Anekdotenalmanach auf das Jahr 1820 [1 ed.] 9783428578580, 9783428178582

Auf der Suche nach Baumaterial findet der Bauer Giorgios Kentrotas die Venus von Milo. Im August gelingt Josef Naus die

131 25 11MB

German Pages 398 Year 1820

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Anekdotenalmanach auf das Jahr 1820 [1 ed.]
 9783428578580, 9783428178582

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Anekdotenalmanach auf das Jahr 1820 Gesammelt und herausgegeben von Karl Müchler

Duncker & Humblot reprints

Anekdotenalmanach auf

das Jahr 1820.

Gesammelt und herausgegeben von

Karl Mächler

Mit einem Titelkupfer.

Berlin, b e i D u n ck e i- und H u nr b l

0

t.

Zueignung

Euch,

die Ihr in den Feierstunden

Der Schwank' und Scherz' Euch sonst erfreut, Die ich nun schon seit langer Zeit — Jetzt sind zwölf Jahre hingeschwunden — Zu einem Strauß für Euch gewunden. Sey auch dies Büchelchen geweiht. Hatt Ihr deö Tages Last getragen. Seyd Ihr von Eurer Arbeit frei So nehmet, statt mit Kannengießerei Euch selbst und Andere zu plagen, Statt nach dem Geist der Zeit ru fragen, Und wie er zu beschwören sey; Es steigert nur das Mißbehage^

VI

Dies Büchelchen jur Hand, vielleicht Daß es die Launen und die Grillen Von der umwölkten Stirne scheucht. Kann's eine Mußestund' Euch füllen, Den Spleen vertreiben, der uns all' beschleicht, Wenn sich halsstarrig unserm Willen, — Oft Eigensinn — nicht Alles beugt; So hab' ich meinen Zweck erreicht.

V o r r e d e. Es sind von diesem Almanach bereits zehn Jahrgange erschienen, und ich darf daher wohl, ohne die Besorgniß, einer Eitelkeit beschuldigt zu werden, anneh­ men, daß solche bei einem großen Theil der Lesewelt den Zweck nicht verfehlt ha­ ben, den ich dabei vor Augen gehabt, aufheiternd zu unterhalten. Ich liefere jetzt dem Publikum den eilften Jahrgang dieses Almanachs und

VJII

'werde damit so lange unnnterbrocheu fortfahren, bis mir die Stimme der Lcscwelt warnend zu erkennen giebt, cs sey Zeit, damit zu enden, oder bis meine Verhältnisse es mir nicht mehr gestatten, mich dem Geschäfte einer solchen Samm­ lung von kleinen Erzählungen, Witzwor­ ten, Scherzen, Sarkasmen, Wortspielen n. bergt, mit der dazu crfoderlichen Sorgfalt, unterziehen zu können, Zur bessern Uebersicht des Inhalts der ersten zehn Jahrgänge habe ich über solche ein vollständiges Namen-und Sach­ register ausgearbeitet, welches für die Besitzer dieser Almanache gedruckt wor­ den. Man findet darin alle Anekdoten und Namen der merkwürdigen Personen,

IX

beider Geschlechter, welche in diesen Sammlungen erwähnt sind, nachgewie­ sen, und wer daher über viele Regenten, Staatsmänner, Feldherren, Gelehrte, Künstler und andere der Geschichte nicht fremde Personen, so wie über manches be­ rühmte Frauenzimmer alles dasjenige, was in diesen Almanachen von ihnen aufge­ zeichnet worden ist, ohne mühsames Durch­ blättern, nachsehen will, darf nur dieses Inhalts-Verzcichniß zur Hand nehmen. Bereits in frühern Jahrgängen habe ich darauf Bedacht genommen, einzelne Züge berühmter oder berüchtigter Perso­ nen, welche der Geschichte angehören, zu sammeln, die sonst im Laufe der Zeit, in Vergessenheit kommen und für die

Folge ganz verloren gehen könnten und die doch für den Kenner des menschli­ chen Herzens den wahren Charakter oft in ein helleres Licht stellen, als allgemeine Charakterschilderungen, so wcitlauftig und scharfsinnig sie auch ausgesponnen seyn dürften. Da ich übrigens, um in diese Anek­ dotenlese die möglichste Mannigfaltigkeit zu bringen, kleine Züge von allen Völ­ kern, so wie Reisebeschreibungen, Biographieen u. dergl. mir dazu Stoff ge­ liefert, aufgenommen habe, so wird dem aufmerksamen Leser darin auch das Charakteristische vieler Nationen nicht entgehen. Um Stoff zu solchen Anekdoten dar-

XI

zubieten, muß ein Volk schon eine ge­ wisse Stufe der Kultur erreicht haben, denn bei wilden und rohen Völkern fin­ det man zwar die Grundzüge der mensch­ lichen Natur, theils Roheit, theils Un­ befangenheit und Naivetät; schonungslose Rachsucht und dabei gutmüthige Gast­ freundlichkeit, aber nichts von jenen Son­ derbarkeiten, jenem Witz und jener Lau­ ne, die sich nur in dem geselligen Leben cultivirter Völker entwickeln; dies zeigt sich selbst in den Sprachen der letzter«, die, nach dem größer« oder geringern Reich­ thum, auch mehr oder minder reich an Wortspielen sind. Von den nördlichen Völkern, den Russen, Dänen, Schweden, Polen habe

XII

ich aus Mangel an Stoff, nur wenige Anekdoten auffinden können, die mir der Aufbewahrung werth schienen, und die meisten darunter betrafen einzelne Personen, die sich durch Eigenthümlich­ keit ihres Charakters besonders ausge­ zeichnet haben. Auch Portugal und Ita­ lien boten mir keine reiche Ausbeute dar; die Spanier lieferten hauptsächlich Züge ihrer Grandezza und ihres religiösen Fa­ natismus, so wie die Holländer auffal­ lende Züge der Indolenz. Dagegen spricht sich in den Anekdoten von den Englän­ dern ein Hang zur Sonderbarkeit, ein eigenthümlicher Humor, ein oft sarkasti­ scher Witz und eine freimüthige Derb­ heit aus, und die Irländer liefern eine

XIII

Menge lächerlicher Albernheiten, indem sie darin unsern Schildbürgern den Rang streitig machen. Bei den Franzosen findet man vorzüglich den muthwilligen Scherz der Frivolität eines Volks, das durch den Sybaritismus seiner Höfe und die Gräuel der Revolution am meisten von der Bahn der Sittlichkeit abgewichen ist, und bei den Deutschen, neben gut­ müthigem Witz und leichter treffender Satyre, Biedersinn und Treuherzigkeit und eine heilige Scheu vor unziemlichen Zweideutigkeiten, wozu sich auch selbst ihre Sprache nicht so eignet, wie die französische. Ueber diese letztere Bemerkung wird man zwar die Belage in meinen Alma-

XIV

»lachen vermissen — denn sie ist nur das Resultat meiner vieljährigen Lectüre, — aber ich würde cs mir selbst nie verziehen haben, we»»n ich Anekdoten, bei deren Lesung ein unverdorbenes Ge»nüth hätte erröthen können — darin hätte aufneh­ men wollen, und ich schmeichle mir, daß »nan mir dies danken wird. Berlin, im August ißig.

Karl Müchler.

Inhalt.

Januar/ 31 Tage. 1. Mißverständnis, bei e. Besuch in derNenjahrsnnacht. 2. Bescheid auf ein Gesuch um den Nathstitel. 3. Ironische Aenderung der Herzogin v. Orleans über Ludwig's XIV. Minister. 4. Zweideutige Adresse auf den Brief an ein. Arzt. 5. AibernerHochmurh eines Baillid.Malthescr-Ordens. 6. Witzige Anwendung eines Sprichworts. 7. Des Prinzen M 0 ri; v. Mafia« Verspottung einer alten verliebten Dame. 8. Passerats Grabschrift auf sich selbst. 9. Witzwort über falsche Tressen. 10. Bescheid a. Supplicanten durch e. biblischen Spruch. 11. Naive Antworten e. Mädchens an e. Postoffizianten. 12. Wechselweiser Besuch V 0 l t a i r e' s u. P i r 0 n s. 1 3. Edelmut hi g e En tsch e id u n g Ferd.iv. v. Neapel. 14. Sarkasmen über gelehrte Frauenzimmer.. 15. Abentheuer des Abbe v. Vatteville. 16. Watsons Gei; auf dem Tod bette. 17. Friedr. d. G r. satyr. Cab. Ord.a. e.Oberförster. 18- Mazarin'sAnstchten V,d.ErziehungeinesPrinzen. 19. Naivetät des Großherz. v. Sach. Weimar als Kind. 20. Naive Aeußerung des Königs der Sandwich -Inseln. 21. Vornehmer Geschmack der Frau v.Longueville in ihren Vergnügungen. 22. List und Frechheit eines Juden. LZ. Des Herz. v. C h 0 i se u il Belohnung a. Posthalter. 24. Witzige Replik d.Herzogin v. Ossuna a. ih. Gen,., 25. Haydn's finnreiche Erfindung bei einem Conzcrt. 26. Sonderbarer Grund, wegen grauer Haare. 27. Karl's 11. Urtheil über Jsaak Vossins. 28. Sa Borde's sonderb.Urth.üb.An d. P h i l i d 0 r. 29. Albernheit eines jungen Parisers auf Reisen. 30. Naives Urtheil eines Knaben über ein Schauspiel. 31. Conzert vor der Königin v. Schweden Christine, wahrend ste im Bette liegt.

Februar/ 29 Tage. 1. Satyr. Vorschl. z. e.Trauerkantatea.KantöTod. 2. Naive Aeußerung e. v.Pferde gefall'nenVenctianers. Z Wechsels. Stummheit e.Ehep., k.Wahlrerwandtsch. 4. Des Marschalls v. Vitleroi Grundsatz, wie man sich gegen Minister zu benehmen habe. 5. Wortspiele. Liebhabers über eine galante Geliebte.. 6. Lügenhaftes Ladenschild. 7. Naive Urkunde Nud 0 lp h's Grafen v. Sulz. Z.Namlerö Sarkasmen gegen eincSchansvielerin. 9. Kotzebue in der Blindenanstalt zu Paris. 10. Wiedererscheinung-.Schauspielerinnen Sidd 0 nS und O'Neil auf der Bühne. 11. Wortspiel e.Tabackfatrikanteu üb. e.Tabacksetikett. 12. Fried r. n. u. die beiden ihm Depeschen überbrin­ genden Offiziere. LZ. Wortspiel des Marschaus v. Villars überden Marsch all v. V endo me. 14. Albernheit eines Kanzlisten. 15. Swift Zurechtweisung seines trägen Bedienten. 16. Guter Nath d.Präs. N 0 se aufs.Todb. an s. Gattin. 17. Des Marü'cs- Caraccioli uns;, üb. engl.Clima. 18. Triftiger Grund, einen jüdischen Arzt zu confulrnm 19. Albernheit e. Arbeiten, aufd. Gute La f a y ette'ö. 20. Des Arztes Hiriart Neplik auf die Anrede ei­ nes Predigers von der Kanzel. 2!. Bittschrift der Sperlinge. 22. Arugkeit eines Bedienten, die wie Svott erscheint. 23. Law und sein Kutscher. 24. Benserad e's Witzwort als Knabe, bei Peränder rung seines Taufn imens. 25. Witzwort üb dieBeraubung eines Frauenzimmers. 26. Albernheit eines angeblich guten Wirths. 27. Witzwort über die A n a eines gewissen Cousin. 28. SarkastischeAeußer. e.Neisenden üb. e. großeStidr. 29. Alberner Hochmuth einer Gräfin.

Mär;, 3i Tage-

1. Des Marchese Caraccioli Spott über die Wettsucht der Engsilnder. 2. Scharfs. -.Japaner in e. ltntemb. m. Golownin. z. Dreiste Erkl. Th. Parkyn's geg.Anna v.Engl. 4. Fried r. 11. Gespräch mit ein. Landrath inPomm. 5. Bittere Replik aufd. Frage ein. geschminkten Dame. 6. Ra benerund der Dichterling. 7. Chaulieu's Naivetat gegen Fr. v. Sta el. 8. Witzige Replik auf ein albernes Paradoxon. 9. Naive Aeußerung des Danks eines Kindes gegen die Herzogin von N e m 0 u r s. ic>. Jo se p l) ii. auf der Parade zu M e tz. 11. Vorschl. anK ar l XII. v.Schwed. sicher incog. z. reis. 12. Inschrift eines Lotteriecomptoirs in London. 13. Besorgn. zweierBettl. es möchte e.Wunder geschehen. 14. H a n d e l's List Wein zu tr.oh.And.dav.mitzutheilen. 15. Naive Aeußerung einer Infantin. 16. Drolliger Wid.rspruch des Lord Bathurst. 37. Witzw. der Marquise deGrane über Feuerwerke. Ig. Feines Kompliment, I 0 seph 11. von einer Schau« spielerin in Paris, auf der Bühne gemacht. 19. Drollige Besorgnisi eines sterbenden Schauspielers. 20. NaiveAntwvrt c. Banerburschen beid.Catechrsarien. Li. Charakterzug eines französischen Emigranten. 22. List der Jesuiten, Helvetius zu schaden. 23. Witzw. d.Prof.S ch m idt zuJena üb.d.Pr.Pol;. 24. M a r i l l a s scharfsinnige Aeuß überBittschrifren. 25. Mißverständnis; über den Petron. 26. Wortspiel über einen karh. Priester. 27. Naive Entscheidung eines Schweizers über dir Frage: die Ewigkeit der Höllcnstrafen betreffend. 28. M 0 n t e s q u i e u's sarkastisches Witzw. b. e.Streit. 29. B re t t sch n e i d e r's Insch. in Hille r's Starnmb. 30. Naive Entschuldigung der Frau v. S e v i g n 31. Wortspiel über den blauen Montag.

Avril/ 50 Tage. 1. Enrschuldrguug einesDiebstahlstoitifiAvrilschicken» 2. M 0 lbe ch's Aufenthalt in Iönköping. z. Unverföhnlichkeit eines sterbenden Berafchotten. 4. Alberner Zitei einer Schrift eines gewissenAuvrad de la Haye. 5. Dreiste Aeußerung e. Ministers geg. e. ital. Fürsten. 6. Mißverstandniß eines vreuß. Generals aus Un< künde der französischen Sprache. 7. Der Gräfinv. Ferres Urtheil über Beutley. g. Oistive Antwort der Marquise v. L . . . 9. RaiveEntfchuldigung c, unglücklich verhrir.Mannes. 10. Wortspiel über die Sonate einesfranz. Emigranten, n. Witzwort üb. ein Trauerspiel Chateaubrü n's. 12. Naive Derbheit despreuß. Generals v. K . . . 17. Gutherzigkeit einer armen Frau in V 0 n t> 0 tt. 14. Bestrafte Titelsucht. 15. Wortspiel über dir Eitelkeit eines Advokaten. US. ScharfstunigeAntwort des Marschalts Richelieu an Ludwig XVi, 17. Spott über tim eitle häßliche Dame. i8- Jofevh'ön.Erkl.üb.d.Kriegd.Amer.wid.Engl. 19. Wicherley'ö Heirath. 20. Alberne Inschrift auf dem Schilde eines Baders. Li. Gastm.d LordMayorWhitlington a.Hein.v. 22. Raives Selstlob eines Schauspielers. 23. Jmpromtü auf die Reife einer jungen. Dame. 24. Sarkasmen eines Protestanten über Mönche*. 25. Mißverstand. üb. F r i e d r. fa ty r i sch.F e l d z ug. 26. Josep h 'sII. Bescheid in Versen. £7. Witzwort üb. die zugesetzten AusrufungenderSchaur spielet* und Schauspielerinnen auf der Bühne. 28. Gemälde in derJefuiterkirche ;u C agliari. 29. Aeußerung des Marschalls von Sachsen gegen den Grafen v. St. Severin. p. Swi.ft's Anweisung, zu einem guten Styl.

Mai/ 31 Taqe-

1. Naives Schreiben e.Matrosen an K a rl u.v.Engl. 2. Witzwort tU ev bei! Mercure da France.

z. Brett sch ne iders Ueber setzn Ng eines Motstos, das Nautenstrauch für sich gewählt hat. 4. Wortspiel/als Entschuldigung, daß man Einen mit dem Nachtgeschirre begossen. 5. F ried r i ch s H.Unterred. m.d.jungenv.N a cf «1 tz. 6. Petit's Witzwort über Aerzte. 7. Witzwort eines Obersten gegen einm Mönch. 8-Sarkastische Aeußerung eines Gefangenen in der Vastitle über den Abbe F 0 uquet. 9. Lee's Wahnsinn. IO- Jose ph's li.Zurechtweiste. unwiss. Suvvlikanten. 11. Svott üb. den Titel einer Putzmacherin in Paris. 12. Gl eim'switzige Nepl. aufdieFrage e. Edelmanns, iz.Franklin's sarkastische Widerlegung eines Vor, schlags; die Gebetformel der Geistlichen zuöndern. 14. Witzwort P 0 r p 0 r a's über einen Organisten. 15. Benedikts vri. Bestrafung eines Prälaten. 16. Wortspiel über den Xitel eines Schausviels. 17. Sarkastische Aeußerung A gnesfea u s. 18 Veranlassung zu Gibbons Schriststetlerruhm. 19^ Edler Stolz einer Negerin. 120. NaiveKlage, üb. einen ausbleibendenVerhaftsbefehl. Li. Scharfsinn eines Veziers. 22- Bittere Ablehnung einer Schauspielerin, das Pu­ blikum zum Schiedsrichter zu haben. LZ. Spott über de la Harpe. 24. Prophezcihung des Professors Bald inger. 25. NaiveEntschuld.d.Faulh. e.Buchdr.geg.F r a u kl in. 26. Mitleid bei Armuth. 27. Witzwort S i x t u s v. üb. E l i sa b e t h v. Engl. 28- Bestrafte Arroganz eines Sängers. 29. Bescheid in Versen von Jose pH 11. 50. Witziger Spott über die Marnuife v. A n c e n i s. Zi. Naive Frage eines sterbenden Schulmeisters.

Juni/ 5° Tage1. 2. z. 4. 5. 6.

Mißlungene Reise eines Hypochondrien. Lakonische Bittschrift eines Ungarn an I o se p h II. Fopvereien eines Musikdirektors durch Hornisten. Naive Frage eines Bauers an einen Geistlichen. Luthers Anweisung zum Predigen. Witzige Anrede e. Maire's an den Prinzen C 0 n d e. 7. Sonderbarer Grund, des Nachts in einem Kaffee­ hause zu bleiben. 8. Witzwort derPrinzessin Am a li e v. England über eine» sehr langen Menschen. 9. H el v et i u S Mystification. 10. Stegreifsgedicht von B rettschneide r. 11. Witzwort Franklin's bei'm Schachsvicte. 12. Des Bar. Descoutures Verse an s. Gläubiger. iZ. Sarkast.Besch.Joseph's 11. an e.Supplicanten. 14. Alberne Nachahmung einer Vignette Nicolal 's für seine Bibliothek. 15. Ludwig xii. Aeußerung über seine Gemahlin. 16. Abentheuer eines Miffkonairs aus Böhmen. 17. Des Marquis v. Beaufrenr 0 nt L i s t 0 n 0 i s Urtheil von regierenden Herrn.

18- Ungeschliffenheit Peter Bur manns. 19. Sarkastische Aeußerung eines Bettlers. 20. Ueberlistung des Pabstes I u l i u s II. durch F e r < d i n a tt d von A r r a g 0 n i e n. 21. Unwillen eines Ohrberaubten Diebes. 22. M e n a g e Witzw. über ein zu erwartendes Wunder. LZ. Urtheil über eine Probe?redigt. 24. Fo 0 te's satyrische Beschreibung eines Gastmahls. 25. Spott über einen adelstolzen Spanier. 26. Definition der Worte: Ministeriell u. Independent. 27. Freche Aeußerung eines Juden gegen Joseph li. 28. Lord Roche st er u. Z Geistliche versch. Konfession. 29. Witzw Voltair's üb. e.ihmzugedachtegold. Kette.

30. Nai. unmuth Gainsboroughs üb. Garrick.

Juli/ zr Tage-

1. Frankli ns Urtheil üb. literarische Streitigkeiten. 2. Originelle Dankbarkeit eines Diebes. z. Wilhelm der Eroberer, als nengeb. Kind. 4. Sinngedicht auf die Oper Orpheus. 5. Herzogs Eberhard v. Würtemberg Lob seiner Unterthanen. Satyrische Predigt eines Geistlichen zu Paris. 7. Mißverständniß über Algar 0 tti. g. Edelm d.Bischofs v.St.A s a p h geg. e. armen Geistl. 9.Bericht d. würtenrb. Ges. v. B u l i n g h a u se n. 10. General v.Ratzmer Anficht über den Zweikampf. 11. Schwelgerische Weise des Cardinals Richelieu. 12. vr. M.H e r z Witzw. über ein. stch selbst Heilenden. 13. Eine Zweideutigkeit verhindert die Vorlesung eines Theaterstücks. 14. For bittereZweideutigk. in e. Rede im Unterhause. l$. Witzwort des Fürsten v. Hohenzollern - Hechingen. 16. Sarkasmen eines von Wahnsinn Geheilten. 17. Naivetät e.Karrenschiebers geg.d.vr.S h e b b e a r e. 18. Naivetät einc$ Kindes gegen ein. Superintendenten. 19. Alberner Hochmuth einer Unteroffizierfrau. 20. LacherltcheAntwort eines Knaben auf die Frage über die 4 Elemente. 21. Spott eines Bauers über einen Charlatan. 23. Heilsame Lehren, den König Gustav in. von seiner Mutter ertheilt. 23. Replik.d.Gr.v.Horn and.Marguisv.Billarö. 24. Fri e d r i ch d e r G r 0 ß e 11. d. Amtmann Hah n. 25. Wortspiel üb. e. Fest zu Ehren eines Bürgermeisters. 26. Klage e.pariserArjtes überd.Aerzte fremder Völker. 27. Treuherzige Aeußerung L a ud on's. 28. Alberne Anschlagzettel in London. 26 Joseph n. und Rousseau. 30. Luthe r's Antwort an C a j e t a n. zr. Ironische Frage über bfii Cardinal Ma u r y.

August/ ZI Tage. 1. Fopperei eines Ordensstichtigeu. 2. Geistesgegenwart des Admirals Blake. 3» Naive Klaget. Advok. üb. e. Verordn. Io sep lsts ii. 4. Tod des Zwerges Bebe. 5. Naiver e. Bedienten des Hrn.v.Drett schneid er. 6. Naivetät ein. Schuhmachers geg. den PabstLeo X. 7. Alberne Entschuldigung eines Kouriers. g. Widersprüche im Benehmen von mehreren Schriftst. 9. Nevlik eines jungen Geistlichen an einen alteren. IO. Naive Aeuß. e.Kindes iib. d.Tod des Hrn. v. S i v ry. ii.Satyre auf die pariser medizinische Fakultät. 12. Sarkastische Aeuß. e. Lutheraners geg. einen Mönch. 13. Die Schauspielerin Villier nu't einer Perücke am Kleide auf der Bühne. 14. Piro ns bitteres Winw. üb. den Herzog de f* Veilliere. 15. Versteigerung des Nachlasses eines Domherrn. 16. Wilhel nl s ui. v. England Replik an den König von Dänemark. 17. Friedrich d es Großen Bescheid in Reimen, den Amtniann Ochs betreffend. 18. Lud w i g' s xil. Trost, einem Edelmann ertheilt. 19. Kästne r's Epigramm aufe. schlecht. Trauerspiel. 20. C ol u m na's Bescheidenheit. 21. Epigramm des Marquis v. Xi m enes auf den Marquis V. Bi evre. £2. Wortspiel üb. dieAufführung des Stücks Elystum. 2Z. Naive Erklärung, was Polizei ist. 24. Benserade's Aeußerung über Aerzte. 25. Georgs 11. Witzwort über den General Wolf. 26. Epigramm auf dieLeiche des Kardinal Ma u ry. 27. Naivetäte, sterbend. Sold. geg.d.RitterS ch e rt lin. 28. V 0 l t a i r e s Antwort in Versen an einen Bischof. 29. Zurechtweisung eines Schmarotzers. zo. Sarkastisches Wortspiel, d. Prinzen T... gesagt. 3i. S. M aimvn's Urth. üb.diekritischePhilosophie.

September/ 3° Tage. 1. Predigt des Pater Andre über das O. 2. Des Cardinals Alberoni Aeußerung überein Verbot B enedikt's xin. I. Fox Zurechtweisung seines Kochs. 4. Alberne Anzeige eines Arztes, in Ansehung der Heilung von Wahnsinnigen. 5. Wortspiel über die Aeußerung eineS Obersten. 6. I osev h's U.Wiywortand.KardinalM igazzi. 7. Todtenseier S ch w e r i n' s durch Jo se p h ir, per« anstaltet. 8. List Heinrich's iv.z um Beschwerde führende Geistliche zum Schweigen zu bringen. 9. SirJ. Cree's witzigerSvottinrengl. Parlament. 10. Witzige Replik eines Geistlichen an einen Edelmann. u.Die Sängerin zu Pferde. 12. Wortspiel der Sophie Arnould über eine Maitresse des Generalpachters Roll in. I;. K a r l' s II. Zurechtweisung eines Adiudanten. 14. Meinung d.Marq.delaF a rre v. gelehrt. Frauem 15. Erklärung eines Sprichworts über die Jesuiten. 16. Sarkasmen gegen einen Schauspieldichter. 17. Pope's Aeußerung über die Frauenzimmer. 18. Cticu'akterzus von X ü t en ne aus f. Knabenalter. 19. Alberne Aeuß. e. die Tiesdenkerin machenden Dame. 20. Sarkasmen üb. e. liter. Nachlaß d. Frau v. S t a el. 21. Alberüheit einer Schauspielerin, welche die Rolle der Gräfin Terzky machen sollte. 22. Treuherzige Aeuß. e.Frau üb. e. vertausch.Papagei. ' 2;. Witzwort über Concerte zum Besten der Armen. 24. Ettviederung d.Abbe v. Lav al gegen eine Neckerei. 25. Alberne Berfüg.e.Magistrats inAnseh. e.Prozession. 26. J.J.Roussea uS Auß.üb.d.Verbrenn.(.Schrift. 27. S. Johnsons Rath, zurVelehr. e. Ungläubigen. 28 - Alberner Aristokratismus des d e la I 0 b a r d i e r e. 29. Naivetät eines irländischen OberrichterS.

;o. CrebiNov's Witzwort auf dem Todbetre/

Oktober/ 31 Tage. 1. Friedrichs des Großen Unterredung mit d. Frau v. Naiöky u. d. Pred. G ö tzinger. 2. Frage eines ohne Trinkgeld gelaßenAl Bedienten. 3. Bericht des persts. Gesandten in London über ein dort g sehn es Battet. 4. Bergenne's Definition von Whigs u. Torus. 5. Garat's Urtheil über die Aufführung von Mozart's Don Juan in Paris. 6. Entschuld, e. z. Tode Verurth. üb. f. Verb rech. 7. Wortspiel eines Juden über Gutsbesitze. g. Empörende Schmeichelei eines Prälaten über Lndwig's des i4ten Verfolgung der Hugenotten. 9. Witzw. d. Gr. v. Buckingh a m üb. e. geist. Lord. 10. Anekd. aus denJugendj. H ei n rich's V. v. Engl. IT. 0. Jo önsoa 's witzige Anwendung einer Stelle aus dem Virgil auf Buchdruckereien. 12. Hochmuth eines Schornsteins, unter d. Galgen. 13; Nichtswürdige Schmeichelei des Arztes Fagon. 14. Che r on's Sarkasm. geg.d. Chev.D üvl e ssis. 15. Seguier's gemüthloses ttrt. üb. e. Trauerst 16. Bitt. Aeuß.Sedley's üb.Jakob il.v.Engl. 17. Eines Korsen Erklärung der sieben F auf s. Arm. 18. Wortst ü B u 0na p.inBet.d.Sch.a.,8-Skt. I8IZ. 19.Witzw. ü. e. M.rnn, d. im Alter ans. Verse zu machen. 20. Unterred.d.F. L.v. Lütz0w mit Mar. Theres. Li. De la Galaisis re Witzw. üb. Emporköml. 22. Politik des pabstlichen Hofes. 23. Quittung eines' Bagabonden über Vorspann. 24. Moliere's Scherz über seinen Arzt. 25. Entschuld. e.Accisedefraudanten mit e. Bibelstelle. 26. Neplik Ludwig's XIV. an den Pabst. 27. Karl' s XII. v. Schwed. Großmuth g. e.Fähn. 28. Sarkasmen e. franz. Herzogs über Aerzte. 29. Neue eines Finanzpächters. ;o. Lakonische Antwort eines Wilden. Ein Mb. Becher an Katharina n. geschenkt.

November/ 30 Tage. 1. D ans fr. des Volks geg. den ruf. Mai. Matwejeff. 2. C%itfe£öegemt>avt eines Knaben in der Schule. 3. Sarkasm.d.H.v.N emours üb.d.Hof Lud n>.xiv. 4. Freisinn«ae Replik einer Dame. 5. Stolz des Herzogs v. Pendome. 6. Charakterzng des Sonderlings Demarets. 7. 3av 110 tvi rf' $ Rache geg. die Einw. v. Lyon. 8. Verse in einer Fensterscheibe zu D ringelb urg. 9. Witz. Replik eines Kaplans an einen Dechanten. 10. 9?(livetat eines Tartars. 11. Lächerliche Uebereilung eines Handwerksburschen. 12. Sarkasm. e.vari .Buchhändlers üb.Constitutioncn. 13. Witzwort über eine galante Sängerin. 14. Neckers Zurechtweisung einer zudringl. Dame. 15. Lakonische Anrede eines türkischen Heerführers. 16. Ramcau auf dem Todbette. 17. Ignatius L 0 n 0 la' s Ordensregeln 18. Nosens in einer Ankündig, zu Washington. 19. H ei n ri chsiv.Soott üb.d.Devut. e. klein.Stadt. 20. Wortspiel über verlrehene Bücher. 21. Pred. d. Supernd. Am Ende vor Fried, n. 22. Epigramm auf die Aufführung der Hochzeit des Figaro. LZ. Sarkast. Vorschlag zur Bewirth, v. Landstand. 24. Charakteristische Aeußerung Ca lonne's. 25. Naiver Ausruf einer Wittwe frei'nt Begrabniß ihres Gemahls. 26. Des Geh. Raths Ancill0n Urth.üb.d.fr.Rev. 27. Verwechselung eines Kasekram. mit Kotzebue. 28. Wortspiel eines Reifenden in einem Wirthshause. 29. Replik auf die dummdreiste Frage eines Witz« lingö. 30. Witzwort über die Aerzte LaR 0 che und Ovier.

