁴⁹⁵

 BT-Drs. 17/13057, S. 31.  Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 4.12.  von Hellfeld, Rn. 394; OLG Hamburg, B. v. 28.1. 2015 – 5 W 4/15, n. v.  So die Information des Gerichts nach einem entsprechenden Auskunftsgesuch.  OLG Hamburg, B. v. 3.6. 2020 – 3 W 41/20, GRUR-RS 2020, 25406; WRP 2018, 495, 495.  OLG Jena, B. v. 4.6. 2019 – 2 W 138/19, n. v. (in einer Urheberrechtsstreitsache).  OLG Köln, B. v. 8. 3. 2019 – 6 W 14/19, n. v.  OLG Stuttgart, B. v. 23.12. 2020 – 2 U 85/20, zit. nach juris; WRP 2016, 766, 766.  OLG Düsseldorf, Urt. v. 24. 3. 2015 – 20 U 187/14, BeckRS 2015, 8632.  OLG Brandenburg, B. v. 25. 5. 2021 – 6 W 4/21, 6 U 2/21, GRUR-RS 2021, 12898.  OLG Celle, WRP 2016, 738, 739; B. v. 21.12. 2020 – 13 W 85/20, n. v.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2020, 1463, 1465; WRP 2017, 719, 719.  OLG Hamm, B. v. 23. 3. 2017 – 4 W 15/17, BeckRS 2017, 118515; B. v. 14.7. 2015 – 4 W 78/15, BeckRS 2016, 17328.  KG, GRUR-RR 2021, 96, 96.  OLG Koblenz, B. v. 2.7. 2019 – 9 W 207/19, n. v.  OLG München, Urt. v. 20.10. 2016 – 6 U 2046/16, BeckRS 2016, 18802.  OLG Nürnberg, B. v. 23.7. 2020 – 3 W 2300/20, GRUR-RS 2020, 40744.  OLG Schleswig, B. v. 12.4. 2018 – 6 W 1/18, n. v.  OLG Zweibrücken, B. v. 4. 8. 2014 – 4 W 46/14, BeckRS 2014, 19910.  OLG Dresden, B. v. 2.12. 2016 – 14 W 445/16, zit. nach juris.  OLG Oldenburg, B. v. 21.12. 2015 – 6 W 107/15, BeckRS 2016, 4112. Pustovalov

II. Streitwert

91

Das OLG Bremen stellt auf die konkreten Umstände ab und spricht sich für eine darauf 368 basierende Bestimmung der Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes gegenüber der Hauptsache mit dementsprechend unterschiedlich vorzunehmenden Abschlägen aus.⁴⁹⁶ Beim OLG Naumburg und OLG Saarbrücken hat sich mangels hinreichender Fallzahlen keine einheitliche Handhabung herausgebildet.⁴⁹⁷ Praxishinweis: Im Übrigen kommt, soweit keine aktuellen Entscheidungen recherchierbar bzw. aufschlussreich sind, die Rechtsprechung vor dem Inkrafttreten des § 51 Abs. 4 GKG als Orientierung in Betracht.⁴⁹⁸

369

Besondere Konstellationen können einen von den angeführten Regelwerten abwei- 370 chenden Abschlag rechtfertigen.⁴⁹⁹ Notwendig ist eine Abweichung außerdem dann, wenn der Ausspruch im Eilverfahren nicht wesentlich hinter einer Hauptsacheentscheidung zurückbleibt, oder wenn das Verfügungsverfahren (etwa infolge einer Unterlassungserklärung bzw. Abschlusserklärung) zu einer endgültigen Regulierung des streitbefangenen Anspruchs geführt hat bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit führen wird; in diesen Fällen ist der Streitwert im Vergleich zur Hauptsache nicht zu ermäßigen.⁵⁰⁰ Praxishinweis: Berücksichtigt der Gläubiger die Vorgaben des § 51 Abs. 4 GKG bereits in der Abmahnung bei dem dort angesetzten Gegenstandswert (z. B. mit dem Ziel, dass der Schuldner dem Unterlassungs- und Kostenerstattungsverlangen eher nachkommt), ist ebenfalls kein (weiterer) Abschlag veranlasst (vgl. auch Rn. 351).⁵⁰¹

 So die Information des Gerichts nach einem entsprechenden Auskunftsgesuch. Vgl. auch OLG Bremen, B. v. 30.6.1997 – 2 W 37/97, BeckRS 1997, 15623 (Abschlag von drei Fünfteln).  So beim OLG Saarbrücken und OLG Naumburg laut deren Auskunft.Vgl. auch LG Saarbrücken, B. v. 23. 2. 2021 – 7 O 19/21, n. v. (Abschlag von einem Halb); OLG Naumburg, B. v. 16. 2. 2010 – 1 W 7/10, BeckRS 2010, 5631 (Abschlag von wohl einem Viertel, betrifft allerdings einen nicht wettbewerbsrechtlichen Fall).  Vgl. OLG Bamberg, JurBüro 1991, 1690, 1691 (Abschlag von zwei Dritteln); OLG Karlsruhe, B. v. 10. 8. 2010 – 4 W 42/10, BeckRS 2011, 6250 (Abschlag von zwei Dritteln, jedoch im konkreten Fall summarisch mit einem weiteren Aspekt); OLG Rostock, GRUR-RR 2009, 39, 39 (Abschlag von zwei Dritteln).  Vgl. beispielsweise OLG Hamburg, WRP 2018, 495, 495.  OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2021, 294, 294 f.; OLG Nürnberg, B. v. 23.7. 2020 – 3 W 2300/20, GRUR-RS 2020, 40744; OLG Düsseldorf, B. v. 29. 8. 2018 – 15 W 44/18, BeckRS 2018, 23621; OLG Frankfurt a. M., B. v. 22.7. 2019 – 6 W 52/19, BeckRS 2019, 18526; OLG Köln, B. v. 26.11. 2021 – 6 W 79/21, n. v.; B. v. 22. 3. 2016 – 6 W 29/16, n. v.; OLG Braunschweig laut dessen Auskunft; LG München I, Urt. v. 10. 2. 2015 – 33 O 19578/14, BeckRS 2015, 7220; Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 4.12. Einschränkend Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 49 Rn. 27. Auf die Lage zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung abstellend OLG Koblenz, B. v. 2.7. 2019 – 9 W 207/19, n. v.; OLG Schleswig, B. v. 27.5. 2008 – 6 W 9/08, BeckRS 2008, 13995.  OLG Frankfurt a. M., B. v. 26.6. 2018 – 6 W 63/18, BeckRS 2018, 19655. A. A. OLG Schleswig, B. v. 12.4. 2018 – 6 W 1/18, n. v. Pustovalov

371

92

C. Auseinandersetzung vor Gericht

c) Ordnungsmittel 372 Anträge im Vollstreckungsverfahren sind regelmäßig niedriger als die Hauptsache

zu bewerten. Als wesentliche Bewertungskriterien sind insbesondere die Schwere des Verstoßes, der Grad des Verschuldens und die Gefahr zukünftiger Zuwiderhandlungen zu berücksichtigen.⁵⁰² Maßgeblich ist nicht der im Erkenntnisverfahren beurteilte Unterlassungsanspruch, sondern das Interesse an der Vollstreckung.⁵⁰³ 373

Praxishinweis: Die Praxis zeigt, dass der Streitwert des Ordnungsmittelverfahrens von den Landgerichten regelmäßig in der Höhe des verhängten Ordnungsgeldes oder, mangels Verstoßes, des bei dessen Vorliegen angemessenen Ordnungsgeldes oder in Höhe eines vom Gläubiger eventuell angegebenen (vgl. Rn. 995) Mindestbetrags angesetzt wird.

d) Schadensersatzfeststellung und Auskunft 374 Der Streitwert der Schadensersatzfeststellungsklage, die häufig mit der Auskunfts-

klage kombiniert wird, bemisst sich nach dem – insbesondere im Hinblick auf die drohende Verjährung bestehenden (vgl. Rn. 857, 861 f.) – Interesse des Gläubigers an der Titulierung der Schadensersatzpflicht des Schuldners dem Grunde nach (vgl. Rn. 905 f.). Dabei ist der Schaden maßgeblich, der dem Gläubiger entstehen kann.⁵⁰⁴ Bei künftigen Schäden ist nicht nur die mögliche Schadenshöhe, sondern auch der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts zu berücksichtigen. 375

Praxishinweis: Wenngleich zu Recht darauf hingewiesen wird, dass es dafür auf die Umstände des Einzelfalls ankommt,⁵⁰⁵ setzen die Gerichte für den Schadensersatzfeststellungsanspruch in der Praxis regelmäßig einen Bruchteil des Streitwerts des Unterlassungsanspruchs zwischen ¼ und 1/5,⁵⁰⁶ bisweilen auch zwischen ½ und 1/10,⁵⁰⁷ fest. Soweit der Auskunftsanspruch, was im Wettbewerbsrecht grundsätzlich der Fall ist, als unselbstständiger Hilfsanspruch zum Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird (vgl. Rn. 908 ff.), wird dafür in der Regel wiederum ein Bruchteil des Streitwerts des Feststellungsanspruchs (regelmäßig zwischen ½ und 1/10) zugrunde gelegt.⁵⁰⁸

 Tolkmitt, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 672.  Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 4.15.  Tolkmitt, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 660.  Tolkmitt, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 660; Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 4.13.  Tolkmitt, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 660.  Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 4.13.  Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 4.14. Lampmann

II. Streitwert

93

e) Rechtsanwaltskosten Die neben den Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen eingeklagten außer- 376 gerichtlichen Rechtsanwaltskosten stellen Nebenforderungen i. S. d. § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO dar, sodass sie in diesem Rahmen, solange die Hauptsache Gegenstand des Verfahrens bleibt, nicht werterhöhend wirken.⁵⁰⁹

f) Negative Feststellungsklage Der Streitwert einer negativen Feststellungsklage ist so hoch zu bewerten wie der 377 angegriffene Anspruch, dessen sich der Gläubiger berühmt.⁵¹⁰

g) Objektive und subjektive Klagehäufung Bei einer objektiven Klagehäufung sind die Einzelstreitwerte gem. § 5 Hs. 1 ZPO, § 39 378 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen.⁵¹¹ Dies ist der Fall, wenn der Gläubiger neben dem Unterlassungsanspruch z. B. auch einen Auskunfts- und Schadensersatzanspruch geltend macht. Bei Vorliegen einer subjektiven Klagehäufung ist zu unterscheiden. Verfolgen 379 mehrere Gläubiger einen inhaltlich identischen Unterlassungsanspruch, werden die Streitwerte nicht addiert, sondern nur in verhältnismäßig geringem Umfang erhöht.⁵¹² Werden mehrere Schuldner in Anspruch genommen, werden die Einzelstreitwerte dagegen addiert, da es sich um selbstständige Ansprüche handelt, die jeden Schuldner für sich genommen zur Unterlassung verpflichten und nicht etwa gesamtschuldnerisch zu erfüllen sind.⁵¹³ Praxishinweis: Dies gilt auch für die parallele Inanspruchnahme von Gesellschaft und Geschäftsführer. Da die Inanspruchnahme des Organs in der Regel nur Sicherungsfunktion für den Fall hat, dass zukünftige Verstöße des Geschäftsführers nicht mehr der Gesellschaft zuzurechnen sind, wird es für sachgerecht gehalten, den diesbezüglichen Streitwert mit einem Zuschlag von lediglich 20 % bis 50 % bei der Addition zu berücksichtigen.⁵¹⁴

 BGH, B. v. 30.1. 2007 – X ZB 7/06, BeckRS 2007, 5213. Für abweichende Argumentation vgl. Pustovalov/Johnen, WRP 2019, 848, 854.  BGH, B. v. 18. 8. 2011 – III ZR 32/11, BeckRS 2011, 21919.  Tolkmitt, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 650.  BGH, GRUR 2002, 357, 359 – Mißbräuchliche Mehrfachabmahnung.  Tolkmitt, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 658.  Tavanti/Scholz, in: Fritzsche/Münker/Stollwerck, BeckOK/UWG, § 12 Rn. 498 f. Lampmann

380

94

C. Auseinandersetzung vor Gericht

h) Haupt- und Hilfsantrag 381 Bei mehreren auf verschiedene wettbewerbsrechtliche Ansprüche gestützten Streit-

gegenständen liegt regelmäßig keine wirtschaftliche Identität, sondern wirtschaftliche Werthäufung im kostenrechtlichen Sinne vor, sodass kein Fall des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG gegeben ist, wonach nur der höhere Anspruchswert maßgeblich ist. Vielmehr wird der Wert des Hilfsantrags, soweit über ihn eine Entscheidung ergeht, mit dem Wert des Hauptantrags nach § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG zusammengerechnet. 382

Praxishinweis: Wendet sich jedoch der Gläubiger sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit dem Hilfsantrag im wirtschaftlich bedeutsamen Kern gegen das Geschäftsmodell des Schuldners als solches, wird der Hilfsantrag mit nur einem Bruchteil des Werts des Hauptantrags bewertet.⁵¹⁵

i) Erledigung in der Hauptsache 383 Nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen (vgl. etwa Rn. 267, 721, 767, 791,

802 f.) entspricht der Streitwert der Kostenlast.⁵¹⁶

384 Das bei der einseitigen Hauptsacheerledigungserklärung zu berücksichtigende

Interesse entspricht regelmäßig – sofern Umstände nicht ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen – nur noch dem Interesse an einer günstigen Kostenentscheidung, sodass als Streitwert ebenfalls lediglich der Kostenwert in Betracht kommt.⁵¹⁷ In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist es umstritten, ob und inwieweit sich der Streitwert nach einseitiger Hauptsacheerledigungserklärung ermäßigt.⁵¹⁸ 385

Praxishinweis: Die Auffassung des im konkreten Fall zuständigen Oberlandesgerichts ist deswegen von ausschlaggebender Bedeutung, weil entweder der Streitwert im einstweiligen Verfügungsverfahren relevant wird, oder es um die Streitwertfestsetzung als solche geht, und der Rechtsweg sowohl im Eilverfahren⁵¹⁹ als auch bei der Streitwertbeschwerde⁵²⁰ beim Oberlandesgericht endet (vgl. Rn. 405, 847, 853).

2. Streitwertbegünstigung 386 Nachdem das Gericht den vollen Streitwert nach § 51 Abs. 1 bis 4 GKG, § 3 ZPO be-

stimmt hat, kann sich ergeben, dass die nach diesem Wert zu berechnenden Kosten eine wirtschaftlich schwache Partei in ihrer Existenz gefährden. Das Gericht kann in

     

OLG Koblenz, WRP 2019, 658, 661. Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 4.16. BGH, GRUR 1990, 530, 531 – Unterwerfung durch Fernschreiben. Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 4.16 m. w. N. BGH, GRUR 2003, 548, 548 f. – Rechtsbeschwerde. Tolkmitt, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 621.

Lampmann

II. Streitwert

95

einem solchen Fall auf deren Antrag hin – in Bezug auf den Gebührenstreitwert⁵²¹ – gem. § 12 Abs. 3, 4 UWG eine Streitwertbegünstigung anordnen, wenn sie glaubhaft macht, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde. Praxishinweis: Allgemeine wirtschaftliche Schwierigkeiten der Parteien genügen dafür nicht; neben zumutbaren Kreditaufnahmemöglichkeiten sind insbesondere durchsetzbare Erstattungsansprüche gegenüber Dritten, wie Vorlieferanten oder Auftraggebern, zu berücksichtigen.⁵²²

387

Die Regelung des § 12 Abs. 3 UWG ist – anders als der Wortlaut nahelegt – nicht nur im 388 Klageverfahren, sondern auch im einstweiligen Verfügungsverfahren, nicht dagegen im Vollstreckungsverfahren einschlägig.⁵²³ Sie gilt wegen der Verweisung in § 5 UKlaG auch für Verfahren nach dem UKlaG. Die Streitwertbegünstigung erfasst aufgrund der Formulierung „ein Anspruch aus 389 einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse“ nicht nur Unterlassungsund Beseitigungsansprüche, sondern insbesondere auch Schadensersatzansprüche⁵²⁴ und über § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG, § 12 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO⁵²⁵ mittelbar auch die Berechnung der Kosten der Abmahnung und der Kosten des Abschlussschreibens. Der Antrag ist gem. § 12 Abs. 4 Satz 2, 3 UWG vor der mündlichen Verhandlung zu 390 stellen und danach nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird.Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören. Gibt das Gericht aufgrund einer Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. 391 „kann“) dem Antrag statt, wirkt sich die Begünstigung nach der seit dem Inkrafttreten des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken am 9.10. 2013 geltenden Neuregelung – im Unterschied zum alten § 12 Abs. 4 UWG – für den Streitwert nicht insgesamt wertmindernd aus. Es handelt sich um eine einseitige Begünstigung der finanziell schwachen Partei, wie diese bereits in anderen Gebieten des gewerblichen Rechtsschutzes gilt (vgl. § 144 PatG, § 142 MarkenG, § 26 GebrMG, § 54 DesignG, § 22 GeschGehG) und wonach sich die zu erstattenden Kosten nach einem – der Wirtschaftslage des Begünstigten angepassten – Teilstreitwert richten.

    

Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 4.17. Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 237. Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 4.19. Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 230. Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 4.19. Lampmann

96

C. Auseinandersetzung vor Gericht

392 Die Kostenerstattung findet infolge der Begünstigung nach § 12 Abs. 3 UWG dem-

entsprechend differenziert statt. Im Verlustfall trägt die begünstigte Partei die vom Gegner entrichteten Gerichtsgebühren, die Kosten ihres Bevollmächtigten und die des gegnerischen Bevollmächtigten nur nach dem ermäßigten (Teil‐)Streitwert, § 12 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2 UWG. Allerdings bleibt der höhere Wert insoweit maßgeblich, als der Gegner der begünstigten Partei Kosten bei ihrem Obsiegen zu erstatten hat. Umgekehrt gilt, dass der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden (vollen) Streitwert erhalten kann, § 12 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 UWG. 393

Praxishinweis: Der abgemahnte Schuldner kann sich nicht auf eine Streitwertbegünstigung berufen, wenn er trotz eindeutiger Sach- und Rechtslage auf eine Abmahnung nicht reagiert und somit dem Gläubiger kein anderer Weg als die Klageerhebung bleibt.⁵²⁶

394 Gegen den Beschluss des Landgerichts ist die Streitwertbeschwerde nach § 68 GKG

statthaft.⁵²⁷

3. Streitwertbeschwerde 395 Sobald das Gericht den Streitwert des Verfahrens endgültig⁵²⁸ festgesetzt hat, emp-

fiehlt sich die Prüfung einer Streitwertbeschwerde gem. § 68 GKG. Eine solche kommt hauptsächlich für die unterlegene Partei in Betracht, die ihre Kostenlast über eine Reduzierung des Streitwerts mindern kann (vgl. aber Rn. 400). 396 Nach allgemeiner Meinung besteht eine Beschwerdeberechtigung nicht, wenn eine

Partei geltend machen will, dass der Streitwert zu niedrig festgesetzt worden sei.⁵²⁹ Dafür besteht in der Regel kein Rechtsschutzinteresse. Insbesondere kann eine Partei die Streitwertbeschwerde nicht dazu nutzen, durch die Erhöhung des Streitwerts das finanzielle Risiko des Gegners an der Prozessführung zu steigern.⁵³⁰

397

Praxishinweis: Etwas anderes gilt dann, wenn die Partei – was nicht selten vorkommt – mit ihrem Rechtsanwalt ein die gesetzlichen Gebühren übersteigendes Honorar gem. § 3a Abs. 1 RVG vereinbart hat.⁵³¹

 OLG Frankfurt a. M., WRP 2020, 1339, 1340.  Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 4.28.  Zimmermann, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, § 68 Rn. 1.  BGH, B. v. 12. 2.1986 – IVa ZR 138/83, BeckRS 9998, 75056.  BGH, B. v. 20.12. 2011 – VIII ZB 59/11, BeckRS 2012, 3303.  OLG Frankfurt a. M., B. v. 19. 5. 2020 – 6 W 62/19, GRUR-RS 2020, 16833; Tolkmitt, in: HarteBavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 610. Lampmann

II. Streitwert

97

Beschwerdebefugt ist die obsiegende Partei, die geltend macht, dass der Streitwert zu 398 hoch angesetzt wurde, wenn es ernsthaft in Betracht kommt, dass sie wegen der Fortdauer der Vorschusspflicht nach § 18 GKG in Bezug auf die Gerichtskosten in Zweitschuldnerhaftung genommen wird oder den bereits gezahlten Vorschuss beim Gegner nicht vollstrecken kann.⁵³² Der Verfahrens- bzw. Prozessbevollmächtigte kann aus eigenem Recht Beschwerde 399 mit dem Ziel einlegen, dass der Streitwert erhöht wird.⁵³³ Die Beschwerde sollte explizit in seinem Namen eingelegt werden. Macht der Rechtsanwalt keine Angaben, kann zwar die Auslegung ergeben, dass er im eigenen Namen handelt,⁵³⁴ im Zweifel handelt er jedoch für seinen Mandanten.⁵³⁵ Praxishinweis: Hat das Gericht die Streitwertangabe aus der Klage oder dem Verfügungsantrag übernommen und den Streitwert entsprechend festgesetzt, hat eine Streitwertbeschwerde des letztendlich unterlegenen Gläubigers in der Praxis keine großen Erfolgsaussichten. Denn das Gericht wird ohne besondere Anhaltspunkte davon ausgehen, dass die Beschwerde in diesem Fall nicht vorrangig der Feststellung eines angemessenen Streitwerts, sondern lediglich der Kostenminimierung dienen soll (vgl. Rn. 352 ff.). Ähnliches gilt für den umgekehrten Fall einer Beschwerde des Schuldners oder dessen Verfahrens- bzw. Prozessbevollmächtigten, der einen niedrigen Streitwert erst angreift, nachdem das Obsiegen feststeht.

400

Gegen die Kostenfestsetzung ist dann die Beschwerde möglich, wenn der Wert des 401 Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) oder das Gericht diese gem. § 68 Abs. 1 Satz 2 GKG zugelassen hat. Der Wert errechnet sich nicht aus der Differenz der Streitwerte, sondern der Gebühren, mit denen der Beschwerdeführer belastet wird.⁵³⁶ Nach § 68 Abs. 1 Satz 3 Hs. 1 GKG i. V. m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG muss die Beschwerde 402 grundsätzlich (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 3 Hs. 2 GKG) innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird (§ 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 5 Satz 5 GKG), eingelegt werden.⁵³⁷ Eine Kostenerstattung findet nicht statt, das Beschwerdeverfahren ist gerichts- 403 gebührenfrei (§ 68 Abs. 3 GKG).

     

Tolkmitt, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 610. BGH, B. v. 20.12. 2011 – VIII ZB 59/11, BeckRS 2012, 3303. OLG Koblenz, B. v. 12. 2. 2008 – 5 W 70/08, BeckRS 2008, 4611. Zimmermann, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, § 68 Rn. 17. OLG Karlsruhe, B. v. 10.1. 2005 – 15 W 29/04, BeckRS 2005, 7380. Zimmermann, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, § 68 Rn. 12, 14. Lampmann

98

C. Auseinandersetzung vor Gericht

404 Hat ein Landgericht als Beschwerdegericht über die Streitwertbeschwerde entschie-

den, kann es die weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht zulassen (§ 68 Abs. 1 Satz 5, 6 GKG i. V. m. § 66 Abs. 4 GKG). 405 Gegen den Streitwertbeschluss des Oberlandesgerichts ist keine Beschwerde

statthaft.⁵³⁸

III. Streitgegenstand und Antragsfassung 406 Der Unterlassungsantrag stellt im Wettbewerbsrecht den Kern des prozessualen

Vorgehens dar und ist in der Praxis Quelle zahlreicher Fehler. Seine sorgfältige Abfassung ist daher von besonderer Wichtigkeit. Falsche Formulierungen können – wie im allgemeinen Zivilrecht auch – dazu führen, dass das angerufene Gericht den Antrag bei Zuvielforderung (mit den entsprechenden Kostenfolgen) teilweise zurückweist oder bei Zurückbleiben hinter dem gesetzlichen Anspruch zu wenig zuspricht. Darüber hinaus besteht bei einem Unterlassungsantrag zusätzlich die große Gefahr, dass dieser aufgrund von Formulierungsfehlern an dem Anspruch bzw. berechtigten Begehren des Gläubigers vollständig vorbeigeht und deshalb als unbegründet zurückgewiesen werden muss. Schließlich geschieht es in der Praxis nicht selten, dass Anträge allein deshalb zurückgewiesen werden, da sie wegen Unbestimmtheit unzulässig sind. 407 Das Verständnis und die Beachtung der nachfolgend erläuterten Grundsätze sind für

die Streitparteien bzw. deren Rechtsanwälte nicht nur im Erkenntnisverfahren, sondern auch bei der Vorbereitung eines geplanten Vorgehens und bei der Zwangsvollstreckung von großer Bedeutung, da Fehler zu einer unzutreffenden rechtlichen Beurteilung eines mitgeteilten oder zu ermittelnden Sachverhalts führen oder sich bereits bei der Formulierung der Abmahnung und sogar noch im sich an das Erkenntnisverfahren eventuell anschließenden Vollstreckungsverfahren nachteilig auswirken können.

1. Streitgegenstand 408 Grundlage des Antrags, in dem sich die vom Gläubiger in Anspruch genommene

Rechtsfolge konkretisiert, ist der Lebenssachverhalt, aus dem der Gläubiger die

 KG, B. v. 7.1. 2008 – 12 U 127/06, BeckRS 2008, 8567. Lampmann

III. Streitgegenstand und Antragsfassung

99

begehrte Rechtsfolge herleitet. Zusammen bilden beide nach langjähriger Rechtsprechung des BGH den Streitgegenstand, den prozessualen Anspruch.⁵³⁹ Im Hinblick auf diesen zweigliedrigen Streitgegenstand besteht die Schwierigkeit 409 im Wettbewerbsrecht darin, zunächst den für das Begehren des Gläubigers maßgeblichen Lebenssachverhalt zu ermitteln und daraufhin den damit korrespondierenden, zweckmäßigen Antrag zu formulieren. Charakteristisch ist es dabei, dass ein und derselbe Unterlassungsantrag auf unterschiedliche Lebenssachverhalte gestützt werden kann. Trotz einheitlichen Antrags können in diesem Fall mehrere Streitgegenstände vorliegen (vgl. Rn. 42). Dies gilt insbesondere dann, wenn gleichzeitig ein Schutzrecht und ein Wettbewerbsverstoß zugrunde gelegt werden.⁵⁴⁰ Praxishinweis: Ist einem Unterlassungsantrag nicht zu entnehmen, ob es sich z. B. um einen Verletzungsunterlassungsanspruch oder vorbeugenden Unterlassungsanspruch handelt, kommt es auf den Klagegrund, d. h. darauf an, ob es sich um einen einheitlichen Sachverhalt oder um mehrere den Anspruch möglicherweise rechtfertigende Lebenssachverhalte handelt.

410

a) Ältere Rechtsprechung Die ältere Rechtsprechung neigte dazu, den Streitgegenstand feingliedrig⁵⁴¹ zu be- 411 stimmen.⁵⁴² Das bedeutete, dass der Antrag des Gläubigers, eine konkrete Werbeanzeige zu unterlassen, schon dann mehrere unterschiedliche Streitgegenstände darstellen konnte, wenn er nur verschiedene Irreführungsvorwürfe beinhaltete und zur Begründung der Irreführung ein variierender Sachvortrag erforderlich wurde und daher kein einfacher Anwendungsfall des Satzes „iura novit curia“ vorlag.⁵⁴³ Der Gläubiger brauchte sich von diesen prozessualen Begebenheiten jedoch nicht 412 schrecken zu lassen, denn der BGH hat es lange Zeit nicht beanstandet, ein einheitliches Rechtsschutzbegehren im Wege der alternativen Klagehäufung auf verschiedene Klagegründe zu stützen und dem Gericht die Auswahl des Klagegrunds zu überlassen.⁵⁴⁴ Hatte der Gläubiger einen solchen Lebenssachverhalt vorgetragen, war das Gericht in der rechtlichen Würdigung relativ frei.⁵⁴⁵  Vgl. BGH, GRUR 2003, 716, 716 f. – Reinigungsarbeiten; GRUR 2011, 521, 522 – TÜV I; GRUR 2011, 1043, 1044 – TÜV II; GRUR 2012, 184, 185 – Branchenbuch Berg; GRUR 2013, 401, 402 – Biomineralwasser.  Vgl. BGH, GRUR 2002, 709, 712 – Entfernung der Herstellungsnummer III; GRUR 2001, 755, 756 f. – Telefonkarte; GRUR 2009, 783, 785 – UHU.  BGH, GRUR 2013, 401, 403 – Biomineralwasser.  BGH, GRUR 2001, 181, 182 – dentalästhetika I; GRUR 2007, 161, 162 – dentalästhetika II.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 46 Rn. 4.  Vgl. BGH, GRUR 2001, 453, 454 f. – TCM-Zentrum; GRUR 2009, 766, 768 – Stofffähnchen; GRUR 2010, 642, 644 – WM-Marken.  BGH, GRUR 2006, 164, 166 – Aktivierungskosten II. Lampmann

100

C. Auseinandersetzung vor Gericht

413 Während ein solches Vorgehen für das herkömmliche Zivilrecht und insbesondere für

Leistungsanträge schon immer fast einhellig für unzulässig gehalten wurde,⁵⁴⁶ rechtfertigte man es für den gewerblichen Rechtsschutz mit den Besonderheiten des dort dominierenden Unterlassungsanspruchs. Ein dem gewöhnlichen Schuldrecht entspringender Antrag des Gläubigers, den Schuldner zu verurteilen, an ihn 2 000 Euro zu zahlen, der mit dem Lebenssachverhalt begründet wird, dass der Schuldner ihm entweder aus Kaufvertrag oder aus Mietvertrag – was davon zutrifft, sei ihm egal – 2 000 Euro schulde, war und ist aufgrund alternativer Begründung unzulässig. Beim typischen Beispiel aus dem Wettbewerbsrecht, in dem der Gläubiger die Verurteilung des Schuldners zur Unterlassung einer Werbeanzeige begehrt, sollte es demgegenüber gestattet sein, alternative Begründungen heranzuziehen. Das Gericht durfte sich einen Klagegrund aussuchen, dessen Begründetheit für die Verurteilung bereits ausreichte. Dies stellte zwar eine Ausnahme vom genannten Grundsatz dar, wurde jedoch wegen der Besonderheiten des Unterlassungsbegehrens im gewerblichen Rechtsschutz sowie aus pragmatischen und prozessökonomischen Gründen für zulässig erachtet.⁵⁴⁷

b) Aktuelle Rechtsprechung 414 Der BGH hat in einem bemerkenswerten Beschluss „TÜV I“ im Jahre 2011 in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden,⁵⁴⁸ dass die alternative Klagehäufung, bei der dem Gericht die Wahl überlassen werde, auf welchen Klagegrund es eine Verurteilung stütze, auch im Wettbewerbsrecht unzulässig sei. 415 Der Senat stellte fest, dass die Klagehäufung dieser Art gegen das Bestimmtheitsgebot

des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit der Parteien verstößt. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ordnet an, dass die Klageschrift „die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag“ enthalten muss. Grund des erhobenen prozessualen Anspruchs (Klagegrund) ist nach allgemeiner Ansicht derjenige Tatsachenkomplex, den der Gläubiger zur Begründung seines Antragsbegehrens anführt; das sind also die tatsächlichen Verhältnisse, aus denen er die in Anspruch genommene Rechtsfolge abgeleitet wissen will.⁵⁴⁹ Die Regelung des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dient auch dem Schuldnerschutz; für den Schuldner muss erkennbar sein, welche prozessualen An-

 Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 46 Rn. 1a.  Vgl. OLG Nürnberg, GRUR-RR 2008, 55, 55; OLG Köln, GRUR-RR 2010, 202, 202; Götz, GRUR 2008, 401, 407 f.; Bergmann, GRUR 2009, 224, 225; von Ungern-Sternberg, GRUR 2009, 1009, 1012; Schwippert, in: FS Loschelder, 2010, 345, 348 ff.  BGH, GRUR 2011, 521, 522 – TÜV I.  Becker-Eberhard, in: MüKo/ZPO, § 253 Rn. 75. Lampmann

III. Streitgegenstand und Antragsfassung

101

sprüche gegen ihn erhoben werden, um seine Rechtsverteidigung danach ausrichten zu können.⁵⁵⁰ Der Senat hat in diesem Zusammenhang eine Parallele zur Teilleistungsklage gezo- 416 gen, mit der mehrere selbstständige prozessuale Ansprüche geltend gemacht werden. Auch bei dieser muss der Gläubiger angeben, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilt und in welcher Reihenfolge sie zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden. Für den Schuldner bleibt sonst unklar, ob das Gericht die Verurteilung nur auf einen oder auf mehrere Klagegründe stützen wird. Das ist für die Reichweite der Verurteilung von Bedeutung.⁵⁵¹ Diese hat beim Unterlassungsgebot eine besondere Wichtigkeit. Denn der Gläubiger verlangt keine Handlung (z. B. Zahlung), bei der man überprüfen könnte, ob er sie mehrmals fordern kann, sondern ein Nichtstun (vgl. auch Rn. 716 ff.). Der Schuldner erfährt in den Klagegründen nur, wie er sich nicht mehr verhalten darf. Lediglich in einer „reflexartigen“ Negativabgrenzung wird er ausmachen können, wie er sich in Zukunft positiv verhalten kann, ohne gegen das Verbot zu verstoßen. Kurioserweise bestimmt nur dieser „Reflex“ – anders als bei Klagen auf positives Handeln – den (prozessualen und wirtschaftlichen) Streitgegenstand und damit auch die Reichweite der materiellen Rechtskraft der Entscheidung. Das wiederum bedeutet, dass es (durchaus zahlreich) zu den Situationen kommt, in denen der Schuldner mehreren Unterlassungsansprüchen ausgesetzt ist, die nicht nur im Tenor nicht erkennbar sind, sondern die in Bezug auf die erwähnte Negativabgrenzung einen völlig anderen Inhalt haben können, sodass sie theoretisch auch nebeneinander oder in einem weiteren Prozess geltend gemacht werden könnten und damit mehrere, sowohl prozessuale als auch wirtschaftliche, Streitgegenstände darstellen.⁵⁵² Schließlich konnte der Gläubiger sein Klagebegehren auf eine Vielzahl von pro- 417 zessualen Ansprüchen stützen, ohne dass für ihn damit ein zusätzliches Prozesskostenrisiko verbunden war. Denn der Schuldner hatte auch dann die gesamten Prozesskosten zu tragen, wenn der Gläubiger im Rahmen des einheitlichen Klagebegehrens nur mit einem aus einer Vielzahl alternativ zur Entscheidung gestellter Streitgegenstände durchdrang.⁵⁵³ Praxishinweis: Die Entscheidung „TÜV I“ des BGH, die auf den ersten Blick nur bekannte Grundsätze der ZPO wiedergibt, stellt eine Umkehr der bisherigen Rechtsprechung bei gewerblichen Schutzrechten und im Wettbewerbsrecht dar, die so bedeutend ist, dass sie als erster Beschluss in die BGHZ-Entscheidungssammlung aufgenommen wurde. Die praktische Auswirkung dieser Entscheidung liegt darin, dass es nun auch im gewerblichen Rechtsschutz keine Ausnahmen mehr für Unterlassungsanträge gibt, die auf mehrere Klagegründe gestützt werden. Der Gläubiger wurde mit

   

BGH, GRUR 2011, 521, 522 – TÜV I. Dazu Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 46 Rn. 1a. Büscher, GRUR 2012, 16, 18. Instruktiv und mit Fallbeispielen Büscher, GRUR 2012, 16, 16 ff. BGH, GRUR 2011, 521, 523 – TÜV I. Lampmann

418

102

C. Auseinandersetzung vor Gericht

der Abkehr des BGH von der Duldung der alternativen Klagehäufung vor erhebliche Probleme gestellt,⁵⁵⁴ da nun von ihm verlangt wurde, mehrere Streitgegenstände entweder kumulativ oder eventualiter in einer selbst bestimmten Reihenfolge geltend zu machen.⁵⁵⁵ 419 Der BGH hat in der kurz darauffolgenden Entscheidung „Branchenbuch Berg“⁵⁵⁶ bei

einem Unterlassungsantrag, der bezüglich eines formularmäßig aufgemachten Angebotsschreibens für einen Eintrag in ein Branchenverzeichnis sowohl auf dessen irreführenden Gesamteindruck als auch auf eine irreführende Preisangabe gestützt worden war, in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung, jedoch ohne⁵⁵⁷ besondere Begründung dafür einen einheitlichen Streitgegenstand angenommen. Dass der vorgetragene Lebenssachverhalt zugleich die Voraussetzungen mehrerer Verbotsnormen erfülle, sei für die Frage, ob nur ein Streitgegenstand vorliege oder mehrere Streitgegenstände gegeben seien, nicht maßgeblich, da die rechtliche Würdigung der beanstandeten konkreten Verletzungshandlung Sache des Gerichts sei.⁵⁵⁸ 420 Während diese Entscheidung – wie auch zwei weitere aus diesem Zeitraum⁵⁵⁹ – eine

Begründung der Ergebnisse schuldig blieb, begründete der BGH seine neue Vorgehensweise in der Entscheidung „Biomineralwasser“⁵⁶⁰ und ordnete sie Grundsätzen zu: Die Abkehr vom lange Zeit vertretenen engen Streitgegenstandsbegriff und die Gleichsetzung des den Streitgegenstand bestimmenden Lebenssachverhalts mit der konkreten Verletzungsform, sofern die Klage gegen diese gerichtet ist.⁵⁶¹ 421 Zum maßgeblichen Lebenssachverhalt gehören danach alle Tatsachen, die bei einer

vom Standpunkt der Parteien ausgehenden natürlichen Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des Gläubigers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören. Es liegt deshalb ein einheitlicher Lebenssachverhalt vor, wenn der Tatsachenstoff sich nicht sinnvoll auf verschiedene eigenständige, den Sachverhalt in seinem Kerngehalt verändernde Geschehensabläufe aufteilen lässt, selbst wenn diese einer eigenständigen rechtlichen Beurteilung zugänglich sind. Es kommt weder darauf an, ob einzelne Tatsachen dieses Lebenssachverhalts vorgetragen worden sind oder nicht, noch darauf, ob die Parteien die nicht vorgetragenen Tatsachen kannten

 Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 60.  BGH, GRUR 2011, 521, 522 f. – TÜV I; GRUR 2011, 1043, 1044 – TÜV II.  BGH, GRUR 2012, 184, 185 – Branchenbuch Berg.  Heil, GRUR 2012, 187, 187 (Anm. zu BGH, GRUR 2012, 184, 184 ff. – Branchenbuch Berg).  BGH, GRUR 2012, 184, 185 – Branchenbuch Berg.  BGH, GRUR 2011, 1151, 1152 – Original Kanchipur; GRUR 2012, 621, 623 – OSCAR.  BGH, GRUR 2013, 401, 402 f. – Biomineralwasser.  Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 60; Teplitzky, GRUR 2013, 408, 408 (Anm. zu BGH, GRUR 2013, 401, 401 ff. – Biomineralwasser). Zur Kostenerstattung bezüglich einer entsprechend formulierten Abmahnung vgl. BGH, GRUR 2019, 82, 85 f. – Jogginghosen. Lampmann

III. Streitgegenstand und Antragsfassung

103

und hätten vortragen können.⁵⁶² Den so bestimmten Lebenssachverhalt kann das Gericht unabhängig davon unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten prüfen, ob der Gläubiger seinen Anspruch auf diese Gesichtspunkte gestützt hat oder nicht. Denn die rechtliche Würdigung ist Sache des Gerichts.⁵⁶³ Praxishinweis: Das Gericht muss beispielsweise die Frage, ob ein Preisnachlass gegen das Recht der Arzneimittelpreisbindung verstößt, auch dann prüfen, wenn der Gläubiger seinen Anspruch nicht ausdrücklich darauf gestützt hat.⁵⁶⁴ Stützt der Gläubiger das Verbot einer als konkrete Verletzungsform in Bezug genommenen Werbung sowohl auf eine Irreführung gem. § 5 Abs. 1 UWG als auch auf die Vorenthaltung wesentlicher Informationen nach § 5a Abs. 2 UWG,⁵⁶⁵ oder wird die Klage z. B. mit der Lieferung einer bestimmten Ware begründet,⁵⁶⁶ handelt es sich ebenfalls um einen einheitlichen Lebenssachverhalt (und folglich einen einheitlichen Streitgegenstand). Von einem Lebenssachverhalt ist ferner im Regelfall auszugehen, wenn der Gläubiger das beantragte Verbot sowohl auf einen gesetzlichen Unterlassungsanspruch als auch auf einen Anspruch aus einer Unterlassungsvereinbarung stützt, die die Parteien nach einer vorausgegangenen Verletzungshandlung getroffen haben.⁵⁶⁷ Gleiches gilt z. B. für das Anbieten und Verbreiten einer WarnWetter-App einer Bundesoberbehörde unabhängig von der Frage, ob es sich dabei um eine geschäftliche oder hoheitliche Handlung der öffentlichen Hand handelt.⁵⁶⁸

422

Eine Mehrheit von Streitgegenständen soll dagegen vorliegen, wenn die materiell- 423 rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbstständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet.⁵⁶⁹ Praxishinweis: Dies ist z. B. auch bei gleichzeitiger Herleitung der Ansprüche aus Gesetz und Vertrag denkbar.⁵⁷⁰ Wird die Klage etwa mit einem deliktischen Anspruch wegen Verletzung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen gem. § 17 UWG a. F. auf der einen und mit einem vertraglichen Anspruch wegen Verletzung einer Geheimhaltungsabrede auf der anderen Seite begründet, handelt es sich um unterschiedliche Klagegründe und damit um verschiedene Streitgegenstände.⁵⁷¹ Wenn ein Unterlassungsanspruch zum einen wegen der vorprozessual begangenen Verletzungshandlung auf Wiederholungsgefahr und zum anderen auf Erstbegehungsgefahr wegen Erklärungen gestützt wird, die der in Anspruch Genommene erst später im gerichtlichen Verfahren abgibt, handelt es sich grundsätzlich um zwei Streitgegenstände.⁵⁷² Geht einem einheitlichen

 BGH, GRUR 2013, 401, 402 – Biomineralwasser, m. w. N.; GRUR 2019, 746, 750 – Energieeffizienzklasse III, m. w. N.; GRUR 2020, 550, 551 – Sofort-Bonus II.  BGH, GRUR 2020, 550, 551 – Sofort-Bonus II.  BGH, GRUR 2020, 550, 551 – Sofort-Bonus II.  BGH, GRUR 2020, 1226, 1228 f. – LTE-Geschwindigkeit.  BGH, GRUR 2016, 83, 86 – Amplidect/ampliteq; GRUR 2016, 1187, 1189 – Stirnlampen.  BGH, GRUR 2013, 397, 398 – Peek & Cloppenburg III; GRUR 2003, 889, 889 f. – Internet-Reservierungssystem; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29. 8. 2019 – 2 U 44/18, GRUR-RS 2019, 33231.  BGH, GRUR 2020, 755, 758 – WarnWetter-App.  BGH, GRUR 2013, 401, 402 – Biomineralwasser; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 1.23b.  Vgl. BGH, WRP 2018, 1329, 1331 f. – Hohlfasermembranspinnanlage II; GRUR 2013, 397, 398 – Peek & Cloppenburg III.  BGH, WRP 2018, 1329, 1331 f. – Hohlfasermembranspinnanlage II.  BGH, GRUR 2006, 429, 431 – Schlank-Kapseln. Lampmann

424

104

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Unterlassungsantrag hingegen sowohl ein als Verletzungshandlung beanstandetes Verhalten als auch eine hiermit zeitlich und sachlich im Zusammenhang stehende Rechtsberühmung voraus, ist nur ein Klagegrund gegeben.⁵⁷³

2. Antragsfassung 425 Auf Basis dieser Grundsätze stehen dem Gläubiger zahlreiche Möglichkeiten zur

Verfügung, unlautere Handlungen des Schuldners zu unterbinden. Er kann schlicht eine oder mehrere rechtswidrige Verhaltensweisen des Schuldners identisch als konkrete Verletzungsform entweder verbal oder durch Bezugnahme auf eine Einblendung zum Gegenstand des Antrags machen. Er kann aber auch das Charakteristische der Rechtsverletzung abstrakt beschreiben und einen verallgemeinernden Antrag formulieren oder einen – in der Praxis häufig fehlinterpretierten und daher mit Vorsicht zu verwendenden – „insbesondere“-Antrag stellen, in dem die abstrakte Beschreibung der zu unterlassenden Verhaltensweise und die jeweils konkrete Verletzungsform mittels des Zusatzes „insbesondere“ kombiniert werden. Auf einer weiteren Ebene kann der Gläubiger festlegen, ob unterschiedliche Verletzungsformen oder in diesen enthaltene Rechtsverletzungen gesondert im Wege der kumulativen („und/oder“) oder eventuellen („hilfsweise“) Klagehäufung (nicht mehr zulässig: Alternativ, vgl. Rn. 414 ff.) angegriffen werden.

a) Bestimmtheitsgebot 426 Der Rahmen dieser Möglichkeiten wird durch das Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2

Nr. 2 ZPO vorgegeben. Der „bestimmte“ Antrag ist eine von Amts wegen in jeder Instanz zu prüfende Prozessvoraussetzung und soll den Streitgegenstand und damit den Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts festlegen, und zwar so, dass die in Anspruch genommene Partei erkennen kann, wogegen sie sich verteidigen soll, und dass der dem Antrag folgende Tenor die Grenzen der Rechtskraft und die Vollstreckungsmöglichkeiten klar erkennen lässt.⁵⁷⁴ 427 Insbesondere darf ein undeutlicher Unterlassungsantrag nicht dazu führen, dass dem

Vollstreckungsgericht im Ergebnis die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Schuldner verboten ist (vgl. Rn. 456 ff.),⁵⁷⁵ was z. B. dann der Fall sein kann, wenn der Antrag bzw. der spätere Tenor Begriffe, über deren Bedeutung die Parteien

 BGH, GRUR 2016, 83, 86 – Amplidect/ampliteq; GRUR 2019, 947, 949 – Bring mich nach Hause, m. Anm. Widera, GRUR-Prax 2019, 366, 366.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 51 Rn. 8.  St. Rspr., vgl. nur BGH, GRUR 2016, 88, 89 f. – Deltamethrin, m. w. N. Lampmann

III. Streitgegenstand und Antragsfassung

105

streiten,⁵⁷⁶ oder unbestimmte (Rechts‐)Begriffe enthält (vgl. Rn. 461 f.).⁵⁷⁷ Die Wiederholung des Gesetzeswortlauts im Antrag kann unschädlich sein, wenn durch die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform deutlich wird, dass der Gläubiger nicht ein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert.⁵⁷⁸ Praxishinweis: Konkrete Handlungs- und Prüfpflichten des Schuldners müssen in dem Antrag selbst nicht enthalten sein. Es reicht aus, wenn sie sich aus der Klagebegründung bzw. den Entscheidungsgründen ergeben. Im Hinblick darauf, dass sich die Grenzen des dem Schuldner zumutbaren Verhaltens im Erkenntnisverfahren nicht präziser bestimmen lassen, weil zukünftige Verletzungshandlungen nicht konkret abzusehen sind, ist die hiermit verbundene Verlagerung eines Teils des Streits in das Vollstreckungsverfahren hinzunehmen, weil anders ein effektiver Unterlassungsrechtsschutz nicht gewährleistet werden könnte.⁵⁷⁹

428

b) Richterliche Hinweispflichten Die Kombinationsmöglichkeiten unterschiedlicher Antragsfassungen mit unter- 429 schiedlichen Begründungen sind zahlreich und führen nicht selten dazu, dass für die Streitparteien nicht hinreichend deutlich wird, was letztlich Gegenstand des Verbots sein soll.Vor diesem Hintergrund kommt der Hinweis- bzw. Hinwirkungspflicht des § 139 ZPO große Bedeutung zu. Danach hat der Tatrichter die Pflicht, von der betroffenen Partei einen aus sich heraus verständlichen, eindeutigen Antrag zu verlangen. Erst wenn dies misslingt, soll Raum für eine grundsätzlich für zulässig gehaltene Auslegung⁵⁸⁰ sein.⁵⁸¹ Die Regelungen des § 139 ZPO sollen allerdings aufgrund des besonderen Charakters 430 des Verfahrens und der daraus resultierenden erweiterten Obliegenheiten der Parteien im einstweiligen Rechtsschutz regelmäßig nicht anwendbar sein.⁵⁸² Für das einstweilige Verfügungsverfahren ist indes die Vorschrift des § 938 Abs. 1 ZPO im Blick zu behalten.Wird ein Unterlassungsantrag den Anforderungen an die Bestimmtheit nicht gerecht, ist das Eilbegehren gleichwohl hinreichend bestimmt, wenn aus dessen Begründung Inhalt und Umfang des der Sache nach verfolgten Unterlassungsanspruchs zweifelsfrei zu entnehmen sind und das Gericht gem. § 938 Abs. 1 ZPO ein hinreichend

 Vgl. KG, MMR 2018, 474, 474 zur Formulierung „[…] Werbeschreiben per E-Mail zu senden […]“.  Vgl. BGH, GRUR 2018, 320, 322 – Festzins Plus; GRUR 2000, 438, 440 – Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge; GRUR 2002, 77, 78 – Rechenzentrum; GRUR 2007, 607, 608 f. – Telefonwerbung für „Individualverträge“.  BGH, GRUR 2020, 755, 759 – WarnWetter-App.  BGH, GRUR 2016, 268, 270 – Störerhaftung des Access-Providers.  BGH, GRUR 2011, 152, 153 – Kinderhochstühle im Internet I.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 51 Rn. 10.  OLG Stuttgart, Urt. v. 5.1. 2017 – 2 U 95/16, BeckRS 2017, 138704. Lampmann

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

bestimmtes Verbot erlassen kann (vgl. aber Rn. 752).⁵⁸³ Der durch den Gläubiger geltend gemachte Streitgegenstand darf hierbei nicht verlassen werden (vgl. Rn. 442 f., 449). 431

Praxishinweis: Die richterliche Pflicht, auf eine etwaige Unbestimmtheit des Klageantrags hinzuweisen und Gelegenheit zur Abhilfe zu geben bzw. anderweitig auf sachdienliche Anträge hinzuwirken, entfällt nicht dadurch, dass die betreffenden Aspekte durch die Parteien schriftsätzlich bzw. in der mündlichen Verhandlung gerügt oder erörtert wurden.⁵⁸⁴ Ob sie besteht, bemisst sich vielmehr nach objektiven Kriterien. Sie kann deshalb auch umgekehrt nicht durch eine Bitte um einen Hinweis begründet werden (vgl. auch Rn. 590). Davon unabhängig ist allerdings zu bedenken, dass der Vortrag, in dem die Partei um einen Hinweis bittet, in aller Regel zeigt, dass sie einen Gesichtspunkt als möglicherweise entscheidungserheblich erkannt hat.⁵⁸⁵

432 Das Gericht ist zur Neutralität verpflichtet. Es ist ihm daher nur in engen Grenzen

gestattet, am Prozess aktiv mitzuwirken.⁵⁸⁶ Aus der Hinwirkungspflicht ist daher nicht abzuleiten, dass der Gläubiger es dem Gericht überlassen könnte, einem zu unbestimmt gefassten und damit unzulässigen Klageantrag einen zulässigen Wortlaut und Inhalt zu geben.⁵⁸⁷ Die Anforderungen im Zusammenhang mit dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit sind ggf. zusätzlich zu berücksichtigen (vgl. Rn. 565, 585, 587 ff., 598, 604).

433

Praxishinweis: Da das Prozessgericht gem. § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch für die Zwangsvollstreckung zuständig ist, führen im Erkenntnisverfahren gemachte Fehler auch im Vollstreckungsverfahren zu erheblichen Problemen.⁵⁸⁸ Denn dort setzt sich häufig die Fehlerkette fort, die im Erkenntnisverfahren durch einen von einem in Wettbewerbssachen unerfahrenen Gericht selbst (um-) formulierten Tenor bzw. durch einen unkritisch als Tenor übernommenen Antrag des Gläubigers angelegt wurde. So hat es in der Beratungspraxis des Verfassers bereits Fälle gegeben, in denen dem Schuldner nicht nur – aus mehreren Gründen unzulässigerweise (vgl. etwa Rn. 459 ff., 465 f.) – geboten wurde, z. B. „[…] es zu unterlassen, keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung vorzuhalten“, sondern dieser sich später sogar gegen einen Ordnungsmittelantrag verteidigen musste, in dem ihm vorgeworfen wurde, dass die mittlerweile vorhandene Belehrung jetzt fehlerhaft sei. Der Schuldner sollte daher nicht darauf hoffen, dass das Landgericht einen unzulässigen Antrag ganz oder teilweise zurückweist oder im Rahmen des § 139 ZPO auf eine zulässige Antragsfassung hinwirkt bzw. gem. § 938 Abs. 1 ZPO von sich aus einen statthaften Tenor in die Welt setzt, sondern

 Vgl. etwa OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 11.1. 2018 – 6 U 150/17, BeckRS 2018, 9079.  BGH, GRUR 2011, 539, 541 – Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker; OLG Frankfurt a. M., WRP 2020, 99, 99.  OLG Stuttgart, Urt. v. 5.1. 2017 – 2 U 95/16, BeckRS 2017, 138704.  Fritsche, in: MüKo/ZPO, § 139 Rn. 7 f.Vgl. beispielsweise OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2019, 286, 286 f.  BGH, GRUR 1991, 254, 257 – Unbestimmter Unterlassungsantrag I; GRUR 1998, 489, 492 – Unbestimmter Unterlassungsantrag III.  Beispielhaft: Erlass einer einstweiligen Verfügung mit einem im Vergleich zur Antragsschrift abweichend formulierten Unterlassungsgebot mit der sich erst im Ordnungsmittelverfahren herausstellenden Folge dessen Einschränkung und somit am Petitum des Gläubigers vorbei, so etwa LG Karlsruhe, B. v. 22.1. 2020 – 23 O 20/19, n. v. (bestätigt durch OLG Karlsruhe, B. v. 23.10. 2020 – 6 W 9/20, n. v.). Lampmann

III. Streitgegenstand und Antragsfassung

107

einen unbestimmten Antrag von Anfang an mit Nachdruck monieren. Auch dem Gläubiger ist mit einem unbestimmten Tenor nur scheinbar geholfen, denn spätestens in der nächsten Instanz muss er befürchten, seinen Antrag ganz oder teilweise mit den entsprechenden Kostenfolgen zu verlieren, selbst nachdem er diesen – wiederum nach entsprechenden Hinweisen des Berufungsgerichts – ggf. korrigiert hat.

c) Konkrete Verletzungsform Die für den Gläubiger unproblematischste Form der Geltendmachung eines Unter- 434 lassungsanspruchs ist die Inbezugnahme der konkreten Verletzungshandlung im Antrag. Der BGH hält konsequent daran fest, dass ein auf die konkrete Verletzungsform bezogenes Verbot grundsätzlich immer zulässig ist.⁵⁸⁹ Praxishinweis: Der Gläubiger muss in einen solchen Antrag keine Einschränkungen oder Ausnahmen aufnehmen (vgl. aber Rn. 463), da es nicht seine Aufgabe ist, dem Schuldner Verhaltensformen aufzuzeigen, die aus dem Verbot herausführen (vgl. auch Rn. 47).⁵⁹⁰ Umgekehrt ist es nicht erforderlich, dass der Grund für das beantragte Verbot oder dessen Voraussetzungen zusätzlich zur konkreten Verletzungsform in den Antrag aufgenommen werden.⁵⁹¹ Es schadet allerdings auch nicht (vgl. Rn. 454).⁵⁹²

435

aa) Einfacher Fall Ein einfacher Fall liegt immer dann vor, wenn eine konkrete Werbeanzeige oder 436 -aussage angegriffen werden soll. Praxishinweis: Hier geschieht diese Inbezugnahme mit der identischen Wiedergabe der Werbeaussage und der für deren Verständnis relevanten weiteren Informationen. So könnte ein Antrag in einem Fall, in dem der Schuldner auf der Startseite seines Internetauftritts mit einem Logo wirbt, in dem der Hinweis „Investitionen seit 1975“ enthalten ist, und er eine solche Unternehmenshistorie in Wirklichkeit nicht vorweisen kann, z. B. lauten: „[…] es zu unterlassen, mit dem Hinweis ‚Investitionen seit 1975‘ zu werben“. Streng genommen ist hier jedoch, anders als man auf den ersten Blick annehmen könnte, die konkrete Verletzungsform nicht erschöpfend enthalten. Denn die betreffende Behauptung wurde nicht isoliert aufgestellt, sondern in einem Logo innerhalb eines mehrseitigen Internetauftritts. Dennoch dürfte dieser Antrag zweckmäßig bzw. jedenfalls zulässig

 Vgl. BGH, Urt. v. 17.1. 2013 – I ZR 19/11, BeckRS 2013, 3082; GRUR 2013, 850, 851– Grundpreisangabe im Supermarkt; GRUR 2014, 398, 401 – Online-Versicherungsvermittlung; GRUR 2018, 1246, 1248 – Kraftfahrzeugfelgen II.  BGH, GRUR 2013, 409, 410 – Steuerbüro; OLG Köln, WRP 2016, 90, 91; OLG Hamburg, Urt. v. 26.11. 2020 – 15 U 83/20, GRUR-RS 2020, 37670; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 51 Rn. 25.  OLG München, Urt. v. 5.7. 2018 – 29 U 1866/17, BeckRS 2018, 33170.  Vgl. OLG Stuttgart, WRP 2019, 516, 520 zum Antrag, „[…] es zu unterlassen, geschäftlich handelnd Bettwaren mit der Angabe diese seien schadstofffrei zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies geschieht mit Angaben wie […]“. Lampmann

437

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

sein, soweit die Begleitumstände der Werbung für deren rechtliche Beurteilung im konkreten Fall keine Bewandtnis haben.

bb) Einbeziehung der gesamten Gestaltung 438 Anders liegt der Fall, wenn ein Angebot beispielsweise nur deshalb rechtswidrig ist,

weil dem Verkehr bestimmte Informationen entweder vollständig vorenthalten oder nur unzureichend mitgeteilt werden. Beim Verkauf von Waren an Letztverbraucher im Fernabsatz ist gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 7 Satz 2 PAngV neben dem Preis in der Werbung eindeutig zuordenbar sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar anzugeben, ob zusätzlich Versandkosten anfallen. Eine lediglich verbale Wiedergabe eines entsprechenden Warenangebots ohne Versandkostenangabe würde dem Verletzungsfall nicht gerecht, da die im Antrag ersichtliche Aussage nur in Ermangelung weiterer Informationen in der konkreten Gestaltung (also nicht eindeutig zuordenbar sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar) unzulässig ist und somit in einem anderen Kontext zulässig wäre. Nur die gesamte Gestaltung des Angebots stellt deshalb in diesem Fall die konkrete Verletzungsform dar, also die Wiedergabe der Umstände, unter denen der Verstoß stattgefunden hat. 439 Dem Erfordernis der Bestimmtheit genügt der Antrag unter diesem Gesichtspunkt

dann, wenn entsprechende Abbildungen, Fotografien oder Ähnliches in den Antrag eingerückt,⁵⁹³ diesem als Anlage beigefügt oder in diesem in Bezug genommen werden.⁵⁹⁴ Ein Videoclip kann z. B. durch Screenshots mit Standbildern aus dem Video sowie sein „Drehbuch“ zum Gegenstand des Antrags gemacht werden.⁵⁹⁵ Alternativ kann es im Hinblick auf die Gewährung eines wirksamen Rechtsschutzes im Einzelfall auch zulässig sein, auf Dateien (z. B. Screenshots oder Videodateien) auf einem USBStick Bezug zu nehmen, der zur Akte gereicht wird, wenn sich dort das Charakteristische dieser konkreten Verletzungsform wiederfindet.⁵⁹⁶ In diesem Sinne hat der BGH sogar einen Unterlassungsantrag, der auf einen als Anlage körperlich zur Akte ge-

 BGH, GRUR 1986, 673, 675 – Beschlagprogramm.  BGH, GRUR 2000, 228, 228 f. – Musical-Gala.  BGH, GRUR 2018, 1258, 1259 – YouTube-Werbekanal II.  BGH, B. v. 4. 2. 2021 – I ZR 79/20, GRUR-RS 2021, 4282. Zu einem 170 000 Seiten umfassenden Internetauftritt vgl. LG München I, Urt. v. 17.11. 2020 – 33 O 16274/19, GRUR-RS 2020, 31225 (bestätigt durch OLG München, Urt. v. 30.9. 2021 – 6 U 6754/20, GRUR-RS 2021, 28670). Offenbar eine zusätzliche (wenn auch kurze) Beschreibung des betreffenden Videos fordernd LG Düsseldorf, Urt. v. 9.10. 2020 – 38 O 45/20, BeckRS 2020, 47184. Lampmann

III. Streitgegenstand und Antragsfassung

109

reichten Schokoladenhasen verwies, in der dortigen Konstellation für zulässig erachtet.⁵⁹⁷ Praxishinweis: Ein zweckmäßiger, unmittelbar auf die konkrete Verletzungsform bezogener Antrag könnte z. B. lauten: „[…] es zu unterlassen, wie aus der Anlage 1 ersichtlich zu werben“. Ein solcher ist dann bestimmt genug, wenn sich das beanstandete Verhalten aus der in Bezug genommenen Anlage sowohl in rechtlicher⁵⁹⁸ als auch in tatsächlicher⁵⁹⁹ Hinsicht hinreichend deutlich erkennen lässt. Eine unmittelbare Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform liegt auch dann vor, wenn der Antrag die Handlung abstrakt beschreibt, sie aber ebenfalls mit einem „wie“-Zusatz („[…], wie geschehen […]“; „[…], wenn dies geschieht wie […]“) konkretisiert. Anders als Antragsfassungen, die die konkrete Verletzungsform – etwa eingeleitet durch die Wörter „insbesondere wie“ – nur als Beispiel (vgl. Rn. 467 ff.) heranziehen, wird durch die unmittelbare Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform mit dem Vergleichspartikel „wie“ in der Regel deutlich gemacht, dass Gegenstand des Antrags z. B. die konkrete Werbeanzeige sein soll, wobei die abstrakt formulierten Merkmale die Funktion haben mögen, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die von dem Verbot als kerngleiche Verletzungsformen erfasst sein sollen.⁶⁰⁰ Die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform rettet sogar eine ansonsten unbestimmte,⁶⁰¹ scheinbar beschränkende⁶⁰² oder überschießende⁶⁰³ Antragsfassung (vgl. aber Rn. 470). Eine Beschreibung des Verstoßes z. B. durch die für sich genommen unbestimmten Begriffe wie „klar“ und „unmissverständlich“⁶⁰⁴ oder etwa die Wendung „ohne deutliche und hinreichende Informationen über die anfallenden Versandkosten“⁶⁰⁵ führen dann nicht zur Unbestimmtheit des Antrags.⁶⁰⁶

440

Erweist sich die beanstandete Anzeige aufgrund des vorgetragenen und festgestellten 441 Lebenssachverhalts als wettbewerbswidrig, ist das Verbot auszusprechen, auch wenn nicht der in die abstrakte Umschreibung aufgenommene, sondern ein anderer Gesichtspunkt die Wettbewerbswidrigkeit begründet.⁶⁰⁷ Dies ist z. B. dann der Fall, wenn aufgrund besonderer Umstände eine ansonsten zergliedernde Betrachtungsweise der vom BGH mit der Entscheidung „Biomineralwasser“ angestrebten Aufgabe des feingliedrigen Streitgegenstandsbegriffs nicht gerecht würde.⁶⁰⁸ Entsprechendes gilt auch in der Berufungsinstanz bezüglich eines etwaigen erstinstanzlich nicht berücksichtigten Irreführungsaspekts. D. h., das Berufungsgericht muss diesen auch dann berücksichtigen, wenn der Gläubiger ihn zwar erstinstanzlich vorgetragen, je-

 BGH, GRUR 2021, 1199, 1201 – Goldhase III (a. A. erstinstanzlich LG München I, Urt. v. 15.10. 2019 – 33 O 13884/18, GRUR-RS 2019, 25007).  BGH, GRUR 2013, 951, 953 – Regalsystem; GRUR 2002, 86, 88 – Laubhefter.  BGH, GRUR 2013, 1235, 1235 f. – Restwertbörse II.  OLG Stuttgart, WRP 2020, 509, 510, n. rkr.  BGH, GRUR 2019, 627, 628 – Deutschland-Kombi.  BGH, GRUR 2016, 1300, 1302 f. – Kinderstube.  BGH, GRUR 2011, 340, 342 – Irische Butter; GRUR 2020, 401, 402 – Ö KO-TEST I.  OLG Braunschweig, GRUR-RR 2019, 59, 62.  OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2019, 267, 267.  BGH, GRUR 1999, 1017, 1018 – Kontrollnummernbeseitigung.  BGH, GRUR 2011, 742, 744 – Leistungspakete im Preisvergleich.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2016, 903, 904 f. Lampmann

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

doch in der Berufungsinstanz weder auf seinen erstinstanzlichen Vortrag Bezug genommen noch ihn wiederholt hat.⁶⁰⁹ 442 Ein gerichtliches Verbot kann allerdings vor dem Hintergrund der Dispositionsma-

xime (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO), die die Berücksichtigung nicht vorgetragener Tatsachen selbst dann verbietet, wenn sie offenkundig sind, nur auf diejenigen tatsächlichen Beanstandungen gestützt werden, die vom Gläubiger im Verfahren erhoben werden, auch wenn z. B. eine bestimmte weitere, im konrekten Fall ebenfalls in Betracht kommende Irreführungsgefahr zum Streitgegenstand in dem dargestellten weiten Sinne gehört.⁶¹⁰ So umfasst z. B. ein auf die konkrete Verletzungsform bezogener Antrag, „[…] es zu unterlassen, […] und dabei mit einem durchgestrichenen Preis zu werben, ohne klarzustellen, um was für einen Preis es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt […]“, nicht auch eine etwaige Irreführung darüber, wie lange der durchgestrichene Preis vom Werbenden tatsächlich gefordert worden ist.⁶¹¹ Nicht nur der vorgetragene Lebenssachverhalt, sondern auch der Antrag ist für das Gericht bindend, wenn er eindeutig ist und keinen Raum für eine anderweitige Auslegung lässt. Ist beispielsweise ein auf eine täterschaftliche Unterlassung gerichteter Antrag unbegründet, kommt eine Verurteilung wegen einer Teilnahmehandlung auch dann nicht in Betracht, wenn der Lebenssachverhalt dafür eine Grundlage bieten könnte.⁶¹² 443

Praxishinweis: Ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann durch Genehmigung geheilt werden. So z. B. dann, wenn der Gläubiger, dem mehr zugesprochen wurde, als er beantragt hat, in der Berufungsinstanz den Antrag stellt, das Rechtsmittel des Schuldners zurückzuweisen⁶¹³ oder diesem eine entsprechend „zu weitgehende“ einstweilige Verfügung zustellt.⁶¹⁴ Hierdurch bringt er seinen Willen zum Ausdruck, das vom Gericht ausgesprochene Verbot ungeachtet seines abweichenden Begründungsansatzes für sich zu nutzen, und macht sich die gerichtliche Entscheidung und Begründung damit zu eigen (vgl. aber Rn. 889).

444 Bezieht der Gläubiger seinen Antrag auf die konkrete Verletzungsform in ihrer

Gänze, so reduziert er das Risiko eines Unterliegens, da bereits ein einziger – von ihm zwar vorgetragener, in rechtlicher Hinsicht aber womöglich gar nicht erkannter – Angriffspunkt als Grundlage für ein Verbot (und für ein volles Obsiegen) ausreicht.⁶¹⁵ Abgewiesen werden kann eine solche Klage nur, wenn die Prüfung durch das Gericht

      

BGH, GRUR 2017, 295, 295 – Entertain. OLG Frankfurt a. M., WRP 2013, 1072, 1072; OLG Düsseldorf, WRP 2019, 899, 901 f. BGH, GRUR 2016, 521, 523 – Durchgestrichener Preis II. OLG Rostock, Hinweisb. v. 25.1. 2021 – 2 U 9/20, BeckRS 2021, 6779. BGH, Urt. v. 20.4.1990 – V ZR 282/88, BeckRS 9998, 165211. OLG Hamburg, B. v. 16. 8. 2018 – 3 W 37/18, GRUR-RS 2018, 41651. Schmitt-Gaedke, GRUR-Prax 2020, 357, 358.

Lampmann

III. Streitgegenstand und Antragsfassung

111

ergibt, dass das begehrte Verbot unter keinem der geltend gemachten Gesichtspunkte begründet ist.⁶¹⁶ Praxishinweis: Diese – auf den ersten Blick verlockend erscheinende – Vorgehensweise geht indes mit erheblichen Nachteilen einher. Da der gesamte Lebensvorgang rechtshängig und somit entschieden wird, ist der Gläubiger daran gehindert, Aspekte der Handlung, die vom Gericht letztlich nicht zur Grundlage des Verbots gemacht wurden, parallel bzw. erneut anhängig zu machen (vgl. Rn. 473 f.). Es handelt sich zudem um ein denkbar kleines Verbot (vgl. auch Rn. 447), dessen Kernbereich, wenn die Entscheidung nicht begründet ist – was bei Versäumnis- und Anerkenntnisurteilen sowie bei Beschlussverfügungen die Regel ist –, womöglich nicht zweifelsfrei bestimmbar ist, jedenfalls aber bereits dann verlassen wird, wenn die erneute Handlung auch nur einer der Beanstandungen, auf die das Unterlassungsbegehren gestützt war, gerecht wird (vgl. Rn. 1001). Um dies zu vermeiden, kann der Gläubiger eine konkrete Werbeanzeige unter verschiedenen Aspekten jeweils gesondert angreifen und eben diese verschiedenen Aspekte im Wege der kumulativen Klagehäufung zu jeweils getrennten Zielen machen. Dafür kann er z. B. die einzelnen Beanstandungen in verschiedenen Klageanträgen umschreiben (vgl. auch Rn. 454 f.) und zur Verdeutlichung mit einem „wie“-Zusatz (vgl. Rn. 440) jeweils auf die konkrete Verletzungsform Bezug nehmen. In diesem Fall zwingt er das Gericht, die beanstandete Anzeige unter jedem der auf diese Weise geltend gemachten Gesichtspunkte zu prüfen (vgl. auch Rn. 472 f.).⁶¹⁷ Naturgemäß muss der Gläubiger sodann einen Teil der Kosten tragen, wenn er nicht mit allen Klageanträgen Erfolg hat.

445

cc) Fehlerquellen Die Einbeziehung der konkreten Verletzungsform kann dazu führen, dass auch Ver- 446 haltensweisen in den Antrag aufgenommen werden, die für sich genommen rechtlich nicht zu beanstanden sind (bei einem Ausdruck einer Internetseite z. B. auch zulässig gestaltete Angebote oder Werbeaussagen). Dies wird von Prozessbeteiligten – leider auch von Gerichten – häufig dahin missverstanden, als würde sich das begehrte Verbot auch auf rechtskonforme Handlungen erstrecken. Tatsächlich führt die Einbeziehung aber nicht zu einer Erweiterung des Verbots, 447 sondern, ganz im Gegenteil, zu dessen – sogar erheblicher – Einschränkung.⁶¹⁸ Denn das Verbot ist umso kleiner, je umfangreicher die Textpassage ist, auf die es sich bezieht, weil der Schuldner umso mehr Möglichkeiten hat, durch die Modifizierung des insoweit mit einbezogenen Kontextes den Kernbereich des Verbots zu verlassen.⁶¹⁹ In der Konsequenz ist es richtigerweise so, dass in einem Fall, in dem z. B. ein das beanstandete Verhalten abstrakt beschreibender Unterlassungsantrag nachträglich um eine Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform ergänzt wird, dadurch eine – entsprechend kostenpflichtige – teilweise Klagerücknahme erfolgt; dies gilt je   

BGH, GRUR 2020, 1226, 1228 f. – LTE-Geschwindigkeit. BGH, GRUR 2013, 401, 403 – Biomineralwasser. von Hellfeld, Rn. 328. OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2015, 338, 338 f. Lampmann

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

denfalls dann, wenn der ursprüngliche Antrag nicht nur zu unbestimmt war, sondern auch erlaubte Verhaltensweisen erfasst hätte.⁶²⁰ 448

Praxishinweis: In der Praxis kommt es mitunter zu entgegenstehenden Ergebnissen dergestalt, dass Gerichte die vom Gläubiger als konkrete Verletzungsform insgesamt in Bezug genommene Gestaltung als vermeintlich zu weitgehend fehlinterpretieren und im Verbotstenor auf einige Sätze reduzieren, den Antrag „im Übrigen“ zurückweisen und dem Gläubiger wegen dieser vermeintlichen Teilniederlage zusätzlich einen Großteil der Kosten auferlegen.⁶²¹ In Wirklichkeit hat das Gericht dem Gläubiger so jedoch nicht nur zu Unrecht überhaupt Kosten auferlegt, weil dieser tatsächlich vollumfänglich obsiegt hat, sondern ihm zusätzlich – entgegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO unzulässigerweise („ne ultra petita“) – sogar mehr zugesprochen, als er beantragt hatte. Beide Parteien sollten daher auf die Vermeidung oder Korrektur solcher Fehler hinwirken. Der Schuldner hat zwar einen – ungerechtfertigten – Kostenvorteil, sieht sich aber einem – erheblich – umfassenderen Verbot ausgesetzt, während der Gläubiger einen rechtsdogmatisch weitergehenderen Titel erlangt hat, jedoch ungerechtfertigt eine nachteilige Kostenentscheidung gegen sich hat, die er wegen des Verbots der isolierten Kostenanfechtung gem. § 99 Abs. 1 ZPO nicht selbstständig⁶²² aus der Welt schaffen kann.

449 Ebenso hindert § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO das Gericht daran, einer Partei ein Aliud zu-

zusprechen, also etwas anderes als das, was beantragt ist. Der Schuldner muss die Möglichkeit haben, sich angemessen zu verteidigen. Es muss deshalb zum einen vom Gläubiger eindeutig bestimmt werden, welchen Inhalt das angestrebte Verbot haben soll.⁶²³ Zum anderen muss sich die zusprechende Entscheidung innerhalb des durch den Gläubiger somit definierten Streitgegenstands halten (vgl. aber Rn. 443) und ist andernfalls angreifbar (vgl. etwa Rn. 565, 585).⁶²⁴ Ein „Austausch“ dieser Art kann sich außerdem auf den Lauf der Verjährung auswirken (vgl. Rn. 889).

dd) Folgen eines konkreten Verbots 450 Sämtliche wettbewerbswidrigen Handlungen sind abstrakt bereits durch das Gesetz verboten. Ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch steht dem Gläubiger deshalb nur insoweit zu, als sich hinsichtlich einer bestimmten wettbewerbswidrigen Handlung in der Person des Schuldners eine konkrete Begehungsgefahr realisiert hat. Wird Letztere etwa durch einen bereits begangenen Verletzungsfall begründet, ist

 OLG Frankfurt a. M., B. v. 26.4. 2016 – 6 W 29/16, BeckRS 2016, 9375.  Zur entsprechenden Problematik bei der Erstattungsfähigkeit der Kosten einer Abmahnung in solchen Fällen vgl. BGH, GRUR 2019, 82, 85 f. – Jogginghosen.  Die Korrektur einer solchen Entscheidung ist nur im Fall eines Rechtsbehelfs des unterlegenen Schuldners möglich, weil der Gläubiger in der Hauptsache nicht beschwert ist. Er hat sogar mehr erhalten als beantragt.  OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 5.10. 2017 – 6 U 141/16, BeckRS 2017, 137972.  BGH, GRUR 2018, 203, 204 – Betriebspsychologe. Lampmann

III. Streitgegenstand und Antragsfassung

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der Unterlassungsanspruch darauf gerichtet, dass der Schuldner gerade dieses Verhalten nicht wiederholt.⁶²⁵ Die Einbeziehung der konkreten Verletzungsform bewirkt daher zunächst, dass der 451 Schuldner nur dann gegen das so ausgestaltete Verbot verstößt, wenn er sie identisch wiederholt. Würde man ein entsprechendes Verbot ausschließlich so weit reichen lassen, wäre ein Verstoß dagegen durch den Schuldner nie möglich. Denn es ist naturgemäß ausgeschlossen, dass sich eine Handlung identisch wiederholt. Das hier erforderliche Korrektiv besteht darin, dass der Schutzumfang eines Verbotstitels nicht auf Verletzungsfälle beschränkt wird, die mit der verbotenen Form identisch sind, sondern sich auch auf solche Handlungen erstreckt, die von der Verbotsform nur unbedeutend abweichen (sog. Kerntheorie).⁶²⁶ Sofern der Titel das Charakteristische oder den Kern der Verletzungsform zweifelsfrei zum Ausdruck bringt, werden nicht nur die mit der verbotenen konkreten Verletzungsform identischen, sondern auch abgewandelte, aber im Kern gleichartige (nicht bloß ähnliche) Handlungsformen erfasst.⁶²⁷ Das hat seinen Grund darin, dass eine in bestimmter Form begangene Verletzungs- 452 handlung nicht nur die Wiederholung der genau identischen Verletzungsform vermuten lässt, sondern auch eine Vermutung für die Begehung leicht abgewandelter, in ihrem Kern jedoch gleichartiger Handlungen begründet, welchen die charakteristischen Züge des vorangegangenen Verstoßes innewohnen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass diese Abwandlungen auch vom Prüfungsgegenstand des Erkenntnisverfahrens umfasst waren.⁶²⁸ Praxishinweis: Die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, umfasst nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen, sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands (vgl. Rn. 716 ff.). Dies kann die Verpflichtung beinhalten, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf Dritte einzuwirken und z. B. bereits ausgelieferte Produkte bei seinen Abnehmern zurückzurufen.⁶²⁹

453

Richtet sich das begehrte Verbot also gegen eine konkrete Verletzungsform, fehlt es 454 dem betreffenden Unterlassungsantrag nicht deshalb an der erforderlichen Be-

 von Hellfeld, Rn. 306.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 57 Rn. 12.  BGH, GRUR 2013, 1071, 1072 – Umsatzangaben; GRUR 2013, 1235, 1236 – Restwertbörse II; GRUR 2013, 307, 308 – Unbedenkliche Mehrfachabmahnung; GRUR 2010, 253, 256 – Fischdosendeckel; GRUR 2010, 855, 856 – Folienrollos; GRUR 2010, 749, 753 – Erinnerungswerbung im Internet; Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 5.4.  BGH, GRUR 2013, 1071, 1072 – Umsatzangaben; OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 243, 244.  BGH, GRUR 2017, 208, 211 – Rückruf von RESCUE-Produkten; GRUR 2017, 823, 824 f. – Luftentfeuchter. Lampmann

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

stimmtheit, weil er keine verbale (verallgemeinernde) Beschreibung der Umstände enthält, aus denen der Gläubiger die jeweilige monierte Rechtsverletzung herleitet.⁶³⁰ Solche Zusätze mögen die Funktion haben, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die von dem Verbot als kerngleiche Verletzungsformen erfasst sein sollen,⁶³¹ sie stellen sich, was die Beschreibung der konkreten Verletzungsform und des durch sie bestimmten Verbotsumfangs angeht, jedoch als ebenso unschädliche wie verzichtbare Überbestimmung dar, nämlich als – an sich überflüssige – Aufnahme von Begründungselementen in den Antrag bzw. Tenor.⁶³² 455

Praxishinweis: Insbesondere bei der Beschlussverfügung, die für gewöhnlich ohne Begründung ergeht, muss der Gläubiger sicherstellen, dass der Schuldner den Kernbereich des in Gestalt der konkreten Verletzungsform formulierten Verbots erkennen kann, und sollte diesem daher – falls nicht bereits durch das Gericht angeordnet – neben dem Titel regelmäßig auch die Antragsschrift zustellen (vgl. Rn. 680). Unterlässt der Gläubiger dies, berührt es die Wirksamkeit und die ordnungsgemäße Vollziehung zwar dann nicht, wenn das Verbot aus sich heraus verständlich und nicht etwa auf (im Titel selbst nicht enthaltene) Anlagen Bezug nimmt,⁶³³ einem eventuellen Verstoß gegen den Titel steht aber ggf. mangelndes Verschulden⁶³⁴ entgegen. Wurden mehrere Beanstandungen geltend gemacht und kann der Schuldner nicht erkennen, auf welche davon das Gericht das auf die konkrete Verletzungsform bezogene Verbot gestützt hat, steht der Gläubiger über die Verschuldensproblematik hinaus vor dem Problem, dass der Schuldner den Kernbereich des Titels einfacher verlassen kann, nämlich bereits dann, wenn die erneute Handlung auch nur einer der Beanstandungen gerecht wird, die dem Unterlassungsbegehren zugunde lagen (vgl. auch Rn. 445, 1001).⁶³⁵

d) Verallgemeinerung 456 Da das Vollstreckungsverfahren nicht mit Ungewissheiten belastet werden soll, die

besser im Erkenntnisverfahren geklärt werden (vgl. Rn. 427), und Zweifel über die Verbotsreichweite deshalb zulasten des Titelinhabers gehen,⁶³⁶ kann der Gläubiger versuchen, diesen durch eine entsprechende Verallgemeinerung des beantragten Verbots vorzubeugen. Das hat einerseits den Vorteil einer größeren Klarheit für die Parteien, stellt den Gläubiger aber andererseits auch vor die schwierige Aufgabe, den Kernbereich des erstrebten Verbots bereits im Erkenntnisverfahren (in verbaler Form) bestimmen zu müssen. Er läuft Gefahr, mit einem Antrag, der hinter seinem Anspruch zurückbleibt, nicht alles zu erhalten, was ihm zusteht, oder, wenn er über seinen

      

BGH, WRP 2018, 1329, 1331 – Hohlfasermembranspinnanlage II. BGH, GRUR 2014, 706, 707 – Reichweite des Unterlassungsgebots. LG Düsseldorf, WRP 2021, 688, 691. Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 325 f. von Hellfeld, Rn. 335. OLG Frankfurt a. M., B. v. 27. 5. 2019 – 6 W 95/18, BeckRS 2019, 15400. Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 5.4.

Lampmann

III. Streitgegenstand und Antragsfassung

115

Anspruch hinausgeht, insoweit⁶³⁷ oder, falls der Anspruch verfehlt wird, vollständig⁶³⁸ zurückgewiesen zu werden.⁶³⁹ Die Prüfung der Zulässigkeit des jeweiligen Antrags des Gläubigers ist im Lichte eines 457 wirksamen Rechtsschutzes und vor dem Hintergrund vorzunehmen, dass der Beurteilung des Vollstreckungsrichters bis zu einem bestimmten Grad immer auch Wertungen zugrunde liegen.⁶⁴⁰ Die insoweit zulässige Auslegung eines verallgemeinernden Antrags hat aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu erfolgen, wobei auf seine Begründung zurückgegriffen werden kann.⁶⁴¹ Ist ein Antrag zu weitgehend, kommt eine Reduzierung des Verbots auf das in ihm enthaltene „Minus“ in Betracht, wenn dieses ohne Weiteres feststellbar ist und der Gläubiger nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts nicht an seinem Antrag festhält und jede Einschränkung ablehnt⁶⁴² und nicht einen einschränkenden Antragswortlaut bereits zum Gegenstand eines gesonderten Hilfsantrags gemacht hat (vgl. Rn. 467 f., 480), sodass sich die Frage einer teilweisen Aufrechterhaltung des Hauptantrags in eingeschränktem Umfang nicht stellt.⁶⁴³ In einem solchen Fall sind dem nun teilweise unterlegenen Gläubiger auch die anteiligen Kosten aufzuerlegen.⁶⁴⁴ Das gilt jedoch z. B. dann nicht, wenn der ursprünglich gestellte Antrag dem Wortlaut nach zwar unbeschränkt auf ein vollständiges Warensortiment gerichtet ist, die Auslegung unter Berücksichtigung des mit der Klageschrift dargestellten Sachverhalts einschließlich der rechtlichen Begründung aber ergibt, dass lediglich die Verletzungshandlungen in Bezug auf bestimmte Produkte den Streitgegenstand bilden sollen.⁶⁴⁵ Praxishinweis: Zuweilen wird die Fehlerhaftigkeit eines verallgemeinernden Verbots erst in der Revisionsinstanz erkannt. Dies führt zwar nicht zwangsläufig zur Klageabweisung,⁶⁴⁶ jedoch jedenfalls zu einer kostenträchtigen Zurückverweisung. So war es z. B. in einem Fall bezüglich einer „Vertipperdomain“, in welchem es dem Schuldner verboten worden war, „den Domain-Namen

 BGH, GRUR 1992, 625, 627 – Therapeutische Äquivalenz.  BGH, GRUR 2005, 692, 693 – „statt“-Preis.  BGH, GRUR 2016, 516, 520 f. – Wir helfen im Trauerfall; GRUR 2015, 504, 507 – Kostenlose Zweitbrille; OLG Hamburg, Urt. v. 22.1. 2015 – 5 U 271/11, BeckRS 2015, 2311; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 63.  BGH, GRUR 2000, 228, 229 – Musical-Gala; GRUR 2002, 1088, 1089 – Zugabenbündel; GRUR 2004, 696, 699 – Direktansprache am Arbeitsplatz I.  St. Rspr., vgl. BGH, GRUR 2016, 395, 396 – Smartphone-Werbung; GRUR 2016, 1076, 1077 – LGA tested.  BGH, GRUR 1998, 489, 492 – Unbestimmter Unterlassungsantrag III; GRUR 2002, 187, 188 – Lieferstörung.  OLG Hamburg, WRP 2018, 604, 611.  LG Hamburg, Urt. v. 20. 8. 2019 – 406 HKO 106/19, BeckRS 2019, 19701 (bestätigt durch OLG Hamburg, B. v. 22.4. 2020 – 3 U 154/19, GRUR-RS 2020, 14897).  LG München I, Urt. v. 4.4. 2018 – 33 O 9318/17, BeckRS 2018, 7262 (bestätigt durch OLG München, Urt. v. 31.1. 2019 – 29 U 1582/18, BeckRS 2019, 2803).  BGH, GRUR 2012, 1153, 1154 – Unfallersatzgeschäft; GRUR 2013, 409, 410 – Steuerbüro. Lampmann

458

116

C. Auseinandersetzung vor Gericht

‚wetteronlin.de‘ als Titel für Internet-Homepages und/oder als Second-Level-Domain-Bezeichnung ‚www.wetteronlin.de‘ zu benutzen und/oder benutzen zu lassen“. Das von der konkreten Verwendung des Domainnamens losgelöste, generelle Verbot hatte in der vom Berufungsgericht dafür gegebenen, auf die konkrete Verwendung dieses Domainnamens für eine Internetseite mit Versicherungswerbung bezogenen Begründung keine hinreichende Grundlage, erfasste auch erlaubte Sachverhalte⁶⁴⁷ und konnte daher keinen Bestand haben.⁶⁴⁸ 459 Dem Antrag muss ein tatsächliches Verhalten des Schuldners zu entnehmen sein,

das dieser an den Tag gelegt und fortan zu unterlassen hat. 460

Praxishinweis: Bei der Formulierung sind insbesondere die bloße Wiederholung des Gesetzestextes bzw. eine Bezugnahme auf gesetzliche Regelungen zu vermeiden. Unzulässig wäre daher z. B. ein Antrag, der es dem Schuldner verbieten soll, beim Verkauf von Waren an Letztverbraucher im Fernabsatz nicht neben dem Preis eindeutig zuordenbar sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar anzugeben, ob zusätzlich Versandkosten anfallen, sowie ein Antrag, der es dem Schuldner verbieten soll, im Zusammenhang mit einer Preisangabe den Vorgaben des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 7 Satz 2 PAngV zuwiderzuhandeln.

461 Die Umschreibung des begehrten Verbots mittels Rechtsbegriffen macht einen An-

trag für gewöhnlich unzulässig; problematisch ist auch die Verwendung auslegungsfähiger Begriffe wie z. B. „geschäftlicher Verkehr“, „gegenüber Gewerbetreibenden“ oder „markenmäßiger Gebrauch“ (vgl. Rn. 427).⁶⁴⁹ Diese sind nur zulässig, wenn zwischen den Parteien über deren Bedeutung Einigkeit besteht und Zweifel über die Reichweite des Antrags deshalb nicht aufkommen,⁶⁵⁰ und unzulässig, wenn über die Bedeutung gerade solcher Begriffe gestritten wird.⁶⁵¹ 462

Praxishinweis: Die Formulierung des Antrags, der sich z. B. auf eine Werbung bezieht, die „den Eindruck erweckt“, der Schuldner biete ihm nicht erlaubte Hilfe in Steuersachen an, beinhaltet eine rechtlich noch vorzunehmende Beurteilung im Einzelfall, ob tatsächlich der behauptete Eindruck erweckt wird, und ist daher unzulässig.⁶⁵² Ein weiteres Beispiel für einen insoweit unzulässigen Antrag wäre: „[…] es zu unterlassen, eine nicht ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung bereitzuhalten“, da die Parteien gerade darum streiten, ob die in Rede stehende Handlungsweise des Schuldners die Voraussetzungen für eine „ordnungsgemäße“ Widerrufsbelehrung erfüllt. Solche Anträge können nachträglich durch die Inbezugnahme der konkreten Verletzungsform gerettet

 BGH, GRUR 2007, 987, 988 – Änderung der Voreinstellung I; GRUR 2013, 409, 410 – Steuerbüro, m.w. N.; GRUR 2013, 1161, 1165 – Hard Rock Cafe; GRUR 2016, 213, 216 – Zuweisung von Verschreibungen.  BGH, NJW 2014, 1534, 1535 – wetteronline.de, m. Anm. Lampmann, NJW 2014, 1538, 1538; BGH, GRUR 2002, 187, 188 – Lieferstörung.  Zahlreiche Beispiele für im Einzelfall für bestimmt oder unbestimmt gehaltene Begriffe finden sich bei Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 66 f.; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 51 Rn. 8a ff.  BGH, GRUR 2011, 433, 434 – Verbotsantrag bei Telefonwerbung; GRUR 2012, 405, 405 f. – Kreditkontrolle; GRUR 2020, 303, 303 – Pflichten des Batterieherstellers.  BGH, GRUR 1992, 561, 562 – Unbestimmter Unterlassungsantrag II.  BGH, B. v. 15.12. 2016 – I ZR 96/16, BeckRS 2016, 117386. Lampmann

III. Streitgegenstand und Antragsfassung

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werden (vgl. Rn. 440).⁶⁵³ Für einen Unterlassungsantrag, der z. B. die Formulierung „wörtlich oder sinngemäß“ enthält, wird demgegenüber angenommen, dass er dadurch nicht unbestimmt wird, da damit lediglich eine Klarstellung dergestalt erfolgt, dass sich das Unterlassungsgebot auch auf kerngleiche Verletzungshandlungen bezieht.⁶⁵⁴

Eine weitere Formulierungsschwierigkeit ergibt sich daraus, dass der Grundsatz, dass 463 Ausnahmetatbestände nicht in den Antrag aufgenommen zu werden brauchen, nur für das Abstellen auf die konkrete Verletzungsform gilt (vgl. Rn. 435), nicht aber bei einer verallgemeinert abstrakten Fassung. In diesem Fall müssen Einschränkungen in den Tenor aufgenommen und so genau umschrieben werden, dass im Vollstreckungsverfahren erkennbar ist, welche konkreten Handlungen von dem Verbot ausgenommen sind.⁶⁵⁵ Auch hier droht bei Fehlern jedenfalls die teilweise Zurückweisung des Antrags mit entsprechender Kostenfolge. Praxishinweis: So hat das LG Karlsruhe den im Wege einer Beschlussverfügung zunächst erlassenen Verbotstenor, „[…] es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Verbraucher zu werblichen Zwecken telefonisch zu kontaktieren oder kontaktieren zu lassen, wenn diese nicht zuvor ausdrücklich hierin eingewilligt haben“, mit der Einschränkung für den Fall versehen, dass sich ein Mitbenutzer desselben Telefonanschlusses mit der Werbung einverstanden erklärt hat und sich der Anruf lediglich auf die Frage beschränkt, ob dieser Mitbenutzer zum Zwecke der werblichen Ansprache für einen Energieanbieterwechsel zu sprechen ist, und dem Gläubiger einen Teil der Kosten auferlegt.⁶⁵⁶ Einen gelungenen allgemein gefassten Unterlassungsantrag hat der BGH demgegenüber in der Formulierung gesehen, mit der dem Schuldner aufgegeben wurde, „[…] es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Patienten, die zur Diagnostik oder Operation die Augenklinik […] [Bezeichnung] aufsuchen müssen, ohne Berechnung von Kosten einen Fahrdienst anzubieten und/oder zur Verfügung zu stellen, bei dem Patienten abgeholt und zur Augenklinik […] [Bezeichnung] gebracht werden sowie nach der Behandlung wieder nach Hause zurückgebracht werden“.⁶⁵⁷

464

e) Verdeckter Handlungsantrag Nicht selten liest man in einer Abmahnung oder in einem gerichtlichen Verfahren die 465 Formulierung einer Unterlassungsverpflichtung mit doppelter Verneinung. Für einen Unterlassungsantrag genügt es jedoch nicht, dass nach dem Wortlaut eine Unterlassung formuliert wird, sondern der Antrag muss seinem Inhalt nach tatsächlich eine Unterlassung bezwecken. Die Beantwortung der Frage, ob der Gläubiger den  BGH, GRUR 2020, 886, 887 – Preisänderungsregelung; GRUR 2018, 320, 322 – Festzins Plus.  OLG Rostock, WRP 2017, 235, 236. A. A. zu „wörtlich oder inhaltsgleich“ KG, Urt. v. 14.4. 2015 – 5 U 111/14, BeckRS 2016, 3764.  BGH, GRUR 2010, 749, 751 – Erinnerungswerbung im Internet; GRUR 2012, 945, 948 – Tribenuronmethyl; GRUR 2013, 409, 410 – Steuerbüro.  LG Karlsruhe, GRUR-RR 2017, 155, 157 mit Hinweis auf die a. A. des OLG Köln, Urt. v. 5.6. 2009 – 6 U 1/09, BeckRS 2009, 15806.  BGH, GRUR 2015, 813, 814 – Fahrdienst zur Augenklinik. Lampmann

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung oder den einer Leistungsverfügung begehrt, hängt nicht vom Wortlaut, sondern von der einheitlichen Zielrichtung des Antrags ab. 466

Praxishinweis: Nicht einen Unterlassungs-, sondern einen Handlungsantrag hat das OLG Köln beispielsweise in dem Antrag gesehen, „[…] es zu unterlassen, ihrer Publizitätspflicht im elektronischen Bundesanzeiger nicht dadurch zu genügen, dass sie [der Schuldner] dort die gesetzlich vorgesehene Information i. S. d. § 325 Abs. 1 HGB veröffentlicht […]“, da damit der Sache nach keine echte Unterlassung, sondern die Vornahme einer Handlung begehrt werde.⁶⁵⁸ In der Folge ist für einen solchen Antrag die Dringlichkeitsvermutung gem. § 12 Abs. 1 UWG nicht einschlägig (vgl. Rn. 617). Außerdem gelten in Bezug auf die Vornahme unvertretbarer Handlungen – anders als bei der Sicherungs- bzw. Regelungsverfügung – die viel strengeren Voraussetzungen der Leistungsverfügung.⁶⁵⁹ Das Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 890 f. ZPO ist ebenfalls nicht einschlägig.

f) „Insbesondere“-Antrag 467 Entscheidet sich der Gläubiger einerseits gegen die Inbezugnahme der konkreten Verletzungsform und möchte andererseits das Risiko eines verallgemeinernden Antrags minimieren, kann er diesen mit der konkreten Verletzungsform dergestalt kombinieren, dass sie erst zum Tragen kommt, wenn der Schuldner mit der Verallgemeinerung nicht durchdringt. 468 Dies kann einerseits mittels eines gewöhnlichen Hilfsantrags geschehen, der nach

dem Hauptantrag als selbstständige Formulierung – hilfsweise – für den Fall gestellt wird, dass das Gericht dem Hauptantrag nicht stattgibt (vgl. auch Rn. 381 f., 480, 893). 469 Häufiger ist eine Anbindung der konkreten Form der Verbotshandlung an den an

erster Stelle formulierten verallgemeinernden Antrag durch die Wendung „insbesondere“ oder „zum Beispiel“. Damit kann der Gläubiger – wie mit einem Hilfsantrag – sicherstellen, dass das Gericht jedenfalls auch über die konkrete Verletzungsform entscheidet, falls es die Verallgemeinerung für unbegründet hält.⁶⁶⁰ 470

Praxishinweis: Der Unterschied und damit auch die Gefahr für den Gläubiger liegt darin, dass die Bestimmtheit des „insbesondere“-Antrags einheitlich beurteilt wird und deswegen die mit „insbesondere“ eingeleitete konkrete Verletzungsform den Antrag nicht retten kann (vgl. Rn. 440), wenn die allgemeine Einleitung diesen nicht einschließt⁶⁶¹ oder unbestimmt⁶⁶² ist oder mit diesem in Widerspruch steht⁶⁶³ und das Gericht den Antrag daher insgesamt – soweit er nicht im Rahmen von § 139 ZPO bzw. § 938 Abs. 1 ZPO berichtigt wird (vgl. Rn. 429 ff.) – zurückweisen muss.

     

OLG Köln, WRP 2017, 864, 865 f. Zu Konsequenzen bei der Vollziehung vgl. Rn. 663 ff. BGH, GRUR 2019, 82, 84 – Jogginghosen. Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 51 Rn. 40. Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 51 Rn. 40a. BGH, GRUR 2016, 705, 706 – ConText.

