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German Pages 1215 [1220] Year 1988
Anorganische Chemie Prinzipien von Struktur und Reaktivität
James E. Huheey
Anorganische Chemie Prinzipien von Struktur und Reaktivität übersetzt und bearbeitet von
Bertold Reuter und
Brigitte Sarry
W DE Walter de Gruyter G Berlin • New York 1988
Titel der
Originalausgabe
Inorganic Chemistry Third Edition Principles of Structure and Reactivity James E. Huheey University of Maryland Copyright © 1983 by James E. Huheey Harper & Row, Publishers, Inc. 10 East 53 Street, New York, N.Y. 10022 U S A Übersetzer der deutschsprachigen
Ausgabe
Prof. Dr.-Ing. Bertold Reuter Prof. Dr. phil Brigitte Sarry Institut für Anorganische und Analytische Chemie der TU Berlin Straße des 17. Juni 135 1000 Berlin 12
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Huheey, James E.: Anorganische Chemie : Prinzipien von Struktur u. Reaktivität / James E. Huheey. Übers, u. bearb. von Bertold Reuter u. Brigitte Sarry. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1988 Einheitssacht.: Inorganic chemistry ( 2a0/Z) sein kann, ist die Wahrscheinlichkeitsfunktion, als Folge der Quadrierung, überall positiv, was sie auch sein muß, wenn sie einen physikalischen Sinn haben soll. Das Vorhandensein eines Knotens in der Wellenfunktion markiert einen Punkt im Raum, an dem die Aufenthaltswahrscheinlichkeit für das Elektron null ist. Daraus ergibt sich die interessante Frage: „Wie gelangt das Elektron von der einen Seite des Knotens auf die andere, wenn es niemals genau im Knoten sein kann?" Diese Frage ist so, wie wir sie gestellt haben, nicht zu vertreten, weil sie unsere makroskopisch geprägte Ansicht voraussetzt, das Elektron sei ein Teilchen. Wenn wir dagegen das Elektron als eine stehende Welle betrachten, gibt es kein Problem, weil diese gleichzeitig auf beiden Seiten eines Knotens existiert. Denken wir an eine schwingende Saite auf einem Instrument, etwa einer Gitarre. Wird die Saite am zwölften Bund gegriffen, wird der Ton eine Oktave höher, weil die Wellenlänge auf die Hälfte verkürzt ist. Wenn auch experimentell schwierig (ein Finger ist kein unendlich kleiner Punkt!), ist es möglich, mit Oktavengriff denselben Ton aufjeder der beiden Hälften der Saite erklingen zu lassen. Diese Schwingung kann sich kontinuierlich durch den Knoten an dem Griff fortsetzen. In der Tat entstehen auf der leeren Saite Obertöne bei den höheren Harmonischen, so daß an verschiedenen Punkten längs der Saite Knoten auftreten. Knoten sind bei einer Welle ganz normal. Begriffsprobleme treten nur auf, wenn wir versuchen, uns das Elektron als ein „hartes" Teilchen mit einer definierten Lage vorzustellen. Dirac 7 hat eine relativistische Behandlung angegeben, die sich von der üblicherweise benutzten Theorie in einer Anzahl von Punkten unterscheidet: 1. In einem „Dirac-Atom" gibt es keine Knoten, weder in der radialen noch in der Winkelverteilung, jedoch gibt es Bereiche, in denen die Elektronendichte sehr klein wird 8 . 2. Der Elektronen-„Spin" ergibt sich als natürliche Eigenschaft des Elektrons. 3. Die Elektronen mit einem gegebenen Wert von / (vgl. S. 27) sind nicht völlig entartet, sondern unterscheiden sich geringfügig in ihrer Energie. Die übliche Behandlung von Spin-Bahn-Wechselwirkungen erweist sich als willkürlich. Trotzdem werden fast alle Diskussionen in der Quantenmechanik nichtrelativistisch geführt, weil das mathematisch einfacher ist und weil die dabei gemachten Fehler klein sind. Eine stark abweichende Meinung in bezug auf diese Praxis wird jedoch von Powell 9 vertreten. D i e Existenz von einem oder mehreren K n o t e n bewirkt kleine Maxima der Elektronendichte zwischen dem Kern und dem größten Maximum. Es wird oft behauptet, diese Knoten und Maxima wären chemisch ohne Wirkung, doch ist diese Aussage etwas irreführend. Diese K n o t e n und M a x i m a können die Bindung auf zweierlei Weise beeinflussen: 1. Bei einer kovalenten Bindung müssen wir uns, wie wir später sehen werden, eingehend mit der Überlappung der Atomorbitale befassen, die durch Wechselwirkung miteinander die Bindung bilden. Räumliche Bereiche mit geringen Elektronendichten und vor allem solche, in denen sich das Vorzeichen der Wellenfunktion ändert, sind ungeeignet für eine gute Überlappung. Es ist verständlich, daß der Knoten einer Orbital-Wellenfunktion eine kovalente Bindung erheblich schwächen könnte, wenn er an einer für die
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P.A. Dirac, Proc. R. Soc. London, Ser.A 117, 610 (1928); 118, 351 (1928). Konturdiagramme relativistischer Orbitale findet man bei A. Szabo, J. Chem. Educ. 46, 678 (1969). R.E. Powell, J. Chem. Educ. 45, 558 (1968).
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2 Die Struktur der Atome
Bindung wesentlichen Stelle läge. Ehe das Perbromat-Ion dargestellt worden war 10 , hatte man so einen radialen Knoten in den 4¿/-Orbitalen als mögliche Ursache für die offensichtliche Nichtexistenz der Verbindung vermutet 11 . Die spätere Synthese von Br0 4 machte eine derartige Erklärung unnötig, und in allen Fällen, in denen sorgfältige Rechnungen angestellt worden sind, hat sich ergeben, daß die Knoten zu dicht am Kern liegen, als daß sie die Bindung beeinflussen könnten. 2. Die Tatsache, daß Elektronen in .s-Orbitalen einen kleinen Bruchteil der Zeit sehr nahe am Kern zubringen, ist außerordentlich wichtig für die Energie der Orbitale. Für einen gegebenen Wert von n sind die Ionisierungsenergien der .v-Elektronen immer größer als die der entsprechenden ^-Elektronen (und dieser Trend setzt sich zu den d- und fElektronen hin fort), weil die s-Orbitale eine größere Eindringtiefe haben, d.h. sie besitzen eine beträchtliche Elektronendichte in der Nähe des Kerns. Das ist die wesentliche Ursache für die Reihenfolge der Energieniveaus Ii, 2s, 2p, 3i, 3p usw. (vgl. S. 29 und 40).
Winkelabhängige Wellenfunktionen Der winkelabhängige Teil der Wellenfunktion bestimmt die Gestalt der Elektronenwolke. Er ändert sich in Abhängigkeit vom Typ des betreffenden Orbitals (i, p, d oder / ) und seiner Orientierung im Raum. Für einen gegebenen Orbitaltyp, z. B. s oder pz, ist die winkelabhängige Wellenfunktion jedoch unabhängig von der Hauptquantenzahl oder dem Energieniveau. Einige typische winkelabhängige Funktionen sind: / = 0; m, = 0
© = (3/4TC)1/2 COS 9
m, = 0
/ = 2; m, = 0 © winkelunabhängig und hat einen konstanten Wert. Daher ist die Darstellung kreisförmig oder richtiger, dreidimensional, kugelförmig. Für das /?z-Orbital erhalten wir zwei sich berührende Kugeln. Die px- und ^-Orbitale haben die gleiche Gestalt, erstrecken sich jedoch entlang der x- bzw. y-Achse. Die ausführliche Behandlung der ¿/-Orbitale (Kapitel 9) und der /-Orbitale (Kapitel 16) wollen wir zurückstellen, bis die Bindungen in Koordinations-Verbindungen besprochen werden, und hier nur einfach feststellen, daß die Grundform der winkelabhängigen Funktion für ¿/-Orbitale vier Keulen und für /-Orbitale sechs Keulen ergibt (Abb. 2.11). Viel stärker interessiert uns die Aufenthaltswahrscheinlichkeit für ein Elektron. Deshalb wollen wir die Funktion © 2 • ® 2 untersuchen, da sie den winkelabhängigen Teil von y 2 ¥ darstellt. Beim Quadrieren ändert sich die Gestalt der winkelabhängigen Funktionen für die einzelnen Orbitale in unterschiedlicher Weise. Bei einem i-Orbital verursacht Quadrieren keine Änderung der Gestalt, da die Funktion in allen Richtungen gleich ist; daher ergibt sich wieder eine Kugel. Dagegen wird sowohl bei p- als auch bei ¿/-Orbitalen die graphische Darstellung in die Länge gezogen (vgl. Abb. 2.7). 10 11
E.H. Appelman, J. Am. Chem. Soc. 90, 1900 (1968). D.S. Urch, J. Inorg. Nucl. Chem. 25, 771 (1963).
Das Wasserstoff-Atom
Abb. 2.6 Winkelabhängiger Teil der Wellenfunktion für wasserstoffahnliche s-Orbitale (links) und />-Orbitale (rechts). Von den dreidimensionalen Funktionen sind nur zwei Dimensionen dargestellt.
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Abb. 2.7 Winkelabhängige Wahrscheinlichkeitsfunktion für wasserstoffahnliche p-Orbitale. Von der dreidimensionalen Funktion sind nur zwei Dimensionen dargestellt.
Die Abbildungen 2.6 und 2.7 werden häufig falsch verstanden. Keine hat irgendeine unmittelbare physikalische Bedeutung. Beide sind, ebenso wie die Abbildungen 2.3 und 2.5, Darstellungen mathematischer Funktionen. Wir können beide benutzen, um Informationen über die wahrscheinliche Verteilung von Elektronen zu erhalten, keine aber kann in irgendeiner Weise als ein „Abbild" eines Orbitals gelten. Unglücklicherweise werden flüchtige Skizzen der Abb. 2.6 und 2.7 häufig als „Orbitale" ausgegeben. Nun kann man ein Orbital ganz nach Wunsch definieren - als *P2, R, R 2 , © • oder © 2 • O 2 man muß sich aber klarmachen: Die Abbildungen 2.3, 2.5, 2.6 und 2.7 stellen mathematische Funktionen dar, und auch durch eine verschwommene Zeichnung wird daraus kein Atoml Chemiker neigen dazu, sich Elektronenwolken vorzustellen, und daher gibt x ¥ 2 wahrscheinlich das beste anschauliche „Bild" für ein Elektron. Möglichkeiten, die gesamte Aufenthaltswahrscheinlichkeit für ein Elektron, sowohl die radiale als auch die winkelabhängige, darzustellen, werden in den Abbildungen 2.8 bis 2.10 angegeben. Zwar kann man die Elektronendichte sowohl durch Schattierung (Abb. 2.8) als auch durch Kurven gleicher Elektronendichte (Abb. 2.9 und 2.10) darstellen, jedoch ist nur die zweite Methode quantitativ exakt 12 . Da die Funktion © 2 • 2 als winkelabhängige Wahrscheinlichkeit bezeichnet wird, ist die Frage berechtigt, was ihre wahre Bedeutung ist, wenn nicht die eines „Bildes" der Elektronen Verteilung. Sie bezeichnet, wie jede andere graphische Darstellung auch, einfach den Wert einer Funktion (© 2 • 2) in Abhängigkeit von einer Variablen ($ oder 9, cp). Wenn man einen bestimmten Winkel & wählt, ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeit für das Elektron in dieser Richtung, summiert über alle Abstände, proportional der Größe des Vektors, der den Ursprung mit dem Wert der Funktion bei diesem Winkel verbindet.
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Zur weiteren Diskussion dieser Frage siehe B. Perlmutter-Hayman, J. Chem. Educ. 46, 428 (1969).
