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German Pages 224 [274] Year 2013
Michael Höveler-Müller
Am Anfang war Ägypten Die Geschichte der pharaonischen Hochkultur von der Frühzeit bis zum Ende des Neuen Reiches
Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. © 2013 Verlag Philipp von Zabern, Darmstadt/Mainz ISBN: 978-3-8053-4607-8 Layout und Umschlaggestaltung: TypoGraphik Anette Klinge, Gelnhausen Umschlagabbildung: Kolossalfigur Ramses II. in Memphis. Foto: Dominik Knippel Druck: Grafisches Centrum Cuno GmbH & Co. KG, Calbe Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf fotomechanischem Wege (Fotokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer Systeme zu verarbeiten und zu verbreiten. Printed on fade resistant and archival quality paper (PH 7 neutral) · tcf Weitere Publikationen aus unserem Programm finden Sie unter: www.zabern.de Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-8053-4649-8 eBook (epub): 978-3-8053-4650-4
Inhalt
Vorwort zur 2. Auflage
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Grundlagen
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Am Anfang …
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I. Frühzeit und Frühdynastische Zeit (ca. 6000 – 2707 v. Chr.) Der lange Weg zur Einheit – Die prädynastische Zeit Das Zusammenwachsen der beiden Länder – Die Thinitenzeit
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II. Das Alte Reich (3. – 8. Dynastie, ca. 2707 – 2202 v. Chr.) und die sog. Erste Zwischenzeit (9. – 11. Dynastie, ca. 2202 – 2014 v. Chr.)
Die Dynastie der Gottkönige – Die 3. Dynastie Aufbruch zu den Sternen – Ägyptens Zeit der Pyramiden – Die 4. Dynastie Die Dynastie der Sonnenkönige – Die 5. Dynastie Die Dynastie des Niederganges – Die 6. Dynastie Ende und Neubeginn – Die sog. Erste Zwischenzeit
58 66 82 102 119
III. Das Mittlere Reich (11. – 12. Dynastie, ca. 1976 – 1794 v. Chr.) und die sog. Zweite Zwischenzeit (13. – 17. Dynastie, ca. 1794 – 1550 v. Chr.) Ägyptens zweite Reichseinigung – Die thebanische 11. Dynastie als neue Reichsdynastie Expansion und Propagandaliteratur – Die 12. Dynastie Die Herrschaft von Usurpatoren und Fremdländischen – Die sog. Zweite Zwischenzeit
128 134 153
IV. Das Neue Reich (18. – 20. Dynastie, ca. 1550 – 1093 v. Chr.) Die Dynastie des Aufstiegs – Die 18. Dynastie Ägyptens Neuanfang – Die 19. Dynastie Das letzte Aufleuchten ägyptischer Macht – Die 20. Dynastie
160 203 227
Epochen und Könige von der 1. bis zur 20. Dynastie
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Abkürzungsverzeichnis
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Allgemeine Abkürzungen
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Anmerkungen
246
Literaturverzeichnis
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Abbildungsnachweis
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Vorwort zur 2. Auflage »Die Gegenwart ist wie eine Koralleninsel, die über das Wasser hinausragt, aber aufgebaut ist aus Millionen toter Korallen unter der Oberfläche, die niemand sieht. Genauso ist unsere alltägliche Welt aufgebaut aus Abermillionen von Ereignissen und Entscheidungen der Vergangenheit. Was wir in der Gegenwart hinzufügen, ist trivial.« (Michael Crichton, Timeline, München 2002, 459.)
Das Fundament unserer mitteleuropäischen Koralleninsel wurde in entscheidenden Teilen bereits im 4. Jahrtausend v. Chr. in Ägypten gelegt, ohne dass es uns heute bewusst wäre. Das Bewusstsein dafür soll der Buchtitel wecken, der mit »Am Anfang war Ägypten« keinesfalls die Tatsache leugnen will, dass es bereits vor der ägyptischen Zivilisation menschliche Kulturen an anderen Orten gegeben hat, allerdings ist deren Einfluss auf unsere heutige Gesellschaft vergleichsweise gering. Ägypten hingegen ist die ursprüngliche Wiege unserer abendländischen Kultur, die über Griechen, Römer und das Judentum zu uns gelangte, aber dessen wir uns nicht immer bewusst sind. Vielleicht liegt in der Kombination dieser Vertrautheit mit dem Exotisch-Fremden, das die pharaonische Kultur auf uns ausstrahlt, die Antwort darauf, weshalb Ägypten eine derartige Faszination auf uns ausübt. So betrachtet mag der an die ersten Worte des Alten Testaments angelehnte Titel als Verdeutlichung unserer Wurzeln verstanden werden. Ägypten war das Land, in dem die Idee eines zentralisiert organisierten Königtums zuerst geboren, die Grundlage für Verwaltung und Bürokratie geschaffen und in dem mit Werkstoffen experimentiert wurde, deren Verwendung für uns alltäglich geworden ist: Eine Vorstufe des Papiers, ja sogar das Wort »Papier« selbst, geht auf Ägypten zurück – in pa-per-aa (das, was dem König gehört), der ägyptischen Bezeichnung für Papyrus, ist beispielsweise unschwer der Ursprung des griechischen papyros zu erkennen, aus dem sich das deutsche »Papier« und das englische paper entwickelten. Gyros ist kein so typisch griechisches Gericht, wie allgemein angenommen wird, denn ihm liegt eine ältere ägyptische Speise ähnlichen Namens, geresch, zugrunde. In dem Wettrennen um die Frage, in welcher Kultur die Schrift zuerst entwickelt wurde, hat Ägypten m. E. momentan ebenfalls die Nase vorne. Außerdem gehen die weiblichen Vornamen Susanne und Marianne unmittelbar auf ägyptische Vorbilder zurück: Sescheschen (Lotusblume) und Meri-Amun (Liebling des [Gottes] Amun). Die Reihe ließe sich noch beliebig lang fortsetzen.
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»Am Anfang war Ägypten« ist als Einstiegswerk in die ägyptische Geschichte gedacht und richtet sich ausschließlich an eine interessierte Öffentlichkeit und an Studierende der Ägyptologie und verwandter Fächer in den ersten Semestern. Der Anmerkungsapparat ist aus diesem Grund übersichtlich gehalten und in der Literaturauswahl finden sich sowohl Werke, die unproblematisch über den Buchhandel zu erwerben sind, als auch wichtige Fachpublikationen, die in erster Linie für Studentinnen und Studenten gedacht sind. Das vorliegende Buch soll einen Überblick verschaffen und kann deshalb nicht alle Aspekte mit der gleichen Tiefe behandeln – was sich bei einem abzudeckenden Zeitraum von mehr als 3000 Jahren und einem vom Verlag vorgegebenen Rahmen an zulässigen Zeichenzahlen verständlicherweise ausschließt. Ich glaube – und die guten Kritiken zur 1. Auflage geben mir recht – dass es dieser Band schafft, Neugierde auf diese Kultur zu wecken und den Funken der Faszination für das pharaonische Zeitalter überspringen zu lassen. Mir ging es darum, zu thematisieren, was mich persönlich seit Jahrzehnten an der ägyptischen Kultur begeistert: das ausgeprägte Traditionsbewusstsein über Jahrtausende hinweg und die strikte Ablehnung radikaler Veränderungen, die man verhindern konnte; die aus heutiger Sicht höchst positivistische Einstellung zum Leben, die Tatsache, dass schlechte, negative Erfahrungen, Umstände oder Tatsachen einfach nicht thematisiert wurden; das lebensbejahende Wesen der Ägypter: Das älteste carpe diem stammt aus dem Land der Pharaonen: »[E]s tut dir gut, deinem Herzen zu folgen, solange du lebst. Lege Myrrhen auf dein Haupt, kleide dich in feinstes Leinen, salbe dich mit echtem Öl vom Gottesbesitz. Vermehre dein Wohlbefinden und lass deinen Willen nicht müde werden! Folge deinem Herzen in Gemeinschaft mit deiner Liebsten, verrichte dein Werk auf Erden und kränke dein Herz nicht, bis jener Tag der Totenklage zu dir kommt. (…) Nochmals: Feiere den schönen Tag und werde dessen nicht müde! Bedenke: Niemandem ist es gegeben, seine Habe mit sich zu nehmen. Bedenke: Niemand, der fortgegangen ist, kehrt wieder!« (aus dem AntefLied, um 1340 v. Chr., Übersetzung nach E. Hornung, Altägyptische Dichtung, 153). Der Umstand, dass der Großteil der uns heute zur Verfügung stehenden materiellen Hinterlassenschaften aus Gräbern stammt, von denen viele mit großem Aufwand gestaltet worden sind, darf nicht zu der Annahme verleiten, die Ägypter hätten nur für den Tod und die jenseitige Welt gelebt. Das ist keinesfalls richtig. Ein wesentlicher Ansatz von »Am Anfang war Ägypten« war, dass hier nicht nur die seit Forschergenerationen wiederholten Ansichten abermals wiedergegeben werden sollten, sondern dass hier auch in verständlicher Form neuen Forschungsergebnissen und Ideen Raum gegeben werden sollte. Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit mussten m. E. ganz wesentliche Eigenschaften des Endprodukts sein, die in der 2. Auflage noch intensiviert werden konnten. Dazu gehört natürlich auch eine gewisse Eindeutigkeit in Formulierung und Darstellung, die in der Ägyptologie nicht unbedingt immer gegeben ist. In vielen Bereichen haben sich »fast so
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viele Theorien wie Forscher«(vgl. J. Malek, Rezension von M. Verner, Abusir III, in: DE 36, 1996, 125.) festgesetzt, dass es bei einem Überblick über die ägyptische Geschichte sehr verwirrend und ermüdend wäre, auf alle existierenden Annahmen einzugehen. Ich habe mir erlaubt, die mir schlüssigsten und wahrscheinlichsten hier zu vertreten, zuweilen auch eigene vorzustellen und verweise zwecks eigener Vertiefungen in einzelne Themenbereiche auf das Literaturverzeichnis. In weiten Teilen ist die 2. Auflage ein neues Buch geworden: Es enthält neue Passagen und Kapitel und präsentiert einige neue Abbildungen. Was den Stand der beachteten Forschungsergebnisse anbelangt, wird aktualisiert: Die Länge des Neuen Reiches wird nach unten korrigiert. Grundlage sind neue Forschungen, die die Regierungszeiten von Thutmosis II. und Haremhab in der 18. Dynastie verkürzen und der Präsentation einiger neuer Abbildungen. Danken möchte ich Herrn Dr. Jürgen Kron und Frau Constanze Holler, M. A., vom Verlag Philipp von Zabern, die diesen reload initiiert hatten, stellvertretend auch für die vielen fleißigen Helfer des Verlages, ohne die es dieses Buch nicht geben würde. Weiterhin bedanke ich mich bei den zahlreichen Rezensenten für die positive Resonanz, allen voran Dr. Orell Witthuhn (Göttingen) und Prof. Dr. Karl Jaroš (Wien), von deren konstruktiven Anregungen die neue Auflage profitiert hat. Auf der anderen Seite sei Joachim Friedrich Quack (Heidelberg) erwähnt, der »Am Anfang war Ägypten« in seine umfangreiche Anthologie der Verrisse aufgenommen hat. Für die freundliche Erlaubnis, einige besondere Abbildungen hier verwenden zu dürfen, danke ich ganz herzlich Herrn Prof. Dr. Daniel Polz (DAI Kairo, Abb. 11), Frau Gabriele Wenzel, M. A. (München, Abb. 26), der ungenannt bleiben wollenden Eigentümerfamilie des Flakons der Hatschepsut (Abb. 37), Herrn Dr. Edgar B. Pusch (Grabung Piramesse, Qatar/Qantir/Hildesheim, Abb. 47) und Frau Dr. Vivienne Gae Callender (Sydney, Abb. 51). Meiner lieben Frau danke ich erneut für das tapfere Korrekturlesen und die große Hilfe bei der schwierigen Aufgabe der Auswahl von Bildern, die es in die 2. Auflage schaffen sollten. Frau Alice Simonian (Hamburg) hat die gesetzte Fassung einem letzten Lektorat unterzogen, wofür ich ihr herzlich danke. Meinem kleinen Sohn sei für die Intervalle gedankt, die er seinen Vater tagsüber für die Arbeit an diesem Band abgestellt hat. »Am Anfang war Ägypten« ist der liebevollen Erinnerung an meine Mutter, Jutta Müller, geb. Schultz (1942 – 1997), gewidmet. »It is in love that we are made; In love we dissapear.« Leonard Cohen, Boogie Street, 2001 Mannheim, im November 2012
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Grundlagen Von der Art ägyptischer Darstellungen Das Wichtigste, was man über ägyptische Kunst wissen muss, ist, dass sie nicht existiert. Die Ägypter schaffen niemals Kunst in unserem Sinne und auch nicht l’art pour l’art – Kunst um der Kunst Willen, wenn man einmal von den herrlichen Wand- und Bodenbemalungen des Palastes von Malqatta für Amenophis III. absieht, die sicherlich auch dem Erfreuen des Königs dienen sollten. Alles, was die alten Ägypter abbilden, hat eine tiefere Bedeutung und ist das Dargestellte selbst. Hieroglyphen, die gefährliche Tiere zeigen, wie etwa Schlangen, können für den König in seinem Grab gefährlich werden. Als man etwa 2370 v. Chr. damit beginnt, Wände in den Pyramiden mit Texten zu versehen, werden sie durch kleine Messer unschädlich gemacht, die in ihren Körpern stecken, oder bereits zertrennt abgebildet. Figuren von Menschen sind stets die Abgebildeten persönlich. Relativ selten treffen wir in ägyptischen Darstellungen auf portraithafte Züge (Abb. 31) und niemals auf ausgesprochen hässliche Personen (die Exemplare, bei denen das Werk aufgrund des Unvermögens des Künstlers so wirkt, sind nicht beabsichtigt und hier nicht gemeint). Wir kennen aus Ägypten nur schöne Figuren von äußerst ästhetischen Menschen, denn wenn sie sich so abbilden lassen, dann sind sie gutaussehend – ganz gleich, wie es auch die Zeitgenossen empfunden haben mögen. Diese Vorstellung soll uns im Zeitalter der digitalen Fotografie nicht zu sehr fremd erscheinen, in der inzwischen eine Fülle von Software zur Verfügung steht, um körperliche Makel zu kaschieren, das Schöne zu betonen und das weniger Schöne verschwinden zu lassen. Als altägyptisches Beispiel mag der Beamte Amenophis, Sohn des Hapu, dienen (Abb. 41). Er erlebt unter König Amenophis III., etwa um 1350 v. Chr., eine bemerkenswerte Karriere und wird zu einem der wichtigsten Beamten des Landes. Seine Statue zeigt einen attraktiven Mann, der sich, im Schneidersitz hockend, schreibend über eine Papyrusrolle beugt. Die Tätigkeit weist nicht darauf hin, dass es sich bei dem Dargestellten um einen einfachen Schreiber handelt, sondern sie will aussagen, dass Amenophis ein Intellektueller gewesen ist. Ebenso sind die Fettröllchen eine weitere Erklärung des sozialen Status des Mannes. Unabhängig davon, ob er tatsächlich korpulent gewesen ist, geben diese Rollen eine weitere
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Auskunft über den Abgebildeten: Amenophis, der Sohn des Hapu, ist wohlhabend und braucht sich nicht mit körperlicher Arbeit zu plagen. Er kann es sich leisten, über das Nötige hinaus zu essen und Fett anzusetzen. Dass ein dickleibiger Mensch allerdings nicht zum Schönheitsideal der Ägypter gehört, wird ebenfalls durch diese Statue deutlich: Fast schon dezent sind die Röllchen angedeutet und beschränken sich ausschließlich auf den Bereich unterhalb der Brust. Sein restlicher Körper ist schlank. Eine weitere Auffälligkeit ist, dass die Menschen fast alle im besten Alter gezeigt werden, nur wenige sind alt oder gebrechlich dargestellt worden. Selbst wenn eine Mutter mit ihrem erwachsenen Sohn abgebildet ist, wird erst aus der Inschrift ersichtlich, dass sie nicht seine Frau ist. Inschriften sind ein wesentlicher Bestandteil der ägyptischen Kunst, denn nur dadurch, dass der Name eines Menschen einer Figur beigeschrieben wird, verschmelzen beide miteinander. Das Niedergeschriebene wird dadurch zur Wirklichkeit, es wird lebendig. Wenn man beispielsweise einer Statue einen Namen einmeißelt, bildet diese Figur eine Wesenseinheit mit dem oder der Abgebildeten und ist fortan mit ihm oder ihr identisch. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass alles, was nicht existieren soll, auch nicht textlich oder bildlich in Erscheinung treten darf, weil es dadurch für alle Zeit gegenwärtig ist. Der Gott Osiris z. B. wird von seinem Bruder ermordet, doch diese Tatsache wird in altägyptischer Zeit so gut wie niemals schriftlich festgehalten. Erst unter den Griechen, die Ägypten in der Antike bereisten haben und die Skrupel der Ägypter nicht teilen, erfahren wir unumwunden von diesem skandalösen Göttermord.
Die »Verurteilung der Erinnerung« (damnatio memoriae) Was die Ägypter darstellen, ist für sie Wirklichkeit und wird durch die Darstellung Realität. Gleiches gilt für Namen: Durch die Niederschrift oder das Aussprechen eines Namens wird der Träger gegenwärtig. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass wenn der Name oder die Darstellung einer Person zerstört wird, dieser niemals existiert hat. Entspricht ein Mensch nicht der Weltordnung (Maat) der Ägypter, werden Darstellungen von ihm spätestens nach seinem Tod beseitigt und sein Name, wo man ihn findet, vernichtet. Dadurch stirbt dieser Mensch den ewigen Tod, denn wenn die Erinnerung an ihn im Diesseits erlischt, gibt es für ihn kein Weiterleben im Jenseits. Diese damnatio memoriae ist bei Privatpersonen gut belegt und ist zuweilen sogar bei Königen zu erkennen. Bestimmte Herrscher haben aus altägyptischer Sicht derart Frevelhaftes getan, dass die Erinnerung an sie nicht weiterleben darf, weshalb man ihre Bildwerke und ihre Namen vernichtet (Abb. 40). Interessanterweise sind es zum großen Teil die nach ihrem Tod verfolgten und zunächst vergessenen Pharaonen, die heute die größte allgemeine Be-
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kanntheit genießen: Hatschepsut, Echnaton und Tut-anch-Amun, um nur einige zu nennen. Diese Namen entgehen den späteren Chronisten, die sich an die aus dem pharaonischen Zeitalter überlieferten Königslisten gehalten haben, und werden erst im Zuge archäologischer Untersuchungen der Neuzeit wiederentdeckt.
Manetho von Sebennytos Der wichtigste Geschichtsschreiber ist Manetho von Sebennytos. Er ist Priester in Heliopolis unter Ptolemäios II. (285–246 v. Chr.) und verfasst für den makedonischen König die Geschichte des Landes, über das dieser regiert – die ursprünglich dreibändige Aegyptiaca. In ihr behandelt er in griechischer Sprache die Zeit von der Herrschaft der Götter und Geister bis hin zur zweiten persischen Eroberung (341–332 v. Chr.) und leistet dabei Grundlegendes. Er stellt Herrschergruppen zusammen, die er mit Angaben der Heimat- bzw. Residenzstädte sowie mit volkstümlichen Glossen, angeblich aus den betreffenden Zeiten, anreichert. Die Originalmanuskripte des Manetho sind leider nicht erhalten geblieben, sondern nur die Abschriften einiger seiner späten Kopisten, von denen Flavius Josephus (37/38 – nach 100 n. Chr.), Sextus Iulius Africanus (160/70 – nach 240 n. Chr.) und Eusebius von Caesarea (260/64–339/49 n. Chr.) am bedeutendsten sind. Manche Fehler schleichen sich durch Textverderbtheit, Unwissenheit und Missverständnisse ein, andere Veränderungen sind bewusst vorgenommen worden, Vereinfachungen und Kurzfassungen entstehen, und das Ur-Werk wird mehrmals überarbeitet und auch über das Original hinweg fortgesetzt. So kommt es erst im Nachhinein zu einer Unterteilung der Könige in 31 Dynastien, die Manetho selbst nicht vorgenommen hat. Bereits die alten Ägypter scheinen drei große Epochen im Verlauf ihrer Geschichte unterschieden zu haben, denn deutlich zeichnen sich drei Namen als »Gründerväter« neuer Zeitalter ab: Meni oder Menes, der das Alte Reich (ca. 2707– 2202 v. Chr.) vorbereitet, König Mentu-hotep II., der Ägypten nach einer Zeit des Chaos’ und des Zusammenbruches neu vereint und das Mittlere Reich (ca. 2057– 1795 v. Chr.) gründet, und schließlich König Ahmose, dem es nach einem neuerlichen politischen Zerfall gelingt, den Grundstein für eine nächste große Glanzzeit, das Neue Reich (ca. 1550–1093 v. Chr.), zu legen. Als Priester stehen Manetho die Archive der Tempel zur Verfügung und er nutzt eindeutig mehrere Quellen aus pharaonischer Zeit, um seine Geschichte zu schreiben. Wenige dieser Königslisten haben sich bis in unsere Tage hinein erhalten. Die wichtigsten seien hier kurz vorgestellt:
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Der Annalenstein von Palermo Die älteste erhaltene Chronik Ägyptens stammt aus der Zeit der 5. Dynastie. Wahrscheinlich schon unter König Nefer-ir-ka-Ra (um 2480 v. Chr.) oder Niuser-Ra (etwa 2450 v. Chr.) wird eine Dioritplatte angefertigt, die auf beiden Seiten mit Inschriften versehen ist (heute im Archäologischen Museum Antonio Salinas in Palermo). Darauf werden die Herrscher der Vergangenheit von der prädynastischen Zeit bis zur Regierung des Nefer-ir-ka-Ra mit ihren Regierungsjahren und ihren hauptsächlichen Ereignissen, einschließlich der Angabe des Nilstandes, nach dem die Steuern berechnet werden, genannt. Der Annalenstein selbst ist wahrscheinlich die Abschrift einer in einem Tempel von Memphis aufbewahrten Königsliste auf Papyrus und besteht heute aus nur noch fünf Fragmenten, von denen sich das größte in Palermo befindet. Alle Bruchstücke zusammen ergeben ungefähr ein Achtel der ursprünglichen Fläche, die auf knapp 0,78 m Höhe und ca. 1,75 m Breite rekonstruiert wird, und stammen von verschiedenen Stellen des Ur-Steins. Wie ein Papyrus ist dieser Stein doppelseitig beschrieben worden. Der unregelmäßig abgebrochene Palermostein hat heute eine Höhe von ca. 0,48 m, eine Breite von etwa 0,25 m und eine Tiefe von 6,5 cm. Im 19. Jahrhundert gelangt er nach Italien. Der ursprüngliche Aufstellungsort dürfte Memphis gewesen sein, da hier später weitere Fragmente gefunden werden. Die außerdem geborgenen Bruchstücke Kairo 2 und Kairo 4 stammen von einer anderen, vielleicht älteren Annalentafel, die dicker und nur einseitig beschriftet ist. Als weiterer Aufstellungsort wird zuweilen das Sonnenheiligtum des Ni-user-Ra vermutet. Die Datierungsversuche des Steins weichen stark voneinander ab – sie reichen, wie beispielsweise N. Strudwick (Texts from the Pyramid Age, 65) feststellt, von der 4. Dynastie (in der die Vorderseite beschrieben worden sein soll) über die 5. Dynastie (nefer-in-Ra und Ni-user-Ra), die frühe 6. Dynastie bis in die »25. Dynastie oder später«. Aber auch wenn der Palermostein tatsächlich handwerklich erst in der Spätzeit (ca. 664–332 v. Chr.) entstanden sein soll, so stellt er dennoch zweifellos eine Kopie von ursprünglich aus dem Alten Reich stammenden Daten dar, die für die Zukunft gesichert werden sollten. Die Fragmente des Annalensteines sind also – unabhängig von ihrer Datierung – als Primärquelle für die Erforschung der Geschichte des Alten Reiches zu werten.
Der Königspapyrus von Turin Die ebenfalls in großen Teilen zerstörte Abschrift einer Königsliste auf Papyrus stammt aus der Zeit Ramses’ II. (ca. 1250 v. Chr.), dessen ältere Vorderseite eine Abgabenliste zeigt (Ägyptisches Museum Turin, Inv.-Nr. Cat. 1874 verso). Zeitlich setzt sie noch vor der 1. Dynastie mit der Herrschaft von Göttern und Geistern ein
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und endet in der 17. Dynastie, nachdem sie einen Zeitraum von rund 1600 Jahren behandelt hat. Nicht nur die Namen der Könige werden hier aufgeführt, sondern auch deren Regierungslängen mit teilweise sogar der Angabe von Monaten und Tagen. Die Reste des einst 1,8 m langen Papyrus befinden sich heute in Turin.
Die Ahnentafeln von Karnak, Abydos und Saqqara Mit Ahnentafeln versuchen die Pharaonen des Neuen Reiches, würdige Vorgänger im Königsamt durch deren Erwähnung an den in Tempeln dargebrachten Opfern teilhaben zu lassen. An der letzten Position dieser Aufzählungen nennen sich die königlichen Auftraggeber dieser Listen stets selbst. Solche Ahnenreihen kennen wir aus Karnak, wo sich ein Fragment aus der Regierung Amenophis’ I. (ca. 1525– 1504 v. Chr.) sowie eine Zusammenstellung von 61 Königen unter Thutmosis III. (ca. 1450 v. Chr.) findet, von denen letztere im Louvre in Paris zu sehen ist (Inv.Nr. E 13481). Die vollständigste dieser Tafeln ist noch heute im Tempel von Abydos, der unter Sethos I. (ca. 1310 v. Chr.) angelegt wird, angebracht. Dort lässt sich der König an einer Wand vor einer langen Liste mit Herrschern der Vergangenheit opfernd darstellen. Diese Liste umfasst 76 Könige, vom ersten Herrscher der 1. Dynastie bis hin zu Sethos selbst. Eine unwesentlich abweichende Kopie befindet sich im Nachbartempel seines Sohnes Ramses’ II. (ca. 1250 v. Chr.). Der Vorsteher der Arbeiten an allen Monumenten des Königs, königlicher Schreiber und Priester des Ptah-Tempels in Memphis, Tjuneri, kopiert unter Ramses II. eine Ahnentafel in sein Grab in Saqqara, weil er vermutlich zu Lebzeiten mit den Opfern für diese frühen Könige betraut gewesen ist. Während sich die vermutete Originalliste im Tempel nicht erhalten hat, ist die Kopie im Priestergrab der einzige Hinweis auf ihre Existenz. Die 58 Namen sind rückläufig angebracht, d. h., man beginnt bei Ramses II. und endet nach Ablauf der 1. Dynastie. Für die früheren Herrscher dieser Dynastie findet sich kein Platz mehr an der Grabwand. Die Liste des Tjuneri weist einige Unstimmigkeiten auf und es kann überzeugend nachgewiesen werden, dass die überraschenden Angaben zum einen durch Fehler des Kopisten der originalen Königsliste im memphitischen Ptah-Tempel und zum anderen durch Unachtsamkeit desjenigen, der die kopierte Liste auf der Grabwand in Saqqara übertragen hat, entstanden sind.1 So ist z. B. Ni-user-Ra versehentlich ausgelassen und später wahrscheinlich an der Stelle eingesetzt worden, an der heute die Lücke zwischen Chephren und User-ka-ef klafft. Diese Listen sind selbstverständlich selektiv und nennen nur ausgewählte Herrscherpersönlichkeiten, denen man die Ehre zuteilwerden lässt, an den Gottesopfern in einem Tempel partizipieren zu dürfen. Daher erscheinen selbst von den Königen, die nicht mit einer damnatio memoriae behaftet worden sind, nur ausgewählte Namen. Die Unterschiedlichkeit der einzelnen Fundorte beeinflusst auch die Auswahl der Könige, die in die verschiedenen Listen und Aufzählungen
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aufgenommen werden. Wir haben also nicht immer die identischen Abfolgen in den einzelnen Listen. Häufig variieren die Namen, neue treten auf, während andere fortgelassen werden.
Traditionen Die alten Ägypter sind ein äußerst traditionsbewusstes Volk, das Veränderungen – wenn überhaupt – nur sehr langsam und zögerlich annimmt. Ein Beispiel mag dies illustrieren: Die Darstellungen der Könige Narmer (um 3000 v. Chr., Abb. 6a) und Thutmosis III. (um 1450 v. Chr., Abb. 39) zeigen beide Herrscher während der Niederschlagung von Feinden. Rund 1550 Jahre trennen die beiden Männer voneinander, und doch sind die Veränderungen in der Wiedergabe geradezu minimal und beschränken sich auf Detailbeobachtungen besonders im Spiel der Muskulatur. Die Aussage der Darstellung sowie fundamentale Richtlinien in Proportion, Bewegung und Ausdruck bleiben über den gesamten Zeitraum hinweg unverändert. Die zeitlichen Dimensionen, die beide Reliefs voneinander trennen, entsprechen denen, die uns Heutige, am Anfang des 21. nachchristlichen Jahrhunderts Lebende, etwa von dem Jahr 470 n. Chr. trennen – und man bedenke, wie sehr sich die Art der Darstellung in demselben Zeitraum bei uns verändert hat. Dieser Vergleich mag als Sinnbild für die übrigen Bereiche des politischen, religiösen, kulturellen und gesellschaftlichen Lebens der Menschen im pharaonischen Ägypten dienen, in denen Veränderung und Entwicklungen nur langsam und gemächlich stattfinden. Das Leben in der Tradition stellt für die alten Ägypter eine gewisse Sicherheit dar, sie ist in gleicher Weise eine Verbindung zu Vorfahren wie zu den Nachkommen, das Bindeglied zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und die Gewissheit, dass die wirklich bedeutsamen Grundlagen immer die gleichen bleiben würden. Diese Qualität der Kontinuität, das Bewusstsein für Tradition ist ein Basispfeiler der Maat, der Göttin der Weltordnung, der Wahrheit und der Gerechtigkeit, die das gute und richtige Leben verkörpert und die Menschen dorthin führt und lenkt.2 Abrupte Brüche und Umstürze passen nicht in das Weltbild und die Struktur des Lebens am Nil. Der berühmteste Versuch einer massiven Umgestaltung und religiösen Umwälzung ist von König Amenophis IV./ Echnaton (um 1350 v. Chr.) unternommen worden – und dieser wird dafür mit der damnatio memoriae belegt.
Die Titulatur der ägyptischen Könige Die Titulatur eines ägyptischen Königs besteht seit König Nefer-ir-ka-Ra in der 5. Dynastie (um 2470 v. Chr.) aus fünf Namen, die jeweils durch einen eigenen Titel eingeleitet werden:
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1. Der Horus-Name ist der älteste der Titulatur und tritt bereits unter den frühzeitlichen Königen auf. Zu erkennen ist dieser Name an einem Horusfalken, der auf einer nischengegliederten Palastfassade (serech) sitzt, in die der Name des Königs eingeschrieben wird. Der Horus-Name ist der einzige Name, der durch das serech eine gewisse Umrahmung erfährt, denn die auffälligen Namensringe (s. Abb. 44, sog. Kartuschen) sind noch nicht Bestandteil der Titulatur. Die Palastfassade fällt nur dann weg, wenn der Name in horizontaler Schriftrichtung geschrieben wird. 2. Der Herrinnen- oder Nebti-Name tritt am Ende der 1. Dynastie als zweiter Name der Titulatur unter König Qa (ca. 2850 v. Chr.) auf und wird durch die Kronengöttinnen Nechbet (Geierweibchen) und Wadjit (auch Uto genannt, Schlangenweibchen), den beiden Herrinnen, eingeleitet, deren Bild der Name ohne weitere Einrahmung folgt. 3. Unter König Snofru in der 4. Dynastie (etwa 2600 v. Chr.) werden zwei Änderungen getroffen, die die weitere Entwicklung der Titulatur beeinflussen: Ein vorher nur vereinzelt auftretender Beiname, der mit einem Halskragen, dem ägyptischen Symbol für »Gold« gebildet wird, wird nun mit einem Horusfalken versehen und als Goldfalken-Name der dritte Bestandteil der königlichen Titulatur. 4. Ebenfalls unter Snofru tritt ein weiterer Name hinzu, der durch den Titel König von Ober- und Unterägypten eingeführt wird. Er zeigt als Hauptelemente eine Binse und eine Wespe und ist der erste Name, der innerhalb eines Namensrings, der sog. Kartusche, geschrieben ist. Die häufig gebrauchten Begriffe »Eigenname« oder »Geburtsname« sowie »Thronname« werden an dieser Stelle zugunsten der originalen Bezeichnungen der Titel absichtlich nicht verwendet, da sie m. E. irreführend sind. Die Umrahmung symbolisiert einen in die Länge gezogenen Ring mit dem Lautwert schen und ist ein Schutzsymbol. Dieser augenfälligste Bestandteil der gesamten Titulatur sichert den ewigen Schutz des königlichen Namens. 5. Erst rund 120 Jahre später kommt unter König Nefer-ir-ka-Ra in der 5. Dynastie (um 2470 v. Chr.) der fünfte und letzte Name zur königlichen Titulatur hinzu, die damit ihre endgültige Form erreicht hat. Es ist der Name, der durch den Titel Sohn der Sonne oder Sohn des Ra eingeleitet wird und im Schriftbild an einer Ente und der Sonnenscheibe zu erkennen ist. Der Name ist der zweite Kartuschenname der Titulatur. Die Bezeichnung Sohn der Sonne (sa-Ra) erscheint erstmals als Beiname von König Djed-ef-Ra (um 2550 v. Chr.), dem Nachfolger des Cheops, und avanciert knapp 100 Jahre später unter Neferir-ka-Ra zum fünften und letzten Namen der pharaonischen Titulatur.
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Der ägyptische Kalender In einem agrarisch geprägten Land wie Ägypten schlägt sich die Landwirtschaft auch im Kalender nieder: Es gibt drei Jahreszeiten, in denen die bestimmenden Ereignisse Überschwemmung (achet), Aussaat (peret) und Ernte (schemu) stattfinden. Jede Jahreszeit umfasst vier Monate mit jeweils 30 Tagen, ein Monat besteht aus drei Wochen zu je 10 Tagen. Das Jahr beginnt mit dem Einsetzen der Nilflut und endet 360 Tage später. Es folgen fünf Tage, die als die Geburtstage der Götter Osiris, Isis, Horus, Seth und Nephthys begangen werden, sodass nach insgesamt 365 Tagen ein neues Jahr anfängt. Da es keinerlei Schaltung gibt, verschieben sich die Tage und wandern durch den starren Rahmen der drei Jahreszeiten. Bereits nach 20 Jahren ergibt sich eine Verschiebung um fünf Tage. U. a. von König Haremhab ist der Tag seiner Beisetzung bekannt: Es ist der 9. Tag des 1. Monats der schemu- oder Ernte-Jahreszeit seines 14. Regierungsjahres. Eine Umrechnung auf unseren Kalender ergibt einen Tag in der zweiten Märzhälfte – eines momentan noch nicht sicher zu bestimmenden Jahres.
Zu Datierbarkeit und absoluter Chronologie Die absolute Chronologie, die exakte Festlegung auf die Angabe eines Jahres, ist für die ägyptische Geschichte momentan noch ein Wunschtraum. Lange hat man versucht, anhand astronomischer Datierungen eine absolute Chronologie zu etablieren, wozu der Sothis-Aufgang, das ist der Frühaufgang des Sterns Sirius, der die Nilüberschwemmung und damit das ägyptische neue Jahr ankündigt, und der Mondkalender hinzugezogen worden sind. Da zwei dieser Sothis-Aufgänge in ägyptischen Quellen mit dem Regierungsjahr eines Herrschers festgehalten worden sind, glaubt man, mit deren Hilfe exakte Jahresangaben machen zu können. Der älteste Sothis-Aufgang ist auf einem der sog. Kahun-Papyri für die 12. Dynastie belegt (Ägyptisches Museum und Papyrussammlung Berlin, Inv.-Nr. Papyrus 10012 A und B) und nennt ein Datum im 7. Regierungsjahr von wahrscheinlich Sesostris III. (der Name des Königs ist zerstört). Auch für die 18. Dynastie ist ein solcher Aufgang für ein Datum im 9. Regierungsjahr von Amenophis I. auf dem mathematischen Papyrus Ebers (Universitätsbibliothek Leipzig) festgehalten. Die bislang vorgenommenen Untersuchungen, die durch diese Daten ein fixes Jahr festzumachen versuchen, haben einige Schwierigkeiten nicht genügend bedacht, die einen großen Unsicherheitsfaktor darstellen: Etwa der Beobachtungsort (Memphis im Norden oder Elephantine im Süden) oder die Sichtungsbedingungen (der Abstand zur noch nicht aufgegangenen Sonne muss groß genug sein, damit deren Streulicht nicht das Ergebnis verfälscht; ebenso können Dunst, Wolken etc. eine Unsauberkeit in der Bestimmung hervorrufen) können bei den Belegen nur angenommen, aber
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nicht mit Sicherheit festgelegt werden, das bedeutet, dass hier Schwankungen von mehreren Jahrzehnten auftreten können. Der Mondkalender, der für die Terminierung religiöser Feste u. a. in sog. Tempeltagebüchern geführt wird, birgt ebenfalls große Unsicherheiten und besitzt somit keine überzeugende Aussagekraft. Naturwissenschaftliche Verfahren, wie z. B. die Radiokohlenstoffdatierung (14C-Datierung), belegen hingegen für die Zeitfenster zwischen der 1. bis zur 6. Dynastie (bisher ca. 3000–2050 v. Chr.) ein höheres Alter von »mehrere[n] Jahrhunderte[n]«3 und für die 17. und frühe 18. Dynastie (bisher ca. 1600–1400 v. Chr.) immerhin »100–150 Jahre«.4 Wir müssen also davon ausgehen, dass die Geschichte des alten Ägypten sehr viel älter ist als wir bislang vermuten. Die Ägyptologie wird nicht darum herumkommen, die ägyptische Geschichte zu korrigieren5, doch wie im alten Ägypten wehrt man sich auch in der dazugehörigen Wissenschaft beharrlich gegen allzu drastische Neuerungen – die vorliegende Arbeit bildet dabei keine Ausnahme. Noch sind m. E. die Ergebnisse der naturwissenschaftlichen Methoden zu wenig homogen, um die aktuelle Auflage von »Am Anfang war Ägypten« guten Gewissens mit einer neuen Datierung zu versehen, weshalb hier vorläufig noch weitestgehend konventionelle Zahlen gebraucht werden – allerdings mit dem Bewusstsein, dass es sich bei ihnen um vorläufige Werte handelt und dass der Anfang Ägyptens wohlmöglich deutlich weiter in der Vergangenheit zu finden sein muss.