Dezember/ 3i Tage. 1. Witzwort über den Kardinal Ma-arin. 2. Wiizwort über die einfältige Lady Water, z. Wortspiel über einen Achselträger. 4. Replik des Kais. Maximilian an venet. Ges. 5. Elisabeth von England, an Zahnschmerzen leidend, und der Bischof v. London, Aylmar. 6. Guichard' s Epig.a.F a nn y R e au h a rn 0 i s. 7. F r. W i ls>. 1. auf b. Krankenb. u. s. Kammerd. $. Spott des Schauspielers Le Grand über ein Theaterstück von C a m p i str 0 n. 9. Plattn er's Definition eines Bürgermeisters. 10. Lakonische Antwort eines Oheims an sein. Neffen. 11. Boileau's Aeußerung auf dem Todbette. 12. Satyrischer Text zu einer Traurede. iz. Feine Bel.d.Dauph.durch d.H.v.Mo n ta nsier. 14. Malherbe' s Urtheil über seinen Neffen. 15. F ri ed r. d. Gr oß. Aeuß. geg die Gras. v. Nex. 16. Offenherzigkeit der Fürstin von Maine. 17. Naive Erklärung der deutschen Fürsten an die patstl. Ges. auf dem Naumburger Fürstentage. lg. Svott über ein Versprechen auf Cavalierparole. 19. Sarkasmen über einen Schmarotzer. so.Witzw.d.Mad.V e r a u l d ü.d.Mars.v.V i l le r 0 i. Li. Alberne Bittschrift eines franz. Landmanns. 22. Sarkasrnen des Lord Chesterfield über die Eigenschaften eines Statthalters von Irland. 2Z. Nached. Kard. v-Netz an d.Kard. Mazarin. 24. T rei Kabinetsordres F ri e d r i ch' s desG roßen an den Minister V. G örne. 2^. Gutherz. Compl. Mozart's an Joseph 11. 26. Ludwig xvi.in ein.ungewöhnlich leeren Kirche. 27. P o u ssi ns Witzw. ü.d.Eigensch. e. groß. Kimstl. 2g. CiNtar 0 sa s Erwied. auf c. grobe Schmeichelei. 29. Witzwort über eine ältliche Frau. 30. Dr. Henniker' s Definition d. Witzes, zi. Sonderbare Sitte in China, Schulden zu tilgen.

Zur Erklärung des Titelkupfers. Daß Spott und «ln wenig MediiÄnce die Würze der gesellschaftlichen Unterhaltung sind, wußte ZevS schon so gut, wie die elegantesten Damen in den ersten Zirkeln der feinen Welt, und deshalb wurde Momus an der olympischen Tafel des Donnerers, im Kreise der Götter und Göttinnen, der Svaßmacher. Nach diesem Muster wählten sich in frühe­ ren rohen Zeiten die Götter der E'.de ihre lustigen Räthe, die anfänglich', nach ihrem Vorbilde, statt .des Iokusstabes, ein Pritschholz in der Hand schwenk­ ten, bis, mit der steigenden Aufklärung und Bil, düng, erst dir Pritschhölzer, dann ihre Schwenker verschwanden, und als die Humanität immer größere Fortschritte machte, und sich der Mensch immer mehr der Sckilegelschen Definition näherte, gab cS keine Hofnarren und lustigen Räthe, im Wortverr stände, sondern nur noch der Sache nach, und end­ lich allein im umgekehrten Verhältnisse, indem jetzt einige Hungerleider, die nicht Lust haben, im Schweiße ihres Angesichts, wie es die Bibel gebietet, ihr Brod ehrlich m verdienen, sich lieber a!s Ziel, scheibe der mehr oder minder empfindlichen Zoppercien und Versoottungen ihrer hohen Gönner und Be­ schützer mit stoischem Gleichmuts- Preis geben.

Erklärung des Titelkupfers. Da der Olymp mit allen feinen Göttern und Göttinnen, Heroen und Heroinen, längst zerstört ist und nur noch in der schöpferischen Phantasie -er Dichter und in dem unfruchtbaren Gedächtnisse der Reimschmiede eristirt, so ist MomuS zur Erde herabgesttegen, und hat sich, entgöttert, herabgelas­ sen, unter dem Beistand eines Satyrs, die schau­ lustigen Kinder des Deukalion ««"> her Pyrrha zu belustigen. Er zeigt ihnen seinen Guckkasten, wo­ rin es Mancherlei zu sehen giebt, und daß seine Darstellungen nicht den -instand verletzen sotten, scheint er durch die darauf als Verzierung ange­ brachte Lener symbolisch anzudeuten; sie ist das At­ tribut der freundlichen und keuschen Musen. Der Thierkreis 1«ber^ und unter ihm spielt darauf an, das; er das ganze Jahr lang, Taa für Tag, stch dem Dienste der Auflreirerung widmen will, und wenn er, statt des Jokusssab.s, jetzt eine Knure in der Hand hat. so wird man darin seine Vereitwilligteir nicht verkennen, dem Zeitgeiste ;u huidigen. Diesem Instrumente verdankt die Menschheit zum Theil mit die Befreiung von fremdem Joche, und er hofft vielleicht, daß es in feiner Hand, die Sterb­ lichen von manchem Joche der Ztiorßcit, A bernhelt und Unstttlichkeit befreien ka n Ein verdien stlrcheS Werk, wenn es auch in dem bunten Gewände ge, schießt, das ein MomuS trägt; der Himmel gebe dazu seinen Segen:

Januar, 31

1320.

Tage.

a

In einer Neujahrsnacht hatte sich zu ¥ ¥ ¥ eine Gesellschaft versammelt^ um bei einer Bowle Punsch dem neugebornen Jahre ein frohes Lebehoch zu bringen. Belebt von dem geistigen Getränke und der heitern Unterhaltung/ beschlossen alle An­ wesende/ einem alten Freund F. . ./ gleich nach dem Glockenschlage zwölf, ihren Glück­ wunsch abzustatten. Vorher wurden jedoch noch ein Paar Fla­ schen Champagner geleert/ dessen Feuergeist in die Köpfe der Gesellschaft überging. Die Kalte war sehr groß und kaum wa­ ren die Mitglieder dieser Gesellschaft in freier Luft/ als ihre Stimmung sehr verschiedenA 2

I a nua r. 4 artig wurde. Mit vieler Mühe kamen sie zu F... 6 Haus. Sie traten in ein großes Zimmer/ fanden aber weder ihn noch seine Familie/ dagegen eine ältliche Frau nebst ei­ nigen schön geputzten jungen Mädchen. Von diesen auf das Höflichste eingeladen/ nahmen sie Platz. Man bot ihnen Punsch/ Wein und Chokolade/ auch mancherlei Gebackneö an. Sie wiesen diese gastfreundliche Vewirthung nicht zurück/ doch ihre Anstren­ gung/ wach zu bleiben/ war vergebens) endlich schliefen sie alle nach einander emDiejenigeN/ welche zuerst erwachten/ schli­ chen sich fort/ nur der Pfarrer 3E . . schlief so fest/ daß er erst bet Hellem Tage wach wurde. Jetzt erfuhr er/ daß sein Freund F . . . vor kurzem ausgezogen/ seine Wohnung aber eine Wittwe gemiethet/ deren Erwerbzweig es war/ bei sich heimliche verliebte Zusam­ menkünfte zu gestatten. X... war darüber höchlich erstaunt und bestürzt. Was sollte die Welt von ihm den­ ken/ wenn e6 bekannt würde/ daß er in einem

Januar.

5

übelberüchtigten Hause gegangen sey? Aber er faßte sich schnell/ indem er zu der Wittwe und ihren Gesellschafterinnen ging/ ihnen ei­ nen guten Morgen bei und mit der Aeuße­ rung: eine Ehre sey der andern werlh/ ihnen eine moralische Rede zum Antritt des neuen Jahres hielt. In dieser entfaltete er nun mit hinreißen­ der Beredsamkeit/ da sein Thema die immer mehr um sich greifende Sittenverderbnisi war/ alle die unselige Folgen eines wüsten Lebens mit solcher Würde und so herzerschütternd/ daß ihm die Matrone und die jungen Dir­ nen unter vielen Thränen gelobten/ sich zu bessern und ihrem verächtlichen Gewerbe auf der Stelle zu entsagen. X. . . verließ nun diese zweideutige Wohnung und eilte zu dem Superintenden ten. Dieser hatte schon durch einen dienst^ fertigen Angeber Kunde von dem Besuch des Geistlichen bei der berüchtigten Wittwe er­ halten. Was muß ich von Ihnen hören? sagte der Superintendent zu dem Pfarrer X . . .

6

Januar.

„Ew. Hochwürden/" antwortete dieser gefaßt: „ich habe betten/ welche nie dieKir,,che, um eine Predigt zu hören/ besuchen/ „den Text derbe im Hause gelesen." Der Angeklagte erzählte nun den Vor­ fall der Wahrheit gemäß; der Superinten­ dent überzeugte sich bald/ daß X. . / so sehr auch der Schein wider ihn war/ un­ schuldig sey/ und er kam mit einem väterli­ chen Verweise davon. 2. Ein Mann/ der eine untergeordnete Stelle bekleidete/ reichte bei dem Fürsten von * * * eine Bittschrift txn, in we eher er um den Rathstitel bat/ weil er sonst/ ohne diese Auszeichnung/ dazu verurtheilt seyn würde zeitlebens einHagestolz bleiben zu müssen. Der Fürst/ der diesen Grund für das) was er war/ für eine Beschönigung einer albernen Eitelkeit erkannte/ schrieb an den Rand der Eingabe: „desto besser/ wenn der

Januar.

7

Supplikant ledig bleibt/ so vermehrt sich „nicht dieRace der Narren;" und er wurde darauf abschlägig beschieden. oEin seines Glaubens wegen nach 5^olland geflüchteter Franzose meldete der Herzogin von Orleans/ Wittwe des Herzogs Philipp i. von Orleans/ interessante Neuigkeiten über die politischen Absichten des Prinzen von Oranien. Sie glaubte/ Ludwig XIV. einen Dienst zu leisten / wenn sie ihm ihre Nachrichten mittheile. Er nahm sie gut auf und sagte lhr dafür seinen Dank. Aber noch an dem nämlichen Tage äußerte er sich Abends ge­ gen sie mit Lachen: „Mes Ministres soutiennent, quc Vous ,,etes mal instruite, et qu’ori ne Vous a pas „ecrit un mot de ve'ritc. ”

(Meine Minister behaupten/ daß Sie falsch berichtet sind/ und daß man Ihnen auch nicht ein wahres Wort geschrieben hat.) Die Herzogin versetzte:

8

Januar.

„Le temps apprenclra, qui est le mieux „instruit, les ministres des Votre Majeste, ou „celui, qui m’ecrit; pour moi, mon inteDtion „a etc boiine, Sire!”

(Die Zeit wird es lehren/ wer am besten unterrichtet gewesen ist/ Ew. Maiestat Mi­ nister oder mein Korrespondent. Meine Absicht ist wenigstens gut gewesen/ Sire!) Bald darauf wurde e6 in Paris allge­ mein bekannt/ daß der König Wilhelm sich in England befände. Der Minister de Torci kam darauf eiligst zur Herzogin/ als sie bei dem König war/ und bat sie um Mittheilung alles dessen/ was man ihr über diesen Ge­ genstand geschrieben hatte. Sie antwortete if)\n aber kurz: „Je n’en ai plus; Vous avez assure le „Roi, que je ne recevois que de f'ausses nou„veiles; sur cela j’ai ordonne, qu'on ne m'en „ ecrive plus, car je n’aime pas k debiler de „fausses nouvelles."

(Ich habe nach der Zeit nichts weiter erfahren/ denn Sie haben dem Könige versi­ chert/ daß ich nichts als fatsche Nachrichten

I a rr u a v.

9 erhielte. Deshalb hab' ich verboten/ mir fer­ ner etwas zu melden/ denn ich lieb' es nicht/ falsche Nachricht zu verbreiten.) Er lächelte UNd sagte: „Vos nouvelles se „sollt trouvees fort bonncs.” (Ihre Nachrich­ ten sind doch sehr gut gewesen.) Die Prinzessin erwiederte darauf: „Un „ grand et habile Ministre doit en esset en „ avoir de plus süies que moi» et je me sais „bien mauvais gre, d’avoir donnc part au „ Roi, de celles que j'avois. Je devois m’etre „ressouvenue, que ses habiles Minitres savent „tout.”

(Ein großer und geschickter Minister muß deren allerdingSzuverlaßigere haben als ich/ und ich weiß es mir selbst wenig Dank/ daß ich meine Nachrichten dem Könige mitgetheilt; ich hätte hübsch bedenken sollen / daß seine klugen Minister alles wissen.) L u d w i g xiv. sagte darauf zur Herzogin: „Vcus Vou» nist resp”

moqucs donc de mes Mi­

(Sie halten sich wohl über meine Mi­ nister auf?)

IO

Januar. „Je leur rend, ce qu’ils mont prolc."

(Ich bezahle sie nur mit gleicher Münze/) gab sie zur Antwort. 4Der Doktor M . . .r war Armendoktor in * * *. Er hatte die Frau eines verarmten Bürgers in die Cur. — Einst/ da er solche lange nicht besucht/ auch auf einige mündliche Auffoderungen von Seiten der Tochter der Kranken/ nicht zu ihr gekommen war/ schrieb der Mann der Patientin an ihn/ und machte die Auffchrist auf den Brief: „An den armen Doktor Herrn M...r." 5Zu Neapel lebte ein Bailli des Mal­ teser -OrdenS/ der zugleich geitzig und prunklieben- war. Er hielt sich Pagen. Aber sie hatten keine Wasche; ihre letzten Hemden zer­ fielen in Fetzen. Die Pagen beklagten sich darüber bei dem Bailli. Er ließ seinen Haus-

Januar-

11

Hofmeister komme»/ und sagte in ihrer Ge­ genwart/ er solle nach seiner Eommenthurei schreibe»/ daß man dort Hanf säe/ um diesen jungen Herren Hemden zu machen- Die Pa­ gen lachten- „ Die narrischen Jungen!" sagte der Baiüi: „Wie vergnügt sie nun sind/ da „sie Hemden haben!" 6. Zwei junge Leute/in Berlin/ von ziem­ lich armseligem AcußerN/ kamen gegen Abend in die Gegend/ wo Droschken stehenBeide machten halt/und der Eine davo»/ der etwas zu viel getrunken zu haben schien, schlug vor/ sich in einer Droschke nach Haus« fahren zu lassen. Der Andere war eS zu­ frieden/ und wollte seinen Gefährten zu der Droschke führen. Dieser blieb aber mitten auf dem Steinpssaster im tiefsten Koth stehen und schrie: „Vorgefahren! Droschke/ vorge„ fahren!" Sein Kammern- stellte ihm das Alberne seiner Forderung vor und daß man leicht die drei Schritte zu der Droschke gehen könnte/

13

Januar-

aber hartnäckig bestaub der erstere auf seinen Wiste»/ im stolzen Selbstgefühl/ auch einmal vorfahren lasse» zu können. Der Fuhrmann der Droschke fuhr als» mitten auf die Straße. Bei'm Einsteige»/ glitt aber derjenige/ der auf das Vorfahren bestände»/ auf den überdies unbequem ange­ brachten Tritt auS/ und ssel in den Koth. Lachend hob ihn fein Begleiter auf und sagte: «Sichst d»/ Hochmuth kommt vor dem Fall.» 7Eine alte gebrechliche Dame/ die Fürstin von S - - - in B - - - hatte sich in den Prinzen Moriz von Nassau verliebt. Sie wurde ihm durch ihre Zudringlichkeit oft sehr lästig/ und da sie ihn mehrmals um sein Bildniß bat/so fragte er sie: Aber um'ö Himmels Willen, so sagen sie mir, was Ihnen an mir so sehr gefallt? «Ihr schöner Wuchs, Ihre zierlich ge„wölbte Schultern und Schenkel," war die

Antwort.

Januar-

»3

Sie wollen also ein Bild mit aller Ge­ walt in Lebensgröße haben? fragte der Prinz: gut/ ich werd' es malen lasse», sobald ich wieder in Holland seyn werdeNach einiger Zeit sandte er der Fürstin sein Gemälde aus Holland- Als es in B - - angekommen war, verbreitete sich sogleich die Nachricht davon, und Jeder war neugierig zu sehen, ob es ähnlich wäreWer Zutritt zu der Fürstin hatte, eilte zu ihr. Das Gemälde war noch nicht ein­ mal ausgepackt- Als es aufgerollt wurde, sah man den Prinzen von hinten. 8Passerat machte folgende Erabschrift auf sich: Jean Passerat ici sommeille, Attendant que l’Ange Vcveille. 11 croit qu’il se leveillcra Quant! la trompette sonnera. S'il saut que maintenant en la fosse je tombe Qui ai toujours aime la paix et le repos;

i4

Januar-

De peur que rien ne pese ä ma cendre, i mes os, Amis! de mauvais vers ne chargez pas ma tombe.

ES schlummert Passerat hier in der Erde Scho-S/ Und hofft/ ein Engel werd' ihn munter ma­ chen; Er bauet fest darauf/ er werd' auch einst erwachen Bei der Trompeten ersten Stoß. Itzt/ da ich endlich hier im Grabe wohne/ So bitt' ich/Freunde/ sorgt/ o sorgt dafür— Denn Ruh' und Friede galten über alles mir— Daß man mit schlechten Versen meine Gruft verschone. 9Zur Zeit als sich der Canzler Maupeou durch die Verbannung der Parlamente den all­ gemeinen Haß der Franzosen zugezogen hatte, verkaufte man in Paris unechte goldne Tressen, die dem Aenßern nach, wie echte aussahen/ für

Januar.

i5

einen sehr geringen Preis, und man nannte sie zum Unterschiede Galons ä la Chanceliere. Warum das? fragte Jemand. „Weil Ne falsch sind und nicht roth wer­ den/" versetzte ein Spötter. io. Ein Subalternofssziant bei einem Lan­ des -Collegium, der viele Jahre gedient/eine sehr zahlreiche Familie hatte und durch kost­ spielige Krankheiten unverschuldet herunter gekommen war/ erhielt/ auf den Vorschlag deSCHest der Behörde/ von dem Finanzmini­ ster * * * eine Zulage. Alle seine Mitarbeiter sahen darüber sehr scheel und baten nun bei dem Minister eben­ falls um Zulage. Sie erhielten, auf zwei Eingaben, abschlägigen Bescheid; sie beru­ higten sich aber dabei nicht, und stellten in einer dritten Eingabe, vor, wie der Begün­ stigte nichts mehr geleistet habe, als sie, und setzten zugleich sehr weitläuftig auseinander: wie viel und mit welchem Eifer und Fleiß sie ihrem Dienst sämmtlich Vorständen.

16

Januar.

Der Minister antwortete darauf blos: Apostel-Geschichte/ 16. Capit./ 31. VerS. 11. Ein Mädchen von etwa sechszehn Jahren ging nach der Post und gab einem die Briefe in Empfang nehmenden Postftcretar einen Brief ohne Aufschrift: Nun/ an wen soll der Briefdenn geschickt werden? fragte der Secretar. Daö Mädchen erröthete und versetzte: „ach/ das möcht' ich nicht gern wissen lassen." Ja/ mein £mb/ dann nehmen Sie nur den Brief zurück/ ohne Aufschrift kann ich ihn nicht annehmen. „Nun/ wenn Sie es doch wissen müssen/ „er ist an meinen Liebhaber." Bei diesen Worten wollte sie sich entfernen. Halt! Das geht nicht. Wie heißt denn der Liebhaber? „Ei/ das möchten Sie auch gern wissen? „Nein/ nein! das sag' ich nicht-" und eiligst lief sie davon.

Januar.

l7

12.

Voltaire und Piron hatten einst ei­ nen sehr lebhaften Streit gehabt. Letztrer/ der sich am meisten beleidigt fühlte/ lief den an­ dern Tag zu ersterem/ und schrieb mit Kreide an die Thür: Schurke (Coquin); Voltat re/ der gerade in der Nähe der Thür tW/ hörte ein leises Geräusch an derselben/ und da er sie öffnete/ bemerkte er Jemanden/ der eiligst die Treppe hinab sprang. Er ging an'6 Fenster/ und entdeckte von dort auS/ daß Piron sich hastig davon machte. Einige Stunden nachher ging Voltaire zu Piron/ der durch diesen Besuch sehr überrascht wurde. Er war so verlegen/ daß er kaum die Worte stammeln konnte: Ach! ganz gehorsamer Diener/ Herr von Voltaire. Wie komme ich zu dem unschätzbaren Glücke/ mich mit Ihrem Besuche beehrt zu sehen? — „ Ganz gehorsamer Diener!" antwortete Vol­ taire: „Ich habe diesen Morgen Ihren „Namen an meiner Thüre gelesen/ und halt' „e6 daher für meine Schuldigkeit/ Ihnen „meinen Gegenbesuch zu machen."

*3Der General Franeichetti hatte sich an den König von Neapel Joachim (Mürat) bei seinem letzten tollkühnen Wagestück/ an­ geschlossen. Nachdem solches ganz gescheitert war/ flüchtete sich Franeichetti in die Gebirge von Calabrien. Hier lebte er lange verborgen/ aber/ da ihm ein so unsicheres Da­ seyn zu peinlich ward/ stellte er sich zu An­ fang deö Sommers im I. iZ. 6 freiwillig vor die obrigkeitliche Behörde zu C o se n z a. Diese ließ ihn verhaften und machte davon höheren OrtS Anzeige. Der StaatSrath war der Meinung/ dag es einen tiefen Eindruck im ganzen Lande machen würde/ wenn man einen Mann/ der sich als General so ausgezeichnet hätte/ strenge bestrafte/ und daß man ihn also vor ein Kriegs­ gericht stellen müßte. Dieser Beschluß wurde dem König von Neapel Ferdinand IV. zur Genehmigung vorgelegt- Er schrieb aber an den Rand des diesfaüigen Berichts eigen­ händig: „Der Schuldige/ -er sich freiwillig stellt/

Januar.

i9

„vertraut nicht der Gerechtigkeitliebe/ son„dem der Milde des Regenten. ES ist kein „Grund vorhanden/ ihm den Prozeß zu ma„chen. Er kann sich nach Sicilien zurückziehen." *4Herr Dr. H . . . wollte eine Geschichte aller deutschen Schriftstellerinnen ausarbeiten. Er hatte dazu bereits manche Materialien ge­ sammelt; und da ihm das Ordnen dieser No­ tizen zu mühsam fiel/ iD bat er seinen Freund M-../ sich diesem Geschäft zu unterziehen. Dieser war dazu erbötig/ und H . . . sandte ihm die Handschrift. Als M . . . sie durchgesehen hatte/ schickte er solche anH... mit dem nachstehenden lakonischen Billet zu-rück: „Ich samt mich/ nach näherer Erwägung „aller Umstande/ nicht darauf einlasien/ die „versprochene Arbeit zu übernehmen. Sie „erhalten daher/ werthester Freund/ Ihr „Manuscript zurück/ aber/ wenn Sie ein „ Motto mrf den Titel setzen wollen/ so schlage

20

Januar.

„ich Ihnen dazu das italienische Sprichwort „vor: Gott bewahre Jeden vor einem Anfän­ ger auf der Geige/ vor einem bösen Nachbar „und vor einem Frauenzimmer/ das lateinisch „ spricht. ” I5Der Abbe von Vatteville/ Bruder des französischen Gesandten am Londner Hofe/ war anfänglich Oberster unter dem Regiment Burgund/ imDienste des Königs von Spa­ men Philipps 1VV m er sich auszeichnete. Mißvergnügt über Zurücksetzung/ verließ er den Dienst und ward Karthäuser. Nach abge­ legtem Gelübde mißfiel ihm seine Einsamkeit. Er suchte sich von seiner Familie Geld zu ver­ schaffen/ ein Vertrauter verhalf ihn dafür zu einer vollständigen bürgerlichen Bellcidung/ einem Degen und einem Paar Pistolen. Nun kleidete er sich einst des Nachts uw/ und ging in den Garten des Klosters/ um von dort ui entwischen. War es nun Zufall oder Arg­ wohn -j der Prior kam auf ihn zu. Vatt e-

Januar.

21

vill e besann sich keinen Augenblick/ er zog seinen Degen'/ erstach -en Prior/ und stieg über die Gartenmauer/ wo er sein Pferd in Bereitschaft fand. Er schwang sich hinauf, jagte davon und hielt nicht eher an/ als bis er sein Pferd nothwendig verschnaufen und füttern lassen mußte. Es geschah dies in einer abgelegenen Schenke. Er ließ eine Hammelkeule und ein anderes Stück Fleisch an den Spieß stecken/ den ganzen Vorrath des Wirthshauses. Kaum hatte er angefangen, zu essen, als ein Reisender eintrat. Die Wirthin versicherte diesem, daß sie alles Eßbare dem früher eingekehrten Reuter bereits vorge­ setzt, sie zweifele aber nicht, daß solcher die Mahlzeit mit ihm theilen würde. Vatteville behauptete jedoch, daß sie für ihn nicht zu viel sey. Der Streit darüoer wurde leb­ haft und der Neuangekommene bemächtigte sich einer der Schüsseln. Vatteville, der sie ihm nicht entreißen konnte, zog ein Pistol hervor, schoß den Fremden durch den Kopf und legte dann das andere Pistol auf den

22

I anua v.

Tisch/ mit der Drohung/ es mit der Wirthin und einem Knecht/ die auf den Lärm her­ beigelaufen waren/ eben so zu mache«/ wenn sie ihn nicht mit Ruhe essen ließen. Hierauf machte er sich aufs eiligste davon/ und nach manchem Abentheuer begab er sich endlich in die Staaten des Grossultans/ wo er zur türkischen Religion überging/ Dienste erhielt und sich so hervorthat/ daß er Pascha wurde und das Gouvernement einiger Plätze in Morea bekam/ gerade in der Zeit/ wo die Ven etianer mit den Türken dort in einen Krieg verwickelt waren. Dieser Umstand brachte ihn auf den Ge­ danken/ sich eine sichere Rückkehr in sein Vaterland auszuwirken. Er trat in geheime Unterhandlung mit den Venetianern/ die ihm zu Rom die Absolution von seinem Abfall/ seine Secularisation und eine ansehnliche Pfründe in der Grafschaft Burgund auswirk­ ten/ wofür er ihnen einige unter seinem Be­ fehl stehende Platze überlieferte. Da er in dem Augenblick nach Burgund zurückgekehrt war/ als Ludwig xiv. den

Januar.

Lz

Krieg dorthin gespielt hatte/ leistete er Frank­ reich so wesentliche Dienste/ daß er besondere Gnadenbezeigungen erhielt. Nach Erledigung des ErzbithumSin Besan^on/ verlieh ihm der König solches; der Pabst fand es jedoch etwas anstößig/ einen Mann, der öffentlich als Abtrünniger/ Rene­ gat und Mörder bekannt war/ zum Erzbischof zu erheben und verweigerte die Bulle. Vatteville mußte sich mit zwei guten Abteien und der Oberdechantenstelle zu Besan^on begnügen. Er lebte dort auf einen sehr ho­ hen Fuß/ hielt sich eine Jagdequipage/ eine köstliche Tafel/ und besuchte von Zeit zu Zeit das Karthäuserkloster/ auS dem er entsprun­ gen war/ um die Bekanntschaft mit denen/ die noch von seiner Zeit her darin Übten, zu erhalten. Er starb endlich 1700 in einem Alter von mehr als neunzig Jahren. DücloS/ der diese Anekdote erzählt/setzt sehr naiv hinzu: „So viel trägt Ruhe der Seele und ein „gutes Gewissen zur Gesundheit bei!"

24

Januar. x6.

Watson/ ein sehr reicher Mann/ Oheim des Lord R o ck i n g h a m / bat/ als er auf dem Todbette lag/ seinen Arzt Larkham, ihm ein Hemde zu reichen/ welches sich in einer Schublade befand/ auf die er hinwieß. Wo denken Sie HM/ sagte Larkham: daß Sie in tiefem Augenblick das Hemde wechseln wollen? „ Man hat mir gesagt/" antwortete W atfon: „mein Hemd werde denjenigen anheim­ fallen/ die mich begraben werden; nun ist „das Hemd/ welches ich anziehen will, alt und „zerrissen/ also gut genug für diese Leute." 17Der Oberforstmeister von *** erstattete einst einen sehr vortheilhaften Bericht über den Zustand der Forstm seiner Provinz an Friedrich den Großes!. Der König hatte schon andere richtigere Nachrichten über diese Forsten/ er antwortete also dem Berichterstatter: „Mein

Januar-

a5

„Mein lieber Oberforstmeister von * * *! „Er schreibt mir ja da ganz herrliche Sa„chcn von Seinem Departement! Ich verss,, d)tre Ihn, daß wenn auch nur die Hälfte .,von allem dem wahr ist, ich dennoch bin „ Sein „ wohlaffectionirter „Friedrich." i8Als der Kardinal Mazarin merkte, daß der Herzog von Orleans Philipp i. mehr Geist und Eifer verrieth, sich Kenntnisse zu er­ werben, als fein Bruder Ludwig XV. so be­ fahl er dem Lehrer des ersteren, de laMotte le Bayer, feinen.Zögling weniger Unterricht zu geben, und ihn zum Spielen aufzumuntern. Er sagte bei dieser Gelegenheit die merkwür­ digen Worte: „ De quoi Vous avisez Vous, Monsieur „de la Motte le Vayer, de faire un habile „komme du freie du Roi? S’il devenoit plus „savant quc le Roi, il ne sauroit plus ce ,, que c’est, qu'obeir aveuglement,"

rgro.