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Abb. 2.8
Bildliche Darstellung der Elektronendichte in einem wasserstoffähnlichen 2/>-Orbital.
z
Abb. 2.9 Elektronendichtekurven für das wasserstoffähnliche 2/> z -Orbital von Kohlenstoff. Die Zahlen an den Kurven geben die Elektronendichte relativ zum M a x i m u m an. Die xj>-Ebene ist eine Knotenfläche. Die Vorzeichen + und — beziehen sich auf die zu G r u n d e liegende Wellenfunktion [ E . A . Ogryzlo und G . B . Porter, J. Chem. Educ. 40, 258 (1963).]
Das Wasserstoff-Atom
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z
Abb. 2.10 Elektronendichtekurven für das wasserstoffähnliche 3/>z-Orbital von Chlor. Die Zahlen an den Kurven geben die Elektronendichte relativ zum Maximum an. Die xy-Ebene und eine Kugel mit dem Radius 52 pm (gestrichelte Linie) sind Knotenflächen. Die Vorzeichen + und — beziehen sich auf die zu Grunde liegende Wellenfunktion *P. [E. A. Ogryzlo und G.B. Porter, J. Chem. Educ. 40, 258 (1963).]
Symmetrie der Orbitale In Abb. 2.11 ist der winkelabhängige Teil der Wellenfunktion für s-, p-, d- und /-Orbitale dargestellt. Die Vorzeichen in den Keulen geben das Vorzeichen der Wellenfunktion in den betreffenden Richtungen an. Im />z-Orbital ist zum Beispiel für 5 = 90° cos 5 = 0, und für 90° < & < 270° ist cos & negativ. Die Vorzeichen der Wellenfunktionen haben große Bedeutung für die Überlappung von zwei bindenden Orbitalen. Es ist üblich, die Symmetrie von Orbitalen als gerade oder ungerade zu bezeichnen. Diese Begriffe beziehen sich auf die in den Zeichnungen dargestellte Symmetrieoperation - die Spiegelung am Zentrum. Geht man von einem beliebigen Punkt A zu dem äquivalenten Punkt B auf der entgegengesetzten Seite des Zentrums und dabei ändert sich das Vorzeichen der Wellenfunktion nicht, so wird das Orbital als gerade bezeichnet. Das ¿-Orbital ist ein triviales Beispiel dafür, weil bei ihm das Vorzeichen der winkelabhängigen Wellenfunktion überall gleich ist. Die ¿/-Orbitale (von denen hier nur zwei dargestellt sind) sind ebenfalls gerade. Dagegen sind die /»-Orbitale antisymmetrisch in bezug auf die Inversion, das Vorzeichen ändert sich beim Übergang von A nach B, und deshalb ist die Symmetrie ungerade. Ebenso sind /-Orbitale ungerade. Diese Bezeichnungen werden oft mit g und u abgekürzt.
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(e) Abb. 2.11 Winkelabhängige Wellenfunktionen für s-, p-, d- und /-Orbitale zur Veranschaulichung der Symmetriebezeichnung gerade und ungerade: (a) s-Orbital, gerade; (b) p-Orbital, ungerade; (c) ¿„-Orbital und (d) d z 2-Orbital, beide gerade; (e) fx(x2_3j,2)-Orbital, ungerade.
Zusätzlich zu der Symmetrie in bezug auf die Inversion am Zentrum haben Orbitale noch andere Symmetrieeigenschaften, die sich auf die Rotation um die verschiedenen Koordinatenachsen beziehen. Eine Einführung in die Symmetrieoperationen und die Symmetrie wird in Anhang B gegeben. Besondere Aufmerksamkeit sollte man einer ziemlich verwirrenden Angewohnheit der Chemiker schenken. In den Abbildungen 2.9 und 2.10 fallen kleine Plus- und MinusZeichen auf. Die Abbildungen beziehen sich zwar auf die Aufenihaltswahrscheinlichkeit für das Elektron, die natürlich überall positiv sein muß, die Zeichen + und — jedoch auf das Vorzeichen der zugrundeliegenden Wellenfunktion in den betreffenden Bereichen des Raumes. In Abb.2.10 z.B. erkennt man zusätzlich zu der Vorzeichenumkehr, die durch die ungerade Symmetrie des /»-Orbitals bedingt ist, einen zweiten Knoten - tatsächlich eine kugelförmige Knotenfläche - in einem Abstand von 6a 0 /Z, der von der radialen Wellenfunktion stammt. Obwohl dieses Verfahren verwirrend erscheint, ist es nützlich und wird daher allgemein angewandt. Die ^-Darstellung ist nützlich, wenn man das
Das Wasserstoff-Atom
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physikalische „Bild" des A t o m s sichtbar machen will, das Vorzeichen von T dagegen ist wichtig im Hinblick auf Bindungen 1 3 . Die Energieniveaus des Wasserstoffatoms werden ausschließlich durch die H a u p t q u a n tenzahl bestimmt 1 4 , und ihr Verhältnis zueinander ist ebenso wie bei einem Bohrschen Atom In2 mZ2 e* E 2 13 ° = " nz2hiT T — ' worin m die Masse des Elektrons, Z die Kernladungszahl, e die Elementarladung, n die Hauptquantenzahl und h das Plancksche Wirkungsquantum ist. Die Quantelung der Energie und des Bahndrehimpulses wurde von Bohr als Postulat eingeführt; aus der Wellentheorie ergeben sie sich jedoch ganz zwanglos. Die Quantenzahl n k a n n jeden beliebigen positiven ganzzahligen Wert von eins bis unendlich annehmen: n = 1, 2, 3, 4 , . . . , oo. Die niedrigste (am stärksten negative) Energie entspricht dem kleinsten Wert von n (n = 1). Mit wachsendem n wächst auch die Energie (sie wird weniger negativ), bis das Kontinuum erreicht ist (n = oo). An diesem Punkt ist das Elektron nicht mehr an das A t o m gebunden. Seine Energie ist daher nicht mehr gequantelt, vielmehr kann es jede beliebige kinetische Energie besitzen. Die erlaubten Werte für / liegen zwischen null und n — 1: / = 0,1, 2, 3 , . . . , « — 1. Die Quantenzahl / ist ein M a ß für den Bahndrehimpuls des Elektrons und bestimmt die „Gestalt" des Orbitals. Die verschiedenen Typen von Orbitalen werden mit den Buchstaben s,p,d,f,g... bezeichnet; sie entsprechen den /-Werten 0,1, 2, 3 , 4 Die ersten vier Buchstaben entstammen der spektroskopischen Kennzeichnung (vgl. S.35), die übrigen folgen alphabetisch. Im vorigen Abschnitt haben wir die verschiedenen winkelabhängigen Wellenfunktionen und die daraus resultierende Gestalt der Ladungswolke kennengelernt. Die Art der Winkelabhängigkeit ist durch den Wert der Quantenzahl / bestimmt. F ü r Orbitale mit / > 0 gibt es 21 + 1 äquivalente Möglichkeiten der Orientierung im Raum. In Abwesenheit eines magnetischen oder elektrischen Feldes sind diese Orientierungen entartet, d . h . energiegleich. Betrachten wir z.B. die ^-Orbitale. Es gibt ein /^-Orbital, in dem die maximale Elektronendichte auf der z-Achse liegt und für das die x j - E b e n e eine Knotenfläche ist. Bei den beiden äquivalenten Orientierungen erstreckt sich die maximale Elektronendichte entlang der x- bzw. der y-Achse. Beim Anlegen eines Magnetfeldes wird die Entartung für die drei /»-Orbitale aufgehoben. Die magnetische Quantenzahl nii ist verknüpft mit der Komponente des Drehimpulses in Richtung einer gewählten Achse, zum Beispiel der z-Achse, und bestimmt die Orientierung des Orbitals im Raum, m, k a n n Werte zwischen — / und + / annehmen:
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Eine gute Behandlung dieses Punktes findet man bei M. Orchin und H . H . Jaffe, „The Importance of Antibonding Orbitals", Houghton Mifflin, Boston, 1967, S.5, 6 u. 9. Diese Feststellung trifft nur für die nichtrelativistische Behandlung zu. Wenn Relativitätseinflüsse berücksichtigt werden, tritt auch eine geringe Abhängigkeit von / auf. Dies sollte nicht verwechselt werden mit den weit größeren Unterschieden in den Orbitalenergien, die infolge von Wechselwirkungen zwischen den Elektronen in Mehrelektronen-Atomen auftreten.
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m, = - / , - / + 1 , . . . , - 1 , 0 , +1, + 2 , . . . , + /. So kann m[ bei / = 1 die Werte —1,0, + 1 haben; daher sind drei /»-Orbitale, px, py und pz möglich. Entsprechend sind die m,-Werte für / = 2 (¿/-Orbitale): — 2, —1,0, +1, + 2 und für / = 3 (/-Orbitale): - 3 , - 2 , - 1 , 0, +1, + 2 , + 3 1 5 . Es ist eine interessante Tatsache, daß ebenso, wie ein einzelnes s-Orbital sphärische Symmetrie hat, auch die Summen der drei /»-Orbitale, der fünf ¿/-Orbitale oder der sieben /-Orbitale kugelsymmetrisch sind (Unsölds Theorem). Das erklärt, daß bei einem Atom wie Neon mit gefüllten s- und /»-Orbitalen, bei denen man eigentlich eine „klumpige" Elektronenwolke erwartet, die gesamte Wahrscheinlichkeit exakt kugelsymmetrisch verteilt ist (vgl. Aufg. 2.16). Aus den angegebenen Regeln können wir die möglichen Werte von n, l und ml erhalten. Wir haben früher (S. 18) gesehen, daß ein Satz spezieller Werte dieser drei Quantenzahlen eine Eigenfunktion oder ein Orbital des Wasserstoff-Atoms bestimmt. Daraus ergeben sich die möglichen Orbitale: m, = 0 w, = 0 n = 2 / = 1 m, = - 1 , 0 , + 1 n = 3 1= 0 mt = 0 n = 3 l=\ w, = — 1,0, + 1 n = 3 1=2 ml = - 2 , - 1 , 0 , +1, + 2 n = 4 1= 0 m, = 0 n = 1
1=0
n = 2
1= 0
Ii-Orbital 2i-Orbital
.-Orbitale 16 4s-Orbital.
Wir können nun die Beziehung zwischen den Quantenzahlen n, l und m, und die physikalischen Bilder der Elektronenverteilung in Orbitalen in ein paar einfachen Regeln zusammenfassen. Doch sei nachdrücklich betont, daß diese Regeln ein gründliches Verständnis der vorstehenden Diskussion nicht ersetzen, sondern lediglich als bequemer Leitfaden dazu dienen sollen, einige dieser Beziehungen ins Gedächtnis zurückzurufen. 1. Je kleiner der Wert von n in einem gegebenen Atom ist, umso stabiler (energieärmer) ist das Orbital. 2. Es gibt n Typen von Orbitalen auf dem K-ten Energieniveau, d.h., das dritte Energieniveau hat s-, p- und ¿/-Orbitale. 3. Es gibt 2/ + 1 Orbitale von jedem Typ, d. h. ein s-, drei p-, fünf d- und sieben /-Orbitale. 21 + 1 gibt die Anzahl der Werte an, die ml für einen gegebenen Wert von l annehmen kann. 4. In den radialen Verteilungsfunktionen aller Orbitale treten n — l—i Knoten auf, z.B. im 3s-Orbital zwei Knoten, in den 4¿/-Orbitalen je einer. 5. In den winkelabhängigen Verteilungsfunktionen aller Orbitale gibt es l Knotenflächen; zum Beispiel haben s-Orbitale keine, ¿/-Orbitale zwei Knotenflächen.