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grundlagen
Am Anfang ... ... herrschte das Chaos auf der Erde, sein Name war Isfet – ein ungeordneter Urzustand weit vor jeder Schöpfung. Wasser bedeckte die Oberfläche der Welt, ein Urmeer, das Nun genannt wurde und in dem bereits alles Leben unerschaffen enthalten war. Aus diesem Meer brachte sich der Gott Atum aus eigener Kraft und eigenem Willen hervor, indem er seinen Namen aussprach. Er schwamm an die Wasseroberfläche und an der Stelle, an der er auftauchte, entstand das erste Stück Land, der mythische Urhügel. Atum erschuf seinen Sohn, den Luftgott Schu, indem er ausspuckte und seine Tochter, die Göttin der Feuchtigkeit Tefnut, indem er sich übergab. Eines Tages verschwanden Schu und Tefnut und Atum weinte aus Sorge um sie. Aus seinen Tränen entstanden die Menschen. Er sandte eines seiner Augen aus, um die beiden zu suchen. Während das Auge den Aufenthaltsort der Götterkinder ausfindig machte, formte Atum ein neues Auge für sich, das er an die Stelle des alten setzte. Als das ausgeschickte Sinnesorgan mit den vermissten Kindern zurückkehrte und merkte, dass sein Platz neu vergeben worden war, wurde es sehr zornig, sodass Atum es sich an seine Stirn setzte, von wo aus es die ganze Welt überblicken konnte, die Atum nun gestalten wollte: Das Urgewässer zog sich in die Erde zurück und hinterließ als Erinnerung an seine Gegenwart den Nil. Schu und Tefnut zeugten den Erdgott Geb und die Himmelsgöttin Nut. Aber Schu, der Gott der Luft, war ein eifersüchtiger Vater, der nicht zulassen wollte, dass sich Himmel (Nut) und Erde (Geb) vereinigten und stellte sich deshalb zwischen sie. Doch trotzdem schafften es Nut und Geb, vier Kinder zu zeugen: Osiris und seine Schwestergemahlin Isis, die schon eine große Liebe im Mutterleib verbunden hatte, und Seth und dessen Frau Nephthys. Nephthys begehrte ihren Bruder Osiris, der jedoch nur Augen für Isis hatte. So nahm sie die Gestalt der Isis an, und zeugte mit dem nichtsahnenden Osiris ein Kind – den schakalköpfigen Anubis. Isis jedoch blieb kinderlos und als Osiris König über Ägypten wurde, war dieser ohne Nachfolger. Zudem neidete ihm sein jüngerer Bruder Seth die Königswürde und trachtete ihm nach dem Leben. Heimlich nahm er die Körpermaße von Osiris und ließ einen kostbaren Sarg anfertigen. Diesen präsentierte er wäh-
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rend einer Feier seines Bruders und wollte ihn demjenigen schenken, der genau hineinpasste. Enttäuscht verließ jeder der Gäste den Sarg, bis sich zuletzt Osiris hineinlegte. Schnell schlossen Seth und seine Helfer den Deckel, warfen den Sarg mit Osiris in den Nil und ließen ihn treiben. Als Osiris an Land gespült wurde, hatte ein Nilhecht sein Glied abgebissen und aufgefressen. Weil der Fisch ein Körperteil des Gottes in sich aufgenommen hatte, wurde er ebenfalls göttlich. Isis und die reumütige Nephthys machten sich auf die Suche – aber Seth war schneller, fand seinen verletzten Bruder, zerschnitt ihn in 42 Teile und begrub diese in den 42 Gauen Ägyptens, um eine Wiederauffindung unmöglich zu machen. Aber Isis und Nephthys gaben nicht auf und suchten, bis sie alle Stücke des Gottes gefunden hatten. Sie nähten den Leichnam zusammen und Isis formte das fehlende Stück aus Ton. Dann verwandelten sich die Schwestern in Falkenweibchen, die mit herzzerreißenden Klagerufen um Osiris trauerten. Durch die Zauberkraft der Isis gelang es ihr, den Verstorbenen noch einmal für kurze Zeit ins Leben zurückzuholen. Ein letztes Mal vereinigten sich Isis und Osiris und zeugten einen Sohn und Nachfolger, bevor Osiris endgültig in die Unterwelt hinabstieg und der Herrscher des Totenreiches wurde. Im Schutz des Papyrusdickichts im Delta gebar Isis den Horus und zog ihn im Verborgenen auf, denn Seth hatte von der Existenz des rechtmäßigen Thronerben erfahren und war auf der Suche nach ihm. Horus wurde erwachsen, hatte zu kämpfen gelernt und forderte seinen Onkel Seth, den Mörder seines Vaters, heraus. In einem erbitterten, jedoch unentschieden endenden Kampf verlor Horus sein Auge und Seth seine Hoden. Die Göttergemeinschaft trat auf das Schlachtfeld, nahm sich des Auges an und heilte es. Danach gab sie Horus das Geheilte (udjat) zurück. In einem Beschluss der Götter wurde Horus die Herrschaft über das fruchtbare Land übertragen, während Seth in die unfruchtbare Wüste verbannt wurde, über die er gebieten konnte. So trat Horus schließlich das Erbe seines Vaters an. Hier beginnt die Geschichte, denn der falkenköpfig oder ganz als Falke erscheinende Gott Horus nahm seit Anbeginn der Zeit in jedem Herrscher Ägyptens Gestalt an und das Land, über das er herrschte,
... war Ägypten.* * Diese Zusammenfassung folgt im Wesentlichen den Darstellungen des Plutarch (etwa bei Chr. Froidefond [Hrsg.] Plutarque – Œuvres morales V/2, Paris 1988). Sie soll dazu dienen, sich in die Vorstellungswelt der alten Ägypter einzufühlen und beschränkt sich darauf, einen Überblick zu geben ohne in theologische Spitzfindigkeiten abzugleiten; dies nur als Hinweis auf die Anmerkung von J. F. Quack, in: JAOS 126/2, 2006, 262 f.
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I. Frühzeit und Frühdynastische Zeit (ca. 6000 – 2707 v. Chr.)
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Abb. 1 Der Nil, die Sonne und die Tierwelt haben schon früh die Gedanken und Vorstellungen der alten Ägypter geprägt.
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i. frühzeit und frühdynastische zeit
Der lange Weg zur Einheit Die prädynastische Zeit (ca. 6000 – 3032 v. Chr.) Bevor der erste König als gestaltgewordener Horus über Ägypten herrschen kann, leben die Menschen, die Tränen des Gottes Atum, in verschiedenen Gruppen und Kulturen im Land. Sie bewohnen das Niltal in einer Vielzahl teilweise nomadisierender Stämme, die sich von Viehzucht, Jagd, Fischfang und dem Sammeln von Kräutern und Pflanzen ernähren. Vor über 150 000 Jahren ziehen bereits nicht sesshafte Menschen als Jäger und Sammler durch ein vegetationsreiches, z. T. bewaldetes Gebiet, das wegen ausgedehnter Regenperioden eine reiche Flora und Fauna in Gebieten hervorgebracht hat, die heute Wüste sind. Vom Flugzeug kann man die vielen alten Wasserläufe erkennen, die sich wie ein Nervengeflecht in das Hochplateau der heutigen Wüste gegraben haben. Nil, Sonne und Tiere Das Land besitzt eine schon geografisch gegebene Struktur und Ordnung, die die Menschen bereits früh erkannt und die gesamte Geschichte hindurch verehrt haben: Der Nil durchschneidet mit seinem Fruchtlandstreifen die Wüste von Süden nach Norden (Abb. 1, 2), einmal im Jahr führt er Hochwasser und wenn der Strom danach in sein Flussbett zurückgeflossen ist, hat er einen dicken schwarzen und sehr fruchtbaren Schlamm auf den Feldern hinterlassen. Dieser schwarze Schlamm ist es, der dem Land später seinen Namen geben soll – Kemet, das Schwarze Land. Außerdem zerteilt der Fluss das Land in ein Ost- und ein Westufer. Die Sonne zieht ihre tägliche Bahn von Osten nach Westen, wo sie allabendlich in einem farbenprächtigen Schauspiel untergeht. Die Frage, was mit der Sonne in den Stunden der Nacht geschieht, beschäftigt die Bewohner Ägyptens fast die gesamte Geschichte hindurch. Schnell entwickeln die frühen Ägypter eine Assoziation zwischen der untergehenden Sonne und deren Tod. Für sie stirbt der Himmelskörper im Westen, weshalb man dort das Jenseits vermutet, jeden Morgen wird er im Osten neu geboren. Daher errichten die Ägypter ihre Friedhöfe fast ausschließlich auf dem Westufer, der Untergangsseite der Sonne.
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Sowohl im Niltal als auch in den angrenzenden Wüstengebieten existiert eine Vielfalt an Tieren, die gejagt, gezüchtet, dressiert, gefürchtet oder wegen ihrer Schönheit bewundert wird. Als die immer komplexer werdende Verwaltung etwa 3300 v. Chr. dazu führt, ein Schriftsystem zu entwickeln, sind Tiere ein wesentlicher Bestandteil dieser Schrift. Etwa ein Viertel der späteren Hieroglyphenzeichen sollen von Tieren und deren Körperteilen gebildet werden. Die ältesten Erscheinungsformen der Götter sind rein tiergestaltig, erst später entwickeln sich Mischformen, und die frühen Könige nennen sich Skorpion, Löwe, Böser Wels (Narmer), Kobra (Wadjit) oder (Krallen-/Flügel-)Spreizer (Dewen), um ihre Gefährlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Schon früh sind regionale Unterschiede zwischen dem nördlichen und dem südlichen Landesteil erkennbar – eine Dualität, die stets (z. T. sogar bis heute) vorherrschen soll. Ägypten wird immer die Beiden Länder, das südliche Ober- und das nördliche Unterägypten bleiben. Die unterägyptischen Kulturen des Neolithikums Als die wichtigsten prädynastischen Kulturen Unterägyptens sind vor allem zu nennen: – die Fajum-Kultur (ca. 6000 – 4000 v. Chr., sesshaft ab etwa 4500 v. Chr.), nachgewiesen durch mehrere Siedlungsplätze um die Fajum-Senke mit dem Birket Qarun; – die Merimde-Kultur (ca. 5000 – 4100 v. Chr.), bezeugt durch eine Hauptsiedlung am westlichen Deltarand; – die El-Omari-Kultur (ca. 4600 – 4400 v. Chr.) im Bereich von Heluan, Wadi Hof Ras el-Hof, alle gegenüber von Saqqara gelegen, und – die Maadi- oder auch Buto-/Maadi-Kultur (ca. 4000 – 3000 v. Chr.), vertreten im gesamten Delta, im Süden bis auf die Höhe des Fajum. Die frühen dauerhaft-sesshaften Unterägypter bilden typisch prädynastische Gemeinschaften und ernähren sich von Landwirtschaft, Jagd und Fischfang sowie Viehzucht. Angebaut werden Emmer, Weizen, Gerste und diverse Hülsenfrüchte, in Merimde zusätzlich Futterwicken und Ampfer. Man züchtet Rinder, Schweine, Ziegen und Schafe; in der Fajum-Kultur spielt die Zucht im Vergleich zur Jagd eine untergeordnete Rolle, während die Träger der Maadi-Kultur hingegen lediglich einige Wasservögel jagen. Das Angebot des erlegbaren Wildes bietet eine reiche Palette: Antilopen, Gazellen, Vögel, Nilpferde (die gefährlichsten Tiere Afrikas), Krokodile und in Merimde, wo Hunde domestiziert sind, darüber hinaus das Ur, Strauße, Löwen und Kleinkatzen – hier stehen auch Schildkröten, Muscheln und Schnecken auf dem Speiseplan. Der Fischfang ist im wasserreichen Delta und im Fajum generell sehr wichtig.
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i. frühzeit und frühdynastische zeit
Die Menschen wohnen in leichten ovalen Hütten aus Flechtwerk, die in lockerer Bebauung die Siedlungen bilden, sie legen ausgekleidete Vorratsgruben im Boden an und braten ihr Fleisch an zahlreichen Feuerstellen. In Merimde und dem Fajum entwickelt sich eine intensive Produktion von Feuersteingeräten, bei Heluan verarbeitet man Flachs zu Leinenstoffen, in Maadi vermutlich Kupfererz. Insgesamt sind die unterägyptischen Kulturen eher bäuerlich geprägt, es gibt weder Funde noch Befunde, die auf eine gesellschaftliche Führungselite schließen lassen. Die Toten werden in flachen Grubengräbern auf der Seite liegend und mit angezogenen Beinen als sog. Hockerbestattungen ohne nennenswerte Beigaben außerhalb der Siedlungen beigesetzt. Durch die im Laufe der Jahrtausende ständige Verlagerung des Siedlungskerns, geschieht es in Merimde und bei Heluan, dass ein Teil der Siedlung auf einem viel älteren Friedhofsabschnitt aufliegt. Hieraus darf jedoch keinesfalls geschlussfolgert werden, dass die Toten im Ort oder gar in den Häusern niedergelegt worden sind. Kontakte bestehen sicher zwischen Merimde und dem Fajum, beide Kulturen scheinen zudem ihren Ursprung im Jordantal zu haben. Eine der ältesten Menschendarstellungen überhaupt stammt aus Merimde und zeigt einen handtellergroßen, ovalen männlichen Kopf aus gebranntem Ton (Ägyptisches Museum Kairo, JE 97472). Die Maadi-Kultur unterhält intensive und ausgeprägte Handelsbeziehungen vor allem mit dem palästinischen Raum, von wo u. a. Gefäße und andere Gebrauchsgegenstände sowie Rohmaterialien wie Kupfer und natürlicher Asphalt eingeführt werden. Offenbar leben auch zeitweise Menschen aus diesem Gebiet in Maadi. Darüber hinaus gibt es Kontakte zur südlichen Naqada-Kultur, jedoch scheint es, dass »die Maadi-Kultur wie ein Pfropfen das Niltal nach Norden hin verschloss«6 und Kontakte zwischen dem palästinischen Raum und Oberägypten zu verhindern weiß, der erst durch die Expansion der Naqada-Kultur von Süden her aufgelöst werden kann. Die Siedlung Buto im nördlichen Delta bietet, ähnlich dem tapferen gallischen Dorf in den Geschichten um Asterix, als eines der letzten Bollwerke der Maadi-Kultur der expandierenden oberägyptischen Naqada-Kultur Einhalt. Mit ihrer Niederlage beginnt die Geschichte des geeinten Ägypten. Die Delta-Kulturen weisen große Unterschiede zu den Kulturen des Südens auf, diese sind fraglos bedingt durch die Kontakte zum östlichen Mittelmeerraum, die den südlichen Nachbarn fehlen. Diese Unterschiede sind die Grundstrukturen, in die sich die spätere Vorstellung der Beiden Länder, von Ober- und Unterägypten, fügen und der Ursprung des so sehr ausgeprägten Gedankens der Dualität, der in der späteren pharaonischen Kultur vorherrschen wird.
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Die oberägyptischen Kulturen des Neolithikums Die Badari-Kultur (ca. 5000 – 3700 v. Chr.) Die älteste prädynastische Gemeinschaft Oberägyptens ist die Badari-Kultur, die ihren Stammsitz in der Umgebung von Badari, nahe dem heutigen Assiut, hat. Die frühesten Anzeichen ihrer Existenz reichen weiter als 5000 v. Chr. zurück, womit sie ungefähr gleichzeitig mit Fajum A und Merimde in Unterägypten ist. Viele Errungenschaften des frühen Ägypten haben ihre Ursprünge in der Badari-Kultur und finden zum Teil auch Eingang in die spätere pharaonische Zivilisation. Zum Beispiel ist der Totenkult Ägyptens maßgeblich dadurch geprägt worden, indem in Badari den Verstorbenen Beigaben in die Gräber gelegt werden. An dieser nicht selbstverständlichen Sitte ist zu erkennen, dass diese Gruppe Menschen an ein Weiterleben nach dem Tod bzw. an ein irgendwie geartetes Jenseits glaubt. Die Niederlegung von Grabbeigaben lässt sich durch die gesamte pharaonische Geschichte hindurch verfolgen und bildet eine wichtige Quelle, die einen Großteil unseres Wissens über die altägyptische Kultur speist. Die frühen Gräber sind einfache Sandgruben, in denen die Toten meist auf der linken Körperseite liegend und mit angewinkelten Beinen bestattet werden, sodass sie eine fötale Haltung einnehmen. Dabei weist der Kopf nach Süden und ihr Blick ist nach Westen gerichtet, der untergehenden, »sterbenden« Sonne entgegen. Um die Beigesetzten vor dem Sand zu schützen, werden sie häufig in Matten oder Tierfelle gehüllt. Die Häuser sind aus vergänglichen, pflanzlichen Materialien gebaut, die sich nicht erhalten haben. Siedlungen sind heute nur noch durch Abfallgruben, Kochstellen und mit Flechtwerk ausgekleideten Getreidegruben gekennzeichnet. Die frühesten Anzeichen eines oberägyptischen Fernhandels lässt ebenfalls die Badari-Kultur erkennen. Ihre Träger haben Zugang zum Roten Meer und zum Sinai, der vermutlich, zumindest im Gebiet von Serabit el-Chadim, unter südpalästinischer Oberhoheit steht.7 Um 4000 v. Chr. erwächst im Süden des Badari-Gebietes eine neue Kultur, deren Stammgebiet beim modernen Dorf Naqada zu lokalisieren ist. Diese ist sehr dominant, dynamisch und sich ihrer Überlegenheit gegenüber der Nachbarkulturen durchaus bewusst, woraus sich ein deutliches Interesse daran entwickelt, ihr weiteres Umfeld kulturell zu missionieren. Um 3700 v. Chr., nach einer Periode der parallelen Existenz, überlagert Naqada ihren nördlichen Nachbarn. Die Naqada-Kultur (ca. 4000 – 3032 v. Chr.) Die eigentliche Geschichte Ägyptens, die Dämmerung des Zeitalters der Pharaonen, beginnt mit der Naqada-Kultur, deren Ursprung in der Nähe eines modernen Dorfes mit dem Namen Naqada auf dem Westufer des Nils, knapp 30 km nördlich
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i. frühzeit und frühdynastische zeit
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Oase Charga
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Hierakonpolis
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Erster Katarakt
Abb. 2
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© 2005 Michael Sohn
sog. fundleere Zone
Die phasenweise Ausbreitung der Naqada-Kultur über Ägypten.
die prädynastische zeit
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von Luxor, festgemacht werden kann. Hier lässt sich ab ca. 4000 v. Chr. eine Kultur nachweisen, die rund 1000 Jahre später die Entstehung des gesamtägyptischen Staates einleitet. Diese wird nach ihrem ersten Fundplatz heute Naqada-Kultur genannt. Aufgrund ihrer Entwicklung und Ausdehnung lassen sich drei Phasen festmachen: Naqada I (ca. 4000 – 3600 v. Chr.), Naqada II (ca. 3600 – 3200 v. Chr.) und Naqada III (ca. 3200 – 3000 v. Chr.). Feindatierungen präzisieren diese Stufen noch weiter in Naqada Ia – c, Naqada IIa – d und Naqada IIIa – c mit teilweise noch detaillierteren Unterteilungen. Die Menschen dieser Kultur haben jedoch keinen Anteil an den weitreichenden Verbindungen ihrer nördlichen Nachbarn, der Badari-Leute, die ihre Importe nicht an sie weiterverhandeln. Nach der Überlagerung von Badari in der Stufe Ic können sie die alten Handelsrouten allerdings erst in Naqada IIb wieder aktivieren. Geografisch dehnt sich das Einflussgebiet von Naqada I, vom Nilbogen bei Qena ausgehend, nach Norden bis in die Gegend von Assiut, vielleicht sogar bis in die archäologisch fundleere Zone zwischen Assiut und dem Fajum, aus, während sie im Süden bis über den 1. Katarakt bei Assuan hinaus in unbekannte Territorien vorstoßen. Die Naqada-Gefäße sind denen von Badari nicht unähnlich, besonders charakteristisch sind ansprechende rötlich-braune Behältnisse mit schwarz geschmauchtem Rand. Ebenfalls können rundplastische Motive auf den Gefäßrändern als Verzierung dienen. Überall nehmen die Menschen die kulturellen Güter der Naqada-Leute an, wodurch diese sich schnell ausdehnen kann. Während die prädynastischen Kulturen von Unterägypten durch Beziehungen zu Vorderasien geprägt sind, hat man in Oberägypten Kontakt zum Gebiet des heutigen Sudans und Äthiopien. Aber auch untereinander scheinen die zeitgleichen frühen Zivilisationen des späteren Ober- und Unterägyptens Beziehungen gepflegt zu haben. Die Naqada-Kultur ist die Keimzelle des pharaonischen Staates und mit ihrem Ende beginnt die historische, dynastische Zeit Ägyptens. Der Handel als treibende Kraft Der Handel ist der Motor Ägyptens. Handel bringt den ersten interkulturellen Austausch und weckt vielleicht schließlich auch den Wunsch nach einem gesamtägyptischen Reich unter einheitlicher Führung. Seit der Naqada-Stufe IIb kommen wertvolle Rohstoffe wie Lapislazuli aus dem Gebiet des heutigen Afghanistans und Produkte aus syrisch-palästinischem und sogar aus dem mesopotamischen Raum nach Ägypten, die auf den Routen über den Sinai und das Rote Meer zu ihren Zielorten gelangen und zunächst auf Naqada-Gräber in Mittelägypten beschränkt bleiben. Die Träger der Naqada-Kultur haben die alten Badari-Handelsrouten und -verbindungen wieder aufleben lassen. 28
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Abb. 3 Ausschnitt von der Hauptwand des Bemalten Grabes von Hierakonpolis (Naqada II, um 3300 v. Chr.). Zu erkennen ist vermutlich immer der Grabbesitzer, teilweise mit einem Krummstab ähnlichen Zepter ausgestattet, der Gefangene, Feinde und wilde Tiere besiegt bzw. bändigt.
Seit dem Beginn der frühen Naqada-II-Zeit treten auch Schalen aus Nubien in Ägypten auf. Zudem kommen in dieser Zeit, zwischen 3400 und 3300 v. Chr., Siegel in Gebrauch, die Waren kennzeichnen. Sie sind frühe Entwicklungsstufen der Schrift und nötig, um Herkunftsorte und Abgaben zu kennzeichnen. Das deutet auf eine frühe Anfangsphase einer Verwaltung hin, die den Güterverkehr regelt. In der mittleren Stufe II, etwa um 3300 v. Chr., hat sich die Naqada-Kultur bereits bis ins nördliche Mittelägypten hinein ausgedehnt. In dieser Zeit entsteht das früheste dekorierte Grab Ägyptens, das als Bemaltes Grab von Hierakonpolis bekannt ist. Die Wände sind mit Ziegeln verkleidet, verputzt und auf gelbem Hintergrund bemalt, wie zuvor nur die Keramik. Die Zeichnungen werden von Schiffen dominiert – den damaligen Wahrzeichen des modernen Handelsverkehrs – und den mehrmaligen Darstellungen wahrscheinlich des Grabinhabers in größerem Maßstab, dem Zepter gebracht werden, der Löwen bändigt und der Menschen züchtigt (Abb. 3). Das sind Motive, wie sie später vom Pharao benutzt werden sollen. Ein zeitgenössisches Fragment aus Stein, das den abgebildeten Herrscherstäben ähnelt, stammt aus dem Friedhof von Abydos.8 Ähnliche Gräber, allerdings ohne Bemalung, finden sich zur selben Zeit neben Hierakonpolis auch in Naqada/ Ombos, Thinis (oder This)/Abydos und in Diospolis parva und lassen auf mehrere lokale Eliten dieser Kultur schließen, die etwa 300 Jahre vor dem Beginn der 1. Dynastie die Kontrolle über administrative Vorgänge des Handels haben. Mit wachsender Größe des Machtbereiches der Naqada-Fürsten fällt eine Steuerpflicht der Bevölkerung an, die der Herrscher alle zwei Jahre persönlich mit seinem Gefolge eintreibt. Er reist zu Schiff durch das Land, nimmt die Abgaben entgegen und spricht Recht, d. h. er verurteilt auffällig gewordene Untertanen und lässt sie gegebenenfalls hinrichten. Die Verhängung von Todesurteilen ist auch in der geschichtlichen Zeit Ägyptens einzig die Aufgabe des Königs. Ein altes Ritual, das aus der tiefsten Vorgeschichte stammt, sieht die magischen Erneuerungen des Herrschers vor, wenn dieser alt geworden und seine Kräfte geschwunden sind. In viel früherer Zeit scheinen betagte Häuptlinge nach einer bestimmten Anzahl Regierungsjahren umgebracht und durch einen jüngeren er-
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setzt worden zu sein. Dieser Brauch wird – aus verständlichen Gründen – bald umgewandelt: Während eines Thronjubiläums, dem Sedfest, bei dem u. a. eine Statue des gealterten Oberhauptes beigesetzt wird, erfolgt die Regeneration des Herrschers.9 Dieses Sedfest wird ein wichtiger Bestandteil der pharaonischen Regierungen, die später großzügig um das 30. Jahr herum begangen werden. Etwa um 3250 v. Chr. ist die Naqada-Kultur bereits im gesamten Delta vertreten. Offensichtlich werden bestimmte lokale Eliten gewaltsam beseitigt, um die handelspolitisch wichtigen Lagen einiger Ortschaften zu übernehmen. Spätestens um 3200 v. Chr. muss Ägypten ein weitestgehend einheitliches Bild geboten haben. Ägypten ist »naqadisiert«, aber nicht politisch geeint. Umm el-Qaab – Der erste Königsfriedhof Ägyptens Eine der Hauptnekropolen dieser Kultur befindet sich bei dem rund 500 km südlich von Kairo gelegenen Abydos. Der Friedhof erstreckt sich auf einer Fläche von etwa 9 ha – größer als zwölf Fußballfelder – und trägt heute die arabische Bezeichnung Umm el-Qaab (Mutter der Opfergefäße, Abb. 4), womit auf die lange religiöse Bedeutung dieses Ortes als Pilgerstätte angespielt wird, die eng mit dem Osiris-Mythos verbunden ist und in den zahllosen hier niedergelegten Keramikgefäßen deutlich zum Ausdruck kommt. Zwei wesentliche Bereiche sind zu unterscheiden: Ein nördlicher Abschnitt mit rund 650 Gräbern aus der gesamten Naqadazeit (Friedhof U), die südlichen Ausläufer bilden die Anlagen der frühdynastischen Herrscher aus der Naqada-Stufe III sowie die des ersten Königs der 1. Dynastie, Aha, sowie ein weiteres Kammergrab. Südlich anschließend liegt der eigentliche Königsfriedhof mit sieben Anlagen aus der 1. und 2. Dynastie. Die frühen Gräber der Naqada-Stufe I sind kleine, runde oder ovale Grubengräber, in denen der Verstorbene, häufig in eine Matte gehüllt, meist auf der linken Körperseite mit dem Kopf nach Süden und dem Gesicht nach Westen in Hockerhaltung niedergelegt worden ist. Die Beigaben bestehen aus maximal zwei hohen Gefäßen der typischen »black topped«- Keramik, feine rotpolierte Gefäße mit einem schwarz geschmauchten Rand. In einer Schale kann darüber hinaus eine Fleischmahlzeit bereitgestellt worden sein. Die Gräber und die Anzahl der Beigaben vergrößern sich bereits im Verlauf von Naqada I, und das Bedürfnis, den Toten davor zu bewahren, im Sand liegen zu müssen, zeichnet sich durch die zusätzliche Auskleidung von Matten bzw. auch die Konstruktion von Holzrahmen oder -schalen an den Grubenwänden ab, die dem Grab nun erstmals einen gewissen Hauscharakter verleihen, der später charakteristisch für eine Vorstellung des Grabes und auch in der Bezeichnung per-djed (Haus der Ewigkeit) zum Ausdruck kommen soll. Die Palette der Lebensmittel wird durch die Beigabe etwa von
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i. frühzeit und frühdynastische zeit
Grab U-j
Narmer Peri-ib-sen Aha
Djer
Adj-ib
Wadjit
Merit-Neith
Dewen
Semer-chet Qa
Chai-sechemui
Abb. 4 Die Nekropole Umm el-Qaab bei Abydos wurde von der Zeitstufe Naqada I (um 4000 v. Chr.) bis zum Ende der 2. Dynastie (ca. 2700 v. Chr.) mehr als 1000 Jahre lang für Beisetzungen genutzt.
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Knoblauchknollen, Früchten, Mohnkapseln, Eiern und Fischen aus ungebranntem Ton ergänzt. Anhand dieser Speisemodelle tritt hier bereits die Vorstellung zutage, die Darstellung sei das Dargestellte. Neu hinzu kommt die Niederlegung von Toilettenartikeln (Schminkpaletten aus Schiefer, Kämme und Schmuck aus Elfenbein und Knochen, Perlen und Anhänger aus Steatit, Karneol, Kalkstein, Muscheln und Schneckenhäusern) und Alltagsgegenständen wie Feuersteinklingen und Angelhaken aus Kupfer. Bereits in Naqada I fallen einige Anlagen auf, die in Größe und Beigabenvolumen aus dem Bereich des Üblichen herausragen und außerdem Prestigeobjekte wie Keulenköpfe, Steingefäße, aufwendig retuschierte Feuersteinmesser und außergewöhnliche Keramikgefäße mit der bildlichen Darstellungen u. a. von nackten Gefangenen und der Bändigung von Nilpferden und Stieren, die durch das Führen dieser Tiere am Strick zum Ausdruck gebracht wird. Man erkennt also bereits in der frühen Phase der Naqada-Kultur eine elitäre Schicht, wie sie in den Kulturen Unterägyptens nicht festzustellen ist. In Naqada II ist zunächst ein Rückgang in der Belegung von Umm el-Qaab zu verzeichnen, dem sogar eine Aufgabe der Nekropole für etwa 50 Jahre folgt. Am Ende dieser Stufe beginnt jedoch eine erneute Belegung, allerdings zeichnet sich nun deutlich ab, dass der Friedhof exklusiv den Bestattungen der Oberschicht vorbehalten ist: Die Gräber sind nun größer, nordsüdlich orientiert und aufwendig mit Querhölzern und darüberliegenden Schichten aus Matten und Lehmverstrich abgedeckt, einige von ihnen zeigen mit Holz verschalte Wände auf. Erstmals zeigen die Anlagen eine gewisse Zweiteilung. In der nördlichen Hälfte werden z. T. über 50 große Vorratsgefäße abgestellt, während der Tote in einem Holzsarg im südlichen Teil der Anlage bestattet und umgeben ist von Luxusobjekten wie Steingefäßen, Goldfolie und Gegenständen aus Elfenbein oder Knochen (Schmuck, Löffel, Gefäße, Spielutensilien, Figuren und verzierte Messergriffe). Besonders die Messergriffe, Teile von Prunkwaffen, sind wegen ihrer filigranen Ausführungen und der Darstellung von Gefangenen, Jagden (in späterer Zeit ein Synonym für Kriege als Vernichtung des Bösen und Gefährlichen) und Tributlieferungen ein Indikator für den Status der Beigesetzten eventuell als frühe Herrscher. Ebenfalls im südlichen Teil der Naqada-II-Gräber werden Objekte aus Amethyst, Lapislazuli, Türkis und Obsidian gefunden – Materialien, die allesamt nicht in Ägypten anzutreffen sind und z. T. sehr weit verhandelt worden sein müssen. Siegelabrollungen mit Zeichen, die den späteren Hieroglyphen ähneln, belegen eine frühe Form der Verwaltung. Fast alle Anlagen der Zeitstufe Naqada III weisen eine Auskleidung der Kammerwände mit getrockneten Lehmziegeln auf. Neben Ein-Kammer-Gräbern treten nun auch solche mit zwei Kammern auf, in denen die nördliche für Vorratsbeigaben und die südliche als Bestattungsort dient. Zuweilen sind auch die Magazinkammern unterteilt. Die Räume sind mit Holzbalken abgedeckt, über die eine Mattenlage und eine Schicht Lehmziegel bzw. -verstrich für die Abdichtung sorgen.
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Der Siegeszug des Falkenreiches Die Eliten dieser Zeit begründen ihre Bedeutung und ihr Ansehen auf der Kontrolle von Handelsrouten. In Oberägypten kristallisieren sich besonders am Ende von Naqada II, etwa um 3200 v. Chr., die Orte Thinis/Abydos, Naqada/Ombos und Hierakonpolis als Zentren handelspolitischer Macht heraus. Zu dieser Zeit entstehen dort beeindruckende Grabanlagen von einflussreichen Persönlichkeiten. Wir können mit Sicherheit annehmen, dass diese drei Eliten Oberägyptens untereinander um die Vorherrschaft im Naqada-Reich rivalisieren. Wahrscheinlich setzt sich im weiteren Verlauf der Fürst von Hierakonpolis gegenüber dem Bereich von Abydos durch und integriert das Gebiet seines Rivalen, dessen Friedhof als Zeichen der mahnenden Präsenz der »Falken-Fürsten« übernommen wird. Nun stehen sich innerhalb des Naqada-Reiches nur noch zwei Machtblöcke gegenüber: der Fürst von Hierakonpolis mit dem Zeichen des Falken, der die hohe Weiße Krone als Symbol seiner Würde trägt, und der Fürst von Nagada/Ombos, der unter dem Zeichen des Seth-Tieres steht und die sog. Rote Krone als Machtsymbol benutzt. Bereits in der Naqada-Stufe II versinnbildlicht die Rote Krone den Norden und die Weiße Krone den Süden des Territoriums von Naqada. Später werden diese Embleme auf die beiden Landesteile übertragen.10 Der frühe innere Gegensatz, die Dualität innerhalb des Naqada-Reiches wird prägend für die weitere Geschichte Ägyptens. Den Konflikt löst das Falkenreich für sich und übernimmt die Führung über ein geeintes Naqada-Gebiet, das stetig an Ausdehnung und Macht gewinnt. Der Anführer dieser Gruppe vereinigt Horus und Seth in seiner Person, wobei Seth innerhalb der folgenden 500 Jahre nicht weiter von Bedeutung gewesen zu sein scheint. Die zeitgleiche Buto-/Maadi-Kultur in Unterägypten betreibt einen schwunghaften Handel mit Südpalästina. In Maadi leben kanaanäische Händler und erstmals werden Esel als Transportmittel domestiziert. Die importierten Artikel und Produkte sind nur für den unterägyptischen Markt bestimmt und gelangen nicht in das Einflussgebiet des südlichen, gigantischen Nachbarn. Auf dem weiteren Vormarsch der Naqada-Kultur nach Norden kommen ihre Träger zu für sie neuen und besseren Fernhandelsrouten – das ist das Ende der Maadi-Kultur. Nachdem die Naqada-Zivilisation in Stufe IIb oder in der frühen Stufe IIc Maadi erreicht und überlagert hat, scheinen zunächst die erfahrenen Händler aus Südpalästina den ägyptischen Handel in die Hand genommen und der Naqada-Kultur eine Art »Entwicklungshilfe« geleistet zu haben. Die naqadisierten Handelsstädte Unterägyptens verteilen nun die reichlichen Fernhandelsgüter nach Oberägypten. Davon zeugt die Vielzahl kanaanäischer Gefäße in Ägypten und das gleichzeitige Fehlen ägyptischer Güter in Südpalästina.11 Die Waren kommen über die Routen des nördlichen Sinai in das östliche Deltagebiet. Was sich zuvor an Importartikeln relativ gleichmäßig auf mehrere elitäre Gräber der Naqada-Stufen IIc – d aufgeteilt hat, konzentriert sich in Naqada III
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plötzlich nur noch auf wenige besonders prachtvolle Anlagen einer dünnen Oberschicht. Das eindrucksvolle Beispiel eines außergewöhnlichen Vertreters dieser Oberschicht bildet das Grab U-j, das ein Team deutscher Archäologen 1988 im prädynastischen Abschnitt des Friedhofes Umm el-Qaab bei Abydos findet. Das Grab U-j im Friedhof von Umm el-Qaab Die Naqada-Fürsten stehen inzwischen unter der einheitlichen Führung des Fürsten von Thinis. Im Friedhof der Stadt Thinis bei Abydos (Umm el-Qaab) wird in dieser Zeit ein Grab angelegt, das nicht nur aufgrund seiner Größe bemerkenswert ist. Es besteht aus 12 Kammern und misst rund 55 m2. In der frühdynastischen Zeitstufe Naqada IIIa2 treten in Umm el-Qaab zum ersten Mal mit luftgetrockneten Lehmziegeln ausgemauerte Grabgruben auf, in denen der Verstorbene inmitten einer rechteckigen Kammer liegt, an die sich noch weitere Kammern anreihen. Unter diesen Mehrkammergräbern nimmt das größte Grab mit der heutigen Bezeichnung U-j eine herausragende Stellung ein. Die Bedeutung des Grabbesitzers, dessen Name nicht einspruchslos ermittelt werden kann12, wird zusätzlich durch die Beigaben unterstrichen: Ursprünglich lagern etwa 700 übereinandergeschichtete, importierte Weingefäße in drei Kammern und sollen den Grabbesitzer mit einer Gesamtmenge von 4500 l geharzten Weines versorgen, der aus verschiedensten Regionen des palästinischen Raumes stammt.13 Dieser Wein wird von Ägyptens High Society sehr geschätzt, bevor man erst etwa 300 Jahre später damit beginnt, selbst Wein anzubauen. Das Vorkommen im Grab U-j spricht für weitreichende Fernhandelskontakte eines Mannes der oberägyptischen Elite. In Kisten aus libanesischem Zedernholz könnten kostbare Stoffe gelagert worden sein. Zu den weiteren Funden gehört auch ein hölzernes Zepter, wie es bereits im Bemalten Grab von Hierakonpolis dargestellt ist (Abb. 3) und es schon zuvor fragmentarisch in einem rund 100 Jahre älteren Grab gefunden worden ist. Die Form dieses Zepters wird von den Pharaonen der gesamten ägyptischen Geschichte als sog. Krummstab benutzt und ist noch heute in der Gestalt des Hirtenstabes bei Bischöfen und dem Papst wiederzufinden. Der Stab dient ursprünglich dazu, auffällige Mitglieder der Herde schnell aus dieser herauszuholen und die Geißel im späteren pharaonischen Ornat versinnbildlicht die strafende Autorität des Königs (vgl. Abb. 54) Die Kammerwände bieten ca. 0,2 m breite und knapp 1 m hohe Durchlässe, die es dem Besitzer erlauben, nach dem Tod die unterschiedlichen Räume zu betreten und zu verlassen. Vermutlich handelt es sich bei den Kammern des Grabes sogar um die Nachbildung eines Palastes en miniature, der der Sargkammer des Herrschers angegliedert ist.14
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Die sich südlich anschließenden königlichen Gräber sind alle in die Zeit nach dem Besitzer des Grabes U-j zu datieren. Im Laufe der Zeit wird die Form des Mehrkammergrabes zugunsten eines neuen Grabtyps aufgegeben, der aus zwei nordsüdlich orientierten Kammern besteht, die maximal 2 m voneinander getrennt liegen. Sollte hierbei vielleicht der Gedanke ausschlaggebend gewesen sein, das momentane Doppelreich im Grabkomplex des Naqada-Königs nachzubilden und die posthume Macht über die Beiden Länder sicherzustellen? Die Idee des Miniaturpalastes muss nicht aufgegeben worden sein, sondern dieser könnte an anderer Stelle oberirdisch seinen Platz gefunden haben.15 Die importierten Gefäße werden in Ägypten kontrolliert und versiegelt, was eine Behörde voraussetzt, die dem Besitzer des Grabes U-j unterstellt gewesen sein mochte. Des Weiteren erhält der Verstorbene Gefäße, deren Herkunft inschriftlich auf Elfenbeintäfelchen aus nahezu allen Teilen Ägyptens angegeben ist. Hier ist eine Verwaltung aktiv, die für die Produktion und die Verteilung der Erzeugnisse verantwortlich ist – sowohl für innerägyptische als auch für importierte. In der späten Naqada-Stufe IIIa2, etwa ein oder zwei Generationen nach dem Besitzer des Grabes U-j, leben Ägypter in Südpalästina, ihre Siedlungen haben knapp 150 Jahre Bestand, bevor sie mit dem Beginn der 1. Dynastie verlassen werden. Während dieser Zeit nimmt die Anzahl kanaanäischer Gefäße in Ägypten ab, sodass jetzt Ägypten die führende Handelsmacht gewesen zu sein scheint.16 Der Besitzer des außergewöhnlichen Grabes U-j ist das Oberhaupt des Naqada-Reiches, das zwar kulturell ganz Ägypten eingenommen hat, das aber keine politische Einheit hat erreichen können. Offenbar existieren noch zahlreiche einflussreiche Delta-Eliten, deren Gegenwehr den Zusammenschluss bislang verhindert hat und die die Träger der Naqada-Kultur als Eindringlinge empfunden haben mögen, die eine feindliche Übernahme planen. Handelspolitisch bedeutsame Siedlungen im Delta, wie etwa Buto und Minshat Abu Omar, werden zu »Brückenköpfen« der Naqada-Kultur in Unterägypten. Damit ist zwar der Handel weitestgehend unter der Kontrolle des Naqada-Reiches, aber von einer politischen Kontrolle kann nicht die Rede sein. Jedenfalls gehören der Besitzer des Grabes U-j in Abydos und seine Nachfolger, die so mächtige Namen wie Löwe oder Falke tragen, zur sog. 0. Dynastie – und sind unmittelbar vor Manethos 1. Dynastie anzusetzen. Am Ende dieser Dynastie treten zwei Persönlichkeiten auf, die die Grundlagen für eine politische Einheit des Reiches schaffen: Ihre Namen sind Skorpion und Narmer (Böser Wels). Horus Skorpion Die frühen Herrscher Ägyptens lassen sich auf ihren Denkmälern stets mit ihrem Horus-Namen verewigen. Dieser ist nicht ihr Geburtsname, sondern ein bei ihrem Machtantritt angenommener, sollte eine bestimmte Eigenschaft bzw. ein
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Abb. 5 Fragment des unteren Endes einer Prunkpalette (die sog. Städtepalette). Zu sehen sind sieben befestigte unterägyptische Siedlungen oder Städte, deren Namen von den Umfassungsmauern umschlossen werden. Über jeder Stadt befindet sich das Namenssymbol eines frühen NaqadaFürsten, das jeweils eine Hacke hält. Möglicherweise gründete jeder der genannten Fürsten in der ihm zugeschriebenen Siedlung eine Festung oder Pfalz (das Original befindet sich im Ägyptischen Museum Kairo, Inv.-Nr. JE 32169 = CG 14716).