Lampmann

III. Streitgegenstand und Antragsfassung

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Kostenmäßig ergeben sich aus dem „insbesondere“-Antrag für den Gläubiger keine 471 Vorteile. Denn auch damit obsiegt er nur dann vollständig, wenn das Gericht die verallgemeinernde Fassung für begründet hält. Die mit „insbesondere“ oder „z. B.“ einbezogene konkrete Verletzungsform dient dann als bloßes Beispiel für das verallgemeinernd beschriebene Antragsbegehren. Ist der Gläubiger dagegen nur mit seinem „insbesondere“-Teil erfolgreich, wird das Gericht die Worte „insbesondere“ oder „z. B.“ aus dem Tenor streichen und so nur das auf die konkrete Verletzungsform bezogene Verbot zusprechen und den Gläubiger entsprechend seiner Unterliegensquote mit einem nicht unerheblichen Teil der Kosten belasten.⁶⁶⁴

g) Gesondertes Vorgehen gegen einzelne/mehrere Rechtsverletzungen Es kommt oft vor, dass der Gläubiger unterschiedliche Verletzungshandlungen des 472 Schuldners angreifen möchte, die in einer einheitlichen Gestaltung enthalten sind und ihm daher deren Beseitigung als solche nicht genügt, sodass er sicherstellen will, dass dem Schuldner die beanstandeten Verhaltensweisen nicht lediglich in ihrer Gesamtheit (kleines Verbot), sondern jeweils für sich genommen (großes Verbot, vgl. Rn. 445, 447) untersagt werden. Der Gläubiger kann dafür sein Antragsbegehren so formulieren, dass er die jeweiligen störenden Umstände in allgemeiner Formulierung (also verbalisiert) der konkreten Verletzungsform voranstellt, sie untereinander mit „und/oder“ verknüpft und seine Anträge so im Wege der kumulativen Klagehäufung (nicht mehr zulässig: Alternativ, vgl. Rn. 414 ff.) kombiniert und zur Überprüfung durch das Gericht stellt. Im Fall „Branchenbuch Berg“⁶⁶⁵ (vgl. Rn. 419) hätte der Gläubiger z. B. in seiner Ge- 473 samtheit als konkrete Verletzungsform sowohl den irreführenden Gesamteindruck des Angebotsschreibens als auch die darin enthaltene, irreführende Preisangabe mit „und/oder“ jeweils separat mit seinem Antrag angreifen können, anstatt das Schreiben insgesamt als solches zu beanstanden und das begehrte Verbot – wie geschehen – lediglich in der Begründung auf zwei Irreführungsgesichtspunkte zu stützen und so die finale Auswahl dem Gericht zu überlassen.⁶⁶⁶ Während der Schuldner in dem Fall, wie er vom BGH entschieden worden ist, zukünftig nur dann gegen das (insoweit kleinere) Verbot verstößt, wenn er die (vom Gericht verbotene) Verschleierung des Werbecharakters des Schreibens aufrechterhält, würde er gegen das beschriebene (insoweit größere) „und/oder“-Verbot auch dann verstoßen, wenn er – nicht unbedingt zusätzlich hierzu, sondern auch davon unabhängig – die betreffende irreführende Preisgestaltung nicht abstellt.

 von Hellfeld, Rn. 370.  BGH, GRUR 2012, 184, 185 – Branchenbuch Berg.  Zu Auswirkungen dieser Nuancen auf die Erstattungsfährigkeit der Kosten einer entsprechend formulierten Abmahnung vgl. BGH, GRUR 2019, 82, 85 f. – Jogginghosen. Lampmann

120

474

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Praxishinweis: Bei der Formulierung mehrerer, kombinierter Anträge ist Vorsicht geboten. Dem Antrag auf Unterlassung einer in einer konkreten Verletzungsform enthaltenen Werbeaussage fehlt z. B. das Rechtsschutzbedürfnis, wenn die konkrete Verletzungsform in ihrer Gänze bereits zum Gegenstand eines weiteren Antrags gemacht wurde (vgl. Rn. 445). Der Gläubiger unterliegt dann insbesondere auch kostenmäßig.⁶⁶⁷

h) Besonderheiten bei Erstbegehungsgefahr 475 Wird ein Unterlassunganspruch auf Erstbegehungsgefahr gestützt, scheidet die Be-

zugnahme auf eine konkrete Verletzungsform von vornherein aus. Da auch in diesem Fall dem Gläubiger ein effektiver Rechtsschutz nicht versagt werden kann,⁶⁶⁸ muss es möglich sein, die Fassung des gegen die drohende Verletzungshandlung gerichteten Unterlassungsantrags an demjenigen Verhalten zu orientieren, aus dem sich die Erstbegehungsgefahr ergibt.⁶⁶⁹

i) Handlungsempfehlung 476 Die oben in Bezug genommenen Fallbeispiele der Rechtsprechung belegen, dass viele

Gläubiger offenbar nicht die konkrete Verletzungsform in den Antrag übernehmen, sondern ein allgemein gehaltenes oder kombiniertes Verbot formulieren. Das legt den Schluss nahe, dass von der Verallgemeinerungsmöglichkeit reger Gebrauch gemacht wird, lässt aber auch erkennen, wie streitträchtig die Vorgehensweise ist. 477 Von Ausnahmefällen abgesehen, empfiehlt es sich für den Gläubiger nach Erfahrung

des Verfassers im Regelfall, die konkrete Verletzungsform in Bezug zu nehmen.⁶⁷⁰ Vor dem Hintergrund der Kerntheorie (vgl. Rn. 451 f.), wonach das konkrete Verbot auch im Kern gleiche Handlungen erfasst, kann er mit einer Verallgemeinerung in der Regel ohnehin nicht mehr erreichen.⁶⁷¹ Im besten Fall trifft der Gläubiger den ihm zustehenden Anspruch damit – ebenso wie durch die Inbezugnahme der konkreten Verletzungsform – genau in seinem Kernbereich. In allen anderen Fällen schöpft die Verallgemeinerung diesen nicht vollständig aus oder beinhaltet mehr, als dem Gläubiger zusteht, und zieht ein teilweises Unterliegen mit den entsprechenden Kostenfolgen (vgl. Rn. 457, 463) und ggf. das Risiko einer negativen Feststellungsklage hinsichtlich der zu weitgehenden Berühmung nach sich. Im schlimmsten Fall droht dem Gläubiger, mit einem unbestimmten und damit unzulässigen Antrag vollständig zu-

 OLG Stuttgart, WRP 2019, 509, 514.  BGH, GRUR 2007, 607, 609 – Telefonwerbung für „Individualverträge“.  OLG Frankfurt a. M., B. v. 3.12. 2012 – 6 U 230/12, BeckRS 2012, 25288. Zum Persönlichkeitsrecht vgl. BGH, GRUR 2021, 884, 885 f. – Wissenschaftliches Plagiat, m. Anm. Lampmann, NJW 2021, 1759, 1759.  Vgl. etwa OLG München, WRP 2017, 730, 731.  Vgl. OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 2021, 301, 302. Lampmann

III. Streitgegenstand und Antragsfassung

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rückgewiesen zu werden. Auch mit „z. B.“ oder „insbesondere“ kombinierte Anträge helfen diesbezüglich nicht, sondern bergen sogar weitere prozessuale Gefahren (vgl. Rn. 470 f.). Das auf die konkrete Verletzungsform bezogene Verbot zwingt demgegenüber den 478 Schuldner, sein zukünftiges Verhalten mit Bedacht an dem in der Reichweite des Kernbereichs wirksamen Verbotstitel auszurichten. Die Erfahrung zeigt, dass redliche Schuldner das Risiko eines Ordnungsgeldes scheuen und eine Werbemaßnahme unter dem Eindruck des Verbotstitels allenfalls mit ausreichendem Abstand zur Verletzungshandlung oder gar nicht wiederholen. Es ist in der Praxis auch häufig so, dass eine Werbemaßnahme sich für den Werbenden erledigt, wenn eine zentrale Aussage eliminiert wird. In solchen Fällen hat es wenig Sinn, neben dem Hauptziel noch viele weitere „kleine“ Ziele zu verfolgen, die für den Gläubiger unwichtig sind.⁶⁷² Bei einer Folgehandlung, bei der nicht klar ist, ob sie dem Schutzbereich des Titels 479 unterfällt oder nicht, ist der Gläubiger auch nicht schutzlos gestellt. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine (weitere) einstweilige Verfügung fehlt zwar, wenn der Gläubiger sein (erneutes) Begehren auch mithilfe des in einem vorausgegangenen Verfahren erstrittenen Titels erreichen kann. Der Gläubiger wird in diesem Fall kein weiteres Erkenntnis-, sondern nur ein Zwangsvollstreckungsverfahren mit Erfolg führen können. Ihm wird aber bei Bestreiten der Kerngleichheit durch den Schuldner oder sonst bei Unklarheiten bezüglich der Reichweite des Titels die Möglichkeit einer sog. Klarstellungsverfügung eingeräumt (vgl. Rn. 509 ff., 752 m. Fn. 1223), in deren Rahmen er die aktuelle Handlung – zweckmäßigerweise wieder in Gestalt der konkreten Verletzungsform⁶⁷³ – verbieten lassen kann.⁶⁷⁴ Sollte der Gläubiger im Einzelfall durchgreifende Zweifel haben, wie ein zweckmä- 480 ßiger Antrag zu formulieren ist, sollten klare Haupt- und Hilfsanträge gestellt werden, um Missverständnisse und überraschende Kostenfolgen zu vermeiden (vgl. auch Rn. 893).

 Kehl, WRP 2000, 904, 905.  Vgl. auch OLG Frankfurt a. M., WRP 2014, 101, 102, das festhält, dass dem Gläubiger, der in zwei verschiedenen Eilverfahren jeweils verschiedene konkrete Verletzungsformen beanstandet, nicht mit Erfolg als dringlichkeitsschädlich entgegengehalten werden kann, dass er bereits im ersten Eilverfahren den Unterlassungsantrag so weit hätte abstrahieren können, dass auch die neuerliche Verletzungsform hiervon umfasst gewesen wäre.  Zur Berücksichtigung des in Art. 103 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich verankerten Bestimmtheitsgebots vgl. Schmitt-Gaedke/Schmidt, GRUR-Prax 2018, 161, 162 f. Lampmann

122

C. Auseinandersetzung vor Gericht

j) Androhung von Ordnungsmitteln 481 Der Gläubiger sollte insbesondere im einstweiligen Verfügungsverfahren darauf ach-

ten, dass dem Schuldner direkt mit der Verhängung des Unterlassungsgebots⁶⁷⁵ auch Ordnungsmittel angedroht werden.⁶⁷⁶ Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die vorherige Androhung von Ordnungsmitteln nämlich Voraussetzung für die gem. §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO stets notwendige Vollziehung der einstweiligen Verfügung⁶⁷⁷ (vgl. Rn. 665 f., 681 f.) sowie etwaige spätere Vollstreckungsmaßnahmen⁶⁷⁸ (vgl. Rn. 744, 985).

482

Praxishinweis: Es kann zwar ausnahmsweise zweckmäßig sein, zu einem Unterlassungsantrag noch keine Androhung hinzuzufügen und sie gem. § 890 Abs. 2 ZPO ggf. später noch separat zu beantragen. Denn § 945 ZPO gewährt dem Schuldner einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch, wenn sich die Anordnung der einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt erweist oder wenn die angeordnete Maßregel nach §§ 936, 926 Abs. 2 ZPO oder nach § 942 Abs. 3 ZPO aufgehoben wird (vgl. auch Rn. 606).⁶⁷⁹ Diese strenge Haftung setzt u. a. voraus, dass der Unterlassungstitel mit einer Ordnungsmittelandrohung gem. § 890 Abs. 2 ZPO verknüpft ist (vgl. Rn. 744).⁶⁸⁰ Allerdings sollte von einer separaten Androhung grundsätzlich abgesehen werden, da eine einstweilige Verfügung nur mit einer Ordnungsmittelandrohung (innerhalb der Monatsfrist der §§ 936, 929 Abs. 2 Satz 1 ZPO) wirksam vollzogen werden kann und sich der Gläubiger sonst ggf. sogar zögerliches Verhalten vorwerfen lassen muss, das dem Verfügungsgrund entgegensteht (vgl. Rn. 619 ff.).

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren 1. Verfahren im Allgemeinen a) Gang des Verfahrens 483 Bei der gerichtlichen Anspruchsdurchsetzung im Bereich des Wettbewerbsrechts

spielt das Eilverfahren zwecks Erlangung einer einstweiligen Verfügung die wichtigste Rolle. Rechtsverletzungen sind hier mit weitreichenden, im Nachhinein oft nicht wiedergutzumachenden Nachteilen verbunden, sodass der Gläubiger einen zeitgerechten Rechtsschutz benötigt, um die Eingriffe effektiv zu unterbinden.⁶⁸¹ 484 Dementsprechend sieht § 12 Abs. 1 UWG eine tatsächliche Vermutung der Dring-

lichkeit bei der Durchsetzung der Unterlassungsansprüche aus dem UWG vor. Danach braucht der Gläubiger die in §§ 935, 940 ZPO bezeichneten Voraussetzungen für       

BGH, GRUR 2009, 890, 891 – Ordnungsmittelandrohung. Erläuterte Formulierungsvorschläge finden sich bei von Hellfeld, Rn. 379 f. BGH, NJW 1996, 198, 199 – Unterlassungsverfügung ohne Strafandrohung. BGH, GRUR 2014, 909, 910 – Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich. Vgl. etwa BGH, GRUR 2016, 720, 721 – Hot Sox. BGH, GRUR 2009, 890, 891 – Ordnungsmittelandrohung. Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 1 f.

Lampmann/Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

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den Erlass einer einstweiligen Verfügung – den sog. Verfügungsgrund – im Regelfall weder darzulegen noch glaubhaft zu machen (vgl. Rn. 618, 650 f.). Praxishinweis: Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 1 UWG kann in erster Linie durch aus der eigenen Sphäre des Gläubigers resultierende Umstände widerlegt werden (vgl. Rn. 619 ff.). Eine Selbstwiderlegung in diesem Sinne ist insbesondere anzunehmen, wenn das Verhalten des Gläubigers nicht (mehr) erkennbar darauf ausgerichtet ist, den geltend gemachten Anspruch so schnell wie möglich durchzusetzen, sondern zeigt, dass es dem Gläubiger mit der Anspruchsdurchsetzung in Wahrheit nicht eilig ist.⁶⁸² Darauf ist indes erst zu schließen, wenn dahingehende Anhaltspunkte offensichtlich sind, sich bereits aus dem Vortrag oder der (auch prozessualen) Handlungsweise des Gläubigers ergeben oder durch den Schuldner dargelegt und glaubhaft gemacht sind.⁶⁸³

485

In Gestalt einer einstweiligen Verfügung kann der Gläubiger frühzeitig und mit einem 486 verhältnismäßig geringeren Aufwand einen Vollstreckungstitel⁶⁸⁴ erwirken, aus dem er gegen den Schuldner nach §§ 936, 928, 890 ZPO vorgehen kann. Im Unterschied zum Hauptsacheverfahren steht der Gläubiger nicht nach § 12 GKG in der Pflicht, die Gerichtskosten vorzuschießen. Für ein Verlangen nach einer Prozesskostensicherheit besteht – auch gem. § 110 Abs. 1 ZPO⁶⁸⁵ – ebenfalls kein Raum; diese kann in speziellen Konstellationen gleichwohl sinnvoll sein und vom Gläubiger von sich aus geleistet werden.⁶⁸⁶ Die Entscheidung des Gerichts ergeht zumeist allein auf der Grundlage des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag des Gläubigers einschließlich der von ihm beigebrachten vorgerichtlichen Korrespondenz ergibt (vgl. Rn. 528 ff.),⁶⁸⁷ wobei nach §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO bereits der geringere Wahrscheinlichkeitsgrad der Glaubhaftmachung i. S. d. § 294 ZPO ausreicht (vgl. Rn. 639 ff.). Praxishinweis: Setzt sich der Gläubiger mit dem Verfügungsbegehren durch, hat der Rechtsstreit damit häufig sein Bewenden, da ein wirtschaftlich denkender Schuldner nach der Kenntnisnahme von der bestätigenden Auffassung des Gerichts dazu geneigt ist (vgl. Rn. 754, 839 f.), sich hinreichend gesichert zu unterwerfen bzw. eine Abschlusserklärung abzugeben und eine Regelung

 Vgl. nur BGH, GRUR 2000, 151, 152 – Späte Urteilsbegründung; OLG Celle, WRP 2014, 477, 478.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 68; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 72.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.36.  OLG Köln, Urt. v. 13.8. 2004 – 6 U 140/04, BeckRS 2004, 9872; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 14.11. 2000 – 11 U 33/00, BeckRS 2000, 30142918; OLG München, Urt. v. 10. 5. 2012 – 29 U 515/12, BeckRS 2012, 16871; OLG Hamburg, ZUM-RD 1999, 14, 20; LG Bonn, Urt. v. 22. 2. 2019 – 31 O 3/19, BeckRS 2019, 4410; LG Hamburg, Urt. v. 28. 2. 2017 – 317 O 194/16, BeckRS 2017, 117355; LG Düsseldorf, Urt. v. 21.4. 2005 – 4b O 435/04, BeckRS 2011, 3782; Rüting, in: Cepl/Voß, ZPO, § 110 Rn. 4; Retzer, in: Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 249 ff. Differenzierend Jaspersen, in: Vorwerk/Wolf, BeckOK/ZPO, § 110 Rn. 3.1; Schulz, in: MüKo/ZPO, § 110 Rn. 4; Herget, in: Zöller, ZPO, § 110 Rn. 3.  So etwa mit dem Ziel, die eigene ladungsfähige Anschrift nicht offenbaren zu müssen, vgl. OLG Köln, Urt. v. 23.9. 2021 – 15 W 47/21, GRUR-RS 2021, 35042.  Ausführlich und fundiert gegen eine Regel, die Antragsunterlagen im Vorfeld der Entscheidung gerichtsseitig dem Schuldner zur Stellungnahme zuzuleiten, Scharen, in: Ahrens, Kap. 53 Rn. 22 ff. Pustovalov

487

124

C. Auseinandersetzung vor Gericht

hinsichtlich der Annexansprüche zu finden (vgl. Rn. 500 f., 890 f.). Das Hauptsacheverfahren erübrigt sich in diesem Fall. 488 Trotz der Neuerungen, die aus der aktuellen Rechtsprechung des BVerfG zur prozes-

sualen Waffengleichheit hervorgehen,⁶⁸⁸ wird regelmäßig ohne mündliche Verhandlung entschieden (vgl. Rn. 573, 577). Bei einer stattgebenden Entscheidung erfordert dies nach § 937 Abs. 2 ZPO eine besondere Dringlichkeit, die über die Dringlichkeit des Verfügungsgrunds hinausgeht. Sie ist zu bejahen, wenn das Abwarten der mündlichen Verhandlung oder auch die Terminierung als solche (Verlust des Überraschungseffekts) den Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes vereiteln würde.⁶⁸⁹ Über das Vorliegen dieser Voraussetzungen, die der Gläubiger darlegen und glaubhaft machen muss, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. auch Rn. 530 f., 578).⁶⁹⁰

489 Ist der Verfügungsantrag zurückzuweisen, kann gem. § 937 Abs. 2 ZPO ebenfalls

ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Eine besondere Dringlichkeit wird dabei nicht vorausgesetzt, kann sich ggf. gleichwohl auf die Entscheidung für oder gegen eine mündliche Verhandlung auswirken. Für das auszuübende pflichtgemäße Ermessen fallen deshalb auch hier u. a. die vorbenannten Erwägungen ins Gewicht, wonach ein beschleunigter Verfahrensfortgang gewährleistet werden muss und eine nicht hinnehmbare Vorwarnung des Schuldners zu vermeiden ist. 490

Praxishinweis: Die Terminierung kann sich bei einer beabsichtigten Zurückweisung anbieten, wenn es möglich erscheint, dass der Gläubiger den festgestellten Mangel behebt. Insoweit ist allerdings der Terminierung zweckmäßigerweise⁶⁹¹ die Erteilung eines Hinweises vorzuziehen (vgl. Rn. 429 ff., 587 ff.). Ähnliches gilt, wenn die Zurückweisung allein auf eine ungenügende Glaubhaftmachung gestützt werden soll (vgl. Rn. 640), und die Pflicht zur Glaubhaftmachung, die grundsätzlich nur im Umfang des Bestreitens entscheidungserheblicher Tatsachen bestehen kann, mangels Letzteren noch nicht einmal begründet wurde.⁶⁹² Je nach Lage des Falls, vor allem bei einer ab-

 Seit einem obiter dictum des BVerfG, NJW 2017, 2985, 2986 ist in Ausnahmefällen – bei einer bewussten bzw. systematischen Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf prozessuale Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG bzw. auf ein faires Verfahren aus Art. 20 Abs. 3 GG durch das Gericht – eine unmittelbare Verfassungsbeschwerde denkbar (vgl. Rn. 545 ff.). Hierzu Teplitzky, WRP 2017, 1163, 1164 ff. m. w. N., der auf einen eingeschränkten praktischen Anwendungsbereich dieses Rechtsbehelfs hinweist und dazu mahnt, davon nur zurückhaltend Gebrauch zu machen.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.22; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 139 f.; Danckwerts, GRUR 2008, 763, 763 ff. Für die Annahme der Voraussetzungen des § 937 Abs. 2 ZPO, wenn eine kürzere Ladungsfrist als die Mindestfrist gem. § 217 ZPO geboten erscheint, Jaspersen, in: Vorwerk/Wolf, BeckOK/ZPO, § 217 Rn. 2.1.  Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 140.  Danckwerts, GRUR 2008, 763, 766 f. Auf ihn bezugnehmend auch Köhler, in: Köhler/Bornkamm/ Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.24.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.21, 2.24; KG, B. v. 30.1. 2015 – 5 W 11/15, BeckRS 2015, 5811; WRP 2011, 611, 612. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

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weichenden Beurteilung von Rechtsfragen, bei zeitgebundenen Ereignissen oder dem Risiko einer nicht hinnehmbaren Vorwarnung des Schuldners, kann es auf der anderen Seite auch angezeigt sein, den Verfügungsantrag ohne eine mit der Terminierung einhergehende Verzögerung zurückzuweisen, um es dem auf eine schnelle und effektive Anspruchsdurchsetzung angewiesenen Gläubiger zu ermöglichen, alsbald eine Überprüfung und Entscheidung durch das Beschwerdegericht herbeizuführen.⁶⁹³

Nach §§ 936, 922 Abs. 3 ZPO werden eine zurückweisende Entscheidung und eine 491 Entscheidung über eine vorherige Sicherheitsleistung (§§ 936, 921 ZPO) dem Schuldner nicht mitgeteilt, soweit er am Verfahren bisher nicht beteiligt war (vgl. auch Rn. 665, 888).⁶⁹⁴ Dies muss konsequenterweise auch für eine Bestätigung der Antragszurückweisung im anschließenden Verfahren der sofortigen Beschwerde gelten (vgl. Rn. 847).⁶⁹⁵ Praxishinweis: Insbesondere bei im Wettbewerbsrecht und damit mutmaßlich auch in Bezug auf das Eilverfahren unerfahrenen Gerichten sollte der Gläubiger auf die Beachtung der §§ 936, 922 Abs. 3 ZPO nicht ohne Weiteres vertrauen, sondern auf deren Vorgaben an geeigneter Stelle des Verfügungsantrags vorsorglich von sich aus hinweisen. Da als Argument für eine von §§ 936, 922 Abs. 3 ZPO abweichende Bekanntgabe an den Schuldner die Gefahr einer erneuten Inanspruchnahme vor einem anderen Gericht angeführt wird („forum shopping“, vgl. Rn. 525 f.),⁶⁹⁶ kann der Gläubiger ferner erwägen, ausdrücklich zu versichern, dass der einstweilige Rechtsschutz nicht anderweitig beantragt wurde bzw. wird.⁶⁹⁷

492

Um das Verfahren noch weiter zu beschleunigen, kann der Gläubiger in den Fällen, in 493 denen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht notwendig ist, gem. § 944 ZPO eine Entscheidung durch den Vorsitzenden allein beantragen. Dafür ist eine gesteigerte – vom Gläubiger ebenfalls zu begründende und glaubhaft zu ma BT-Drs. 11/3621, S. 52; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 167.  Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 124; Berneke/Schüttpelz, Rn. 377; Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 55 Rn. 6; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 143; Drescher, in: MüKo/ ZPO, § 936 Rn. 9.  A. A. aufgrund der an den Gläubiger im Verfahren erteilten Hinweise OLG München, WRP 2019, 1375, 1378.  So Bornkamm,WRP 2019, 1242, 1242 f., dessen Schlussfolgerungen aus der BVerfG-Rechtsprechung zur prozessualen Waffengleichheit (vgl. Rn. 545 ff.) allerdings nicht zwingend erscheinen. Denn, wurde es nach den vom BVerfG aufgestellten Maßstäben bis dahin nicht notwendig, den Schuldner in das Verfahren einzubeziehen, kann sich diese Notwendigkeit nicht aus dem schlichten Akt einer zurückweisenden Entscheidung ergeben, der insoweit allein hinzutritt. Dem Schuldner, der die Kenntnisnahme vom Ausgang eines gegen ihn gerichteten Eilverfahrens sicherstellen will, steht das – nunmehr auch vom Gesetzgeber übernommene – Instrument der Schutzschrift zur Seite (vgl. Rn. 532 ff.). Damit sind seine einschlägigen Interessen hinreichend geschützt, und zwar – aufgrund des zentral geführten Schutzschriftenregisters – auch für den Fall, dass der Gläubiger nach einem Misserfolg ein weiteres Gericht anrufen sollte („forum shopping“).  Ähnlich bezogen auf die Fälle der Antragsrücknahme Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 55 Rn. 1b. Pustovalov

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

chende – Dringlichkeit erforderlich, die nicht nur über diejenige hinausgeht, die den Verfügungsgrund stützt, sondern auch über diejenige, die für eine Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zu verlangen ist. Sie liegt vor, wenn ein Zuwarten mit der Entscheidung bis zum Zusammentreten des Spruchkörpers nicht vertretbar ist.⁶⁹⁸ 494

Praxishinweis: Die praktische Relevanz des § 944 ZPO ergibt sich vorwiegend in Handelssachen (vgl. Rn. 327 ff.).

495 Ohne mündliche Verhandlung entscheidet das Gericht nach §§ 936, 922 Abs. 1 Satz 1

ZPO im Beschlusswege. Soll der Beschluss im Ausland geltend gemacht werden (wozu nicht bereits die Durchführung eines Ordnungsmittelverfahrens nach §§ 890 f. ZPO vor dem zuständigen inländischen Gericht zählt), ist er gem. §§ 936, 922 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu begründen;⁶⁹⁹ im Anwendungsbereich des § 30 Abs. 4 AVAG ist eine nachträgliche Vervollständigung möglich (vgl. auch Rn. 515 ff.).⁷⁰⁰ Im Übrigen bedarf es einer Begründung nur, wenn und soweit der Verfügungsantrag des Gläubigers zurückgewiesen wird (vgl. aber Rn. 573).⁷⁰¹ 496 Sieht das Gericht keinen Grund für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung,

bestimmt es nach § 216 Abs. 1, 2, § 272 Abs. 3 ZPO und unter Berücksichtigung der gem. § 12 Abs. 1 UWG vermuteten Dringlichkeit möglichst umgehend einen kurzfristigen Verhandlungstermin.⁷⁰² Die Ladungsfrist des § 217 ZPO kann nach § 226 Abs. 1 ZPO auf Antrag abgekürzt werden (vgl. auch Rn. 488 m. Fn. 689). Die Einlassungsfrist gem. § 274 Abs. 3 ZPO und die Schriftsatzfristen des § 132 ZPO finden wegen des den Eilrechtsschutz prägenden Beschleunigungsgebots keine Anwendung (vgl. auch Rn. 652 ff.).⁷⁰³ Kommt es zur Anordnung einer mündlichen Verhandlung, ist der Anwaltszwang zu beachten (§§ 936, 920 Abs. 3, § 78 Abs. 3, 1 Satz 1 ZPO).⁷⁰⁴

 Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 139; Drescher, in: MüKo/ZPO, § 944 Rn. 1, 3; Mayer, in: Vorwerk/Wolf, BeckOK/ZPO, § 944 Rn. 6.  Dies ist jedoch nicht die Voraussetzung für die Wirksamkeit einer im Ausland vorzunehmenden Zustellung bzw. Vollziehung, vgl. Drescher, in: MüKo/ZPO, § 922 Rn. 10.  OLG Köln, WRP 2021, 381, 386.  Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 141. Den vereinzelt auch bei einer stattgebenden Entscheidung bestehenden Begründungsbedarf und das andernfalls beim Gläubiger liegende Risiko eines nicht eindeutigen Verbotsumfangs betont Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 123 m.w. N. (vgl. auch Rn. 752, 1002).  Die Verweigerung der Terminierung oder die Anberaumung eines erst späten Verhandlungstermins sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, vgl. Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 125.  Prütting, in: MüKo/ZPO, § 274 Rn. 12; Fritsche, in: MüKo/ZPO, § 132 Rn. 1; Foerste, in: Musielak/ Voit, ZPO, § 274 Rn. 3; Stadler, in: Musielak/Voit, ZPO, § 132 Rn. 1; Retzer, in: Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 219; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.25; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 125; OLG München, GRUR 1979, 172, 172; OLG Hamburg, NJW-RR 1987, 36, 36. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

127

Praxishinweis: Der Gläubiger, der keine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 937 Abs. 2 ZPO anstrebt (entsprechende Vorteile bestehen für den Gläubiger z. B. spiegelbildlich zu den Nachteilen einer Schutzschrift für den Schuldner, vgl. Rn. 536), sollte die Abkürzung der Ladungsfrist direkt bei der Einleitung des einstweiligen Verfügungsverfahrens beantragen.

497

Nach mündlicher Verhandlung entscheidet das Gericht durch Urteil (§§ 936, 922 Abs. 1 498 Satz 1 ZPO). Anders als im Hauptsacheverfahren, kann der Schutzzweck des § 269 Abs. 1 ZPO im 499 lediglich vorläufigen Eilverfahren nicht erreicht werden,⁷⁰⁵ sodass der Gläubiger den Verfügungsantrag auch nach Beginn der mündlichen Verhandlung ohne Einverständnis des Schuldners zurücknehmen kann (vgl. auch Rn. 526, 541, 747, 799). Die Antragsrücknahme ist jederzeit – auch in der Zeitspanne zwischen dem Verfügungserlass und der Widerspruchseinreichung, jedoch nur bis zur Verkündung der zweitinstanzlichen Entscheidung – möglich⁷⁰⁶ und hat die Wirkungslosigkeit einer bereits erlassenen einstweiligen Verfügung (einschließlich des Kostentenors und ggf. bereits ergangener Ordnungsmittelbeschlüsse) zur Folge.⁷⁰⁷

b) Eignung der Verfahrensart Denkbar ist – wie im übrigen Zivilrecht auch – der Erlass entweder der Siche- 500 rungsverfügung nach § 935 ZPO, die den Individualanspruch sichert, oder der Regelungsverfügung nach § 940 ZPO, die das zu regelnde Rechtsverhältnis sichert (vgl. Rn. 613 f.). Der Gläubiger kann jedoch nicht für jede Art von Ansprüchen in den Genuss des einstweiligen Rechtsschutzes kommen. Hauptanwendungsfall stellt im Wettbewerbsrecht der Unterlassungsanspruch dar.⁷⁰⁸ Auf diesen beschränken sich daher grundsätzlich auch die nachfolgenden Ausführungen. Außer dem Unterlassungsanspruch kann eine einstweilige Verfügung unter engen 501 Voraussetzungen u. a. den Beseitigungs- (auch in Form einer Sequestration bzw. Herausgabe an den Gerichtsvollzieher zur Verwahrung und Verwaltung, § 938 Abs. 2 ZPO) oder Auskunftsanspruch zum Gegenstand haben.⁷⁰⁹ Dabei ist neben dem

 Berneke/Schüttpelz, Rn. 321; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 218; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 144.  Berneke/Schüttpelz, Rn. 456; Drescher, in: MüKo/ZPO, § 920 Rn. 11.  Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 55 Rn. 1a.  Berneke/Schüttpelz, Rn. 456 ff.; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.6; Drescher, in: MüKo/ZPO, § 920 Rn. 11.  Vgl. auch OLG Köln, WRP 2017, 864, 865 f., wonach das Antragsbegehren nicht nur seinem Wortlaut, sondern auch seinem Inhalt nach (tatsächlich) eine Unterlassung bezwecken muss.  Berneke/Schüttpelz, Rn. 58 ff., 70 ff., 79 ff.; Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 54 Rn. 11 ff.; Spätgens/Held, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 98 Rn. 5 ff.; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.9 ff. Pustovalov

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

Ausnahmecharakter insbesondere zu berücksichtigen, dass sich die Vermutungsregelung des § 12 Abs. 1 UWG nicht auf diese Ansprüche erstreckt (vgl. Rn. 617).⁷¹⁰ Für den Schadensersatzanspruch ist der Gläubiger in jedem Fall auf die Hauptsacheklage zu verweisen.⁷¹¹ 502

Praxishinweis: Mit der Eigenart und den Einschränkungen des einstweiligen Verfügungsverfahrens kann es im Einzelfall sowohl bei dem Unterlassungsanspruch als auch (erst recht) bei jeder anderen Anspruchsart unvereinbar erscheinen, dass ein komplexer Sachverhalt oder eine ungeklärte rechtliche Frage, die eine erhebliche Komplexität aufweist oder eine Vorlage an den EuGH ⁷¹² erforderlich macht, zur Entscheidung steht und von erheblicher Tragweite ist.⁷¹³ Solche Fälle machen einen Streitgegenstand jedoch nicht von vornherein für ein einstweiliges Verfügungsverfahren ungeeignet.⁷¹⁴ Vielmehr ist etwaigen Schwierigkeiten tatsächlicher Natur durch sachgerechte Anforderungen an den Grad der Glaubhaftmachung zu begegnen⁷¹⁵ und solchen rechtlicher Natur auf der Ebene der Interessenabwägung Rechnung zu tragen.⁷¹⁶

c) Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis

503 Wie im allgemeinen Zivilrecht⁷¹⁷ ergibt sich das Rechtsschutzbedürfnis zur Erlangung

einer einstweiligen Verfügung regelmäßig schon aus der Nichterfüllung des behaupteten materiellen Anspruchs. 504

Praxishinweis: Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht nach einem abgeschlossenen Unterlassungsvertrag für die Durchsetzung des daraus resultierenden vertraglichen Unterlassungsanspruchs auch ohne eine Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr z. B. bereits dann, wenn der Schuldner das wirksame Zustandekommen des Vertrags in Abrede stellt (vgl. Rn. 964 ff.).⁷¹⁸

 Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.14; Retzer, in: Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 100.  Berneke/Schüttpelz, Rn. 87; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.11.  Das im einstweiligen Rechtsschutzverfahren angerufene Gericht ist zur Vorlage i. S. d. Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht verpflichtet; diese wäre zudem mit dem Beschleunigungsgebot nicht zu vereinbaren, vgl. Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 937 Rn. 16. Vgl. auch Berneke/Schüttpelz, Rn. 337 f.; OLG Düsseldorf, WRP 2010, 1062, 1063.  Zum Argument vgl. weiterführend Spätgens/Danckwerts, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 100 Rn. 3 ff.; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 110; Berneke/Schüttpelz, Rn. 113.  Ebenso wenig schließen sie für sich genommen die Anwendbarkeit der Dringlichkeitsvermutung nach § 12 Abs. 1 UWG aus, vgl. OLG Celle, GRUR-RR 2008, 441, 441 f.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2016, 905, 905 f.; KG, Urt. v. 2.6. 2017 – 5 U 196/16, BeckRS 2017, 120098.  OLG Frankfurt a. M.,WRP 2020, 1065, 1067 f.Vgl. auch VGH Mannheim, B. v. 12. 2. 2020 – 9 S 2637/19, BeckRS 2020, 2902.  Vgl. BGH, GRUR 2019, 813, 816 – Cordoba II.  OLG Düsseldorf, Urt. v. 29. 8. 2019 – 2 U 44/18, GRUR-RS 2019, 33231. Pustovalov/Lampmann

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

129

Das Rechtsschutzbedürfnis besteht nicht, wenn der Gläubiger vor Ablauf der in der 505 Abmahnung gesetzten Erklärungsfrist – und ohne dass eine ggf. ablehnende Reaktion des Schuldners zu verzeichnen war – einen Verfügungsantrag einreicht.⁷¹⁹ Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt hinsichtlich einer gesonderten Beanstandung von 506 Behauptungen, die der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem Verfahren dienen. Praxishinweis: Einen relevanten Anwendungsfall bilden z. B. (möglicherweise) ehrverletzende Äußerungen einer Partei, ihres Rechtsanwalts oder eines Zeugen im Prozess. Deren Ausklammerung liegt die Erwägung zugrunde, dass auf den Ablauf eines rechtsstaatlich geregelten Verfahrens nicht dadurch Einfluss genommen werden (und seinem Ergebnis nicht dadurch vorgegriffen werden) soll, dass ein an diesem Verfahren Beteiligter durch Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche in seiner Äußerungsfreiheit eingeengt wird; das Vorbringen soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren beurteilt werden.⁷²⁰ Privilegiert sind nicht nur Äußerungen in gerichtlichen Verfahren, sondern – bei entsprechender Interessenlage – auch Äußerungen in einem Verwaltungsverfahren,⁷²¹ so z. B. solche in einem damit vergleichbaren Verfahren vor der Rechtsanwaltskammer.⁷²² Dies kann u. U. auch für Äußerungen gelten, durch die Rechte von am Verfahren nicht beteiligten Dritten betroffen werden.⁷²³

507

Das Rechtsschutzbedürfnis ist von Amts wegen zu prüfen, eine entsprechende Rüge 508 muss nicht erhoben werden. Es kann (bzw. muss) daher auch von der Berufungs-⁷²⁴ – im Hauptsacheverfahren – und Revisionsinstanz⁷²⁵ geprüft werden.

aa) Ähnlicher Verstoß nach einstweiliger Verfügung Es kommt nicht selten vor, dass der Schuldner, dem der Gläubiger ein bestimmtes 509 Verhalten in der Vergangenheit bereits gerichtlich hat untersagen lassen, sich abermals auf ähnliche Weise rechtswidrig verhält. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine (weitere) einstweilige Verfügung ist gegeben, 510 wenn der erneute Verstoß mit der untersagten Handlung nicht im Kern gleich ist (vgl. Rn. 451 f.) und deshalb nicht auf der Grundlage des bestehenden Unterlassungstitels unterbunden werden kann.⁷²⁶ An dem Rechtsschutzbedürfnis fehlt es hingegen, wenn der Gläubiger sein neues Unterlassungsbegehren mithilfe des in dem vorausgegan-

 OLG Bamberg, WRP 2018, 714, 715.  BGH, GRUR 2013, 647, 648 – Rechtsmissbräuchlicher Zuschlagsbeschluss; GRUR 2013, 305, 306 f. – Honorarkürzung.  BGH, GRUR 1998, 587, 589 f. – Bilanzanalyse Pro 7.  OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2020, 370, 370 f.  BGH, GRUR 2013, 647, 648 – Rechtsmissbräuchlicher Zuschlagsbeschluss.  OLG Köln, WRP 2019, 359, 361.  BGH, GRUR 2013, 647, 648 – Rechtsmissbräuchlicher Zuschlagsbeschluss.  OLG Hamburg, WRP 2019, 1358, 1361 f. Lampmann

130

C. Auseinandersetzung vor Gericht

genen Verfahren erstrittenen Titels erreichen kann.⁷²⁷ Der Gläubiger wird in diesem Fall grundsätzlich kein weiteres Erkenntnis-, sondern nur ein Zwangsvollstreckungsverfahren mit Erfolg führen können. 511 Um dem Dilemma, vor dem der Gläubiger in solchen Konstellationen steht, abzu-

helfen, wird ihm ein Rechtsschutzbedürfnis für ein weiteres einstweiliges Verfügungsverfahren dann zuerkannt, wenn im Hinblick auf Unterschiede der bereits verbotenen und der neuen Verhaltensweisen die Reichweite des vorhandenen Unterlassungstenors und damit der Ausgang eines darauf gestützten Zwangsvollstreckungsverfahrens ungewiss ist („Klarstellungsverfügung“, vgl. Rn. 479, 752 m. Fn. 1223).⁷²⁸ 512

Praxishinweis: Denkbar ist die Situation, dass sich die Zweifel über den Ausgang des Zwangsvollstreckungsverfahrens erst dann abzeichnen, nachdem dieses bereits eingeleitet wurde und insbesondere die Frist zur Beantragung einer einstweiligen Verfügung bereits abgelaufen ist. Dann stellt sich die Frage, ob parallel zu dem laufenden Ordnungsmittelverfahren klarstellend die Hauptsacheklage erhoben werden kann. Dieser fehlt es jedoch nur dann nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, wenn der einzuklagende Unterlassungsanspruch zu verjähren droht.⁷²⁹

513 Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht entgegen dem Grundsatz auch dann, wenn der

Schuldner eine Zuwiderhandlung gegen den Titel bestreitet oder der Gläubiger dies befürchten muss.⁷³⁰ Demgegenüber fehlt ein Rechtsschutzbedürfnis in einem solchen Fall, wenn der Schuldner vor Stellung eines neuen Eilantrags einen Verstoß gegen den bestehenden Titel einräumt.⁷³¹ 514

Praxishinweis: Aufgrund der im einstweiligen Verfügungsverfahren zu beachtenden Dringlichkeitsfrist (vgl. Rn. 621 ff.) sollte der Gläubiger zunächst den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen und erst in dem Fall, dass dieser abgelehnt wird, das Ordnungsmittelverfahren anstrengen. Bei umgekehrter Vorgehensweise läuft er Gefahr, dass über den Ordnungsmittelantrag – wie üblich – erst mit erheblicher Verzögerung, jedenfalls aber nach Ablauf der Dringlichkeitsfrist zurückweisend entschieden wird, sodass ein anschließender Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung allein deshalb schon ausscheidet. Behält der Gläubiger die Dringlichkeitsfrist dagegen im Blick und reicht den Verfügungsantrag noch vor deren Ablauf während des fortdauernden Ordnungsmittelverfahrens ein, stellt dies ebenfalls keine zuverlässige Lösung dar. Denn der Gläubiger riskiert dadurch, dass ihm das Verbot der Doppelverfolgung entgegengehalten wird.⁷³²

 Vgl. OLG Hamburg, WRP 2019, 1358, 1361 f.  OLG Düsseldorf, GRUR 1994, 81, 83; OLG Frankfurt a. M., WRP 2020, 630, 631; WRP 2018, 361, 361; WRP 2014, 101, 101 f.; WRP 1997, 51, 51 f.; OLG Köln, Urt. v. 24. 8. 2012 – 6 U 72/12, BeckRS 2012, 19761; B. v. 5.4. 2018 – 6 W 32/18, n. v. Vgl. auch BGH, GRUR 2011, 742, 744 – Leistungspakete im Preisvergleich; Berneke/Schüttpelz, Rn. 121. Instruktiv Kehl, WRP 1999, 46, 50.  BGH, GRUR 2011, 742, 744 – Leistungspakete im Preisvergleich.  OLG Köln, B. v. 5.4. 2018 – 6 W 32/18, n. v.; OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 361, 361.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2014, 101, 102.  So OLG München, Hinweisb. v. 25. 2. 2015 – 18 W 315/15, n. v. (unter Verweis auf Retzer, in: HarteBavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 139). A. A. OLG Frankfurt a. M., WRP 1997, 51, 51 f.; OLG Lampmann

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

131

bb) Verfügungsverfahren mit Auslandsbezug Bei einstweiligen Verfügungsverfahren mit Auslandsbezug (vgl. auch Rn. 495, 987) 515 muss der Gläubiger, soweit im Verstoßfall nicht bereits die Festsetzung und Vollstreckung von Ordnungsmitteln im Inland ausreichend sein sollten, prüfen, ob die erstrebte Entscheidung im Zielland anerkannt wird bzw. vollstreckbar ist. Dies gilt vor allem in Bezug auf ausländische Schuldner außerhalb des Geltungs- 516 bereichs der EuGVVO und des LugÜ, bei denen es sich vor dem Hintergrund der immer größer werdenden Bedeutung des Internets häufig um US-amerikanische Unternehmen des Silicon Valley in Kalifornien handelt und die oft nicht verpflichtet sind, deutsche Gerichtsentscheidungen zu akzeptieren. Praxishinweis: Das Interesse an der Integration in den deutschen Markt bzw. der Anerkennung auf dem selbigen veranlasst die Unternehmen jedoch oft dazu, Entscheidungen nationaler Gerichte dennoch freiwillig umzusetzen, sodass sich entsprechende Bemühungen im faktischen Ergebnis lohnen können. So weist die in Kalifornien sitzende Betreiberin des Services wordpress.com, die Automattic Inc., nach Zustellung eines deutschen Titels erfahrungsgemäß darauf hin, dass dieser nicht befolgt werde, während Google deutsche Gerichtsentscheidungen in der Regel auch ohne gesetzliche Verpflichtung beachtet.

517

In Bezug auf die Mitgliedstaaten der EuGVVO galt nach dem bis zum 9.1. 2015 518 maßgeblichen Art. 34 Nr. 2 EuGVVO a. F. (nach Brüssel-I-VO), dass eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht anerkennungsfähig war⁷³³ und damit auch das Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Entscheidung infrage stand. Letzteres dürfte sich mit der Überarbeitung der EuGVVO erledigt haben. Der seit dem 10.1. 2015 geltende Art. 45 Abs. 1 EuGVVO (nach Brüssel-Ia-VO) übernimmt aus Art. 34 EuGVVO a. F. zwar den dort – wie hier – abschließend gemeinten Katalog von Anerkennungshindernissen.⁷³⁴ Jedoch ergibt sich die (Nicht‐)Anerkennung von Entscheidungen nicht mehr „automatisch“ (ipso iure). Gem. Art. 45 Abs. 1, 4 EuGVVO i. V. m. Art. 46 ff. EuGVVO wird die Anerkennung einer Entscheidung vielmehr lediglich auf Antrag des Schuldners versagt. Bis zu einem solchen Antrag wird der Gläubiger aus einer ohne mündliche Verhandlung erlassenen Beschlussverfügung ohne Weiteres vorgehen können. Für die Vertragsstaaten des LugÜ sieht Art. 34 LugÜ kein Antragserfordernis vor, sodass die fragliche Problematik in diesem Rahmen fortbestehen dürfte.

Düsseldorf, GRUR 1994, 81, 83; Brüning, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Vorb. § 12 Rn. 314. Vgl. auch OLG Hamburg, Urt. v. 29.1. 2004 – 3 U 109/03, BeckRS 2004, 5669.  EuGH, GRUR Int. 1980, 512, 514; BGH, GRUR 2007, 813, 814 – Ausländischer Arrestbeschluss.  Mäsch, in: Kindl/Meller-Hannich, Brüssel-Ia-VO, Art. 45 Rn. 1. Lampmann

132

C. Auseinandersetzung vor Gericht

cc) Rechtsschutzbedürfnis bei behördlichen Verboten/Genehmigungen 519 Ein bestehendes behördliches Verbot der verletzenden Handlung lässt das Rechts-

schutzbedürfnis für ein Vorgehen auf dem ordentlichen Rechtsweg nicht entfallen. Der zivilrechtliche Schutz für Mitbewerber und die verwaltungsbehördliche Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Verhaltenspflichten stehen grundsätzlich unabhängig nebeneinander.⁷³⁵ 520

Praxishinweis: Abweichend davon kann ein Marktverhalten lauterkeitsrechtlich z. B. dann nicht mehr beanstandet werden, wenn es durch einen Verwaltungsakt der zuständigen Behörde ausdrücklich erlaubt worden ist und der Verwaltungsakt nicht nichtig ist.⁷³⁶

dd) Rechtsmissbräuchliches Verhalten im Prozess 521 Neben den Fallgruppen des § 8c Abs. 2 UWG, die den Schwerpunkt bei dem vorge-

richtlichen Verhalten des Gläubigers setzen, kann Rechsmissbrauch auch aus dem prozessualen Verhalten einer Partei resultieren. Der Einwand kann dabei ggf. auch dem Schuldner entgegengehalten werden (vgl. etwa Rn. 653, 724). 522 Unter Rechtsmissbrauch fällt insbesondere das Erschleichen einer einstweiligen

Verfügung durch eine grobe Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht, wozu auch das Zurückhalten von gegnerischem Sachvortrag zur planmäßigen, gezielten Gehörsvereitelung des Schuldners gehört, etwa die Vorenthaltung von – nicht zwingend entscheidungserheblichen⁷³⁷ – Schuldnerreaktionen auf die Abmahnung (vgl. auch Rn. 530, 568, 609).⁷³⁸ 523

Praxishinweis: Unter diesem Gesichtspunkt muss der Gläubiger auch dann, wenn das Verfahren bereits in Gang gesetzt wurde und ihn ein außergerichtlicher Schriftsatz des Schuldners erst danach, aber vor einer Entscheidung des Gerichts erreicht, für das unaufgeforderte und unverzügliche Nachreichen beim Gericht sorgen, wenn der Schriftsatz die Streitsache betrifft und der Schuldner am Verfahren bisher nicht beteiligt war.⁷³⁹

524 Bereits vor der UWG-Novelle 2020 ist es als Indiz für einen Rechtsmissbrauch i. S. d. § 8

Abs. 4 Satz 1 UWG a. F. angesehen worden, einen einheitlichen Wettbewerbsverstoß in mehrere getrennte Verstöße aufzuteilen oder wegen kerngleicher oder auch nur ähnlich gelagerter Wettbewerbsverstöße getrennte Gerichtsverfahren anzustrengen (vgl. Rn. 127 f., 897) und durch die künstliche Aufspaltung und Vervielfältigung der

 BGH, WRP 2019, 327, 329 – Uber Black II.  BGH, WRP 2019, 327, 329 – Uber Black II.  OLG München, WRP 2017, 1523, 1524. A. A. OLG Nürnberg, WRP 2021, 944, 947.  BVerfG, WRP 2021, 461, 463; OLG München, WRP 2017, 1523, 1524; OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 643, 644; OLG Nürnberg, WRP 2021, 944, 946 f. A. A. LAG Düsseldorf, Urt. v. 12.11. 2020 – 13 SaGa 16/20, n.v.  Für das Markenrecht vgl. OLG München, WRP 2021, 1495, 1496. Lampmann

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

133

Verfahren die Kostenlast ohne Not erheblich zu erhöhen.⁷⁴⁰ Diese Wertung gilt nach der neuen Rechtslage fort. Unverändert ist allerdings auch die Ausnahme, wonach die Verfolgung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche wegen verschiedener Werbemaßnahmen vor verschiedenen Gerichten jedenfalls dann nicht rechtsmissbräuchlich ist, wenn aufgrund sukzessiver, auf wettbewerbsrechtliche Beanstandungen zurückzuführender Veränderungen der Werbemaßnahmen die Zusammenfassung des Angriffs auf sämtliche Verletzungsformen in einem Verfahren der einstweiligen Verfügung wegen seiner Eilbedürftigkeit nicht möglich ist, oder wenn es um eine sukzessive Verfolgung lauterkeitsrechtlicher und markenrechtlicher Ansprüche geht, weil sie durch die erheblichen Unterschiede in der tatsächlichen Darlegung und rechtlichen Beurteilung der jeweiligen Verstöße sachlich begründet ist.⁷⁴¹

d) „Forum shopping“ Ist der Gläubiger in der Wahl des Gerichtsstands frei, weil sich die unlautere Wett- 525 bewerbshandlung des Schuldners bundesweit bestimmungsgemäß auswirkt (vgl. Rn. 305 ff.), kann es im einstweiligen Verfügungsverfahren zu besonderen Konstellationen kommen, in denen der Gläubiger in Bezug auf einen Rechtsstreit gleichzeitig⁷⁴² oder sukzessive mehrere Gerichte anruft („forum shopping“). Grund dafür ist regelmäßig das Kalkül, in dem Fall, dass das eine Gericht in Anwendung des § 139 ZPO einen Hinweis erteilen sollte (vgl. etwa Rn. 429 ff., 587 ff.), mit dem eine Entscheidung nur nach einer mündlichen Verhandlung in Aussicht gestellt wird oder auch Hindernisse gegen den Erlass der einstweiligen Verfügung mitgeteilt werden, zugunsten des Verfahrens bei dem anderen Gericht umzudisponieren, das solche Bedenken möglicherweise nicht hat. Entscheidet sich der Gläubiger nach einem entsprechenden Hinweis für eine An- 526 tragsrücknahme (vgl. Rn. 492 m. Fn. 697, Rn. 499) und stellt den Antrag sodann bei einem anderen Gericht ohne einen triftigen Grund, der z. B. in der örtlichen Unzuständigkeit des Erstgerichts liegen kann, neu, wird vertreten, dass ein solcher zweiter Antrag unzulässig sei,⁷⁴³ da der Gläubiger nur Anspruch auf ein Eilverfahren, nicht jedoch auf mehrfache Versuche der Anspruchsdurchsetzung habe bzw. damit gegen

 BGH, GRUR 2010, 454, 455 – Klassenlotterie; GRUR 2009, 1180, 1182 – 0,00 Grundgebühr.  BGH, GRUR 2019, 631, 636 – Das beste Netz.  Vgl. KG, GRUR-RR 2017, 128, 128.  OLG Düsseldorf, WRP 2019, 487, 488 ff. m. w. N.; OLG Frankfurt a. M., GRUR 2005, 972, 972; OLG Hamburg, GRUR 2007, 614, 614 f.; OLG München,WRP 2011, 364, 365; LG Frankfurt a. M., B. v. 27. 8. 2018 – 2– 03 O 307/18, BeckRS 2018, 21749 m.w. N. (wenngleich im Rahmen eines Prozesskostenhilfeverfahrens, doch ausdrücklich auch für den Fall, dass die vorherige Anrufung eines anderen Gerichts offengelegt wird). A. A. Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 87, der einen Hinweis des Gerichts auf mangelnde Erfolgsaussichten für sich genommen schon als einen sachlichen Grund in diesem Sinne betrachtet, solange der Schuldner noch nicht angehört worden ist. Lampmann

134

C. Auseinandersetzung vor Gericht

den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoße.⁷⁴⁴ Einige Stimmen gehen davon aus, dass die Zulässigkeit eines solchen – falls nicht ansonsten schon zögerlichen – Verhaltens mit dem Kriterium der Dringlichkeit im engeren Sinne beurteilt werden könne,⁷⁴⁵ die wohl überwiegende Auffassung spricht einem derartigen Vorgehen das besondere Rechtsschutzbedürfnis ab (vgl. Rn. 633).⁷⁴⁶

2. Beteiligung des Schuldners 527 Soll über den Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung

durch Beschluss entschieden werden, bedeutet das nicht, dass der Schuldner in diesem Fall mit rechtlichem Gehör ausgeschlossen ist.⁷⁴⁷ Vielmehr kann auch sein Standpunkt auf diverse Art und Weise Berücksichtigung finden (vgl. auch Rn. 545 ff., 846).

a) Anhörung des Schuldners 528 Die erste „Anhörung“ des Schuldners erfolgt mithilfe der Abmahnung und ist im

Normalfall ausreichend. Die Abmahnung wird samt etwaiger anschließender Korrespondenz im Verfügungsantrag, der im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang eingereicht wird, erläutert und diesem beigelegt (vgl. Rn. 556, 581 f.). Dadurch kennt das Gericht die Haltung des Schuldners und ist in der Lage, sie in die Beurteilung einzubeziehen. Jedenfalls steht dem Schuldner infolge der Abmahnung, die naturgemäß eine gerichtliche Inanspruchnahme in Aussicht stellt (vgl. Rn. 53), der Weg offen, seine tatsächlichen und rechtlichen Argumente in gehörigem Maße in das Gerichtsverfahren einzubringen, so etwa durch eine ausführliche Erwiderung nebst einem Hinweis auf die Pflicht zu deren Vorlage beim Gericht gem. § 138 Abs. 1 ZPO oder mithilfe einer Schutzschrift nach § 945a f. ZPO (vgl. Rn. 532 ff.). Ob und wie der Schuldner diesen Weg geht, liegt in seiner Verantwortung. 529 Ist der Schuldner nicht abgemahnt worden, ist zu erwarten (und kann mittlerweile als

Regel bezeichnet werden), dass das Gericht ihm Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme im Verfahren einräumt.⁷⁴⁸ Die hierbei einzuhaltende Frist wird aufgrund des Beschleunigungsgebots kurz bemessen und beträgt häufig nur wenige Tage.

 Dies gilt jedenfalls dann, wenn der zweite Antrag gestellt wird, bevor der erste zurückgenommen wurde, vgl. OLG Hamburg, GRUR-RR 2010, 266, 267 unter Berufung auf Teplitzky, GRUR 2008, 34, 38.  So seinerzeit OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2005, 102, 102 f., das die Dringlichkeit bejahte.  OLG Düsseldorf, WRP 2019, 487, 488 ff. m. w. N.; OLG Frankfurt a. M., B. v. 8. 8. 2013 – 11 W 29/13, BeckRS 2014, 6497; LG Frankfurt a. M., B. v. 27. 8. 2018 – 2– 03 O 307/18, BeckRS 2018, 21749.  Zur Problematik vgl. ausführlich Teplitzky, WRP 2017, 1163, 1164 ff. m. w. N.  Mit beachtlichen Argumenten gegen diese Praxis Scharen, in: Ahrens, Kap. 53 Rn. 25. Lampmann/Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

135

Praxishinweis: Der Gläubiger kann dieser Entwicklung ggf. durch Darlegung und Glaubhaftmachung der Umstände entgegenwirken, aus denen sich die Entbehrlichkeit der Abmahnung bzw. – aufgrund ähnlicher Erwägungen – die Gefahr ergibt, dass die Einbeziehung des Schuldners in das Verfahren den Zweck des beantragten einstweiligen Rechtsschutzes vereiteln würde (vgl. Rn. 73, 488 ff., 577 f., 580, 811). Keine Lösung ist demgegenüber darin zu suchen, unzutreffenderweise das Ausbleiben einer vorgerichtlichen Reaktion des Schuldners zu suggerieren oder diese unvollständig offenzulegen: Mit diesem Verhalten schafft der Gläubiger die Grundlage für den Vorwurf einer (versuchten) Titelerschleichung und riskiert, das Verfahren nur deshalb zu verlieren (vgl. Rn. 522 f., 568, 581 f., 609, 641).

530

Es kann vorkommen, dass das Gericht das Fehlen einer Abmahnung zum Anlass 531 nimmt, einen Verhandlungstermin anzuberaumen. Dies konterkariert allerdings wegen der – im Vergleich zum insoweit milderen Mittel einer schriftlichen Anhörung – größeren Verzögerung den Eilcharakter des einstweiligen Verfügungsverfahrens jedenfalls dann, wenn die Voraussetzungen einer Beschlussverfügung nach § 937 Abs. 2 ZPO gegeben sind (vgl. Rn. 488 ff.), das Gericht also nach dem Ergebnis der Ermessensausübung ohne mündliche Verhandlung entscheiden muss.⁷⁴⁹ Die Terminierung kann nicht allein unter dem Gesichtspunkt erfolgen, dass der Schuldner vor Antragseinreichung und damit vor der gerichtlichen Entscheidung keine Gelegenheit zu einer freiwilligen Unterwerfung oder zumindest einer Stellungnahme erhalten hat. Das Interesse des Gläubigers an einer effektiven Rechtsdurchsetzung⁷⁵⁰ in den u. a. der Allgemeinheit dienenden und vom Gesetzgeber gem. § 12 Abs. 1 UWG als dringend eingestuften wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten überwiegt. Die Belange des Schuldners sind mit der Möglichkeit eines sofortigen Anerkenntnisses nach § 93 ZPO nebst den daraus resultierenden Kostenfolgen (vgl. Rn. 594, 807 ff.) sowie mit dem Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO (vgl. Rn. 606, 723 ff.) hinreichend geschützt. Die Terminierung als Mittel zur Milderung etwaiger schuldnerseits zu befürchtender Nachteile ist in diesem Rahmen nicht veranlasst und hat hinter der Alternative einer zügigeren schriftlichen Anhörung zurückzutreten.

b) Hinterlegung einer Schutzschrift Erhält der Schuldner eine Abmahnung, kann er anstatt (oder neben) einer vorge- 532 richtlichen Stellungnahme proaktiv in das anschließend drohende einstweilige Verfügungsverfahren eintreten, um sich dort rechtliches Gehör in einem selbst definierten, vom Verhalten des Gläubigers unabhängigen Umfang zu verschaffen. Insofern vermeidet bzw. minimiert er das Risiko, eine (etwa aufgrund eines unvollständigen Tatsachenvortrags des Gläubigers oder infolge des Außerachtlassens wesentlicher rechtlicher Gesichtspunkte durch das Gericht) fehlerhaft erlassene einstweilige Verfügung zunächst gegen sich gelten lassen zu müssen (vgl. Rn. 715,

 Drescher, in: MüKo/ZPO, § 937 Rn. 6.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 1 f. Pustovalov

136

C. Auseinandersetzung vor Gericht

720 ff.) und nur deren nachträgliche Aufhebung sowie Beseitigung bzw. Wiedergutmachung ggf. zwischenzeitlich entstandener Nachteile verfolgen zu können (vgl. Rn. 723 ff.).⁷⁵¹ 533 Zu diesem Zweck kann der Schuldner beim voraussichtlich⁷⁵² vom Gläubiger anzu-

rufenden Gericht eine sog. Schutzschrift hinterlegen. Dabei handelt es sich um ein von der Anwaltschaft geschaffenes und im Wettbewerbsrecht mittlerweile fest etabliertes Mittel zur Geltendmachung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 Abs. 1 GG mit Blick auf eine drohende Inanspruchnahme in einem zunächst ggf. nur einseitigen Verfügungsverfahren (vgl. Rn. 488 ff., 528).⁷⁵³ Gesetzlich geregelt wurden Schutzschriften erstmalig im am 1.1. 2016 in Kraft getretenen § 945a ZPO. Nach § 945a Abs. 1 Satz 2 ZPO stellen sie vorbeugende Verteidigungsschriftsätze gegen erwartete Anträge auf Arrest oder einstweilige Verfügung dar. Damit werden ihr Wesen und Anwendungsbereich, die in der Praxis bisher herausgearbeitet wurden, normativ zutreffend festgehalten. 534

Praxishinweis: Eine Schutzschrift sollte zweckmäßigerweise ausdrücklich als solche bezeichnet werden. Inhaltlich legt der Schuldner dort, gestützt auf die Annahme, der Gläubiger werde den einstweiligen Rechtsschutz beantragen, die maßgebliche Tatsachengrundlage und deren rechtliche Bewertung dar, die die Unzulässigkeit, z. B. wegen fehlender Zuständigkeit,⁷⁵⁴ oder die Unbegründetheit des Erlasses einer einstweiligen Verfügung ergeben.⁷⁵⁵ Er beantragt,⁷⁵⁶ den (mutmaßlichen) Verfügungsantrag des Gläubigers zurückzuweisen, hilfsweise nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,⁷⁵⁷ äußerst hilfsweise eine zu seinen Lasten gehende Entscheidung nach §§ 936, 921 ZPO von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Empfehlenswert ist, in geeigneten Fällen darüber hinaus die Gewährung einer angemessenen Aufbrauchsfrist (vgl. Rn. 206, 634) zu beantragen und deren Notwendigkeit entsprechend zu begründen. Zu erwägen, aber

 Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 401.  Das Problem einer zutreffenden Bestimmung des Gerichts, das der Gläubiger wählt, stellt sich mittlerweile nur in den Fällen, in denen die Hinterlegung nicht über das hierzu geschaffene einheitliche elektronische Register erfolgt (vgl. Rn. 537 ff.).  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 55 Rn. 52.  Vgl. Heil, WRP 2014, 24, 25.  Ein Muster findet sich bei Künzel, in: Mes, BeckPFormB, II. P. 2.  Zur Berücksichtigung der durch den Schuldner in einer Schutzschrift formulierten Anträge vgl. BGH, GRUR 2003, 456, 456 – Kosten einer Schutzschrift, m. Anm. Teplitzky, LMK 2003, 95, 95, der das Ablehnen des Erstarkens zum Sachantrag im Zeitpunkt des Eingangs des Verfügungsantrags kritisiert. Auf das in BGH, GRUR 2008, 640, 640 – Kosten der Schutzschrift III, erkennbare Abrücken von dieser Auffassung hinweisend Heil, WRP 2014, 24, 25. Für die Aufrechterhaltung der alten Argumentation des BGH dürfte es in Anbetracht der aktuellen Rechtsprechung des BVerfG noch weniger Raum geben, da zu erwarten ist, dass die Antragsschrift des Gläubigers nun regelmäßig weitestgehend der vorangegangenen Abmahnung entsprechen wird (vgl. Rn. 561 ff., 583 ff.).  Eine Missachtung dieses Antrags kann im Zusammenspiel mit einem konkreten Hinweis an den Gläubiger (vgl. auch Rn. 587 ff.), wie er seinem Sachantrag unter Veränderung des Streitgegenstands zur Schlüssigkeit verhelfen kann, als ein Indiz für eine begründete Besorgnis der richterlichen Befangenheit gewertet werden, vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2019, 286, 287. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

137

zunächst wohl unbeachtlich⁷⁵⁸ (und auch wegen praktischer Überlegungen eher für die Widerspruchsschrift aufzusparen, vgl. Rn. 331) ist die Beantragung der Verweisung an eine Kammer für Handelssachen (vgl. Rn. 327 ff.). In jedem Fall sollten alle entscheidungserheblichen Angaben einer Schutzschrift mit einschlägigen Glaubhaftmachungsmitteln nach §§ 936, 920 Abs. 2, § 294 ZPO belegt werden (vgl. Rn. 642 ff.).

Für die Hinterlegung einer Schutzschrift gilt aus Gründen der prozessualen Waffen- 535 gleichheit⁷⁵⁹ – korrespondierend mit §§ 936, 920 Abs. 3, § 78 Abs. 3, 1 Satz 1 ZPO – kein Anwaltszwang i. S. d. § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Praxishinweis: Vor Einreichung einer Schutzschrift sind einzelfallbezogen deren Vor- und Nachteile sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Eine Schutzschrift ist grundsätzlich nur sinnvoll, wenn der Schuldner zu seiner Verteidigung beachtliche Argumente in den Rechtsstreit einführen kann. Trägt er jedoch nichts Wesentliches vor, kann das Gericht auf das Fehlen relevanter Hindernisse schließen und dadurch (erst) veranlasst werden, die einstweilige Verfügung antragsgemäß zu erlassen.⁷⁶⁰ Zu bedenken ist ebenfalls, dass das Gericht gehalten ist, eine erfolgsversprechende Schutzschrift an den Gläubiger zur Stellungnahme weiterzuleiten⁷⁶¹ oder – wenn eine besondere Dringlichkeit der Angelegenheit dies gebietet – ausnahmsweise gar ohne deren Berücksichtigung⁷⁶² zu entscheiden. Von Nachteil und in die Abwägung einzubeziehen ist in diesem Zusammenhang auch der Umstand, dass infolge einer Schutzschrift die reguläre Verteilung der Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast eines zweiseitigen Verfahrens gilt, sodass etwaige diesbezügliche Mängel nicht mehr ausschließlich zulasten des Gläubigers (vgl. Rn. 639 f.), sondern auch zulasten des in das Verfahren damit eintretenden Schuldners gehen können.⁷⁶³ Außerdem erleichtert die Hinterlegung einer Schutzschrift regelmäßig die Vollziehung der erlassenen einstweiligen Verfügung (vgl. Rn. 688 f.), da diese sodann an den sich mit der Schutzschrift bestellten Rechtsanwalt, u. a. von Anwalt zu Anwalt, zugestellt werden kann.⁷⁶⁴ Dies beschert dem Gläubiger, der die einstweilige Verfügung dem Schuldner andernfalls persönlich (ggf. im Ausland) zustellen lassen müsste, nicht zu unterschätzende tatsächliche Vorteile. Der Schuldner kann dem – mangels Anwaltszwangs (vgl. Rn. 535, 540) – dadurch entgehen, dass er seine (durch einen Rechtsanwalt vorbereitete) Schutzschrift eigenständig einreicht.

536

Sind, wie insbesondere beim „fliegenden Gerichtsstand“ (vgl. Rn. 305 ff.), mehrere 537 Gerichte örtlich zuständig, erweist es sich für den Schuldner als Nachteil, dass er nicht

 OLG Stuttgart,WRP 2018, 1248, 1252. Offenlassend OLG Frankfurt a. M.,WRP 2019, 99, 101. A. A. mit guten Argumenten Heil, WRP 2014, 24, 25 f.  Wehlau/Kalbfus, ZRP 2013, 101, 103.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 406.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 55 Rn. 52; Berneke/Schüttpelz, Rn. 294.  Weiterführend Berneke/Schüttpelz, Rn. 294. A. A. Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 117.  Zu grundsätzlich relevanten Sachverhalten vgl. etwa OLG München, WRP 2017, 730, 731 f.; OLG Frankfurt a. M.,WRP 2016, 905, 906.Vgl. auch Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 55 Rn. 52a, Kap. 54 Rn. 45; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 418; Büscher, in: Fezer/Büscher/ Obergfell, UWG, § 12 Rn. 103; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.21.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 320; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.63; Berneke/Schüttpelz, Rn. 293. Pustovalov

138

C. Auseinandersetzung vor Gericht

sicher weiß, vor welchem Gericht er in Anspruch genommen wird, wo er also eine Schutzschrift zu hinterlegen hat. Daraus resultiert das Risiko, das zu adressierende Gericht falsch zu bestimmen mit der Folge, dass die eingereichte Schutzschrift bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt wird. Um dieses Risiko gänzlich zu vermeiden, musste die Hinterlegung bisher bei allen deutschen Landgerichten – und dort am besten bei allen zuständigen Kammern (Zivilkammern, Kammern für Handelssachen) – erfolgen. Aufgrund der Unverhältnismäßigkeit des zu betreibenden Aufwands entwickelte sich die Praxis, die Hinterlegung auf mehrere im konkreten Einzelfall am ehesten in Betracht kommende Gerichte zu beschränken. Abgestellt wurde dabei auf den Sitz des Gläubigers und der ihn vertretenden Rechtsanwaltskanzlei bzw. deren „Hausgericht“, das Vorhandensein spezialisierter Wettbewerbskammern, die bisherige Erlasspraxis betreffend streitbefangene Rechtsfragen, die Unterschiede bei den Dringlichkeitsfristen (vgl. Rn. 623 f.) und weitere ggf. relevante Kriterien. Neben dem verbleibenden hohen Arbeitsaufwand stand jedoch auch bei dieser Verfahrensweise weiterhin die Gefahr im Raum, das vom Gläubiger bevorzugte Gericht zu verfehlen. 538 Auf diese praktischen Schwierigkeiten hat der Gesetzgeber mit § 945a ZPO reagiert.⁷⁶⁵

In Umsetzung dieser Norm wurde das zentrale elektronische Schutzschriftenregister (ZSSR) geschaffen, das durch die Landesjustizverwaltung Hessen geführt wird und deutschlandweit Geltung hat.⁷⁶⁶ Schutzschriften, die dort eingestellt werden, gelten als bei allen ordentlichen Gerichten Deutschlands eingereicht (§ 945a Abs. 2 Satz 1 ZPO) und werden sechs Monate aufbewahrt (§ 945a Abs. 2 Satz 2 ZPO). Zugriff auf das zentrale elektronische Schutzschriftenregister erhalten die Gerichte über ein automatisiertes Abrufverfahren gem. § 945a Abs. 3 Satz 1 ZPO. 539 Die Gerichte sind zur Teilnahme am System des zentralen elektronischen Schutz-

schriftenregisters verpflichtet. Die gesetzliche Fiktion gem. § 945a Abs. 2 Satz 1 ZPO führt dazu, dass sämtliche dort hinterlegten Schutzschriften der aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Beachtenspflicht unterfallen; sie lässt sie verbindlich werden und stellt sie damit einem konventionell eingereichten Schriftsatz gleich.⁷⁶⁷ Durch welche organisatorischen Maßnahmen die Beachtung einer im zentralen elektronischen Schutzschriftenregister ggf. vorhandenen Schutzschrift gewährleistet wird, ist Sache des Gerichts.⁷⁶⁸

 BT-Drs. 17/12634, S. 35 f.; BR-Drs. 818/12, S. 49 f. Kritisch Hartmann, GRUR-RR 2015, 89, 89 ff.  Nähere Bestimmungen über die Führung des zentralen elektronischen Schutzschriftenregisters, die Einreichung von Schutzschriften, deren Abruf sowie die Einzelheiten der Datenübermittlung und -speicherung regelt die SRV – die auf der Grundlage des § 945b ZPO erlassene und am 1.1. 2016 in Kraft getretene Verordnung über das elektronische Schutzschriftenregister.  Wehlau/Kalbfus, ZRP 2013, 101, 102.  BT-Drs. 17/12634, S. 36; BR-Drs. 818/12, S. 50. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

139

Praxishinweis: In dieser Hinsicht bringt die Praxis leider nach wie vor zum Vorschein, dass die Einreichung einer Schutzschrift beim zentralen elektronischen Schutzschriftenregister noch nicht zwingend die Gewähr dafür bietet, dass diese beim durch den Gläubiger angerufenen Gericht tatsächlich zur Akte und dementsprechend zur Kenntnis genommen wird (vgl. Rn. 569 ff.).⁷⁶⁹ Nichtsdestoweniger sind alle Rechtsanwälte seit dem 1.1.2017 verpflichtet, Schutzschriften ausschließlich über das zentrale elektronische Schutzschriftenregister nach § 945a ZPO einzureichen. Der dahingehende Benutzungszwang war zunächst nur in § 49c BRAO geregelt. Dessen etwaige Missachtung vermochte somit nur berufsrechtliche Konsequenzen auszulösen, die Hinterlegung als solche war hingegen auch in Papierform wirksam⁷⁷⁰ und durch das Gericht zur Vermeidung von Amtshaftungsansprüchen zu beachten. Dies hat sich seit dem 1.1.2022 durch die bundesweit in Kraft getretene Pflicht zur aktiven Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs gem. § 130d ZPO geändert. Nunmehr führt ein abweichender Übermittlungsweg zur Unwirksamtkeit der Einreichung. Außerhalb des personellen Anwendungsbereichs des § 130d ZPO bleibt eine Hinterlegung durch den Schuldner persönlich, die u. U. aus taktischen Gründen sinnvoll sein kann (vgl. Rn. 536), uneingeschränkt auf dem herkömmlichen Weg möglich.⁷⁷¹ Die Nutzung des zentralen elektronischen Schutzschriftenregisters ist einem nicht anwaltlich vertretenen Schuldner jedoch ebenfalls gestattet (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SRV, §§ 936, 920 Abs. 3, § 78 Abs. 3, 1 Satz 1 ZPO).

540

Die Kosten einer Schutzschrift sind nach Maßgabe der §§ 91 ff. ZPO prozessual er- 541 stattungsfähig.⁷⁷² Jedoch gilt unter dem zeitlichen Aspekt die Einschränkung, dass die Hinterlegung erfolgen muss, bevor über den Verfügungsantrag entschieden wurde, oder der Gläubiger ihn zurückgenommen hat (vgl. Rn. 525 f.).⁷⁷³ Als weitere Komponente kommt hinzu, dass ein prozessualer Erstattungsanspruch – da allein durch die Hinterlegung einer Schutzschrift noch kein Prozessrechtsverhältnis begründet wird⁷⁷⁴ – unter der Prämisse steht, dass der Gläubiger einen Verfügungsantrag tatsächlich stellt, und die Kosten nur derjenigen Schutzschrift erfasst, die beim durch den Gläubiger konkret angerufenen Gericht hinterlegt wurde.⁷⁷⁵ In Bezug auf die Kosten der sonstigen Schutzschriften oder für den Fall, dass der befürchtete Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gar nicht gestellt wird, kommt in engen Ausnahme-

 Vgl. etwa OLG Stuttgart, WRP 2018, 1248, 1252, das die Heilung eines Verstoßes gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG konstatiert, soweit die Inhalte der zunächst übersehenen Schutzschrift im Widerspruchsverfahren berücksichtigt werden. Vgl. auch BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 23.7. 2021 – 1 BvR 1653/21, BeckRS 2021, 27416.  Drescher, in: MüKo/ZPO, § 945a Rn. 5 m. w. N.  Wehlau/Kalbfus, ZRP 2013, 101, 102 f.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 423 ff.  BGH, GRUR 2007, 727, 728 – Kosten der Schutzschrift II, m. w. N.  OLG Rostock, GRUR-RR 2011, 230, 230 m. Anm. Himmelsbach, GRUR-Prax 2011, 134, 134; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 428.  BGH, GRUR 2003, 456, 456 – Kosten einer Schutzschrift; OLG Hamburg, WRP 2014, 100, 100 f.; Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 55 Rn. 55 f. m. w. N. Das Kostenrisiko der Hinterlegung bei einem in diesem Sinne unzutreffenden Gericht besteht nur in den Fällen, in denen eine Schutzschrift nicht im mittlerweile hierzu geschaffenen einheitlichen elektronischen Register hinterlegt wird (vgl. Rn. 538). Pustovalov

140

C. Auseinandersetzung vor Gericht

fällen bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen nur ein materiell-rechtlicher Erstattungsanspruch (etwa nach § 823 Abs. 1, §§ 826, 678 BGB) in Betracht.⁷⁷⁶ 542 Für die Einstellung einer Schutzschrift wird gem. Nr. 1160 JVKostG KV eine feste

Gebühr in Höhe von 83 Euro erhoben. Der Kostenschuldner ist nach § 15a JVKostG derjenige, der die Schutzschrift eingereicht hat. 543 Von den Rechtsanwaltsgebühren ist in Bezug auf eine Schutzschrift, die Sachvortrag

enthält, eine 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG VV erstattungsfähig, wenn sich der durch den Schuldner erteilte Auftrag auf die Vertretung im erwarteten Eilverfahren erstreckt.⁷⁷⁷ Besteht der Auftrag ausschließlich in der Einreichung einer Schutzschrift, kommt eine 0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 RVG VV in Betracht.⁷⁷⁸ Nimmt der Gläubiger den Verfügungsantrag zu einem Zeitpunkt zurück, in dem der Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners noch keine Schutzschrift eingereicht, das Geschäft aber gem. Vorb. 3 Abs. 2 RVG VV bereits betrieben hat (etwa durch Entgegennahme des Auftrags und erster Informationen), kann nach Nr. 3101 Nr. 1 RVG VV ebenfalls nur eine 0,8 Verfahrensgebühr geltend gemacht werden.⁷⁷⁹ 544

Praxishinweis: Der am 1.1.2016 in Kraft getretene § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a RVG bestimmt ausdrücklich, dass die Einreichung von Schutzschriften zum (künftigen) Verfahren gehört. Damit begründet eine weitere Verteidigung innerhalb derselben Instanz keine (zusätzliche) Verfahrensgebühr, die über diejenige nach Nr. 3100 RVG VV hinausgehen würde.

3. Prozessuale Waffengleichheit a) Einführung 545 Die verfassungsrechtliche Grundierung des Zivilverfahrens gewinnt für den Rechtsanwender bei der Anspruchsdurchsetzung unmittelbare Bedeutung.⁷⁸⁰ Vor diesem Hintergrund sind auch die Anforderungen an den Erlass einstweiliger Verfügungen bei Wettbewerbsverletzungen zu betrachten. Mit Blick auf die Rechtsprechung

 OLG Frankfurt a. M., GRUR 1989, 858, 858; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.41; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 423; Deutsch, GRUR 1990, 327, 331.  BGH, GRUR 2008, 640, 640 – Kosten der Schutzschrift III; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 119; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 945a Rn. 8.  BGH, GRUR 2008, 640, 640 – Kosten der Schutzschrift III; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 119.  BGH, GRUR 2007, 727, 728 – Kosten der Schutzschrift II; GRUR 2008, 640, 640 – Kosten der Schutzschrift III.  Das Verhältnis zwischen Zivilrecht und Verfassungsrecht ist spätestens seit der Entscheidung des BVerfG zum „Stadionverbot“ und zur sog. mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte (BVerfG, NJW 2018, 1667, 1668) zunehmend in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Pustovalov/Lerach

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

141

des BVerfG zur prozessualen Waffengleichheit im einstweiligen Verfügungsverfahren seit 2018 muss die bisherige Handhabung sowohl durch die Gerichte als auch durch die Anwaltsseite angepasst werden.

aa) Waffengleichheit als Verfassungsgrundsatz Der Begriff der „Waffengleichheit“ ist gesetzlich nicht definiert. Verfassungsrechtlich 546 stellt sich die Waffengleichheit als eine Ausprägung der Rechtsstaatlichkeit aus Art. 20 Abs. 3 GG und des allgemeinen Gebots der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG dar.⁷⁸¹ Im Zivilverfahren gewährleistet der allgemeine Gleichheitssatz die Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor dem Richter. Hierzu zählt die Gleichheit der Rechtsanwendung durch den Richter im Interesse materieller Gerechtigkeit. Diese verfassungsrechtliche Verpflichtung gilt nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht nur bei der Auslegung und Anwendung sachlichen Rechts, sondern auch für die Handhabung des Verfahrensrechts.⁷⁸² Der Richter hat den Prozessparteien – auch im Hinblick auf die grundrechtlich gesicherte Verfahrensgarantie aus Art. 103 Abs. 1 GG (rechtliches Gehör) – im Rahmen der Verfahrensordnung gleichermaßen die Möglichkeit einzuräumen, alles für die gerichtliche Entscheidung Erhebliche vorzutragen und alle zur Abwehr des gegnerischen Angriffs erforderlichen prozessualen Verteidigungsmittel selbstständig geltend zu machen.⁷⁸³ Der u. a. für Wettbewerbssachen zuständige I. Zivilsenat des BGH zählt den verfassungsrechtlichen Grundsatz prozessualer Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG zum verfahrensrechtlichen ordre public.⁷⁸⁴

bb) Effektiver Rechtsschutz und Waffengleichheit In der gerichtlichen Praxis des Wettbewerbsrechts und des Rechts des geistigen Ei- 547 gentums – ebenso wie im Presse- und Äußerungsrecht – haben sich prozessuale Besonderheiten gegenüber dem „normalen“ Zivilprozess entwickelt. Dies gilt in besonderem Maße für das einstweilige Verfügungsverfahren. Zu diesen Besonderheiten zählt die verbreitete Übung, einstweilige Verfügungen per Beschluss im einseitigen Verfahren ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung des Schuldners zu erlassen (sog. Beschlussverfügung, vgl. Rn. 488 ff.).⁷⁸⁵ Für die Gläubigerseite

 BVerfG, BVerfGE 52, 131, 156 f. (zur Beweislast im Arzthaftungsprozess).  BVerfG, BVerfGE 54, 117, 125; BVerfGE 69, 248, 254. Dies dient der Herbeiführung gesetzmäßiger und unter diesem Blickpunkt richtiger, aber darüber hinaus auch – im Rahmen dieser Richtigkeit – gerechter Entscheidungen, vgl. BVerfG, BVerfGE 42, 64, 73.  BVerfG, BVerfGE 52, 131, 156 f. Vgl. BVerfG, BVerfGE 54, 117, 125.  BGH, GRUR 2021, 118, 121 – Demontage einer HDPE-Anlage (zum Schiedsverfahren, § 1042 Abs. 1 Satz 1 ZPO).  Die Praxis des einseitigen Erlasses von Beschlussverfügungen ist – in einem breiteren Kontext – dem Vorwurf ausgesetzt, Gerichtsstandorte würden sich auf diese Weise gezielt als besonders attraktiv Lerach

142

C. Auseinandersetzung vor Gericht

sind Beschlussverfügungen ein schlagkräftiges Mittel zur sofortigen Unterbindung von Verstößen. Zwar sieht § 937 Abs. 2 ZPO demgegenüber die Entscheidung über den Verfügungsantrag aufgrund mündlicher Verhandlung offenbar als Regelfall vor⁷⁸⁶ und will eine Abweichung – jedenfalls seinem Wortlaut nach – wohl nur in besonders dringenden Fällen zulassen. Gleichwohl ist die nach herrschender Leseart der ZPO als Ausnahme konzipierte Beschlussverfügung gewissermaßen zum Regelfall geworden.⁷⁸⁷ 548 Dieses Auseinanderklaffen von gesetzlichem Normalfall und tatsächlicher Ver-

fahrenspraxis impliziert verfassungsrechtliche Probleme. Die Praxis der einseitigen Beschlussverfügung wirft aus Perspektive des Schuldners Fragen auf mit Blick auf die Wahrung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), des Rechts auf ein faires Verfahren und namentlich die prozessuale Waffengleichheit (jeweils Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG). Aus dem Blickwinkel des Gläubigers ist wiederum das Verfahrensgrundrecht des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG zu berücksichtigen (vgl. Rn. 579 ff.). Die Gewährung von Eilrechtsschutz ist immer dann erforderlich, wenn dem Betroffenen sonst eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann.⁷⁸⁸ Eine ohne vorherige Anhörung der Gegenpartei erlassene einstweilige Verfügung bewegt sich im Spannungsfeld zwischen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes einerseits und der Wahrung elementarer rechtsstaatlicher Verfahrensgrundsätze andererseits.⁷⁸⁹

b) Rechtsprechung des BVerfG 549 In zwei grundlegenden Entscheidungen vom 30.9. 2018 hielt die 3. Kammer des

Ersten Senats des BVerfG erstmals Verfassungsbeschwerden wegen Verletzung der prozessualen Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG unmittelbar gegen einstweilige Verfügungen für ausnahmsweise zulässig und gab ihnen

für Gläubiger gerieren, um Prestige und Gebühreneinnahmen zu erzielen („forum selling“). Vgl. Bechtold/Frankenreiter/Klerman, Southern California Law Review Vol. 92 (2019), 487, 487 ff.  Vgl. BGH, B. v. 7.5. 2020 – V ZB 110/19, BeckRS 2020, 14129. Aus den Gesetzgebungsmaterialien lässt sich allerdings der Schluss ziehen, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in das Ermessen des Gerichts gestellt sein sollte, vgl. Begründung des Entwurfs einer Civilprozeßordnung und des Einführungsgesetzes bei Hahn, Die gesammten Materialien zur Civilprozeßordnung und dem Einführungsgesetz zu derselben vom 30. Januar 1877, Abteilung 1, S. 125.  Engelschall, GRUR 1972, 103, 103 ff.; Klaka, GRUR 1979, 593, 598 f.; Lambrecht, in: FS HarteBavendamm, 2020, 501, 503 f. Kritisch gegenüber dieser Praxis namentlich Teplitzky, GRUR 2008, 34, 34 ff.; WRP 2016, 1181, 1181 ff.; WRP 2017, 1163, 1163 ff.  BVerfG, NVwZ 2005, 927, 928.  Wehlau/Kalbfus, GRUR Int. 2011, 396, 397. Lerach

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

143

als offensichtlich begründet statt.⁷⁹⁰ In diesen Entscheidungen traf das BVerfG zentrale Aussagen zu den Anforderungen an die Handhabung der prozessualen Waffengleichheit im zivilprozessualen einstweiligen Verfügungsverfahren. Seitdem hat das BVerfG in weiteren Kammerentscheidungen konkretisiert, unter 550 welchen Bedingungen das Recht auf prozessuale Waffengleichheit verletzt wird und wann dies einer Verfassungsbeschwerde oder einem Antrag auf einstweilige Anordnung gem. § 32 Abs. 1 BVerfGG zum Erfolg verhelfen kann. Die Kammerentscheidungen bezogen sich zunächst nur auf das Presse- und Äußerungsrecht, im Folgenden aber auch auf das Lauterkeitsrecht⁷⁹¹ respektive das Kartellrecht.⁷⁹² Während das BVerfG zunächst nur im Hauptverfahren Verfassungsbeschwerden stattgegeben,⁷⁹³ vorangegangene Eilanträge aber abgelehnt hatte,⁷⁹⁴ gab es später auch Anträgen auf einstweilige Anordnungen statt.⁷⁹⁵ Praxishinweis: Die Rechtsprechung des BVerfG entwickelt sich kontinuierlich und erscheint stark einzelfallbezogen (vgl. etwa Rn. 604 m. Fn. 904). Bei der Verallgemeinerung von Aussagen einzelner Entscheidungen ist daher Vorsicht geboten. Insgesamt ist die Neigung erkennbar, in presserechtlichen Verfahren eher einen Waffengleichheitsverstoß und auch ein entsprechendes verfassungsprozessuales Feststellungsinteresse anzunehmen als im Wettbewerbsrecht (vgl. Rn. 600, 606, 608). Dies trägt der besonderen Bedeutung der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Freiheit der Presseberichterstattung Rechnung.⁷⁹⁶

 BVerfG, GRUR 2018, 1288, 1288 ff.; GRUR 2018, 1291, 1291 ff. m. Anm. Roth, NJW 2018, 3636, 3636 f.  BVerfG, GRUR 2020, 1119, 1119 ff. m. Anm. Smirra, GRUR-Prax 2020, 426, 426 und m. Anm. Dobrosz, EWiR 2020, 703, 703 f.; BVerfG, GRUR 2020, 1236, 1236 f.; WRP 2021, 461, 461 ff. m. Anm. Dienstbühl, GRUR-Prax 2021, 180, 180 und m. Anm. Danckwerts, jurisPR-WettbR 1/2021 Anm. 1; BVerfG, NJW 2021, 2018, 2018 ff.  BVerfG, GRUR 2021, 989, 989 ff.  BVerfG, GRUR 2018, 1288, 1288 ff.; GRUR 2018, 1291, 1291 ff.  BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, B. v. 23. 8. 2017 – 1 BvR 1783/17, zit. nach juris (Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung und Verfassungsbeschwerde tragen in diesem Fall das gleiche Aktenzeichen); 3. Kammer des Ersten Senats, B. v. 29.1. 2018 – 1 BvQ 70/17, zit. nach juris (isolierter Eilantrag).  Erfolgreich waren entsprechende Eilanträge nach § 32 Abs. 1 BVerfGG in den presse- und äußerungsrechtlichen Verfahren: BVerfG, GRUR 2020, 773, 773 ff.; WRP 2020, 1177, 1177 ff. Vgl. Bornkamm, GRUR 2020, 715, 722 ff.; BVerfG, GRUR 2021, 518, 518 ff.; NJW 2021, 1587, 1587 ff.; WRP 2021, 743, 743 ff. Im Verfahren 1 BvR 2743/19 (BVerfG, NJW 2021, 2020, 2020 ff.) gab das Gericht – erstmals seit den grundlegenden Kammerentscheidungen von 2018 – wieder einer Verfassungsbeschwerde wegen Verstoßes gegen die prozessuale Waffengleichheit statt.  Beachtung verdient auch, dass presserechtliche und wettbewerbsrechtliche Fälle aktuell zwar gleichermaßen in die Zuständigkeit der 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG fallen, aber unterschiedliche Berichterstatter zuständig sind, vgl. Beschluss zur Kammerbesetzung des Ersten Senats vom 15.12. 2020 (abrufbar unter https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/ DE/GV_2021/GV_2021_S1_III_Kammern.pdf, Stand: 01/2022) und Gesamtübersicht über die originären Sachgebiete gem. I. 1. des Geschäftsverteilungsbeschlusses des Ersten Senats vom 15.12. 2020 für das Geschäftsjahr 2021 (abrufbar unter https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Down loads/DE/GV_2021/GV_2021_S1_II_Anlage.pdf, Stand: 01/2022). Lerach

551

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

aa) Grundlagen der Waffengleichheit im einstweiligen Verfügungsverfahren 552 Die Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Verfahrensbeteiligten ist laut

BVerfG nicht mehr gewährleistet, wenn eine Beschlussverfügung ohne vorherige Anhörung des Schuldners durch das Gericht und ohne eine hinreichende vorgerichtliche Abmahnung ergangen ist.⁷⁹⁷ 553 Den Fachgerichten komme zwar zur Beurteilung der Frage, ob ein dringender Fall

i. S.v. § 937 Abs. 2 ZPO vorliegt, der den Verzicht auf eine mündliche Verhandlung rechtfertige, ein weiter Wertungsrahmen zu.⁷⁹⁸ Denn speziell das Presse- und Gegendarstellungsrecht sei grundsätzlich von dem Erfordernis einer schnellen Reaktion geprägt, wenn es darum gehe, gegen eine möglicherweise rechtswidrige Berichterstattung vorzugehen. Die Möglichkeit der Weiterverbreitung von Informationen werde durch ständig aktualisierte Online-Angebote und soziale Medien noch beschleunigt. Hier könne es verfassungsrechtlich im Interesse effektiven Rechtsschutzes sogar geboten sein, Unterlassungs- ebenso wie Gegendarstellungsansprüche in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Berichterstattung zur Geltung zu verhelfen. Die Annahme besonderer Dringlichkeit und damit der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung setze auch eine entsprechend zügige Verfahrensführung voraus.⁷⁹⁹ Über eine einstweilige Verfügung gegen Veröffentlichungen der Presse oder über den Abdruck einer Gegendarstellung müsse deshalb nicht selten zunächst ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. 554 Der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung berechtige demgegenüber aber nicht

ohne Weiteres dazu, den Schuldner bis zur Entscheidung über den Verfügungsantrag ganz aus dem Verfahren herauszuhalten. Eine stattgebende Entscheidung über den Verfügungsantrag komme grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn für den Schuldner zuvor die Möglichkeit bestanden habe, auf das mit dem Verfügungsantrag geltend gemachte Vorbringen zu erwidern. Dabei könne jedoch – je nach den Einzelfallumständen – nach Art und Zeitpunkt der Gehörsgewährung differenziert werden. Entbehrlich sei eine vorherige Anhörung nur in Ausnahmefällen. 555 In den besonderen Verfahrenslagen des einstweiligen Rechtsschutzes sei eine vor-

herige Anhörung verzichtbar, wenn sie den Zweck des Verfahrens – nämlich einen wirksamen vorläufigen Rechtsschutz in Eilfällen – vereiteln würde, wie etwa im ZPOArrestverfahren.⁸⁰⁰ In diesen Fällen reiche es aus, nachträglich – im Rahmen des Widerspruchsverfahrens – Gehör zu gewähren. Auch im Verfahren der einstweiligen Verfügung ist die Verweisung auf eine nachträgliche Anhörung möglich, wenn an BVerfG, GRUR 2018, 1288, 1290; GRUR 2018, 1291, 1292.  BVerfG, GRUR 2018, 1288, 1290; GRUR 2018, 1291, 1293.  BVerfG, GRUR 2018, 1288, 1290; GRUR 2018, 1291, 1293.  BVerfG, BVerfGE 70, 180, 188 f. Als weitere Fallgruppe wird die Anordnung von Untersuchungshaft oder Wohnungsdurchsuchungen genannt. Lerach

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

145

dernfalls ein wirksamer Eilrechtsschutz zu scheitern droht. Eine ausreichende vorausgehende Äußerungsmöglichkeit für den Schuldner könne dabei in zweifacher Weise gewahrt werden: Zum einen durch die Möglichkeit, auf eine vorangegangene Abmahnung zu erwidern, zum anderen durch die Möglichkeit, eine Schutzschrift gem. §§ 945a f. ZPO zu hinterlegen (vgl. auch Rn. 528). Die Erwiderungsmöglichkeiten auf eine vorgerichtliche Abmahnung genügen 556 dem Grundsatz prozessualer Waffengleichheit danach aber nur unter folgenden Voraussetzungen:⁸⁰¹ – der Verfügungsantrag wird unverzüglich im Anschluss an eine in der vorgerichtlichen Abmahnung gesetzte angemessene Frist eingereicht (vgl. Rn. 581), – der abgemahnte Verstoß sowie die Begründung für die begehrte Unterlassung sind mit dem bei Gericht geltend gemachten Unterlassungsbegehren identisch (vgl. Rn. 561 ff., 583 ff.), – der Gläubiger hat ein etwaiges Zurückweisungsschreiben des Schuldners zusammen mit seiner Antragsschrift bei Gericht eingereicht (vgl. aber Rn. 568, 609). Demgegenüber ist der Schuldner anzuhören, wenn er nicht in der „gehörigen Form“ 557 abgemahnt wurde. Eine Anhörung soll ebenfalls erforderlich sein, wenn der Antrag vor Gericht in anderer Weise als in der Abmahnung oder mit ergänzendem Vortrag begründet wurde oder auf eine Erwiderung des Schuldners inhaltlich eingeht. Die Anhörung kann – wie das BVerfG explizit hervorhebt – auch fernmündlich oder per E-Mail mit kurz bemessener Frist erfolgen.⁸⁰² Wenn das Gericht dem Gläubiger Hinweise nach § 139 ZPO erteilt (vgl. Rn. 429 ff., 558 587 ff.), ist dem Schuldner nach der Rechtsprechung des BVerfG ebenfalls Gehör zu gewähren.⁸⁰³ Hinweise – insbesondere sofern sie mündlich oder fernmündlich erteilt werden – seien vollständig zu dokumentieren. Denn nur dann ergebe sich nachvollziehbar aus den Akten, wer wann wem gegenüber welchen Hinweis gegeben hat. Alsdann sei geboten, den Gegner zeitnah vor Erlass einer Entscheidung in den gleichen Kenntnisstand zu versetzen wie den Gläubiger und auch ihm die richterlichen Hinweise mitzuteilen. Dies soll insbesondere bei – in der Praxis sehr üblichen – rechtlichen Hinweisen⁸⁰⁴ gelten, die dazu dienen, dem Gläubiger Gelegenheit zur Nachbesserung oder eine Einschätzung zu den Erfolgsaussichten oder zum Vorliegen der Dringlichkeit zu geben. Praxishinweis: Soweit Hinweise erteilt werden, ist dies nach der Rechtsprechung des BVerfG dem Schuldner mit Blick auf die Nutzung in anderen gegen ihn gerichteten Verfahren auch im Fall der

   

Vgl. BVerfG, NJW 2021, 2020, 2022. BVerfG, GRUR 2021, 518, 520. BVerfG, GRUR 2018, 1288, 1291; GRUR 2018, 1291, 1293. Das BVerfG bezeichnet dies als „Rechtsauskünfte in Hinweisform“. Lerach

559

146

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Ablehnung eines Antrags unverzüglich mitzuteilen (vgl. aber Rn. 588). Ein einseitiges Geheimverfahren über einen mehrwöchigen Zeitraum, in dem sich Gericht und Gläubiger über Rechtsfragen austauschen, ohne den Schuldner in irgendeiner Form einzubeziehen, ist mit den Verfahrensgrundsätzen des Grundgesetzes unvereinbar.

bb) Prozessuale Waffengleichheit im Wettbewerbsrecht (1) Spruchpraxis der 2. Kammer des Ersten Senats 560 Die 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG hat die im Presse- und Äußerungsrecht entwickelten Maßstäbe zur Handhabung der prozessualen Waffengleichheit im einstweiligen Verfügungsverfahren in zwei Entscheidungen vom Juli 2020 konsequenterweise auf das Wettbewerbsrecht angewandt⁸⁰⁵ und in der Folge fortlaufend weiter ausdifferenziert.⁸⁰⁶ In der Sache wurden die unmittelbar gegen wettbewerbsrechtliche Beschlussverfügungen gerichteten Verfassungsbeschwerden allerdings allesamt mangels Feststellungsinteresse nicht zur Entscheidung angenommen. Die parallel gestellten Eilanträge wurden damit nach § 40 Abs. 3 GOBVerfG gegenstandslos. Gleichwohl lassen sich den begründeten Nichtannahmeentscheidungen zentrale Gesichtspunkte entnehmen.

(2) Kongruenz zwischen Abmahnung und Verfügungsantrag 561 Einen Verstoß gegen den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit sah das BVerfG zunächst darin, dass das Unterlassungsbegehren aus der der außergerichtlichen Abmahnung beigefügten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung und der nachfolgend gestellte Verfügungsantrag nicht identisch waren.⁸⁰⁷ Denn nur bei „wortlautgleicher“ Identität sei sichergestellt, dass der Schuldner auch hinreichend Gelegenheit hatte, sich zu dem vor Gericht geltend gemachten Vorbringen in gebotenem Umfang zu äußern (vgl. Rn. 556, 583 ff.). Der Verfügungsantrag war abweichend vom Unterlassungsbegehren in der Unterlassungserklärung formuliert. Seine Begründung war gegenüber dem Inhalt der Abmahnung ausgebaut und ging replizierend auf die vorgerichtliche Zurückweisung ein. Im Zweifel sei dem Schuldner auch bei kleinsten Abweichungen rechtliches Gehör zu gewähren.⁸⁰⁸

 BVerfG, GRUR 2020, 1119, 1120; GRUR 2020, 1236, 1236 f.  BVerfG, WRP 2021, 461, 461 ff.; NJW 2021, 2018, 2018 ff.; 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 23.7. 2021 – 1 BvR 1653/21, BeckRS 2021, 27416; 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 1.12. 2021 – 1 BvR 2708/19, GRUR-RS 2021, 45457.  BVerfG, GRUR 2020, 1119, 1120.  Unter Verweis auf Bornkamm, GRUR 2020, 715, 724, der seine Auffassung aber zwischenzeitlich revidiert hat, vgl. Bornkamm, GRUR 2020, 1163, 1163 f. Lerach

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

147

Zudem lag ein Verstoß darin, dass das Gericht der Gläubigerseite einen Hinweis er- 562 teilte, ohne den Schuldner davon in Kenntnis zu setzen.⁸⁰⁹ Dabei wies es zum einen auf Bedenken bezüglich der Antragsfassung hin. Aus Gründen der Bestimmtheit sollte die konkrete Verletzungsform (d. h. in diesem Fall die betreffenden Medizinprodukte) in den Antrag aufgenommen werden. Zum anderen wies das Gericht auf die fehlende Glaubhaftmachung der konkreten Kennzeichnung der Testbestellung hin. Der Gläubiger besserte seinen Verfügungsantrag daraufhin mit Schriftsatz nach. Das BVerfG verneinte gleichwohl ein Feststellungsinteresse für den Waffen- 563 gleichheitsverstoß. Die Abweichungen zwischen dem außergerichtlich geltend gemachten Unterlassungsverlangen und dem ursprünglich gestellten Verfügungsantrag sowie der nachgebesserten Antragsfassung stellten sich in der Sache als gering und nicht gravierend dar.⁸¹⁰ Bei der Beurteilung des Grades der Abweichungen könne von Bedeutung sein, dass es sich um kerngleiche Verstöße handelte. Dem Schuldner sei grundsätzlich zumutbar, im Erwiderungsschreiben auf eine Abmahnung auch zu kerngleichen, nicht-identischen Verstößen Stellung zu nehmen (vgl. Rn. 451 f.).⁸¹¹ Eine Grenze sei dort zu ziehen, wo der bei Gericht gestellte Verfügungsantrag den im Rahmen der außergerichtlichen Abmahnung geltend gemachten Antrag verlasse oder neue Streitgegenstände einführe (vgl. Rn. 583 f., 586, 604 m. Fn. 904). Dass ein Unterlassungsgebot sich auf den Inhalt der zu unterlassenden Handlung beziehe und weniger auf die konkrete Formulierung im Einzelfall, sei auch für den Unterlassungsschuldner erkennbar.⁸¹² Im Ausgangsfall war der Schuldner mit der außergerichtlichen Abmahnung bereits ausdrücklich aufgefordert worden, die „rechtswidrige Handlung sowie alle kerngleichen Verstöße“ zu unterlassen.⁸¹³ Weicht die in der Abmahnung begehrte Unterlassung zwar von dem zunächst bei 564 Gericht gestellten Verfügungsantrag ab, deckt sich aber die schließlich erlassene Beschlussverfügung wiederum mit dem ursprünglichen Unterlassungsbegehren aus der Abmahnung, ist nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung keine Verkürzung prozessualer Rechte erkennbar.⁸¹⁴ In diesem Fall einer (nachträglich) hergestellten Kongruenz zwischen Abmahnung und Verfügungsverbot würde es

 BVerfG, GRUR 2020, 1119, 1120.  BVerfG, GRUR 2020, 1119, 1121.  Die sog. Kerntheorie ist im Grundsatz verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, vgl. BVerfG, GRUR 2007, 618, 619. Danach dient die Kerntheorie der effektiven Durchsetzung von auf Unterlassung gerichteten Ansprüchen. Diese würde erheblich erschwert, falls der Unterlassungstitel nur in solchen Fällen als verletzt gölte, in denen die Verletzungshandlung dem Wortlaut des Titels genau entspreche.  BVerfG, GRUR 2020, 1119, 1121.  Der abgemahnte Vertrieb eines Zahnabdrucksets bezog sich auf ein einheitliches Produkt mit allen seinen Bestandteilen, wie es bei einer Testbestellung geliefert worden war, auch wenn in der Abmahnung noch nicht alle einzelnen Bestandteile Erwähnung fanden, vgl. BVerfG, GRUR 2020, 1119, 1121.  BVerfG, GRUR 2020, 1236, 1237. Lerach

148

C. Auseinandersetzung vor Gericht

eine „bloße Förmelei“ bedeuten, wenn das Anhörungserfordernis – und in der Folge ein Verstoß gegen den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit – allein daran anknüpfte, dass zunächst keine Identität zwischen Abmahnung einerseits und Verfügungsantrag andererseits bestand, Kongruenz aber in der Folge – auf einen gerichtlichen Hinweis hin – hergestellt wurde. Ob die fehlende Mitteilung des gerichtlichen Hinweises an den Schuldner in diesem Fall ihrerseits einen Verstoß gegen die Waffengleichheit darstellt, hat das BVerfG offengelassen.⁸¹⁵ 565 Weicht das Gericht selbst bei der Formulierung des Tenors des Verfügungsverbots

gem. § 938 Abs. 1 ZPO vom gestellten Verfügungsantrag ab (vgl. Rn. 430, 589 m. Fn. 869), ohne hierzu rechtliches Gehör zu gewähren, blieb wiederum offen,⁸¹⁶ ob es sich hierbei um einen Verstoß gegen den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit oder um einen Gehörsverstoß handelt. Allerdings dürfte ein gerichtsseitiges Abweichen vom beantragten Verbotstenor im Sinne eines Aliud einen entsprechenden Hinweis und die Gewährung rechtlichen Gehörs von Gläubiger- wie Schuldnerseite erforderlich machen (vgl. Rn. 585). 566 Ist der Verfügungsantrag enger gefasst als die vorformulierte Unterlassungser-

klärung aus der Abmahnung – das mit dem Verfügungsantrag beantragte und schließlich vom Gericht tenorierte Unterlassungsgebot als „Minus“ aber bereits im außergerichtlichen Unterlassungsverlangen des Gläubigers enthalten –, liegt darin keine Verkürzung prozessualer Rechte des Schuldners oder von dessen Äußerungsmöglichkeiten.⁸¹⁷ Solche Abweichungen zwischen dem außergerichtlich geltend gemachten Unterlassungsverlangen und dem gestellten Verfügungsantrag stellen sich in der Sache regelmäßig als gering und nicht gravierend dar.⁸¹⁸ Denn das Unterlassungsbegehren wird lediglich beschränkt, nicht hingegen erweitert.