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Zwar gilt sowohl für p2- als auch für ¿^-Orbitale m = 0; zwischen den anderen Orbitalen und den übrigen Werten für m gibt es jedoch keine entsprechenden eindeutigen Zuordnungen. [Vgl. J.C. Davis, jr., „Advanced Physical Chemistry", Ronald, New York, 1965, S. 170-171, oder B. N. Figgis, „Introduction to Ligand Fields", Wiley, New York, 1966, S. 9 - 1 5 . ] Diese Orbitale werden später in Kapitel 9 graphisch dargestellt und besprochen.
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Atome mit mehr als einem Elektron Mit Ausnahme von Unsölds Theorem, bezieht sich alles, was bisher besprochen worden ist, ausschließlich auf das Wasserstojfatom, das einzige Atom, für das die Schrödinger-Gleichung exakt gelöst worden ist. Wenn der richtige Wert für die Kernladungszahl Z eingesetzt wird, können diese Ergebnisse ohne weiteres auf Ionen mit einem Elektron wie He + , Li 2 + , Be3 + usw. ausgedehnt werden, die ja isoelektronisch mit dem Wasserstoff-Atom sind. Das nach dem Wasserstoff-Atom einfachste Atom Helium besteht aus einem Kern und zwei Elektronen. Daher haben wir drei Wechselwirkungen, die Anziehung zwischen Elektron 1 und dem Kern und die zwischen Elektron 2 und dem Kern sowie die Abstoßung zwischen den Elektronen 1 und 2. Dies ist ein Beispiel für das klassische DreikörperProblem in der Physik, das nicht exakt gelöst werden kann. Wir können jedoch durch eine Folge von Näherungen der Lösung bis zu einem hohen Genauigkeitsgrad nahekommen. Für einfache Atome wie Helium ist das nicht allzu schwierig, aber für schwerere Atome nimmt die Zahl der Wechselwirkungen, die berücksichtigt werden müssen, in einem beängstigenden Maße zu, und die Rechnungen werden außerordentlich mühsam. Man hat verschiedene Näherungsverfahren angewandt, die wir hier nicht näher untersuchen wollen. Wir wollen nur eine der genaueren Methoden auf leicht faßbare Weise beschreiben. Man bezeichnet sie als Hartree-Fock-Methode nach den Forschern, die sie entwickelt haben, oder als self-consistentfield- (SCF-)Methode (Methode des selbstkonsistenten Feldes). Sie besteht in folgendem Vorgehen: 1. Man nimmt für jedes der in einem Atom vorhandenen Elektronen bis auf eines eine plausible Wellenfunktion an. 2. Man berechnet den Einfluß, den das Feld des Kerns und der übrigen Elektronen auf das gewählte Elektron ausübt. 3. Man berechnet unter Berücksichtigung der Feld Wirkung der übrigen Elektronen für dieses Elektron eine Wellenfunktion. Dann wird ein anderes Elektron herausgenommen und für dieses eine verbesserte Wellenfunktion berechnet. Dabei wird neben dem Feld der übrigen Elektronen auch der Beitrag der berechneten Wellenfunktion für das zuerst gewählte Elektron berücksichtigt. Dieses Vorgehen wird fortgesetzt, bis die Wellenfunktionen für alle Elektronen verbessert worden sind. Der Zyklus beginnt dann erneut. Mit Hilfe des Feldes, das sich aus den in erster Näherung berechneten Wellenfunktionen für die übrigen Elektronen ergibt, wird die Wellenfunktion für das erste Elektron in zweiter Näherung verfeinert usw. Der Zyklus wird so oft wiederholt, bis bei der weiteren Verfeinerung der Wellenfunktion praktisch keine Änderung mehr eintritt. An diesem Punkt kann man die Wellenfunktion als selbstkonsistent bezeichnen und als eine ziemlich genaue Beschreibung des Atoms ansehen. Berechnungen wie diese lassen erkennen, daß die Orbitale in anderen als in WasserstoffAtomen sich nicht grundlegend von den zuvor besprochenen Wasserstoff-Orbitalen unterscheiden. Der wesentliche Unterschied liegt in der Auswirkung der höheren Kernladung alle Orbitale sind etwas geschrumpft. Es ist üblich, solche Orbitale, die durch die betreffende Kernladungszahl angeglichen worden sind, als wasserstoffähnliche Orbitale zu bezeichnen. Die Energie dieser Orbitale wächst bei einer gegebenen Hauptquantenzahl in der Reihenfolge s < p < d< f . Bei den höheren Hauptquantenzahlen kann eine Änderung der Orbitalfolge eintreten, zum Beispiel 6s < 5d ~ 4 / < 6p usw. Die Energie eines gegebenen Orbitals hängt von der Kernladung (Ordnungszahl) ab, durch die die verschiedenen
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2 Die Struktur der A t o m e
Orbitale in unterschiedlichem Maße beeinflußt werden. Daher gibt es keine eindeutige Reihenfolge der Orbitalenergien, die für alle Elemente ohne Ausnahme gültig ist 17 . Dennoch hat sich die folgende Ordnung I i < 2s < 2p < 3 s < 3p < 4i < 3d < 4p < 5s < Ad < 5p < 6s < 5d ~ 4 / < 6p < 1s < 6d ~ 5/als außerordentlich brauchbar erwiesen. Zwar wird von keinem Element bei dem Einbau seiner Elektronen die gesamte Ordnung befolgt, jedoch ist diese in bezug auf die Anordnung der Außen- oder Valenzelektronen für alle Elemente bemerkenswert genau. Zum Beispiel muß das Valenzelektron des Kaliums zwischen dem 3 d- und dem 4.s-Orbital wählen, und es wird, wie aus dieser Reihe abgeleitet, im 4s-Orbital gefunden. Man sollte die obige Ordnung nur als grobe Richtschnur für die Besetzung von Energieniveaus ansehen (vgl. „Aufbau-Prinzip" S. 32). In vielen Fällen haben die Orbitale sehr ähnliche Energien, so daß geringfügige Änderungen
/= 0
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Abb. 2.12 G e d ä c h t n i s h i l f e z u r n ä h e r u n g s w e i s e n B e s t i m m u n g d e r R e i h e n f o l g e , in d e r die O r b i t a l e besetzt w e r d e n . [ N a c h T. Moeller, „ I n o r g a n i c C h e m i s t r y " , Wiley, N e w Y o r k , 1952.]
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Eine eingehende Behandlung findet man bei R.N. Keller, J. Chem. Educ. 39, 289 (1962), D. DeVault, ibid. 21, 526, 575 (1944) oder bei K.B. Harvey und G.B. Porter, „Introduction to Physical Inorganic Chemistry", Addison-Wesley, Reading, Mass., 1963, S. 79-83.
A t o m e mit mehr als einem Elektron
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in der Atomstruktur zwei Niveaus vertauschen und die Reihenfolge der Besetzung umkehren können. Trotzdem ist die obige Reihe ein nützlicher Führer in den Aufbau der Elektronenhülle, wenn man beachtet, daß Ausnahmen vorkommen können. Ein praktisches mnemotechnisches Diagramm (Abb. 2.12) ist von Moeller 18 aufgestellt worden. Um sich die Reihenfolge der Besetzung ins Gedächtnis zurückzurufen, braucht man nur den Pfeilen und Symbolen von einem Orbital zum nächsten zu folgen.
Der Elektronenspin und das Pauli-Prinzip Um die räumliche Verteilung von Elektronenwolken in Atomen anzugeben, sind, wie wir nach unseren Erfahrungen mit dem Teilchen in einem Kasten erwarten, drei Quantenzahlen notwendig. Wollen wir aber ein Elektron in einem Atom vollständig beschreiben, brauchen wir noch eine vierte Quantenzahl, die als magnetische Spinquantenzahl ms bezeichnet wird. Sie ist erforderlich, weil jedes Elektron in einem Atom einen Eigendrehimpuls, einen Spin oder Drall, von der Größe ys(s + 1) • h/2n (bzw. y s + 1) h mit ti = h/2n) besitzt 19 . Die darin enthaltene sogenannte Spinquantenzahl s (nicht zu verwechseln mit dem Symbol für ein Orbital mit / = 0!) hat stets den Wert 1/2. Der Spin unterliegt einer Richtungsquantelung, d.h., er kann relativ zu einer Vorzugsrichtung nur solche Lagen im Raum einnehmen, bei denen die Projektion des Spinvektors auf die Vorzugsrichtung die Größe ms • hßn hat. Die magnetische Spinquantenzahl ms kann nur die Werte s und .v — 1, d.h. die Werte +1/2 und —1/2 annehmen. Man spricht (nicht ganz korrekt) davon, daß der Spin sich nur parallel oder entgegengesetzt zu der Vorzugsrichtung einstellen kann. Der Drehimpuls erzeugt ein magnetisches Moment des Elektrons von der Größe 2.14 Der Faktor ehjAnm ist die atomare Einheit des magnetischen Momentes. Sie wird als Bohrsches Magneton (B. M.) bezeichnet und hat in SI-Einheiten den Wert 9.27-KT 2 4 Am 2 oder J T " 1 2 0 . Bei einem Atom mit zwei Elektronen können die Spins entweder parallel (5 = 1)° oder entgegengesetzt gerichtet sein (S = 0) und sich infolgedessen aufheben. In diesem zweiten Falle werden die Elektronen als gepaart bezeichnet. Atome, die ausschließlich gepaarte Elektronen haben (S = 0), werden in einem inhomogenen magnetischen Feld schwach abgestoßen. Man bezeichnet sie als diamagnetisch. Atome mit einem oder mehreren ungepaarten Elektronen (S =1= 0) werden durch ein inhomogenes magnetisches Feld stark angezogen; man bezeichnet sie als paramagnetisch. 18 19
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T. Moeller, „Inorganic Chemistry", Wiley, New York, 1952, S.97. In der bereits erwähnten relativistischen Behandlung durch Dirac ergibt sich der Elektronen-„Spin" zwangsläufig als die vierte Quantenzahl, die notwendig ist, das Verhalten eines Elektrons zu bestimmen. Weitere Einzelheiten zur Frage des Elektronenspins und des magnetischen Verhaltens von Atomen findet man bei A. Weiss und H. Witte, „Magnetochemie, Grundlagen und Anwendungen", Verlag Chemie, Weinheim, 1973, S. 110 u. 122.
° S ist hier das Symbol für den Gesamtspin aller Elektronen des Atoms, d.h. S = Es. Es darf nicht verwechselt werden mit dem S-Zustand eines Atoms (entsprechend L = 0; S. 35), der Abschirmungskonstante S (S. 40) oder dem Überlappungsintegral S (S. 106).
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2 Die Struktur der A t o m e
Elektronen mit gleichem Spin stoßen sich gegenseitig stark ab und versuchen, verschiedene Bereiche im Raum einzunehmen. Das ist die Folge eines grundlegenden Gesetzes, das als das Ausschließungsprinzip von Pauli bekannt ist. Es sagt aus, daß die Gesamtwellenfunktionen (einschließlich Spin) ihr Vorzeichen ändern müssen, wenn zwei Elektronen in dem System vertauscht werden (die Wellenfunktionen müssen antisymmetrisch sein). Dies bedeutet, kurz gesagt, daß zwei Elektronen, wenn sie im Spin übereinstimmen, unterschiedliche räumliche Wellenfunktionen haben, d.h. verschiedene Orbitale einnehmen müssen oder daß, wenn sie dasselbe Orbital besetzen, ihre Spins gepaart sein müssen. Das Pauli-Prinzip und die sogenannten Paulischen Abstoßungskräfte 2 1 haben weitreichende Konsequenzen in der Chemie. Für unsere Behandlung soll hier jedoch nur folgendes festgehalten werden: In einem Atom dürfen niemals zwei Elektronen in allen vier Quantenzahlen übereinstimmen. Das bedeutet, daß in einem gegebenen Orbital, das durch n, l und mt gekennzeichnet ist, maximal zwei Elektronen (mit ms = +1/2 und ms = — 1 ¡2) enthalten sein können.