Regierungsprogramm zum Ausdruck bringen und wurde deshalb häufig von gefährlichen oder majestätischen Tieren gebildet. Auf bedeutenden Dokumenten dieser Zeit macht Skorpion Angaben über Siege, die er im aufständischen Delta errungen hat: Auf einem Palettenfragment (Abb. 5) reiht sich Skorpion in die Riege seiner erfolgreichen Vorgänger ein und zählt auf, welchem Herrscher es zu verdanken ist, dass jeweils ein genau gekennzeichnetes Gebiet nun naqadisiert ist. Es sind zwar nur Teilsiege, die die Naqada-Fürsten über das Delta erreichen können, aber offenbar vergrößert jeder Machthaber der Dynastie 0 das Einflussgebiet seiner Vorgänger. So gelangt das Delta stetig unter die politische Macht der Fürsten aus dem Süden. Der Friedhof dieser Herrscher befindet sich noch immer in der Nekropole von Umm el-Qaab. Nach den Darstellungen eines dekorierten Keulenkopfes des Skorpion aus Hierakonpolis (Ashmolean Museum Oxford Inv.-Nr. AN. 1896–1908. E3632), muss dieser noch einen weiteren bedeutenden Sieg über ein Deltagebiet errungen haben, das Landwirtschaft und Gartenbau, Heiligtümer und Götter besitzt – also keinesfalls als primitiv oder kulturell unterlegen zu bezeichnen wäre. Skorpions Grab ist in der Nekropole von Umm el-Qaab noch nicht eindeutig lokalisiert, doch wird es der Wüstensand hier sicher irgendwann freigeben.
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Horus Narmer Über die Einnahme eines weiteren Teilbereiches des Deltas berichtet der Keulenkopf des Narmer, der nun auch lesbare Angaben macht: »Rinder und Ziegen: 1 822 000, Gefangene: 120 000« nennt dieser als Beute seines Erfolges. Nach so vielen Teilsiegen ist es schließlich ihm, dem Nachfolger des Skorpions, vergönnt, die letzten aufständischen Gebiete zu unterwerfen und das Land zu einen. Von diesem Triumph berichtet uns vor allen Dingen seine berühmte Palette (Abb. 6 a und c). Ähnliche, doch meist kleinere und nicht derart aufwendig dekorierte Paletten dienen bereits den Trägern der Badari-Kultur, um ihre verfestigte Schminkfarbe mit Wasser zu vermischen und dadurch streichfähig zu machen. Die Palette des Narmer ist eine prunkvolle Variante einer solchen Schminkpalette, die in ihrer Vorderseite eine Vertiefung aufweist, die für das Anrühren vorgesehen ist. Sie wird bei Ausgrabungsarbeiten 1897 im Tempelbereich von Hierakonpolis gemeinsam mit einigen der bisher erwähnten Dokumente der Reichseinigungszeit gefunden und ist auf beiden Seiten dekoriert. Scheinbar sind derartig verzierte Objekte in den frühen Tempeln die Vorläufer von Wanddekorationen späterer Heiligtümer. Die Rückseite der Palette ist in drei Register unterteilt. Im oberen Abschnitt befinden sich zwei gehörnte, massige Tiere, die den Namen des Königs, einen Wels über einem Meißel, flankieren. Im Hauptfeld ist Narmer bei der Hinrichtung eines Mannes dargestellt: Mit der linken Hand packt er ein Haarbüschel seines vor ihm knienden Feindes und erhebt mit der rechten Hand die todbringende Keule mit birnenförmigem Kopf. Die kniende Gestalt ist mit einer Harpune und einer bassinartigen Fläche gekennzeichnet. Narmer trägt die sog. Weiße Krone Oberägyptens, einen kurzen Schurz, an dem ein Stierschwanz angebunden ist und ein hemdartiges Oberteil. Ein schmaler Kinnbart ist mit einem ausrasierten, nur am Kieferunterrand bestehenden Bartteil mit den Koteletten verbunden. Eine falkengestaltige Gottheit übergibt dem König ein mit Papyruspflanzen bewachsenes Landstück, dessen eines Ende in der Form eines menschlichen Kopfes ausläuft. Die Nase des Kopfes ist von einem Ring durchbohrt, an dem sich ein Strick befindet, den der Falke Narmer reicht. Weder die Erscheinung des Mannes vor Narmer noch der Kopf mit Nasenring wirkt naqada-ägyptisch. Der ausladende Bart beider Männerköpfe steht zu dem feinen und sauber rasierten Bart des Narmer in starkem Kontrast. Die Angaben, die durch das Landstück und die Harpune gemacht werden, setzen das Delta als Schauplatz fest. Hinter Narmer steht eine kleinere Person auf einer Standlinie, die in ihrer linken Hand zwei Sandalen und in ihrer rechten eine Kanne trägt. Diese Person hat kurz geschorenes Haar und keinen Bart. Das Wasser im Kännchen soll Narmer zur Reinigung dienen, denn er wird seine Hände waschen, mit denen er den Feind berührt hat. Danach wird er sich, als Zeichen des Sieges, auf die Leiche seines überwundenen Gegners stellen. Um jedoch seine Füße nicht an dem unreinen Körper zu beschmutzen, wird Nar-
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Abb. 6 a Die Rückseite der Prunkpalette zeigt Narmer, den Fürsten des Naqada-Reiches, bei der rituellen Vernichtung eines Vertreters der Buto/Maadi-Kultur im Delta (Naqada III, um 3000 v. Chr., Ägyptisches Museum Kairo, Inv.-Nr. JE 33169 = CG 14716).
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Abb. 6 b Die früheste Einteilung des Deltas stammt aus dem Alten Reich, einige Gebiete sind durch Symbole gekennzeichnet, die bereits auf der Narmer-Palette zu erkennen sind.
mer die Sandalen benutzen, die ihm der Diener bringt. Im unteren Teil sind zwei Personen abgebildet, die bereits gefallen vor einer befestigten Siedlung und unter Narmers Füßen liegen. Die Vorderseite der Palette zeigt vier Register. Der obere Teil wird wieder von den massigen Horntieren eingenommen, in deren Mitte Narmers Name eingeschrieben steht. In einem zweiten Register sehen wir den König, diesmal mit der Roten Krone des späteren Unterägyptens bei seinem Siegeszug über das Schlachtfeld. Er wird begleitet von vier Standartenträgern, einem hohen Beamten mit langen Haaren und dem schon von der Rückseite bekannten Sandalenträger. Die Prozession bewegt sich auf insgesamt zehn enthauptete, menschliche Kadaver zu, deren Köpfe zwischen ihren Beinen platziert sind. Der Sandalenträger deutet an, dass Narmer erneut über die Leichen laufen wird. Im dritten Register sind zwei Schlangenhalspanther vorderasiatischen Ursprungs zu erkennen, die von zwei Personen gebändigt werden, indem sie die Hälse der Wesen so umeinander schlingen, dass die kreisförmige Vertiefung entsteht, in der die Schminke angerührt werden sollte. Die Fabeltiere symbolisieren die endgültige Verschmelzung zweier an sich gleicher Geschöpfe. Das letzte Register wird von einem Stier gebildet, einer Personifizierung des Narmer, der im Umfeld einer befestigten Siedlung einen Mann zertritt. In der Narmer-Palette ist allerdings noch weitaus mehr zu erkennen als die Dokumentation einer historischen Schlacht, die die Einheit Ägyptens möglich ge-
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macht hat. Sie ist m. E. zudem die älteste geografische Karte Ägyptens. Nicht nur ihre Darstellung vermittelt eine Botschaft, sondern auch ihre Form macht klare Aussagen. Man nutzt dafür die aus den rautenförmigen Paletten der Naqada-Stufe I entwickelte ovale Form, die seit Naqada II auftritt und ab Naqada III auch Dekorationen aufweisen kann. Diese Form erinnert stark an die Gestalt des Deltas und wird meiner Ansicht nach als Rahmen benutzt, um in ihm die finale Schlacht um dieses Gebiet abzubilden, das nun vollständig unter der Oberhoheit von Naqada steht. Die Figuren der Rückseite, deren Deutung schwierig bis unmöglich ist, bekommen nun einen Sinn. Denn welche Funktion haben beispielsweise die Kuhgestalten an einer derart prominenten Stelle des Stückes, das einer Falkengottheit in Hierakonpolis geweiht ist? Vergleicht man die Paletten-Rückseite mit einer Einteilung des Deltas aus der 5. Dynastie, so sind augenfällige Gemeinsamkeiten unübersehbar (Abb. 6 b): Die Hörnerwesen repräsentieren die beiden nördlichsten Bereiche Ägyptens, die Harpune über Narmers Feind ein Gebiet im Ostdelta und die ummauerte Siedlung an der unteren Spitze der Palette vielleicht sogar das memphitische Gebiet. Während der Frühzeit werden Regionen im Delta vielfach nach den in ihnen typischen Kulten bezeichnet. Diese Begriffe übernimmt man in späterer Zeit, um die jeweiligen Gaue zu benennen. Nicht anders verfährt man in unserer Kultur bei vielen Ortsnamen, wie etwa Godesberg (Gottesberg) Frankfurt (Furt der Franken) oder Düsseldorf (Dorf am Fluss Düssel) – wenn auch nicht immer mit kultischem Hintergrund. Man nutzt unter Narmer also bewusst diese Palettenform, da sie dem ungefähren Umriss des Deltas entspricht, um den letztendlichen Sieg der Naqada-Kultur nicht nur darzustellen, sondern auch örtlich festzumachen. Narmer wird im Friedhof von Umm el-Qaab beigesetzt, doch findet sich in seiner Grabanlage eine interessante Neuerung: Die beiden Raumeinheiten des Doppelkammergrabes seiner Vorfahren sind nun nicht mehr voneinander getrennt, sondern beide Kammern berühren einander: Die beiden Reiche sind vereint. Der Prozess der ägyptischen Reichseinigung erstreckt sich über einen Zeitraum von mindestens 250 Jahren. Beginnend mit wirtschaftlichen Annäherungen der Kulturen, die ein relativ einheitliches Gesamtbild zur Folge haben, aber weit von der Führung unter einer Person entfernt sind, vergrößern die oberägyptischen Könige kontinuierlich ihren Herrschaftsbereich, der um 3150 v. Chr. bereits derart ausgedehnt ist, dass die Importgüter, die Machtsymbole und der Reichtum des Grabes U-j möglich sind. Die Nachfolger dieses Herrschers beginnen mit der politisch-kriegerischen Inbesitznahme des partikular regierten Deltas. Skorpion und Narmer können die letzten noch freien Gebiete eingliedern und das Einigungswerk vollenden. König Aha ist demnach vermutlich tatsächlich der erste König, der ohne weitere innerägyptische Machtkämpfe über ein vereintes Reich herrschen kann und die spätere Tradition lässt mit ihm (trotz seiner wahrscheinlich direkten Abstammung von seinem Vorgänger Narmer) eine neue, die 1. Dynastie beginnen.
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Abb. 6 c Auf der Vorderseite ist der Siegeszug des Narmer nach der finalen Schlacht um das Delta dargestellt. Den Mittelteil bilden zwei Schlangenhalspanther, Mächte des Chaos’ vorderasiatischen Ursprungs, die jeweils von einem Ägypter der Naqada-Kultur gebändigt werden.
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Das Zusammenwachsen der Beiden Länder Die Thinitenzeit (1. und 2. Dynastie, ca. 3032 – 2707 v. Chr.) Das politische Einigungswerk kann unter Narmer formell erfolgreich abgeschlossen werden, aber man soll nicht vergessen, dass die unterägyptische Bevölkerung – obwohl kulturell »naqadasiert« – die Annektierung und Okkupation aus dem Süden nicht ohne Weiteres hinzunehmen bereit gewesen ist. Unter Narmers Sohn und Nachfolger wird deshalb eine Reihe von Neuerungen eingeführt, um die Position des neuen gesamtägyptischen Königtums zu festigen. Aufgrund der Fülle von Innovationen wird dieser in späterer Zeit als Begründer einer neuen Dynastie betrachtet. Dieses Phänomen, dass eine tatsächliche familiäre Linie abgetrennt und einen neuen Abschnitt beginnen lässt, ist in der ägyptischen Geschichte häufig zu beobachten; ich möchte einen solchen Wechsel, der nur auf der Grundlage von Erneuerungen vollzogen wird und etwaige Blutsverwandtschaften ignoriert, das »innovative Element« nennen. Die spätere Tradition setzt einen König Meni oder Menes an die Stelle des ersten Herrschers der 1. Dynastie, was während der wissenschaftlichen Beschäftigung mit jener Zeit für eine gewisse Verwirrung gesorgt hat, denn kein Herrscher trägt diesen Namen. Allerdings lautet Ahas Geburtsname Men, diesen benutzt er, wie seine Vorfahren, nach dem Regierungsantritt nicht mehr und nennt sich auf offiziellen Denkmälern nur noch Horus Aha – Der Kämpfer. Horus Aha (ca. 3032 – 3000 v. Chr.) Durch die Siege seines Vaters Narmer kann Aha als zweiter Ägypter über ein geeintes Reich regieren. Die Tradition schreibt ihm dabei auch die Einführung einiger Neuerungen zu, die eigentlich Verdienste des Narmers gewesen sind, z. B. soll die Stadt Inebu-hedj, das spätere Memphis, an der Deltaspitze, wo bereits Narmer einen Palast hat errichten lassen und die er zum Hauptsitz der Verwaltung gemacht hat, eine Gründung des Aha sein. Von hier aus werden von beiden Landesteilen Steuern eingezogen. Eine ständige Residenz gibt es zu dieser Zeit noch nicht. Der König reist mit einem Teil seines Hofstaats (Horusgeleit) durch sein Land, treibt Steuern ein und spricht Recht. Er besitzt Pfalzen in den bedeutends-
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ten Städten, wie etwa in Hierakonpolis, Naqada, Thinis/Abydos, Memphis oder Buto. An vielen dieser Orte sind Söhne des Königs als Verwalter eingesetzt, die auch dort bestattet werden. Beamte sind damals enge Verwandte des Königs, eine Tradition, die noch lange anhalten soll. Unter Aha führt Ägypten Handel mit dem Libanon und erhält von dort insbesondere Zedernholz, das u. a. für den Schiffsbau benötigt wird. Die politische Situation scheint ruhig gewesen zu sein, denn als einziges kriegerisches Ereignis aus seiner Regierung ist ein Feldzug nach Nubien bekannt. Ahas bedeutendere Gemahlin heißt Neith-hotep, doch scheint eine weniger prominente Frau namens Chened-Hapi die Mutter seines Nachfolgers Djer gewesen zu sein. Das Problem der Jahreszählung Die Jahreszählung nach Herrschaftsjahren existiert zu Beginn der 1. Dynastie noch nicht. Vielmehr tragen die Jahre Namen, die berichtenden Charakter haben. Sie erzählen, was in den betreffenden Zeitabschnitten passiert oder passieren soll. Die Jahresnamen werden in Elfenbeintäfelchen geschnitten, die an Gefäßen befestigt sind und Angaben über Inhalt, Qualität, Herstellungsjahr und die verantwortliche Institution bzw. den leitenden Beamten dieser Einrichtung machen. Ein besonderes Exemplar stellt ein 1998 in Abydos gefundenes Täfelchen dar, das aus der Regierung des Narmer stammt. Die Angabe des Jahresnamens ist eine Wiedergabe der Handlung, die Narmer auf der Rückseite seiner Palette ausführt: Narmer ist als Wels (dem Hauptbestandteil seines Namens) dargestellt, der einen Feind aus dem Delta erschlägt. Das hier angegebene Produktionsjahr muss also identisch mit der finalen Schlacht im Delta gewesen sein, die damit historisch wird.17 Die Palette des Narmer gibt also keine fiktive Handlung wieder, sondern nennt ein konkretes, tatsächliches Ereignis. Weil allerdings keine Zählung der Jahre erfolgt, können wir nicht sagen, wann sich die auf den Jahrestäfelchen genannten Geschehnisse zugetragen haben. Von Aha haben sich vier dieser Jahrestäfelchen erhalten, die aber – und das ist den meisten dieser Täfelchen gemein – meist kryptische Angaben über die Herstellung von Statuen oder Gebäuden bzw. der Durchführung von Festen machen. Diese Angaben mögen zwar die bedeutenden Handlungen dieser Jahre dargestellt haben, doch ist die Wichtigkeit solcher Ereignisse – historisch betrachtet – von untergeordneter Bedeutung, zumal nur selten Orte genannt werden. Was wir an historisch bedeutsamen Einzelereignissen erkennen können, ist ein Feldzug nach Nubien (das Schlagen Nubiens) und ein Besuch im Tempel der Neith von Sais.
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Das Grab im Friedhof von Umm el-Qaab bei Abydos Am Ostrand des Hochplateaus von Saqqara, in unmittelbarer Nähe zu Inebu-hedj, dem späteren Memphis, begründet Aha die Reihe von beeindruckenden, etwa 5 m hohen Scheinpalästen mit prunkvollen Nischenfassaden, die sich am Ende der 1. Dynastie auf einem Areal von über 1 km Länge aneinanderreihen. Diese Gebäude werden Mastabas (arab.: Bänke) genannt, waren weiß getüncht, wohl teilweise bemalt und müssen weithin sichtbar gewesen sein (Abb. 7). Als Zeichen der immerwährenden Präsenz des Königtums über dem neu unterworfenen Gebiet sollen sie zum Mahnmal für Unterägypten werden. In den Nischen einiger Anlagen sind echte Rinderhörner in Tonbatzen gesteckt, die eine ganze Herde dieser Tiere symbolisieren, die den Palast schützt, der von schmückenden Fahnen umgeben ist. Diese Prachtbauten sollen dem frisch besiegten Unterägypten vor Augen führen, dass die frühen Könige in alle Ewigkeit über sie herrschen würden. Lange wird vermutet, dass die Könige in diesen weitaus prachtvolleren Scheinpalästen beigesetzt worden sind, und nicht in den vergleichsweise nach außen hin bescheidener wirkendenden Anlagen in Abydos. Doch tatsächlich dienen die Mastabas als Gräber für Beamten, die hauptsächlich mit der Verwaltung des unterägyptischen Gebietes beauftragt sind. Aber um Pracht geht es den Herrschern der 1. Dynastie nicht in erster Linie; Tradition und die räumliche Nähe ihrer Gräber zu denen ihrer Vorfahren gilt ihnen mehr. Deshalb wird Aha nicht in Saqqara, sondern auf dem Friedhof seiner Ahnen in Umm el-Qaab beigesetzt. Seine Anlage ist zunächst als Doppelkammergrab geplant, dann jedoch vergrößert und erweitert worden. Westlich hebt man nun eine deutlich größere Grube von 3,5 m Tiefe aus und kleidet sie mit einer 1,7 m dicken Schicht aus luftgetrockneten Lehmziegeln aus. Wahrscheinlich aufgrund des gesteigerten Bedarfs an Grabbeigaben wird die Anlage erneut nach Westen erweitert, diesmal um zwei zusätzliche große Kammern, von denen die mittlere schließlich die Bestattung aufnehmen soll (Abb. 4).18 Das Königsgrab unter Aha wird in zuvor nie erreichten Dimensionen ausgeführt und erstmals durch Nebengräber erweitert. Zum ersten Mal sind in unmit-
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Saqqara. Rekonstruktion des Scheinpalastes der Königin Merit-Neith (1. Dynastie).
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telbarer Nähe zu einem Grab in Abydos Nebenbestattung von hauptsächlich jungen Männern19, wahrscheinlich der Leibgarde des Königs oder das Horusgefolge, zu beobachten. Im Falle des Aha sind es 33 kleinere Gräber, die sich in drei Reihen östlich an die Kammern des Herrschers anschließen. Das z. T. ungewöhnlich junge Alter könnte darauf hindeuten, dass diese Männer zum Zeitpunkt der Beisetzung des Königs ihr Leben lassen müssen. Als Abschluss der Nebengräberreihen befinden sich im Osten eine einzelne längliche Grube, in der sieben Löwen beigesetzt sind – ein älteres Weibchen, ein jüngeres Männchen und fünf Jungtiere, die alle in Gefangenschaft gehalten und zusammen mit dem König bestattet worden sind.20 Unter Horus Aha entsteht nach ersten traditionellen Ansätzen21 ein neuer Grabtyp. Er besteht nunmehr aus drei gewaltigen Kammern für die königliche Bestattung, zwei mittelgroßen Anlagen, vielleicht für die Königin(nen), und 34 kleineren Kammern für weitere Grablegungen einschließlich der Löwenbestattung. Horus Djer (ca. 3000 – 2952 v. Chr.) Djer ist der Sohn des Aha mit Chened-Hapi. Auf dem Annalenstein ist nur ein Teil seiner Herrschaftsjahre erhalten geblieben, eine unbekannte Anzahl ist verloren. Die ursprüngliche Regierungslänge muss jedoch nach der Rekonstruktion des Steines annähernd 50 Jahre betragen haben. Neben anderen Einträgen ist die Erwähnung des Schlagens der Vorderasiaten nenneswert. Das deutet auf einen Kriegszug in den palästinischen Raum hin. Die erhaltenen Jahrestäfelchen aus Djers Regierung verzeichnen einen Besuch des Königs in Buto, bei dem er einen Palast gegründet zu haben scheint, und die Ankunft von Holzlieferungen für Schiffe aus dem Libanon. Ferner wissen wir von kriegerischen Aktivitäten im nubischen Gebiet des 2. Kataraktes bei Wadi Halfa. Auch Djer errichtet sein Grab in der Nekropole seiner Familie in Umm elQaab. Er konstruiert nur eine einzige, allerdings noch gewaltigere Kammer von rund 120 m², die er mit Holz auskleiden lässt. Von den Innenwänden ragen 14 Zungenmauern in die Bestattungskammer und bilden auf diese Weise Nischen innerhalb des Grabraumes und stützen den Holzschrein des Djer, der in der Mitte der Kammer gestanden hat. In seinem Grab findet sich noch Schmuck, u. a. die vier berühmten Bänder aus Gold und Edelsteinen, die noch am skelettierten Arm des Königs hängen (Ägyptisches Museum Kairo, JE 35054=CG 52008-52011). Djer erhöht die Anzahl der Nebenbestattungen drastisch von 33 auf über 300 um sein Grab herum und führt als Neuerung einen weit nordöstlich liegenden Talbezirk am Fruchtlandrand ein, der ebenfalls von Gräbern umgeben ist. Ein solches Gebäude besteht seit Den aus einem durch Lehmziegelmauern abgetrennten rechteckigen Bereich von z. T. gewaltigen Ausmaßen. Es kann zudem eine niedrigere Umfassungsmauer (vgl. Abb. 9), Gruben mit Bootsbestattungen und zusätzliche Nebengräber aufweisen. Die beiden älteren Talbezirke (von Djer und Wadjit) werden aus vergänglichen Materialien errichtet und sind heute sogar nur anhand der
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sie umgebenden Nebengräber feststellbar. Im Innern ist vereinzelt lockere und spärliche Bebauung mit Lehmziegelgebäuden und Zeltkonstruktionen beobachtet worden. Die Talbezirke stehen im Zusammenhang mit den vorbereitenden Riten früher Königsbestattungen. Es ist nicht auszuschließen, dass die insgesamt 595 weiteren Nebengräber ebenfalls am Tag der Beisetzung des Djer in Gebrauch genommen worden sind. Eine derart hohe Anzahl an Nebenbestattungen findet sich nur bei Djer, bereits seine Nachfolger reduzieren die Nebengräber kontinuierlich, bis diese Sitte am Ende der 1. Dynastie völlig zum Erliegen kommt. Horus Wadjit (Djet, ca. 2952 – 2939 v. Chr.) Der Sohn und Nachfolger des Djer ist vermutlich mit seiner Halbschwester Merit-Neith verheiratet. Ihm sind nicht so viele Regierungsjahre wie seinen Vorgängern beschieden. Scheinbar stirbt Wadjit nach etwa 13 Jahren auf dem Thron. Sein Sohn und Nachfolger Dewen ist noch nicht alt genug, um die Herrschaft zu übernehmen, so dürften die ersten Jahre des Dewen von seiner Mutter Merit-Neith geprägt worden sein, wie auch ein entsprechender Vermerk auf dem Annalenstein attestiert. Merit-Neith erhält als einzige Königin einen eigenen Grabkomplex in Umm el-Qaab, in unmittelbarer Nähe zu der Anlage ihres Gemahls (Abb. 4, 8). Auch in Saqqara findet sich ein Scheinpalast der Merit-Neith in enger Nachbarschaft zu dem des Wadjit. Der Name des Königs wird durch das Zeichen einer Kobra widergegeben, wie sie beispielsweise auf seiner berühmten Grabstele aus Abydos zu sehen ist, die sich heute im Louvre befindet (Inv.-Nr. E 11007). Eine andere mögliche Lesung seines Namens lautet »Djet«. Ein Graffito des Wadjit wird im unternubischen Wadi Schagab hinterlassen und könnte ein frühes ägyptisches Interesse an den dortigen Goldminen des Wadi Allaqi dokumentieren. Sein Grab ist dem seines Vaters sehr ähnlich, allerdings wird nun die Anzahl der Nebenbestattungen von insgesamt 595 auf 328 reduziert, die sich auf Grab und Talbezirk aufteilen. Horus Dewen (Den, ca. 2939 – 2892 v. Chr.) Nach den Jahren der Regentschaft seiner Mutter Merit-Neith herrscht Dewen wohl fast 50 Jahre, in denen er zwei Sedfeste feiert. Merit-Neith erhält ein würdiges Grab, das dem eines frühdynastischen Königs entspricht (Abb. 4, 8). Die Zahl der Nebenbestattungen ist auf 41 minimiert worden, die sich um ihr Grab herum finden. Die Nischen innerhalb der Grabkammer sind bei ihr in zwei schmale längliche Staukammern umgewandelt worden. Dewen muss ein wahrer Kriegsherr gewesen sein, der seit seinem ersten Regierungsjahr erfolgreiche Feldzüge nach Südpalästina geleitet hat. Seine Jahrestäfel-
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chen sprechen von Siegen über Vorderasien, Nubien (Hundeleute) und den Sinai. Dewen ist der erste König, der den Titel König von Ober- und Unterägypten neben dem alten Horus-Namen in die Titulatur aufnimmt und der von allen folgenden Pharaonen Ägyptens geführt wird. Der Name, den er zu diesem Titel führt, ist Fremdländischer, was nicht seine Herkunft, sondern sein Regierungsprogramm ausdrückt, das sich deutlich gegen das Ausland richtet und mit dem Siegestitel Germanicus bei römischen Kaisern vergleichbar ist. Sein Harîm scheint vorwiegend aus Damen exotischer Herkunft bestanden zu haben. Eine namentlich bekannte Königin ist Bati-iri-es, vermutlich die Mutter seiner beiden Nachfolger. Die Neugliederung der Verwaltung ist für Dewens Regierung anzunehmen, bei der das sog. Schatzhaus, eine Art Finanzministerium, als neue Institution entstanden ist. Eventuell ist er der erste König, der seine ständige Residenz in Memphis einrichtet, dort verstirbt und in einem aus vergänglichen Materialien errichteten Talbezirk in der Wüste von Saqqara für den Transport nach Abydos vorbereitet wird.22 Das Grab des Königs Dewen in Abydos stellt innerhalb der frühdynastischen Nekropole einen Höhepunkt ägyptischer Grabarchitektur dar und beinhaltet eine Vielzahl z. T. wegweisender Neuerungen. Diese finden ebenfalls Eingang in die drei als Gräber für hohe Beamte genutzten Scheinpaläste in Saqqara. Das gesamte von Dewen bebaute Areal umfasst eine Fläche von über 2000 m2 (55 x 40 m; Abb. 4). Der Komplex ist unterteilt in Königsgrab, Nebengräberreihen im Norden, Osten und Westen, Magazinbereichen im Süden und in einen bemerkenswerten Anbau an der Südwestecke der Königskammer, der in Abydos einzigartig ist. Die Grabkammer besitzt eine 4 m starke Lehmziegelausmauerung von 6 m Tiefe und ist damit die tiefste Kammer des Friedhofes. Mit etwa 8,9 m Breite und 15,2 m Länge ist diese nun erstmals nicht quadratisch, sondern deutlich ostwestlich, an der Bahn der Sonne, orientiert. Ihre Wände sind mit Schilfmatten verkleidet, die man durch eine spezielle hölzerne Balkenrostkonstruktion befestigt hat. Der Boden ist als einziger in Umm el-Qaab mit großen Platten aus rotem und schwarzem Granit ausgelegt. Mittig in der Kammer ruht ein monumentaler Holzschrein und lässt nur einen geringen Abstand von 0,75 m zu den verkleideten InnenwänAbb. 8 Abydos. Rekonstruktion des Oberbaues des Kammergrabes der Merit-Neith (1. Dynastie) in Umm el-Qaab mit Tumulus-Aufschüttung, Grabstelen und Nebengräbern.
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den. Gestützt wird der Schrein nicht durch Zungenmauern wie bei Djer und Wadjit, sondern durch Holzpfosten. An jeder Längsseite befinden sich zehn dieser Pfosten und an den Schmalseiten wohl jeweils vier und sollen vielleicht die Nischenfassaden der benachbarten Talbezirke oder der Palastanlagen in Saqqara nachahmen. Zwei auf den Pfosten der Längsseiten aufliegende Balken sowie fünf darüber angeordnete Querbalken sollen den Schrein zusätzlich fixieren und stabilisieren. Die weitreichendste Neuerung innerhalb der Königsgrabentwicklung ist Dewens Hinzufügung einer Treppe in die Grabkammer. Nun ist es zum ersten Mal möglich, die Kammer schon vor der Beisetzung abzudecken, dieses tut man mithilfe von eng aneinandergelegten Holzbalken, die auf den Ziegelmauern der Kammern aufliegen. Zusätzlich kann durch Matten und Lehmverstrich diese Konstruktion verdichtet werden. An der Südwest-Ecke des Königsgrabes wird der erste Serdab Ägyptens errichtet. Ein Serdab (arab.: Keller) ist ein vermauerter Raum, in dem sich eine Statue des Verstorbenen befindet, mit dessen Hilfe er wieder Gestalt annehmen kann. Auf einer noch vorhandenen Kalksteinbasis steht eine – nicht mehr erhaltene – Figur des Königs in einer Nische. Über eine Treppe kann dieser dauerhafte Körper wieder an die Erdoberfläche gelangen und sein Blick fällt auf einen in Abydos sehr dominierenden Wadi-Ausgang, in dem die frühdynastischen Ägypter den Eingang in einen jenseitigen Bereich gesehen haben mögen. Immerhin ist auffällig, dass mit Djer und ihm folgend Wadjit, Meret-Neith und alle anderen Könige den Bereich ihrer Nebengräberreihen an der Stelle unterbrochen haben, die auf den Wadi-Ausgang zeigt (Abb. 4, 11).23 Dewen ist der erste König, der in Abydos seinen Talbezirk aus dauerhafteren Ziegeln errichten lässt. Horus Adj-ib (ca. 2892 – 2886 v. Chr.) Obwohl es keine Hinweise auf die Abstammung des Adj-ib gibt, ist es sehr wahrscheinlich, dass er der Sohn des Dewen gewesen ist. Aufgrund der langen Regierung seines Vorgängers könnte Adj-ib bei der Nachfolge ein reifes Alter erreicht haben, was kurze Regierungszeiten von ihm und Semer-chet, der vermutlich Adj-ibs Bruder gewesen ist, erklären würde. Sein belegtes Sedfest ist sicher als ein Altersfest zu werten. Von Adj-ib sind weder Einträge im Annalenstein noch Jahrestäfelchen bekannt, sodass seine Herrschaft mehr noch als die der übrigen Könige der Frühzeit im Dunkeln liegt. Sein Grab befindet sich in Umm elQaab, wo es die bisherige nordsüdliche Ausdehnung der Nekropole nicht weiter fortsetzt, sondern einen Freiraum zwischen den Komplexen des Wadjit und der Meret-Neith nutzt (Abb. 4). Wie Dewen führt auch bei Adj-ib eine Treppe von Osten in eine nun vergleichsweise kleine Grabkammer, die nordsüdlich ausgerichtet ist und im Norden einen räumlich abgetrennten Bereich aufweist, der an die
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i. frühzeit und frühdynastische zeit
Magazinräume der Doppelkammeranlagen aus der Zeitstufe Naqada III erinnern lässt. Während sein Vorgänger noch 201 Nebenbestattungen für sein Grab und seinen Talbau vorgesehen hat, beschränkt sich Adj-ib auf lediglich 63 Nebengräber, die nur noch um sein Grab herum angelegt werden. Fortan finden sich keine Nebengräber mehr an den Talbezirken. Horus Semer-chet (ca. 2886 – 2878 v. Chr.) Semer-chet ist der Sohn des Dewen mit dessen Königin Bati-iri-es und vermutlich ein jüngerer Bruder des Adj-ib. Ein Fragment des Annalensteins, das sich in Kairo befindet, rechnet ihm eine Regierungslänge von 8 Jahren zu – also herrscht er nur unwesentlich länger als sein Vorgänger. Unter Semer-chet wächst die Titulatur des Königs dauerhaft um einen weiteren Namen an. Dieser ist der Nebti- bzw. Zwei-Herrinnen-Name, der durch die Schutzgöttinnen der Kronen der beiden Landesteile Nechbet (Geierweibchen) aus El-Kab und Uto (Schlangenweibchen) aus Buto symbolisiert wird. Diese Göttinnen haben zwar schon unter Aha und Wadjit Kapellen in Ägypten besessen, treten aber erst unter Semer-chet sichtbar in der Titulatur des Königs auf. Später sind sie in ihrer Funktion als Kronengöttinnen auch an der Stirn des Pharaos zu finden, wobei Nechbet allerdings auch fehlen kann, und schützen den König. Semer-chets Grab in Umm el-Qaab setzt die horizontale, nordsüdlich entstehende Stratigrafie des Friedhofes fort und wird von 69 Nebengräbern begleitet, die sich erstmals direkt an die Grabkammer anfügen. Der Bestattungsraum weist, wie der seines Vorgängers, nordsüdliche Ausrichtung auf und ist über eine ungleichmäßige Rampe von Osten zu erreichen. Horus Qa (ca. 2878 – 2853 v. Chr.) Es ist nicht klar, ob Qa, der letzte König der 1. Dynastie, der Sohn des Adj-ib oder des Semer-chet gewesen ist. Auf dem Annalenstein ist nur das erste Jahr des Herrschers erhalten und die vorhandenen Jahrestäfelchen geben ebenfalls keinen Einblick in die etwa 25-jährige Regierung des Qa, die uns die Gründe für den nach dem Tod des Königs angesetzten Dynastiewechsels liefern könnten. An dem Mastababau des Qa in Saqqara finden sich einige richtungsweisende Neuerungen, die für die späteren Königsgräber in diesem Bereich maßgeblich werden. Es findet sich an der Nordseite des Scheinpalastes zum ersten Mal ein kleiner Tempel, der für Opferniederlegungen vorgesehen ist. Dieser Bau ist als Vorläufer der Totentempel anzusehen, die schon bald fester Bestandteil der königlichen Grabanlagen in der memphitischen Nekropole werden sollen. In Umm el-Qaab wird das Grab des Qa westlich von dem des Semer-chet errichtet (Abb. 4). Seine nordsüdlich orientierte Grabkammer ist zum ersten Mal von Norden durch eine lange Treppe zu betreten. Die Wände der Sargkammer
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Abb. 9 Abydos. Der Talbezirk des Chai-sechemui (2. Dynastie) nördlich der Nekropole von Umm el-Qaab. Deutlich ist an der Ostseite der heute Schunet ez-Zibib (Scheune der Rosinen) genannten Anlage die Nischendekoration zu erkennen, die an die Fassaden der Scheinpaläste der 1. Dynastie in Saqqara erinnert.
sind durch mit Holzkonstruktionen befestigte Wandbehänge verkleidet. Ein großer Schrein füllt fast die gesamte Kammer aus. Die Nebengräberreihen fügen sich wie bei Semer-chet direkt an die Königskammer an, sodass der gesamte Komplex den Anblick einer gedeckten höheren Königskammer bietet mit jeweils niedriger abgedeckten Nebengräbern. Das Grab des Qa ist das letzte Königsgrab, das mit Nebengräbern ausgestattet worden ist – es sind nur noch 26. Zwischen den Mauern seines Talbezirkes befindet sich heute eine koptische Siedlung. Die 2. Dynastie (ca. 2853 – 2707 v. Chr.) Offensichtlich gibt es zu Beginn der 2. Dynastie beträchtliche Gegensätze zwischen den beiden Landesteilen, die zeitweise wahrscheinlich sogar zu einem Zerfall des Reiches geführt haben. Schon in der späten 1. Dynastie scheint es Spannungen in der Herrscherfamilie gegeben zu haben – inwieweit diese jedoch die innenpolitischen Schwierigkeiten begünstigt haben, ist nicht zu sagen: In Semer-chets Grab werden Gegenstände von Adj-ib und Merit-Neith gefunden, bei denen die älteren Namen – offenbar in einem Akt der damntio memoriae – teilweise getilgt worden sind. Das Auftreten von Objekten von Semer-chets Vorfahren in seinem Grab ist nicht befremdend, oftmals werden Gegenstände sozusagen als (legitimatorische) Erbstücke über Generationen weitergegeben. Die Namen der Vorbesitzer sind zerstört, was keinen Sinn macht, wenn man die Gegenstände seiner Ahnen – ohne Groll – für sich nutzen möchte. Die Grabstelen der betreffenden Personen hingegen sind nicht beschädigt.