B

26

Januar.

(Was fallt Ihnen ein/ Herr de la Motte le Bayer/ aus dem Bruder des Königs einen geschickten Menschen zu machen? Wenn er klüger würde/ als der König/ so würde er bald verlernen/ blindlings zu gehorchen.) ,9Der Großherzog von Sachsen Weimar/ Karl August/ wurde als Knabe auf eine sehr liberale, auf richtige Grundsätze der Pä­ dagogik gegründete Weise erzogen. Seine Gespielen waren Kinder aus allen Ständen. Einst wurde von diesen die Frage aufge­ worfen/ was jeder von ihnen werden wolle? Der Eine wählte den Hofrath, der An­ dere den Schumacher/ der Dritte den Kauf­ mann. Nun kam die Reihe an.den Prinzen, der nicht wenig in Verlegenheit war/ welche Wahl er treffen sollte. I/ -er hat gut wählen / fing Einer an: der wird doch einmal nichts anders/ als ein Herzog. „Ist das nicht ein wunderliches Gerede," fiel der Prinz ein: „als wenn ich gerade

Januar.

27

..werden müßte/ was mein Vater war; ich „kann ja eben so gut ein Schuster oder Kauf­ mann werden/ als einer von Euch." 20. Der englischeMatroft Archibald Camp­ bell kam auf seinen Seereisen/ wo er in Indien durch Krankheit beide Füße verlor/ auch nach den Sandwich-Inseln. Der König Tamaahmaah und seine Gemahlin kamen an Bord des vor Anker liegenden Schiffes. Da die Königin bemerkte/ daß Camp­ bell keine Füße mehr hatte/ zeigte sie viel Mitleid/ und auf die Aeußerung des SchiffshauptmannS/ daß derselbe auf der Insel zu bleiben wünsche/ machte sie ihm den Vor­ schlag/ in ihre Dienste zu treten/ und äußerte große Freude darüber/ daß er dieselben an­ nahm. Während der ganzen Zeit/ daß Camp­ bell sich bei dem König und der Königin aufhielt/ bezeugten sich beide sehr gütig und sogar großmüthig gegen ihn. B 2

28

3 a ri u a v.

Nach Verlauf von mehr als einem Jahre begab sich erst Campbell am Bord eines englischen SchiffS/ welches in Owyhee ge­ landet war. Hier machte der Anblick von Europäern ein so heftiges Verlangen nach dem Vaterlande in ihm rege/ daß er dem­ selben nicht widerstehen konnte/ und .um seine Entlassung bat. Dem Könige that eS zwar sehr leid/ in ihm einen treuen Diener zu verlieren/ nach­ dem er sich aber überzeugt hatte/ daß sein Entschluß keineSwegeS aus Unzufriedenheit mit seiner Lage veranlaßt worden/ so erklärte er ihm/ wenn er Lust habe/ zu reisen, so siehe eS ihm freiZugleich trug er ihm auf/ bei seiner Rück­ kunft nach England dem König Georg seine Empfehlung zu machen. Campbell ent­ gegnen/ daß er den König nicht kenne noch ihn jemals gesehen habe. Dies schien den König TamaaHmaah sehr zu befremden; noch höher stieg aber sein Erstaunen/ als Camp bell hinzusetzte/ gar

Jan« a r.

29

vielen seiner Landsleute sey jene Ehre cbm* falls noch nie zu Theil geworden. „Wie kann denn?" fragte Tamaahmaah: „der König Georg Streitigkeiten „zwischen Unterthanen schlichten/ wenn er „diese nicht einmal kennt?" Der König läßt sich in solchen Fällen die Sachen durch seine Räthe vortragen/ ant­ wortete Campbell. Tamaahmaah schüttelte darauf be­ denklich den Kopf mit der Aeußerung: „Pflich„ten von solcher Art kann niemand so gut „erfüllen/ als ein König selbst." 21.

Frau von Longueville mußte auf ei­ nige Zeit Paris verlassen/ um ihrem Gemahl nach der Normandie zu folgen. Hier hatte sie die tödlichste Langeweile. Als sie sich darüber in einer Gesellschaft beschwerte/ sagte der Herr von D ... zu ihr: „Aber/, gnädige Frau/ wenn die Lange--

5o

I anua r.

weile Sie so schrecklich plagt/ so sollten Sie sich einigen Zeitvertreib machen. ES giebt hier gute Jagdhunde und herrliche Forsten/ wollen Sie nicht Jagdpartien mitmachen? „Nein/ ich liebe die Jagd nicht." So würde ich Ihnen rathen/ irgend eine weibliche Arbeit anzufangen. „Ich liebe das arbeiten nicht." Warum gehen Sie denn nicht spazieren und machen ein Spiel? „Ich liebe weder das Eine noch das Andere. ” Was wollen Sie denn? „Was soll ich Ihnen darauf antworten? „Kurz und gut/ ich bin keine Freundin von „unschuldiger» Vergnügungen." 22.

Ein Bekenner des mosaischen Gesetzes zu * * * wurde in einem Rechtshandel vor Ge­ richt geladen. Da er die innere Ueberzeugung hatte/ -aß er nicht ganz schuldlos sey/ so wollte er

I a n u a v.

31

einen Versuch machen/ -en Rath/ welcher ihn vernahm/ durch ein Geschenk zu gewinnen. Wahrend der Protokollführer seine Aus­ sage niederschrieb/ zog er ein Goldstück aus der Tasche/ wickelte eö in ein Stückchen Pa­ pier/ so daß eö der . . . Rath sehen konnte und machte nun den Versuch/ eö ihm still­ schweigend in die Hand zu stecken. Der Rath/ darüber empört/ schleuderte die Hand deö Israeliten mit Heftigkeit zurück/ daß das eingewickelte Goldstück zur Erde fiel. Ohne die Fassung zu verlieren/ hob eö der Israelit auf und steckte eö gelassen wieder in die Tasche. Nach beendigter Vernehmung wurde der Vorgeladene entlassen. Der Rath aber machte sogleich eine Anzeige von dem Vorfall bei dem Kollegio zur weitern Verfügung. Eö wurde deshalb eine fiftalische Unter­ suchung angeordnet und der Angeklagte vor­ geladen! Er erschien/ und als ihm der obener­ wähnte Vorfall vorgehalten wurde/ sagte er/ ohne im mindesten außer Fassung zu kommen:

3*

I a ir u a r.

„Gott behüt'/ '6 ist mir gar nicht eingefal­ len/ Len Herrn Rath .. . bestechen zu wol­ lten! — ES war sehr heiß/ da offerirt ich „dem Herrn einen Bonbon; er schlug ihn „mir aus -er Han-/ ich nahm ihn wieder „aufund steckte ihn zu mir." Standhaft beharrte er auf diese Behaup­ tung/ und da das Gegentheil ihm nicht ju­ ristisch erwiesen werden konnte/ wurde er ab instantia absotvirt. 23

Wenn der Herzog von Choiseuil mit einem Posthalter zufrieden war/ oder ihm dessen Kinder gefielen/ so fragte er ihn ge­ wöhnlich : wird von hier bis zur nächsten Post­ halterei eine/ oder eine und eine halbe Sta­ tion gerechnet? Erhielt er die Antwort: nur eine/ so sagte er: „Gut/ künftig soll eö eine „und eine halbe seyn." Eine wohlfeile Art/ sich auf Anderer Ko­ sten großmüthig zu zeigen.

I anua v.

55

*4Der Herzog von Ossuna hatte eine hübsche pariser Schauspielerin zurMaitresse. Seiner? Gemahlin blieb dies kein Ge­ heimniß; eifersüchtig beobachtete sie ihren Gemahl nun sehr genau. Einst erfuhr sie/ daß er bei einem Kaufmann einen sehr rei­ chen theuren Stof für die Schauspielerin ge­ kauft hatte/ doch ohne daß der Kaufmann wußte/ für wen er ausgewählt worden sey. Die Herzogin ließ den Stost im Namen ihres Gemahls von dem Kaufmann abfodern und sich davon ein Kleid machen. Als sie es vom Schneider erhalten/ zog sie es an/ ging zu dem Herzoge und fragte ihn: „Finden Sie dies Zeug nicht ganz köst­ lich ?” Der Herzog/ höchst empfindlich über die­ sen Streich/ antwortete bitter: Ja/ das Zeug ist gut/ nur ist es schlecht angewendet worden.

34

Januar-

„Das sagt die ganze Welt auch von mit4/’ versetzte die Herzogin. 25.

Der Fürst Esterhazy war einst mit sei­ ner Kapelle unzufrieden und wollte sie ab­ schaffen. Sein Kapellmeister/ Haydn/ componirte eiligst eine Simfonie/ in welcher eine Stimme nach der andern aufhörte/ so daß der Contrebaß die letzten Takte ganz al­ lein zu spielen hatte. Beim nächsten Conzert führte er ganz unerwartet diese Simfonie vor dem Fürsten auf/ und jeder von der Kapelle mußte/ so­ bald er den letzten Takt von seiner Partie ge­ spielt hatte/ das Licht auf seinem Pulte aus­ löschen und davon gehen. So saß der letzte Contrebassist vor seinem Pulte endlich mit einem Lichte ganz allein/ und als er feine wenigen Takte gespielt hatte/ löschte auch er sein Licht ebenfalls aus und schlich davon. Den Fürsten rührte dieS/ da er den Sinn davon gleich errieth/ und er beschloß/ die Mu­ siker in seinem Dienst zu behalten.

Januar.

35

Nun componirte Haydn eine Simfonie/ in welcher Eine Stimme anfängt/ und die anderen nach und nach mit eingreifen. Bei der Aufführung zündete jeder erst sein Licht an/ wenn er anfangen mußte zu spie­ len/ bis das ganze Orchester erleuchtet war. 26. Ludwig XIII. sah sich einst im Spiegel und entdeckte viele graue Haare. „Ich glaube wirklich," sagte er: „daß „ich diese grauen Haare von den vielen Re­ ißen bekommen habe/ die man mir seit mei„ner Thronbesteigung gehalten hat; haupt„ sachlich sind die langweiligen Reden des „. . . daran Schuld." 27. Isaak VossiuS/ der letzte von den Söhnen des berühmten Gerhard Johann Vossius ging von Holland/ wo er in Ley-

- err 161g geboren worden nach England und ward dort Kanonikus zu Windsor. Isaak BossinS hatte ent anßcrordet­ liches Gedächtniß/ aber eS gebrach ihn: an Beurtheikungskraft. Er glaubte die abentheuerlichsten Märchen/ die ihm Reisende er­ zählten/ dahingegen hegte er über alle Ge­ genstände der Offenbarung Zweifel. König Karl ii. von England sagte von ihm: „Dieser Theolog ist ein höchst sonder­ barer Mensch; er glaubt an alles/ nur „nicht an die Bibel-" 28. Der Tonkünstler Andreas Philidor/ ein vortreflicher Harmonist/ stand im Ruft/ wenig Geist zu haben. La Borde/ einer seiner größten Be­ wunderer/ hörte ihn bei einem Gastmahle viel Plattes schwatzen. Pötzlich fiel er ihm in's Wort und sagte:

Januar.

57

„ Voyez cet homme-lä! II n’a pas le „Sens commun! c*est tont gcniel”

(Sehen Sie den Mann da! Er hat nicht gesunden Menschenverstand/ er ist ganz Genie." 29Ein junger Pariser/ der nie außer­ halb der Barriere dieser Hauptstadt gekominen war/ mußte einst, in Aufträgen von seinem Vater/ nach Lyon reisen. Als er dort mit einem Man»/ an den er empfohlen war, am Quai spazieren ging/ kragte er ihn: „wie heißt das Wasser/ das „ hier stießt? Es ist die Rhone. „So? — In Paris nennen wir'S die „Seine." Sein Begleiter belehrte ihn nun eines Bessern. Einige Tage darauf sagte er die­ sem: er werde nun nach Straßburg rei­ ft». Da werden Sie den Rhein kennen lernen-



Januar.

„Das ist miv lieb/" versetzte er: „so „lern' ich nun auch den Fluß kennen/ der „so gute Weine liefert." 30. In einer kleinen Stadt wurden von ei­ ner herumziehenden Schauspielergeseüschaft theatralische Vorstellungen gegeben. Die Truppe war höchst elend/ die Deeorationen und Garderobe armselig/ die Vorstellung gab man auf einem Boden des Rathhaufts. Einer von den Honoratioren der Stadt wollte seinem Sohne/ einem Knaben von vierzehn Jahren, der noch nie ein Schau­ spiel gesehen hatte/ eine Freude machen; er schenkte ihm also ein Einlaßbillet. Der Knabe kam auf solches in der Nahe des Orchesters/ gerade dicht hinter dem Loche zu stehen/ wo der Soufleur saß. Die Vor­ stellung begann; da aber die Schauspieler und Schauspielerinnen fast sämmtlich ihre Rollen sehr schlecht memorirt hatten/ so las der Sousieur überlaut.

Januar.

39

Als nach beendigter Darstellung der Knabe zu Hause kam/ fragte ihn der Vater/ wie ihm die Sache gefallen habe? „Ganz und gar nicht/ lieber Vater! — Es ist ja nur ein einziger kluger Mensch dabei/ der muß den andern dummen Teu„feln alles vorsagen." 3i. Die Königin von Schweden Christine setzte nie eine Nachthaube auf/ sondern um­ wickelte ihren Kopf mit einer großen Ser­ viette/ wodurch ihr an und für sich schon nichts weniger als hübsches Gesicht eine un­ förmliche abschreckende Gestalt erhielt. Einst konnte sie nicht schlafen/ sie befahl also/ daß man vor ihrem Bette Musik machen mußte. Die Vorhänge waren dicht zugezogen; als ihr aber die Musik un­ vorzüglich der Gesang eines Kastraten sehr gefiel/ hob sie sieb in dem Bette empor/ steckte den Kopf plötzlich durch die Vorhänge

4o

I anua v.

und schrie: „ Mort - Diable! qu3il chante (Alle Teufel! was fingt der schön!) Der Sänger sowohl/ als die übrigen Ita­ liener/ so wie die Musiker/ erschraken so sehr über diese Erscheinung/ daß/ mitten in der Musik/ eine Pause entstand und die ganze nächtliche Unterhaltung ein Ende hatte. bien!”

Februar, s 9 Tage.

*5V«tj nach Kantö Tode foderte der Ka­ pellmeister Reichard Deutschlands Dichter auf/ ihm eine Trauerkantate zu Ehren des großen Philosophen zu verfertigen/ die er dann eomponiren wollte/ weil etf seit er ans das Absterben Friedrichs des Großen eine Trauermusik verfertiget/ nicht einen solchen Drang gefühlt/ etwas in Musik zu setzen. Dies veranlaßte damals einen witzigen Kopf zu nachstehendem Vorschlag. „Kant war/ wie man weiß/ der Musik „gar nicht hold. Er behandelt sie in der „ Aesthetik ziemlich frostig und wirft ihr die „Aufdringlichkeit vor. Er sagt: von einem „Bilde kann ich wegbleiben/wenn ich'S nicht

gebt4 u a v. 44 „sehen mag/ aber die Musik/ in deren Nahe „ mich der Zufall führt/ muß ich wider mei„nen Willen hören/ so wie ick wider meinen „Willen den Wohlgeruch genießen muß/ „wenn jemand sein parsümirteü Schnupftuch „aus der Tasche zieht. ES ist also sehr groß„müthig/ waöHerr Reichardt thun will." „Recht gelangt daher die Idee nicht ans „Herz. Der Himmel mag wissen, woran es „liegt. Man fühlt dunkel/ daß im Text al„les Poetische/ und auch wieder alles Pro„saische/ in der Musik aber alleS/ was man „Ton nennt/ vermieden werden müßte/ um „nicht fatsche Wirkungen zu erzeugen; denn „wahrlich/ so sehr wir das Andenken des „tiefsten Denkers feit Pythagoras verehren, „ so sehr wir wünschen mögten, es würde ein „Pantheon der Deutschen erbaut, und zuerst „durch seine Asche verherrlicht, wo ein Hic „ cineres uinqiie fama mit Recht glaNZeN „könnte — denken wir UNS/ daß an seinem „Katafalk eine Schick ihre Cavatine zaubert, „ein Möser, ein Tausch obligate Meister„ werke liefern, so zerffattert jedes erhabene

F c b •; u a r-

'

45

„Bild- Mit allem Erfolg sind die Musen „anzustellen am Grabe des Helden, des Dich„ters, des fühlenden Welfen, aber Ver„nunftkritik, Moralpuriemuö, hätten selbst „Catull um eine Nänie verlegen gemacht." „ES sey jedoch erlaubt, eine Vorempssn• „ düng dcS Genußes zu versuchen, bei wel„cher HcrrRcichardt unstreitig viel leisten „wird." „Wenn zum Beispiel die Moral als „mentorische männliche Personifikation von „Herrn Fischer ausgeführt würde, und et„ wa in einem Rezitativ klagte: „Die Tugend rief: um meiner Schönheit Witten, ..Wie Leibnitz dort cs räth, „Ward noch kein Saamkörnlein auf mein Gesild gesät, „ Will denn kein Mensch den Trieb nach mei­ nen Reitzen stillen? „Wird niemals solche Gluth im Herren an­ geweht? — „Kant sprach: wer wird um Schönheit buhlen, „ Empyrifch-egokst'sche Schalen I —»■

46

Februar. „ Der Sbjectiver Neine rief „Den cathegorischen Imperativ!"

„Die letzte Zeile könnte behandelt wer„deN/ wie Gluck'6 Notre general vous ra„xelle oder Haydn'6: ES werde Licht. „Da gäbe denn freilich eine Totalität der „Instrumente neben Fischers kräftigem Baß „ einen gewaltigen Effekt. Wenn er nur nicht „dadurch gestört wird/ daß über dem Jmpe„rativ schon so viel Spaß getrieben wurde." „Die transzendentale Wissenschaft erscheint „vermuthlich als eine Espece von Urania. „Sie wird dann wohl in einem Akkompagne„ment das schwierige Durchdringen deSWis„senschaftSdiensteS zur Wahrheit malen. Lo„ gische und kritische Prologomena/ luftige „Hypothesen und ihr Fall/ streitende Antino„mien und Postulate können Gelegenheit zu „sehr charakteristischen Musiksätzen geben. Bei „allem/ was Postulat heißt/ kann Herr Rei„chardt schon die Sordine mit Erfolg brau„chen. Ueberall befriedigen- müßte es aber „ seyn/ wenn es zuletzt hieße: A

Februar.

47

Kant schloß ihn auf den Tempel un­ sers Lichts,

„was volltönige seelenhebende Akkorde beglei­ teten — 6 und zeigte uns, wir wissen —

„DerGedankenstrich müßte eine/dasEr„ warten nach Auflösung spannende Dissonanz „ enthalten/ die regelwidrig und höchstneu zur „Generalpause schritte/ wobei die Stimme „das sich auf Lichts reimende Wort/ was „unser transzendentales Wissen aussprechen „soll/ verschluckte. Welche Wirkungl. „Ein zweistimmiger Chor zwischen der „critischen Philosophie und dem Zeitgeist „wäre noch anzubringen. „Erstere könnte fragen: „Wenn mir der Tod „Das döse Jena droht, „Wer ist mein Retter?

„und der Zeitgeist erhaben respondiren: „ H err Ki esew etter:

„Da in dem Namen Kiesewetter oh„nehin etwas pompöses, man möchte sagen, „dynamisches liegt, so läßt sich denken, wie

48

Februar.

„Reichardtsche dynamische Trompeten und „Pauken daö verherrlichen werden." „ Die Soprane anzustellen/ und sonst auch 7, nicht mehr als billig/ müßten die gelehrten „Damen eine Parthie bekommen. Da könnte „in einem zarten Siciliano Herrn Rern„hold für die Popularisirung gedankt wer„den/ die allgemein gültige Maxime die Har„monie viel und glücklich beschäftigen/ die „Tugendhaften/ womit uns die reine Moral „so häufig versehen hat/ die stattlichsten Tut„tiö und Fugen liefern." — „Aber hier nicht zu scherzen/ mahnt das „Gewissen. Wohl wahr; daß man indessen „darauf fallen kann/ belegt das Unpassende „der Unternehmung. Wir rathen daherHerrn „Reichardt/ den Dichter um einen Text „ohne Poesie und Prosa zu bitten/ und in .„seiner Composition alle Tone zu vermei„deu." 2. Wenn die Italiener um Regen beten/ imd zu viel erhalten/ so sagen sie: der liebe Gott

Februar-

49

Galt ist gut; er ist zu gut- — Ein Denetianer wollte einst einen Versuch machen, zu reiten, und bat die Jungfrau Maria, ihm beizustehen. Er machte einen kräftigen Satz, als er das Pferd bestieg und flog über den Sattel. „Unsere liebe Frau," sagte er, indem er mit Mühe sich wieder aufrichtete: „ hat mir „ein wenig jii viel geholfen." 3In einer kleinen Stadt in England wurde vor zehn Jahren eine Frau durch einen An­ fall vom Schlage der Sprache beraubt. Ein zweiter Anfall gab ihr den freien Gebrauch ihrer Zunge wieder. Ihr Mann ward durch dieses Ereigniß so betroffen, daß er plötzlich stumm wurde. 4Der Marschall von Villeroi, Lud­ wig XV. Gouverneur, pflegte zu sagen: „Man muß den Ministern, so lange sie 1820. C

6o

Februar-

„am Brct sind, den Nachltopf halten, und „ihnen solchen über den Kopf gießen, wenn „sie eö nicht mehr sind." '. „WaS auch für ein Finanzminister an Len „Platz kommen mag," äußerte er: „so cr„ kläre ich mich zum voraus für seinen Freund „auch wohl für einen weitläuftigen Ver„wandten von ihm." 5Der Hvfrath *** hatte die Sucht, Verse zu machen, und sie Andern vorzulesen. Diese Verse waren aber so matt und selbst, was das Sylbcnmaaß betraf, so fehlerhaft, daß eS eine wahre Geduldprobe war, diese Vorle­ sungen mit anzuhören. Man mied sie also wie das Feuer, und den Reimschmidt, wie ei­ nen mit einer ansteckenden Krankheit Behaf­ teten. Der Hofrath * * * hatte aber eine sehr hübsche Tochter; in diese verliebte sich der Secretair M - • ., und, um recht oft Gele­ genheit zu haben, sie zu sehen und zu spre-

Februar.

51

cfjett, unterwarf er sich der Tortur, daß ihm der Vater seine schlechten Verse vorlas. Die Tochter war aber mit ihren Reizen eben so wenig zurückhaltend, als der Vater mit seinen Versen, und der Sccretair M - - merkte bald, daß seine Geliebte gegen andere Anbeter nichts weniger als spröde war. Er zog sich also zurück, da mit der Ach­ tung für seine Geliebte auch seine Liebe ver­ schwand. Sie merkte dies Ausbleiben mit Befremden, und suchte eine Gelegenheit, ihn wegen seiner Flatterhaftigkeit zur Rede zu stellen. Zufällig traf sie ihn nach einiger Zeit in einem Konzert- Sie näherte sich ihm, in einer Panse, machte ihm einige Vorwürfe über sein langes Wegbleiben, und setzte hinzu: Sagen Sie mir nur einen vernünftigen Grund, weshalb Sie sich gar Nicht mehr sehen lassen? „ Den will ich Ahnen nicht verhehlen," versetzte er: „in Ihres Herrn Vaters Versen „und in Ihrem Schlafzimmer sind mir zu „viele Füße-" Mit diesen Worten kehrte er ihr den Rücken zu. C»

5*

gebt u st r. 6.

Ein Reisender las über einem Laden in London mit großen goldnen Buchstaben: Lebens^und Gesundheits-Essenz. Eben war er im Begriff/ hineinzugehen, als ein unbekannter langer hagerer Mann, mit eingefallenen trüben Augen, bleicher Gesichts­ farbe, der ganz das Ansehn hatte, als wenn er an der Abzehrung litte, ihn bei'inArm faßte und zu ihm mit heiserer Stimme, durch ei­ nen Keuchhusten oft unterbrochen, sagte: „Uebereilen Sie sich nicht! — Schon „über Jahr und Tag brauch' ich diese Essenz, „und Sie können e§ mir wohl ansehen, wie „ich mich darnach befinde." Ei, dann ist sie wohl gar Gift! rief der Fremde aus. „Die Wahrheit zu sagen," versetzte das lebendige Gerippe: „ich fürcht' es." 7Rudolph, Graf von Sulz, katholi­ scher Religion, heirathete im Jahre 1605

Februar.

53

Agatha Gräfin von Hanau, eine Pro­ testantin. Bei seiner Vermählung stellte er folgende Urkunde aus. „Ich Rudolph, Graf von Sulz, „verspreche bei meiner gräflichen Ehre, oder „der Teufel soll mich holen, daß ich meine „zukünftige Gemahlin bei ihrer Religion blei„beu lassen, auch im mindesten zu keinem „Abfall Anlaß geben will. Ich habe droben „zwei Bibeln; hat sie nicht genug daran, so „will ich ihr noch zwei kaufen. Sie lese nur „tapfer und fleißig darin! Zudem nehme „ich ihren Leid und nicht ihre Seele. Ich „bleibe bei meiner Religion, worin ich von »Jugend auf erzogen worden bin." „Will sie nicht in den Himmel, so fahr' „fit zur Hölle." 8. Die Schauspielerin B ... in Berlin spielte die Franziska in Lefsings Min­ na von Barnhelm. Ra ml er, damals einer der Direktoren

54

Februar.

-es Theaters machte ihr sein Compliment über ihr treflicheS und naives Spiel. „Sie haben Ihre Rolle unvergleichlich „ dargestellt/" sagte er: „nur ein Paar Kleinig„ketten hab' ich Ihnen angestrichen/ damit „Sie solche ganz ohne Fehler spielen." Die Schauspielerin dankte ihm für seine Gefälligkeit bescheiden/ als die Schauspielerin S . . ./ welche die Rolle der Minna ge­ macht hatte/ eilig hinzutrat und das Gespräch mit den Worten unterbrach: Herr Professor/ wie ist es denn? — Ha­ ben Sie mir nichts angestrichen? „Nein/ Madame/' erwiederte Ramler: „dann hatte ich nur einen Strich machen „müssen." 9Als der verstorbene russische Staatsrath von Kotzebue im Jahre 1790 nach Paris gereiset war/ besuchte er auch die dortige Blindenanstalt. Zwei Blinde sollten eine Probe ihrer

Februar.

55

Buchdruckereikünste ablegen und -er Inspector bat Herrn von Kotzebue um eine ihnen aufzugebende kurze Phrase. Kotzebue sagte: Vive la liberte! Sogleich fingen beide Blinden an/ zu setzen. Der Eine brachte ihm auch wirklich die Worte: Vive la liberte \ der Andere hatte aber statt solcher gesetzt und gedruckt: Quand eile est sans abus.

Vermuthlich hatte ihm der Lehrer dies unbemerkt zugeflüstert. IO..

Die berühmte englische Schauspielerin Miß S i d d o n 6 hatte eine Zeitlang die Bühne verlassen/ weil eine andere jüngere Schauspie­ lerin MißO'Neil durch ihre Talente/ haupt­ sächlich in den gefühlvollen Charakter»/ sie um einen Theil des Beifalls des Publikums zu bringen drohte. Endlich/ nachdem ihr eifersüchtiger Zorn in etwas besänftigt worden mv, betrat sie wieder die Bühne.

5-6

Februar.

Zu ihrer Wiedererscheinung war ein klei­ nes Stück verfertigt worden/ unter dem Ti­ tel: Die Eifersucht/ oder die Königin­ nen als Nebenbuhlerinnen/ das man in London an diesem Tage feil bot. In diesem Stücke sagte Miß Siddons zu Miß O' Neil: „Entferne Dich/ ehrsüchtige Nebenbuh„ lernt! entferne Dich! Du hast Dich erdrer„ stet/ Dich meiner Rechte anzumaaßen; aber „ich kehre in meine Sphäre zurück/ oder .-mein Fall wird Dich zerschmettern." Miß O Neil antwortete darauf: „Ich danke Dir. Aber Deine Wuth „ wird meine Anstrengungen noch mehr be„ feuern. Ich werde mich mit Adlerschwingen „empor heben/ und von oben herab / sehen/ „wie Du Dein thörichtes Unternehmen ver„ fluchst." li. Ein Tabacksfabrikant in B. . . hatte eint Menge verdorbener Tabacksblätter von

F e b r ir a r*

57

verschiedener Art. Um sie nicht ganz weg­ werfen zu dürfen / kam er auf den Einfall, sie sämmtlich unter einander mischen/ in halben und ganzen Pfunden abwiegen und daraus Pakete machen zu lassen/ die er mit einem Etikett versah, worauf die Worte stan^ den: Dieser Taback lobt sich selbst. Er kündigte ihn in der Zeitung aiy und da er den Preis nicht hoch angesetzt hatte/ so glückte seine Spekulation; er fand zahl­ reich Abnehmer. Ein Tabackraucher foderte- auch ein Pfund von ihm/ und auf die Frage des Käufern ob er noch großen Vorrath habe? erhielt er die" Antwort: nicht mehr sehr viel, und werd' ich schwerlich dergleichen wieder bekommen. 7, Ei/ so will ich mir gleich sechs Pfund „nehmen/" sagte der Käufer/ bezahlte solche/ und ließ sie abholen. Kaum hatte er aber den Taback versucht/ so fand er ihn ganz widerlich an Geschmack und Geruch. Er ging also unverzüglich zu dem Tabackshändler/ machte ihm zornig Vor-

58

Februar.

würfe und sagte: pfui! er ist nicht zu rau­ chen/ er stinkt abscheulich! Wie stimmt dies mit dem prahlhaften Etikett? — das ist ein wahrer Betrug! „Mein Herr!" versetzte der Tabackshändler kaltblütig: „Sie haben mich nicht ge„ fragt: ob t>cr Taback gut oder schlecht sey/ „und sich blos auf die Devise verlassen. Wis„sen Sie denn nicht/ daß Eigenlob stinkt? 12.