D a s Aufbauprinzip Die Verteilung der Elektronen auf die Orbitale, das heißt die Elektronenkonfiguration kann durch Anwendung des Pauli-Prinzips und der oben angegebenen Reihenfolge der Energieniveaus erhalten werden. Die Methode zur Bestimmung des Grundzustandes eines Atoms (der Elektronenkonfiguration, die die geringste Energie besitzt) benutzt das Aufbauprinzip oder den schrittweisen „Aufbau" der Atome. Dabei werden dem Kern Protonen hinzugefügt und Elektronen in die Orbitale eingebaut, bis das gewünschte Atom erreicht ist. Dies ist zwar nur ein Formalismus, um zu der gewünschten Elektronenkonfiguration zu gelangen, jedoch ein außerordentlich nützlicher. Durch die Quantenzahlen n, l und m werden, unter Berücksichtigung der erwähnten Auswahlregeln (S. 27f), die möglichen Orbitale eines Atoms beschrieben. Diese können nach ihren Energien geordnet werden. Der Grundzustand des Wasserstoff-Atoms ist der, bei dem sich das Elektron in dem niedrigsten, dem Ii-Orbital befindet. Der Spin des Elektrons kann eine der beiden möglichen Orientierungen haben, von denen keine bevorzugt ist. Wir sollten daher eine statistische Verteilung der Spins erwarten. Und tatsächlich wird, wenn man einen Strom von Wasserstoff-Atomen durch ein Magnetfeld leitet, eine Hälfte in die eine und die andere Hälfte in die andere Richtung abgelenkt. Die vier Quantenzahlen (n, l, m, und ms) für das Elektron eines Wasserstoff-Atoms sind also 1, 0, 0 und ±1/2. Für das Helium-Atom können wir mit einem Wasserstoff-Atom anfangen und ihm ein Proton zum Kern sowie ein zweites Elektron hinzufügen. Die ersten drei Quantenzahlen für dieses zweite Elektron stimmen mit denen für ein Wasserstoff-Elektron überein, d. h., das Elektron besetzt ebenfalls den niedrigst möglichen Energiezustand, das 1 .s-Orbital. Der Spin jedoch muß dem des ersten Elektrons entgegengesetzt sein. So sind die Quantenzahlen für die beiden Elektronen in einem Helium-Atom 1, 0, 0, + 1 / 2 und 21
Die Pauli-„Kraft" entspricht nicht einer klassischen Wechselwirkung, sondern ergibt sich aus der Quantenmechanik. Zwar ist es in der Chemie üblich, von „Abstoßung" und „Stabilisierungsenergien" zu sprechen, die aus dem Pauli-Prinzip folgen, jedoch gehen diese nicht direkt aus der Energie von Spin-Spin-Wechselwirkungen hervor, sondern aus den elektrostatischen Energien, die sich aus der räumlichen Verteilung der Elektronen als Folge des Paulischen Ausschließungsprinzips ergeben. [Vgl. W. J. Kauzman, „Quantum Chemistry", Academic Press, New York, 1957, S. 319-320; F.A. Matsen, J. Am. Chem. Soc. 92, 3525 (1970).]
Atome mit mehr als einem Elektron
33
1, 0, 0, —1/2. Das Ii-Orbital ist nun voll besetzt, und bei dem Lithium-Atom muß der Einbau des dritten Elektrons in das energetisch nächstliegende 2.s-Orbital erfolgen. Im folgenden sind die Elektronenkonfigurationen der ersten fünf Elemente sowie die Quantenzahlen für das jeweils letzte Elektron angegeben 22 : n
H He Li Be B
Ii1 l s
2
1
s
2
i s
2
2 s
1 s
2
1
2 s
2 s
2
2
2 p
l
1 1 2 2 2
1
0 0 0 0 1
m
l
0 0 0 0 — 1 oder 0 oder + 1
+ 1/2 -1/2 + 1/2 -1/2 + 1/2
oder oder oder oder oder
-1/2 +1/2 -1/2 +1/2 -1/2
Das Verfahren kann, Elektron für Elektron, fortgesetzt werden, bis alle Elemente behandelt sind. Tab. 2.2 gibt eine vollständige Aufstellung der Elektronenkonfigurationen der Elemente 23 . Man kann erkennen, daß zwischen diesen experimentell ermittelten Konfigurationen und einer entsprechenden Tabelle, die nach dem Aufbauprinzip konstruiert wäre, nur wenige Unterschiede bestehen. Bei allen Abweichungen liegen die betreffenden Energieniveaus außerordentlich dicht beieinander. Faktoren, die hier nicht besprochen worden sind, können ihre Reihenfolge umkehren. Zum Beispiel liegen die (n — 1) d- und die «¿'-Niveaus, wenn sie aufgefüllt werden, sehr dicht beieinander. Dabei haben die Mi-Niveaus eine etwas niedrigere Energie. Wenn sich eine besondere Stabilisierung ergibt wie bei einer halb oder voll besetzten Unterschale (vgl. S. 47 und 411), kann es sein, daß ( n — 1 ) d * n s nicht mehr die stabilste Anordnung ist. Bei Cr und Cu ist die zusätzliche Stabilisierung durch eine halb besetzte bzw. eine gefüllte Unterschale offensichtlich so groß, daß 3 d 4 s bzw. 3i/ 1 0 4i 1 und nicht 3-Orbitale gleiche Energien, aber im Chlor-Atom liegt das 3s-Orbital bei erheblich niedrigerer Energie als das 3/?-Orbital. Warum? 2.12 Slater hat seine Abschirmungsregeln 1930 als „vorläufig" veröffentlicht, jedoch sind sie niemals abgeändert worden. Sehen Sie sich die Ergebnisse von Clementi und Raimondi an (Gleichungen 2.16 bis 2.23). Schlagen Sie einige Änderungen für die Slater-Regeln vor, durch die sie verbessert würden. 2.13 Stellen Sie die Gesamtionisierungsenergien von Al z+ in Abhängigkeit von z dar, mit z = 1 bis z = 8. Zeichnen Sie zwei Diagramme, eines auf Papier mit linearer, das andere auf Papier mit doppelt logarithmischer Einteilung. Erklären Sie die Ursache für die Diskontinuität in Ihrer Darstellung. 2.14 Das Ausschließungsprinzip von Pauli verbietet bestimmte Kombinationen von ml und m5 bei der Ermittlung der Termsymbole für die Zustände des KohlenstoffAtoms. Betrachten Sie ein angeregtes Kohlenstoff-Atom mit der Elektronenkonfiguration is22s22p13p1. Welche Zustände sind hier möglich? 2.15 a. Berechnen Sie die dritte Ionisierungsenergie von Lithium [Hinweis: hierfür sind keine Näherungen oder Annahmen erforderlich]. b. Berechnen Sie mit Hilfe der Slater-Regeln die erste und die zweite Ionisierungsenergie von Lithium. c. Berechnen Sie mit Hilfe der Regeln von Clementi und Raimondi die erste und die zweite Ionisierungsenergie von Lithium. 2.16 Beweisen Sie, daß die auf Seite 28 gemachte Aussage über die Form, die die Summe eines Satzes von drei /^-Orbitalen annimmt, richtig ist [Hinweis: Arbeiten Sie zuerst zweidimensional und setzen Sie die passenden Werte aus Abb. 2.6 oder 2.7 für ein pxund /yOrbital ein]. 2.17 Auf Seite 53 wurde gesagt, daß die zweite Elektronenaffinität für Elemente der sechsten Hauptgruppe wie O und S immer endotherm ist. Welches Element könnte eine Ausnahme von dieser Regel sein? Warum? 2.18 Tragen Sie die dritte Ionisierungsenergie der Lanthanoide (Z = 58 bis Z = 71) in Abhängigkeit von der Ordnungszahl auf. Zeichnen Sie den entsprechenden Wert auch für Z = 57 und Z = 72 ein. Erklären Sie die Entwicklungstendenzen und Auffälligkeiten Ihrer Kurve. 2.19 Das Symbol S ist in diesem Kapitel zur Bezeichnung von drei völlig verschiedenen Größen oder Phänomenen benutzt worden. Nennen Sie die drei Bedeutungen und unterscheiden Sie eindeutig zwischen ihnen, indem Sie sie einzeln diskutieren.
56
2 Die Struktur der A t o m e
2.20 Geben Sie für die Orbitale 3pz,3dzi, As die richtigen Werte für die Quantenzahlen n, l und m¡ an. 2.21 In grober Näherung kann man ein Polyen mit konjugierten Bindungen als linearen eindimensionalen Kasten betrachten. Sehen Sie sich die drei konjugierten Polyene Butadien (I), Vitamin A (II) und Carotin (III) an: H3C CH2=CH—CH=CH2 (I)
CH 3 >V/CH=CHC=CHCH=CHC=CHCH20H
I
II
CH 3
CH 3 (II)
H3CV
CH 3 XH=CHC=CHCH=CHC=CHCH=CHCH=CCH=CHCH=CCH=CH I I I I CH3 CH3 CH3 CH3 "CH 3 H3C (III)
a. Butadien ist farblos, Vitamin A orange-gelb, Carotin rubinrot gefärbt. Erklären Sie die Farben dieser Verbindungen qualitativ im Hinblick auf die Länge der konjugierten Kette. [Bemerkung: Sie haben es mit einer Lichtabsorption, nicht mit einer -emission zu tun.] b. Die stärkste Absorption von Vitamin A liegt bei 332 nm. Benutzen Sie diesen Wert, um die Energie des Elektronenübergangs zu erhalten, und ermitteln Sie damit überschlagsweise die Länge des „Kastens" für Vitamin A. Bedenken Sie, daß die 71-Elektronen in II die ersten fünf Energieniveaus besetzen. Werden Sie nicht unsicher, wenn diese grobe Näherung nur zu einem mäßig genauen Schätzwert führt, verglichen mit der mittleren Bindungslänge von 139 pm für konjugierte Bindungen. Nennen Sie einige Fehlerquellen in dieser Näherung. c. Warum zeigen Vitamin A und Carotin breite Absorptionen und nicht so scharfe Linien, wie man sie in Atomspektren findet? n2h2 2.22 Zeigen Sie, daß Gl. 2.7 E = in bezug auf die Dimension richtig ist. ÖWMT 2.23 Von welchem Halogen X 2 würden sie am ehesten erwarten, daß es ein Kation X + bildet? Man nimmt zur Zeit an, daß X + -Ionen in chemischen Systemen nicht existieren, wohl aber X j - , X3 - und X5-Ionen. Warum sollten diese beständiger sein als X+ ? 2.24 Tab. 2.4A gibt die Ionisierungsenergien für verschiedene Atome (von der ersten bis zur einundzwanzigsten wieder. Manche Autoren meinen, man sollte die Elektronenaffinität als nullte Ionisierungsenergie ansehen. Warum? 2.25 Bedenken Sie, daß a. die Elektronenaffinität von SF5 größer ist als die von S, F oder irgendeinem anderen einzelnen Atom, b. die Elektronenaffinität von SF6 ziemlich niedrig ist, obwohl die von SF5 zu den höchsten gehört, die man kennt. Wie erklären Sie das?