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Horus Hetep-sechemui (ca. 2853 – 2825 v. Chr.) Die Regierungszeit des Hetep-sechemui liegt nahezu im Dunkeln, da sich Nachrichten über sie weder auf dem Palermostein noch auf Jahrestäfelchen erhalten können. Manetho weist ihm 39 Herrschaftsjahre zu, was vor den Hintergrund seiner wenigen Hinterlassenschaften fragwürdig erscheint. Die 2. Dynastie stellt eine Zeit dar, die viele unbeantwortete Fragen aufwirft. Die Übersetzung des Namens des ersten Königs dieser Dynastie, Hetep-sechemui (Frieden der Beiden Mächte oder auch Die Beiden Mächte versöhnen sich), lässt – zum ersten Mal in einem Königsnamen ausgedrückt – auf vorangegangene innenpolitische Schwierigkeiten schließen: Demnach gibt es zwei sich bekriegende Mächte, die Götter Horus und Seth als Repräsentanten der beiden Landeshälften, die offenbar durch das Einschreiten bzw. einen Sieg des Hetep-sechemui befriedet worden sind. Eine derart politische Aussage hat zuvor noch kein König in seiner Titulatur zum Ausdruck gebracht; bisher hat es genügt, sich als furchterregend zu präsentierten: Skorpion, Böser Wels (Narmer), Kämpfer (Aha), Kobra (Wadjit), (Krallen- oder Flügel-)Spreizer (Dewen). Doch zu Beginn der 2. Dynastie scheint es Veränderungen gegeben zu haben, wie es sich aus den Horus-Namen dieser ablesen lässt. Nun geht es nicht mehr um Abschreckung, sondern um Versöhnung – und um zwei Mächte, die augenscheinlich nach etwa 150 Jahren doch noch nicht zusammengewachsen sind. Einige Hinweise deuten darauf hin, dass die Übertragung der Königswürde von Qa auf Hetep-sechemui eventuell nicht reibungslos verläuft, obwohl Letzterer die Beisetzung seines Vorgängers auf dem Friedhof von Umm el-Qaab ausrichtet. Offenbar bildet sich gleichzeitig eine Art Gegenkönigtum heraus, von dem die Namen einiger ephemerer Herrscher, wie ein gewisser Horus Senefer-ka, ein Horus Ba und ein ominöser König Vogel, bekannt sind. Man möchte vermuten, dass die alten Machtstrukturen zwischen Nord und Süd wieder hervorgebrochen sind, die frische Einheit des Reiches erneut zerfallen ist und dass Hetep-sechemui, ein Nachkomme der Naqada-Herrscher des Falkenreiches und Repräsentant des Gottes Horus, eine dieser in seinem Namen erwähnten Beiden Mächte ist und während einer beginnenden territorialen Zersplitterung die Einheit bewahren und das Land unter seine Führung stellen kann. Die späteren Königslisten geben unklare Auskünfte zu der Abfolge der Herrscher jener Zeit: Die Ahnentafel von Abydos setzt sieben Könige zwischen Qa und Djoser (3. Dynastie) an, die aus Saqqara neun und der Turiner Königspapyrus sogar zehn. Eine zusätzliche Schwierigkeit bei der Identifikation der Herrscher besteht darin, dass in diesen Quellen ausschließlich Kartuschennamen genannt sind, die es zur Zeit der 2. Dynastie noch nicht gegeben hat, d. h. die dort genannten Namen haben keine Gemeinsamkeiten mit den zeitgenössisch belegbaren Königsnamen. Über seinen Namen hinaus ist von Hetep-sechemui nicht sehr viel bekannt. Sein Grab befindet sich in Saqqara, knapp 2 km südwestlich der Scheinpaläste der 1. Dy-
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Ptah-hotep + Achet-hotep
Sechem-chet
Unas Hetep-sechemui
Mastaba des Ti
Djoser-Graben
Ni-netjer
Rue des Tombeaux Merer-ui-ka Kagemni Djoser
User-ka-ef Teti
Auch-ma-Hor Idut Chuit
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r 1. D
de läste
Dewen Aha
Merit-Neith Qa Wadjit
Abb. 10 Plan der Nekropole von Saqqara-Nord. An der nördlichen Plateau-Grenze befinden sich die Scheinpaläste der 1. Dynastie. Das Zentrum beherrscht das gewaltige Areal der Stufenpyramide des Königs Djoser (3. Dynastie), das einst von einem gewaltigen Graben umschlossen wurde. Bei der Wahl des Platzes orientierten sich Djosers Architekten an älteren Gräbern von Herrschern der 2. Dynastie. Nordöstlich und südlich der ersten Pyramide Ägyptens errichteten Könige der 3., 5. und 6. Dynastie ihre Anlagen.
nastie (Abb. 10). Er ist der erste König des geeinten Ägyptens, der mit der Tradition bricht, in Abydos bestattet zu werden. Der von ihm gewählte Grabplatz ist vom Fruchtland aus nicht zu sehen – ebenso wenig wie die Gräber von Umm el-Qaab. Die Form des Königsgrabes macht zu Beginn der 2. Dynastie eine starke Entwicklung durch: Die unterirdischen Bereiche werden von einer nahezu unüberschaubaren Vielzahl galerieartiger Magazinräume gebildet, die kammartig von beiden Seiten des Hauptganges abzweigen. Nach etwa 110 m beginnt der Bestattungstrakt des Königs mit weiteren Lagerräumen, sodass das Grab eine Gesamtlänge von 120 m erreicht. Die Breite der Anlage misst ungefähr 50 m. Der Oberbau ist zum ersten Mal ein aus Stein errichteter, massiver und nordöstlich gestreckter Tumulusbau, der die gesamte Länge der unterirdischen Räume überdeckt haben dürfte und der Gestalt eines gigantischen französischen Baguettes nicht unähnlich ist. Leider haben Steinräuber diesen Oberbau schon im Altertum abgetragen, aber mindestens eine der Anlagen aus der späteren 2. Dynastie kann Teile ihrer oberirdischen Kennzeichnung bewahren, weil sie in einen anderen königlichen Jenseitsbereich integriert ist (Abb. 10, 12). Den monumentalen Teil der abydenischen Gräber, den Talbezirk, errichtet Hetep-sechemui in der Wüste westlich seines Grabes bei Saqqara. Doch wird dieser Bereich nun, wie der Graboberbau, aus groben Steinen gearbeitet, die zu großen Teilen heute abgetragen sind.
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i. frühzeit und frühdynastische zeit
Horus Neb-Ra (ca. 2825 – 2810 v. Chr.) Auf Hetep-sechemui folgt der König Neb-Ra, der wahrscheinlich der Sohn seines Vorgängers ist. Er ist der erste König, der seinen Namen mit dem eines Gottes bildet. Übersetzt bedeutet er Herr der Sonne und zeigt eine beginnende Schwäche im Königtum, das es scheinbar nötig hat, sich als Herr über kosmische Kräfte zu bezeichnen, was zuvor ohnehin festgestanden hat.24 Die Sonne wird schnell als der mächtigste Teil der göttlichen Konstellation Ägyptens erkannt, doch die Definition des Verhältnisses des Königs zur Sonne und dem sich durch sie manifestierenden Gottes Ra erfolgt erst in der frühen 4. Dynastie und soll für das Königtum weitreichende Konsequenzen haben. Archäologische Fakten zu seiner Regierung sind äußerst rar. Sein Grab lässt sich bislang nicht in der neuen Königsnekropole von Saqqara feststellen, jedoch legt seine in der Nähe erworbene Grabstele aus Granit (New York, MMA, Inv.-Nr. 60.144) den Schluss nahe, es ebenfalls hier zu vermuten. Horus Ni-netjer (ca. 2810 – 2767 v. Chr.) Auf Neb-Ra folgt Ni-netjer, dem eine besonders lange Regierungszeit beschieden ist, die Manetho mit 47 Jahren angibt. Die Dauer von fast 50 Jahren findet Übereinstimmung in den Eintragungen des Annalensteins von Palermo, auf dem die Jahre 6 – 20 seiner Herrschaft verzeichnet sind und wahrscheinlich durch die Jahre 36 – 44 auf dem Kairener Fragment dieses Steins ergänzt werden können. Aus diesen Angaben geht u. a. ein regelmäßig stattfindendes Horusgeleit hervor und dass im 14. Jahr die Nilüberschwemmung ausgeblieben ist. Von Ni-netjer existiert die erste namentlich gesicherte, doch nur 13,5 cm hohe plastische Darstellung eines ägyptischen Königs (Privatsammlung Georges Michailides), doch bleibt leider ihr Fundort unbekannt. Das Figürchen ist aus Alabaster gefertigt und zeigt den thronenden König mit der hohen Weißen Krone Oberägyptens, Königsbart, vor der Brust gekreuzten Armen mit Krummstab und Geißel in den Händen und mit einem enganliegenden, oberhalb des Knies endenden Sedfest-Mantel gekleidet. Sein Galeriegrab befindet sich etwa 110 m östlich neben dem des Hetep-sechemui und ist ähnlich wie dieses aufgebaut. Von seinem Oberbau ist ebenfalls nichts mehr vorhanden. Allerdings beeindruckt der ihm zugeschriebene, aus Bruchsteinen errichtete Talbezirk in Saqqara mit dem modernen arabischen Namen Qisr el-Mudir25 durch seine gigantischen Abmessungen: Er umschließt mit 400 x 680 m bei nordsüdlicher Ausdehnung ein Areal von 272 000 m² – fünf Mal größer als die Grundfläche der Cheops-Pyramide. Die Mauern sind z. T. noch 40 m breit. Damit ist die Qisr el-Mudir das älteste monumentale Steinbauwerk Ägyptens. Die chronologische Folge dieser drei ersten Könige der 2. Dynastie bestätigt die Statue des knienden Hetep-dji-ef, wahrscheinlich ein Totenpriester der frühen
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3. Dynastie, auf dessen rechter Schulter die Namen in dieser Reihenfolge eingeschrieben sind (Ägyptisches Museum Kairo, JE 34557). Bei der Granitfigur des Hetep-dji-ef handelt es sich außerdem um die älteste private Plastik, die bisher aus Ägypten bekannt ist. Nebti Weneg (ca. 2767 – 2760 v. Chr.) und König Sened (ca. 2760 – 2749 v. Chr.) Die beiden folgenden Könige sind eher ephemeren Charakters, von ihnen sind nicht mehr als ihre Namen bekannt. Weder Gräber noch sonstige archäologische Hinterlassenschaften haben sich mit ihnen in Verbindung bringen lassen. Einer von ihnen trägt den Nebti-Namen Weneg, sein Horus-Name ist unbekannt und wird in den späteren Listen als Wadj-nes geführt. Die einzigen zeitgenössischen Erwähnungen stammen von Inschriften auf Steingefäßen, die im Komplex des späteren Königs Djoser (ca. 2707 – 2688 v. Chr.) gefunden werden. Nach Weneg folgt Sened, dessen Name sich auch auf einem Steingefäßfragment aus dem Totentempel des Chephren findet. Nach ihm scheint die Einheit des Reiches zerbrochen zu sein. Ägypten zerfällt in zwei Machtbereiche – die uralte Dualität von Norden und Süden kommt erneut zum Tragen. Allem Anschein nach wechseln sich im Norden drei Horusherrscher ab, deren Namen einzig aus der SaqqaraListe und dem Turiner Königspapyrus bekannt sind, einer eindeutig unterägyptisch geprägten Tradition. Ihre Namen sind Nefer-ka-Ra, Nefer-ka-Sokar, der Name des dritten Königs ist nicht erhalten. Die übrigen Königslisten führen sie nicht, denn im Süden ist ein anderer König belegt, der seine Regierung offenbar zeitgleich als Horus Sechem-ib Peri-en-Maat (Beherrscher des Herzens, der aus der Wahrheit hervorgekommen ist) begonnen hat, doch dann seinen Namen ändert und einen Titel annimmt, der einzigartig in der ägyptischen Geschichte bleiben soll: Er nennt sich nur noch Seth Peri-ib-sen (ca. 2749 – 2734 v. Chr.) Der Name bedeutet Der aus ihrem Herzen hervorgekommen ist. Der Seth-Titel ist höchst bemerkenswert, doch muss man den Gott hier differenziert betrachten. Seth scheint zu diesem Zeitpunkt der Geschichte noch nicht derart negativ verstanden worden zu sein, wie es spätere Generationen getan haben, als sie ihn zum Mörder des Osiris erklärten, der nur langsam wieder rehabilitiert werden kann und in den Unterweltsbüchern an den Wänden der Königsgräber des Neuen Reiches ab etwa 1450 v. Chr. in der Wachmannschaft des Gottes Ra erscheint. Der Gott Osiris tritt nachweislich zum ersten Mal am Ende der 5. Dynastie auf, also rund 350 Jahre nach Seth Peri-ib-sen. Zur Zeit der 2. Dynastie dürfte er (falls überhaupt existent!) noch keine gewichtige Rolle gespielt haben, sodass Seth auch nicht sein Mörder gewesen sein kann. Es ist vielmehr der uralte Gegensatz zwi-
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i. frühzeit und frühdynastische zeit
schen dem Horus- und dem Seth-Gebiet, von denen sich letztendlich das HorusReich durchsetzen kann. Der König verkörpert seit dem Sieg des Falkenfürsten von Hierakonpolis über seinen ersten und ältesten Gegner in der Naqada-Zeit beide Mächte in sich, wobei er jedoch den Seth-Titel unterdrückt bzw. dieser ungenannt bleibt. Ein sehr alter Titel für Königinnen seit der 1. Dynastie ist Diejenige, die Horus und Seth schaut – die Königin ist die Priesterin ihres Mannes, die einzige, die ihn so erkennt, wie er wirklich ist. Dass Peri-ib-sen nun den Horus-Titel ablegt und den des Rivalen annimmt, heißt nicht, dass er sich als böse versteht und eventuell eine Terrorherrschaft gegen die Nordkönige aufbauen will. Es zeigt lediglich, dass er eine Opposition aufbaut. Peri-ib-sen wird auch in späterer Zeit nicht als negativ betrachtet, denn in Saqqara besteht sein Kult bis in die 4. Dynastie, was aus den Titeln eines Priesters namens Scheri ersichtlich ist. In Abydos baut er ein Grab, das ganz in der Tradition der Anlagen der 1. Dynastie steht, wodurch er einen klaren Bezug zur Vergangenheit setzt. Wie die Könige der 1. Dynastie errichtet Seth Peri-ib-sen auch einen Talbezirk aus Lehmziegeln in einiger Entfernung zu seinem Grab. Zum ersten Mal hat sich hier Innenbebauung aus Lehmziegeln nachweisen lassen. Es ist der Grundriss eines Gebäudes nahe des Einganges, in dem ein Wohnhaus für das Jenseits vermutet werden darf.26 Ein ähnlicher Bau befindet sich ebenfalls im abydenischen Talbezirk des Chai-sechemui. Horus-Seth Chai-sechemui (ca. 2734 – 2707 v. Chr.) Seth Peri-ib-sens Nachfolger und vielleicht auch dessen Sohn verbindet nun die beiden getrennten Mächte wieder in seiner Person. Dazu schafft er einen weiteren einmaligen Titel, in dem nun beide Wesenheiten miteinander vereint waren: Horus-Seth Chai-sechem (Die Macht erscheint), den er bald leicht aber bedeutungsvoll zu Chai-sechemui (Die Beiden Mächte erscheinen) variiert. Der häufige Beiname Nebui-hetep-em-ef (Die beiden Herren sind in ihm zufriedengestellt) unterstreicht das Ergebnis, das der König durch seine Politik erreicht hat. Versöhnt der erste Herrscher der Dynastie noch laut seines Namens die beiden Mächte Horus und Seth, erscheinen sie rund 150 Jahre später zufriedengestellt in und durch die Person des Chai-sechemui. Die erste schwere Krise des ägyptischen Königtums ist überwunden, doch sie hat einen hohen Preis gefordert. Zwei sitzende Statuetten des Königs stammen aus Hierakonpolis und sind die ersten Königsplastiken, deren Herkunft gesichert ist. Sie zeigen Chai-sechemui thronend mit eng anliegendem Mantel und Weißer (oberägyptischer) Krone. Seine rechte Hand ruht, zur Faust geballt, auf seinem rechten Knie; die linke Hand liegt in der Beuge des rechten Arms. Eine der Figuren befindet sich heute in Oxford und ist aus Kalkstein gearbeitet (Ashmolean Museum, Inv.-Nr. E 517), die andere ist aus grünem Schiefer und in Kairo ausgestellt (Ägyptisches Museum Kairo, JE 32161). Auf beiden Basen sind schmerzhaft ver-
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Abb. 11 Abydos. Das Grab des Chai-sechemui (2. Dynastie) in Umm elQaab vereint die abydenische Tradition des Kammergrabes mit der Idee des in Saqqara neu entwickelten Galeriegrabes. Im Hintergrund ist der in Abydos beherrschende Wadi-Ausgang zu erkennen, in dem die frühen Ägypter den Eingang ins Jenseits vermutet haben dürften.
renkte bzw. leblose Körper von Besiegten eingeschnitten, die als Feinde des Nordens bezeichnet sind. Zahlenangaben der Gefallenen sind an beiden Statuetten angebracht und nennen einmal 48 205 (Oxford) und auf der anderen Figur 47 209 – es ist möglich, dass die Statuen zu zwei verschiedenen Anlässen gestiftet werden, um für den Sieg nach zwei Schlachten zu danken. In diesem Fall wären während der Kriege fast 100 000 Gegner gestorben, was bei einer geschätzten Gesamtbevölkerung von knapp unter einer Million 10 % der Einwohner ausgemacht hätte. Ein Jahr trägt unter Chai-sechemui sogar den vielsagenden Namen Jahr des Kampfes gegen die nördlichen Feinde, womit die Darstellungen an den Statuen als historisch anzusehen sind. In Abydos befindet sich ein Grab aus Lehmziegeln, das Chai-sechemui im ersten Friedhof der Pharaonen bei Umm el-Qaab anlegen lässt (Abb. 11). In einer ersten Bauphase ist diese Anlage der seines Vorgängers nicht unähnlich, doch es folgen Erweiterungen durch zahlreiche nördliche und südliche Magazintrakte und auf diese Weise wird das in Saqqara entwickelte Galeriegrab in verkleinertem Maßstab in die Nekropole von Umm el-Qaab übertragen. Die Sargkammer ist mit Kalkstein ausgekleidet, doch vermutlich ist der König niemals in dieser Anlage beigesetzt worden und nutzt sie als Scheingrab (Kenotaph) im heiligen Friedhof seiner Vorfahren und Vorgänger. Das Lehmziegelgrab dient, ebenso wie der gewaltige Talbezirk – der noch heute, etwa 4700 Jahre nach seiner Errichtung, eine Höhe von bis zu 11 m besitzt (Abb. 9) – nur einer ideellen Scheinbestattung. Das Königsgrab von Chai-sechemui dürfte ein Galeriegrab gewesen sein, das in Saqqara, unmittelbar westlich der Pyramide seines Nachfolgers und vielleicht Sohnes Djoser, in der Nachbarschaft der übrigen Galeriegräber der 2. Dynastie (Abb. 10, 12) zu suchen ist.
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i. frühzeit und frühdynastische zeit
II.
Das Alte Reich
(3. – 8. Dynastie, ca. 2707 – 2202 v. Chr.)
und die sog. Erste Zwischenzeit (9. – 11. Dynastie, ca. 2202 – 2014 v. Chr.)
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Die Dynastie der Gottkönige Die 3. Dynastie (ca. 2707 – 2633 v. Chr.) Djoser/Horus Netjeri-chet (ca. 2707 – 2688 v. Chr.) Der Übergang von der frühdynastischen Zeit zur 3. Dynastie, mit der traditionell das sog. Alte Reich beginnt, ist offenbar nicht durch einen Wechsel der regierenden Königsfamilie bestimmt. Ausgrabungen am Scheingrab (Kenotaph) des Chai-sechemui in Abydos haben Siegelabdrücke mit dem Namen des Djoser zutage gefördert, die bestätigen, dass dieser König das Begräbnis des Chai-sechemui und die Zeremonien am Kenotaph in Abydos ausgerichtet hat.27 Diese Aufgaben kommen dem Nachfolger zu und somit könnte Djoser der Sohn bzw. zumindest der Schwiegersohn des Chai-sechemui gewesen sein. König Neb-ka, der im Turiner Königspapyrus, in der Königsliste von Abydos und bei Manetho am Anfang der 3. Dynastie und noch vor Djoser steht, muss aufgrund dieser Tatsache an eine andere Stelle der Reihenfolge gesetzt werden. Einzig die Saqqara-Tafel nennt Djoser nach Chai-sechemui. Der Papyrus unterstreicht die bedeutende Rolle des Djoser dadurch, dass er den Titel »König« in roter Tinte ausführt. Am sinnvollsten erscheint es, Djoser als Sohn des Chai-sechemui und der Königin Ni-Maat-Hapi zu verstehen. Die Königin überlebt ihren Mann und verschließt gemeinsam mit ihrem Sohn das Scheingrab in Abydos. Auf einem Relieffragment aus Heliopolis befinden sich drei Frauen in winzigem Maßstab an den Beinen des Djosers dargestellt. Bei zweien sind die Beischriften noch erhalten, sodass wir erfahren können, dass es sich um seine Gemahlin Hetep-her-Nebti und seine Tochter Init-ka-es handelt. Eine weitere Figur, die an der Ferse des Königs kniet, dürfte eine weitere Tochter sein. Zeitgenössisch ist dieser König unter seinem Horus-Namen Netjeri-chet bekannter gewesen, doch wird später der Name Djoser, der nicht zu seiner ursprünglichen Titulatur gehört, geläufiger. Die Länge seiner Regierungszeit ist im Papyrus Turin und wohl auch auf dem Annalenstein mit 19 Jahren angegeben28, die sich gut mit der Länge der Bauarbeiten an seinem Grabkomplex in Einklang bringen lässt. Manethos Angabe von 29 Jahren hingegen erscheint zu lang. Die Annalen berichten von acht Steuerer-
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ii. das alte reich und die sog. erste zwischenzeit
hebungen, von Schiffsbau, der Errichtung einer Kapelle aus Stein und im 16. Jahr von der Herstellung einer Kupferstatue für seinen Vorgänger Chai-sechemui. Von Djoser finden sich die Spuren von Gebäuden in Heliopolis und Gebelein, Aktivitäten sind nun zum ersten Mal in den Türkissteinbrüchen des Wadi Maghara auf dem Sinai zu verzeichnen, doch die bedeutendste Hinterlassenschaft dieses Königs ist die erste Pyramide der Welt, der nach der Qisr el-Mudir des Ni-netjer älteste monumentale Steinbau Ägyptens. Das Zeitalter der Pyramiden Mit Djoser beginnt ein gänzlich neuer Abschnitt in der Geschichte Ägyptens, denn unlösbar ist er mit der ersten Pyramide der Welt verbunden. Allein der Entschluss, ein derart monumentales Grabmal zu schaffen, setzt voraus, dass die politische Situation im Innern des Reiches so sehr gefestigt ist, dass ein solches Großprojekt angegangen werden kann, das viele Arbeitskräfte über Jahre hinweg bindet. Unter Djoser müssen die Bevölkerung und das Land weitestgehend organisiert gewesen sein und eine Verwaltung existiert haben, die Steuern nach den wirtschaftlichen Erträgen des Landes berechnet, um den Bau zu finanzieren und den Unterhalt der daran beteiligten Personen sicherzustellen. Dabei ist die Entstehung der Pyramide eher ein Zufallsprodukt, denn sie ist ursprünglich nicht als solche geplant. Djoser beabsichtigt vielmehr, alle bis dahin bekannten Grabformen seiner Vorgänger und die Scheinpaläste der Thinitenzeit in seinem Komplex zu vereinen – dass er dabei eine neue Grabform schaffen würde, ist weder Djoser noch seinem Baumeister Ii-em-hetep (Imhotep) bewusst. Der König hat den Platz für sein Grabmal sehr bewusst ausgewählt. Ihm ist die Nähe zu seinen Vorgängern wichtig. Westlich, durch die Umfassungsmauer in Djosers Areal integriert, befinden sich die galerieartigen Anlagen seiner direk-
Abb. 12 Saqqara. Die Rekonstruktion zeigt den Pyramidenbezirk des Djoser mit der nischengegliederten Umfassungsmauer. Im Norden der Pyramide befindet sich der Totentempel für die Versorgung des toten Königs.
die 3. dynastie
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ten Vorfahren. Südlich, jedoch außerhalb der Mauer, besteht die Nachbarschaft zu Ni-netjer und Hetep-sechemui. In der neuartigen Steinbauweise, die in der 2. Dynastie erstmals Anwendung findet, lässt Djoser seinen Grabbezirk konstruieren. Das Format der Steine ist klein und erinnert an luftgetrocknete Lehmziegel – den typischen Baustoff der Frühzeitgräber. In mehreren Entwicklungsphasen fügt Djosers berühmt gewordener und später als Weiser vergöttlichter Architekt Ii-em-hetep das Grabareal zusammen, das zunächst aus einer quadratischen Aufmauerung mit knapp 72 m Seitenlänge und einer Höhe von etwa 8,4 m innerhalb der Umfassungsmauer besteht. In diesem ersten Entwurf ist m. E. die in Stein umgesetzte Aufschüttung über den Königsgräbern aus Abydos zu erkennen. Dieser Bau überdeckt einen 28 m tiefen Schacht, zu dem ein langer, von Norden her kommender Treppenabgang führt. An dessen Boden befinden sich die komplett aus Granitsparren errichtete Grabkammer des Königs und die Zugänge zu vier Galeriesystemen, die, mit fast labyrinthartigem Charakter, Magazingänge um die Grabkammer bilden. Im östlichen Teil dieser Gangsysteme ist allem Anschein nach eine Art Jenseitsresidenz des Königs, die sog. Blaue Galerie, untergebracht, die mit herrlichen Einlegearbeiten aus Fayencekacheln Mattenstrukturen imitiert und in drei fensterartigen Vertiefungen Reliefs des Königs zeigt. Wahrscheinlich tritt beim Oberbau ein Problem auf, das zuvor nicht bedacht worden ist, denn die als Integration eines Talbezirkes in den unmittelbaren Grabbereich geplante und ca. 10 m hohe Umfassungsmauer hätte verhindert, dass der Oberbau des Königsgrabes von außen zu sehen gewesen wäre.29 Deshalb entscheidet man sich dazu, diesen Tumulus innerhalb mehrerer Bauphasen zu vergrößern, damit er schließlich fünf weitere, sich nach oben hin verjüngende kleinere steinerne Aufschüttungen auf seiner Oberfläche aufnehmen kann. Das Ergebnis ist eine gigantische, 62,5 m hohe Treppe, auf der der verstorbene König in den Himmel gelangen kann (Abb. 20), sechs mächtige, übereinander geschichtete Podeste bringen den König dem Himmel, den Sternen und der Sonne näher als irgendeinen Herrscher vor ihm. Über sein Land würde Djoser auch weiterhin herrschen können, wenn er von seiner Treppe wieder hinunter nach Ägypten kommt. Im Norden der Pyramide befindet sich ein ausgedehnter Totentempel aus bearbeiteten Steinen. Hier werden dem verstorbenen König täglich die für seine Existenz im Jenseits benötigten Speise- und Trankopfer in Verbindung mit wichtigen Gebeten und Ritualen, die ständig seinen Namen nennen, dargebracht. Interessant ist, dass während nun alle Anlagen für den Totenkult des Herrschers ganz aus dauerhaftem Stein errichtet werden, die Heiligtümer der Götter hingegen aus vergänglichen Lehmziegeln hergestellt bleiben. In einer kleinen Kapelle vermauert findet sich die berühmte Statue des Djoser (Ägyptisches Museum Kairo, Inv.-Nr. JE 49158), in deren Gestalt der tote König die Opfer entgegennimmt. Zwei Bohrungen in der Nordwand dieser Kapelle in der Augenhöhe der Statue erlauben es Djoser, die Zirkumpolarsterne im Nord-
60
ii. das alte reich und die sog. erste zwischenzeit
ABU ROWASCH Djed-ef-Ra
GIZA
Kairo
Giza
Chephren Mykerinos
Cheops Sphinx
Tura
ABU GUROB Nefer-ir-ka-Ra
SAQQARA-NORD
Sahu-Ra Ni-user-Ra
ABUSIR
Abusir
Teti User-ka-ef Sechem-chet Djoser Unas Pepi I. Meri-en-Ra
Heluan
Djed-ka-Ra Pepi II.
SAQQARA-SÜD
Schepses-ka-ef (Mastabat al-Faraun) Snofru (Rote Pyramide)
DAHSCHUR
Snofru (Knickpyramide)
Pyramide Stufenpyramide Sonnenheiligtum Sonstiges Monument
Abb. 13 Plan der memphitischen Nekropole mit den Pyramidenfeldern der Könige der 3. bis 6. Dynastie.
himmel zu betrachten. Dort, inmitten der Sterne, die niemals auf- oder untergehen, sondern immer beständig sind und den Horizont nicht berühren, liegt, in der Vorstellung des frühen Alten Reiches, der ewige Aufenthaltsort der ägyptischen Könige. Zum ersten Mal werden im Pyramiden-Komplex des Djoser Gebäude, die ursprünglich aus Matten und Schilf errichtet waren, in Stein umgesetzt und ein
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großer Kulthof fügt sich in den Gesamtbezirk ein. Im Süden umschließt die Mauer ein Scheingrab, dessen Oberbau einem Galeriegrab der 2. Dynastie in Kleinformat nachempfunden ist, während die Innenräume eine ähnliche Abfolge des Gangsystems en miniature unter der großen Pyramide wiedergeben. Djoser lässt – anders als sein Vorgänger – kein Scheingrab in Abydos errichten, aber um nicht gänzlich mit der Tradition zu brechen, fügt er dieses Südgrab als Erinnerung und Reminiszenz an den Bestattungsplatz der frühen Pharaonen in Abydos in seinen Grabbezirk mit ein. Jeder ihm folgende König des Alten Reiches baut ebenfalls solch ein Scheingrab im Süden seines Pyramidenbezirkes. Den gesamten Komplex umgibt ein heute verschütterter, gewaltiger, 40 m breiter Graben, aus dem die Steine für das Königsgrab gebrochen worden sind und der das Areal des Djoser zu einer Art Insel macht.30 Djoser steht an der Schwelle zwischen dem frühzeitlichen Ägypten, das sich auf dem langen Weg zur Einheit befunden hat und dem Reich, das nun zu der einzigartigen Zivilisation am Nil wird. Die Stufenpyramide des Djoser ist der Meilenstein, der die erste überaus bedeutende Epoche einleitet, die wir heute als das Alte Reich bezeichnen. Niemals zuvor hat ein ägyptischer König ein Grabmal errichtet, das eine schwindelerregende Höhe von fast 63 m erreicht hätte. Die Vorstellung von Reichsgöttern, die nun in Dreiergruppen (Triaden) zu Familien zusammengefügt werden, scheint die Ebene der lokalen Gottheiten zu durchdringen, der sie hierarchisch überlegen sind, und nach und nach an Wichtigkeit ablösen. Der König gehört in die Gruppe der mächtigen Reichsgötter und gilt als Vater der Lokalgötter31, was bildlich noch in einigen Plastiken des Mykerinos in der späten 4. Dynastie ausgedrückt wird. Von einer Ziegelkapelle des Djoser aus Heliopolis haben sich Fragmente der Dekoration erhalten, die heute in Turin zu besichtigen sind. Sie zeigen die menschengestaltig und sitzend dargestellten Gottheiten Geb und Seth, deren Beischrift erläutert, dass sie dem König Leben, Beständigkeit, Kraft und Herzensfreude ewiglich 32 schenken. Die Darstellung entspricht den Bildern späterer Zeit, in denen die Götter den ägyptischen Königen anch-Zeichen, die Symbole ewigen Lebens, an die Nase halten, damit sie diese einatmen und in sich aufnehmen können. Die explosionsartige Entwicklung der Verwaltung macht die Position eines Stellvertreters des Königs unerlässlich und schafft das Amt des Wesirs, das zum ersten Mal mit dem aus der Königsfamilie stammenden Men-ka besetzt wurde. Ii-em-hetep, ein hoher Beamter, der u. a. die Titel eines Hohepriesters von Heliopolis, Oberbildhauers und Bauleiters trägt, ist mit der Leitung des Baues des Königsgrabes betraut und wird für seine Arbeit in der Spätzeit (ca. 664 – 332 v. Chr.) als Gottheit verehrt. Wahrscheinlich ist er bereits unter Chai-sechemui tätig und dient jedem König der 3. Dynastie bis Huni. Die Nachfolger des Djoser bleiben allesamt nebulös-blasse Erscheinungen.33
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Djoserti/Horus Sechem-chet (ca. 2688 – 2682 v. Chr.) Der direkte Nachfolger des Djoser ist Horus Sechem-chet, wahrscheinlich sein Sohn, dessen Name Djoserti ebenfalls nicht zeitgenössisch belegt ist. Von ihm sind nur eine Darstellung auf dem Sinai und ein begonnener Pyramidenkomplex südwestlich dem seines Vaters erhalten. Mit den Abmessungen seiner Pyramide von etwa 120 m Seitenlänge und einer Höhe von 70 m in sieben Stufen, hätte diese größer ausfallen sollen als die des Djoser. Auch an der neuen Pyramide ist Ii-em-hetep als Baumeister tätig. Die Sargkammer enthält einen verschlossenen und versiegelten, jedoch leeren Sarkophag. Im ebenfalls begonnenen Südgrab finden sich die Überreste eines 2- bis 6-jährigen Jungen, die in die 3. Dynastie datieren. Das Stadium seiner Pyramide spricht für eine sehr kurze Regierung und die Tatsache, dass Djoserti auf dem Sinai als Erwachsener dargestellt ist, steht der Vermutung, dass er noch ein Kind ist, nicht entgegen. Auch Pepi II., der rund 400 Jahre später nachweislich mit sechs Jahren die Regierung antritt, stellt sich auf dem Sinai als Erwachsener dar, der jedoch von seiner Mutter begleitet wird. Fünf Jahresfelder haben sich auf dem Annalenstein für die Regierung des Djoserti erhalten, der Papyrus Turin gibt für Djoserti sechs und Manetho sieben Jahre an – sollten am Ende etwa die Lebensjahre dieses Königs gemeint sein? Nefer-ka-Ra/Horus Chai-ba (ca. 2682 – 2676 v. Chr.) Die Zusammenführung der Namen Nefer-ka-Ra und Chai-ba ist nur eine Hypothese, die versucht, den auf der Abydos-Tafel erscheinenden Namen mit einem auf zeitgenössischen Denkmälern belegten Horus-Namen in Verbindung zu bringen. Wie dieser König in die Familie zu integrieren ist, ist unbekannt. Am wahrscheinlichsten ist er als Bruder des Djoser anzusehen, vielleicht ist er aber auch dessen Sohn oder Schwiegersohn. Ein ebenfalls im Anfangsstadium abgebrochenes Pyramidenprojekt befindet sich bei Zawiet el-Arian, etwa 7 km nördlich von Saqqara. Auch hier ist eine Stufenpyramide geplant worden, die mit 84 m Seitenlänge eine Höhe von bis zu 45 m in fünf Stufen erreicht hätte. Die Anlage liegt viel näher an der Plateaukante als die früheren Pyramiden von Djoser und Djoserti. Baugeschichtlich steht sie der Anlage von Djoserti am nächsten und Horus Chai-ba kann durch Aufschriften in einer nahegelegenen Mastaba als Bauherr der Pyramide betrachtet werden. Vermutlich ist seiner Regierung der Platz im Papyrus Turin vorbehalten gewesen, den dieser als »Lücke« aufführt und mit sechs Jahren veranschlagt.
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Neb-ka/Horus Sa-nacht (ca. 2676 – 2657 v. Chr.) Auch Neb-ka ist nicht sicher in die Familienchronologie einzuordnen. Lange wird er als der Begründer des Alten Reiches verstanden und erst in jüngster Zeit wird ihm ein Platz fast am Ende der Dynastie zugewiesen. Eine weitere Quelle, die eine Einordnung des Neb-ka nach Djoser unterstützt, ist der Papyrus Westcar (Ägyptisches Museum und Papyrussammlung Berlin, Inv.-Nr. P 3033). Dieser Papyrus enthält Geschichten, die jahrhundertelang mündlich überliefert worden sind, bevor sie zwischen 1648 und 1539 v. Chr. erstmals aufgezeichnet werden. Die Rahmenerzählung bildet eine Situation am Hofe des Cheops, der sich von seinen Söhnen Wundergeschichten aus den Regierungen seiner Vorfahren erzählen lässt. Die dabei vorgetragenen Geschichten spielen, chronologisch aufgeführt, in den Zeiten des Djoser, des Neb-ka, des Snofru und schließlich des Cheops. Der Königspapyrus rechnet diesem Herrscher 19 Jahre zu, Manetho sogar 28, doch lassen sich die mehr als dürftigen Spuren nicht mit einer so langen Regierungszeit vereinbaren. Außer Siegelabdrücken sind keine Denkmäler seiner Regierung erhalten, auch die Lage seines Grabes ist bislang nicht bekannt. Huni/Horus Qai-hedjet (ca. 2657 – 2633 v. Chr.) Huni ist der letzte König der 3. Dynastie in der Einteilung von Manetho. Huni wird in allen Königslisten – mit Ausnahme von Abydos – geführt, der Papyrus Turin nennt eine Regierungsdauer von 24 Jahren, Manetho hingegen eine eindeutig überhöhte, fast doppelt so lange Zeit von 42 Jahren. Der Horus-Name Qai-hedjet steht bislang in keinem Zusammenhang mit einem König der 3. Dynastie, sodass eine Identifizierung von Huni als Träger dieses Namens zwar letztlich nicht zu beweisen, aber dennoch von großer Wahrscheinlichkeit ist. Huni ist der erste Herrscher, dessen vermutlich König von Ober- und Unterägypten – Name zum ersten Mal in einen Ring, eine sog. Kartusche, eingeschrieben ist. Dieser Ring ist das Symbol für Ewigkeit, und so soll von nun an auch die Ewigkeit den Namen des Königs umschließen und schützen. Weniger als 200 Jahre später wird König Nefer-ir-ka-Ra in der 5. Dynastie einen weiteren Namen annehmen, der dann ebenfalls von einem solchen Ring umrahmt wird. Sieben kleine Steinpyramiden von ursprünglich knapp über 10 m Höhe an Stätten in Mittel- und Oberägypten (Elephantine, Edfu-Süd, Hierakonpolis-Nord, Ombos, Abydos-Süd, Zawiet el-Meitin und Seila) sind wahrscheinlich unter seiner Regierung entstanden und markieren vermutlich Plätze, an denen sich die Königspfalzen befinden. In diesen residiert der König bei seinen ständigen Reisen durch das Land und auch anlässlich des Horusgeleits, das unter Huni zum letzten Mal durchgeführt wird. Mit Huni beginnen die stärker zentralisierte Verwaltung und der systematischere Ausbau der Verwaltung der Gaue. Die ständige Residenz
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wird nun im memphitischen Raum angesiedelt und als Symbole der königlichen Macht und als Wahrzeichen der allseits präsenten Königsautorität prangen nun die heute im Durchschnitt noch 5,5 m hohen und meist dreistufigen kleinen Pyramiden an den Gebieten der ehemaligen temporären Residenzen. Das Grab des Huni ist zuletzt in der unvollendeten Ziegelpyramide bei Abu Rowasch, ca. 30 km nördlich von Saqqara, vermutet worden. Aus unerfindlichen Gründen greift der König für die Arbeiten an seinem Grab auf den Baustoff der Vergangenheit zurück, steigert aber die Maße der Pyramide um mehr als das Doppelte der Pyramide des Nefer-ka-Ra/Horus Chai-ba und erreicht eine Seitenlänge von 215 m. Das entspricht dem Maß, das sein Nachfolger Snofru wesentlich später für seine Rote Pyramide in Dahschur verwenden soll. Zwar ist in der 3. Dynastie die Pyramide als Königsgrab entwickelt worden, doch können alle Djoser nachfolgenden Könige ihre Anlagen nicht vollenden. So ist seine Anlage in Saqqara die erste und einzig vollendete für die Dauer von mehr als einem Jahrhundert. Die gedankliche und technische Weiterführung und Ausreifung dieser Denkmäler bis hin zum kolossalen Weltwunder in Giza, bleibt den nachfolgenden Generationen vorbehalten.