Im siebenjährigen Kriege erhielt Frie­ drich der Große zu gleicher Zeit von zwei Generalen Depeschen in seinem Hauptquartiere. ES waren zwei Lieutenants abgesandt wor­ den. Beide trafen fast in der nämlichen Stunde im Hauptquartiere ein. Der eine davon ging sogleich zu dem Könige/ so wie er angekommen war/ der andere hatte sich erst Rock und Stiefeln vom Schmutz reinigen lassen. Beide wurden zugleich vorgelassen. Der König nahm ihnen die Depeschen ab/ erbrach und las sie/ und fragte dann jeden: wie er

Februa r.

59

heiße? Beide nannten ihren Namen/ mit dem Zusatz/ daß sie SekondelieutenantS waren. „Wie seyd Ihr hergekommen?" fragte nun der König. Der erste/ dessen Stiefeln und Uniform beschmutzt waren/ versetzte: Wir sind geritten. „Daß Er das ist/ sehe ich wohl/" siel ihm F r i e d r i ch in'6 Wort/ und auf den andern Offizier deutend: „Sein Kammerad da hat „sich in einer Portechaise hertragen lassen; „ das leidet keinen Zweifel. Es ist gut/ Ihr „könnt nun wieder gehen/" und/ sich zu dem erstem wendend: „Er ist Premier- Lieute„nant." V3Als der Marschall von VillarS/ nach dem Tode des Marschalls von V endo me/ im Jahre 1712 das Gouvernement von der Provence bekam/ brachten ihm die Abgeordneten des LandeS/ nach einem alten Her­ kommen/ einen Beutel mit hundert Pistolen/ wobei sie sagten:

6o

g e b r ti a r.

„Hier bringen wir Ihnen einen Beutel „ mit Gold/ so wie er auch dem großen V e n7^dome angeboten wurde, als er/ wie Sie 7,jetzt/ unser Gouverneur ward; aber er wei­ gerte sich/ ihn anzunehmen." Villarö/ der das Geld liebte/ nahm den Beutel und sagte: „Ach! Herr vonVenfronte war ein unnachahmlicher Mann!" »4Ein Kanzelist bat schriftlich bei dem Kanzleidirector um einen Urlaub zu seinen auf dem Lande wohnenden Eltern auf ein Paar Tage in Familienangelegenheiten. Ihm wurde dieser bewilligt/ und als er sich bei dem Kanzleidire?tor deshalb bedankte und beurlaubte/ fragte dieser zufällig: Was sind denn das für Familienangelegenheiten? „ Meine Eltern wollen Schweine schlach­ ten lassen/" versetzte der Kanzelist. -5. Swift wollte ausreiten/ und verlangte

Februar.

61

seine Stiefeln. Sein Bedienter brachte sie ihm. Warum sind sie nicht rein gemacht? fragte der Dechant. — „Da Sie die Stie­ feln doch gleich wieder unter Weges schmu„tzig machen/ so dacht' ich/ daß es nicht der „ Mühe lohnte/ sie zu putzen." Gleich nachher foderte der Bediente von Swift den Schlüs­ sel zum Eßschranke. „Wozu?" fragte sein Herr. — Um zu frühstücken. — „Ach/" er* mcderte Swift: „e6 ist nicht der Mühe werth/ jetzt zu essen; nach zwei Stunden ..wirst Du doch wieder hungrig seyn." 16. Der Präsident Rose/ ein Liebling Lud­ wigs Xiv./ war ein sehr gutmüthiger Mann. Er starb am 6 Januar 1701 im vierzig­ sten Jahre seines Alters und behielt seine gutmüthige Fröhlichkeit auch in den letzten Augenblicken seines Lebens. Die Geistlichen umringten fein Bett bis wenige Stunden vor seinem Tode und ermü­ deten ihn mit Ermahnungen und Verspre­

62

Februar.

chirrigen ihrer kräftigen Fürbitte für sein Seelenheil. Seine Gemahlin weinte in einem Win­ kel des Zimmers er rief sie zu sich und sagte: „ Liebe Freundin, wenn ich todt bin, und „diese' Herren bieten Dir Messen an, um „mich aus dem Fegfeuer zu erlösen, so spare „Dir die Ausgabe) ich werde schon Geduld 7, haben." ,7Der Marchese Caraccioli, Gesandter des Königs von Neapel am Hofe zu London, nsttnißte dort sehr den heitern italiänischen Himmel. Er äußerte sich daher oft sarkastisch über das Klima in England. Einst fragte ihn da­ her der König Georg m. an einem schönen Sommertage: Heute glauben Sie gewiß in Neapel zu seyn? „Ach, Sire!" versetzte Caraccioli: „Der Mond meines Königs verdient den „Vorzug vor Ew. Majestät Sonne."

Februar-

6Z

i8Aber mein Gott! sagte D - - - zu sei­ nem Freunde^ dem Iustizrath H . . ., tm er in seiner Krankheit besuchte, als diesen seht Doktor verlassen hatte: warum vertraust Du Dich einem jüdischen Arzte an? — ES sind ja hier so viele geschickte christliche Aerzte? „Brüderchen!" versetzte H ... mit jovialischer Laune: „das geschieht mit großem „ Bedacht- Unter uns; ich bin einigen Ju„den — noch dazu einigen Verwandten des „ Doktors — Geld schuldig. Sterb' ich, so ..reicht mein Nachlaß nicht hin, sie zu be., friedigen. Er wird sich daher mehr, wie „ jeder andere Doktor, alle ersinnliche Mühe „geben, mich am Leben zu erhalten." 19. Während eines Besuchs, den die Lady Morgan, auf ihren Reisen, in Frankreich dem General Lafayette abstattete, war eben ein Arbeiter mit der Einrichtung eines Blitzableiters auf dem Schloßdache beschäftigt-

64

Februar.

Der General machte ihm über die Art/ wie der Ableitet aufzustellen seyn möchte/ einige Bemerkungen„Herr General/" erwiederte der Letztere mit wichtiger Miene: „seitdem man in Frank„ reich die Chemie erfunden hat/ pflegen die „Botaniker die Blitzableiter auf keine andere „Weise/ als aufrieft/ hinzusehen." 20.

Ein französischer Arzt/ mit Namen Hiriart/ saß einst in der Kirche der Kanzel gegenüber und war eingeschlummert. Weckt mir doch den Mann dort auf! rief der Prediger dem Nachbar des Schlum­ mernden zu. Allein Hiriart war nur eingenickt/ er hörte also die Auffoderung des Predigers/ richtete sich in die Höhe und antwortete ganz laut: „Ei/ Ihr steht nicht da oben/ um mich „zu wecke»/ sondern um mich wach zu „erhalten."

Februar.

65

st.

Am Darmflädtschcn wurde im Jahre >8» 7 eine Verordnung erlassen, nach welcher jeder Hausbesitzer verpflichtet wurde, die erreichbaren Sperlingsnefler an seinem Hause zu jerflbren und jährlich sechs Sperlinge vor Ende März abzuliefern. Ein witziger Kopf ließ darauf in die Mainzer Zeitung eine Bittschrift der Sper­ linge in Versen einrücken; diese schloß mit folgenden Zeilen: Für wenge Körner FruchtDie hungernd wir genießen, Wird -edermann ersucht: Uns alle zu erschießen; Doch ivetm der Wucher Euch Den Seegen Gottes raubet, Auf Hungersfoltern bleich Die halte Menschheit schraubet, Und wenn er Nimmersatt, Mit Gold die Garten wieget, Bis an der Körner statt Sein Mammon vor ihm lieget; Dann habt Ihr kein Gebot, Den Frevler zu verhindern;

66

Februar. Uns aber folgt der Tod, llns armen kleinen Sündern: Wir nehmen von der Frucht, Den Hunger nur zu stillen, Und werden nie versucht, Uns Speicher anzufüllen. Was unser Schnabel frißt, Erhöhet nicht die Preise, Und Spekuliren ist Ganz andrer Vögel Weife, Seyd, Menschen: doch gerecht, Nicht blind Ln Haß und Liebe» Wenn Ihr das Unheil rächt, Straft erst die großen Diebe. 22.

Der Graf von B - - - hatte ein, tbtir aus England erhaltenes Sehrohr aufgestellt, und sagte, von seiner Trefflichkeit in sehr frohe Laune versetzt, zu dem eintretenden Be­ dienten : „ Guck' einmal durch! dort auf dem „kahlen Berge fltzt eine Fliege." Jener that, wie ihm geheißen warNun? fragte der Graf.

Februar.

67

„ Die Fliege sch' ich," murmelte der Be­ diente: „den Berg aber.nicht." 23-

Law'S Kutscher hatte mit dem Schwintelhandel der Mississipiactien seines Herrn, so viel erworben, daß er nicht Lust hatte, länger das Lenkseil vom Kutscherbock zu führenEr bat also Law um seinen Abschied. Gut, sagte dieser: den kannst Du erhal­ ten, aber erst mußt Du mir wieder einen tüchtigen Kutscher an Deiner Stelle ver­ schaffen. Sfm folgenden Tage stellte ihm der Kut­ scher zwei Kerle vor: „Hier sind ein Paar Leute," sagte er: „die alle beide gut mit Pferden umzugehen „wissen. Ich stehe für sie- Wählen Sie nun, „ welchen Sie zum Kutscher miethen wollen, „den Andern will ich dann für mich de­ ich alte». " 24.

Die Reformirten in Frankreich pflegen

63

Februar-

zu Taufnamen für ihre Kinder gewöhnlich Namen aus dem alten Testamente zu wählen/ weil sie an keine Schutzheiligen glauben/ und die meisten solcher Namen bei den Katholiken von Schutzheiligen genommen werden. Die Eltern des Dichters Isaak von Benserade/ Reformirte/ gingen zur katho­ lischen Religion über/ als dieser noch ein ganz kleiner Knabe war. Im sechsten Jahre er­ hielt er die Firmelung. Der Bischof fragte ihn bei dieser Gele­ genheit:. Willst Du nicht Deinen jüdischen Vor­ namen mit einem christlichen vertauschen? „Sehr gern'/" versetzte Benserade: „wenn ich Etwas darauf heraus bekomme." Der Bischof lächelte über diesen Einfall/ und sagte: Er mag seinen Vornamen behal­ ten - er wird ihm Ehre machen. 26Ein Straßendieb in London trat des Abends auf der Straße einem artigen und

Februa r-

69

wohlgekleideten Frauenzimmer entgegen und rief mit harscher Stimme: „Die Börse „her!" Sie reichte ihm die leere Börse hin und sagte: ES ist kein Pfennig darin/ ich bin gerade auf dem Wege/ um meine Uhr zu versetzen. „Heraus damit!" Zittern- überlieferte sie solche unter ei­ nem schweren Seufzer. „Ei/ mein schönes Kind/" sagte der Straßenräuber: „die Halunken von Pfand„leihern geben Ihnen dafür höchstens drei „Guineen/ die Uhr ist aber unter Brüdern „zehn werth. Ich will es christlicher machen. Hier sind fünf Guineen." Er steckte die Uhr zu sich/ gab der Dame das Geld und küßte ihr bei'm Weggehen sehr artig die Hand. Als die Beraubte/ die sehr erschrocken nach Hause kam/ den Vorfall ihren Hausge­ nossen erzählte/ sagte ihr Wirth/ ein iovialischer Bierbrauer: „Aber/ Miß/ worüber beklagen Sie

70

Februar.

), sich? Sie haben ja offenbar einen doppelten „Vortheil davon. Abgesehen der galanten „Behandlung/ dürfen Sie keine Zinsen „zahlen und ersparen den weiten Weg zum „Einlösen. ” 26.

In einer Gesellschaft kam über Tische die Rede auf Oeconomie. Man sprach viel darüber/ wie man durch eine verständige Spar­ samkeit viel gewinnen könne/ und es wurden mehrere Beispiele davon erzählt. „Aa, sehen Sie/ meine Herren und Da„mett/” nahm auf einmal der Wirth das Wort/ indem er sein Messer in die Höhe hob: „dies Messer hat erst zwei neue Schneiden „ und drei neue Stiele und es ist fast noch „so gut/ als neu." 27.

Ein'gewisser Cousin/ aus Avalon/ gab in Paris cineMengekleiner Anekdotensammlungen unter dem Titel: Ana/ z. B. Pir-

Februar.

7i

roniana,Bievriana,Gastronomiana u. dergl. heraus, endlich auch eine unter dem Titel Asiniana. Ein Spötter versicherte: „ er habe nun „auch sein Leben geschrieben." 28.

Ein Reisender kam nach P . . . . Er fand dort die Menge durch Luxus, Sucht zu Vergnügungen, Sinnlichkeit und thörichten Eigendünkel ganz verdorben. Er besah die dortigen Merkwürdigkeiten, Kunstschatze, öf­ fentlichen Gebäude und Anstalten u. dergl. Als ihn ein Einwohner fragte: wie ihm P. . . gefalle? sagte er: „ich habe viel „Schönes und Seltenes gesehen, manche „Einrichtung lobenswerth und den Lokalver„haltniffen angemessen gefunden, nur das „Tollhaus schien mir sehr klein; ich vermu„the daher, daß man die Absicht hat, nur „die wenigen Verständigen dort einzusperren, „um den Narren recht freien Spielraum zu „lassen."

7*

Februar. fi9-

I« * * * brach eine epidemische Krank­ heit aus, die in kurzer Zeit viele Einwohner «cgrafte„Gott sey Dank!" sagte die GM» von Z. . ., als man in einer Eeselischaft eine Menge Verstorbener mit Namen herzählte: „Oer hohe Adel wird verschont, aü«S, was ,, stirbt, ist nur PLbel."

März,

Marz, 3 i Tage.

lßSO.

D

^er neapolitanische Botschafter am Londner Hofe, Marchese Caraccioli/ spöttelte oft über die Wettsucht der Engländer. Lord D . . . vertheidigte einst sehr lebhaft diese Lieblingsneigung seiner Nation gegen den Marchese. Ernsthaft erwiederte der letz­ tere: „Der Henker mag dies Vergnügen „loben! — Ich ritt einst auf der Landstraße/ „und da mein Pferd scheu wurde/ so ging „es mit mir durch. Zwei Engländer/ die „hinter mir ritten/ wetteten sogleich einige „Guineen; der Eine/ daß ich vom Pferde „geworfen würde/der Andere/ daß dies nicht „der Fall seyn dürste. — Beide achteten nicht „ auf mein Hülferufen/ und mein Pferd lief so

76 M st v z. „lange mit mir in gestrecktem Galopp davon/ „bis ich in die Nahe eines Schlagbaums kam. „Der Zolleinnehmer ließ ihn sogleich nieder/ 7, und ich glaubte schon/ ich sey außer Gefahr. „Aber keinecwegeS. Einer der Wettenden „schrie : aufgezogen! eS gilt eine Wette! — Der „Zolleinnehmer gehorchte/ und mein Pferd flog „nun noch eine gute englische Meile mit mir „ weiter/ bis eS endlich ermattet halt machte." Nach dem Ernst/ mit dem der Marchese dies erzählte/ glaubten alle Anwesende/ eS sey Wahrheit; der witzige Spötter hatte aber nur im Augenblick -die ganze Weltgeschichte er­ dacht. L. Einige Japaner bezeugten einst gegen den Gapitain von der kaiserl. russ. Marine Golow niN/ der sich in Japan in Gefangenschaft befand/ den Wunsch/ einige Jahre in Europa zuzubringen/ als er ihnen die Vorzüge der Europäer und die Menge von Annehmlichkeiten aufzahlte/ die man in Japan nicht kenne. Aber sie lenkten bald wieder das Gespräch

M ü v fl. 77 nuf Japan und erzählten ihrem Gefangenen: daß es in Japan zwei Städte gebe/ die sie auch mit Namen nannten/ von welchen die eine sehr groß/ die andere hingegen nur klein sey. In der großen wären die Einwohner reich/ und Härten von Allem/ was das Leben und der Luxus erfordere/ tteberssußz aber sie leb­ ten zum Unglück in beständigem Hader/ und es befanden sich unter ihnen so viele Spitz­ buben/ daß man sich des Nachts nicht ein­ mal in die Straßen wagen könne/ um nicht ermordet zu werden. In der kleinen habe man nur das Nothwendige; daher lebten die Einwohner aber auch wie Brüder unter ein­ ander/ und man höre von keinem Streite. Als Go lownin und seine Mitgefan­ genen der kleinen Stadt vor der größern den Vorzug gaben/ verglichen sie Europa und Japan mit denselben und suchten auf diese Weise ihren Wunsch wieder zurück zu nehmen. 3-

Als die Königin Anna von England sich zu Notingham aufhielt/ schickte ihr Sir

78

März.

Thomas ParkynS/ -er auf einem zwei englische Meilen davon entlegenen Schlosse wohnte/ täglich für ihre Tafel Wildyrett und sehr schmackhafte Fische. Die Königin wollte ihm einen Beweis ihrer Erkentlichkeit dafür geben und sprach deshalb mit einem ihrer Hofleute. Dieser/ ein Freund von ParkynS/ sagte scherzhaft: Er versieht sich auf nichts besser/ als auf das Tranchiren von allen Arten von Braten/ und es scheint daher/ daß man ihn nicht mehr belohnen samt/ als wenn man die schon längst abgekommene Hofcharge ei­ nes Ober-Vorschneiders (Lord-Carver) wieder herstellt/ und ihn damit begnadigt. Die Königin hielt dies für Ernst. Sie ließ Sir Thomas Parkyns das Patent dar­ über ausfertigen und trug einem Hofkavalier auf/ diesem solches zu überreichen. Parkyns fand sich aber dadurch höchlich beleidigt/ weil er glaubte/ daß eine solche Stelle eines Theils seiner nicht würdig/ an­ dern Theils auch mit seiner gewohnten Nn-

M d v z.

79

abhangigkeit unverträglich sey; er rief also sehr entrüstet aus: „Glaubt denn Ihre Königin/ daß ich zu „ nichts bessern: ^auge/ als ihr Dienstbote zu 77 seyn? '' Von dieser Stunde an hörten die Sen­ dungen des Wildprettes und der Fische auf.

Friedrich der Große bereisete einst Pommern in Begleitung eines Landraths. Er befragte ihn über manche Gegenstände/ über den Ertrag der Güter/ die Eigenthü­ mer derselben/ und dergleichen/ und erhielt stets die bestimmtesten Antworten. So ka­ men sie zu einem Dorfe. Der König fragte den Landrath: Wie heißt das Gut dort? Der Landrath nannte den Namen. — Wem ge­ hört es? — „Einem Herrn von Rocho.w." Der König hatte einen Offizier dieses Na­ mens unter der Armee gehabt/ welcher spä­ terhin den Abschied genommen. Nach meh­ reren Fragen ergab e6 sich/ daß es der nam-

8o

M ä r z.

tiefte war. ..Aber warum hat Rochow denn „eigentlich den Abschied genommen?" fragte Friedrich seinen Begleiter: „Ich kann eS ..nicht sagen/" erwiederte der Landrath etwas verlegen. Bis dahin hatte er dem Könige alle Fragen schnell und freimüthig beantwor­ tet. Der König fuhr weiter. Nach einiger Zeit fing er wieder an: „Aber warum hat „denn Rochow eigentlich den Abschied ge„nommen.'' Noch einmal/ aber noch ängst­ licher/ antwortete -erLandrath: „ich.weiß es nicht." Dem Könige machte diese Verlegen­ heit Vergnügen. Er wiederholte daher wohl zehnmal diese Frage/ nnd erhielt immer die­ selbe Antwort von seinem immer ängstlicher werdenden Begleiter. Endlich sagte Frie­ drich lächelnd: „Er weiß eS ganz gewiß/ „und will es nur nicht sagen/ aber nur her„aus mit der Sprache: warum hat denn „Rochow den Abschied genommen?" Voll Angst rief der Landrath mit weinerlicher Stimme. „Bei Gott! Euer Majestät/ ich „weiß e6 nicht." Der König lachte nun laut auf und versetzte mit sehr freundlicher Miene:

M st v z.

8t

Nun/ nun/ sey Er nur ruhig/ ich glaub' „es Ihm ja schon. ES ist nur mein Scherz. „Ich will es Ihm sagen: er hat das Gut „mit meiner Bewilligung erheirathet." 5.

Der Professor C... sah eine ziemlich bejahrte/ hochroth geschminkte Dame/ aus de­ ren ganzem Anzug und Wesen man wahr­ nahm/ daß sie noch für jung gehalten seyn wollte/ mit scharfen Blicken an. Die Dame/ die dies bemerkte/ sagte zu ihm mit Koketterie: Was sehen Sie mich so an? Herr Professor.' — Gefall ich J-nen? Sagen Sie mir aufrichtig/ wie viel Jahre geben Sie mir wohl? „O/ nicht eine?/ meine Gnädige!" erwie­ derte (£...: „das wäre sehr ungalant von „mir/ Sie haben ihrer schon genug." 6.

Ein junger Mann von guter Familie/ der schlechte Verse machte/die er aber/wie alle mit­ telmäßige Dichter/ für gut hielt und amt von

83

M ä v z.

einem kompetenten Richter ein vorteilhaftes Urtheil darüber erpressen wollte, belagerte N ab en e rn Tag für Tag mit seinen elenden Reimereien. Bald überlief er Rabener im Hause, bald in der Kanzlei, bald trat er ihm auf einem Spaziergang in den Weg, bald nahm er ihn in (Gesellschaften bei Seite; sogar in der Kirche stellte er sich neben ihn, und deklamirte ihm vor, was er den Tag, oft nur die Stunde zusammen gestoppelt hatte, und drang gleichsam mit Gewalt auf ein bei­ fälliges Urtheil. Rabener hatte, aus Rücksichten für die Familie des Zudringlichen, lange Geduld, endlich verließ sie ihn. Wenn er eine schwie­ rige Arbeit vorhatte, pflegte er vor den Tho­ ren Dresdens nach dem sogenannten gro­ ßen Garten zu gehen und dort auf einsa­ men Spaziergängen über seinen Gegenstand nachzudenken. Auch dort spürte ihn einst der Reimschmidt aus. Rabener erblickte den Unverschämten von weitem und beschloß, ihn sich für immer vom Halse zu schaffen.

M a r j. 83 Er schrieb daher schnell in seine Brief­ tasche : „Wo soll ich hingehen vor Deinem Gei­ lste — wo soll ich hinfliehen vor Deinen Ge­ richten? — Führe ich in die Studierflube „oder Kanzlei/ siehe/ so bist Du da — bet„ tete ich mich in die Kirche/ so bist Du auch „da — nähme ich Flügel der Vorsicht und „flöge in den einsamsten Garten/ so würden „mich doch Deine Verse daselbst ausspüren „und Deine Reime mich halten. — Rabe^ „ner." Er ließ die Brieftasche offen auf der Vank/ wo er gesessen hatte/ liegen und verlor sich hinter den Hecken/ auf den Erfolg lauschend. Nachdem der Rcimschmidt das Taschen­ buch gefunden und diese Worte gelesen hatte/ rief er aus: „Göttlicher Einfall — witzigerRabener! „dafür muß ich dich küßen!" Er durchsuchte darauf sorgfältig alle Gan­ ge/ bis erden bedrängten/ aus einem Schlupf­ winkel in den andern sich flüchtenden Rabe­ ner entdeckte. Dieser wurde nun von ihm

84 M ä v z. geherzt und geküßt/ als habe er ihm die feinste Schmeichelei gesagt. 7-

Der bekannte erotische Dichter Chaulieu verliebte sich noch, schon ein hochbe­ jahrter Grei6/ in Fräulein Launay/ nach­ mals Frau von Stael. Er besang sie sehr oft/ und zuweilen wollte er ihr auch außer diesem dichterischen Weih­ rauch/ andere Geschenke weihen. Einst drang er sehr lebhaft in sie, tau­ send Louisdor von ihm anzunehmen. Fraulein Launay sagte zu ihm: „aus Erkennt­ lichkeit für Ihr großmüthiges Anerbieten/ „rath' ich Ihnen, wenigen Frauenzimmern ein „gleiches zu machen) es könnte sich leicht „einmal eine finden/ die Sie bei'm Worte erhielte." O/ ich weiß schon/ mit wem ich zu thun habe/ versetzte Chaulieu sehr tun* herzig.

M ä r z.

8o

Z. Ein Engländer in Paris sagte: das La­ chen verdirbt die Fröhlichkeit/ wie das Spre­ chen die Unterhaltung. „Deshalb sind Sie auch immer am un­ terhaltendsten/ wenn Sie nicht sprechen/" erhielt er zur Antwort. 9-

Die Herzogin von NemourS/ am Hofe Ludwigs XIV./ hatte aus Mitleid ein ganz armes elternloses Kind/ ein Mädchen/ zu sich genommen und es erziehen lassen. -Als die Kleine etwa neun Jahr alt war/ sagte sie einst zu der Herzogin: „Niemand kann Ihre menschenfrennd„liche Güte inniger erkennen/ als ich. Ich „kann meine Dankbarkeit nicht besser an den „Tag legen/ als wenn ich allen Leuten sage/ „ daß ich Ihre Tochter bin. Aber/ fct)u Sie „darüber nicht böse/ ich gebe mich nicht für ..Ihre rechtmäßige eheliche Tochter au6/ ich „sage mnv daß ich ein uneheliches Kind bin."

Im Jahre 1777 machte Joseph n. unter dem Namen eines Grafen v-Falkenstein/ eine Reise durch Frankreich und Ita­ lien. In Metz besuchte er die Wachtparade/ und nahm die militairischen Spielereien in Augenschein. Es war kein Geheimniß/ daß der reisende Graf der Kaiser sey/ man beet« ferte sich also/ seinen Beifall zu erlangen. Unglücklicherweise fiel ein Regenschauer. Den Kaiser brachte dies nicht aus der Fas­ sung/ aber alle Offiziere hatte Regenschirme/ und sie wurden eiligst aufgespannt. Ein StaabSoffizier bot dem Kaiser den seinigen an. Joseph lehnte dies ab/ und setzte hinzu: „ Ich fürchte mich nicht vor Regen; er „verdirbt nichts an den Menschen/ als höch„stens den Anzug." Kaum waren diese Worte gesprochen/ so fielen alle Regenschirme zusammen und wa­ ren verschwunden.

März.

87

11. Als Karl xil. von Schweden aus der Türkei von Demotien im Jahr 1714 wie­ der nach seinen Staaten zurückkehrte/ erfuhr er/ daß man hauptsächlich in den Staaten des deutschen Kaisers viele Zurüstungen zu seinem Empfange mache. Da ihm dies sehr unangenehm war/ so bat er F a b ri c i u S / welcher voraus nach Wien gehen wollte/ überall bekannt zu machen/ daß man ihn sehr verbinden würde, wenn man alles Gepränge unterließe, und überhaupt keine Kunde von ihm nehmen wollten. „Wenn Ew. Majestät durchaus inko­ gnito reisen wollen, so glaube ich einsiche„reS Mittel zu wissen." Was denn für eins? fragte Karl.. „Ew. Majestät müssen eine von Gro­ othusens schwarzen Perücken aufsetzen, eine .. Nachtmütze oder einen Schlafrock kaufen, oder „von Müllern, oder wer sonst dergleichen ..hat, entlehnen. Wenn Ew. Majestät in „ eine Stadt kommen, müssen Sie nach dem

68 Mar;. „besten Wirthshause fragen/ fleißig Wein „trinken, gut essen/ die weibliche Aufwartung „galant behandeln/ Schlafrock und Pantof„feln federn und bis an den halben Tag „schlafen: Wenn Ew. Maiestat dieses thun„so biet' ich der ganzen Welt Trotz/ daß „niemand Sie für den König von Schweden „halten wird-" 12.

Ein Lotterieeinnehmer in London hatte über den Eingang feines Einnahmecomptoirö ein Schild angebracht/ mit folgender In­ schrift: „Wer Geld/ fast ohne alle Gefahr ge„reimten will/ muß/ wenn er klug ist/ so „bald als möglich/ wenn auch nur den klem„sten Theil eines Lotterielooses kaufen. Das „ist das leichteste Mittel/ zu gewinnen/ was „ er wünscht/ und auf einmal wohlhabend zu „werden. Geld allein samt diese Erde zum „Paradiese machen." So weit sind wir in dem Lottowesen auf

M ä v z.

89

dem festen Lande -och noch nicht vorge­ schritten. iSZwei gichtbrüchige Bettler hinkten in W . . - auf den Straßen umher/ und spra­ chen die Vorübergehenden um Almosen an. Eben wurden die Reliquien des heiligen An­ tonius von Padua in Prozession vorübergetragen/ welche/ nach der Versicherung der Starkgläubigen/ von der Gicht heilen sollen. „Geschwinde laß uns an die Ecke und der Prozession aus dem Wege gehen.?' sagte der eine Bettler zu dem andern: „es war' „ eht ganz verdammter Streichs wenn wir „plötzlich geheilt würden." 14.

Der berühmte Komponist Händel war ein großer Liebhaber von einer gut besetzten Tafel und gutem Wein. Einst hatte er in London bei sich den

9o

Marz.