3 Bindungsmodelle in der Anorganischen Chemie Struktur und Bindung sind von zentraler Bedeutung in der anorganischen Chemie. Es ist nicht zu viel gesagt, wenn man feststellt, daß die Renaissance der anorganischen Chemie nach dem zweiten Weltkrieg parallel zu der Entwicklung einer Vielzahl von spektroskopischen Methoden zur Strukturbestimmung verlief. Es folgten bald Methoden der Deutung und Voraussage von Strukturen. In diesem Kapitel werden uns die einfachsten Methoden zur Erklärung und Vorhersage der Bindungen in den verschiedensten Verbindungen begegnen. In den folgenden Kapiteln sollen diese Grundlagen dann vertieft werden.
Die Ionenbindung Obwohl keine scharfe Grenze zwischen Ionenbindung und kovalenter Bindung besteht, ist es zweckmäßig, beide als getrennte Erscheinungen zu betrachten, bevor man versucht, Moleküle und Kristallgitter zu besprechen, in denen beide eine Rolle spielen. Da die reine Ionenbindung mit einem einfachen elektrostatischen Modell beschrieben werden kann, ist es darüber hinaus vorteilhaft, sie zuerst zu behandeln. Die Einfachheit des elektrostatischen Modells hat dazu geführt, daß die Chemiker sich viele Festkörper als aus Ionen aufgebaut vorstellen. Wir werden sehen, daß diese Ansicht etwas abgewandelt werden muß. Darüber hinaus gibt es natürlich viele Festkörper, vom Diamanten bis zu den Metallen, für die man andere Bindungstheorien braucht. Eigenschaften von Ionenverbindungen Ionenverbindungen unterscheiden sich von kovalenten Verbindungen in verschiedenen Eigenschaften. Diese lassen sich in ziemlich einfacher Weise auf die Kristallstruktur von Ionenverbindungen zurückführen, nämlich ein Gitter, das aus positiven und negativen Ionen in der Weise aufgebaut ist, daß die Anziehungskräfte zwischen entgegengesetzt geladenen Ionen einen Höchstwert erreichen und die Abstoßungskräfte zwischen gleichartig geladenen Ionen so klein wie möglich werden. Bevor wir etliche der möglichen Anordnungen besprechen, sollen einige einfache Eigenschaften von Ionenverbindungen erwähnt werden: 1. Ionenverbindungen haben im festen Zustand sehr geringe elektrische Leitfähigkeiten 1 , leiten aber im geschmolzenen Zustand die Elektrizität recht gut. Diese Leitfähigkeit ist auf das Vorhandensein von Ionen, d.h. positiv oder negativ geladenen Atomen (oder 1
Einige sehr interessante Ausnahmen, nämlich Ionenverbindungen mit hohen Leitfähigkeiten im festen Zustand, werden auf Seite 204-209 besprochen.
58
3 Bindungsmodelle in der Anorganischen Chemie
Atomgruppen), zurückzuführen, die sich unter dem Einfluß eines elektrischen Feldes bewegen können. Im Festkörper sind die Ionen in dem Gitter fest gebunden; sie haben keine Möglichkeit zu wandern und elektrische Ladungen zu transportieren. Es muß betont werden, daß wir keinen absoluten Beweis für die Existenz von Ionen beispielsweise in festem Natriumchlorid haben. Unsere besten Hinweise darauf sollen später in diesem Kapitel (S. 76-77) erörtert werden. Die Tatsache, daß man in geschmolzenem oder in Wasser gelöstem Natriumchlorid Ionen findet, ist kein Beweis dafür, daß sie vorher im Kristall existiert haben. Ihre Existenz im festen Zustand wird dennoch allgemein angenommen, weil die Eigenschaften dieser Stoffe sehr einfach mit Hilfe der elektrostatischen Anziehung gedeutet werden können. 2. Ionenverbindungen haben im allgemeinen hohe Schmelz- und Siedepunkte. Ionenbindungen sind in der Regel sehr fest, und sie sind nicht gerichtet. Dieser zweite Punkt ist sehr wichtig, denn ohne ihn zu berücksichtigen, könnte man zu dem Schluß gelangen, die Ionenbindung sei viel fester als die kovalente Bindung, was nicht zutrifft. Wir werden sehen, daß Substanzen wie etwa Diamant, in denen starke kovalente Bindungen in mehreren Richtungen wirksam sind, gleichfalls sehr hohe Schmelzpunkte haben. Der hohe Schmelzpunkt von zum Beispiel Natriumchlorid beruht dagegen auf der starken elektrostatischen Anziehung zwischen den Natrium-Kationen und den Chlorid-Anionen und der Struktur des Kristalls, in der jedes Natrium-Ion sechs Chlorid-Ionen anzieht, die sich ihrerseits wieder mit jeweils sechs Natrium-Ionen umgeben, und so fort durch den ganzen Kristall hindurch. Der Zusammenhang zwischen Bindung, Struktur und den physikalischen Eigenschaften der Stoffe wird ausführlicher in Kapitel 6 besprochen. 3. Ionenverbindungen sind im allgemeinen sehr harte, dabei aber spröde Substanzen. Die Härte von Ionenverbindungen folgt aus dem bisher gesagten, nur daß wir in diesem Fall die vielfältigen Anziehungskräfte mechanisch und nicht durch thermische Energie zu überwinden versuchen. Die Neigung zur Sprödigkeit ergibt sich aus der Natur der Ionenbindung. Reicht die angewandte Kraft aus, die Ionen geringfügig zu verschieben (etwa um die Länge einer halben Elementarzelle im Natriumchlorid), werden aus den ursprünglich anziehenden nun abstoßenden Kräfte, da jetzt Amon—Anion- und Kation—Kation-Kontakte entstehen; daher zerspringt der Kristall. Dies erklärt auch die auffallend gute Spaltbarkeit vieler Mineralien. 4. Ionenverbindungen sind oft in polaren Lösungsmitteln mit hohen Dielektrizitätskonstanten löslich. Die Energie der Wechselwirkung zwischen zwei geladenen Teilchen ist gegeben durch das Coulomb-Gesetz
Dabei sind qi und q2 die Ladungen, d der Abstand zwischen den Teilchen und e die Dielektrizitätskonstante. Die Dielektrizitätskonstante des Vakuums e 0 beträgt 8.8 5 • 10 ~ 1 2 C 2 m ~ 1 J ~ 1 . Für übliche polare Lösungsmittel haben die Dielektrizitätskonstanten jedoch beträchtlich höhere Werte, zum Beispiel 7.25 • 10~ 1 0 C 2 m _ 1 J _ 1 für Wasser, 2.9 • 10" 1 0 C 2 m _ 1 J _ 1 für Acetonitril und 2.2 • 1 0 " l o C 2 m _ 1 J " 1 für Ammoniak oder, in Vielfachen des Vakuum-Wertes, 82E0 (H 2 0), 33 E0 (CH 3 CN) und 25A0 (NH 3 ). Da die Dielektrizitätskonstante von Ammoniak fünfundzwanzigmal so groß ist wie die des Vakuums, besteht zwischen Ionen in flüssigem Ammoniak nur 4 % der Anziehung, die in
Die Ionenbindung
59
Abwesenheit des Lösungsmittels zwischen ihnen wirkt. Für Lösungsmittel mit höheren Dielektrizitätskonstanten ist der Effekt noch stärker ausgeprägt. Eine andere Möglichkeit, dieses Phänomen zu betrachten, besteht darin, die Wechselwirkung zwischen dem Dipolmoment des polaren Lösungsmittels und den Ionen zu berücksichtigen. Eine solche Solvatbildung liefert eine beträchtliche Energie zur Kompensation der im übrigen ungünstigen Energiebilanz beim Zusammenbrechen des Kristallgitters (vgl. Kapitel 6).
Voraussetzungen für das Auftreten von Ionenbindungen Einfache Ionenverbindungen bilden sich nur zwischen sehr aktiven Metallen und sehr aktiven Nichtmetallen 2 . Zwei wichtige Voraussetzungen sind, daß die Energien zur Bildung des Kations (Ionisierungsenergie) und des Anions (Elektronenaffinität) günstig sind. Das heißt nicht, daß diese beiden Reaktionen exotherm sein müssen (das ist unmöglich, siehe Aufgabe 3.8), sondern daß sie nicht zu viel Energie kosten dürfen. Daher gelten folgende Bedingungen für eine Ionenbindung: 1. Die Atome des einen Elementes müssen ohne besonders große Energieaufnahme ein oder zwei (in seltenen Fällen drei) Elektronen abgeben können. 2. Die Atome des anderen Elementes müssen fähig sein, ohne allzu große Energieaufnahme ein oder zwei (kaum jemals drei) Elektronen aufzunehmen. Diese Bedingung beschränkt die Ionenbindung im wesentlichen auf Verbindungen zwischen den aktivsten Metallen der 1., 2. und zum Teil der 3. Hauptgruppe sowie einigen niederen Oxidationsstufen von Übergangsmetallen als Kationen-Bildner und den aktivsten Nichtmetallen der 7. und 6. Hauptgruppe sowie Stickstoff als Anionen-Bildner3. Alle Ionisierungsenergien sind positiv, aber für die genannten Metalle nicht übermäßig groß. Die Elektronenaffinitäten (nach der allgemein akzeptierten Definition, s. S. 50f und Tab. 2.5) sind nur bei den Halogenen positiv, bei den Chalkogenen und Stickstoff aber nicht sehr negativ. (Die Aufnahme von Elektronen erfolgt also nur bei den Halogenen exotherm.)
Strukturen von Kristallgittern Es ist instruktiv, sich einige der häufigsten Anordnungen von Ionen in Kristallen anzusehen, bevor die Energieänderungen bei der Bildung von Kristallgittern besprochen werden. Wenn wir auch nur wenige der zahlreichen möglichen Anordnungen behandeln wollen, können wir daraus doch etwas von den Möglichkeiten erkennen, die für die Bildung von Gittern bestehen. Nachdem wir einige Grundlagen erarbeitet haben, werden wir zu dem Strukturthema zurückkehren.
2
3
Es stimmt, daß Ionenverbindungen bekannt sind, die keine besonders aktiven Metalle oder Nichtmetalle enthalten, z.B. [ N H 4 ] + [B(C 6 H 5 ) 4 ]~. Dennoch ist die obige Feststellung für alle praktischen Fälle richtig, und wir können die Bildung von Verbindungen wie Ammoniumtetraphenyloborat auf die speziellen kovalenlen Bindungseigenschaften von Stickstoff und Bor in den beiden Ionen zurückführen. Da der Übergangzwischen Ioncnbindung und kovalenter Bindung nicht sprunghaft erfolgt, ist es unmöglich, die Bedingungen, unter denen er stattfindet, exakt anzugeben. Die Verallgemeinerung ist trotzdem hilfreich und schließt die Möglichkeit ungewöhnlicher Ionenbindungen, wie z.B. die zwischen zwei Metallen, C s + A u ~ (s. S. 9, 584), nicht aus.
60
3 Bindungsmodelle in der Anorganischen Chemie
Die ersten vier der unten beschriebenen Strukturen enthalten die gleiche Anzahl von Kationen und Anionen, das heißt, sie stellen 1:1- und 2 : 2-Salze des Typs AB dar. Die meisten der einfachen Ionenverbindungen mit derartigen Formeln kristallisieren in einer dieser vier Strukturen. Der wesentliche Unterschied zwischen ihnen besteht in der Koordinationszahl (KZ), das heißt der Anzahl der Gegenionen, die um ein gegebenes Ion angeordnet sind. In unseren Beispielen sind es vier, sechs und acht. Die Natriumchlorid-Struktur. Natriumchlorid (Abb. 3.1a) kristallisiert in einer Struktur, in der sowohl die Natrium-Ionen als auch die Chlorid-Ionen ein kubisch flächenzentriertes Teilgitter bilden (vgl. die erweiterte Darstellung des NaCl-Gitters in Abb. 3.6). Um uns das zu veranschaulichen, betrachten wir nur die Natrium-Ionen oder nur die ChloridIonen: Acht Natrium-Ionen bilden die Ecken eines Würfels und sechs weitere sitzen auf den Flächenmitten. Die Chlorid-Ionen sind entsprechend angeordnet. Das NatriumchloridGitter besteht aus diesen beiden flächenzentrierten kubischen Gittern, die so ineinandergestellt sind, daß eine Ecke des Chlorid-Würfels im Zentrum des Natrium-Würfels liegt
(a)
(b) Abb. 3.1 Kristallstrukturen von zwei 1:1-Ionenverbindungen. (a) Elementarzelle 0 von Natriumchlorid; (b) Elementarzelle von Caesiumchlorid. [Aus M. F. C. Ladd, „Structure and Bonding in Solid State Chemistry", Wiley, New York, 1979.] ° Als Elementarzelle bezeichnet man den kleinsten dreidimensionalen Strukturbereich, der durch Translation in Richtung seiner drei Raumachsen das gesamte Raumgitter ergibt.