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Aufbruch zu den Sternen – Ägyptens Zeit der Pyramiden Die 4. Dynastie (ca. 2633 – 2509 v. Chr.) Für die Architekturgeschichte Ägyptens ist die 4. Dynastie nahezu unerschöpflich. In nicht einmal 150 Jahren werden sechs Pyramiden gebaut und mindestens zwei weitere begonnen. Historisch betrachtet überliefert uns diese Zeit jedoch leider nur äußerst wenig. Abgesehen von einigen Steinbruchinschriften sind wir im Wesentlichen auf die Pyramidenkomplexe, ihre Lage und ihre Beziehung zu- und aufeinander angewiesen, um Rückschlüsse auf die geschichtliche Entwicklung (zumindest was die Herrscherabfolge betrifft) ziehen zu können. Die Herrscher treten – wie schon in der vorangegangenen Zeit – nicht als Persönlichkeiten hervor. Über ihr Wesen, ihre Politik und ihre Absichten sind wir in keiner Weise unterrichtet. Jedoch hält sich hartnäckig die Vorstellung, dass z. B. Cheops ein Tyrann gewesen sei. Dieses ist Herodot bei der großen Pyramide von Giza erzählt worden. Der König habe sein Volk geknechtet und gezwungen, sein gewaltiges Grabmal zu erbauen. Herodot berichtet weiter: »Cheops war ein so verruchter Mensch, dass er in seiner Geldnot die eigene Tochter in ein Freudenhaus brachte und ihr eine bestimmte Geldsumme – wie viel, sagten die Priester mir nicht – zu schaffen befahl.«34 Hollywood greift das unschmeichelhafte Bild von Cheops als Despoten in verschiedenen Verfilmungen auf, die diese sicher falsche Vorstellung vom Ägypten der 4. Dynastie in den Köpfen einer großen Öffentlichkeit hinterlassen. Die 4. Dynastie beginnt nach Manetho mit Snofru, dem Vorgänger des Cheops, dem bis dahin größten Bauherrn unter den Pharaonen. Snofru (ca. 2633 – 2585 v. Chr.) Obwohl Manetho mit Snofru eine neue Dynastie beginnen lässt, ist durchaus nicht bewiesen, dass er nicht der Sohn seines Vorgängers Huni ist. Wahrscheinlich ist es nur wieder einmal das »innovative Element« unter seiner Regierung gewesen, das ihn später zum Gründer eines neuen Abschnitts in der ägyptischen Geschichte werden lässt. So ist es bereits 400 Jahre zuvor bei König Aha/Menes und
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dieses Phänomen kann konsequent durch die ägyptische Geschichte hindurch verfolgt werden. Snofrus Mutter ist die Königin Meri-si-anch, die vielleicht eine Frau des Huni gewesen sein könnte. Mit einer anderen Frau, deren Name nicht erhalten ist, hat Huni vermutlich eine Tochter – Prinzessin Hetep-her-es, die den Titel Gottestochter trägt. Diese Tochter sichert ihrem Ehemann Snofru die Legitimation zur Nachfolge ihres Vaters Huni. Sonnenstrahlen aus Stein Unter Snofrus Herrschaft sind drei gigantische Pyramiden entstanden – ein architektonischer Aufwand, wie es ihn nie zuvor gegeben hat. Der Königspapyrus von Turin gesteht Snofru jedoch eine Regierungsdauer von lediglich 24 Jahren zu, sodass man in der Vergangenheit davon ausgegangen ist, Snofru habe seine drei Anlagen gleichzeitig errichten lassen. Die jährliche Arbeitsleistung wäre jedoch überdurchschnittlich hoch und das gesamte Bauprojekt in dieser kurzen Zeit unmöglich gewesen. Neue Ausgrabungen an der Roten Pyramide von Dahschur fördern eine datierte Bauinschrift zutage, die belegt, dass Snofru wohl etwa 48 Jahre regiert hat35, also doppelt so lange, wie auf dem Papyrus verzeichnet. Die Jahreszählung im frühen Alten Reich wird noch nicht nach den Regierungsjahren des Königs vorgenommen, jedoch ist man von der Sitte abgekommen, den Jahren Namen zu geben. Nun wird nach den alle zwei Jahre durchgeführten Viehzählungen im Land gerechnet, nach denen die Steuern festgesetzt werden. Als rund 1500 Jahre später im Neuen Reich der Turiner Königspapyrus geschrieben wird, ist man längst zu einer jährlichen Zählung nach Regierungsjahren übergegangen und hat die frühen Angaben des Alten Reiches ebenso als jährlich verstanden. So erklärt sich die Diskrepanz der Angaben, die sich auf Snofrus Regierungslänge beziehen. Allerdings muss es unter Snofru auch zu Ungleichmäßigkeiten in der Jahreszählung gekommen sein, indem – vermutlich aufgrund der starken wirtschaftlichen Belastung durch den exzessiven Pyramidenbau – einige Male auch jährliche Viehzählungen vorkommen, die – ähnlich einem Kassensturz – dazu dienen, zu ermitteln, welche Wirtschaftskraft noch im Land vorhanden ist. König Snofru residiert in den ersten 14 Jahren in einem Palast, der vermutlich zwischen El-Wasta und Tarkhan gelegen haben muss. In dieser Zeit hat er eine Stufenpyramide (Abb. 14) in Meidum gebaut.36 Danach verlässt er aus ungeklärten Gründen diese Residenz und zieht in die Nähe des heutigen Dahschur, rund 50 km nördlich von Meidum. Hier beginnt er mit dem Bau einer neuen Pyramide, deren Seitenflächen nun zum ersten Mal nicht stufig sondern glatt sein sollen. Was Snofru zu realisieren versucht, ist, die Strahlen der Sonne, die aus einem bewölkten Himmel wie ein Fächer den Erdboden berühren, in Stein zu verewigen, um auf ihnen zu den Sternen emporreisen zu können. Er plant die Umgestal-
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Abb. 14 Meidum. Seine erste Pyramide begann Snofru (4. Dynastie) der Tradition folgend als Stufenpyramide, die er zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Pyramide mit glatten Seitenflächen umbauen ließ. Für seine Beisetzung kam die Anlage nicht in Frage, weshalb man an der Ostseite ein kleines Heiligtum mit zwei unbeschrifteten Stelen für einen besonderen Kult des Snofru errichtete.
tung der äußeren Form des Königsgrabes, wie Djoser es nur 30 Jahre zuvor fertiggestellt hat. Auch Snofru beginnt seine erste Pyramide in Meidum in Stufen, doch er lässt sie unvollendet zurück, als er seinen Hof in die Nähe von Dahschur verlegt. In seinem 26./27. Regierungsjahr hat seine Pyramide in Dahschur eine Höhe von 49 m erreicht und es ist deutlich geworden, dass sie als Königsgrab nicht zu
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gebrauchen ist: Risse und Senkungen in den Innenräumen, erzeugt durch den steilen Winkel der begonnenen Anlage auf dem für das enorme Gewicht der Pyramide zu weichem, schiefrigen Untergrund ohne Fundament, hätten sein Haus der Ewigkeit gefährdet. Die Baumeister reduzieren mit dem Auftreten der ersten Beschädigungen den Winkel von 58° auf 44°, um die Kammern zu entlasten – so entsteht die charakteristische Knickform dieser Pyramide. Durch die Konstruktion eines zweiten Gangsystems mit einem neuen Eingang im Westen versucht man ebenfalls, das begonnene Bauprojekt zu retten und für den König benutzbar zu machen. Doch zum einen ist die von Snofru angestrebte Form der aus dem Himmel hervortretenden Sonnenstrahlen nicht mehr zu erreichen, und zum anderen fürchtet er wahrscheinlich auch um die Sicherheit seiner Bestattung. Denn gleichzeitig beginnen nun die Vorbereitungsarbeiten für die Rote Pyramide 37, etwa 1,5 km nördlich der Knick-Pyramide (Abb. 15, 20). Während dieser Zeit lässt er zusätzlich die Anlage von Meidum zu einer Pyramide mit glatten Seitenflächen umbauen. Das Projekt von Meidum scheint eine Art Notprogramm gewesen zu sein, das in Kraft treten soll, wenn die neu begonnene Rote Pyramide in Dahschur vor dem Tod des Königs nicht hätte fertiggestellt werden können. Doch die Umbauarbeiten in Meidum misslingen und diese Pyramide scheidet als Grabmal ebenfalls aus. Man kann den Hochdruck nur erahnen, mit dem die Bauarbeiten an Snofrus dritter Pyramide vorangetrieben worden sein müssen: Der alternde König braucht ein sicheres Grabmal, um in die Unendlichkeit eintreten zu können. Die neu entstehende Anlage soll der Beisetzungsplatz des Königs werden. Dass er tatsächlich hier bestattet wird, beweisen die Ausgrabungen an der Ostseite. Hier kann der Totentempel, in dem für den verstorbenen König geopfert wird, freigelegt werden, der aus Lehmziegeln, der inzwischen zur ägyptischen Schnellbauweise gewordenen Technik, errichtet worden ist. An einem königlichen Grabkomplex wird sie seit der späten 2. Dynastie nur dann angewandt, wenn der Herrscher vor der Fertigstellung der Anlage verstorben ist und die Kulteinrichtungen so schnell wie möglich funktionstüchtig sein müssen. Im Gegensatz dazu finden sich an den Ostseiten der Pyramide von Meidum und der Knickpyramide lediglich kleine Kultstellen, in denen zwei unbeschriftete Stelen im Zentrum der Verehrung stehen (Abb. 14). Mit dem Bau der Pyramiden wachsen die zu erledigenden Verwaltungsaufgaben an und lassen regelrechte Büros entstehen, die sich mit den neu auftretenden Fragen nach Logistik, Versorgung der Arbeitskräfte, Arbeitsplanung beschäftigen. Das ist die Geburtsstunde der ausgeklügelten und weit verzweigten Bürokratie in Ägypten. An der Spitze dieses Verwaltungsapparates steht der Wesir. Unter Snofru bekleiden dieses Amt nacheinander dessen Söhne Ka-nefer und Nefer-Maat.38 Snofru setzt Richtlinien im Pyramidenbau, die für die folgenden Anlagen verbindlich bleiben sollen: Der Zugang zu den Innenräumen beginnt seit Djoser
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Abb. 15 Die Knickpyramide des Snofru (4. Dynastie) von dessen ca. 1,5 km weiter nördlich befindlichen Roten Pyramide aus gesehen.
ebenerdig auf der Nordseite der Pyramide, doch unter Snofru wird dieser relativ hoch in das nördliche Mauerwerk verschoben. Den Totentempel versetzt Snofru von der Nord- auf die Ostseite in Richtung Sonnenaufgang, wo dieser nun durch einen Aufweg mit einem Taltempel verbunden ist. Das seit Djoser existierende Südgrab – jene Reminiszenz an den alten Königsfriedhof von Abydos – erhält unter Snofru Pyramidenform. Der die Fremdländer niederschmettert Die Annalen nennen zwei militärische Aktivitäten für die Regierung des Snofru: Ein Beutezug nach Nubien wird im Jahr nach dem 6. Mal der Zählung durchgeführt und »das Nubierland zerhackt; als lebende Geschlagene (Kriegsgefangene) 7000 Männer und Frauen und 200 000 Rinder nach Ägypten fortgeführt«.39 Etwa zeitgleich findet eine frühe unternubische Kultur, die sog. A-Gruppe, ihr Ende; dieser Untergang könnte mit Snofrus Angriff in Verbindung zu bringen sein.40 Ein Zug gegen die Libyer in einem späteren Regierungsjahr erbeutet 1100 Kriegsgefangene und 13100 Rinder.41 Aktivitäten auf dem Sinai und in Nubien dienen der Sicherung der Handelswege, während der Schlag gegen die Libyer sicher eine Strafexpedition an Ägyptens offener Westgrenze gewesen ist. Aus den Aufzeichnun-
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gen geht hervor, dass Snofru seine Feldzüge »dosiert« aber effizient durchführt. Ebenfalls in das Jahr der 6. Viehzählung datiert die Nachricht der Ankunft von 40 Schiffen aus dem Libanon, die mit Koniferenholz beladen sind. Aus diesem Holz werden Palasttüren hergestellt.42 In einer Darstellung aus dem Wadi Maghara, nahe den Türkisminen auf dem Sinai (Ägyptisches Museum Kairo, Inv.-Nr. JE 38568) sieht man den König in einem undatierten, machtgeladenen Bild des Feinderschlagens. Die Inschrift nennt Snofru denjenigen, der die Fremdländer niederschmettert. Also stehen Ägypten neben dem Libanon auch mindestens der Sinai und Nubien als Rohstofflieferanten zur Verfügung. Der Große Gott Bemerkenswert an der Darstellung des Snofru vom Sinai ist ferner, dass über dem schlagenden König sein Kartuschenname von dem Zusatz Großer Gott begleitet wird – ein Epitheton, das bei königlichen Inschriften aus der vorangegangenen 3. Dynastie noch nicht auf dem Sinai erschienen ist. Eine Vergöttlichung seiner Person hat Snofru bereits zu Lebzeiten beabsichtigt. Allein seine weiteren Namen, wie Herr der Weltordnung oder Goldfalke, drücken diesen Wunsch aus, wobei »Gold« ein Synonym für die Sonne ist. Nicht nur auf dem Sinai, sondern auch in Meidum werden Spuren gefunden, die eindeutig Snofrus Absichten belegen. Aufgrund der Untersuchung von Besuchergraffiti des Mittleren und Neuen Reiches wird deutlich, dass Snofru in dieser Zeit als falkengestaltige Gottheit in Meidum verehrt worden ist.43 Die Pyramide von Meidum ist mehr als nur eine Ruine auf dem Weg zur Pyramide – sie ist der Kultort des vergöttlichten Königs Snofru. Cheops (Chufu, ca. 2585 – 2562 v. Chr.) Zweifelsfrei ist Cheops der Sohn der Gottestochter Hetep-her-es, seine Abstammung von Snofru hingegen scheint nicht gesichert, zumal Hetep-her-es der wichtige Titel einer Königsgemahlin fehlt.44 Über die Regierung des Erbauers der größten Pyramide Ägyptens ist fast nichts bekannt. Der Annalenstein ist gerade in den Jahren des Cheops und seiner Nachfolger äußerst schlecht erhalten. Die einzigen Informationen über diesen König sind die wenig glaubhaften Ausführungen von Herodot. Seine Schilderungen der Person des Cheops und des Baues seiner Pyramide sind nicht hilfreich bei der Suche nach Fakten über diesen Herrscher 45, denn Herodots Gewährsmännern liegt es offensichtlich daran, dem griechischen Touristen eine möglichst spannende Geschichte zu erzählen, sodass man dem Wahrheitsgehalt der Überlieferung nicht allzu viel beimessen sollte. Auch über die familiären Zusammenhänge der Könige, die sich in Giza beisetzen lassen, wissen die Führer nicht viel Wahres zu berichten. Allerdings decken sich die Aussagen
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Herodots mit denen des Manetho, wenn übereinstimmend überliefert wird, dass Cheops die Göttertempel schließen lässt. Cheops ist die gräzisierte Form seines ägyptischen Namens, die durch Herodot für diesen König üblich geworden ist. Ursprünglich heißt er Chnum-chui-ef-ui [(Gott) Chnum ist es, der mich schützt], jedoch wird dieser meistens ohne den Gottesnamen geschrieben: Chui-ef-ui (Er schützt mich). Chnum ist ein widderköpfiger Schöpfergott im alten Ägypten, der auch den König und den Thron beschützt. Im ägyptischen Schriftbild wird dieser Name noch weiter verkürzt, sodass sich die Lesung Chufu ergibt, was Herodot zu Cheops umwandelt. Das höchste nachprüfbar belegte Regierungsdatum ist das Jahr nach dem 13. Mal der Zählung, eine Expeditionsinschrift in der Sahara, etwa 100 km östlich der Oase Dachla.46 Seine Herrschaft hat demnach maximal 27 Jahre gedauert. Sein Lebenswerk ist die Errichtung der ersten perfekten Pyramide Ägyptens mit all den dazugehörigen Totenkultanlagen. Zu weiteren Bauten dürften auch Cheops’ Möglichkeiten nicht gereicht haben, denn der Aufwand beim Bau seiner Pyramide ist gigantisch. Doch seine Totenkultanlagen werden etwa 500 Jahre nach seinem Tod geschliffen, die Verkleidung seiner Pyramide in islamischer Zeit abgetragen, die Reste seines Taltempels sind heute unter einem modernen Dorf unterhalb des Plateaus begraben. Bislang gilt eine winzige, 7,5 cm messende Elfenbeinfigur als das einzige Bildwerk des Erbauers der größten Pyramide der Welt (Ägyptisches Museum Kairo, JE 36143), aber neuerdings kann überzeugend nachgewiesen werden, dass auch der Sphinx von Giza, die früheste Monumentalplastik (Frontispiz) der ägyptischen Kunstgeschichte, nicht das Antlitz des Chephren, sondern tatsächlich das Gesicht des Cheops ist.47 Eine Inschrift im Wadi Maghara zeigt ihn, wie schon seinen Vater Snofru, als Großen Gott einen Bewohner des Sinai erschlagend und zeugt von der Präsenz Ägyptens in dieser Region auch in seiner Zeit. Interessanterweise sind Snofru und Cheops die einzigen Herrscher der Dynastie, die derartige Denkmäler auf dem Sinai hinterlassen. Inschriften belegen ihn ferner in den Steinbrüchen von Wadi Hammamat, Hatnub, El-Kab und Assuan. Das Weltwunder Cheops verlässt das von seinem Vater eröffnete Bauareal zugunsten eines neuen Gebietes weit nördlich der bisherigen Anlagen von Dahschur und Saqqara. Das neue Gelände bietet vor allen Dingen etwas, das er in Dahschur nicht finden kann: Ein Plateau ähnlich dem von Saqqara, von dem aus seine Pyramide in etwa 80 m Höhe weithin sichtbar über dem Niltal liegen würde, wie zuvor nur die Scheinpaläste der 1. Dynastie. Giza erfüllt seine Erwartungen (Abb. 16, 17). Hier nutzt er das
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Wissen eines durch die Arbeiten für Snofru trainierten Teams von Spezialisten, um eine Pyramide von nie dagewesenen Dimensionen zu bauen, die noch Jahrtausende später aufgrund ihrer Perfektion und Einzigartigkeit bewundert und bestaunt werden soll. Der Pyramidenbereich folgt dem von Snofru vorgegebenen Aufbau mit Eingang hoch im nördlichen Mauerwerk, Totentempel im Osten, einem langen, ins Tal führenden Aufweg, einem Taltempel und einer Südpyramide. An den Taltempeln der Pyramiden des Alten Reiches entstehen sog. Pyramidenstädte, in denen das Personal wohnt, das für den Kult des verstorbenen Königs und die Instandhaltung sämtlicher Gebäude verantwortlich ist. Da sie in erster Linie dem toten und nicht dem regierenden König dienen sollen, sind die Bewohner der Pyramidenstädte und die umgebenden Ländereien von Steuerabgaben befreit. Östlich seiner Pyramide lässt er einen Friedhof für Familienangehörige anlegen, in dem drei seiner Frauen in kleinen Pyramidengräbern beigesetzt werden. Trotz aller Bemühungen sind die Besitzerinnen dieser Anlagen namentlich nicht festzumachen. Cheops’ Mutter Hetep-her-es erhält offenbar eine Notbestattung in einem Schachtgrab nahe der nördlichsten dieser Königinnenpyramiden, die vielleicht mit ihrer Beisetzung in Zusammenhang steht. Die Organe der Königin Hetep-her-es werden zwar in dem bislang ältesten Kanopenkasten in einer verputzen Nische entdeckt, allerdings ist der versiegelte Alabastersarg leer. Es könnte sein, dass ihr Leichnam und die bedeutendsten Teile ihrer Grabausstattung in die später fertiggestellte Königinnenpyramide umgebettet werden und die Schachtanlage als zusätzlicher Raum genutzt wird, aus dem die bekannten Teile der GrabAbb. 16 Giza. Plan der Nekropole mit ihren drei königlichen Pyramidenkomplexen aus der 4. Dynastie, bestehend aus Grabmälern, Totentempeln auf den Ostseiten und den Aufwegen, die diese mit den Taltempeln an den ehemaligen Hafenbecken verbinden.
Mykerinos
Chephren
Cheops
Chenet-kau-es
Sphinx
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ausstattung der Hetep-her-es stammen, die heute im Museum in Kairo ausgestellt sind (z. B. die berühmte Sänfte [JE 52372]).48 Östlich der Königinnenpyramiden haben Cheops Söhne Ka-wab, Chai-efChufu und Bau-ef-Ra für sich und ihre Familien große Mastaba-Gräber angelegt. Westlich der Königspyramide gestattet der Pharao einigen verdienten Beamten seiner Zeit, die mit dem Projekt der Regierung des Cheops, dem Bau der perfekten Pyramide, betraut sind, ihre Gräber anzulegen. Vier Kernbereiche sind aus dieser Zeit zu erkennen, aus denen sich der sog. Westfriedhof entwickelt hat, dem jedoch keine so strikte Vorgabe zugrunde liegt, wie sie beispielsweise im östlichen Prinzenfriedhof zu erkennen ist. Für das Privileg, im Westfriedhof des Cheops beigesetzt zu werden, hat man auf dekorierte Grabanlagen mit der eventuellen Darstellung von Familienmitgliedern, die durch die Nennung ihrer Namen dem Vergessen der Zeit entrissen worden wären, zu verzichten. Nur das Allernotwendigste an Ausschmückung ist in diesen Gräbern erlaubt, um das Weiterleben allein des Grabherrn zu gewährleisten: Eine Scheintür, die seine Identität preisgibt und durch die der Verstorbene aus seinem Grabschacht in die Kultkammer gelangen kann, sowie ein unbeschrifteter Ersatzkopf aus Kalkstein, anstelle einer Statue, der die dargebrachten Totenopfer entgegennehmen soll (Beispiele u. a. MFA Boston, Inv.-Nr. 21.328; MFA Boston, Inv.-Nr. 14.719; KHM Wien, Inv.-Nr. ÄS 7787; Ägyptisches Museum Kairo, Inv.-Nr. JE 46216). Die einzige Ausnahme dieses Bilderverbotes stellt die beeindruckende Plastik des Bauleiters der Cheops-Pyramide, Hem-Iunu dar, der eine vollständige lebensgroße Statue (Roemer- und Pelizaeus Museum Hildesheim, Inv.-Nr. 1962) in seinem Grabbereich aufstellen und Reliefs (MFA Boston, Inv.-Nr. 27.296) anbringen lässt. Die Menschen, die den Bau der Pyramide mit ihrer Arbeitskraft möglich machen, sind allen sich hartnäckig haltenden Behauptungen zum Trotz keine Sklaven, sondern freie, wohlversorgte Menschen, die südöstlich der Nekropole eine Siedlung mit angrenzendem Friedhof besitzen. Wie bereits sein Vorgänger Snofru scheint auch Cheops eine besondere Beziehung zwischen dem Sonnengott und seiner Person hergestellt zu haben, seinen Pyramidenkomplex nennt er beispielsweise Horizont des Cheops. Djed-ef-Ra (ca. 2562 – 2554 v. Chr.) Djed-ef-Ra folgt Cheops auf den Thron und besorgt dessen Beisetzung49, woraus man schließen mag, dass es sich bei beiden um Vater und Sohn gehandelt haben könnte, wogegen nichts spricht. Die wenigen erhaltenen Angaben auf dem Annalenstein lassen für die nur acht Jahre währende Regierung des Djed-ef-Ras lediglich die Herstellung von Schiffen und Tempelbauten erkennen.50 Verheiratet ist er mit Hetep-her-es II., der Witwe seines vermeintlichen Bruders Ka-wab, und mit einer weiteren Königin namens Chentit-en-ka.51 Beide Frauen sind Töchter des Cheops und wahrscheinlich Halbschwestern des Djed-
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ef-Ra. Statuenfragmente aus dem Totentempel des Königs belegen fünf Kinder – drei Söhne, unter ihnen ein Prinz namens Ba-ka, und zwei Töchter, von denen eine den Namen Nefer-hetep-es trägt. Der Aufstieg des Sonnengottes Djed-ef-Ra begeht einen für das Königtum schwerwiegenden Fehler: Er gibt nicht vor, eine Inkarnation des Sonnengottes zu sein, sondern führt diesen als erster König der ägyptischen Geschichte in seinem Namen. Ebenfalls ist bei ihm erstmals der Beiname Sohn des Ra belegt, der innerhalb der 5. Dynastie in die königliche Titulatur aufgenommen werden wird. Damit ist ein Aufstieg des Sonnengottes Ra zu beobachten, dessen Bedeutung von nun an stetig zunehmen soll und sogar alle anderen Gottheiten (einschließlich des Horus – und damit den König!) zu überragen beginnt. Während Horus jedoch im regierenden König Gestalt annimmt, ist das Verhältnis zwischen Ra und König noch nicht klar bestimmt. Eine Annäherung zwischen Ra und dem regierenden König, wie sie seine Vorgänger angestrebt haben, unterlässt Djed-ef-Ra. Stattdessen prägt er eine Definition, die weitreichende Folgen für das Königtum haben soll, und mit der er sich unter »eine mythologisch ältere, göttliche Macht«52 ordnet, zu der sich im weiteren Verlauf der Geschichte noch andere Gottheiten gesellen und die zentrale Macht des Herrschers einzuschneiden beginnen. Die begonnene Pyramide Für seine Pyramide wählt er ein Areal 8 km nördlich von dem des Cheops, das mit 150 m fast doppelt so hoch liegt wie Giza. Heute ist dieser Platz nach dem nahegelegenen modernen Dorf Abu Rowasch benannt und bildet den nördlichsten Ausläufer der memphitischen Nekropole (Abb. 13). Doch können nur eine gigantische Ausschachtung für den fast 50 m langen absteigenden Korridor und die in ca. 20 m Tiefe liegende Sargkammer beendet werden, die, wie die unteren Blöcke der äußeren Verkleidung, mit Granit ausgekleidet ist. Die Pyramide hätte, wenn ihre Planung realisiert worden wäre, im Verhältnis zu den Anlagen seiner Vorgänger, eher bescheidene Ausmaße gehabt. Mit einer Seitenlänge von etwa 106 m hätte sie etwa 68 m Höhe erreicht. Der Tod des Herrschers führt dazu, dass die Planung kurzfristig geändert und das Grabmal bei einer Höhe von 10 – 12 m flach als Mastaba abgeschlossen wird. Die eilige Errichtung der notwendigen Kultanlagen im Osten mit dem längsten Aufweg des Alten Reiches (1,7 km), bezeugen, dass Djed-ef-Ra auch hier bestattet wird. Das Südgrab scheint, neuesten Ausgrabungen zufolge, als kultischer Teil der Gesamtanlage geplant, doch dann zu einer Königinnenpyramide umfunktioniert
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worden zu sein. Jedoch wird der gesamte Komplex durch in der Römerzeit einsetzenden Steinraub derart in Mitleidenschaft gezogen, dass sich nicht aussagen lässt, welche von Djed-ef-Ras Gemahlinnen dort bestattet ist. Von Djed-ef-Ra ist der Kopf der ältesten Sphinxfigur aus Ägypten erhalten (Louvre, Paris, Inv.-Nr. E 12626). Chephren (Chai-ef-Ra, ca. 2554 – 2538 v. Chr.) Vermutlich ist es Chai-ef-Chufu, ein Sohn des Cheops, der sich bereits eine Mastaba östlich der Königinnenpyramiden seines Vaters errichtet hat, der nach dem Tod des Djed-ef-Ra auf den Thron der Beiden Länder kommt und seinen Namen von Chai-ef-Chufu (Cheops, er erscheint) in Chai-ef-Ra (Ra, er erscheint) ändert.53 Geläufiger ist allerdings die gräzisierte Form dieses Namens, die uns Herodot überlieferte – Chephren. Seine Regierungsdauer ist im Papyrus Turin zerstört angegeben, jedoch lassen sich wenigstens 20 Jahre erkennen. Die Angaben Manethos und Herodots nennen mit 66 bzw. 56 Jahren eine sicherlich viel zu lange Zeitspanne, woraus jedoch meistens eine 26-jährige Regierung gekürzt wird. Etwa 200 m südwestlich von Cheops’ Grabmal in Giza beginnt er eine Pyramide, die er in einer zweiten Bauphase noch vergrößert (Abb. 17). Zwar erreicht seine Anlage nicht die 146,59 m des Cheops’, es existiert ein in diesen Größenordnungen unwesentlicher Höhenunterschied von 3 m, jedoch liegt Chephrens Pyramide etwas höher, sodass sie größer erscheint. Das Grabmal wird so errichtet, dass eine gedachte Verbindungslinie zwischen den Südost-Ecken seiner Pyramide und der seines Vorgängers in der Verlängerung nach Heliopolis weist. Die unterste Schicht der Verkleidung lässt er, dem Beispiel Djed-ef-Ras folgend, in Rosengranit aus Assuan ausführen. In seinem modern anmutenden Taltempel, der innen und außen mit rotem Granit verschalt ist, standen einst 23 Statuen des Königs aus Diorit, der im nubischen Toschqa nahe des 2. Kataraktes gebrochen worden ist (Ägyptisches Museum Kairo, Inv.-Nr. JE 10062=CG 14 und CG 15). Somit ist Nubien in diesem Bereich zur Zeit des Chephren in ägyptischer Hand. Handelsbeziehungen zu Byblos scheinen auch unter Chephren weiterbestanden zu haben, wie dort gefundene Gegenstände mit seinem Namen bezeugen. Ba-ka (ca. 2538 – 2536 v. Chr.) 54 In einigen zeitgenössischen privaten Aufzählungen von Königen folgt Mykerinos unmittelbar auf Chephren55, ebenso in der Königsliste von Abydos. Auf dem Palermo-Stein, im Papyrus Turin und bei Manetho ist hingegen ein weiterer König zwischengeschaltet. Nur bei Manetho ist der Name dieses vergessenen Herrschers erhalten geblieben: Bicheres. Am überzeugendsten ist eine Identifizierung
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Abb. 17 Giza. Die Pyramide des Mykerinos (Vordergrund), des Chephren (Mitte) und des Cheops (Hintergrund) aus der 4. Dynastie von Süden. Die Anlage des Chephren konnte an ihrer Spitze das originale Verkleidungsgestein erhalten, während bei den beiden anderen diese Schicht vollständig abgetragen worden ist. Im Vordergrund ist gut der offene Hof des Totentempels von Mykerinos zu erkennen.
mit Ba-ka, einem Sohn des Djed-ef-Ra und lediglich durch spärliche Zeugnisse erschlossenen Herrscher.56 Trotz aller Undurchsichtigkeit im familiären Gefüge der 4. Dynastie scheint eine Tatsache offensichtlich: Die übliche und in der Mythologie durch Osiris und Horus verankerte Vorstellung einer Nachfolge des Sohnes auf den Vater ist in dieser Herrscherfamilie sehr häufig nicht gegeben. Zunächst scheint sich der Sohn des Djed-ef-Ra durchgesetzt zu haben und nutzt, wie sein Vater, nicht den Nekropolenabschnitt Giza. Etwa 5 km südlich von dort, nahe dem heutigen Dorf Zawiet al-Aryan, beginnt er eine Pyramidenausschachtung, die der seines Onkels und Vorgängers Chephren in ihren Ausmaßen um nur wenig nachstehen soll. Doch wie bei seinem Vater kommt auch die Anlage des Ba-ka vor dessen frühen Tod nicht über die Ausschachtung und die Verkleidung der unterirdischen Gänge hinaus. Die ca. 21 m tiefe Sargkammer ist mit Granit ausgekleidet und enthält einen Sarkophag aus demselben Material. Der absteigende Korridor misst 106 m.
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Mykerinos (Men-kau-Ra, ca. 2536 – 2518 v. Chr.) Mykerinos’ Abstammung ist nicht eindeutig. Er könnte ein Sohn des Chephren und der Königin Chai-merer-Nebti I. gewesen sein. Auch sein gräzisierter Name ist uns durch die Überlieferungen Herodots vertrauter als das originale Menkau-Ra (Bleibend sind die Ka-Kräfte 57 des Ra). Der Papyrus Turin überliefert 18 Regierungsjahre für ihn, aus denen keine Nachrichten bekannt sind. Mykerinos kehrt mit seinem Grabkomplex nach Giza zurück und vollendet den Anblick, der sich dem Besucher des Pyramidengeländes heute bietet. Abkehr von der Monumentalität – Hinwendung zum Detail Mykerinos errichtet eine Pyramide von nur 65 m Höhe in Giza (Abb. 17). Ihre Maße betragen also weniger als die Hälfte derer von Cheops und Chephren. Ob hieraus allerdings geschlussfolgert werden darf, dass die Regierungsform des »Gottkönigtums (. . .) bereits überwunden und durch die Idee von Re als dem Weltherrscher ersetzt worden war«58 oder ob es vielmehr praktische Gründe sind, die Mykerinos dazu bewegen, eine viel kleinere Pyramide zu bauen, diese dafür jedoch wertvoller auszustatten, muss offen bleiben. Bereits Djed-ef-Ra hat die Tradition begründet, die untersten Steinlagen anstatt wie von Cheops vorgegeben mit edlem weißem Kalkstein und mit Blöcken roten Granits aus den Steinbrüchen von Assuan zu verkleiden. Laut Herodots Beobachtungen besteht die Verschalung der gesamten unteren Hälfte der Pyramide des Mykerinos aus Granit.59 Mykerinos beendet das Zeitalter der Monumentalität für das Alte Reich und stattdessen wird von nun an eine Vorliebe zum Detail in königlichen Grab- und Tempelbezirken deutlich, die bereits kurze Zeit später zu den herrlichsten Ausprägungen, beispielsweise den Jahreszeitenreliefs in der Weltenkammer des Ni-user-Ra in Abu Gurob, führt. Die Statuen des Mykerinos erreichen nicht einmal mehr Lebensgröße, dafür sind bei ihnen die unter der Haut durchschimmernden Muskeln, Sehnen und Knochen seines Körpers besonders realistisch dargestellt (Abb. 18). Im Süden des Komplexes lässt er zwei kleinere Pyramiden für seine Frauen neben dem Südgrab anlegen. Sowohl unter Chephren als auch unter Mykerinos wird während der 4. Dynastie der unter Cheops begonnene Westfriedhof an der großen Pyramide für Bestattungen von Privatpersonen weitergenutzt. Allerdings ist inzwischen das strenge Bilderverbot abgeschafft worden und farbenprächtig dekorierte und sehr eloquente Gräber schmücken seitdem diesen Teilabschnitt der memphitischen Nekropole. Ausführlich berichten nun die Darstellungen der Wände meist in Genreszenen von den Familien und dem Alltag ihrer Besitzer.
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Abb. 18 König Mykerinos (4. Dynastie) mit seiner Königin. Grauwacke, Höhe 1,39 m (MFA Boston, Inv.-Nr. 11.1738).
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Schepses-ka-ef (ca. 2518 – 2511 v. Chr.) Schepses-ka-ef folgt Mykerinos auf den Thron. Sein Vorgänger hat es zu Lebzeiten nicht geschafft, seinen – obwohl kleinen – Pyramidenbezirk vollständig fertigzustellen, sodass Schepses-ka-ef die nur begonnenen Kultanlagen eilig in Lehmziegelbauweise vollenden lässt und durch ein Dekret anordnet, dass die Angestellten des Tempels von allen Arbeiten, die über den Totendienst für Mykerinos hinausgehen sollten, befreit. Sein Grab errichtet er sich in dem noch unbebauten Areal zwischen Djosers Stufenpyramide und den Anlagen des Snofru von Dahschur in einem Gebiet, das heute als Saqqara-Süd bezeichnet wird. Schepses-ka-ef errichtet innerhalb seiner etwa 7 Jahre kurzen Herrschaft bewusst keinen Pyramidenbezirk, sondern gestaltet sein Grab in der Form einer Mastaba (Abb. 19).60 Mit knapp 100 m Länge, 74 m Breite und einer Höhe von etwa 18 m bietet sie dennoch einen beeindruckenden Anblick. Die Grabanlage ist mit weißem Kalkstein, die unteren Steinlagen mit rotem Granit verkleidet. Offensichtlich ist Schepses-ka-ef bemüht, die Götter, die sonst in den Totentempeln der memphitischen Nekropole dargestellt sind, nicht am Kult seiner Grabanlage teilhaben zu lassen, um Ra diesen Verehrungsplatz ungeteilt anzubieten.61 Wie die ägyptischen Annalen erkennen lassen, stellen unter Schepses-ka-ef die Opfer an die übrigen Götter jedoch einen bedeutenden Teil seiner Regierung dar62, während historische Ereignisse kaum erwähnt werden. Sein Ringname Schepses-ka-ef bedeutet übersetzt Erhaben ist seine Ka-Kraft und stellt seit Cheops den ersten Königsnamen dar, der nicht mit dem Sonnengott gebildet wird. Das Ende der Dynastie (ca. 2511 – 2509 v. Chr.) Die letzten zwei Jahre der Dynastie werden von einem König geprägt, dessen Name im Papyrus Turin nicht erhalten ist. Zeitgenössische Auflistungen nennen keinen anderen Herrscher zwischen Schepses-ka-ef aus der 4. und User-ka-ef aus der 5. Dynastie. In der Königsliste von Saqqara finden sich allerdings Hinweise auf zwei – heute zerstörte – Herrschernamen dieser Zeit und bei Manetho ist an der betreffenden Stelle ein König mit dem Namen Thamphthis angegeben. Diese gräzisierte Form ist als der ägyptische Name Djed-ef-Ptah aufgelöst worden, der sich jedoch nicht an Denkmälern feststellen lässt. Offensichtlich befindet sich am Ende der Dynastie ein kurz regierender König, den sein direktes Umfeld dem Vergessen preisgeben will. Die Familiengeschichte der 4. Dynastie könnte wie folgt zu rekonstruieren sein: Bei dem Thronwechsel von Djed-ef-Ra auf Chephren wird die bislang als üblich anerkannte und religiös verankerte Nachfolgeregelung von Vater auf Sohn bzw. Schwiegersohn unterbrochen. Zum ersten Mal gibt es in dieser Familie zwei Könige aus derselben Generation und ein Bruder folgt auf dessen Bruder. Es ist mög-
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lich, dass Chephren die Regierung zunächst kommissarisch für einen noch minderjährigen Sohn des Djed-ef-Ra übernimmt, was allerdings eine Aufgabe gewesen ist, die üblicherweise der Königswitwe des Djed-ef-Ra zugestanden hätte. Bislang ist es in der 4. Dynastie allgemein gültig, die eigene Pyramidenanlage in einiger Entfernung zu der des Vorgängers zu errichten (Meidum-Dahschur: ca. 50 km; Dahschur-Giza: rund 30 km63), denn Platz bietet die memphitische Nekropole mit fast 90 km Ausdehnung genug. So verfährt auch Cheops’ vermutlich rechtmäßiger Nachfolger Djed-ef-Ra, der eine Pyramidenausschachtung in Abu-Rowasch, etwa 8 km nördlich der seines Vaters vornimmt. Chephren hingegen kehrt in die unmittelbare Nähe des Friedhofes seines Vaters zurück und scheint so ein Sinnbild der Legitimation zu seinem Vater setzen zu wollen. Liegen zwischen dem Bestattungsplatz des Snofru (Rote Pyramide in Dahschur) und dem seines Sohnes Cheops noch etwa 25 km, misst die Distanz zwischen Cheops und seinem Sohn Chephren lediglich ungefähr 200 m! Nach Chephrens Tod könnte nun eine Situation eingetreten sein, die für die Nachfolgeregelung problematisch gewesen wäre: Es hätte einen erbberechtigten Sohn sowohl des Djed-ef-Ra (Ba-ka) als auch des Chephren (Mykerinos) gegeben: Beide Männer sind nun legitime Nachfolger in direkter Abstammung von ägyptischen Königen. Ba-ka, der vermutliche Sohn des Djed-ef-Ra, setzt sich zunächst durch und nutzt wiederum einen neuen und unberührten Nekropolenabschnitt für seine Pyramide – etwa 5 km südlich von Giza bei dem modernen Dorf Zawiet el-Aryan. Aber auch Mykerinos könnte berechtigte Ansprüche auf den Thron gehabt haben, ist er doch ebenfalls der Sohn eines regierenden Pharaos. Diese Ansprüche setzt er durch und baut sein Grab – wie zuvor Chephren – ebenfalls nur etwa 250 m von dem seines Vaters entfernt. Wie auch immer die sehr kurze Regierungszeit Ba-kas und dessen früher Tod gewertet werden will, zu bedenken bleibt, dass sich mit Mykerinos, dem Sohn des Chephren, ein ursprünglich nicht zur Thronfolge vorgesehener Zweig der Königsfamilie durchsetzt hat. Die scheinbare Geschlossenheit des Giza-Komplexes auf den heutigen Betrachter ist sicher ein gewolltes Bild der Vertreter dieser Linie, das den historischen Ereignissen dieser Zeit jedoch nicht entspricht.