Direktor der königlichen Kapelle Browneund andere Tonkünstler zum Mittagsessen eingeladen. Während der Mahlzeit rief Han­ del öfters aus: „Halt! da fallt mir etwas „ ein!" Die Eingeladenen baten ihn aus Höflich­ keit/ daß er sich nicht geniren nnd in ein Ne­ benzimmer gehen möchte/ um dort feine mu­ sikalischen Fdeen gleich zu Papier zu bringen/ denn eS sollte ihnen unendlich leid thun/ wenn sie daran Schuld wären/ daß die Welt auch nur einen genialen Einfall von ihm verlöre. Handel gab diesen Bitten nach/ doch -er Ausruf erfolgte so oft und er entfernte sich dann jedesmal/ daß endlich einer der Gaste seinen Platz verließ/ und neugierig durch das Schlüsselloch guckte. Hier sah er nun keineSwegeö Händel mit NotenschreibeN/ sondern mit Weintrinken beschäftigt. Die Sache klarte sich hernach auf. Hän­ del hatte von seinem Verehrer/ dem Lord Ratnor einen Korb mit Burgunder erhal-

M ä v z.

91

fett. Dieser war zu köstlich/ um ihn seinen Gästen vorzusetzen/ er aber viel zu lüstern darnach/ um ihn bei seinem Diner zu ent­ behren. Da siel ihm diese List ein, und er labte sich an Burgurder, wahrend seine Tisch­ freunde sich mit Portwein begnügen mußten. 15* . Die Doppelheirath der spanischen Infan­ tin Anna Maria mit Ludwig Xiii. von Frankreich/ und der Tochter Heinrichs IV. mit dem Prinzen von Asturien/ war be­ schlossen. Als der französische Botschafter/ der Her­ zog von Mayenne/ Abschied in Mailand nahm/ bat er die Infantin / ihn mit einem Aufträge an den König/ seinen Herrn, zu beehren. „Sagen Sie ihm/' antwortete die junge Fürstin: „daß mich sehnlich verlangt/ ihn zu „ sehen." Ei/ Prinzessin/ fiel die Hofmeisterin ein: was wird der König von Frankreich denken.

ga

M d V z-

wenn der Herr Herzog ihm sagt/ Laß Sie so leidenschaftlich für'S Heirathen eingenommen sind„Nun/ haben Sie mir denn nicht gt= :rfngt/” versetzte die Prinzessin naiv: „daß „ mau immer die Wahrheit sagen müsse?" 16.

Dem Grafen Bathurst sagte ein Par­ lamentsglied : heute ist die Nation zu Grunde gerichtet worden. „Das kann nicht seyn/" antwortete der Graf: „denn vor fünfzehn Jahren hab' ich „in der schönsten Rede/ die ich je im Parla„ment gehalten/ bewiesen/ daß es dmnals „geschehen sey."* *7-

In einem der frühern Kriege zwischen Frankreich und Spanien/ hatten die französi­ schen Heere bedeutende Vortheile über die Spanier erkämpft. DerHofzuMadrid wollte

März.

93 dem Volke dies verhehlen und veranstaltete mancherlei Feierlichkeiten über vorgeblich er­ kämpfte Siege/ und unter andern auch ein Feuerwerk. Ein Franzose äußerte darüber sein Be­ fremden gegen die Gemahlin des Marquis de Grane. 7, Lassen Sie das gut seyn,” »crfefcfe sie: „Ihre Feuerwerke sind Freudenfeuer/ unsere „mir Kmrsifeuer."

18. Als Joseph n. im Jahre 1777 in Pa­ ris war/ wohnte er auch im Theater der Vorstellung des Trauerspiels Oedip bei. Die Schauspielerin/ welche die Rolle der Jocaöte machte/ wendete die Verse im er­ sten Austritte des vierten Auszuges / wo von der Reise des LajuS die Rede ist/ sehr sinn­ reich auf den Kaiser an. Bei den Worten: Ce roi, plus grand que sa fortune, Dedaiguoit, comme Vous, une pompe in* portune,

94

M ä r z. On ne voyoit jamais marcher devant son char D'un bataillon nombreux le fastueux rem part: Au milieu des Sujets soumis a sa pulssance, Comme il etoit Sans crainte, il marchoit sniis defense, Par Vamour de son peuple il se croyoit garde,

blickte sie unverwandt nach der Loge/ wo er sich mit seiner Schwester/ der Königin von Frankreich?/ befand/ und eö erfolgte ein allgemeines Beifallgeklatsche.* *9-

Ein Schauspieler lag auf den Tod; sein Arzt verhehlte ihm nicht/ daß keine Hoffnung zu seiner Besserung wäre. Der Kranke fing bitterlich an zu weinen. Fassen Sie sich/ Freund/ sagte der Arzt theilnehmend zu ihm: Sterben ist das allge­ meine Loos der Menschheit und dies ephe­ mere Leben hat doch immer mehr Sorgen

März.

95

und Plagen, als Freuden und ruhige Mo­ mente; unser erwartet ein besseres Jenseits „ Ach über den Tod gräm' ich mich nicht, „lieber Herr Doktor!" versetzte der Schau­ spieler: „Meine Thränen haben eine» an„dern Grund. Ich hab' in meinem Leben „ so manche Rolle verhunzt, und das Publi­ kum hat mich doch applaudirt. Ich werde „die Rolle, die ich jetzt spiele» soll, gewiß „auch verhunzen, aber ich komme zu einem „Publikum, von dem ich fürchte, daß e6 mir „nicht applaudiren wird." 20.

Ein Landpfarrer setzte bei dem Unterricht der Bauernkinder weitlaustig aus einander/ weshalb Adam von dem verbotenen Baum gegessen habe. „Er that eö/" sagte er: „theils ausNeu„gier/ um zu wissen/ wie er schmecke/ theils „aus Nachgiebigkeit gegen Eva, die ihn dar„um bat/ theils aus Hochmuth/ um Gott „ähnlich zu werden."

g6

Mar Z-

„Warum biß nun Adam in den Apfel?" fragte er einen Bauernknaben. „Weil er kein Messer hatte/" war die Antwort. 21.

Ein zu Anfang der Revolution ausge­ wanderter Franzose/ der in einer diesseits des Rheins gelegenen Stadt wohnte und der ohne die Hülfe eines alten deutschen Bedien^ tetty der ein wenig französisch radebrechte/ längst Hungers gestorben wäre, sagte zu einem reisenden Landsmann, der ihn besuchte: „Wie die Leute hier doch so dumm sind! „Schon zwölf Jahre wohne ich unter ihnen, „und doch will mich noch Niemand ver­ gehen." 22.

. Als Helvetius Schrift: de PEsprit in Frankreich großes Aufsehen machte und dies Werk sowohl, als dessen Verfasser sehr ver-

Mär;.

97

verlästert and verfolgt wurden, erhielt Hel­ vetiuS einen Brief von einer Kupplerin, wie sie solche an reiche Wüstlinge zuweilen zu schreiben pflegte, und in welchem sie ihm ein junges schönes Mädchen antrug HelvetiuS siel ein solches Anerbieten nicht wenig auf, zumal er dazu auch nicht auf die entfernteste Weife Veranlassung hatte geben können. Er ließ darüber nähere Er­ kundigungen einziehen, und erfuhr endlich, gegen eine reiche Belohnung an Geld, von der Kupplerin selbst, daß sie diesen Brief auf das dringende Zureden eines Jesuiten habe schreiben müssen, in der Hoffnung, Hel­ vetiuS würde die Einladung annehmen, und dann wolle dieser Jesuit die Königin, die HelvetiuS ihres Schutzes würdigte, davon in Kenntniß setzen und solchen als einen Lie­ derlichen schildern, der ihrer Gunst unwerth sey-Z.

Der Professor der Geschichte, Johann Erdmair» Gvttlieh SchmidtinJena, 1Q20.

E

98

M ä r z.

(gestorben 1776) war mit dem nachmaligen Professor der Philosophie Polz bei einem Schmause/ wo tapfer gezecht wurde. Polz trank einmal sein Glas nicht au$f worüber,ihrn Schmidt den Vorwurf machte/ daß er kein Philosoph wäre. Polz konnte den Zusammenhang davon nicht einsehen und verlangte den Beweis. „Hören Sie/" sagte Schmidt: „Phi„losophus lieber amare profunditatem.

At-

„qui, ergo, —"

24. „ Unter zehn Bitten/ die an mich gelan,.gen/ bin ich verbunden/ neun abzuschlagen/ »,mil sie ungerecht oder unbescheiden sind „ meine Stelle ist ein Posten des ewigen Wi­ derspruchs!" sagte Michael MarillaS/ der im Jahr 1626 Großsiegelbewahrer in Frankreich war. In diesem Fall befinden sich noch U\}t alle Regenten und ersten Staatsbeamten/ und wenn sie nicht wie MarillaS handeln/ wer­ den sie unfehlbar schwach und ungerecht seyn.

M d v

99 LZIm Jahre 1691 verbreitete sich zu Pa­ ris das Gerücht/ daß man eine vollständige Handschrift von Petron6 Satyren nach Di­ jon gebracht habe. — Dieses leere Gerücht tutrbe von Vielen nacherzählt. Ber berühmte Philolog,Professor Hein­ rich Meibom in Helmstadt laß in einer Reisebeschreibung durch Italien folgendes: „Zu Bologna wird der Petronius ..ganz aufbewahrt; ich habe ihn mit eigenen „Augen und nicht ohne Bewunderung ge„ sehen. ’ Meibom schloß hieraus/ daß die ganze Handschrift von Petro ns Satyren in Bo­ logna seyn müßte/ und dies bestimmte ihn, als einen eifrigen Philologen, lediglich des­ halb nach Bologna zu reisen. Gleich nach seiner Ankunft ging er zu dem dortigen Arzt Capponr, der ihm dem Rufe imd) bekannt war. Er zeigte ihm in der Reisebeschreibung/ welche er mitgenommen hatte/ die eben angeführte Stelle, und fra-tt ihn: ob das wirklich wahr sey? E L

IOO

m ä t j.

„Allerdings/" versetzte Capponi: „und ,, wenn «S Ihnen gefällig ist/ so will ich Sie „gleich hinführen/ um Ihre Neugier zu be„ friedigen. ” Meibom nahm dies freudig und dank­ bar an. Capponi führte ihn in eine Kirche. „Mein Gott!" sagte Meibom: „wie „ist man auf den Einfall gekommen/ ein so „schmutziges Werk an einem so heiligen Ort „ aufzubewahren?” Ich verstehe Sie nicht! versetzte Capp o»i: ein schmutziges Werk? — Dies ist die Kirche des heiligen PetroniuS/ er war im fünften Jahrhundert Bischoff zu Bologna, und hier ist sein Körper aufbewahrt, wie in der Reisebeschreibung steht, die Sie mir ge­ zeigt haben. Sie sollen sich sogleich davon durch den Augenschein überzeugen. 'Meibom war über diesen Irrthum, der ihm f»; viel Geld gekostet, höchlich erschrocken. N dankte dem Doktor Capponi für seine Mühe und kehrte verdrießlich nach seinem Wohnort zurück.

März.

101

26.

In einer Gesellschaft/ in welcher sich ein katholischer Priester befand/ wurden verschie­ dene Räthsel aufgegeben/ unter andern auch dieses: wie schreibt man gedörrtes Gras mit drei Buchstaben? — Schnell antwortete der Priester: jpeuL „ Schweigen Sie/" fiel ihm Jemand in die Rede: „Sie dürfen ja nicht heu„ rathen. ” 27.

In der Schweiz hörte ein Reisender in einerBauernschenke unter den Gasten ein Ge­ spräch über theologische Gegenstände mit an. ES wurde unter andern über den Spruch: „ihr Wurm soll nicht sterben/' sehrwcitlauftig gestrittenJeder der Anwesenden erklärte ihn auf seine Weise. Ein Schiffer/ der etwas von seiner Kahn­ reise erfroren mx, wollte das Feuer in Ewig­ keit nicht ausgehen lassen/ und stritt heftig für die ununterbrochenen Höllenqualen.

102

Marz.

Ein muntrer Bauerbursche machte aber sehr treuherzig dagegen Einwendungen und meinte/ wozu denn das wäre, daß der arme Wurm ewig braten und doch immer ein ein­ fältiger Wurm bleiben solle? „So gut wie ich keine Feuersbrunst se„hen kann/' setzte er naiv hinzu: „ohne bei „dem Löschen zu helfen/ eben so wenig wird „der liebe Gott das höllische Feuer in alle „Ewigkeit brennen lassen/ ohne e6 durch seine „Gnade zu löschen." Die6 Argument traf besser/ als das spitz­ findigste Kathederargument/ den Gegner so auf den Kopf/ daß er verstummte und dann mit einer sichtbar gezwungenen Wendung zu einer andern nicht so kritischen Materie ge­ schwinde überging. rg. Montesquieu gerieth einst über einen Gegenstand mit einem Parlamentorath in Streit. Der letztere wurde sehr heftig und rief

März.

iog

trotzig aus: „ich setze meinen Kopf zum Pfande/ „wenn die Sache sich nicht so verhalt/ wie „ich Ahnen eben gesagt habe." Ach nehm' ihn an/ versetzte Montes­ quieu trocken: kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. 29Herr von Brettschneider schrieb im Aahre j8°5 dem herumreisenden sogenannten Naturdichter und Taubennestflechter Hill er folgendes in'6 Stammbuch: Sa!)v' fort, lieber Hilter! sey luftig und froh, Mach' Nester von Sylben und Verse von Stroh.

30.

Frau von Sevrgne machte dem Präsi­ denten von Bellicvre einen Besuch/ um über einen Prozeß mit ihm zu sprechen. Unkundig der juristischen Terminologie/ verwickelte sie sich in ihrer Rede. Plötzlich hielt sie inne und sagte:

io4

Mär j.

„ Herr Präsident, ich weiß zwar die Me„lsdie recht gut, aber mir fehlen die Worte „des Textes." 3i.

Ein Schneidergeselle war sehr dem Trunk ergeben. Jeden Montag Abend hatte er ei­ nen Rausch, dann auch in der Regel Händel angefangen und eine Tracht Schläge davon getragen. Einst fragte er einen seiner Kameraden: Bruder Hanauer! warum nennt man wohl den Montag — den blauen Montag? „ Frage nur Deinen Buckel," erhielt er von diesem zur Antwort.

A p r i l, 30 La« t>

.vta-am D . . . steckte im Jahre ißiy zu Paris in einem Häuft/ das sie oft zu besu­ chen pflegte, eine goldne Uhr ein. Die Sache wurde noch am nämlicherr Tage entdeckt und Madame D ... auf das Polizeibüreau ge­ bracht. ES war die Entwendung am ersten April geschehen, und sie gestand, da man ernstlich in sie drang, daß sie die Uhr genommen habe, aber es sey nur ein bloßer — Aprilscherz gewesen. Man fragte nach der Uhr. Sie laugnete sie zu haben; man führte sie in die Wohnung zurück und — bci'm Nachsuchen in solcher — fand man die Uhr-

i8

April.

„Wieder in den April geschickt!" rief sie dem Polizeikommiffär mit vieler Geistesge­ genwart zu: „ich habe Sie angeführt." Die Polizeibehörde machte aus dem Scherz — Ernst. r. Als -er Dane Molbech zu Jönkkping/ einer der bedeutendsten schwedischen Städte/ angekommen mv, und in dem statt­ lichem Gasthofe um Feuerung bat/ erwiederte das Mädchen: „der hochedle Rath habe ver„boten/ so spät am Tage zu heizen." Molbech lachte; das nahm die Magd übel und sagte/ es sey nicht Sitte/ sich über einen ehrenwerthen Magistrat zu Iönköying, lustig zu machen. Bei'rn Essen erhielt er gtfdx und verlangte Essig dazu. Die nämliche Magd antwortete aber: das sey dort nicht brauchlich/ und so mußte er auch den Lachs/ den man ihm vor­ gesetzt hatte/ nach der dortigen Weise ver­ zehren-

Apri l.

1-09

M 0 lbech erzählt dies in feinen Briefen über Schweden im Jahre 1812/ und fyäite i>ie Magd in dem Wirthshause zu Jönköping nicht einen so musterhaften Respect vor dem dortigen hochweisen Magistrat an den Tag gelegt/ so würde man von dem Letztem nie etwas gedruckt gelesen habe«/ mit Ausnahme der gedruckten Verordnungen/ die von ihm vielleicht erlassen und an den Straßenecken zu Jönköping angeheftet worden. 3*

Ein betagter Bergschotte lag auf dem Sterbebette. Der Pfarrer ermahnte ihn/ da­ mit er ruhig von hinnen scheiden könne/ allen seinen Feinden zu verzeihen. Der hochländische Landmann war schwer dazu zu bringen- doch that er'S/ verzieh Allen/ nur einem Einzigen nicht. Der Pfarrer brachte Himmel und Hölle in Bewegung/ bis er den Sterbenden endlich mit großer Mühe bewog/ auch diesem Einzigen Alles zu vergeben. ...Nun dann?' sagte der Sterbende zu

April. HO seinen Söhnen: „hörtJhr'S/ ich verzeih ihm. „Aber/ Kinder, wenn Ihr Euch jemals mit ..ihm aussöhnt/ wend' ich mich vor Aergee „noch im Grabe um!" 4-

Im Jahr 1817 gab HerrAuvrad de la Haye zu Paris heraus: „Handbuch der Reitkunst und Erd„b eschreibttng/ für die französische Iu„ gend/ die Sitten und Religion hat." Ein Handbuch de, Reitkunst für Candidaten der Theologie und manche Geistliche dürfte nicht ohne Nutzen seyn/ um dadurch das Po stillen reiten mit mehrerm An­ stand und Geschick zu verrichten.5 5. Ein italienischer Fürst stand eines Tages mit einem fremden Minister auf einem Bal­ kon/ und sagte/ nach seiner sarkastischen Art zu ihm: „von diesem Balkon warf einer

April.

ui

..meiner Vorfahren einen Gesandten auf die „Straße. ” W ahrsch einlich 114 u g e it damals die G esandten keinen Degen: versetzte-er Minister trocken. 6.

Unter der Regierung Friedrich des Großen wurde behti Militair noch sehr ängstlich auf einen steifen Anzug gesehen/ hauptsächlich aber mußten Offiziere und Sol­ daten auf der Parade mit steifem Zopf, sorg­ fältig frissrt und gepudert erscheinen. Bei einer solchen Parade vor dem preu­ ßischen General von K . - .y, der/ ein ganz roher Soldat/ keiner Sprache/ als seiner deutschen Muttersprache, aber auch dieser nur so weit kundig war, wie der aller tut* gebildetste seiner Untergebenen, erschien einst der Major von D . . in einer nichts we­ niger als vorschriftsmäßigen Frisur. „Herr Major! 5 redete ihn der General barsch an, nachdem er ihn mit den Augen

112

April-

vom Kopf bis z» den Füßen strenge gemustert hatte „wer hat Sie heute friftrt?” Moi mcme! versetzte der Major. „Das ist auch ein rechter Hundsvott!" rief der General aus, nichts arges denkend, denn er stand in dem Wahn, der Friseur heiße Moi mcme.

7-

Der gelehrte Bentley war wenig in Gesellschaften von feinem Ton gekommen. Er war daher in seinem Umgangs sehr un­ beholfen und verlegen. Auf seiner Reise durch Frankreich wurde er von der Grasin von Ferrers eingeladen. Als er sich bei ihr einfand/ traf er dort eine große Gesellschaft. Dies sehte ihn in eine solche Verlegenheit/ daß er sich/ nach weni­ gen Minuten/ sichtbar bestürzt/ wieder tnt' fernte. Wer war dieser sonderbare fremde Mann? fragten einige der OKiffc die Wirthin.. „ES ist ein so gelehrter Marrn/' versetzte

April.

*13 Sie Gräfin: „baß er weiß, wie ein Stuhl „im Griechischen und Hebräischen heißt, aber „er weiß nur nicht, wie man darauf scheu »soll." 8Der Marquis vrnL- - - war der er­ klärter Liebhaber der Herzogin von C . - - l. Einst fragte die Gemahlin des Ersteren, bei Hofe: wann werden Sie Ihren Gemahl mit einem Erbe» beschenke»? „Wann es Ew. Durchlaucht gefällig seyn „wird." versetzte die Marquise mir einem ehrerbietigen Sni£. 9 Ein Prediger machte einem jungen Ehe­ paar bemerklich, wie sehr sie Unrecht hätten, mit einander zu hadernEuer Betragen, sagt' er, ist um so un­ verzeihlicher, da Ihr beide eigentlich Eins ausmacht.

"4

April.

,.Wa§/ Herr Pfarrer/ nur Eins?" er­ wiederte -er Mann; „wenn Sie sich nur von Zeit zu Zeit im Vorbeigehn die Mühe „geben wollten/ unter unserm Fenster zu hor„chen/ Sie würden wahrhaftig glauben/ daß ... wir unser zwanzig wären!" 10. Ein französicher Emigrant hatte eine Kla­ viersonate componirt/ worin weder Mannig­ faltigkeit der Melodie und Harmonie/ noch Richtigkeit des Satzes anzutreffen war. Er wollte sie drucken lassen/ und zeigte sie vorher einem deutschen Tonkünstler/ um sein Urtheil darüber zu hören. Dieser sagte zu ihm: „Ihre Sonate wird in Deutschland kein „Glück machen: denn es ist für uns zu „viel Freiheit und Gleichheit darin." ii. Chateaubrün., Haushofmeister des Her­ zogs von Orleans/ schrieb ein Trauerspiel:

April.

115

Die Trojanerinnen/ welches 1753 auf die Bühne kam. Im zweiten Akte erscheint ein Trojaner/ der sich zu den Füßen seines Siegers wirft und in sehr kläglichen Ausdrücken das Elend seines Vaterlandes schildert und um ein Stück­ chen Brod für sich bittet. „ES hätte mich auch sehr wundern sol­ len/" rief ein Witzling aus: „wenn in einem „ Stück von einem Haushofmeister nichts von „Essen vorgekommen wäre." 1».

Der preußische General vonK... y/ Chef eines Garnisonregiments unter der Re­ gierung Friedrichs des Großen/ war wegen seiner Derbheit allgemein bekannt. ES war ein roher Degen/ der von nichts anderm einen Begriff hatte/ als von dem strengsten Kamaschendienst. Die Sträflinge und sonstigen unbrauch­ baren Soldaten der Linienregimenter wurden an sein Regiment abgegeben.

Einst spielt der General von ... cv nen jungen ZtekruteN/ von ansehnlicher Größe. Bei der Einkleidung und dem Exeerciren wurde freut General gemeldet/ der Rekrut sey stumm. Alle mit ihm angestellten Versuche und Unterstlchungen von Seiten des Regimentöchirurguö bestätigten diese Anzeige. Der General v sn ... sandte daher diesen stum­ men Rekruten an den General von K'. ..y.. Nach einigen Wochen kam der Erstere in die Garnison des Letztern/ und fragte solchen: wie er mit dem ihm zugesandten Rekruten zu­ frieden sey? „£V e6 ist einer der schönsten Kerls bei m „ganzen Regiment." Das kann wohl seyn/ aber er ist ta stumm. „Ich hab' ihn eurirt?" versetzte K-. .y. Nicht möglich! wie haben Sie das ge­ macht. „Ich gab ihm eine Ohrfeige/ daß er ach! „und weh schrie!" Wie/ durch eine Ohrfeige haben Sie das bewirkt? „Ja/ Herr General! und hatt' ich sie

?' d r i f-

ii?

„Ihnen gegeben/ Sie hätten gewiß hebräisch „und chaldäisch gesprochen." *3-

An titut Straßenecke in London saß eine Fra»/ in Lumpen gehüllt/ auf ihrem Schooß ein kleines Kind. Ein Paar Frauen aus der untern VolkSklaffe gingen bei ihr vorüber. Die eine da­ von kehrte um/ griff in die Tasche und warf der armen Fra» einige kleine Münze in den Schooß. Als sie wieder zu ihrer Begleiterin zu­ rückkam/ fragte sie diese: was wollte die Frau? „Poor in distress,” antwortete die Be­ fragte mit einem wehmüthigen Seufzer „and j likewise j am poor.”

(Sie ist arm und elend, und ich bin auch arm.)* *4-

Ein eitler Thor, -er von seinem VermSgen in einer Provinzialsiadt lehte, weil er dort

118

April.

eine der ersten Rollen zu spielen vermeinte/ erfuhr die Kränkung/ doch auch dort manche Zurücksetzung zu erleiden/ weil er keinen Ti­ tel hatte. Um diesem Uebelstand abzuhelfen/ be­ schloß etv eine namhafte Summe daran zu wenden/ sich einen Titel zu kaufen. Er kam deshalb bei dem Landesherrn ein/ und dieser ertheilte ihm gegen die Gebühren/ HaS Prä­ dikat: Rath. Mit diesem Titel prunkte er nun gewal­ tig. Der Magistrat der Stadt und die übri­ gen Honoratioren gaben ihm aber nicht un­ deutlich zu verstehen/ daß der Titel Rath/ ohne Beisatz nichts sagen wolle. Er wandte sich aufs neue an den Landes­ herrn und bat/ diesen Mangel zu ergänzen. Gegen Gebühren wurde auch diesem Gesuch gewillfahrt/ und er bekam das Prädikat: Titulrath. Hierüber wurde nun noch lauter gespöt­ telt und es blieb ihm/ in dieser Verlegenheit/ nichts übrig/ als noch zum drittenmal un­ mittelbar um Abhülfe zu sollieitiren.

April.

119

Auch diesem Gesuche wurde allergnädigst deferirt, und nach nochmaliger Zahlung an­ sehnlicher Stempel und Chargenjura/ machte ihn der Landesherr zum wirklichen Titular Rath. 15. Unter Ludwig XIV. wurden Kleider von Sammet nur von den vornehmsten Per­ sonen getragen. D . . . ein Advokat/ ein sehr eitler Geck/ ließ sich von seinem Schneider ein Kleid von Sammet machen. Als es ihm der letztere brachte/ hatte er sich eines andern be­ sonnen/ weil er mit Recht besorgte/ man möchte ihn über diese Eitelkeit verspotten; er suchte also einen Vorwand/ sich von der An­ nahme und Bezahlung des Kleides loszuma­ chen und behauptete gegen den Schneider/ daß es verschnitten sey. Der Schneider bestritt dies und verlangte Bezahlung. Der Advokat wollte sich zu nichts verstehen und der Schnei­ der sahe sich endlich genöthigt/ deshalb klag­ bar zu werden.

120

2s 4? r i I. Ais Kläger und Beklagter vsr Gericht erschiene»/ sagte der Advokat D - - -: „Ich weigere mich/ das Kleid $« behal­ ten/ weil es mir nicht paßt." Darin haben Sie vollkommen recht/ ver­ setzte der Richter: passend ist es nicht für Sie/ aber da Sie es einmal bestellt haben/ so müssen Sie es dem Schneider bezahlen; es war nicht seine Sache/ dies zu überlegen/ sondern lediglich Ihre. 16. Ludwig XVI. von Frankreich fragte einst den hochbejahrten Marschall von Ri­ chelieu: Sie haben unter drei Regenten ge­ lebt/ finden Sie eine große Veränderung in der Sprache? „Allerdings/ Sire!" versetzte der Mar­ schall: „unter Ludwig xiv. sprach «um „mit den Auge»/ unter Ludwig XV. lis­ pelte man sich leise in'S Ohr, unter Ew„Majestät aber spricht man ganz laut." 17-

Apri l.

12t

17-

Frau von S - - -/ abschreckend häßlich/ pflegte immer sehr viel von ihrer Tugend zu sprechen. Verdrießlich über diese Eitelkeit sagte einst Herr von B ... zu ihr: „Gnädige Fra»/ es giebt Frauen, bei „welchen ihre Tugend kein Verdienst ist." 18. Man fragte einst Joseph H. waö er von dem Kriege der Amerikaner wider Eng­ land dächte? „Mein Stand erfodert es," erwiederte er: „ein Royalist zu seyn."* *9-

Der englische komische Dichter Wicherley versicherte oft, er würde nicht eher heirathcn, als bis er sich dem Tode nahe glaube. Er hielt Wort, als er sein baldiges Ende vermuthete. „Ich habe zwei Dinge gethan," sagte er itzro. F

122

April.

hernach zu einem Freunde: „die mir viel „Vergnügen machen. Ich habe einem jungen „Frauenzimmer ein kleines Vermögen zuge„ wandt/ die es verdient/ und meinen Vetter „ bestraft/ der schon auf meine Nachlassenschaft „rechnete und darauf trotzte." Sein ganzes Vermögen erbte feine Gat­ tin/ dem Vetter vermachte er nur ein gerin­ ges und sehr verschuldetes Gut. Einige Stunden vor seinem Tode sagte er zu seiner jungen Frau: „Ich habe nur eine Bitte/ Liebe/ aber „gelobe mir/ sie zu erfüllen." Sie gelobte es. „Meine Bitte besteht darin/" fuhr er fort: „mir zu versprechen/ nach meinem Tode „keinen alten Mann zu nehmen." 20.

In timt kleinen Stadt in Frankreich bat ein Bader den Erzbischoff von * * *: ihm den Titel als Leibchirurgus zu ertheilen/ weil ihm dies mehr Anfehn und Verdienst verschaffen würde.

April.

irz

Seine Bitten wurden ihm gewährt und da er sich auch mit dem Accouchement abgab/ so ließ er sich ein neues Schild muten / mit der Inschrift: N. N. Leibchirurgus und Geburtshelfer des Erz­ bischofs von * * * 21.

Der Lord Mayor von London/ Sir Richard WhitlingtvN/ gab im Jahr 1419 -em König Heinrich V. und seiner Gemah­ lin ein großes Fest in Guild-Hall. Der Hauptzweck dabei war/ dem Monar­ chen/ nach seiner Eroberung eines großes Theils von Frankreich/ über seine glückliche Rückkehr* seine Freude an den Tag zu legen. Auf Befehl des Lord-Mayor begann das Fest mit dess Anzündung eines großen Feuers von wohlriechenden Hölzern. Als die Flammen hoch aufloderten/ warf Whitlington die vom Könige erhaltenen Verschreibungen über 60/000 Pfund Sterling in das Fruer/ die er §2

124

Apri l

dem Letztem geliehen hatte/ um damit die Soldaten/ während Uä Krieges wider Frank­ reich/ zu bezahlen. „Sire/" sagte er: „die Schuld ist dainit „abgemacht; eü kann nun nicht weiter davon „die Rede seyn." 22.