 BVerfG, GRUR 2020, 1236, 1237. Der Hinweis beeinflusste den Erfolg des Verfügungsantrags zwar maßgeblich. Jedenfalls aber fehlte es an einem hinreichenden Interesse an der Feststellung eines Waffengleichheitsverstoßes im Wege einer Verfassungsbeschwerde.  BVerfG, NJW 2021, 2018, 2019. Dazu Kapoor/Klindt, NJW 2021, 1575, 1576. Wird die Annahme einer lauterkeitsrechtlichen Irreführung rechtsfehlerhaft auf Umstände gestützt, die der Gläubiger zur Begründung seines Verfügungsantrags gar nicht vorgetragen hat, kann dies im Rechtsmittel geltend gemacht werden.  BVerfG, WRP 2021, 461, 463; NJW 2021, 2018, 2019 (die Abmahnung enthielt bereits die von den testweise erworbenen Produkten erstellten Fotos, die als konkrete Verletzungsformen auch Gegenstand des Verfügungsantrags waren).  Im zugrundeliegenden Fall war der Verfügungsantrag deutlich enger gefasst als das in der Abmahnung postulierte Unterlassungsbegehren. Die angegriffenen Nahrungsergänzungsmittelpräparate wurden in der Abmahnung nur durch einen „insbesondere“-Zusatz benannt. Demgegenüber adressierte der Verfügungsantrag nur noch die konkreten Präparate – hinsichtlich der Bewerbung bezogen auf eine konkrete Verletzungsform – und nicht mehr sämtliche Nahrungsergänzungsmittel, die Benfotiamin enthalten. Lerach

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

149

Praxishinweis: Daraus, dass der Gläubiger im Verfügungsantrag – gegenüber der Abmahnung – zusätzliche Rechtsnormen anführt, die sein Unterlassungsbegehren tragen sollen und damit möglicherweise auf die Ausführungen des Schuldners in einem Erwiderungsschreiben reagiert, ergibt sich keine mangelnde Kongruenz. Identität in der rechtlichen Begründung zwischen Abmahnung und Verfügungsantrag ist nicht erforderlich (vgl. Rn. 584).⁸¹⁹

567

(3) Kein Waffengleichheitsverstoß bei gezielter Gehörsvereitelung Eine gezielte Gehörsvereitelung durch den Gläubiger eines einstweiligen Verfü- 568 gungsverfahrens stellt keinen Verstoß gegen die prozessuale Waffengleichheit vonseiten des Gerichts dar (vgl. auch Rn. 609).⁸²⁰ Beruht das Absehen von einer Anhörung des Schuldners nicht auf der Missachtung dessen prozessualer Rechte, sondern wurde das Gericht selbst vom Gläubiger durch wahrheitswidrigen Vortrag über das (Nicht‐) Vorliegen einer Erwiderung des Schuldners auf die vorgerichtliche Abmahnung getäuscht (vgl. Rn. 522 f.), so ist nicht von einer Verletzung der prozessualen Waffengleichheit auszugehen. Denn eine sachgerechte Bewertung der Dringlichkeit i. S.v. § 937 Abs. 2 ZPO und die Entscheidung über die etwaige Durchführung einer mündlichen Verhandlung – respektive einer schriftlichen Anhörung – ist dem Gericht in diesem Fall erst unter Berücksichtigung der gesamten vorgerichtlichen Korrespondenz möglich.⁸²¹

(4) Pflicht zur ausgeglichenen und zügigen Verfahrensführung Bietet das Gericht durch Übersendung der Antragsschrift unter Erteilung von an beide 569 Parteien gerichteten Hinweisen beidseitig Gelegenheit zur Stellungnahme, erreicht diese Verfügung die Schuldnerseite aber aufgrund längerer Postlaufzeit erst nach Ablauf der gesetzten Stellungnahmefrist, liegt ein die prozessuale Waffengleichheit beeinträchtigender Verfahrensfehler vor (vgl. aber Rn. 610).⁸²² Gleiches gilt, wenn – entgegen § 945a ZPO – eine eingereichte Schutzschrift seitens des Gerichts wegen einer gerichtsinternen Nichtvorlage im Einzelfall nicht vorgelegt wird (vgl. Rn. 540).⁸²³

 BVerfG, WRP 2021, 461, 464. Der Gläubiger hatte bereits in der Abmahnung auf die RL 2002/46/EG (Nahrungsergänzungsmittelrichtlinie) und deren Anhang II abgestellt. Dass im Verfügungsantrag neben der Richtlinie auch § 3 Abs. 1 NemV angeführt wurde – anstatt § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 21 AMG und § 3a HWG wie in der Abmahnung –, erwies sich als unschädlich.  BVerfG, WRP 2021, 461, 463 m. Anm. Danckwerts, jurisPR-WettbR 1/2021 Anm. 1; Dienstbühl, WRP 2021, 444, 444 ff.  Dieser Form der missbräuchlichen Titelerschleichung ist durch den Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 8c UWG respektive § 242 BGB zu begegnen. Vgl. auch OLG München, WRP 2021, 1495, 1496 m. Anm. Smirra, GRUR-Prax 2021, 581, 581.  BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 23.7. 2021 – 1 BvR 1653/21, BeckRS 2021, 27416.  Eine systematische Praxis der mit lauterkeitsrechtlichen Sachverhalten befassten Zivilkammern des hier betroffenen LG Berlin und eine Wiederholungsgefahr waren indes nicht ersichtlich. Lerach

150

C. Auseinandersetzung vor Gericht

570 Die Pflicht zu einer zügigen und ausgeglichenen Verfahrensführung erledigt sich nicht

mit dem Erlass der einstweiligen Verfügung. Vielmehr besteht in Fällen einer ohne Einbeziehung des Schuldners erlassenen Beschlussverfügung – im Gegenzug – zumindest eine besondere Obliegenheit, eine mündliche Verhandlung über den Widerspruch zeitnah anzuberaumen.⁸²⁴ Eine Terminierung sieben Wochen nach Widerspruch sah das BVerfG in einer Wettbewerbssache noch als ausreichend zeitnah an, um eine zügige Verfahrensführung zu gewährleisten.⁸²⁵ 571

Praxishinweis: Beruht ein Verfahrensfehler, der die prozessuale Waffengleichheit beeinträchtigt, auf Nachlässigkeit des Gerichts, ist auf Widerspruch und Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung hin unverzüglich zu prüfen, ob eine Einstellung der Zwangsvollstreckung auf der Grundlage des neuen Vortrags des Schuldners geboten erscheint (vgl. Rn. 720 ff.).⁸²⁶ Gleichermaßen soll jedenfalls unverzüglich und zeitnah Termin zur Verhandlung über den Widerspruch bestimmt werden, was erforderlichenfalls – sollte eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung in Betracht kommen – zur Gewährleistung fachgerichtlicher Kontrolle auch sehr kurzfristig geschehen muss.⁸²⁷

c) Konsequenzen in der Praxis der Fachgerichte 572 Nach den „Machtworten“ des BVerfG ist bereits 2020 das Ende der ex-parte-Verfü-

gung auch im Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht prophezeit worden.⁸²⁸ Dies dürfte verfrüht gewesen sein. Die Problematik der prozessualen Waffengleichheit evoziert im Lauterkeitsverfahren – wie die bislang vom BVerfG behandelten Verfahren zeigen – eine Vielzahl unterschiedlicher Fallkonstellationen, die sich einer schematischen Einordnung entziehen. Den spezifischen Eigenheiten des Wettbewerbsrechts ist Rechnung zu tragen. Gleichermaßen unterscheiden sich diese Fälle von presse- und äußerungsrechtlichen Fallgestaltungen, in denen die Presse- und Meinungsfreiheit maßgeblich betroffen ist.

573 Die gerichtliche Bearbeitung von Eilanträgen hat sich den Vorgaben des BVerfG an-

gepasst und zeigt sich sensibilisiert für die Problematik der prozessualen Waffengleichheit und des rechtlichen Gehörs. Gleichwohl dürfte die Beschlussverfügung ohne mündliche Verhandlung in der gerichtlichen Praxis weiterhin den Regelfall

 BVerfG, GRUR 2020, 773, 775 (zum Äußerungsrecht).  BVerfG, GRUR 2020, 1119, 1121. Demgegenüber war eine vergleichbar lange Zeitspanne im äußerungsrechtlichen Kontext – selbst unter Berücksichtigung eines allgemein erschwerten Geschäftsganges aufgrund von Corona-Eindämmungsmaßnahmen – nicht mehr ausreichend, vgl. BVerfG, GRUR 2020, 773, 775.  BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 23.7. 2021 – 1 BvR 1653/21, BeckRS 2021, 27416.  Das BVerfG postuliert hier allerdings eher Selbstverständlichkeiten, ohne eine konkrete Zeitspanne vorzugeben.  Bornkamm, GRUR 2020, 715, 715 ff.Vgl. aber die Erwiderung von Dissmann, GRUR 2020, 1152, 1152 ff. Vgl. auch Lerach, jurisPR-WettbR 11/2018 Anm. 1 (Anm. zu BVerfG, GRUR 2018, 1291, 1291 ff.). Lerach

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

151

darstellen (vgl. Rn. 488).⁸²⁹ Allerdings ist davon auszugehen, dass „Auswüchse“ wie „telefonische Beratungen“ zwischen Gläubigerseite und Gericht (schon seit Längerem) der Vergangenheit angehören. Einstweilige Verfügungen dürften zudem nunmehr (ausführlicher) begründet werden;⁸³⁰ auch außerhalb des Anwendungsbereichs von §§ 936, 922 Abs. 1 Satz 2 ZPO, der dies bei Geltendmachung der Verfügung im Ausland vorsieht (vgl. Rn. 495). Praxishinweis: Die Vorgaben des BVerfG machen die vorgerichtliche anwaltliche Beratung dementsprechend aufwändiger.⁸³¹ Gleichwohl lässt sich auch weiterhin eine einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung und/oder etwaige Anhörung der Gegenseite erreichen. Die vorgerichtliche Abmahnung muss bereits in hohem Maße auf einen etwaigen gerichtlichen Verfügungsantrag abgestimmt werden (vgl. Rn. 9 m. Fn. 2, Rn. 583 ff.). Um Probleme bei der Kongruenz gänzlich auszuschließen, kann es zweckmäßig sein, dem Schuldner außergerichtlich anstelle der Abmahnung bereits einen Entwurf des beabsichtigten Verfügungsantrags zu übersenden.

574

aa) Anwendungsbereich Die ursprünglich im Presse- und Äußerungsrecht entwickelten verfassungsrechtlichen 575 Maßstäbe zur Handhabung der prozessualen Waffengleichheit im Eilverfahren finden grundsätzlich auf alle Bereiche des Zivilrechts Anwendung. Den spezifischen Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets sowie den dort relevanten Grundrechten ist indes in besonderem Maße Rechnung zu tragen. Rechtsprechung und Literatur halten die Grundsätze zur prozessualen Waffengleichheit neben dem Lauterkeits- und Kartellrecht auch im Bereich des geistigen Eigentums verbreitet für anwendbar.⁸³² Das BVerfG hat bislang offengelassen,⁸³³ ob die verfassungsrechtlichen Maßgaben zur prozessualen Waffengleichheit angesichts von Art. 9 Abs. 4 RL

 Die vom BVerfG in den Verfahren 1 BvR 1783/17 (BVerfG, GRUR 2018, 1288, 1288 ff.) und 1 BvR 2421/17 (BVerfG, GRUR 2018, 1291, 1291 ff.) eingeholten Stellungnahmen belegten offenbar lediglich für zwei Landgerichtsbezirke (Köln und Hamburg) die Praxis, regelmäßig ohne mündliche Verhandlung und ohne Anhörung des Schuldners zu entscheiden, während in den übrigen Landgerichtsbezirken – jedenfalls der Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein – diese Praxis eine Ausnahme darstelle. Außerhalb des Presserechts dürfte eine entsprechende Handhabung gerade bei spezialisierten Zivilkammern und Kammern für Handelssachen nach vorsichtiger Einschätzung allerdings tatsächlich noch weitaus verbreiteter sein.  Vgl. etwa LG Düsseldorf, WRP 2021, 688, 688 ff.  Tyra, WRP 2020, 1525, 1526, 1532, der deshalb für eine nicht unter Gebührenfaktor 1,8 liegende Geschäftsgebühr bei einer UWG-Abmahnung plädiert.  OLG München, WRP 2021, 1495, 1496 (für das kennzeichenrechtliche Verfügungsverfahren); Büscher, GRUR 2019, 217, 234; Bornkamm, WRP 2019, 1242, 1242 f.; Meinhardt, WRP 2020, 273, 281; Mantz, NJW 2019, 953, 954; Petersenn/Peters, GRUR 2021, 553, 554 f.  BVerfG, GRUR 2020, 1119, 1120. Lerach

152

C. Auseinandersetzung vor Gericht

2004/48/EG (Durchsetzungsrichtlinie) auch für das Immaterialgüterrecht (die gewerblichen Schutzrechte und das Urheberrecht) uneingeschränkt gelten.⁸³⁴

bb) Mündliche Verhandlung oder Anhörung (1) Durchführung einer mündlichen Verhandlung 576 Keine unmittelbaren Konsequenzen ergeben sich aus den Vorgaben des BVerfG, wenn eine mündliche Verhandlung vor Erlass einer einstweiligen Verfügung (oder Zurückweisung des Antrags) ohnehin angedacht ist. Mündlich verhandelt werden nach bisheriger Praxis meist nur komplexe Fälle bei unklarem Sachverhalt, wenn der Gläubiger dies beantragt, weil der Gegner im Ausland ansässig ist oder wenn keine vorgerichtliche Abmahnung erfolgt ist (vgl. Rn. 531). Sinnvoll erscheint eine mündliche Verhandlung regelmäßig auch bei lizenzvertraglichen Auseinandersetzungen und bei erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen für die Schuldnerseite. Bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird die prozessuale Waffengleichheit im einstweiligen Verfügungsverfahren grundsätzlich jedenfalls gewahrt.⁸³⁵

(2) Entbehrlichkeit einer mündlichen Verhandlung 577 Eine besondere Dringlichkeit, die es rechtfertigt, gem. § 937 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, ist auch nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht ausgeschlossen, wenn eine echte Eillage besteht. Der Zweck des Eilantrags könnte auch im einstweiligen Verfügungsverfahren – wie im Arrestverfahren – durch den mit Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung verbundenen Zeitablauf vereitelt werden, wenn etwa der Schuldner gewarnt und ihm damit die Möglichkeit zum Abverkauf lauterkeitswidriger Produkte gegeben würde (vgl. Rn. 580).⁸³⁶ Dies ist klassischerweise bei Messesachen der Fall, aber etwa auch bei Lauterkeitsverletzungen in großem Stil, bei denen jede Stunde, jeder Tag des Zuwartens zu erheblichen Einbußen führt;⁸³⁷ ebenso beispielsweise bei der Markteinführung neuer Produkte oder einer aktuell laufenden lauterkeitswidrigen Aktion

 Zwei Verfassungsbeschwerden aus dem Bereich des Urheberrechts wurden ohne Begründung nicht zur Entscheidung angenommen: BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 5.10. 2020 – 1 BvR 2204/20, n. v.; 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 10. 2. 2021 – 1 BvR 181/21, n. v. Eine weitere Verfassungsbeschwerde aus dem Urheberrecht wurde mit Tenorbegründung nicht zur Entscheidung angenommen, da die Schuldner ein hinreichend gewichtiges Interesse an der begehrten Feststellung einer Verletzung der prozessualen Waffengleichheit im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht substantiiert vorgetragen hatten, vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 20.12. 2021 – 1 BvR 2548/21, n. v. Petersen/Peters, GRUR 2021, 553, 555 sehen die Anforderungen des BVerfG an die prozessuale Waffengleichheit als grundsätzlich mit der Durchsetzungsrichtlinie vereinbar an.  Die Terminierung sollte möglichst binnen maximal vier Wochen erfolgen. Eine vorherige Hinweiserteilung zu klärungsbedürftigen Punkten – an beide Parteien – erscheint sinnvoll.  Vgl. Lensing-Kramer/Timmann, in: Hasselblatt, § 5 Rn. 45.  Vgl. Meinhardt, WRP 2017, 1180, 1181. Lerach

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

153

eines Discounters. Über einstweilige Verfügungen gegen Lauterkeitsverstöße wird daher auch zukünftig regelmäßig ohne mündliche Verhandlung entschieden werden müssen.⁸³⁸ Dies dürfte auch weiterhin der gängigen Gerichtspraxis entsprechen (vgl. Rn. 488).⁸³⁹ Praxishinweis: Die Gläubigerseite sollte der Begründung einer besonderen Dringlichkeit i. S. v. § 937 Abs. 2 ZPO daher größere Aufmerksamkeit widmen. Dies liefert den Gerichten konkrete Argumente für ihre eigene Begründung an die Hand, weshalb sowohl von einer mündlichen Verhandlung als auch von einer anderweitigen Anhörung des Schuldners abgesehen wurde (vgl. auch Rn. 490, 530 f.).⁸⁴⁰

578

(3) Entbehrlichkeit der Anhörung Auch wenn das Gericht berechtigterweise von einer mündlichen Verhandlung absieht, 579 muss eine Erwiderungsmöglichkeit des Schuldners grundsätzlich gewährleistet sein. Das BVerfG gibt nicht vor, dass eine Anhörung stets zu erfolgen habe. Neben dem Anspruch auf rechtliches Gehör und dem Recht auf prozessuale Waffengleichheit des Schuldners ist nämlich auch das Recht des Gläubigers auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes, Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG, zu beachten (vgl. auch Rn. 531). Eine besonders hohe Dringlichkeit kann deshalb sehr wohl auch den Erlass einer 580 Beschlussverfügung rechtfertigen, bei welcher der Schuldner zuvor in keiner Weise angehört wird. In den besonderen Verfahrenslagen des einstweiligen Rechtsschutzes ist eine vorherige Anhörung der Schuldnerseite verzichtbar, wenn sie den Zweck des Verfahrens vereiteln würde, wie namentlich im ZPO-Arrestverfahren.⁸⁴¹ In diesen Fällen kann auf eine nachträgliche Anhörung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens verwiesen werden (vgl. Rn. 577 f.). Gleiches gilt, wenn mit dem Verfügungs-

 Die Annahme der geforderten besonderen Dringlichkeit hat ihre Ursache regelmäßig auch in dem Umstand, dass es schlicht unmöglich wäre, neben den ebenfalls möglichst zeitnah zu verhandelnden Hauptsacheverfahren alle bei einer (spezialisierten) Zivilkammer eingehenden Verfügungsverfahren zeitnah zu verhandeln. Bei spezialisierten Kammern dürften die Verfügungsverfahren regelmäßig mindestens 50 % aller Eingänge ausmachen. Faktisch wäre eine Verdoppelung der Kapazitäten erforderlich, um als Regelfall eine mündliche Verhandlung durchführen zu können.  Der historische Gesetzgeber ging ohnehin – entgegen der heute h. M. – davon aus, dass für den Grundsatz der Mündlichkeit sowohl bei Arresten wie auch bei einstweiligen Verfügungen kein Raum sein sollte, sondern eine richterliche Entscheidung auf einseitigen Antrag einer Partei zu treffen sei oder doch „getroffen werden könne“, was für ein Ermessen des Gerichts spricht (vgl. Begründung des Entwurfs einer Civilprozeßordnung und des Einführungsgesetzes bei Hahn, Die gesammten Materialien zur Civilprozeßordnung und dem Einführungsgesetz zu derselben vom 30. Januar 1877, Abteilung 1, S. 125).  Fall der „echten“ Beschlussverfügung.  BVerfG, BVerfGE 70, 180, 188 f. Lerach

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

antrag die Sequestration des angegriffenen Verletzungsgegenstands begehrt wird (vgl. Rn. 811) oder bei Besichtigungsansprüchen. Denn auch hier muss u. U. vermieden werden, dass der Schuldner durch die Abmahnung bzw. eine sonstige Anhörung gewarnt wird (vgl. auch Rn. 530 f.).⁸⁴² Dann besteht primär ein Bedürfnis danach, den Schuldner nicht anzuhören, damit der betreffende Anspruch ordnungsgemäß erfüllt werden kann. Die Anhörung ist also zu unterlassen, um die drohende Beweisvereitelung zu verhindern.⁸⁴³ Ebenso kann es sich bei Unterlassungsansprüchen nach dem GeschGehG verhalten;⁸⁴⁴ hier kann das Risiko bestehen, dass das Geschäftsgeheimnis im Rahmen der Abmahnung konkretisiert und damit faktisch offengelegt werden müsste.⁸⁴⁵ Die Entbehrlichkeit einer vorherigen Anhörung ist auch im Fall einer voraussichtlich nutzlosen Abmahnung denkbar, wenn der Schuldner bereits über die Äußerung seines Rechtsstandpunkts hinaus zu erkennen gegeben hat, dass er sich durch eine Abmahnung nicht von seinem Verhalten abbringen lassen wird.⁸⁴⁶ 581 Als vorgerichtliche Instrumente der Gehörsgewährung, die eine gerichtliche An-

hörung entbehrlich machen können, kommen neben einer Abmahnung (vgl. Rn. 528) und einer Schutzschrift⁸⁴⁷ auch Berechtigungsanfragen⁸⁴⁸ oder informelle Kontaktaufnahmen bei Mitbewerbern mit regelmäßiger Marktbegegnung (respektive entsprechende Antworten) in Betracht.⁸⁴⁹ Der Gläubiger muss den Verfügungsantrag unverzüglich nach Ablauf der Stellungnahmefrist auf eine Abmahnung zusammen mit einem etwaigen Zurückweisungsschreiben bei Gericht einreichen (vgl. Rn. 556). Nach Ablauf von 40 Tagen⁸⁵⁰ oder auch drei Wochen⁸⁵¹ sah das BVerfG diese Voraussetzung nicht mehr als erfüllt an. Geht die Antwort auf eine Abmahnung erst nach Einreichung des Verfügungsantrags beim Gläubiger ein, ist diese unverzüglich vor-

 Vgl. OLG Frankfurt a. M., WRP 2021, 803, 803 ff. (zur Frage des sofortigen Anerkenntnisses bei Anhörung trotz Sequestrationsantrags).  In diesen Fällen besteht keine gesteigerte Dringlichkeit dergestalt, dass der Gläubiger in seinen Rechten dadurch beeinträchtigt ist, dass die Beschlussverfügung einige Tage früher oder später erlassen wird. Dem bestehenden Bedürfnis der Dringlichkeit wäre auch durch eine Urteilsverfügung Genüge getan.  Vgl. OLG München, WRP 2019, 1375, 1378 (im zugrundeliegenden Fall wurde jedoch die Bekanntgabe des die Beschwerde zurückweisenden Beschlusses an den Schuldner als erforderlich angesehen) m. Anm. Löffel, WRP 2019, 1378, 1378 f.; Mantz, WRP 2020, 416, 418.  Löffel, WRP 2019, 8, 13.  Tyra, WRP 2020, 1525, 1531.  Soweit das BVerfG davon ausgeht, dass es der Schuldnerseite nicht zumutbar sei, durch Hinterlegung einer Schutzschrift beim elektronischen Register vorsorglich auf einen Vortrag zu erwidern, den sie noch nicht im Einzelnen kennen konnte (BVerfG, WRP 2020, 1177, 1178), erscheint dies nicht überzeugend. Denn dies ist vorbeugenden Verteidigungsschriften immanent.  Diese spielen vornehmlich im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht eine Rolle.  Tyra, WRP 2020, 1525, 1527.  BVerfG, NJW 2021, 2020, 2022.  BVerfG, WRP 2021, 743, 745. Lerach

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

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zulegen. Wird ein die Streitsache betreffender Schriftsatz nicht unaufgefordert nachgereicht, stellt dies ein rechtsmissbräuchliches Verhalten dar (vgl. Rn. 522 f.).⁸⁵² Praxishinweis: Die erstinstanzlichen Gerichte dürfen auf die ausdrückliche Angabe, es habe keine Erwiderung des Schuldners auf die Abmahnung gegeben, im Grundsatz vertrauen. Gleichzeitig sind die Gerichte aber gehalten, nachzufragen, weshalb keine Erwiderung vorgelegt wird.⁸⁵³ Ggf. ist glaubhaft zu machen, dass die Abmahnung dem Schuldner zugegangen ist. Bleibt der Zugang der Abmahnung (vgl. Rn. 54 ff.) beim Schuldner ungewiss, wird das Gericht diesen im Zweifel anhören (vgl. Rn. 529 ff.).

582

Um eine gleichwertige prozessuale Stellung der Parteien bereits durch den vorpro- 583 zessualen Austausch zu gewährleisten, müssen das in der Abmahnung geltend gemachte und das bei Gericht mit dem Verfügungsantrag verfolgte Unterlassungsbegehren inhaltlich übereinstimmen (vgl. Rn. 556, 561 ff.). Im Hinblick auf dieses Kriterium der Identität, der Kongruenz oder der Deckungsgleichheit ist in der Rechtsprechung des BVerfG noch nicht abschließend geklärt, wie streng etwaige Abweichungen zu handhaben sind.⁸⁵⁴ Die Anforderungen an das Identitätserfordernis zwischen der vorgerichtlichen Abmahnung und dem Verfügungsantrag dürfen indes nicht überspannt werden. Eine „wortgleiche Identität“ erscheint nicht sachgerecht und lässt sich beispielsweise bereits dann schon von vornherein nicht herstellen, wenn die Abmahnung in einer Fremdsprache erfolgte. Eine inhaltliche und sachliche Übereinstimmung im Unterlassungsbegehren ist ausreichend, eine völlige Übereinstimmung in der Formulierung nicht erforderlich. Die Erwiderungsmöglichkeit auf die vorgerichtliche Abmahnung kann die prozessuale Anhörung des Schuldners jedoch nur ersetzen, wenn sich der Verfügungsantrag (und der Tenor der erlassenen Beschlussverfügung) im Rahmen des Streitgegenstands hält, wie er mit der vorgerichtlichen Abmahnung geltend gemacht worden ist (vgl. Rn. 563, 586, 604 m. Fn. 904). Weitere Streitgegenstände oder neue Sachverhaltsumstände dürfen hingegen durch den Verfügungsantrag nicht eingeführt werden und auch nicht Gegenstand des Beschlusstenors der Unterlassungsverfügung sein. Angesichts der detaillierten verfahrensrechtlichen Vorgaben des BVerfG für das Be- 584 schlussverfahren erlangt die Abmahnung – als Mittel der außergerichtlichen Streitbeilegung – eine verfahrensrechtliche Bedeutung, die ihr bislang nicht zukam. Das Identitätserfordernis zwischen Abmahnung und Verfügungsantrag dürfte hier zu weit gehen. Der bei Gericht eingereichte Verfügungsantrag einerseits und die vorgerichtliche Abmahnung andererseits verfolgen unterschiedliche Zwecke. Dies schlägt sich auch in der sprachlichen Form und Darstellung nieder. Die Abmahnung unterliegt als vorprozessuale Handlung nicht dem strengen Bestimmtheitsgrundsatz des § 253  OLG München, WRP 2021, 1495, 1497 f.  Stöve, dusIP v. 14. 5. 2021 (abrufbar unter https://www.dusip.de/2021/05/14/, Stand: 01/2022).  Danckwerts, jurisPR-WettbR 5/2021 Anm. 4 (Anm. zu BGH, GRUR 2021, 752, 752 ff. – Berechtigte Gegenabmahnung). Lerach

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die „TÜV“-Rechtsprechung⁸⁵⁵ (vgl. Rn. 414 ff.) findet bei der Abmahnung keine Anwendung. Es reicht aus, wenn in der Abmahnung der Sachverhalt, der den Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens begründen soll, genau angegeben und der darin erblickte Verstoß so klar und eindeutig bezeichnet wird, dass der Schuldner die gebotenen Folgerungen ziehen kann (vgl. Rn. 19, 43). Glaubhaftmachung ist in der Abmahnung nicht erforderlich. Eine Abmahnung enthält keine Anträge im eigentlichen Sinne, sondern ggf. eine vorformulierte Unterlassungserklärung. Eine rein formalistische Betrachtung insbesondere anhand eines Vergleichs des Umfangs der Seitenanzahl⁸⁵⁶ erscheint daher nicht sachgerecht. Werden etwa irrtümlich aufgrund eines Büroversehens mit dem Verfügungsantrag Anlagen vorgelegt, die der Abmahnung nicht beigefügt waren, kann von einer Anhörung abgesehen werden.⁸⁵⁷ Eine Identität in der rechtlichen Begründung zwischen Abmahnung und Verfügungsantrag ist nicht erforderlich (vgl. Rn. 567).⁸⁵⁸ Dies betrifft auch reine Rechtsausführungen zu Voraussetzungen, die ohnehin von Amts wegen zu prüfen sind, wie die gerichtliche Zuständigkeit. Erforderlich wird die Anhörung der Gegenseite hingegen etwa bei Einführung weiterer konkreter Verletzungsformen gegenüber der Abmahnung (z. B. weiterer Screenshots eines Internetauftritts mit anderer Verletzungsform). Die Rechtsprechung des BVerfG erscheint hierzu im Einzelnen widersprüchlich.Werde nämlich ein „neues Argument“ in den Rechtsstreit eingeführt – wie die erstmalige Berufung auf einen bestimmten ehrabschneidenden Charakter (im Äußerungsrecht) –, verändere sich dadurch die Streitlage, auch wenn es noch um denselben Lebenssachverhalt gehe, und mache es erforderlich, dem Schuldner eine Reaktionsmöglichkeit zu geben (vgl. aber Rn. 563).⁸⁵⁹ 585 Will das Gericht in der zu erlassenden einstweiligen Verfügung im Sinne eines Aliud

vom beantragten Verbotstenor abweichen, macht dies einen Hinweis und die Ge BGH, GRUR 2011, 521, 522 f. – TÜV I; GRUR 2011, 1043, 1043 ff. – TÜV II.  BVerfG, GRUR 2021, 518, 518 ff. (20 Seiten Abmahnung gegenüber 42 Seiten Antrag); NJW 2021, 2020, 2020 ff. (7 Seiten Abmahnung gegenüber 20 Seiten Antrag); WRP 2021, 743, 743 ff. (2 Seiten Abmahnung gegenüber 7 Seiten Antrag); NJW 2021, 1587, 1587 ff. (3 Seiten und 5 Seiten Abmahnung gegenüber zweimal 7 Seiten Antrag).  LG Frankfurt a. M., B. v. 11.1. 2019 – 2– 03 O 12/19, zit. nach juris (unter Hinweis darauf, dass das Recht auf prozessuale Waffengleichheit nicht derart beeinträchtigt sei, dass die Anhörung des im Ausland ansässigen Schuldners angesichts der vorliegenden Dringlichkeit geboten war).  BVerfG, WRP 2021, 461, 464. Dies gilt zumal, wenn der Verfügungsantrag enger gefasst ist als das Unterlassungsbegehren aus der Abmahnung.  BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 1.12. 2021 – 1 BvR 2708/19, GRUR-RS 2021, 45457 (noch ausdrücklich auf den Streitgegenstand abstellend hingegen BVerfG, GRUR 2020, 1119, 1121). Im hier zugrundeliegenden Verfahren waren mehrere gerichtliche Hinweise an den Gläubiger ergangen, infolge derer dieser seine Anträge umgestellt, ergänzt und teilweise zurückgenommen hatte. Spätestens das Beschwerdegericht (das Oberlandesgericht), das in diesem Fall auf sofortige Beschwerde des Gläubigers hin die Beschlussverfügung erließ, hätte den Schuldner vor Erlass über die zuvor an den Gläubiger ergangenen Hinweise in Kenntnis setzen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu den veränderten Anträgen geben müssen. Lerach

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

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währung rechtlichen Gehörs an beide Parteien erforderlich (vgl. Rn. 565). Bei einer bloßen Anpassung oder Korrektur der Antragsfassung durch das Gericht im Rahmen von § 938 Abs. 1 ZPO ist dies nicht erforderlich (vgl. Rn. 430, 589 m. Fn. 869). Eine Rückführung des Tenors auf den Inhalt der Abmahnung bedingt ebenfalls keine Anhörung. Wird mit dem Verfügungsantrag ein neuer Hilfsantrag gestellt, ist eine Anhörung nur erforderlich, wenn der kongruente Hauptantrag nicht durchdringt. Praxishinweis: Für die Gläubigerseite ist es insoweit unerlässlich, auf die Identität von Abmahnung und Verfügungsantrag zu achten, um einen Verfügungserlass ohne Anhörung des Schuldners zu erreichen (vgl. Rn. 574).⁸⁶⁰ Dazu wird vorgeschlagen, auf Erwiderungen auf die Abmahnung im Zweifel nochmals außergerichtlich einzugehen (vgl. auch Rn. 9 m. Fn. 2). Zweck einer Abmahnung ist allerdings vorrangig, Gerichtsverfahren gerade zu vermeiden, sie sollte also nicht den gleichen Aufwand erforderlich machen wie ein Verfügungsantrag.⁸⁶¹ Eine erneute Abmahnung dürfte nur bei einer erheblichen Ausweitung des Unterlassungsbegehrens – jedenfalls bei Einführung neuer Streitgegenstände – erforderlich sein (vgl. Rn. 563, 583 f., 604 m. Fn. 904). Um das Unterlassungsbegehren in der vorgerichtlichen Abmahnung hinreichend zu präzisieren, sollte weiterhin – wie es bisher gängiger Praxis entspricht – der Entwurf einer Unterlassungsverpflichtungserklärung beigefügt werden (vgl. auch Rn. 48).⁸⁶² Fehlt dieser, gestalten sich Erwägungen zur Kongruenz zwar offener, es dürfte aber erst Recht mit Diskussionen darüber zu rechnen sein, was der Gläubiger konkret begehrt.⁸⁶³

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cc) Hinweiserteilung Rechtliches Gehör ist dem Schuldner nach Vorgabe des BVerfG generell auch dann zu 587 gewähren, wenn das Gericht dem Gläubiger Hinweise nach § 139 ZPO erteilt (vgl. Rn. 429 ff.), von denen die Gegenseite sonst erst nach Erlass einer für sie nachteiligen Entscheidung oder gar nicht erfährt.⁸⁶⁴ Eine Hinweiserteilung an den Gläubiger muss zwingend vollständig dokumentiert werden und soll dem Schuldner zeitnah mitzuteilen sein (vgl. Rn. 558). Die bisherige Praxis, den Gläubiger⁸⁶⁵ telefonisch oder schriftlich auf Bedenken des 588 Gerichts hinzuweisen, um ihm (einseitig) eine kurze Frist zur „Nachbesserung“ ein-

 Boden, GRUR-Prax 2021, 210, 210 (Anm. zu BVerfG, NJW 2021, 1587, 1587 ff.).  Danckwerts, jurisPR-WettbR 5/2021 Anm. 4 (Anm. zu BGH, GRUR 2021, 752, 752 ff. – Berechtigte Gegenabmahnung).  Der Gläubiger ist allerdings nicht dazu verpflichtet, der Abmahnung eine vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung beizufügen, da es Sache des Schuldners ist, die Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer geeigneten Unterlassungserklärung auszuräumen (vgl. Rn. 47, 435).  Vgl. Schembecker, GRUR-Prax 2021, 365, 367.  BVerfG, GRUR 2021, 518, 520.  In Bezug auf den Schuldner stellt das BVerfG demgegenüber die Möglichkeit fernmündlicher Anhörung in den Raum, vgl. Rn. 593. Lerach

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

zuräumen, lässt sich in dieser Form nicht mehr aufrechterhalten.⁸⁶⁶ Soweit das BVerfG eine Mitteilungspflicht bei erteilten Hinweisen auch im Fall der Ablehnung eines Verfügungsantrags annimmt,⁸⁶⁷ fehlt es allerdings an einer Auseinandersetzung mit dem in §§ 936, 922 Abs. 3 ZPO – nach dem Willen des Gesetzgebers – ebenfalls geschützten Interesse des Gläubigers an der Geheimhaltung eines erfolglosen Antrags. Eine amtsseitige Zustellung dieses Beschlusses ist auch nicht vorgesehen (vgl. Rn. 491 f., 847).⁸⁶⁸ Es erschiene inkonsequent, wenn das Gesetz eine Mitteilung des zurückweisenden Beschlusses an den Schuldner zwar ausdrücklich verbietet, zuvor erteilte Hinweise diesem aber gleichwohl mitgeteilt werden müssten. 589 Eine apodiktische Mitteilungspflicht an den Schuldner über jegliche dem Gläubiger

erteilten Hinweise wirft in der Praxis Probleme auf. Vielmehr dürfte nach Art und Inhalt des erteilten Hinweises zu differenzieren sein. Betreffen richterliche Hinweise lediglich eine unzureichende Glaubhaftmachung, so dürfte das Geheimhaltungsinteresse auf der Gläubigerseite regelmäßig überwiegen (vgl. Rn. 490). Gleiches gilt für Fragen der Antragsfassung, etwa wenn ein „insbesondere“-Zusatz gestrichen oder durch „nämlich“ ersetzt wird oder wenn eine konkrete Verletzungsform wiedergegeben werden soll (vgl. Rn. 430, 565, 585, 604);⁸⁶⁹ ebenso – bei Geltendmachung mehrerer Streitgegenstände – für die fehlende Benennung einer Rangfolge im Sinne der „TÜV“-Rechtsprechung (vgl. Rn. 414 ff.). Bei einem Hinweis auf fehlende Erfolgsaussichten des Verfügungsantrags in materiell-rechtlicher Hinsicht kann die Mitteilungspflicht sinnvoll sein, da andernfalls die Gefahr besteht, dass der Gläubiger den Verfügungsantrag zurücknimmt und (unbemerkt) bei einem anderen Gericht erneut anhängig macht (vgl. aber Rn. 492 m. Fn. 697, Rn. 526 m. Fn. 743).⁸⁷⁰ 590 Sämtliche Hinweise sollten vorzugweise nur noch schriftlich per Fax oder E-Mail er-

teilt werden. Nur so lässt sich der Verdacht einer einseitigen „Beratung“ des Gläubigers vermeiden (vgl. auch Rn. 598). Fraglich bleibt, ob der Gläubiger die Mitteilungspflicht an den Gegner nach erfolgtem Hinweis – und damit die Offenbarwerdung seines Verfügungsantrags – dadurch ausschließen kann, dass er das Gericht darum

 Vielfach dürften Instanzgerichte die Vorgaben des BVerfG zur Hinweispflicht aber weiterhin „großzügig“ handhaben.  BVerfG, GRUR 2021, 518, 520.  Verzichtet das Gericht sowohl auf eine mündliche Verhandlung als auch auf eine sonstige Anhörung des Schuldners, wird die einseitig erlassene Beschlussverfügung aber in einer Pressemitteilung publiziert (vgl. LG Köln, B. v. 11.10. 2021 – 28 O 351/21, GRUR-RS 2021, 30078 und die Pressemitteilung vom 12.10. 2021, abrufbar unter https://www.lg-koeln.nrw.de/behoerde/040_presse/zt_presse/presse mitteilungen/PM2021-08-YouTube-Video.pdf, Stand: 01/2022), so mag dies Zweifel aufwerfen, ob hier nicht eine Zustellung an den Schuldner von Amts wegen zu erwägen ist.  Hier erscheint eine pragmatische Handhabung von § 938 Abs. 1 ZPO angezeigt.  Vgl. OLG Hamburg, GRUR 2007, 614, 615 f., das in einem solchen Fall die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG a. F. als widerlegt angesehen hat. Lerach

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ersucht, ihm gerade keinen Hinweis zu erteilen (vgl. Rn. 431).⁸⁷¹ Offen ist ebenso, ob eine Mitteilung an den Schuldner nach den Maßstäben des BVerfG auch dann zu erfolgen hat, wenn das Gericht bei Bedenken gegen die Schlüssigkeit eines Verfügungsantrags zunächst einen Beschluss des Inhalts erlässt, dass „nicht ohne mündliche Verhandlung“ oder „nicht ohne Anhörung der Gegenseite“ entschieden werden soll. Praxishinweis: Eine schematische Verfahrensweise zur Beachtung der prozessualen Waffengleichheit bei der Hinweiserteilung gestaltet sich schwierig und die Beurteilung bleibt stark einzelfallbezogen. Teilweise werden in der gerichtlichen Praxis Hinweise weiterhin zunächst einseitig an den Gläubiger erteilt mit der Maßgabe, dass die Frage der Anhörung des Schuldners nach Eingang einer Reaktion auf den Hinweis erneut zu prüfen sein werde.⁸⁷² Wird die Beschlussverfügung in einem solchen Fall erlassen, wird dem Gläubiger regelmäßig aufgegeben, den gerichtlichen Hinweis und seine etwaige Reaktion dem Schuldner zusammen mit der Antragsschrift zuzustellen. Nach abweichender Handhabung erfolgen Hinweiserteilungen an den Gläubiger unmittelbar verbunden mit einer Stellungnahmemöglichkeit für den Schuldner.⁸⁷³

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dd) Anhörung Wird eine Anhörung der Schuldnerseite vom Gericht für erforderlich gehalten, so 592 erfolgt diese nach bisheriger Praxis meist schriftlich oder per Telefax. Üblich sind Stellungnahmefristen von einer Woche. Damit gehen zwangsläufig Verzögerungen des Verfahrens einher, zumal wenn eine Zustellung ins Ausland erfolgen muss. Enthält die Stellungnahme des Schuldners erheblichen Gegenvortrag, so kann dies wiederum eine Möglichkeit zur Replik für den Gläubiger bedingen (vgl. auch Rn. 536). Ein solches „kleines schriftliches Vorverfahren“ wirft freilich die Frage auf, ob angesichts des damit einhergehenden Zeitverzugs nicht doch mündlich hätte verhandelt werden können. Praxishinweis: Pragmatisch erscheint vor diesem Hintergrund die vom BVerfG explizit erwähnte Möglichkeit, dem Schuldner auch per E-Mail oder fernmündlich Gelegenheit zu geben, den Vortrag des Gläubigers zumindest zur Kenntnis zu nehmen und darauf zu erwidern. Dies mag allerdings in der praktischen Umsetzung zu Schwierigkeiten führen, wenn keine verlässliche E-Mail-Adresse oder Telefonnummer bekannt ist, der Schuldner sich im Ausland befindet und/oder (noch) nicht anwaltlich vertreten ist. Eine telefonische Anhörung führt zudem wiederum zu Problemen bei der zuverlässigen Dokumentation. Gläubiger sollten hier erwägen, dem Gericht bereits konkrete Kontaktmöglichkeiten mit der Gegenseite an die Hand zu geben, damit sich das Verfahren durch eine etwaige Anhörung nicht unnötig verzögert.

 Dazu Teplitzky, GRUR 2008, 34, 40.  Versehen mit dem Zusatz, dass im Fall einer auf den Hinweis hin erfolgenden Rücknahme des Verfügungsantrags der Antrag nicht an den Schuldner übersandt werden wird.  Eine sinnvolle anwaltliche Beratung setzt hier eine profunde Kenntnis der Handhabung durch den jeweiligen Spruchkörper voraus. Lerach

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

594 Die Äußerungsfrist an den Schuldner kann sehr knapp bemessen sein.⁸⁷⁴ Ob und

inwieweit eine äußerst knappe Fristsetzung ihrerseits – über die Frage des rechtlichen Gehörs hinaus – das grundrechtsgleiche Recht auf prozessuale Waffengleichheit im Eilverfahren berührt, ist verfassungsrechtlich bislang nicht geklärt.⁸⁷⁵ Aus der Anhörung des Schuldners können prozessuale Folgeprobleme erwachsen, die nach der bisherigen Praxis weitgehend unbekannt waren, etwa wenn der Schuldner ein (teilweises) Anerkenntnis erklärt. In diesem Fall dürfte ihm die Wirkung des § 93 ZPO zuteilwerden.⁸⁷⁶ Auch die Zahl der teilweisen Zurückweisung von Verfügungsanträgen dürfte zunehmen.⁸⁷⁷

d) Vorgehen bei Waffengleichheitsverstößen aa) Auswirkungen auf das instanz-/fachgerichtliche Verfahren 595 Für das weitere fachgerichtliche Verfahren bleibt ein Waffengleichheitsverstoß zunächst ohne Konsequenz. Ein nach mündlicher Verhandlung über den Widerspruch nach §§ 936, 924 ZPO ergangenes Urteil, welches eine einseitig ohne Anhörung des Schuldners erlassene Beschlussverfügung gem. §§ 936, 925 ZPO bestätigt, kann in der Berufungsinstanz nicht mit Erfolg unter Hinweis auf den Gehörsverstoß (Art. 103 Abs. 1 GG) angefochten werden, da die angegriffene Entscheidung nicht mehr auf dem ursprünglichen Verstoß beruht.⁸⁷⁸ Erhält der Schuldner Gelegenheit, in den vorbereitenden Schriftsätzen und im Termin zur mündlichen Verhandlung über den Widerspruch, §§ 936, 924 Abs. 2 Satz 2 ZPO, seine sämtlichen tatsächlichen und rechtlichen Argumente vorzubringen, wird der ursprüngliche Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör nämlich noch vom Ausgangsgericht (Landgericht) geheilt.⁸⁷⁹ Allein der Umstand, dass ein erstinstanzliches Urteil an einem wesentlichen Verfahrensfehler leidet, berechtigt als solcher nicht schon zur Abänderung oder

 Aus verwaltungsgerichtlichen Verfahren – an denen die Rechtsprechung des BVerfG teils stärker orientiert scheint – sind gerichtlich gesetzte Stellungnahmefristen von lediglich wenigen Stunden bekannt.  BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 18.6. 2020 – 1 BvQ 69/20, BeckRS 2020, 14875.  Bei einer Beschlussverfügung ist dies über die Möglichkeit des Kostenwiderspruchs gewährleistet.  Denn schon der gerichtliche Hinweis darauf, dass einem Verfügungsantrag nur teilweise stattzugeben sein dürfte, kann – je nach gerichtlicher Praxis – eine Mitteilungspflicht an den Schuldner nach sich ziehen. Dies wiederum kann zu einer Aufspaltung des Rechtsmittelverfahrens führen, wenn sich der Gläubiger gegen die Teilzurückweisung mit der sofortigen Beschwerde wendet, die teilweise erlassene einstweilige Verfügung aber mit dem Widerspruch angegriffen wird.  OLG Düsseldorf, WRP 2019, 773, 774; OLG München, GRUR 2020, 385, 387 (zum Patentrecht).  Das die einstweilige Verfügung bestätigende Endurteil ergeht regelmäßig unter Wahrung des rechtlichen Gehörs. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer einstweiligen Verfügung erschöpft sich nicht in der Frage, ob diese seinerzeit zu Recht erlassen worden war, sondern das Gericht hat auf den Widerspruch hin zu prüfen, ob im allein maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung über den Widerspruch sämtliche Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Verfügung vorliegen. Lerach

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Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.⁸⁸⁰ Das Berufungsgericht darf die Sache nur dann unter Aufhebung des Urteils an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen, wenn eine weitere Verhandlung und zusätzlich eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme erforderlich ist (vgl. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Auch Gehörsverstöße führen nur zur Aufhebung, wenn die Rechtsverletzung kausal für das Entscheidungsergebnis ist.⁸⁸¹ Ein (unterstellt) bewusstes Übergehen des Rechts auf prozessuale Waffengleichheit 596 (Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG) und die darin liegende eigenständige Verletzung von Verfahrensrechten kann nicht unmittelbar auf den weiteren Bestand der einstweiligen Verfügung „durchschlagen“.⁸⁸² Ein Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach §§ 936, 924 Abs. 3 Satz 2, § 707 ZPO (vgl. Rn. 720 ff.) ist nicht geeignet, um – unabhängig von einem sachlichen Vollstreckungsschutzinteresse – mittelbar Grundrechtsverletzungen zu rügen, die sich auf eine zugrundeliegende Beschlussverfügung beziehen.⁸⁸³ Denn der Erfolg des Einstellungsantrags hängt von den Erfolgsaussichten in der Sache ab.⁸⁸⁴ Mit Blick auf § 318 ZPO und die speziellen Verfahrensvorschriften der §§ 936, 925 ff. ZPO ist auch zweifelhaft, ob das Ausgangsgericht – außerhalb des Widerspruchsverfahrens – eine neuerliche Entscheidung in derselben Sache treffen könnte.⁸⁸⁵ Die Rechtsprechung des BVerfG zur Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unmit- 597 telbar gegen einstweilige Verfügungen und die entsprechende Fortentwicklung des Rechts auf prozessuale Waffengleichheit stellt sich gerade als Konsequenz dessen dar, dass die Verletzung des rechtlichen Gehörs des Schuldners bei einseitigem Erlass einer Beschlussverfügung im fachgerichtlichen Verfahren mit dem Widerspruch respektive der Berufung nicht erfolgreich geltend gemacht werden kann.⁸⁸⁶ Eine prozessrechtliche Möglichkeit – etwa im Wege einer Feststellungsklage – eine fachgerichtliche Kontrolle eines solchen Vorgehens zu erwirken, besteht nicht.⁸⁸⁷ Praxishinweis: Ein Verstoß gegen die prozessuale Waffengleichheit allein rechtfertigt auch nicht die Ablehnung der Richter des das Verfahren führenden Spruchkörpers wegen Besorgnis der Be-

 BGH, Urt. v. 14. 5. 2013 – II ZR 76/12, BeckRS 2013, 10272.  Ggf. muss das Berufungsgericht das Verfahren selbst fehlerfrei wiederholen. Folglich sind Gehörsverstöße jedenfalls durch Gewährung rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht heilbar.  OLG Köln, WRP 2021, 381, 385; NJW-RR 2019, 240, 241. A. A. Dienstbühl, GRUR-Prax 2019, 292, 292 (Anm. zu OLG Düsseldorf, WRP 2019, 773, 773 ff.).  BVerfG, NJW 2017, 2985, 2985 f.  BVerfG, GRUR 2021, 518, 519.  So aber wohl BVerfG, GRUR 2021, 518, 521.  OLG München, GRUR 2020, 385, 387 (zum Patentrecht).  BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 1.12. 2021 – 1 BvR 2708/19, GRUR-RS 2021, 45457: Mit dieser Erwägung wird eine Erschöpfung des Rechtswegs als Voraussetzung der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde angenommen. Lerach

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

fangenheit, § 42 Abs. 2 ZPO.⁸⁸⁸ Besorgnis der Voreingenommenheit des Gerichts soll aber dann bestehen, wenn der Richter konkrete Hinweise gibt, wie der Antrag schlüssig formuliert werden kann und auf diese Weise bewusst auf eine Änderung des Streitgegenstands (hier: Austausch eines streitgegenständlichen Klagemodells, vgl. auch Rn. 449) hinwirkt, ohne den Schuldner von seinem Vorgehen zu informieren (vgl. Rn. 587 ff.).⁸⁸⁹

bb) Vorgehen mittels Verfassungsbeschwerde 599 Das BVerfG fungiert auch im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht als „Super-

beschwerdeinstanz“, sondern wird nur in gravierenden Fällen intervenieren, aber nicht jeden Fehler im Verfügungsverfahren kontrollieren. Nicht jede Verletzung der Waffengleichheit ist eo ipso unmittelbar mit der Verfassungsbeschwerde angreifbar. Dem Feststellungsinteresse kommt bei Verfassungsbeschwerden unmittelbar gegen eine einstweilige Verfügung – wegen Verstößen gegen die prozessuale Waffengleichheit – eine Scharnierfunktion zu. Gleiches gilt für die Darlegung eines schweren Nachteils im Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG. 600 Es zeichnet sich ab, dass das BVerfG im Lichte der Pressefreiheit geringere Anfor-

derungen an die Feststellung und das Feststellungsinteresse bei Waffengleichheitsverstößen stellt als etwa in lauterkeitsrechtlichen Fällen. Auch für die Annahme eines Waffengleichheitsverstoßes bei fehlender Kongruenz von Abmahnung und Verfügungsantrag dürften in Pressesachen erleichterte Anforderungen gelten, die sich nicht verallgemeinern lassen.⁸⁹⁰ Die verfassungsrechtliche Rechtsprechung kann zwar nunmehr als einigermaßen konsolidiert gelten. Die jeweilige Gewichtung zentraler Punkte zur Begründung eines Waffengleichheitsverstoßes und eines entsprechenden Feststellungsinteresses sowie des schweren Nachteils divergiert in den einzelnen Entscheidungen erheblich und bleibt stark einzelfallbezogen.⁸⁹¹

 BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 17.9. 2020 – 1 BvR 2110/20, n. v.  OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2019, 286, 287.  Der besonderen Betonung des Grundrechts der Pressefreiheit zugunsten der Schuldnerseite mag man entgegenhalten, dass bei einer Unterlassungsverfügung oder einer Gebotsverfügung, die eine presserechtliche Veröffentlichung/Gegendarstellung zum Gegenstand hat, gleichwohl beiden Seiten nicht wiedergutzumachende Nachteile drohen. Bei einer Unterlassungsverfügung besteht der Nachteil in dem unwiederbringlichen Zeitraum, in dem die streitbefangene Handlung nicht durchgeführt werden konnte. Bei einer Veröffentlichung besteht der Nachteil darin, dass eine einmal vorgenommene Veröffentlichung nicht wieder zurückgenommen werden kann.  Maßstäbe aus zum Presse- und Äußerungsrecht ergangenen Entscheidungen des BVerfG sind nicht eins zu eins auf Fälle aus dem gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht übertragbar. Hier ist in der anwaltlichen Beratung Vorsicht geboten. Lerach

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

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(1) Allgemeine Voraussetzungen Maßgeblich für eine unmittelbar gegen einstweilige Verfügungen gerichtete Verfas- 601 sungsbeschwerde (und für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG) ist die Monatsfrist des § 93 Abs. 1 BVerfGG. Fristbeginn ist insoweit der Zeitpunkt der Entscheidung über die einstweiligen Verfügungen.⁸⁹² In der Begründung der Verfassungsbeschwerde sind nach § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG i. V. m. § 92 BVerfGG das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Schuldner sich verletzt fühlt, zu bezeichnen. Gefordert wird eine fristgemäße substantiierte Darlegung des als grundrechtsrelevant angesehenen Vorgangs.⁸⁹³ Das BVerfG soll durch die Begründung in die Lage versetzt werden, den angegriffenen Hoheitsakt ohne eigene weitere Nachforschungen einer verfassungsrechtlichen Überprüfung zu unterziehen.⁸⁹⁴ Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG verlangen, dass dem Fall entweder grundsätzliche Bedeutung zukommt, oder die Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist.

(2) Feststellungsinteresse Zulässigkeitsvoraussetzung einer gegen eine Beschlussverfügung gerichteten Verfas- 602 sungsbeschwerde ist, dass ein hinreichend gewichtiges Feststellungsinteresse vorliegt und nicht lediglich ein – selbst gravierender – error in procedendo, also ein fehlerhaftes Verfahren ohne starken Einfluss auf das Ergebnis. Ein solch gewichtiges Interesse an der (nachträglichen) Feststellung eines Verstoßes gegen die prozessuale Waffengleichheit ist unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr dann gegeben, wenn die angegriffene Vorgehensweise der ständigen Praxis „einiger Spruchkörper“ entspricht, die mit der spezifischen Rechtsmaterie befasst sind. Denn in diesem Fall bestehe die konkrete Gefahr der Wiederholung einer gleichartigen Entscheidung.⁸⁹⁵ Dafür bedarf es nach Klärung der Rechtslage durch die grundlegenden Kammerbeschlüsse des BVerfG indes näherer Darlegungen.⁸⁹⁶ Voraussetzung einer solch systematischen Missachtung⁸⁹⁷ ist, dass die Zivilgerichte die aus dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit folgenden Anforderungen grundsätzlich verkennen und ihre Praxis – unter Missachtung der verfassungsrechtlichen

 BVerfG, NJW 2017, 2985, 2986.  Klein/Sennekamp, NJW 2007, 945, 952.  Schorkopf, AöR 130 (2005), 465, 467. Das BVerfG muss mit den eingereichten Dokumenten in der Lage sein, die Verfassungsmäßigkeit des angegriffenen Hoheitsakts und die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Verfassungsbeschwerde umfassend zu beurteilen. Ein Nachreichen von Dokumenten nach Ablauf der Monatsfrist wird – von Ausnahmen abgesehen – nicht akzeptiert.  BVerfG, GRUR 2018, 1288, 1289; GRUR 2018, 1291, 1292.  BVerfG, GRUR 2020, 1119, 1120. Eine Verwehrung des „Zugangs zum Recht“ (Möller, Editorial NJWaktuell 41/2020) ist darin nicht zu sehen.  BVerfG, GRUR 2021, 517, 518. Lerach

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

Maßstäbe – nicht daran ausrichten. Für die hinreichende Darlegung einer konkreten Wiederholungsgefahr reicht es auch aus, wenn bei dem befassten Spruchkörper des Fachgerichts „offenbar Missverständnisse“ hinsichtlich der Anforderungen der prozessualen Waffengleichheit bestehen.⁸⁹⁸ 603 Die Darlegung eines solchen Feststellungsinteresses kann nur ausnahmsweise ent-

behrlich sein: Solange eine offenkundig prozessrechtswidrig erlassene einstweilige Verfügung noch fortwirkt, das darauf bezogene fachgerichtliche Widerspruchsverfahren beschritten wurde und noch andauert sowie schwere, grundrechtlich erhebliche Nachteile i. S.v. § 32 Abs. 1, § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG geltend gemacht werden, die ein Einschreiten des BVerfG noch während des laufenden fachgerichtlichen Verfahrens gebieten.⁸⁹⁹ Die substantiierte Darlegung und verfassungsgerichtliche Prüfung eines solchen besonderen Feststellungsinteresses dürfte in aller Regel im Eilverfahren nicht mit Aussicht auf Erfolg möglich sein.⁹⁰⁰ 604 Von Bedeutung ist wiederum – wie bereits materiell für die Annahme eines Waffen-

gleichheitsverstoßes – der Grad der Abweichung zwischen Abmahnung und Verfügungsantrag: Je geringer die Abweichung ist, umso weniger einschneidend stellt sich auch die Verkürzung der Äußerungsmöglichkeiten und das Interesse an der Feststellung eines Verfahrensfehlers dar.⁹⁰¹ Dabei kann auch hier von Bedeutung sein, dass es sich um kerngleiche Verstöße handelt (vgl. Rn. 451 f.). In der Sache gering und nicht gravierend ist eine Abweichung etwa dann, wenn das mit dem Verfügungsantrag beantragte Unterlassungsverlangen als „Minus“ bereits in dem außergerichtlich geltend gemachten Anspruch enthalten war.⁹⁰² Wenn das Gericht den Verbotstenor einer Beschlussverfügung nach § 938 Abs. 1 ZPO insgesamt abweichend vom Verfügungsantrag fasst (vgl. Rn. 565, 585), begründet dies kein hinreichendes Feststellungsinteresse.⁹⁰³ Allerdings gehe das Abstellen auf den Streitgegenstand als wesentliches Kriterium für die Deckungsgleichheit zwischen Abmahnung und Verfügungsantrag an den verfassungsrechtlichen Anforderungen vorbei (vgl. aber Rn. 563, 583 f., 586).⁹⁰⁴

 BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 1.12. 2021 – 1 BvR 2708/19, GRUR-RS 2021, 45457.  BVerfG, GRUR 2021, 517, 517. Der Verzicht auf die Darlegung eines besonderen Feststellungsinteresses in den Verfahren 1 BvR 1246/20 (BVerfG, GRUR 2020, 773, 773 ff. m. Anm. Lerach, GRUR-Prax 2020, 294, 294) und 1 BvR 1380/20 (BVerfG, WRP 2020, 1177, 1177 ff.) war der dortigen Verfahrenssituation geschuldet.  BVerfG, GRUR 2021, 517, 518.  BVerfG, GRUR 2020, 1119, 1120.  BVerfG, WRP 2021, 461, 463.  BVerfG, NJW 2021, 2018, 2019 f.  BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 1.12. 2021 – 1 BvR 2708/19, GRUR-RS 2021, 45457. Diese Aussage erscheint indes stark widersprüchlich, da in den vorangegangenen Entscheidungen noch explizit auf den Streitgegenstand als Kriterium für die Kongruenz des Unterlassungsverlangens in Abmahnung und Verfügungsantrag abgestellt wurde, vgl. BVerfG, GRUR 2020, 1119, 1121: Eine Grenze ist Lerach

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

165

(3) Schwerer Nachteil Das Merkmal eines schweren Nachteils ist sowohl für § 93a Abs. 2 lit. b) BVerfGG als 605 auch im Rahmen von § 32 Abs. 1 BVerfGG relevant. An dessen Darlegung werden – wegen der meist weittragenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren auslöst – generell sehr hohe Anforderungen gestellt.⁹⁰⁵ Selbst im Fall offenkundiger Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde kommt ein Einschreiten des BVerfG im Wege der einstweiligen Anordnung gem. § 32 Abs. 1 BVerfGG nur in Betracht, wenn ein schwerer Nachteil i. S. d. § 32 Abs. 1 BVerfGG dargelegt wird.⁹⁰⁶ Eine „gewöhnliche Beschwer“⁹⁰⁷ des Schuldners durch den formellen Unterlassungstitel und die Kostenlast ist nicht ausreichend. Schwere Nachteile für den Schuldner scheiden aus, wenn sie durch den verschul- 606 densunabhängigen Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO aufgefangen werden können (vgl. Rn. 723 ff.). Aus Sicht des BVerfG ist – anders als im Fall einer untersagten Presseveröffentlichung – in lauterkeitsrechtlichen Fällen die Kompensationsmöglichkeit nach § 945 ZPO regelmäßig möglich und ausreichend.⁹⁰⁸ Es bedarf also konkreten Vortrags, dass der durch die Unterlassungsverfügung für den Schuldner entstehende Nachteil durch die Schadensersatzpflicht nach § 945 ZPO nicht aufgefangen werden kann.⁹⁰⁹ Allein die fortgesetzte Belastung durch einen einseitig erstrittenen Unterlassungstitel reicht hierzu nicht aus. Auch mögliche Schäden, die nicht unter § 945 ZPO fallen (vgl. Rn. 738 ff.), erfüllen aber nicht zwangsläufig das Merkmal des schweren Nachteils.⁹¹⁰ Vielmehr muss der Schuldner auch in der Sache durch die Unterlassungsverpflichtung belastet sein. Er muss substantiiert vortragen, dass ihm ein Abwarten bis zur Entscheidung über den erhobenen Widerspruch nicht zugemutet werden kann. Dafür wäre erforderlich, dass etwa ein irreparabler Schaden entstünde, wenn das im Ausgangsverfahren angegriffene Produkt erst nach Abschluss des fachgerichtlichen Verfahrens wieder in Verkehr gebracht werden kann.⁹¹¹ Als Kriterien für eine Belastung in der Sache durch die Unterlassungsverpflichtung werden genannt: Wenn das im Ausgangsverfahren angegriffene Produkt aktuell

dort zu ziehen, wo der gerichtliche Verfügungsantrag den im Rahmen der außergerichtlichen Abmahnung geltend gemachten Streitgegenstand verlässt oder weitere Streitgegenstände neu einführt.  Vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, B. v. 29.12. 2020 – 1 BvQ 152/20, 1 BvQ 153/20, 1 BvQ 154/20, 1 BvQ 155/20, 1 BvQ 156/20, 1 BvQ 157/20, BeckRS 2021, 12; 3. Kammer des Ersten Senats, B. v. 31.5. 2021 – 1 BvR 794/21, BeckRS 2021, 12453 (Eilantrag gegen die coronabedingte „Bundesnotbremse“).  BVerfG, GRUR 2021, 989, 990 f.  BVerfG, GRUR 2021, 517, 517.  BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 23.7. 2021 – 1 BvR 1653/21, BeckRS 2021, 27416.  Die Darlegungsanforderungen dürften sich in der Praxis schwerlich erreichen lassen.  BVerfG, GRUR 2021, 989, 991 (unter der Prämisse, dass über den Widerspruch zeitnah mündlich verhandelt wird). Dabei wird angeführt, dass auch der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG den gerügten Verfahrensfehler lediglich feststellen, nicht aber beseitigen kann, sodass ein Abwarten bis zur Entscheidung über einen bereits erhobenen Widerspruch zumutbar sein kann.  BVerfG, NJW 2021, 2018, 2019. Lerach

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

nicht mehr vertrieben werden kann, Produkte zurückgerufen werden mussten oder ein Geschäftsmodell insgesamt nicht mehr verfolgt werden kann.⁹¹²

(4) Vorwegnahme der Hauptsache 607 Einem auf Feststellung der Verletzung der prozessualen Waffengleichheit gerichteten

Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG steht regelmäßig die Vorwegnahme der Hauptsache entgegen.⁹¹³ Denn bei den hier in Rede stehenden Verstößen gegen die prozessuale Waffengleichheit sind der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die Verfassungsbeschwerde auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichtet. Auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren kann die Verletzung der prozessualen Waffengleichheit regelmäßig nur festgestellt, nicht aber beseitigt werden. 608 Die Vorwegnahme der Hauptsache steht ausnahmsweise dann der Zulässigkeit eines

Antrags auf einstweilige Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG nicht entgegen, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache möglicherweise zu spät käme und dem Betroffenen in anderer Weise ausreichender Rechtsschutz nicht mehr gewährt werden könnte. Das BVerfG ging aber bei wettbewerbs- bzw. lauterkeitsrechtlichen – im Unterschied zu presserechtlichen⁹¹⁴ – Fallgestaltungen davon aus, dass bei einem Zuwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache keine Beeinträchtigung zu befürchten sei, die einer Betroffenheit der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Presseberichterstattung gleichkommt.⁹¹⁵

 BVerfG, NJW 2021, 2018, 2019. Zuletzt aber hinsichtlich der Weiterverfolgung des Geschäftsmodells offengelassen in BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, B.v. 23.7. 2021 – 1 BvR 1653/21, BeckRS 2021, 27416.  BVerfG, GRUR 2021, 989, 990. Durch eine einstweilige Anordnung darf nach der Rechtsprechung des BVerfG die Hauptsache nicht vorweggenommen werden (st. Rspr., vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 160, 162; BVerfGE 46, 160, 163 f.; BVerfGE 67, 149, 151). Denn durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung soll lediglich ein Zustand vorläufig geregelt, nicht aber die Hauptsache präjudiziert werden (vgl. BVerfG, BVerfGE 8, 42, 46; BVerfGE 15, 219, 221). Über die in der Hauptsache aufgeworfenen Fragen kann daher im Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich nicht entschieden werden (vgl. BVerfG, BVerfGE 12, 276, 279; BVerfGE 15, 77, 78).  Vgl. die Fallgestaltungen, die den Entscheidungen der 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG in den Verfahren 1 BvR 1380/20 (BVerfG, WRP 2020, 1177, 1177 ff.) und 1 BvR 2740/20 (BVerfG, GRUR 2021, 518, 518 ff.) zugrunde lagen: Bei einem Zuwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache hätte dort eine Veröffentlichung der durch die angegriffene Verfügung untersagten Berichterstattung nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr in der ursprünglich intendierten Art und Weise erfolgen können.  BVerfG, GRUR 2021, 989, 991. Lerach

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

167

(5) Erschöpfung des Rechtswegs und Subsidiarität Der Erlass der einstweiligen Verfügung auf wahrheitswidrigen Vortrag des Gläu- 609 bigers hin kann vorrangig im Widerspruchsverfahren korrigiert werden, ohne dass es einer verfassungsgerichtlichen Intervention bedarf (vgl. auch Rn. 568).⁹¹⁶ Denn erst im Rahmen des Widerspruchsverfahrens sind eine ausreichende Sachaufklärung und eine Betrachtung der Gesamtumstände möglich, welche insbesondere bei der Beurteilung, ob Rechtsmissbräuchlichkeit vorliegt (vgl. Rn. 522 f.), unerlässlich sind. In diesem Fall ist die Verfassungsbeschwerde mangels Erschöpfung des fachgerichtlichen Rechtswegs, § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, als unzulässig nicht zur Entscheidung anzunehmen, § 93a Abs. 2 BVerfGG.⁹¹⁷ Dem Grundsatz der materiellen Subsidiarität⁹¹⁸ der Verfassungsbeschwerde ist 610 nicht genügt, wenn der Schuldner im fachgerichtlichen Verfahren eigenen Obliegenheiten nicht nachgekommen ist. Im Verfügungsverfahren trifft den Schuldner die aus den Grundsätzen der prozessualen Waffengleichheit resultierende Obliegenheit, unverzüglich bei Gericht nachzufragen, wenn postlaufbedingte Verzögerungen im Rahmen der Anhörung zu einer Antragsschrift und an den Gläubiger erteilten Hinweisen dazu führen, dass der Schuldner die ihm eingeräumte Stellungnahmefrist nicht einhalten kann und ihm dies offenbar wird (vgl. Rn. 569).⁹¹⁹ In einem solchen Fall ist der Schuldner gehalten, Fristverlängerung zu beantragen. Dem Gericht obliegt es dann, (unter Berücksichtigung der Dringlichkeit) eine angemessene Fristverlängerung vor Erlass der Entscheidung zu gewähren und so die beabsichtigte Anhörung zu gewährleisten.⁹²⁰ Kommt der Schuldner solchen Obliegenheiten nicht nach, führt dies zur Unzulässigkeit der (späteren) Verfassungsbeschwerde.

(6) Praktische Erwägungen Dem BVerfG obliegt nicht die Aufgabe eines rückblickenden Nachvollzugs des ord- 611 nungsgemäßen Ablaufs des fachgerichtlichen Verfahrens um seiner selbst willen.⁹²¹ Die Beratungspraxis sollte allzu hohe Erwartungen an – auf die Verletzung prozessualer Waffengleichheit gestützte – Verfassungsbeschwerden oder Anträge auf Erlass

 BVerfG, WRP 2021, 461, 463.  Dieser Aspekt spielte auch in den Verfahren eine Rolle, die BVerfG, NJW 2017, 2985, 2985 f. zugrunde lagen.  Der Grundsatz der materiellen Subsidiarität gebietet, dass ein Beschwerdeführer vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden und zumutbaren prozessualen Möglichkeiten ergreift, um in dem jeweils sachnächsten Verfahren eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (st. Rspr., vgl. BVerfG, BVerfGE 74, 102, 113; BVerfGE 107, 395, 414; BVerfGE 112, 50, 60).  BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 23.7. 2021 – 1 BvR 1653/21, BeckRS 2021, 27416.  Im BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 23.7. 2021 – 1 BvR 1653/21, BeckRS 2021, 27416 zugrundeliegenden Fall unterbreitete der Schuldner dem Gericht erst zwölf Tage später einen Schriftsatz.  BVerfG, GRUR 2021, 517, 518. Lerach

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

einstweiliger Anordnungen nach § 32 Abs. 1 BVerfGG als vermeintlich standardmäßige Rechtsbehelfe im Verfügungsverfahren eher dämpfen. Diese dürften auch zukünftig keine regelmäßige Erweiterung des „Arsenals“ für die Schuldnerseite darstellen.⁹²² Das BVerfG hat allerdings bei wiederholten Verstößen desselben Spruchkörpers angekündigt, ein Feststellungsinteresse für eine Verfassungsbeschwerde oder einen Antrag auf einstweilige Anordnung gem. § 32 Abs. 1 BVerfGG zukünftig stets als gegeben anzusehen.⁹²³ 612 Verfahrenstaktisch kann es sich anbieten, (nur) einen isolierten Eilantrag nach § 32

Abs. 1 BVerfGG zu stellen, um auf diese Weise jedenfalls eine begründete Entscheidung des BVerfG – anstatt einer nichtbegründeten Nichtannahmeentscheidung über die Verfassungsbeschwerde nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG – zu erhalten. Entscheidungen im Verfahren nach § 32 Abs. 1 BVerfGG müssen begründet werden, § 30 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG.⁹²⁴ Die Ausnahme vom Begründungserfordernis nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG gilt nur für die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache, nicht in eilrechtlichen Nebenverfahren. Werden Verfassungsbeschwerde und Eilantrag nach § 32 Abs. 1 BVerfGG miteinander verbunden, führt die Begründungspflicht im einstweiligen Anordnungsverfahren in der praktischen Handhabung durch das BVerfG regelmäßig dazu, zunächst die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde zu prüfen und diese – in der weit überwiegenden Zahl der Fälle – (ohne Begründung) nicht zur Entscheidung anzunehmen. Über den Antrag nach § 32 Abs. 1 BVerfGG braucht dann nicht mehr selbstständig entschieden zu werden.⁹²⁵ Gem. § 40 Abs. 3 GOBVerfG werden die gestellten Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos, wenn die Kammer des BVerfG die Annahme der Verfassungsbeschwerde ablehnt. Die parallele Stellung eines Eilantrags gem. § 32 Abs. 1 BVerfGG zusammen mit der Verfassungsbeschwerde kann also einerseits zwar einen Beschleunigungseffekt erreichen, erhöht aber andererseits auch das Risiko einer unbegründeten Nichtannahmeentscheidung in der Hauptsache.⁹²⁶ Ein isolierter

 A. A. Vollkommer, MDR 2020, 904, 905 (Anm. zu BVerfG, GRUR 2020, 773, 773 ff.); Bornkamm, GRUR 2020, 715, 722; Löffel, WRP 2020, 850, 851 (Anm. zu BVerfG, GRUR 2020, 773, 773 ff.).  BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 1.12. 2021 – 1 BvR 2708/19, GRUR-RS 2021, 45457. Das BVerfG sah sich hier veranlasst, auf die Bindungswirkung seiner Entscheidungen gem. § 31 Abs. 1, § 93c Abs. 1 Satz 2 BVerfGG hinzuweisen.  Dem kann allerdings auch eine (knappe) Tenorbegründung Genüge tun. Auch wenn eine solche Begründung im Rahmen der Entscheidung über den Antrag nach § 32 Abs. 1 BVerfGG nicht unbedingt sehr ausführlich ausfällt, kann sie immerhin Anhaltspunkte auch für die Begründung der Verfassungsbeschwerde liefern, vgl. Lenz/Hansel, BVerfGG, § 32 Rn. 215.  Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 32 Abs. 1 BVerfGG ist akzessorisch zum Hauptsacheverfahren der Verfassungsbeschwerde. Seine Statthaftigkeit hängt davon ab, dass ein „Streitfall“ vorliegt. Mit der Entscheidung der Hauptsache ist dies nicht mehr der Fall. Im Verfassungsbeschwerdeverfahren gilt die Hauptsache auch dann als entschieden, wenn die Annahme der Verfassungsbeschwerde durch eine Kammer des BVerfG nach § 93b Satz 1 BVerfGG abgelehnt wird.  Lenz/Hansel, BVerfGG, § 32 Rn. 214. Lerach

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

169

Eilantrag kommt freilich nur während der noch laufenden Beschwerdefrist des § 93 Abs. 1 BVerfGG in Betracht.

4. Verfügungsgrund a) Dringlichkeit der Rechtsverfolgung Einstweiliger Rechtsschutz kommt nur in Betracht, wenn zu besorgen ist, dass durch 613 eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsverfügung nach § 935 ZPO), oder wenn eine einstweilige Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsverfügung nach § 940 ZPO). Die Rechtsverfolgung muss in diesem Sinne im konkreten Fall objektiv dringlich 614 (eilbedürftig) sein.⁹²⁷ Es muss der Verfügungsgrund (§§ 936, 917 ZPO) vorliegen,⁹²⁸ der die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens unzumutbar macht und die Entscheidung im Eilverfahren auf der Grundlage einer bloß summarischen⁹²⁹ Beurteilung des Sach- und Streitstands rechtfertigt. Insoweit handelt es sich um eine besondere Form des Rechtsschutzbedürfnisses,⁹³⁰ also eine Zulässigkeitsvoraussetzung, die der Disposition der Parteien entzogen ist,⁹³¹ und deren Vorliegen – im Rahmen einer umfassenden Abwägung aller relevanten Einzelfallumstände und schutzwürdigen Parteiinteressen⁹³² – vom Gericht von Amts wegen zu prüfen ist.

 Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.12; Spätgens/Danckwerts, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 100 Rn. 15 ff.; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 66; Berneke/Schüttpelz, Rn. 106.  Im Wettbewerbsrecht wird die Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit mit dem Verfügungsgrund grundsätzlich gleichgesetzt, vgl. Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 62; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 54 Rn. 15; Spätgens/Danckwerts, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 100 Rn. 15.  Etwaige daraus resultierende Einschränkungen machen einen Streitgegenstand nicht von vornherein für ein einstweiliges Verfügungsverfahren ungeeignet, vielmehr kann und muss ihnen durch sachgerechte Anforderungen an den Grad der Glaubhaftmachung Rechnung getragen werden, vgl. OLG Frankfurt a. M., WRP 2016, 905, 905 f.; KG, Urt. v. 2.6. 2017 – 5 U 196/16, BeckRS 2017, 120098. Vgl. auch Rn. 502.  Jedenfalls im Wettbewerbsrecht h. M., vgl. Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 54 Rn. 14 f. m. w. N. A. A. Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 65.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 61. A. A. Berneke/Schüttpelz, Rn. 117. Zum Prüfungsumfang im Fall eines Anerkenntnisses des Verfügungsantrags durch den Schuldner vgl. Berneke/Schüttpelz, Rn. 464 m. w. N.  Berneke/Schüttpelz, Rn. 109 ff. m. w. N.; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 64; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 54 Rn. 14; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 62. Lerach/Pustovalov

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

615 Abzustellen ist bei dieser Prüfung auf den Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der

Entscheidung oder – soweit nach mündlicher Verhandlung entschieden wird – des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung.⁹³³ Dies gilt auch für die Überprüfung in der zweiten Instanz (vgl. Rn. 628 f., 656).⁹³⁴ Maßgeblich für die Beurteilung ist allein die Perspektive des Gläubigers (vgl. auch Rn. 626); ob die Rechtsverfolgung für Dritte⁹³⁵ oder die Allgemeinheit objektiv dringlich (eilbedürftig) ist, ist hingegen ohne Belang.⁹³⁶ 616

Praxishinweis: Macht der Gläubiger mehrere Streitgegenstände rechtshängig, oder richtet er seine Ansprüche gegen mehrere Schuldner, ist der Verfügungsgrund für jeden der Streitgegenstände und auch hinsichtlich jedes in Anspruch genommenen Schuldners (vgl. Rn. 635) – ggf. unter Beachtung des Zeitpunkts und der Umstände einer nachträglichen Einführung in das Verfügungsverfahren⁹³⁷ (vgl. auch Rn. 628) – separat zu prüfen.⁹³⁸ Ggf. muss innerhalb desselben Streitgegenstands zwischen einzelnen vorgebrachten Beanstandungen differenziert werden.⁹³⁹

617 Das Vorliegen des Verfügungsgrunds ist nach allgemeinen Grundsätzen vom Gläubi-

ger darzulegen und nach §§ 936, 920 Abs. 2, § 294 ZPO glaubhaft zu machen. Jedoch greift im Wettbewerbsrecht § 12 Abs. 1 UWG, wonach das Gericht einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in §§ 935, 940 ZPO bezeichneten Voraussetzungen erlassen kann, soweit dies zur Sicherung der Unterlassungsansprüche aus dem UWG erfolgt (vgl. Rn. 500 f., 890 f.).⁹⁴⁰ Grundlegend dafür

 Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.12; Retzer, in: Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 61; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 66; Berneke/Schüttpelz, Rn. 107.  Berneke/Schüttpelz, Rn. 107; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.12; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 66.  Es sei denn, dass der Gläubiger in gewillkürter Prozessstandschaft für einen Dritten vorgeht, vgl. Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 62.  OLG Köln, B. v. 5.4. 2018 – 6 W 32/18, n. v.; Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 54 Rn. 16 f.; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.12; Retzer, in: Harte-Bavendamm/HenningBodewig, UWG, § 12 Rn. 62.  Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 82; OLG Hamburg, Urt. v. 5.12. 2019 – 5 U 44/19, GRUR-RS 2019, 52994; OLG Braunschweig, Hinweisb. v. 19. 3. 2018 – 2 U 2/18, n. v.  Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 67; Berneke/Schüttpelz, Rn. 108, 189 ff.; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 82, 85; KG, Urt. v. 2.6. 2017 – 5 U 196/16, BeckRS 2017, 120098; OLG Hamburg, Urt. v. 28. 3. 2019 – 3 U 117/18, BeckRS 2019, 16343; Urt. v. 28. 5. 2009 – 3 U 191/08, BeckRS 2009, 23514.  Vgl. OLG Frankfurt a. M.,WRP 2020, 1061, 1062; WRP 2019, 106, 107 f.; WRP 2017, 616, 617; WRP 2017, 100, 100; WRP 2017, 94, 95; OLG Hamburg, Urt. v. 13.9. 2012 – 3 U 107/11, BeckRS 2012, 22219. Zur entsprechenden Relevanz für die Hemmung der Verjährung vgl. Rn. 890.  In Bezug auf ein in einen Unterlassungsantrag „gekleidetes“ Begehren eines „Unterlassens einer Unterlassung“, das dem Inhalt nach eine Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung bezweckt, kommt § 12 Abs. 1 UWG (auch analog) nicht zur Anwendung, vgl. OLG Köln, WRP 2017, 864, 865 f. Dasselbe gilt für wettbewerbsrechtliche Beseitigungsansprüche, und zwar auch dann, wenn sie Handlungen betreffen, deren Vornahme von der Reichweite des daneben bestehenden Unterlassungsanspruchs umfasst wäre (vgl. Rn. 716 ff.), vgl. Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 54 Rn. 21. Zum Anwendungsbereich des § 12 Abs. 1 UWG vgl. weiterführend Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

171

ist der Umstand, dass ein Unterlassungsanspruch von Beginn an fortlaufend zu erfüllen ist, und die Einhaltung dieser Verpflichtung weder später nachgeholt noch durch etwaige Schadensersatzzahlungen gleichwertig ausgeglichen werden kann.⁹⁴¹ Mit Blick darauf statuiert § 12 Abs. 1 UWG zugunsten des Gläubigers eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs eine widerlegbare tatsächliche Vermutung der Dringlichkeit der Rechtsverfolgung (vgl. auch Rn. 750).⁹⁴² Über § 5 UKlaG ist § 12 Abs. 1 UWG auf die Unterlassungsansprüche aus dem UKlaG anwendbar. Die Vermutungsregelung erfasst dabei alle einschlägigen Unterlassungsansprüche und nicht nur solche, deren Entscheidung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen einfach, klar und schnell erfolgen kann (vgl. auch Rn. 502).⁹⁴³ Praxishinweis: Im Anwendungsbereich des § 12 Abs. 1 UWG braucht der Gläubiger zum Verfügungsgrund⁹⁴⁴ einschließlich des Zeitpunkts der erstmaligen Kenntnisnahme⁹⁴⁵ (jedenfalls zunächst) nichts vorzubringen. Insoweit verbleibt auch kein Platz mehr für eine gesonderte Überprüfung des Verfügungsgrunds anhand einer Interessenabwägung.⁹⁴⁶ Diese kommt erst in Betracht, und der Gläubiger hat seine besagte Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast erst zu beachten, wenn Umstände im Raum stehen (vgl. etwa Rn. 638), die geeignet sind, die Dringlichkeitsvermutung zu widerlegen bzw. den daraufhin vom Gläubiger ggf. vorgetragenen Verfügungsgrund entfallen zu lassen (vgl. Rn. 484 f., 650 f.).⁹⁴⁷

618

b) Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung Über die Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung ist als Teil der Prüfung des Ver- 619 fügungsgrunds im Rahmen der insoweit gebotenen Interessenabwägung zu entscheiden (vgl. Rn. 614 ff.). Maßgeblich sind auch hier die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls (vgl. etwa Rn. 482, 627, 654, 701, 748, 897, 947). Relevante Anhaltspunkte sind in erster Linie vom Schuldner, der insoweit mit der Darlegung und

Kap. 54 Rn. 19 ff.; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 100 ff.; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.14.  von Hellfeld, Rn. 227. Zur aus diesem Grund auch generell ausgeschlossenen einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung eines Unterlassungstitels vgl. Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 57 Rn. 39.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.13;Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 70; Spätgens/Danckwerts, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 100 Rn. 20 m. w. N.; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 74.  OLG Celle, GRUR-RR 2008, 441, 441 f.  Vgl. Berneke/Schüttpelz, Rn. 126 f.  OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 11.11. 2021 – 6 U 121/21, GRUR-RS 2021, 37927; OLG Rostock, B. v. 8.11. 2021 – 2 U 25/21, GRUR-RS 2021, 38282; OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.7. 2021 – 6 U 7/21, n. v.; OLG Hamburg, GRUR-RR 2018, 479, 480. Weiterführend Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 71 m. w. N.  Retzer, GRUR 2009, 329, 332 f.; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 99, 70.  KG, Urt. v. 2.6. 2017 – 5 U 196/16, BeckRS 2017, 120098; Spätgens/Danckwerts, in: Gloy/Loschelder/ Danckwerts, § 100 Rn. 21; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.13; Voß, in: Cepl/ Voß, ZPO, § 940 Rn. 71; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 79 f.; Sosnitza, in: Ohly/ Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 116. Pustovalov

172

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Glaubhaftmachung belastet ist,⁹⁴⁸ zur Verfügung zu stellen. Sie können aber – da der Verfügungsgrund von Amts wegen zu prüfen ist – ebenso dem eigenen Vorbringen des Gläubigers sowie seinem sonstigen (auch prozessualen) Verhalten entnommen werden (vgl. Rn. 485).⁹⁴⁹ 620

Praxishinweis: Die (jederzeitige) Widerlegbarkeit der Dringlichkeitsvermutung sollte bei der Sachbearbeitung sowohl auf der Gläubigerseite als auch auf der Schuldnerseite⁹⁵⁰ (eingehende Auswertung des Streitstoffs, weitergehende Recherchen, entsprechend substantiierter Vortrag und aussagekräftige Glaubhaftmachung etc., vgl. auch Rn. 740, 741 m. Fn. 1187) hinreichend Berücksichtigung finden. Denn das Eilverfahren kann – selbst bei der materiell-rechtlichen Begründetheit des Antragsbegehrens, also bei Vorliegen des Verfügungsanspruchs – allein schon mangels Verfügungsgrunds zum Nachteil des Gläubigers entschieden werden.

aa) Zeitmoment 621 Vorrangig und in der Praxis von größter Bedeutung für die Prüfung und Beurteilung

des Verfügungsgrunds ist die zeitliche Komponente. Die Vermutung des § 12 Abs. 1 UWG ist widerlegt, wenn das Verhalten des Gläubigers nicht erkennbar darauf ausgerichtet ist, die geltend gemachten Ansprüche so schnell wie möglich durchzusetzen, sondern zeigt, dass es ihm mit der Anspruchsdurchsetzung nicht eilig ist.⁹⁵¹ 622 Das ist vor allem der Fall, wenn der Gläubiger in Kenntnis oder grob fahrlässiger

Unkenntnis⁹⁵² vom wettbewerbswidrigen Verhalten und vom Verantwortlichen mit der Rechtsverfolgung zu lange wartet bzw. diese nicht zügig, sondern nur schleppend betreibt.⁹⁵³ Die in Bezug auf die Kenntniserlangung und Wissenszurechnung geltenden Maßstäbe entsprechen im Wesentlichen denjenigen, die hin-

 OLG Stuttgart,WRP 2018, 1252, 1254; OLG Celle,WRP 2017, 1236, 1237; OLG Hamburg,WRP 2013, 196, 198; OLG München, GRUR-RR 2008, 310, 312.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 68; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 72.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 68. Vgl. beispielsweise OLG Stuttgart, GRUR-RR 2009, 343, 345.  Vgl. nur BGH, GRUR 2000, 151, 152 – Späte Urteilsbegründung; OLG Celle, WRP 2014, 477, 478. Zur vorherigen Erhebung einer Hauptsacheklage vgl. von Hellfeld, Rn. 231; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/ Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.20.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.15a m. w. N. A. A. Büscher, in: Fezer/ Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 80.  KG, Urt. v. 2.6. 2017 – 5 U 196/16, BeckRS 2017, 120098; OLG Stuttgart, GRUR-RR 2014, 251, 252. Auf die ggf. zu beachtende Nachforschungspflicht hinweisend OLG Hamm, B. v. 7. 2. 2019 – 4 W 12/19, BeckRS 2019, 2195. Zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Verwirkung vgl. ergänzend BGH, WRP 2014, 455, 459 f. – Peter Fechter. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

173

sichtlich des Beginns der Verjährungsfrist nach § 11 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu beachten sind (vgl. Rn. 874 ff.).⁹⁵⁴ Die genaue Reaktionszeitspanne, deren Überschreiten dringlichkeitsschädlich sein 623 und den Verfügungsgrund entfallen lassen kann, wird unterschiedlich beurteilt. In der Rechtsprechung hat sich insoweit eine umfangreiche Kasuistik entwickelt, die mittlerweile nur schwer überschaubar ist.⁹⁵⁵ Nichtsdestoweniger lassen sich ihr für einzelne Oberlandesgerichtsbezirke jedenfalls folgende Richtwerte entnehmen, denen aus Gründen der Rechtssicherheit⁹⁵⁶ ein hoher Stellenwert beizumessen ist: ein Monat

OLG Bamberg,⁹⁵⁷ OLG Brandenburg,⁹⁵⁸ OLG Braunschweig,⁹⁵⁹ OLG Celle,⁹⁶⁰ OLG Dresden,⁹⁶¹ OLG Hamm,⁹⁶² OLG Jena (bei „Routineangelegenheiten“),⁹⁶³ OLG Karlsruhe,⁹⁶⁴ OLG Koblenz („für den Normalfall“),⁹⁶⁵ OLG Köln,⁹⁶⁶ OLG München,⁹⁶⁷ OLG Nürnberg,⁹⁶⁸ OLG Oldenburg,⁹⁶⁹ OLG Saarbrücken,⁹⁷⁰ OLG Zweibrücken ⁹⁷¹

 Speziell zum Verfügungsgrund vgl. OLG Frankfurt a. M., WRP 2017, 1392, 1393 f.; WRP 2019, 99, 101 f.; OLG Köln, GRUR-RR 2010, 493, 493; Urt. v. 21.8. 2015 – 6 U 41/15, BeckRS 2015, 15721 (Wissenszurechnung beim „Einkaufen“ von durch Dritte festgestellten Wettbewerbsverstößen eines Mitbewerbers); OLG Hamburg, Urt. v. 31.1. 2019 – 3 U 204/17, BeckRS 2019, 16803; GRUR-RR 2018, 27, 28 f. (zur Zurechnung des Wissens des Rechtsanwalts aus seiner früheren Tätigkeiten für einen anderen Mandanten); OLG München, Hinweisb. v. 12. 8. 2021 – 6 U 4145/21, n. v. (Zurechnung des Wissens des Rechtsanwalts, der eine Anzeige über einen Rechtsverstoß unmittelbar selbst erhält und die Information mit einer Handlungsempfehlung an den Mandanten weiterleitet); OLG Hamm, B. v. 7. 2. 2019 – 4 W 12/19, BeckRS 2019, 2195 (Zurechnung des Wissens, das der organschaftliche Vertreter des Gläubigers bei der Tätigkeit als Geschäftsführer eines davon unabhängigen Unternehmens erlangt hat); OLG Rostock, B. v. 8.11. 2021 – 2 U 25/21, GRUR-RS 2021, 38282; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29. 3. 2018 – 20 U 114/17, n. v.; Urt. v. 19.4. 2018 – 20 U 146/17, n. v.; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 78 ff. m. w. N.  Vgl. Aufstellungen bei Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.15b; Spoenle, in: Seichter, jurisPK/UWG, § 12 Rn. 18; Berneke/Schüttpelz, Rn. 156a ff.; Retzer, in: Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, Anhang zu § 12 Rn. 689 ff.; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 82; Spätgens/ Danckwerts, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 100 Rn. 31 f.  So auch OLG München, Hinweisb. v. 12. 8. 2021 – 6 U 4145/21, n. v.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.5. 2015 – 2 U 8/15, BeckRS 2015, 12350; KG, B. v. 14.12. 2010 – 5 W 295/10, BeckRS 2011, 7300.  OLG Bamberg, WRP 2014, 609, 611.  OLG Brandenburg, WRP 2012, 747, 749.  OLG Braunschweig, Hinweisb. v. 19. 3. 2018 – 2 U 2/18, n. v.  OLG Celle, Urt. v. 6. 2. 2018 – 13 U 134/17, BeckRS 2018, 5029; WRP 2017, 1236, 1237; WRP 2014, 477, 478.  OLG Dresden, B. v. 23.10. 2006 – 14 W 1083/06, n. v.  OLG Hamm, WRP 2021, 938, 939; B. v. 7. 2. 2019 – 4 W 12/19, BeckRS 2019, 2195; Urt. v. 21.4. 2016 – 4 U 44/16, BeckRS 2016, 13674; Urt. v. 22.10. 2013 – 4 U 66/13, BeckRS 2015, 1318; NJW-RR 2013, 1517, 1518; GRUR-RR 2009, 313, 314.  OLG Jena, Urt. v. 13.4. 2016 – 2 U 33/16, BeckRS 2016, 10344; Urt. v. 11. 3. 2015 – 2 W 465/14, BeckRS 2015, 8508; GRUR-RR 2014, 294, 296; NJW-RR 2012, 41, 42; Urt. v. 26.11. 2010 – 2 U 190/10, BeckRS 2011, 8717.  OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.7. 2021 – 6 U 7/21, n. v.; GRUR-RR 2015, 509, 511; WRP 2007, 822, 823. Pustovalov

174

C. Auseinandersetzung vor Gericht

sechs Wochen acht Wochen bzw. zwei Monate zwei Monate

OLG Frankfurt a. M. („grober Zeitrahmen“)⁹⁷² OLG Stuttgart ⁹⁷³ OLG Düsseldorf,⁹⁷⁴ KG ⁹⁷⁵

624 Das OLG Rostock hebt demgegenüber ausdrücklich hervor, sich bezüglich der Wi-

derlegung der Dringlichkeitsvermutung auf keine Regelfrist festgelegt zu haben, sondern zumeist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen.⁹⁷⁶ Gleichzeitig gewährt es Einblick in seine diesbezügliche Praxis und führt beispielhafte Entscheidungen an, wonach in einfachen Fällen ein Zuwarten von einem Monat, sonst (bei nachvollziehbaren Gründen) ein Zuwarten von zwei bis ausnahmsweise drei Monaten dringlichkeitsunschädlich sein kann.⁹⁷⁷ Auch das OLG Hamburg ⁹⁷⁸ und das OLG Schleswig ⁹⁷⁹ sprechen sich im Grundsatz gegen eine Regelfrist aus. Beim OLG Bremen und

 OLG Koblenz, GRUR 2011, 451, 452.  OLG Köln, Urt. v. 29.5. 2020 – 6 U 233/19, GRUR-RS 2020, 21759; Urt. v. 29.6. 2018 – 6 U 60/18, BeckRS 2018, 15594; GRUR-RR 2018, 207, 209; Urt. v. 13. 5. 2015 – 6 W 16/15, BeckRS 2015, 11926; WRP 2014, 1085, 1088; GRUR-RR 2012, 480, 480.  OLG München, Hinweisb. v. 12. 8. 2021 – 6 U 4145/21, n. v.; WRP 2019, 798, 799; Urt. v. 20.10. 2016 – 6 U 2046/16, BeckRS 2016, 18802; Urt. v. 17.11. 2016 – 29 U 3281/16, zit. nach juris; WRP 2014, 591, 595; GRUR-RR 2011, 401, 402; GRUR-RR 2008, 310, 312.  OLG Nürnberg, B. v. 13.11. 2018 – 3 W 2064/18, BeckRS 2018, 29449; B. v. 13.11. 2001 – 3 U 3189/01, BeckRS 2001, 30219155.  OLG Oldenburg, Hinweisb. v. 19.6. 2015 – 6 U 66/15, zit. nach juris; WRP 1996, 461, 464.  OLG Saarbrücken, B. v. 31.8. 2016 – 1 U 150/15, BeckRS 2016, 16579; Urt. v. 18.10. 2000 – 1 U 480/00, BeckRS 2000, 17032.  So die Information des Gerichts nach einem entsprechenden Auskunftsgesuch. Zur früheren Rechtsprechung vgl. OLG Zweibrücken, GRUR-RR 2008, 346, 346.  OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 6.12. 2018 – 6 U 125/18, GRUR-RS 2018, 49200; WRP 2017, 1392, 1394 f.; WRP 2013, 1068, 1069; B. v. 27.9. 2012 – 6 W 94/12, BeckRS 2012, 22063.  OLG Stuttgart, B. v. 22. 2. 2018 – 2 W 37/17, BeckRS 2018, 23166; WRP 2018, 369, 371; Urt. v. 25. 2. 2009 – 4 U 204/08, BeckRS 2009, 10790.  OLG Düsseldorf, WRP 2020, 88, 91 f.; WRP 2019, 899, 901; Urt. v. 28.5. 2015 – 2 U 8/15, BeckRS 2015, 12350; GRUR-RR 2015, 217, 219; Urt. v. 25.11. 2014 – 20 U 154/14, BeckRS 2015, 6633; GRUR-RR 2015, 65, 65.  KG, Urt. v. 2.6. 2017 – 5 U 196/16, BeckRS 2017, 120098; B. v. 1.8. 2014 – 5 W 240/14, zit. nach juris; Urt. v. 7.1. 2011 – 5 U 103/09, BeckRS 2011, 3099; B. v. 14.12. 2010 – 5 W 295/10, BeckRS 2011, 7300.  OLG Rostock, WRP 2017, 235, 236.  OLG Rostock, WRP 2017, 235, 236. Ergänzend Koch, WRP 2002, 191, 196.  OLG Hamburg, WRP 2019, 917, 918 f. m. w. N. (die bisherige Spruchpraxis akzeptiert sechs bis acht Wochen, sofern der Gläubiger inzwischen nicht längere Zeit untätig geblieben ist); Urt. v. 28.5. 2009 – 3 U 191/08, BeckRS 2009, 23514; GRUR-RR 2008, 366, 367 (unter Hinweis auf OLG Hamburg, WRP 1996, 774, 774); Urt. v. 27.7. 2007 – 5 U 147/06, BeckRS 2008, 4903; WRP 2007, 675, 676; WRP 2007, 1251, 1252.  OLG Schleswig, B. v. 15. 3. 2016 – 6 W 4/16, n. v. (acht Wochen seien hinnehmbar, wenn davon über zwei Wochen durch Urlaub und ungewöhnlich hohe Arbeitsbelastung des zuständigen Mitarbeiters gerechtfertigt seien und zudem eine um drei Wochen verzögerte Rücksendung einer eidesstattlichen Versicherung durch einen Kunden außerhalb des Verantwortungsbereichs des Gläubigers liege); Urt. v. 10.1. 2012 – 6 U 31/11, zit. nach Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Anhang zu § 12 Rn. 710 (fast sechs Wochen bei einfach gelagertem Sachverhalt und klarer Rechtslage dringlichkeitsPustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

175

OLG Naumburg haben sich hinsichtlich der Beurteilung der Dringlichkeit keine festen Leitlinien entwickelt.⁹⁸⁰ Praxishinweis: Die aktuelle Tendenz geht im Allgemeinen in Richtung einer einmonatigen Reaktionszeitspanne, die vom Gläubiger zu beachten ist. Insoweit haben einige Gerichte in der letzten Zeit von ihrer bisher großzügigeren Handhabung Abstand genommen. Es ist nicht auszuschließen, dass sich auch andere Gerichte dieser Tendenz – zumindest für den Regelfall – anschließen werden, sodass für die Praxis eine grundsätzliche Orientierung an der Monatsfrist zu empfehlen ist.