Die Ionenbindung
61
und umgekehrt. Die Koordinationszahl in der Natriumchlorid-Struktur ist 6, d. h. jedes Natrium-Ion ist von sechs Chlorid-Ionen und jedes Chlorid-Ion ist von sechs NatriumIonen umgeben. Die Caesiumchlorid-Struktur. Caesiumchlorid kristallisiert in der in Abb. 3.1b gezeigten kubischen Anordnung. Ionen der einen Sorte besetzen die acht Ecken eines Würfels, und ein Gegenion besetzt das Zentrum 4 . Wir müssen uns wieder Teilgitter vorstellen, die nur aus Caesium-Ionen oder nur aus Chlorid-Ionen bestehen und beide einfache kubische Symmetrie besitzen. Die Koordinationszahl in der Caesiumchlorid-Struktur ist für beide Ionen 8, d. h. acht Anionen sind um jedes Kation und acht Kationen um jedes Anion angeordnet.
(b) Abb. 3.2 Elementarzellen von zwei Zinksulfid- (2:2-) Strukturen. Große Kreise: S 2 "; kleine Kreise: Zn 2 + . (a) Wurtzit; (b) Zinkblende. [Aus M.F.C. Ladd, „Structure and Bonding in Solid State Chemistry", Wiley, New York, 1979.]
4
Die Struktur von CsCl wird manchmal als „kubisch raumzentriert" bezeichnet; das ist jedoch nicht korrekt. In echten kubisch raumzentrierten Gittern sind Ecken und Zentrum des Würfels durch dieselbe Atomart besetzt wie z. B. bei den Alkalimetallen.
62
3 Bindungsmodelle in der Anorganischen Chemie
Die Zinkblende- und die Wurtzit-Struktur. Zinksulfid kristallisiert in zwei verschiedenen Gitter-Typen (Modifikationen), als Wurtzit (Abb. 3.2a) und als Zinkblende (Abb. 3.2b). Wir wollen sie jetzt nicht ausführlich behandeln (s. S. 88), sondern uns nur merken, daß in beiden Gittern sowohl Kationen als auch Anionen die Koordinationszahl 4 haben. Die folgenden Strukturen enthalten doppelt so viele Anionen wie Kationen (1: 2-Strukturen); deshalb muß die Koordinationszahl für das Kation doppelt so groß sein wie die für das Anion (8 : 4,6 : 3 , 4 : 2 usw.). Man kennt auch die inversen Strukturen, bei denen die Zahl der Kationen doppelt so groß ist wie die der Anionen.
Abb. 3.3 Elementarzelle der Fluorit-Struktur. Große Kreise: F ; kleine Kreise: Ca 2 + . [Aus M. F. C. Ladd, „Structure and Bonding in Solid State Chemistry", Wiley, New York, 1979.]
Die Fluorit-Struktur. Calciumfluorid kristallisiert in der Fluorit-Struktur (Abb. 3.3). Die Koordinationszahlen sind 8 für das Kation (acht Fluorid-Ionen bilden einen Würfel um jedes Calcium) und 4 für das Anion (vier Calcium-Ionen sind tetraedrisch um jedes Fluorid-Ion angeordnet). Wenn man die Plätze und die Anzahl von Kationen und Anionen vertauscht, ergibt sich die Antifluorit-Struktur, die von Verbindungen wie Li z O, N a 2 0 usw. gebildet wird. Die Rutil-Struktur. Titandioxid kristallisiert in zwei Kristallmodifikationen, Anatas und Rutil (Abb. 3.4a). Die Koordinationszahlen sind 6 für das Kation (sechs SauerstoffAnionen liegen annähernd oktaedrisch um ein Titan-Kation) und 3 für das Anion (drei Titan-Ionen umgeben trigonal ein Oxid-Ion). Die ß-Cristobalit-Struktur. Siliciumdioxid kristallisiert in verschiedenen Modifikationen (von denen einige durch Fremdatome stabilisiert werden). Eine von ihnen ist ß-Cristobalit (Abb. 3.4b), den man sich von der Zinkblende-Struktur in der Weise abgeleitet denken kann, daß alle Zink- und Schwefelplätze von Silicium-Atomen eingenommen werden und die Sauerstoff-Atome zwischen den Silicium-Atomen sitzen. Eine andere Modifikation, der Tridymit, läßt sich in gleicher Weise von der Wurtzit-Struktur ableiten. Die Koordinationszahlen sind 4 für Silicium und 2 für Sauerstoff, sowohl im /3-Cristobalit als auch im Tridymit.
Die Gitterenergie
63
(a)
(b) Abb. 3.4 Kristallstrukturen von zwei weiteren 1:2-Verbindungen, (a) Elementarzelle von Rutil, T i 0 2 ; (b) Elementarzelle von /?-Cristobalit, Si0 2 . Große Kreise in beiden Strukturen: O 2 - . [Aus M . F . C . Ladd, „Structure and Bonding in Solid State Chemistry", Wiley, New York, 1979.]
Die Gitterenergie Unter der Gitterenergie einer Ionenverbindung versteht man die Energie, die abgegeben wird, wenn entgegengesetzt geladene Ionen sich aus unendlicher Entfernung nähern und einen Kristall bilden: + a x ( fc g - -
MjXa(f|.
3.2
Sie läßt sich ohne weiteres mit Hilfe eines einfachen elektrostatischen Modells darstellen. Auch wenn dabei nichtelektrostatische Energiebeträge wie die Abstoßung abgeschlossener Elektronenschalen oder, bei verfeinerter Behandlung, solche Faktoren wie Dispersionskräfte und Nullpunktsenergie einbezogen werden, machen die elektrostatischen Anteile etwa 90 % der Bindungsenergie aus. Die theoretische Behandlung der Gitterenergie von Ionenverbindungen geht auf Born und Lande zurück; eine einfache Gleichung zur Ableitung von Gitterenergien trägt ihren Namen. Wir können diese Gleichung auf dem folgenden Wege erhalten:
64
3 Bindungsmodelle in der Anorganischen Chemie
Betrachten wir die potentielle Energie eines Paares von Ionen M" + , X b ~, die durch den Abstand d voneinander getrennt sind. Die Energie der elektrostatischen Anziehung ergibt sich aus dem Coulomb-Gesetz F
(IP)
_
_ J _
4TZ£Q
+
) ' g(X>-)
,
d
Eine der Ladungen ist negativ, daher ist auch die Energie negativ (bezogen auf die Energie bei unendlichem Abstand) und wird mit abnehmender Entfernung immer negativer. In Abb. 3.5 ist die Coulomb-Energie eines solchen Ionenpaares durch die punktierte Kurve dargestellt. Die Ladungen der Ionen werden im allgemeinen als Vielfache der Elementarladung e ( = 1.6 • 10" 1 9 Coulomb) angegeben. Daher können wir schreiben: £c
IP
< >
Abb. 3.5
=
1 a • e+ • b • e~ = 47t% d
1
abe2 ~d~ '
Energiekurven für ein Ionenpaar.
In einem Kristallgitter gibt es jedoch mehr Wechselwirkungen als in einem isolierten Paar von Ionen. Im Gitter des Natriumchlorids zum Beispiel wird ein Ion von den sechs nächsten Nachbarn, die entgegengesetzte Ladung tragen, angezogen, von den zwölf übernächsten Nachbarn mit gleicher Ladung dagegen abgestoßen usw. Alle diese elektrostatischen Wechselwirkungen werden durch das Coulomb-Gesetz beschrieben. Sie unterscheiden sich lediglich im Vorzeichen (Wechselwirkungen zwischen entgegengesetzt geladenen Ionen, s.Gl. 3.4, haben negative, die zwischen gleich geladenen Ionen dagegen positive Energien) sowie in der Zahl und dem Abstand der betreffenden Ionen. Diese unterschiedlichen Abstände können über einfache geometrische Zusammenhänge durch den kürzesten Abstand d ausgedrückt werden. Betrachten wir in Abb. 3.6 das Natrium-Ion ® im Zentrum des Würfels. Seine nächsten Nachbarn sind die 6 Chlorid-Ionen # auf den Flächenmitten, alle im gleichen Abstand d,
Die Gitterenergie
65
Abb. 3.6 Größerer Bereich eines Natriumchlorid-Gitters. Das zentrale Natrium-Ion ® hat sechs nächste # und zwölf übernächste O Nachbarn, acht Nachbarn O in der dritten Sphäre, sechs O in der vierten, vierundzwanzig © in der fünften Sphäre usw.
dessen Wert durch die Größe der beteiligten Ionen gegeben ist (d = r+ + r_). Die übernächsten Nachbarn sind die 12 Natrium-Ionen O im Abstand d]/2 auf den Kantenmitten der Elementarzelle. Als drittnächste Nachbarn finden wir 8 Chlorid-Ionen O im Abstand d]f?> in den Ecken der Elementarzelle (entsprechend Abb. 3.1a, jedoch mit vertauschten Ionen). In der nächsten Sphäre, bereits außerhalb der Elementarzelle, folgen 6 NatriumIonen O im Abstand 2d = dJ/4, darauf 24 Chlorid-Ionen O im Abstand d\fs usw. Die potentielle Energie für das betrachtete Natrium-Ion ergibt sich als Summe der Coulomb-Energien für alle elektrostatischen Wechselwirkungen. Für ein Cl~-Ion gelten die gleichen Überlegungen entsprechend, doch sind dessen Wechselwirkungen bereits in den Coulomb-Energien des Natrium-Ions berücksichtigt, so daß die erwähnte Summe die Coulomb-Energie unseres aus dem Gitter herausgegriffenen „Ionenpaares" darstellt. In sämtlichen Summanden ist die aus Gl. 3.4 bekannte Größe 1 Ane0
abe2 d
oder, wenn wir berücksichtigen, daß für NaCl gilt a = b = 1, 1_ 4ns0
e^ d
66
3 Bindungsmodelle in der Anorganischen Chemie
enthalten. Ziehen wir diesen gemeinsamen Faktor aus den Summanden heraus, bleiben in der Klammer Glieder einer Reihe zurück, die die Anzahl der betreffenden Wechselwirkungen und den für den jeweiligen Abstand charakteristischen Faktor von d enthalten, das heißt, ausschließlich Größen, die durch die Geometrie des betrachteten Gitters gegeben und nicht substanzspezifisch sind. Der Zahlenwert der Klammer ist daher ein von Ionenradius und Ladung unabhängiger, für jeden Gitter typ charakteristischer Faktor, der als Madelung-Faktor As bezeichnet wird. Damit beträgt die Coulomb-Energie für das herausgegriffene „Ionenpaar" in dem Kristall EJ Cr( I^P ) = — Ä
1
A e
2
j "
4ne0
3.5
d
und für einen Kristall aus einem Mol, das heißt Avogadro-Zahl) Ec
= —
1
N.Ae2
4 7te0
d
Formeleinheiten NaCl (WA ist die
.