Abb. 19 Saqqara-Süd. Schepses-ka-ef (4. Dynastie) wählte für sein Grab eine beispiellose Form: Die Mastabat el-Faraun.
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Die Dynastie der Sonnenkönige Die 5. Dynastie (ca. 2509 – 2367 v. Chr.) Am Ende der 4. Dynastie tritt eine Frau auf die Bühne der Geschichte, die zwar offensichtlich eine Schlüsselstellung beim Übergang von der 4. zur 5. Dynastie innehat, deren Identifizierung und Einordnung jedoch lange Zeit problematisch war und immer noch ist. Im Jahre 1932 legen ägyptische Archäologen in Giza den Grabbau einer Königin namens Chenet-kau-es frei, die den bislang singulären Titel Mutter zweier Könige von Ober- und Unterägypten trägt. Erschwerend zur Deutung der Rolle dieser Frau kommt hinzu, dass das Schriftbild des Titels auch eine Lesung als König von Ober- und Unterägypten und Mutter eines Königs von Ober- und Unterägypten zulässt. Dieses Grab steht der Mastabat el-Faraun des Schepses-ka-ef architekturgeschichtlich am nächsten (Abb. 19). Begonnen wird es als eine Mastaba, die größtenteils aus dem anstehenden Felsen herausgeschnitten und in einer zweiten Bauphase mit einer gewaltigen Stufe aus Kalksteinblöcken bekrönt wird, die das Bauwerk zu einer Höhe von 18,5 m anwachsen lässt. In Abusir, der Königsnekropole der folgenden 5. Dynastie, etwa 12 km südlich von Giza, entdeckt eine tschechische Mission 1976 die Reste einer Pyramidenanlage für eine Königin, die ebenfalls den Namen Chenet-kau-es trägt und denselben mehrdeutigen Titel führt. Die Diskussion darüber, ob es sich um ein und dieselbe Königin oder um zwei verschiedene Personen handelt, wird in der Wissenschaft als das Chenet-kau-es-Problem bekannt. Auszugehen ist von zwei verschiedenen Königinnen mit demselben Namen. Die ältere von beiden ist in Giza beigesetzt und trägt den Titel, der in ihrem Fall als König von Ober- und Unterägypten und Mutter eines Königs von Ober-und Unterägypten übersetzt werden muss. Sie muss die Gemahlin des Schepses-ka-ef gewesen sein, der früh verstorben ist, bevor sein Sohn User-ka-ef die Regierung übernehmen kann. Chenet-kaues I. regiert kommissarisch etwa zwei Jahre für ihren Sohn. Ihr Name scheint in der späteren Tradition verfälscht oder vergessen worden zu sein, sodass er in der Überlieferung von Manetho zu Thamphthis verderbt wird. Die Umwandlung ihres Grabes in Giza und die jüngste Untersuchung einer Reliefdarstellung der Königin, an der nachgewiesen werden kann, dass ihr Bild nachträglich mit königlichen Attributen wie dem Zeremonialbart, einem Diadem
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mit Uräus-Schlange und einem Zepter versehen worden ist64, sprechen dafür, dass Chenet-kau-es I. aus Giza am Ende der 4. Dynastie sowohl selbst geherrscht als auch einen König geboren hat, der ihr nachfolgt. Die Königin Chenet-kau-es II. aus Abusir hingegen ist offenbar mit einem Enkel ihrer Namensvetterin verheiratet und gebiert zwei Söhne, die nacheinander Könige werden. Sie selbst herrscht niemals über Ägypten, sodass ihr Titel als Mutter zweier Könige von Ober- und Unterägypten verstanden werden muss. Der Papyrus Westcar und die ersten Könige der 5. Dynastie In der Form einer kurzweiligen Geschichte werden im Papyrus Westcar (Ägyptisches Museum und Papyrussammlung Berlin, Inv.-Nr. P 3033) die Ereignisse geschildert, die den Übergang von der 4. zur 5. Dynastie literarisch behandeln. Zwar stammt der erhaltene Text aus der frühen sog. Hyksos-Zeit (etwa 1648–1539 v. Chr.), doch geht er wahrscheinlich auf eine Niederschrift aus der 12. Dynastie zurück, die ihrerseits wohl die Aufzeichnung einer sehr viel älteren und bis dahin nur mündlich tradierten Geschichte ist. In ihr wird Cheops von einem bemerkenswerten alten Zauberer prophezeit, dass die bürgerliche Frau eines Reinigungspriesters des Ra vom Sonnengott drei Kinder erwarte, die nacheinander über Ägypten herrschen werden. Noch unter der Regierung des Cheops kommt die Schwangere nieder und gebiert die Kinder User-ka-ef, Sahu-Ra und Nefer-ir-ka-Ra, die drei ersten Könige der 5. Dynastie. Diese Herrscher sind der Erzählung zufolge Brüder, ja sogar Drillinge. Tatsächlich sind wir über die familiäre Einbindung der Könige der 5. Dynastie bis zu den archäologischen Entdeckungen in Abusir nur äußerst unzureichend informiert. Und so hat man in der Vergangenheit häufig an der einzig gegebenen Aussage über diese Familie im Papyrus Westcar festgehalten – ungeachtet der Möglichkeit, dass die Erzählung vermutlich fast 900 Jahre lang mündlich weitergegeben worden ist, bevor es zu der Niederschrift kommt, die uns heute im Ägyptischen Museum Berlin erhalten ist. Als Fakten dürfen wir die Ausführungen in Papyrus Westcar sicher nicht verstehen. Vielmehr werden hier literarisch zwei Tatsachen reflektiert, die für die betreffende Zeit als besonders charakteristisch gegolten haben: Zum einen wird der Höhepunkt des Ra-Glaubens thematisiert und erklärt, der im Alten Reich während der 5. Dynastie erreicht wird, und zum anderen soll die Beziehung der ersten drei Könige dieser Dynastie zueinander aufgezeigt werden. Durch den Text wird deutlich, dass es zwischen der späten 4. und der frühen 5. Dynastie eine große Zahl miteinander verbrüderter Könige und eine undurchsichtige Herrscherabfolge gibt, die nicht immer dem üblichen Muster Vater-Sohn folgt, sondern häufig auch vom älteren auf einen jüngeren Bruder übergeht. Dass diese Praxis Zwistigkeiten hervorrufen und eine Familie spalten kann, ist durchaus verständlich und
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vermutlich bereits in der 4. Dynastie geschehen. Doch werden in der mündlichen Tradition einige Tatsachen verändert: Die Mutter aus dem Papyrus ist nicht die Frau eines Priesters, sondern entstammt der Königsfamilie, und ihr Name ist in der Geschichte des Papyrus’ zu Rudjedet verändert worden. Auch gebiert sie nur User-ka-ef. Die Herrscher Sahu-Ra und Nefer-ir-ka-Ra sind ihre Enkel.65 User-ka-ef (ca. 2509 – 2501 v. Chr.) User-ka-ef ist aller Wahrscheinlichkeit nach der Sohn des Schepses-ka-ef und der Chenet-kau-es I. Der Name seiner Gemahlin ist lange Zeit nur indirekt zu bestimmen gewesen. Steinräuber haben dem gesamten User-ka-ef Komplex derart zugesetzt, dass sich kein inschriftlicher Hinweis auf die Identität dieser Frau hat finden lassen. In dem Privatgrab des Peri-sen aus der Zeit des Sahu-Ra nahe bei der Pyramide der Königin des User-ka-ef erscheint jedoch der Name einer Königsmutter Nefer-hetep-es.66 Aus der unmittelbaren Nähe dieses Grabes zur Pyramide der Königin des User-ka-ef und der Nennung des Sahu-Ra im Grab, wird der Königinnenname als Mutter des Sahu-Ra und Gemahlin des User-ka-ef verstanden. Neu entdeckte Relieffragmente vom Aufweg der Pyramide des SahuRa haben nun durch inschriftlich gesicherte Darstellungen der Königsmutter Nefer-hetep-es den endgültigen Beweise dafür erbracht, dass sie die Mutter des Sahu-Ra und folglich auch die Gemahlin seines Vorgängers gewesen ist. Neben seinem Nachfolger Sahu-Ra hat User-ka-ef – vermutlich mit einer anderen Gemahlin – noch einen weiteren Sohn mit dem Namen Nefer-ir-ka-Ra. Beide folgen ihm nacheinander auf den Thron. Der Palermostein berichtet für das Jahr nach der ersten Zählung, dass 70 ausländische Frauen ungenannter Herkunft an die Pyramide des User-ka-ef überstellt werden.67 Des Weiteren belegt der Stein zahllose Denkmäler, die der König für Götter erbauen ließ, und Opfer, die diesen Göttern dargebracht werden. Historische Ereignisse bleiben von nun an zugunsten der Nennungen neugegründeter Kultstätten unerwähnt. Obwohl User-ka-ef offenbar der Sohn und rechtmäßige Thronfolger des Schepses-ka-ef ist, lässt Manetho mit ihm eine neue Dynastie beginnen. Doch sicher ist es wieder eine grundlegende Änderung oder Erneuerung in seiner Regierung, die in der Folgezeit als der Beginn einer neuen Ära verstanden wird und die aus User-ka-ef den Begründer eines neuen Herrscherhauses macht. Und tatsächlich gibt es unter seiner Herrschaft ein ganz besonderes »innovatives Element«, das weitreichende Folgen für die Geschichte Ägyptens und für das Verständnis des Königtums haben soll.
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Die Tradition der Sonnenheiligtümer Unter User-ka-ef beginnt die Errichtung einer in der Architekturgeschichte Ägyptens einmalig bleibenden Reihe von sog. Sonnenheiligtümern (Abb. 22), die sechs aufeinanderfolgende Könige der 5. Dynastie innerhalb von etwa 100 Jahren in der Umgebung der modernen Dörfer Abusir und Abu Gurob errichten lassen. Die Namen dieser Gebäude sind vom Palermostein und aus den Grabinschriften der Beamten bekannt, die Dienst an diesen Heiligtümern ausüben. Daher kennen wir insgesamt sechs verschiedene Anlagen dieser Art, aber bislang können nur zwei archäologisch nachgewiesen werden. Diese sind die Bauten von User-ka-ef und Ni-user-Ra in der Nähe von Abu Gurob. Das Heiligtum von User-ka-ef, aus Bruchsteinen und Nilschlammziegeln errichtet, ist so schlecht erhalten, dass das derzeitige Wissen über das Aussehen dieser Anlagen nur aus dem Heiligtum des Ni-user-Ra gewonnen werden kann. Demnach bestehen diese Tempel aus einem weiten offenen Hof, in dem sich ein Opferaltar befindet. Westlich vom Altar steht ein gewaltiger 36 m hoher gemauerter Obelisk auf einem 20 m hohen und mit Granitblöcken verkleideten Sockel, dessen Spitze wahrscheinlich mit Elektronplatten beschlagen ist. Der Obelisk ist ein heiliges Symbol, das in Heliopolis als Benben-Stein verehrt wird und eng mit dem Sonnenkult in Verbindung steht. Bei Sonnenaufgang treffen die ersten Strahlen die Metallplatten an der Obeliskenspitze und Ras Gegenwart manifestiert sich in diesem ersten Licht. Bei Sonnenuntergang wird dem Gott Ra in der Gestalt des Heiligtums eine Art Bestattungsplatz angeboten, auf dem er sich während der Nacht niederlassen kann, denn die Anlagen weisen einen deutlich funerären Charakter auf: Wie die Königsgräber jener Zeit liegen sie auf dem Westufer des Nils in der memphitischen Nekropole. Abusir und Abu Gurob bilden den südlichsten Abschnitt dieses Friedhofes, der von Heliopolis, der Sonnenstadt auf dem Ostufer, noch zu sehen ist. Ebenso wie die königlichen Grabanlagen besitzen sie einen Taltempel am Kanal, einen zur Kultstätte hinaufführenden Aufweg und einen Totentempel mit einem sich westlich anschließenden, weithin sichtbaren Grabmal. Außerhalb des Komplexes stellt man dem Sonnengott ein gewaltiges aus Ziegeln gemauertes Schiff auf einem 30 m langen Ziegeluntersatz zur Verfügung, auf dem er nach Westen Richtung Sonnenuntergang fahren kann. Der Obelisk vereinigt die Erde, auf der seine Basis steht, und den Himmel, zu dem er sich erstreckt und dessen Strahlen er reflektiert. Ebenfalls verbindet er den Sonnengott, für den dieser Kult eingerichtet wird, mit dem König, der den Kult vollzieht.68 Eine Untersuchung dieser Denkmälergruppe kann u. a. anhand der Schreibweise und Determinierung der Sonnenheiligtümer nachweisen, dass die beiden ersten Bauten dieser Art (User-ka-ef und Sahu-Ra) keinen solchen Obelisken besessen haben.69 Bei diesen Prototypen befindet sich eventuell ein Kultgegenstand aus vergänglichem Material auf dem gemauerten Sockel.
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Abb. 20 Saqqara. User-ka-ef (5. Dynastie) bestimmte als Baugrund für seine Pyramide (Vordergrund) einen Platz in auffallender Nähe zum Grabmal des Djoser (3. Dynastie) auf der sog. DjoserInsel. Links im Hintergrund ist die Rote Pyramide des Snofru (4. Dynastie) in Dahschur zu sehen.
Erst Nefer-ir-ka-Ra stattet seine Anlage mit einem solchen beständigen und beherrschenden Symbol aus und lässt auch die des User-ka-ef in gleicher Weise umbauen. Das Sonnenheiligtum von Sahu-Ra hingegen erfährt keinerlei Erweiterungen oder Umbauten dieser Art. Nefer-ef-Ra hinterlässt wegen seiner nur kurzen Regierungsdauer eine unfertig gebliebene Anlage ohne Obelisk, deren einziger Hinweis sich in den Titelreihen des Beamten Ti in seinem Grab in Saqqara findet. Die Untersuchung der Fundamente des Sonnenheiligtums des Ni-user-Ra belegen ein älteres Ziegelgebäude unter der Anlage70 und Werksteine in den Mauerkonstruktionen, die Bauvermerke von Sahu-Ras Arbeitern tragen. So bleibt der begründete Verdacht, dass Ni-user-Ra seine Anlage über der des Sahu-Ra errichtet und dessen Blöcke für seine Architektur wiederverwendet hat. Men-kau-Hor hinterlässt eine letzte, ebenfalls unfertige Kultstätte dieser Art.71 Mit dem Bau der Sonnenheiligtümer wird, nach der Aufnahme des Beinamens Sohn des Ra, den Nefer-ir-ka-Ra in die königliche Titulatur aufnehmen soll, ein weiteres Abhängigkeitsverhältnis des Königs dem Sonnengott gegenüber ausgedrückt: Der posthume Kult des Königs im Totentempel seiner Pyramide bekommt seine Opfer von dem Sonnenheiligtum zugewiesen, das er zu Lebzeiten errichtet hat.72 Das Sonnenheiligtum verteilt die ihm zugutegekommenen Nahrungsmittel an den Totentempel des mit ihm verbundenen Königs, nachdem sie zuvor symbolisch dem Sonnengott angeboten worden sind. Aus diesem Grund ist es nötig, dass jeder König ein eigenes Sonnenheiligtum erbaut, denn dieses ist die Voraussetzung seiner eigenen Versorgung im Jenseits. Die Errichtung derar-
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tiger Kultstätten hat weitreichende politische Folgen: Sind im frühen Alten Reich Göttertempel noch aus Lehmziegeln und die Kultanlagen der Könige stets aus beständigem Stein erbaut worden, werden die Sonnenheiligtümer zu den ersten steinernen Göttertempeln Ägyptens. Versteht sich der ägyptische Staat des frühen Alten Reiches noch als aus der Notwendigkeit des Dienstes für den Gottkönig entstanden, tritt nun eine andere Macht an die Stelle des allgewaltigen Königs. Auch innenpolitisch sind Veränderungen spürbar: Die hohen Beamten, die zuvor ausnahmslos Prinzen sind, sind nun bürgerlicher Herkunft, ihre Ämter, denen einst der König Macht übertrug, haben begonnen, eine machtvolle Eigenständigkeit und Unabhängigkeit vom Herrscher zu entwickeln. Nicht nur Ra erfährt einen kometenhaften Aufstieg, sondern auch andere Götter im Land erhalten im weiteren Verlauf ebenfalls steinerne Tempel. Das hat besonders wirtschaftliche Folgen: Sind zuvor lediglich Pyramidenstädte von Steuern befreit, sind nun auch die an Bedeutung gewinnenden Göttertempel und ihre Angestellten von diesen Zahlungen entbunden. Das bedeutet, dass der Staat zum einen erhebliche Einbußen wirtschaftlicher Art erleidet und zum anderen durch die weit im Land verstreuten Heiligtümer und Tempel eine zunehmende Dezentralisierung der Verwaltung erfahren muss. Die Beamten erkennen während dieses Prozesses der Auflösung des Gottkönigtums ihre eigene wachsende Macht. Es fehlt »das jedes Persönlichkeitsgefühl vernichtende Erlebnis des Ausgeliefertseins an einen unfassbaren Willen«.73 Das Sonnenheiligtum des User-ka-ef, auf einem bis dahin unbebauten Areal zwischen Giza und Saqqara errichtet, ist das erste seiner Art und offenbar ausschlaggebend für die Gründung der Königsnekropole der 5. Dynastie unter seinem Nachfolger Sahu-Ra. Besteht zuvor nämlich zwischen dem Grab des Herrschers und seinem Sonnenheiligtum eine Entfernung von rund 5 km, verlegt Sahu-Ra den Friedhof in die unmittelbare Nähe zum Sonnenheiligtum seines Vaters. Sicher sollen aus religiösen Vorgaben heraus alle Sonnenheiligtümer in relativer Nachbarschaft zueinander errichtet werden, und praktische Gründe sprechen dafür, hier die neue Familiennekropole zu gründen. Von dieser Entscheidung profitieren nicht zuletzt die Priester, die die Opfer aus dem Sonnenheiligtum zum Pyramidentempel des Königs nun nur noch etwa einen halben Kilometer weit tragen müssen. Die Wahl des Bestattungsplatzes Wie schon sein Vorgänger Schepses-ka-ef lässt User-ka-ef sein Grab nicht in Giza erbauen und sucht auch nicht die Nähe zur Mastaba seines Vorgängers. Das ist jedoch kein Zeichen dafür, dass er nicht zur Familie der Snofru-Nachfahren gehört hat – im Gegenteil, bestehen doch vor Giza keine derart konstruierten Familien-
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friedhöfe im Alten Reich. User-ka-ef sucht vielmehr die Nähe des Djoser-Monuments im Norden Saqqaras, sucht eine augenfällige Anbindung an die Vergangenheit vor der 4. Dynastie. Eine derart deutliche Anlehnung an einen vorangegangenen Herrscher hat es im Alten Reich zuvor nur bei Chephren gegeben, der mit dieser Nähe zu Cheops seine Legitimität in der Thronfolge untermauern will. Durch die Wahl seines Bestattungsplatzes sucht User-ka-ef jedoch nicht die Legitimation zu einem Vorgänger aus der 4. Dynastie, sondern zu einem König, der die Menschen der Frühzeit in die geschichtliche Zeit hineingeführt und die erste Pyramide des Landes erschaffen hat. Bei der Wahl seines Grabbezirkes lässt sich User-ka-ef vorrangig von der Nähe zum Pyramidenkomplex des Djoser leiten – so sehr, dass er sich sogar nur mit dem schmalen Grat zwischen der Djoser-Insel und dem Großen Graben als Bauplatz begnügt und dafür auch das Arrangement seines Totentempels umgestaltet (Abb. 10, 20). Den seit Snofru traditionell an der Ostseite der Pyramide zu findenden Totentempel verlegt User-ka-ef auf die Südseite, um seinen Komplex auf dem Djoser-Areal aufbauen zu können. Im Osten, der Himmelsrichtung des Sonnenaufganges, befindet sich nur noch die Hauptkultstelle, auf der die Nahrung für den toten König angerichtet wird. Im Hof seines Totentempels hat einst u. a. eine 5 m hohe kolossale Sitzfigur des Königs aus Rosengranit gestanden, die nach dem Sphinx von Giza die älteste großformatige Königsplastik Ägyptens gewesen ist. Nur noch der Kopf konnte geborgen werden und befindet sich heute im Ägyptischen Museum Kairo (Inv.-Nr. JE 52501; Höhe des Kopfes: 75 cm). Die unter Mykerinos begonnene Abkehr vom Monumentalen in der Grabarchitektur mit gleichzeitiger Hinwendung zum Detail wird unter User-ka-ef und seinen Nachfolgern in den Pyramidenkomplexen von Abusir fortgeführt und weiterentwickelt. Die durchschnittliche Pyramidenhöhe beträgt nun nur noch etwa 50 m. Lediglich die Pyramide des Nefer-ir-ka-Ra erreicht eine Höhe von 72 m. Nach der Beraubung der Verkleidungsschichten bietet sich heute der Blick in meist achtlos errichtet wirkende Pyramidenkerne. In den Totentempeln jedoch dominieren die wertvollen Steine in einem vollendeten Farbenspiel: Hohe, schlanke Säulen aus glänzend poliertem rotem Granit mit Palmenkapitellen stehen auf einem mit spiegelndem schwarzen Basalt gepflasterten Hof. Die Tempelmauern sind aus strahlend weißem Kalkstein der edelsten Sorte errichtet und mit herrlichen Reliefs dekoriert. Die Gründung eines neuen Herrschergeschlechts ist durch User-ka-efs Wahl seines Bestattungsplatzes nicht zu erkennen. Manethos Neuansatz mit User-ka-ef scheint allein aufgrund der Errichtung des ersten Sonnenheiligtums und der nun stark in den Vordergrund tretenden Verehrung des Gottes Ra geschehen zu sein. Der schleichende Niedergang des Königtums und der gleichzeitig immer unaufhaltsamer werdende Aufstieg des Sonnengottes gipfeln unter User-ka-ef in einem zuvor nie gesehenen Bild: Dem steinernen Heiligtum für einen höhergestellten Gott. Damit gesteht User-ka-ef sichtbar ein, dass sich Ra kultisch auf einer höheren Ebene als der König befindet.
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Sahu-Ra (ca. 2501 – 2488 v. Chr.) Entgegen der Überlieferung der Erzählungen des Papyrus Westcar ist der Nachfolger des User-ka-ef nicht dessen Bruder, sondern dessen Sohn. Als Mutter des Sahu-Ra ist die Königsmutter Nefer-hetep-es identifiziert worden. Der Papyrus Turin gesteht ihm zwölf Regierungsjahre zu, Manetho 13. Der Palermostein berichtet von Expeditionen, die gegen Regierungsende Produkte vom Sinai und aus Punt nach Ägypten bringen.74 Ein Relief auf dem Sinai nennt den Strafzug gegen Beduinen, der wahrscheinlich von Athribis aus startet, eine Stele bei Abu Simbel zeugt von den Aktivitäten in den Diorit-Steinbrüchen und eine Inschrift im Wadi Gudami notiert eine Expedition in die Ostwüste. Außerdem finden sich bei Buhen in Nubien Siegelabdrücke des Sahu-Ra und Inschriften aus seiner Regierung werden in Unternubien hinterlassen. Der Sieg über libysche Stämme ist an den Wänden des Totentempels in Abusir abgebildet. Das alles spricht für die außenpolitisch unveränderte Stellung Ägyptens. Auch der Handel mit Byblos im Libanon wird weiterhin gepflegt und Expeditionen nach Syrien, Libyen, Punt und Vorderasien ausgesandt, wie die Reliefs seines Totentempels berichten. Der Palermostein nennt wiederum zahlreiche Opfer an verschiedene Götter des Landes. Sahu-Ra errichtet seine Pyramide auf neuem Areal, in der Nähe des modernen Dorfes Abusir, in unmittelbarer Nähe zum Sonnenheiligtum seines Vaters, und gründet hier die Königsnekropole der 5. Dynastie. Er lässt auch das zweite Sonnenheiligtum Ägyptens mit dem Namen Feld des Ra bauen, das inschriftlich gut belegt, archäologisch jedoch bislang nicht gefunden werden kann. Wie bereits angesprochen, ist es durchaus möglich, dass Ni-user-Ra dieses Sonnenheiligtum schleifen und sein eigenes auf die Fundamente des älteren setzen lässt. Nefer-ir-ka-Ra (ca. 2488 – 2468 v. Chr.) Als Sahu-Ra nach etwa 13 Regierungsjahren verstirbt, hinterlässt er wahrscheinlich Söhne, die noch zu jung für die Regierung gewesen zu sein scheinen. Neferir-ka-Ra, vielleicht der Bruder seines Vorgängers Sahu-Ra von einer anderen Mutter, übernimmt den Thron. Ähnlich wie knapp 90 Jahre zuvor, als Chephren vermutlich seinem Bruder Djed-ef-Ra nachfolgt, wiederholt sich unter Nefer-irka-Ra eine vergleichbare Thronfolgeregelung: Mit seiner Königlichen Gemahlin Chenet-kau-es II. hat er zwei Söhne, die ebenfalls beide Könige werden und die Sahu-Ra-Linie regelrecht verdrängen. Unter Nefer-ir-ka-Ra enden die Annalen des Palermosteins, womit wahrscheinlich wird, dass dieser Stein unter seiner Regierung angefertigt worden ist. Nefer-ir-ka-Ra nimmt den Zusatz Sohn des Ra, den Djed-ef-Ra zum ersten Mal benutzt, als offiziellen Titel in die Königstitulatur auf, womit diese nun vollständig ist. Sein dazugehörige Name lautet Kakai und ist die kosehaft verkürzte Form
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eines nicht rekonstruierbaren Vollnamens, wie sie bislang nur bei Privatpersonen üblich ist, womit eine schleichende »Vermenschlichung«75 des Königtums spürbar wird. Seine Nachfolger nutzen ebenfalls auf -i endende Kurzformen für diesen Titel: Isi (Nefer-ef-Ra), Ini (Ni-user-Ra), Isesi (Djed-ka-Ra). Königliche Propaganda in Privatgräbern Einige der inzwischen größtenteils aus Privatpersonen und nicht mehr aus Mitgliedern der Königsfamilie bestehenden Beamtenschaft unter Nefer-ir-ka-Ra hinterlassen biografische Inschriften, in denen das beginnende Selbstverständnis bereits anklingt, das allerdings noch stark auf der privilegierten Nähe zum König fokussiert ist. Beispielsweise berichtet Ptah-schepses, der Hohepriester von Memphis, dass er dem König sogar die Füße küssen darf. Der niedere Priester Ra-wer wird während einer Zeremonie von einem Zepter des Königs am Bein berührt, das diesem vielleicht aus der Hand geglitten ist. Durch den Kontakt mit dem machtgeladenen Objekt schwebt Ra-wer in Lebensgefahr. Nur dadurch, dass der König sofort »Du sollst heil sein!«76 ausruft, kann der Priester die Berührung des Zepters überleben. Nefer-ir-ka-Ra persönlich wünscht, dass dieses Ereignis im Grab des Ra-wer in Giza schriftlich festgehalten wird. Im Text heißt es: »Seine Majestät befahl das Anbringen als Schrift in dem Grab, das sich auf dem Friedhof befindet, und Seine Majestät veranlasste, dass für ihn (Rawer) ein Schriftstück dort angefertigt wurde und dass man in der Gegenwart des Königs auf Stein eintrug, was gesagt worden war, in seinem Grab, das sich auf dem Friedhof befindet.«77 Warum liegt dem Pharao so viel daran, dass diese Begebenheit im Grab des Rawer in Giza niedergeschrieben wird? Kann man damit rechnen, dass in der Zukunft dieses Grab besonders häufig besucht wird, weil sich eine Geschichte vom Königshof in ihr befindet? Würde die ägyptische Gegenwart und die Nachwelt auf diese Weise erfahren, wie machtgeladen das Amt des Pharaos noch zur Zeit des Nefer-ir-ka-Ra gewesen ist? Kann man in einer Zeit, in der die Literatur noch nicht erdacht ist, auf diese Weise Propaganda ausüben? Etwa 500 Jahre später soll das Königtum in der Epoche des Mittleren Reiches Literatur ganz gezielt als Mittel der Propaganda nutzen, um seine Interessen durchzusetzen. Man darf annehmen, dass unter Nefer-ir-ka-Ra die biografischen Inschriften seiner Würdenträger im Volk bekannt sind. Sie werden vorgelesen und weitererzählt und ihre Kenntnis verbreitet sich zumindest im Großraum der memphitischen Nekropole – wenn nicht sogar weit über diese hinaus. Solche expliziten Aussagen des Ra-wer, dass der König so sehr darauf bedacht ist, das für ihn eher unbedeutende Ereignis zu »veröffentlichen«, muss m. E. dahingehend gewertet werden, dass Nefer-ir-ka-Ra das Grab des Ra-wer tatsächlich bewusst als Medium seiner eigenen Propaganda auswählt.
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Schon sein Bruder und Vorgänger Sahu-Ra nutzt das Grab des Wesirs, Obersten Bauleiters und Oberrichters Wasch-Ptah in Saqqara78, um darin zu verkünden, dass er dem Grabbesitzer u. a. eine wertvolle Sänfte anfertigen lässt. Auch hier fehlt der betreffende Zusatz nicht: »Da befahl Seine Majestät (. . .), dass man veranlassen sollte, dass (es) als Schrift in seinem Grab angebracht werde (. . .) und Seine Majestät, sie lobte ihn dafür«.79 Doch sind es unter Sahu-Ra materielle Güter, von denen der König festgehalten haben will, dass er sie geschenkt hat, ist es unter Nefer-ir-ka-Ra mehr, was der Pharao im Grab eines Beamten über sich ausgesagt wissen will: Im gleichen Grab des Wasch-Ptah tritt uns Nefer-irka-Ra als ein besorgter und geradezu menschlicher König entgegen, der auch auf das höfische Zeremoniell verzichtet, wenn es die Situation erfordert. WaschPtah erleidet während des Besuches des Königs auf einer Baustelle scheinbar einen Unfall. Offensichtlich hat sich der Beamte bei einem Sturz von einem Gerüst das Bein sehr stark verletzt, aber das hält ihn nicht davon ab, den Boden vor dem König küssen zu wollen. Doch dieser hält ihn mit den Worten »Küsse nicht den Boden, sondern küsse (meinen) Fuß!«80 zurück. Die Inschrift unterrichtet uns weiter darüber, dass sich die königlichen Ärzte auf Geheiß des Nefer-ir-kaRa um den Verletzten kümmern, doch sein Leben nicht mehr retten können. Der König betrauert den Tod des Wasch-Ptah und steuert wertvolle Gegenstände zu seiner Beisetzung bei (» . . . niemals wurde seit der Urzeit Gleichartiges für irgendeinen [Beamten] getan«81). Auch unterstreicht der Satz »Da befahl Seine Majestät das Anbringen als Schrift in seinem (Wasch-Ptahs) Grab«82 das zuvor bei der Inschrift des Ra-wer Vermutete: Wieder nutzt Nefer-ir-ka-Ra das Grab eines Beamten, um ein Bild des Königtums in der Öffentlichkeit zu kreieren. Nefer-ir-ka-Ra hat nicht von der Hand zu weisende legitimatorische Schwierigkeiten: Im Totentempel seines Vorgängers Sahu-Ra lässt er zahlreiche Male Figuren im Königsgefolge umarbeiten und mit seiner Titulatur versehen. Die ursprüngliche Erzählung des Papyrus’ Westcar geht möglicherweise auf seine Regierungszeit zurück und hat die Legitimation u. a. seiner Person zum Inhalt und Ziel. In der letzten schriftlich fixierten Fassung sind User-ka-ef, Sahu-Ra und Nefer-ir-ka-Ra Drillinge. Die königlichen Annalen des Palermosteins enden mit Nefer-ir-ka-Ra, was bedeutet, dass er der Initiator der Erstellung dieser Ahnenreihe gewesen ist, an dessen letzter Position er sich selbst befindet. Der Beamte Ti, dessen Grabanlage in Saqqara heute zu den bedeutendsten Besuchermagneten zählt, beginnt seine Laufbahn unter Nefer-ir-ka-Ra. Später soll er der Vorsteher über die Pyramiden des Nefer-ir-ka-Ra und des Nefer-ef-Ra sowie den Sonnenheiligtümern von Sahu-Ra, Nefer-ir-ka-Ra, Nefer-ef-Ra und Ni-userRa in Personalunion werden – eine Machtposition, wie sie im fortgeschrittenen Alten Reich nicht selten ist. Nefer-ir-ka-Ra erlässt ein Dekret, das den Tempel von Abydos von Steuerabgaben und die Bediensteten von anderen Arbeiten befreit.
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Seine Pyramide befindet sich in Abusir und ist mit 72 m Höhe das höchste Königsgrab der 5. Dynastie. Nach Chephren erreicht keine Anlage vergleichbare Ausmaße und selbst die des Nefer-ir-ka-Ra ist nur noch halb so hoch wie die des Chephren. Aus unbekannten Gründen wird Nefer-ir-ka-Ras Grab zunächst als Stufenpyramide begonnen und erst zu einem späteren Zeitpunkt seiner Regierung in eine Pyramide mit glatten Seitenflächen umgebaut. Der Bauplatz ist so gewählt, dass die Nordwestecken der beiden Pyramiden von Abusir eine Achse bilden, die, wie die Denkmäler in Giza, nach Heliopolis weist. Aber der König kann in seiner etwa 20-jährigen Regierungszeit dieses Projekt nicht vollenden, die Totenkultanlagen sind zum Zeitpunkt seines Todes noch nicht funktionsfähig. Die Verkleidung des Kernmauerwerkes ist scheinbar nicht über die unteren Steinlagen hinaus gediehen und sein Totentempel nur in den westlichen Bereichen aus Stein gemauert, die übrigen Teile werden in schneller Lehmziegelbauweise gebaut. An seinem Totentempel befindet sich die Pyramidenstadt des Nefer-ir-ka-Ra, aus der ein Teil der Verwaltungsakten stammt, die gemeinsam mit den Texten aus den Anlagen der Chenet-kau-es II. und des Nefer-ef-Ra die Gruppe der sog. Abusir-Papyri, auch das Abusir-Archiv genannt, bilden, die eine bedeutende Quelle zur Verwaltung der Totentempel im Alten Reich darstellt. Der Taltempel ist über das Stadium der Planung nicht hinausgekommen. Sein aus Inschriften bekanntes Sonnenheiligtum mit dem Namen Lieblingsplatz des Ra ist bislang ebenfalls nicht lokalisiert worden. Nachfolgeproblematik Ein aus Abusir stammender Block zeigt eine fragmentarische Reliefdarstellung des voranschreitenden Nefer-ir-ka-Ra, dem ein Prinz (Ältester Königssohn) mit dem Namen Nefer-Ra und die Königin Chenet-kau-es II. folgen. Dieser nach seinem Entdecker benannte Ghazouli-Block wird bislang immer herangezogen, um zu untermauern, dass Nefer-ef-Ra ein Sohn des Nefer-ir-ka-Ra gewesen ist, was m. E. falsch ist. Auf einem der neu entdeckten Reliefs des Sahu-Ra-Aufweges ist Sahu-Ra im Kreise seiner Söhne zu sehen, von denen der erste und an prominentester Position gezeigte als Erbfürst, ältester Königssohn und Vorlesepriester Nefer-Ra bezeichnet wird. In Verbindung mit der offensichtlichen Legitimationsproblematik des Nefer-ir-ka-Ra, die u. a. im Totentempel seines Vorgängers zum Ausdruck kommt, steht meiner Meinung nach außer Frage, dass Nefer-ir-ka-Ra die Regierung übernommen zu haben scheint, da vielleicht die Mutter des rechtmäßigen Thronfolgers nicht mehr am Leben ist, und dass beabsichtigt ist, dass dieser aufgrund seiner Jugend die Nachfolge seines Onkels antreten soll. Somit möchte ich Nefer-ir-ka-Ra als einen zwischengeschalteten König betrachten, der eine bestimmte Zeit überbrücken soll.83
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Nefer-ef-Ra (Ra-nefer-ef ca. 2468 – 2466 v. Chr.) 84 Nefer-ef-Ra ist m. E. ein Sohn des Sahu-Ra. Im Turiner Papyrus sind die Namen der Herrscher der frühen 5. Dynastie stark zerstört, die Regierungslänge für Neferef-Ra wird allerdings mit sieben Jahren angegeben. Manetho schreibt ihm sogar 20 Jahre zu. Doch diese Angaben können den Aussagen, die die Archäologie in den letzten Jahren im Pyramidenkomplex des Nefer-ef-Ra in Abusir ergraben hat, nicht standhalten. Der König beginnt sein Grab südwestlich der Anlage des Neferir-ka-Ra und verlängert damit die ideelle Linie nach Heliopolis. Nefer-ef-Ra kann seine Ruhestätte jedoch nicht vollenden, da er überraschend im Alter zwischen 20 und 23 Jahren stirbt. Die Reste seines mumifizierten Leichnams werden während der Ausgrabung der Innenräume gefunden und stellen die ältesten erhaltenen Teile eines pharaonischen Körpers dar. Somit muss Manethos Angabe von 20 Regierungsjahren falsch sein. Die Arbeiten an Nefer-ef-Ras Grabanlage werden nach Ausweis einer Steinmetzinschrift zwischen dem zweiten und dritten Regierungsjahr (Erstes Mal der Zählung; das höchste zeitgenössisch belegte Datum) unterbrochen, was zweifellos den Zeitpunkt seines Todes markiert. Die Jahresangaben im Papyrus Turin können also ebenfalls nicht richtig sein. Da Vorbereitungen für neue Königsgräber (Platzwahl, Ausschachtung etc.) in der Regel früh im ersten Herrschaftsjahr des aktuellen Königs getroffen werden, kann Nefer-ef-Ras Regierung höchstens zwei Jahre betragen haben. Die begonnene Pyramide wird aufgrund des frühen Todes des Königs nicht als eine solche vollendet, sondern mit der ersten Stufe bei einer Höhe von sieben Metern abgeschlossen und mit grob behauenen Kalksteinblöcken verkleidet. Das Dach erhält eine dünne Tonschicht, die den inneren, aus Geröll bestehenden Kern auf schnelle und unkomplizierte Weise abdeckt. An der Ostseite wird eine »improvisierte Kulteinrichtung«85 aus Kalkstein erbaut, die nur das absolut Nötigste eines königlichen Totentempels beinhaltet und die Nefer-ef-Ras Baumeister in aller Eile hergerichtet haben, um ihrem König die Grundvoraussetzung für ein ewiges Leben zu ermöglichen. Taltempel und Aufweg können in der Kürze der Zeit nicht einmal begonnen werden. Nefer-ef-Ras Nachfolger Ni-user-Ra unterzieht besonders die Totentempelanlage einem umfangreichen Ausbau und fügt u. a. einen Thronsaal für das Jenseits an, dessen goldener Sternenhimmel auf blauem Grund von 20 filigranen Holzsäulen empor gehalten wird. Hier finden sich Fragmente von 17 meisterhaften Statuetten des Nefer-ef-Ra und einige Holzfiguren, die gefesselte Feinde zeigen. Des Weiteren wird hier ein bedeutender Teil der Verwaltungspapyri des sog. Abusir-Archives geborgen. Das inschriftlich im Grab des Ti belegte Sonnenheiligtum des Nefer-ef-Ra namens Opferplatz des Ra ist noch nicht entdeckt. Der König führt Isi als seinen Sohn des Ra-Namen.