Der Direktor M . . . hatte dem Schau­ spieler N - - -6 den Contrakt gekündigt. Nachdem dieser noch einen Monat bei der Gesellschaft blieb/ sagte er zu einigen andern Schauspielern: „ Das soll mir der Direktor nicht weiß „machen/ daß er mich entbehren kann. Wer „soll denn wohl mein Fach spielen? Ich habe „ia lauter Rollen/ die kein Mensch will." 2Z.

Frau von G . - ./ eine junge sehr lie­ benswürdige Dame/ mußte verreisen. Den Tag vor ihrer Abreise befand sie sich mit ei­ ner Dame ihrer Bekanntschaft in Gesellschaft/ in welcher auch der Dichter M - . . war.

April.

»25

Allgemein bedauerte man die bevorste­ hende Abreise der Frau von G und die Wirthin sagte zu M . . ich dachte/ Sie machten wenigstens ein Abschiedsgedicht. Sogleich antwortete er: Unseliges Gespann von Pferden: Ach! ihr entfuhrt der Anmuth Königin. O möchtet ihr, fliegt ihr mit ihr dahin, Auf halbem Weg' zu Krebsen werden. Lj.

Zwei Katholiken stritten einst über den Werth der mönchischen Bußübungen. End­ lich beriefen sic sich auf den Ausspruch eines Dritte»/ eines Protestanten/ der ihnen schwei­ gend zugehört hatte. „Worin bestehen diese Bußübungen?" fragte er. Nun, — in Faste»/ Geißeln. „Ich bin mit ganzer Seele dafür?' fuhr er eifrig heraus. Wie? Sie? — Ein Protestant? „Ei freilich! Die Mönche müßen am „besten wissen, was sie verdienen."

126

2l p r > l.

25. hieß/ daß er Wunder thun könnte/ um sich von ihm heilen zu lassen. Als man dies Menage erzählte/ sagte er: „ Ich habe nichts dagegen. Nur weiß „ich nicht/ wie sie auf der Hinreise sich un„terhalten werden; bei der Rückreise hat eö „nichts auf sich/ da muß'schon das Wunder „geschehen seyn." *5-

Ein Kandidat halte eine Probepredigt ge­ halten/ aber so leise gesprochen/ daß ihn nur

Juni.

187

sehr wenzge von -en Zuhörern verstanden hatten. Als die Mitglieder des Raths sich ver­ sammelten/ um über diese Predigt ihr Ur­ theil zu fallen/ sagte einer derselben/ als man seine Meinung zu wissen verlangte: „Zu mir hat er nur mit den Händen „gesprochn und ich hab' ihn nur mit den „Augen gehört; ich kann also nicht ur„ theilen." 24Foote war ein großes Leckermaul; wenn er daher zu Tische geladen wurde und seine Erwartungen nicht erfüllt worden waren/ ließ er darüber seinem Unmuth nach seiner sar­ kastischen Weise freien Lauf. Emst hatte er bei dem Herzog von Leicester zu Dublin gespeiset. Die^ Vewirthung hatte ihm gar nicht behagt und er machte daher von diesem Diner folgende Be­ schreibung : „Das Diner/ ich kann es nicht läugnen,

*33 I u n l ,7war sehr glänzen-/ denn das Büffet mit 77 Silbergeschirr war reich und kostbar/ und .7 wenn man sich aus einem Goldschmidla„den hatte satt essen können/ so wäre vollauf 7, gewesen. Was aber alles übrige befrist/ so „war das Hammelfleisch kreideweiß/ daöKalb,7 fleisch fuchöroth, die Fische hatte man zu spat/ „ das Wildprett zu früh zubereitet. Endlich ,) war alles kalt/ mit Ausnahme des Geftor,7 »eit/ alles sauer, nur der Essig nicht." 25. Ein Spanier von Adel/ dessen Vorfahren Juden gewesen waren, behauptete gegen ei­ nen andern altadeligen Spanier/ daß sein Geschlecht doch das ältere sey. „Daß muß ich Ihnen einräumen/" ver­ setzte der Letztere: „denn zu Abrahams Zei77 ten hat noch keiner von meiner Familie 77 existirt." 26. Bei den Wahlen der Abgeordneten zu Mw Kammern in Frankreich, im Jahre-3 3/

Ä » » i189 fragte ein Bürger in Paris, was die Worte: Ministeriell und Independent, denn eigentlich sagen wollten? „Ministeriell," versetzte Jemand: „heißt: „ich habe eine öffentliche Anstellung; Jnde„pendent: ich suche eine." -7.

Ein Jude kam von England nach Wien als die Kaiserin Maria Theresia noch lebte. Er bewarb sich um den Posten eines Roßarjteö in den kaiserlichen Ställen. Joseph kl. an den er sich deshalb wandte, sagte ihm: seines Wissens würden nur Ka­ tholiken angestellt. „Sind denn die Pferde auch katholisch?" fragte ihn der Jude mit vieler Frechheit. 28Lord Rechtster speisete einst in Ge­ sellschaft von drei Geistlichen verschiedener Glaubensbekenntnisse; der eine war ein Pres-

|9°

Sunt.

bytenaner/ -er andere ein Protestant/ -er -ritte ein Katholik. ES wurde ein Lachs mit einer Sauce von Hummern und Krebsen aufgetragen. Der katholische (geistliche nahm den Kopf -eS Fisches indem er sagte: Roma, caput ecclesiae.

Der Protestant das Mittelstück/ mit den Worten: In medio consistit virtus.

Endlich der Presbyterianer den Schwanj/ wobei er ausrief: Finis coronat opus.

Da -er Lord bemerkte/ -aß auf diese Weise der ganze Fisch bereits getheilt war/ so nahm er den Napf mit der Sauce/ und besprengte damit die drei geistlichen Herren/ indem er ganz ernsthaft sagte: In nomine Domini ego baptiso vos.

29' Voltaire'SOedip wurde im Jahr 1719

.Juni.

191

mit großem Beifall in Paris auf der Bühne dargestellt. Der Herzog Regent beschloß/ dem Dich­ ter dafür ein Geschenk mit einer Medaille zu machen/ ans welcher deü letztem Bildniß aus­ geprägt seyn sollte. Der berühmte Medailleur de Launay erhielt den Auftrag/ sie zu verfertigen und sie dem Dichter an einer goldnen Kette/ nach dessen Bestimmung/ zu überreichen. Launay fragte deshalb Voltaire: Nack welchen Muster er die Kette zu haben wünsche/ mit kleinen Ringe»/ oder mit Per­ len/ oder von Filagram. „Am liebsten war' eS mir/" versetzte Voltaire: „wenn Sie eine Ziehbrunnkette „zum Muster nähmen." 30.

Der Maler Gainöborough malte einst Garrick. Das Bild wollte nicht ähnlich werden-

i9a

I » n f.

„Gott verdamme mich:" rief der Maler endlich verdrießlich aus: „Sie können jedes „Gesicht nachmachen und haben selber kei„neS!"

3«tv

3 3 1

ißao»

u

b

f

I M (■

5

Franklin haßte nichte mehr, als die gro­ ben Ausfälle und beleidigenden Anzüglichkei­ ten/ womit sich die Zeitungsschreiber und Herausgeber von Journalen wechselseitig über­ häufte»/ und ihre Blätter zu solchen Strei­ tigkeiten hergaben. Er schrieb deshalb an eine» Freund: „Vor allen Dingen wollen wir uns hü„teN/ daß wir nie in die Lage komme»/ in „die ein Paar Männer auf einem Kaffee„Hause geriethen. Nachdem sie sich lange „Einer den Ander»/ einen NichtSwürdigen, „Schuft/ Lumpenhund, Einfaltspinsel ge„ schimpft und noch andere ähnliche grobe „Beinamen gegeben/ federten sie einen

i96

Juli-

„der Anwesenden endlich auf/ Schicdörich„ ter in ihrem Streite zu seyn. — Ich kenne „weder Sie, noch den Gegenstand Ihres „Zwistes, versetzte er: aber so viel ist mir „ganz klar, daß Sie sich beide sehr genau „und gut kennen müssen." a.

Vor einigen Jahren wurde einem Arzt in Paris, im Gedränge, seine Uhr aus der Tasche gezogen. Plötzlich trat vor dem Bestohlenen, der seinen Diebstal nicht einmal bemerkt hatte, und seinen Weg verfolgte, ein Mann, der ihn fragte: „ Um Verzeihung sind Sie nicht der Dok„ tor S . . . der im Lazareth ... die Kran„ken besorgt?" Ja, das bin ich. „Sie haben mich darin von einer fdjroc„ ren Krankheit geheilt, und ich verdanke Jh„ nen mein Leben. Jetzt will ich mich dafür „dankbar beweisen. Vor fünf Minuten stahl

I n l i.

197

„ich Ihnen Ihre Uhr, nehmen Sie solche „wieder. " Mit diesen Worten gab er dem Ueberraschten die Uhr zurück und verschwand unter der Menge. 3-

Es gab eine Zeit, wo man die Zimmer mit Heu, und als dies nicht mehr gefiel, mit Stroh bestreute. Als Wilhelm - er Eroberer, der na­ türliche Sohn eines Herzogs der Normandie, im Jahr 1207 geboren wurde und die Amme nicht sogleich Betten bereit hatte, legte sie das Kind auf das im Zimmer befindliche Stroh. Der Knabe faßte eine Hand voll so fest, daß man Mühe hatte, es ihm wieder zu neh­ men. „ Dies Kind fangt früh an, Eroberungen zu machen," sagte die Amme, und dieser Ein­ fall ging späterhin in Erfüllung. Wilhelm eroberte England rmd wurde dessen Beherr^ scher.

ig8

Ä « li4-

Als die Oper Orpheus im Jahre 1690 in Paris aufgeführt worden war, mißfiel sie allgemein. Bei den folgenden Vorstellungen befürchtete man, sie möchte auSgepfiffcn und auögepocht werden. Beides wurde daher strenge verboten. Das Publikum rächte sich Lurch folgen­ des Sinngedicht. Die Oper Orpheus hat vor allen Dem größer» Publikum gefallen, Man hat sie gan; bequem gehört, Man konnte alles deutlich sehen, Kein Pochen und kein Pfeifen hat gestört, Und ohne Drang konnt' man spazieren gehen, Denn der Geschmack war dort incognito Man pfiff und pochte nur in petto.

5-

Mehrere deutsche Fürsten sprachen einst mit vieler Selbstzufriedenheit von ihren Reich­ thümern/ den Umfang ihrer Lander und ih­ rem Ansehn. Der Herzog Eberhard von

Juli.

199

Würtemberg, der auch mit zugegen war, sagte darauf: „Ich bin zwar ein armer Fürst, in die< „sen Stücken weiß ich mich keinem zu ver­ gleichen^ doch aber hab' ich so ein edles „Kleinod in meinem Lande, daß wenn ich „mich im Feld' und Wald vmitten, wäre „ganz allein, und träfe einen von meinen „Unterthanen an, so möcht' ich ihn lassen „niedersi'Hen, mein Haupt in seinen Schooß „legen, und sicher einschlafen, mir sollte ge„wiß kein Leid wiederfahren. ”, 6.

Ern Geistlicher in Paris theilte, wäh­ renddes Carnevals, seine Predigt in folgende drei Abschnitte ein. Im ersten Theil bewies er: daß nicht alle Narren im Irrenhause wären, im zwei­ ten, nicht alle Blinde in dem Blindeninstitut und im dritten, nicht alle Teufel in der Hölle. Die Anwendung auf seine Zuhörer und die Einwohner von Paris ist nicht schwer zu errathen.

200

Juli. 7*

Der Prinz von * * * schrieb an seinen Arzt: Connoissez vous Algarotti?

Der Arzt verwechselte den Verfasser des NewtonianiSmuS für Damen mit Um Ailliotschen Pulver und antwortete: L/Algarotti est blanc, insipide et pesant, tout propre k faire vornji.

6Ein englischer Landedelmann klagte bei dem Bischof von St. Asaph über einen Landpfarrer/ der sich in seiner Mutzezeit mit Uhrenmachen beschäftige. Der Bischof versprach Abhülfe und machte dem Landpfarrer so ernstliche Vorwürfe/ daß dieser sich nicht anders zu entschuldigen wußte/ als damit: daß er eine Frau und zehn Kin­ der habe. „Ich werde Euch so strafen/" sagte der Bischof: „daß Ihr nicht weiter an'6 Uhren„machen denken sollt!" Er gab ihm eine Pfarre von 150 Pfund Sterling jährlicher Einnahme.

I u l i-

201

9-

Heinrich IV. König von Frankreich, trug im Jahre 1607 den evangelischen Für­ st c 11 Deutschlands einen Verein an. Der Herzoglich Würtembergische Mini­ ster, Benjamin vonBulinghausen, er­ stattete an seinen Herrn, den Herzog Frie­ drich, gegen diesen Antrag Bericht, und, nachdem er mehrere Gründe dagegen ange­ führt hatte, schloß er mit nachstehenden beherzigenswerthen Worten: „Zu geschweige«, daß, wie ich aus lan„ger Erfahrung und Beiwohnung weiß, die „Deutschen in keinen ärgern Zustand gera­ then konnten, als wenn die Franzosen im „wenigsten über sie sollten zu gebieten ha„ben." 10. König Friedrich Wilhelm l. von Preußen fragte einst den Feldmarschall von Nahmer: ob er sich in einen Zweikampf einlassen würde?

802

Juli.

„Wenn der/ welcher mich sofort/ den „Christen zu Hause findet," versetzte er: „so stell' ick mich nicht; findet er aber den „Natzmer/ so soll ihn der Teufel holen." ii. Der Cardinal Richelieu machte einst eine Reise von Taraöcon in der Provence bis nach Paris. Um zugleich prachtvoll und bequem zu reifen/ ließ er sich ein Gemach Itmmem/ welches bei schönem Wetter/ statt des DachS/ ein Pavillon von Damast hatte und bei Regenwetter mit Wachstuch bedeckt wurde. In diesem tragbaren Zimmer befand sich ein Bett/ auf welchem er beständig lag/ ein Tisch und ein Stuhl/ auf welchem Jemand saß der ihm vorlesen mußte. Achtzehn Mann trugen dies Zimmer auf den Schulter«/ achtzehn andere folgten ihnen/ um die Träger/ wenn sie müde wurden/ ab­ zulösen. Seine Leibwache/ obgleich lauter Personen von vornehmer Geburt/ stritten um die Ehre, seine Träger zu seyn und trugen

Juli.

203;

ihn wirklich. Zum Beweist/ mit welcher gro­ ßen Ehrfurcht sie dies Geschäft verrichteten/ gingen sie -ie ganze Zeit/ bei jeder Witte­ rung, mit entblößtem Haupte. Das Volk wurde zustmmenberufen und eilte von allen Orten herbei/ um die Wege breiter und ebener zu machen/ selbst um Fel­ sen zu sprengen. Ein Haufen Maurer zog voraus, und wenn die Thore der Städte und anderer mit Mauern umgebener Orte/ welche auf dem Wege lagen/ zu eng waren/ brach man sie ab, um ihm die Durchreise zu erleichtern. Das nämliche geschah an den Gasthöfen und andern Hausern, wo der Cardinal über­ nachten wollte/ so daß seine Leibwache/ wenn er angekommen war/ ihn in seinem Gemache durch die Bresche in den Saal tragen konnte/ welcher für ihn bestimmt war. Mit diesem zerstörenden Pompe kam er, nach einer Reist von 150 Meilen, in Paris an. 12..

Zu einem Patienten, dem es zur Ge-

204

I u l i.

wohnheit geworden war, durch medizinische Hülfsbücher sich selbst heilen zu wollen/ sagte der Dr. Markus Herz: „ Nehmen Sie „sich in Acht, Sie sterben einmal an einen „Druckfehler." iZ. Ein Schauspieldichtek wollte dem Aus­ schuß des französischen Theaters zu Paris ein neues Trauerspiel/ betitelt: RomuluS/ vorlesen. Dev Dichter begann: o Bemus — Dies Oremus erregte unter den anwe­ senden Schauspielern und Schauspielerinnen ein so allgemeines Gelächter/ daß die weitere Vorlesung unterblieb und das Stück gleich bei dem Anfang des ersten Verses verworfen wurde14.

Fox äußerte einst in einer Rede im Un4/ natürlicher konnte man es nicht ge^ „bett! die Schauspieler hatten sogar aus dem „Lethe getrunken." 2ZDer verstorbene Professor K. . . that L L

244

A u g u st.

sich darauf sehr viel zu gut, daß er, wie et meinte, seinen Lchrgcgeiistand, die Polizei­ wissenschaft, sehr praktisch vortrage. Am Schluffe der Vorlesungen stellte er noch eine mündliche Prüfung mit seinen Zu­ hörern an: Einen derselben fragte er bei dieser Gelegenheit: „rons ist die Polizei?" Ein Gefreiter und z>vei Mann, war die Antwort. „Ganz gut," sagte -er Professor: „nur „etwas zu praktisch." 24. Als Ludwig xiv. von einer schweren Krankheit wieder hergestellt war, drückte sich Benserade in dm Stanzen die er bei die­ ser Gelegenheit in der Akademie vorlas, in einer Stelle also auö: „Der Kaufmann verläßt seine Geschäfte, „um sich vor den Altären nieder zu werfen; „der Handwerker seine Werkstatt; der Arzt „seinen Kranken, und der Kranke be„findet sich besser."

A tt g i, st.

-45

-5-

Alö der König Georg n. von England den berühmten General Wolf die Expe­ dition gegen Quebeck auftrug/ sagte der Herzog von Newcastle/ von Neidern des Generals aufgereiht, zu dem Könige: Ich fürchte, das wird nicht glücklich ablaufen, Wolf ist kein umsichtiger Anführer; er ist ein Brausekopf, und handelt oft, wie ein Rasender. „Was Sie mir sagen? — Es mag d'rum „seyn- Ich wünschte nur, Wolf bisse alle „meine übrigen Generale, um sie mit seiner „Raserei anzustecken." r6. Als der Leichnam des Cardinalü M a u r y im Monat Mai >3>7 nach der Chiasa nuova (St- Maria) in.Rom getragen wurde, wo inan die Exequien beging, ward er von dem Pöbel ausgezischtDa sich auf dem Gesichte des Todten schon Spuren vonVerwesung gezeigt hatten, so hatte

-46

Zl u g u st.

man dieses mit einer wächsernen Larve bedeckt/ um bei der gewöhnlichen Abnahme des Sarg­ deckels in der Kirche/ den abschreckenden An­ blick zu verhüten. Die Anwesenden entdeckten aber sogleich diese Larve und man las gleich darauf am Paöquino folgendes Epigramm. Qui giace Mauri, Gallo porporato, Che, vivo e morlo, fu semper mascherato.

Es lieget Maury hier, er legte selbst im Grab', So wie im Leben, nicht einmal die Larve ab.

27.

Der bekannte tapfere Ritter Sebastian SchertliN/ im sechzehnten Jahrhundert/ tröstete einen Soldaten/ der todtkrang lag/ mit der Hoffnung der Auferstehung: „Lieber HerrHauptmann/' sagte derSterbende: „Euch zu gefallen will ich'6 glauben; „ aber Ihr werdet sehen/ es wird nichts d'raus." LgDer Bischof von . . ./ der ganz der Philosophie der Freidenker in Frankreich in

A ug u st.

247

seinen Aeußerungen und Handlungen huldigte, um für einen Mann von Welt zu gelten, sandte an Voltaire einen Hirtenbrief wider die Ungläubigen. Voltaire antwortete ihm darauf: «Tai recu Votre mandemeni; Je Vous envoi ma tragedie, Asm que inmiellement Nous nous donnjons la comedie.

Ihr Hirtenbrief ist mir Ganz richtig eingegangen; Sie mögen nun dafür Mein Trauerspiel empfangen, Ein Lustspiel geben wir So wechfelweif' uns hier.

29. Herr ... ein großer Schmarotzer, be­ gegnete einem Bekannten, als er eben von ei­ nem Mittagsmahl kam. „Wo haben Sie heute gegessen?" fragt« ihn dieser. Bei dem Rath T - - . versetzte der Be­ fragte, und fing nun an, sich über diesen lustig zu mache»

248

A « g n ft.

„Wenigstens sollt«» Sie so lange damit „warten," sagte der Frager: „biß Sie ver„ baut hätten." 3°-

Frau von Fl... schielt stark. Der Prinz T... hat bekanntlich Klumpfüße. „Wie geht'S, mein Prinz?" fragte sie einst. Wie Sie sehen, versetzte er. 3t-

„Seitdem der Cichorien aufgekommen, „hatte der Kaffee das Schicksal, das die dog„matische Philosophie hat, seitdem die kriti„sche erschienen ist," pflegte Salomo» Maimon zu sagen.

September, 3 o Tag«.

^er Pater Andre predigte einst zu Bor­ deaux an einem Tage/ wo man dort ein Fest zu feiern pflegte/ das man das Fest deS großen O- nennt/ und eigentlich alle erst vor kurzem Verheiratete gilt. „Meine lieben Zuhörerinnen?' sagte er in dieser Predigt: „Weil ich heute über ein 7,Fest predige/ daß Euch besonders angeht/ ..so muß ich Euch mit dem Ursprung seines „Namens bekanntmachen und ich kann nicht „umhin/ bei dessen Benennung/ die Weisheit „unserer Altvordern höchlichst zu bewundern/ „weil sie zu diesem Fest ein so passendes Wort „gefunden haben. Wenn ein Vater/ nach „Verlauf eines Jahres seine Tochter fragt/

253

September-

7, wie sie ihren Mann finde? so antwortet „sie ohne sich lange zu besinnen: O mein lie„ber Vater! Welch einen braven Mann haben' „Sie mir gegeben. D wenn Sie wüsten, „wie er mich liebt! wie glücklich ich mit ihm „bin! — Ach! meine werthen Zuhörerinnen! „das ist das Omikron der Griechen, das ist „das kleine kurze O- Aber macht ein Vater „im zweiten oder dritten Jahre die narn„liehe Frage an seine Tochter, so ruft sie „mit trauriger Miene auö: O, lieber Vater! „Wie sehr hat sich alles geändert! Mein „Mann ist ein Spieler! ein Trunkenbold! „ein lockerer Geselle! Ich bin höchst Unglück„lich! Da§, meine andächtige Zuhörerinnen, „ist Las Omega der Griechen, das große „lange O, das den Teufel nichts taugt!" 2,

Der Pabst Benedikt xin. verbot den Geistlichen, Perücken zu tragen. Alle unter­ warfen sich diesem Befehl, mit Ausnahme des Kardinals Alberoni.

September.

253 Als man einst gegen ihn äußerte/ daß der heilige Vater diese Widersetzlichkeit nicht un­ geahndet lassen möchte/ sagte er:

„Ich habe meine Calotte tapfer gegen „seine Vorgänger vertheidigt/ und ich werde 7, also auch meine Perücke gegen ihn zu ver­ theidigen wissen." 5-

Als Sir James Fox Bischof zu Win­ chester war, schellte er einst/ damit sein Koch ihm das Mittagessen auftrage. Der Koch kam/ aber mit leeren Händen. „Höre/" sagte Fox zu ihm sehr freund­ lich: „ich werde Dir sehr verbunden seyn, „wenn Du so bald als möglich das Essen „anrichtest. — Dies sag' ich Dir als Bischof/ „aber/' — fügte er mit barschem Ton hinzu: 7, als Dein Herr/ laß es Dir von mir ein „für allemal gesagt seyn, kommst Du noch „ein einziges mal ohne eine Schüssel in der „Hand,, zu mir, wenn ich zum Mittagessen

September„ klingele/ so schlag' ich Dir/ (Sott soll mich „strafen! alle Knochen im Leibe in Granat„ stücken." 254

4-

Der Doktor H . . . hatte sich hauptsäch­ lich darauf gelegt/ die Wahnsinnigen zu heilen. Er bildete sich eilt/ in der Behand­ lung dieser Unglücklichen ganz neue Entdekkungen gemacht und fast unfehlbare Mittel zu ihrer Wiederherstellung aufgefunden zu haben. Um davon das Publikum zu unterrichten/ machte er eine Bekanntmachung/ die er in die Zeitungen einrücken ließ. Sie hatte die Ocberschrift: „Zur Beherzigung für Wahnsinnige." 5-

Der Oberste . . . rühmte sich, daß er die besten Hoboisten bei seinem Regimente habe/ „aber/" setzte er hinzu: „das ist auch „lediglich mein Werk. Als ich zum Komman-

September.

255

„teyr des Regiments ernannt worden mx, „ machten sie eine abscheuliche Musik. Alles „Reden half nicht/ da ließ ich zwei bis drei/ „einigemal auf den hölzernen Esel reiten/ .„und nun geht alles ganz vortrefflich." Da sieht man/ was ein Esel vermag! rief eine Dame aus. 6.

Als im Jahr 1782 der Pabst Pius VI. nach Wien kam/ fragte der Erzbischof/ Kar­ dinal Migazzi/ kurz vor dessen Ankunft/ bei dem Kaiser Joseph ll. an: ob nicht auch bei dem Einzüge des Pabstes mit den Glocken gelautet werden solle?" „Mich wundert'S/ daß Sie mich darum „b/frageN/" antwortete der Kaiser: „die „ Glocken sind ja Ihre Artillerie." 7-

Im Jahre 1776 am 7. September hatte der Kaiser Joseph n. bei Prag ein Lager

256

September.

von fünf Bataillons in eben der Gegend auf­ schlagen lassen, wo im Jahr 7757 der Gene­ ral v. Schwerin die Fahne in der Hand, heldenmüthig die Preußen zum Kampf gefüvct hatte und gefallen war. Als die Truppen dort eben vorbei marschirten, sprengte der'Kaiser herbei, ließ halt machen, kommandirte ein Bataillon-quarre um den Baum, an welchem Schwerin seinen Geift ausgehaucht hatte, stellte sich in die Mitte, und befahl dem Grafen v. Nugent, Las Andenken Schwerin'6 durch eine drei­ fache Salve aus dem groben und kleinen Geschütz und durch Kriegesmusi'k zu ehren. Der Befehl wurde sogleich vollzogen, bei leder Salve nahm Joseph seinen Hut ab und ließ nach dieser Todtenfeier jedem Sol­ daten, der noch wider Schwerin gefoch­ ten hatte, einen Dukaten und den sämmtli­ chen anwesenden Truppen für diesen Tag einen doppelten Sold zahlen. 6Mehrere Geistliche fanden sich über eü

September.

257

nige Stellen in de Thon'6 Geschichte sehr beleidigt. Sie wollten sich deshalb bei dem König Heinrich IV. von Frankreich unmit­ telbar beschweren. Der König erfuhr dies und als sie um eine Audienz bei ihm baten und vorgelassen wurden/ kam er ihnen/ de Thon'6 Werk in der Hand/ mit den Wor­ ten entgegen. „Da erhalt' ich eben de Thou'S neue „Geschichte. Was halten Sie davon/ meine „Herrn?" Einer davon nahm das Wort und ver­ setzte: es sey ein in vielen Stücken schätzbares Werk/ und wollte nun durch eine feine Wen­ dung auf die anstößigen Stellen kommen/ indem er fortfuhr: nur ist es auffallend — „Daß er von so vielen so genau unter„richtetist/" fiel ihm Heinrich in die Rede: „aber/ darüber müssen Sie sich nicht wun„dern: ich habe ihm selbst die Thatsachen „ und die dazu nöthigen Notizen geliefert." 9-

Im englischen P^rlement kam einst eine

258

September.

Beschwerde über -ie Nachtwächter zur Spra­ che, denen man den Vorwurf machte/ daß sie ihren Dienst/ zum großen Nachtheil des Pu­ blikums/ in hohem Grade vernachlaßigten. Ein Mitglied des Unterhauses schlug vor: man sollte durch eine Bill die Nachtwächter dazu verpflichten/ daß sie bei Tage schliefen/ damit sie während der Nacht desto muntrer wären. „Dann muß ich bitten/" rief Sir Ja­ mes Creer': „mir die Ehre zu erweisen/ „auch mich namentlich in diese Bill mit auf„ zuführen; denn ich leide so entsetzlich am „Podagra/ daß ich weder Tag noch Nacht „ein Auge zu thun kann." 10.

Ein Adeliger sagte einst in einer Gesell­ schaft: „Hätte ich einen dummen Sohn/ so „müßte er Prediger werden." Darauf antworte ihm ein Geistlicher in der Gesellschaft:

September.

*59

„Ihr gnädiger Herr Vater hat anders „gedacht." IT.

Eine herumreisende berühmte Sängerin/ war auch nach Großbrittanien übergeschifft. Sie befand sich zu Cork in Irland/ ge­ rade/ als einige Schiffe von einer weiten See­ reise angekommen waren und die Matrosen dadurch viel Geld verdient hatten. Auch davon wollte sie Vortheil ziehen. Sie überlegte aber/ daß der Ohrenkihel ihrer Triller/ Cadenzen und Ruladen keinen großen Reiz für die rohen Seemänner haben dürfte/ und sann nun auf ein anderes Mittel/ ihre Neugier rege zu machen. Sie kündigte also an/ daß sie ein Kon­ zert zu Pferde geben würde. Sie sang auch wirklich/ auf einem stattlichen Gaul sitzend/ in einem großen Stall und es fehlte ihr nicht an Zuhörer von dem Schifsvolke. 12.