625

Nahezu alle Gerichte betonen zuweilen, dass es sich bei den ihrerseits herangezoge- 626 nen Richtwerten um keine starren Fristen handelt, sondern eine Einzelfallbetrachtung anzustellen ist. Ins Gewicht fallen dabei in erster Linie die rechtliche und tatsächliche Komplexität der konkreten Angelegenheit sowie die bisherige Sachbearbeitung durch den Gläubiger oder Dritte, die in seinem Zurechnungsbereich tätig sind (vgl. Rn. 622). Zu hinterfragen ist insbesondere, ob aufseiten des Gläubigers über die gesamte Zeit bis zur Einreichung des Verfügungsantrags zielgerichtete und sinnvoll⁹⁸¹ erscheinende Maßnahmen ergriffen wurden, um die geltend gemachten Rechte durchzusetzen.⁹⁸² Ist das nicht der Fall gewesen, kann auch für einen im Sinne der angegebenen Intervalle „rechtzeitigen“ Eilantrag der Verfügungsgrund fehlen.⁹⁸³ Umgekehrt bedeutet das Überschreiten der grundsätzlich maßgeblichen Zeitintervalle nicht automatisch, dass der Gläubiger mit seinem Verfügungsantrag ausgeschlossen ist; vielmehr kann dieser zulässig sein, soweit das längere Zuwarten durch sachgerechte Gründe bedingt war.⁹⁸⁴ Praxishinweis: Ein Beispiel für die Bandbreite einer einzelfallbezogenen Argumentation bietet die Anrufung eines unzuständigen Gerichts (vgl. auch Rn. 844). Die Missachtung der Zuständigkeitsvorschriften kann naheliegenderweise als ein Indiz interpretiert werden, das Zweifel an der

schädlich); WRP 1996, 937, 938 (ein Zeitraum von etwas mehr als sechs Wochen reiche nicht, um die Dringlichkeitsvermutung zu widerlegen).  So die Information der Gerichte nach entsprechenden Auskunftsgesuchen.Vgl. auch OLG Bremen, Urt. v. 23.7.1998 – 2 U 45/98, BeckRS 1998, 15882; NJW-RR 1991, 44, 44.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 1213, 1214; OLG Stuttgart, WRP 2018, 369, 372; OLG Köln, GRUR-RR 2018, 207, 209; KG, B. v. 14.12. 2010 – 5 W 295/10, BeckRS 2011, 7300. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2013, 236, 238 f. hebt die tatsächliche Vermutung der Sinnhaftigkeit jeder Maßnahme hervor, die der Gläubiger zur Aufklärung bzw. Glaubhaftmachung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts unternimmt.  Weiterführend Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 83 ff.  Beispielhaft OLG Düsseldorf, Urt. v. 28. 5. 2015 – 2 U 8/15, BeckRS 2015, 12350. Zu möglicherweise strengeren Beurteilungsmaßstäben bei einer entsprechend engen Fristsetzung durch den Gläubiger vgl. OLG Hamburg, GRUR-RR 2018, 27, 29.  Beispielhaft OLG Köln, B. v. 5.4. 2018 – 6 W 32/18, n. v., das die Dringlichkeit eines Verfügungsantrags trotz eines vorgeschalteten Ordnungsmittelverfahrens bejaht, welches auf der Grundlage einer zuvor erwirkten einstweiligen Verfügung bis zum Bestreiten der durch den Gläubiger als offensichtlich angenommenen Kerngleichheit betrieben wurde; OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 1213, 1214; OLG Stuttgart, WRP 2018, 369, 371 f.; KG, B. v. 14.12. 2010 – 5 W 295/10, BeckRS 2011, 7300. Pustovalov

627

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

Dringlichkeit weckt.⁹⁸⁵ Ebenso gut kann allerdings vertreten werden, dass eine solche Verfehlung des Gläubigers ihrer Natur nach nicht auf eine Verschleppung abzielt, sondern schlicht einem Versehen geschuldet oder – bei einer bewussten Wahl eines „günstigeren“ Gerichts – sogar auf die schnellstmögliche Herbeiführung einer stattgebenden Entscheidung ausgerichtet ist.⁹⁸⁶ 628 Außer einer dringlichkeitsschädlichen Rechtsverfolgung vor bzw. bei Antragseinrei-

chung kann auch ein zögerliches Betreiben des Gerichtsverfahrens die Dringlichkeitsvermutung widerlegen.⁹⁸⁷ Das entsprechende Verhalten des Verfahrensbevollmächtigten ist dem Gläubiger zuzurechnen.⁹⁸⁸ Typisch sind die Konstellationen, in denen der Gläubiger, ohne durch eine zu seinen Gunsten ergangene Eilverfügung gesichert zu sein,⁹⁸⁹ – Anträge verzögert begründet,⁹⁹⁰ – der Gewährung einer Aufbrauchsfrist zustimmt (vgl. auch Rn. 206),⁹⁹¹ – Sachvortrag verzögert einbringt (nicht aber bei einer bloßen Korrektur oder Ergänzung der rechtlichen Argumentation⁹⁹²),⁹⁹³ – sich Fristen nicht unerheblich verlängern lässt bzw. diese verlängerten Fristen nicht unerheblich ausschöpft (u. U. möglicherweise schon bei der Ausschöpfung gesetzlicher Fristen,⁹⁹⁴ vgl. auch Rn. 629),⁹⁹⁵

 So von Hellfeld, Rn. 292. Nicht erfasst sind davon allerdings die Fälle, in denen die Verweisung aufgrund von Tatsachen erfolgt, die erst nach der Antragstellung bekannt werden, vgl. etwa KG, B. v. 27.7. 2018 – 5 W 149/18, BeckRS 2018, 23293.  OLG Düsseldorf, Urt. v. 11. 3. 2014 – 20 U 151/13, BeckRS 2014, 21936; OLG Saarbrücken, B. v. 31.8. 2016 – 1 U 150/15, BeckRS 2016, 16579.  Zur diesbezüglichen Rechtsprechung vgl. Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 87 ff., 107 f.; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 86 ff.; Berneke/Schüttpelz, Rn. 188 ff.; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.16; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 84.  Vgl. nur OLG Hamm, WRP 2021, 938, 939 ff.; OLG München, WRP 2019, 1375, 1377.  OLG Hamm, WRP 2021, 938, 939 ff.  OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 28. 5. 2013 – 11 W 13/13, BeckRS 2013, 10983; KG, B. v. 4.4. 2008 – 5 W 51/08, BeckRS 2008, 9719.  Berneke/Schüttpelz, Rn. 204, 355. Vgl. aber OLG Frankfurt a. M., WRP 2020, 1337, 1338. Zur Folge eines damit ggf. ebenfalls einhergehenden Ausschlusses etwaiger Rückrufpflichten vgl. zudem OLG Köln, WRP 2019, 123, 126 f.  OLG Düsseldorf, Urt. v. 11. 3. 2014 – 20 U 151/13, BeckRS 2014, 21936.  OLG München, WRP 2019, 1375, 1377 f.; OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 106, 107 f.; OLG Hamburg, Urt. v. 13.9. 2012 – 3 U 107/11, BeckRS 2012, 22219.  Verneinend OLG Bremen, GRUR-RR 2015, 345, 346; OLG Frankfurt a. M., B. v. 27.9. 2012 – 6 W 94/12, BeckRS 2012, 22063; OLG Hamburg, GRUR-RR 2018, 27, 29. Das pauschale Ausschließen dieses Umstands aus der dringlichkeitsbezogenen Einzelfallbetrachtung erscheint sachwidrig: Konnte der Gläubiger seinen Anspruch erstinstanzlich noch nicht durch eine einstweilige Verfügung sichern, und nimmt er sich z. B. nach der ersten Instanz, die bereits mehrere Monate „verschlungen“ hat, weitere zwei Monate Zeit, um die Berufung lediglich derart zu begründen, dass er seine bisherige Einlassung wiederholt (oder gar kopiert), bringt er mit dem insoweit grundlosen Zeitverlust durchaus zum Ausdruck, auf eine zügige Anspruchsdurchsetzung keinen besonderen Wert zu legen. Ähnlich zweifelnd Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

– – – – –

177

eine Terminsverlegung beantragt⁹⁹⁶ bzw. einem solchen Antrag des Schuldners zustimmt, einen weiträumigen Verkündungstermin beantragt,⁹⁹⁷ ein Versäumnisurteil über sich ergehen lässt,⁹⁹⁸ den Anspruch lediglich mit der Anschlussberufung weiterverfolgt⁹⁹⁹ oder sich sonst nachlässig nicht um einen schnellstmöglichen Richterspruch bemüht (vgl. etwa Rn. 482, 844).¹⁰⁰⁰ Praxishinweis: Mit fortschreitender Zeit kann das Interesse des Gläubigers an der Beendigung des gerügten (fortdauernden) Störungszustands grundsätzlich nur steigen. Hat er noch keine einstweilige Verfügung erwirkt, muss sein Verhalten, das nicht konsequent auf eine schnellstmögliche Durchsetzung des Unterlassungsbegehrens ausgerichtet ist, in einem späteren Verfahrensstadium dementsprechend strenger hinterfragt werden und umso eher den Schluss darauf rechtfertigen, dass der erforderliche Verfügungsgrund nicht gegeben ist (vgl. auch Rn. 748).¹⁰⁰¹

629

Der Gläubiger kann die Dringlichkeitsvermutung durch sein Verhalten nach Ab- 630 schluss des Erkenntnisverfahrens widerlegen, sofern er die erwirkte einstweilige Verfügung nicht oder wiederum nur zögerlich durchsetzt (vgl. Rn. 658 f., 701, 748, 835 m. Fn. 1360, Rn. 982 ff.).¹⁰⁰²

OLG München, GRUR-RR 2016, 499, 504. Als dringlichkeitsschädliches Indiz angeführt auch durch OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2020, 557, 559.  OLG Celle, B. v. 17.9. 2015 – 13 U 72/15, zit. nach juris, m. w. N.; OLG Hamm, Urt. v. 29.10. 2009 – 4 U 112/09, zit. nach juris; OLG München, GRUR-RR 2016, 499, 504 f.; KG, B. v. 16.4. 2009 – 8 U 249/08, BeckRS 2009, 14692 m. w. N.; B. v. 20.9. 2016 – 5 W 147/16, BeckRS 2016, 20973; OLG Stuttgart,WRP 2018, 369, 371. A. A. OLG Hamburg,WRP 2013, 196, 199; GRUR-RR 2018, 27, 29.Vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 8. 5. 2018 – 20 U 142/17, BeckRS 2018, 31823 (Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Tag unschädlich).  OLG Hamm, WRP 2021, 938, 939 ff.; Urt. v. 15. 3. 2011 – 4 U 200/10, BeckRS 2011, 8079; Urt. v. 30.6. 2009 – 4 U 74/09, BeckRS 2009, 20877; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 28.5. 2013 – 11 W 13/13, BeckRS 2013, 10983; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.11. 2012 – 20 U 4/12, BeckRS 2013, 11232; OLG Stuttgart, WRP 2018, 369, 371. Sehr großzügig ist bei diesem Aspekt aber OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.7. 2021 – 6 U 7/21, n. v.  A. A. für den Einzelfall OLG Celle, GRUR-RR 2008, 441, 442.  OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2020, 557, 558 f.; OLG Celle, MMR 2009, 483, 483.  OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 17.1. 2012 – 6 U 159/11, BeckRS 2012, 6910.  Vgl. BGH, GRUR 2000, 151, 151 f. – Späte Urteilsbegründung (zum Anfordern eines vollständig abgefassten Urteils nach Zurückweisung des Verfügungsantrags); OLG Hamburg,WRP 2019, 1355, 1356 f. (zum Zuwarten bis zum Verhandlungstermin); OLG Frankfurt a. M., WRP 2020, 365, 365 (zu Sachstandsanfragen im Anschluss an die Einreichung des Verfügungsantrags).  So auch OLG Hamm, WRP 2021, 938, 939 ff. bei der Beurteilung der dringlichkeitsschädlichen Auswirkung eines Antrags auf Verlegung eines Verhandlungstermins.  Vgl. OLG Köln, WRP 2017, 1005, 1006 f., das die Selbstwiderlegung der Dringlichkeitsvermutung nicht nur bei Unterlassungsgeboten, in Bezug auf welche der Gläubiger etwaigen Zuwiderhandlungen kein Ordnungsmittelverfahren nachfolgen lässt, sondern auch bei solchen (weiteren) Unterlassungsgeboten annimmt, die auf diesen Zuwiderhandlungen – inhaltlich und von der Qualität her – vergleichbaren Verletzungshandlungen beruhen; OLG Frankfurt a. M., WRP 2020, 1337, 1338; OLG Düsseldorf,WRP 2019, 490, 491; Urt. v. 29. 3. 2018 – 20 U 114/17, n. v.; WRP 2019, 1485, 1487 (zu Verzögerungen Pustovalov

178

631

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Praxishinweis: Der Schuldner sollte darauf achten, dass Einwände gegen den Verfügungsgrund in einem Ordnungsmittelverfahren verfehlt sind (vgl. Rn. 997 f.), denn sie betreffen nicht den Verstoß gegen den Titel, sondern dessen Bestand. Will der Schuldner sie fruchtbar machen, muss er mit einem darauf gestützten Rechtsbehelf den Titel als solchen angreifen und beseitigen (vgl. Rn. 789 ff.).

bb) Umstandsmoment 632 Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 1 UWG kann über das Zeitmoment hinaus

auch durch andere Gegebenheiten widerlegt werden, die im konkreten Einzelfall einer Entscheidung über die Ansprüche des Gläubigers gerade im Wege des Eilverfahrens entgegenstehen. 633 Dazu gehören vor allem tatsächliche Umstände, die auf deutlich überwiegende

Interessen des Schuldners bzw. das Fehlen schutzwürdiger Interessen des Gläubigers schließen lassen.¹⁰⁰³ So kann beispielsweise der Gläubiger, der den von ihm beanstandeten Wettbewerbsverstoß über einen längeren Zeitraum selbst begangen und erst kurz vor der Abmahnung abgestellt hat, nicht die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes beanspruchen, um ein kerngleiches Verhalten eines Mitbewerbers untersagen zu lassen.¹⁰⁰⁴ Am Verfügungsgrund mangelt es ebenfalls, wenn das Antragsbegehren des Gläubigers etwa einen Wettbewerbsverstoß zum Gegenstand hat, der zum frühestmöglichen Zeitpunkt der Vollziehung bereits beendet wird und seiner Natur nach (z. B. bei Jubiläumsaktionen, Messen etc.) erst nach erheblicher Zeit wiederholbar ist.¹⁰⁰⁵ Ferner ist die Problematik des „forum shopping“, also der Anrufung mehrerer Gerichte durch den Gläubiger (vgl. Rn. 525 f.), hier zu verorten: Solche Fälle sind nicht mit dem Kriterium der Dringlichkeit im engeren Sinne, sondern unter dem Blickwinkel des – fehlenden – besonderen Rechtsschutzbedürfnisses zu beurteilen.¹⁰⁰⁶

im Zusammenhang mit der Auslandszustellung); KG, GRUR-RR 2015, 181, 182 f.; von Hellfeld, Rn. 231 a. E. Mit weiteren Beispielen aus der Praxis Greiner, GRUR-Prax 2017, 477, 477 ff. Kritisch Isele,WRP 2017, 1050, 1050 ff.; mit ähnlichen Argumenten zweifelnd OLG Hamburg, Hinweisb. v. 20. 8. 2018 – 3 U 141/17, BeckRS 2018, 41654.  KG, B. v. 4.4. 2008 – 5 W 51/08, BeckRS 2008, 9719; Retzer, GRUR 2009, 329, 332 f.; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 54 Rn. 14; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 92 ff.  LG Ingolstadt, WRP 2014, 1364, 1366.  Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 95 m. w. N.; Berneke/Schüttpelz, Rn. 138 ff.; Köhler, in: Köhler/ Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.18.  OLG Düsseldorf,WRP 2019, 487, 488 ff. m. w. N.; KG, GRUR-RR 2017, 128, 128.Weiterführend Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.16a; Teplitzky, GRUR 2008, 34, 37 f. Gegen eine per se zulasten des Gläubigers gehende Bewertung argumentiert Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 87. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

179

Praxishinweis: So oder ähnlich gelagerte Konstellationen, in denen dem Gläubiger die Klärung seiner Ansprüche im herkömmlichen Hauptsacheverfahren zuzumuten ist, bzw. in denen die Auferlegung eines sofortigen Unterlassungsgebots angesichts der kollidierenden Interessen des Schuldners nicht gerechtfertigt werden kann, bilden zwar Ausnahmen, sollten aber auf der Schuldnerseite stets im Blick behalten und ggf. sorgfältig dargelegt und glaubhaft gemacht werden. Dieses Vorbringen kann, wenngleich die Stoßrichtung eine etwas andere ist, in der Praxis zumindest insoweit zum Erfolg führen, als dass das Gericht dem Schuldner ausnahmsweise¹⁰⁰⁷ eine Aufbrauchsfrist gewährt.¹⁰⁰⁸ Letztere sollte der Schuldner zweckmäßigerweise mit einem Hilfsantrag ebenfalls selbst schon in den Raum stellen (vgl. Rn. 534).

634

c) „Wiederaufleben“ der Dringlichkeit Ist der Gläubiger gegen ein früheres wettbewerbswidriges Verhalten nicht einge- 635 schritten,¹⁰⁰⁹ lässt lediglich dessen Wiederholung die Dringlichkeit nicht wieder „aufleben“, sodass es für ein Vorgehen gegen neuerliche – kerngleiche¹⁰¹⁰ – Verletzungshandlungen desselben¹⁰¹¹ Schuldners (vgl. Rn. 616) regelmäßig am Verfügungsgrund fehlt (vgl. auch Rn. 630 m. Fn. 1002).¹⁰¹² Die Dringlichkeit kann ggf. neu entstehen, sofern wesentliche Änderungen der 636 maßgeblichen Umstände eintreten bzw. neue wesentliche Umstände hinzutreten, in deren Folge das Verhalten des Schuldners insbesondere derart an Intensität gewinnt, dass damit eine qualitativ neue Verletzungssituation zulasten des Gläubigers entsteht.¹⁰¹³

 Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 57 Rn. 23; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 8 Rn. 166; Ohly, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 8 Rn. 43; Spätgens/Held, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 98 Rn. 28.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2020, 630, 632. Zur Rechtsfigur vgl. weiterführend Büscher, in: Fezer/ Büscher/Obergfell, UWG, § 8 Rn. 163 ff.; Loschelder, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 91 Rn. 1 ff.  Das Betreiben eines Klageverfahrens kann ggf. nicht ausreichend sein, vgl. LG Berlin, Urt. v. 11. 3. 2019 – 101 O 140/18, zit. nach juris.  OLG Köln,WRP 2018, 1000, 1001; OLG Nürnberg, B. v. 14.9. 2018 – 3 U 1138/18, BeckRS 2018, 29517.  Berneke/Schüttpelz, Rn. 185; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.19; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 940 Rn. 94; KG, Urt. v. 2.6. 2017 – 5 U 196/16, BeckRS 2017, 120098; OLG Hamburg, WRP 2013, 1209, 1210. Zu einem Vorgehen nur gegen die Gesellschaft und einer späteren Inanspruchnahme des Geschäftsführers vgl. OLG Köln, WRP 2020, 1225, 1226. A. A. Sosnitza, in: Ohly/ Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 117.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.19; Retzer, in: Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 98; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 54 Rn. 37 m. w. N.  OLG Frankfurt a. M., B. v. 7.1. 2019 – 6 W 86/18, BeckRS 2019, 5325; OLG München, Urt. v. 17.11. 2016 – 29 U 3281/16, zit. nach juris; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2014, 273, 275; Retzer, in: HarteBavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 98 m. w. N.; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 54 Rn. 37 m. w. N.; Berneke/Schüttpelz, Rn. 182 m. w. N. Pustovalov

180

C. Auseinandersetzung vor Gericht

637 Ein solcher Qualitätssprung liegt jedoch nicht per se in der tatsächlichen Begehung

einer zunächst nur drohenden Verletzungshandlung. Denn der Gläubiger, der eine Erstbegehungsgefahr eines Wettbewerbsverstoßes nicht zum Anlass nimmt, diesem vorzubeugen, kann später nicht ohne sonstige qualitative Veränderungen geltend machen, dass das Vorgehen gegen die Realisierung dieser Gefahr nunmehr dringlich sei.¹⁰¹⁴ 638

Praxishinweis: Beim Absehen von der Verfolgung eines früheren kerngleichen Verstoßes steht dem Gläubiger die Vermutungsregelung des § 12 Abs. 1 UWG nicht mehr zur Seite (vgl. Rn. 618). Ihn trifft daher nach allgemeinen Regeln die Last der Darlegung und Glaubhaftmachung besonderer Umstände, die das Vorliegen des Verfügungsgrunds (dennoch) hinreichend stützen.¹⁰¹⁵

5. Darlegung und Glaubhaftmachung a) Verfügungsanspruch 639 Der Gläubiger muss die den Verfügungsanspruch tragenden Tatsachen schlüssig

darlegen und sollte sie aufgrund der zunächst bestehenden Einseitigkeit des Verfahrens allesamt¹⁰¹⁶ auch glaubhaft machen, damit die Grundlage für eine zügige stattgebende Entscheidung weitmöglichst vorbereitet ist. 640

Praxishinweis: Fehlt es an der Glaubhaftmachung, kann der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Regelfall, da eine behauptete Voraussetzung des Verfügungsanspruchs grundsätzlich¹⁰¹⁷ nur im Bestreitensfall glaubhaft gemacht werden muss, zwar nicht allein deshalb zurückgewiesen werden.¹⁰¹⁸ Jedoch ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die einstweilige Verfügung in einem solchen Fall nicht (mehr) ohne Einbeziehung des Schuldners erlassen wird (vgl. Rn. 490).

641 Die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast des Gläubigers beschränkt sich von

Anfang an nicht auf die unmittelbar anspruchsbegründenden Tatsachen, sondern umfasst auch die Stellungnahme zu den Tatsachen, die der Schuldner für seinen

 OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2014, 82, 83; OLG Hamm, B. v. 7. 2. 2019 – 4 W 12/19, BeckRS 2019, 2195; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 54 Rn. 37; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.19. A. A. Berneke/Schüttpelz, Rn. 183; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 79; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 91.  OLG Köln, WRP 2011, 362, 363.  Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 54 Rn. 45 m. w. N.; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 103; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.21.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2020, 218, 218 f. nimmt eine Ausnahme wegen eines nur „ins Blaue hinein“ behaupteten Verstoßes an und begründet dies damit, dass es mit dem Beschleunigungsgrundsatz unvereinbar wäre, wenn ein nicht ohne Weiteres naheliegender Sachverhalt ohne Glaubhaftmachung behauptet werden könnte und damit von vornherein ein zweiseitiges Verfahren veranlasst werden würde.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.21, 2.24; KG, B. v. 30.1. 2015 – 5 W 11/15, BeckRS 2015, 5811; WRP 2011, 611, 612. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

181

entgegenstehenden Standpunkt in der Erwiderung auf die Abmahnung bzw. in der Schutzschrift angeführt hat (vgl. auch Rn. 530).¹⁰¹⁹ Die Glaubhaftmachung gem. §§ 936, 920 Abs. 2, § 294 ZPO verlangt weniger als den 642 vollen Beweis. Im Unterschied zum Hauptsacheverfahren¹⁰²⁰ muss das Gericht von der Wahrheit des vorgetragenen Sachverhalts nicht überzeugt sein (§§ 286, 287 ZPO). Vielmehr reicht es aus, dass es die Wahrheit des Vortrags für überwiegend wahrscheinlich hält.¹⁰²¹ Etwaigen diesbezüglichen Schwierigkeiten ist keine generelle Ungeeignetheit eines Streitgegenstands für ein einstweiliges Verfügungsverfahren zu entnehmen, sondern durch sachgerechte Anforderungen an den Grad der Glaubhaftmachung zu begegnen (vgl. auch Rn. 502).¹⁰²² Den Parteien stehen nach § 294 ZPO alle Beweismittel sowie das Mittel der eides- 643 stattlichen Versicherung zur Verfügung, wobei Letzterer – neben der Glaubhaftmachung durch Vorlage sonstiger Dokumente¹⁰²³ – eine besonders große praktische Relevanz zukommt. Praxishinweis: Vor dem Hintergrund der Dringlichkeit wird dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oft nicht das Original der eidesstattlichen Versicherung, sondern eine vom Gläubiger vorab übermittelte Ablichtung beigefügt. Obgleich die Rechtsprechung dies – die Leserlichkeit der Inhalte vorausgesetzt – z. T. für ausreichend erachtet,¹⁰²⁴ sollte das Original zügig nachgereicht werden, um zu vermeiden, dass das Gericht der Erklärung einen geringeren Beweiswert beimisst oder ihr diesen sogar vollständig abspricht. Unter diesem Gesichtspunkt ist zudem darauf zu achten, dass der Erklärende ausdrücklich bestätigt, alle Angaben zum einen in Kenntnis der Strafbarkeit einer falschen eidesstattlichen Versicherung und zum anderen gegenüber dem Gericht (und nicht etwa gegenüber dem Rechtsanwalt) gemacht zu haben.

644

Die eidesstattliche Versicherung zeichnet sich dadurch aus, dass sie auch vom 645 Gläubiger selbst abgegeben werden kann. An eine solche Parteierklärung werden allerdings in inhaltlicher Hinsicht hohe Anforderungen gestellt.¹⁰²⁵ Aus diesem Grund kann sich eine Partei vor allem nicht darauf beschränken, in ihrer eidesstattlichen Versicherung auf einen anwaltlichen Schriftsatz Bezug zu nehmen und diesem die Richtigkeit zu bescheinigen bzw. ohne Weiteres die Ausführungen aus einem anwaltlichen Schriftsatz zu wiederholen. Vielmehr hat sie die tatsächlichen und

 Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 54 Rn. 45 f. Zu möglichen Folgen der Unterschlagung einer vorgerichtlichen Einlassung des Schuldners vgl. Rn. 522 f., 568.  Vgl. am Beispiel der Beurteilung des Beweiswerts eines Screenshots OLG Jena, WRP 2019, 255, 255 ff.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 195.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2016, 905, 905 f.; KG, Urt. v. 2.6. 2017 – 5 U 196/16, BeckRS 2017, 120098.  Vgl. etwa OLG Frankfurt a. M., WRP 2016, 905, 907.  BGH, GRUR 2002, 915, 916 – Wettbewerbsverbot in Realteilungsvertrag; OLG Frankfurt a. M.,WRP 2017, 1392, 1393.  Berneke/Schüttpelz, Rn. 238. Pustovalov

182

C. Auseinandersetzung vor Gericht

rechtlichen Ausführungen, die im Schriftsatz enthalten (und oft miteinander vermischt) sind, voneinander scharf zu trennen und die maßgeblichen Tatsachen, deren Richtigkeit an Eides statt versichert wird, konkret anzugeben. Diese Kriterien sind in Bezug auf eidesstattliche Versicherungen Dritter entsprechend heranzuziehen. Günstig wirkt es sich in jedem Fall aus, wenn eine eidesstattliche Versicherung selbst die Schilderung der (eigenen) tatsachenbezogenen Wahrnehmungen des Erklärenden enthält und dabei ggf. auf Details¹⁰²⁶ eingeht sowie Wertungen weitestgehend vermeidet.¹⁰²⁷ 646

Praxishinweis: Die Möglichkeit, allein mit einer eidesstattlichen Versicherung des Gläubigers, insbesondere ohne Zeugenaussagen, im einstweiligen Verfügungsverfahren zu obsiegen, sollte mit Vorsicht genutzt werden. Denn spätestens im Hauptsacheverfahren, zu dem der Gläubiger durch die drohende Verjährung (vgl. Rn. 886 ff.) oder den Schuldner (vgl. Rn. 819 ff.) gezwungen werden kann, muss er den herkömmlichen Beweisregeln gerecht werden. Danach stellt eine eidesstattliche Versicherung kein zulässiges Beweismittel dar.¹⁰²⁸ Ebenso kommt der Gläubiger grundsätzlich nicht als Zeuge in Betracht.¹⁰²⁹

647 Im Rahmen der die Praxis beherrschenden, ohne mündliche Verhandlung ergehenden

Beschlussverfügung (vgl. Rn. 488 ff.) können naturgemäß keine Zeugen vernommen werden. Ihre Bekundungen werden deshalb möglichst frühzeitig mithilfe schriftlicher Erklärungen (ohne die Beschränkungen des § 377 Abs. 3 ZPO)¹⁰³⁰ oder eidesstattlicher Versicherungen beigebracht. Kommt es zu einer mündlichen Verhandlung, werden Zeugen vom Gericht nicht geladen und können nach §§ 936, 920 Abs. 2, § 294 Abs. 2 ZPO nur gehört werden, wenn sie zur jeweiligen Terminszeit durch eine der Parteien als präsente Zeugen gestellt werden (vgl. Rn. 654 ff.).¹⁰³¹ 648 Ähnliches gilt für die gerichtliche Einholung eines Sachverständigengutachtens

sowie die Ermittlung des anwendbaren ausländischen Rechts,¹⁰³² der Gewohnheitsrechte und Statuten durch Dritte nach § 293 ZPO. Diese Maßnahmen finden im einstweiligen Verfügungsverfahren aufgrund des Beschleunigungsgebots nicht statt. Allerdings können entsprechende Feststellungen als Privatgutachten in das Verfahren

 Vgl. OLG Rostock, B. v. 8.11. 2021 – 2 U 25/21, GRUR-RS 2021, 38282.  Spoenle, in: Seichter, jurisPK/UWG, § 12 Rn. 42.Vgl. auch Berneke/Schüttpelz, Rn. 238 f.; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 101; Rinken, in: Cepl/Voß, ZPO, § 294 Rn. 18; Prütting, in: MüKo/ZPO, § 294 Rn. 18.  Rinken, in: Cepl/Voß, ZPO, § 294 Rn. 17 m. w. N.  Damrau/Weinland, in: MüKo/ZPO, § 373 Rn. 9.  Vgl. OLG München, WRP 2017, 730, 732.  Prütting, in: MüKo/ZPO, § 294 Rn. 15. Zu Besonderheiten der Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen hinsichtlich der Aussage eines (nur) im erstinstanzlichen Verhandlungstermin präsenten Zeugen vgl. instruktiv OLG München, WRP 2017, 730, 731 f.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2020, 1065, 1067 f. Vgl. auch OLG Düsseldorf, WRP 2020, 88, 92. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

183

eingeführt werden.¹⁰³³ Genau wie Zeugen können Sachverständige in ihrer Kenntnis liegende Tatsachen über schriftliche Erklärungen hinaus in einer eidesstattlichen Versicherung festhalten bzw. glaubhaft machen. Ferner sind anwaltliche Versicherungen (vor allem des Verfahrensbevollmächtig- 649 ten) unter Berufung auf die einschlägigen Berufspflichten möglich¹⁰³⁴ und üblich. Ein Beweiswert kommt ihnen jedoch ebenfalls nur insoweit zu, als dass sie die eigenen Wahrnehmungen des erklärenden Rechtsanwalts zum Gegenstand haben.¹⁰³⁵

b) Verfügungsgrund Der Verfügungsgrund wird gem. § 12 Abs. 1 UWG zugunsten des Gläubigers wider- 650 leglich vermutet.¹⁰³⁶ Dieser kann daher im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf diesbezügliche Darlegungen nebst Glaubhaftmachung im Grundsatz verzichten. Insoweit ist es zunächst Sache des Schuldners, die für den Gläubiger im Anwendungsbereich des § 12 Abs. 1 UWG streitende tatsächliche Vermutung durch eigene Darlegungen und deren Glaubhaftmachung zu widerlegen (vgl. Rn. 617 f.). Praxishinweis: Gleichwohl sollte gläubigerseits sorgfältig abgewogen werden, ob auf das betreffende Vorbringen tatsächlich verzichtet wird. Denn damit geht man – regelmäßig unbegründet – das Risiko ein, dass das angerufene Gericht die Reichweite der Vermutungsregelung des § 12 Abs. 1 UWG verkennt bzw. abweichend beurteilt oder aus dem Akteninhalt (einschließlich einer etwaigen Schutzschrift des Schuldners) Zweifel am Vorliegen des Verfügungsgrunds herleitet (vgl. Rn. 490, 619).

651

c) Rechtzeitigkeit des Vorbringens Mit dem Eilcharakter des einstweiligen Verfügungsverfahrens korrespondieren die 652 vom herkömmlichen Hauptsacheverfahren abweichenden Anforderungen an die Rechtzeitigkeit des Vorbringens und die dementsprechend andere Handhabung des Verspätungs- bzw. Präklusionseinwands. Das Gericht hat das gesamte Vorbringen der Parteien – Glaubhaftmachungsmittel 653 eingeschlossen – vom Verfahrensbeginn an bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu beachten. Die Einlassungsfrist gem. § 274 Abs. 3 ZPO und die Schrift Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 54 Rn. 52; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 211.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.21.  OLG Zweibrücken, GRUR-RR 2012, 45, 46; Prütting, in: MüKo/ZPO, § 294 Rn. 20.  Einzelfallbezogene Schwierigkeiten der Erfüllung der Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast stehen der Annahme des Verfügungsgrunds nicht von vornherein entgegen, vgl. OLG Frankfurt a. M., WRP 2016, 905, 905 f.; KG, Urt. v. 2.6. 2017 – 5 U 196/16, BeckRS 2017, 120098; OLG Celle, GRUR-RR 2008, 441, 441 f. Vgl. auch Rn. 502. Pustovalov

184

C. Auseinandersetzung vor Gericht

satzfristen des § 132 ZPO brauchen nicht eingehalten zu werden (vgl. Rn. 496).¹⁰³⁷ Auch neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind daher bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zulässig und zu berücksichtigen.¹⁰³⁸ Dies gilt freilich bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs (vgl. auch Rn. 521 ff.): Hätten die neuen Darlegungen oder Glaubhaftmachungsmittel bereits zuvor unschwer in das Verfahren eingebracht werden können, und wurden sie bis zum Verhandlungstermin mit dem Ziel zurückgehalten, dem Gegner durch Überrumpelung die Verteidigungsmöglichkeiten zu nehmen bzw. weitgehend zu verringern oder die Sachaufklärung durch das Gericht zu erschweren, können sie der Entscheidung nicht mehr zugrunde gelegt werden (vgl. aber Rn. 656 m. Fn. 1051).¹⁰³⁹ 654 Das Zurückhalten entscheidungserheblicher Informationen oder Unterlagen wird oft

mit Blick auf die eingeschränkten Reaktionsmöglichkeiten der Gegenseite erwogen. Denn wegen der Dringlichkeit sind die Gewährung eines Schriftsatznachlasses nach § 283 ZPO und eine Vertagung grundsätzlich ausgeschlossen.¹⁰⁴⁰ Dasselbe gilt für die Einräumung einer Beibringungsfrist nach § 89 Abs. 1 ZPO.¹⁰⁴¹ Auf der Gläubigerseite sind dahingehende Gesuche in Anbetracht der möglichen Selbstwiderlegung der Dringlichkeitsvermutung ohnehin im Zweifel tunlichst zu vermeiden (vgl. Rn. 619 ff.).¹⁰⁴² Ferner ist eine Beweisaufnahme nur statthaft, wenn sie nach

 Prütting, in: MüKo/ZPO, § 274 Rn. 12; Fritsche, in: MüKo/ZPO, § 132 Rn. 1; Foerste, in: Musielak/ Voit, ZPO, § 274 Rn. 3; Stadler, in: Musielak/Voit, ZPO, § 132 Rn. 1; Retzer, in: Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 219; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.25; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 125; OLG München, GRUR 1979, 172, 172; OLG Hamburg, NJW-RR 1987, 36, 36.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.26; Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 55 Rn. 19; Berneke/Schüttpelz, Rn. 324; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 144; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 937 Rn. 15; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 125; Drescher, in: MüKo/ZPO, § 922 Rn. 25; OLG Koblenz, GRUR 1987, 319, 321; OLG Hamburg, NJW-RR 1987, 36, 36; LG Hamburg, GRUR-RR 2014, 137, 139.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 219 ff.; Berneke/Schüttpelz, Rn. 327; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.26; Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 55 Rn. 19 m. w. N.; OLG Koblenz, GRUR 1987, 319, 321 f. A. A. Schilling, in: Cepl/Voß, ZPO, § 296 Rn. 15 f., der – auf LG Hamburg, GRUR-RR 2014, 137, 139 bezugnehmend – eine entsprechende Anpassung von Art und Maß des der Gegenseite zu gewährenden rechtlichen Gehörs befürwortet. Die Möglichkeit einer Heilung durch die Überleitung des Rechtsstreits in die Berufungsinstanz ergibt der Standpunkt des OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.7. 2021 – 6 U 7/21, n. v.  OLG Hamburg, GRUR-RR 2009, 365, 367; OLG München, GRUR 1979, 172, 172; OLG Koblenz, GRUR 1987, 319, 321; LG Hamburg, GRUR-RR 2014, 137, 139; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.26; Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 55 Rn. 19 m. w. N.; Berneke/Schüttpelz, Rn. 324 m. w. N.; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 125; Spätgens/Kessen, in: Gloy/Loschelder/ Danckwerts, § 101 Rn. 61. Eine ausnahmslose Unanwendbarkeit vertritt Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 937 Rn. 15. Differenzierend Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 219 ff.; Haertlein, in: Kindl/Meller-Hannich, ZPO, § 922 Rn. 6; Drescher, in: MüKo/ZPO, § 922 Rn. 25.  OLG Hamburg, ZUM-RD 1999, 122, 124.  Ähnlich Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 221. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

185

§§ 936, 920 Abs. 2, § 294 Abs. 2 ZPO, womit der Grundsatz der Erledigung der Sache in einem Termin auf der Gesetzgebungsebene gestützt wird,¹⁰⁴³ sofort erfolgen kann. Mangels Erklärungsfristen und aufgrund des Gebots der Vermeidung einer Verfahrensverzögerung über den Verhandlungstermin hinaus kann die betroffene Partei mit dem Verspätungseinwand des § 296 ZPO insgesamt nicht gehört werden.¹⁰⁴⁴ Praxishinweis: Diese Aspekte und der Umstand, dass ein Rechtsmissbrauch nur ausnahmsweise vorliegt bzw. zu belegen sein wird, führen dazu, dass sich die Parteien auf den Verhandlungstermin so umfassend und vorausschauend vorbereiten sollten, dass sie auf ein neues Vorbringen oder neue Glaubhaftmachungsmittel der Gegenseite direkt am Verhandlungstag – ggf. nach einer kurzen Unterbrechung – jeweils sachgerecht reagieren können.¹⁰⁴⁵ Je nach Lage des Einzelfalls sind z. B. ergänzende eidesstattliche Versicherungen vorzubereiten, entscheidungserhebliche Gegenstände, Unterlagen¹⁰⁴⁶ einschließlich relevanter Auszüge aus gerichtlichen oder behördlichen Akten, Übersetzungen¹⁰⁴⁷ etc. zu beschaffen und mitzunehmen und präsente Zeugen, Sachverständige, ggf. Dolmetscher¹⁰⁴⁸ zu stellen (vgl. Rn. 647 f.). Für den Fall einer Vollmachtsrüge nach § 88 Abs. 1 ZPO (vgl. Rn. 26 f.) sind Originalurkunden (bei einer Vollmachtskette¹⁰⁴⁹ ggf. ergänzt um eidesstattliche Versicherungen) zum Nachweis der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung bereitzuhalten.¹⁰⁵⁰ Es kann sich auch empfehlen, einen Parteivertreter, der zur Sachaufklärung (am besten aus der eigenen Wahrnehmung heraus) beitragen kann, im Verhandlungstermin erscheinen zu lassen. In jedem Fall ist dafür zu sorgen, dass die eigene Partei am Verhandlungstag zumindest telefonisch und digital direkt erreichbar ist, damit Rücksprache gehalten werden kann sowie zusätzliche Informationen und Unterlagen schnell besorgt werden können, die ggf. beim Gericht bzw. unmittelbar bei der zuständigen Geschäftsstelle per beA (durch den Rechtsanwalt) oder Telefax (durch die Partei selbst) einzureichen wären. Für eine solche oder anderweitige Beschaffung bzw. Überprüfung etwaiger im Verhandlungstermin relevanter Informationen und Unterlagen ist es ferner von Vorteil, ein internetfähiges Gerät bei sich zu führen, das vollständig geladen ist und ggf. mit einer mitzunehmenden Powerbank nachgeladen werden kann. Schließlich ist daran zu denken, dass durch anwesende Parteivertreter, Zeugen, Sachverständige und Verfahrensbevollmächtigte unmittelbar im Verhandlungstermin weitere eidesstattliche bzw. anwaltliche Versicherungen abgegeben werden können (vgl. Rn. 643 ff., 649).

 Vgl. auch OLG Koblenz, GRUR 1987, 319, 321.  Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 125; Berneke/Schüttpelz, Rn. 324 m. w. N.; Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 55 Rn. 19; Schilling, in: Cepl/Voß, ZPO, § 296 Rn. 14; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 219; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.26; Haertlein, in: Kindl/Meller-Hannich, ZPO, § 922 Rn. 6; Drescher, in: MüKo/ZPO, § 922 Rn. 25; LG Hamburg, GRUR-RR 2014, 137, 139.  OLG Hamburg, GRUR-RR 2009, 365, 367; Berneke/Schüttpelz, Rn. 322 f., 325 f.  Zum Beweiswert von Wikipedia-Artikeln vgl. OLG Stuttgart, WRP 2019, 516, 522; WRP 2019, 509, 513. Zum Beweiswert von Presse- und Rundfunkberichten vgl. OLG Stuttgart, WRP 2019, 509, 513. Zum Beweiswert der Veröffentlichungen der Stiftung Warentest vgl. OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 353, 353 f. Zur Beurteilung von Screenshots (jedoch im Hauptsacheverfahren) vgl. OLG Jena, WRP 2019, 255, 255 ff.  OLG Stuttgart, WRP 2019, 509, 512 f.  Berneke/Schüttpelz, Rn. 322a.  OLG Hamburg, ZUM-RD 1999, 122, 123 f.  Eine anwaltliche Versicherung der (auch nur formlos erteilten) Prozessvollmacht – jedenfalls in der Kombination mit der vor dem Verkündungstermin nachgereichten schriftlichen Vollmachtsurkunde – lässt ausreichen LG Braunschweig, Urt. v. 3.4. 2014 – 22 O 904/13, BeckRS 2014, 9267. Pustovalov

655

186

C. Auseinandersetzung vor Gericht

656 Reichen die im Verhandlungstermin zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht

aus, besteht – soweit es sich hierbei nicht bereits um einen Berufungstermin handelt – die Möglichkeit, die weiteren benötigten Darlegungen und Glaubhaftmachungsmittel in der Berufungsinstanz zur Geltung kommen zu lassen (vgl. Rn. 851).¹⁰⁵¹ Die Vorgaben der §§ 529, 530, 531 ZPO, die im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens dem entgegenstehen könnten, finden wegen der in der Berufung gleichermaßen zu beachtenden besonderen Natur des einstweiligen Verfügungsverfahrens keine Anwendung.¹⁰⁵² Als Alternative oder ergänzend kann die „Flucht in die Hauptsache“ erwogen werden. 657

Praxishinweis: Erstreckte sich die erstinstanzliche Beweisaufnahme auf im Verhandlungstermin zur Verfügung gestellte Glaubhaftmachungsmittel, sind diese bei der anschließenden mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren für den Fall einer erneuten¹⁰⁵³ Beweisaufnahme ebenfalls als präsent bereitzuhalten. Auch im Übrigen ist die mündliche Verhandlung – genauso wie in der ersten Instanz – sorgfältig vorzubereiten (vgl. Rn. 655): Vor dem Berufungsgericht endet der Instanzenzug des einstweiligen Verfügungsverfahrens (vgl. Rn. 853).

6. Vollziehung der einstweiligen Verfügung a) Wirkungen und Arten der Vollziehung 658 Vollzieht der Gläubiger die von ihm erwirkte einstweilige Verfügung i. S. d. §§ 936, 928

ZPO, so bedeutet dies, dass er im Verhältnis zum Schuldner von dem erlangten gerichtlichen Gebot bzw. Verbot, das über das Beantragte ggf. hinausgehen oder sogar ein Aliud darstellen kann (vgl. Rn. 443), Gebrauch macht. 659 Die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung ist i. S. d. §§ 936, 928 ZPO der Voll-

streckung zuzuordnen und damit Gläubigersache;¹⁰⁵⁴ erst eine ordnungsgemäße Vollziehung verhilft der einstweiligen Verfügung zu ihrer Bestandskraft und gewährleistet ihr Wirksambleiben als Grundlage einer ggf. erforderlichen Zwangsvollstre-

 Daraus schlussfolgert OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.7. 2021 – 6 U 7/21, n. v., dass ein rechtsmissbräuchliches Zurückhalten neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel bis zum erstinstanzlichen Verhandlungstermin (vgl. Rn. 653) beim Übergang in das Berufungsverfahren letztendlich unbeachtlich ist.  OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2005, 299, 301. Hierzu tendierend OLG Hamm, Urt. v. 11. 5. 2007 – 9 U 37/07, BeckRS 2007, 16623. Ferner bejahend Berneke/Schüttpelz, Rn. 447; Cassardt, in: Cepl/Voß, ZPO, § 530 Rn. 18 f. m. w. N.; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 125; Rimmelspacher, in: MüKo/ZPO, § 529 Rn. 2, § 531 Rn. 3; Drescher, in: MüKo/ZPO, § 922 Rn. 28; Huber, in: Musielak/Voit, ZPO, § 925 Rn. 10; Haertlein, in: Kindl/Meller-Hannich, ZPO, § 922 Rn. 16. In Bezug auf § 531 Abs. 2 ZPO zweifelnd Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 55 Rn. 36a. Differenzierend Retzer, in: HarteBavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 285 f. m. w. N.Verneinend OLG Stuttgart, WRP 2019, 509, 512; OLG Celle, Hinweisb. v. 27. 3. 2017 – 13 U 199/16, BeckRS 2017, 112346.  Vgl. OLG München, WRP 2017, 730, 731 f.  Vgl. OLG Schleswig, WRP 2020, 369, 372; OLG Koblenz, NJW 1980, 948, 949. Pustovalov/Lampmann

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

187

ckung.¹⁰⁵⁵ Der Gläubiger stellt mit der Vornahme der Vollziehung unter Beweis, dass ihm das verfolgte Anliegen wichtig und dringlich ist (vgl. Rn. 667) und er es gegenüber dem Schuldner durchsetzen will. Praxishinweis: Hat der Gläubiger die Beschluss- oder Urteilsverfügung fristgerecht und ordnungsgemäß vollzogen, hat er für die gesamte Dauer des Bestands des Titels die Voraussetzung des § 750 Abs. 1 ZPO erfüllt und die Grundlage für eine Zwangsvollstreckung, etwa nach § 890 ZPO, geschaffen (vgl. aber Rn. 673 f.).¹⁰⁵⁶

660

Der Gläubiger wird in §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO zur zügigen Vollziehung angehalten. Das 661 Vollziehungserfordernis soll den Schuldner vor einem Vorgehen seitens des Gläubigers schützen, mit dem der Schuldner nach längerem Zeitablauf bzw. unter veränderten Umständen nicht mehr rechnet (vgl. Rn. 699).¹⁰⁵⁷ Fehlt es an einer wirksamen Vollziehung, kann die Entscheidung nach Ablauf der Vollziehungsfrist nicht mehr vollstreckt werden und ist auf Antrag aufzuheben (vgl. Rn. 710, 789 ff., 830). Wurde trotz Ablaufs der Frist noch vollstreckt, sind die Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben. Praxishinweis: Die Kosten der Vollziehung gehören zu den Zwangsvollstreckungskosten, können jedoch bei den nach §§ 887, 888, 890 ZPO zu vollstreckenden Titeln zusammen mit den Kosten des Anordnungsverfahrens durch das Prozessgericht festgesetzt werden, § 788 Abs. 2 Satz 2 ZPO.¹⁰⁵⁸

662

Die jeweils in Betracht kommende Art der Vollziehung hängt stets von Inhalt¹⁰⁵⁹ und 663 Art der gerichtlichen Anordnung ab. Praxishinweis: Fehler im Vollziehungsverfahren sind ein in der Praxis häufiger Grund, weshalb der Gläubiger ein ansonsten erfolgreich geführtes Eilverfahren dennoch verliert. Beide Parteien sollten in Bezug darauf mit größter Sorgfalt agieren: Der Schuldner darf eine sich insoweit ggf. anbietende Chance nicht verpassen (vgl. auch Rn. 740, 741 m. Fn. 1187), während der Gläubiger sie, umgekehrt, nicht zulassen darf.

664

Liegt eine Beschlussverfügung vor und enthält diese einen nach § 890 ZPO zu 665 vollstreckenden Unterlassungstenor nebst einer Ordnungsmittelandrohung (vgl. Rn. 481 f., 681 f.), ist für das Wirksamwerden der Beschlussverfügung die Zustellung

 Spätgens/Kessen, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 103 Rn. 1.  Spätgens/Kessen, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 103 Rn. 22.  BVerfG, NJW 1988, 3141, 3141; BGH, NJW 1991, 496, 497 – Vollziehungsfrist beim Arrest.  OLG Celle, NJW-RR 2009, 575, 575 f.  Zur insoweit notwendigen Unterscheidung zwischen Unterlassungs- und (nicht selten in vermeintliche Unterlassungsanträge „gekleideten“) Handlungsgeboten vgl. OLG Köln, WRP 2017, 864, 865 f. Zur Vollziehung von Handlungsverfügungen vgl. ferner OLG Hamburg,WRP 1996, 1047, 1047 f. Zur Vollziehung von Beseitigungs- und Auskunftsverfügungen vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.62. Lampmann

188

C. Auseinandersetzung vor Gericht

im Parteibetrieb erforderlich.¹⁰⁶⁰ Die Beschlussverfügung wird zunächst dem Gläubiger von Amts wegen gem. § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO förmlich zugestellt. Der Gläubiger hat die Beschlussverfügung sodann dem Schuldner im Wege der Parteizustellung zuzustellen, §§ 936, 922 Abs. 2 ZPO (vgl. auch Rn. 755 f.). Um die Vollziehung bei Wohlverhalten des Schuldners zu ermöglichen, wird eine solche Parteizustellung zugleich als hinreichende Vollziehungsmaßnahme angesehen.¹⁰⁶¹ Die Parteizustellung i. S. d. §§ 936, 922 Abs. 2 ZPO erfolgt nach Maßgabe der §§ 191 ff., 166 ff. ZPO und wird im Regelfall auf Antrag des Gläubigers durch den Gerichtsvollzieher durchgeführt. 666 Ist die Entscheidung in Form einer Urteilsverfügung ergangen, bedarf es für deren

Wirksamwerden keiner Parteizustellung, da Urteilsverfügungen bereits mit der Verkündung wirksam werden und vom Schuldner auch schon von diesem Zeitpunkt an zu befolgen sind (vgl. Rn. 715, 755 f., 987 f.).¹⁰⁶² Das Vollziehungserfordernis ist unabhängig davon zu beachten (vgl. Rn. 702 f.). Gem. § 317 Abs. 1 Satz 1 ZPO wird eine Urteilsverfügung beiden Parteien von Amts wegen über das Gericht zugestellt. Diese Zustellung im Amtsbetrieb stellt keine Vollziehung dar und ersetzt diese nicht; zu verlangen ist vielmehr auch hier eine eigeninitiative, auf die Vollziehung gerichtete Handlung des Gläubigers selbst.¹⁰⁶³ Diese wird bei in Urteilsform erlassenen Unterlassungsverfügungen regelmäßig wiederum in deren Zustellung im Parteibetrieb liegen. 667

Praxishinweis: Der Gläubiger kann durch Nichtvornahme der Vollziehung zum Ausdruck bringen, dass er nicht die Absicht hat, von der erwirkten Verfügung Gebrauch zu machen (vgl. auch Rn. 748). Gleiches ist anzunehmen und kann sich vor allem unter dem Gesichtspunkt der Dringlichkeit auswirken (vgl. Rn. 619 ff., 630, 658 f.), soweit der Gläubiger nach der Vollziehung im Wege der Parteizustellung und Feststellung einer Zuwiderhandlung kein Ordnungsmittelverfahren einleitet.¹⁰⁶⁴

668 Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 185 ZPO, die jedes Mal, vor allem bei einer

erheblichen zeitlichen Zäsur, neu darzulegen bzw. zu prüfen sind,¹⁰⁶⁵ kann eine öffentliche Zustellung bewirkt werden.

 Vgl. Berneke/Schüttpelz, Rn. 580.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.62; OLG Köln, WRP 2017, 1005, 1006.  Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 55 Rn. 35a; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 395, 393.  Vgl. BGH, NJW 1993, 1076, 1077 f. – Straßenverengung; OLG Hamburg, WRP 1997, 53, 54; OLG Oldenburg, WRP 2011, 508, 508 f.; OLG Köln, NJOZ 2001, 1465, 1465; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 28. 3. 2019 – 6 U 196/18, BeckRS 2019, 5087; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.62; Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 55 Rn. 42.  OLG Köln, WRP 2017, 1005, 1006 f.; GRUR-RR 2010, 448, 449 f.  BGH, GRUR 2019, 322, 323 f. – Öffentliche Zustellung. Lampmann

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

189

Praxishinweis: Bei Zustellungen ins Ausland sind für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (einschließlich Dänemarks, auf Basis eines völkerrechtlichen Anwendungsabkommens) die Regelungen der EuZVO¹⁰⁶⁶ und beispielsweise für Kanada, die USA, die Schweiz und mittlerweile Großbritannien die Regelungen des HZܹ⁰⁶⁷ zu beachten (vgl. auch Rn. 683, 708).

669

Außer der Parteizustellung kann nach dem Sinn und Zweck der §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO 670 auch in anderer Weise dem Vollziehungserfordernis Rechnung getragen werden (nicht aber einer Beschlussverfügung zur Wirksamkeit verholfen werden, vgl. Rn. 665). Damit entsprechende Maßnahmen als genügend, da mit einer Parteizustellung vergleichbar, angesehen werden, müssen sie hinreichend formalisiert, also leicht feststellbar und leserlich, insbesondere urkundlich belegbar, sein (vgl. auch Rn. 746, 756).¹⁰⁶⁸ Für in diesem Sinne ausreichend wird die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen 671 wie ein Antrag auf Ordnungsmittelfestsetzung erachtet.¹⁰⁶⁹ Nicht ausreichend sind die Zusendung eines Abschlussschreibens (vgl. Rn. 770 ff.) verbunden mit der Androhung eines Ordnungsmittelantrags,¹⁰⁷⁰ die telefonische Ankündigung einer Ausnutzung der einstweiligen Verfügung¹⁰⁷¹ oder die Übermittlung eines den Urteilstenor enthaltenden Teils des Verhandlungsprotokolls per Telefax.¹⁰⁷² Ebenfalls unzureichend ist ein Anwaltsschreiben des Gläubigers, mit dem der Schuldner darüber informiert wird, dass er nach Zustellung des Originalurteils an den Gläubiger eine von diesem vorformulierte Abschlusserklärung erhalten werde und ein Hauptsacheverfahren dann ausbleiben könne, wenn der Schuldner die Unterlassung rechtsverbindlich erkläre sowie alle entstandenen Kosten trage.¹⁰⁷³ Erst recht bewirken Vergleichsgespräche der Parteien keine Vollziehung der einstweiligen Verfügung.¹⁰⁷⁴ Praxishinweis: Für die Praxis gilt es auch an dieser Stelle, den sichersten Weg zu gehen, d. h. immer, wenn eine förmliche Parteizustellung – wie meist – unproblematisch im Parteiwege erreicht werden kann, diese auch (ggf. zusätzlich) zu bewirken und, soweit die Voraussetzungen gegeben sind, die Zwangsvollstreckung einzuleiten, um den Bestand der einstweiligen Verfügung nicht zu riskieren. Denn es ist regelmäßig nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass ein Gericht die Art und Weise einer abweichenden Form der Vollziehung für unzureichend erachtet.

 Rauscher, in: MüKo/ZPO, Vorb. § 1067 Rn. 1 ff., EuZVO, Art. 1 Rn. 17 f.  Rauscher, in: MüKo/ZPO, Vorb. § 1067 Rn. 7.  Vgl. BGH, NJW 1993, 1076, 1079 – Straßenverengung; GRUR 2015, 196, 197 f. – Nero; OLG Köln, GRUR-RR 2018, 268, 270. Hierzu im Einzelnen Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 55 Rn. 42; Berneke/ Schüttpelz, Rn. 582 f.; Spätgens/Kessen, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 103 Rn. 7 ff.  BGH, WRP 1989, 514, 517 – Vollziehung einer einstweiligen Verfügung; OLG Dresden, WRP 1997, 577, 582; Urt. v. 7. 2. 2017 – 4 U 1422/16, BeckRS 2017, 102218.  OLG Hamburg, B. v. 22.9.1999 – 3 U 193/99, BeckRS 9998, 1034.  OLG Hamburg, Urt. v. 29.6. 2000 – 3 U 62/00, zit. nach juris.  OLG Frankfurt a. M., WRP 1995, 45, 45 f.  OLG Köln, GRUR-RR 2018, 268, 270.  OLG Schleswig, Urt. v. 5.11.1998 – 7 U 239/97, zit. nach juris; OLG Celle, Urt. v. 2.6.1994 – 13 U 36/94, zit. nach juris. Lampmann

672

190

C. Auseinandersetzung vor Gericht

673 Die Vollziehung ist stets dann zu wiederholen, wenn die bereits vollzogene einst-

weilige Verfügung auf Widerspruch hin oder im Berufungsverfahren abgeändert worden ist. Dies gilt bereits, damit der Schuldner jederzeit zweifelsfrei weiß, in welcher Fassung die einstweilige Verfügung für ihn gilt.¹⁰⁷⁵ Wird eine einstweilige Verfügung hingegen bestätigt, muss sie nicht erneut zugestellt werden. Gleiches gilt bei einer Beschränkung, Konkretisierung oder bloßen Klarstellung.¹⁰⁷⁶ 674

Praxishinweis: Einer weiteren Vollziehung bedarf es außerdem dann, wenn eine einstweilige Verfügung zunächst vom Landgericht erlassen, nach einem Widerspruch aufgehoben und erst innerhalb des Berufungsverfahrens vom Gericht der zweiten Instanz wieder erlassen wird (vgl. Rn. 852). Auch wenn das Gericht in diesem Fall formulieren sollte, dass die zunächst erlassene einstweilige Verfügung „bestätigt wird“, handelt es sich in Wirklichkeit um einen Neuerlass der Verfügung, für die das Vollziehungserfordernis eigenständig zu beachten ist.¹⁰⁷⁷

b) Gegenstand der Zustellung 675 Stets ausreichend ist die Parteizustellung einer Ausfertigung der einstweiligen Ver-

fügung.¹⁰⁷⁸ Eine Ausfertigung ist in § 49 BeurkG geregelt und muss die dort vorgesehenen Merkmale erkennen lassen. Jedenfalls bei Beschlussverfügungen wurde es nach früher h. M. nicht nur für ausreichend, sondern sogar für zwingend erachtet, dass zum Gegenstand der Zustellung eine Ausfertigung des Titels oder zumindest eine beglaubigte Abschrift dieser Ausfertigung gemacht wird.¹⁰⁷⁹

676 Seit der Neufassung des § 317 ZPO mit Geltung zum 1.7. 2014 stellt jedoch die vom

Gericht gem. § 169 Abs. 2 Satz 1 ZPO beglaubigte Abschrift des Titels nach Auffassung des BGH einen ausreichenden Gegenstand der Vollziehung sowohl einer Urteils- als auch einer Beschlussverfügung dar.¹⁰⁸⁰ Denn Ausfertigungen – die zudem, sollte nicht explizit eine vollständige Ausfertigung beantragt worden sein, weder Tatbestand noch Entscheidungsgründe enthalten – werden nunmehr gem. § 317 Abs. 2 ZPO nur noch auf Antrag einer Partei erteilt. Damit ist die Übersendung einer beglaubigten Abschrift zur Regelform der amtlichen Urteilszustellung geworden; nichts anderes gilt für Beschlussverfügungen, vgl. § 329 Abs. 1 Satz 1, § 317 Abs. 2 Satz 1 ZPO.¹⁰⁸¹ Die Zustellung einer durch das Gericht beglaubigten Titelabschrift ist insoweit für den Beginn der Rechtsmittelfristen ausreichend und setzt bei Beschlussverfügungen außerdem die Vollziehungsfrist in Gang (vgl. Rn. 700), somit ist eine solche

      

von Hellfeld, Rn. 441 a. E.; Spätgens/Kessen, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 103 Rn. 12. OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2019, 287, 287. von Hellfeld, Rn. 441 a. E. OLG Schleswig, WRP 2020, 369, 372. Vgl. etwa OLG Zweibrücken, WRP 2016, 280, 281; OLG Düsseldorf, WRP 2015, 764, 767. BGH, NJW 2019, 1374, 1375 – Beschlussverfügung; OLG Düsseldorf, WRP 2019, 490, 491 m. w. N. BGH, NJW 2019, 1374, 1375 – Beschlussverfügung.

Lampmann

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

191

Abschrift auch als Zustellungsobjekt bei der Wahrung der Vollziehungsfrist ausreichend.¹⁰⁸² Praxishinweis: Ist die Parteizustellung einer Ausfertigung beabsichtigt, sollte deren Erteilung direkt im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (und dort an einer leicht zu erkennenden Stelle) beantragt werden, um einen mit einer nachträglichen Beantragung einhergehenden Zeitverlust zu vermeiden.

677

Nicht ausreichend ist demgegenüber, wenn die Vollziehung eine einfache (nicht vom 678 Gericht beglaubigte) Abschrift zum Gegenstand hat; eine etwaige Beglaubigung durch den Rechtsanwalt oder Gerichtsvollzieher ändert daran nichts.¹⁰⁸³ Denn damit ist nicht mehr die erforderliche, auf das Gericht zurückzuführende Gewähr für die Übereinstimmung zwischen der Abschrift und der – weder dem Rechtsanwalt noch dem Gerichtsvollzieher, sondern allein dem Gericht vorliegenden – Urschrift gegeben. Praxishinweis: In jedem Fall ist auf die Vollständigkeit und inhaltliche Übereinstimmung zu achten. Bereits das Fehlen einer Seite kann ein wesentlicher Mangel sein, der die Vollziehung unwirksam macht.¹⁰⁸⁴ Gleiches gilt, wenn eine in der einstweiligen Verfügung enthaltene farbige Wiedergabe, beispielsweise die Verletzungsform in Gestalt einer Abbildung, nicht in Farbe zugestellt wird.¹⁰⁸⁵ Das Fehlen von Mängeln kann dabei nicht mithilfe einer Postzustellungsurkunde mit positivem Zustellungsergebnis belegt werden; diese beweist insbesondere nicht die Vollständigkeit der zugestellten Schriftstücke.¹⁰⁸⁶

679

Die Antragsschrift und deren Anlagen müssen grundsätzlich nicht zugestellt wer- 680 den (vgl. aber Rn. 455). Zuweilen verlangt das Gericht in einem begleitenden Schreiben bzw. in einer begleitenden Verfügung oder sogar als eigene Ziffer des Tenors, dass neben der einstweiligen Verfügung selbst auch die Antragsschrift und deren Anlagen zugestellt werden, oder die gerichtliche Entscheidung nimmt ausdrücklich auf die Antragsschrift oder deren Anlagen Bezug und macht sie somit zum

 BGH, NJW 2019, 1374, 1375 – Beschlussverfügung; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 324.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.62 m. w. N. Zur jedenfalls bei Beschlussverfügungen bestehenden Notwendigkeit einer ununterbrochenen „Beglaubigungskette“ vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2019, 240, 240. A. A. OLG München, WRP 2013, 674, 675; GRUR-RR 2013, 403, 404: Einfache Abschrift bei Urteilsverfügungen ausreichend. Im Ergebnis ebenso, jedoch unter dem Gesichtspunkt der Heilung durch Amtszustellung der beglaubigten Abschrift OLG Schleswig, WRP 2020, 369, 372 f.  KG, B. v. 20. 5. 2019 – 5 U 118/18, n. v.  OLG Hamburg, WRP 2007, 559, 559; OLG Frankfurt a. M., GRUR 2009, 995, 996. Ähnlich OLG Köln, GRUR-RR 2010, 175, 176. Vgl. auch von Hellfeld, Rn. 441. Zur Notwendigkeit der Beachtung etwaiger Farbbestandteile durch das Gericht – als Voraussetzung für die Wahrung des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs auf rechtliches Gehör – vgl. KG, GRUR 2020, 1238, 1238.  KG, B. v. 20. 5. 2019 – 5 U 118/18, n. v. Lampmann

192

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Gegenstand der Entscheidung. In diesen Fällen müssen die Antragsschrift bzw. Anlagen ebenfalls zugestellt werden.¹⁰⁸⁷ 681 Gegenstand der Zustellung muss immer auch eine Ordnungsmittelandrohung sein

(vgl. Rn. 665).¹⁰⁸⁸ Wenn die einstweilige Verfügung nicht mit einer Ordnungsmittelandrohung für jeden Fall einer Zuwiderhandlung verbunden ist, kann sie nicht wirksam nach §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO vollzogen werden.¹⁰⁸⁹

682

Praxishinweis: In der Praxis wird die Ordnungsmittelandrohung bei Unterlassungsverfügungen regelmäßig direkt im verfahrenseinleitenden Schriftsatz beantragt (vgl. Rn. 481 f.) und ist sodann Bestandteil des Tenors der Entscheidung, sodass diese Anforderung selten problematisch ist.

683 Bei Zustellungen ins Ausland (vgl. Rn. 669, 708) ist die Übersetzung in die Sprache

notwendig, die der Empfänger versteht oder die Amtssprache des Empfangslandes (bzw. des Ortes der Zustellung im Fall mehrerer Amtssprachen) ist, da andernfalls die Annahme gem. Art. 8 Abs. 1 EuZVO verweigert und in der Folge die Vollziehungsfrist versäumt werden kann. Dabei ist jedoch bei Unternehmen nicht auf die persönlichen Sprachfähigkeiten der Mitglieder der Geschäftsleitung, sondern auf die Organisation des Unternehmens insgesamt abzustellen.¹⁰⁹⁰ Im Anwendungsbereich des HZÜ ist dessen Art. 5 Abs. 2, 3 zu berücksichtigen. Mit einer unberechtigten Annahmeverweigerung gilt das Schriftstück als zugestellt, § 179 Satz 3 ZPO. 684 Enthalten die dem Schuldner zugestellten Unterlagen wesentliche Mängel, kann die

Zustellung unwirksam sein (zur Möglichkeit der Heilung gem. § 189 ZPO vgl. Rn. 695 f.). Geringfügige Mängel schaden nicht, wenn der Zustellungsempfänger aus den Schriftstücken den Umfang seiner Beschwer bzw. den Inhalt und die Reichweite des Verbots hinreichend zweifelsfrei erkennen kann.¹⁰⁹¹ Insoweit kann entscheidend

 OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2014, 317, 318; GRUR-RR 2011, 340, 340; WRP 2019, 1041, 1041; WRP 2020, 770, 770; OLG Düsseldorf, Urt. v. 27. 3. 2007 – 20 U 168/06, BeckRS 2007, 10080. Hierzu auch OLG Köln, GRUR-RR 2013, 49, 49, wonach die Zustellung der vollständigen Beschlussverfügung ohne die Antragsschrift oder weitere Anlagen regelmäßig den formellen Anforderungen genügt. Zu dieser Frage vgl. ferner OLG Koblenz, Urt. v. 21. 3. 2013 – 9 U 1156/12, BeckRS 2013, 8776; LG München I, AfP 2015, 65, 65. Ausführlich zur Problematik Klein, GRUR 2016, 899, 899 ff. m. w. N.  OLG Hamburg, WRP 1996, 1047, 1047 f.  BGH, NJW 1996, 198, 199 – Unterlassungsverfügung ohne Strafandrohung; OLG Köln, GRUR-RR 2001, 71, 71.  OLG Düsseldorf, WRP 2020, 214, 215; OLG München, B. v. 14.10. 2019 – 14 W 1170/19, BeckRS 2019, 29850; OLG Köln, B. v. 9. 5. 2019 – 15 W 70/18, BeckRS 2019, 10630; OLG Dresden, Hinweisb. v. 7.4. 2020 – 4 U 2805/19, BeckRS 2020, 7500.  BGH, B. v. 13.4. 2000 – V ZB 48/99, BeckRS 2000, 4651; B. v. 24.1. 2001 – XII ZB 75/00, BeckRS 2001, 1719; B. v. 4. 5. 2005 – I ZB 38/04, BeckRS 2005, 7010. Vgl. auch OLG Bamberg, GRUR-RR 2014, 331, 332. Lampmann

193

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

darauf abgestellt werden, ob ein mit dem Streitstoff Vertrauter den zugestellten Schriftstücken die tragenden Entscheidungsgründe entnehmen kann.¹⁰⁹² Praxishinweis: Einer wirksamen Zustellung steht beispielsweise das Beifügen z. T. unlesbarer Anlagen dann nicht entgegen, wenn der Schuldner ohne unzumutbaren Aufwand erkennen kann, wie der nicht lesbare Text lautet, etwa weil ihm das betreffende Dokument bereits aus der vorgerichtlichen Korrespondenz lesbar vorliegt.¹⁰⁹³

685

c) Zustellungsadressat Zustellungsadressat ist der Schuldner selbst bzw. sein zuständiges Organ; richtet 686 sich die einstweilige Verfügung gegen mehrere Schuldner, ist sie jedem von ihnen zuzustellen. Etwas anderes gilt, wenn der Schuldner im Verfahren anwaltlich vertreten ist.

687

Hat sich ein Rechtsanwalt für den Schuldner als Verfahrensbevollmächtigter be- 688 stellt¹⁰⁹⁴ – so etwa im Rubrum einer Schutzschrift¹⁰⁹⁵ (vgl. Rn. 536) oder im Zuge der vorgerichtlichen Korrespondenz –, muss die Zustellung nach § 172 ZPO an diesen erfolgen; eine Zustellung an den Schuldner selbst ist dann nicht mehr ausreichend.¹⁰⁹⁶ Praxishinweis: Zu beachten ist, dass der Rechtsanwalt auch dann i. S. d. § 172 ZPO „bestellt“ ist, wenn er – ggf. auf Initiative des Gläubigers selbst – im Rubrum des Verfügungsantrags als Verfahrensbevollmächtigter des Schuldners angegeben ist. Die Zustellung ist jedoch nicht zulasten des Schuldners wirksam, wenn tatsächlich keine Bevollmächtigung vorliegt.¹⁰⁹⁷

689

Hat sich der Rechtsanwalt des Schuldners vorprozessual als Zustellungsbevoll- 690 mächtigter legitimiert, kann eine Zustellung an diesen erfolgen, er tritt jedoch insoweit nicht zwingend an die Stelle des Schuldners.¹⁰⁹⁸ Praxishinweis: Infolge der Anpassung des § 59b Abs. 2 Nr. 8 BRAO im Jahr 2017 ist die anwaltliche Mitwirkungspflicht bei der Zustellung von Anwalt zu Anwalt nach dem ebenfalls angepassten § 14

 BGH, B. v. 13.4. 2000 – V ZB 48/99, BeckRS 2000, 4651.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 1041, 1041 f.  LG Münster, Urt. v. 30. 5. 2018 – 012 O 83/18, n. v.  OLG Köln, Urt. v. 11.7. 2014 – 6 U 214/13, BeckRS 2014, 126978; Retzer, in: Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 320.  Vgl. BGH, Urt. v. 6.4. 2011 – VIII ZR 22/10, BeckRS 2011, 8355. Das gilt auch für eine Zustellung von Anwalt zu Anwalt an einen als Partei am Verfahren beteiligten Rechtsanwalt, vgl. LG Berlin, Urt. v. 12.6. 2018 – 103 O 82/17, BeckRS 2018, 26327.  OLG Karlsruhe, Urt. v. 27. 3. 2013 – 6 U 104/12, BeckRS 2016, 10795.  OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2005, 102, 102. A. A. OLG Hamburg, B. v. 28.12. 2000 – 3 U 171/00, zit. nach juris. Lampmann

691

194

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Satz 1 BORA wieder zu beachten, womit die entgegenstehende (diesen Korrekturen vorangegangene) Beurteilung des BGH ¹⁰⁹⁹ überholt sein dürfte. 692 Die bloße Tatsache der Vertretung im der gerichtlichen Inanspruchnahme vorge-

schalteten Abmahnverfahren macht den Rechtsanwalt nicht zum richtigen oder gar allein maßgeblichen Zustellungsadressaten gerichtlicher Entscheidungen,¹¹⁰⁰ ebenso z. B. ein pauschaler Hinweis in einem die Abmahnung beantwortenden Schreiben auf eine Vollmacht für „weitere Zustellungen“ oder „Wahrnehmung rechtlicher Interessen“.¹¹⁰¹ 693

Praxishinweis: Ist nicht mit Sicherheit erkennbar, ob die Zustellung an den Rechtsanwalt zu richten ist, vor allem ob dieser zustellungs- oder verfahrensbevollmächtigt ist, sollte vorsichtshalber sowohl an den Schuldner als auch an den Rechtsanwalt zugestellt werden.

694 Hat der Gläubiger zum Zeitpunkt der von ihm bewirkten Zustellung keine Kenntnis

von der Bestellung eines Rechtsanwalts – etwa aufgrund eines unvollständigen bzw. unzutreffenden Rubrums –, besteht für ihn keine Nachforschungspflicht und er kann die Zustellung an den Schuldner selbst vornehmen.¹¹⁰² 695 Die Möglichkeit der Heilung von Zustellungsmängeln nach § 189 ZPO ist zu beachten.

Dessen Geltungsbereich ist umstritten: Es wird vertreten, dass im Rahmen des § 189 ZPO nicht nur etwaige Mängel im Zustellungsvorgang, sondern auch Mängel des zuzustellenden Schriftstücks selbst geheilt werden können.¹¹⁰³ 696

Praxishinweis: Für den tatsächlichen Zugang als Voraussetzung der Heilung ist nicht der Zugang des zuzustellenden Originals erforderlich. Die erfolgreiche Weiterleitung einer inhaltsgleichen Kopie, z. B. in Form eines Telefaxes, einer Fotokopie oder eines Scans, ist ausreichend, nicht hingegen lediglich eine mündliche Überlieferung oder eine handschriftliche oder maschinenschriftliche Abschrift des zuzustellenden Originals.¹¹⁰⁴

 BGH, NJW 2015, 3672, 3672 f. – Keine Berufspflicht zur Mitwirkung an Zustellung von Anwalt zu Anwalt.  OLG Köln, GRUR-RR 2005, 143, 143; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.63.  OLG Zweibrücken, B. v. 22.9. 2014 – 4 U 19/14, BeckRS 2014, 22320; OLG Düsseldorf, WRP 2019, 490, 491; LG Düsseldorf, Urt. v. 1.7. 2020 – 12 O 38/20, n. v.  OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.4. 2019 – 20 U 121/18, BeckRS 2019, 18221.  Zum Streitstand vgl. BGH, NJW 2019, 1374, 1375 f. – Beschlussverfügung; OLG Köln, GRUR-RR 2020, 335, 336; OLG Schleswig, WRP 2020, 369, 372 f.; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 4. 3. 2021 – 6 U 123/20, BeckRS 2021, 6182; OLG Hamburg, GRUR-RR 2018, 173, 174 f.; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2019, 240, 240. Zum Geltungsbereich des § 189 ZPO vgl. vertiefend Bernreuther, WRP 2019, 1143, 1144 ff. m. w. N.  BGH, GRUR 2020, 776, 777 – Übermittlung per E-Mail. Lampmann

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

195

d) Vollziehungsfrist nach §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO Die Vollziehung hat nach §§ 936, 929 Abs. 2 Satz 1 ZPO grundsätzlich innerhalb einer 697 Monatsfrist zu erfolgen. Zum 1.1. 2022 wurde § 929 Abs. 2 ZPO um einen Satz 2 ergänzt, wonach die Frist bei ausländischen Sicherungstiteln, die im Inland ohne vorherige Vollstreckbarerklärung vollzogen werden, zwei Monate beträgt. Die Vollziehungsfrist ist durch die Parteien nicht abdingbar¹¹⁰⁵ und kann als ge- 698 setzliche Frist i. S. d. § 224 Abs. 2 ZPO auch vom Gericht nicht abgeändert werden. §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO grenzen den dem Gläubiger gewährten, lediglich vorläufigen 699 Rechtsschutz zeitlich ein und sollen gewährleisten, dass von dem Titel nur Gebrauch gemacht werden kann, solange die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse denjenigen entsprechen, von denen das Gericht bei seiner Entscheidung ausgegangen ist (vgl. Rn. 661).¹¹⁰⁶

aa) Beginn und Lauf der Frist Die Vollziehungsfrist beginnt im Fall einer Beschlussverfügung mit der Amtszu- 700 stellung an den Gläubiger zu laufen. Voraussetzung dafür ist, dass der Gläubiger ein vollständiges Exemplar der gerichtlichen Entscheidung erhalten hat.¹¹⁰⁷ Praxishinweis: Der Gläubiger sollte jedoch insoweit keine Risiken eingehen und sich umgehend und mit Nachdruck darum bemühen, die für die Vollziehung benötigten Unterlagen vom Gericht schnellstmöglich zu erhalten (vgl. aber Rn. 746, 756). Andernfalls steht neben der Ungewissheit über den Beginn der Vollziehungsfrist zu seinem Nachteil noch die Gefahr der Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung im Raum (vgl. Rn. 619 ff., 630, 658 f.).¹¹⁰⁸

701

Im Fall der Urteilsverfügung beginnt die Vollziehungsfrist mit der Verkündung des 702 Urteils zu laufen.¹¹⁰⁹ Praxishinweis: Neben dem Umstand, dass dieser Zeitpunkt des Fristbeginns in der Praxis häufig übersehen wird, kann es zu Problemen führen, wenn das Gericht von der Möglichkeit des § 310 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 ZPO Gebrauch macht und noch im Termin das Urteil verkündet („Stuhlurteil“), denn dann existiert zwar die Entscheidung, dem zur Zustellung verpflichteten Gläubiger liegen aber noch nicht die vollständigen Entscheidungsgründe vor. Sollten sie auch innerhalb der laufenden Vollziehungsfrist nicht vorliegen, so sollte der Gläubiger (selbstverständlich noch vor deren Ablauf) zumindest den verkündeten Urteilstenor zustellen und diesem die Antragsschrift beifügen sowie auf die Übermittlung des vollständig abgefassten Urteils (weiterhin) möglichst intensiv hinwirken.

    

Vgl. nur BGH, NJW 1993, 1076, 1079 – Straßenverengung. Vgl. Spätgens/Kessen, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 103 Rn. 18. Vgl. OLG Bremen, Urt. v. 16.5. 2014 – 2 U 129/13, n. v. Vgl. auch OLG Köln, GRUR-RR 2018, 268, 269 f. OLG Köln, GRUR-RR 2018, 268, 269. Lampmann

703

196

C. Auseinandersetzung vor Gericht

704 Für die Fristberechnung gelten § 222 ZPO, §§ 187 ff. BGB. 705

Praxishinweis: Liegen Maßnahmen der Vollziehung teils innerhalb, teils außerhalb der Frist, sind die späteren jedenfalls dann wirksam, wenn sie mit den früheren eine (wirtschaftliche) Einheit bilden.¹¹¹⁰ Die Vollziehungsfrist gilt demnach z. B. dann nicht als versäumt, wenn der Gläubiger, der eine fristgerechte Zustellung an eine ihm bekannte Anschrift veranlasst hat, unverzüglich nach Mitteilung des Fehlschlags der Zustellung die erneute Zustellung an eine andere Anschrift veranlasst, auch wenn Letzteres nach Fristablauf erfolgt.¹¹¹¹

bb) Zustellung „demnächst“ 706 Die Vollziehungsfrist unterfällt der Regelung des § 167 ZPO. Demzufolge ist sie bereits

dann gewahrt, wenn der Gläubiger vor deren Ablauf das zuständige Zustellungsorgan (regelmäßig den Gerichtsvollzieher, § 192 ZPO) mit der Vollziehung der einstweiligen Verfügung beauftragt hat und eine Zustellung „demnächst“ erfolgt. 707 Von einer Zustellung „demnächst“ ist immer dann auszugehen, wenn der Gläubiger

alles ihm Zumutbare für die alsbaldige Zustellung getan hat und der Rückwirkung keine schutzwürdigen Belange des Zustellungsadressaten entgegenstehen.¹¹¹² Entscheidend ist also auch in dieser Hinsicht, dass der Gläubiger die Zustellung der einstweiligen Verfügung nicht vorwerfbar verzögert hat (vgl. auch Rn. 705).¹¹¹³ 708 Bei Auslandszustellungen reicht es dementsprechend aus, wenn der Gläubiger die in

seiner Sphäre liegenden notwendigen Schritte rechtzeitig unternimmt (vgl. Rn. 669, 683).¹¹¹⁴ Ist das der Fall, überwiegen regelmäßig seine Interessen und es kann eine mehrmonatige – in Ausnahmefällen gar mehrjährige – Dauer der Zustellung unter § 167 ZPO fallen.¹¹¹⁵ 709

Praxishinweis: Zur Vermeidung von Nachteilen sollte der Gläubiger seine entsprechenden Bemühungen und die Abwicklung des Zustellungsauftrags möglichst sorgfältig dokumentieren.

 Für eine Fristwahrung sogar ohne wirtschaftliche Einheit vgl. Drescher, in: MüKo/ZPO, § 929 Rn. 13.  OLG Düsseldorf, B. v. 14. 3. 2018 – 20 W 24/18, BeckRS 2018, 37819.  BGH, Urt. v. 27. 5.1999 – VII ZR 24/98, BeckRS 1999, 30060996.Weiterführend Häublein/Müller, in: MüKo/ZPO, § 167 Rn. 10 ff.  OLG Köln, GRUR-RR 2018, 268, 269 f.  OLG Düsseldorf, WRP 2019, 1485, 1486 m. w. N.  Vgl. BGH, B. v. 20.1. 2009 – VIII ZB 47/08, BeckRS 2009, 6405. Ferner OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 18. 8.1987 – 3 UF 255/86, BeckRS 2010, 30106: Zustellung „demnächst“ bei einer Dauer von mehr als zwei Jahren. Vgl. auch Häublein/Müller, in: MüKo/ZPO, § 167 Rn. 10 m. w. N. Lampmann

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

197

cc) Fristversäumnis Versäumt der Gläubiger die Vollziehungsfrist, so wird die einstweilige Verfügung 710 unheilbar unwirksam (vgl. Rn. 661). Der Schuldner kann mit dem Widerspruch bzw. der Berufung sowie im Verfahren nach §§ 936, 927 ZPO deren Aufhebung ex tunc¹¹¹⁶ erreichen (zu den einzelnen Rechtsbehelfen vgl. Rn. 789 ff., 835).¹¹¹⁷ Praxishinweis: Ergibt sich aus den Gesamtumständen, dass der Schuldner die zum Zwecke der Vollziehung einer Unterlassungsverfügung erforderliche Zustellung an ihn gezielt vereitelt hat, ist es ihm unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwehrt, sich auf das Versäumnis der Vollziehungsfrist zu berufen.¹¹¹⁸ Gleiches kommt in Betracht, wenn der Schuldner durch sein Verhalten den Eindruck erweckt, die einstweilige Verfügung als vollzogen ansehen zu wollen.¹¹¹⁹

711

e) „Schubladenverfügung“ Die Vollziehungsfrist erlaubt es dem Gläubiger in zeitlicher Hinsicht, den Schuldner 712 erst nach Erhalt einer beantragten einstweiligen Verfügung abzumahnen. Antwortet der Schuldner nicht auf diese Abmahnung oder gibt die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ab, stellt der Gläubiger die bereits erwirkte – sich bis zu diesem Zeitpunkt in seiner „Schublade“ befindliche – einstweilige Verfügung dem Schuldner noch innerhalb der Frist nach §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO zu. Er nimmt diesem damit die Chance, auf die Abmahnung u. a. mit einer Schutzschrift angemessen zu reagieren und so möglicherweise den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu verhindern oder zumindest zu erschweren (vgl. Rn. 528). Diese Vorgehensweise wurde durch die Gerichte zunehmend kritisch gesehen. Ins 713 Gewicht fiel dabei der Standpunkt, dass der Erlass einer Beschlussverfügung im einseitigen Verfahren aufgrund der Pflicht zur Wahrung des rechtlichen Gehörs und der prozessualen Waffengleichheit voraussetze, dass der Verfahrenseinleitung eine erfolglose Abmahnung vorausgegangen sei (vgl. Rn. 529 ff.). Als weitere Facette trat ein Urteil des OLG Frankfurt a. M. aus dem Jahr 2015 hinzu, mit dem das Gericht die Anfechtbarkeit einer Unterlassungserklärung wegen arglistiger Täuschung des Schuldners für den Fall annahm, in dem der Gläubiger eine einstweilige Verfügung im Zeitpunkt der Abmahnung bereits beantragt hatte.¹¹²⁰ Da der Gläubiger im typischen Fall die „Schubladenverfügung“ sogar schon erwirkt hat und in den Händen hält,

 In der Folge kann ausnahmsweise die Erstattung der Kosten des Anordnungsverfahrens verlangt werden. Für andere solche Fälle vgl. Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 56 Rn. 38 ff. m. w. N.  Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 55 Rn. 50; Spätgens/Kessen, in: Gloy/Loschelder/ Danckwerts, § 103 Rn. 20.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2016, 637, 637.  Bejahend OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 4. 3. 2021 – 6 U 123/20, BeckRS 2021, 6182 m. w. N. zum Streitstand.  OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 19. 2. 2015 – 16 U 141/14, BeckRS 2015, 117593. Lampmann

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

wenn er den Schuldner abmahnt und diesen damit – der Auffassung des OLG Frankfurt a. M. folgend – ebenso (wenn nicht sogar noch schwerwiegender) täuscht, droht einem dabei geschlossenen Unterlassungsvertrag stets die Nichtigkeit wegen Anfechtung (vgl. auch Rn. 115). 714

Praxishinweis: Von einem Vorgehen mittels einer „Schubladenverfügung“ ist daher insgesamt abzuraten. Wenn sich der Schuldner mit der Anfechtung aufgrund der Regelung des § 124 BGB so lange Zeit lässt, bis die Vollziehungsfrist der Verfügung abgelaufen ist, steht der Gläubiger im schlimmsten Fall sogar mit leeren Händen da. Die aktuellen Tendenzen der Rechtsanwendung im Zusammenhang mit dem Rechtsmissbrauchvorwurf (vgl. Rn. 521 ff.) und der BVerfG-Rechtsprechung zur prozessualen Waffengleichheit (vgl. Rn. 545 ff.) stellen zudem grundsätzlich infrage, ob der Gläubiger die Konstellation einer „Schubladenverfügung“ überhaupt noch herbeiführen bzw. letztendlich zu seinem Vorteil nutzen kann.

7. Befolgungspflicht des Schuldners 715 Sowohl Beschlussverfügungen als auch Urteilsverfügungen sind ohne besonderen

Ausspruch sofort vollstreckbar (vgl. Rn. 982 ff.).¹¹²¹ Der Schuldner muss eine mit einer Ordnungsmittelandrohung verbundene einstweilige Verfügung ab Wirksamwerden, eine Urteilsverfügung also schon ab Verkündung und nicht erst – was bei einer Beschlussverfügung der Fall ist – ab Vollziehung beachten (vgl. Rn. 665 f., 745, 755 f., 987 f.).¹¹²²

a) Ergänzende Handlungspflichten 716 Die Befolgungspflicht erfasst bei einer Unterlassungsverfügung neben dem bloßen Nichtstun grundsätzlich auch aktives Tun, vor allem die Beseitigung von bereits gesetzten Ursachen, wenn der Rechtsverstoß andernfalls wieder bzw. weiter stattfinden würde (vgl. auch Rn. 959 f.).¹¹²³ Auch wenn keine Dauerhandlung vorliegt,¹¹²⁴  BGH, GRUR 2018, 292, 293 – Produkte zur Wundversorgung; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 141, 145, 151; Spätgens/Held, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 112 Rn. 12; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 929 Rn. 1.  BGH, GRUR 2009, 890, 891 – Ordnungsmittelandrohung; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.37a; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 395, 393.  BGH, NJW 1993, 1076, 1077 – Straßenverengung, m. w. N.; GRUR 2015, 190, 192 – Ex-RAF-Terroristin; GRUR 2017, 208, 210 f. – Rückruf von RESCUE-Produkten; GRUR 2018, 292, 293 ff. – Produkte zur Wundversorgung; GRUR 2018, 1183, 1183 f. – Wirbel um Bauschutt; GRUR 2020, 548, 549 – Diätische Tinnitusbehandlung; OLG Stuttgart, WRP 2016, 773, 774; OLG München, B. v. 28.5. 2014 – 29 W 546/14, BeckRS 2014, 15704; OLG Köln, GRUR-RR 2008, 365, 365; OLG Hamburg, MMR 2015, 471, 471 f.; OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2018, 223, 224; WRP 2018, 351, 352; WRP 2021, 76, 77; LG Köln, WRP 2017, 748, 748; Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 5.4a f., 5.7; Spätgens/Held, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 98 Rn. 5;Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 1 Rn. 8, 11; Büscher, in: Fezer/Büscher/ Obergfell, UWG, § 12 Rn. 378. Lampmann/Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

199

muss der Schuldner also nicht nur von jeglichem Verhalten Abstand nehmen, das zu einer Zuwiderhandlung führen kann, sondern auch aktiv alles unternehmen, was im konkreten Einzelfall möglich, erforderlich und zumutbar ist, um künftige Verletzungen bzw. die Perpetuierung bestehender Verletzungen zu verhindern.¹¹²⁵ Dazu gehört u. a. die Einwirkung auf (auch außenstehende) Dritte,¹¹²⁶ deren 717 Handeln dem Schuldner wirtschaftlich zugutekommt,¹¹²⁷ und bei denen er mit einem (ggf. weiteren) Verstoß ernstlich rechnen muss, so beispielsweise die Einwirkung auf: – gewerbliche Abnehmer,¹¹²⁸ – Endkunden,¹¹²⁹ – Suchmaschinenbetreiber,¹¹³⁰ – Anbieter von Branchenverzeichnissen,¹¹³¹

 BGH, GRUR 2018, 292, 293 f. – Produkte zur Wundversorgung.  Zum schuldnerseits insoweit bestehenden Haftungsmaßstab vgl. OLG Koblenz, WRP 2019, 789, 789 f.; OLG Frankfurt a. M., WRP 2021, 76, 77 f.; WRP 2018, 245, 245 f.; OLG Stuttgart, B. v. 9. 3. 2016 – 2 W 49/15, BeckRS 2016, 6081; WRP 2016, 773, 775 f.; OLG Köln, B. v. 25.4. 2007 – 6 W 40/07, BeckRS 2007, 12885; Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 57 Rn. 27 f.; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 391 ff.  BGH, GRUR 2020, 548, 549 – Diätische Tinnitusbehandlung; GRUR 2018, 292, 293 ff. – Produkte zur Wundversorgung; GRUR 2017, 208, 210 f. – Rückruf von RESCUE-Produkten; GRUR 2015, 258, 263 – CT-Paradies; GRUR 2014, 595, 597 – Vertragsstrafenklausel; OLG Stuttgart, WRP 2016, 773, 774 f.; Köhler/ Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 5.4a f., 5.7; Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 57 Rn. 26c. A. A. für selbstständige, also auf eigene Initiative und im eigenen Namen stattfindende, Handlungen Dritter OLG Düsseldorf, WRP 2021, 214, 214 f. (allerdings in einem markenrechtlichen Fall, im Anschluss an EuGH, WRP 2020, 1002, 1003 f.). Einen Überblick über die Problematik und die Instanzenrechtsprechung gibt Breun-Goerke, WRP 2019, 1539, 1539 ff.  BGH, GRUR 2018, 1183, 1183 f. – Wirbel um Bauschutt.  BGH, GRUR 2020, 548, 549 – Diätische Tinnitusbehandlung; OLG München, B. v. 28. 5. 2014 – 29 W 546/14, BeckRS 2014, 15704; OLG Köln, GRUR-RR 2008, 365, 365; OLG Celle, Urt. v. 1. 2.1995 – 13 U 83/94, BeckRS 1995, 05890. Speziell zur Rückrufpflicht: Weiterführend BGH, GRUR 2018, 292, 293 ff. – Produkte zur Wundversorgung; GRUR 2017, 208, 210 f. – Rückruf von RESCUE-Produkten; GRUR 2016, 720, 723 – Hot Sox; LG Hamburg, B. v. 19. 3. 2018 – 327 O 321/17, BeckRS 2018, 4191. Auf Bedenken hinweisend Meinhardt, WRP 2018, 527, 527 ff. m. w. N. Mit Kritik Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm/ Feddersen, UWG, § 8 Rn. 1.82 ff. Die Rechtsprechung hingegen ausdrücklich befürwortend Köhler/ Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 5.4a f. Zum Ausschluss der Rückrufpflicht infolge der Vereinbarung eines Abverkaufsrechts vgl. OLG Köln,WRP 2019, 123, 126 f. Zum Widerruf von Werbeäußerungen vgl. OLG Frankfurt a. M.,WRP 2018, 1223, 1225 f.; WRP 2018, 351, 352. Zu bedenken ist u. U. die Folge einer Rufschädigung des Schuldners, die als Anknüpfungspunkt für eine etwaige Schadensersatzpflicht des Gläubigers nach § 945 ZPO in Betracht kommt (vgl. Rn. 741 m. Fn. 1186).  OLG Koblenz, WRP 2019, 789, 789 f.  BGH, GRUR 2018, 1183, 1184 – Wirbel um Bauschutt; OLG Düsseldorf, WRP 2016, 246, 251 f.; OLG Stuttgart, WRP 2016, 773, 774 ff.; OLG Celle, ZUM 2015, 575, 576 f.; OLG Dresden, WRP 2018, 978, 978 f.; OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 1487, 1488; LG Baden-Baden, MMR 2016, 827, 828.  BGH, GRUR 2014, 595, 598 – Vertragsstrafenklausel; OLG Stuttgart, B. v. 9. 3. 2016 – 2 W 49/15, BeckRS 2016, 6081; OLG Zweibrücken, WRP 2016, 396, 396. Pustovalov

200

– –

C. Auseinandersetzung vor Gericht

RSS-Feed-Abonnenten,¹¹³² anderweitige Verkehrsteilnehmer.¹¹³³

718 Für die Beurteilung sind rechtliche, aber auch nur rein tatsächliche¹¹³⁴ Einwirkungs-

möglichkeiten und die Zumutbarkeit entscheidend,¹¹³⁵ wobei insbesondere in Bezug auf das Handeln im Internet – als Kehrseite der größtmöglichen Verbreitung der Werbebotschaften und des damit einhergehenden wirtschaftlichen Nutzens (vgl. auch Rn. 314) – die Anwendung der größten Sorgfalt geschuldet wird, sodass ein dementsprechend strenger Beurteilungsmaßstab gilt.¹¹³⁶ Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist jedoch nur unter engen Voraussetzungen möglich.¹¹³⁷

719

Praxishinweis: Die in jedem Einzelfall mittels Auslegung zu ermittelnden,¹¹³⁸ die Unterlassungspflicht ergänzenden Handlungspflichten bedürfen keiner gesonderten Titulierung.¹¹³⁹ Infolgedessen werden sie in der Praxis regelmäßig vernachlässigt und verursachen unnötigerweise neue Weiterungen.¹¹⁴⁰ Nimmt der Gläubiger den Schuldner nur auf Unterlassung und nicht zugleich auch (ausdrücklich) auf Beseitigung in Anspruch, tendiert der Schuldner zur Annahme, zu keinem aktiven Handeln verpflichtet zu sein. Bei dieser Sichtweise lässt er jedoch unbeachtet, dass bei einem Verstoß, der einen fortdauernden Störungszustand hervorruft (was insbesondere im Online-Bereich der Regelfall sein wird), dessen Nichtbeseitigung gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung ist.¹¹⁴¹ Zwar steht dem Gläubiger in solchen Fällen neben¹¹⁴² dem Unterlas-

 BGH, GRUR 2015, 190, 191 f. – Ex-RAF-Terroristin.  KG, WRP 2019, 1483, 1484; OLG Frankfurt a. M., WRP 2021, 76, 77; LG Frankfurt a. M., B. v. 24.6. 2015 – 3 – 08 O 106/14, BeckRS 2015, 20228; LG Hamburg, B. v. 2. 3. 2018 – 308 O 63/18, BeckRS 2018, 5654; LG Münster, WRP 2018, 636, 638; LG Baden-Baden, MMR 2016, 827, 828; LG Wuppertal, Urt. v. 30.1. 2018 – 11 O 49/17, BeckRS 2018, 6048.  BGH, GRUR 2020, 548, 549 – Diätische Tinnitusbehandlung; GRUR 2018, 292, 294 – Produkte zur Wundversorgung; GRUR 2017, 208, 211 – Rückruf von RESCUE-Produkten; Köhler/Feddersen, in: Köhler/ Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 5.4a. Kritisch Meinhardt, WRP 2018, 527, 530.  Soweit der Schuldner nicht bereits im Erkenntnisverfahren entsprechende Einwendungen vorbringt, bleibt die Prüfung der Frage, ob ihm bestimmte nach Lage der Dinge erforderliche Handlungen im Einzelfall unmöglich oder unzumutbar sind, dem Vollstreckungsverfahren überlassen, vgl. BGH, GRUR 2017, 208, 210 f. – Rückruf von RESCUE-Produkten; GRUR 2018, 292, 295 f. – Produkte zur Wundversorgung; OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 351, 352; Schmitt-Gaedke/Schmidt, GRUR-Prax 2018, 161, 163.  KG, WRP 2019, 92, 94; OLG Stuttgart, WRP 2016, 773, 774 f.; LG Stuttgart, WRP 2018, 378, 382.  BGH, GRUR 2018, 292, 295 f. – Produkte zur Wundversorgung.  BGH, GRUR 2018, 292, 293 ff. – Produkte zur Wundversorgung; OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 1223, 1224 f.; OLG Koblenz, WRP 2019, 789, 790; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 375 ff.  BGH, GRUR 2018, 292, 294 – Produkte zur Wundversorgung; Gruber, in: MüKo/ZPO, § 890 Rn. 7. Zu einem Beispiel einer dennoch erfolgten Titulierung vgl. LG Hamburg, B. v. 2. 3. 2018 – 308 O 63/18, BeckRS 2018, 5654.  Als Beispiel vgl. nur OLG Köln, ZUM 2015, 404, 404 ff.  BGH, GRUR 2017, 208, 210 – Rückruf von RESCUE-Produkten; GRUR 1977, 614, 616 – Gebäudefassade;Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 1 Rn. 8, 11; Spätgens/Held, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 98 Rn. 5. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

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sungsanspruch auch ein eigenständiger Beseitigungsanspruch¹¹⁴³ zur Seite (vgl. Rn. 917 ff.). Er ist jedoch auf dessen Durchsetzung nicht zwingend angewiesen, sondern kann bereits im Rahmen des Unterlassungsanspruchs erreichen, dass der Schuldner bei der Befolgung der sich insoweit ergebenden Handlungspflichten alle Handlungen vornimmt, die zur Beseitigung des zuvor geschaffenen Störungszustands erforderlich sind.¹¹⁴⁴ Damit stellt sich eine separate Geltendmachung des mit den ergänzenden Handlungspflichten korrespondierenden¹¹⁴⁵ Beseitigungsanspruchs für den Gläubiger unter praktischen Gesichtspunkten nur selten als sinnvoll dar. Sie kann erwogen werden, um dem Schuldner hierdurch konkrete Hinweise zum bestehenden Störungszustand zu geben.¹¹⁴⁶ Ferner kann sie sich anbieten, um – soweit vertretbare Handlungen im Raum stehen, bzw. soweit der Erfolg nicht vom Vorliegen des bei der Unterlassungsvollstreckung notwendigen Verschuldens (vgl. Rn. 1003) abhängen soll¹¹⁴⁷ – die Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung mittels Ersatzvornahme nach § 887 ZPO zu schaffen (vgl. Rn. 918).¹¹⁴⁸

b) Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung Die Befolgungspflicht entfällt nicht dadurch, dass der Schuldner gegen die erlassene 720 einstweilige Verfügung einen Rechtsbehelf einlegt. Insbesondere wird deren Vollziehung nicht durch ein Widerspruchsverfahren (vgl. Rn. 796) gehemmt, §§ 936, 924 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Nach §§ 936, 924 Abs. 3 Satz 2 ZPO – ggf. analog¹¹⁴⁹ – bzw. nach §§ 719, 707 ZPO kann jedoch eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung in Betracht kommen. Die Anordnung erfolgt nur ausnahmsweise, wenn ab-

 BGH, B. v. 12.7.1994 – VI ZB 43/93, BeckRS 9998, 78171; Ohly, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 8 Rn. 82; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 1 Rn. 11, Kap. 22 Rn. 3 ff.; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 8 Rn. 9; Goldmann, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 8 Rn. 46 ff.  Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8 Rn. 1.99 ff.; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.9; Goldmann, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 8 Rn. 205 ff.; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 28 ff.; Berneke/Schüttpelz, Rn. 70 ff.; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 22 Rn. 1 ff.  BGH, GRUR 2018, 292, 293 ff. – Produkte zur Wundversorgung; GRUR 2015, 258, 262 f. – CT-Paradies; LG Köln, WRP 2017, 748, 748.  Meinhardt, WRP 2018, 527, 530 f. Zum Verhältnis zu den spezialgesetzlichen Rückrufansprüchen vgl. weiterführend BGH, GRUR 2020, 548, 549 – Diätische Tinnitusbehandlung; GRUR 2018, 292, 295 – Produkte zur Wundversorgung.  Hierbei ist jedoch Vorsicht geboten, denn es muss dem Schuldner überlassen bleiben, auf welchem der zur Verfügung stehenden Wege er den jeweiligen Störungszustand beseitigt, vgl. BGH, WRP 2018, 434, 441 f. – Klauselersetzung. Zudem ist zur Vermeidung von Nachteilen – vgl. etwa BGH, Urt. v. 21.10. 2010 – III ZR 17/10, BeckRS 2010, 27521 – im Weiteren auf eine konsequente Anspruchsdurchsetzung zu achten.  Fritzsche, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 79 Rn. 54.  Fritzsche, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 79 Rn. 54 m. w. N.; Ohly, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 8 Rn. 83; Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 57 Rn. 1; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 378.  Spätgens/Kessen, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 102 Rn. 2. Pustovalov

202

C. Auseinandersetzung vor Gericht

sehbar ist, dass die einstweilige Verfügung mit großer Wahrscheinlichkeit keinen Bestand haben wird (vgl. auch Rn. 571, 596, 738, 747).¹¹⁵⁰ 721

Praxishinweis: In der Praxis wird ein solcher Antrag oft ohne inhaltliche Prüfung mit der schlichten Begründung abgelehnt, eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung komme bei Unterlassungsverfügungen nicht in Betracht.¹¹⁵¹ Hinsichtlich der Vollstreckbarkeit des Kostentenors und in den Fällen, in denen nur noch um die Kostentragung gestritten wird, etwa infolge übereinstimmender Erledigungserklärungen (vgl. Rn. 383) oder bezüglich einer Entscheidung über den Kostenwiderspruch (vgl. Rn. 805 ff.), wird der Einstellungsantrag hingegen nicht derart restriktiv gehandhabt.¹¹⁵²

722 Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beseitigt nicht die vorläufige

Vollstreckbarkeit der einstweiligen Verfügung. Kommt es zu einer Erledigung oder Aufhebung des Einstellungsbeschlusses, können die vor der Einstellung begangenen Zuwiderhandlungen geahndet werden.¹¹⁵³

8. Schadensersatzpflicht des Gläubigers, § 945 ZPO a) Anwendungsbereich 723 Die sofortige Befolgungspflicht des Schuldners wiegt der Gesetzgeber mit der verschuldensunabhängigen Schadensersatzhaftung des Gläubigers auf, soweit sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung im Nachhinein als von Anfang an ungerechtfertigt erweist oder die angeordnete Maßregel nach § 926 Abs. 2 ZPO oder § 942 Abs. 3 ZPO aufgehoben wird. Für diese Fälle begründet § 945 ZPO einen eigenständigen materiell-rechtlichen Anspruch¹¹⁵⁴ des Schuldners auf Ersatz desjenigen Schadens, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden (§§ 936, 924 Abs. 3 Satz 2, § 707 ZPO bzw. §§ 719, 707 ZPO) oder die Aufhebung der Maßregel (§ 939 ZPO) zu erwirken (vgl. auch Rn. 606). 724

Praxishinweis: Eine Unterlassungserklärung (vgl. Rn. 269, 743), ein (Teil-)Vergleich oder ein sonstiges Zugeständnis des Schuldners (etwa in Gestalt eines nur auf die Kosten beschränkten

 BGH, NJW-RR 1997, 1155, 1155 – Rechtsmittel wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.36; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 57 Rn. 39, 44; Spätgens/ Kessen, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 102 Rn. 5 ff. m. w. N.; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 265.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 265. Zur generell eingeschränkten Anwendbarkeit auf den Unterlassungsanspruch vgl. Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 57 Rn. 39.  Spätgens/Kessen, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 102 Rn. 15 ff.  Spätgens/Kessen, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 102 Rn. 3; Büscher, in: Fezer/Büscher/ Obergfell, UWG, § 12 Rn. 396.  Die dogmatische Einordnung des Anspruchs wird unterschiedlich beurteilt, hat allerdings keine praktischen Auswirkungen, vgl. Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 945 Rn. 1 f. m. w. N. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

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Widerspruchs, vgl. Rn. 815 f.) können einen – ggf. konkludenten – Verzicht auf ein Vorgehen nach § 945 ZPO begründen oder Letzteres als treuwidrig (vgl. Rn. 521 ff.) qualifizieren lassen.¹¹⁵⁵ Dies haben die Parteien bereits bei der Abgabe der betreffenden Erklärungen zu beachten. Der Gläubiger sollte diese bei seiner Inanspruchnahme aus § 945 ZPO rekapitulieren und prüfen, inwiefern er deren Inhalt und Umstände dem Schuldner entgegenhalten kann.