3.6
Für die Natriumchlorid-Struktur, die wir oben betrachtet haben, wird der MadelungFaktor in den meisten Lehrbüchern - den oben durchgeführten geometrischen Überlegungen entsprechend - angegeben als A
_
6
12
8
6
24
~]/l
j/2
|/3
|/4
|/5
3 7
Diese Reihe konvergiert nicht. Wenn man jedoch die Coulomb-Energie für das zu Beginn betrachtete „Ionenpaar" (Gl. 3.5) in einer jeweils neutralen Umgebung (NaCl)„ mit n = 1 bis n = 00 berechnet, ergibt sich, wie R. Hoppe gezeigt hat 0 , eine konvergierende unendliche Reihe, die sich aus Gl. 3.7 durch einfache Umformung erhalten läßt. Die Berechnung der Madelung-Faktoren wird heute durch Computer-Programme außeror-
Tab. 3.1
Madelung-Faktoren für einige häufige Typen von Kristallgittern
Gittertyp
Koordinationszahlen
Natriumchlorid Caesiumchlorid Zinkblende Wurtzit Fluorit Rutil Korund
6:6 8:8 4:4 4:4 8:4 6:3 6:4
Madelung-Faktor A" 1.74756 1.76267 1.63806 1.64132 5.03878 4.816" 25.0312"
• In der Literatur werden auch Madelung-Faktoren angegeben, in die die Ionenladung zum Teil einbezogen ist 5 . M a n m u ß daher bei jeder Zahlenangabe von A die Definitionsgleichung prüfen. * Die genauen Werte hängen von Feinheiten in der Struktur ab.
5
D a s Problem der Definition der Madelung-Faktoren wird von D . Quane, J. Chem. Educ. 47, 396 (1970) behandelt.
o R. Hoppe, persönliche Mitteilung.
Die Gitterenergie
67
dentlich erleichtert. Wir brauchen uns jedoch nicht mit diesen Verfahren abzuquälen, sondern können einfach die von anderen Autoren berechneten Werte benutzen (Tab. 3.1). Kehren wir zu Gl. 3.4 zurück. Sie sagt uns: Wenn es keine Abstoßungsenergie gibt, die der anziehenden Coulomb-Energie entgegenwirkt, kann sich kein stabiles Gitter bilden, da die Energie der Anziehung bei unendlich kleinen Abständen unendlich groß wird. Nun sind Ionen natürlich keine Punktladungen, sondern besitzen Elektronenwolken, die einander bei sehr kurzen Abständen abstoßen. Diese Abstoßung ist in Abb. 3.5 durch die gestrichelte Kurve dargestellt. Sie ist bei großen Abständen zu vernachlässigen, nimmt aber sehr rasch zu, wenn die Ionen einander sehr nahe kommen. Born hat für diese Abstoßungsenergie den Ausdruck B Eabst = ^
3.8
abgeleitet, in dem B eine für jede Verbindung charakteristische Größe bedeutet. Den Born-Exponenten n kann man experimentell aus Kompressibilitätswerten erhalten, da diese ein Maß für den Widerstand sind, den die Ionen einer erzwungenen weiteren Annäherung entgegensetzen. Die Gesamtenergie des Kristallgitters, das ein Mol Formeleinheiten enthält, ist dann NxAabe2
1
NXB
In Abb. 3.5 ist diese Gesamtenergie, die Gitterenergie, durch die ausgezogene Linie dargestellt. Das Minimum der Kurve, das dem Gleichgewichtszustand entspricht, läßt sich leicht ermitteln: dt/ 1 N.Aabe2 — = 0= • A 2, dd Am0 d
nNAB dn + 1
3.10
Physikalisch bedeutet dies, daß sich im Minimum die Kraft der elektrostatischen Anziehung und die Kraft der Abstoßung zwischen den Elektronenhüllen gerade die Waage halten. Nun können wir den Wert der Größe B berechnen und ihn in Gl. 3.9 einsetzen. Die Energie im Minimum, das heißt im Gleichgewichtszustand, wollen wir mit U0 und den zugehörigen Gleichgewichtsabstand mit d0 bezeichnen. Aus Gl. 3.10 folgt: Aabe2dn~1 . n
1 B=4 ne0
3.11
Damit wird: u0
=
1
NxAabe2 S
1 N.Aabe2 + ^ — ' - S
4ns0 1
d0 N.Aabe2
(
- - .
4ne0 l\
d0n
1 1 2
68
3 Bindungsmodelle in der Anorganischen Chemie
Diese Gleichung (3.13) ist die von Born und Lande 6 aufgestellte Gleichung für die Gitterenergie einer Ionenverbindung. Wie wir sehen werden, kann man mit ihr recht genaue Werte berechnen, obwohl sie gewisse Energiefaktoren, die wir noch besprechen werden, vernachlässigt. Sie erfordert nur die Kenntnis der Kristallstruktur (damit man den richtigen Wert für A einsetzen kann) und des kleinsten Ionenabstandes d. Beide Werte sind leicht aus Röntgenbeugungsuntersuchungen zugänglich. Der Born-Exponent hängt von den betreffenden Ionen ab; größere Ionen haben relativ höhere Elektronendichten und daher größere Werte von n. Für die meisten Rechnungen sind die von Pauling angegebenen Durchschnittswerte (Tab. 3.2) für Ionen mit den angegebenen Elektronenkonfigurationen genau genug. Tab. 3.2
Werte des Born-Exponenten n
Ionenkonfiguration He Ne Ar, Cu + Kr, Ag + Xe, Au +
n 5 1 9 10 12
Die Anwendung von Gl. 3.13 zur Berechnung der Gitterenergie einer Ionenverbindung wollen wir am Beispiel NaCl erläutern. Die erforderlichen Größen haben die folgenden Werte: A Na a b e n e0 d0 n
= 1.74756 (Madelung-Faktor; Tab. 3.1) = 6.022 • 10 23 (Formeleinheiten) mol" 1 , (Avogadro-Zahl) = 1 (Anzahl der Ladungen des Na + -Ions) = 1 (Anzahl der Ladungen des Cl~-Ions) = 1.60210 • 10" 1 9 C (elektrische Elementarladung; Anhang C) = 3.14159 = 8.854185 • 1 0 " 1 2 C 2 J - 1 m - 1 (Anhang C) = 2.83 • 10" 1 0 m (Summe der Radien von N a + und Cl"; Tab. 3.4) = 8 (Mittel der Werte für N a + und Cl"; Tab. 3.2)
Bei Durchführung der Rechnung erhalten wir U0 = — 751 kJ m o l " l . Der beste experimentelle Wert beträgt - 770 kJ mol" 1 (Tab. 3.3). Gleichung 3.13 ergibt also etwa 97.5 % der Gesamtenergie. Das berechtigt uns, sie anzuwenden, wenn uns keine experimentellen Werte zur Verfügung stehen. Um genauere Werte zu erhalten, hat man eine Reihe anderer Funktionen anstelle der in Gl. 3.8 angegebenen für die Abstoßungsenergie entwickelt. Es gibt drei weitere Terme, die das Ergebnis um etliche kJ mol" 1 beeinflussen können - die van der Waals- oder LondonKräfte (siehe Kapitel 6), die Nullpunktsenergie sowie eine Korrektur für die Wärmekapazität. Die Nullpunktsenergie rührt daher, daß die Ionen selbst beim absoluten Nullpunkt im Gitter schwingen - sie können nicht ohne Bewegung sein (vgl. den analogen Fall des Teilchens in einem Kasten auf S. 16). Außerdem wollen wir im allgemeinen die Ergebnis6
M. Born und A. Lande, Ber. Preuß. Akad. Wiss. Berlin 45, 1048 (1918).
D i e Gitterenergie
69
se auf Berechnungen für Temperaturen oberhalb des absoluten Nullpunktes anwenden. In diesem Falle müssen wir eine Größe A
E
j
=
(C„(MX,
-
C„(M+) -
3.14
CV(X_)}DT
addieren, in der die C„-Werte die Molwärmen der beteiligten Teilchenarten sind 7 . Die besten unter Berücksichtigung dieser Faktoren berechneten Werte erreichen eine etwas größere Genauigkeit: U0 = — III kJ mol ~ 1 . Sie liegen um etwas weniger als 1 % über dem experimentell ermittelten Wert. Wenn man keine übermäßige Genauigkeit erreichen will, kommt man mit Gl. 3.13 aus.
Der Born-Haber-Kreisprozeß Der Satz von Hess sagt aus, daß die Enthalpie einer Reaktion unabhängig davon ist, ob diese in einer Stufe oder in mehreren Schritten abläuft. Das folgt zwangsläufig aus dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik, dem Satz von der Erhaltung der Energie. Wäre er nicht gültig, könnte man Energie durch einen geeigneten Kreisprozeß aus dem Nichts erzeugen. Born und Haber 8 haben den Satz von Hess auf die Bildungsenthalpie eines ionischen Festkörpers angewandt. Für die Bildung eines Ionenkristalls aus den Elementen kann der Born-Haber-Kreisprozeß ganz einfach in der folgenden Weise dargestellt werden: A HLE
M
M , (g)
(g)
-AH*
AH Am AH,
M (f)
+
±X 2 2(g)
Dabei muß gelten: AHB
= AHAM
+ AHAX
+ AHM
- AHEA
+ U.
3.15
Die Terme A// Am und A// A x sind die Atomisierungsenthalpien für das Metall bzw. das Nichtmetall. Für gasförmige zweiatomige Nichtmetalle ist AHA gleich der halben Dissoziationsenthalpie des zweiatomigen Moleküls (vgl. Anhang E). Für Metalle, die unter Bildung einatomiger Gase verdampfen, ist AH x gleich der Sublimationsenthalpie. Wenn die Sublimation zu einem zweiatomigen Molekül M 2 führt, muß auch die Dissoziationsenthalpie der Reaktion M2
• 2M
3.16
berücksichtigt werden. 7
8
Man nimmt allgemein an, daß sich M + und X~ wie ideale einatomige Gase verhalten und bei konstantem Volumen Molwärmen von 3/2 R besitzen. M. Born, Verh. Dtsch. Phys. Ges. 21, 13 (1919); F. Haber, ibid. 21, 750 (1919).
70
3 Bindungsmodelle in der Anorganischen Chemie
Werte f ü r die Ionisierungsenergie IE und die Elektronenaffinität E A können den Tabellen 2.4A und 2.5 entnommen werden. Die Dissoziationsenergien einzelner Bindungen sind f ü r viele Moleküle im A n h a n g E zusammengestellt. Eine nützliche Quelle f ü r den Anorganiker wichtiger Daten findet m a n bei Ball und N o r b u r y 9 .
Berechnungen nach dem Born-Haber-Kreisprozeß Die Bildungsenthalpie einer Ionenverbindung k a n n mit Hilfe der Gleichung von Born (Gl. 3.13) und des Born-Haber-Kreisprozesses mit einem Fehler von wenigen Prozent berechnet werden. Betrachten wir zum Beispiel NaCl. Wir haben gesehen, d a ß mit dem berechneten Kernabstand von 281 p m (oder dem experimentellen Wert von 281.4 pm), dem Madelung-Faktor 1.748, dem Born-Exponenten n = 8 und diversen Konstanten f ü r die Gitterenergie ein Wert von — 755.2 kJ mol ~ 1 berechnet werden kann. Die Korrektur für die Molwärme beträgt —2.1 k J m o l - 1 . Damit ergibt sich: UQ9S = —757.3 k J m o l - 1 . Die Summierung nach Born-Haber für die Bildungsenthalpie ist dann: C/298 = _ 7 5 7 . 3 k J m o l " 1 A # A N > = + 1 0 8 . 4 kJ m o l A#ACI = +120.9
I
kJmol"1
M
= + 495.8
Mmol"1
E A
= -348.8
kJmol"1
AH
-AH
- 1
= A//BN>C1 = - 3 8 1 . 0
kJmol"1.