Eine Opernsängerin in Paris verließ

26o

September:

die Bühne/ und wurde die Maitresse des Ge­ neralpachters Roll in. Nach Verlauf von einigen Jahren be­ suchte sie einst die übrigen Sängerinnen der Oper im Ankleidezimmer. Eine junge erst vor kurzen engagirte Aetrice fragte: wer ist die Dame? „Kennen Sie sie nicht?" versetzte die Schauspielerin Sophie Arnould: „e6 ist „die alte Geschichte von Rollin." rZEin Adjudant trat einst den König Karl XII. von Schweden tut/ und beschuldigte ei­ nen General/ daß er seinem Posten nicht ge­ wachsen wäre. „Ich danke Ihnen für Ihren Eifer/" versetzte Karl: „aber lernen Sie/ daß man „vonNiemand Uebels reden darf/ wenn man „ mit einem Könige spricht. " 14. Der Marquis de la Farre war lange der erklärte Liebhaber der Frau von Se-

September-

261

vign e. Sie geriethen aber einst Beide über einen literarischen Gegenstand in einen so heftigen Streit/ daß der Marquis auf immer mit ihr brach und nun einer andern Dame den Hof machte/ die nichts weniger als hübsch war. Mein Gott/ fragte ihn Jemand/ wie konnten Sie einen solchen Tausch treffen? „Meine neue Geliebte ist doch wenig„stens keine Gelehrte. ” >5 Kein Jesuit erfuhr die innere Einrichtung 1 und Absichten des OrdenS/ der nicht das vierte Gelübde abgelegt hatte/ und auch von solchen wußten eü bei weitem nicht alle. Daher ist das Sprichwort entstanden: Nemo seit, quid Jesuita fit, nisi Jesuita sit, et si Jesuita sit, etiam non seit.

16.

Ein Schauspieldichter sprach viel in ei­ ner Gesellschaft über seine theatralischen Ar-

s6s

(September.

leiten/ und äußerte seine Verwunderung ge­ gen einen Anwesenden/ daß dieser keinen Ti­ tel von nur einem seiner Stücke kannte. Sie gehen also wohl nie in'6 Schauspiel­ haus? fragte der Dichter mit einem Ton der Verachtung. „Nie in die erste Vorstellung/" ver­ setzte der Gefragte: „aber ich versäume kein „ Stück/ wenn etf öfter aufgeführt wird." !?• „Ein Frauenzimmer geht mit den Män„nern mit/ wie ein geschickter Schachspieler „mit den Steinen/" pflegte Pope zu sa­ gen: „keiner fesselt seine Aufmerksamkeit so „sehr/ daß er nicht auch, auf andere seine „Blicke heften sollte/ um zu sehen/ welche „Vortheile ihm diese gewähren können." 18. Der Marschall Türenne foderte/ als ein Knabe von zwölf Jahren/ einen Offizier

September.

263

zum Zweikampf heraus/ weil er die Geschichte Allexanders des Großen vom Quintus Curtius für einen Roman erklärt hatte. *9-

Eine Dame/ die Anspruch machte/ eine tiefe Denkerin zu seyn/ sprach mit dem Pro­ fessor K . . . über das Vergnügen/ das sie darin fände/ sich mit dem Studium der Me­ taphysik zu beschäftigen. Ja/ sagte er: dies Studium erweitert unsere Ideen und erhebt uns über dies Leben. „Uber dies Leben? " fragte sie und setzte mit Pathos hinzu: „nein/ Herr Professor/ über die Ewigkeit'." 20.

Kurz vor dem Tode der Frau von Stael hatte sich das Gerücht in Paris verbreitet: es würde nächstens ein Roman von ihr in

September. drei Theile unter dem Titel: die Gewalt der Tugend/herauskommen. Man sprach davon in einer Gesellschaft. 7, Ach/ da wird man sich viel Gewalt an,, thun müssen/ ihn von Anfang bi6 zu Ende „zu lesen!" Rief ein Spötter aus. 264

21.

Eine Schauspielerin/ welche die Gräfin Terzky spielte foderte als Requisit ein Bund Schlüssel. Was wollen Sie damit? fragte der Re­ gisseur. 7,Welche Frage!" rief sie aus: 7,in mei„ner Rolle Heist es ja ausdrücklich: „Ich bin die Letzte meines HauftS/ „ich schloß eö und licf're Ihnen hier die „Schlüssel aus." So werden oft die Dichter verstanden. 22.

Lord P . . h war zur Zeit der englischen Revolution sterblich in die schöne Lady S..n per­

September.

265

verliebt/ die eine große Freundin der Vö­ gel war. Sie hatte in einem Kaffeehause unweit Gerring-Croß einen Kanarienvogel singen ge­ hört/ und bat ihn/ ihr diesen zu verschaffen. Die Fra»/ welcher der Vogel gehörte/ harte ihn sehr lieb/ so daß sie eine ansehnliche Summe/ die der Lord ihr dafür anbot/ ansfthlug. Da er kein Mittel sah/ ihn für Geld zu bekommen/ beschloß er/ ihn umzutauschen; er suchte also einen von derselben Farbe und Gestalt zu erhalten und e6 gelang ihm/ da er in dem Hause sehr bekannt war/ ihn in Abwesenheit der Frau in den Käsig zu schaf­ fen/ und gegen den andern zu vertauschen. Um allen Argwohn zu vermeiden/ besuchte- er das Kaffeehaus nach wie vor; er hütete sich aber wohl/ des neuen Vogels zu erwähnen, der ein Weibchen war. Zwei Jahre darauf/ als einmal zufällig das Gespräch auf den Vogel kam/ sagte er zu der Frau: ich habe Ihnen vor langer Zeit viel Geld für Ihren Kanarienvogel geboten, 1820.

M

266

September.

Sie haben mir ihn nicht lassen wollen; ich wette/ daß es Sie jetzt gereut. „Keineswegs" erwiederte sie: „ich geb' „ihn jetzt um alles in der Welt nicht weg; sollten Sie es wohl glauben/ daß seitdem „unser guter König England hat verlassen „müßen/ das liebe Thierchen auch nicht ein „einziges Mal gesungen hat? " 23.

MS zu . . ./ in kurzer Zeit eine Menge von Conzerten zum Besten der Armen gege­ ben und Musiker und Sänger dadurch geplagt wurden/ sagte ein Opernsänger: „Gott sey'S geklagt! Wenn das so fort„geht/ so requiriren sie zuletzt unsre Lungen „zu Armensuppen." 24.

Der Abbe von Laval besaß wenig ge­ lehrte Kenntniß/ er war aber übrigens bieder und voll Mutterwitz. Er wurde zum Bischof

September.

267

von la Nochelle ernannt. Als er dort ein­ traf/ um den bischöflichen Stuhl einzuneh­ men/ wollten die Geistlichen/ unter dem Schein/ ihm eine Ehre zu erweisen/ sich über ihn lustig machen. Sie empssngen ihn daher mit einer feierlichen Anrede in griechischer Sprache/ wovon der neue Bischof nicht eine Sylbe verstand. Er hörte den Redner mit vieler Auf­ merksamkeit an/ und als dieser schwieg./ ant­ wortete er ihm in dem Volksdialekt von Niederbretagne. Er sprach wohl eine halbe Stunde ununterbrochen/ und die sämmtlichen Geistlichen verstanden davon ebenfalls kein Wort. Sie verließen den neuen Bischof sehr ärgerlich/ ihren Zweck verfehlt zu haben, denn statt/ daß sie die Lacher auf ihrer Seite hatten haben wollen, wurden sie nun ihrer Seits ausgelacht. 25Bei einer großen Dürre stellten die Bür­ ger zu * * * eine allgemeine Prozession an, M2

263

September.

tun sich van Gott Regen zu erbitten. Bald darauf regnete es wirklich; da aber die Bür­ ger das Gebet ohne Wissen des Magistrats gehalten Hattert/ so verwies dieser ihnen das Verfahren/ und erklärte das eigenmächtige Gebet für null und nichtig. 26. I. I. Roußeau'S Schriften wurden bekanntlich/ als ketzerische in Frankreich ver­ brannt. Roußeau schrieb an den Erzbischof von Paris: „Verbrennen heißt nicht widerlegen." 27. Doktor BoSwell erzählte einst Sa­ muel Johnson/ daß sich einer seiner Be­ kannten/ besonders durch das Lesen von me­ taphysischen Schriften/ ganz ungläubig studirt habe. „Nun so muß er sich wieder aus dem „Unglauben herausstudieren/' versetzte John-

S e p t e m be tv

269

sott: „dies ist das einzige Mittel. Wenn „man recht viel trinkt/ wird man wieder „ nüchtern." 23.

Herr de la I 0 bardiere beschwerte sich/ nach der Wiederkunft der Bourbons in Frank­ reich/ über die pariser Polizei. „Vor fünf und zwanzig Jahren," sagte er: „dursten wir einen Perückenmacherbur„schen umbringen/ und zahlten dafür zehn „Thaler/ für die Ermordung eines Spions ^fünfzig Franken. Neulich hab' ich mit mei„nem Kabriolet ein altes Weib übergefahren/ „ es ist nur etwas beschädigt worden/ und e6 „hat mir hundert Thaler Entschädigung gc„ kostet. So können wir nicht bestehen." 29-

Ein Oberrichter in Irland hielt Ln einer Sitzung/ wo über einen groben Verbrecher ein Urtheil gefällt werden sollte/ vor dem Ge­ schworengericht einen so langweiligen Vor­ trag/ daß alle Beisitzer einnickten und auch

270

September.

-er Kerkermeister/ der den Verbrecher vorge­ führt hatte/ einschlummerte. Einer der Zuhörer/ der solches bemerkte und fürchtete/ der Verbrecher möchte diesen Umstand zu seinem Vortheil.benutzen und sich davon schleichen/ rief dem Sprecher zu: weckt doch den Kerkermeister auf! „Das ist nicht nöthig/" versetzte der Rich­ ter: „der Jnquisi't schlaft so fest/ wie sein --Wächter." 30. Crebillon war sehr krank. Sein Arzt H e r m a n t sagte einst zu ihm bei einem Besuche: „Wenn Sie sterbe«/ lieber Freund; so ver„machen Sie mir Ihr Manuscript von Cati„lina." Crebillion antwortete mit einem Verse aus Rh ad amist: ,,Ah! doit on heriter de cenx qu’on as,,saasine ? "

(,, Wie, kann man den deerben, den man „mordet?")

Oktober 31 Tage..

Äls im Anfange des sieben.iehrigen Krieges -ie sächsische Arme gefangen genommen war/ bezog Friedrich U. zwischen dem KdnigSstein und Sonnenstein das feste Lager der Sachsen und nahm sein Hauptquartier in Sirupen auf dem dasigen Rittergute/ welches einer vcrwittweten Obristin von Raiöky gehörte/ deren einziger Sohn sich unter den gefange­ nen sächsischen Offizieren befand. Die Obristin war damals sehr krank/ und da der König das untere und mittlere Stock des Schlosses inne und seine Dienerschaft sich das ganze oberste zugeeignet hatte/ so mußte die kranke Wittwe ihr Unterkommen in einer kleinen Vedientenstube in dem entferntesten

Oktober. 274 Winkel -es Gebäudes mit ihrer weiblichen Bedienung suchen/ und dort ihr Krankenla­ ger aufschlagen. Als nach den ersten Tagen wieder Ord­ nung und Ruhe eingetreten war/ ging der Dorfgeistliche/ mit Namen Gotzing er/ auf das Schloß/ um die Obristin zu besuchen. Er nahte sich der Hausthüre des Schlosses; ein Schildwache stehender Gardesoldat wieß ihn/ doch mit Bescheiheit/ zurück/ denn ihm sey es verboten/ keinen in diese Thüre einzulassen/ weil eS der König nicht gern sahe/ daß ihm Jemand auf der Treppe begegne; er möchte daher durch den Garten zur Hinterthüre gehen. Der Prediger befolgte diesen Rath; als er sich aber der Hinterthüre näherte/ sah er den König auf der dicht an derselben be­ findlichen steinernen Bank im tiefsten Nach­ denken sitzen/ gebückt und das Kinn auf die Krücke seines Stockes gestützt. Er zögerte einen Augenblick/ ob er weiter gehen oder umkehren sollte/ doch der Gedanke/ daß er seiner Patronin einen Besuch mache/ um

Oktober.

*75

ihr Trost und wenn etf möglich / Beistand zu bringen/ machte ihn beherzt. Er nahte sich dem Könige langsam und ehrerbietig. Kaum hatte ihn Friedrich bemerkt/ so fragte er ihn: „Ist Er der Prediger des QrtS?" Ja/ Ew. Majestät. „Zu wem will Er?" Zur Frau Obristin von Raisky; sie ist sehr krank und wünscht meinen Zuspruch. „'.So? — man hat mir nichts von der „Krankheit meiner Wirthin gesagt; geh' Er „und sag' Er ihr/ daß ich sie auch besuchen „werde." Der Prediger ging und die kranke Obri­ stin empfing ihn -mit Freuden. Er machte ihr sein Gespräch mit dem Könige bekannt/ und die Lage/ in der sie sich befand/ worüber die Obristin sehr niedergeschlagen war/ ver­ anlaßte den Prediger/ zu religiösen Betrach­ tungen- Mitten in dieser ernsten Unterhaltung unterbrach ihn der König durch seinen Ein­ tritt in das Zimmer der Kranken. Götzin-

27 6

O k t 1) b e r.

ger stand auf* und wollte auf die Seite treten. „Bleib' Er fitzen!" rief ihm Friedrich zu: „und fahr' Er fort; ich will sehen/, ob „Er was gelernt hat." Gotzing er gehorchte/ ohne in Verlegenheit zu gerathen/ und als er glaubte/ dem Befehl des Königs genügt zu haben/schwieg er und trat bescheiden auf die Seite. Jetzt nahte sich Friedrich dem Bette -er ObristiN/ bedauerte/ daß sie frans sey und er nicht früher davon etwas erfahren habe. „Haben Sie Kinder?" fragte er nun. Einen Sohn/ welcher Lieutenant bei der nämlichen Garde ist/ bei welcher mein ver­ storbener Mann gestanden hat. Jetzt ist er aber Ew. Majestät Gefangener. • „Will er nicht Dienste bei mir nehmen?" Er ist mein einziges Kind und Erbe die­ ses Gutes. „Ja/ dann ist es billig/ daß Sie ihn be„ halten. — Aber/ was ist das für ein schlecht „tes Zimmer? Das ist keine Wohnung und „noch weniger ein Krankenzimmer für eine

Oktober.

277

.. Dame. Es scheint/ als wenn Sie sich vor -mit hierher geflüchtet hätten. Das haben „Sie nicht nöthig. Ich will Sie nicht ver„-rangen. Suchen Sie sich ein bequemeres „und gesunderes Zimmer aus." Die Obristin stockte und erwiederte mit sichtbarer Verlegenheit/ daß sie jetzt kein best seres haben könne. Der König merkte diese Verlegenheit und befahl/ ihm ohne Rückhalt zu sagen/ weshalb sie hier ihre Wohnung auft geschlagen habe? Sie sagte ihm nun/ daß seine Umgebung das ganze oberste Stockwerk eingenommen und ihr nur dies kleine Stüb­ chen gelassen hätten. „Das ist ganz wider meinen Willen/" rief Friedrich aus: „meine Leute sollen „Sie nicht verdrängen. Sie/ als meine Wir„rhitt/ müssen den ganzen oberen Stock zu „ Ihrem Gebrauch haben. Ich werde sogleich „befehlen/ ihn zu räumenz ein Jeder kann „sich in sein angewiesenes Quartier im Dorfe „verfügen." Nun nahm der König Abschied von der Obristin und versprach ihr seinen Leibarzt zu

278

Oktober.

schicke»/ auch sie wieder zu besuchen. Dann unterhielt er sich noch mit dem Prediger/ sprach mit ihm von der L erb nitz sehen und Wolfschen Philosophie und fragte ihn end­ lich : ob seine Soldaten sich auch gut gegen ihn betragen hatten? Hierauf verließ er das Zimmer. Es war gerade in dem Augenblick/ wo seine Diener­ schaft damit beschäftigt war/ sich das Mit­ tagessen anzurichten. „Was wollt Ihr Tölpel?" rief er ihnen verdrießlich zu: .,scheert Euch fort und un­ tersteht Euch nicht/Euch hier in dieser Etage 7.sehen zu lassen." Auf das eiligste machte Jeder/ daß er davon kam. Gleichsam/ wie durch einen Zauberspruch/ war die gedeckte Tafel mit sämmtlichen hungrigen Gasten verschwunden. Die Obristin kam von dem Augenblick an in den ungestörten Besitz dieses Theils ihres Schlosses. Sir John S ... sandte einem Freunde

Oktober.

$79

durch seinen Bedienten Wildprett. Dieser/ ein Irländer/ übergab etf demjenigen/ für den es bestimmt war/ selbst/ und als solcher er­ wiederte: lasse mich bestens bedanken;" blieb der Bediente noch immer vor ihm stehen. Geh' er nur immer/ mein Freund/ sagte der Beschenkte; e6 ist schon gut. „Aber Sir/" versetzte der Bediente/ sich in den Kopf kratzend : „wenn mein Herr mich „nun fragt: was ich als Tringeld bekom„men habe/ was soll ich ihm antworten?" 3Das Tanzen/ selbst schon rasches Gehen halt jeder Morgenländer für unanständig/ wenn er nur irgend Ansprüche auf Rang nncht. Der vorletzte persische Gesandte zu Lon­ don sah daselbst ein Ballet/ das eine Szene aus dem Leben Peters - es Großen zum Gegenstand hatte. Er beschrieb bald daraufin einer Depesche

Lgo

D stöbet-

an seinen Hof/ wie vortrefflich man ihn zu London aufgenommen habe/ ja man habe sogar die feine Achtsamkeit für ihn gehabt/ dem Erzfeind der Perser (damals hatte Ruß­ land mit Persien Krieg) den moftovischen Czaar in der demüthigen Handlung deö Tan­ zes darzustellen4Erklären Sie mir doch den Unterschied zwischen Whigs und ThoryS in England/ sagte der König von Frankreich Ludwig XVI. zu dem Minister VergenneS. -.Sire/ der Unterschied liegt blos in den „Worten/" versetzte der Befragte: „dieTho--rys sind WhigS/ so lange sie sich um eine .-Stelle bewerben/ und die Whigs sind Tho„ry6/ sobald sie die Stelle erhalten haben." 5Als Mozarts Don Juan zum ersten­ mal in der musikalischen Akademie zu Pa-

Oktober.

2S1

ritf gespielt wurde und nicht gesteh weil Acreurs und Orchester die Oper aufführten/ ohne sie zu versteh»/ sagte Ga rat: 77 Don'Juan ist incognito in der Oper ..gewesen.'-' 6.

Vor mehreren Jahren verurtheilte man in London einen alten Mann/ der unter Ver­ brechen ein Greis geworden war/ zum Tode. Als man ihm das Todesurtheil ankün­ digte/ fragte man ihn/ was ihn zu einer so gefährlichen Lebensart verleitet und weshalb er sie so lange fortgesetzt habe? „Aus den nämlichen Gründen/" erwie­ derte er: „warum man sich in den Glücks„ Wechsel des Handels einläßt. ES war viel „Wahrscheinlichkeit/ daß ich- einen großen „Gewinn dabei machen/ viel Wahrscheinlich­ keit/ daß ich nicht dabei entdeckt und viel „Wahrscheinlichkeit/ daß ich nicht ertappt „werden würde/ und wenn man meiner auch „habhaft geworden/ so blieb immer viel

2g2

O kL o h e v.

„Wahrscheinlichkeit/ daß ich nicht überführt/ ,, und wenn sogar dies auch geschehen/ so sah „ich immer noch einige Wahrscheinlichkeit/ 7,daß ich nicht gehangen werden würde." 7Ein Jude kam zu dem Minister von Z . . ./ und bat um die Erlaubniß zum An­ kauf eines Gutes. Er habe schon zweimal darum angehalten/ sey. aber immer abschlä­ gig beschieden worden. Ja/ lieber Freund! erwiederte der. Mini­ ster: ich find' eS nicht zuträglich und werd' es daher nicht zugeben, daß Juden Güterbesiher werden. „Main/" versetzte der Jude: „so müssen „Ew. Exzellenz auch nicht zugeben: daß Gü„terbesi'tzer Juden sind." 8. Als die Kirchen der Hugonotten in Frank­ reich zerstört worden waren, >sagte ein Prälat in einer Rede an Ludwig xiv,

Oktober.

283

„Die Trümmer und die Bruchstücke „dieser Kirchen, die gleich schädlich für den „Staat wie für die Religion gewesen sind, „werden auf ewige Zeit die ruhmwürdigsten „Denkmäler von Ew- Majestät Gottesfurcht „ bleiben." 9-

Mein Verstand ist Leiter meines Spieles, sagte Lord O — y. „Nicht möglich!” rief Albinia: Grä­ fin von Buckingham: „sonst würden Sie „niemals hoch spielen." 10*

Ehe H ein rieh V. auf den Thron von England f88

Oktober.

MS er einst im Schauspielhause zu Pa­ ris mit 5peftigkeit behauptete/ er kenne kei­ nen schlechtem lyrischen Dichter als Guillard/ sagte ChcroN/ ein geistreicher Schau­ spieler zu ihm: „Ach/ Herr Chevalier/ Sie „vergessen sich." *5♦ Der Präsident Seguier befand sich/ bei det Darstellung eines Trauerspiels mit andern Herren und Damen in einer Loge. Alle zerflossen/ tief gerührt/ in Thränen/ nur Seguier blieb kalt wie Eis. Als ihm eine der Damen darüber ihre Verwunderung zu erkennen gab/ versetzte er: „Ei nun/ für'6 erste/ ist die Sache ja „nicht wahr/ für'ö zweite/ wenn sie'6 auch „wäre/ was geht sie mich an." i6.

Jakob II. von England verliebte sich in die Tochter des Sir Charles Sedley; sie wurde

Oktober.

*89

wurde Mb seine erklärte Geliebte tmb er er­ hob sie zur Gräfin von Dorchester. Der Vater der neuen Gräfin fand sich durch diese Auszeichnung nichts weniger als geschmei­ chelt/ vielmehr empörte sie ihn, da sie gleich­ sam eine öffentliche Kundmachung der Schande seiner Tochter war. Er entschloß sich also/ der Verschwörung/ deren Absicht mv, den König des Throns zn entsetzen/ beizutreten und sagte einst zu einem vertrauten Freunde darüber„Nichts hass' ich mehr/ als Undank! Der „König hat meine Tochter zur Gräfin ge„macht; ich will es nun versuchen/ seine „Tochter zur Königin zu machen." i7Ein Korse hatte auf seinem Arm sieben F. eingebeizt. Als man ihn fragte: wie er dazu gekommen? sagte er: „mein Vater hat „sie mir in meiner Kindheit einbeitzen lassen/ „und mir dabei eingeprägt/ sieben Dinge zu „meiden/ die alle mit einem F. anfangerr. i32o. N

ago

Oktober.

„ Femine, Franci, Furbi, Fungi, Farne, Foreste, „ Forche."

(Frauen/ Franzosen, Schelme/ Schwäm­ me/ Hunger/ Fremden/ Galgen.) 18. Nach der Schlacht bei Leipzig am i8Oktober iZrz sprach man an einem öffelttlichen Orte in Berlin davon/ daß/ obgleich/ Buonaparte dabei die jungen Garden selbst angeführt/ doch dies nichts gefruchtet habe. Aber warum hat er auch die jungen und nicht die alten Garden angeführt? fragte Je­ mand. „Warum?" versetzte ein Israelit: „das „ist keine Frage; die alten wollten sich nicht „mehr anführen lassen."* *9Herr P... kam auf den unglücklichen Einfall/ schon hoch bei Jahren/ da es jetzt zum guten Ton gehört/ Verse machen zu kön­ nen/ sich auch auf die Poesie zu legen.

Oktober.

291

Mit großer Eitelkeit las er Jedem unaufgefodert seine sogenannten Gedichte vor/ die aus Reminiszenzen aus den Werken anderer Dichter zusammengesetzt waren/ und brachte Andre in die Verlegenheit/ um nicht unhöfzu scheinen/ diesem Bombast, wider Ueberzeu­ gung, Beifall zu schenken. Als einst in P. . .'S Gegenwart von der Dichtkunst die Rede war, sagte M. . ./ den Blick auf P . . . heftend: „Die Dichtkunst hat viele Aehnlichkeit „mit den Pocken. Wenn man sie erst im „Sitter bekömmt/ sind beide sehr gefährlich „und pflegen in der Regel ungemein zu ver„unstalten." 20. Den bei Collin gebliebenen kaiserlichen Feldmarschall-Lieutenant von Lützow/ einen gebornen Meklenburger/ fragte nnst die "Kai­ serin Maria Theresia: ob er nicht katho­ lisch werden wolle? „Ich bin ein alter Mann/' versetzte er: N 2

292

Oktober.

7, ich hab' Ew- Majestät so lange gedient; „wer Gott nicht treu ist/ kann auch Men„sehen nicht treu seyn; lassen Sie mich nur „bei meinem Glauben." Die Kaiserin klopfte ihn auf die Schul­ ter und sagte: „Mein lieber Lützow/ da bleib' er da­ rbet. ” 21.

Der Abbe de la Galaisiere war ein vertrauter Freund von Herrn O rri/ ehe der letztere General - Controller der Finanzen wurde. Als er diese Stelle erhalten hatte/ machte er einen alten Bedienten zu seinem Schwei­ zer. Galaisiere wollte seinen Freund besu­ che»/ der neue Schweizer that/ als ob er ihn Nicht kenne. „Mein Freund/" sagte der Abbe: „Ihr „seyd viel zu früh unverschämt. Euer Here „ist eö ja noch nicht."

Oktober.

29Z

22. ' Im Jahr 1797 sandte -er römische Hof den Marquis Massimi mit ostensiblen Auf­ trägen in Civitgeschästen nach ParisSein in Form eines Breve abgefaßtes Beglaubigungsschreiben war vom Pabst an „unsere vielgeliebten Söhne in Christo/ die „Mitglieder desVollziehungedirektoriums der -'französischen Republik/" überschrieben und der apostolische Segen war darin den Direk­ toren ertheilt. Später ward/ um den abwesenden Marquis Massimi zu ersehen/ der Graf Joachim Gori rossi nach Paris gesandt und mit ei­ ner neuen Ausfertigung dieses Breve versehen. ES enthielt solches ebenfalls den apostolischen Segen/ aber unten am Blatte der Ausfertigung war in der italienischen Note/ — mit diplo­ matischer Vorsicht — bemerkt: e6 wäre dieses Breve in zwiefacher Form/ mit dem aposto­ lischen Segen und ohne denselben/ ausgefer­ tigt worden/ um davon/ nach den Umstanden/ Gebrauch zu machen.

*94

Oktober.

23. Bei'der Besitznahme eines Theils des ehemaligen Königreichs Polen im Jahr 1793/ welches den preußischen Staaten damals un­ ter der Benennung Südpreußen einver­ leibt wurde/ erhielt diese neue Acquisition eine den alten Provinzen ähnliche Organisa­ tion/ und es wurden auch darin Landräthe angestellt. Ein Herumtreiber aus dem russischen An­ theil Polens wurde in der Kurmark aufge­ griffen/ und da er durch nichts nachweisen konnte/ wovon er sich zu ernähren im Stande sey/ mittelst Schubs nach seiner Heimash zu­ rückgeschickt. Dieser Transport geschieht der­ gestalt/ daß er von Gemeinde zu Gemeinde zu Fuße transportirt/ wenn er aber krank­ heitshalber den Weg nicht zu Fuße machen kann/ durch eine sogenannte Krüppelfuhre von Dorf zu. Dorf gebracht wird. Dieser polnische Bettler wurde nun/ da er nicht weiter gehen konnte/ mit einer sol­ chen Krtppttfuhre in das erste Südpreußi­ sche Dorf abgeliefert. Hier hielt man diese

Oktober.

295 für Vorspann und der Herumtreiber fuhr nun mit solchem gemächlich bis an die südpreußi­ sche Grenze. Nach einer gesetzlichen Bestimmung muß jeder/ der mit Vorspann fahrt/ darüber/ daß er solchen erhalten/ quittiren/indem auf diese Quittungen die bestimmte Geldvergütigung für jede Meile den Vorspannern gezahlt wird. Auch dieser Pole stellte solche Quit­ tungen aus. Die Sache wäre vielleicht nie zur Kenntniß der obern Behörde gekommen/ hatten nicht der Landrath des Kreises dem­ nächst/ behufs der anzuweisenden Vorspannvergütigungen/ auch diese Quittungen einge­ reicht/ und hatte man nicht zu seinem größ­ ten Erstaunen ersehen/ daß dieser Kerl sich unter solchen unterschrieben N- N. Königs. Preuß. Vagabonde. 24. Ein Hofmann fragte Moliere: wie sind Sie mit Ihrem Arzte znfrieden?

596

Oktober.

„O ganz gut/' verschte Meliere: „wir ..unterhalten untf dann und wann ganz an­ genehm; wenn ich krank bitt/ verschreibt er „ mir fleißig Arzneimittel; ich lasse sie nie „machen und werde wieder gesund." 25.

Ein Mann/ der im Ruf der Frömmigkeit stand/ hatte die Accise betrogen. Er wurde deshalb zur Verantwortung gezogen. Zu sei­ ner Entschuldigung bezog er sich auf die Bi­ bel; Matth. 17. V. 24 — 57. 26.

Ludwig XIV. von Frankreich ließ einst deiü Pabst/ bei Gelegenheit einer zwischen beiden obwaltenden Zwistigkeit/ sagen: eS ste­ het in der Bibel: Ihr Vater/ reizet eure Kinder nicht zum Zorn. „Dies steht allerdings in der heiligen „Schrift/" versetzte der Pabst: „aber es steht „auch darin mit klaren Worten/ daß die „Kinder ihren Eltern gehorchen sollen."

Oktobe v.

297

27.