Deckt die Einstandspflicht des Gläubigers gem. § 945 ZPO dem Grunde oder dem 725 Umfang nach den aus Sicht des Schuldners gegebenen Schaden nicht bzw. nicht vollständig ab, ist zu prüfen, ob dieser unter den regulären Voraussetzungen der Tatbestände des allgemeinen Deliktsrechts oder der ungerechtfertigten Bereicherung ersetzt werden kann.¹¹⁵⁶ Eine erweiternde bzw. analoge Anwendung des § 945 ZPO kommt wegen seines Ausnahmecharakters nicht in Betracht.¹¹⁵⁷ Entsprechendes gilt für einen Rückgriff auf § 717 Abs. 2 ZPO,¹¹⁵⁸ der freilich für einen Schaden aufgrund einer Folgeentscheidung in der Hauptsache relevant sein kann.¹¹⁵⁹

b) Haftungsgrund der anfänglichen Ungerechtfertigtheit In der ersten Tatbestandsvariante des § 945 ZPO setzt der Schadensersatzanspruch 726 die Feststellung voraus, dass die einstweilige Verfügung berechtigterweise nicht bzw. nicht so hätte erlassen werden dürfen. Von Relevanz sind sowohl die Zulässigkeit als auch die Begründetheit der 727 Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes im konkreten Einzelfall.¹¹⁶⁰ Alle diesbezüglichen Aspekte, insbesondere der Verfügungsanspruch, aber auch der Verfügungsgrund, die Bestimmtheit des Verfügungstenors, das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis und die übrigen Prozessvoraussetzungen (einschließlich des Fehlens eines Missbrauchs, vgl. Rn. 734 m. Fn. 1171), sind im Ausgangspunkt nach § 945 ZPO der

 Generell zurückhaltend und im Streitfall in Bezug auf die dort nach Widerspruchsrücknahme abgegebene Unterlassungserklärung und den später im Hauptsacheverfahren zustande gekommenen Vergleich jeweils verneinend BGH, NJW 2006, 2767, 2770 f. – Ersatzpflicht des Verfügungsklägers. Für eine ohne einen klaren Vorbehalt abgegebene Unterlassungserklärung bejahend Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 36 Rn. 42a.  Ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB und § 826 BGB wurde unter Hinweis darauf, dass derjenige, der ein staatlich geregeltes Verfahren betreibe und subjektiv redlich handele, nicht aus unerlaubter Handlung haften könne, verneint in BGH, GRUR 2015, 196, 197 – Nero.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.78. Zu Beispielen vgl. Retzer, in: HarteBavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 472 f., 499; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 945 Rn. 3.  Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 36 Rn. 24.  BGH, GRUR 2015, 196, 198 – Nero.  Str., vgl. Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 36 Rn. 5 m. w. N.; Berneke/Schüttpelz, Rn. 728; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 197. Zur a. A. vgl. Retzer, in: Harte-Bavendamm/HenningBodewig, UWG, § 12 Rn. 475 ff.; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 945 Rn. 9, 11. Pustovalov

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

Untersuchung dahingehend zugänglich, ob deren Annahme durch das Gericht des Eilverfahrens gerechtfertigt war. 728

Praxishinweis: Ein Erfolg nur bei der Beanstandung der formellen Voraussetzungen der erlassenen einstweiligen Verfügung wird in der Praxis auf der Ebene der Feststellung eines ersatzfähigen Schadens dadurch entwertet, dass Letzterer ein rechtmäßiges Verhalten des Schuldners und damit schlussendlich doch die materiell-rechtliche Unbegründetheit der Beanstandung des Gläubigers voraussetzt (vgl. Rn. 739 f.).

729 Die Beurteilung ist rückblickend auf den Zeitpunkt der Anordnung, also des Er-

lasses bzw. der Bestätigung, der einstweiligen Verfügung vorzunehmen (vgl. „von Anfang an“). Somit ist die damals objektiv¹¹⁶¹ vorhandene Sach- und Rechtslage zu ermitteln und zugrunde zu legen (vgl. Rn. 733, 750). Aufschlussreich kann hierfür die weitere Entwicklung des Rechtsstreits sein, die bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen des § 945 ZPO in das Blickfeld zu nehmen ist. Denn es können bei der Rechtsdurchsetzung bzw. -verteidigung nach dem Anordnungsverfahren weitere Gerichtsentscheidungen gefällt worden sein bzw. noch gefällt werden, die auch im Rahmen des § 945 ZPO rechtsverbindlich wirken. Jedoch ist eine sorgfältige Betrachtung geboten. Nicht jede nachfolgende Entscheidung bzw. nicht jede dortige Feststellung ist ohne Weiteres als maßgebend heranzuziehen. Vielmehr gelten mehrere Einschränkungen. 730 So kommt den im Zuge des einstweiligen Verfügungsverfahrens ergangenen

(Folge‐)Entscheidungen jedenfalls im Ergebnis¹¹⁶² keine Bindungswirkung zu: Hinsichtlich des Verfügungsanspruchs ist die endgültige Bewertung einem Hauptsacheverfahren vorbehalten;¹¹⁶³ unabhängig von diesem Umstand und auch über den Verfügungsanspruch hinaus scheitert eine Bindungswirkung – betreffend die allein interessierende Schadensersatzhaftung – jedenfalls daran, dass die Ersatzfähigkeit eines Schadens eine eigenständige Prüfung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Schuldners erfordert und bei Bejahen Letzterer selbst dann ausscheidet, wenn dem Erlass der einstweiligen Verfügung formelle Gründe entgegenstanden (vgl. Rn. 739 f.).¹¹⁶⁴

731 Ist die Folgeentscheidung demgegenüber im Hauptsacheverfahren ergangen, ist sie

für den Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO im Umfang der Rechtskraft zu

 Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 475.  Mit einem Überblick zum Streitstand und gegen jedwede Bindungswirkung einer solchen Entscheidung Berneke/Schüttpelz, Rn. 731 f. m. w. N.  KG, Urt. v. 8.1. 2016 – 5 U 97/14, BeckRS 2016, 8752. Offenlassend BGH, GRUR 2016, 720, 721 – Hot Sox. Z.T. wird für die Frage der Bindungswirkung danach unterschieden, ob der Verfügungsanspruch nach einer Überprüfung im Eilverfahren bejaht oder verneint wurde, vgl. Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 36 Rn. 16 f. m. w. N.  Ausführlich Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 36 Rn. 18 f. m. w. N. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

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beachten. Die Voraussetzung ist, dass sich die einschlägigen Erwägungen in den Entscheidungsgründen niedergeschlagen haben (vgl. Rn. 734).¹¹⁶⁵ Dabei kommt die Bindungswirkung – auch wenn darüber hinausgehend Aussagen getroffen wurden – nur in Bezug auf den Verfügungsanspruch in Betracht, da nur diese Voraussetzung des einstweiligen Rechtsschutzes einer materiell-rechtlichen Überprüfung in der Hauptsache und in der Folge der materiellen Rechtskraft zugänglich ist.¹¹⁶⁶ Aufgrund der Wirkung inter partes muss dasselbe Parteiverhältnis betroffen sein. 732 Ferner ist eine inhaltliche Übereinstimmung im Streitgegenstand erforderlich (vgl. Rn. 408 ff.): Der Streitgegenstand der einstweiligen Verfügung muss in der Hauptsacheentscheidung jedenfalls als „Minus“ erfasst sein; greift er hingegen weiter, ist dies nur ausreichend, wenn und soweit der in der Hauptsache entschiedene Teil für einen Schaden selbstständig ursächlich ist.¹¹⁶⁷ Da der Schadensersatzanspruch an die anfängliche Ungerechtfertigtheit der einst- 733 weiligen Verfügung anknüpft, ist außerdem die zeitliche Komponente entscheidend. Ein Rückgriff auf eine rechtskräftige Hauptsacheentscheidung setzt voraus, dass deren maßgebliche Feststellungen auf derselben rechtlichen Grundlage fußen, die auch bei der Anordnung der einstweiligen Verfügung galt.¹¹⁶⁸ Neben Gesetzesänderungen sind – selbigen auch in diesem Zusammenhang gleichzusetzende¹¹⁶⁹ – Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu berücksichtigen. Eine Änderung, die erst nach Eintritt der Rechtskraft erfolgt ist, steht der Bindungswirkung einer Hauptsacheentscheidung auch dann nicht entgegen, wenn sie rückwirkend auf den Erlasszeitpunkt gilt. Außerhalb der Rechtskraft beansprucht eine rückwirkende Änderung gleichwohl Geltung.¹¹⁷⁰ Praxishinweis: Das Vorstehende sollte den Gläubiger in der Regel veranlassen, den im Eilverfahren – ohnehin nicht abschließend – gesicherten Anspruch weiterzuverfolgen und in der Hauptsache durchzusetzen. Im Erfolgsfall kann er die rechtskräftige Hauptsacheentscheidung ggf. fruchtbar machen, um einem Schadensersatzbegehren des Schuldners nach § 945 ZPO die Grundlage zu entziehen. Vor allem etwaige formelle Umstände, die bei der Anordnung der einstweiligen Verfügung rechtsfehlerhaft zugunsten des Gläubigers bewertet wurden und ihm insoweit eine vorzeitige

 Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 490, 492. A. A. bezüglich eines Versäumnisurteils im Hauptsacheverfahren Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.80.  Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 945 Rn. 15.  Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 36 Rn. 21.  Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 945 Rn. 15 m. w. N.  Str., vgl. Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 36 Rn. 14 m. w. N.  Zu Beispielen sowie dem Meinungsstand in der Rechtsprechung und Literatur vgl. Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 36 Rn. 6 ff. m. w. N.; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 484 ff. Pustovalov

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

(da beispielsweise nicht eilbedürftige) oder gar missbräuchliche¹¹⁷¹ Durchsetzung und Befolgung seines Anspruchs ermöglicht haben, können auf diese Weise endgültig überwunden werden (für den entgegengerichteten Handlungsbedarf aus Perspektive des Schuldners vgl. Rn. 740, 741 m. Fn. 1187). Zu achten ist in besonderem Maße auf die Kongruenz der Streitgegenstände sowie darauf, dass der streitbefangene Anspruch tatsächlich einer materiell-rechtlichen Prüfung und einer mit Gründen versehenen Beurteilung durch das Hauptsachegericht zugeführt wird. In Ermangelung Letzterer tritt insbesondere bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen (z. B. nach Abgabe einer Unterlassungs- oder Abschlusserklärung, vgl. Rn. 267, 767, 803), einem Vergleich, einem gem. § 313b Abs. 1 Satz 1 ZPO ohne Gründe erlassenen Versäumnis-,¹¹⁷² Anerkenntnis- (vgl. auch Rn. 813, 817) oder Verzichtsurteil keine Bindungswirkung ein.

c) Haftungsgrund des Fristversäumnisses 735 In der zweiten und dritten Tatbestandsvariante des § 945 ZPO wird die Scha-

densersatzpflicht des Gläubigers dem Grunde nach allein dadurch ausgelöst, dass die auf seinen Antrag hin angeordnete Maßregel nach § 926 Abs. 2 ZPO oder § 942 Abs. 3 ZPO aufgehoben wird. Es handelt sich um die Fälle des Versäumnisses einer gerichtlich angeordneten Handlungsfrist durch den Gläubiger. Die praktische Relevanz liegt im Wettbewerbsrecht bei der Regelung des § 926 Abs. 2 ZPO (i. V. m. § 936 ZPO). Danach droht dem Gläubiger die Aufhebung der einstweiligen Verfügung, wenn er im Zuge der Klageerzwingung der Anordnung des Gerichts nicht nachkommt, binnen einer bestimmten Frist in Bezug auf den zugrundeliegenden Streitgegenstand Klage zur Hauptsache zu erheben (vgl. Rn. 819 ff.). 736 Um gem. § 945 ZPO anspruchsbegründend zu wirken, muss die Aufhebungsent-

scheidung gerade wegen eines solchen Fristversäumnisses ergehen (vgl. „auf Grund“).¹¹⁷³ Die Einstandspflicht des Gläubigers resultiert in dieser Konstellation daraus, dass das Eilverfahren zum einen lediglich einer vorläufigen Sicherung bzw. Regelung dient und der Gläubiger zum anderen selbst auf eine besondere Dringlichkeit der von ihm initiierten Rechtsdurchsetzung pocht, somit den Anspruch stets zügig und konsequent verfolgen und vor allem jederzeit bereit sein muss, ihn in der Hauptsache durchzusetzen. Aufgrund Letzteren wird die Handlungsfrist nach §§ 936, 926 Abs. 1 ZPO auch regelmäßig sehr kurz bemessen. 737

Praxishinweis: Der Gläubiger vermeidet die Haftung nach § 945 Alt. 2 ZPO, wenn er den Streitgegenstand der einstweiligen Verfügung zwar fristgerecht in der Hauptsache einklagt, ihn jedoch

 Nach h. M. lässt eine missbräuchliche Geltendmachung eines Anspruchs die Prozessführungsbefugnis entfallen und betrifft damit nicht das materielle Recht, sondern die Zulässigkeit des konkreten Verfügungsantrags, vgl. KG, Urt. v. 8.1. 2016 – 5 U 97/14, BeckRS 2016, 8752; Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8c Rn. 3 f.  A. A. Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.80.  Zur Bindungswirkung der Aufhebungsentscheidung vgl. Rn. 751. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

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später verändert oder anderweitig keiner Sachentscheidung zuführt.¹¹⁷⁴ Hat der Gläubiger kein Interesse (mehr) an der Durchführung eines Hauptsacheverfahrens, legt aber Wert darauf, dem Schuldner möglichst keine Basis für einen Schadensersatzanspruch zu bieten, sollte er auf die Ansprüche aus der einstweiligen Verfügung verzichten und den Titel herausgeben (vgl. auch Rn. 747 m. Fn. 1201), bevor eine formelle Aufhebung nach §§ 936, 926 Abs. 2 ZPO zustande kommt. Denn auch in diesem Fall bewegt sich der Gläubiger, selbst wenn die Frist nach §§ 936, 926 Abs. 1 ZPO bereits abgelaufen ist, außerhalb des Tatbestands des § 945 Alt. 2 ZPO.¹¹⁷⁵ Die erste Tatbestandsvariante des § 945 ZPO ist eigenständig im Blick zu behalten.

d) Ersatzfähiger Schaden Ist die anfängliche Ungerechtfertigtheit der einstweiligen Verfügung erwiesen oder 738 kommt es zu einer Aufhebung nach §§ 936, 926 Abs. 2 ZPO oder § 942 Abs. 3 ZPO, ist der Gläubiger gegenüber dem Schuldner ersatzpflichtig in Bezug auf den (unmittelbaren und mittelbaren) adäquat kausalen Schaden i. S. d. §§ 249 ff. BGB,¹¹⁷⁶ der aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel oder daraus resultiert, dass der Schuldner Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden (§§ 936, 924 Abs. 3 Satz 2, § 707 ZPO bzw. §§ 719, 707 ZPO) oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken (§ 939 ZPO). In allen Tatbestandsvarianten des § 945 ZPO ist kein ersatzfähiger Schaden gegeben, 739 wenn und soweit¹¹⁷⁷ die im einstweiligen Verfügungsverfahren geltend gemachte Beanstandung des Gläubigers materiell-rechtlich begründet war¹¹⁷⁸ bzw. nachträglich zutreffend wird.¹¹⁷⁹ Denn nach allgemeinen Regeln des Schadensersatzrechts kann ein Schaden, den der Schuldner dadurch erleidet, dass er an einem rechtswidrigen Verhalten gehindert wird und selbiges einstellen muss bzw. verteidigt, nicht ersetzt verlangt werden (vgl. aber Rn. 731).¹¹⁸⁰ Praxishinweis: Für diesen Fall ist der Schuldner gut beraten, die formelle Seite der Anordnung der einstweiligen Verfügung eingehend zu betrachten. Sind erfolgsversprechende Ansätze gegeben, eine missbräuchliche Rechtsverfolgung zu rügen, den Verfügungsgrund oder sonst eine Prozessvoraussetzung anzugreifen, sollte er sich umgehend im einstweiligen Verfügungsverfahren zur Wehr setzen, um sich der Befolgungspflicht und der darauf beruhenden Einbußen bis auf Weiteres zu entledigen.¹¹⁸¹ Im Rahmen des Anspruchs nach § 945 ZPO werden die betreffenden Mängel nicht mehr zielführend zur Geltung gebracht werden können (vgl. Rn. 728, 730 f.).

 Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 36 Rn. 23.  BGH, GRUR 1992, 203, 204 f. – Roter mit Genever; Drescher, in: MüKo/ZPO, § 945 Rn. 18.  BGH, GRUR 2015, 196, 199 – Nero.  Vgl. Berneke/Schüttpelz, Rn. 741.  KG, Urt. v. 8.1. 2016 – 5 U 97/14, BeckRS 2016, 8752.  Die Ersatzfähigkeit entfällt erst für den danach entstandenen Schaden, vgl. Retzer, in: HarteBavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 487.  Ausführlich Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 36 Rn. 18 f. m. w. N.  Zur Problematik unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens vgl. Rn. 741 m. Fn. 1187. Pustovalov

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

741 Die konkrete Anknüpfung an die in § 945 ZPO genannten Schadensursachen bewirkt,

dass der zu ersetzende Schaden des Schuldners einfacher zu erfassen ist und sein Anspruch insoweit erfolgsversprechender ist, als dies in Bezug auf einen – in der Regel nur schwer zu ermittelnden (vgl. Rn. 905) – kausalen Schaden des Gläubigers der Fall ist, der durch einen Wettbewerbsverstoß entsteht.¹¹⁸² Zu nennen sind folgende Beispiele:¹¹⁸³ – Schaden (einschließlich des entgangenen Gewinns) durch Beeinträchtigung, Einstellung, Umstellung der Produktion, des Vertriebs bzw. der Bewerbung sowie durch nicht oder nicht fristgerecht bzw. sonst nicht ordnungsgemäß ausgeführte Aufträge, – Kosten des Produktrückrufs,¹¹⁸⁴ – Aufwendungen zwecks und Einbußen während des Wiederanlaufens des Vertriebs,¹¹⁸⁵ – Verlust eines Vorsprungs bzw. eines Marktanteils, – Rufschädigung,¹¹⁸⁶ – Aufwendungen zur Schadensminderung,¹¹⁸⁷ – an den Gläubiger¹¹⁸⁸ gezahlte Verfahrenskosten,

 Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 36 Rn. 2.  Vgl. auch Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 36 Rn. 35; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 945 Rn. 21 f.  BGH, GRUR 2016, 720, 723 – Hot Sox.  BGH, GRUR 2015, 196, 199 – Nero.  Dieser Aspekt gewinnt nicht zuletzt im Lichte der BGH-Rechtsprechung an Bedeutung, wonach die ergänzenden Handlungspflichten des Schuldners aus einer einstweiligen Verfügung jedenfalls bis zur Unterrichtung der eigenen gewerblichen Abnehmer über das gegen ihn erlassene Unterlassungsgebot samt einer Aufforderung an diese reichen können, das Produkt zunächst nicht weiterzuvertreiben, vgl. BGH, GRUR 2018, 292, 295 f. – Produkte zur Wundversorgung (vgl. Rn. 717 m. Fn. 1128).  Auf der anderen Seite kann das Absehen von Maßnahmen zur Schadensminderung ein Mitverschulden des Schuldners begründen. So auch Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 36 Rn. 40. Entgegen seinen Bedenken in Rn. 39 muss es vor dem Hintergrund der Schadensminderungspflicht ebenfalls zulasten des Schuldners gehen, wenn er untätig bleibt und entweder in einer Ausgangslage, die für eine Klärung in einem summarischen Verfahren geeignet ist, darauf verzichtet, die einstweilige Verfügung im Widerspruchs- bzw. Berufungswege oder gem. §§ 936, 927 ZPO anzugreifen (vgl. aber BGH, NJW 2006, 2767, 2769 f. – Ersatzpflicht des Verfügungsklägers), oder andernfalls von einem Vorgehen nach §§ 936, 926 ZPO oder von eigenen Schritten in der Hauptsache einschließlich einer negativen Feststellungsklage absieht (bejahend für sich aufdrängende Verteidigungsmöglichkeiten auch Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 510; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 945 Rn. 24; Berneke/Schüttpelz, Rn. 742; einschränkend auf eine offensichtlich erfolgsversprechende Anfechtung Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.83b). Die Verteidigung im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens ist dem Schuldner zudem in Bezug auf die formellen Einwände wie den Verfügungsgrund und die anderen Prozessvoraussetzungen abzuverlangen, denn diese können selbst bei einem materiell-rechtlich begründeten Anspruch des Gläubigers den Titel (und damit die Schadenszunahme) zeitnah beseitigen, während sie dem Schuldner in der Hauptsache nicht mehr zum Erfolg verhelfen können (vgl. Rn. 620, 664, 731, 740).  Die Verteidigungskosten des Schuldners selbst können hingegen nur aufgrund einer gerichtlichen Kostenfestsetzung (bei einer ggf. rückwirkenden Titelaufhebung; zu den Konstellationen vgl. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren



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jedoch nicht ein an die Staatskasse gezahltes Ordnungsgeld bzw. Nachteile aus einer verbüßten Ordnungshaft (vgl. aber Rn. 800).¹¹⁸⁹

e) Handeln unter Vollstreckungsdruck Unbedingte Voraussetzung für einen ersatzfähigen Schaden ist dessen Rückführbar- 742 keit auf den i. S. d. § 945 ZPO entstandenen Vollstreckungsdruck,¹¹⁹⁰ den die einstweilige Verfügung bei der Schadensbegründung entfaltet und dem sich der Schuldner beugen muss, um die Nachteile einer Zwangsvollstreckung zu vermeiden (vgl. Rn. 982 ff.). Praxishinweis: Verpflichtet sich der Schuldner beispielsweise im Zuge einer Güteverhandlung vor Gericht dazu, den in Gestalt einer einstweiligen Verfügung beschiedenen¹¹⁹¹ Anspruch des Gläubigers zu befolgen, hat dies aufgrund der Elemente der Freiwilligkeit und Endgültigkeit,¹¹⁹² die der Schuldner hierbei einbringt, zur Konsequenz, dass ein nachfolgender Schaden nicht mehr aus einer Intervention des Gläubigers durch die vorläufig erwirkte gerichtliche Anordnung herrührt. Er ist nicht nach § 945 ZPO zu ersetzen (zum Verzicht bzw. Treu und Glauben vgl. Rn. 724).¹¹⁹³ Anders dürfte die Beurteilung nur dann ausfallen, wenn der Schuldner den Bestand der durch ihn übernommenen Verpflichtung an den Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache anknüpft, denn durch diese Anbindung und die Fortsetzung des Streits um die Begründetheit der Inanspruchnahme wird die Fortwirkung des Vollstreckungsdrucks manifestiert.¹¹⁹⁴

Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 56 Rn. 38 ff. m. w. N.) oder – allerdings verschuldensabhängig – nach §§ 823 ff. BGB ersetzt verlangt werden. Denn diese Kosten beruhen nach h. M. (vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.83a; Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 36 Rn. 36 m. w. N.) nicht auf der Vollziehung, sondern auf der Anordnung der einstweiligen Verfügung. Letzteres erscheint aber jedenfalls hinsichtlich Beschlussverfügungen, die unmittelbar durch einen eigenen Handlungsakt des Gläubigers selbst wirksam werden (vgl. Rn. 665), fragwürdig (vgl. auch Rn. 746 m. Fn. 1200). In Bezug auf die Kosten eines Privatgutachtens vgl. BGH, GRUR 2015, 196, 199 – Nero.  Insoweit wird die Kausalität durch das eigene Fehlverhalten des Schuldners unterbrochen: § 945 ZPO regelt den Ersatz des Schadens aus der Befolgung des Titels und nicht aus dessen Missachtung. Vgl. auch Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 500.  BGH, GRUR 2015, 196, 197 ff. – Nero; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.83.  Kommt eine solche Erklärung noch vor Erlass einer einstweiligen Verfügung zustande, fehlt es bereits an der gerichtlichen Anordnung als Anspruchsvoraussetzung nach § 945 ZPO.  In Bezug auf eine Unterlassungserklärung vgl. Berneke/Schüttpelz, Rn. 736. In Bezug auf eine Abschlusserklärung vgl. Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 11; Berneke/Schüttpelz, Rn. 622.  So auch Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 194. A. A. wohl BGH, NJW 2006, 2767, 2768 ff. – Ersatzpflicht des Verfügungsklägers (vgl. Rn. 747 m. Fn. 1201).  Weitergehend BGH, NJW 2006, 2767, 2769 f. – Ersatzpflicht des Verfügungsklägers (in Bezug auf eine nach Widerspruchsrücknahme abgegebene und in ihrem Bestand vom Ausgang des Hauptsacheverfahrens abhängig gemachte Unterlassungserklärung). Vgl. aber Retzer, in: Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 472 m. w. N. Pustovalov

743

210

C. Auseinandersetzung vor Gericht

744 Für den Vollstreckungsdruck i. S. d. § 945 ZPO muss erstens eine Ordnungsmittel-

androhung nach § 890 Abs. 2 ZPO vorliegen (vgl. auch Rn. 985),¹¹⁹⁵ die jedoch regelmäßig direkt mit einer einstweiligen Verfügung beantragt und erlassen wird (vgl. Rn. 481 f.), und eine (in der Praxis freilich höchst ausnahmsweise anzutreffende) Sicherheitsleistung nach §§ 936, 921 ZPO bereits erbracht worden sein.

745 Zweitens muss die einstweilige Verfügung wirksam geworden sein.¹¹⁹⁶ Je nachdem,

ob sie in Beschluss- oder Urteilsform erlassen wurde, ist der maßgebliche Zeitpunkt unterschiedlich (vgl. Rn. 665 f., 715). Bei einer Urteilverfügung mit einem nach § 890 ZPO zu vollstreckenden Ver- bzw. Gebot setzt die Befolgungspflicht des Schuldners und damit die Schadensersatzhaftung des Gläubigers dementsprechend früher ein, nämlich bereits mit der Verkündung; dass die von Amts wegen vorzunehmende Zustellung noch aussteht und zudem die Vollziehung im Parteibetrieb bewirkt werden muss (vgl. Rn. 665), steht dem nicht entgegen.¹¹⁹⁷ 746

Praxishinweis: Der Gläubiger einer Beschlussverfügung kann unter dem Gesichtspunkt des § 945 ZPO erwägen, diese dem Schuldner direkt nach Erlass auf dem schnellsten Weg (zunächst, vgl. Rn. 670 ff., 710) formlos zur Kenntnis zu bringen: Hierdurch wird der Schuldner oft veranlasst sein, die gerichtliche Anordnung sofort zu befolgen,¹¹⁹⁸ ohne dass mit seinen betreffenden Maßnahmen die Einstandspflicht des Gläubigers nach § 945 ZPO einhergeht (vgl. auch Rn. 756).¹¹⁹⁹ Durch diesen Schritt kann der Gläubiger u. U. jedenfalls ein Mitverschulden¹²⁰⁰ des Schuldners hinsichtlich des Schadens herbeiführen, der zwar erst nach Wirksamwerden der einstweiligen Verfügung entsteht, dessen Begründung bzw. Vertiefung jedoch aus dem Verhalten des Schuldners in der Zeit zwischen

 BGH, GRUR 2015, 196, 197 f. – Nero; GRUR 2009, 890, 891 – Ordnungsmittelandrohung; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.83.  BGH, GRUR 2015, 196, 197 f. – Nero; NJW 2006, 2767, 2768 – Ersatzpflicht des Verfügungsklägers. Zum Streitstand vgl. ausführlich Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 36 Rn. 28, 31 m. w. N.  BGH, GRUR 2009, 890, 891 – Ordnungsmittelandrohung.  So geschah es im Fall BGH, GRUR 2015, 196, 197 f. – Nero (der Schuldner hatte das gerügte Verhalten aufgrund der Ungewissheit des Ausgangs des Rechtsstreits sogar bis zur letztinstanzlichen Hauptsacheentscheidung eingestellt).  BGH, GRUR 2015, 196, 197 f. – Nero; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 498, 502.  Zum Einwand des Mitverschuldens in anderen Fällen – z. B. wegen der Veranlassung oder Nichtverhinderung der Vollziehung, wegen der Nichtanzeige besonders schwerer bzw. nicht naheliegender Schadensfolgen (ähnlich der Antwortobliegenheit gem. Rn. 165 ff.), ggf. wegen der Veranlassung der einstweiligen Verfügung als solcher (was allerdings bei einer konsequenten Unterscheidung zwischen den Folgen der Verfügungsanordnung und -vollziehung i. S. d. vorstehenden Rn. 741 m. Fn. 1188 einen Wertungswiderspruch begründen dürfte), im Zusammenhang mit der Schadensminderungspflicht (vgl. auch Rn. 741 m. Fn. 1187) – und dessen Reichweite vgl. Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 36 Rn. 38 ff. m. w. N.; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 945 Rn. 23 ff.; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/ Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.83b; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 510; Berneke/Schüttpelz, Rn. 742. Zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast am Beispiel notwendiger Bemühungen um anderweitige Einkommensquellen vgl. BGH, NJW 2006, 2767, 2770 – Ersatzpflicht des Verfügungsklägers. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

211

dem Bekanntwerden des durch den Titel begründeten Unterlassungs- bzw. Handlungsbedarfs und der förmlichen Vollziehung im Parteibetrieb resultiert.

Drittens muss der Vollstreckungsdruck zum Zeitpunkt der Schadensbegründung 747 (fort‐)bestehen. Dies ist beispielsweise bei Wegfall des Titels¹²⁰¹ (etwa als Folge einer Antragsrücknahme, die aber hinsichtlich des Anspruchs nach § 945 ZPO nicht¹²⁰² so weit wirkt, dass bereits die Anordnung der einstweiligen Verfügung als nicht gegeben anzusehen wäre), bei Ausbleiben¹²⁰³ der Vollziehung einer Urteilsverfügung¹²⁰⁴ sowie dann zu verneinen, wenn der Schuldner erreichen konnte, dass die (weitere) Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht (vgl. etwa §§ 936, 925 Abs. 2 ZPO) oder gem. §§ 936, 924 Abs. 3 Satz 2, § 707 ZPO bzw. §§ 719, 707 ZPO einstweilen eingestellt wird (vgl. Rn. 720 ff.).¹²⁰⁵ Ebenso können Zugeständnisse des Gläubigers gegenüber dem Schuldner dahingehend, dass für einen bestimmten Zeitraum keine Rechte aus der einstweiligen Verfügung hergeleitet werden, zu berücksichtigen sein;¹²⁰⁶ eine Alternative hierzu wäre ein Vorgehen nach § 317 Abs. 1 Satz 3 ZPO, das der Schuldner im Fall eines Urteils anregen könnte.

 BGH, GRUR 2015, 196, 197 f. – Nero. Mit Fortbestand des Titels bleibt der relevante Vollstreckungsdruck nach BGH, NJW 2006, 2767, 2768 ff. – Ersatzpflicht des Verfügungsklägers, wohl immer – auch trotz einer anschließend abgegebenen Unterlassungserklärung – aufrechterhalten (a. A. Rn. 743). Der Gläubiger sollte deshalb nach Zugang und Annahme einer hinreichenden Unterlassungserklärung vorsorglich daran denken, auf die Ansprüche aus der einstweiligen Verfügung zu verzichten und den Titel herauszugeben, vgl. auch Rn. 267, 829 (zur Frage nach einem auf die Aufhebung gerichteten Handlungsbedarf des Schuldners selbst vgl. Rn. 741 m. Fn. 1187).  Berneke/Schüttpelz, Rn. 724 m. Fn. 7.  Dem Ausbleiben kann mit guten Gründen eine (für den Schuldner auch unerkannt gebliebene) Unwirksamkeit der vermeintlichen Vollziehung einer Urteilsverfügung gleichgesetzt werden. Dies gilt zum einen wegen der formellen Strenge des Vollziehungserfordernisses, das dem Schuldner allein hierdurch schon einen weitreichenden Schutz bietet (vgl. Rn. 670 f., 710) und in dieser Hinsicht nicht dessen Erweiterung um die Folgen des § 945 ZPO erfordert (zumal der Schadensersatzanspruch nach dieser Norm wegen des Ausnahmecharakters eng auszulegen ist, vgl. Rn. 725). Zum anderen ist ein Wertungswiderspruch zu vermeiden, denn der Schuldner kann nicht nur die Unwirksamkeit, sondern auch ein gänzliches Ausbleiben der erforderlichen Vollziehungsmaßnahme verkennen (z. B. weil er – was keine Seltenheit ist – fälschlicherweise davon ausgeht, dass eine amtliche Zustellung ausreicht, vgl. Rn. 666, oder dass eine einmal vollzogene einstweilige Verfügung nach deren Abänderung nicht noch einmal vollzogen werden muss, vgl. Rn. 673 f.), ohne dass man für diesen Fall noch das (Fort‐) Bestehen eines hinreichenden Vollstreckungsdrucks i. S. d. § 945 ZPO bejahen würde. Str., vgl. Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 504 m. w. N.  BGH, GRUR 2009, 890, 891 – Ordnungsmittelandrohung. Der Vollstreckungsdruck endet jedoch erst mit dem fruchtlosen Ablauf der Vollziehungsfrist nach §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO, vgl. Berneke/ Schüttpelz, Rn. 737; Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 36 Rn. 31.  Berneke/Schüttpelz, Rn. 736.  BGH, GRUR 2009, 890, 891 – Ordnungsmittelandrohung; GRUR 2015, 196, 199 – Nero. Ebenso Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 36 Rn. 32. Pustovalov

212

748

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Praxishinweis: Bei Erklärungen der letztgenannten Art sollte der Gläubiger – ähnlich wie bei der Gewährung einer Aufbrauchsfrist (vgl. Rn. 628) – bedenken, dass er ggf. zugleich infrage stellt, dass die Beendigung des gerügten Verhaltens des Schuldners tatsächlich in besonderem Maße eilbedürftig ist, womit der Verfügungsgrund angreifbar gemacht wird (vgl. Rn. 619 ff., 630, 658 f.).¹²⁰⁷ Etwas anderes könnte für den Gläubiger einer Urteilsverfügung (die direkt mit der Verkündung und daher noch vor der Vollziehung im Parteibetrieb zu befolgen ist, vgl. Rn. 666, 715) gelten, wenn er eine entsprechende Erklärung für die Dauer der Vollziehung gem. §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO abgibt.¹²⁰⁸ Denn er könnte sich darauf berufen, die von Gesetzes wegen zur Verfügung stehende zeitliche Grenze der §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO – wie im Fall einer Beschlussverfügung – für die Entscheidung verwenden können zu müssen, ob er aus dem erwirkten Titel vorgeht.¹²⁰⁹ Dem insoweit geforderten Gleichlauf mit einer Beschlussverfügung stehen allerdings mehrere Argumente entgegen. Die Beschlussverfügung einerseits und die Urteilsverfügung andererseits stellen eigenständige Entscheidungsarten dar; dass daraus Unterschiede hervorgehen, liegt in der Natur der Sache. Ferner dient das Vollziehungserfordernis dem Schutz der Schuldners (vgl. Rn. 661); das Interesse des Gläubigers, über die Einschlägigkeit seiner Haftung aus § 945 ZPO situationsgerecht bestimmen zu können, unterfällt nicht dem Sinn und Zweck der §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO. Schließlich fällt unter dem Gesichtspunkt der Dringlichkeit bedeutend ins Gewicht, dass der Gläubiger bei Verkündung einer Urteilsverfügung – anders als bei Erlass einer Beschlussverfügung – auf einen deutlich fortgeschritteneren Sach- und Streitstand und vor allem auf einen seit dem Wettbewerbsverstoß deutlich fortgeschritteneren Zeitablauf zurückblickt; es kann daher nicht ohne einen besonderen Grund angenommen werden, dass er sodann eine weitere Überlegungszeit benötige und sich sein Zuwarten bei der Umsetzung des Titels deshalb nicht dringlichkeitsschädlich auswirke (vgl. Rn. 629).

f) Durchsetzung vor Gericht 749 Der Schuldner kann den Anspruch nach § 945 ZPO durch Aufrechnung geltend

machen oder auf dem ordentlichen Rechtsweg durch Klage bzw. Widerklage in der Hauptsache durchsetzen.¹²¹⁰ Denkbar ist dessen vorläufige Sicherung mit einer

 So auch Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 127.  Dies dürfte auch die Ansicht des BGH sein, der eine solche Handlungsweise selbst in den Raum stellt, vgl. BGH, GRUR 2009, 890, 891 – Ordnungsmittelandrohung.  Mit diesem Ansatz kann aber ein Absehen von der Zwangsvollstreckung nicht bis zur Bewirkung, sondern aufgrund der Selbstwiderlegung der Dringlichkeit allenfalls bis zur Einleitung der Vollziehung (nebst einer umgehenden diesbezüglichen Unterrichtung des Schuldners) hingenommen werden. Denn der Gläubiger hat seine fragliche Entscheidung spätestens mit Erteilung des Vollziehungsauftrags bereits getroffen, sodass kein Grund ersichtlich ist (und insbesondere in einer weiteren Hinauszögerung der Einstandspflicht nach § 945 ZPO liegen kann), weshalb der Gläubiger die Befolgungspflicht aus der einstweiligen Verfügung ohne Dringlichkeitsverlust noch länger aushebeln können soll, zumal ebenfalls die Einleitung der Vollziehung grundsätzlich fristwahrend i. S. d. §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO wirkt (vgl. Rn. 706 ff.) und die Vollziehung als solche nicht unerheblich lange dauern kann (etwa bei Auslandsbezug, vgl. Rn. 708).  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 513, 515 ff.; Berneke/Schüttpelz, Rn. 724; Spätgens/Held, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 113 Rn. 16. Zur Zuständigkeit vgl. auch Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 13 Rn. 12; Drescher, in: MüKo/ZPO, § 945 Rn. 30. Zur Verjährung vgl. Rn. 873. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

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einstweiligen Maßnahme, in erster Linie mithilfe eines Arrestes.¹²¹¹ Nach einer Anspruchsberühmung durch den Schuldner kann sich der Gläubiger mit einer negativen Feststellungsklage zur Wehr setzen.¹²¹² Der nach § 945 Alt. 1 ZPO in Anspruch genommene Gläubiger trägt die Darlegungs- 750 und Beweislast dafür, dass die von ihm erwirkte einstweilige Verfügung auf der tatsächlichen und rechtlichen Ebene von Anfang an gerechtfertigt war.¹²¹³ Die Überprüfung gem. § 945 ZPO erfolgt dabei nicht lediglich anhand des Vorbringens, das dem Anordnungsverfahren zugrunde lag; vielmehr sind ein neuer Sachvortrag und neue Beweismittel zulässig und durch das Gericht zu beachten (vgl. „erweist sich“).¹²¹⁴ Die einschlägigen Vermutungsregelungen, wie insbesondere diejenigen hinsichtlich der Wiederholungsgefahr und der Dringlichkeit (vgl. Rn. 617 f.), kommen dem Gläubiger weiterhin zugute.¹²¹⁵ Geht der Schuldner gem. § 945 Alt. 2, 3 ZPO vor, hat er die Aufhebung der einstweiligen 751 Verfügung aus dem Grunde eines Fristversäumnisses nach §§ 936, 926 Abs. 2 ZPO bzw. § 942 Abs. 3 ZPO darzulegen und zu beweisen. Die Aufhebungsentscheidung ist bindend:¹²¹⁶ Deren Richtigkeit,¹²¹⁷ das Vorliegen anderweitiger Aufhebungsgründe¹²¹⁸ oder auch die Gerechtfertigtheit der aufgehobenen einstweiligen Verfügung¹²¹⁹ sind nicht zu hinterfragen. Die Darlegungs- und Beweislast für den Vollstreckungsdruck, den Schaden und die 752 Kausalität i. S. d. § 945 ZPO liegt in allen Tatbestandsvarianten beim Schuldner.¹²²⁰ Für Maßnahmen, die ergriffen bzw. aufrechterhalten werden, während der Vollstreckungsdruck im dargestellten Sinne besteht, und die Anordnung des Gerichts erfüllen, wird in aller Regel auf das Vorliegen eines kausalen Zusammenhangs geschlossen

 Drescher, in: MüKo/ZPO, § 945 Rn. 29.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.84.  Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 945 Rn. 27; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.80.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 480.  Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 198; Berneke/Schüttpelz, Rn. 729.  H. M., vgl. Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 36 Rn. 22 m. w. N. Anders als bei einer rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung (vgl. Rn. 731), handelt es sich hierbei um eine ausschließlich tatbestandliche Bindung, die sich nicht auf die Beurteilung der materiellen Rechtslage auswirkt, vgl. Mayer, in: Vorwerk/Wolf, BeckOK/ZPO, § 945 Rn. 24. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Verhaltens des Schuldners auf der Ebene der Feststellung eines ersatzfähigen Schadens wird dadurch nicht eingeschränkt, vgl. Rn. 739 f.  Berneke/Schüttpelz, Rn. 733 m. w. N.  Drescher, in: MüKo/ZPO, § 945 Rn. 18.  Drescher, in: MüKo/ZPO, § 945 Rn. 18; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 495.  BGH, GRUR 2015, 196, 198 f. – Nero; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 945 Rn. 26. Pustovalov

214

C. Auseinandersetzung vor Gericht

werden müssen.¹²²¹ Dieser Schluss und insgesamt die Ersatzfähigkeit eines Schadens finden jedoch ihre Grenze in der Reichweite des Tenors, die durch Auslegung zutreffend zu ermitteln ist (vgl. Rn. 716 ff., 999).¹²²² Etwaige Unklarheiten gehen zulasten des Gläubigers (vgl. auch Rn. 495 m. Fn. 701, Rn. 1002):¹²²³ Er gibt die Formulierung des Tenors durch seinen Antrag vor (anders möglicherweise jedoch in den Fällen des § 938 Abs. 1 ZPO, vgl. Rn. 430).¹²²⁴ 753

Praxishinweis: In Bezug auf die Schadensermittlung steht dem Schuldner § 287 ZPO zur Seite,¹²²⁵ der die Anforderungen an seine Darlegungslast sowie das Maß der Überzeugungsbildung des Tatrichters reduziert und erforderlichenfalls die Schätzung der Schadenshöhe bzw. eines Mindestschadens ermöglicht. Ist die Entwicklung des Schadens zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme vor Gericht noch nicht abgeschlossen, weil seine Art, sein Umfang oder sogar sein Eintritt noch ungewiss ist,¹²²⁶ sollte anstatt einer Leistungsklage erwogen werden, die Schadensersatzpflicht dem Grunde nach feststellen zu lassen (vgl. Rn. 906).¹²²⁷ Der Gläubiger kann sich demgegenüber auf Reserveursachen, in deren Folge der fragliche Schaden vollumfänglich oder z. T. ebenso eingetreten wäre, berufen (z. B. eine ohnehin beabsichtigte Vertriebseinstellung, ein aus anderen materiell-rechtlichen Gründen bestehendes Handlungsver- bzw. -gebot des Schuldners), ist aber hierfür – gleichfalls nach Maßgabe des § 287 ZPO – selbst darlegungs- und beweisbelastet.¹²²⁸ Außerdem sind die Grundsätze der Vorteilsausgleichung anzuwenden.¹²²⁹

9. Abschlussverfahren 754 Erwirkt der Gläubiger eine einstweilige Verfügung und stellt sie dem Schuldner zu,

wird der Rechtsstreit um die Unterlassungsansprüche häufig im Rahmen des durch die wettbewerbsrechtliche Praxis herausgearbeiteten Abschlussverfahrens beige Deutlich weitreichender BGH, GRUR 2015, 196, 198 f. – Nero.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 505 ff.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 506. Der Gläubiger steht seinerseits gegen Unklarheiten nicht gänzlich ungeschützt dar, sondern kann seinem Begehren ggf. mithilfe einer „Klarstellungsverfügung“ zu einer (weiteren) Präzisierung und Durchsetzung verhelfen (vgl. Rn. 479, 509 ff.), sollte dann aber unter dem Blickwinkel des § 945 ZPO überlegen, ob er auch an der vorigen einstweiligen Verfügung noch festhalten will, vgl. auch Rn. 747 m. Fn. 1201.  Die Wertung ist ähnlich der Risikoverteilung zum Nachteil desjenigen, der eine Unterlassungsoder Abschlusserklärung abgibt bzw. formuliert (vgl. Rn. 194, 763 m. Fn. 1246). Vgl. auch Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 123.  BGH, GRUR 2015, 196, 199 – Nero.  Davon zu unterscheiden ist die Situation, in der die Schadensentwicklung zwar abgeschlossen ist, zur Erfassung und Bezifferung des Schadens aber noch ein aufwendiges ökonomisches Gutachten eingeholt werden muss: Der dadurch bedingte Zeitverlust kann das erforderliche Feststellungsinteresse nicht ohne Weiteres begründen, vgl. BGH, WRP 2018, 941, 942 f. – Grauzementkartell II.  BGH, GRUR 2018, 832, 838 – Ballerinaschuh.  BGH, GRUR 2015, 196, 198 f. – Nero; GRUR 2016, 720, 723 f. – Hot Sox; NJW 2006, 2767, 2768 f. – Ersatzpflicht des Verfügungsklägers. Zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast beim Mitverschuldenseinwand vgl. BGH, NJW 2006, 2767, 2770 – Ersatzpflicht des Verfügungsklägers.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 511. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

215

legt. Denn mit dem Titel erhält der Gläubiger ein starkes Argument dafür, dass seine gegen den Schuldner gerichteten und nunmehr gerichtlich überprüften Ansprüche begründet sind. Stehen dem Schuldner keine gewichtigen, vom Gericht noch nicht berücksichtigten Argumente zur Seite, und hat er keinen Anlass anzunehmen, dass er die Ansprüche des Gläubigers in einem Hauptsacheverfahren abwehren kann (etwa aufgrund des erweiterten Instanzenzuges oder des nicht mehr ausreichenden Wahrscheinlichkeitsgrades der §§ 936, 920 Abs. 2, § 294 ZPO¹²³⁰ nebst der breiteren Palette an Verteidigungsmitteln, wie einem Sachverständigengutachten; vgl. auch Rn. 820, 897), wird er sich im Zweifel veranlasst sehen (soweit die Hinnahme einer einstweiligen Verfügung nicht ohnehin schon von Anfang an seiner Intention entsprach, vgl. Rn. 153, 158 ff.), nach dem Bekanntwerden der stattgebenden gerichtlichen Entscheidung nachzugeben und den Rechtsstreit im Sinne des Gläubigers abzuschließen (vgl. Rn. 839 f.).

a) Angemessene Überlegungszeit Der Gläubiger ist gehalten, dem Schuldner eine angemessene Überlegungszeit ein- 755 zuräumen (vgl. Rn. 787), die im Regelfall, ggf. unter Beachtung des § 193 BGB, mindestens zwei Wochen betragen muss.¹²³¹ Die Umstände des Einzelfalls können ausnahmsweise eine kürzere oder eine längere Frist rechtfertigen.¹²³² Die Überlegungszeit beginnt grundsätzlich mit der Partei- bzw. Amtszustellung des Titels an den Schuldner (vgl. Rn. 665 f.).¹²³³ Praxishinweis: Die formell ordnungsgemäße Zustellung stellt dabei keine zwingende Voraussetzung dar. Denn es ist keine förmliche Frist einzuhalten, sondern der Billigkeitserwägung Rechnung zu tragen, wonach dem Schuldner in vertretbarem Maße Gelegenheit gegeben werden soll, von sich aus zu reagieren und weitere kostenauslösende Maßnahmen zu vermeiden (vgl. Rn. 770 ff.). Ausgehend von diesem Sinn und Zweck kann es für den Beginn der Überlegungszeit u. U. aus-

 Vgl. beispielsweise OLG Jena, WRP 2019, 255, 255 ff.  BGH, GRUR 2015, 822, 823 f. – Kosten für Abschlussschreiben II; WRP 2017, 1337, 1343 – BretarisGenuair; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.73a; Bacher, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 43 Rn. 31. Der Kritik von Schwippert, WRP 2020, 1237, 1239 f. hinsichtlich der Anwendung einer identischen Frist bei Beschluss- und Urteilsverfügungen sind die Vorgaben des BVerfG zur prozessualen Waffengleichheit (vgl. Rn. 545 ff.) entgegenzuhalten. Diese bewirken, dass entweder dem Erlass einer Beschlussverfügung eine Abmahnung vorausgeht (und der Schuldner dadurch mit der Sach- und Rechtslage in kürzester Zeit nach der Kenntniserlangung des Gläubigers konfrontiert wird, vgl. Rn. 556, 581, und zwar nunmehr nahezu gleichlautend mit der Antragsbegründung, vgl. Rn. 561 ff., 583 ff.), oder die Einbeziehung des Schuldners aus den Erwägungen ausbleibt, welche die Gefahr einer Vereitelung des einstweiligen Rechtsschutzes begründen und insoweit vor allem durch die vom Schuldner selbst gesetzten Ursachen gerechtfertigt sind, vgl. Rn. 577 f., 580.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.73a m. w. N. Die zweiwöchige Zeitspanne für ausreichend haltend Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 179.  BGH, GRUR 2015, 822, 823 – Kosten für Abschlussschreiben II; WRP 2017, 1337, 1343 – BretarisGenuair; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 459. Pustovalov

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C. Auseinandersetzung vor Gericht

reichen, wenn der Schuldner nur Kenntnis vom Inhalt der einstweiligen Verfügung erlangt oder problemlos erlangen kann (vgl. auch Rn. 746).¹²³⁴

b) Handlungsspielraum für den Schuldner 757 Will sich der Schuldner dem zugestellten Verfügungstitel beugen, muss er durch

entsprechende Erklärungen dafür sorgen, dass das damit – auch im Fall eines Anerkenntnisurteils¹²³⁵ – nur vorläufig gesicherte Unterlassungsbegehren des Gläubigers eine endgültige Regelung findet. 758 Insofern steht dem Schuldner zum einen auch in diesem Stadium der Auseinander-

setzung die Möglichkeit offen, eine hinreichend gesicherte Unterlassungserklärung abzugeben (vgl. auch Rn. 801 f., 830),¹²³⁶ die der Reichweite des Verfügungstenors entspricht. Die Unterwerfung kann dabei ggf. auch gegenüber einem vom Titelinhaber abweichenden Dritten erfolgen, der den betreffenden Wettbewerbsverstoß des Schuldners zwischenzeitlich abgemahnt hat (vgl. Rn. 154 f., 256 ff.).¹²³⁷ 759 Zum anderen kann der Schuldner, was aus seiner Sicht nahezu immer vorzuziehen

sein wird (vgl. Rn. 158 ff.), die gleiche erledigende Wirkung dadurch erzielen, dass er gegenüber dem Titelinhaber – bzw. gegenüber einem der Titelinhaber (bei von unterschiedlichen Gläubigern erwirkten Verfügungstiteln)¹²³⁸ – eine auf die Reichweite des Verfügungstenors ebenfalls abgestimmte¹²³⁹ Abschlusserklärung abgibt. 760 Die Abschlusserklärung hat inhaltlich so weit zu reichen, dass der Schuldner damit

den Ausspruch im Verfügungstitel als nach Bestandskraft und Wirkung einem rechtskräftigen Hauptsachetitel gleichwertige Regelung anerkennt und insoweit insbesondere auf den Widerspruch nach §§ 936, 924 ZPO bzw. das Rechtsmittel der Berufung, die Rechte aus §§ 936, 926, 927 ZPO sowie auf eine entsprechende Überprüfung im Wege der negativen Feststellungsklage oder einer Inzidentfeststellungsklage verzichtet.¹²⁴⁰

 OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2003, 274, 279; B. v. 12.9. 2005 – 6 W 122/05, BeckRS 2005, 11325.  Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 55 Rn. 33.  OLG Karlsruhe, B. v. 4. 8.1997 – 6 W 64/97, BeckRS 9998, 631; OLG Stuttgart, WRP 2007, 688, 689; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 37 m. w. N.; Berneke/Schüttpelz, Rn. 620; Spätgens/Chang-Herrmann, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 111 Rn. 11 ff.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 33; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.73a.  OLG Zweibrücken, Urt. v. 20.11.1998 – 2 U 10/98, BeckRS 9998, 930; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.77; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 11a.  BGH, GRUR 2005, 692, 694 – „statt“-Preis.  Weiterführend Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 5 ff.; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 436 ff.; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.74; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 164 ff. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

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Enthält der Verfügungstitel mehrere selbstständig tenorierte Streitgegenstände, 761 darf die Abschlusserklärung auf einzelne davon beschränkt werden (vgl. auch Rn. 205 f.).¹²⁴¹ In jedem Fall muss sie bezogen auf den jeweiligen Streitgegenstand unbedingt und vorbehaltlos abgegeben werden, somit vermag sie ihre Wirkung nicht vor Eintritt etwaiger dennoch vorbehaltener aufschiebender Bedingungen bzw. Unmöglichkeit des Eintritts auflösender Bedingungen zu entfalten.¹²⁴² Praxishinweis: Zulässig ist es – wie dies auch bei einer Unterlassungserklärung der Fall ist (vgl. Rn. 204) –, die Abschlusserklärung ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gleichwohl rechtsverbindlich abzugeben.¹²⁴³ Dies ist vor allem dann zu erwägen, wenn neben der Unterlassung weitere, ggf. streitig zu klärende Ansprüche des Gläubigers, z. B. auf Auskunft, Beseitigung und Schadensersatz, im Raum stehen. Unter denselben Gesichtspunkten ist es nicht schädlich, wenn die Abschlusserklärung (etwa mit Blick auf den Kostenwiderspruch, vgl. Rn. 805 ff.) unter Verwahrung gegen die Kostenlast des zugrundeliegenden Eilverfahrens abgegeben wird.¹²⁴⁴

762

Die Abschlusserklärung ist nach allgemeinen Grundsätzen der Auslegung zugäng- 763 lich.¹²⁴⁵ Etwaige Unklarheiten über deren Reichweite gehen zulasten des Erklärenden.¹²⁴⁶ Praxishinweis: Lässt die Abschlusserklärung des Schuldners Zweifel aufkommen, oder ist sie sonst inhaltlich unzureichend, trifft den Gläubiger im Einzelfall eine „Nachfasspflicht“ (vgl. Rn. 201).¹²⁴⁷ Ist der Abschlusserklärung kein Abschlussschreiben vorausgegangen, stellt das Anfordern einer Klarstellung, das weder schwierige rechtliche Ausführungen noch größere sachliche

 BGH, GRUR 2005, 692, 694 – „statt“-Preis; Bacher, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 43 Rn. 13a; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 167.  BGH, GRUR 2009, 1096, 1097 – Mescher weis; GRUR 1991, 76, 77– Abschlußerklärung; Bacher, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 43 Rn. 13; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 445.  Bacher, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 43 Rn. 8a; Berneke/Schüttpelz, Rn. 621. Str., vgl. Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 442.  Berneke/Schüttpelz, Rn. 625; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 190; Bacher, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 43 Rn. 12; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 443. Vgl. auch KG, GRUR-RR 2012, 481, 483 f.  BGH, GRUR 2009, 1096, 1098 – Mescher weis; OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 653, 654; OLG Hamburg, WRP 2020, 773, 774; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 166; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 190; Berneke/Schüttpelz, Rn. 630.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 444.Vgl. aber Köhler, in: Köhler/ Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.74: „[…] wobei jedoch Zweifel zu Lasten dessen gehen, der sie verfasst hat“. Ebenso Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 166. So – ausdrücklich für den Fall einer vom Gläubiger vorformulierten Abschlusserklärung – wohl auch Berneke/Schüttpelz, Rn. 645 m. Fn. 58.  OLG Stuttgart, WRP 2007, 688, 689; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 463; Bacher, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 43 Rn. 8; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.70; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 190; Berneke/Schüttpelz, Rn. 645. Zur „Nachfasspflicht“ bei einem ungenauen oder zu weitgehenden Formulierungsvorschlag des Gläubigers vgl. Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 19. Zur „Nachfasspflicht“ hinsichtlich der Formbedürftigkeit der Abschlusserklärung vgl. Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 14. Pustovalov

764

218

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Auseinandersetzungen enthält, gebührenrechtlich ein einfaches Schreiben nach Nr. 2301 RVG VV dar.¹²⁴⁸ Soweit mit der Abschlusserklärung ein Anerkenntnis des materiell-rechtlichen Anspruchs einhergeht, sollte der Gläubiger zudem daran denken, dem Schuldner eine entsprechende Annahmeerklärung zukommen zu lassen (vgl. auch Rn. 774).¹²⁴⁹ 765 Die Abschlusserklärung muss dem Gläubiger zugehen, wofür den Schuldner die

Darlegungs- und Beweislast trifft (vgl. Rn. 187).¹²⁵⁰ Der Gläubiger hat einen Anspruch auf Abgabe der Abschlusserklärung in schriftlicher Form (vgl. Rn. 190).¹²⁵¹

766

Praxishinweis: Das Problem der Zugangs- und Formbedürftigkeit stellt sich nicht in den Fällen, in denen die Abschlusserklärung – etwa in einem Widerspruchs- oder Berufungstermin – wirksam zu Protokoll des Gerichts abgegeben wird.

767 Durch eine den Anforderungen genügende Abschlusserklärung des Schuldners er-

langt die einstweilige Verfügung die Wirkung eines einer rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung gleichstehenden Titels. Das Rechtsschutzbedürfnis für ein Hauptsacheverfahren (einschließlich einer negativen Feststellungsklage des Schuldners, vgl. Rn. 933 ff.) entfällt.¹²⁵² Die durch den Wettbewerbsverstoß in der Person des Schuldners begründete Begehungsgefahr wird ebenfalls endgültig ausgeräumt.¹²⁵³ Ein Vorgehen nach § 945 ZPO kommt nicht mehr in Betracht (vgl. Rn. 734, 743).¹²⁵⁴ Erfolgt die Abgabe der Abschlusserklärung, nachdem der Schuldner den Bestand bzw. die Berechtigung der einstweiligen Verfügung bereits gerichtlich angegriffen hat (vgl. auch Rn. 802 f.), ist das betreffende Verfahren mit Wirkung für die Zukunft für erledigt zu erklären (vgl. Rn. 383 ff.). 768

Praxishinweis: Im Abschlussverfahren sollten sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner im Blick behalten, dass die erledigende Wirkung einer Abschlusserklärung nur in Grenzen des gerichtlichen Ausspruchs eintritt, der im Verfügungstitel – unter Einbeziehung der Kerntheorie (vgl.

 OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 653, 654.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 447; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 191; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.76; Büscher, in: Fezer/ Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 169.  Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 191; Bacher, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 43 Rn. 9; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.76.  Berneke/Schüttpelz, Rn. 631; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 168. Weiterführend Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 14 m. w. N.  BGH, GRUR 2010, 855, 856 – Folienrollos; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.77; Spätgens/Chang-Herrmann, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 111 Rn. 10a; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 11 m. w. N.; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 163, 170.  Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8 Rn. 1.63; Spätgens/Chang-Herrmann, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 111 Rn. 10b; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 11 m. w. N.; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 192. Vgl. auch OLG Hamburg, WRP 2020, 773, 774.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 11; Spätgens/Chang-Herrmann, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 111 Rn. 10a; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 170; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/ Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.77; Berneke/Schüttpelz, Rn. 622. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

219

Rn. 451 f.) – seinen Niederschlag gefunden hat.¹²⁵⁵ Etwaige (in der Praxis häufig anzutreffende) Divergenzen zum ursprünglichen Unterlassungsbegehren des Gläubigers (vgl. etwa Rn. 448 f., 586, 889 f.) aus der Abmahnung oder aus der eingereichten Antragsschrift sind deshalb in die taktischen Überlegungen einzubeziehen bzw. bei Vergleichsverhandlungen zu berücksichtigen.

Die Abschlusserklärung (bzw. eine hinreichend gesicherte Unterlassungserklärung, 769 vgl. Rn. 758) ist innerhalb der maßgeblichen Überlegungszeit an den Gläubiger zu übermitteln (vgl. Rn. 755 f., 765 f.). Entscheidet sich der Schuldner gegen die Hinnahme der Unterlassungspflicht und stattdessen dafür, die Aufhebung des Verfügungstitels anzustreben oder es auf ein Hauptsacheverfahren ankommen zu lassen, sollte er zweckmäßigerweise auch diese Entscheidung fristgerecht dem Gläubiger zur Kenntnis bringen (vgl. Rn. 785 f.). Denn bei fruchtlosem Ablauf der Überlegungszeit hat der Schuldner damit zu rechnen, dass der Gläubiger ihn mit einem (regelmäßig kostenpflichtigen, vgl. Rn. 780 ff.) Abschlussschreiben dazu auffordert, eine entsprechende Abschlusserklärung abzugeben oder sich sonst eindeutig dahingehend zu positionieren, ob er sich dem zugestellten Verfügungstitel beugen wird oder nicht.

c) Abschlussschreiben des Gläubigers Zum schnellstmöglichen Versand des Abschlussschreibens ist der Gläubiger in 770 Anbetracht der fortbestehenden Begehungsgefahr (vgl. Rn. 767), des weiterhin drohenden Verjährungseintritts (§§ 209, 204 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 2 BGB, vgl. Rn. 886 ff.) und des Schadensersatzrisikos nach § 945 ZPO (vgl. Rn. 723 ff.) tatsächlich dringend veranlasst. Dabei erfüllt das Abschlussschreiben einen doppelten Zweck.¹²⁵⁶ Zum einen dient es 771 – ähnlich einer dem Eilverfahren vorangehenden Abmahnung (vgl. Rn. 13 ff.)¹²⁵⁷ – der Vorbereitung der Hauptsacheklage. Insofern stellt es zwar keine zwingende Voraussetzung der Klageerhebung dar,¹²⁵⁸ ist jedoch aus der Gläubigersicht erforderlich, um das (Kosten‐)Risiko eines sofortigen Anerkenntnisses nach § 93 ZPO (vgl. Rn. 807 ff.) zu vermeiden.¹²⁵⁹ Zum anderen entspricht das Abschlussschreiben auch dem mutmaßlichen Willen des Schuldners, ein langes und kostenträchtiges  BGH, GRUR 2010, 855, 856 – Folienrollos; OLG Hamburg, WRP 2020, 773, 774; Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 922 Rn. 21. Zur besonderen Situation im Zusammenhang mit der Rückrufpflicht (als Ausprägung der ergänzenden Handlungspflichten, vgl. Rn. 717 m. Fn. 1128) vgl. BGH, GRUR 2020, 548, 549 – Diätische Tinnitusbehandlung, der die Bedenken des OLG Düsseldorf, WRP 2019, 637, 640 f. nicht teilt.  Vgl. Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 16.  So ausdrücklich auch BGH, WRP 2008, 805, 806 – Abschlussschreiben eines Rechtsanwalts.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 27; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 453.  OLG Frankfurt a. M., B. v. 12.9. 2005 – 6 W 122/05, BeckRS 2005, 11325; Schwippert,WRP 2020, 1237, 1237 f.; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 184; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 453. Pustovalov

220

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Hauptsacheverfahren zu vermeiden und hierzu auf die Möglichkeit hingewiesen zu werden, den Rechtsstreit im Umfang des Verfügungsausspruchs durch Abgabe einer darauf bezogenen Abschlusserklärung umgehend zu beenden (vgl. Rn. 781 ff.).¹²⁶⁰ 772

Praxishinweis: Wegen des letztgenannten Aspekts – und wiederum mit Blick auf § 93 ZPO¹²⁶¹ – sollte das Abschlussschreiben zumindest mit einer kurzen Begründung versehen werden.¹²⁶² Dies empfiehlt sich auch, um einen Rechtsstreit über die Höhe des durch das Abschlussschreiben begründeten Kostenerstattungsanspruchs (vgl. Rn. 780) zu vermeiden.¹²⁶³

773 Ungeachtet der Begründungsobliegenheit hat das Abschlussschreiben jedenfalls

Folgendes zu beinhalten: Die Aufforderung zur Abgabe einer geeigneten Abschlusserklärung (vgl. Rn. 760), die diesbezügliche Fristsetzung (vgl. Rn. 775 f.) sowie die Androhung, nach Fristablauf Klage zur Hauptsache zu erheben.¹²⁶⁴ 774

Praxishinweis: Ein Entwurf einer Abschlusserklärung braucht nicht beigefügt zu werden,¹²⁶⁵ ist in der Regel aber ratsam, da er für den Zweck einer kurzfristigen und unkomplizierten Streitbeilegung förderlich ist (vgl. aber Rn. 763 m. Fn. 1246). Ein ungenauer oder zu weitgehender Formulierungsvorschlag ist – wie bei der Zuleitung einer vorformulierten Unterlassungserklärung (vgl. Rn. 47 f.) – als solcher unschädlich.¹²⁶⁶ Da in der Abgabe der Abschlusserklärung nach einem Formulierungsvorschlag des Gläubigers eine entsprechende Annahmeerklärung liegen kann (vgl. Rn. 176, 183),¹²⁶⁷ kann die Entwurfsübermittlung im Einzelfall von entscheidender Bedeutung sein, soweit anschließend die ggf. vorteilhafte (vgl. Rn. 764) Annahmeerklärung auf der Gläubigerseite ausbleibt.

775 Damit das Abschlussschreiben seinen erstgenannten Zweck (vgl. Rn. 771) erfüllen,

nämlich die Kostenfolge des § 93 ZPO abwenden kann, muss die dem Schuldner damit gesetzte Erklärungsfrist angemessen sein. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn sie mindestens zwei (weitere, vgl. Rn. 755) Wochen beträgt.¹²⁶⁸ Wird die einstweilige  Zur Bedeutung für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung des Abschlussschreibens vgl. Pustovalov/Johnen, WRP 2019, 848, 852.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.71.  Für Einzelfälle wird eine Begründungsobliegenheit angenommen, so etwa durch Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 20; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 458. Grundsätzlich verneinend Berneke/Schüttpelz, Rn. 645; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 186; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.71.  OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 8.5. 2018 – 6 U 147/17, BeckRS 2018, 11676.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 457 ff.; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 18 ff.; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.71; Sosnitza, in: Ohly/ Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 186; Spätgens/Chang-Herrmann, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 111 Rn. 4. Die Notwendigkeit der Androhung der Hauptsacheklage verneinend Berneke/Schüttpelz, Rn. 645; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 178.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 457.  BGH, WRP 2017, 1337, 1343 – BretarisGenuair; Bacher, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 43 Rn. 19.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.76.  BGH, GRUR 2015, 822, 823 – Kosten für Abschlussschreiben II; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/ Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.71. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

221

Verfügung durch Urteil erlassen oder nach einem Widerspruch bestätigt, so muss dem Schuldner im Zusammenhang mit einem daraufhin versendeten Abschlussschreiben insgesamt zumindest ein der Berufungsfrist entsprechender Zeitraum zur Verfügung stehen, um zu entscheiden, ob er den Verfügungstitel als endgültige Regelung akzeptieren will oder nicht.¹²⁶⁹ In begründeten Ausnahmefällen ist dem Schuldner eine angemessene Fristverlängerung zu gewähren.¹²⁷⁰ Praxishinweis: Wird im Abschlussschreiben eine zu kurze Erklärungsfrist bestimmt, setzt dies eine angemessene Erklärungsfrist in Gang (vgl. Rn. 51 f.). In der Folge bleibt der Anspruch des Gläubigers auf Erstattung der Kosten des Abschlussschreibens hierdurch unberührt (vgl. Rn. 787).¹²⁷¹ Ferner hat er die Nachteile eines sofortigen Anerkenntnisses nach § 93 ZPO nur bis zum Ablauf der angemessenen Erklärungsfrist zu befürchten.¹²⁷²

776

Eine bestimmte Form ist für das Abschlussschreiben nicht vorgeschrieben.¹²⁷³ Jedoch 777 trifft den Gläubiger hinsichtlich des Zugangs des Abschlussschreibens grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast.¹²⁷⁴ Deshalb liegt es – ähnlich wie bei einer Abmahnung (vgl. Rn. 17) – im eigenen Interesse des Gläubigers, die Schriftform einzuhalten und das Abschlussschreiben per Einwurfeinschreiben sowie zusätzlich über ggf. weitere verfügbare Kommunikationswege zu übermitteln. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der – bezüglich des Abschlussschreibens ebenfalls anzuwendenden¹²⁷⁵ – Besonderheiten der Darlegungs- und Beweislastverteiltung bei der Geltendmachung der Kostenfolge des § 93 ZPO (vgl. Rn. 57). Nach einhelliger Auffassung ist das Abschlussschreiben dem Hauptsacheverfahren 778 zuzuordnen.¹²⁷⁶ Dies setzt allerdings nicht voraus, dass bereits ein Auftrag zur Hauptsacheklage erteilt worden ist. Vielmehr genügt es, dass der Gläubiger seinem Bevollmächtigten einen über die Vertretung im Verfügungsverfahren hinausgehenden Auftrag erteilt hat.¹²⁷⁷ Praxishinweis: Da das Abschlussschreiben eine neue, selbstständige Angelegenheit einleitet, ist es direkt an die gegnerische Partei zu richten, und zwar selbst dann, wenn sie in der vorgerichtlichen Auseinandersetzung oder im Eilverfahren anwaltlich vertreten war.¹²⁷⁸ Sofern sich die Be-

 BGH, GRUR 2015, 822, 823 – Kosten für Abschlussschreiben II.  Bacher, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 43 Rn. 23a.  BGH, GRUR 2015, 822, 823 f. – Kosten für Abschlussschreiben II.  BGH, GRUR 2015, 822, 823 – Kosten für Abschlussschreiben II.  Bacher, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 43 Rn. 26 m. w. N.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.72.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.72; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 187.  Vgl. nur BGH, WRP 2008, 805, 806 – Abschlussschreiben eines Rechtsanwalts.  BGH, WRP 2008, 805, 806 – Abschlussschreiben eines Rechtsanwalts; WRP 2009, 744, 745 – Außergerichtliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts.  Voß, in: Cepl/Voß, ZPO, § 922 Rn. 23. Pustovalov

779

222

C. Auseinandersetzung vor Gericht

stellung des Gegenbevollmächtigten nicht auf das Abschlussverfahren erstreckt,¹²⁷⁹ liegt darin keine Umgehung i. S. d. § 12 BORA. 780 Das Abschlussschreiben löst nach § 17 Nr. 4 lit. b) RVG eine eigenständige Ge-

schäftsgebühr gem. Nr. 2300 RVG VV aus.¹²⁸⁰ Diese kann im Abschlussschreiben oder im Nachgang geltend gemacht werden. Nachdem der genaue Gebührensatz lange Zeit umstritten war und vor allem in der Rechtsprechung kontrovers behandelt wurde, ist nunmehr höchstrichterlich geklärt, dass richtigerweise eine 1,3-fache Geschäftsgebühr anzusetzen ist (vgl. auch Rn. 764, 772).¹²⁸¹ Bezugspunkt für die Gebührenberechnung ist der Wert der Hauptsache.¹²⁸² Als Anspruchsgrundlage für die Erstattungspflicht des Schuldners kommen der Aufwendungsersatz nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 677, 683, 670 BGB¹²⁸³ sowie der Schadensersatz nach § 9 UWG¹²⁸⁴ in Betracht. Auf § 13 Abs. 3 UWG analog kann hingegen (mangels Regelungslücke) nicht zurückgegriffen werden.¹²⁸⁵ Qualifizierte Wirtschaftsverbände haben das Abschlussverfahren selbst durchzuführen und können grundsätzlich keine Erstattung der (Mehr‐)Kosten eines hinzugezogenen Rechtsanwalts verlangen,¹²⁸⁶ ebenso qualifizierte Einrichtungen (vgl. Rn. 85). In konsequenter Anwendung der BFH-Rechtsprechung zur Umsatzsteuerbarkeit von Abmahnungen stellen die erstatteten Kosten eines Abschlussschreibens umsatzsteuerbares Entgelt dar.¹²⁸⁷ Die Verjährung des Kostenerstattungsanspruchs mit Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 11 Abs. 1 UWG ist zu beachten (vgl. Rn. 857).

781 Die Erstattungsfähigkeit¹²⁸⁸ der durch das Abschlussschreiben verursachten Rechts-

verfolgungskosten nach §§ 677, 683, 670 BGB ist nur gegeben, wenn es zum insoweit

 Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 460; Berneke/Schüttpelz, Rn. 648.  St. Rspr., vgl. BGH, GRUR 2010, 1038, 1039 f. – Kosten für Abschlussschreiben I; WRP 2008, 805, 806 – Abschlussschreiben eines Rechtsanwalts.  BGH, GRUR 2015, 822, 824 – Kosten für Abschlussschreiben II.  OLG Hamm, WRP 2008, 135, 135; Berneke/Schüttpelz, Rn. 715.  H. M., vgl. nur BGH, GRUR 2015, 822, 822 – Kosten für Abschlussschreiben II. Zum Vorrang des wirklichen Willens des Schuldners vgl. OLG München, WRP 2020, 1632, 1632 f. (sowie ausführlich die Vorinstanz LG München I, Urt. v. 10. 3. 2020 – 33 O 10414/18, GRUR-RS 2020, 11771).  BGH, WRP 2008, 805, 805 f. – Abschlussschreiben eines Rechtsanwalts; Köhler, in: Köhler/ Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.73; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 188; Spätgens/ Chang-Herrmann, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 111 Rn. 13.  BGH, GRUR 2015, 822, 822 – Kosten für Abschlussschreiben II; Bacher, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 43 Rn. 30; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 181; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/ Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.73. A. A. für gut vertretbar erachtend Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/ Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 96.  OLG Hamburg, WRP 2019, 1498, 1500; Bacher, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 43 Rn. 32 m. w. N.  Weiterführend Pustovalov/Johnen, WRP 2019, 848, 852 m. w. N.  Für die Fälle der anwaltlichen Selbstbeauftragung vgl. Rn. 76 f. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

223

relevanten Versandzeitpunkt¹²⁸⁹ geeignet ist, seinen zweitgenannten Zweck zu erfüllen (vgl. Rn. 771), nämlich dem Schuldner Gelegenheit einzuräumen und den Weg aufzuzeigen, das Hauptsacheverfahren zu vermeiden. Anknüpfend an das Handeln im Interesse des Schuldners bzw. in Übereinstimmung mit seinem wirklichen oder mutmaßlichen Willen wird die Pflicht zur Kostenerstattung verneint, wenn der Unterlassungsanspruch beim Versand des Abschlussschreibens (objektiv) nicht bestand bzw. nicht durchsetzbar war, was sich ggf. erst im Nachhinein herausstellen kann.¹²⁹⁰ Allerdings erscheint der abweichende Standpunkt ebenfalls vertretbar. Der maßgebliche Zweck der Vorwarnung und Streitbeilegung wird nämlich auch dann erfüllt, wenn die einstweilige Verfügung mangels (durchsetzbaren) Unterlassungsanspruchs zu Unrecht erlassen wurde. Denn auch in diesem Fall wird der Schuldner – aus Anlass des gleichwohl existierenden und zu beachtenden Verfügungstitels (insoweit besteht ein Unterschied zur Situation einer Abmahnung) – in die Lage versetzt, durch Abgabe einer Abschlusserklärung einem potenziell aufwändigen Hauptsacheverfahren mit ungewissem¹²⁹¹ Ausgang zu entgehen und den Rechtsstreit über den Unterlassungsanspruch einer einfachen und umgehenden Erledigung zuzuführen.¹²⁹² An der Notwendigkeit, das Abschlussschreiben zu versenden, fehlt es, wenn der 782 Schuldner unmissverständlich zu erkennen gibt, dass er die Abgabe einer Abschlusserklärung bereits prüft und diese ggf. fristgerecht übermittelt,¹²⁹³ oder dass er die Entscheidung bereits getroffen hat und die einstweilige Verfügung nicht als endgültige Regelung akzeptiert.¹²⁹⁴ Praxishinweis: Letzteres ist neben einer ausdrücklichen Erklärung auch konkludent möglich und vor allem anzunehmen, wenn der Schuldner Widerspruch einlegt oder den Verfügungstitel anderweitig in seinem Bestand angreift (vgl. Rn. 789 ff.). Der Gläubiger kann in diesen Fällen die Hauptsacheklage erheben, ohne die Kostenfolge des § 93 ZPO fürchten zu müssen (vgl. auch Rn. 128). Entscheidet er sich aber dafür, zunächst die gerichtliche Entscheidung über den

 Vgl. auch die zutreffende Kritik von Hauch, GRUR-Prax 2021, 181, 181 (Anm. zu OLG Frankfurt a. M., WRP 2021, 797, 798 f.).  BGH, GRUR 2012, 730, 733 f. – Bauheizgerät.  Abweichende Entscheidungen innerhalb des Instanzenzuges bilden in der Praxis alles andere als eine Ausnahme, sodass das Obsiegen oder Unterliegen hinsichtlich eines Anspruchs oft lediglich durch den Standpunkt des Gerichts bedingt ist, das als Letztes mit der Sache befasst ist und nach dessen Beurteilung die Parteien den Rechtsstreit nicht mehr fortführen wollen oder können. Vgl. nur OLG Frankfurt a. M., WRP 2021, 797, 798 f., das die Kostenerstattung mit dem Argument verneint, die Inanspruchnahme in der Hauptsache habe von Anfang an nicht zu einer Verurteilung führen können, während der Schuldner in der ersten Instanz durchaus antragsgemäß verurteilt wurde.  So auch BGH, WRP 2017, 1337, 1343 – BretarisGenuair, für den Fall, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch „möglicherweise nicht in vollem Umfang“ besteht (und unter Hinweis darauf, dass es Sache des Schuldners ist, die Abschlusserklärung zutreffend zu formulieren, vgl. Rn. 774).  OLG München, WRP 2020, 1632, 1632 f.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 461; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 28. Pustovalov

783

224

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Rechtsbehelf des Schuldners abzuwarten, kann das Absenden des Abschlussschreibens danach ggf. wieder angezeigt sein, da die zwischenzeitliche mündliche Verhandlung bzw. die schriftlichen Entscheidungsgründe zu einem Sinneswandel des Schuldners geführt haben könnten.¹²⁹⁵ 784 Der Notwendigkeit des Abschlussschreibens und dementsprechend auch der dies-

bezüglichen Kostenerstattungspflicht des Schuldners steht es für sich genommen nicht entgegen, wenn der Gläubiger bereits zuvor – nach Erlass des Verfügungstitels – (erfolglos) ein Abschlussschreiben versendet hatte, es sich also nun – nach Entscheidung über den Rechtsbehelf des Schuldners – um ein zweites Abschlussschreiben handelt.¹²⁹⁶ 785 Ob ein Abschlussschreiben im Einzelfall notwendig ist, ist aus Sicht des Gläubigers

zu beurteilen.¹²⁹⁷ Es kommt auf seine Kenntnis bzw. Unkenntnis von den einschlägigen Absichten oder etwaigen bereits eingeleiteten Schritten des Schuldners an.

786

Praxishinweis: Das Abschlussschreiben ist daher beispielsweise trotz eines Rechtsbehelfs des Schuldners veranlasst, wenn es bereits versendet ist, bevor der Rechtsbehelf eingelegt wird. Dasselbe gilt, wenn der Rechtsbehelf zwar zeitlich früher eingelegt wurde, dies aber dem Gläubiger – etwa aufgrund einer zögerlichen Sachbearbeitung des Gerichts – erst im Nachhinein bekannt wird.¹²⁹⁸ In der Praxis darf es deshalb schuldnerseits nicht versäumt werden, die zur Rechtsverteidigung ergriffenen Maßnahmen unmittelbar dem Gläubiger gegenüber zur Kenntnis zu bringen (vgl. Rn. 769).

787 Damit korrespondiert, dass dem Gläubiger ein Zuwarten obliegt: Soweit die durch das

Abschlussschreiben verursachten Rechtsverfolgungskosten zulasten des Schuldners gehen sollen, ist der Gläubiger gehalten, dem Schuldner ausreichend Überlegungszeit zuzubilligen, in der er von sich aus eine Abschlusserklärung abgeben kann (vgl. Rn. 755 f.).¹²⁹⁹ Im Gegensatz hierzu hat eine nicht ausreichende Erklärungsfrist – da gleichzeitig eine angemessene Erklärungsfrist in Gang gesetzt wird und die Warn-

 BGH, GRUR 2015, 822, 823 – Kosten für Abschlussschreiben II; OLG Frankfurt a. M., B. v. 12.9. 2005 – 6 W 122/05, BeckRS 2005, 11325; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 28 m. w. N.  OLG Düsseldorf, GRUR 1991, 479, 479 f.; Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 462 m. w. N.; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 43 Rn. 28; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 175; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 184.  BGH, WRP 2017, 1337, 1343 – BretarisGenuair; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 19.9. 2013 – 6 U 105/12, BeckRS 2013, 18452; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2014, 362, 367 f.; Bacher, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 43 Rn. 33.  OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 19.9. 2013 – 6 U 105/12, BeckRS 2013, 18452; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2014, 362, 367 f.  BGH, GRUR 2015, 822, 823 – Kosten für Abschlussschreiben II. Vgl. jedoch auch Bacher, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 43 Rn. 31a, der festhält, dass die Notwendigkeit eines verfrühten Abschlussschreibens nur zu verneinen ist, wenn der Schuldner innerhalb der angemessenen Erklärungsfrist die Abschlusserklärung zuleitet. Pustovalov

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

225

funktion des Abschlussschreibens somit unberührt bleibt – keine Auswirkungen auf die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Abschlussschreibens (vgl. Rn. 776).¹³⁰⁰ Praxishinweis: Erfasst das Abschlussschreiben mehrere Unterlassungsansprüche des Gläubigers, und kann nach den vorstehenden Maßstäben nur hinsichtlich eines Teils davon die Kostentragungspflicht des Schuldners festgestellt werden, sind die Gesamtkosten des Abschlussschreibens (vgl. Rn. 97 ff.) entsprechend zu quoteln.¹³⁰¹

788

10. Handlungsmöglichkeiten nach gerichtlicher Entscheidung a) Möglichkeiten des Schuldners aa) Vollwiderspruch Ist eine Beschlussverfügung gegen den Schuldner ergangen und will dieser sich da- 789 gegen zur Wehr setzen, hat er die Möglichkeit, nach den Vorgaben der §§ 936, 924 Abs. 1 ZPO (Voll‐)Widerspruch einzulegen. Damit greift er die Beschlussverfügung hinsichtlich aller oder einzelner davon erfasster Streitgegenstände in der Sache an und zielt darauf ab, dass das Gericht in diesem Umfang die einstweilige Verfügung aufhebt und den zugrundeliegenden Antrag auf ihren Erlass zurückweist. Der Widerspruch soll dem Schuldner bei einem zunächst einseitigen Verfügungsver- 790 fahren noch in der ersten Instanz rechtliches Gehör verschaffen (vgl. auch Rn. 331). Er führt dazu, dass das Gericht eine mündliche Verhandlung anberaumt, in deren Rahmen über die Rechtmäßigkeit der erlassenen Beschlussverfügung entschieden wird, §§ 936, 925 Abs. 1 ZPO. Praxishinweis: Mit dem Widerspruch wird ein selbstständiger Verfahrensabschnitt eingeleitet, auf den – nicht in jedem Fall neue, jedoch – von den übrigen Verfahrensabschnitten trennbare Kosten entfallen,¹³⁰² sodass ggf. eine nur auf das Widerspruchsverfahren beschränkte Erledigungserklärung möglich ist (vgl. Rn. 383 ff.).¹³⁰³

791

Für den Widerspruch ist das Gericht örtlich und sachlich ausschließlich zuständig, 792 das die Beschlussverfügung erstinstanzlich erlassen hat.¹³⁰⁴ Ist die Beschlussverfügung erst vom Gericht zweiter Instanz erlassen worden, liegt die Zuständigkeit für den Widerspruch beim erstinstanzlichen Gericht, wobei dieses bei seiner Entscheidung nicht an die Rechtsauffassung des Rechtsmittelgerichts gebunden ist.¹³⁰⁵

     

BGH, GRUR 2015, 822, 823 f. – Kosten für Abschlussschreiben II. OLG Köln, GRUR-RR 2013, 439, 442; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2014, 362, 368. Vgl. etwa OLG Frankfurt a. M., WRP 2021, 359, 359. Vgl. OLG Hamburg, B. v. 12.11. 2018 – 7 W 27/18, BeckRS 2018, 29056. Vgl. nur Spätgens/Held, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 105 Rn. 3. KG, WRP 2008, 253, 254. Pustovalov/Lampmann

226

793

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Praxishinweis: Zu berücksichtigen ist in jedem Fall, dass der Widerspruch grundsätzlich nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden kann (Anwaltszwang nach § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO), da das Landgericht in wettbewerbsrechtlichen Sachen als Eingangsinstanz ausschließlich zuständig ist (vgl. Rn. 326). Eine ggf. fehlende Begründung macht den Widerspruch zwar nicht unzulässig, da es sich bei den betreffenden Vorgaben nach §§ 936, 924 Abs. 2 Satz 1 ZPO um eine bloße Sollvorschrift handelt. Ohne Begründung wird das für den Widerspruch zuständige Gericht jedoch zum einen keinen Grund sehen, die erlassene Beschlussverfügung aufzuheben. Zum anderen beraumen zahlreiche Gerichte erst dann einen Termin zur mündlichen Verhandlung über den Widerspruch an, wenn ihnen eine Widerspruchsbegründung vorliegt.

794 Ein Widerspruch ist unbefristet möglich, solange die einstweilige Verfügung besteht,

und kann daher auch Monate nach der Vollziehung eingelegt werden.¹³⁰⁶ Eine zeitliche Begrenzung ist allein in besonderen Konstellationen der Verwirkung gegeben.¹³⁰⁷

795

Praxishinweis: In zeitlicher Hinsicht hat der Schuldner jedoch zu beachten, dass er durch den Gläubiger – sofern er diesen nicht rechtzeitig bzw. nicht hinreichend über die etwaige Verteidigungsbereitschaft informiert hat – grundsätzlich bereits zwei Wochen nach Vollziehung der Beschlussverfügung kostenpflichtig zur Abgabe einer Abschlusserklärung aufgefordert werden kann (vgl. Rn. 755 f., 785 f.).

796 Das Verfahren gelangt durch den Widerspruch zunächst nicht in die nächsthöhere

Instanz (kein Devolutiveffekt). Darüber hinaus bleibt die bereits ergangene Entscheidung in Gestalt der Beschlussverfügung während des laufenden Widerspruchsverfahrens vollziehbar bzw. vollstreckbar (kein Suspensiveffekt, vgl. Rn. 720).¹³⁰⁸ Die Einlegung des Widerspruchs bewirkt jedoch, dass die Hemmung der Verjährung nach §§ 209, 204 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 2 BGB neu beginnt (vgl. Rn. 892). 797 Aufgrund des Widerspruchs wird über die Rechtmäßigkeit der erlassenen Be-

schlussverfügung durch Endurteil entschieden, §§ 936, 925 Abs. 1 ZPO. Gem. §§ 936, 925 Abs. 2 ZPO kann das Endurteil die Beschlussverfügung unter Berücksichtigung der Einschränkung gem. § 939 ZPO¹³⁰⁹ ganz oder teilweise bestätigen, abändern oder aufheben und die Bestätigung, Abänderung oder Aufhebung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen. Die Entscheidung erfolgt unter Berücksichtigung des Erkenntnisstands im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung.¹³¹⁰ 798 Ein den Widerspruch zurückweisendes Urteil hat die gleichen Rechtswirkungen wie

die ursprüngliche Verfügung und ist als sachliche Wiederholung ebenso vollstreckbar

 Vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.42; Spätgens/Held, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 105 Rn. 4; von Hellfeld, Rn. 564.  OLG Celle, GRUR 1980, 945, 945 f.; KG, GRUR 1985, 237, 237.  Vgl. von Hellfeld, Rn. 561, 569.  Drescher, in: MüKo/ZPO, § 936 Rn. 12.  Spätgens/Held, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 105 Rn. 19 m. w. N. Lampmann

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

227

wie die Verfügung selbst, eines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es deshalb nicht; entsprechendes gilt bei der Verwerfung des Widerspruchs.¹³¹¹ Erzielt der Schuldner im Widerspruchsverfahren einen Erfolg und wird die einst- 799 weilige Verfügung aufgehoben, ist – soweit die Titelaufhebung ex tunc wirkt (vgl. auch Rn. 803, 835) – ein etwaiger zwischenzeitlicher Ordnungsmittelbeschluss ebenfalls aufzuheben oder seine Vollziehung einzustellen, §§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO. Dies gilt auch im Fall der Aufhebung aufgrund einer Antragsrücknahme durch den Gläubiger (vgl. Rn. 499).¹³¹² Praxishinweis: Wird ein Ordnungsgeldbeschluss aufgehoben, hat die Staatskasse das Ordnungsgeld zurückzuzahlen, was auch durch das Prozessgericht angeordnet werden kann.¹³¹³ Eine Erstattung nach § 945 ZPO ist hingegen nicht möglich, vgl. Rn. 741 m. Fn. 1189.

800

bb) Vollwiderspruch mit Unterlassungserklärung Dem Schuldner, der bereit ist, eine vertragliche Unterlassungspflicht zu übernehmen, 801 steht die Möglichkeit zur Verfügung,Widerspruch einzulegen und gleichzeitig, z. B. in der Widerspruchsschrift selbst, eine hinreichend gesicherte Unterlassungserklärung abzugeben, regelmäßig verbunden mit einer auf den Streitgegenstand bezogenen Erledigungserklärung (vgl. auch Rn. 839 f.).¹³¹⁴ Hierdurch behält er sich im Unterschied zum Kostenwiderspruch (vgl. Rn. 808, 813 ff.) alle tatsächlichen und rechtlichen Argumente vor, um den Verfügungstitel in seinem Bestand anzugreifen und zu beseitigen. Praxishinweis: Der Schuldner muss bei seiner Entscheidung zugunsten eines Vollwiderspruchs mit gleichzeitiger Unterlassungserklärung beachten, dass sich der Streitwert des Verfahrens bis zur Erledigungserklärung des Gläubigers am Wert des Unterlassungsanspruchs orientiert (vgl. Rn. 383 ff.). Es entstehen daher – anders als bei einer Abschlusserklärung mit einem anschließenden Kostenwiderspruch – nach dem hohen Streitwert eine 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG VV beim Rechtsanwalt des Schuldners (spätestens mit Einlegung des Widerspruchs) und, falls die Erledigung erst innerhalb der mündlichen Verhandlung erklärt wird, auch eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG VV bei den Rechtsanwälten beider Parteien.

802

Soweit die abgegebene Unterlassungserklärung den gesetzlichen Anspruch des 803 Gläubigers abdeckt, beseitigt sie die Wiederholungsgefahr und damit auch den Unterlassungsanspruch. Entspricht die Unterlassungserklärung zudem dem in das Eilverfahren eingeführten Streitgegenstand (vgl. auch Rn. 768), hat der Gläubiger, um ein  Drescher, in: MüKo/ZPO, § 925 Rn. 11.  Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, § 890 Rn. 16.  Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, § 890 Rn. 16.  OLG Hamm, GRUR 1990, 309, 309; OLG Köln, GRUR 1990, 310, 310; Spätgens/Held, in: Gloy/ Loschelder/Danckwerts, UWG, § 105 Rn. 22. Lampmann

228

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Unterliegen im Widerspruchsverfahren zu vermeiden, den Rechtsstreit mit Wirkung für die Zukunft¹³¹⁵ in der Sache für erledigt zu erklären (vgl. auch Rn. 767). Auf diese Weise kommt es entweder zu einer übereinstimmenden Erledigung des Rechtsstreits und einer Entscheidung über die Kosten nach § 91a ZPO¹³¹⁶ oder, wenn der Schuldner sich der Erledigungserklärung nicht anschließt, zu einer Entscheidung über die Feststellung der Erledigung (vgl. Rn. 383 ff., 791).¹³¹⁷ 804

Praxishinweis: Der Schuldner, der beim Gläubiger gute Erfolgsaussichten erkennt und sich deshalb in der Sache unterwirft, kann im Rahmen des § 91a ZPO durch einen substantiierten Vortrag und aussagekräftige Glaubhaftmachungsmittel oft erreichen, dass der Verfahrensausgang zumindest als offen beurteilt und eine wechselseitige Kostenaufhebung angeordnet wird mit der Folge, dass der Schuldner dem Gläubiger keine Rechtsanwaltskosten erstatten und nur hälftige Gerichtskosten zahlen muss.

cc) Kostenwiderspruch 805 Durch den in der wettbewerbsrechtlichen Praxis entwickelten Kostenwiderspruch legt

der Schuldner gegen das in einer Beschlussverfügung ausgesprochene Gebot bzw. Verbot keinen (Voll‐)Widerspruch ein, sondern beschränkt diesen von Anfang an ausdrücklich (vgl. Rn. 814) und ausschließlich – ggf. hinsichtlich einzelner Streitgegenstände (vgl. auch Rn. 761) – auf die in der einstweiligen Verfügung enthaltene, ihn beschwerende Kostenentscheidung (vgl. auch Rn. 802). 806

Praxishinweis: Ergänzend kann der Schuldner – mit größeren Erfolgsaussichten als sonst, vgl. Rn. 720 f. – eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung des Kostentenors beantragen.