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Schepses-ka-Ra (ca. 2466 – 2465 v. Chr.) Schepses-ka-Ra scheint ein Sohn des Sahu-Ra gewesen zu sein, der nach dem Tod des Nefer-ef-Ra sein Recht auf die Thronfolge durchsetzt. Er ist in einigen späteren Auflistungen wie auf der Königstafel von Saqqara, dem Papyrus Turin und in der Arbeit von Manetho aufgeführt gewesen, allerdings kann sich sein Name nur in der Saqqara-Liste erhalten. Die Königsliste von Abydos nennt ihn nicht. Im Turiner Papyrus ist die Länge seiner Regierung zerstört, nur eine spurenhafte Notiz ist zu erkennen, die neuerdings als »11« gelesen wird.86 Manetho nennt den König »Sisirês« und schreibt ihm sieben Regierungsjahre zu, doch muss dieser noch kürzer an der Macht gewesen sein als Nefer-ef-Ra. Tatsächlich scheint es, dass die späteren Chronisten die Zahl 7 häufig verwenden, wenn sich eine exakte Jahresangabe nicht mehr rekonstruieren lässt. So hat sich beispielsweise letztendlich die von Manetho überlieferte »7. Dynastie«, in der in einem Zeitraum von 70 Tagen 70 Herrscher regieren, in der modernen Forschung als nicht existent herausgestellt.87 Auch bei Schepses-ka-Ra scheint alles gegen eine lange Regierungszeit zu sprechen: Die Biografie eines Hohepriesters des Ptah aus seinem Grab in Saqqara, der unter Mykerinos geboren und schätzungsweise nach 70-80 Lebensjahren unter Ni-user-Ra gestorben ist, ordnet minutiös die Meilensteine seiner Karriere den einzelnen Königen der 4. und 5. Dynastie zu. Den Namen des Schepses-ka-Ra erwähnt er nicht einmal.88 Zeitgenössisch ist Schepses-ka-Ra lediglich durch Siegelabdrücke aus dem Totentempel seines Vorgängers Nefer-ef-Ra in Abusir bekannt. Eine begonnene Pyramidenausschachtung ist nördlich der des Sahu-Ra, zwischen dieser und dem Sonnenheiligtum des User-ka-ef, entdeckt worden. Die Notiz im Turiner Papyrus ist m. E. nicht der Rest einer Zahl, sondern die Angabe der Regierungsdauer dieses Königs, die ein Jahr nicht überschritten hat. Ni-user-Ra (ca. 2465 – 2434 v. Chr.) Ni-user-Ra ist ein Sohn von Nefer-ir-ka-Ra und Chenet-kau-es II., der Name seiner Königin ist vermutlich Reput-nebu. Sehr wahrscheinlich ist Ni-user-Ras Thronbesteigung die Entmachtung des Schepses-ka-Ra vorausgegangen, bei der er besonders auf die Hilfe seiner Mutter und eines ihm über alle Maßen ergebenen königlichen Friseures namens Ptah-schepses zählen kann. Der Titel des Ptah-schepses muss von der heutigen Bedeutung getrennt verstanden werden, denn ein Friseur des Königs ist in erster Linie Priester, der den königlichen bzw. göttlichen Körper berühren darf. Dieser Mann wird für seine Loyalität besonders reich belohnt, indem er Ni-user-Ras Tochter, die Prinzessin Chai-merer-Nebti, zur Gemahlin nehmen darf, zum Wesir befördert wird und als Grabstätte die größte Mastaba-Anlage einer Privatperson des Alten Reiches, nahe der des Königs in Abusir, erhält (Abb. 21).
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Abb. 21 Abusir. Ptah-schepses, der Schwiegersohn des Ni-user-Ra (5. Dynastie) durfte das größte Privatgrab des Alten Reiches in unmittelbarer Nähe zu der Pyramide seines Königs (Hintergrund) errichten.
Von Ni-user-Ra ist eine Inschrift im Wadi Maghara auf dem Sinai bekannt, die ihn einen Feind Ägyptens erschlagend zeigt und von einer Expedition zu den Türkisminen zeugt. Ni-user-Ras Sohn des Ra-Name ist Ini. Unter diesem Herrscher lassen sich einige Veränderungen feststellen, die eine Gegenbewegung zur übergeordneten Macht des Ra vermuten lassen. Eine komplizierte theologisch-politische Entwicklung von der solaren Allmacht zurück zum Gottkönigtum der frühen 4. Dynastie scheint unter Ni-user-Ra bereits schon im Gang gewesen zu sein. Die Verwaltung der Pyramidenanlage wird nicht mehr allein von den Bewohnern der Pyramidenstädte besorgt, sondern dem Wesir, dem höchsten Beamten des Landes, unterstellt. Somit scheint versucht worden zu sein, den Königskult wieder Staatsdienst werden zu lassen. Auch erhält die Pyramide eine neue, uns jedoch nicht greifbare, veränderte Bedeutung, denn die in den Totentempeln tätigen Priester, die sich zuvor Priester des Königs nennen, werden nun als Priester der Pyramide bezeichnet. Ni-user-Ra ist der letzte König, der eine Pyramide in Abusir errichten lässt.
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Bauten in Abusir Ni-user-Ra lässt die Totenkultanlagen seiner Eltern Nefer-ir-ka-Ra und Chenetkau-es II. und die des Nefer-ef-Ra fertigstellen. Seine eigene Pyramidenanlage setzt er zwischen die Gräber des Sahu-Ra und des Nefer-ir-ka-Ra, auffällig nahe an das des Letztgenannten. Die Linie nach Heliopolis fortzusetzen wäre auf dem Gelände von Abusir zwar noch möglich gewesen, aber dafür hätte Ni-user-Ras Anlage kilometerweit in die Wüste verlegt werden müssen. Doch die Nähe zum Grabkomplex seiner Eltern scheint Ni-user-Ra so wichtig gewesen zu sein, dass er auch bauliche Schwierigkeiten bei der Errichtung und die Umstrukturierung seiner Totenkultanlage in Kauf nimmt. Weniger als 20 m von der Umfassungsmauer des Totentempels seines Vaters entfernt, liegt seine fertige Pyramide in einem Areal, das im Süden von den Anlagen des Nefer-ir-ka-Ra und im Norden durch stark abschüssiges Gelände begrenzt ist. Dadurch ist eine Neuordnung der Raumabfolge in seinem Totentempel unumgänglich, gleichzeitig führt er Neuheiten in die ägyptische Tempelarchitektur ein, die für die gesamte kommende Architekturgeschichte Ägyptens Bestand haben soll. Unter anderem ist der Pylon, der Eingang eines Tempels, der von turmartigen monumentalen Aufbauten flankiert wird und charakteristisch für die späteren Tempel wird, eine Erfindung von Ni-user-Ras Baumeistern. Er baut den von seinem Vater geplanten Taltempel und führt auch den Aufweg aus, der zunächst auf die Anlage des Nefer-ir-ka-Ra ausgerichtet ist, dann jedoch, nach etwa zwei Dritteln der Strecke, nordwestlich zu seinem Komplex umgeleitet wird. So entsteht der Eindruck als teilten sich Vater und Sohn denselben Tempel im Tal und den Aufweg dorthin – sicher eine beabsichtigte Aussage, die die Legitimität Ni-user-Ras gegenüber dem Familienzweig des Sahu-Ra herausstellen soll. Das Sonnenheiligtum Lieblingsort des Ra Das Sonnenheiligtum des Ni-user-Ra mit dem Namen Lieblingsort des Ra ist das am besten erhaltene dieser Denkmälergruppe, durch das das einstige Aussehen dieser Anlagen rekonstruiert werden kann (Abb. 22). Der Aufbau folgt dem des Königsgrabes mit Taltempel, Aufweg und Kultanlage. Im Falle des Sonnenheiligtums ist Letztere der offene Hof mit Altar und dem dominierenden Obelisken auf einem beeindruckenden Sockel. In diesem Sockel befindet sich ein Gang, der den Aufstieg zum Obelisken ermöglicht. Eine Kammer darin ist wegen ihrer herrlichen, lebensnahen und detaillierten Ausschmückung und des darin zum Ausdruck kommenden religiösen Verständnisses des Sonnengottes Ra besonders erwähnenswert. Diese Welten- oder Jahreszeitenkammer zeigt in fantastischen und liebevoll hergestellten Reliefs mit großer Freude am Detail die personifizierten Jahreszeiten und die in ihnen durchgeführten land-
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Abb. 22 Abu Gurob. Rekonstruktion des Sonnenheiligtums des Ni-user-Ra (5. Dynastie) mit Sonnenboot und Priesterstadt.
wirtschaftlichen Arbeiten oder die jeweiligen charakteristischen Naturereignisse: etwa die Paarung der Wildtiere, die Geburt der Jungen, Ankunft der Zugvögel und Vogelfang, Laichwanderung und Fischfang. Die bemalten Reliefs sind mit einer solchen Präzision ausgeführt, dass es u. a. möglich ist, die einzelnen Fischarten zoologisch zu bestimmen. Die gesamte Kammer mit ihren Darstellungen ist eine Hymne an das Schöpfungswerk des Sonnengottes, der alles Leben in der Natur entstehen lässt und für eine unermessliche Vielfalt – nicht zuletzt des Nahrungsangebotes – sorgt. Die Jahreszeitenkammer von Abu Gurob ist heute ihrer Dekoration vollständig beraubt. Fragmente von ihr befinden sich in Museen und Sammlungen auf fast der ganzen Welt (in Deutschland u. a. Ägyptisches Museum und Papyrussammlung Berlin, Staatliches Museum Ägyptischer Kunst, München; Sammlung des Ägyptologischen Instituts der Universität Heidelberg; Museum August Kestner, Hannover). Men-kau-Hor (ca. 2434 – 2425 v. Chr.) Die Tatsache, dass Men-kau-Hors Nachfolger Djed-ka-Ra eine Stiftungsinschrift im Totentempel des Ni-user-Ra hinterlässt, also die Bauarbeiten am Königsgrab des Vorgängers beendet, lässt nur den Schluss zu, das Men-kau-Hor wieder der Sahu-Ra-Linie entstammt und vielleicht ein Sohn des Schepses-ka-Ra gewesen ist. Im Königspapyrus von Turin ist sein Name lesbar und die Dauer seiner Regie-
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rung mit 8 Jahren angegeben. Manetho nennt den König Mencherês und berechnet seine Amtszeit mit 9 Jahren. Der König von Ober- und Unterägypten-Name des Men-kau-Hor wird zum ersten Mal nach Djed-ef-Ra nicht mit dem Sonnengott Ra, sondern ganz bewusst mit dem des Horus gebildet. Vielleicht schon zur Zeit des Men-kau-Hor, sicher jedoch unter seinem Nachfolger Djed-ka-Ra dürfte der Gott Osiris verstärkt in den Unterweltsglauben des alten Ägypten eingedrungen und den König sowie Anubis als Schützer und Versorger der Toten verdrängt haben. Ist in der frühen 4. Dynastie noch der König selbst als Sonnengott und Herr des Jenseitsreiches aufgetreten, in dessen Schutz sich seine betuchten Untertanen geben wollen, übernimmt der Sonnengott Ra diese Funktion während der 5. Dynastie. Doch am Ende dieser Epoche wird mit Osiris ein Gott für dieses Amt bemüht, der zuvor als Totengott nur in Busiris in Erscheinung getreten ist, doch der für die Dauer des ägyptischen Reiches der Totengott Gesamt-Ägyptens bleiben soll. Der Schutz des Königs ist nur mit seiner Nekropole verbunden, doch der Totengott wirkt auch dort, wo man fernab der Residenz nicht auf den posthumen Beistand des Pharaos hoffen kann: Residenzbeamte in der Provinz beginnen, sich an den Orten ihrer Tätigkeit beisetzen zu lassen, wo sie sich heimisch fühlen und einen großen Teil ihres Lebens verbracht haben. Sie setzen durch, dass ihre Ämter erblich werden und ihre Söhne ihre eigenen, eingearbeiteten Nachfolger werden können, die sie Stab des Alters nennen. Wie die Reliefs der Privatgräber zeigen, übernehmen die Beamten das seit der Frühzeit nur den Königen vorbehaltene Butische Begräbnisritual, ein Kultspiel, das ursprünglich bei den Beisetzungen der Deltakönige aufgeführt wird. Zudem legen sie sich eine Anzahl längst nicht mehr in Gebrauch befindlicher, sehr alter Prinzentitel zu und ferner gilt es innerhalb der hohen Beamtenschaft generell als erstrebenswert, Ländereien der von Abgaben befreiten Pyramidenstädte zu erwerben und sich somit ihre Altersvorsorge zu sichern. Die Nähe zur Residenz und ihrer Nekropole ist für ihren Beistand im Jenseits nicht mehr nötig – Osiris ist für jeden da, der die Reise gen Westen angetreten hat. Somit verliert die Hauptstadt ihren Status als religiöses Zentrum Ägyptens. Vermutlich wird eine Nähe zur Residenz sogar als störend empfunden, denn in den Provinzen beginnt sich eine Eigenständigkeit zu entwickeln, die eine gefährliche Herausforderung für das Königtum des Mittleren Reiches werden soll. Unter Men-kau-Hor wird eine Expedition auf den Sinai entsandt, von der eine Inschrift im Wadi Maghara zeugt. Als Pyramide kann ihm, wenn überhaupt, entweder eine Anlage nordöstlich der Roten Pyramide oder die Kopflose Pyramide im Norden Saqqaras zugewiesen werden.89 Men-kau-Hor ist der letzte König, der ein Sonnenheiligtum erbauen lässt. Es trägt den Namen Horizont des Ra und kann kein bedeutendes Gebäude gewesen sein. Allem Anschein nach werden die Bauarbeiten nicht einmal beendet.90
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Djed-ka-Ra (ca. 2425 – 2387 v. Chr.) Djed-ka-Ra vollendet den Totentempel des Ni-user-Ra und scheint dessen Bruder gewesen zu sein, der die Linie des Zweiges von Nefer-ir-ka-Ra fortsetzt.91 Sein Sohn des Ra-Name ist Isesi (in der Literatur häufig als Asosi wiedergegeben). Djed-ka-Ra baut kein Sonnenheiligtum mehr. Auslandskontakte und Handel Inschriften bezeugen ihn ebenfalls im Wadi Maghara auf dem Sinai. Siegelabdrücke aus dem 6./7. und 17./18. Regierungsjahr nennen seinen Namen bei Buhen in Nubien, eine Stele belegt Arbeiten in den Dioritsteinbrüchen von Toschqa und Inschriften nahe der unternubischen Oasenstraße Dachla-Dungul erwähnen ihn auch dort. Ein Relieffragment aus seinem Totentempel berichtet von Expeditionen in die östliche (außerägyptische) Wüste, um Eidechsen einzufangen, in die östlichen Flachländer, um Holz zu beschaffen, und wahrscheinlich in den unternubischen Raum, um Gold zu gewinnen. Zum Libanon bestehen nach wie vor wichtige Kontakte, wie ein Alabastergefäß mit seinem Namen beweist, dessen Fragmente in Byblos gefunden werden. Der Expeditionsleiter Ba-wer-djeded bringt sogar einen Pygmäen aus Punt mit an den Hof92, was ein derart beeindruckendes Ereignis darstellt, an das noch über 100 Jahre später vom kindlichen Pepi II. gedacht wird, als er einen Brief an seinen Expeditionsleiter Chui-ef-Hor diktiert. Innenpolitische Reformen Unter der Regierung des Djed-ka-Ra gewinnen die Provinzbeamten immer größere Selbständigkeit von der Hauptstadt. Um dieser vorzubeugen, richtet der König das Amt des Vorstehers von Oberägypten ein, das als erster ein Beamter namens Ra-schepses bekleidet, der in Thinis residiert und direkt dem König unterstellt ist. Seine Aufgaben sind es, der zunehmenden Erstarkung der Gaufürsten im Süden entgegenzuwirken und die Steuern aus diesem Landesteil zu sichern. Sehr gut zu erkennen ist das Selbstbewusstsein, mit dem einzelne Familien auftreten, die seit mehreren Generationen hohe Ämter innehaben, wie etwa der Oberbaumeister Senedjem-ib. Seine Pyramide legt Djed-ka-Ra in der Nähe der Mastabat el-Faraun an, in dem noch relativ unbebauten Areal zwischen der Stufenpyramide von Saqqara und den Snofru-Pyramiden von Dahschur. Sind zuvor noch Schreiber der mittleren Beamtenschicht als Vorsteher der Pyramidenstadt tätig, übernimmt diese Aufgabe unter Djed-ka-Ra der Wesir, der höchste Beamte des Staates. Hierin
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ist ein erneuter Schub in der »Aufwertung des toten Königs«93 bzw. der Pyramide zu erkennen, wie sie bereits unter Ni-user-Ra begonnen hat. Unas (ca. 2387 – 2367 v. Chr.) Die Herkunft des Unas liegt bisher völlig im Dunkeln. Man will keine verwandtschaftliche Beziehung zur 5. Dynastie erkennen, weil in seinem Totemtempel eine Vielzahl reliefierter Blöcke seines Vorgängers Djed-ka-Ra zutage kommt, wodurch schnell ein unbarmherziges Urteil über diesen König gefällt wird: Als Usurpator, der aus dem Nichts gekommen zu sein scheint, könnte er den Thron an sich gerissen und die Kultanlagen seines Vorgängers abgetragen haben, um seinen eigenen Tempel mit ihnen aufzubauen. Noch dazu sind seine beiden bekannten Frauen Nebet und Chenut nicht nachweislich mit der Königsfamilie verwandt.94 Die Verwirrung um die Person des Unas ist also groß. Von Manetho an das Ende der 5. Dynastie gesetzt, wird der König in der Wissenschaft zum regelrechten »König zwischen den Dynastien«95, weder zur 5. noch zur 6. Dynastie gehörig. Doch eine neue Beobachtung lässt Unas in einem völlig neuen Licht erscheinen: Die angeblichen Spolien sind Blöcke, die unter Unas angefertigt werden, um in seinem eigenen Totentempel eine Kapelle für den Kult seines Vaters auszuschmücken. Diese Kapelle für den Vaterkult ist in den Totentempeln der frühen 6. Dynastie gut belegt und kommt offensichtlich in der Anlage des Unas erstmals in Gebrauch.96 In den Privatgräbern dieser Zeit ist eine Parallele in der Vaterverehrung im Grab zu erkennen, da dort ein bestimmter Relieftyp an den Vater des Grabbesitzers erinnern soll. Rund 900 Jahre nach Unas wird unter Hatschepsut (um 1450 v. Chr.) diese Kapelle für den Vater zum festen Bestandteil der Totentempel des Neuen Reiches werden. So ist in Unas folglich der legitime Sohn und Erbe des Djed-ka-Ra zu sehen. Bedenkt man ferner, dass die Kronprinzen des Alten Reiches vor ihrer Krönung nur mit ihrem Geburtsnamen, der nicht – bzw. nicht vollständig – in die spätere Königstitulatur aufgenommen wird, in Erscheinung treten und selbstverständlich auch keine Gräber auf den Prinzenfriedhöfen zugewiesen bekommen, da sie als spätere Könige eigene Pyramidenanlagen errichten würden, ist es nicht verwunderlich, dass auch Unas vor seiner Thronbesteigung nirgendwo eine erkennbare Erwähnung findet. Unas ist der Sohn des Ra-Name dieses Königs und zeigt wieder die verkürzte Form eines Vollnamens, die nicht übersetzt werden kann. Seine beiden Frauen werden in einer prachtvollen Doppelmastaba direkt nördlich seines Totentempels beigesetzt. Nicht auszuschließen ist, dass sie Schwestern, eventuell sogar Zwillinge gewesen sind. Während Chenut noch unter Unas’ Regierung stirbt, sollte ihn Nebet um mehrere Jahre überleben. Als Kinder des Unas sind ein Prinz, dessen Name sich nicht erhalten hat, und ein weiterer Prinz namens Unas-anch belegt, die jedoch schon während der Regierung ihres Vaters gestorben zu sein scheinen. Als Tochter ist eine Prinzessin namens Hemet-Ra bekannt, die
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Hemi genannt wurde. Der Königspapyrus von Turin verzeichnet die Länge seiner Regierung mit 30 Jahren, Manetho nennt 33 Jahre, doch werden in modernen Untersuchungen diese Zahlen, verglichen mit den wenigen Hinterlassenschaften des Unas, als zu hoch empfunden und auf etwa 20 Regierungsjahre reduziert.97 Die Zahl der unter Unas entstehenden Privatgräber ist so gering, dass eine Herrschaft von über drei Jahrzehnten auszuschließen ist. In diesen Gräbern fällt das fast vollständige Fehlen der biografischen Inschriften auf, wie sie noch etwa 100 Jahre zuvor in der frühen 5. Dynastie üblich und sogar ein wichtiger Teil der königlichen Propaganda sind. Der Handel mit dem libanesischen Byblos besteht noch, wie ein dort gefundenes Alabastergefäß mit dem Königsnamen sowie die Darstellungen von Schiffsexpeditionen an den Wänden von Unas’ 666 m langem Aufweg belegen. Aus ebenfalls dort abgebildeten Kämpfen mit sog. Schasu-Beduinen am östlichen Deltarand geht der König selbstverständlich siegreich hervor. Ähnlich wie bei Sahu-Ra, der die Ankunft exotischer Bäume in seinem Tempelbereich verewigen lässt, kann auch für Unas festgestellt werden, dass seine Reliefs über die üblichen Kultszenen hinaus verstärkt einzelne individuelle Ereignisse festhalten, wie etwa die Kämpfe gegen Beduinen oder den Transport von Granitsäulen für seinen Pyramidenbereich. Diese Beobachtung dürfte auch für die Tempel der übrigen Könige dieser Dynastie gegolten haben, doch fehlt uns in den meisten Fällen gänzlich deren Reliefausschmückung. In Stein geschlagene Gebete – die Pyramidentexte Unas wählt, wie schon User-ka-ef vor ihm, für seine Pyramide einen Platz in unmittelbarer Nähe zum Grabmal des Djoser in Saqqara, jedoch jenseits des Großen Grabens (Abb. 10). Mit etwa 43 m Höhe errichtet er das kleinste Königsgrab des Alten Reiches, aber er geht in der detailfreudigen Ausschmückung der Anlage weiter als seine Vorgänger. Neben dem reichen Farbenspiel der erlesenen farbigen Steine im Tempelbereich und der strahlend weißen Verkleidung der Pyramide mit edlem Kalkstein lässt Unas die ehemals völlig schmucklosen Wände der Innenräume seines Grabmonuments mit einer Sammlung religiöser Texte in versenktem Relief versehen, deren Magie den toten König ins Jenseits bringen und ihn dort schützen soll. Diese unter Unas erstmals im Grab niedergeschriebenen Pyramidentexte sind die in Stein gemeißelten Rituale und Gebete, die die Priester während der Beisetzung rezitieren. Sie sind die ältesten religiösen Niederschriften der Menschheit. Durch die magische Kraft der Worte und der Schrift sollen sie für immer um den König herum sein und ihn in seinem Grab umgeben. Nachdem der König zuvor als Horus auf der Welt gelebt und diese verlassen hat, verschmilzt er nach seinem Tod mit dem Totengott Osiris, wovon die Pyramidentexte künden.
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Die Dynastie des Niederganges Die 6. Dynastie (ca. 2367 – 2248 v. Chr.) Teti (ca. 2367 – 2357 v. Chr.) Die jüngsten Untersuchungen zum Beginn der 6. Dynastie haben wahrscheinlich gemacht, dass Teti entgegen der bisherigen Meinung doch königlicher Abstammung ist. Sein Vater dürfte Unas gewesen sein und seine Mutter ist die Königsmutter Seschseschet. Teti ist mit drei Frauen verheiratet – Chuit, Iput und einer Königin, deren Name zerstört wird und von dem sich nur der Namensbestandteil Chentit-… erhalten kann.98 Tetis Name ist die konsequente Weiterführung der bereits unter Nefer-ir-ka-Ra einsetzenden Tendenz, den Sohn des Ra-Name des Königs in Kurz- bzw. Koseform anzugeben. In Bezug auf die Namenswahl erreicht die Volkstümlichkeit des ägyptischen Königs ihren Höhepunkt. Handelskontakte mit Byblos bestehen auch unter Teti weiter, Steinbruchexpeditionen scheinen jedoch nur bei Hatnub festgehalten worden zu sein. Die Autonomie der Provinzen wächst weiter In Edfu herrscht der Gaufürst Isi und nach ihm sein Sohn Qar – das ist nur ein Beispiel für die noch immer vorhandene Ämtererblichkeit bei den Provinzfürsten. Für den Tempel des Osiris in Abydos erlässt Teti ein Dekret, durch das die Ländereien des Tempels von Steuern befreit werden, wahrscheinlich handelt es sich um eine Erneuerung bzw. Ergänzung des rund 200 Jahre älteren Dekretes von Nefer-ir-ka-Ra. In Bubastis lässt er einen Tempel für die katzenköpfige Bastet, der Göttin der Liebe, erbauen. Durch Manetho wird überliefert, dass Teti von seinem Hofstaat ermordet worden sei – eine Aussage, für die es zwar keine zeitgenössischen Belege gibt, die aber nicht ohne Weiteres abgetan werden darf. Seine Pyramide errichtet Teti in der Nähe der Anlagen von Djoser und Userka-ef, direkt südlich der Scheinpaläste der 1. Dynastie (Abb. 10). In der Tradition
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Abb. 23
Karte Ägyptens und Unternubiens.
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seines Vorgängers lässt er die Wände der Vorkammer und der Sargkammer mit Pyramidentexten versehen. Unter Teti entsteht die bemerkenswerte Gräberstraße (Rue-des-Tombeaux) direkt nordwestlich seiner Pyramide mit den bedeutenden Grabanlagen z. B. seiner Wesire Merer-ui-ka, Ka-gemni und Anch-ma-Hor (Abb. 10). User-ka-Ra (ca. 2357 – 2355 v. Chr.) In User-ka-Ra wird zum einen ein Usurpator vermutet, der, familiär mit der 5. Dynastie verbunden, zeitgleich mit Pepi I. nach Tetis Tod die Macht ergreift und eine Art Gegenkönigtum im Norden aufbaut, während Pepi im Süden herrscht. Häufig wird User-ka-Ra als der für Tetis Tod verantwortliche Verschwörer angesehen, von dessen Mord uns Manethos Überlieferungen berichten. Anderen Theorien zufolge soll User-ka-Ra der König gewesen sein, der stellvertretend für Pepi I. die Regierung übernommen hat.99 Diese Aufgabe jedoch hätte der Mutter Pepis I. zugestanden und nicht einem Zwischenkönig. Nichts spricht jedoch dagegen, User-ka-Ra als den rechtmäßigen Thronfolger zu erkennen. Der Turiner Königspapyrus führt einen Herrscher nach Teti auf, dessen Name nicht erhalten ist, die Liste von Abydos nennt User-ka-Ra an dieser Stelle. Die zeitgenössischen Denkmäler seiner Regierung sind auf einen Kupferdächsel mit der Gravur einer Arbeitermannschaft mit dem Namen User-ka-Ra ist beliebt und zwei ihm zuzuweisende Zylindersiegel reduziert. Zum Königsmord an Teti Für das Mittlere Reich überliefert Manetho den Mord an König Amenemhet II., der jedoch – wenn überhaupt – auf dessen Großvater Amenemhet I. ausgeübt wird. Manetho hat sich also geirrt. Auch für den Mord an Teti vermute ich einen Fehler in der Überlieferung, denn hätte User-ka-Ra seinen Tod tatsächlich zu verantworten gehabt, weil er der Spross eines Zweiges der 5. Dynastie gewesen wäre, hätte er dann nicht den verhassten Vorgänger für immer aus den Listen streichen wollen, um in der Zukunft die Kontinuität der 5. Dynastie ungebrochen darzustellen? Doch all das geschieht nicht mit Teti, sondern mit User-ka-Ra selbst: Dieser König wird dem Vergessen preisgegeben, sein Name getilgt, sein Andenken zerstört. Der Königsmord, den Manetho für diese Zeit nennt, würde demnach nicht Teti, sondern seinen Sohn und Nachfolger User-ka-Ra betroffen haben, und auch hier hätte sich Manetho geirrt.100 Als Mutter des User-ka-Ra kommen entweder Chuit oder – wahrscheinlicher sogar – die Königin in Frage, deren Name ausgelöscht werden soll und von der wir lediglich den Anfang kennen – Chentit-…. Nordöstlich von Tetis Pyramide liegen die Gräber seiner Königinnen: südlich die Pyramide der Chuit, nördlich davon
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die Mastabas der Chentit-…, die heute nur noch als Negativabdruck festzustellen ist, und noch weiter nördlich die der Iput. Der heute fast völlig zerstörte Pyramidenkomplex von Chuit befindet sich näher an dem des Königs als die Gräber von Chentit-… und Iput101 (Abb. 10). Auf einem Relieffragment aus Chuits stark in Mitleidenschaft gezogenen Totentempel findet sich die Darstellung der Königin mit zwei Kindern, die sehr wahrscheinlich von ihr geboren worden sind – ein Jungen und ein Mädchen, deren Namen nicht erhalten sind.102 Es ist durchaus wahrscheinlich, dass dieser Sohn der designierte Nachfolger des Teti gewesen ist. Chuits Grab wird als Pyramide angelegt, wohingegen nur eine Mastaba mit einem »eher ärmlichen Zuschnitt«103 für Iput vorgesehen ist. Damit ist klar, dass Chuit einen zur Thronfolge ausersehenen Nachfolger Tetis geboren hat. Da Pepis Mutter jedoch nachweislich Iput ist, kann Pepi nicht der Thronfolger gewesen sein. Ordnungsgemäß folgt der auserwählte Königssohn User-ka-Ra seinem Vater Teti auf den Thron. Nun ist folgendes Szenario denkbar: Der Kronprinz Teti-anch Kem, der Sohn der Chuit, stirbt unerwartet mit etwas mehr als 20 Jahren noch während der Regierung seines Vaters und wird in einem Grab nahe dem seiner Mutter beigesetzt. Der Sohn von Königin Chentit-… wird der neue Thronfolger und als User-kaRa gekrönt. Chentit-…, für die eine Mastaba zwischen den Gräbern von Chuit und Iput vorgesehen ist, hat durch die Königsnachfolge ihres Sohnes User-ka-Ra Anspruch auf eine Königinnenpyramide, die – wie bei den späteren Königsanlagen – vielleicht im Süden des Teti-Komplexes angelegt wird. Nach dem Tod des User-ka-Ra kommt schließlich Pepi I. an die Macht, lässt die Mastaba seiner inzwischen verstorbenen Mutter in eine Königinnenpyramide umbauen und verleiht ihr posthum die Bezeichnung Königstochter, die Iput zu Lebzeiten nie getragen hat, um seine Herrschaftsberechtigung, die offenbar nicht einspruchslos anerkannt wird, zu legitimieren. Die Zerstörungen von Namen und Personen in zahlreichen Gräbern sowie Enteignungen von Mastabas im Beamtenfriedhof nördlich der Teti-Pyramide betreffen Männer, die fraglos Parteigänger des User-ka-Ra gewesen sind, und belegen, dass der Königswechsel von User-ka-Ra auf Pepi I. nicht problemlos verlaufen ist. Gleichzeitig wird die Pyramide der Chuit so sehr geschliffen, dass es bis in die jüngste Zeit hinein nicht möglich ist, sie als Pyramide zu identifizieren. Auch die bis dahin leerstehende Mastaba der Chentit-… ist dem Erdboden gleichgemacht worden. Ein kleiner Teil dieses Grabes darf der Wesir Chenti-ka als nördliche Erweiterung seiner anschließenden Anlage nutzen und dient heute als einziger Hinweis auf die Existenz der Mastaba der Chentit-….104 Die Königinnenpyramide der Chentit-… wird unter Pepi I. abgetragen und die Blöcke im Totentempel des Königs wiederverbaut, wo das Namensfragment gefunden wird. Durch die Angaben Manethos, dass ein König der frühen 6. Dynastie einem Attentat des Hofes zum Opfer gefallen ist und dadurch, dass User-ka-Ras Name nach seiner sicher gewaltsamen Absetzung getilgt und die Erinnerung an seine Anhänger verfolgt worden ist, sollte man einen Mord annehmen, der nicht Tetis
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sondern User-ka-Ras Leben gekostet hat. Der Beamte Meh-nes lässt auf dem Architrav mit dem Totengebet in seinem Grab in Saqqara einen Königsnamen als Block herausschneiden und durch einen neu angefertigten Block mit dem Namen des Teti ersetzen. Welcher andere Königsname hätte dort gestanden haben sollen, als der von User-ka-Ra? Wenn außerdem der Name nicht ausgekratzt, sondern regelrecht aus dem Stein herausgetrennt wird, wird die Gefahr gebannt, dass man den Namen dennoch entziffern kann. Ein anderer Beamter namens Seschem-nefer beginnt seine Karriere als Richter und Schreiber unter Djed-ka-Ra und wird unter den folgenden Königen bis Teti mit immer bedeutenderen Ämtern und Titeln bedacht. Doch den bedeutendsten Titel eines Oberrichters und Wesirs muss er von User-ka-Ra verliehen bekommen haben. Unter Pepi I. werden die meisten Namen und Darstellungen Seschem-nefers aus seinem Grab in Saqqara herausgeschlagen.105 In der kurzen Zeit der Regierung des User-ka-Ra stirbt die Königin Iput, die Mutter seines Halbbruders Pepi. Sie ist nach Ausweis ihres Skeletts zum Zeitpunkt ihres Todes zwischen 35 und 45 Jahre alt. Als eine Königin, die nicht den Thronfolger geboren hat, erhält sie eine Mastaba von geringen Abmessungen in der Nähe der Teti- Pyramide. Die Pyramide des User-ka-Ra hat sich trotz intensiver Bemühungen der letzten Jahre noch nicht finden lassen.106 Pepi I. (ca. 2355 – 2315 v. Chr.) Pepi I. ist der Sohn des Teti und der Iput und wahrscheinlich der Halbbruder seines Vorgängers User-ka-Ra. Nach seinem Machtantritt baut er das bescheidene Mastabagrab seiner verstorbenen Mutter zu einer Pyramide um. Die Länge seiner Regierung wird in den verschiedenen Chroniken unterschiedlich angegeben: Manetho nennt 53 Regierungsjahre, der Turiner Königspapyrus 20 und als höchstes zeitgenössisches Datum ist ein »25. Mal der Zählung«107 belegt. Bei der Zugrundelegung eines zweijährigen Zählrhythmus’ würde diese Angabe eine mindestens 50 Jahre währende Regentschaft bedeuten. In welchem Abstand – ein- oder zweijährig – die Zählungen allerdings tatsächlich durchgeführt werden, ist unklar. So ergeben die unterschiedlichen Ansätze eine Zeitspanne von 20 bis 50 Jahren in der Wissenschaft. Wahrscheinlich jedoch werden die Zählungen, d. h. die Steuererhebungen, nicht mehr im strengen Zweijahresrhythmus durchgeführt, der ja schon unter Snofru teilweise unterbrochen worden ist. Je größer die wirtschaftliche Not der Residenz ist, umso öfter müssen Steuern erhoben werden, sodass sich während der 6. Dynastie allmählich der Übergang von der üblichen zweijährigen Zählweise zu Jahreszählungen nach den tatsächlichen Regierungsjahren des Königs vollzieht. Von Pepi I. ist im Jahr nach der 18. Zählung ein Thronjubiläumsfest belegt, das idealerweise um das 30. Regierungsjahr begangen wird. Setzen wir dieses Datum
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als Fixpunkt, so wird deutlich, dass der zweijährige Rhythmus zwar überwiegt, aber doch mindestens dreimal zugunsten der jährlichen Zählung durchbrochen worden ist. So ist einer etwa 40-jährigen Regierung des Pepi gegenüber den Angaben im Turiner Papyrus und denen von Manetho der Vorzug zu geben.108 Die Regierung Pepis I. ist durch vielerlei Schwierigkeiten charakterisiert, die alle dazu führen, den Untergang des Alten Reiches unaufhaltsam werden zu lassen: Sein Sohn des Ra-Name (Pepi) erscheint ebenfalls als eine in den Kartuschenring gesetzte Koseform. Sein König von Ober- und Unterägypten-Name lautete Nefer-saHor (Gut ist der Schutz des Horus), den er zu einem späteren Zeitpunkt seiner Regierung in Meri-Ra (Liebling des Ra) ändert. König Pepi I. und die Frauen Südlich seines Grabkomplexes im Süden Saqqaras finden sich die Pyramidenanlagen von drei Königinnen: Nub-wenet, Ineknek-Inti und einer Königin, deren Name sich nicht erhalten hat. Reliefbruchstücke belegen eine weitere Grabanlage einer Nedjefetet.109 Aus der Biografie des hohen Beamten Weni erfahren wir von einem Prozess, den dieser wohl im Zeitraum um das Thronjubiläum gegen eine Königin führt, die eine Verschwörung gegen den König zu verantworten hat. Ihr Name ist bei Weni nicht genannt. Welche der aus dem Gebiet der Pyramide des Pepi bekannten Königinnen jedoch die Verschwörerin ist oder ob ihr Name für alle Zeit erfolgreich ausgelöscht worden ist, ist nicht zu sagen. Im Text des Weni heißt es wörtlich: »Die amtliche Untersuchung einer Sache im Harîm des Königs gegen die Große Königliche Gemahlin (. . .) im Geheimen: Seine Majestät veranlasste, dass ich hinunterkam, um zu verhören, indem ich allein war. Es gab nicht irgendeinen Oberrichter und Wesir und nicht irgendeinen Beamten dort – außer mir, weil ich vortrefflich und erfreulich für Seine Majestät war und weil Seine Majestät mir vertraute (. . .). Niemals hat es einen Gleichen gegeben, der ein Geheimnis aus dem Harîm des Königs gehört hätte!«110 Sehr auffällig ist die Betonung, dass das Verhör unter völligem Ausschluss von Richtern und Wesiren, also der ägyptischen Judikative, stattgefunden hat. Lediglich Weni, ein zu diesem Zeitpunkt seiner Karriere niederer Beamte, ist anwesend. Das deutet darauf hin, dass hier etwas auf Geheiß des Königs vertuscht werden soll. Details über diesen Prozess hat der loyale Weni bedauerlicherweise mit ins Grab genommen. Über die betreffende Königin schweigen seitdem die Quellen und Pepi I. geht kurz nach diesem Ereignis zwei neue Ehen ein. Chui, wahrscheinlich der Gaufürst des thinitischen Gaues um Abydos, bekommt das Privileg, zwei seiner Töchter mit dem König verheiraten zu können. Nach der Beförderung ist Chui darauf bedacht, seine ursprünglichen Titel zugunsten der neuen beseitigen zu lassen, sodass wir heute seine Position vor der
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Eheschließung seiner Töchter mit dem König nicht kennen. Jedoch dürfte sie keinesfalls unter der eines Gaufürsten gelegen haben. Auch die Geburtsnamen der beiden Töchter sind unbekannt. Beide Frauen erhalten in der Residenz den gleichen Hofnamen Anch-en-es-Meri-Ra (oft auch mit dem Sohn des Ra-Namen des Königs gebildet: Anch-en-es-Pepi Sie lebt für Pepi I.) und werden die Mütter der beiden Nachfolger Pepis I. Auch ihre Gräber befinden sich im Umfeld der Königspyramide. Da alle Gemahlinnen Königinnenpyramiden erhalten haben, ist davon auszugehen, dass eine solche seit Pepi I. nicht mehr das Privileg einer Königsmutter gewesen ist. Chui und sogar seine Frau Nebet, die Schwiegereltern des Königs, erhalten die höchsten Hofrangtitel des Reiches – sie werden zu Fürsten und Grafen ernannt. Chui bekommt u. a. den Titel des Vorstehers der Pyramidenstadt verliehen, mit dem seit Ni-user-Ra das Amt des Wesirs verknüpft ist. Allerdings übernimmt nominell nicht Chui das Wesirat, sondern seine Frau Nebet, die als erste Frau Ägyptens den Titel einer Oberrichterin und Wesirin Oberägyptens führt und Isi von Edfu in dieser Funktion nachfolgt – auch wenn ihr Mann Chui dieses Amt aller Wahrscheinlichkeit nach ausgeführt hat. Bis in die Spätzeit hinein, rund 2000 Jahre nach Nebets Tod, soll sie die einzige Frau mit diesem Titel bleiben. Nebets Nachfolge als Wesir von Oberägypten tritt ihr Sohn Djau, der Bruder der beiden neuen Königinnen, an. Durch diese Ehen kommt dem Gaufürsten von Abydos eine gewaltige Bedeutung zu, doch gleichzeitig wird der ehemaligen Würde des Gottkönigtums der Vergangenheit ein ruhmloses Ende gesetzt. Von nun an hat eine Gaufürstenfamilie eine zuvor ungeahnte Möglichkeit der Machtentfaltung: Chuis Enkel sollen die zukünftigen Könige Ägyptens werden. Es drängt sich die Frage auf, warum diese Familie derart vom König bedacht worden ist. Entweder könnte Chui dem König bei der Absetzung seines Vorgängers User-ka-Ra geholfen haben – in diesem Falle käme die Belohnung allerdings etwa 30 Jahre zu spät – oder, was wahrscheinlicher ist, Chui ist im Fall der Verschwörung der Königin für Pepi von unschätzbarer Hilfe gewesen. In jedem Fall steht der König des Reiches dem Gaufürsten von Abydos in deutlicher Schuld. Mit der älteren der beiden Fürstentöchter, Anch-en-es-Meri-Ra I., hat der König einen Sohn mit dem Namen Meri-en-Ra, der sein direkter Nachfolger wird, und eine Tochter namens Neith. Unterordnung unter die neuen Mächte Die Bedeutung der Götter erreicht unter Pepi I. einen neuen Höhepunkt: Wird beispielsweise Sahu-Ra beim Opfer noch stehend dargestellt, ist von Pepi I. eine Statuette erhalten, die den König dabei kniend, in Demutshaltung, zeigt (Abb. 24). Der König beugt sich von nun an zwei Mächten: Den Beamten, die häufig einen
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Kosenamen führen, nähert sich das Königtum durch die Annahme dieser lautlichen, aber nicht mehr inhaltsreichen Namen an. Und auch den Göttern ordnet er sich augenfällig unter – er erniedrigt sich sichtbar vor ihnen. Die Provinz wird mit einem groß angelegten Bauprogramm bedacht und das »Königtum von der Loyalität mächtiger Provinzherrn abhängig«.111 Insbesondere profitieren Bastet von Bubastis, Min von Koptos, Satet von Elephantine und Hathor von Dendera von neuen Bauten des Königs. Unter Pepi I. nimmt der schleichende Verfall des Königtums einen sichtbaren Anfang: Zum ersten Mal ist ein König kniend bei einem Opfer gezeigt. Auch ein neuer Gott erscheint unter Pepi I. zum ersten Mal und soll schnell an Wichtigkeit und Bedeutung zunehmen: Der im thebanischen Gau ansässige falkenköpfige Kriegsgott Month erhält unter Pepi I. einen Schrein in seinem Kultort. Dieser Gott soll seine Region rund 200 Jahre nach Pepi I. an die Spitze des ägyptischen Reiches bringen. Allerdings sind die Gaufürsten im späten Alten Reich keine Bauherren eigener Projekte, denn der König scheint noch das alleinige Recht über die Steinbrüche und deren Nutzung besessen zu haben. Aus dem Jahr seines Thronjubiläums sind besonders viele Hinterlassenschaften Pepis I. erhalten, die, wie die Steinbruchinschriften auf den Sinai und im Wadi Hammamat zeigen, in Zusammenhang mit den Vorbereitungen zu diesem Fest stehen. In diesem besonderen Jahr befreit er die Kapelle für seine Mutter Iput in Koptos von Abgaben. Ebenfalls im Zuge dieser Feierlichkeiten stiftet er zwei Kupferstatuen unterschiedlicher Größe in den Tempel von Hierakonpolis (Ägyptisches Museum Kairo, JE 33034 und JE 33035). Diese ehemals stark korrodierten Figuren sind vor einigen Jahren restauriert worden und erstrahlen seitdem wieder in alter Schönheit. Entgegen früherer Vermutungen, die größere stelle Pepi I. und die kleinere seinen Nachfolger Meri-en-Ra I. dar, woraus eine Mitregentschaft der beiden Monarchen konstruiert wird, sind beide Statuen Pepi I. zuzuweisen. Eine Ko-Regentschaft dieser beiden Monarchen ist nicht belegbar. Im Jahr der 21. Zählung erhebt der König auch die Pyramidenanlagen des Snofru und des Men-kau-Hor bei Dahschur in den Stand der Abgabenbefreiung. Die Außenpolitik unter Pepi I. Steinbruchinschriften finden sich aus den früheren Regierungsjahren von Pepi I. in Unternubien, im Wadi Hammamat, bei Hatnub und im Wadi Maghara auf dem Sinai. Weitere Expeditionen führen nach Punt, Byblos und nach Ebla in Nordsyrien, wo Gefäße mit dem Namen des Königs gefunden werden. Aufgrund der erhaltenen Reiseberichte des Weni oder der Expeditionsleiter Sabni, Chui-ef-Hor und Pepi-nacht/Heqa-ib aus Elephantine lässt sich eine Vorstellung über die ungefähre Lage und Ausdehnung der nubischen Fürstentümer jenseits des ersten Kataraktes gewinnen: Demnach beginnt südlich von Assuan
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das unternubische Wawat bei Korosko, südlich daran schließt sich das Fürstentum Iretjet an. Wiederum südlich von Iretjet befindet sich Satju etwa bei Faras und das Gebiet zwischen dem 2. und 3. Katarakt ist das Fürstentum Iam. Die Pyramidenanlage von Pepi I. Der Pyramidenbezirk des Pepi befindet sich im Süden des Gräberfeldes von Saqqara und unterscheidet sich im Aufbau nicht nennenswert von denen seiner Vorgänger. Erwähnenswert ist, dass ein Großteil der obligatorischen Ausschmückung mit Pyramidentexten noch während Pepis Regierung einer Bearbeitung unterzogen wird. Dabei werden Zeichen in ihrer Größe reduziert und häufig der frühere König von Ober- und Unterägypten-Name Nefer-sa-Hor in den aktuellen Meri-Ra umgearbeitet. Steht diese Umarbeitung des Namens vielleicht mit der ersten Verschwörung zusammen, die Pepi I. überstanden hat? Ist der Schutz und die Magie des alten Namens durch die frevelhaften Handlungen während der Verschwörung unwirksam geworden? Oder ist es vielleicht anlässlich des Jubiläums nötig, dass sich Pepi einen neuen starken Namen wählt? Während die Residenz zugunsten der Provinz immer mehr an Bedeutung verliert, erfährt Pepis Pyramidenanlage nach dem Alten Reich eine ungeahnte Würdigung. Offensichtlich wird die Pyramidenstadt des Pepi, die sich um seinen Taltempel gebildet hat, und die alte Hauptstadt Inebu-hedj im Bereich des Ptah-Tempels zusammengewachsen und fortan unter dem Namen von Pepis Totenanlagen bezeichnet: Men-nefer (Bleibend ist die Vollkommenheit [des Pepi]) ist nun der Name der Stadt, der in griechischer Zeit zu Memphis wird. Gegen Ende seiner Regierung muss Pepi eine zweite Verschwörung er- und überleben, in die sein Wesir Ra-wer verwickelt ist, der daraufhin mit der Auslöschung seines Namens bestraft wird.112 Meri-en-Ra I. (ca. 2315 – 2309 v. Chr.) Meri-en-Ra I. ist der Sohn Pepis I. und der Anch-en-es-Meri-Ra I., der älteren Tochter des Gaufürsten Chui aus Abydos. Aus seiner sechs Jahre währenden Regierung ist nicht viel bekannt. Der Sarkophag in seiner unvollendeten Pyramide enthält den Leichnam des Meri-en-Ra, der noch die Jugendlocke trägt.113 Weder Königinnen oder Kinder des Meri-en-Ra sind bekannt. Der Bericht des Expeditionsleiters Chui-ef-Hor von Elephantine lässt anklingen, dass sich unter Meri-en-Ra I. Bestrebungen der nubischen Fürstentümer bemerkbar machen, ein größeres Herrschaftsgebiet zu bilden, das sich gegen den ägyptischen Einfluss in Nubien zu wehren beginnt. Chui-ef-Hor zieht während der kurzen Regierung von Meri-en-Ra I. dreimal nach Iam, doch während die ers-
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Abb. 24 Unter Pepi I. (6. Dynastie) nahm der schleichende Verfall des ägyptischen Königtums einen sichtbaren Anfang: Zum ersten Mal ist ein König nicht stehend, sondern kniend bei einem Opfer für eine Gottheit (hier zwei Schalen mit Wein) gezeigt. Schist mit Augeneinlagen aus Alabaster und Obsidian, eingefasst in Kupfer, Höhe 15,2 cm (MFA Boston, Inv.-Nr. 39.121).