Als Karl xil. von Schweden aus Ben­ der in feine Staaten zurückgekehrt mv, ritt er einst/ von einem kleinen Gefolge begleitet/ spazieren. Weit hinter sich ließ er solches zurück/ denn seine rastlose Seele fand nirgends Ruhe. So kam er ganz allein an eine Feldpforte/ wie sie jetzt noch in Schweden/ Liefland und Rußland gebräuchlich sind/ um das Vieh von den Bepflanzungen abzuhalten. Karl öffnete vom Pferde die leicht auf­ zumachende Pforte/ verschloß sie aber nicht wieder durch den hölzernen Riegel/ weil er sein Gefolge hinter sich glaubte. Der Eigenthümer des OrtS/ ein Fahndrich bei der Armee/ stand gerade einige Schritte davon/ und da er den König nie nahe gesehen/ ihn also nicht kannte/ so schimpfte er sehr und verlangte/ er solle au­ genblicklich umkehren/ da hier weder ein Weg/ noch es überhaupt erlaubt sey/ hier zu reiten; wenigstens sey e6 höchst unvernünftig,, die Pforte offen zu lassen.

-§3

Oktober.

„Schweig/" rief ihm Karl verdrießlich entgegen: „und mache Dir Deine Pforte „selbst zu" Diese Antwort schien dem Gutsbesitzer so unverschämt/ daß er dem Pferde des Kö­ nigs wüthend in den Zügel fiel/ um es zu­ rück zu halten. Karl hochergrimmt griff nach dem Degen/ aber sein gewandter/ stär­ kerer Gegner riß ihm diesen aus der HandJetzt zog Karl sein Pistol und drohte, ihm die Kugel durch den Kopf zu jagen, wenn er den Degen nicht augenblicklich auf einen na­ hen Stein legen würdeDer Gutsbesitzer sah sich gezwungen. Lies zu thun; „ aber hätte ich nur ein.Pistol, '> rief er eben so zornig: „so solltest Du das 7,Prahlen wohl lassen!" Geh', ich will warten, hol' ein Pistol! rief der König und wirklich eilte fein entrü­ steter Gegner nach der nahen Wohnung und kehrte nach einigen Augenblickin hastig mit einem Pistol zurück- Wie stutzte er aber, als er Las inzwischen angekommene Gefolge des Monarchen, und unter demselben seinen eige-

Oktober-

299 tun ihm wohlbekannten Obersten gewahr wurde. Er merkte nun/ wer der Unbekannte sey — und kehrte erschrocken still wieder um. Karl'S Gefolge sah mit Erstaunen/ daß der König/ ohne ein Wort zu sage» vom Pferde stieg und seinen Degen von einem Stein holte. Wie sehr jeden dies auch be­ fremdete/ so erlaubte sich doch keiner einer neugierigen Frage. Karl hingegen erkun­ digte sich nach einer Weile/ wie von unge­ fähr/ nach dem Namen und Stand des Gutsbesitzers und als einige Tage darauf das Regiment/ bei welchem dieser stand/ vor ihm ausmarschiren mußte/ sprengte er auf den Fahndrich zu/ hielt ganz dicht vor ihm/ sah' ihn eine Weile starr an und sagte dann end­ lich in sanftem Tone: „Sie sind Lieute,,nant!" -8-

Einem französischen Herzoge wurde einst prophezeiht/ daß er in einem Aufstande um­ kommen würde. ES geschah aber nicht. End-

3oo

Oktober.

lich siel er in eine gefährliche Krankheit; da wurden eine Menge Aerzte zu ihm berufen, und als er sie hereintreten sah/ rief er aus: „Ach/ lieber Gott! jetzt geht die Pro,-phezeihung doch in Erfüllung." 29Zu Anfang der Fastenzeit hatte einst ein französischer Finanzpächter unter Ludwig XV. Anwandlungen von Frömmigkeit und ging zur Beichte. Er vertraute in solcher seinem Beichtva­ ter: daß er seinem Sohne eine Abtei ge­ kauft habe. Der Geistliche nahm ein gro­ ßes Aergerniß an dieser Simonie/ und ver­ sagte ihm die Absolution/ bis er sich die­ ser unerlaubten Erwerbniß wieder entledigt hatte. In der Osterwoche kam der Finanzpachter wieder in den Beichtstuhl/ um dem näm­ lichen Geistlichen zu eröffnen/ daß er seine Weisung befolgt..

Oktober

301

„ Mein Sohn genießt die Pfründe nicht ..mehr, ehrwürdiger Vater!" sagte er: „ich „habe sie wieder verkauft/ und zwar für den„ selben Preis / den sie mir gekostet. Ich „hatte leicht mehr dafür bekommen können/ „aber mein Zartgefühl erlaubte mir nicht/ „einen Heller daran zu gewinnen." 50. Einige Engländer suchten den Bischof von Quebect/ der auf der Reise von ihnen abgekommen war. Eie trafen einen Wilden an/ und fragten ihn: kennst Du den Bischof von Quebeck? „Wie sollt' ich nicht/" antwortete er; „ich hab' ihn gegessen." 3i“

Die Kaiserin Katharin n. von Ruß­ land nahm einst in einer kleinen Stadt ein Loos bei einem Scheibenschießen und erhielt den ersten Gewinn.

502

Oktober.

Da nun die Schühcngesellschaft eö für unschicklich hielt/ ihr einen Geldgewinn zu überschicken/ so ließ man dafür einen Becher mit nachstehender Inschrift verfertigen/ wel­ cher der Monarchin übersandt wurde. Sie trifft, sie trifft überall: Des Freundes Herz, des Feindes Macht, Den ersten Gewinn in unsrer Schr'itzengilde.

November, 30 T wie das Haar.)

4Man fragte eine Dame/ welches der schönste Teint wäre. „Der Teint der Schämnwar ihre Antwort. 5Wahrend der Herzog von Vendome das

3io

November.

französische Heer in Spanien befehligte/ er­ hielt er ein sehr schmeichelhaftes Handschrei­ ben von Ludwig XIV. Als er es einem Offizier zeigte/ äußerte dieser/ um ihm etwas recht verbindliches zu sagen: der König sollte Ihre wichtigen Dienste doch auf eine andere Art belohnen/ als blos mit leeren Worten und Papier. Der Herzog versetzte stolz: „Männer wie „ich können nur durch Wort und Schrift be„lohnt werden." 6.

Der Erzbischof von Au sch Demaretö/ ein Bruder des GcneralkontrolleurS/ war ei­ ner der größten Sonderlinge. Er brachte sein Leben in Paris in einer kleinen gemie­ theten Wohnung/ und im Schlafrock zuEr sah Niemanden bei sich und las in vielen Jahre» keinen der Briefe/ die er er­ hielt und die/ unentsiegelt/ zu großen Haufen anwuchsen. Ludwig Xiv. erfuhr endlich diese Le­ bensweise/ und/ da er sie anstößig fand/ so

November.

3"

erhielt der Erzbischof den Befehl/ sich in sei­ nen Kirchsprengel zn verfügen. Nun war dieser in der größten Ver­ legenheit/ er sollte nicht allein sein Zimmer verlassen/ und seinen Schlafrock ablegen/ son­ dern auch seine Gläubiger befriedigen/ denn er hatte schon lange Zeit vom Borgen ge­ lebtEndlich schlug ihm sein Sekretär vor/ den Briefhaufen und die versiegelten Pakete zu öffnen/ um zu sehen/ ob sich nicht etwas darunter befände/ was ihm jetzt nützlich seyn könnte. Von allen Hülstqnellen entblößt/ willigte er ein. Der Sekretär unterzog sich dem Geschäfte und fand für 150/000 Livre Wechselbriefe von verschiedenen Zeiten her/ de­ ren bisher unbenutztes Daseyn ihn oft an Allen hatte Mangel leiden lassen. Er begab sich nun an den Ort seiner Bestimmung/ und war nicht mehr in Verlegenheit/ seine Bedürfnisse zu bestreiten. 7Jarrrowick (Eiornovichi) der Lieblings-

gi2

November.

Zögling des berühmten Lulli kündigte in Lyon ein Konzert an/ und bestimmte den Preis der Einlaßkarten auf sechs Franken. Nur Wenige erschienen. Um sich an die Lyoner zu rachen/ setzte er das Konzert auf diesen Tag aus und das Entree auf drei Fran­ ken herunter. Alles strömte herbei/ aber Jarnowick war schon mit Extrapost weiter gereist.

8. Ein Reisender fand in einem WirthShause zu Dringel bürg auf einer Fenster scheibe folgende Verse eingeschieben. D'aiiner n'est il donc plus possible; Ah; dites moi, mes eher amis, Ou trouverai - je un coeur sensible? Ken est il plus en ce pays ? Me faudra - t - il toute ma vie Languir tout seul, ou völliger Pres d'une veritable amie J'ai laut besoin de m'engager.

Oh

No ve m b e r.

5l3

Oh femmes, combien Ton abuse, En esperant tous enilammer, Tout vous distvair, tous vous amuse, Vous n'aves pas le tems d'aimer. Le C 1i e v. d e M —- I.

Sollt' denn die Möglichkeit verschwinden Zu lieten? Freunde, sagt mir doch 'Wo ist ein zärtlich Herz zu finden? Giebt es denn keines im Lande noch? Soll ich allein beständig schmachten? Wie? Oder flattern hin und her? Und Eine wahre Freundin achten Und lieben, wünscht' ich doch so sehr! Euch hoffnungsvoll sein Her; verschreiben, Hat, Mädchen, viele schon gereut. Die Zeit kann alles Euch vertreiben, Zum Lieben nur habt Ihr nicht Zeit.

Darunter laö man von einer andern Hand: 'Tis in vain, that we hope to inspire Wilh reciprocal passiern the fair, 'Tis tristes alon« they admire — For love they 're no moments to spare.

O hoffe nicht, den Strahl von wahrer Liebe In Deiner Schönen Her; zu leiten. Wär'ö möglich, das, bestrickt von Kleinigkeiten, Ein Augenblick zu Lieb' ihr übrig bliebe?

1&20.

O

5*4

November. 9-

Der Dechant von S - . . gab einem erst angestellten, sehr braven, kenntnißrcichen und eifrigen Kaplan, eines kleinen Versehens wegen, in einem Briefe, der in einem sehr stolzen Tone geschrieben war, einen derben Verweis mit einer sehr anmaßenden Zurecht­ weisung zum Beßermachen. Der Kaplan, welcher sein kleines Verse­ hen anerkannte und willig änderte, war über den anmaßenden Ton des Dechanten entrüstet und beschloß, durch seine Antwort allen fernern Chikanen vorzubeugen. Er schrieb deshalb dem Dechanten lakonisch zurück: A bove majori discit arara mrnor! canus et ego.

De-

io. Ein Tartar betrieb zu Ende des vorigen Jahrhunderts, (178O bei einem russischen Kollegium zu St. Petersburg eine ihm deireffende Angelegenheit zwei Jahre lang, und er konnt« nie «ine Entscheidung erlangen.

November.

3'5

Endlich gerieth er an einen bei diesem Kollegium angestellten rechtschaffenen Mann, mit Namen Vierort, der ihn ganz gedul­ dig und freundlich anhörte. Dieser versprach ihm, sich nach seiner Sache ju erkundigen, und, wo möglich, ihre Beendigung zu be­ wirken, weswegen er ihn an einem bestimm­ ten Tage wieder zu sich beschied, um ihm den Erfolg seiner Bemühung bekannt zu machen. Der Tartar stellte sich znr festgesetzten Zeit ein, und erhielt erwünschten BescheidNach vielen tartarischcn Verbeugungen und Danksagungen stand er eine Weile in tie­ fem Nachdenken und sagte endlich: „Herr, erlaube noch ein« Frage." Auf erhaltene freundliche Erlaubniß, fuhr er fort: „Herr, Du bist doch wohl kein Christ?" Und warum fragst Du so? erwiederte Vierort„Weil Du ein so menschenfreundlicher, gerechter und dienstfertiger Mann bist;" verO 2

Zr6

November.

setzte der Tartar: „so hab' ich noch keinen „Christen kennen gelernt." Dierort erklärte ihm nun in einem weitern Gespräch, was das echte Christenthum von seinen Bekennern erheische. Der Tartar, voll von Freude/ äußerte nun: wie seine Na­ tion sich wundern würde/ wenn er ihr dies alles erzählte. ii. Ein Handwerksgeselle sollte/ nach den Zunftgesetzen/ drei Jahre auf Wanderung gehen; er konnte sich aber nicht dazu ent­ schließen. In Uebereinkunft mit seinem Lehrherrn blieb er bei solchem/ wo er diese drei Jahre/ in dessen Wohnung, in dem obersten Geschoß versteckt arbeiten und nachher vorgeben sollte/ er sey auswärts gewesen. Eine Zeitlang ging alles recht gut. Ei­ nes Tages aber, als sein Bruder auf der Straße Prügel bekam, sah er dies von seinem Dachfenster eine Weile zu; endlich konnte er

N o v e m 0 t r.

3*7

es nicht langer ruhig ertragen/ er öffnete also das Fenster und schrie. „Du infamer Schurke! wenn ich nur „nicht in der Fremde wäre/ so würd' ich „schon längst heruntergekommen seyn/ und „Dich derbe durchgewalkt haben." ,

12

Fm Jahr ,3*6 foderte Jemand in Pa­ ris in einem Buchladen ein Exemplar der Constitution vom Jahr 1814. „Mein Herr!" versetzte der Buchhänd­ ler: „ich führe keine periodische Blätter."

13Ein junger Mann bewarb sich eifrig um die Gunst einer Sängerin/ deren Herz sich aber nur mit einem goldnen Schlüssel öffnen ließ. Einst beklagte er sich/ daß er von ihr nichts als leere Versprechungen erhielt. „Man muß ein großer Neuling seyn,"

318

November.

sagte Frau von C . . „wenn man noch „nicht weiß/ daß ein Liebhaber/ der nur „Seufzer ausgicbt/ auch nur mit Hoffnungen „bezahlt wird." 14. Vor der französischen Revolution misch­ ten sich Frauen von einem gewissen Range in Alles; sie schickten ihre Männer oder Vä­ ter zu den Ministern; sie konnten zudringlich seyn/ ohne die Schicklichkeit zu verletze«/ so gar zu weit gehen/ ohne daß man/ nach dem damals herrschenden To«/ darüber klagen durfte/ und die Anspielungen/ die sie in Ge­ sprächen machten/ verfehlten bei den meisten Staatsmännern-ihre Wirkung nicht. Auch Neck er hörte dergleichen zudring­ liche Foderungen sehr höflich an/ und lieh solchen Anspielungen ein geneigtes Ohr/ aber er war zu verständig/ um solche Kunstgriffe nicht zu durchschauen. In solchen Fallen nahmen die Damen ihre Zuflucht zum Pathos, nannten die rühm­

November.

319

vollen Namen, welche sie führten und fodcr« ten ein Fahrgeld, wie sich ein Mann von Verdienst über eine unverdiente Zurücksetzung beklagt haben würdeWas sind tausend Thaler jährlich für ei­ nen König von Frankreich! rief einst eine Dame aus. „Tausend Thaler," antwortete Necker: „sind mehr als die Steuern eines ganzen „Dorfs."

5

» -

Ein türkischer Heerführer redete seine Soldaten mit folgenden Worten an: „ Seht, hier über Euch ist der Himmel, „kämpfet für Gott, und er wird Euch di« „Erde gebrn." 16. Der berühmte Musiker Ra me au starb in Paris im drei und achtzigsten JahreDer Pfarrer von St- Sülpice war an sei«

Z2o

November

item Sterbebette. Ermüdet von dessen Zu­ spruch rief 9ta me(tu in einem FieberparoxiSmuö aus: „Was zum Teufel/ Ihr Hochwür„den, Sie fingen ja falsch!" 17Jgnatiuö Loyola, der Stifter des KefuiterordenS/ machte folgende Ordensregel: „Es ist das erste Gebot jedes Schülers', „daß er in der Hand feines Obern wie der „Kehrbesen in der Hand einer Magd seyn, „und sich, wie ein Kehrbesen zu Allem ge­ brauchen lassen muß." 18In Washington las man im Jahr i8»8 nachstehende Ankündigung an den Stra­ ßenecken: Elegante und vernünftige Belusti­ gungen. Am 4. d. M. wird Herr Cartwright in der großen Halle zu Washington dem verehrten Publikum den Genuß ferner must-

November.

3-rr

kalischen Glaser und philosophischen Feuer­ werke verschaffen. Er wird alle geschmackvolle Kenner der Harmonie mit dem beispiellos reizenden Klange seiner großen Sammlung harmonischer Gläser erfreuen/ welche im Vor­ trage der Melodien/ im Ausdruck und in der Lieblichkeit des Tones in der ganzen Welt ih­ res Gleichen suchen/ und die berühmtesten Kompositionen der englischen/ schottischen und irländischen Meister zum Besten geben. Die Belustigung schließt mit einer Darstel­ lung der glänzendsten philosophischen Feuer­ werke. Sie übertreffen Alles, was in der Wissenschaft der philosophischen Pyrotechnie bis jetzt je in der Welt gehört und gesehen worden ist/ und werden ohne allen Rauch/ Schießpulver und Knall hervorgebracht. Der Eintritt kostet einen Dollar.* *9Heinrich l^. von Frankreich wurde einst von den Deputaten einer kleinen Stadt/ auf der Durchreift/ mit einer Rede empfan-

Z22

November.

gen. Mitten irr dieser Rede schrie ein Esel. „Sachte! Sachte! Einer nach dem andern! „meine Herren!" sagte der König. 20.

Wie kommt e6, daß man so selten ver­ liehene Büche wieder erhalt? „ES ist leichter/" versetzte N - „die „Bücher als ihren Inhalt zu behalten." 21.

Bald nach der Einnahme von Dresden zu Anfange des siebenjährigen Krieges wohnte dort Friedrich der Große einer Predigt des Superintendenten am Ende bei. Die Predigt wurde über die Worte des Evangeliums gehalten: „gebet dem Kaiser/ was „des Kaisers ist/ und Gott/ was Gottes ist." Der Kanzelredner/ weit davon entfernt, dem Sieger Schmeicheleien zu sagen/ sprach in dieser Predigt mit Ruhe und besonnener Mäßigung darüber/ daß einem Jeden das

November.

32z

Seine gebühre/ nämlich 1) Gott 2) -em Kaiser/ 3) -em Nächsten/ 4) der Welt das Ähre/ 5) dem Tode das Seine und 6) der Ewigkeit das Ihre. Am Schlüße sagte er mit vieler Freimüthigkeit von den Pflichten gegen den Landesherrn: „das Vand zwischen „Haupt und Glieder ist heilig und darf, „wenn anders ein Staat bestehen und des „Landes Wohlfahrt gesichert und befördert „werden soll/ nicht verletzt werden." Dann betete er für seinen flüchtig gewordenen Lan­ desherrn und für den königlichen. Zuhörer. - Friedrich befahl -em Superintenden­ ten am Ende diese Predigt drucken zu las­ sen/ und sie ist auch unter nachstehenden Titel demnächst herausgekommen: Predigt über das ordentliche Evangelium am 23. Sonntag nach Trinitatis, welche in höch­ ster Gegenwart Sr. königl. Majestät von Preußen in der Kreuzkirche zu Dresden am 2i. November 1756 gehalten und auf höchst­ gedachten Sr. königl. Majestät ausdrückliches allergnädigstes Verlangen dem Druck übergeben worden von Dr. Joh. Jo ach. Gottlob

3»4

November. t\ m Ende, Pf. und Superintendenten auch des Oberconststorii ?lssessorn daselbst.

In der kurzen Vorrede zu dieser Predigt wird zugleich erwähnt/ daß Friedrich der Große zu Dresden schon im Jahre 1745 einer von seinem Feldgeistlichen in der Kreuz­ kirche gehaltenen Predigt mit beigewohnt

habe. 22. Beaumarchais lieg einst sein Stück/ die Hochzeit des Figaro/ zum Besten des Findelhauses/ aufführen. Dies gab Veranlassung zu nachstehendem Epigramm. De Beaumarchais admires la souplesse! En bien, en mal lich begraben. „Ach!" rief seine Gemahlin auö: „wie „würde sich mein Mann freuen/ wenn er „diessehen tonnte; er war ein großer Freund „von solchen Ceremonien." 26.

In einem Gespräch über die französische Revolution/ rief der Prinz Heinrich von Preußen/ Friedrich de6 Großen Bruder/ auö: niemand kann wenigstens laugnen/ daß

Z2Z

Nov e mb e v.

sie über viele Dinge großes Licht verbreitet hat. „Gnädigster Herr/" antwortete der Ge­ heime Rath Aneillon: „sollte eS nicht „das Licht einer Feuersbrunst seyn/ die ver„ wüstet/ statt zu leuchten. ”

27. Einst wurde zu *'* * das von Kotzebuesche Stück der Abbe de L'Epee ge­ geben.. Kurz vor dem Anfang des Schauspiels kam ein Reisender an/ dev/ sobald er im Gasthofe abgestiegen war/ gleich in'6 Theater eilte. Ganz entzückt und ergriffen kam er in sein Absteigequartier zurück und setzte sich an den Speisetisch.; die übrigen Gaste/ die größtentheils auch aus dem Theater gekommen/ waren nicht minder enthusiasmirt. Man sprach über das Stück. Ein Offizier/ der Kotzebue als das Universalgenie der ganzen civilisirten Welt verehrte/ brachte ihm ein Lebehoch! und Alle stimmten mit ein. Wahrend man so sich un-

No vemo e t:

329

terhielt, überreichte der Kellner dem neu an­ gekommenen Reisenden das Fremdenbuch/ um sich/Behufs der Meldung bei der Polizei/ einzuschreiben. In der Zerstreuung schrieb er den Namen: Kotz ebne. Kaum hatte dies der Wirth gelesen/ so zischelte er es einigen seiner täglichen Gaste/ als eine interessante Neuigkeit in'6 Ohr. Die Kunde von der Anwesenheit des be­ rühmten Mannes wurde bald allgemein. Man behandelte nun den Fremden mit so tiefer Eh­ rerbietung/ daß er nicht wußte/ was dies zu bedeuten habe. Sein ernstes Schweigen be­ stärkte den Glauben der Gesellschaft. Da der Fremde zuvor geäußert/ daß er sich nur bis Morgen dort aufzuhalten gedenke/ so entfern­ ten sich einige Gaste/ um ihre Familie und Freunde an dem Glücke Theil nehmen zu las­ sen den großen Mann zu sehen. Die Gast­ stube fül-te sich nach und nach so an/ daß der Wirth/ um den Zudrang zu verringern, auf den klugen Gedanken kam/ Einlaßgeld zu fodern. Der Theaterregißeur war auch herbei­ gestürzt; er Ließ sich das Fremdenbuch zeigen

33°

November.

und als er den Namen Kohebue gelesen hatte/ rief er mit Pathos aus: „Er ist'S/ er ist'S! der Dichter sonder „Gleichen! der unsere Kassen füllt! ich siehe „mit ihm in CorreSpondenz/ ich muß ihn um„armen!" So drängte er sich /durch die Menge neugieriger Gaffer/ flog auf den Frem­ den zu und schloß ihn mit theatralischem Ansiand an seine Brust. „Ich habe Sie mir aber viel schmächti„ger vorgestellt!" rief der Regisseur aus: „Sie sind sehr stark." Ja/ versetzte der Fremde: dies bringt mein Geschäft so mit sich. Diese Antwort und die weitern Aeuße­ rungen des Fremden sielen den Anwesenden auf und Mancher flüsterte dem Andern zu: dies könne Kohebue nickt seyn. Der Regisseur wollte/ Ehren halber/ sich nichts merken lassen/ sprach ununterbrochen sehr lebhaft und erkundigte sich am Ende: ob er seinen letzten Brief richtig empfangen habe/ dessen Inhalt er mit einigen Worten anderrtete.

November.

331

Der Fremde wußte von nichts bemerkte aber/ daß er darüber doch keine Auskunft hatte geben können/ indem er blos mit Käsen handle. Das Erstaunen der Umstehenden war nicht klein/ als sie dies hörten. Es folgte nun bald die völlige Auflösung des MißverständnissesDer Fremde bat/ wegen seiner Zerstreuung/ um Entschuldigung/ jedoch mit dem richtigen Zusatz: wie er es nicht begreifen könne/ daß man einen Mann/ wie den Herrn v. Kotzebue mit ihm/ denschlichten Käsekrä­ mer/ hätte verwechseln können.

Ein Reisender trat im Spätherbst in das Gastzimmer eines Wirthshauses. „Ich sterbe vor Kalte/ Frau Wirthin!" rief er/ sich die Hände reibend: „wertn Sie „nicht mehr Wärme in'S Zimmer schaffen." Daß soll gleich geschehen/ erwiederte die Wirthin und schnitt eilfertig Spane zurecht. „Das sind gute Aussichten/' meinte der

532

N o v e n: b e r-

Reisende: „ wie Sie'S anfange»/ lauf' ich „Erfahr zu erfrieren." Wie so? „Ich wünsche/ daß man einheizen möge/ „und Sie machen Späne.» -9„Man könnte ein köstliches Buch aus dem machen/ wovon Sie nichts wissen;» sagte ein Witzling zu Jemand/ den er schrau­ ben wollte. Gelassen antwortete dieser: „Aber wahrlich ein recht schlechtes aus „dem/ was Sie wissen-»

30. Zwei junge Aerzte von Genf/ Namens La Roche und Ovicr übten ihre Kunst ge­ meinschaftlich und besuchte» gemeinschaftlich ihre Kramen. Da ihre Praxis nicht sehr glücklich war/ so hießen sie allgemein/ der Tod und Com­ pagnie-

December,

5 * Tag«.

Der Kardinal Mazarin ließ diejenigen/ denen er eine Gunst erwies gewöhnlich sehr lange darauf warten. Ein witziger Kopf sagte daher von ihm: „dem Kardinal Mazarin ist man mehr Dank „schuldig/ wie jedem andern/ der einem „eine Wohlthat erweist/ denn die Art und „Weise/ wie er eö thut/ entbindet den Be„günstigten zugleich von aller Erkenntlichkeit-" s.

Meine Tochter hat Witz/ sagte die sehr einfältige Lady Water. „Zum Bewundern/" rief ein Spötter: „ eö ist aber kein Fünkchen Mutterwitz dabei."

55Ö

Dreembe r.

3Herr de la C. . gehörte zur Zahl der Geschmeidigen. Seit der Revolution in Frank­ reich hatte "er es immer mit der herrschen­ den Partei gehalten/ hatte dann vor Buonaparte sich knechtisch geschmiegt und nach seinem Sturz den kriechenden Schmeichler der Sieger gemacht. Man warf ihm dies einst in einer Ge­ sellschaft vor. Was sollt' ich machen? sagte er: ich be­ fand mich ja immer zwischen Ambos und Hammer. „Deshalb sind Sie auch so platt!" ver­ setzte Frau von D . . ..

4Die Venetianer hatten mit dem Kaiser Maximilian i. langwierige Streitigkeiten. Endlich beschlossen sie/ ihm den Krieg anzu­ kündigen. Zu dem Ende schielten sie einen Gesandten zu ihm/und dieser/ ein unerfahrner und aufgeblasener Mann, trat mit seinem Se-

December.

337

Sckretair, zum Kaiser/ und sagte «ichtS/ als die Worte: Venedig kündigt dem Kaiser Maxi­ milian den Krieg an. Der Kaiser/ statt darüber sich zu entrü­ ste»/ erwiederte lächelnd: „Geht/ geht; nur thut mir den Gefal„len/ und führt den Krieg eben so närrisch, „als Ihr ihn ankündiget."

5Die Königin Elisabeth von England litt einst an heftigen Zahnschmerzen, und konnte sich/ trotz alles Muthes, dessen sie sich rühmte, doch nicht entschließen, den kranke» Zahn, der ihr diese Schnierzen verursachte, herausziehen zu lassen. Alles Zureden des Zahnarztes und ihrer Hoffeute war vergebens. Da setzte sich der Bischof von London, Ayl mar, der zuge­ gen war, in einen Lehnstuhl, winkte dem Zahnarzt, öffnete den Mund und zeigte mit dem Finger auf einen seiner ganz gesunden Zähne. Er ließ sich solchen herausziehen und

,gro.

P

338

Decembe r.

wies ihn hierauf ganz kaltblütig den Anwe­ senden. Elisabeth erstaunte über eine solche gleichgültige Ruhe, gab ebenfalls dem Zahn­ arzt ein Zeichen, und ertrug ohne ihren Schmer; zu verrathen, diese Operation mit vieler Standhaftigkeit. 6. Man sagte allgemein in Paris, daß die Comtesse Fanny von Brauharnais die unter ihren Namen erschienenen Gedichte sich von Dorat habe machen laßen. Als dieser gestorben war, cirkulirte in Paris nachstehendes Epigramm von Guich ard: Dorst n'est plus, »srez-Tous ce qu'ondit? Que Beauharnais ca a perdit 1'Csprit.

Dorat ist tobt, weißt Du wohl, was das heißt? Die BeauharnaiS verlor den Geist.

7Der König von Preußen Friedrich Wilhelm 1. war ein sehr eifriger und streu-

Decem b er.

359

ger Gottesverehrer. Er hatte die Gewöhnheit/ besonders wenn er krank war und im Bette lag/ sich von seinem Kammerdiener den Morgen- und Abendsegen vorlesen zu lassen. Einst las der Kammerdiener auch den am Ende des Abendgebetes stehenden Segen mit/ aber aus allzugrofier Höflichkeit änderte er solchen auf folgende Weise: der Herr segne Sie! „ES heißt nicht so!” rief der König. Der Kammerdiener/ der die aufbrausende Hitze des Monarchen aus eigener Erfahrung kannte, merkte wohl, daß er gefehlt haben möchte/ aber in der Bestürzung, wußte er nicht, worin fein Fehler bestehe, er las also noch einmal: der Herr segne Sie.' „Hundsfott! so heißt e6 nicht!" schrie der König, indem er ihm die Nachtmütze an den Kopf warf; lies noch einmal. Der arme Vorleser gerieth dadurch noch mehr in Verwirrung, bemühte sich vergeblich, seinen Irrthum einzusehen, und las noch ein­ mal: der Herr segne Sie. Jetzt kannte der Zorn des kranken Königs

P 2

34»

December.

kerne Grenzen mehr/ und