807 Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens werden aufgrund des Kostenwi-

derspruchs dem Gläubiger auferlegt, wenn die Voraussetzungen eines sofortigen Anerkenntnisses nach § 93 ZPO gegeben sind. 808

Praxishinweis: Der Kostenwiderspruch wird vor allem in den Fällen erwogen (vgl. etwa Rn. 28, 52, 56 f., 236), in denen der Schuldner vor der Beantragung einer einstweiligen Verfügung nicht oder nicht ordnungsgemäß abgemahnt wurde, somit keine Veranlassung für eine Inanspruchnahme vor Gericht gegeben hat und dabei nicht beabsichtigt (andernfalls vgl. Rn. 801 ff.), der Richtigkeit des

 Ob eine (ohne eine solche Klarstellung) abgegebene Erledigungserklärung auch auf die Vergangenheit bezogen ist, ist, soweit die Parteien keine dahingehenden Anträge stellen, nicht zu prüfen; ist eine Erledigungserklärung nur mit Wirkung für die Zukunft abgegeben worden, wird der Bestand des Unterlassungstitels für die Vergangenheit ebenfalls nicht ohne einen einschlägigen Antrag überprüft und bleibt insoweit erhalten, vgl. BGH, WRP 2016, 477, 478 ff. – Erledigungserklärung nach Gesetzesänderung; OLG Frankfurt a. M., WRP 2017, 1247, 1247 f.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2017, 1247, 1247 f.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 279; Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 55 Rn. 23 ff. Lampmann

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

229

Ausspruchs in der Sache entgegenzutreten (vgl. Rn. 815).¹³¹⁸ Die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast für die fehlende Veranlassung für ein gerichtliches Vorgehen trägt stets der Schuldner.¹³¹⁹

Als anlässlich für ein gerichtliches Verfahren i. S. d. § 93 ZPO ist ein Verhalten zu 809 bewerten, das vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt.¹³²⁰ Im Wettbewerbsrecht ist hiervon insbesondere dann auszugehen, wenn der Schuldner auf eine den Anforderungen entsprechende Abmahnung nicht reagiert¹³²¹ oder keine bzw. eine nur unzureichende Unterlassungserklärung abgibt.¹³²² In der letztgenannten Situation begründen etwaige zwischenzeitliche Vergleichsverhandlungen grundsätzlich keine Notwendigkeit, dem Schuldner deren Beendigung mitzuteilen und nochmals gerichtliche Schritte anzukündigen, um die Kostenfolge des § 93 ZPO zu vermeiden.¹³²³ Weist der Schuldner die Abmahnung nicht in der Sache zurück, sondern lediglich wegen – nicht erkennbar vorgeschobener – Bedenken hinsichtlich der Vollmacht des die Abmahnung Aussprechenden, und lässt er erkennen, dass er bei Behebung dieser Bedenken bereit ist, eine die Wiederholungsgefahr ausräumende Unterlassungserklärung abzugeben, gibt er regelmäßig nicht Anlass zur Erhebung der Klage i. S. d. § 93 ZPO (vgl. Rn. 194 f.).¹³²⁴ Praxishinweis: Der Gläubiger sollte zur Vermeidung der Kostenlast nach § 93 ZPO vor der Einleitung eines Gerichtsverfahrens in jedem Kommunikationsweg (z. B. WhatsApp), den die Parteien zuvor in der Sache eröffnet haben, prüfen, ob der Schuldner nicht bereits anerkannt oder sich der geforderten Verpflichtung unterworfen hat.¹³²⁵

810

Auch ohne vorherige Abmahnung besteht Veranlassung nach § 93 ZPO, wenn neben 811 anderen Ansprüchen die auf die Sicherung eines Vernichtungsanspruchs gerichtete Sequestration bzw. Herausgabe von Verletzungsgegenständen an den Gerichtsvollzieher zur Verwahrung und Verwaltung zum Gegenstand des Eilantrags gemacht wird. Es entspricht gerade dem Sinn und Zweck der Sequestrationsanordnung, den Gegner nicht vorzuwarnen; eine vorherige Abmahnung würde dem zuwiderlaufen.¹³²⁶ Um der Gefahr einer missbräuchlichen Geltendmachung des Sequestrationsan-

 Vgl. BGH, GRUR 2010, 257, 258 – Schubladenverfügung.  BGH, GRUR 2007, 629, 630 – Zugang des Abmahnschreibens.  OLG Frankfurt a. M., B. v. 24.4. 2014 – 6 W 118/13, BeckRS 2014, 10600.  LG Berlin, Urt. v. 18. 3. 2014 – 103 O 148/13, BeckRS 2014, 10469.  KG, B. v. 16.6. 2017 – 5 W 60/17, BeckRS 2017, 123068; WRP 2015, 490, 490 f. Zur in engen Grenzen anzunehmenden „Nachfasspflicht“ des Gläubigers vgl. Rn. 201, 764.  OLG Koblenz, WRP 2017, 1522, 1523.  KG, GRUR-RR 2021, 459, 460 ff. Vgl. auch OLG Rostock, B. v. 6. 5. 2021 – 2 W 6/21, GRUR-RS 2021, 12914.  LG Bonn, Urt. v. 31.1. 2020 – 17 O 323/19, BeckRS 2020, 2835.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2020, 914, 915. Lampmann

230

C. Auseinandersetzung vor Gericht

spruchs zu begegnen, kann im Einzelfall eine Prüfung notwendig sein, ob ein schützenswertes Sicherungsinteresse für die Sequestration tatsächlich besteht.¹³²⁷ 812 Das Anerkenntnis muss nach § 93 ZPO sofort erfolgen. Dies ist in der Regel anzu-

nehmen, wenn der Schuldner die erste sich bietende prozessuale Möglichkeit gegenüber Gericht und Prozessgegner wahrnimmt.¹³²⁸ Frühester Zeitpunkt ist diesbezüglich der schlüssig vorgetragene Anspruch; ein früheres Anerkenntnis, gewissermaßen auf Verdacht, ist nicht erforderlich.¹³²⁹ Bei einer Beschlussverfügung besteht eine erste Gelegenheit erst nach deren Vollziehung. 813 Der Schuldner erstrebt mit dem Kostenwiderspruch allein eine Entscheidung des

Gerichts nach § 93 ZPO und erklärt damit (konkludent) einen Verzicht auf den (Voll‐) Widerspruch gegen die Sachentscheidung.¹³³⁰ 814

Praxishinweis: Ein Anerkenntnis kann sich zwar grundsätzlich auch durch Auslegung ergeben, wobei im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht.¹³³¹ Jedoch besteht für den Schuldner in dieser Konstellation ein erhebliches Risiko eines nachteiligen Auslegungsergebnisses. Er sollte deshalb von Anfang an und unmissverständlich erklären, dass sich sein Widerspruch auf die Kosten beschränkt; andernfalls läuft er Gefahr, dass ihm Vorteile des sofortigen Anerkenntnisses des Verfügungsanspruchs nicht mehr zugutekommen.¹³³² Das vorbehaltslose Eingeständnis eines Fehlverhaltens ist dabei allerdings nicht Voraussetzung.¹³³³

815 Der Kostenwiderspruch hat in Bezug auf den Verfügungsanspruch die Wirkung eines

Anerkenntnisses nach §§ 307, 93 ZPO.¹³³⁴ Er enthält insoweit einen konkludenten Verzicht darauf, den materiellen Anspruch infrage zu stellen. Den Verfügungsgrund kann der Schuldner im Rahmen des Kostenwiderspruchs ebenfalls nicht angreifen.¹³³⁵

816

Praxishinweis: Mit dem Kostenwiderspruch geht ein Verzicht auf die Rechte aus §§ 936, 926 ZPO und auf eine negative Feststellungsklage einher, jedoch nicht ohne Weiteres auf die Rechte aus §§ 936, 927 ZPO (vgl. auch Rn. 724).¹³³⁶ Der Schuldner, der sich die Rechte aus §§ 936, 927 ZPO

 OLG Frankfurt a. M., WRP 2021, 803, 805.  Schulz, in: MüKo/ZPO, § 93 Rn. 12.  OLG Bremen, NJW 2005, 228, 229.  OLG Nürnberg, B. v. 21. 3. 2018 – 3 W 531/18, BeckRS 2018, 14941; OLG Hamburg, Urt. v. 11.10. 2007 – 3 U 111/07, BeckRS 2008, 7211.  BGH, GRUR 2018, 755, 755 f. – Elektronische Werbeanzeige.  OLG Nürnberg, B. v. 21. 3. 2018 – 3 W 531/18, BeckRS 2018, 14941; KG, B. v. 17. 5. 2011 – 5 W 75/11, BeckRS 2011, 14599; Spätgens/Held, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 105 Rn. 25.  OLG München, B. v. 17. 2. 2012 – 6 W 202/12, BeckRS 2012, 14315.  OLG Nürnberg, B. v. 21. 3. 2018 – 3 W 531/18, BeckRS 2018, 14941; OLG Hamburg, Urt. v. 11.10. 2007 – 3 U 111/07, BeckRS 2008, 7211; OLG Oldenburg, B. v. 16.10. 2013 – 6 W 71/13, BeckRS 2014, 1453.  OLG Hamburg, WRP 1996, 442, 442 f.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 55 Rn. 12. Lampmann

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

231

nicht vorbehalten möchte, sollte daher zusätzlich ausdrücklich darauf verzichten, um ein kostenpflichtiges Abschlussschreiben sicher zu vermeiden.

Aufgrund des Kostenwiderspruchs ergeht keine Sachentscheidung, sondern ledig- 817 lich eine Kostengrundentscheidung nach Maßgabe der §§ 91 ff. ZPO sowie der diesbezügliche Vollstreckbarkeitsausspruch. Das auf den Kostenwiderspruch ergehende Urteil ist nicht mit der Berufung, sondern entsprechend § 99 Abs. 2 ZPO nur mit der sofortigen Beschwerde angreifbar (vgl. Rn. 841 ff.);¹³³⁷ ein ausdrücklich als Berufung eingelegtes Rechtsmittel ist ggf. umzudeuten.¹³³⁸ Praxishinweis: Die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde hat zur Folge, dass nicht die bei einem Urteil naheliegende Monatsfrist, sondern die Beschwerdefrist von nur zwei Wochen gem. § 569 Abs. 1 ZPO einzuhalten ist.

818

dd) Klageerzwingung Der Schuldner kann nach Zustellung der einstweiligen Verfügung gem. §§ 936, 926 ZPO 819 den Gläubiger zwingen, Klage in der Hauptsache zu erheben. Praxishinweis: Die Erzwingung der Hauptsacheklage ist dann sinnvoll, wenn der Schuldner dadurch eine für ihn bessere prozessuale Situation herbeiführen kann (vgl. etwa Rn. 642 ff., 754). Während der Gläubiger im einstweiligen Verfügungsverfahren seinen Vortrag selbst glaubhaft machen kann, kommt er im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens nicht als Zeuge in Betracht. Auch in den Fällen, in denen der Schuldner dem Unterlassungsanspruch des Gläubigers erst mit zeitaufwändig zu erstellenden Gutachten entgegentreten kann,¹³³⁹ ist es angezeigt, den Streit in das Hauptsacheverfahren zu verlagern. Je nach Lage des Einzelfalls kann es aber unter Kostengesichtspunkten sinnvoll sein, zunächst den Ausgang des einstweiligen Verfügungsverfahrens abzuwarten. Ferner kann der Schuldner mit Blick auf die im Wettbewerbsrecht geltende kurze Verjährungsfrist erwägen, den Antrag auf Anordnung der Klageerhebung zurückzustellen und stattdessen abzuwarten, ob der Gläubiger das für die Vermeidung der Verjährung notwendige Hauptsacheverfahren (vgl. Rn. 886 ff.) von sich aus betreibt, und – sollte der Gläubiger dies versäumen – nach Verjährung des Unterlassungsanspruchs die einstweilige Verfügung aus diesem Grund, etwa nach §§ 936, 927 ZPO, aufheben zu lassen (vgl. Rn. 830, 835 m. Fn. 1360).

820

In einem ersten Schritt stellt der Schuldner einen Antrag auf Anordnung der Kla- 821 geerhebung. Dieser Antrag ist nicht fristgebunden. Er kann jedoch nicht mehr ge-

 OLG Stuttgart, B. v. 11.6.1999 – 2 W 24/99, BeckRS 1999, 05298; OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 1996, 1535, 1535; OLG München, GRUR 1990, 482, 482; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.43.  OLG Koblenz, WRP 2017, 1522, 1522 f.  von Hellfeld, Rn. 605. Lampmann

232

C. Auseinandersetzung vor Gericht

stellt werden, wenn der Schuldner bereits Kostenwiderspruch eingelegt hat,¹³⁴⁰ da dieser innerhalb seiner Reichweite als Anerkenntnis wirkt (vgl. Rn. 815 f.). 822 Mit der Anordnung der Klageerhebung nach §§ 936, 926 Abs. 1 ZPO setzt das Gericht

dem Gläubiger eine entsprechende Handlungsfrist (vgl. Rn. 736). Gegen die Fristbestimmung nach §§ 936, 926 Abs. 1 ZPO steht dem Gläubiger neben der Erinnerung kein anderer Rechtsbehelf zu.¹³⁴¹ 823

Praxishinweis: Nicht außer Acht zu lassen ist, dass eine ordnungsgemäße Klageerhebung die Zustellung der Klage an die Gegenseite und insoweit die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses nach § 12 Abs. 1 GKG voraussetzt. Letztere ist der Sphäre des Gläubigers zuzuordnen, sodass dieser eine zügige Einzahlung sicherzustellen hat, um die nach §§ 936, 926 Abs. 1 ZPO gesetzte Frist, ggf. nach Maßgabe des § 167 ZPO (Rückwirkung der Zustellung „demnächst“), zu wahren.¹³⁴²

824 Im Fall der nicht fristgemäßen Erhebung, der Rücknahme bzw. Erledigungserklärung

der Klage oder ihrer Abweisung wegen fehlender Prozessvoraussetzungen kann der Schuldner in einem weiteren Schritt einen Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung gem. §§ 936, 926 Abs. 2 ZPO stellen (vgl. auch Rn. 735 ff., 830, 835).¹³⁴³ 825 Eine versäumte Klageerhebung kann nach § 231 Abs. 2 ZPO dadurch nachgeholt

werden, dass die Klage bis zum Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung über den Aufhebungsantrag des Schuldners diesem zugestellt wird.¹³⁴⁴ Auf eine nach diesem Zeitpunkt erfolgte Zustellung kann sich der Gläubiger gem. § 167 ZPO nur dann berufen, wenn er die Klage noch vor Fristablauf anhängig gemacht hat.

ee) Aufhebung aufgrund veränderter Umstände 826 Der Schuldner kann die einstweilige Verfügung gem. §§ 936, 927 ZPO aufheben lassen, wenn sich entscheidende Umstände verändert haben. 827

Praxishinweis: Diese Möglichkeit soll laut BGH auch im Wege der Widerklage gegenüber einer nach vorausgegangenem Verfügungsverfahren erhobenen Hauptsacheklage bestehen,¹³⁴⁵ was allerdings bedenklich erscheint.¹³⁴⁶

 von Hellfeld, Rn. 597.  OLG Köln, B. v. 23.12. 2016 – 6 W 115/16, n. v.  OLG Frankfurt a. M., B. v. 17.9. 2021 – 6 W 79/21, BeckRS 2021, 29669.  Drescher, in: MüKo/ZPO, § 926 Rn. 21.  Weiterführend Spätgens/Chang-Herrmann, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 107 Rn. 12 f.  BGH, GRUR 2017, 938, 941 f. – Teststreifen zur Blutzuckerkontrolle II. Zur Möglichkeit einer Widerklage im Zusammenhang mit einem einstweiligen Verfügungsverfahren vgl. auch Zöllner, in: Cepl/ Voß, ZPO, § 33 Rn. 24 ff.  Insoweit mit berechtigten Zweifeln Rehart, WRP 2017, 1307, 1307 ff. Lampmann

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

233

Ein relevanter veränderter Umstand i. S. d. §§ 936, 927 Abs. 1 ZPO liegt vor allem vor, 828 wenn sich im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der mit der einstweiligen Verfügung gesicherte Unterlassungsanspruch tatsächlich nicht besteht. Da allein eine dahingehende Feststellung der einstweiligen Verfügung nicht ihre Wirkung nimmt, muss zusätzlich ein Antrag auf Aufhebung gestellt werden.¹³⁴⁷ Auch eine stattgebende Hauptsacheentscheidung zugunsten des Gläubigers kommt als Aufhebungsgrund in Betacht, wenn sie mit dem Verbotsumfang der einstweiligen Verfügung übereinstimmt.¹³⁴⁸ Praxishinweis: Die Veranlassung und das entsprechende Rechtsschutzbedürfnis für ein Aufhebungsverfahren können im Hinblick auf die Rückforderung eines an die Staatskasse gezahlten Ordnungsgeldes selbst dann bestehen, wenn der Gläubiger auf seine Rechte aus der zugrundeliegenden einstweiligen Verfügung ausdrücklich verzichtet und den Titel an den Schuldner herausgegeben hat und der Schuldner ausnahmsweise (vgl. Rn. 835) eine Abänderung der Kostengrundentscheidung des Anordnungsverfahrens zum Nachteil des Gläubigers erwirkt hat (und bereits damit die von Anfang an bestehende Unzulässigkeit bzw. Unbegründetheit der einstweiligen Verfügung belegt hat).¹³⁴⁹

829

Weitere Veränderungsgründe können sein: Der Wegfall des Unterlassungsanspruchs 830 durch Abgabe einer geeigneten Unterlassungserklärung (vgl. Rn. 758),¹³⁵⁰ die Verjährung (vgl. Rn. 820),¹³⁵¹ das Verstreichenlassen der Vollziehungsfrist (vgl. Rn. 710),¹³⁵² die Nichterhebung der Hauptsacheklage trotz Fristsetzung im Klageerzwingungsverfahren,¹³⁵³ das Absehen von einem Ordnungsmittelverfahren bei Zuwiderhandlungen¹³⁵⁴ (vgl. auch Rn. 630) sowie weitere Veränderungen der maßgeblichen Sach- und Rechtslage. Praxishinweis: Zu Letzteren kann insbesondere eine nachträgliche Änderung der Gesetzeslage oder der Rechtsprechung gehören.¹³⁵⁵

831

Beantragt der Schuldner die Aufhebung der einstweiligen Verfügung aufgrund ver- 832 änderter Umstände, so prüft das Gericht im Verfahren nicht erneut die Rechtmä-

 BGH, GRUR 1993, 998, 1000 – Verfügungskosten.  von Hellfeld, Rn. 631 ff.  OLG Celle, WRP 1991, 586, 586 f.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.56.  OLG Koblenz, GRUR 1989, 373, 373 f.; OLG Hamm, GRUR 1982, 741, 743.  OLG Köln, GRUR-RR 2018, 268, 269 f.; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999, 795, 795; WRP 1993, 327, 328; WRP 1988, 247, 249; WRP 1987, 676, 677; KG, NJW-RR 1999, 71, 72; OLG Dresden, WRP 1997, 577, 582; OLG Hamburg,WRP 1997, 53, 53 f.; OLG Hamm, GRUR 1989, 931, 932; OLG Koblenz, GRUR 1989, 373, 373 f.; OLG Schleswig, WRP 2020, 369, 372. A. A. OLG München, B. v. 1.4. 2019 – 18 W 338/19, n. v.  Spätgens/Chang-Herrmann, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 108 Rn. 11c.  von Hellfeld, Rn. 624.  KG, GRUR 1985, 236, 236; OLG Köln, GRUR 2005, 1070, 1071.Vgl. auch Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 56 Rn. 38 ff. Lampmann

234

C. Auseinandersetzung vor Gericht

ßigkeit der ursprünglichen einstweiligen Verfügung, sondern nur noch das Vorliegen der geltend gemachten Veränderungen.¹³⁵⁶ 833 In zeitlicher Hinsicht müssen die Veränderungen grundsätzlich nach Erlass der

einstweiligen Verfügung eingetreten sein. Hat der Schuldner jedoch erst nach Erlass der einstweiligen Verfügung von (bereits vorher vorliegenden) Tatsachen Kenntnis erlangt, werden diese mit Rücksicht auf die Besonderheiten des summarischen Eilverfahrens der einstweiligen Verfügung und die damit einhergehende ungünstige prozessuale Stellung des Schuldners regelmäßig ebenfalls berücksichtigt.¹³⁵⁷ 834

Praxishinweis: Im Aufhebungsverfahren besteht für den Gläubiger die Möglichkeit des sofortigen Anerkenntnisses gem. § 93 ZPO (vgl. Rn. 807 ff.). Aus diesem Grund sollte der Schuldner – ähnlich der umgekehrten Konstellation beim Versand der Abmahnung oder des Abschlussschreibens, vgl. Rn. 13 ff., 771) – den Gläubiger vor der Einleitung des Aufhebungsverfahrens kontaktieren und ihm Gelegenheit einräumen, auf seine Ansprüche aus der einstweiligen Verfügung zu verzichten und die vollstreckbaren Titel herauszugeben sowie ggf. die Kosten des Anordnungsverfahrens zu erstatten.¹³⁵⁸ Die Kosten des Aufforderungsschreibens trägt, ebenfalls ähnlich der Ausgangslage bei der Abmahnung bzw. dem Abschlussschreiben, nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag derjenige, dem es zugutekommt, in diesem Fall also der Gläubiger.

835 Die Aufhebungsentscheidung ergeht per Urteil und enthält eine Kostenentscheidung

grundsätzlich nur in Bezug auf das Aufhebungsverfahren. Ausnahmsweise werden dem Gläubiger im Rahmen der Aufhebung dann auch die Kosten des Anordnungsverfahrens auferlegt, wenn seine Forderungen im Hauptsacheverfahren rechtskräftig als von Anfang an unbegründet abgewiesen wurden,¹³⁵⁹ wobei insoweit jeweils für sich genommen sowohl auf das Fehlen des Verfügungsanspruchs als auch auf das Fehlen des Verfügungsgrunds¹³⁶⁰ abgestellt werden kann, oder wenn er

 OLG Frankfurt a. M.,WRP 1992, 248, 248; OLG Celle,WRP 1991, 586, 587; OLG München, Urt. v. 11.7. 2019 – 29 U 2134/19 Kart, BeckRS 2019, 18307.  Spätgens/Chang-Herrmann, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 108 Rn. 10.  OLG Karlsruhe, B. v. 21. 8.1995 – 6 W 27/95, BeckRS 1995, 6715; OLG München, B. v. 1.4. 2019 – 18 W 338/19, n. v. Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung entsprechender Schreiben vgl. Pustovalov/Johnen, WRP 2019, 848, 851 ff.  OLG Celle, WRP 1991, 586, 587.  Auf den von Anfang an mangelnden Verfügungsgrund kann im Rahmen der hier in Rede stehenden Kostenentscheidung ggf. auch dann geschlossen werden, wenn der Gläubiger trotz Anzeichen dafür, dass sich der Schuldner der einstweiligen Verfügung nicht beugen wird, keine verjährungshemmenden Maßnahmen einleitet und den geltend gemachten Anspruch dadurch seiner Durchsetzbarkeit beraubt.Verneinend OLG Hamburg, Hinweisb. v. 20. 8. 2018 – 3 U 141/17, BeckRS 2018, 41654.Vgl. auch Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 55 Rn. 32 mit einem Überblick über den Meinungsstand zu einer vergleichbaren Wertung bei der Erledigung durch die Verjährungseinrede und der Billigkeitsentscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO. Lampmann

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

235

die Vollziehungsfrist nach §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO¹³⁶¹ oder die Frist zur Klageerhebung nach §§ 936, 926 Abs. 1 ZPO versäumt hat.¹³⁶² Dabei stellt es keine unzulässige Rechtsausübung nach § 242 BGB dar und hindert 836 deswegen nicht die Belastung des Gläubigers mit den Kosten (auch) des Anordnungsverfahrens, wenn dem Aufhebungsantrag des Schuldners vorausging, dass dieser unmittelbar nach der von Amts wegen erfolgten Urteilszustellung zur Vermeidung von Ordnungsmitteln – insoweit also nicht freiwillig – der Urteilsverfügung (teilweise) nachgekommen ist,¹³⁶³ woraus man ohnehin Rückschlüsse allenfalls in Bezug auf die Haltung des Schuldners zum Verfügungsanspruch und nicht zum ebenfalls im Raum stehenden Verfügungsgrund ziehen könnte. Entsprechendes gilt auch für die Fälle, in denen der Schuldner vor der Einleitung eines auf das Versäumnis der Vollziehungsfrist gestützten Aufhebungsverfahrens eine den Wortlaut des gerichtlichen Unterlassungstenors wiederholende strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt.¹³⁶⁴ Praxishinweis: Für das Aufhebungsverfahren nach §§ 936, 927 ZPO fallen zwar gesonderte Gerichtsgebühren an (Nr. 1410 GKG KV i. V. m. Vorb. 1.4 Abs. 2 Satz 1 GKG KV).¹³⁶⁵ Es stellt aber gem. § 16 Nr. 5 RVG mit dem Verfahren über den Antrag auf Anordnung einer einstweiligen Verfügung dieselbe Angelegenheit dar. Danach entstehen im Verfahren auf Abänderung oder Aufhebung einer zuvor im Eilverfahren ergangenen Entscheidung Rechtsanwaltsgebühren, die in jenem Verfahren bereits entstanden sind, nicht noch einmal. Der Rechtsanwalt, der im vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren Gebühren verdient hat, kann daher im späteren Verfahren auf Abänderung oder Aufhebung der dort ergangenen Entscheidung nach § 16 Nr. 5 RVG nur diejenigen Gebühren zusätzlich fordern, die nicht bereits im Anordnungsverfahren entstanden sind.¹³⁶⁶

837

ff) Verfassungsbeschwerde Das BVerfG erachtet in Ausnahmefällen, und zwar bei einer bewussten bzw. syste- 838 matischen Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf prozessuale Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG bzw. auf ein faires Verfahren aus Art. 20 Abs. 3 GG durch das Gericht, eine unmittelbare Verfassungsbeschwerde, ggf. verbunden mit einem Antrag

 OLG Hamburg,WRP 1996, 1047, 1047.Vgl. ferner OLG Köln, GRUR-RR 2018, 268, 270, wonach auch ein außergewöhnlich langer und weitreichender Poststreik, in dessen Folge dem Gläubiger während der Vollziehungsfrist keine Ausfertigung der einstweiligen Verfügung vorlag, keine davon abweichende Kostenentscheidung zu seinen Gunsten rechtfertigt.  Hierzu und weiterführend zu einer solchen Ausnahme bei einer nachträglichen Änderung der Rechtslage oder Rechtsprechung Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 56 Rn. 38 ff.  OLG Köln, GRUR-RR 2018, 268, 270.  OLG Köln, GRUR-RR 2018, 268, 270.  Drescher, in: MüKo/ZPO, § 927 Rn. 19.  KG, NJW-RR 2009, 1438, 1438 f.; LG Bochum, B. v. 5. 2. 2019 – I-17 O 42/18, n. v. Lampmann

236

C. Auseinandersetzung vor Gericht

auf einstweilige Anordnung gem. § 32 Abs. 1 BVerfGG, als grundsätzlich zulässig. Das betreffende Vorgehen wird unter Rn. 599 ff. erläutert.

gg) Hinnahme der Unterlassungspflicht 839 Entscheidet sich der Schuldner dafür, die einstweilige Verfügung hinzunehmen (vgl.

Rn. 158 ff., 754), sollte er sich hierfür und für eine entsprechende Mitteilung an den Gläubiger aufgrund des drohenden, kostenpflichtigen Abschlussschreibens regelmäßig nicht länger als zwei Wochen Überlegungszeit lassen (vgl. Rn. 755 f., 785 f.). 840 Ist er der Meinung, nicht oder nicht ordnungsgemäß abgemahnt worden zu sein, kann

er unabhängig davon, dass er sich dabei der Unterlassungsforderung des Gläubigers als solcher beugt, versuchen, der Kostenlast des Verfügungsverfahrens mit einem auf die Kosten beschränkten Widerspruch oder mittels eines Vollwiderspruchs mit gleichzeitiger Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung zu entgehen (vgl. Rn. 801 f.).

b) Sofortige Beschwerde als Rechtsmittel des Gläubigers 841 Wird die einstweilige Verfügung nicht erlassen, so kann der Gläubiger binnen einer Notfrist von zwei Wochen (§ 569 Abs. 1 ZPO) eine sofortige Beschwerde gem. § 567 Abs. 1 ZPO einlegen.¹³⁶⁷ 842 Die sofortige Beschwerde kann nicht auf eine Zuständigkeitsrüge gestützt werden,

§ 571 Abs. 1 Satz 2 ZPO,¹³⁶⁸ es sei denn, es handelt sich um die internationale Zuständigkeit (vgl. auch Rn. 287).¹³⁶⁹

843 Die Einlegung kann sowohl bei dem Gericht erfolgen, das die einstweilige Verfügung

zurückgewiesen hat, als auch direkt bei dem zweitinstanzlich zuständigen Oberlandesgericht. 844

Praxishinweis: Empfehlenswert ist mit Blick auf die Dringlichkeit (vgl. Rn. 619 ff.) die Einlegung beim erstinstanzlichen Gericht, weil es gem. § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO ohnehin erst über die Abhilfe der Beschwerde entscheiden muss.¹³⁷⁰ Hilft das Gericht der ersten Instanz nicht ab, gibt es die Sache an das Oberlandesgericht ab und dieses entscheidet als Beschwerdegericht.

845 Das erstinstanzliche Gericht muss die Nichtabhilfe konkret bezogen auf die Be-

schwerdebegründung begründen, ein formelhafter Verweis auf die Gründe der an-

   

Spätgens/Held, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 105 Rn. 1. KG, WRP 2018, 99, 99. BGH, B. v. 30.9. 2015 – XII ZB 635/14, BeckRS 2015, 17506. von Hellfeld, Rn. 418.

Lampmann

IV. Einstweiliges Verfügungsverfahren

237

gefochtenen Entscheidung ist nicht ausreichend.¹³⁷¹ Die fehlende Begründung stellt regelmäßig einen schweren Verfahrensfehler dar, der entweder zur Zurückverweisung an das Landgericht oder zu einer eigenen Entscheidung des Oberlandesgerichts führt, falls offensichtlich ist, dass eine Abhilfe des Erstgerichts nicht zu erwarten ist.¹³⁷² Das Beschwerdegericht kann über die sofortige Beschwerde direkt entscheiden oder 846 erst eine mündliche Verhandlung anberaumen.¹³⁷³ War der Schuldner in der ersten Instanz durch Anhörung am Verfahren beteiligt worden (vgl. Rn. 527 ff.), muss er auch im Beschwerdeverfahren beteiligt werden.¹³⁷⁴ Erst mit der Anberaumung der mündlichen Verhandlung besteht gem. §§ 936, 920 Abs. 3, § 78 Abs. 3, 1 Satz 1 ZPO Anwaltszwang (vgl. Rn. 496).¹³⁷⁵ Wird erstinstanzlich die mündliche Verhandlung durchgeführt, ist je nach Verfahrenssituation umstritten, ob das Gericht alsdann per Beschluss oder per Urteil zu entscheiden hat und wie sich der weitere Rechtsweg gestaltet.¹³⁷⁶ Weist auch das Oberlandesgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung 847 zurück, ist das Verfahren damit beendet, da dem Gläubiger gem. § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO das Rechtsmittel der Revision nicht zur Verfügung steht. Die Bekanntgabe des zurückweisenden Beschlusses an den in das Verfahren bisher nicht einbezogenen Schuldner wird auf Basis des Grundsatzes der prozessualen Waffengleichheit befürwortet, hat aber mit Blick auf §§ 936, 922 Abs. 3 ZPO richtigerweise nicht zu erfolgen (vgl. Rn. 491 f., 888).

c) Berufung als Rechtsmittel beider Parteien Gegen ein im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenes Urteil (vgl. aber Rn. 817) 848 steht sowohl dem Gläubiger als auch dem Schuldner das Rechtsmittel der Berufung zur Verfügung, soweit eine Entscheidung zu ihren Lasten ergangen ist.¹³⁷⁷ Die Berufung kann nach § 513 Abs. 2 ZPO nicht darauf gestützt werden, dass das 849 Gericht des ersten Rechtszuges seine örtliche, sachliche oder auch funktionelle Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat; etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn die Annahme der Zuständigkeit objektiv willkürlich war.¹³⁷⁸

 OLG Frankfurt a. M., B. v. 9.7. 2020 – 16 W 35/20, n. v.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 1223, 1223.  OLG Hamburg, MDR 2013, 1122, 1122.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 171.  Feddersen, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 54 Rn. 13 m. w. N.; Spätgens/Held, in: Gloy/Loschelder/ Danckwerts, § 105 Rn. 1; OLG Dresden, B. v. 10. 2.1997 – 14 W 1118/96, BeckRS 9998, 407.  Vgl. OLG Hamburg, WRP 2019, 1355, 1356 m. w. N.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 284 ff.  Offengelassen durch OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 99, 100. Lampmann

238

850

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Praxishinweis: Die Berufungsbegründung muss für jeden selbstständigen prozessualen Anspruch und für jede tragende rechtliche Erwägung des Urteils erkennen lassen, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen das angefochtene Urteil unrichtig sein soll; die Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags ist regelmäßig unzureichend.¹³⁷⁹

851 Das Berufungsverfahren im Eilrechtsschutz unterscheidet sich von dem im Klage-

verfahren insbesondere dadurch, dass neue Tatsachen auch dann vorgebracht werden können, wenn sie vor Erlass des Urteils erster Instanz entstanden sind (vgl. Rn. 656).¹³⁸⁰ Dabei werden §§ 529, 530, 531 ZPO aufgrund der Besonderheiten des einstweiligen Verfügungsverfahrens außer Acht gelassen.¹³⁸¹ Überwiegend gelten jedoch die allgemeinen Vorschriften, die auch im Klageverfahren Anwendung finden.¹³⁸² 852 Eine erfolgreiche Berufung des Gläubigers gegen die Aufhebung der zunächst erlas-

senen einstweiligen Verfügung im Widerspruchswege führt nicht dazu, dass Letztere rückwirkend bestätigt bzw. wiederhergestellt wird, sondern zum Neuerlass einer einstweiligen Verfügung gleichen Inhalts.¹³⁸³ In der Folge ist eine eigene Vollziehung erforderlich (vgl. Rn. 674). 853 Im Berufungsverfahren, das im einstweiligen Rechtsschutz durchgeführt wird, gilt wie

im Verfahren der sofortigen Beschwerde, dass das Rechtsmittel der Revision gem. § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht eingelegt werden kann.

V. Hauptsacheverfahren 854 Bei wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten liegt der Schwerpunkt gerichtlicher Maß-

nahmen im einstweiligen Verfügungsverfahren. Im Rahmen des sich sodann anschließenden Abschlussverfahrens werden Streitigkeiten oft bereits nach Durchführung des Eilverfahrens endgültig geklärt. In der Praxis werden Hauptsacheverfahren daher häufig nur in Bezug auf die Annexansprüche, namentlich Auskunft, Beseitigung, Schadensersatz und Aufwendungserstattung, geführt, die regelmäßig nicht zum Gegenstand des Eilverfahrens gemacht werden können (vgl. Rn. 500 f., 890 f.). Die prozessualen Voraussetzungen des Eilverfahrens einerseits und des Hauptsacheverfahrens andererseits sind zu einem großen Teil identisch, weisen im Einzelnen aber

 OLG Stuttgart, WRP 2019, 250, 251 f.  Spätgens/Held, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 105 Rn. 35.  Spätgens/Held, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 105 Rn. 35.  von Hellfeld, Rn. 537.  OLG Frankfurt a. M., B. v. 3.4. 2012 – 6 W 43/12, BeckRS 2012, 8333; OLG Jena, GRUR-RR 2016, 168, 169; KG, Urt. v. 22. 2. 2017 – 5 U 139/16, BeckRS 2017, 108119. Zur Auslegung eines abweichenden Antrags des Gläubigers vgl. OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2015, 247, 247. Lampmann

V. Hauptsacheverfahren

239

auch wichtige Unterschiede auf. Daher sollen neben den Besonderheiten des Eilverfahrens (vgl. Rn. 483 ff.) auch die des Hauptsacheverfahrens dargestellt werden.

1. Verjährung Die sorgfältige Beachtung des Beginns und des Laufs der Verjährungsfrist ist im 855 Wettbewerbsrecht für die Wahl und die Art und Weise des prozessualen Vorgehens von zentraler Bedeutung. Auf der Schuldnerseite ist es ebenso wichtig, die Verjährung ggf. zutreffend zu erkennen und die Einrede rechtzeitig¹³⁸⁴ zu erheben (vgl. aber Rn. 871). Das Gericht darf hierzu keine Hinweise erteilen.¹³⁸⁵

a) Sechsmonatige Verjährungsfrist Bei der Bearbeitung wettbewerbsrechtlicher Mandate ist auf die Verjährung in be- 856 sonderem Maße zu achten (vgl. etwa Rn. 830).¹³⁸⁶ Vor allem ist die von der Regelverjährung des § 195 BGB abweichende Fristdauer, die § 11 Abs. 1 UWG mit nur sechs Monaten bemisst, stets im Blick zu behalten. In den Anwendungsbereich dieser Norm fallen kraft ausdrücklicher Nennung zu- 857 nächst nur die aus §§ 8, 9,¹³⁸⁷ 13 Abs. 3 UWG herrührenden Ansprüche auf Unterlassung,¹³⁸⁸ Beseitigung, Schadensersatz (vgl. aber Rn. 861 f.) und Ersatz der Aufwendungen für die Abmahnung. Werden die Kosten im Zusammenhang mit einer (unberechtigten) Abmahnung unter Schadensersatzgesichtspunkten nach § 311 Abs. 2 Nr. 3, § 241 Abs. 2 BGB beansprucht, ist § 11 Abs. 1 UWG analog anzuwenden.¹³⁸⁹ Wegen der mit einer Abmahnung vergleichbaren Sachlage (vgl. Rn. 771, 780) und nach dem Sinn und Zweck des § 11 Abs. 1 UWG greift die analoge Anwendung gleichermaßen

 Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 80.  Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 80.  Zur Handhabung in der Praxis vgl. Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 47 ff.  Die am 28.5. 2022 in Kraft tretende Fassung des § 11 Abs. 1 UWG sieht die sechsmonatige Verjährungsfrist nur für den Schadensersatzanspruch nach Abs. 1 des sodann geänderten § 9 UWG vor, während der damit in Abs. 2 Satz 1 neu geschaffene Schadensersatzanspruch des Verbrauchers in einem Jahr verjähren soll.  Dies gilt unabhängig von der Art der Begehungsgefahr (Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr), vgl. Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 12 ff.; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/ Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.3.  BGH, GRUR 1992, 176, 177– Abmahnkostenverjährung; OLG Hamm, Urt. v. 18. 2. 2010 – 4 U 158/09, BeckRS 2010, 6644; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.16; Schwippert, in: Gloy/ Loschelder/Danckwerts, § 83 Rn. 46; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 16 Rn. 22. Lampmann/Pustovalov

240

C. Auseinandersetzung vor Gericht

beim Anspruch auf Ersatz der Kosten des Abschlussschreibens nach §§ 677, 683, 670 BGB.¹³⁹⁰ 858 Die Ansprüche auf Gewinnabschöpfung gem. § 10 Abs. 1 UWG und auf Ersatz der

Aufwendungen für deren Geltendmachung gem. § 10 Abs. 4 Satz 2 UWG verjähren nach dem Wortlaut und der Systematik des § 11 UWG mit Ablauf der dreijährigen Frist des § 11 Abs. 4 UWG.¹³⁹¹ Diese Beurteilung ist auf den neu geschaffenen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für die Rechtsverteidigung gem. § 13 Abs. 5 Satz 1 UWG (vgl. Rn. 109) übertragbar.¹³⁹² 859 Die Verjährung der selbstständigen Auskunftsansprüche folgt der für ihre Rechts-

grundlage maßgeblichen Regelung.¹³⁹³ Handelt es sich hingegen um unselbstständige Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche zur Vorbereitung eines Schadensersatz- oder Beseitigungsanspruchs (vgl. Rn. 908 ff.), gilt die Verjährungsfrist des § 195 BGB,¹³⁹⁴ wobei der Fristlauf in diesen Fällen nicht vor dem Entstehen des Hauptanspruchs beginnt.¹³⁹⁵

860

Praxishinweis: Verjährt der Hauptanspruch, kann an der Geltendmachung und Durchsetzung der unselbstständigen Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche u. U. weiterhin ein berechtigtes Interesse bestehen; beispielsweise dahingehend, dass der Gläubiger gem. § 215 BGB auch mit einem verjährten Schadensersatzanspruch aufrechnen kann.¹³⁹⁶

861 Hat der Gläubiger seine Schadensersatzansprüche, was sich im Regelfall anbieten

wird, zunächst nur dem Grunde nach feststellen lassen (vgl. Rn. 905 f.), ist hin-

 Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 16 Rn. 22a; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 8; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 11 Rn. 14, 25; Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 24.  Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 11, 51; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.36; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 11 Rn. 32. A. A. – die Verjährung nach § 195 BGB mit der Folge der Anwendbarkeit der Jahresultimo-Regelung des § 199 Abs. 1 BGB – Fritzsche, in: MüKo/UWG, § 11 Rn. 39 ff.; Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 21 f.  Ebenfalls die dreijährige Verjährungsfrist – jedoch nach Maßgabe der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB – nehmen an Omsels/Zott, WRP 2021, 278, 284; Sosnitza, GRUR 2021, 671, 674. Die Verjährung in sechs Monaten gem. § 11 Abs. 1 UWG im Allgemeinen hinsichtlich der Kosten der Rechtsverteidigung gegen eine unberechtigte Abmahnung vertritt Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 24.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 38 Rn. 38.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 38 Rn. 37; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 17; Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 25 ff.; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.17. A. A. Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 11 Rn. 24.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.17.  Vgl. Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 38 Rn. 37. Pustovalov

V. Hauptsacheverfahren

241

sichtlich der Bezifferung der Schadensersatzpflicht des Schuldners die dreißigjährige Verjährungsfrist nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB zu beachten.¹³⁹⁷ Praxishinweis: Hierin liegt einer der Vorteile gegenüber der Geltendmachung im Wege der herkömmlichen Stufenklage, da sich dort die im Rahmen der ersten Stufe zunächst herbeigeführte Hemmungswirkung auf den sodann bezifferten Schadensersatzbetrag reduziert.¹³⁹⁸

862

Lässt der Gläubiger die kurze Verjährungsfrist nach § 11 Abs. 1 UWG verstreichen, steht 863 ihm auch im Wettbewerbsrecht ggf. § 852 BGB zur Seite. Dieser regelt – was in den Fällen der Schadensberechnung nach dem Verletzergewinn von besonderer Relevanz sein kann (vgl. Rn. 904) – die Herausgabe des durch einen Wettbewerbsverstoß Erlangten als ungerechtfertigte Bereicherung und bestimmt, dass der diesbezügliche Anspruch erst in zehn Jahren ab seiner Entstehung verjährt.¹³⁹⁹ Dadurch liegt allerdings kein Bereicherungsanspruch vor, sondern es handelt sich weiterhin um einen Anspruch aus unerlaubter Handlung in Gestalt des konkret fraglichen Wettbewerbsverstoßes, der jedoch in Höhe der Bereicherung nicht verjährt ist. Praxishinweis: Sollte der Schuldner erst im Verfahren die Verjährungseinrede gem. § 11 Abs. 1 UWG erheben, kann der Gläubiger den Klageantrag auf die herauszugebende Bereicherung beschränken, ohne dass damit eine Klageänderung stattfinden würde.¹⁴⁰⁰

864

Kann ein Anspruch des Gläubigers gleichzeitig auch auf Vorschriften gestützt werden, 865 die mit den nach § 11 Abs. 1 UWG relevanten Anspruchsgrundlagen des UWG konkurrieren, ist die jeweilige Verjährungsfrist grundsätzlich selbstständig zu beachten, wenn die hinsichtlich der Verjährung geltenden Vorgaben des UWG ihrem Sinne nach nicht als erschöpfend anzusehen sind.¹⁴⁰¹ Maßgeblich sind insoweit insbesondere § 20 MarkenG, § 49 DesignG, § 33 Abs. 3, § 141 PatG, § 24 f GebrMG, § 102 UrhG,¹⁴⁰² die auf die Verjährungsfrist des § 195 BGB verweisen. Dieser unterliegen ferner die kartellrechtlichen Ansprüche aus dem GWB,¹⁴⁰³ die Ansprüche gem. § 12 BGB, § 37 Abs. 2 HGB (oder § 823 Abs. 1 BGB) wegen Verletzung der Rechte an einem Namen oder einer

 OLG Köln, GRUR-RR 2013, 398, 399; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.18; Grothe, in: MüKo/BGB, § 197 Rn. 19.  Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 110, 112. Vgl. auch Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 66.  BGH, GRUR 2015, 780, 782 f. – Motorradteile; GRUR 1999, 751, 754 – Güllepumpen; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 11 Rn. 13; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.33a, 1.49.  Wagner, in: MüKo/BGB, § 852 Rn. 9.  BGH, GRUR 1984, 820, 822 f. – Intermarkt II; GRUR 1962, 310, 314 – Gründerbildnis; GRUR 2011, 444, 449 – Flughafen Frankfurt-Hahn; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.4; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 6; Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 53.  Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 55 ff.; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 11 Rn. 10; Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 83 Rn. 35, 56.  BGH, GRUR 1966, 344, 345 – Glühlampenkartell; NJW 1996, 3005, 3006 – Kraft-Wärme-Kopplung. Pustovalov

242

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Firma,¹⁴⁰⁴ die Ansprüche nach §§ 824, 826 BGB¹⁴⁰⁵ und die Ansprüche aus dem UKlaG.¹⁴⁰⁶ 866

Praxishinweis: Verdrängt wird die Regelverjährung allerdings (ebenso wie § 11 Abs. 1 UWG) durch die dreimonatige Verjährungsfrist nach § 61 Abs. 2 HGB bei den Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchen, die mit den Ansprüchen wegen eines Verstoßes eines Handlungsgehilfen oder eines Arbeitnehmers gegen das Wettbewerbsverbot aus §§ 60 f. HGB konkurrieren.¹⁴⁰⁷

867 Hinsichtlich der Ansprüche nach § 823 Abs. 1, 2 BGB muss differenziert werden. Geht

mit dem Wettbewerbsverstoß ein Eingriff in den nach § 823 Abs. 1 BGB geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Mitbewerbers einher, ist, da Letzteres „reflexartig“ zumeist der Fall sein wird, in analoger Anwendung einheitlich auf die kurze Verjährungsfrist des § 11 Abs. 1 UWG abzustellen.¹⁴⁰⁸ Dasselbe gilt, wenn eine Bestimmung verletzt wird, die gleichzeitig sowohl eine Schutznorm nach § 823 Abs. 2 BGB als auch eine Marktverhaltensregelung i. S. d. § 3a UWG darstellt, und der Schwerpunkt des Unrechtsgehalts der Verletzungshandlung im wettbewerbsrechtlichen Bereich liegt,¹⁴⁰⁹ oder wenn die Schutznorm dem UWG selbst entnommen ist.¹⁴¹⁰ In allen anderen Fällen des § 823 Abs. 1, 2 BGB besteht das grundsätzliche Nebeneinander der jeweils geltenden Verjährungsfristen. 868 Differenzierend ist auch die Durchsetzbarkeit der vertraglichen Ansprüche (vgl.

Rn. 997 ff.) zu handhaben. Eine aus einem Vertrag resultierende Unterlassungsverpflichtung kann – solange sie befolgt wird (vgl. Rn. 174) – nicht verjähren.¹⁴¹¹ Die Erhebung der Verjährungseinrede kommt für den Schuldner erst in Betracht, wenn eine konkrete Zuwiderhandlung gegen die vertraglichen Abreden im Raum steht (vgl.  BGH, GRUR 1984, 820, 822 f. – Intermarkt II; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.7.  BGH, GRUR 1962, 310, 314 – Gründerbildnis; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.10 f.; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 6; Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 61 f.; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 11 Rn. 12.  KG, VuR 2013, 273, 273 f. Mit Einschränkung Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 54.  Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 10.  BGH, GRUR 1962, 310, 314 – Gründerbildnis; GRUR 1974, 99, 100 – Brünova; GRUR 1995, 678, 679 – Kurze Verjährungsfrist; OLG Köln, GRUR-RR 2001, 110, 110; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 11 Rn. 11; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 7; Schulz, in: Harte-Bavendamm/HenningBodewig, UWG, § 11 Rn. 60; Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 83 Rn. 56.  BGH, GRUR 2011, 444, 449 – Flughafen Frankfurt-Hahn; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 7; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.9.  BGH, GRUR 1974, 99, 100 – Brünova; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 11 Rn. 12; Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 83 Rn. 57; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 7. A. A. Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.9. Zweifelnd Schulz, in: Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 63.  Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 30 f.; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.15; Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 83 Rn. 37. Pustovalov

V. Hauptsacheverfahren

243

auch Rn. 870).¹⁴¹² Soweit mit dem vertraglichen Unterlassungsanspruch ein solcher nach § 8 Abs. 1 UWG konkurriert, ist die Verjährungsfrist des § 11 Abs. 1 UWG analog zu beachten; ist das nicht der Fall, greift die Regelverjährung nach § 195 BGB.¹⁴¹³ Die Verjährungsfrist der aus einem Vertragsverstoß herrührenden Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche folgt, soweit damit die entsprechenden Ansprüche nach § 8 Abs. 1 Satz 1, § 9 UWG konkurrieren, ebenfalls aus § 11 Abs. 1 UWG analog;¹⁴¹⁴ die andernfalls denkbare Anwendbarkeit des § 195 BGB ist umstritten.¹⁴¹⁵ Der Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe verjährt in Ermangelung von Parallelen zu den im UWG verankerten gesetzlichen Ansprüchen sowie aufgrund der durch die kurze Verjährungsfrist drohenden Aushöhlung vom diesem Rechtsinstitut zukommenden Sinn und Zweck (vgl. Rn. 218) stets innerhalb der Frist des § 195 BGB.¹⁴¹⁶ Praxishinweis: Die Prüfung und Entscheidung darüber, welche von mehreren konkurrierenden Verjährungsfristen im Einzelfall Anwendung findet, erfolgt autonom durch das angerufene Gericht und kann von dem Gläubiger – etwa dadurch, dass dieser seine Ansprüche mit bestimmten Rechtsnormen begründet oder, umgekehrt, auf deren Herleitung aus bestimmten Rechtsnormen ausdrücklich verzichtet – nicht vorweggenommen werden.¹⁴¹⁷

869

Ist der Unterlassungsanspruch des Gläubigers durch einen rechtskräftigen Haupt- 870 sachetitel reguliert, gilt die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB, die sich allerdings – da ein Dauerschuldverhältnis vorliegt – nicht auf den titulierten Unterlassungsanspruch als solchen, sondern – ähnlich der Sachlage bei einem Vorgehen aus dem Vertrag (vgl. Rn. 868) – auf die Verfolgung einzelner konkret festgestellter Verstöße bezieht (vgl. § 201 Satz 2, § 199 Abs. 5 BGB).¹⁴¹⁸ Praxishinweis: Für eine erfolgreiche Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO (vgl. Rn. 982 ff.) sind davon unabhängig die Verjährungsfristen nach Art. 9 Abs. 1, 2 EGStGB im Blick zu behalten.¹⁴¹⁹

 Zur Verjährungseinrede im Zusammenhang mit einer späten Annahme einer vor längerer Zeit abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung vgl. ergänzend OLG Düsseldorf, WRP 2016, 246, 250.  BGH, GRUR 1995, 678, 680 – Kurze Verjährungsfrist; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.15; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 16 Rn. 21; Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 83 Rn. 37; Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 32.  BGH, GRUR 1995, 678, 680 – Kurze Verjährungsfrist; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.15; Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 33.  Tendenziell verneinend Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.15.Verneinend wohl auch Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 11 Rn. 7. Offenlassend Schulz, in: Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 33. Weiterführend Köhler, GRUR 1996, 231, 234 ff.  BGH, GRUR 1995, 678, 680 f. – Kurze Verjährungsfrist; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 16 Rn. 21, Kap. 20 Rn. 21, jeweils m. w. N.; Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 83 Rn. 38.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 16 Rn. 20; Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 83 Rn. 19.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.18; Schwippert, in: Gloy/Loschelder/ Danckwerts, § 83 Rn. 60.  Vgl. BGH, GRUR 2021, 767, 771 f. – Vermittler von Studienplätzen; GRUR 2005, 269, 269 f. – Verfolgungsverjährung; OLG Frankfurt a. M., B. v. 19.1. 2021 – 6 W 15/19, GRUR-RS 2021, 1224. Ausführlich Pustovalov

871

244

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Danach ist die Festsetzung von Ordnungsmitteln binnen zwei Jahren nach dem Zeitpunkt der Beendigung der Verletzungshandlung möglich (sog. Verfolgungsverjährung). Für die Vollstreckung ist sodann die Frist von ebenfalls zwei Jahren beginnend mit der Vollstreckbarkeit des verhängten Ordnungsmittels einzuhalten (sog. Vollstreckungsverjährung). Der Verjährungseintritt stellt dabei ein Verfahrenshindernis dar, das in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen ist.¹⁴²⁰ 872 Für die prozessualen Kostenerstattungsansprüche gem. §§ 91 ff. ZPO ist die drei-

ßigjährige Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB einschlägig.¹⁴²¹

873 Die Verjährung der Schadensersatzansprüche aus § 945 ZPO (vgl. Rn. 749) richtet

sich nach der Regelfrist des § 195 BGB.¹⁴²²

b) Beginn der Verjährungsfrist 874 Die sechsmonatige Verjährungsfrist gem. § 11 Abs. 1 UWG beginnt zu laufen, wenn – kumulativ – der Anspruch entstanden ist, und der Gläubiger von den Umständen, die diesen Anspruch begründen, und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit¹⁴²³ erlangen müsste (§ 11 Abs. 2 UWG). 875

Praxishinweis: Es ist darauf zu achten, dass die Jahresultimo-Regelung des § 199 Abs. 1 BGB keine Anwendung findet. Maßgeblich ist vielmehr der in § 11 Abs. 2 UWG beschriebene Zeitpunkt, also der betreffende Kalendertag (vgl. § 187 Abs. 1 BGB).¹⁴²⁴

876 Die für den Fristbeginn zunächst notwendige Anspruchsentstehung liegt vor, sobald

der Anspruch vom Gläubiger (notfalls gerichtlich) geltend gemacht werden kann.¹⁴²⁵ Dies ist für jeden infrage kommenden Anspruch unter Beachtung der für ihn jeweils einschlägigen materiell-rechtlichen Voraussetzungen sorgfältig zu prüfen, wobei neben der Anspruchsart als solcher auch zu berücksichtigen ist, ob der gegenständliche

Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 83 Rn. 61 ff.; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 57 Rn. 59; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.18.  BGH, GRUR 2021, 767, 772 – Vermittler von Studienplätzen.  Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 83 Rn. 47.  Schwippert, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 36 Rn. 42; Retzer, in: Harte-Bavendamm/HenningBodewig, UWG, § 12 Rn. 514; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 210; Berneke/Schüttpelz, Rn. 743.  Vgl. LG Köln, Urt. v. 23.10. 2018 – 31 O 103/17, n. v.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 16 Rn. 7 m. Fn. 15; Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 66 m. Fn. 62.  BGH, B. v. 19.12.1990 – VIII ARZ 5/90, BeckRS 9998, 165675 m. w. N.; Büscher, in: Fezer/Büscher/ Obergfell, UWG, § 11 Rn. 23 ff. (vgl. dort auch Rn. 80). Pustovalov

V. Hauptsacheverfahren

245

Wettbewerbsverstoß durch eine Einzelhandlung¹⁴²⁶ oder eine Dauerhandlung¹⁴²⁷ bzw. eine fortgesetzte (wiederholte) Handlung verwirklicht wurde bzw. wird.¹⁴²⁸ Die ferner vorausgesetzte qualifizierte Kenntnis des Gläubigers muss sich zum einen 877 auf die Verletzungshandlung und zum anderen auf die Person des Schuldners erstrecken. Entscheidend ist in erster Linie das positive Wissen. Diesem stellt der Gesetzgeber in § 11 Abs. 2 Nr. 2 UWG – im Einklang mit der Parallelregelung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB – ausdrücklich die grob fahrlässige Unkenntnis gleich. Letztere liegt vor, wenn der Gläubiger die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und in schwerer Weise gegen seine Obliegenheiten bei der Anspruchsverfolgung verstößt.¹⁴²⁹ Dies wird regelmäßig dann der Fall sein, wenn der Gläubiger naheliegende Überlegungen nicht anstellt bzw. dasjenige nicht beachtet, was unter den obwaltenden Umständen jedem hätte einleuchten müssen, oder sich sogar einer sich aufdrängenden Kenntnis bewusst verschließt. Desgleichen gilt, wenn der Gläubiger beim Verdacht eines Verstoßes übliche, wenn auch gewissen Zeit- und Kostenaufwand erfordernde Erkenntnis- und Informationsquellen nicht ausschöpft.¹⁴³⁰ Praxishinweis: Die Beurteilung wird durch den branchen- und situationsabhängig festzulegenden Fahrlässigkeitsmaßstab relativiert.¹⁴³¹

878

Nicht gegeben ist allerdings eine allgemeine Marktbeobachtungspflicht des Gläu- 879 bigers in Bezug auf etwaige Wettbewerbsverstöße seiner Mitbewerber.¹⁴³²

 BGH, GRUR 1999, 751, 754 – Güllepumpen; OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 1502, 1507; WRP 2019, 350, 351 f.  OLG Hamburg, Urt. v. 26.11. 2020 – 15 U 83/20, GRUR-RS 2020, 37670.  Weiterführend Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 70 ff.; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.19 ff., 1.34, 1.36; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 11 Rn. 16 ff., 27; Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 83 Rn. 13 ff.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.28; Grothe, in: MüKo/BGB, § 199 Rn. 31 m. w. N.  BGH, GRUR 2012, 1279, 1284 – DAS GROSSE RÄTSELHEFT; NJW 2001, 964, 965 – Verjährungsvoraussetzungen gegenüber Gesamtschuldnern; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 38 f.; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.28; Schulz, in: Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 96 f.  Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 96.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2017, 1392, 1394; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 38; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.28; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 11 Rn. 30. Differenzierend Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 96, der darauf hinweist, dass eine allgemeine Marktbeobachtungspflicht – soweit man sie unter bestimmten Umständen bejahen würde – im Fall der Nichtbeachtung nicht zwingend auf ein grob fahrlässiges Verhalten schließen lassen, sondern lediglich die zu beachtenden Sorgfaltsanforderungen erhöhen würde. Pustovalov

246

C. Auseinandersetzung vor Gericht

880 Abzustellen ist hinsichtlich der Kenntniserlangung in jedem Fall auf den Gläubiger

des konkret infrage stehenden Anspruchs.¹⁴³³ Die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis¹⁴³⁴ relevanter „Wissensvertreter“ wird jedoch zugerechnet.¹⁴³⁵ Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht stellt dabei keine Voraussetzung dar; deren Vorliegen führt auf der anderen Seite aber auch nicht per se zur Rechtfertigung einer Wissenszurechnung.¹⁴³⁶ Verlangt wird vielmehr, dass der Aufgabenkreis der jeweiligen fraglichen Person u. a. die Aufnahme und Weiterleitung wettbewerbsrechtlich relevanter Informationen zwecks Verfolgung von Wettbewerbsverstößen der in Rede stehenden Art umfasst.¹⁴³⁷

881

Praxishinweis: Diese Voraussetzungen können ggf. in der Person des Rechtsanwalts¹⁴³⁸ oder des Testkäufers erfüllt sein, der für den Gläubiger tätig ist.

882 Vom Umfang her hat sich die für den Beginn der Verjährungsfrist erforderliche

Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers hinsichtlich der Verletzungshandlung auf die den (jeweiligen) Anspruch begründenden Umstände zu beziehen (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Ohne Belang ist daher, ob oder wann der Gläubiger selbige in rechtlicher Hinsicht zutreffend würdigt.¹⁴³⁹ Unterlässt er die Geltendmachung eines Anspruchs in der irrigen Annahme, diesen nicht innezuhaben, steht dies dem (Ab‐)Lauf der Verjährungsfrist grundsätzlich¹⁴⁴⁰ nicht entgegen; dasselbe betrifft etwaige Zweifel an einer erfolgreichen Beweisführung.¹⁴⁴¹ Denn die Verjährungsfrist

 Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 16 Rn. 7 m. Fn. 16, Rn. 8.  BGH, Urt. v. 16. 5.1989 – VI ZR 251/88, BeckRS 9998, 98127. Auf dogmatische Bedenken hinweisend Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 98.  Weiterführend Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 92 ff.; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.27; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 40 ff.; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 11 Rn. 29;Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 16 Rn. 8; Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 83 Rn. 16.  OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.4. 2010 – 20 U 25/09, BeckRS 2010, 25156.  Vgl. BGH, Urt. v. 2. 2.1996 – V ZR 239/94, BeckRS 1996, 2110; Urt. v. 16.5.1989 – VI ZR 251/88, BeckRS 9998, 98127; GRUR 1998, 133, 137 – Kunststoffaufbereitung; Urt. v. 18.1.1994 – VI ZR 190/93, BeckRS 1994, 1584; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.4. 2010 – 20 U 25/09, BeckRS 2010, 25156; OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 648, 653.  BGH, Urt. v. 31.10. 2000 – VI ZR 198/99, BeckRS 2000, 9886; Urt. v. 16. 5.1989 – VI ZR 251/88, BeckRS 9998, 98127 m. w. N.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29. 3. 2018 – 20 U 114/17, n. v.  BGH, Urt. v. 25. 2.1999 – IX ZR 30/98, BeckRS 1999, 30048805; Urt. v. 17.10.1995 – VI ZR 246/94, BeckRS 9998, 3441. Zu Ausnahmen vgl. am Beispiel der neuen BFH-Rechtsprechung zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Abmahnungen LG Braunschweig, GRUR-RR 2018, 371, 371 f.; Pustovalov/Johnen, WRP 2019, 848, 854 f.  BGH, Urt. v. 25. 2.1999 – IX ZR 30/98, BeckRS 1999, 30048805; Urt. v. 15. 5. 2003 – IX ZR 283/02, BeckRS 2003, 5080; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 11 Rn. 27 m. w. N.  BGH, NJW-RR 2008, 1495, 1497 f. – Aufklärungspflichtverletzung der finanzierenden Bank; Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 83 Rn. 12. Pustovalov

V. Hauptsacheverfahren

247

läuft schon dann an, wenn dem Gläubiger die relevanten Tatsachen¹⁴⁴² – wenn auch nicht lückenlos, jedoch – so vollständig und sicher bekannt sind, dass sie einen einigermaßen sicheren (nicht unbedingt risikolosen) Erfolg einer gerichtlichen Geltendmachung versprechen, sodass ihm Letztere zuzumuten ist.¹⁴⁴³ Entsprechendes gilt auch hinsichtlich der nach § 11 Abs. 2 Nr. 2 UWG des Weiteren 883 notwendigen Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers von der Person des Schuldners,¹⁴⁴⁴ und zwar von dessen Namen und Anschrift als Tatsachen, die zum Zwecke der Identifizierung relevant und ausreichend sind.¹⁴⁴⁵ Auch bei der Haftung für Mitarbeiter und Beauftragte nach § 8 Abs. 2 UWG oder für gesetzliche Vertreter nach § 31 BGB kommt es für den Fristbeginn nur auf die Kenntnis von der Person des Schuldners selbst, nicht aber auch der besagten Dritten an, für die er einzustehen hat.¹⁴⁴⁶ Bei mehreren Schuldnern ist die Kenntniserlangung von den in § 11 Abs. 2 Nr. 2 UWG geregelten Tatsachen für jeden von ihnen gesondert zu beurteilen, sodass die diesbezüglichen Verjährungsfristen nicht zwingend parallel laufen müssen.¹⁴⁴⁷ Aus Gründen der Rechtssicherheit sieht § 11 Abs. 3, 4 UWG vor, dass die Verjährung 884 auch bei den wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen (zur Regelverjährung vgl. § 199 Abs. 2 bis 4 BGB) ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers eintreten kann.¹⁴⁴⁸ So verjähren die Schadensersatzansprüche in zehn Jahren von ihrer Entstehung, spätestens jedoch in dreißig Jahren von der den Schaden auslösenden Handlung an (§ 11 Abs. 3 UWG) und die anderen Ansprüche – einschließlich derjenigen, für die im Grundsatz die kurze Verjährungsfrist des § 11 Abs. 1 UWG gilt (vgl. Rn. 856 ff.) – in drei Jahren von der Entstehung¹⁴⁴⁹ an (§ 11 Abs. 4 UWG).¹⁴⁵⁰  Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 34; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 16 Rn. 9; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 11 Rn. 27. Zu Besonderheiten bei den Schadensersatz- und Beseitigungsansprüchen vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.29 ff., 1.34.  BGH, GRUR 1988, 832, 834 – Benzinwerbung; NJW 1985, 2022, 2023 – Beginn der deliktischen Verjährungsfrist; GRUR 2009, 1186, 1188 – Mecklenburger Obstbrände; NJW-RR 2008, 1495, 1497 f. – Aufklärungspflichtverletzung der finanzierenden Bank; Urt. v. 18.1.1994 – VI ZR 190/93, BeckRS 1994, 1584.  BGH, GRUR 2012, 1279, 1284 – DAS GROSSE RÄTSELHEFT; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 35 f.  BGH, Urt. v. 6. 3. 2001 – VI ZR 30/00, BeckRS 2001, 3159.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.26a.  BGH, NJW 2001, 964, 964 – Verjährungsvoraussetzungen gegenüber Gesamtschuldnern; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 16 Rn. 11; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.26a; Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 83 Rn. 18.  Zur Regelungssystematik vgl. Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 37 ff.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2019, 350, 351 f.  Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 47 ff. Pustovalov

248

885

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Praxishinweis: Die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt der Verjährung trägt der Schuldner, wobei der Gläubiger betreffend aus seiner Sphäre resultierende Umstände an der Sachaufklärung mitzuwirken hat.¹⁴⁵¹

c) Hemmung durch Rechtsverfolgung 886 Da § 11 UWG nur die Dauer und den Beginn der Verjährungsfristen regelt, ist im Üb-

rigen auf die allgemeinen Vorschriften des BGB zurückzugreifen. Dies gilt insbesondere für die Rechtsfolgen der Verjährung nach §§ 214 ff. BGB, aber auch für die Hemmung¹⁴⁵² und den Neubeginn¹⁴⁵³ der Verjährung gem. §§ 203 ff. BGB. 887 Von besonderer praktischer Relevanz sind dabei die in §§ 209, 204 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 2

BGB enthaltenen Bestimmungen zur verjährungshemmenden Wirkung des einstweiligen Verfügungsverfahrens. Diese tritt ein, sobald der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung dem Schuldner zugestellt ist, und wirkt ggf. auf den Zeitpunkt der Einreichung beim Gericht zurück, wenn die Zustellung i. S. d. § 167 ZPO „demnächst“ (vgl. Rn. 706 ff.) erfolgt ist. Wird der Antrag nicht zugestellt, so wird die Verjährung mit dessen Einreichung gehemmt, wenn die einstweilige Verfügung innerhalb eines Monats seit deren Zustellung an den Gläubiger (bei einer Beschlussverfügung) bzw. seit der Verkündung durch das Gericht (bei einer Urteilsverfügung) dem Schuldner zugestellt wird. 888 Daraus folgt, dass erfolglose Verfügungsanträge, die ohne Anhörung des Schuld-

ners zurückgewiesen werden, die Hemmung der Verjährung nicht herbeiführen,¹⁴⁵⁴ da die Zustellung an den Schuldner in diesen Fällen richtigerweise ausbleibt (vgl. Rn. 491, 847). Bei einer Teilzurückweisung gilt dies entsprechend für den zurückgewiesenen Teil.¹⁴⁵⁵ Ist die Zustellung hingegen erfolgt, kommt es für den Eintritt der

 OLG Jena, B. v. 15. 5. 2007– 2 W 610/06, BeckRS 2007, 10381; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 81; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.54; Schulz, in: HarteBavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 128.  Weiterführend Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.40 ff.; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 52 ff. Zur Hemmung durch Vergleichsverhandlungen vgl. OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 1356, 1359 f. Zur gem. § 15 Abs. 9 Satz 1 UWG verjährungshemmenden Wirkung der Anrufung einer Einigungsstelle nach § 15 Abs. 1 UWG vgl. Bacher, in: Teplitzky, 11. Aufl., Kap. 42 Rn. 48 ff. Zur Hemmungswirkung einer Anschlussberufung vgl. OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 1502, 1507 f. Zur Verjährungshemmung des Zahlungsanspruchs durch die Zwangsvollstreckung des dazugehörigen Hilfsanspruchs bei einer Stufenklage vgl. Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 66.  Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 77 ff.; Schwippert, in: Gloy/Loschelder/ Danckwerts, § 83 Rn. 27 ff.; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 11 Rn. 41 ff.; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.37 ff.  Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 69.  Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 107. Pustovalov

V. Hauptsacheverfahren

249

Hemmung nicht darauf an, ob der betreffende Verfügungsantrag tatsächlich zulässig und begründet ist. Denn auch von Anfang an unzulässige oder unbegründete Anträge auf die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes sind geeignet, die Wirkung der §§ 209, 204 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 2 BGB auszulösen.¹⁴⁵⁶ Entscheidend ist insoweit, dass der Schuldner vom Durchsetzungswillen des Gläubigers erfährt und kein Vertrauen auf den ungehinderten Fristablauf bilden kann.¹⁴⁵⁷ Praxishinweis: Wird die einstweilige Verfügung mit einem durch das Gericht modifizierten Unterlassungsgebot erlassen (vgl. Rn. 430), das im Verhältnis zum Petitum des Gläubigers kein „Minus“, sondern einen anderen Streitgegenstand (ein Aliud, vgl. Rn. 449) bildet, ist Vorsicht geboten. Denn es ist möglich, dass die Verjährungshemmung des ursprünglichen Unterlassungsanspruchs trotz des entgegenstehenden Anscheins, der für den Gläubiger (allerdings auch für den Schuldner) aus dem Erwirken und der Zustellung der Verfügungsentscheidung resultiert, nicht herbeigeführt wird. Die Verjährung des modifizierten Unterlassungsanspruchs wird ebenfalls nicht ohne Weiteres, vor allem nicht durch die zugrundeliegende Verfahrenseinleitung, sondern erst dann gehemmt, wenn der Schuldner in Berufung geht, und der Gläubiger deren Zurückweisung beantragt (vgl. auch Rn. 443).¹⁴⁵⁸

889

Die Hemmungswirkung erstreckt sich nur auf diejenigen Ansprüche, die – unter Be- 890 rücksichtigung der Kerntheorie¹⁴⁵⁹ (vgl. Rn. 451 f.) – Gegenstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens geworden sind (vgl. aber Rn. 893).¹⁴⁶⁰ Im Einzelfall kann es ausschlaggebend darauf ankommen, welche konkreten Beanstandungen der Gläubiger im Verfahren vorgebracht hat.¹⁴⁶¹ Die Verjährung insoweit nicht erfasster Ansprüche, wie etwaiger weiterer Unterlassungsansprüche sowie regelmäßig der Beseitigungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche und des Anspruchs auf Ersatz der Aufwendungen für die Abmahnung (vgl. Rn. 500 f.), wird durch das Betreiben des gerichtlichen Eilverfahrens nicht berührt (vgl. auch Rn. 889, 901). Praxishinweis: Da die rechtliche Klärung im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens trotz dessen Eilcharakters in der Praxis (wegen einer oft anzutreffenden Überlastung spezialisierter Kammern und Senate, eines Widerspruchs des Schuldners, einer Überprüfung durch die höhere Instanz, einer sich anschließenden Vollziehung etc.) durchaus mehrere Monate in Anspruch nehmen kann, birgt das entsprechende Zuwarten das Risiko der Verjährung der in das Gerichtsverfahren nicht einbezogenen Ansprüche. Um diesem Risiko vorzubeugen, ist in Erwägung zu ziehen, mit dem Schuldner eine Vereinbarung dahingehend zu treffen, dass dieser – zur Senkung des

 OLG Köln, GRUR-RR 2013, 257, 258; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.41.  OLG Köln, GRUR-RR 2013, 257, 258.  OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 5.10. 2017 – 6 U 141/16, BeckRS 2017, 137972.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 16 Rn. 38 m. w. N.  OLG Hamburg, Urt. v. 11. 2. 2009 – 5 U 130/08, BeckRS 2009, 86281; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 16 Rn. 38 m. w. N.; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 67; Ott, WRP 2018, 539, 540, 542.  Vgl. beispielsweise OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 8.7. 2021 – 6 U 126/20, GRUR-RS 2021, 19652; WRP 2017, 102, 104. Dieser Aspekt kann sich auch auf die Beurteilung des Verfügungsgrunds auswirken (vgl. Rn. 616). Zur Berücksichtigung der für das Antragsbegehren herangezogenen Anspruchsgrundlagen vgl. weiterführend Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 110. Pustovalov

891

250

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Kostenrisikos und der Intensität der Auseinandersetzung – bis auf Weiteres auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichtet, oder dass die Verjährungsfrist nach Maßgabe des § 202 Abs. 2 BGB verlängert wird (vgl. Rn. 88).¹⁴⁶² Der Zeitpunkt, bis zu welchem der Verzicht bzw. die Verlängerung gelten soll, ist zur Vermeidung von Nachteilen durch Anknüpfung an ein konkretes Ereignis möglichst genau zu bestimmen, sodass die Parteien ihn nach dem Kalender leicht und zuverlässig erkennen können. Auf der Gläubigerseite ist daran zu denken, dass die Vereinbarung so lange fortwirken sollte, dass nach dem Bekanntwerden der gerichtlichen Entscheidung noch genug Zeit verbleibt, die weitere Vorgehensweise abzustimmen und ggf. notwendige verjährungshemmende Maßnahmen (vgl. Rn. 886 m. Fn. 1452) zu ergreifen. Kommt eine solche Vereinbarung nicht (mehr) in Betracht, und lässt sich die Hemmung der Verjährung (bzw. die Erfüllung) nicht auf einem anderen Weg als der gerichtlichen Inanspruchnahme erreichen, hat der Gläubiger rechtzeitig vor Verjährungseintritt ein Hauptsacheverfahren, ggf. zunächst ein Mahnverfahren, einzuleiten. In das Hauptsacheverfahren können sodann – im Wege der Klageerweiterung – auch die im einstweiligen Verfügungsverfahren verfolgten Ansprüche eingeführt werden, sollte deren anderweitige Regulierung, z. B. mangels hinreichender Abschlusserklärung, misslingen. 892 Auf die Dauer der Hemmung gem. § 204 Abs. 2 Satz 1, 2 BGB ist zu achten.¹⁴⁶³ Legt der

Schuldner Widerspruch oder einen anderen Rechtsbehelf ein (vgl. Rn. 798 ff.), beginnt die Hemmung erneut zu laufen (§ 204 Abs. 2 Satz 3 BGB).¹⁴⁶⁴ 893 Unter den Voraussetzungen des § 213 BGB kann sich die verjährungshemmende

Wirkung über den Streitgegenstand hinaus (vgl. Rn. 889 f.) auf weitere Ansprüche erstrecken, die aus demselben Grunde anstelle des zunächst geltend gemachten Anspruchs gegeben sind und die gegen den gleichen Schuldner und auf das gleiche wirtschaftliche Interesse gerichtet sind.¹⁴⁶⁵ Hieran ist beispielsweise in den Fällen zu denken, in denen der Gläubiger sein Antragsbegehren – um etwa Bedenken des Gerichts hinsichtlich der Auslegung bzw. Reichweite Rechnung zu tragen (vgl. Rn. 429 ff.) – durch einen entsprechend enger oder weiter gefassten Hilfsantrag flankiert (vgl. auch Rn. 467 ff.).¹⁴⁶⁶ 894

Praxishinweis: Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen der Verjährungshemmung liegt beim Gläubiger.¹⁴⁶⁷

 Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.50 f.; Schulz, in: Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 129 f.; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 11 Rn. 47. Zur Auslegung vgl. BGH, GRUR 2021, 721, 723 f. – Verjährungsverzicht.  Weiterführend Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 72 ff.; Sosnitza, in: Ohly/ Sosnitza, UWG, § 11 Rn. 39; Schulz, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 108 f.  Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 11 Rn. 73.  OLG Köln, GRUR 2015, 75, 77 f.; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 16 Rn. 38; Büscher, in: Fezer/Büscher/ Obergfell, UWG, § 11 Rn. 64.  OLG Köln, GRUR 2015, 75, 77 f.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.54; Schulz, in: Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, § 11 Rn. 128. Pustovalov

V. Hauptsacheverfahren

251

2. Unterlassungsklage und Annexansprüche a) Unterlassung Zum Zeitpunkt der Erhebung einer Unterlassungsklage sind hauptsächlich zwei 895 Ausgangssituationen denkbar. Zum einen kann sich der Gläubiger in der Situation befinden, dass der Schuldner Gelegenheit zur Abgabe einer Unterlassungserklärung innerhalb einer ihm hierfür gesetzten Frist nicht wahrgenommen hat. Dann kann der Gläubiger seinen Unterlassungsanspruch im einstweiligen Verfügungsverfahren oder im Rahmen einer Hauptsacheklage durchsetzen. Zum anderen ist die Situation denkbar, in der ein einstweiliges Verfügungsverfahren bereits erfolgreich durchgeführt wurde und der Schuldner das vorläufige Unterlassungsgebot nicht mittels einer Abschlusserklärung einem endgültigen Hauptsachetitel gleichstellt. Steht der Gläubiger vor der Wahl der Einleitung eines einstweiligen oder eines ge- 896 streckten Verfahrens in der Hauptsache, so sprechen in den meisten Fallkonstellationen gute Gründe für einen Verfügungsantrag (vgl. Rn. 483 ff., 754). Praxishinweis: In Einzelfällen kann jedoch die Erhebung der Hauptsacheklage vorzugswürdig sein (vgl. Rn. 754, 820). Entscheidend kann dabei der Umstand sein, dass das Gericht im einstweiligen Verfügungsverfahren gem. §§ 936, 920 Abs. 2, § 294 Abs. 2 ZPO gehalten ist, nur präsente Beweismittel zu verwerten (vgl. Rn. 642 ff.). Muss der Gläubiger z. B. zunächst zeitintensive Gutachten zur Unterstützung des Anspruchs einholen oder den Tatsachenvortrag bzw. Teile daraus umfangreich übersetzen lassen, kann ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ggf. nicht innerhalb der einzuhaltenden Dringlichkeitsfrist gestellt werden (vgl. Rn. 623 f., 626).¹⁴⁶⁸ Die Wahl kann grundsätzlich auch dahingehend getroffen werden, dass die Hauptsacheklage gleichzeitig mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erhoben wird (vgl. Rn. 336).¹⁴⁶⁹ Ein solches Vorgehen birgt für den Gläubiger die Gefahr des Vorwurfs, ihm gehe es nur um die Generierung möglichst hoher Kosten (vgl. Rn. 127 f., 524).¹⁴⁷⁰ Außerdem kann dies u. U. zur Selbstwiderlegung der Dringlichkeitsvermutung nach § 12 Abs. 1 UWG führen (vgl. Rn. 619 ff.).

897

In der Situation, in der der Schuldner nach dem durchgeführten einstweiligen Ver- 898 fügungsverfahren innerhalb einer angemessenen Überlegungszeit keine Unterlassungs- oder Abschlusserklärung abgibt (vgl. Rn. 755 f., 785 f.), ist aufgrund der lediglich vorläufigen Sicherung der Ansprüche die zügige Erhebung einer Hauptsacheklage geboten, wenngleich das Wettbewerbsrecht für die Klageerhebung keine besonderen Fristen vorsieht. Praxishinweis: Der Schuldner kann die Einleitung des Hauptsacheverfahrens gem. §§ 936, 926 ZPO erzwingen (vgl. Rn. 819 ff.). In diesem Fall wird der Gläubiger eine ihm vom Gericht gem. §§ 936, 926 Abs. 1 ZPO zu setzende Frist einzuhalten haben. Zu achten ist in jedem Fall auf den Verjährungseintritt (vgl. Rn. 820, 892), den es auf der Gläubigerseite zu verhindern gilt und der,

 von Hellfeld, Rn. 460.  Retzer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 51.  Vgl. BGH, NJW-RR 2000, 1710, 1711 – Neu in Bielefeld I. Lampmann

899

252

C. Auseinandersetzung vor Gericht

umgekehrt, den Schuldner veranlassen kann, von einer zeitnahen Klageerzwingung zunächst abzusehen. 900 Für die Bestimmung des Streitgegenstands und die Formulierung des Klageantrags

gelten die bereits unter Rn. 408 ff. ausführlich erläuterten Maßstäbe. 901

Praxishinweis: Folgt die Hauptsacheklage einem einstweiligen Verfügungsverfahren nach, ist zu beachten, dass diese – soweit möglich – auf dasselbe Begehren gerichtet sein sollte wie der Antrag im einstweiligen Verfügungsverfahren. Liegt der Hauptsacheklage ein anderes Petitum als dem einstweiligen Verfügungsverfahren zugrunde, läuft der Gläubiger Gefahr, dass der im Verfügungsverfahren geltend gemachte (und ggf. erfolgreich gesicherte) Anspruch verjährt (vgl. Rn. 889 f.) und der Schuldner den davon abweichenden, klageweise geltend gemachten Unterlassungsanspruch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 93 ZPO sofort anerkennt (vgl. Rn. 807 ff.).

b) Schadensersatz 902 Der Gläubiger sollte mit Blick auf § 11 Abs. 1 UWG das Klageverfahren dazu nutzen,

neben dem Unterlassungsanspruch alle noch ausstehenden weiteren Ansprüche gem. § 260 ZPO geltend zu machen. So kommt es vor allem in Betracht, die Hauptsacheklage gleichzeitig mit einem Antrag auf Schadensersatz nach § 9 UWG zu erheben. Denn dieser hat eine unzulässige Handlung zur Voraussetzung, die im Rahmen des Unterlassungsanspruchs in der Regel ohnehin geprüft werden muss. 903

Praxishinweis: Stellt der Gläubiger keinen bezifferten Zahlungsantrag, sondern einen Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach, kann er im Hinblick darauf, dass sich Art und Umfang des Schadens in der Regel am geltend gemachten Unterlassungsanspruch orientieren, dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dadurch genügen, dass er im auf den gleichzeitig gestellten Unterlassungsantrag Bezug nimmt. Ein entsprechender Antrag kann daher z. B. lauten: „[…] festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den bereits entstandenen und künftig noch entstehenden Schaden, der aus den Handlungen gem. Ziffer 1 [Unterlassungsantrag] resultiert, zu ersetzen“.

904 Im Wettbewerbsrecht wird der Schaden anhand der aus dem bürgerlichen Recht be-

kannten Differenzhypothese, also des Vergleichs der tatsächlichen und hypothetischen Güterlage, die ohne schädigendes Ereignis bestehen würde, bestimmt.¹⁴⁷¹ Der Schaden kann auf drei Arten berechnet werden. Möglich ist insoweit eine Berechnung nach §§ 249 ff. BGB hinsichtlich des konkret entstandenen Schadens einschließlich entgangenen Gewinns, die Herausgabe des Verletzergewinns oder die Berechnung einer (fiktiven) Lizenzgebühr.¹⁴⁷² Dem Gläubiger steht in Bezug auf diese Berechnungsmethoden ein Wahlrecht zu. Er kann im laufenden Prozess von der einen

 Goldmann, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 9 Rn. 115.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 9 Rn. 1.36 ff. Lampmann

V. Hauptsacheverfahren

253

Methode auf die andere übergehen,¹⁴⁷³ darf sie jedoch grundsätzlich nicht vermengen.¹⁴⁷⁴ Aufgrund der Vielgestaltigkeit der Beeinträchtigungen, die dem Gläubiger durch un- 905 lautere Handlungen seiner Konkurrenten erwachsen, sowie der Dynamik der wirtschaftlichen Weiterungen¹⁴⁷⁵ besteht im Wettbewerbsrecht eine besondere Schwierigkeit, den Schaden genau zu bestimmen. In vielen Fällen wird die konkrete Berechnung des entgangenen Gewinns z. B. deswegen schwerfallen, weil die Kausalität zwischen dem Wettbewerbsverstoß und den konkreten Gewinneinbußen nicht darlegbar sein wird. Eine vergleichbare Hürde birgt die objektive Schadensberechnung im Zusammenhang mit der Herausgabe des Verletzergewinns, da hierzu eine Darlegung erforderlich ist, dass der Gewinn des Schuldners in bestimmter Höhe auf dem Wettbewerbsverstoß fußt: Verlangt der Gläubiger Herausgabe des Verletzergewinns, muss er im Rahmen von § 287 ZPO nachweisen, dass die Verletzungshandlung mit Wahrscheinlichkeit¹⁴⁷⁶ bei ihm zu einem Schaden und beim Schuldner zu einem Gewinn geführt hat.¹⁴⁷⁷ Die Berechnung des Schadens nach einer fiktiven Lizenzgebühr kommt schließlich nur ausnahmsweise in Betracht, wenn das Wettbewerbsrecht immaterialgüterrechtsähnliche Rechtspositionen schützt.¹⁴⁷⁸ Vor dem Hintergrund dieser Unwägbarkeiten sollte der Gläubiger den Schadensersatz 906 zunächst nur dem Grunde nach feststellen lassen (vgl. auch Rn. 374 f., 753, 857, 861 f.). Ein auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteter Klageantrag ist regelmäßig bereits dann begründet, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens besteht. Diese braucht nicht hoch zu sein. Ob und was für ein Schaden entstanden ist, bedarf beim Feststellungsprozess keiner Klärung, wenn nach der Erfahrung des täglichen Lebens der Eintritt eines Schadens mit einiger Sicherheit zu erwarten ist. Für diese geringe Wahrscheinlichkeit genügt es in der Regel, dass zumindest eine rechtswidrig und schuldhaft begangene Verletzungshandlung vorliegt.¹⁴⁷⁹ Praxishinweis: In der Praxis wird der Schadensersatzanspruch (genau wie der entsprechende unselbstständige Auskunftsanspruch, vgl. Rn. 908 ff.) aufgrund der Schwierigkeit, ihn zu beziffern, einerseits und der vergleichbaren Leichtigkeit, ihn wenigstens dem Grunde nach durchzusetzen, andererseits oft nur als „Verhandlungsmasse“ benutzt, die sich auf den „Lästigkeitswert“ der Schadensersatzpflicht für den Schuldner bezieht. So geschieht es z. B. nicht selten, dass der Gläubiger auf die (weitere) Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs unter der Bedingung

      

BGH, NJW 1993, 1989, 1989 – Kollektion „Holiday“; GRUR 2000, 226, 227 – Planungsmappe. Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 9 Rn. 1.39a. Goldmann, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 9 Rn. 114. BGH, GRUR 1993, 757, 758 – Kollektion Holiday. Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 9 Rn. 1.46. Ohly, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 9 Rn. 15. BGH, GRUR 2013, 713, 714 – Fräsverfahren. Lampmann

907

254

C. Auseinandersetzung vor Gericht

verzichtet, dass der Schuldner den Unterlassungsanspruch anerkennt und (nach einer Abmahnung) die Rechtsanwaltskosten bzw. (nach einer einstweiligen Verfügung oder im Rahmen eines bereits laufenden Klageverfahrens) die Verfahrenskosten bezahlt.

c) Auskunft 908 Benötigt der Gläubiger zur Bezifferung des ihm entstandenen Schadens oder im Übrigen Informationen, die ihm nur der Schuldner des Schadensersatzanspruchs (unselbstständiger Auskunftsanspruch) oder ein bestimmter Dritter (selbstständiger Auskunftsanspruch) beschaffen kann, kommt – ggf. ebenfalls neben dem Unterlassungsanspruch gem. § 260 ZPO – die klageweise Durchsetzung des darauf gerichteten Auskunftsanspruchs in Betracht. 909 Der unselbstständige Auskunftsanspruch ist gesetzlich nicht normiert. Im Wett-

bewerbsrecht wird er durch das den Wettbewerbsverstoß begründende, gesetzliche Schuldverhältnis zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner im Zusammenspiel mit dem Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 BGB hergeleitet.¹⁴⁸⁰ 910 Voraussetzung dafür ist ein Rechtsverhältnis, in dem der Gläubiger in entschuld-

barer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen und der Schuldner unschwer zur Auskunftserteilung in der Lage ist.¹⁴⁸¹ Der BGH hat hinsichtlich des Begriffs „unschwer“ klargestellt, dass die Auskunft immer dann erteilt werden muss, wenn die mit der Vorbereitung und Erteilung der Auskunft verbundenen Belastungen entweder nicht ins Gewicht fallen oder aber, obwohl sie beträchtlich sind, dem Schuldner angesichts der Darlegungs- und Beweisnot des Gläubigers und der Bedeutung, die die verlangte Auskunft für die Darlegung derjenigen Umstände hat, die für die Beurteilung des Grunds oder der Höhe des infrage stehenden Hauptanspruchs wesentlich sind, zumutbar sind.¹⁴⁸² Der Schuldner muss die Auskunft daher nicht erteilen, wenn diese für ihn eine unbillige Belastung darstellt. Dies ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu entscheiden. Ausschlaggebende Kriterien sind dabei vor allem die Schwere und die Dauer der Rechtsverletzung, das Ausmaß, in dem der Gläubiger auf die Information angewiesen ist, die beim Schuldner anfallenden zeitlichen und finanziellen Aufwendungen und sein Interesse daran, eigene Geschäftsdaten vor dem Mitbewerber (dem Gläubiger) geheim zu halten.¹⁴⁸³ 911 Dem Auskunftsanspruch sind zudem dahingehend Grenzen gesetzt, dass das Aus-

kunftsverlangen nicht dazu dienen darf, erst die anspruchsbegründenden Tatsachen    

BGH, GRUR 2001, 841, 842 – Entfernung der Herstellungsnummer II. BGH, GRUR 2001, 841, 842 – Entfernung der Herstellungsnummer II. BGH, GRUR 2007, 532, 533 – Meistbegünstigungsvereinbarung. Schwippert, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 82 Rn. 17.

Lampmann

V. Hauptsacheverfahren

255

zu ermitteln (sog. Ausforschung).¹⁴⁸⁴ Grundsätzlich erstreckt sich der Auskunftsanspruch daher in sachlicher Hinsicht nur auf Art, Zeitpunkt und Umfang des konkreten Verletzungsfalls, also der konkreten Verletzungshandlung einschließlich im Kern gleichartiger Handlungen.¹⁴⁸⁵ Praxishinweis: Ein Antrag auf unselbstständige Auskunftserteilung wird im Wettbewerbsrecht sinnvollerweise auf den dazugehörigen Unterlassungsanspruch bezogen und kann z. B. wie folgt lauten: „[…] den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen, mit welchem Medium, wann und wie oft er die Handlungen gem. Ziffer 1 [Unterlassungsantrag] begangen hat“.

912

Eine gesteigerte Form des Auskunftsanspruchs bildet der Anspruch auf Rech- 913 nungslegung. Im allgemeinen Zivilrecht findet dieser Anspruch seine Grundlage insbesondere in § 666 BGB, ggf. i. V. m. § 675 Abs. 1 BGB bzw. § 687 Abs. 2 Satz 1, § 681 Satz 2 BGB, kann sich jedoch auch aus dem bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis nebst dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB ergeben.¹⁴⁸⁶ In der wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung haben sich hierzu insbesondere die Fallgruppen des Nachahmungsschutzes¹⁴⁸⁷ und der Verletzung von Betriebsgeheimnissen¹⁴⁸⁸ herauskristallisiert. Der Gläubiger kann im Rahmen des Rechnungslegungsanspruchs eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben, der Warenmengen, der Namen und Anschriften von Lieferanten und Abnehmern, der Preise, der Lieferzeitpunkte usw. verlangen.¹⁴⁸⁹ Aus dem Klageantrag sollte bereits ersichtlich sein, ob Auskunft im Allgemeinen oder (auch) Rechnungslegung verlangt wird.¹⁴⁹⁰ Der Anspruch auf Rechnungslegung ist bei Wettbewerbsverstößen ausgeschlossen, wenn der Gläubiger die Erstattung des konkreten Schadens verlangt, da es zu dessen Berechnung keiner sich aus der Rechnungslegung ergebenden Informationen bedarf.¹⁴⁹¹ Von dem unselbstständigen Auskunftsanspruch zu unterscheiden ist der selbst- 914 ständige Auskunftsanspruch. Er dient der Durchsetzung eines Anspruchs unter Einholung einer Auskunft bei Dritten. Insoweit soll er es dem Gläubiger ermöglichen, die Quelle des Wettbewerbsverstoßes ausfindig zu machen.¹⁴⁹² Ein selbstständiger

 Ohly, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 17 Rn. 55.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 9 Rn. 4.11.  Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 9 Rn. 4.7.  BGH, GRUR 1974, 53, 54 – Nebelscheinwerfer; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 9 Rn. 4.7b m. w. N.  BGH, GRUR 1977, 539, 541 – Prozeßrechner; Ohly, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 9 Rn. 40.  Ohly, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 9 Rn. 40.  von Hellfeld, Rn. 34.  BGH, GRUR 1969, 292, 294 – Buntstreifensatin II; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 9 Rn. 4.7b.  BGH, GRUR 1994, 630, 633 – Cartier-Armreif. Lampmann

256

C. Auseinandersetzung vor Gericht

Auskunftsanspruch ist zur Vorbereitung der Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs z. B. in § 8 Abs. 5 Satz 1 UWG normiert. 915

Praxishinweis: Die Praxisrelevanz der dortigen Regelung begrenzt sich allerdings auf eine enge Zahl von Auskunftsberechtigten. Hierzu zählen qualifizierte Einrichtungen, qualifizierte Wirtschaftsverbände, Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern (§ 8 Abs. 5 Satz 1 Hs. 2 UWG i. V. m. § 13 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 UKlaG).¹⁴⁹³ Auch die Zahl der Auskunftsverpflichteten ist eng bemessen. Hierzu zählen nach § 8 Abs. 5 Satz 1 Hs. 2 UWG i. V. m. § 13 Abs. 1 UKlaG nur diejenigen Personen, die geschäftsmäßig Post-, Telekommunikations- oder Telemediendienste erbringen oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirken.¹⁴⁹⁴

916 Der in § 8 Abs. 5 Satz 1 UWG geregelte selbstständige Auskunftsanspruch ist nicht

abschließend. Darüber hinaus können Ansprüche gegen Dritte z. B. auch in den Fällen der Produktnachahmung i. S. d. § 4 Nr. 3 UWG geltend gemacht werden.¹⁴⁹⁵ Häufig wird der Gläubiger hierbei die Benennung von gewerblichen Lieferanten bzw. Abnehmern begehren. Ein selbstständiger Anspruch auf Drittauskunft setzt in jedem Fall voraus, dass dem Gläubiger eigene wettbewerbsrechtliche Ansprüche gegen die zu benennende Person zustehen.¹⁴⁹⁶

d) Beseitigung 917 Neben der Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs kann u. U. die Geltendmachung

des Anspruchs auf Beseitigung sinnvoll sein. Der Anspruch ist in § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG normiert. Zwar laufen der Beseitigungsanspruch und der Unterlassungsanspruch häufig parallel, sodass neben der Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs ein zusätzliches Vorgehen zur Beseitigung nicht erforderlich ist,¹⁴⁹⁷ doch sind beide Ansprüche im Wesen verschieden. Der Unterlassungsanspruch richtet sich dem Grunde nach gegen künftige Wettbewerbsverstöße, wohingegen der Beseitigungsanspruch dazu dient, bereits eingetretene Beeinträchtigungen abzustellen. In den Fällen, in denen die Nichtbeseitigung des Störungszustands gleichbedeutend mit seiner Fortsetzung ist, wird die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs jedoch ausreichen (vgl. Rn. 716 ff., 959 f.).¹⁴⁹⁸ 918

Praxishinweis: Da der Beseitigungsanspruch, anders als der Unterlassungsanspruch, das positive Tun (Handlungsgebot) beinhaltet, kann ein Rückgriff auf ihn mit Blick auf die Vollstreckungsmöglichkeiten von Interesse sein (vgl. Rn. 719). Denn die zwangsweise Durchsetzung des Anspruchs auf Beseitigung der Störungsquelle kann durch Ersatzvornahme erfolgen. Insoweit kann der Beseitigungsanspruch dem Interesse des Gläubigers u. U. gerechter werden als der Unter-

     

Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8 Rn. 4.2. Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8 Rn. 4.3. BGH, GRUR 1994, 630, 632 – Cartier-Armreif. BGH, GRUR 2011, 1153, 1158 – Creation Lamis. Vgl. LG Stuttgart, WRP 2018, 378, 381. BGH, GRUR 2015, 258, 262 f. – CT-Paradies.

Lampmann

V. Hauptsacheverfahren

257

lassungsanspruch, dessen Durchsetzung lediglich mittelbar durch die Ordnungsmittel des § 890 Abs. 1 ZPO erfolgt (vgl. Rn. 982 ff.).¹⁴⁹⁹

Der Beseitigungsanspruch setzt eine Verletzungshandlung voraus, die einen fort- 919 dauernden Störungszustand geschaffen hat. Die hierdurch hervorgerufene Beeinträchtigung muss rechtswidrig sein. Praxishinweis: Zu beachten ist deshalb, dass der Beseitigungsanspruch auch dann bestehen kann, wenn die zugrundeliegende Handlung rechtmäßig war.¹⁵⁰⁰ In der Theorie ist daher in Ausnahmefällen ein Auseinanderfallen von Unterlassungsanspruch und Beseitigungsanspruch denkbar. In der Praxis wird dies jedoch eher selten der Fall sein.

920

Der Schuldner ist zur Beseitigung nur verpflichtet, soweit die verlangte Handlung in 921 seiner Macht steht. In Anlehnung an § 18 Abs. 1 MarkenG kann z. B. der auf Vernichtung von Plagiaten gerichtete Beseitigungsanspruch daran scheitern, dass sich diese nicht mehr im Besitz des Schuldners befinden. Darüber hinaus steht der Anspruch unter einem Verhältnismäßigkeitsvorbehalt. Damit wird die Beseitigung nur dann geschuldet, wenn sie geeignet und erforderlich ist, den Störungszustand zu beenden, und verhältnismäßig im engeren Sinne sowie dem Verletzer zumutbar ist.¹⁵⁰¹ Zu hinterfragen ist insbesondere, ob der durch die Beseitigung verfolgte Zweck durch einen weniger einschneidenden Weg erreicht werden kann.¹⁵⁰²

e) Veröffentlichungsbefugnis Einen Unterfall des Beseitigungsanspruchs bildet die Veröffentlichungsbefugnis gem. 922 § 12 Abs. 2 UWG.¹⁵⁰³ Der Anspruch setzt voraus, dass im Rahmen des Urteils über einen Unterlassungsantrag entschieden wurde. Die obsiegende Partei muss ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung ha- 923 ben. Der Antrag auf Veröffentlichung der zu ergehenden Entscheidung kann in der Klageschrift selbst gestellt werden. Das berechtigte Interesse muss in der Begründung dargelegt werden. Im Rahmen einer Interessenabwägung ist zu prüfen, ob die Vorteile der Veröffentlichung deren Nachteile überwiegen. Bei dieser Abwägung sind nicht nur die Interessen der Beteiligten, sondern auch die der Öffentlichkeit zu berücksichtigen.¹⁵⁰⁴ Maßgeblich ist dabei die Interessenlage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Unterlassungsanspruch. Bei langwierigem Prozessverlauf kann der ver-

     

Ohly, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 8 Rn. 83. Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8 Rn. 1.111. BGH, GRUR 2017, 208, 210 f. – Rückruf von RESCUE-Produkten. Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8 Rn. 1.122. von Hellfeld, Rn. 464. BGH, GRUR 1967, 362, 366 – Spezialsalz I. Lampmann

258

C. Auseinandersetzung vor Gericht

strichenen Zeit daher eine höhere Bedeutung zukommen als z. B. einer gering einzustufenden Irreführung.¹⁵⁰⁵ 924

Praxishinweis: U. a. mit Blick darauf, dass bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Unterlassungsanspruch und damit bis zur Veröffentlichung ggf. Jahre vergehen können, sodass das dahingehende Interesse und die Wirkung einer Veröffentlichung sodann nicht (mehr) ins Gewicht fallen, wird von der Veröffentlichungsbefugnis in der Praxis fast nie Gebrauch gemacht.