Der experimentelle Wert für die Bildungsenthalpie A 7 7 | 9 8 von N a C l beträgt -410.9 kJmol"1. Die getrennte Angabe der einzelnen Energieterme im Born-Haber-Kreisprozeß läßt uns ihre relative Bedeutung f ü r die chemische Bindung erkennen. Z u m Beispiel sind die Terme A H a immer positiv, jedoch normalerweise, verglichen mit den anderen Termen, relativ klein und von Verbindung zu Verbindung nicht wesentlich verschieden 1 0 . Die Ionisierungsenergien sind gleichfalls stets positiv und relativ groß. Die Elektronenaufnahme erfolgt bei den Halogenen exotherm, bei den Chalkogenen jedoch endotherm, weil das bereits negativ geladene Ion Y ~ zur A u f n a h m e eines zweiten Elektrons gezwungen werden muß. Auf jeden Fall ist die Enthalpiesumme der beiden Reaktionen (AHiE — A H E A ) stets positiv. D a ß Ionenverbindungen gegenüber dem Zerfall in die Elemente beständig sind, ist nur der Tatsache zu verdanken, d a ß die gegenseitige Anziehung der Ionen außerordentlich stark exotherm ist. Bei Zimmertemperatur tritt diese Energie als Gitterenergie in Erscheinung. M a n darf jedoch nicht annehmen, daß bei Temperaturen oberhalb des Siedepunktes der Verbindung (z. B. 1413 °C für NaCl) keine Reaktion stattfände. Selbst in der Gasphase gibt es eine elektrostatische Stabilisierung der Ionen durch die Bildung von Ionenpaaren M + X " . Auch diese müßte in dem Born-Haber-Kreisprozeß berücksichtigt werden. Es ist am besten, den Kreisprozeß ausführlicher darzustellen (s.Abb. 3.7), damit
9 10
M . C . Ball und A . H . Norbury, „Physical Data for Inorganic Chemists", Longman, London, 1974. Diese Aussage trifft nur für die Halogene wirklich zu. Die Dissoziationsenergien von 0 2 und N 2 sind beträchtlich größer.
Die Gitterenergie
71
die Energiebeziehungen klar herauskommen. In einem solchen Diagramm können die einzelnen Enthalpiewerte angegeben und auf die Enthalpie der Ausgangsstoffe bezogen werden 11 . Die meisten der Enthalpien für die einzelnen Stufen in dem Kreisprozeß können mit mehr oder weniger großer Genauigkeit experimentell ermittelt werden. Die Gitterenergie läßt sich jedoch immer leichter rechnerisch als durch eine Messung erhalten. Man könnte annehmen, daß die „Ionisierungs"enthalpie eines Gitters auf dieselbe Weise zu messen wäre wie die Atomisierungsenthalpien von Metallen und Nichtmetallen, d. h. durch Erhitzen des Kristalls und Bestimmen der Energie, die erforderlich ist, ihn in Ionen zu spalten. Leider ist das experimentell nicht möglich. Wenn ein Kristall sublimiert (AH s ), entstehen dabei nicht isolierte Ionen im Gaszustand, sondern Ionenpaare und größere Ionencluster. Aus diesem Grunde ist es notwendig, Gl. 3.13 oder irgendeine etwas genauere Variante von ihr zu verwenden. Wir können mit dem Born-Haber-Kreisprozeß dann die Zuverlässigkeit unserer Voraussagen prüfen, wenn uns genaue Werte für jeden anderen Schritt in dem Kreisprozeß zur Verfügung stehen. Tab. 3.3 enthält die mit dem Born-Haber-Kreisprozeß berechneten, die nach Gl. 3.13 ermittelten sowie nach abgeänderten Verfahren erhaltene Werte für die Gitterenergie.
Abb. 3.7 Born-Haber-Diagramm mit Angabe der relativen Größen verschiedener Energieterme für Natriumchlorid. [Nach G.P. Haight, J. Chem. Educ. 45, 420 (1968).]
11
Dieser und verschiedene andere Punkte, die Kreisprozesse vom Born-Haber-Typ betreffen, werden von G.P. Haight, jr., J. Chem. Educ. 45, 420 (1968), behandelt.
72
3 Bindungsmodelle in der Anorganischen Chemie
Tab. 3.3
Experimentell ermittelte und berechnete Gitterenergien der Alkalihalogenide (kJ m o l - 1 )
Salz
Experiment (Born-HaberKreisprozeß
einfaches Modell (Gl. 3.13)
„Beste" Werte'
KapustinskiiNäherung (Gl. 3.17)
LiF LiCl LiBr Lil NaF NaCl NaBr Nal KF KCl KBr KI RbF RbCl RbBr Rbl CsF CsCl CsBr Csl
1034 840.1 781.2 718.4 914.2 770.3 728.4 680.7 812.1 701.2 671.1 632.2 780.3 682.4 654.0 616.7 743.9 629.7 612.5 584.5
1008 811.3 766.1 708.4 902.0 750.6 718.8 663.2 797.5 687.4 659.8 623.0 761.1 661.5 636.4 602.5 723.0
1033 845.2 797.9 739.7 915.0 777.8 739.3 692.0 813.4 708.8 679.5 640.2 777.8
952.7 803.7 792.9 713.0 884.9 745.9 713.4 673.6 788.7 680.7 674.9 613.8 760.2 661.9 626.3 589.9 713.0 625.1 602.1 563.6
622.6
599.6 568.2
686.2
659.0 622.2
747.7 652.3 632.2 601.2
° Berechnet mit Hilfe einer modifizierten Born-Gleichung mit Korrekturen für Polarisationseffekte, für Abstoßung zwischen nächsten und zweitnächsten Nachbarn sowie für Nullpunktsenergie. [D. Cubicciotti, J. Chem. Phys. 31, 1646 (1959); 34, 2189 (1961).]
Kapustinskii 12 hat festgestellt, daß der Madelung-Faktor, der Kernabstand und die empirische Formel einer Ionenverbindung miteinander verknüpft sind 13 . Er hat darauf hingewiesen, daß, wenn die Kristall-Struktur (und damit auch der entsprechende Madelung-Faktor) unbekannt ist, ein vernünftiger Wert für die Gitterenergie aus Gl. 3.17 erhalten werden kann: 3.17 v gibt die Zahl der Ionen pro Formeleinheit der Verbindung an, und d ist die nach r + + r_ (s.Tab. 3.4) berechnete Summe der Ionenradien in pm. Für das angeführte Beispiel Natriumchlorid mit v = 2,a = b = \ und d = 283 pm ergibt sich eine Gitterenergie von — 746 kJ mol ~ 1 (das sind etwa 97 % des experimentell ermittelten Wertes), die in Einklang mit dem aus Gl. 3.13 erhaltenen Wert steht.
12
13
A. F. Kapustinskii, Z. Phys. Chem. Abt. B 22, 257 (1933); Zhur. Fiz. Khim. 5, 59 (1943); Quart. Rev. Chem. Soc. 10, 283 (1956). Das folgt aus der Tatsache, daß es nur eine begrenzte Zahl von Möglichkeiten gibt, eine bestimmte Anzahl von Ionen gegebener Größe möglichst günstig zu packen. Einfache Beispiele dafür werden in den Abschnitten „Packungsdichte und Kristallgitter" und „Radienverhältnis" behandelt. Eine eingehendere Besprechung der Arbeit von Kapustinskii findet man bei T.C. Waddington, Adv. Inorg. Chem. Radiochem. 1, 157 (1959).
D i e Gitterenergie
73
Nachdem wir uns einmal davon überzeugt haben, daß wir berechtigt sind, theoretisch abgeleitete Werte für U zu verwenden, können wir den Kreisprozeß dazu benutzen, Informationen über einen beliebigen Schritt innerhalb des Kreises zu erhalten, dessen experimentelle Messung Schwierigkeiten bereitet. Über viele Jahre hinweg sind Elektronenaffinitäten fast ausschließlich mit Hilfe dieser Methode ermittelt worden, weil eine genaue Bestimmung durch direkte Messung kaum möglich war. Schließlich ist es möglich, die Bildungswärme einer neuen und bis dahin unbekannten Verbindung vorauszusagen, da für die meisten Elemente jetzt einigermaßen genaue Werte für Atomisierungsenthalpien, Ionisierungsenergien und Elektronenaffinitäten zur Verfügung stehen. Man muß noch einige vernünftige Annahmen über die wahrscheinliche Gitterstruktur, d. h. die Geometrie und die Kernabstände machen. Den Kernabstand kann man aus Tabellen der Ionenradien erhalten. Manchmal ist es auch möglich, aus der Kenntnis dieser Radien die Geometrie und damit den richtigen Madelung-Faktor vorauszusagen (vgl. den nächsten Abschnitt). In einem solchen Fall können die Gitterenergie und die Bildungsenthalpie berechnet werden - letztere fast so genau, wie sie gemessen werden könnte, wenn man die Verbindung zur Verfügung hätte. Beispiele für Berechnungen hypothetischer Verbindungen werden wir anschließend behandeln. Auf S.95f schließlich wird ein letztes Beispiel gebracht, bei dem wir von verschiedenen Methoden Gebrauch machen, die auf Ionenverbindungen anwendbar sind. Die Berücksichtigung der in einem Born-Haber-Kreisprozeß auftretenden Größen ist hilfreich, wenn man die Existenz bestimmter Verbindungen und die Nichtexistenz anderer erklären will. Betrachten wir zum Beispiel das hypothetische Natriumdichlorid N a 2 + + 2C1~. Wegen der zweifach positiven Ladung des Natrium-Ions sollten wir eine erheblich größere Gitterenergie als beim NaCl und damit eine erhöhte Stabilität der Verbindung erwarten. Wenn man jedoch alle Größen ermittelt, findet man, daß die Ionisierung des Natriums zu Na 2 + sehr viel mehr Energie erfordert, als durch die Vergrößerung der Gitterenergie gewonnen wird. Wir können eine sehr grobe Überschlagsrechnung anstellen, wenn wir annehmen, daß der Kernabstand im NaCl 2 ebenso groß sei wie im NaCl 1 4 und daß die Verbindung in der Fluorit-Struktur kristallisiere mit dem MadelungFaktor A = 2.52. Die Gitterenergie wäre dann U0 = —2155 k J m o l - 1 . Als Summe der Born-Haber-Größen ergibt sich U0 = —2155 k J m o l - 1 A ¿ / A n = + 108 k J m o l " 1 2AHACI
= +
242 k J m o l " 1
= + 496 k J m o l " 1 A H1E{2) = +4562 k J m o l " 1 - 2 A i 7 E A = - 698 k J m o l " 1 E = A #BNbCI2 = + 2 5 5 5 k J m o l " 1 . A#,E-Orbitale sind entartet, d. h. sie haben alle die gleiche Energie und sollten daher besser in gleicher Höhe, d. h. als gezeichnet werden, jedoch braucht das zu viel Platz. [Nach M. Orchin und H . H . Jaffé, „The Importance of Antibonding Orbitals", Houghton Mifflin, Boston, 1967.] 38
Das gilt natürlich nur für bindende Orbitale. Antibindende Orbitale sind immer weniger stabil als die entsprechenden Atomorbitale.
Symmetrie und Überlappung
113
modifizieren. Wenn wir die Atomorbitale in der angegebenen Weise kombinieren, erhalten wir die in Abb. 3.28 angegebenen Energieniveaus. Die passenden Linearkombinationen sind 39 : =