925 Auch dem Schuldner kann im Fall des Obsiegens das Recht zugesprochen werden,

das Urteil auf Kosten der Gegenseite zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung muss in dieser Situation ebenfalls dazu dienen, einen andauernden Störungszustand zu beenden. Dieser wird dann, anders als in der Situation, in der der Gläubiger die Veröffentlichung beantragt, nicht durch den wettbewerbsrechtlichen Verstoß hervorgerufen, sondern z. B. dadurch, dass der Gläubiger das Verfahren publik gemacht hat.¹⁵⁰⁶ 926

Praxishinweis: Ein Antrag auf Urteilsveröffentlichung kann z. B. wie folgt lauten: „[…] dem Kläger die Befugnis zuzusprechen, den verfügenden Teil des Urteils innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft auf Kosten des Beklagten in Form einer viertelseitigen Anzeige in der Fachzeitschrift […] [Bezeichnung] öffentlich bekannt zu machen“.

f) Rechtsanwaltskosten 927 Schließlich kann im Klagewege die Erstattung der entstandenen Rechtsanwaltskosten verlangt werden. Zu den Voraussetzungen eines solchen Anspruchs vgl. Rn. 58 ff., 764, 780 ff.

3. Negative Feststellungsklage 928 Dem Schuldner steht stets der Weg offen, trotz seiner zunächst passiven Rolle nach

Erhalt einer Abmahnung oder einer einstweiligen Verfügung, die Initiative im Verfahren zu ergreifen und eine negative Feststellungsklage zu erheben (vgl. Rn. 163 f., 377), um die Klärung der zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse herbeizuführen (vgl. etwa Rn. 16). 929 Mit der negativen Feststellungsklage verfolgt der Schuldner das Ziel, gerichtlich

feststellen zu lassen, dass er sich dem vom Gläubiger in der Abmahnung bzw. im einstweiligen Verfügungsverfahren geltend gemachten Anspruch nicht beugen muss. Dabei lässt er gerichtlich überprüfen, ob seine Inanspruchnahme zu Recht erfolgt, ohne abzuwarten, ob bzw. bis der Gläubiger weitere Schritte gegen ihn einleitet.

 BGH, GRUR 1961, 189, 192 – Rippenstreckmetall I.  Tolkmitt, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 564. Lampmann

V. Hauptsacheverfahren

259

Praxishinweis: Ein entsprechender Antrag kann z. B. wie folgt lauten: „[…] festzustellen, dass dem Beklagten gegenüber dem Kläger folgender Anspruch nicht zusteht: […] [z. B. der in der Abmahnung vorformulierte Unterlassungsanspruch]“.

930

Eine negative Feststellungsklage begründet keine Erstbegehungsgefahr hinsichtlich 931 des im Streit stehenden Verhaltens, da der Schuldner lediglich dessen rechtliche Zulässigkeit vor Gericht klären will und dadurch nicht zugleich zum Ausdruck bringt, sich unmittelbar oder in naher Zukunft in der beanstandeten Weise verhalten zu wollen.¹⁵⁰⁷ Der Schuldner kann die negative Feststellungsklage vor jedem Gericht anhängig 932 machen, das für eine Leistungsklage mit umgekehrtem Rubrum zuständig wäre (vgl. auch Rn. 338).

a) Negatives Feststellungsinteresse Für die Zulässigkeit einer negativen Feststellungsklage ist das Bestehen eines (nega- 933 tiven) Feststellungsinteresses zwingende Voraussetzung, § 256 Abs. 1 ZPO. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Gegenstand einer Feststellungsklage grundsätzlich die 934 Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses sein. Ein Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder einer Person zu einer Sache.¹⁵⁰⁸ Ein (negatives) Feststellungsinteresse liegt etwa dann vor, wenn der Schuldner ein rechtliches Interesse an der baldigen Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses hat, weil die Rechtsposition einer Partei an einer gegenwärtigen Ungewissheit leidet, die durch das Feststellungsurteil beseitigt werden kann. Diese Ungewissheit entsteht dann, wenn sich die Gegenseite eines Anspruchs berühmt.¹⁵⁰⁹ Dabei muss diese Rechtsberühmung die wirtschaftlichen bzw. rechtlichen Interessen des Schuldners berühren, und an der Ernsthaftigkeit des Verlangens des Gläubigers dürfen keine Zweifel bestehen.¹⁵¹⁰ Praxishinweis: Eine negative Feststellungsklage kommt dementsprechend nicht allein nach einer Abmahnung des Schuldners in Betracht, sondern auch dann, wenn bereits ein einstweiliges Verfügungsverfahren durch den Gläubiger angestrengt bzw. erfolgreich durchgeführt wurde.¹⁵¹¹ Demgegenüber begründet eine bloße Ankündigung, sich gerichtliche Schritte vorzubehalten, noch

 BGH, GRUR 2019, 947, 949 – Bring mich nach Hause, m. Anm. Widera, GRUR-Prax 2019, 366, 366.  Vgl. nur BGH, Urt. v. 31.5. 2000 – XII ZR 41/98, BeckRS 2000, 5462.  BGH, NJW 2006, 2780, 2781 – Umfang des anwaltlichen Mandats.  BGH, GRUR 1995, 697, 699 – FUNNY PAPER; GRUR 2012, 1273, 1273 f. – Stadtwerke Wolfsburg; OLG Köln, GRUR-RR 2015, 7, 8.  OLG Saarbrücken, WRP 1981, 118, 119. Lampmann

935

260

C. Auseinandersetzung vor Gericht

kein gegenwärtiges Rechtsverhältnis, das zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden kann (vgl. auch Rn. 148).¹⁵¹² 936 Das negative Feststellungsinteresse für eine Klage auf Feststellung der Unbegrün-

detheit eines ausgesprochenen Unterlassungsgebots besteht nicht, wenn dieses gegenstandslos geworden ist und für die Klärung verbleibender kostenrechtlicher Fragen ein einfacherer und billigerer Weg, etwa über das Widerspruchsverfahren, offen ist.¹⁵¹³ 937 Das rechtliche Interesse an der gerichtlichen Feststellung des Nichtbestehens eines

Anspruchs wird verneint, wenn der Anspruch, dessen Nichtbestehen festgestellt werden soll, bereits bei Rechtshängigkeit der negativen Feststellungsklage verjährt ist und nach der entsprechenden Einrede deshalb nicht mehr durchsetzbar wäre.¹⁵¹⁴ 938 Ist die negative Feststellungsklage bereits erhoben, kann eine ernsthafte, endgültige

Aufgabe der Berühmung,¹⁵¹⁵ jedenfalls ein förmlicher Verzicht¹⁵¹⁶ des Gläubigers auf die geltend gemachten Unterlassungsansprüche – anders als bei abtretbaren Zahlungsansprüchen – das Feststellungsinteresse des Schuldners auch während des laufenden Verfahrens entfallen und ihn eine Erledigungserklärung in Betracht ziehen lassen. Die Gefahr, dass sich ein möglicher Rechtsnachfolger des Gläubigers an dessen Verzicht nicht gebunden fühlen könnte, besteht beim Unterlassungsanspruch nicht, da er im Gegensatz zu Geldforderungen nicht abgetreten werden kann.¹⁵¹⁷

939 Der Gläubiger kann dem negativen Feststellungsinteresse des Schuldners durch ei-

gene gerichtliche Schritte zuverlässig die Grundlage entziehen, soweit er eine – der negativen Feststellungsklage entsprechende (vgl. Rn. 943) – Leistungsklage auf Unterlassung erhebt. Der Schuldner kann sich insoweit des Vorrangs seiner negativen Feststellungsklage nur dann sicher sein, wenn diese im Zeitpunkt der Erhebung der Leistungsklage des Gläubigers bereits entscheidungsreif ist. Denn das negative Feststellungsinteresse des Schuldners entfällt immer dann, wenn der Gläubiger seine Leistungsklage nicht mehr einseitig zurücknehmen kann.¹⁵¹⁸ Letzteres ist zum einen dann der Fall, wenn über den Klageantrag des Gläubigers bereits streitig ver-

 BGH, GRUR 2001, 1036, 1037 – Kauf auf Probe.  BGH, GRUR 1985, 571, 572 – Feststellungsinteresse I. Hierzu auch OLG Köln, Urt. v. 26.6. 2015 – 6 U 182/14, n. v.  LG Hannover, Urt. v. 28.12. 2012 – 24 O 17/12, n. v.  OLG München, GRUR-RR 2006, 363, 365 f.; Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO, § 256 Rn. 10 m. w. N. Verneinend OLG Köln, NJOZ 2012, 1879, 1879 f. für die dort streitgegenständliche Erklärung.  OLG Frankfurt a. M., B. v. 19.12. 2016 – 6 U 185/16, BeckRS 2016, 112733.  OLG Frankfurt a. M., B. v. 19.12. 2016 – 6 U 185/16, BeckRS 2016, 112733.  OLG Hamm, Urt. v. 24.9. 2009 – 4 U 104/09, BeckRS 2009, 28630; Urt. v. 15.12. 2011 – 4 U 116/11, BeckRS 2012, 2851. Lampmann

V. Hauptsacheverfahren

261

handelt wurde (§ 269 Abs. 1 ZPO), und zum anderen dann, wenn der Gläubiger ausdrücklich auf das Recht zur Klagerücknahme verzichtet. Eine einseitige Verzichtserklärung ist eine Prozesshandlung und als solche bindend, sodass eine gegen diesen erklärten Verzicht erfolgende Klagerücknahme unbeachtlich ist. Praxishinweis: Zu berücksichtigen ist für diesen Fall jedoch, dass mit der Verzichtserklärung die Gefahr einhergeht, dass der Gläubiger – sollte er sein Unterlassungsbegehren zu weit gefasst haben – hierdurch eine später (etwa nach einem entsprechenden richterlichen Hinweis, vgl. Rn. 429 ff.) ggf. erforderliche, teilweise Klagerücknahme bewirkende Antragsanpassung unmöglich macht und ein entsprechendes Teilunterliegen nebst Kostenquote wird hinnehmen müssen (vgl. Rn. 477).

940

Der Schuldner als aktive Partei der negativen Feststellungsklage muss beim Vorrang 941 der Leistungsklage des Gläubigers mit einer Erledigungserklärung reagieren, wenn er den Rechtsstreit nicht verlieren will. Praxishinweis: Vor dem Hintergrund der zu erwartenden Erledigungserklärung sollte der Gläubiger hinsichtlich der Kostentragung beachten, dass das Hauptsacheverfahren einerseits und das negative Feststellungsverfahren andererseits grundsätzlich voneinander unabhängige Verfahren darstellen. Obgleich die Auffassung vertreten wird, dass bei aus prozessualen Gründen erforderlich werdenden Erledigungserklärungen die Kosten stets denjenigen treffen, der auch die Kosten der entgegengesetzten Leistungsklage zu tragen hat, sollte der Gläubiger sich nicht darauf verlassen, dass das Gericht – wie es üblich und zweckmäßig ist – im Hinblick auf den verbleibenden Streit über die Kosten entweder gem. § 148 Abs. 1 ZPO die Verhandlung bis zur Entscheidung über die Hauptsache des Gläubigers aussetzt oder die dortige Akte beizieht. Er sollte vielmehr darauf achten, den Vortrag, der seinen infrage stehenden Anspruch stützt, auch ausdrücklich zum Gegenstand des negativen Feststellungsverfahrens zu machen, um dem Gericht die Möglichkeit zu nehmen, im Rahmen des § 91a ZPO eine schnelle Entscheidung nach dem bisherigen (schuldnerseits einseitig vorgetragenen bzw. unvollständigen) Sach- und Streitstand zu treffen, die in der nächsten Instanz in der Regel nicht mehr korrigiert werden kann.

942

Das negative Feststellungsinteresse des Schuldners entfällt nicht, wenn bzw. soweit 943 eine zwischenzeitliche Leistungsklage des Gläubigers wegen Unzulässigkeit abgewiesen und damit nicht in der Sache entschieden wird.¹⁵¹⁹ Es bleibt außerdem in den Fällen erhalten, in denen der Gläubiger seine Leistungsklage mit einem gegenüber dem ursprünglichen Verbotsverlangen eingeschränkten Unterlassungsbegehren erhebt. Hat sich der Gläubiger beispielsweise im Rahmen einer der Abmahnung beigefügten, vorformulierten Unterlassungserklärung eines generellen, von der konkreten Verletzungshandlung abstrahierten (vgl. Rn. 456 ff.) Unterlassungsanspruchs berühmt, der über seinen durch die konkrete Verletzungsform nebst Kerntheorie tatsächlich begründeten Unterlassungsanspruch hinausgeht (vgl. Rn. 48), und macht er in der Hauptsache anschließend einen mittels Bezugnahme auf konkrete Verletzungsform gefassten Unterlassungsantrag geltend (vgl. Rn. 434 ff.), so

 Vgl. LG Hamburg, Urt. v. 7. 3. 2014 – 315 O 10/12, BeckRS 2014, 11084. Lampmann

262

C. Auseinandersetzung vor Gericht

besteht aufseiten des Schuldners das negative Feststellungsinteresse bezüglich der bisher geltend gemachten, darüber hinausgehenden Berühmung fort.¹⁵²⁰

b) Erforderlichkeit einer Gegenabmahnung 944 Der wegen eines Wettbewerbsverstoßes abgemahnte Schuldner ist grundsätzlich nicht

– auch nicht zur Vermeidung der Kostenfolge des § 93 ZPO – gehalten, vor der Erhebung einer negativen Feststellungsklage dem Gläubiger eine entsprechende Gegenabmahnung zukommen zu lassen (vgl. Rn. 163 f.). Diese stellt daher keine Voraussetzung der negativen Feststellungsklage dar.¹⁵²¹ 945 Eine Ausnahme wird angenommen, wenn die dem Schuldner gegenüber ausge-

sprochene Abmahnung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht auf offensichtlich fehlerhaften Annahmen beruht, sodass bei deren Richtigstellung mit einer Änderung der Auffassung des abmahnenden Gläubigers gerechnet werden kann (vgl. Rn. 165 ff.), oder wenn seit der Abmahnung ein erheblicher Zeitraum verstrichen ist, und der Gläubiger dennoch nicht seiner Androhung gerichtlicher Schritte nachgekommen ist.¹⁵²² In diesen Fällen sind auch die Kosten einer solchen Gegenabmahnung vom Gläubiger zu erstatten, da sie – ähnlich wie bei der Abmahnung und dem Abschlussschreiben – ihm einen Weg weist, ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden und daher in seinem Interesse liegt.¹⁵²³

c) Wirkungen der negativen Feststellungsklage 946 Wird eine negative Feststellungsklage eingereicht, nimmt diese dem Gläubiger weder

das Recht, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu stellen, noch das Recht, die Leistungsklage in der Hauptsache zu erheben. 947

Praxishinweis: Allerdings hat der Gläubiger zu berücksichtigen, dass er, soweit der Schuldner die negative Feststellungsklage noch vor der Einleitung eines Eilverfahrens erhebt, nach deren Bekanntwerden nicht mehr auf den Ablauf der dem Schuldner gesetzten Reaktionsfrist zuwarten darf, sondern den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unverzüglich stellen muss, da er ansonsten des Verfügungsgrunds verlustig wird (vgl. Rn. 619 ff.).¹⁵²⁴

948 Ferner wirkt sich eine negative Feststellungsklage nicht auf das Recht des Gläubigers

zur freien Gerichtswahl aus. Er ist demnach nicht etwa gezwungen, beim gleichen

 Vgl. OLG München, GRUR-RR 2006, 363, 365.  BGH, GRUR 2012, 1273, 1273 – Stadtwerke Wolfsburg; GRUR 2006, 168, 169 – Unberechtigte Abmahnung; GRUR 2004, 790, 792 – Gegenabmahnung.  BGH, GRUR 2004, 790, 792 – Gegenabmahnung; OLG Köln, WRP 2004, 782, 783.  Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Gegenabmahnungen vgl. Pustovalov/Johnen,WRP 2019, 848, 851 ff.  Vgl. OLG Köln, Urt. v. 28. 8.1998 – 6 U 65/98, BeckRS 1998, 152994. Lampmann

V. Hauptsacheverfahren

263

Gericht die Leistungsklage (widerklagend) zu erheben.¹⁵²⁵ Auch bei Rechtshängigkeit einer durch den Schuldner eingereichten negativen Feststellungsklage kann der Gläubiger sowohl seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als auch seine Leistungsklage bei jedem zuständigen Gericht einreichen (vgl. Rn. 338). Die Erhebung der negativen Feststellungsklage durch den Schuldner (ebenso wie die 949 in deren Rahmen stattfindende Verteidigung des Gläubigers) bewirkt keine Hemmung der Verjährung, denn die in §§ 203, 204 Abs. 1 BGB enthaltenen Hemmungstatbestände verlangen, dass der Gläubiger seinen Anspruch selbst aktiv verfolgt, um den Eintritt der Verjährung zu verhindern.¹⁵²⁶ Praxishinweis: Vor dem Hintergrund, dass der Schuldner durch eine negative Feststellungsklage grundsätzlich nicht beeinflussen kann, dass sich ein für ihn „günstigeres“ Gericht mit der Prüfung des Anspruchs befasst, und dass der Gläubiger aufgrund des „Wettlaufs“ mit der negativen Feststellungsklage und der laufenden Verjährungsfrist geradezu gezwungen ist, seinerseits Klage zur Hauptsache zu erheben, erweist sich die negative Feststellungsklage für den Schuldner selten als zweckmäßig. Sie kann erwogen werden, wenn Grund zur Annahme besteht, der Gläubiger wird die besagten rechtlichen Besonderheiten nicht beachten, oder wenn der Schuldner das Bedürfnis hat, die behaupteten Ansprüche klären zu lassen, und davon ausgeht, der Gläubiger werde seiner Abmahnung kein gerichtliches Verfahren folgen lassen oder ein solches nicht schnell und konsequent genug betreiben. In anderen Fällen erhöht die negative Feststellungsklage unnötigerweise das Kostenrisiko beider Parteien.

 BGH, GRUR 1994, 846, 848 – Parallelverfahren II.  BGH, Urt. v. 15. 8. 2012 – XII ZR 86/11, BeckRS 2012, 20656; NJW 1978, 1975, 1976 – Keine Verjährungsunterbrechung durch Verteidigung gegen negative Feststellungsklage. Lampmann

950

D. Verfahren bei Zuwiderhandlung 951 Hat der Gläubiger den Schuldner wegen einer ihn störenden Handlung abgemahnt

und einen Unterlassungsvertrag mit ihm geschlossen oder einen vollstreckbaren Titel erwirkt, stellt sich für ihn die Frage, wie er zweckmäßigerweise vorgehen kann, wenn der Schuldner weitere Verletzungshandlungen begeht.

I. Verstoß gegen den Unterlassungsvertrag 952 Verstößt der Schuldner gegen das in einem strafbewehrten Unterlassungsvertrag

vereinbarte Unterlassungsgebot, schuldet er gem. § 339 Satz 2 BGB die versprochene Vertragsstrafe und kann darauf auch gerichtlich in Anspruch genommen werden.¹⁵²⁷ Neben dem bereits bestehenden vertraglichen Unterlassungsanspruch entsteht ein neuer gesetzlicher Unterlassungsanspruch, soweit die Tatbestandsvoraussetzungen der einschlägigen Rechtsnormen vorliegen. Dem Gläubiger bieten sich somit unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten, die miteinander kombiniert werden können. 953

Praxishinweis: Der Inanspruchnahme aus einem Unterlassungsvertrag kann der Schuldner nicht entgegenhalten, seine Handlung sei nicht wettbewerbswidrig (vgl. auch Rn. 998).¹⁵²⁸ Dieser Einwand ist in Bezug auf vertragliche Ansprüche ausgeschlossen. Denn der Sinn und Zweck der Eingehung eines Unterlassungsvertrags besteht gerade darin, einen gesetzlichen Unterlassungsanspruch, dessen Bestehen häufig umstritten ist, durch einen verbindlich vereinbarten, vereinfacht durchsetzbaren Unterlassungsanspruch aus dem Vertrag zu ersetzen und durch einen damit korrespondierenden, von den gesetzlichen Voraussetzungen eines Wettbewerbsverstoßes ebenso unabhängigen Vertragsstrafenanspruch zu flankieren (vgl. Rn. 115 m. Fn. 136, Rn. 174, 186, 193, 269).¹⁵²⁹

1. Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe 954 Wichtiges Element der Vorgehensweise im Fall eines Vertragsverstoßes besteht in der

Geltendmachung der verwirkten Vertragsstrafe.¹⁵³⁰ Diese dient nicht nur dazu, den Schuldner zur Einhaltung der versprochenen Unterlassungspflicht zu bewe-

 Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 34.  OLG Düsseldorf, WRP 2016, 246, 252; OLG Brandenburg, WRP 2014, 1223, 1224.  BGH, GRUR 2014, 797, 801 – fishtailparka.  Ausführliche und instruktive Informationen zu materiell-rechtlichen Fragen zur Vertragsstrafe finden sich bei Schmitt-Gaedke/Arz, WRP 2015, 1196, 1196 ff. Ebenfalls instruktiv BGH, GRUR 2001, 758, 758 ff. – Trainingsvertrag; GRUR 2009, 181, 181 ff. – Kinderwärmekissen. https://doi.org/10.1515/9783110783414-006

I. Verstoß gegen den Unterlassungsvertrag

265

gen,¹⁵³¹ sondern im Wettbewerbsrecht insbesondere auch der Schadenspauschalierung in Bezug auf die begangenen Verletzungshandlungen.¹⁵³² Voraussetzung für den Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe ist ein schuldhafter 955 Verstoß gegen das vertragliche Unterlassungsgebot.¹⁵³³ Der Vereinbarung einer Vertragsstrafe „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ lässt sich nicht entnehmen, dass der Schuldner verschuldensunabhängig haften soll.¹⁵³⁴ Das Verschulden wird jedoch bei objektiv stattgefundener Zuwiderhandlung vermutet.¹⁵³⁵ Für die Erkennbarkeit von Verstößen ist ein objektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen.¹⁵³⁶ Praxishinweis: Die Geltendmachung der Vertragsstrafe ist rechtsmissbräuchlich, wenn der Gläubiger einen Verstoß gegen die strafbewehrte Unterlassungserklärung provoziert, indem er z. B. Vorsorgemaßnahmen des Schuldners zur Verhinderung einer Zuwiderhandlung gezielt umgeht.¹⁵³⁷

956

Fehlt es an einer abweichenden Vereinbarung, können nur solche Zuwiderhandlun- 957 gen einen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe auslösen, die ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses begangen wurden.¹⁵³⁸ Die Unterlassungserklärung erfasst in der Regel neben Verletzungshandlungen, die 958 mit der begangenen identisch sind, auch solche, die ihr kerngleich sind, also das Charakteristische dieser Handlung aufweisen (vgl. Rn. 451 f.).¹⁵³⁹ Die Auslegung kann ausnahmsweise ergeben, dass die Unterlassungserklärung nur ganz bestimmte Handlungen erfassen soll (vgl. auch Rn. 269).¹⁵⁴⁰ Dies ist z. B. der Fall, wenn die Er-

 Vgl. BGH, GRUR 2014, 595, 596 – Vertragsstrafenklausel; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/ Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13a Rn. 2; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 8 Rn. 19.  Vgl. BGH, GRUR 2008, 929, 930 – Vertragsstrafeneinforderung; GRUR 2009, 181, 184 – Kinderwärmekissen; GRUR 2014, 595, 596 – Vertragsstrafenklausel.  OLG Celle, ZUM 2015, 575, 576; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 37; Brüning, in: HarteBavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 13a Rn. 19, 33; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/ Feddersen, UWG, § 13a Rn. 28.  OLG Hamm, Hinweisb. v. 3. 8. 2017 – 4 U 50/17, BeckRS 2017, 121013.  BGH, GRUR 2017, 823, 825 – Luftentfeuchter.  OLG Düsseldorf, WRP 2018, 103, 104.  BGH, GRUR 2017, 1140, 1142 – Testkauf im Internet.  OLG Düsseldorf, WRP 2016, 246, 250 f.  OLG Celle, ZUM 2015, 575, 576; OLG Hamm, Urt. v. 27. 3. 2012 – 4 U 181/11, BeckRS 2012, 11210; OLG Hamburg, NJOZ 2012, 2112, 2113; OLG Stuttgart, WRP 2018, 1131, 1132; OLG Köln, Urt. v. 24. 5. 2017 – 6 U 161/16, BeckRS 2017, 113446; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 140 ff.  OLG Hamm, Urt. v. 16.12. 2010 – 4 U 118/10, BeckRS 2011, 1572; MMR 2013, 100, 100 f.; OLG Koblenz, WRP 2015, 221, 222. Lampmann

266

D. Verfahren bei Zuwiderhandlung

klärung des Schuldners bewusst und deutlich hinter der Vorlage des Gläubigers zurückbleibt.¹⁵⁴¹ 959 Hat sich der Schuldner zur Unterlassung einer Handlung verpflichtet, durch die er

einen noch bestehenden Störungszustand ausgelöst hat, so umfasst die Verpflichtung zur Unterlassung auch die Verpflichtung zur Beseitigung des Störungszustands durch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen (sog. ergänzende Handlungspflichten, vgl. Rn. 716 ff.). Dies gilt nur dann nicht, wenn die Parteien sich ausnahmsweise ausdrücklich auf die Unterlassung künftiger Handlungen beschränkt haben (vgl. Rn. 214).¹⁵⁴² 960

Praxishinweis: Umfasst die Unterlassungserklärung, wie im Regelfall, die Beseitigungsverpflichtung, bewirkt auch die Nichtbeseitigung einen Vertragsverstoß.¹⁵⁴³ Um diesen zu vermeiden, hat der Schuldner z. B. bei Verstößen im Internet dafür zu sorgen, dass unerlaubte Inhalte weder auf seiner eigenen Website noch über eine Suchmaschine aufgerufen werden können. Zumindest bei Google als der häufigsten Suchmaschine muss er einen Antrag auf Löschung bzw. Entfernung aus dem Google-Cache stellen (vgl. Rn. 717).¹⁵⁴⁴ Recherchen bei anderen Suchmaschinen als Google sind nur im Rahmen der Zumutbarkeit Pflicht.¹⁵⁴⁵

961 Dem Gläubiger des Vertragsstrafenanspruchs steht aus dem vertraglichen Schuld-

verhältnis im Zusammenspiel mit dem Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 BGB ein zeitlich unbegrenzter, unselbstständiger Auskunftsanspruch gegenüber dem vertragsbrüchigen Schuldner dahingehend zu, ob dieser weitere Verstöße gegen seine vertragliche Unterlassungsverpflichtung begangen hat (vgl. Rn. 908 ff.).¹⁵⁴⁶ 962 Die Höhe der verwirkten Vertragsstrafe richtet sich danach, ob die Parteien den Vetrag

über eine fixe Vertragsstrafe oder eine variable, z. B. nach „neuem Hamburger Brauch“, geschlossen haben (vgl. Rn. 217 ff.), und ob mehrfache Verletzungshand-

 BGH, GRUR 1997, 931, 932 f. – Sekundenschnell; OLG Hamm, Urt. v. 16.12. 2010 – 4 U 118/10, BeckRS 2011, 1572. Für den umgekehrten Fall vgl. OLG Köln, Urt. v. 24. 5. 2017 – 6 U 161/16, BeckRS 2017, 113446.  BGH, Urt. v. 21.10. 2010 – III ZR 17/10, BeckRS 2010, 27521; OLG Düsseldorf, WRP 2016, 246, 250 ff. Vgl. auch Meinhardt, WRP 2018, 527, 531 f. mit einem entsprechenden Handlungsvoschlag und der Problemdarstellung unter dem Blickwinkel der aus der Unterlassungspflicht ggf. resultierenden ergänzenden Handlungspflichten.  BGH, GRUR 2017, 823, 824 f. – Luftentfeuchter; GRUR 2015, 258, 262 f. – CT-Paradies; GRUR 2015, 190, 192 – Ex-RAF-Terroristin; GRUR 2014, 595, 597 – Vertragsstrafenklausel; OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 351, 352; KG,WRP 2019, 92, 94 f.; OLG München, B. v. 28.5. 2014 – 29 W 546/14, BeckRS 2014, 15704; OLG Celle, B. v. 27.12. 2011 – 13 W 110/11, BeckRS 2012, 5100; OLG Dresden, WRP 2018, 978, 978 f.; OLG Köln, Urt. v. 24. 5. 2017 – 6 U 161/16, BeckRS 2017, 113446; LG Aschaffenburg, Urt. v. 10.1. 2017 – 2 HK O 16/16, BeckRS 2017, 104201; Husemann, WRP 2017, 270, 270 ff. m. w. N.  KG, WRP 2019, 92, 94 ff.; OLG Dresden, WRP 2018, 978, 978 f.; LG Stuttgart, WRP 2018, 378, 381 f.  OLG Celle, ZUM 2015, 575, 576 f.; OLG Köln, B. v. 25.4. 2007 – 6 W 40/07, BeckRS 2007, 12885.  BGH, GRUR 1992, 61, 64 – Preisvergleichsliste. Lampmann

I. Verstoß gegen den Unterlassungsvertrag

267

lungen in einer natürlichen Handlungseinheit zusammengefasst werden können (vgl. auch Rn. 1008). Praxishinweis: Der Zahlungsbetrag kann außerdem gem. § 242 BGB begrenzt werden, wenn der Gläubiger etwa zunächst treuwidrig untätig bleibt, um mehrere Verstöße zu sammeln und eine hohe Gesamtstrafe geltend zu machen.¹⁵⁴⁷ Zur Angemessenheitskontrolle und zum Rechtsmissbrauchseinwand nach der neuen Rechtslage vgl. Rn. 241 ff., 136 f.

963

2. Vertraglicher Unterlassungsanspruch Dem Gläubiger steht neben dem auf Zahlung gerichteten Vertragsstrafenanspruch ein 964 vertraglicher Anspruch auf Unterlassung zu, der naturgemäß bereits mit dem wirksamen Abschluss des Unterlassungsvertrags entsteht und nicht erst mit einer Zuwiderhandlung. Da es aber nicht „richtig“ sein kann, dem Gläubiger die Möglichkeit zu geben, un- 965 mittelbar nach Abschluss des Vertrags auf Einhaltung der Unterlassungsverpflichtung zu klagen und sich zusätzlich zu dem vertraglichen Anspruch einen vollstreckbaren Titel zu verschaffen, ohne dass seit dem Vertragsschluss ein rechtlich relevantes Ereignis stattgefunden hat,¹⁵⁴⁸ ist Voraussetzung dafür zwar nicht ein Verschulden¹⁵⁴⁹ oder eine Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr, aber doch das für jedes Gerichtsverfahren erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.¹⁵⁵⁰ Das Rechtsschutzbedürfnis aufseiten des Gläubigers wird bereits dann angenommen, 966 wenn die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Unterlassungsverpflichtung zuwidergehandelt werden könnte,¹⁵⁵¹ fehlt aber, wenn keinerlei Anhalt für die Annahme spricht, der Schuldner werde seine Unterlassungspflicht verletzen.¹⁵⁵² Ein Fall der begründeten Sorge, der Schuldner werde seinen vertraglichen Pflichten 967 nicht (mehr) nachkommen, liegt vor, wenn der Schuldner die Wirksamkeit der Vertragserklärung infrage stellt oder sich von ihr einseitig lossagt, ohne dass es auf rechtliche Auswirkungen der Lossagung vom geschlossenen Vertrag ankommt.¹⁵⁵³

 BGH, GRUR 1998, 471, 474 – Modenschau im Salvatorkeller; OLG München, Urt. v. 19.12. 2019 – 29 U 1144/19, GRUR-RS 2019, 47165 m. Anm. Kianfar, GRUR-Prax 2020, 632, 632.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 51 Rn. 59.  BGH, GRUR 1956, 238, 240 – Westfalenzeitung; GRUR 1960, 307, 309 – Bierbezugsvertrag.  BGH, GRUR 1999, 522, 524 – Datenbankabgleich. Vgl. auch OLG Düsseldorf, NJOZ 2016, 163, 166; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 13 Rn. 199.  BGH, GRUR 1960, 307, 308 – Bierbezugsvertrag.  Ohly, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 8 Rn. 58.  Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 8 Rn. 55. Lampmann

268

D. Verfahren bei Zuwiderhandlung

Er liegt erst recht vor, wenn der Schuldner durch sein Verhalten der vertraglichen Unterlassungspflicht zuwidergehandelt hat. 968 Nicht eindeutig sind die Fälle, in denen es an einer Zuwiderhandlung oder aus-

drücklichen Erklärungen des Schuldners fehlt, dieser aber auf ein Anschreiben des Gläubigers, in dem ein Vertragsverstoß dargelegt und der Schuldner zur Unterlassung und zur Zahlung der Vertragsstrafe aufgefordert wird, nicht reagiert (vgl. Rn. 165 ff.). Zum Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1 ZPO hat der BGH entschieden, dass dieses bereits dann gegeben sein kann, wenn der Schuldner mit einer nach Treu und Glauben zu erwartenden eindeutigen Erklärung zurückhält.¹⁵⁵⁴ 969

Praxishinweis: Um jedenfalls dadurch dem Gläubiger nicht die für ihn bequeme Möglichkeit zu geben, sich bezüglich des Unterlassungsantrags auf einen Vertrag zu stützen, sollte der Schuldner daher eine solche „zweite“ Abmahnung des Gläubigers jedenfalls nicht unbeantwortet lassen und zum angeblichen Verstoß Stellung nehmen.

3. Gesetzlicher Unterlassungsanspruch 970 Im Fall der Zuwiderhandlung gegen den Unterlassungsvertrag entsteht unabhängig

vom vertraglichen Unterlassungsanspruch in der Regel immer auch ein neuer gesetzlicher Unterlassungsanspruch, soweit dessen Voraussetzungen erfüllt sind. In Bezug auf die gerichtliche Durchsetzung des (neuen) gesetzlichen Unterlassungsanspruchs gelten die vorstehenden Ausführungen unter Rn. 279 ff., 895 ff.

4. Gerichtliche Durchsetzung vertraglicher Ansprüche 971 Dem Gläubiger ist nach einer Zuwiderhandlung gegen den Unterlassungsvertrag mit

dem Verweis auf einen neuen gesetzlichen Anspruch wenig geholfen. Er hat ein berechtigtes Interesse daran, neben der Vertragsstrafe auch den durch den Unterlassungsvertrag begründeten Unterlassungsanspruch, der lediglich die Darlegung eines Verstoßes oder einer Besorgnis des selbigen (vgl. Rn. 964 ff.) und nicht (wie der gesetzliche Anspruch) die Voraussetzungen des jeweiligen gesetzlichen Tatbestands erfordert (vgl. Rn. 953), durchzusetzen. 972 Bei einem bundesweit begangenen Rechtsverstoß interessiert den Gläubiger insoweit

insbesondere, ob er die vertraglichen Ansprüche – genau wie die gesetzlichen – in örtlicher Hinsicht am „fliegenden Gerichtsstand“ und in sachlicher Hinsicht am Landgericht geltend machen kann oder ob er damit etwa an den (Wohn-)Sitz des

 BGH, GRUR 2009, 83, 84 – Ehrensache. Lampmann

I. Verstoß gegen den Unterlassungsvertrag

269

Schuldners und ggf. das Amtsgericht verwiesen ist mit der Folge, dass er womöglich sogar zwei Prozesse führen muss. Dies ist für ihn insbesondere dann von Bedeutung, wenn der Schuldner im Ausland sitzt und der Unterlassungsvertrag keine Gerichtsstandsvereinbarung enthält (vgl. aber Rn. 215). Praxishinweis: Während in Bezug auf den Unterlassungsanspruch im Regelfall von einem einheitlichen Lebenssachverhalt – und folglich einem Klagegrund – ausgegangen wird, wenn der Gläubiger das beantragte Verbot sowohl auf einen gesetzlichen Unterlassungsanspruch als auch auf einen Anspruch aus einer Unterlassungsvereinbarung stützt, die die Parteien nach einer vorausgegangenen Verletzungshandlung getroffen haben (vgl. Rn. 423),¹⁵⁵⁵ kommt dies für den Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nicht in Betracht. Der Gläubiger läuft deshalb insbesondere bezüglich des Vetragsstrafenanspruchs Gefahr, auf ein getrenntes Verfahren verwiesen zu werden.

973

a) Sachliche Zuständigkeit Ob die Bestimmungen des UWG zur sachlichen Zuständikeit auch für Vertragsstra- 974 fenansprüche, die aus im Zusammenhang mit Wettbewerbsverstößen abgegebenen Unterlassungserklärungen herrühren, anwendbar sind, war in Rechtsprechung und Literatur lange Zeit umstritten und höchstrichterlich nicht geklärt.¹⁵⁵⁶ Teilweise wurde die Anwendung der Bestimmmung des § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG a. F. 975 (§ 14 Abs. 1 UWG n. F.) auf eine Vertragsstrafenforderung mit der Begründung verneint, dass diese nicht „auf Grund“ des UWG erhoben, sondern auf eine vertragliche Vereinbarung gestützt werde, die den gesetzlichen Anspruch gerade ersetzen soll (vgl. Rn. 953). Außerdem gebiete der Zweck der Zuständigkeitsregelung keine erweiternde Auslegung, weil es in der Sache nicht um wettbewerbsrechtliche Problematiken, sondern um allgemeine vertragsrechtliche Fragen, vor allem die Vertragsauslegung und die Anwendung von § 339 BGB, gehe.¹⁵⁵⁷ Nach a. A. sollte § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG a. F. (§ 14 Abs. 1 UWG n. F.) auch auf die 976 Einforderung der Vertragsstrafe angewandt werden, um – gem. den vom Gesetzgeber verfolgten Zielen – die Amtsgerichte von einer Befassung mit spezifischen Fragen des Wettbewerbsrechts, die sich auch bei der Beurteilung der Verwirkung einer Vertragsstrafe stellen könnten, zu entlasten und einen inhaltlichen Gleichklang mit anderen Zuständigkeitsvorschriften im Wettbewerbsrecht herzustellen. Dieses weite Verständnis sei auch mit dem Wortlaut der Norm vereinbar, weil die strafbewehrte Unterlassungserklärung dazu diene, die Begehungsgefahr bezüglich des gesetzlichen

 BGH, GRUR 2013, 397, 398 – Peek & Cloppenburg III; OLG Köln, ZUM 2015, 404, 407.  Ausdrücklich offenlassend BGH, GRUR 2012, 730, 732 – Bauheizgerät.  OLG Rostock, GRUR 2014, 304, 304; Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 14 Rn. 2. Weiterführend Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 45 Rn. 5. Lampmann

270

D. Verfahren bei Zuwiderhandlung

Unterlassungsanspruchs entfallen zu lassen und auch Eingang in § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG a. F. (§ 13 Abs. 1 UWG n. F.) gefunden habe, sodass der Vertragsstrafenanspruch auf einen Anspruch „auf Grund“ des UWG zurückzuführen sei.¹⁵⁵⁸ 977

Praxishinweis: Je nachdem, welcher Auffassung man folgte, war der Gläubiger in Bezug auf die Vertragsstrafenklage auf ein separates Verfahren nach allgemeinen Zuständigkeitsregelungen zu verweisen. Da fixe Vertragsstrafen – auch für erstmalige Verletzungshandlungen – in der Regel in Höhe von mindestens 5 001 Euro vereinbart werden, um im Streitfall jedenfalls die sachliche Zuständigkeit der Landgerichte nach § 71 Abs. 1, § 23 Nr. 1 GVG zu erreichen (vgl. Rn. 228), und in den Fällen einer variablen Regelung dieser Betrag ebenfalls meist erreicht werden dürfte, ergab sich in der Praxis nur selten eine amtsgerichtliche Zuständigkeit.

978 Der BGH hat inzwischen in einem Hinweisbeschluss eindeutig Stellung bezogen und

entschieden, dass die Sonderregelung des UWG maßgeblich ist und sich die sachliche Zuständigkeit aus § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG a. F. auch auf Vertragsstrafenklagen wettbewerbsrechtlichen Ursprungs erstreckt, unabhängig von der Höhe der verwirkten Vertragsstrafe (vgl. Rn. 326).¹⁵⁵⁹ Diese Beurteilung ist genauso auf die entsprechende Bestimmung des § 14 Abs. 1 UWG n. F. anzuwenden.

b) Örtliche Zuständigkeit 979 Relevanter werden die Fragestellungen bei der Bestimmung der örtlichen Zuständig-

keit. Diese richtet sich zunächst nach den für vertragliche Ansprüche geltenden allgemeinen Vorschriften, insbesondere nach §§ 12 ff., 29 ZPO, wobei als Erfüllungsort i. S. d. § 29 ZPO grundsätzlich der Sitz des Schuldners, für das vertraglich begründete Unterlassungsbegehren jedoch auch jeder Ort in Betracht kommt, für den das Unterlassungsgebot gilt und für den zugleich ein Verstoß zu befürchten ist.¹⁵⁶⁰ 980 Davon unabhängig stellt sich – genau wie bei der sachlichen Zuständigkeit – auch im

Rahmen der örtlichen Zuständigkeit gem. § 14 Abs. 2 UWG die (höchstrichterlich noch ungeklärte) Frage,¹⁵⁶¹ ob die Geltendmachung von Ansprüchen aus einem nach wettbewerbsrechtlicher Inanspruchnahme abgeschlossenen Unterlassungsvertrag ebenfalls „auf Grund“ des UWG geschieht. Bejaht man dies,¹⁵⁶² kann der Schuldner vor jedem Gericht in Anspruch genommen werden, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde.¹⁵⁶³

 OLG Jena, GRUR-RR 2011, 199, 199 f.; LG Mannheim, GRUR-RR 2015, 454, 454 f.; Büscher, in: Fezer/ Büscher/Obergfell, UWG, § 13 Rn. 7 f.; Ottofülling, in: MüKo/UWG, § 12 Rn. 270; Sosnitza, in: Ohly/ Sosnitza, UWG, § 13 Rn. 2 m. w. N.; Goldbeck, WRP 2006, 37, 38 ff.  BGH, B. v. 19.10. 2016 – I ZR 93/15, BeckRS 2016, 20396 m. Anm. Goldbeck, WRP 2017, 181, 181 ff.  Bähr, in: Ahrens, Kap. 16 Rn. 34; Rojahn/Rektorschek, in: Hasselblatt, § 6 Rn. 37.  Weiterführend Bernreuther, WRP 2017, 1315, 1315 ff.  So etwa Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 13 Rn. 7 f.  Vgl. LG Frankfurt a. M., Urt. v. 10. 2. 2016 – 2-06 O 344/15, BeckRS 2016, 15549. Lampmann

II. Ordnungsmittelverfahren

271

Der Blick auf § 14 Abs. 2 Satz 2 UWG, der im Rahmen des § 14 Abs. 2 Satz 3 UWG den 981 „fliegenden Gerichtsstand“ ermöglicht (vgl. Rn. 305 ff.), zeigt, dass in Bezug auf die örtliche Zuständigkeit gewichtige Argumente für die Gleichsetzung von vertraglichen Unterlassungs- bzw. Vertragsstrafenansprüchen mit dem gesetzlichen Anspruch sprechen, der diesen zugrunde liegt.Würde man die Gleichstellung ablehnen, so wäre der Gläubiger eines (bloß) gesetzlichen Unterlassungsanspruchs in Bezug auf die Wahl des Gerichtsstands bessergestellt als der Gläubiger, der aus dem nach einer Rechtsverletzung geschlossenen Unterlassungsvertrag dessen Verletzung und damit bereits eine zweite zu seinen Lasten begangene Tat sanktionieren möchte. Dieser Widerspruch wird noch deutlicher, wenn man bedenkt, dass der Unterlassungsvertrag seinem Sinn und Zweck nach dem Gläubiger eine solche Gewähr für die Rechtsdurchsetzung an die Hand geben soll, die derjenigen des gesetzlichen Anspruchs nicht nachsteht, diesen also insoweit zumindest gleichwertig ersetzen soll (vgl. Rn. 953). Nicht zu verkennen ist dabei schließlich auch, dass dem Gläubiger eines gesetzlichen Unterlassungsanspruchs aufgrund der Tatsache, dass bereits das Angebot eines Unterlassungsvertrags durch den Schuldner die Wiederholungsgefahr beseitigt (vgl. Rn. 264 f.), nichts anderes übrig bleibt, als den Vertrag mit dem Schuldner einzugehen und den gesetzlichen Anspruch hierdurch zu ersetzen, wenn er sich nicht völlig schutzlos stellen möchte.

II. Ordnungsmittelverfahren Verstößt der Schuldner gegen einen dem Gläubiger vorliegenden vollstreckbaren 982 Unterlassungstitel,¹⁵⁶⁴ kann dieser das Ordnungsmittelverfahren nach §§ 890 f. ZPO einleiten.¹⁵⁶⁵ Praxishinweis: Die Einleitung des Ordnungsmittelverfahrens kann als missbräuchlich angesehen werden, wenn der Gläubiger vorher dem Schuldner einen kostenpflichtigen Verzicht darauf angeboten hat; denn in einem solchen Fall setzt der Gläubiger den Druck der Zwangsvollstreckung offensichtlich nicht dem vorgesehenen Zweck der Einhaltung des gerichtlichen Gebots bzw. Verbots, sondern zum insoweit zu missbiligenden Zweck der eigenen Bereicherung ein, während eine weitergehenden Titelverletzung ggf. hingenommen wird.¹⁵⁶⁶

 Ein solcher liegt vor, wenn das Antragsbegehren nicht nur seinem Wortlaut, sondern auch seinem Inhalt nach (tatsächlich) eine Unterlassung bezweckt, vgl. OLG Köln, WRP 2017, 864, 865 f.; Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, § 12 Rn. 375 ff.  Zur Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Gewährleistungen des Art. 103 Abs. 2, 3 GG im Ordnungsmittelverfahren vgl. Schmitt-Gaedke/Schmidt, GRUR-Prax 2018, 161, 161 ff. Zur Rechtskraft des Beschlusses, durch den über den Antrag auf Verhängung eines Zwangsmittels entschieden wird, vgl. BGH, GRUR 2018, 219, 219 f. – Rechtskraft des Zwangsmittelbeschlusses.  KG, WRP 2021, 512, 512. Lampmann

983

272

D. Verfahren bei Zuwiderhandlung

1. Verfahrensrechtliche Aspekte 984 In erster Linie kommen ein Verstoß gegen eine einstweilige Verfügung (vgl. Rn. 715 ff.)

und ein auf Unterlassung gerichtetes Hauptsacheurteil in Betracht. Denkbar sind auch Ordnungsmittelverfahren bei Verstößen gegen eine notarielle Unterwerfungserklärung (vgl. Rn. 271 ff.) bzw. gerichtliche oder gerichtlich protokollierte Vergleiche.¹⁵⁶⁷ 985 Die Festsetzung von Ordnungsmitteln setzt deren Androhung gem. § 890 Abs. 2 ZPO

voraus (vgl. Rn. 481 f., 744).¹⁵⁶⁸ Die Zuwiderhandlung muss in zeitlicher Hinsicht der Androhung nachfolgen, damit der Schuldner die Gelegenheit erhält, zukünftige Zuwiderhandlungen von sich aus zu vermeiden, und der Staat das betreffende Fehlverhalten sanktionieren darf.¹⁵⁶⁹

986

Praxishinweis: Die Androhung von Ordnungsmitteln ist aufgrund ihres öffentlich-rechtlichen Charakters der Disposition der Parteien entzogen, sodass auf diese Voraussetzung auch bei Einvernehmen des Schuldners nicht verzichtet werden kann und die Androhung insbesondere nicht durch eine entsprechende Regelung in einem – auch gerichtlichen – Vergleich erfolgen kann.¹⁵⁷⁰ Hat sich der Schuldner in einem Prozessvergleich zur Unterlassung verpflichtet und diese Pflicht nicht mit einem Vertragsstrafeversprechen verbunden, sollte der Gläubiger daher daran denken, anschließend die Androhung von Ordnungsmitteln durch das Gericht herbeizuführen. Letztere ist außerdem dann möglich und sollte erwogen werden, wenn der Schuldner im Prozessvergleich neben der Unterlassung auch eine Vertragsstrafe versprochen und keinen Verzicht des Gläubigers auf die Zwangsvollstreckung nach §§ 890 f. ZPO vereinbart hat (vgl. auch Rn. 1009 f.).¹⁵⁷¹

987 Einzuhalten sind die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen gem. § 750 ZPO

mit der Maßgabe, dass in Bezug auf eine einstweilige Verfügung gem. §§ 936, 929 Abs. 1 ZPO in der Regel keine Klausel erforderlich ist (für die Zwangsvollstreckung im Ausland ist ggf. die abweichende Regelung des § 31 AVAG zu beachten), dafür aber das Vollziehungserfordernis gilt (vgl. Rn. 658 ff.).¹⁵⁷² 988

Praxishinweis: Im Fall einer Urteilsverfügung ist zudem zu berücksichtigen, dass die Befolgungspflicht vorverlagert ist und bereits mit der Verkündung beginnt (vgl. Rn. 666, 715).¹⁵⁷³ Nicht anzugreifen ist in jedem Fall der Zeitraum, in dem eine gestattete Sicherheitsleistung von dem

 von Hellfeld, Rn. 654.  von Hellfeld, Rn. 684.  BGH, GRUR 2014, 909, 910 – Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich; Schmitt-Gaedke/ Schmidt, GRUR-Prax 2018, 161, 161 f.  OLG Frankfurt a. M., B. v. 27. 2. 2020 – 6 W 21/20, GRUR-RS 2020, 4674.  BGH, GRUR 2014, 909, 910 f. – Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich. Vgl. auch Arz, GRUR-Prax 2020, 247, 247 (Anm. zu OLG Frankfurt a. M., B. v. 27. 2. 2020 – 6 W 21/20, GRUR-RS 2020, 4674).  BGH, GRUR 2009, 890, 891 – Ordnungsmittelandrohung; Haft, in: Cepl/Voß, ZPO, § 890 Rn. 6 f.  BGH, GRUR 2009, 890, 891 – Ordnungsmittelandrohung. Lampmann

II. Ordnungsmittelverfahren

273

Schuldner, nicht aber von dem Gläubiger hinterlegt worden ist: In diesem Zeitraum begangene Zuwiderhandlungen können nicht mit Ordnungsmitteln geahndet werden.¹⁵⁷⁴

Zuständig ist gem. § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO das Prozessgericht des ersten Rechtszu- 989 ges.¹⁵⁷⁵ Dies ist in wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten das Landgericht (vgl. Rn. 326), sodass im Ordnungsmittelverfahren der Anwaltszwang nach § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO herrscht.¹⁵⁷⁶ Dies gilt auch dann, wenn aus einer Beschlussverfügung vollstreckt werden soll.¹⁵⁷⁷ Praxishinweis: Da das Vollstreckungsverfahren nach § 172 Abs. 1 Satz 3 ZPO zum ersten Rechtszug gehört, bleibt der Prozessbevollmächtigte des Erkenntnisverfahrens weiterhin Zustellungsempfänger und kann sich bis zur Anzeige der Bestellung eines neuen Rechtsanwalts nicht auf ein etwaiges Erlöschen der Vollmacht berufen, § 87 Abs. 1 ZPO.¹⁵⁷⁸

Der Schuldner wird gem. § 891 Satz 2 ZPO vor der Entscheidung angehört.

990

991

Werden vom Gläubiger vorgetragene Tatsachen bestritten, trifft den Gläubiger die Last 992 der Beweisführung. Eine Glaubhaftmachung reicht im Ordnungsmittelverfahren nicht aus, und zwar unabhängig davon, ob diesem keine Klage, sondern ein einstweiliges Verfügungsverfahren vorausgegangen ist.¹⁵⁷⁹ Praxishinweis: Der Gläubiger muss nicht befürchten, dass ihm aufgrund dieser strengeren Anforderungen an das Beweismaß im Gegensatz zu dem herabgesetzten Wahrscheinlichkeitsgrad im einstweiligen Verfügungsverfahren die Überführung des Schuldners nicht möglich sein wird. Zwar ist es grundsätzlich Sache des Gläubigers, den Verstoß und das Verschulden des Schuldners darzulegen und zu beweisen. Da jedoch die Zuwiderhandlung regelmäßig dem Verhalten des Schuldners oder seiner Mitarbeiter und damit seiner Sphäre zuzuordnen ist, gilt eine Beweiserleichterung¹⁵⁸⁰ insofern, als dass vom Schuldner die Darlegung und der Beweis dessen verlangt wird, welche Maßnahmen er ergriffen hat, um etwaige Verstöße zu verhindern.¹⁵⁸¹

993

Der Gläubiger sollte in der Antragsschrift das zu verhängende Ordnungsmittel be- 994 nennen. Möglich ist die Verhängung eines Ordnungsgeldes¹⁵⁸² oder in seltenen Fällen auch die Ordnungshaft.  BGH, GRUR 2017, 208, 209 f. – Rückruf von RESCUE-Produkten.  Loschelder, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 93 Rn. 9.  Loschelder, in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 93 Rn. 11.  Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 5.9.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2020, 1068, 1068 f.  OLG Frankfurt a. M., MMR 2013, 791, 791; OLG München, NJW-RR 2015, 1204, 1205.  BGH, GRUR 1963, 270, 271 – Bärenfang.  BGH, GRUR 2009, 427, 428 – Mehrfachverstoß gegen Unterlassungstitel; OLG Frankfurt a. M.,WRP 2018, 1108, 1109.  Zu den Kosten der Beitreibung eines Ordnungsgeldes im europäischen Ausland vgl. instruktiv Kieser/Buckstegge, GRUR-Prax 2016, 253, 253 ff. Lampmann

274

995

D. Verfahren bei Zuwiderhandlung

Praxishinweis: Sofern die Verhängung eines Ordnungsgeldes beantragt wird, ist es nicht erforderlich, dessen Höhe konkret zu bestimmen. Es reicht aus, die Zahlung eines „spürbaren“ Ordnungsgeldes zu beantragen,¹⁵⁸³ bei dem vor allem die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners zu berücksichtigen wären.¹⁵⁸⁴ Der Gläubiger sollte auf einen bezifferten Antrag in der Regel sogar bewusst verzichten, um unnötige Kostenrisiken zu vermeiden (vgl. Rn. 373).¹⁵⁸⁵ Für ein etwaiges nachfolgendes Beschwerdeverfahren des Gläubigers bringt eine fehlende Bezifferung keine Nachteile: Die erforderliche Beschwer ist aufseiten des Gläubigers bereits dann vorhanden, wenn sich aus der Begründung ergibt, dass sein Rechtsschutzziel mit dem festgesetzten Ordnungsgeld nicht erreicht ist.¹⁵⁸⁶ Sofern der Gläubiger zwar nicht im Antragsbegehren, jedoch in der Begründung eine bestimmte, für einschlägig gehaltene Summe nennt, kann eine Kostenquote anhand dieser Summe gebildet werden.¹⁵⁸⁷ Bei Beantragung der Ordnungshaft ist zu beachten, dass diese nicht gegenüber der juristischen Person selbst, sondern nur gegenüber dem gesetzlichen Vertreter vollzogen werden kann (vgl. auch Rn. 1007).¹⁵⁸⁸

996 Die Ordnungsmittel des § 890 Abs. 1 ZPO haben neben ihrer Funktion als zivilrecht-

liche Beugemaßnahmen zur Vermeidung künftiger Zuwiderhandlungen auch einen repressiven, strafähnlichen Sanktionscharakter.¹⁵⁸⁹ Deshalb tritt keine Erledigung eines Ordnungsmittelverfahrens dadurch ein, dass der Schuldner in dessen Verlauf das den Titel verletzende Verhalten einstellt.

2. Verstoß gegen den Unterlassungstitel 997 Im Rahmen des Ordnungsmittelverfahrens prüft das Gericht, ob eine Zuwiderhand-

lung gegen das im Titel tenorierte Unterlassungsgebot vorliegt. 998

Praxishinweis: Eine Prüfung, ob der Titel zu Recht ergangen ist bzw. ob das zugrundeliegende (oder auch das aktuelle) Verhalten gegen eine materiell-rechtliche Norm verstößt, ist im Ordnungsmittelverfahren fehl am Platz und nicht vorzunehmen (vgl. auch Rn. 953).¹⁵⁹⁰ Dies wird – durch alle Beteiligten – häufig übersehen, sodass das Verfahren mit unnötigem Streitstoff belastet wird und z. T. in entsprechenden Fehlentscheidungen gipfelt.

 von Hellfeld, Rn. 695 ff.  BGH, GRUR 2017, 318, 319 f. – Dügida.  OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2018, 223, 224.  OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2018, 223, 224.  LG Köln, B. v. 6.8. 2020 – 14 O 119/18, n. v. (a. A. in der Folgeinstanz OLG Köln, B. v. 13.4. 2021 – 6 W 27/21, n. v.).  BGH, GRUR 1991, 929, 931 – Fachliche Empfehlung II.  BGH,WRP 2016, 477, 479 – Erledigungserklärung nach Gesetzesänderung; GRUR 2004, 264, 267– Euro-Einführungsrabatt.  BGH, GRUR 2017, 208, 210 f. – Rückruf von RESCUE-Produkten; GRUR 2015, 1248, 1249 – Tonerkartuschen; KG, WRP 2019, 635, 635. Vgl. auch Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 5.1. Lampmann

II. Ordnungsmittelverfahren

275

Ein Verstoß ist gegeben, soweit das monierte Verhalten vom Charakteristischen bzw. 999 dem Kernbereich des gerichtlichen Verbots erfasst ist (vgl. Rn. 451 f.).¹⁵⁹¹ Dies bestimmt sich nach der durch Auslegung zu ermittelnden Reichweite des Unterlassungstitels.¹⁵⁹² Ausschlaggebend ist der Streitgegenstand, über den das Gericht entschieden hat (vgl. Rn. 408 ff.).¹⁵⁹³ Zu betrachten ist in erster Linie unmittelbar der Tenor.¹⁵⁹⁴ Reicht dieser allein nicht aus, um den Umfang des Verbots zu bestimmen, sind zur Auslegung der Tatbestand und die Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen heranzuziehen.¹⁵⁹⁵ Im Rahmen des Parteivorbringens sind vor allem die die Reichweite des Unterlassungsbegehrens betreffenden Angaben des Gläubigers zu berücksichtigen.¹⁵⁹⁶ Das Prozessgericht als zuständiges Vollstreckungsorgan kann bei der Auslegung des Titels, den es erlassen hat, sein eigenes Wissen aus dem Erkenntnisverfahren heranziehen und dadurch ebenfalls Umstände berücksichtigen, die außerhalb des Titels selbst liegen.¹⁵⁹⁷ Praxishinweis: In Anwendung dieser Grundsätze hat der BGH es beispielsweise für unschädlich gehalten, dass im Tenor eines Urteils im Hauptsacheverfahren auf eine „Anlage K 1 zur Antragsschrift“ Bezug genommen wurde, da weder für die Parteien noch für das Vollstreckungsgericht Zweifel darüber bestehen konnten, dass damit die betreffende Anlage zur Klageschrift gemeint war.¹⁵⁹⁸

1000

Enthält der Titel ein Verbot, dem mehrere rechtliche Beanstandungen in der Weise 1001 zugrunde gelegt wurden, dass das Gericht im Rahmen der Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform und des insoweit einheitlichen Streitgegenstands auswählen konnte, mit welcher dieser Beanstandungen es das Verbot begründet, und keine Begründung, kommt der Schuldner einem solchen Verbot bereits dann nach, wenn er nur einer dieser Beanstandung Rechnung trägt (vgl. Rn. 444 f., 455).¹⁵⁹⁹ Zweifel bezüglich der Reichweite des titulierten Verbots gehen zulasten des Titelin- 1002 habers, da er durch eine entsprechende Antragsformulierung für die notwendige

 BGH, GRUR 2014, 706, 707 – Reichweite des Unterlassungsgebots; GRUR 2017, 208, 211 f. – Rückruf von RESCUE-Produkten; OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2018, 223, 224; WRP 2018, 1108, 1109; KG, WRP 2019, 635, 635.  OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2018, 223, 224; WRP 2018, 1223, 1224; KG, WRP 2019, 635, 635; Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 5.4. Zur Beachtung des Bestimmtheitsgebots des Art. 103 Abs. 2 GG vgl. BGH, GRUR 2018, 292, 294 – Produkte zur Wundversorgung; Schmitt-Gaedke/Schmidt, GRUR-Prax 2018, 161, 162 f.  BGH, GRUR 2006, 421, 422 – Markenparfümverkäufe.  BGH, GRUR 2013, 1071, 1072 – Umsatzangaben; KG, WRP 2019, 635, 635 f.  BGH, GRUR 2015, 269, 270 – K-Theory.  BGH, GRUR 2014, 1211, 1212 – Runes of Magic II; GRUR 2017, 208, 211 f. – Rückruf von RESCUEProdukten; OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 1114, 1115.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 1223, 1224.  BGH, GRUR 2020, 891, 893 – Cookie-Einwilligung II.  OLG Frankfurt a. M., B. v. 27.5. 2019 – 6 W 95/18, BeckRS 2019, 15400. Lampmann

276

D. Verfahren bei Zuwiderhandlung

Klarheit sorgen kann und das Vollstreckungsverfahren nicht mit Ungewissheiten belastet werden soll, die besser im Erkenntnisverfahren geklärt werden (vgl. auch Rn. 495 m. Fn. 701, Rn. 752).¹⁶⁰⁰ 1003 Die Annahme einer zu sanktionierenden Zuwiderhandlung setzt das Verschulden des

Schuldners voraus (vgl. auch Rn. 719), da die Vorschrift des § 890 Abs. 1 ZPO auch strafrechtliche Elemente enthält.¹⁶⁰¹ Anders als beim Verstoß gegen eine vertragliche Unterlassungsverpflichtung, wonach das Verschulden eines Erfüllungsgehilfen zugerechnet wird (vgl. Rn. 161), ist dabei das persönliche Verschulden erforderlich.¹⁶⁰² Die Anwendbarkeit von § 8 Abs. 2 UWG oder § 831 BGB ist ausgeschlossen. 1004 Diese Einschränkungen führen selten dazu, dass die Einstandspflicht des Schuldners

im Ergebnis ausscheidet. Denn diesen trifft jedenfalls ein – streng zu beurteilendes – Organisationsverschulden, wenn er auf Mitarbeiter,¹⁶⁰³ Beauftragte¹⁶⁰⁴ sowie sonstige Personen, auf die er wirtschaftlichen Einfluss hat, zur Verhinderung von Zuwiderhandlungen nicht hinreichend eingewirkt hat.¹⁶⁰⁵ Die Belehrung der Mitarbeiter oder Beauftragten hat schriftlich zu erfolgen und muss auf die Nachteile aus einem Verstoß hinweisen, sowohl hinsichtlich etwaiger Sanktionen seitens des Schuldners als auch hinsichtlich solcher der Zwangsvollstreckung; reine Information über den bestehenden Titel ist nicht ausreichend.¹⁶⁰⁶ Die Einhaltung der Anordnungen muss überwacht¹⁶⁰⁷ und auch bei Abwesenheit des Geschäftsführers gewährleistet werden.¹⁶⁰⁸ 1005 Gleiche Kriterien gelten hinsichtlich selbstständiger Dritter, deren Handeln dem

Schuldner wirtschaftlich zugutekommt: Der Schuldner muss auf diese einwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und rechtliche oder auch nur tatsächliche Einflussmöglichkeiten auf das Verhalten der Dritten hat.¹⁶⁰⁹ Der Schuldner ist u.U. verantwortlich, wenn er eine vorhersehbare Zuwiderhandlung

 OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 1114, 1115; Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 5.4.  BVerfG, GRUR 2007, 618, 619.  Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 5.6; Schmitt-Gaedke/ Schmidt, GRUR-Prax 2018, 161, 161.  BGH, GRUR 2013, 1067, 1069 – Beschwer des Unterlassungsschuldners.  BGH, GRUR 2013, 1067, 1069 – Beschwer des Unterlassungsschuldners; OLG Frankfurt a. M.,WRP 2018, 1108, 1109.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 1108, 1109; WRP 2021, 76, 77; Köhler/Feddersen, in: Köhler/ Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 5.7.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 1108, 1109 m. w. N.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 1108, 1109.  LG Koblenz, B. v. 23.7. 2019 – 2 HK O 9/19, zit. nach juris, n. rkr.  BGH, GRUR 2018, 1183, 1183 – Wirbel um Bauschutt; KG, WRP 2019, 1483, 1484. Lampmann

II. Ordnungsmittelverfahren

277

durch die Kunden veranlasst hat, ohne darauf hinzuwirken, dass diese Zuwiderhandlung verhindert wird.¹⁶¹⁰ Praxishinweis: Der Schuldner trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, den sich insoweit ergebenden Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen zu sein.¹⁶¹¹ Eine unsichere Rechtslage kann sich zwar ggf. mindernd auf die Höhe des zu verhängenden Ordnungsgeldes auswirken,¹⁶¹² lässt ein Verschulden aber nicht entfallen, wenn die Bedenklichkeit der Handlung bei hinreichender Sorgfaltsanspannung erkennbar war. Bei einer nicht vollständig geklärten Rechtslage ist der anwaltlich beratene Schuldner gehalten, den sichersten Weg zu gehen.¹⁶¹³

1006

In den Konstellationen, in denen sich die Verbotsverfügung gegen mehrere 1007 Schuldner richtet, kann das Ordnungsmittel gegen jeden einzelnen Schuldner beantragt werden. Besonderheiten ergeben sich jedoch, wenn zu den Schuldnern neben natürlichen Personen auch eine juristische Person gehört. Sind sowohl eine juristische Person als auch ihr Organ aus einem Vollstreckungstitel zur Unterlassung verpflichtet, und handelt das Organ im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit für die juristische Person dem Verbot zuwider, ist nur gegen die juristische Person ein Ordnungsgeld nach § 890 Abs. 1 ZPO festzusetzen.¹⁶¹⁴ Liegen mehrere Zuwiderhandlungen vor, ist bei der Bemessung der Höhe des 1008 Ordnungsgeldes relevant, ob diese eine natürliche Handlungseinheit bilden (vgl. auch Rn. 962).¹⁶¹⁵ Dies ist der Fall, wenn sie aufgrund ihres räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs so eng miteinander verknüpft sind, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitlich zusammengehörendes Tun erscheinen.¹⁶¹⁶ Auf die früher verwendete Rechtsfigur des Fortsetzungszusammenhangs wird heutzutage nicht mehr zurückgegriffen.¹⁶¹⁷ Ist der Unterlassungsanspruch tituliert und darüber hinaus durch ein vertragliches 1009 Vertragsstrafeversprechen gesichert, kann der Gläubiger grundsätzlich sowohl die Zwangsvollstreckung nach §§ 890 f. ZPO betreiben als auch die Vertragsstrafe verlangen.¹⁶¹⁸ Die Gefahr einer Doppelsanktionierung kann dadurch ausgeschlossen

 OLG Koblenz, WRP 2019, 789, 789 f.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 1108, 1109.  Zum Verschuldensgrad bei unsicherer Rechtslage vgl. OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 1223, 1226; WRP 2018, 1114, 1115; KG, WRP 2019, 635, 636.  OLG Frankfurt a. M., WRP 2018, 1223, 1226.  BGH, GRUR 2012, 541, 542 – Titelschuldner im Zwangsvollstreckungsverfahren, m. w. N.  Schmitt-Gaedke/Schmidt, GRUR-Prax 2018, 161, 163.  BGH, GRUR 2001, 758, 759 f. – Trainingsvertrag; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29. 8. 2019 – 2 U 44/18, GRUR-RS 2019, 33231.  BGH, GRUR 2009, 427, 428 – Mehrfachverstoß gegen Unterlassungstitel.  BGH, GRUR 1998, 1053, 1054 – Vertragsstrafe/Ordnungsgeld; GRUR 2010, 355, 358 – Testfundstelle. Lampmann

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D. Verfahren bei Zuwiderhandlung

werden, dass die jeweils früher verhängte Sanktion bei der Höhe der jeweils späteren berücksichtigt wird.¹⁶¹⁹ 1010

Praxishinweis: Im Rahmen eines Prozessvergleichs kann dieser Gefahr außerdem derart von vornherein begegnet werden, dass der Gläubiger z. B. darauf verzichtet, im Fall einer Zuwiderhandlung Ordnungsmittel zu beantragen, und sich verpflichtet, ausschließlich aus dem Unterlassungsvertrag vorzugehen (vgl. auch Rn. 986).¹⁶²⁰

 BGH, GRUR 2014, 909, 910 – Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich, m. w. N.  Brüning, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 13a Rn. 21. Lampmann

Normenverzeichnis Soweit nichts anderes vermerkt ist, verweisen die Zahlen auf die Randnummern.

AEUV Art. 267

502 m. Fn. 712

AMG §2 § 21

567 m. Fn. 819 567 m. Fn. 819

AVAG § 30 § 31

495 987

BeurkG § 49

675

BGB § 12 § 31 § 124 § 126 § 130 § 133 § 134 § 138 § 146 § 150 § 151 § 157 § 164 § 174 § 177 § 187 § 193 § 195 § 197 § 199 § 201 § 202 § 203 § 204 § 209 § 213 § 214 § 215

865 883 714 187 30; 54 200 249 f. 252 184 183 178 m. Fn. 204; 179 f. 200 30 25; 28 f.; 48 187 704; 875 755 856; 858 m. Fn. 1391, 1392; 859; 865; 868; 873 861; 870; 872 858 m. Fn. 1391; 870; 875; 877; 884 870 88; 891 886; 949 10; 770; 796; 887 f.; 892; 949 10; 770; 796; 887 f. 893 886 860

https://doi.org/10.1515/9783110783414-007

§ 241 § 242

§ 824 § 826 § 831 § 852 § 1004

857 53; 59; 115; 221; 242; 245; 568 m. Fn. 821; 836; 909; 913; 961; 963 738; 904 106 47 857 65 115 221; 242 221; 242 952; 975 221; 242; 244 913 780 f.; 857 913 780 f.; 857 541 913 780 f.; 857 913 187 196; 541; 725 m. Fn. 1156; 741 m. Fn. 1188; 865; 867 865 541; 725 m. Fn. 1156; 865 1003 863 196

BORA § 12 § 14

779 691

BRAO § 49c § 59b

540 691

§ 249 § 276 § 305 § 311 § 312d § 314 § 315 § 319 § 339 § 343 § 666 § 670 § 675 § 677 § 678 § 681 § 683 § 687 § 780 § 823

BVerfGG § 23 § 30 § 31 § 32

601 612 611 m. Fn. 923 550; 599; 601; 603; 605; 606 m. Fn. 910; 607 f.; 611 f.; 838

280

Normenverzeichnis

§ 90 § 92 § 93 § 93a § 93b § 93c § 93d

601; 603; 609 601 601; 612 601; 605; 609 612 m. Fn. 925 611 m. Fn. 923 612

DesignG § 49 § 54

865 391

§ 63 § 66 § 68 KV Vorb. 1.4 KV Nr. 1410

135; 343; 365; 378 347 381 345 135; 343; 345; 359; 360; 361 ff.; 366 f.; 369; 371; 386 402 402; 404 394; 395; 401 ff. 837 837

EGStGB Art. 9

871

GOBVerfG § 40

560; 612

EuGVVO ErwG 41 Art. 5 Art. 7 Art. 25 Art. 29 Art. 35 Art. 45 Art. 46

288 297 288; 294 f.; 297 f. 296 340 339 518 518

GVG § 23 § 71 § 95 § 96 § 97 § 98 § 99 § 101

228; 326; 977 228; 977 331 328 332 328 332 330

EuZVO Art. 8

683

GebrMG § 24 f § 26

865 391

HGB § 37 § 60 § 61 § 325 § 348 § 350

865 866 866 466 244 f. 188

GeschGehG § 22

391

HWG § 3a

567 m. Fn. 819

HZÜ Art. 5

683

JVKostG § 15a KV Nr. 1160

542 542

KSchG § 23

66; 234; 237

LugÜ Art. 5 Art. 27

288 340

GG Art. 2 Art. 3 Art. 5 Art. 20 Art. 101 Art. 103

GKG § 12 § 18

548; 579 488 m. Fn. 688; 546; 548; 549; 596; 838 551; 608 488 m. Fn. 688; 546; 548; 549; 579; 596; 838 315 479 m. Fn. 674; 533; 539; 540 m. Fn. 769; 546; 548; 595; 982 m. Fn. 1565; 999 m. Fn. 1592

343; 389; 486; 823 398

§ 39 § 40 § 45 § 48 § 51

Normenverzeichnis

Art. 31 Art. 34

339 518

MarkenG § 18 § 20 § 140 § 141 § 142

921 865 324 f. 324 391

MVKonzVO §4 NemV §3

802 543

SächsJOrgVO § 13 315 m. Fn. 407 SRV §2

540

StGB § 263

94

TMG §5

65

UKlaG §1 § 1a §2 § 2a § 2b §3 §4 § 4a § 4d §5 §6 § 13

144 144 144; 321 f. 144 144 85; 915 85 36 36 388; 617 321; 323 915

UrhG § 102

865

315 m. Fn. 408

567 m. Fn. 819

NRWKonzVO Wettbewerbsstreitsachen §1 315 m. Fn. 410 PAngV §1

438; 460

PatG § 33 § 141 § 144

865 865 391

RL 2002/46/EG (Nahrungsergänzungsmittelrichtlinie) Anhang II 567 m. Fn. 819 RL 2004/48/EG (Durchsetzungsrichtlinie) Art. 9 575 RVG § 3a § 15 § 15a § 16 § 17 § 19 § 23 § 25 VV Nr. 2300 VV Nr. 2301 VV Vorb. 3 VV Nr. 3100 VV Nr. 3101

VV Nr. 3104 VV Nr. 3403

281

397 82 83; 89 837 780 84; 544 343; 389 276 81; 780 764 83; 89; 543 83; 543 f.; 802 84; 543

UWG §3 § 3a §4 § 4a §5 § 5a §8

§ 8b § 8c

§9

238; 322 81; 238; 867 164; 290; 916 322 322; 422 65; 322; 422 31; 33; 35; 67; 85; 106; 137 m. Fn. 169; 256; 857; 868; 883; 914 ff.; 917; 1003 36; 85 38; 48; 59; 100; 106; 111 f.; 113 ff.; 119 ff.; 122 f.; 126; 129; 132 f.; 135; 137; 144; 148; 231; 521; 568 m. Fn. 821 69; 74; 298 m. Fn. 375; 326 m. Fn. 427; 780; 857; 868; 902

282

Normenverzeichnis

§ 10 § 11

858 10; 88; 109; 622; 780; 856 ff.; 863 ff.; 874 f.; 877; 882 ff.; 886; 902 9; 386; 388; 390 ff.; 466; 484 f.; 496; 501; 502 m. Fn. 714; 531; 617 f.; 621; 632; 638; 650 f.; 897; 922 11; 20 f.; 22; 31; 37 ff.; 41; 58; 59; 63; 64 ff.; 68; 69; 71 f.; 74; 90; 92; 96; 100; 102; 104 ff.; 108 ff.; 112; 148; 234 ff.; 338; 780; 857 f.; 976 137; 153; 221; 223 f.; 227; 231; 234; 237 ff.; 241 ff.; 246 f.; 250; 257; 260; 279 284; 298; 299; 301 ff.; 307; 309; 311; 313 ff.; 324 f.; 326; 338; 342; 975 f.; 978; 980 f. 221; 246; 279; 886 m. Fn. 1452 20; 64; 110; 234; 239 322

§ 12

§ 13

§ 13a

§ 14

§ 15 § 15a Anhang ZPO §3 §4 §5 § 12 § 29 § 32 § 35 § 42 § 78 § 87 § 88 § 89 § 91 § 91a § 93

§ 99 § 110 § 130d § 132 § 138 § 139 § 148 § 166

343; 345; 359; 386; 389 347; 376 378 284; 298; 979 979 301 275 m. Fn. 339; 313 598 496; 535; 540; 793; 846; 989 990 655 654 74; 541; 817; 872 168; 267; 803 f.; 835 m. Fn. 1360; 942 15; 28; 52; 56 f.; 67; 168; 236; 338; 531; 594; 771 f.; 775 ff.; 783; 807; 809 ff.; 815; 834; 901; 944 448; 817 486 540 496; 653 528 429 f.; 433; 470; 525; 558; 587 942 686

§ 167 § 169 § 172 § 179 § 185 § 189 § 191 § 192 § 216 § 217 § 222 § 224 § 226 § 231 § 253 § 256 § 260 § 261 § 269 § 272 § 274 § 283 § 286 § 287 § 292 § 293 § 294 § 296 § 307 § 308 § 310 § 313b § 317 § 318 § 329 § 377 § 513 § 529 § 530 § 531 § 538 § 542 § 545 § 567 § 569 § 571 § 572 § 707 § 717

706; 708; 823; 825; 887 676 688 f.; 990 683 668 684; 695 686 706 496 488 m. Fn. 689; 496 704 698 496 825 415; 426; 584; 903 933 f.; 968 902; 908 337 499; 939 496 496; 653 654 642 642; 753; 905 119 648 486; 534; 617; 642 f.; 647; 654; 754; 897 654 815 442 f.; 448 f. 703 734 666; 676; 747 596 665; 676 647 287; 315; 849 656; 851 656; 851 656; 851 595 313; 847; 853 287; 315 841 818; 841 312; 315; 842 844 596; 720; 723; 738; 747 725

Normenverzeichnis

§ 719 § 750 § 775 § 776 § 788 § 796a § 797 § 802 § 887 § 888 § 890

§ 891 § 917 § 919 § 920 § 921 § 922 § 924 § 925 § 926

§ 927

720; 723; 738; 747 660; 987 799 799 662 275 275 335 662; 719 662 200; 274; 433; 466; 482; 486; 495; 660; 662; 665; 744 f.; 871; 918; 982; 985 f.; 989; 996; 1003; 1007; 1009 991 614 333; 338 486; 496; 534 f.; 540; 617; 642; 647; 654; 754; 846; 897 491; 534; 744 491 f.; 495; 498; 573; 588; 665; 686; 847 595 f.; 720; 723; 738; 747; 760; 789; 793 595 f.; 747; 790; 797 482; 723; 735 ff.; 738; 741 m. Fn. 1187; 751; 760; 816; 819; 822 ff.; 835; 899 710; 741 m. Fn. 1187; 760; 816; 820; 826; 828; 837

§ 928 § 929

§ 935 § 936

§ 937 § 938 § 939 § 940 § 942 § 944 § 945

§ 945a § 945b § 1042

283

486; 658 f. 481 f.; 661; 670; 681; 697; 699; 712; 747 m. Fn. 1204; 748; 835; 987 484; 500; 613; 617 481 f.; 486; 491 f.; 495 f.; 498; 534 f.; 540; 573; 588; 595 f.; 614; 617; 642; 647; 654; 658 f.; 661; 665; 670; 681; 686; 697; 699; 710; 712; 720; 723; 735 ff.; 738; 741 m. Fn. 1187; 744; 747 f.; 751; 754; 760; 789 f.; 793; 797; 816; 819 f.; 822 ff.; 826; 828; 835; 837; 846 f.; 897; 899; 987 303; 333; 338; 488 f.; 497; 531; 547; 553; 568; 577 f. 430; 433; 470; 501; 565; 585; 589 m. Fn. 869; 604; 752 723; 738; 797 484; 500; 613; 617 482; 723; 735; 738; 751 493 f. 482; 531; 606; 717 m. Fn. 1128; 723 ff.; 726 f.; 729; 731; 734; 735 ff.; 739 ff.; 742 ff.; 746 ff.; 749 ff.; 767; 770; 800; 873 170; 528; 533; 538 ff.; 555; 569 538 m. Fn. 766 546 m. Fn. 784

Stichwortverzeichnis Soweit nichts anderes vermerkt ist, verweisen die Zahlen auf die Randnummern.

Abhilfeverfahren s. Beschwerde, sofortige Abmahnkosten – 58 ff.; 152; 927 – Anerkenntnis durch Unterlassungserklärung 86; 126; 204 – Anrechnung auf Verfahrensgebühr 83; 89 – Ausschluss der 39 f.; 64 ff.; 71; 104 f. – bei Dauerdelikt 70 – bei Drittunterwerfung s. hier → bei (erneuter) Abmahnung durch anderen Gläubiger – erforderliche Kosten 74 ff. – bei (erneuter) Abmahnung durch anderen Gläubiger (s. auch Unterlassungserklärung → gegenüber Drittem) 60; 72; 90 f. – bei erneuter Abmahnung durch denselben Gläubiger 92 f. – und Freistellungsanspruch 78 f. – und Gegenstandswert s. Gegenstandswert → für Berechnung von Kosten für Abmahnung – Geltendmachung in Abmahnung 21; 37 ff.; 67; 84; 94; 108; 118; 134 f. – Geltendmachung vor Gericht 79 f.; 87 ff.; 152; 854; 927 – aus Geschäftsführung ohne Auftrag 58; 68; 71; 90 – bei Honorarvereinbarung 80 – als Nebenforderung 376 – und objektive Klagehäufung 38; 82; 97 f. – bei qualifizierter/m Einrichtung/Wirtschaftsverband s. qualifizierter Wirtschaftsverband → und Kostenerstattung für Abmahnung – Quotelung der s. Streitgegenstand → und Kostenerstattung – und Rechnungsstellung gegenüber Mandanten 79 – und Rechnungsstellung gegenüber Schuldner 59 m. Fn. 51 – trotz Rechtsabteilung 75 – aus Schadensersatz 58; 69 ff.; 74; 91; 255 – und „Schubladenverfügung“ 60; 94 – und Streitwertbemessung s. Streitwert → von Rechtsanwaltskosten – und subjektive Klagehäufung 38; 82 https://doi.org/10.1515/9783110783414-008

– als Teil von Verfahrenskosten 87 – bei überdurchschnittlichem Aufwand 81; 126 – Umfang der 71 f.; 74 ff.; 97 ff.; 343; 389; 420 m. Fn. 561; 448 m. Fn. 621; 473 m. Fn. 666 – und Umsatzsteuer 12 m. Fn. 3; 59 m. Fn. 51; 882 m. Fn. 1439 – und Verjährung 88; 857; 890 f. – und Verschulden 62; 69; 91 – Verweigerung aufgrund Vollmachtsrüge 29 – Voraussetzungen für 37 ff.; 58 ff. – bei vorbeugender Unterlassungserklärung 255 – zeitlicher Anknüpfungspunkt für Beurteilung der 61; 90; 94 Abmahnung – 11 ff. – gegenüber Abnehmer s. Rechtsmissbrauch/ Treuwidrigkeit → und Abnehmerverwarnung – als Angebot eines Vertrags s. Unterlassungserklärung → als Angebot eines Vertrags – und Antwortobliegenheit des Schuldners s. Schuldner, besondere Pflichten/Obliegenheiten des → Rückmeldung nach Abmahnung – Beweis-/Glaubhaftmachungslast in s. Beweis-/Glaubhaftmachungslast → bei Abmahnung – Doppelfunktion der 13; 54 – Entbehrlichkeit der 73; 530; 580; 811 – erneute durch anderen Gläubiger s. Unterlassungserklärung → gegenüber Drittem – erneute durch denselben Gläubiger (nach abgeschlossenem Unterlassungsvertrag) s. Unterlassungsanspruch → vertraglicher (auch Verhältnis zu gesetzlichem); Vertragsstrafe; Vertragsstrafeversprechen → bei erneuter Zuwiderhandlung; Wiederholungsgefahr → „Wiederaufleben“ der – erneute durch denselben Gläubiger (ohne Unterlassungsvertrag) 92 f.; 586; 809 – Form der 17; 57 – Fristsetzung in s. Fristsetzung → in Abmahnung

Stichwortverzeichnis

– Inhalt der (s. auch Darlegung → in Abmahnung; Streitgegenstand → und Darlegung in Abmahnung; Waffengleichheit, prozessuale → und Übereinstimmung zwischen Abmahnung und Verfügungsantrag) 11; 12; 18 ff.; 84; 94; 96; 584 – und Irrtum über Sach-/Rechtslage 106 f. – und Kostenerstattung s. Abmahnkosten; Rechtsverfolgungskosten, vorgerichtliche → ohne Abmahnung; Rechtsverteidigungskosten, vorgerichtliche – ohne Mandanten 26; 133 – und „Nachfasspflicht“ des Gläubigers 9; 92; 201; 208; 270; 586; 809 m. Fn. 1322 – als Obliegenheit (s. auch Zugang → der Abmahnung) 11; 14; 338; 528 ff.; 712 f.; 809; 811 – Reaktionsmöglichkeiten auf (s. auch Unterlassungserklärung → oder einstweilige Verfügung) 150 ff. – rechtliche Ausführungen in 19; 42; 567; 584 – ohne Rechtsanwalt 76 f.; 92 – rechtsmissbräuchliche 38; 48; 59; 106; 111 f.; 113 ff.; 152; 164 – unbefugte 31 ff. – unbegründete/überschießende (s. auch hier → unbefugte) 16; 48; 60 f.; 90 f.; 97 ff.; 102 f.; 106 f.; 138 f.; 148; 152; 167 f.; 420 m. Fn. 561; 448 m. Fn. 621; 473 m. Fn. 666 – unberechtigte 43; 59 ff.; 72; 90 f.; 92 f.; 94; 96; 102 f.; 106 f.; 112; 148; 152; 167 f. – unkorrekte 16; 20 f.; 40; 58; 59; 67; 102 ff.; 152 – und Vollmacht s. Vollmacht → und Abmahnung – und vorformulierte Unterlassungserklärung s. Unterlassungserklärung → vorformulierte – Wesen der 12 ff.; 54; 70 – Zugang der s. Zugang → der Abmahnung – Zweck der 11; 13 ff.; 20; 54; 60; 70; 87; 90; 103; 168; 528; 584; 586 Abschlusserklärung – 7; 754; 759 ff. – und Anerkenntnis 762; 764 – Annahme der 764; 774 – Auslegung der 763 – Bedingung in s. hier → Vorbehalt in – gegenüber Drittem 758 f. – Einschränkung der s. hier → Vorbehalt in – Form der 765 f.

285

– Formulierungspflicht des Schuldners s. Wiederholungsgefahr → Pflicht des Schuldners zu Ausräumung der – Inhalt der 760 ff.; 816 – und Kerntheorie s. Kerntheorie – und Kostenwiderspruch 762 – und „Nachfasspflicht“ des Gläubigers s. Abschlussschreiben → und „Nachfasspflicht“ des Gläubigers – und objektive Klagehäufung s. hier → Reichweite der – Reichweite der 759 ff.; 768; 816 – und Schadensersatz nach § 945 ZPO 724; 734; 743 m. Fn. 1192; 767 – und subjektive Klagehäufung s. hier → gegenüber Titelinhaber – gegenüber Titelinhaber 759 – Überlegungszeit für Schuldner s. Abschlussschreiben → Zeitpunkt des Versands des – unter Verwahrung gegen Kostenlast 762 – Verweigerung der 128; 769; 782 ff.; 795; 898 – Vorbehalt in 761 f. – vorformulierte 763 m. Fn. 1246; 774 – Wirkung der 767 f. – Zugang der s. Zugang → der Abschlusserklärung – Zweifel über Reichweite der 763 Abschlussschreiben – 764; 769; 770 ff. – Adressat des 779 – Begründung des 772 – Doppelfunktion des 771 f. – Entbehrlichkeit des 764; 781 ff.; 816 – Erklärungsfrist für Schuldner s. Fristsetzung → in Abschlussschreiben – erneutes 775; 783 f. – Form des 777 – Fristsetzung in s. Fristsetzung → in Abschlussschreiben – und Gegenstandswert s. Gegenstandswert → für Berechnung von Kosten für Abschlussschreiben – und Hauptsacheverfahren 778; 781 – Inhalt des 764; 772 ff.; 816 – und Kostenerstattung 76; 343; 389; 764; 780 ff.; 857; 891; 927 – und Kostenerstattung bei Wegfall einstweiliger Verfügung 781 – und Kostenwiderspruch 816 – und „Nachfasspflicht“ des Gläubigers 764

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Stichwortverzeichnis

– als Nebenforderung 376 – als Obliegenheit (s. auch Zugang → des Abschlussschreibens) 770 f.; 775; 783 f. – durch qualifizierte/n Einrichtung/Wirtschaftsverband s. qualifizierter Wirtschaftsverband → und Kostenerstattung für Abschlussschreiben – ohne Rechtsanwalt 76 f. – und Streitwertbemessung s. Streitwert → von Rechtsanwaltskosten – und Umsatzsteuer 771 m. Fn. 1260; 780 – und Verjährung 770; 857; 898 f. – zwecks Vollziehung einstweiliger Verfügung 671 – und vorformulierte Abschlusserklärung s. Abschlusserklärung → vorformulierte – Zeitpunkt des Versands des 755 f.; 764; 769; 781; 783 f.; 786 f.; 898 – Zugang des s. Zugang → des Abschlussschreibens – Zweck des 671; 757; 764; 770 f.; 775; 781 „actus contrarius“ – 156 f. Adressat – der Abschlusserklärung s. Abschlusserklärung → gegenüber Drittem, → gegenüber Titelinhaber – des Abschlussschreibens s. Abschlussschreiben → Adressat des – der Gegenabmahnung 30 – der Unterlassungserklärung s. Unterlassungserklärung → gegenüber Drittem – der Zustellung s. Vollziehung einstweiliger Verfügung → und Adressat der Zustellung Aktivlegitimation – 31 ff. Aliud s. Antrag → Änderung als Aliud Anerkenntnis – durch Abschlusserklärung s. Abschlusserklärung → und Anerkenntnis – durch Befolgung einstweiliger Verfügung 836 – durch Kostenwiderspruch s. Kostenwiderspruch → und Anerkenntnis – durch Unterlassungserklärung s. Abmahnkosten → Anerkenntnis durch Unterlassungserklärung; Unterlassungserklärung → und Anerkenntnis Anerkenntnis, sofortiges – 168; 807 ff.

– mangels Abmahnung 15; 56 f.; 67; 236; 338; 531; 808 f.; 901 – mangels Abschlussschreibens 771 f.; 777; 783 f.; 901 – bei abweichendem Streitgegenstand in Hauptsacheverfahren 901 – und Beweis-/Glaubhaftmachungslast s. Beweis-/Glaubhaftmachungslast → bezüglich Zugangs – bei Drittunterwerfung 168 – bei negativer Feststellungsklage 944 f. – trotz Sequestrationsantrags 811 – bei unangemessener Fristsetzung 52; 594; 776 – bei unzureichender Unterlassungserklärung 809 – mangels Verzichtsaufforderung durch Schuldner 834 – mangels Vollmachtsnachweises 28; 809 Anerkenntnisurteil – in einstweiligem Verfügungsverfahren 614 m. Fn. 931; 757 – Folgen fehlender Begründung des 445; 734 – und Schadensersatz nach § 945 ZPO 734 Anhörung des Schuldners – in einstweiligem Verfügungsverfahren (s. auch einstweiliges Verfügungsverfahren → Beteiligung des Schuldners an) 486 m. Fn. 687; 528 ff.; 552 ff.; 579 ff.; 590 f.; 592 ff.; 610 – in Ordnungsmittelverfahren s. Ordnungsmittelverfahren → Anhörung des Schuldners in Anschlussberufung s. Berufung → Anschlussberufung Antrag (s. auch Streitgegenstand) – 406 f.; 408 ff.; 425 ff. – Änderung als Aliud (s. auch Streitgegenstand → und Dispositionsmaxime) 449; 534 m. Fn. 757; 565; 585; 658; 889 – Änderung als „Minus“ 79; 447; 457; 463 f.; 566; 604; 732; 864; 889; 940 – auf Ausfertigung gerichtlicher Entscheidung 676 f. – auf Auskunft 912; 913 – Auslegung des (s. auch Ordnungsmittelverfahren → und Auslegung des Unterlassungstitels) 399; 427 f.; 429; 435; 440; 442; 446 ff.; 451 ff.; 457; 461 f.; 465 f.; 469 f.; 474; 814; 852 m. Fn. 1383; 893

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– Bestimmtheit des (s. auch Verlagerung des Rechtsstreits in Zwangsvollstreckungsverfahren) 415 f.; 418; 426 ff.; 430 ff.; 439 f.; 447; 449; 454; 456; 460 f.; 470; 477; 479 m. Fn. 674 – Bezugnahme auf Anlagen in 439 f.; 455; 680; 685; 1000 – doppelte Verneinung in (s. auch Leistungsverfügung) 465 f.; 617 m. Fn. 940 – und ergänzende Handlungspflichten 719 – und Erledigung 801 ff.; 941 f. – bei Erstbegehungsgefahr 475 – auf Feststellung der Schadensersatzpflicht 903 – Haupt-/Hilfsantrag 457; 467 ff.; 480; 534; 585; 634; 886 m. Fn. 1452; 893 – und Hinweispflicht des Gerichts s. Hinweis, richterlicher – „insbesondere“-Zusatz in s. „insbesondere“Zusatz – und Kammer für Handelssachen 328; 330 f. – bei Klageerzwingung 821; 824 – und konkrete Verletzungshandlung/-form s. Verletzungshandlung/-form, konkrete – auf Leistung s. hier → doppelte Verneinung in – bei negativer Feststellungsklage 163; 929 f.; 939 ff. – und Nennung erlaubter Handlungsweisen s. Schuldner, besondere Pflichten/Obliegenheiten des → „Herausfinden“ aus Unterlassungspflicht; Verallgemeinerung der Unterlassungspflicht – auf Ordnungsmittelandrohung 274 m. Fn. 335; 481 f. – in Ordnungsmittelverfahren 373; 994 f. – auf Rechnungslegung 913 – Rücknahme des s. Antragsrücknahme – bei Streitwertbeschwerde 399 – überschießender s. hier → und Verbot erlaubter Handlungsweisen – unbestimmte/auslegungsfähige (Rechts‐)Begriffe in s. Gesetzeszitate bei Formulierung der Unterlassungspflicht – Verallgemeinerung in s. Verallgemeinerung der Unterlassungspflicht – und Verbot erlaubter Handlungsweisen 447 f.; 456 ff. – und Verjährung (s. auch Streitgegenstand → und Verjährung) 864 – auf Veröffentlichung des Urteils 926

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– auf Vornahme einer Handlung s. hier → doppelte Verneinung in – und Widerspruchsverfahren 789; 797; 803; 805 f. – „wörtlich oder sinngemäß“ in 462 – Zitieren des Gesetzes in s. Gesetzeszitate bei Formulierung der Unterlassungspflicht – Zweifel über Reichweite des (s. auch „Klarstellungsverfügung“) 430; 445; 451 f.; 456; 461 f.; 480; 752; 1002 Antragsrücknahme – in einstweiligem Verfügungsverfahren s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Rücknahme des Verfügungsantrags – in Hauptsacheverfahren s. Hauptsacheverfahren → Rücknahme des Klageantrags in – und Schadensersatz nach § 945 ZPO 747 – Verzicht auf 939 f. Antwortobliegenheit des Schuldners s. Schuldner, besondere Pflichten/Obliegenheiten des → Rückmeldung nach Abmahnung, → Rückmeldung nach Berechtigungsanfrage, → Rückmeldung nach einstweiliger Verfügung, → Rückmeldung nach Verdachtsmitteilung über Verstoß gegen Unterlassungsvertrag anwaltliche Versicherung s. Glaubhaftmachung → durch anwaltliche Versicherung Anwaltszwang – in einstweiligem Verfügungsverfahren s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Anwaltszwang in – bei Hinterlegung der Schutzschrift s. Schutzschrift → und Anwaltszwang – in Ordnungsmittelverfahren s. Ordnungsmittelverfahren → Anwaltszwang in – und sofortige Beschwerde 846 – in Widerspruchsverfahren s. Widerspruch gegen einstweilige Verfügung → und Anwaltszwang Aufbrauchsfrist – 206; 534; 628; 634; 717 m. Fn. 1128; 748 Auffangstreitwert s. Streitwert → Auffangtatbestände für Aufhebung aufgrund veränderter Umstände – 826 ff. – und Abschlusserklärung s. Abschlusserklärung → Reichweite der

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– aufgrund Änderung von Gesetz/Rechtsprechung 831; 835 m. Fn. 1362 – und einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung 720 ff. – Entscheidung über 835 – Gründe für 820; 828 ff. – und Kostenerstattung 834 f. – und Kostenwiderspruch 816 – und Rechtmäßigkeit einstweiliger Verfügung 832 – und Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit s. Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit → und Aufhebung einstweiliger Verfügung aufgrund veränderter Umstände – Rechtsschutzbedürfnis für 829 – und Rückwirkung s. hier → und Wirkung ex tunc – aufgrund Verjährung 820; 830; 835 m. Fn. 1360 – aufgrund Versäumnisses der Frist zu Klageerhebung 830; 835 – aufgrund Versäumnisses der Vollziehungsfrist 661; 710; 830; 835 – und Verzichtsaufforderung durch Schuldner 834 – mittels Widerklage 827 – Wirkung der Entscheidung über 751 – und Wirkung ex tunc 710; 829; 835 f. Aufrechnung – mit Schadensersatz nach § 945 ZPO 749 – mit verjährtem Anspruch 860 Ausfertigung s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Ausfertigung einstweiliger Verfügung Ausforschung s. Auskunftsanspruch → Umfang des Auskunftsanspruch – 908 ff.; 961 – und Antragsfassung s. Antrag → auf Auskunft – und Kerntheorie 911 – und Rechnungslegung 859 f.; 913 – selbstständiger 859; 908; 914 ff. – als Streitgegenstand in einstweiligem Verfügungsverfahren s. einstweiliges Verfügungsverfahren → und Auskunftsanspruch – und Streitwertbemessung s. Streitwert → des Auskunftsanspruchs – Umfang des 911; 913 f.; 916; 961 – unselbstständiger 374 f.; 859 f.; 907; 909 ff.; 961

– und Verjährung 859 f.; 886 m. Fn. 1452; 890 f. – und Zumutbarkeit 910 Auslandsbezug, Rechtsstreit mit (s. auch Zuständigkeit → internationale) – 171; 215; 261 m. Fn. 322; 284 ff.; 319; 339 f.; 486; 495; 515 ff.; 536; 576; 584 m. Fn. 857; 592 f.; 630 m. Fn. 1002; 648; 669; 683; 697; 708 f.; 897; 972; 987; 994 m. Fn. 1582 Aussetzung wegen Vorgreiflichkeit – 942 Befangenheit, richterliche s. Neutralität, richterliche Begehungsgefahr s. Erstbegehungsgefahr; Wiederholungsgefahr Begehungsort s. Gerichtsstand → des Begehungsorts Beibringungsfrist des § 89 Abs. 1 ZPO s. Vollmachtsrüge → in einstweiligem Verfügungsverfahren Berechtigungsanfrage – 53; 63; 146 ff.; 581 Bereicherung, ungerechtfertigte s. Herausgabe → ungerechtfertigter Bereicherung Berufung – 287; 315; 441; 443; 508; 886 m. Fn. 1452; 889 – Anschlussberufung 628; 886 m. Fn. 1452 – in einstweiligem Verfügungsverfahren s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Berufung in Berühmung eines Anspruchs s. Feststellungsklage, negative → und Feststellungsinteresse Beschleunigungsgebot s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Eilcharakter des Beschwerde, sofortige – 496 m. Fn. 702; 817 f.; 841 ff. Beseitigungsanspruch – 719; 917 ff. – als Streitgegenstand in einstweiligem Verfügungsverfahren s. einstweiliges Verfügungsverfahren → und Beseitigungsanspruch – und Unterlassungsanspruch 214; 453; 617 m. Fn. 940; 716 ff.; 917 ff.; 959 f.

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– und Verjährung 857; 859 f.; 868; 882 m. Fn. 1442; 890 f. – und Veröffentlichungsbefugnis s. Veröffentlichungsbefugnis – und Zumutbarkeit 921 – Zwangsvollstreckung des 719; 918 bestimmungsgemäße Auswirkung (s. auch Zuständigkeit → internationale, → örtliche) – 285; 289 ff.; 317 f.; 319; 525 Beweis-/Glaubhaftmachungslast (s. auch Glaubhaftmachung) – bei Abmahnung 45; 584 – bezüglich Abmahnkosten 79 f. – bezüglich Aktivlegitimation 34 – bezüglich Bevollmächtigung s. Vollmachtsrüge – bezüglich Drittunterwerfung 258 – in einseitigem einstweiligem Verfügungsverfahren s. Darlegung → in einseitigem einstweiligem Verfügungsverfahren – bezüglich ergänzender Handlungspflichten s. Handlungspflichten, ergänzende → Darlegung/Glaubhaftmachung der Befolgung von – bezüglich Erkennbarkeit unberechtigter Abmahnung 106 – bezüglich Erstbegehungsgefahr s. Erstbegehungsgefahr → und Beweis-/Glaubhaftmachungslast – als Hindernis für einstweiliges Verfügungsverfahren 502; 614 m. Fn. 929; 626 m. Fn. 981; 642; 650 m. Fn. 1036; 882 f. – und Hinterlegung der Schutzschrift 536 – bezüglich Kenntnisnahme s. Kenntnisnahme → Darlegung/Glaubhaftmachung in einstweiligem Verfügungsverfahren – bezüglich Mitverschuldens 746 m. Fn. 1200 – und negative Tatsache 57 – und non liquet 57 – bezüglich Notwendigkeit der Entscheidung durch Vorsitzenden allein 493 – bezüglich Notwendigkeit des Verzichts auf mündliche Verhandlung 488 ff.; 530 f.; 578 – in Ordnungsmittelverfahren 992 f.; 1006 – bezüglich Rechtsmissbrauchs/Treuwidrigkeit 120 – bezüglich Reserveursachen 753 – bezüglich Schadensersatzes nach § 945 ZPO 750 ff.

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– bezüglich Verfügungsanspruchs 639 ff. – bezüglich Verfügungsgrunds s. Verfügungsgrund → Darlegung/Glaubhaftmachung des – bezüglich Verjährungseintritts 885 – bezüglich Verjährungshemmung 894 – bezüglich Wegfalls des Verfügungsgrunds s. Verfügungsgrund, Wegfall des → Darlegung/Glaubhaftmachung des – bezüglich Zugangs 17; 55 ff.; 187; 582; 765; 777; 808 – bezüglich Zustandekommens des Unterlassungsvertrags 55 – bezüglich Zuständigkeit 286; 293; 298; 304 Branchenverzeichnisse s. Handlungspflichten, ergänzende → Einwirkung auf Dritte Cache, Beseitigung von (s. auch Handlungspflichten, ergänzende) – 717; 960 „Damoklesschwert“-Wirkung – 179; 264 Darlegung (s. auch Beweis-/Glaubhaftmachungslast) – in Abmahnung (s. auch Abmahnung → Inhalt der, → und „Nachfasspflicht“ des Gläubigers; Streitgegenstand → und Darlegung in Abmahnung) 21; 42 f.; 96; 574; 584 – in einseitigem einstweiligem Verfügungsverfahren 57; 171; 486; 488 ff.; 492; 522 f.; 528; 530 f.; 536; 556 f.; 578; 582; 584; 590; 593; 639 ff.; 650 f. – in mündlicher Verhandlung s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Verspätung in; Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit → und spätes Vorbringen in einstweiligem Verfügungsverfahren – in Schutzschrift 534 – Schwierigkeiten bei s. Beweis-/Glaubhaftmachungslast → als Hindernis für einstweiliges Verfügungsverfahren – unvollständiges Vorbringen in einstweiligem Verfügungsverfahren 522 f.; 528; 530; 556; 568; 581 f.; 609; 641 Dauerdelikt – und Beseitigungsanspruch s. Beseitigungsanspruch → und Unterlassungsanspruch

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– und ergänzende Handlungspflichten s. Handlungspflichten, ergänzende – und Kostenerstattung für Abmahnung s. Abmahnkosten → bei Dauerdelikt – und Verjährung s. Verjährung → bei Dauerdelikt – und Wegfall der Begehungsgefahr s. Wiederholungsgefahr → bei Dauerdelikt Devolutiveffekt – 796 Dispositionsmaxime – und Androhung von Ordnungsmitteln 986 – und Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit s. Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit → und Dispositionsmaxime – und Rechtsschutzbedürfnis s. Rechtsschutzbedürfnis → und Dispositionsmaxime – und Streitgegenstand s. Streitgegenstand → und Dispositionsmaxime – und Verfügungsgrund s. Verfügungsgrund → und Dispositionsmaxime – und Verjährung s. Verjährung → und Dispositionsmaxime – und Vollziehungsfrist 698 f. doppelrelevante Tatsache – 286; 293; 298 doppelte Verneinung s. Antrag → doppelte Verneinung in Doppelverfolgung, Verbot der – 514 Dringlichkeit s. Verfügungsgrund Drittunterwerfung s. Unterlassungserklärung → gegenüber Drittem effektiver Rechtsschutz, Grundsatz des – 73; 103; 308; 428; 439; 457; 475; 483 f.; 489 f.; 502; 531; 547 f.; 553 ff.; 563 m. Fn. 811; 570 f.; 579 ff.; 608 eidesstattliche Versicherung s. Glaubhaftmachung → durch eidesstattliche Versicherung Eilbedürftigkeit s. Verfügungsgrund Einigungsstelle – 246 f.; 279 f.; 886 m. Fn. 1452 Einlassungsfrist s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Einlassungsfrist in

Einstellung der Zwangsvollstreckung s. Ordnungsmittelverfahren → einstweilige Einstellung des einstweilige Anordnung s. Verfassungsbeschwerde → und einstweilige Anordnung einstweiliges Verfügungsverfahren – 7 ff.; 159 ff.; 281; 483 ff.; 895 ff. – und Abschlussverfahren s. Abschlusserklärung; Abschlussschreiben – Abschrift einstweiliger Verfügung 676, 678 – Anerkennung der Entscheidung in Ausland 515 ff. – Angabe des Gegenbevollmächtigten in Rubrum 688 f.; 694 – und Antragsfassung s. Antrag – Anwaltszwang in 496; 535 f.; 793; 846 – und Aufhebung aufgrund veränderter Umstände s. Aufhebung aufgrund veränderter Umstände – Ausfertigung einstweiliger Verfügung 675 ff.; 700 f.; 703; 835 m. Fn. 1361 – und Auskunftsanspruch 501; 854 – Befolgung einstweiliger Verfügung (s. auch Handlungspflichten, ergänzende → aufgrund Unterlassungstitels) 715 ff.; 742 ff.; 836; 987 f. – und Begehungsgefahr s. Wiederholungsgefahr → trotz einstweiliger Verfügung – Begründung der Entscheidung in 445; 495; 573; 684; 703; 783; 845; 1001 – Berufung in 499; 595; 597; 615; 628; 656 f.; 673 f.; 710; 760; 775; 817; 848 ff. – und Beseitigungsanspruch 501; 617 m. Fn. 940; 716; 719; 854 – Beteiligung des Schuldners an (s. auch Waffengleichheit, prozessuale) 15; 42; 52; 170 f.; 486; 488 ff.; 518; 525 f.; 527 ff.; 545 ff.; 615; 639 ff.; 712 ff.; 789 ff.; 846 f.; 887 ff. – Beweis-/Glaubhaftmachungslast in s. Beweis-/Glaubhaftmachungslast – Darlegung in s. Darlegung → in einseitigem einstweiligem Verfügungsverfahren, → unvollständiges Vorbringen in einstweiligem Verfügungsverfahren; Waffengleichheit, prozessuale → und Übereinstimmung zwischen Abmahnung und Verfügungsantrag

Stichwortverzeichnis

– Eignung der Verfahrensart (s. auch Antrag → doppelte Verneinung in) 88; 499; 500 ff.; 613 f.; 642; 854; 890 f. – Eilcharakter des (s. auch Verfügungsgrund) 159; 430; 488; 493; 496; 502 m. Fn. 712; 524; 529; 531; 536; 553; 570 f.; 584 m. Fn. 857; 592 f.; 640 m. Fn. 1017; 648; 652 ff.; 699; 891 – Einlassungsfrist in 496; 653; 656 – Einseitigkeit des s. hier → Beteiligung des Schuldners an – Entscheidung durch Beschluss/Urteil 495; 498; 665 f.; 675 f.; 678 m. Fn. 1083; 700 ff.; 715; 745 ff.; 755 m. Fn. 1231; 797 f.; 812; 817; 835 f.; 844 ff.; 887; 988 – Entscheidung durch Vorsitzenden allein 493 f. – Erledigung des s. Erledigung → aufgrund Abschlusserklärung, → aufgrund Unterlassungserklärung – und Feststellung der Schadensersatzpflicht 501; 854 – Formulierung des Tenors durch Gericht (s. auch Antrag → Änderung als Aliud, → Änderung als „Minus“; Streitgegenstand → und Dispositionsmaxime) 430; 432 f.; 565; 585; 604; 752; 889 – Glaubhaftmachung in s. Glaubhaftmachung – und Hauptsacheverfahren 486; 499; 614; 639 ff.; 652 ff.; 730 ff.; 820; 828; 853; 854; 890 f.; 895 ff. – Herausgabe des Verfügungstitels s. Herausgabe → des Verfügungstitels – und Herausgabe/Verwahrung s. hier → und Sequestration – „Klarstellungsverfügung“ s. „Klarstellungsverfügung“ – und Kostenerstattung s. Kostenerstattung – Ladungsfrist in (s. auch hier → Zeugenladung in) 488 m. Fn. 689; 496 f. – Leistungsverfügung s. Leistungsverfügung – mündliche Verhandlung in (s. auch hier → Beteiligung des Schuldners an) 171; 331; 390; 488 ff.; 495 ff.; 518; 531; 547; 553 ff.; 570 f.; 573 f.; 576; 577 f.; 590; 592; 615; 640; 647 f.; 653 ff.; 783; 790; 793; 797; 802; 846; 888 – nachträgliche Änderung des Streitgegenstands in s. Streitgegenstand → und Verjährung; Verfügungsgrund → bei nachträglicher Änderung des Streitgegenstands

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– Neuerlass einstweiliger Verfügung 674; 852 – Offenlegung der Anschrift des Gläubigers in 486 m. Fn. 686 – und Prozesskostensicherheit s. Verfahrenskosten → und Prozesskostensicherheit – Reaktionsmöglichkeiten auf (s. auch Unterlassungserklärung → oder einstweilige Verfügung) 487; 757 ff.; 769; 789 ff.; 928 ff. – Rechtsbehelfe nach Entscheidung in s. hier → Reaktionsmöglichkeiten auf – und Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit s. Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit – Rechtsschutzbedürfnis für s. Rechtsschutzbedürfnis → für einstweiliges Verfügungsverfahren – Revision in 313; 385; 847; 853 – Rubrum der Antragsschrift s. hier → Angabe des Gegenbevollmächtigten in Rubrum, → Offenlegung der Anschrift des Gläubigers in – Rücknahme des Verfügungsantrags 447; 492 m. Fn. 697; 499; 525 f.; 541; 543; 589; 591 m. Fn. 872; 747; 799 – und Schadensersatzanspruch 501; 854 – und Schadensersatzpflicht des Gläubigers s. Schadensersatz nach § 945 ZPO – Schriftsatzfrist in 496; 653; 656 – Schriftsatznachlass in 654; 656 f. – „Schubladenverfügung“ s. „Schubladenverfügung“ – und Schutzschrift s. Schutzschrift – und Sequestration (s. auch Beseitigungsanspruch) 501; 580; 811 – und Sicherheitsleistung s. Sicherheitsleistung – Sicherungs-/Regelungsverfügung 466; 500; 613; 617 – und Streitwertbemessung s. Streitwert → Abschlag in einstweiligem Verfügungsverfahren – Unterbrechung mündlicher Verhandlung in 655 – oder Unterlassungserklärung s. Unterlassungserklärung → oder einstweilige Verfügung – und Unterlassungserklärung s. Unterlassungserklärung → neben einstweiliger Verfügung – und Verfahrensgrundsätze s. Verfahrensgrundsätze – und Verfassungsbeschwerde s. Verfassungsbeschwerde

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– und Verfügungsgrund s. Verfügungsgrund – Verhältnis zu negativer Feststellungsklage s. Feststellungsklage, negative → Verhältnis zu einstweiligem Verfügungsverfahren – und Verjährung s. Verjährung → Hemmung durch Rechtsverfolgung – Verspätung in 496; 628 f.; 652 ff. – Vertagung in 654; 656 – Verzicht auf Rechte aus einstweiliger Verfügung (s. auch Unterlassungserklärung → neben einstweiliger Verfügung) 737; 747 m. Fn. 1201; 752 m. Fn. 1223; 829; 834 – Verzicht auf Rechtsbehelfe gegen einstweilige Verfügung s. Abschlusserklärung → Reichweite der; Kostenwiderspruch → Wirkung des – Vollmachtsrüge in s. Vollmachtsrüge → in einstweiligem Verfügungsverfahren – und Vollziehung s. Vollziehung einstweiliger Verfügung – Vorlage an EuGH in 502 – vorläufige Vollstreckbarkeit einstweiliger Verfügung 715; 722; 798; 987 – und Vorwegnahme der Hauptsache 718; 730 – Wegfall einstweiliger Verfügung (s. auch hier → Verzicht auf Rechte aus einstweiliger Verfügung) 674; 723 ff.; 781; 799 f.; 803 m. Fn. 1315; 824; 828 f.; 834 f. – Widerklage in 827 m. Fn. 1345 – und Widerspruch s. Kostenwiderspruch; Widerspruch gegen einstweilige Verfügung – Wirksamkeit einstweiliger Verfügung 658 ff.; 710 f.; 715; 745 ff.; 828; 852; 987 f. – zeitlicher Anknüpfungspunkt für Beurteilung in 653; 656 – Zeugenladung in 647; 655 f. – und Zuständigkeit s. Zuständigkeit – und Zwangsvollstreckung s. Ordnungsmittelverfahren Einwirkung auf Dritte s. Handlungspflichten, ergänzende → Einwirkung auf Dritte entgangener Gewinn s. Schadensersatz → Bemessung des Erfolgsort s. Gerichtsstand → des Begehungsorts Erfüllungsgehilfe, Haftung für – 161; 216; 1003 ergänzende Handlungspflichten s. Handlungspflichten, ergänzende

Erlassvertrag s. Unterlassungsvertrag → als (Teil‐)Erlass Erledigung – aufgrund Abschlusserklärung 759 ff.; 767 f.; 839 – und Antragsfassung s. Antrag → und Erledigung – durch Beendigung des Verletzungszustands (s. auch Beseitigungsanspruch → und Unterlassungsanspruch; Handlungspflichten, ergänzende → aufgrund Unterlassungserklärung, → aufgrund Unterlassungstitels) 157; 996 – bei Drittunterwerfung 168 – und einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung 721 f. – Erklärung der 267; 767; 803 – der negativen Feststellungsklage s. Feststellungsklage, negative → Erledigung der – des Ordnungsmittelverfahrens s. Ordnungsmittelverfahren → Erledigung des – und Schadensersatz nach § 945 ZPO 734 – und Streitwertbemessung s. Streitwert → bei Erledigung – aufgrund Unterlassungserklärung 267; 721; 758; 801 ff. – aufgrund Verjährung 835 m. Fn. 1360 – auf Widerspruchsverfahren beschränkte 791 Ernsthaftigkeit der Unterwerfung s. Unterlassungserklärung → Ernsthaftigkeit der Ersatzvornahme s. Beseitigungsanspruch → Zwangsvollstreckung des Erstbegehungsgefahr – 61; 193; 304; 357; 450; 504; 770; 857 m. Fn. 1388 – und Antragsfassung s. Antrag → bei Erstbegehungsgefahr – Ausräumung der (s. auch Unterlassungserklärung → Vorbehalt in; Wiederholungsgefahr → Ausräumung der) 156; 217 – und Beweis-/Glaubhaftmachungslast 304 – bei Dauerdelikt s. Wiederholungsgefahr → bei Dauerdelikt – bei Drittunterwerfung s. Unterlassungserklärung → gegenüber Drittem – als eigenständiger Streitgegenstand in Verhältnis zu Wiederholungsgefahr 410; 424; 637; 931

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– trotz einstweiliger Verfügung s. Wiederholungsgefahr → trotz einstweiliger Verfügung – durch negative Feststellungsklage 931 – Pflicht des Schuldners zu Ausräumung der s. Wiederholungsgefahr → Pflicht des Schuldners zu Ausräumung der – und Verfügungsgrund s. Verfügungsgrund → und „Wiederaufleben“ der Dringlichkeit – und vertraglicher Unterlassungsanspruch 965 ff. – und Zuständigkeit s. Zuständigkeit → für vorbeugende Unterlassungsklage Erzwingung des Hauptsacheverfahrens s. Klageerzwingung faires Verfahren, Recht auf s. Waffengleichheit, prozessuale Feststellung der Schadensersatzpflicht (s. auch Schadensersatz) – 753; 861 f.; 906 f. – und Antragsfassung s. Antrag → auf Feststellung der Schadensersatzpflicht – und Feststellungsinteresse 374; 753 m. Fn. 1226 – als Streitgegenstand in einstweiligem Verfügungsverfahren s. einstweiliges Verfügungsverfahren → und Feststellung der Schadensersatzpflicht – und Streitwertbemessung s. Streitwert → und Feststellung der Schadensersatzpflicht – Vor-/Nachteile in Verhältnis zu Stufenklage 861 f. Feststellungsinteresse – für Feststellung der Schadensersatzpflicht s. Feststellung der Schadensersatzpflicht → und Feststellungsinteresse – für negative Feststellungsklage s. Feststellungsklage, negative → und Feststellungsinteresse Feststellungsklage, negative – 163 f.; 928 ff. – und Abschlusserklärung s. Abschlusserklärung → Reichweite der – Erledigung der (s. auch hier → und Feststellungsinteresse) 936 ff.; 941 f. – und Erstbegehungsgefahr s. Erstbegehungsgefahr → durch negative Feststellungsklage – und Feststellungsinteresse 16; 48; 148; 477; 749; 929; 933 ff.

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– und Gegenabmahnung s. Gegenabmahnung → vor negativer Feststellungsklage – und Kerntheorie 943 – Rechtsschutzbedürfnis für s. hier → und Feststellungsinteresse – bezüglich Schadensersatzes nach § 945 ZPO 749 – und Streitgegenstand s. hier → und Feststellungsinteresse – und Streitwertbemessung s. Streitwert → bei negativer Feststellungklage – Verhältnis zu einstweiligem Verfügungsverfahren 338; 340; 935; 946 ff. – Verhältnis zu Leistungsklage 338; 340; 932; 939 ff.; 946; 948 ff. – Verhältnis zu Widerspruchsverfahren (s. auch Kostenwiderspruch → Wirkung des) 936 – und Verjährung 937; 949 f. – und Verzichtsaufforderung durch Schuldner s. Gegenabmahnung → vor negativer Feststellungsklage – Wirkung der 128; 946 ff. – Zuständigkeit für s. Zuständigkeit → für negative Feststellungsklage – Zweck der 928 f.; 934 f.; 950 „fliegender Gerichtsstand“ s. Gerichtsstand → „fliegender“ „Flucht“ – in Hauptsache 656 – in Säumnis s. Verfügungsgrund, Wegfall des → wegen Säumnisses in mündlicher Verhandlung Fortsetzungszusammenhang (s. auch Streitgegenstand → einheitlicher) – 47 m. Fn. 34; 138; 251; 1008 „forum selling“ – 547 m. Fn. 785 „forum shopping“ (s. auch Gerichtsstand → „fliegender“) – 492; 525 f.; 633 Freistellungsanspruch s. Abmahnkosten → und Freistellungsanspruch Fristsetzung – in Abmahnung 9 m. Fn. 2; 49 ff.; 266 f.; 505; 581; 626 m. Fn. 983 – in Abschlussschreiben 773; 775 f.; 787 – Angemessenheit der 51 f.; 529; 594; 775 f.; 787 – in einstweiligem Verfügungsverfahren 496 f.; 529; 557; 569; 592; 594; 653 f.; 656; 822

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– und Folgen des Fristablaufs 52; 266 f.; 610; 653 f.; 656; 735 ff.; 773; 824 f. – und Handeln vor Fristablauf (s. auch Anerkenntnis, sofortiges) 505; 787 m. Fn. 1299 – und Wegfall des Verfügungsgrunds s. Verfügungsgrund, Wegfall des → wegen Fristverlängerung, → und kurze Fristsetzung in Abmahnung Fristverlängerung – nach Abmahnung 9 m. Fn. 2; 52 – nach Abschlussschreiben 775 – Beantragung durch Gläubiger in einstweiligem Verfügungsverfahren s. Verfügungsgrund, Wegfall des → wegen Fristverlängerung – Beantragung durch Schuldner in einstweiligem Verfügungsverfahren 610 Gegenabmahnung – vor negativer Feststellungsklage 30; 163 f.; 944 f. – wegen Wettbewerbsverstoßes des Gläubigers 30; 118; 164 Gegenstandswert (s. auch Streitwert) – Angabe in Abmahnung 37 f.; 99; 108; 134 f.; 350 f. – für Berechnung von Kosten für Abmahnung 99; 343; 389 – für Berechnung von Kosten für Abschlussschreiben 343; 389; 780 Gerichtskosten (s. auch Verfahrenskosten) – bei Aufhebung aufgrund veränderter Umstände 837 – bei Schutzschrift 542 – bei Streitwertbeschwerde 403 – und Vorschusspflicht 398; 486; 823 – und Zweitschuldnerhaftung 398 Gerichtsstand (s. auch Zuständigkeit → internationale, → örtliche) – Abhängigkeit von Reichweite des Rechtsverstoßes (s. auch hier → des Begehungsorts) 314 – allgemeiner 299 f. – des Begehungsorts (s. auch hier → „fliegender“) 288 ff.; 297; 301 ff.; 317 ff.; 972 f.; 979 ff. – Doppelfunktionalität des 284; 297 – des Erfolgsorts s. hier → des Begehungsorts

– des Erfüllungsorts 979 – „fliegender“ 275 m. Fn. 339; 305 ff.; 525 f.; 537 ff.; 972 f.; 980 f. – des Handlungsorts s. hier → des Begehungsorts – der Hauptsache 275; 333 – der Niederlassung 299 f.; 314; 972 f.; 979 – des Notarsitzes 275 – des Schadenseintritts 288 f.; 293 – unerlaubter Handlung s. hier → des Begehungsorts – Vereinbarung des s. Unterlassungserklärung → und Gerichtsstandsvereinbarung – und Wahlrecht des Gläubigers (s. auch hier → des Begehungsorts) 275 m. Fn. 339; 305 ff.; 324; 328 ff.; 335 ff.; 338; 339 f.; 341; 525 f.; 627; 932; 948; 950; 981 – des (Wohn‐)Sitzes 288; 299 f.; 314; 972 f.; 979 Geschäftsführer, Haftung des – 44; 380; 635 m. Fn. 1011; 1007 Geschäftsführung ohne Auftrag – und Kostenerstattung für Abmahnung s. Abmahnkosten → aus Geschäftsführung ohne Auftrag – und Kostenerstattung für Abschlussschreiben 780 – und Kostenerstattung für Schutzschrift s. Schutzschrift → Kosten der – und Kostenerstattung für Verzichtsaufforderung durch Schuldner 834 Gesetz, Änderung des – Bedeutung für Aufhebung aufgrund veränderter Umstände s. Aufhebung aufgrund veränderter Umstände → aufgrund Änderung von Gesetz/Rechtsprechung – Bedeutung für Schadensersatz nach § 945 ZPO s. Schadensersatz nach § 945 ZPO → und Änderung von Gesetz/Rechtsprechung Gesetzeszitate bei Formulierung der Unterlassungspflicht – 201; 427; 460 ff. gesetzlicher Richter, Anspruch auf s. Verfahrensgrundsätze → gesetzlicher Richter Gewinnabschöpfung – 858 Glaubhaftmachung (s. auch Beweis-/Glaubhaftmachungslast) – 486; 639 ff. – in Abmahnung 45; 584

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– durch anwaltliche Versicherung 649; 655 – durch eidesstattliche Versicherung 643 ff.; 655 – in einseitigem einstweiligem Verfügungsverfahren s. Darlegung → in einseitigem einstweiligem Verfügungsverfahren – Folgen fehlender 490; 589; 640 – durch Inaugenscheinnahme 655 – Mittel der 643 ff.; 754; 820; 897 – in mündlicher Verhandlung s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Verspätung in; Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit → und spätes Vorbringen in einstweiligem Verfügungsverfahren – durch Parteieinlassung 645 f.; 655; 820 – durch Sachverständigengutachten 648; 820; 897 – durch schriftliche Erklärung 647 – in Schutzschrift 534 – Schwierigkeiten bei s. Beweis-/Glaubhaftmachungslast → als Hindernis für einstweiliges Verfügungsverfahren – und Wahrscheinlichkeitsgrad 486; 502; 614 m. Fn. 929; 642; 645 f.; 754; 897; 993 – durch Zeugen 647; 655; 820 Gläubiger, besondere Pflichten/Obliegenheiten des (s. auch Beweis-/Glaubhaftmachungslast) – Hemmung der Verjährung s. Verjährung – Hinwirkung auf Erteilung richtiger/vollständiger Ausfertigung 628 m. Fn. 1000; 700 ff.; 835 m. Fn. 1361 – Marktbeobachtungspflicht s. Marktbeobachtungspflicht – „Nachfasspflicht“ s. Abmahnung → und „Nachfasspflicht“ des Gläubigers; Abschlussschreiben → und „Nachfasspflicht“ des Gläubigers – Nachforschungspflicht 9; 107; 168; 622 m. Fn. 953; 626 m. Fn. 981; 694; 705; 810; 877 ff.; 882 f. – Nachreichen von Unterlagen 30; 523; 581; 809 – Verfolgungsbereitschaft (s. auch Unterlassungserklärung → und Verfolgungsbereitschaft des Gläubigers; Verfügungsgrund, Wegfall des; Waffengleichheit, prozessuale → und unverzügliche Beantragung einstweiliger Verfügung) 8 ff.; 52; 153; 265; 621 ff.; 659; 734; 736; 747 f.; 820; 823; 835 m. Fn. 1360; 888; 898

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– Versand der Abmahnung s. Abmahnung → als Obliegenheit – Versand des Abschlussschreibens s. Abschlussschreiben → als Obliegenheit – Vollziehung einstweiliger Verfügung s. Vollziehung einstweiliger Verfügung → Pflicht des Gläubigers zu – Vorschusspflicht s. Gerichtskosten → und Vorschusspflicht Gutachten s. Glaubhaftmachung → durch Sachverständigengutachten „Hamburger Brauch, neuer“ s. Vertragsstrafeversprechen → nach „neuem Hamburger Brauch“ Handlungsantrag, verdeckter s. Leistungsverfügung Handlungseinheit, natürliche s. Streitgegenstand → einheitlicher Handlungsort s. Gerichtsstand → des Begehungsorts Handlungspflichten, ergänzende – Abhängigkeit von Reichweite des Rechtsverstoßes 718 – Darlegung/Glaubhaftmachung der Befolgung von 716 m. Fn. 1125 – Einwirkung auf Dritte 453; 717; 960; 993; 1004 f. – Rückruf von Produkten 453; 628 m. Fn. 991; 717 m. Fn. 1128; 719 m. Fn. 1145; 741; 768 m. Fn. 1255 – aufgrund Unterlassungserklärung 214; 453; 959 f. – aufgrund Unterlassungstitels 716 ff.; 917 f. – Zumutbarkeit von 453; 718; 959 f. Hauptsacheverfahren (s. auch Feststellungsklage, negative) – 281; 854; 895 ff. – und Antragsfassung s. Antrag – Begründung der Entscheidung in 445; 731; 734; 1001 – und Bestand einstweiliger Verfügung s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Wegfall einstweiliger Verfügung – und einstweiliges Verfügungsverfahren s. einstweiliges Verfügungsverfahren → und Hauptsacheverfahren – Erledigung des s. Erledigung → aufgrund Abschlusserklärung, → aufgrund Unterlas-

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sungserklärung; Klageerzwingung → und Erledigung in erzwungenem Hauptsacheverfahren – Erzwingung des s. Feststellungsklage, negative → Verhältnis zu Leistungsklage; Klageerzwingung – „Flucht“ in s. „Flucht“ → in Hauptsache – und Kostenerstattung s. Kostenerstattung – und Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit s. Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit – Rechtsschutzbedürfnis für s. Rechtsschutzbedürfnis – Rücknahme des Klageantrags in 447; 824; 939 f. – und Verfügungsgrund s. Verfügungsgrund, Wegfall des → wegen Hauptsacheverfahrens – Verhältnis der Leistungsklage zu negativer Feststellungsklage s. Feststellungsklage, negative → Verhältnis zu Leistungsklage – und Verjährung s. Verjährung → Hemmung durch Rechtsverfolgung – Vorwegnahme des s. einstweiliges Verfügungsverfahren → und Vorwegnahme der Hauptsache – und Zuständigkeit s. Zuständigkeit Herausgabe – von Gegenständen s. einstweiliges Verfügungsverfahren → und Sequestration – ungerechtfertigter Bereicherung 725; 863 – des Verfügungstitels (s. auch Unterlassungserklärung → neben einstweiliger Verfügung) 737; 747 m. Fn. 1201; 752 m. Fn. 1223; 829; 834 – des Verletzergewinns s. Schadensersatz → durch Herausgabe des Verletzergewinns Hinweis, richterlicher – 429 ff.; 457; 470; 490; 491 m. Fn. 695; 525 f.; 534 m. Fn. 757; 558 f.; 562; 564 f.; 569; 576 m. Fn. 835; 584 m. Fn. 859; 585; 587 ff.; 594 m. Fn. 877; 598; 610; 855; 940 „insbesondere“-Zusatz – 425; 440; 467 ff.; 477 f.; 566 m. Fn. 818; 589 „italienischer Torpedo“ – 340 Jahresultimo-Regelung – 858 m. Fn. 1391, 1392; 875

Kammer für Handelssachen s. Zuständigkeit → funktionelle Kenntnisnahme (s. auch Gläubiger, besondere Pflichten/ Obliegenheiten des → Nachforschungspflicht; Schuldner, besondere Pflichten/Obliegenheiten des → Nachforschungspflicht) – von Abmahnung durch Dritten 90 – von Abmahnung durch Gläubiger 53; 755 m. Fn. 1231 – Darlegung/Glaubhaftmachung in einstweiligem Verfügungsverfahren 617 f.; 650 f.; 885; 894 – von Drittunterwerfung 72; 90 m. Fn. 108 – von einstweiliger Verfügung (s. auch Schuldner, besondere Pflichten/Obliegenheiten des → Rückmeldung nach einstweiliger Verfügung) 746; 755 f. – von Gegenbevollmächtigtem s. Vertretungsanzeige – von Gründen für Aufhebung einstweiliger Verfügung aufgrund veränderter Umstände 833 – und Irrtum s. hier → von rechtlicher Würdigung – von Person des Schuldners s. hier → von Rechtsverstoß – von rechtlicher Würdigung 106 f.; 882 f. – von Rechtsbehelf gegen einstweilige Verfügung 769; 785 f. – von Rechtsverstoß 8 ff.; 618; 622; 874; 877 ff. – und Wissenszurechnung s. Wissenszurechnung – von zurückweisender Entscheidung in einseitigem einstweiligem Verfügungsverfahren (s. auch Waffengleichheit, prozessuale → und Bekanntgabe zurückweisender Entscheidung an Schuldner) 492 m. Fn. 696 Kerntheorie – 92 f.; 200 f.; 207 f.; 421; 425; 439 f.; 445; 447; 451 f.; 454 f.; 456; 462; 477 ff.; 510 ff.; 524; 563; 604; 626 m. Fn. 984; 630 m. Fn. 1002; 633; 635 ff.; 768; 890; 911; 943; 958; 999 Klageerweiterung – 891 Klageerzwingung – 819 ff. – und Abschlusserklärung s. Abschlusserklärung → Reichweite der

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– und Änderung des Streitgegenstands in erzwungenem Hauptsacheverfahren 737 – und Antragsfassung s. Antrag → bei Klageerzwingung – und Aufhebung einstweiliger Verfügung aufgrund Fristversäumnisses 735 ff.; 824 – und Aufhebung einstweiliger Verfügung aufgrund veränderter Umstände s. Aufhebung aufgrund veränderter Umstände → Gründe für – und einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung 720 ff. – und Erledigung in erzwungenem Hauptsacheverfahren 824 – Fristen bei 736 f.; 821 f.; 824 f.; 898 f. – und Kostenwiderspruch 816 – und Rechtmäßigkeit einstweiliger Verfügung 824 – Rechtsbehelfe nach Entscheidung über 822 – und Rücknahme des Klageantrags in erzwungenem Hauptsacheverfahren 824 – und Schadensersatz nach § 945 ZPO 735 ff. – Vor-/Nachteile der (s. auch einstweiliges Verfügungsverfahren → und Hauptsacheverfahren) 646; 735 ff.; 820 – zeitlicher Anknüpfungspunkt für Beurteilung der 825 Klagegrund s. Streitgegenstand Klagehäufung s. Streitgegenstand → und alternative Klagehäufung, → und eventuelle Klagehäufung, → und kumulative Klagehäufung, → und objektive Klagehäufung, → und subjektive Klagehäufung „Klarstellungsverfügung“ – 479; 509 ff.; 626 m. Fn. 984; 752 m. Fn. 1223 konkrete Verletzungshandlung/-form s. Verletzungshandlung/-form, konkrete Konzentrationsermächtigung – 315; 323; 325 Kostenerstattung – aufgrund Gerichtsverfahrens s. Gerichtskosten; Verfahrenskosten – als Nebenforderung 376 – und Streitwertbemessung s. Streitwert → von Rechtsanwaltskosten – aufgrund vorgerichtlicher Rechtsverfolgung s. Rechtsverfolgungskosten, vorgerichtliche

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– aufgrund vorgerichtlicher Rechtsverteidigung s. Rechtsverteidigungskosten, vorgerichtliche Kostengrundentscheidung s. Verfahrenskosten → und isoliertes Angreifen der Kostengrundentscheidung Kostenwiderspruch (s. auch Widerspruch gegen einstweilige Verfügung) – 805 ff. – und Abschlusserklärung s. Abschlusserklärung → Reichweite der – und Anerkenntnis 807 ff. – Bezeichnung als 805; 814 – und einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung 720 ff.; 806 – Entscheidung über 817 – und objektive Klagehäufung 805 – und Rechtmäßigkeit einstweiliger Verfügung 808; 815 – Rechtsbehelfe nach Entscheidung über 817 f. – und Schadensersatz nach § 945 ZPO 724 – und Streitwertbemessung s. Streitwert → des Widerspruchsverfahrens – und subjektive Klagehäufung 805 – Verhältnis zu Vollwiderspruch 805; 813 f.; 840 – Vor-/Nachteile des 724; 808; 815 ff. – Voraussetzungen für 807 ff. – Wirkung des 813 ff. Ladungsfrist s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Ladungsfrist in Leistungsklage (s. auch Hauptsacheverfahren) – bei doppelter Verneinung in Antrag s. Antrag → doppelte Verneinung in – Verhältnis zu negativer Feststellungsklage s. Feststellungsklage, negative → Verhältnis zu Leistungsklage Leistungsverfügung – bei doppelter Verneinung in Antrag s. Antrag → doppelte Verneinung in – und Dringlichkeitsvermutung 466; 501; 617 m. Fn. 940 – und Vollziehung 466 m. Fn. 659; 663 m. Fn. 1059 – und Zwangsvollstreckung 466; 982 m. Fn. 1564

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Lizenzanalogie s. Schadensersatz → Bemessung des Mahnverfahren, gerichtliches – 891 Marktbeobachtungspflicht (s. auch Kenntnisnahme → von Rechtsverstoß) – 879 Mehrheit von Gläubigern s. Abschlusserklärung → gegenüber Drittem; Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit → und mehrere Abmahnungen, → und mehrere Gerichtsverfahren; Streitgegenstand → und subjektive Klagehäufung; Unterlassungserklärung → gegenüber Drittem Mehrheit von Schuldnern s. Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit → und mehrere Abmahnungen, → und mehrere Gerichtsverfahren; Streitgegenstand → und subjektive Klagehäufung Messe, Rechtsstreit wegen – und Abmahnung 17; 73 – und Fristsetzung 51 – mündliche Verhandlung bei 490; 577 – und Verfügungsgrund s. Verfügungsgrund → bei zeitgebundenen Ereignissen „Minus“, Einschränkung auf enthaltenes s. Antrag → Änderung als „Minus“ modifizierte Unterlassungserklärung s. Unterlassungserklärung → modifizierte mündliche Verhandlung (s. auch einstweiliges Verfügungsverfahren → mündliche Verhandlung in) – Verlegung der s. Verfügungsgrund, Wegfall des → wegen Verlegungsantrags – Vertagung der s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Vertagung in „Nachfasspflicht“ des Gläubigers s. Abmahnung → und „Nachfasspflicht“ des Gläubigers; Abschlussschreiben → und „Nachfasspflicht“ des Gläubigers Neutralität, richterliche – 432; 534 m. Fn. 757; 598 notarielle Unterwerfungserklärung s. Unterlassungserklärung → notarielle Ordnungsmittel – 160; 918; 982 ff.

– Doppelfunktion von 996 – und Doppelsanktionierung (s. auch Streitgegenstand → einheitlicher) 986; 1008 ff. – und Erfüllungsgehilfe s. Erfüllungsgehilfe, Haftung für – und Haftung des Organs neben Gesellschaft s. Ordnungsmittelverfahren → und subjektive Klagehäufung – Mindesthöhe von 373 – und Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit 983 – Rückzahlung von 499; 741; 800; 829 – und Schadensersatz nach § 945 ZPO 741 – und Verjährung 871 – aufgrund Verletzung ergänzender Handlungspflichten s. Handlungspflichten, ergänzende → aufgrund Unterlassungstitels – und Verschulden 161 f.; 372; 445; 455; 719; 993; 1003 ff. – und Vertragsstrafe 986; 1009 f. – oder Vertragsstrafeversprechen s. Unterlassungserklärung → oder einstweilige Verfügung Ordnungsmittelverfahren – 466; 486; 659 ff.; 722; 918; 982 ff. – als Alternative zu Hauptsacheverfahren 512; 719 – als Alternative zu „Klarstellungsverfügung“ s. „Klarstellungsverfügung“ – Androhung von Ordnungsmitteln 274 ff.; 481 f.; 665; 681 f.; 715; 744; 985 f. – Anhörung des Schuldners in 991 – und Antragsfassung s. Antrag → auf Ordnungsmittelandrohung, → in Ordnungsmittelverfahren – Anwaltszwang in 989 f. – bei Auslandsbezug 495; 515 ff.; 987; 994 m. Fn. 1582 – und Auslegung des Unterlassungstitels (s. auch Antrag → Zweifel über Reichweite des) 200; 479; 510 f.; 719; 752; 893; 999 ff. – und Beendigung des Verletzungszustands s. hier → Erledigung des – und Bestreiten der Reichweite des Unterlassungstitels 479; 513; 626 m. Fn. 984 – Beweis-/Glaubhaftmachungslast in s. Beweis-/Glaubhaftmachungslast → in Ordnungsmittelverfahren – einstweilige Einstellung des 571; 596; 617 m. Fn. 941; 720 ff.; 799 – und Einwand der Rechtmäßigkeit 631; 998

Stichwortverzeichnis

– Erledigung des 996 – Folgen fehlenden s. Zwangsvollstreckung → Folgen fehlender – und Kerntheorie s. hier → und Auslegung des Unterlassungstitels – und Sicherheitsleistung (s. auch hier → einstweilige Einstellung des) 744; 747; 988 – und Streitwertbemessung s. Streitwert → der Ordnungsmittelandrohung, → des Ordnungsmittelverfahrens – und subjektive Klagehäufung 1007 – Umfang der Prüfung in 997 ff. – Verhältnis zu vorangegangenem Erkenntnisverfahren s. Verlagerung des Rechtsstreits in Zwangsvollstreckungsverfahren – trotz Versäumnisses der Vollziehungsfrist s. Vollziehung einstweiliger Verfügung → Folgen fehlender/fehlerhafter – zwecks Vollziehung einstweiliger Verfügung s. Vollziehung einstweiliger Verfügung → durch Zwangsvollstreckung – bei Wegfall einstweiliger Verfügung 799 f. – zeitlicher Anknüpfungspunkt für Beurteilung in 722; 985; 987 f. – Zuständigkeit für s. Zuständigkeit → für Ordnungsmittelandrohung, → für Ordnungsmittelverfahren – Zweck des 983 Organisationsverschulden s. Ordnungsmittel → und Verschulden Original – eidesstattlicher Versicherung 644 – der Unterlassungserklärung s. Unterlassungserklärung → Original der – der Vollmacht s. Vollmacht → Original der Parteizustellung s. Vollziehung einstweiliger Verfügung → Pflicht des Gläubigers zu Präklusion s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Verspätung in präsente Beweismittel s. Glaubhaftmachung → Mittel der Privatgutachten s. Glaubhaftmachung → durch Sachverständigengutachten Prozesskostensicherheit s. Verfahrenskosten → und Prozesskostensicherheit

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qualifizierte Einrichtung s. qualifizierter Wirtschaftsverband qualifizierter Wirtschaftsverband – Aktivlegitimation des 35 f.; 85 – und Drittunterwerfung 236; 256 f.; 260 – und Kostenerstattung für Abmahnung 67; 85; 90 m. Fn. 107 – und Kostenerstattung für Abschlussschreiben 780 – und Offenlegung des Beschwerdeführers 67 m. Fn. 66 – und Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit 144 f. – und Streitwertbemessung 355 – und Vertragsstrafeversprechen s. Vertragsstrafeversprechen → Ausschluss des – und Zuständigkeit 301; 321 ff. Rechnungslegung s. Auskunftsanspruch → und Rechnungslegung rechtliches Gehör, Anspruch auf s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Beteiligung des Schuldners an Rechtskraft, Reichweite der – 416; 426 f.; 445; 450 ff.; 456 ff.; 476 ff.; 509 ff.; 684 f.; 731 ff.; 751 m. Fn. 1216; 752; 758 ff.; 767 f.; 835; 893; 901; 939; 982 m. Fn. 1565; 999; 1001 f. Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit – 113 ff.; 521 ff. – und Abmahnung s. Abmahnung → rechtsmissbräuchliche – und Abnehmerverwarnung 132; 143 – und Aufhebung einstweiliger Verfügung aufgrund veränderter Umstände 836 – und Dispositionsmaxime 113 – und Einnahmeerzielungsinteresse 122 ff.; 133; 136 f.; 144; 956; 963; 983 – und Erschleichen gerichtlicher Entscheidung s. Darlegung → unvollständiges Vorbringen in einstweiligem Verfügungsverfahren – und Erschleichen gerichtlicher Zuständigkeit 335 m. Fn. 436 – und „fliegender Gerichtsstand“ 307 ff.; 525 f. – vor Gericht 521 ff. – und Hauptsacheverfahren neben einstweiliger Verfügung 127 f.; 335 m. Fn. 436; 524; 897 – Heilung von 116; 653 m. Fn. 1039 – und Kammer für Handelssachen 331

300

Stichwortverzeichnis

– und Kostenintensivierung 82; 118; 126 ff.; 134 f.; 140 ff.; 524; 897 – und mehrere Abmahnungen 38; 82; 129 ff.; 140 ff.; 143 – und mehrere Gerichtsverfahren 127 f.; 524; 525 f.; 897 – und Nichtbeachtung der Abmahnung 53 – und Ordnungsmittel s. Ordnungsmittel → und Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit – und Schadensersatz nach § 945 ZPO 724; 727 f.; 734; 740 – und selektive Abmahntätigkeit 145 – und Sequestration 811 – und spätes Vorbringen in einstweiligem Verfügungsverfahren 331; 653 ff.; 656 m. Fn. 1051 – überschießendes Unterlassungsverlangen 126; 136 f.; 138 f. – und unvollständiges Vorbringen s. Darlegung → unvollständiges Vorbringen in einstweiligem Verfügungsverfahren – und Vereitelung der Vollziehung einstweiliger Verfügung s. Vollziehung einstweiliger Verfügung → trotz Vereitelung durch Schuldner – und Vertragsstrafe s. Vertragsstrafe → und Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit – und Vollmachtsrüge 29 – und widersprüchliches Verhalten 29; 53; 59 m. Fn. 52; 178; 270; 393; 711; 724; 743; 836; 956; 963; 983 – Wirkung von 111 f.; 113; 115 f.; 734 m. Fn. 1171 Rechtsprechung, Änderung der – Bedeutung für Aufhebung aufgrund veränderter Umstände s. Aufhebung aufgrund veränderter Umstände → aufgrund Änderung von Gesetz/Rechtsprechung – Bedeutung für Schadensersatz nach § 945 ZPO s. Schadensersatz nach § 945 ZPO → und Änderung von Gesetz/Rechtsprechung Rechtsschutzbedürfnis – und Antragsfassung 474 – für Aufhebung aufgrund veränderter Umstände s. Aufhebung aufgrund veränderter Umstände → Rechtsschutzbedürfnis für – bei Auslandsbezug 515 ff. – bei behördlichen Verboten/Genehmigungen 519 f. – und Dispositionsmaxime 508 – bei Doppelverfolgung 514

– für einstweiliges Verfügungsverfahren 198 f.; 277; 479; 503 ff.; 614; 633; 718 – für Folgeverfahren mit abweichendem Gerichtsstand (s. auch Gerichtsstand → und Wahlrecht des Gläubigers) 306; 526 – für Folgeverfahren trotz erlassener einstweiliger Verfügung s. „Klarstellungsverfügung“ – für Hauptsacheverfahren 198 f.; 487; 512; 767 – für Hauptsacheverfahren trotz laufenden Ordnungsmittelverfahrens s. Ordnungsmittelverfahren → als Alternative zu Hauptsacheverfahren – für „Klarstellungsverfügung“ s. „Klarstellungsverfügung“ – für negative Feststellungsklage s. Feststellungsklage, negative → und Feststellungsinteresse – trotz notarieller Unterwerfungserklärung 277 – für privilegierte Äußerungen 506 f. – für Streitwertbeschwerde s. Streitwertbeschwerde → Rechtsschutzbedürfnis für – vor Verjährungseintritt 512 – für vertraglichen Unterlassungsanspruch 965 ff.; 971 Rechtsverfolgungskosten, vorgerichtliche (s. auch Kostenerstattung) – aufgrund Abmahnung s. Abmahnkosten – ohne Abmahnung 73; 255 – aufgrund Abschlussschreibens s. Abschlussschreiben → und Kostenerstattung – aufgrund Berechtigungsanfrage 149 – vor Einigungsstelle 279 Rechtsverteidigungskosten, vorgerichtliche (s. auch Kostenerstattung) – vor Einigungsstelle 279 – aufgrund Gegenabmahnung 163 f.; 945 – bei rechtsmissbräuchlicher Abmahnung 100 f.; 106; 111 f. – bei unbegründeter/überschießender Abmahnung 100 f.; 102 ff.; 108 ff.; 112 – bei unberechtigter Abmahnung 100 f.; 106 ff.; 112 – bei unkorrekter Abmahnung 100 f.; 102 ff.; 108 ff. – aufgrund Verzichtsaufforderung durch Schuldner 834 Rechtsweg, Eröffnung des – 283; 519

Stichwortverzeichnis

Rechtsweg, Erschöpfung des s. Verfassungsbeschwerde → und Erschöpfung des Rechtswegs Regelfrist für Antrag auf einstweilige Verfügung s. Verfügungsgrund → und Regelfrist Regelungsverfügung s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Sicherungs-/Regelungsverfügung „Retourkutsche“ s. Gegenabmahnung → wegen Wettbewerbsverstoßes des Gläubigers Revision (s. auch einstweiliges Verfügungsverfahren → Revision in) – 287; 315; 508 Rücknahme des Antrags s. Antragsrücknahme Rückruf von Produkten s. Handlungspflichten, ergänzende → Rückruf von Produkten Sachverständiger – als Mittel der Glaubhaftmachung s. Glaubhaftmachung → durch Sachverständigengutachten – und schriftliche Beantwortung von Beweisfragen s. Glaubhaftmachung → durch schriftliche Erklärung Schadensersatz – 902 ff. – wegen Befolgung gerichtlicher Entscheidung (s. auch Schadensersatz nach § 945 ZPO) 725; 739 – Bemessung des 753; 861 f.; 903 ff.; 908 ff. – und Feststellung dem Grunde nach s. Feststellung der Schadensersatzpflicht – durch Herausgabe des Verletzergewinns 863 f.; 904 f. – und Kausalität 905 – und Kostenerstattung für Abmahnung s. Abmahnkosten → aus Schadensersatz – und Kostenerstattung für Abschlussschreiben 780 – und Kostenerstattung für Einigungsverfahren 279 – und Kostenerstattung für Gerichtsverfahren s. Verfahrenskosten → als Schaden – und Kostenerstattung für Schutzschrift s. Schutzschrift → Kosten der

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– als Streitgegenstand in einstweiligem Verfügungsverfahren s. einstweiliges Verfügungsverfahren → und Schadensersatzanspruch – und Stufenklage s. Stufenklage – für Verbraucher 298 m. Fn. 375; 326 m. Fn. 427; 857 m. Fn. 1387 – und Verjährung 857; 859 ff.; 868; 882 m. Fn. 1442; 886 m. Fn. 1452; 890 f.; 902 Schadensersatz nach § 945 ZPO – 723 ff. – und Änderung von Gesetz/Rechtsprechung 733 – wegen anfänglicher Ungerechtfertigtheit einstweiliger Verfügung 726 ff. – Anwendbarkeit des § 945 ZPO 723 ff.; 727 f.; 747 m. Fn. 1203 – Ausschluss des 724; 767 – und einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung 747 – ersatzfähiger Schaden 606; 725; 738 ff. – wegen formeller Mängel einstweiliger Verfügung 727 f.; 730 f.; 734; 739 f.; 741 m. Fn. 1187 – Geltendmachung vor Gericht 749 ff. – und Kausalität 732; 736; 738; 741; 743; 752 – und Mitverschulden 741 m. Fn. 1187; 746 – Präjudiz für 729 ff.; 751 – und Schadensminderungspflicht des Schuldners 741; 746 m. Fn. 1200 – Schätzung der Höhe des 753 – und Sicherheitsleistung 738; 744; 747 – und Verfassungsbeschwerde s. Verfassungsbeschwerde → und Schadensersatz nach § 945 ZPO – und Verjährung 873 – und Verschulden 723 – Voraussetzungen für 482; 726 ff.; 735 ff.; 738 ff.; 742 ff. – Wesen des 723; 725 – zeitlicher Anknüpfungspunkt für Beurteilung des 729; 733; 739 m. Fn. 1179; 742; 747 f.; 753 – Zweck des 531; 606; 723; 741 m. Fn. 1189 schriftliche Beantwortung von Beweisfragen s. Glaubhaftmachung → durch schriftliche Erklärung Schriftsatzfrist s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Schriftsatzfrist in

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Stichwortverzeichnis

Schriftsatznachlass s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Schriftsatznachlass in „Schubladenverfügung“ – 60; 94 f.; 712 ff. – ohne Abmahnung s. Abmahnung → als Obliegenheit – und Kostenerstattung für Abmahnung s. Abmahnkosten → und „Schubladenverfügung“ Schuldner, besondere Pflichten/Obliegenheiten des (s. auch Beweis-/Glaubhaftmachungslast) – aktive Wahrnehmung von Verfahrensgrundrechten 610 – aktives Vorgehen gegen einstweilige Verfügung 741 m. Fn. 1187 – Ausräumung der Begehungsgefahr s. Wiederholungsgefahr → Pflicht des Schuldners zu Ausräumung der – Einwirkung auf Dritte s. Handlungspflichten, ergänzende → Einwirkung auf Dritte – ergänzende Handlungspflichten s. Handlungspflichten, ergänzende – Formulierung der Abschluss-/Unterlassungserklärung s. Wiederholungsgefahr → Pflicht des Schuldners zu Ausräumung der – „Herausfinden“ aus Unterlassungspflicht (s. auch Handlungspflichten, ergänzende) 416; 428; 429; 435; 447; 454 f.; 463; 478; 719 m. Fn. 1146 – Nachforschungspflicht 32; 147; 685 – Rückmeldung nach Abmahnung (s. auch Waffengleichheit, prozessuale → und Beantwortung der Abmahnung) 147 m. Fn. 183; 165 ff.; 393; 505; 809 ff.; 945; 968 f. – Rückmeldung nach Berechtigungsanfrage 147 – Rückmeldung nach einstweiliger Verfügung 746 m. Fn. 1200; 755 f.; 769; 782 f.; 786; 787 m. Fn. 1299; 795; 812; 839; 898 – Rückmeldung nach Verdachtsmitteilung über Verstoß gegen Unterlassungsvertrag 968 f. – Rückruf von Produkten s. Handlungspflichten, ergänzende → Rückruf von Produkten – und Schadensminderung s. Schadensersatz nach § 945 ZPO → und Schadensminderungspflicht des Schuldners – Versand der Gegenabmahnung s. Gegenabmahnung → vor negativer Feststellungsklage

– Versand der Verzichtsaufforderung s. Aufhebung aufgrund veränderter Umstände → und Verzichtsaufforderung durch Schuldner Schutzschrift – 169 ff.; 528; 532 ff.; 555; 581 – und Anwaltszwang 535 f.; 540 – und Aufbrauchsfrist 534 – und Beweis-/Glaubhaftmachungslast s. Beweis-/Glaubhaftmachungslast → und Hinterlegung der Schutzschrift – Form der Hinterlegung der 540 – Inhalt der 534; 581 m. Fn. 847 – und Kammer für Handelssachen 328 f.; 534; 537 – Kosten der 541 ff. – Nichtvorlage der 540; 569 – Register für (ZSSR) 538 ff. – und Sicherheitsleistung 534 – Verhinderung mangels Anhörung (s. auch Abmahnung → Entbehrlichkeit der) 712 – Vor-/Nachteile der 170 f.; 532; 536 – Wesen der 533; 544 Schweigen als Reaktion – 153; 165 ff.; 895; 968 f. Selbstbeauftragung, anwaltliche – 76 f. Selbstwiderlegung der Dringlichkeitsvermutung s. Verfügungsgrund, Wegfall des Sequestration s. einstweiliges Verfügungsverfahren → und Sequestration Sicherheitsleistung – 491 f.; 534; 738; 744; 747; 797; 988 Sicherungsverfügung s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Sicherungs-/Regelungsverfügung Strafbewehrung s. Vertragsstrafeversprechen Streitgegenstand (s. auch Antrag) – 408 ff.; 426 f.; 768; 889 f.; 901 – und Abschlusserklärung s. Abschlusserklärung → Reichweite der – und alternative Klagehäufung 412 f.; 414 ff.; 425; 472; 589 – Darlegung in Abmahnung 41 ff.; 48; 96; 97 f.; 185; 269; 584 – und Dispositionsmaxime 426; 441 ff.; 448 f.; 457; 472 ff.; 565; 585; 604; 614; 889; 939

Stichwortverzeichnis

– einheitlicher 98; 327; 331 f.; 419 ff.; 440 ff.; 470 f.; 472 ff.; 962; 973; 1001 – bei Erstbegehungs-/Wiederholungsgefahr s. Erstbegehungsgefahr → als eigenständiger Streitgegenstand in Verhältnis zu Wiederholungsgefahr – und eventuelle Klagehäufung (s. auch Antrag → Haupt-/Hilfsantrag) 418; 425 – Geeignetheit für einstweiliges Verfügungsverfahren s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Eignung der Verfahrensart – und Kostenerstattung (s. auch hier → Teilbarkeit des) 97 ff.; 365; 417; 420 m. Fn. 561; 447 f.; 457 f.; 463 f.; 471; 473 m. Fn. 666; 477; 480; 788; 805 ff.; 940 – und kumulative Klagehäufung 418; 425; 445; 472; 474 – Mehrheit von (s. auch hier → und objektive Klagehäufung) 42; 423 f.; 440 ff.; 890; 893; 973 – nachträgliche Änderung in einstweiligem Verfügungsverfahren s. hier → und Verjährung; einstweiliges Verfügungsverfahren → Formulierung des Tenors durch Gericht; Verfügungsgrund → bei nachträglicher Änderung des Streitgegenstands – nachträgliche Änderung nach Klageerzwingung s. Klageerzwingung → und Änderung des Streitgegenstands in erzwungenem Hauptsacheverfahren – nachträgliche Änderung nach negativer Feststellungsklage 940 – und objektive Klagehäufung (s. auch hier → Teilbarkeit des) 38; 82; 97 f.; 140 f.; 143; 327; 332; 335; 365; 378; 616; 762; 788; 789; 803; 805; 888 ff.; 902; 908; 952; 971 – und Rechtskraft s. Rechtskraft, Reichweite der – und subjektive Klagehäufung (s. auch hier → Teilbarkeit des) 38; 44; 82; 142; 143; 327; 332; 335; 379 f.; 616; 635; 686 f.; 759; 789; 803; 805; 883; 888; 1007 – Teilbarkeit des 97 ff.; 205 ff.; 269 f.; 327; 332; 416 ff.; 440 ff.; 447 f.; 456 ff.; 463 f.; 470 f.; 472 ff.; 477; 594 m. Fn. 877; 761; 789; 805; 888; 940 – übereinstimmender 42; 196; 335; 479; 509 ff.; 561 ff.; 583 ff.; 598; 604; 732; 734; 737; 758 f.; 768; 828; 889; 901; 939; 943; 973 – und Unterlassungserklärung s. Unterlassungserklärung → Reichweite der

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– und Verhältnis von Erkenntnis- zu Zwangsvollstreckungsverfahren s. Verlagerung des Rechtsstreits in Zwangsvollstreckungsverfahren – und Verjährung 882 f.; 888 ff.; 893; 901 – und Zuständigkeit 321 ff.; 324 f.; 327; 331 f.; 335 – zweigliedriger 408 ff.; 415 ff.; 973 Streitwert (s. auch Gegenstandswert) – 342 ff. – Abschlag in einstweiligem Verfügungsverfahren 135; 351; 364; 366 ff. – Angabe in Abmahnung 135; 350 f.; 371 – Angabe in Antragsschrift 352 ff.; 373; 400 – Auffangtatbestände für 361 ff. – des Auskunftsanspruchs 374 f. – Beschwerde gegen Festsetzung des s. Streitwertbeschwerde – des Beseitigungsanspruchs 348 f.; 361 ff.; 366 ff.; 389 – bei Erledigung 383 ff.; 802 – und Ermessen des Gerichts 359; 366 ff.; 391 – und Feststellung der Schadensersatzpflicht 374 f.; 389 – bei Haupt-/Hilfsantrag 381 f. – und Interesse der Allgemeinheit 355 – und Interesse des Gläubigers 345 ff.; 350 ff.; 355 ff.; 373; 374; 377; 400 – und Interesse des Schuldners 349; 360 – Minderung des (s. auch hier → Abschlag in einstweiligem Verfügungsverfahren; Streitwertbegünstigung; Streitwertbeschwerde) 360; 363 – nachträgliche Änderung des 354; 400 – bei negativer Feststellungsklage 377 – und objektive Klagehäufung 365; 378 – der Ordnungsmittelandrohung 276 – des Ordnungsmittelverfahrens 372 f.; 388 – von Rechtsanwaltskosten 152; 376; 391 f. – und Streitwertbegünstigung s. Streitwertbegünstigung – und subjektive Klagehäufung 379 f. – des Unterlassungsanspruchs 344 ff.; 366 ff.; 372; 389 – und Vertragsstrafeversprechen 228; 977 f. – des Widerspruchsverfahrens 802 f.; 805; 817 – Wirkung des 342; 343; 391 f. – zeitlicher Anknüpfungspunkt für Beurteilung des 347 f.; 350 ff.; 370 m. Fn. 500; 802 f.

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Stichwortverzeichnis

– und Zuständigkeit s. Zuständigkeit → sachliche Streitwertbegünstigung – 386 ff. Streitwertbeschwerde – 394; 395 ff. – Frist für 402 – zwecks Heraufsetzung des Streitwerts 396 f.; 399 f. – Rechtsbehelfe nach Entscheidung über 385; 404 f. – Rechtsschutzbedürfnis für 395 ff. – durch Verfahrens-/Prozessbevollmächtigten in eigenem Namen 399 f. Stufenklage (s. auch Feststellung der Schadensersatzpflicht) – 862; 886 m. Fn. 1452 „Stuhlurteil“ – 703 Suchmaschinen in Internet s. Handlungspflichten, ergänzende → Einwirkung auf Dritte summarisches Verfahren – 614; 741 m. Fn. 1187; 833 Suspensiveffekt – 720; 796 Teilklage (s. auch Streitgegenstand → Teilbarkeit des) – 416 Tenor s. Antrag Terminierung s. mündliche Verhandlung Titelerschleichung s. Darlegung → unvollständiges Vorbringen in einstweiligem Verfügungsverfahren Treuwidrigkeit s. Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit Übersetzung – 583; 655; 683; 897 Umgehung des Gegenbevollmächtigten s. Abschlussschreiben → Adressat des; Vertretungsanzeige

Umsatzsteuer, Erstattung der – 12 m. Fn. 3; 59 m. Fn. 51; 771 m. Fn. 1260; 780; 834 m. Fn. 1358; 882 m. Fn. 1439; 945 m. Fn. 1523 „unclean hands“ s. Verfügungsgrund, Wegfall des → und „unclean hands“ ungerechtfertigte Bereicherung s. Herausgabe → ungerechtfertigter Bereicherung Unterbrechung mündlicher Verhandlung s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Unterbrechung mündlicher Verhandlung in Unterlassungsanspruch – und Begehungsgefahr s. Erstbegehungsgefahr; Wiederholungsgefahr – und Beseitigungsanspruch s. Beseitigungsanspruch → und Unterlassungsanspruch – Erlass des s. Unterlassungsvertrag → als (Teil‐)Erlass – bei erneuter Zuwiderhandlung s. hier → vertraglicher (auch Verhältnis zu gesetzlichem); Vertragsstrafeversprechen → bei erneuter Zuwiderhandlung; Wiederholungsgefahr → „Wiederaufleben“ der – und Erstbegehungsgefahr s. Erstbegehungsgefahr – Geltendmachung in Hauptsacheverfahren 895 ff. – und Irrtum über Sach-/Rechtslage s. Abmahnung → und Irrtum über Sach-/Rechtslage – und Streitwertbemessung s. Streitwert → des Unterlassungsanspruchs – (Teil‐)Verzicht auf s. Unterlassungsvertrag → als (Teil‐)Erlass – und Verjährung 857; 868; 870 f.; 890; 898 ff. – und Veröffentlichungsbefugnis s. Veröffentlichungsbefugnis – und Verschulden 93 – vertraglicher (auch Verhältnis zu gesetzlichem) 161; 172 ff.; 186; 194; 202; 203; 235; 264; 268 ff.; 422 ff.; 868; 952 f.; 964 ff.; 970; 971 ff.; 1009 f. – und Vertragsstrafeversprechen s. Vertragsstrafeversprechen – und Wiederholungsgefahr s. Wiederholungsgefahr – zeitlicher Anknüpfungspunkt für Beurteilung des 61; 797

Stichwortverzeichnis

– Zukunftsgerichtetheit des 12; 61; 70; 214; 261; 347; 372 Unterlassungserklärung – 46 ff.; 151 ff.; 173 – und AGB-Kontrolle 47; 251 – Alternativen zu s. hier → oder einstweilige Verfügung, → notarielle; „actus contrarius“ – und Anerkenntnis 86; 126; 174; 204 – Anfechtung der s. hier → Bestand der – als Angebot eines Vertrags 25; 48; 55; 172 f.; 175 f.; 179; 181 ff.; 242; 253; 264; 269 – Annahme der 29; 172 ff.; 176 ff.; 181 ff.; 198; 235; 262; 264 ff.; 269 f.; 868 m. Fn. 1412 – und Aufbrauchsfrist s. hier → Vorbehalt in; Aufbrauchsfrist – Auslegung der 200; 203 ff.; 211 ff.; 295; 958 f. – Bedingung in s. hier → Vorbehalt in – Befristung der s. hier → Vorbehalt in – und Beseitigung des Verletzungszustands s. Beseitigungsanspruch → und Unterlassungsanspruch; Handlungspflichten, ergänzende → aufgrund Unterlassungserklärung – Bestand der (s. auch Unterlassungsvertrag → Nichtigkeit des) 115; 184; 193; 202; 211 f.; 268 m. Fn. 326; 713 f. – Bestimmtheit der (s. auch Verallgemeinerung der Unterlassungspflicht) 196 – Bestreiten der Reichweite/Wirksamkeit der 967 – Bezugnahme auf Anlagen in 192 – doppelte Verneinung in s. Antrag → doppelte Verneinung in – gegenüber Drittem (s. auch Abmahnkosten → bei (erneuter) Abmahnung durch anderen Gläubiger) 154 f.; 168; 220; 236; 256 ff.; 758 – Einschränkung der s. hier → Vorbehalt in – oder einstweilige Verfügung 152 f.; 159 ff.; 205; 267; 487; 754; 839 f. – neben einstweiliger Verfügung 206; 267; 277; 724; 743 m. Fn. 1192, 1194; 747 m. Fn. 1201; 758; 801 ff.; 826; 830; 836 – Ernsthaftigkeit der 28; 90 m. Fn. 108; 154 f.; 190; 194 f.; 202; 203 ff.; 211; 214 f.; 219 f.; 232; 244 f.; 256 ff.; 264 – Form der 186 ff. – Formulierungspflicht des Schuldners s. Wiederholungsgefahr → Pflicht des Schuldners zu Ausräumung der

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– nach Fristablauf 266 f. – nach gerichtlicher Inanspruchnahme s. hier → neben einstweiliger Verfügung; Erledigung → aufgrund Unterlassungserklärung – und Gerichtsstandsvereinbarung 215; 316; 972 – Inhalt der 193 ff. – „insbesondere“-Zusatz in s. „insbesondere“Zusatz – und Kerntheorie s. Kerntheorie – und konkrete Verletzungshandlung/-form s. Verletzungshandlung/-form, konkrete – Kündigung der s. hier → Bestand der – modifizierte 176; 178; 183 ff.; 199; 201; 208; 269 f.; 958 – und „Nachfasspflicht“ des Gläubigers s. Abmahnung → und „Nachfasspflicht“ des Gläubigers – und Nennung erlaubter Handlungsweisen s. Schuldner, besondere Pflichten/Obliegenheiten des → „Herausfinden“ aus Unterlassungspflicht; Verallgemeinerung der Unterlassungspflicht – notarielle 258; 271 ff.; 984 – Original der 178; 189 ff. – Reichweite der 193 ff.; 958 ff. – und Schadensersatz nach § 945 ZPO 724; 734 – Strafbewehrung der s. Vertragsstrafeversprechen – und Teilbarkeit des Streitgegenstands s. Streitgegenstand → Teilbarkeit des – unbestimmte/auslegungsfähige (Rechts‐)Begriffe in s. Gesetzeszitate bei Formulierung der Unterlassungspflicht – Verallgemeinerung in s. Verallgemeinerung der Unterlassungspflicht – und Verfolgungsbereitschaft des Gläubigers 154; 235; 261 f.; 877 – und Vertragsstrafeversprechen s. Vertragsstrafeversprechen – Vorbehalt in 28; 193 ff.; 202; 203 ff.; 211 ff.; 220; 244 f.; 724 m. Fn. 1155; 743; 958 f. – vorbeugende 181; 253 ff. – vorformulierte 25; 29; 44; 47 f.; 55; 126; 139; 175 f.; 179; 182 f.; 185; 208; 242; 251; 586; 943; 958 – Wesen der 172 ff.; 176; 184 – Widerruf der s. hier → Bestand der – Wirkung der (s. auch Erstbegehungsgefahr → Ausräumung der; Wiederholungsgefahr →

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Ausräumung der) 155; 263 ff.; 724; 743; 747 m. Fn. 1201 – Zitieren des Gesetzes in s. Gesetzeszitate bei Formulierung der Unterlassungspflicht – Zugang der s. Zugang → der Unterlassungserklärung – Zweck der 154; 184; 190; 193 f.; 200; 976 Unterlassungsvertrag – 48; 172 ff.; 952 ff.; 1009 f. – Nachweis des Zustandekommens des s. Beweis-/Glaubhaftmachungslast → bezüglich Zustandekommens des Unterlassungsvertrags – Nichtigkeit des (s. auch Unterlassungserklärung → Bestand der) 248 ff. – als (Teil‐)Erlass 48; 115 m. Fn. 136; 185; 201; 269 f.; 724; 743; 953; 958 f. – Verstoß gegen s. Unterlassungsanspruch → vertraglicher (auch Verhältnis zu gesetzlichem); Vertragsstrafe; Vertragsstrafeversprechen → bei erneuter Zuwiderhandlung; Wiederholungsgefahr → „Wiederaufleben“ der – Wesen des 172 ff. – Zustandekommen des s. Unterlassungserklärung → als Angebot eines Vertrags, → Annahme der – Zweck des 953; 975 f.; 981 Unterwerfung sofortiger Zwangsvollstreckung s. Zwangsvollstreckung → Unterwerfung sofortiger unvollständiges Vorbringen s. Darlegung → unvollständiges Vorbringen in einstweiligem Verfügungsverfahren Verallgemeinerung der Unterlassungspflicht – 138 f.; 201; 207 f.; 425; 440; 454; 456 ff.; 467 ff.; 472; 474; 476 f.; 479 m. Fn. 673; 943 Veranlassung zu Inanspruchnahme vor Gericht s. Anerkenntnis, sofortiges; Feststellungsklage, negative → und Feststellungsinteresse Verfahrensbevollmächtigter, Zustellung einstweiliger Verfügung an s. Vollziehung einstweiliger Verfügung → und Adressat der Zustellung Verfahrensgrundsätze – Beschleunigungsgebot s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Eilcharakter des

– Dispositionsmaxime s. Dispositionsmaxime – effektive Rechtsdurchsetzung s. effektiver Rechtsschutz, Grundsatz des – gesetzlicher Richter 315 – prozessuale Waffengleichheit s. Waffengleichheit, prozessuale – prozessuale Wahrheitspflicht s. Darlegung → unvollständiges Vorbringen in einstweiligem Verfügungsverfahren – rechtliches Gehör s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Beteiligung des Schuldners an Verfahrenskosten (s. auch Gerichtskosten) – und Aufhebung aufgrund veränderter Umstände (s. auch Aufhebung aufgrund veränderter Umstände → und Wirkung ex tunc) 837 – und Erledigung s. Erledigung – Höhe der Verfahrensgebühr 83 f.; 89; 543 f.; 802; 837 – und isoliertes Angreifen der Kostengrundentscheidung 448; 721; 817 – Kosten für Abmahnung als s. Abmahnkosten → als Teil von Verfahrenskosten – Kosten für Schutzschrift als s. Schutzschrift → Kosten der – und Prozesskostensicherheit 486 – Quotelung der s. Streitgegenstand → und Kostenerstattung – als Schaden 168; 541; 741 – und sofortiges Anerkenntnis s. Anerkenntnis, sofortiges – und Widerspruch gegen einstweilige Verfügung (s. auch Widerspruch gegen einstweilige Verfügung → und Wirkung ex tunc) 791; 807; 817 Verfassungsbeschwerde – 599 ff. – Begründung der 601; 602 f.; 605 f. – Begründung der Entscheidung über 612 – Darlegung in 601; 605; 606 m. Fn. 909 – und einstweilige Anordnung 550; 601; 605; 606 m. Fn. 910; 607 f.; 611 f. – und Erschöpfung des Rechtswegs 597 m. Fn. 887; 609 – und Feststellungsinteresse 551; 563; 564 m. Fn. 815; 599 f.; 602 ff.; 611 – Frist für 601; 612 – wegen gesetzlichen Richters 315 – Nichtannahme der 612

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– wegen prozessualer Waffengleichheit 488 m. Fn. 688; 549 ff.; 597; 599 ff. – und Schadensersatz nach § 945 ZPO 606 – und schwerer Nachteil 599 f.; 603; 605 f. – Subsidiarität der 609 f.; 611 – und Vorwegnahme der Hauptsache 607 f. – Wirkung der Entscheidung über 611 m. Fn. 923 Verfügungsgrund – 8 f.; 613 ff.; 835 f.; 897 – und Bestreiten der Reichweite des Unterlassungstitels in Ordnungsmittelverfahren 626 m. Fn. 984 – Darlegung/Glaubhaftmachung des 9; 484; 614 m. Fn. 929; 617 f.; 626 m. Fn. 981; 638; 650 f. – und Dispositionsmaxime 614; 619 – und Dringlichkeitsfrist s. hier → zeitliche Komponente des – und dringlichkeitsschädliches Verhalten s. Verfügungsgrund, Wegfall des – und Dringlichkeitsvermutung 466; 479 m. Fn. 673; 484 f.; 496; 501; 514; 617 f.; 626 m. Fn. 981; 638; 650 f. – und Erstbegehungsgefahr s. hier → und „Wiederaufleben“ der Dringlichkeit – und „fliegender Gerichtsstand“ s. Verfügungsgrund, Wegfall des → wegen „forum shopping“ – bei Intensivierung des Rechtsverstoßes 635 ff. – und Kerntheorie 630 m. Fn. 1002; 635 – bei „Klarstellungsverfügung“ 479 m. Fn. 673; 514; 626 m. Fn. 984 – bei Leistungsverfügung s. Leistungsverfügung → und Dringlichkeitsvermutung – bei nachträglicher Änderung des Streitgegenstands (s. auch Streitgegenstand → und Verjährung) 616; 628 – und objektive Klagehäufung 616 – und Prozessstandschaft 615 m. Fn. 935 – und Regelfrist 623 ff. – und Schadensersatz nach § 945 ZPO 727 f.; 734; 740; 741 m. Fn. 1187; 748; 750 – und Schwierigkeiten bei Darlegung/Glaubhaftmachung s. Beweis-/Glaubhaftmachungslast → als Hindernis für einstweiliges Verfügungsverfahren – und subjektive Klagehäufung 616; 635 – tatsächliche Komponente des (s. auch Verfügungsgrund, Wegfall des) 632 ff.

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– und Umstandsmoment s. hier → tatsächliche Komponente des – und Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung s. Verfügungsgrund, Wegfall des – und „Wiederaufleben“ der Dringlichkeit 637 – und Wissenszurechnung s. Kenntnisnahme → von Rechtsverstoß; Wissenszurechnung → und Verfügungsgrund – bei zeitgebundenen Ereignissen 633 – zeitliche Komponente des (s. auch Verfügungsgrund, Wegfall des) 313; 514; 537; 621 ff. – zeitlicher Anknüpfungspunkt für Beurteilung des 615 f.; 629; 797 Verfügungsgrund, Wegfall des – 485; 619 ff. – Darlegung/Glaubhaftmachung des 485; 619 f.; 638; 650 f. – wegen „forum shopping“ 526; 633 – wegen Fristverlängerung 628 – wegen Hauptsacheverfahrens 336; 614; 621 m. Fn. 951; 634; 635 m. Fn. 1009; 897 – mangels Hinwirkung auf Erteilung richtiger/ vollständiger Ausfertigung 628 m. Fn. 1000; 700 ff. – und Kerntheorie s. Verfügungsgrund → und Kerntheorie – und kurze Fristsetzung in Abmahnung 626 m. Fn. 983 – und negative Feststellungsklage 947 – und Ordnungsmittelverfahren s. Verfügungsgrund → bei „Klarstellungsverfügung“ – wegen Säumnisses in mündlicher Verhandlung 628 – und Schriftsatznachlass 654 – wegen späten Vorbringens 628 f.; 654; 656 f. – und „unclean hands“ 633 – wegen Unzuständigkeit angerufenen Gerichts 627; 844 – wegen Verhaltens bei/vor Einleitung des Erkenntnisverfahrens 9; 621 ff.; 635; 638; 897; 947 – wegen Verhaltens in Erkenntnisverfahren 336; 482; 526; 628 f.; 654; 844 – wegen Verhaltens nach Erkenntnisverfahren 630 f.; 659; 701; 707 ff.; 748; 835 m. Fn. 1360 – wegen Verlegungsantrags 628 – und Vertagung 654 – und Vollmachtsbeibringung 654

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– mangels Vollziehung 659; 667; 701; 707 ff. – und „Wiederaufleben“ der Dringlichkeit s. Verfügungsgrund → und „Wiederaufleben“ der Dringlichkeit – und Wissenszurechnung s. Kenntnisnahme → von Rechtsverstoß; Wissenszurechnung → und Verfügungsgrund – und Zurechnung des Verhaltens Dritter 626 – mangels Zwangsvollstreckung s. hier → wegen Verhaltens nach Erkenntnisverfahren Vergleich – vor Einigungsstelle 279 – vor Gericht 724; 734; 984; 986; 1010 – und Schadensersatz nach § 945 ZPO 724; 734; 743 – Verhandlungen über 671; 809; 886 m. Fn. 1452 – und Verjährung s. Verjährung → Hemmung durch Vergleichsverhandlungen, → Verzicht auf Einrede der Verjährung – 8; 10; 88; 820; 855 ff. – und Anspruchskonkurrenz s. hier → bei konkurrierenden Anspruchsgrundlagen – und Antragsumstellung s. Antrag → und Verjährung – und Anwendbarkeit des § 11 Abs. 1 UWG 10; 88; 856 ff. – und Aufhebung einstweiliger Verfügung aufgrund veränderter Umstände s. Aufhebung aufgrund veränderter Umstände → aufgrund Verjährung – und Aufrechnung s. Aufrechnung → mit verjährtem Anspruch – bei Dauerdelikt 876 – und Dispositionsmaxime 88; 855; 869; 871; 891 – bei erfolgloser Beantragung einstweiliger Verfügung 888 f. – und Feststellungsinteresse für negative Feststellungsklage 937 – und Feststellungsinteresse für Schadensersatzfeststellung dem Grunde nach 374 – Hemmung durch Anrufung der Einigungsstelle 886 m. Fn. 1452 – Hemmung durch Rechtsverfolgung 10; 88; 512; 646; 770; 796; 820; 835 m. Fn. 1360; 862; 886 ff.; 899; 901; 937; 949 f. – Hemmung durch Vergleichsverhandlungen 886 m. Fn. 1452

– und Irrtum über Sach-/Rechtslage 882 f. – und Kerntheorie 890 – bei konkurrierenden Anspruchsgrundlagen 865 ff. – Neubeginn der 886 – und objektive Klagehäufung 888 ff. – und Schwierigkeiten bei Darlegung/Glaubhaftmachung des Anspruchs 882 f. – und Streitgegenstand s. Streitgegenstand → und Verjährung – und subjektive Klagehäufung 883 – titulierter Ansprüche 870 – vertraglicher Ansprüche 868 – Verzicht auf Einrede der 88; 871; 891 – Wirkung der 886 – und Wissenszurechnung s. Kenntnisnahme → von Rechtsverstoß; Wissenszurechnung → und Verjährung Verjährungsfrist – Berechnung der 858 m. Fn. 1391, 1392; 859; 874 ff. – dreijährige 858 f.; 865 ff.; 873; 884 – dreimonatige 866 – dreißigjährige 861; 870; 872; 884 – einjährige 857 m. Fn. 1387 – sechsmonatige s. Verjährung → und Anwendbarkeit des § 11 Abs. 1 UWG – Verlängerung der 88; 871; 891 – zehnjährige 863; 884 – zweijährige 871 Verkündung einstweiliger Verfügung – 499; 628; 666; 702 f.; 715; 745; 748; 887; 988 Verlagerung des Rechtsstreits in Zwangsvollstreckungsverfahren – 427 f.; 433; 452; 456 ff.; 479; 718 m. Fn. 1135; 1002 Verletzergewinn, Herausgabe des s. Schadensersatz → durch Herausgabe des Verletzergewinns Verletzungshandlung/-form, konkrete – 139; 199; 201; 207 f.; 425; 434 ff.; 462 f.; 467 ff.; 472 ff.; 475; 476 ff.; 943; 1001 Vermutung – der Dringlichkeit s. Verfügungsgrund → und Dringlichkeitsvermutung – der Sinnhaftigkeit von Nachforschungsmaßnahmen vor Beantragung einstweiliger Verfügung 626 m. Fn. 981 – des Verschuldens 955

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– der Wiederholungsgefahr 70; 93; 268; 452; 750 Veröffentlichungsbefugnis (s. auch Beseitigungsanspruch) – 922 ff. Versäumnisurteil – Folgen fehlender Begründung des 445; 734 – und Schadensersatz nach § 945 ZPO 731 m. Fn. 1165; 734 – und Verfügungsgrund s. Verfügungsgrund, Wegfall des → wegen Säumnisses in mündlicher Verhandlung Verschulden – bezüglich betrieblicher Organisation s. Ordnungsmittel → und Verschulden – und Erfüllungsgehilfe s. Erfüllungsgehilfe, Haftung für – und Kostenerstattung für Abmahnung s. Abmahnkosten → und Verschulden – und Ordnungsmittel s. Ordnungsmittel → und Verschulden – und Schadensersatz nach § 945 ZPO s. Schadensersatz nach § 945 ZPO → und Verschulden – und Unterlassungsanspruch s. Unterlassungsanspruch → und Verschulden – und Verjährung 877 ff. – und Vertragsstrafe s. Vertragsstrafe → und Verschulden – und Vertragsstrafeversprechen s. Vertragsstrafeversprechen → und Verschulden verspätetes Vorbringen s. einstweiliges Verfügungsverfahren Verspätung in Vertagung s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Vertagung in vertraglicher Unterlassungsanspruch s. Unterlassungsanspruch → vertraglicher (auch Verhältnis zu gesetzlichem) Vertragsstrafe – 222 ff.; 954 ff. – Angemessenheit der (s. auch hier → Bemessung der) 231; 241 ff.; 246 f. – und Auskunftsanspruch (s. auch Auskunftsanspruch) 961 – Bemessung der 136 f.; 222 ff.; 226 ff.; 229 ff.; 232 f.; 237 ff.; 241 ff.; 246 f.; 962 f.; 977 f. – Billigkeit der s. hier → Bemessung der – Deckelung der 231; 237 ff.

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– und Einwand der Rechtmäßigkeit 194; 953; 971 – und Erfüllungsgehilfe s. Erfüllungsgehilfe, Haftung für – fixe s. Vertragsstrafeversprechen → fixes – Geltendmachung vor Gericht 247; 971 ff. – Herabsetzung der 244 f. – Mindesthöhe der 228; 233 – und Ordnungsmittel s. Ordnungsmittel → und Vertragsstrafe – Provozieren der 956 – und Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit 115; 136 f.; 242; 245; 956; 963 – Rückzahlung der 115 – variable s. Vertragsstrafeversprechen → nach „neuem Hamburger Brauch“ – und Verjährung 868; 890 f. – aufgrund Verletzung ergänzender Handlungspflichten s. Handlungspflichten, ergänzende → aufgrund Unterlassungserklärung – und Verschulden 220; 223; 955 – zeitlicher Anknüpfungspunkt für Beurteilung der 137; 224; 231; 239 f.; 243; 957 – und Zuständigkeit s. Zuständigkeit → für Vertragsstrafe Vertragsstrafeversprechen – 172 f.; 194; 217 ff.; 986 – Alternativen zu s. „actus contrarius“; Unterlassungserklärung → oder einstweilige Verfügung, → notarielle – Annahme des s. Unterlassungserklärung → Annahme der – Ausschluss des 234 ff. – Bestreiten der Reichweite/Wirksamkeit des 967 – Doppelfunktion des 218; 954 – bei erneuter Zuwiderhandlung 93; 232 f.; 236 – fixes 223 ff.; 226 ff.; 232 f.; 240; 242; 244 f.; 962; 977 – nach „neuem Hamburger Brauch“ 93; 137; 223 ff.; 229 ff.; 232 f.; 240; 242; 246 f.; 962; 977 – Nichtigkeit des 248 ff. – oder Ordnungsmittel s. Unterlassungserklärung → oder einstweilige Verfügung – variables s. hier → nach „neuem Hamburger Brauch“ – und Verfolgungsbereitschaft des Gläubigers s. Unterlassungserklärung → und Verfolgungsbereitschaft des Gläubigers

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– und Verschulden 138; 220; 223 – Vorbehalt in 220; 244 f. – Wirkung des s. Wiederholungsgefahr → Ausräumung der – Zweck des 218; 222; 954 vertretbare Handlungen s. Beseitigungsanspruch → Zwangsvollstreckung des Vertretungsanzeige – 30; 688 ff.; 990 Verwahrung s. einstweiliges Verfügungsverfahren → und Sequestration Verwahrung gegen Kostenlast s. Abschlusserklärung → und Anerkenntnis; Kostenwiderspruch; Unterlassungserklärung → und Anerkenntnis Verwirkung – von Rechten 622 m. Fn. 953; 794 – der Vertragsstrafe s. Vertragsstrafe Verzicht – auf Androhung von Ordnungsmitteln 986 – auf Anspruchsgrundlage 869 – auf Antragsrücknahme 939 f. – Aufforderung des Schuldners zu s. Aufhebung aufgrund veränderter Umstände → und Verzichtsaufforderung durch Schuldner; Gegenabmahnung → vor negativer Feststellungsklage – auf Einrede des Fortsetzungszusammenhangs s. Fortsetzungszusammenhang – auf Einrede der Verjährung s. Verjährung → Verzicht auf Einrede der – auf Hinweiserteilung 590 – auf Ordnungsmittelandrohung 986 – auf Ordnungsmittelverfahren 983; 986; 1010 – auf Rechte aus einstweiliger Verfügung s. Unterlassungserklärung → neben einstweiliger Verfügung – auf Rechtsbehelfe gegen einstweilige Verfügung s. Abschlusserklärung → Reichweite der; Kostenwiderspruch → Wirkung des – auf Schadensersatz nach § 945 ZPO s. Schadensersatz nach § 945 ZPO → Ausschluss des – auf Unterlassungsanspruch s. Feststellungsklage, negative → und Feststellungsinteresse; Unterlassungsvertrag → als (Teil‐)Erlass Verzichtsurteil – 734

Verzögerung bei Rechtsverfolgung s. Verfügungsgrund, Wegfall des Vollmacht – und Abmahnung 24 ff.; 48 – in einstweiligem Verfügungsverfahren s. Vollmachtsrüge → in einstweiligem Verfügungsverfahren – für Entgegennahme von Erklärungen/Schriftstücken s. Adressat – Original der 27 f.; 30; 654 f. – Rüge der s. Vollmachtsrüge – Vollmachtskette 655 Vollmachtsrüge – 25 ff.; 48 – in einstweiligem Verfügungsverfahren 654 f. – und Kostenerstattung für Abmahnung s. Abmahnkosten → Verweigerung aufgrund Vollmachtsrüge – und Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit s. Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit → und Vollmachtsrüge – und sofortiges Anerkenntnis s. Anerkenntnis, sofortiges → mangels Vollmachtsnachweises – Unverzüglichkeit der 25; 29 Vollwiderspruch s. Widerspruch gegen einstweilige Verfügung Vollziehung einstweiliger Verfügung – 658 ff.; 987 – und Adressat der Zustellung 686 ff. – mit Anlagen 680 – Arten der 663 ff. – bei Auslandsbezug 171; 495 m. Fn. 699; 536; 630 m. Fn. 1002; 669; 683; 697; 708 f. – erneute 673 f. – mit Farbbestandteilen 679 – Folgen fehlender/fehlerhafter 661; 667; 705; 710 f.; 747 f.; 830; 835 – und formlose Bekanntgabe erlassenen Unterlassungstitels an Schuldner 670 ff.; 746; 756 – Frist für 661; 676; 697 ff.; 747 m. Fn. 1204; 748; 830; 835 – nach Fristablauf s. hier → Folgen fehlender/ fehlerhafter – Gegenstand der 455; 591; 658; 675 ff.; 701; 703 – Heilung von Mängeln bei 678 m. Fn. 1083; 679; 684; 695 f.; 705; 706 ff.; 711

Stichwortverzeichnis

– und Hemmung der Verjährung 887 f. – Kosten der 662 – bei Leistungsverfügung s. Leistungsverfügung → und Vollziehung – durch öffentliche Zustellung 668 – durch Ordnungsmittelverfahren s. hier → durch Zwangsvollstreckung – Pflicht des Gläubigers zu 659; 661; 665 ff.; 672 f.; 701; 703; 705; 707 ff.; 745 f.; 887 f.; 987 – und Postzustellungsurkunde 679 – und subjektive Klagehäufung 686 f. – trotz Unterlassungserklärung (s. auch Unterlassungserklärung → neben einstweiliger Verfügung) 267 – trotz Vereitelung durch Schuldner 683; 705; 711 – Voraussetzungen für 481 f.; 670 f.; 681; 700 ff. – und Wegfall des Verfügungsgrunds s. Verfügungsgrund, Wegfall des → mangels Vollziehung – bei Zustellung „demnächst“ s. Zustellung → „demnächst“ – durch Zustellung in Parteibetrieb s. hier → Pflicht des Gläubigers zu – durch Zustellung von Amts wegen 665 f.; 745; 836 – durch Zustellung von Anwalt zu Anwalt 536; 688 m. Fn. 1096; 691 – durch Zwangsvollstreckung 667; 671 f. – Zweck der 658 ff.; 673; 699; 747 m. Fn. 1203; 748 vorbeugende Unterlassungserklärung s. Unterlassungserklärung → vorbeugende vorbeugende Unterlassungsklage – und Bestimmung des Streitgegenstands s. Erstbegehungsgefahr → als eigenständiger Streitgegenstand in Verhältnis zu Wiederholungsgefahr – Zuständigkeit für s. Zuständigkeit → für vorbeugende Unterlassungsklage vorformulierte Abschlusserklärung s. Abschlusserklärung → vorformulierte vorformulierte Unterlassungserklärung s. Unterlassungserklärung → vorformulierte Vorgreiflichkeit, Aussetzung wegen s. Aussetzung wegen Vorgreiflichkeit Vorlage an EuGH s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Vorlage an EuGH in

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vorläufige Vollstreckbarkeit s. einstweiliges Verfügungsverfahren → vorläufige Vollstreckbarkeit einstweiliger Verfügung Vorwegnahme der Hauptsache – in einstweiligem Verfügungsverfahren s. einstweiliges Verfügungsverfahren → und Vorwegnahme der Hauptsache – und Verfassungsbeschwerde s. Verfassungsbeschwerde → und Vorwegnahme der Hauptsache Waffengleichheit, prozessuale (s. auch einstweiliges Verfügungsverfahren → Beteiligung des Schuldners an) – 545 ff. – und Ablehnung des Richters 598 – und Abschlussschreiben 755 m. Fn. 1231 – und alternative Klagehäufung s. Streitgegenstand → und alternative Klagehäufung – und Beantwortung der Abmahnung (s. auch Darlegung → unvollständiges Vorbringen in einstweiligem Verfügungsverfahren) 9 m. Fn. 2; 81; 528; 554 ff.; 561; 563; 586 – und Bekanntgabe zurückweisender Entscheidung an Schuldner 491 f.; 559; 588; 847 – und Berufung 595; 597 – und effektive Rechtsdurchsetzung 547 f.; 553 ff.; 570 f.; 579 ff. – und einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung 571; 596 – und Erschleichen gerichtlicher Entscheidung 568; 582; 609 – und „fliegender Gerichtsstand“ s. Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit → und „fliegender Gerichtsstand“ – und „forum shopping“ 526 – Heilung von Verstößen gegen 564; 595 – und Hinweiserteilung an Gläubiger 558 f.; 562; 564 f.; 569; 584 m. Fn. 859; 585; 587 ff.; 594 m. Fn. 877; 598; 610 – und spätes Vorbringen in einstweiligem Verfügungsverfahren s. Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit → und spätes Vorbringen in einstweiligem Verfügungsverfahren – und Übereinstimmung zwischen Abmahnung und Verfügungsantrag 42; 81; 556; 561 ff.; 574; 583 ff.; 598; 600; 604 – und unverzügliche Beantragung einstweiliger Verfügung 52; 556; 581

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– und Verfassungsbeschwerde s. Verfassungsbeschwerde → wegen prozessualer Waffengleichheit – Wesen der 546 – und Widerspruch gegen einstweilige Verfügung 595; 597; 603; 606 m. Fn. 910; 609 Wahrheitspflicht, prozessuale s. Darlegung → unvollständiges Vorbringen in einstweiligem Verfügungsverfahren Wahrscheinlichkeit, überwiegende s. Glaubhaftmachung → und Wahrscheinlichkeitsgrad Widerklage – auf Aufhebung einstweiliger Verfügung aufgrund veränderter Umstände s. Aufhebung aufgrund veränderter Umstände → mittels Widerklage – in einstweiligem Verfügungsverfahren s. einstweiliges Verfügungsverfahren → Widerklage in – bei negativer Feststellungsklage 948 – auf Schadensersatz nach § 945 ZPO 749 Widerspruch gegen einstweilige Verfügung – 789 ff.; 801 ff. – und Abschlusserklärung s. Abschlusserklärung → Reichweite der; Erledigung → aufgrund Abschlusserklärung; Kostenwiderspruch – und Antragsfassung s. Antrag → und Widerspruchsverfahren – und Anwaltszwang (s. auch einstweiliges Verfügungsverfahren → Anwaltszwang in) 793 – Begründung des 128; 793 – und einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung 571; 596; 720 ff. – Entscheidung über 797 ff.; 803 f. – Erledigung des s. Erledigung → auf Widerspruchsverfahren beschränkte – Frist für 794 – Hemmung der Verjährung durch 796; 892 – und Kammer für Handelssachen 330 ff. – Kostenwiderspruch s. Kostenwiderspruch – mündliche Verhandlung aufgrund 570 f.; 580; 595; 606 m. Fn. 910; 790; 793; 797; 802 – und objektive Klagehäufung 789; 803; 805 – und Rechtmäßigkeit einstweiliger Verfügung 595 m. Fn. 879; 797; 801 – und Rückwirkung s. hier → und Wirkung ex tunc

– und Sicherheitsleistung (s. auch hier → und einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung) 797 – und Streitwertbemessung s. Streitwert → des Widerspruchsverfahrens – und subjektive Klagehäufung 789; 803; 805 – und Unterlassungserklärung s. Erledigung → aufgrund Unterlassungserklärung; Unterlassungserklärung → neben einstweiliger Verfügung – Verhältnis zu negativer Feststellungsklage s. Feststellungsklage, negative → Verhältnis zu Widerspruchsverfahren – aufgrund Verjährung 796; 835 m. Fn. 1360; 892 – aufgrund Versäumnisses der Vollziehungsfrist 661; 710 – und Verwirkung 794 – und Vollziehung einstweiliger Verfügung s. Vollziehung einstweiliger Verfügung → erneute – Wirkung des 595; 720; 783; 790 f.; 796; 892 – Wirkung der Entscheidung über 798 f. – und Wirkung ex tunc 710; 799 f.; 835 m. Fn. 1360 – zeitlicher Anknüpfungspunkt für Beurteilung des 595 m. Fn. 879; 797 – Zuständigkeit für s. Zuständigkeit → für Widerspruchsverfahren „Wiederaufleben“ – der Dringlichkeit s. Verfügungsgrund → und „Wiederaufleben“ der Dringlichkeit – der Wiederholungsgefahr s. Wiederholungsgefahr → „Wiederaufleben“ der Wiederholungsgefahr – 61; 70; 193; 217; 357; 450 ff.; 504; 770; 857 m. Fn. 1388 – Ausräumung der (s. auch Unterlassungserklärung → Vorbehalt in) 154 f.; 156 f.; 173; 179; 184; 193 ff.; 199 f.; 205 ff.; 211 ff.; 217; 222; 232 f.; 235 f.; 259 ff.; 263 ff.; 277; 767 f.; 803; 981 – bei Dauerdelikt 155; 214 – bei Drittunterwerfung s. Unterlassungserklärung → gegenüber Drittem – als eigenständiger Streitgegenstand in Verhältnis zu Erstbegehungsgefahr s. Erstbegehungsgefahr → als eigenständiger Streitgegenstand in Verhältnis zu Wiederholungsgefahr

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– trotz einstweiliger Verfügung 767 f. – bei erneuter Zuwiderhandlung s. hier → „Wiederaufleben“ der; Unterlassungsanspruch → vertraglicher (auch Verhältnis zu gesetzlichem); Vertragsstrafeversprechen → bei erneuter Zuwiderhandlung – Pflicht des Schuldners zu Ausräumung der 47; 176; 225; 236; 435; 586 m. Fn. 862; 781 m. Fn. 1292 – und Schadensersatz nach § 945 ZPO 750 – und vertraglicher Unterlassungsanspruch 965 ff. – „Wiederaufleben“ der 93; 155; 235 f.; 268 Wissenszurechnung – und Kostenerstattung für Abmahnung 90 m. Fn. 107 – und Verfügungsgrund 622 – und Verjährung 880 f. Zeuge – als Mittel der Glaubhaftmachung s. Glaubhaftmachung → durch Zeugen – und schriftliche Beantwortung von Beweisfragen s. Glaubhaftmachung → durch schriftliche Erklärung Zeugenladung s. einstweiliges Verfügungsverfahren Zeugenladung in Zugang – der Abmahnung 54 ff.; 166; 582; 808 – der Abschlusserklärung 765 f.; 769 – des Abschlussschreibens 777 – der Annahme der Unterlassungserklärung 179 f. – und Beweis-/Glaubhaftmachungslast s. Beweis-/Glaubhaftmachungslast → bezüglich Zugangs – der Unterlassungserklärung 187 Zurechnung – und ergänzende Handlungspflichten s. Handlungspflichten, ergänzende → Einwirkung auf Dritte – des Verhaltens Dritter 626; 717 f.; 883; 993; 1003 ff. – und Verschulden s. Erfüllungsgehilfe, Haftung für; Ordnungsmittel → und Verschulden – des Wissens Dritter s. Wissenszurechnung Zuständigkeit (s. auch Gerichtsstand)

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– ausschließliche 315 f.; 321 ff.; 325; 326; 335 f.; 792 f. – und Beweis-/Glaubhaftmachungslast s. Beweis-/Glaubhaftmachungslast → bezüglich Zuständigkeit – für einstweiliges Verfügungsverfahren 333 ff. – Erschleichen der s. Rechtsmissbrauch/Treuwidrigkeit → und Erschleichen gerichtlicher Zuständigkeit – für Folgeverfahren 335 ff.; 338; 339 f.; 341 – funktionelle 327 ff.; 494; 534; 537 – für Handelssachen s. hier → funktionelle – für Hauptsacheverfahren nach vorangegangenem einstweiligem Verfügungsverfahren 341 – internationale 284 ff.; 297; 317 f.; 319; 339 f.; 842 – für Markenrechtsverstöße 324 f. – für negative Feststellungsklage 294; 932 – trotz negativer Feststellungsklage 338; 340; 948; 950 – für Ordnungsmittelandrohung 275 – für Ordnungsmittelverfahren 433; 989 – örtliche 297 ff.; 333; 792; 972 f.; 979 ff. – Rüge der 287; 296; 315 f.; 842; 849 – sachliche 228; 326; 333; 342; 792 f.; 972 f.; 974 ff. – für sofortige Beschwerde 843 – für Verbraucherschadensersatz 298 m. Fn. 375 – für Verbraucherschutzverstöße 321 ff. – für vertraglichen Unterlassungsanspruch 295; 972 f.; 979 ff. – für Vertragsstrafe 228; 295; 972 f.; 974 ff.; 979 ff. – für vorbeugende Unterlassungsklage 304 – und Wahlrecht des Gläubigers s. Gerichtsstand → und Wahlrecht des Gläubigers – für Widerspruchsverfahren 792 f. Zustellung – von Amts wegen s. Vollziehung einstweiliger Verfügung → durch Zustellung von Amts wegen – von Anwalt zu Anwalt s. Vollziehung einstweiliger Verfügung → durch Zustellung von Anwalt zu Anwalt – „demnächst“ 706 ff.; 823; 825; 887 – Heilung von Zustellungsmängeln 684; 695 f. – zwecks Hemmung der Verjährung 887 f. – Hinausschieben der 747 f.

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– öffentliche s. Vollziehung einstweiliger Verfügung → durch öffentliche Zustellung – in Parteibetrieb s. Vollziehung einstweiliger Verfügung → Pflicht des Gläubigers zu – und Postzustellungsurkunde s. Vollziehung einstweiliger Verfügung → und Postzustellungsurkunde Zustellungsbevollmächtigter, Zustellung einstweiliger Verfügung an s. Vollziehung einstweiliger Verfügung → und Adressat der Zustellung Zwangsvollstreckung – allgemeine Voraussetzungen der 273; 987 – auf Beseitigung s. Beseitigungsanspruch → Zwangsvollstreckung des – einstweilige Einstellung der s. Ordnungsmittelverfahren → einstweilige Einstellung des

– mittels Ersatzvornahme s. Beseitigungsanspruch → Zwangsvollstreckung des – Folgen fehlender 630; 667; 747 f.; 830 – Kosten der 662; 994 m. Fn. 1582 – bei Leistungsverfügung s. Leistungsverfügung → und Zwangsvollstreckung – auf Unterlassung s. Ordnungsmittelverfahren – Unterwerfung sofortiger 272 ff. – Verhältnis zu vorangegangenem Erkenntnisverfahren s. Verlagerung des Rechtsstreits in Zwangsvollstreckungsverfahren – bei vertretbaren Handlungen s. Beseitigungsanspruch → Zwangsvollstreckung des – zwecks Vollziehung einstweiliger Verfügung s. Vollziehung einstweiliger Verfügung → durch Zwangsvollstreckung