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ten beiden Expeditionen durchgeführt werden, um Tribute einzuziehen, hat die dritte Reise einen anderen Grund: »Ich zog nun gegen das Land der Tjemeh (wohl ein Stamm im Gebiet von Iam), um die Tjemeh zu schlagen und um (sie) der Majestät des Himmels (dem ägyptischen König) zu unterwerfen.«114 Mit einem Überraschungsangriff gelingt es Chui-ef-Hor auch, Ruhe und die ägyptische Oberhoheit in Nubien wiederherzustellen. Ein persönlicher Besuch des jungen Königs im Gebiet des 1. Kataraktes dient der Entgegennahme der Huldigung unternubischer Fürsten, dem der erfolgreiche Feldzug des Chui-ef-Hor in deren Territorien vorausgegangen ist. Auf Elephantine errichtet Meri-en-Ra I. einen Schrein und Inschriften belegen seinen Namen in Unternubien und im Wadi Hammamat. Der bereits unter Pepi I. dienende Expeditionsleiter Weni wird unter Meri-enRa I. zum Vorsteher Oberägyptens befördert und bringt neben Granit aus Assuan und Alabaster aus Hatnub u. a. schwarze Grauwacke aus dem Gebiet zwischen dem 1. und 2. Katarakt nach Ägypten. Daraus werden der Sarkophag und das Pyramidion des Meri-en-Ra gefertigt. Ein Gefäß des Meri-en-Ra wird in Byblos gefunden und belegt die ungebrochenen Handelsbeziehungen zum Libanon. Ein Dekret des Königs erneuert das Edikt des Schepses-ka-Ra für den Totentempel des Mykerinos in Giza und befreit ihn von Abgaben und die Angestellten von anderweitigen Arbeiten. Die Pyramide des Königs befindet sich auf dem von Pepi I. gegründeten Familienfriedhof im Süden Saqqaras, nahe der etwa 200 Jahre älteren Mastabat el-Faraun des Schepses-ka-ef. Pepi II. (ca. 2309 – 2249 v. Chr.) Pepi II. ist der Nachfolger seines Halbbruders Meri-en-Ra I. Er muss kurz vor oder nach dem Tod seines Vaters geboren worden sein. Seine Mutter ist die jüngere Gaufürstentochter Anch-en-es-Meri-Ra II. Manetho berichtet, dass Pepi II. im sehr jugendlichen Alter von sechs Jahren auf den Thron kommt, und die zeitgenössischen Quellen unterstützen diese Aussage: Auf einer Statue des Königs aus den frühen Jahren seiner Regierung sitzt dieser mit dem Königsschmuck und dem Gesicht eines Erwachsenen in Kindergröße auf dem Schoß seiner Mutter, wie der jugendliche Horus auf dem Schoß der Isis (Brooklyn Museum of Art, Charles Edwin Wilbour Fund 39.119). In einer Steinbruchinschrift aus dem Jahr der 2. Zählung im Wadi Maghara auf dem Sinai steht seine Mutter Anch-en-es-Meri-Ra II. hinter ihrem (erwachsen dargestellten) Sohn. Auch der Brief, den er im selben Jahr an den Expeditionsleiter Chui-ef-Hor schickt, der daraufhin so begeistert von der königlichen Depesche ist, dass er sie an der Fassade seines Grabes anbringen lässt, zeugt von dem kindlichen Gemüt des sehr jungen Herrschers. Chui-ef-Hor hat von einer Expedition nach Süden eine Nachricht an den Hof geschickt, auf die der König unverzüglich antwortet: »Du hast in diesem Deinem Brief gesagt, dass du einen Zwerg der Gottestänze aus dem Land der Horizontbe-
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wohner mitgebracht hast, wie der Zwerg, den der Expeditionsleiter Ba-wer-djeded zur Zeit des Isesi (Djed-ka-Ra) aus Punt mitgebracht hatte. (...) Wenn er mit dir ins Boot hinabsteigt, beauftrage vortreffliche Leute, die an beiden Seiten des Bootes hinter ihm sind und die verhüten, dass er ins Wasser fällt! Wenn er schläft in der Nacht, beauftrage vortreffliche Leute, die bei ihm schlafen in seinem Zelt! Kontrolliere zehnmal in der Nacht! Meine Majestät wünscht diesen Zwerg mehr zu sehen als die Schätze aus dem Sinai oder aus Punt (. . .)!«115 Aus den Darstellungen und Texten geht deutlich hervor, dass Pepi II. zwar der König des Landes ist, die eigentliche Macht jedoch in den Händen seiner Mutter liegt – einer Frau, die die Tochter eines Gaufürsten ist. Gemeinsam mit ihrem Bruder Djau, der noch unter Pepi II. Wesir ist, lenkt sie in den ersten Regierungsjahren ihres Sohnes die Geschicke des Landes. Die Schwächung der Stellung des Königtums erhält dadurch einen wohl nicht zu unterschätzenden Schub. Allerdings gibt es über die Länge von Pepis Regierung Kontroversen. Manetho überliefert 94 Jahre und ein Alter von 100 für den König, allerdings ist das höchste belegbare Datum seiner Zeit das Jahr der 33. Zählung. Selbst bei einer konsequenten zweijährigen Zählung wären lediglich 66 Regierungsjahre zu verzeichnen. Im Allgemeinen hat man sich in der Wissenschaft auf eine Regierungsdauer von 64 Jahren geeinigt, und die Angabe der 94 Jahre bei Manetho durch eine Verschreibung in der hieratischen Vorlage Manethos ähnlichen 90 und 60 erklärt.116 Bei dieser Regierungslänge hätte Pepi II. zwar kein Alter von 100 Jahren, aber immerhin von 70 Jahren erreicht – deutlich älter als irgendein König vor ihm. Dieses hohe Alter erlaubt ihm, zwei Thronjubiläen zu feiern. Pepi II. ist mit Iput II., Udjebeten und Neith verheiratet, doch im Neuen Reich lebt die Erinnerung an diesen König als an einen Mann mit angedeuteten homosexuellen Neigungen fort. Mitten in der Nacht soll er sich, so berichtet eine Erzählung, aus seinem Palast gestohlen haben, um das Haus seines Generals Sisenet aufzusuchen, das er erst Stunden später wieder verlässt.117 Steinbruchexpeditionen führen Pepis Truppen im Jahr der 2. Zählung auf den Sinai und im Jahr der 14. sowie im Jahr nach der 31. Zählung in die Alabastersteinbrüche von Hatnub. Gefäße des Königs aus Alabaster werden bei Ausgrabungen in Byblos entdeckt. Unter Pepi II. gibt es erneut massive Kämpfe in Nubien, von denen der Expeditionsleiter Pepi-nacht, der Heqa-ib genannt wird, berichtet: »Die Majestät meines Herrn schickte mich, um die Länder Wawat und Iretjet zu zerhacken. Ich handelte so, dass (mich) mein Herr lobte: Ich tötete dort eine große Anzahl Fürstenkinder und vortreffliche nubische Vornehme. Ich führte eine große Anzahl von ihnen als Kriegsgefangene zur Residenz ab, indem ich an der Spitze zahlreicher starker und tapferer Heere war. Mein Herr – sein Herz vertraute auf mich; in jeglicher richterlichen Entscheidung wurde ich von ihm dorthin gesandt. Ferner schickte mich die Majestät meines Herrn um diese Fremdländer friedlich zu stimmen. Ich handelte so, dass (mich) mein Herr in überaus reicher Weise lobte (d. i. belohnen): Ich
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brachte die beiden Fürsten dieser Fremdländer zur Residenz (und) als Opfergaben Mastrinder, Ziegen und Ziegenböcke, die für die Residenz ausgesucht worden waren, gemeinsam mit den Fürstenkindern und den nubischen Vornehmen, die bei ihnen waren. Nichts gehört zu dem, was getan wird von den Vorstehern von Oberägypten! Vortrefflich war meine Wachsamkeit, um zu tun, was geliebt wird von meinem Herrn.«118 Vielleicht schon unter Meri-en-Ra I., ganz sicher jedoch unter Pepi II. ist eine weitere deutliche Verschiebung des Gleichgewichts zwischen Provinz und Residenz zu konstatieren. Während in der Hauptstadt weniger Beamten zu finden sind als zuvor, steigt die Zahl der Provinzbeamten, was die immer größer werdende Bedeutung dieser Gegenden veranschaulicht. Sein Onkel, der Wesir Djau, Sohn des Gaufürsten Chui von Abydos, ist die erste nicht-königliche Person, der es erlaubt ist, eine Statue von sich in einem Tempel aufzustellen, u. a. den Opfern für die Götter teilzuhaben. Diese Statue des Djau wird im Tempel von Abydos aufgestellt.119 Der König erlässt neun erhaltene Dekrete, von denen u. a. zwei den Tempel des Min in Koptos von Abgaben befreien, eines erneuert die Verfügungen von Meri-en-Ra I. den Totentempel und die Priester des Mykerinos in Giza betreffend und ein weiteres gilt der Anlage und den Angestellten seiner Gemahlin Udjebeten in Saqqara. Besonders die am Ende der 6. Dynastie auffällig begünstigte Stadt Koptos soll in der folgenden 8. Dynastie eine besondere Stellung im Reich einnehmen. Die Pyramide Pepis II. liegt in der Nachbarschaft der Nekropole seiner Vorgänger im Süden Saqqaras. Meri-en-Ra II. (ca. 2249 – 2248 v. Chr.) Meri-en-Ra II. ist der Sohn Pepis II. und der Königin Neith. Er ist offenbar schon sehr alt, als er die Nachfolge seines Vaters antritt. Seine Regierung währt laut Manetho nur ein Jahr und schlägt sich zeitgenössisch lediglich in zwei Schutzdekreten für die Anlagen seiner Großmutter Anch-en-es-Meri-Ra II. und seiner Mutter Neith nieder. Manetho nennt am Ende der 6. Dynastie eine Königin Nitokris (gräzisierte Form von ägypt.: Neith-iqeret (Göttin) Neith ist vortrefflich) und Herodot berichtet, Meri-en-Ra sei mit seiner Schwester Nitokris verheiratet gewesen, die seine Nachfolge antritt, nachdem er ermordet worden ist, ihn rächt und danach Selbstmord begeht.120 Zeitgenössisch ist nichts von einer regierenden Königin Neith-iqeret am Ende der 6. Dynastie erhalten, und wahrscheinlich muss man tatsächlich in der weiblichen Nitokris einen »Abschreibefehler in den Königslisten«121 erkennen, der einen männlichen König der 8. Dynstie namens Neith-iqerti Sa-Ptah in verfälschter Form an das Ende der 6. Dynastie rückt.122
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Das Ende des Alten Reiches Nachdem eine durch Manetho überlieferte 7. Dynastie, in der 70 Könige in einem Zeitraum von lediglich 70 Tagen (das ist die Länge der Vorbereitung einer königlichen Beisetzung) über Ägypten geherrscht haben sollen, in der modernen Ägyptologie als nicht existent weggefallen ist, da sie lediglich durch ein Zahlenspiel die chaotischen Zustände der Zeit illustrieren sollen, folgt die 8. Dynastie. Der Schreiber des Königspapyrus von Turin zieht einen Strich unter den letzten Herrscher der 8. Dynastie und rechnet danach u. a. die Jahre zusammen, die seit der Einigung der Beiden Länder vergangen sind. Die Ägypter haben also die Epoche des Alten Reiches erst mit dem Ende der 8. Dynastie als beendet betrachtet, weshalb diese auch an dieser Stelle als zum Alten Reich zugehörig verstanden werden soll. Die 8. Dynastie (ca. 2248 – 2202 v. Chr.) Die 8. Dynastie dürfte von einem Zweig der Königsfamilie der 6. Dynastie gebildet worden sein, der sich durch seine Verwandtschaft legitimiert und in Memphis residiert. Dieses Herrscherhaus regiert 46 Jahre über Ägypten und stellt 17 Könige. Auffällig ist die bewusste räumliche Nähe zum Residenzbereich des Alten Reiches und die ideelle Annäherung an ihre Vorgänger durch etwa die Bildung ihrer König von Ober- und Unterägypten-Namen nach denen der Herrscher der vorangegangenen Dynastie. In der frühen 8. Dynastie wechseln die Könige sehr schnell, sodass man Manethos Zahlenspiel durchaus als übertriebene Ankündigung dessen, was kommen soll, verstehen kann. Innerhalb der ersten sechs Jahre wechseln sich 11 Könige in Memphis ab – die Auswirkungen von kaum vorstellbaren Thronstreitigkeiten. Einer von ihnen ist Nefer-ka-Ra/Nebi, ein Sohn Pepis II. mit einer Nebenfrau namens Anch-en-es-Pepi III. Diese Frau heiratet offenbar nach dem Tod des Königs erneut – und zwar Iuu, den Fürsten aus Abydos. Nach ihrem Tod setzt sie ihr Sohn, der König Ägyptens, in einem Granitsarkophag im Magazin des Totentempels von Iput II., einer Hauptfrau seines Vaters, bei. Allein die Art der Beisetzung seiner Mutter spricht für die wirtschaftliche Lage des Königtums und Ägypten. Der mächtigste Mann des Reiches ist nicht imstande, seiner Mutter ein Grabmal zu errichten. Der Sarkophagdeckel dieser Frau jedoch ist historisch aufschlussreich, denn er nennt eine kleine Auflistung von Herrschern Ägyptens.123 Wie soll eine Dynastie, die in sich selbst so sehr zerrissen ist, eine festigende Macht auf das Land ausüben können? Sechs Herrscher, die ein wenig länger als ihre Vorgänger regieren, folgen; einer von ihnen, Ibi, erbaut eine kleine Pyramide in Saqqara.124
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Die Stadt Koptos und der Vorsteher von Oberägypten Schemai Bereits unter Pepi I. genießt Koptos vielerlei Vergünstigungen, von denen die erhaltenen Dekrete berichten, doch aus der 8. Dynastie sind Erlasse erhalten, die einen tieferen Einblick in diese Zeit erlauben. Die letzten drei Herrscher dieser Dynastie sind durch Dekrete bekannt, die sie zugunsten verschwägerter Fürsten von Koptos erlassen.125 Wadj-ka-Ra setzt in Koptos den Gottesvater, Gottesgeliebten, Fürsten, Königszögling, Vorsteher der Pyramidenstadt, Wesir, Obersten Priester und Stolisten des Min, Schemai, zum Vorsteher von Oberägypten ein. In dem entsprechenden Dekret heißt es: »Meine Majestät hat dir dieses Oberägypten gegeben, das unter deiner Aufsicht steht [es folgt eine Aufzählung der 22 oberägyptischen Gaue]. Sie sollen unter die Zuständigkeit des Vorstehers von Oberägypten fallen. Alle Beamten (...) in diesem Oberägypten sollen unter deiner Aufsicht ihr Geschäft betreiben (...). Stelle eine besiegelte Urkunde (...) [öffentlich] aus (...). Keinem Beamten und keinem Archivar, der etwas gegen diese besiegelte Urkunde unternimmt, lässt meine Majestät seinen Besitz an irgendeinem der Plätze, die dort unter deiner Aufsicht stehen.«126 Wadj-ka-Ra scheint sehr viel daran gelegen zu haben, dass gerade Schemai dieses Amt über Oberägypten ausübt. Die Frage nach dem Grund klärt sich in weiteren Dekreten an Schemai aus der Zeit des Nefer-kau-Hor, des Nachfolgers von Wadj-ka-Ra. Aus ihnen geht hervor, dass Schemai mit der ältesten Tochter des Königs, aller Wahrscheinlichkeit nach der des Wadj-ka-Ra, verheiratet ist. Weitere Erlasse unterstreichen die unangefochtene Position Schemais als Vorsteher von Oberägypten, dem der König befohlen hat, »dass du Ämter verleihst und entziehst«127, für dessen Totenkult der König höchstpersönlich Vorbereitungen trifft und auch die Nachfolge dieses Amtes zu Lebzeiten des Schemai regelt: »Dein Sohn, der Graf und Vorsteher der Priester Idi: Er soll Graf, Siegler des unterägyptischen Königs, Vorsteher von Oberägypten und Vorsteher der Priester sein, südlich bis zum 1. Gau, nördlich bis zum 7. Gau (...) Meine Majestät hat ferner befohlen, dass er Beamter sei, dass er musterhaft handele in diesen Gauen gemäß deinem Befehl und dass er deine Nachfolge antrete!«128 Damit überträgt der König einen Teilbereich des Amtes auf Schemais Sohn, der unter seinem Vater angeleitet wird und seinen Weisungen untersteht. Dieses Verfahren der Übertragung eines Teils der eigenen Aufgaben noch zu Lebzeiten des eigentlich Amtierenden soll in der 12. Dynastie um 1955 v. Chr. auch erstmals im Königsamt angewandt werden. König Demedj-ib-taui, der Nachfolger des Nefer-kau-Hor, erlässt ein weiteres Dekret nach Koptos, diesmal jedoch an Idi, der inzwischen alle Titel des verstorbenen Vaters übernommen hat. Dieser Text soll alle Statuen und Gebäude(teile) des Idi schützen. Auch wenn die 8. Dynastie in sich selbst nicht geschlossen, sondern ausgesprochen schwach ist, und somit nichts von Bestand schaffen kann, ist die Einheit
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des Reiches – wenn auch nur nominell – dennoch gegeben. Die 8. Dynastie ist nur die Haut über einem Körper, in dem schon jeder Knochen mehrfach gebrochen ist, eine Fassade vor einem zertrümmerten Mauerwerk. Die de facto nicht mehr vorhandene Kontrolle über das Reich ist an den Hungersnöten und den Auseinandersetzungen lokaler Fürsten in Oberägypten abzulesen. In den Annalen erscheinen die Namen der Könige in der Königsliste von Abydos, teilweise auch im Turiner Königspapyrus, jedoch werden sie in Saqqara gänzlich übergangen. Der Zusammenbruch aus dem Innern Das Ende des Alten Reiches hat seine Ursachen nicht in Einwirkungen von außen, sondern liegt allein in den Kräften begründet, die im Innern wirken. Der Absturz in das Chaos, in den Zustand vor jeder Schöpfung, den die Ägypter Isfet nennen, hat wirtschaftliche Gründe. Die immens gestiegene Anzahl an von Abgaben befreiten Tempeln und Ländereien bringt das Reich in enorme wirtschaftliche Schwierigkeiten: Die Abgaben der übrigen Ländereien müssen erhöht werden, damit die Kornkammern der Residenz mit der üblichen Menge gefüllt sind, um bei Hungersnöten verteilt werden zu können. Doch diese Vorgabe ist durch die zahlreichen Befreiungsdekrete nicht mehr zu erreichen, so werden die Belastungen durch die vermehrten Abgaben für die Bevölkerung kaum tragbar und das Schatzhaus kann seine ehemalige Wirtschaftskraft ebenfalls nicht halten. Das im frühen Alten Reich entwickelte System der gut durchorganisierten Verwaltung und des Steuersystems, das die ungeheuren Projekte dieser Epoche hervorgebracht hat, steht nun einem Königtum gegenüber, dass kontinuierlich schwächer wird, immer häufiger und immer größere Abstriche an diesem Amt durchführt und in der Person des Pepi II. ihren Tiefpunkt findet – einer Person, der man auch Jahrhunderte später in spöttischen Geschichten gedenkt. Unter seiner Herrschaft wird die schleichende Katastrophe unaufhaltsam. In der Folgezeit verschlimmern Dürreperioden und Missernten die gefährliche Situation, die Menschen erleiden schreckliche Hungersnöte – ein Nährboden für Epidemien. Sind noch rund 150 Jahre zuvor unter Unas die Feinde Ägyptens als Verhungernde dargestellt worden, sind es nun die Ägypter selbst, die den Hungertod sterben. Die Abgaben an die Residenz können nicht mehr entrichtet werden. Vielerorts sind Notbestattungen für unzählige Menschen durchgeführt worden. Existierende Grabschächte, die für eine oder zwei Personen geplant sind, werden nicht selten zu regelrechten Massengräbern umgewandelt. Die Gebildeten und Schriftkundigen schreiben ihre düsteren Gedanken auf, die unverhohlen auch den Schöpfergott für die unzumutbaren Zustände im Land verantwortlich machen, da dieser sich abgewendet zu haben scheint. Andererseits
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strebt nun aber auch jeder Privatmann an, nach dem Tod selbst der Totengott Osiris zu werden, was zuvor nur dem König vorbehalten ist. Ob hierin ein Versuch der Selbsthilfe zu erkennen sein soll, muss unbeantwortet bleiben. Die Gaufürsten regieren während des Kollapses des Staates ihre abgegrenzten Territorien wie Pharaonen en miniature. Der Gau wird zum Zentrum der Hoffnungen der Menschen, die ihren Glauben an den Staat verloren haben. Die Gauhauptstadt wird ein Pendant zur Residenz der Könige, ja löst diese sogar in ihrer Wichtigkeit und Bedeutung ab und wird zur regelrechten »Operationsbasis«129 dieser Zeit, in denen sich im späten Alten Reich ein »städtisches Bürgertum«130 herausbildet, das über beachtlichen Privatbesitz verfügt und diesen zu vergrößern bestrebt ist. Allerdings versteht sich jeder Gau als Klein-Ägypten, was dazu führt, dass alle anderen Gaue in gewisser Weise als Ausland betrachtet werden. Überfälle, Plünderungen der Nachbargaue, allgemeine Bewaffnung, allgegenwärtige Unsicherheit und schreiende Anarchie sind an der Tagesordnung. Der Untergang des Alten Reiches ist kein plötzlicher Zusammenbruch, sondern ein schleichender Prozess, der durch den allmählichen Verlust der Herrschaftsgewalt des Königs begünstigt wird. Er ist das Ergebnis einer Verkettung mehrerer Krisen, die sich folgendermaßen darstellen:131 Der stufenweise Verlust der gottgleichen Würde des Königs leitet einen Prozess ein, aus dem es während des Alten Reiches keinen Weg zurück gibt: 1. die nach Macht und Unabhängigkeit strebenden Beamten, besonders in der Provinz, 2. die in der fortgeschrittenen 6. Dynastie einsetzenden wirtschaftlichen Probleme und 3. die nach Pepi II. dramatischen Probleme der Thronfolge. Das Ende des Alten Reiches ist »der tiefste und für die politische und geistige Entwicklung folgenschwerste Einschnitt der altägyptischen Geschichte«.132 Alle Bereiche des ägyptischen Lebens, alle Vorstellungen und Sicherheiten brechen letztendlich zusammen: Gottkönigtum, Verwaltung und Bürokratie, Lebensmittelversorgung, öffentliche Sicherheit, Oberhoheit Ägyptens gegenüber den Nachbarländern. Sogar die Existenz eines Weiterlebens nach dem Tod ist nicht mehr gesichert – Zweifel an allem und Misstrauen vor jedem durchdringt die ägyptische Bevölkerung. Die Lehre für Meri-ka-Ra aus der folgenden 9./10. Dynastie spricht rückblickend den Zerfall des Reiches während der 8. Dynastie an und betont gleichzeitig auch die Städte als die neuen Zentren neben den bereits im Alten Reich entstehenden Gauen: »Siehe, das Land, dem sie übel mitgespielt haben, ist in Gaue zerfallen und allerlei große Städte. Was ein Einzelner beherrscht hatte, ist nun in der Hand von zehn Leuten.«133
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Ende und Neubeginn Die sog. Erste Zwischenzeit (ca. 2202 – 2014 v. Chr.) Seit Jahrzehnten bezeichnet das Unwort Erste Zwischenzeit den Zeitraum zwischen dem Untergang des Alten und dem Beginn des Mittleren Reiches. Diese Bezeichnung würdigt die Ereignisse dieser Jahre als »ein Geschehen zwischen den Zeiten«134 herab, dennoch soll der Begriff in Ermangelung eines besseren Terminus‘ und aufgrund seiner Bekanntheit hier beibehalten werden. Die sog. Erste Zwischenzeit ist durch die hier präferierte Definition des Alten Reiches, das nach der 8. Dynastie endet, auf den Zeitabschnitt der 9./10. und der frühen 11. Dynastie reduziert. Es hat sich herausgestellt, dass es sich bei der 9. und 10. Dynastie nur um eine einzige Dynastie gehandelt haben kann, die der Turiner Königspapyrus mit 18 Herrschern und insgesamt 145 Regierungsjahren ansetzt. Allerdings ist die genaue Zahl der Könige archäologisch und historisch nicht festzustellen und die Dauer ihrer Regierungen dürfte wohl eher bei ungefähr 188 Jahren gelegen haben. Anstatt von der Ersten Zwischenzeit wird häufig auch von der Dynastie von Herakleopolis oder den Herakleopoliten gesprochen, um diesen dunklen Zeitraum in der Geschichte Ägyptens zu benennen. Die moderne Bezeichnung dieser Epoche als Herakleopoliten-Zeit ist auf die griechische Benennung der Residenzstadt zurückzuführen. Die Dynastie hat ihren Stammsitz in Herakleopolis, dem altägyptischen Henen-nisut. Dieser Ort, auf dem rechten Ufer des Bahr Jûsuf, nahe der Oase Fajum gelegen (Abb. 23, 25), ist die Hauptstadt des 20. oberägyptischen Gaues. Doch solange nicht der zur Residenz gehörige Friedhof der Herrscher entdeckt ist, wird diese Dynastie »wohl mehr aus Fragen als aus Antworten bestehen.«135 Im Süden des Landes herrscht gleichzeitig ein anderes Herrscherhaus – die 11. Dynastie der Thebaner. Die 9./10. Dynastie der Herakleopoliten (ca. 2202 – 2014 v. Chr.) Der Papyrus Turin ist das einzige Dokument, das Herakleopoliten-Könige namentlich erwähnt, doch große Passagen sind nicht mehr lesbar. Die Dynastie nennt sich Haus des Cheti und erinnerte damit an ihren Ahnherrn Cheti, der während der 8. Dynastie der Gaufürst des 20. oberägyptischen Gaues gewesen
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ist, bevor er das Alte Reich vermutlich gewaltsam abgelöst und die Königswürde angenommen hat. Viele seiner direkten Nachfolger tragen ebenfalls den Namen Cheti, um jenem Gründervater zu gedenken. Wie viele es genau sind und in welcher Reihenfolge sie geherrscht haben, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sicher sagen. Keine monumentalen Bauten und nur wenige schriftliche Quellen, deren historischer Wert nicht immer eindeutig ist, beleuchten diese Dynastie mit einem sehr spärlichen Licht. Aus der Lehre für Meri-ka-Ra, ein Text, der wahrscheinlich König Cheti IV./ Neb-kau-Ra am Ende der Dynastie in den Mund gelegt wird und den er für seinen Sohn und Nachfolger Meri-ka-Ra verfasst haben soll136, können viele wichtige Erkenntnisse über den Zustand Ägyptens in dieser Zeit gewonnen werden, auch wenn diese nicht uneingeschränkt als historische Quelle dienen kann. So ist das Land offiziell in ein Nord- und ein Südland geteilt, von denen die Herakleopoliten das Nordland beherrschen, das vom Delta bis südlich der modernen Stadt Assiut reicht. Das Südland schließt an und erstreckt sich bis zum ersten Katarakt. Es steht nicht unter einer einheitlichen Führung, sondern ist in zahlreiche Fürstentümer unterteilt. Von dem herakleopolitanischen Herrschaftsgebiet im Norden werden Steuern an die Residenz entrichtet, die Abgaben des Südlandes sind hingegen keineswegs so regelmäßig. Allerdings schätzt man den Süden wegen des Granits aus der Region von Assuan, für den jedoch die Herrscher von Herakleopolis nicht mehr die gesteigerte Verwendung haben wie die Könige des Alten Reiches: »Stell dich nicht schlecht mit dem Südland, (. . .). Sei freundlich zum Südland, damit es zu dir kommt mit Steuern und Gaben (. . .). Hat es kein Getreide, das es dir geben könnte, so sei nett, sind sie doch schwach vor dir. Man soll sich (in Oberägypten) an deinem Brot und deinem Bier sättigen, so dass der Granit (von Assuan) ungehindert zu dir kommt.«137 Die Region von Memphis wird von etwa 10 000 Menschen bewohnt und ist der Residenz gegenüber loyal eingestellt, wie es in der Lehre ausdrücklich betont wird. Das memphitische Gebiet bildet eine Schutzzone für Herakleopolis gegen aus dem Osten kommende Beduinen, die für das herakleopolitanische Unterägypten eine Beunruhigung darstellen. Der westliche Teil des vorderasiatischen Bereiches ist bis zur Mittelmeerküste befriedet und steht in Handelsbeziehungen mit Ägypten: »(. . .) der Westen bringt das Zedernholz. Wenn man Wacholderholz sieht – er hat es uns gegeben. Der Osten dagegen ist voller Beduinen.«138 Und diese Beduinen sind es, die aufgrund von wirtschaftlichen Nöten in ihren Gebieten in die fruchtbaren Nachbarländer einfallen. Der König spricht von einem vernichtenden Schlag, den er den Beduinen zugefügt haben will, die sich in den Ruinen einer Festung befunden haben, die der König von Bewohnern des Deltas beseitigen lässt, »so dass die Asiaten jetzt Abscheu vor Ägypten haben.«139 Über das Südland wird ausgesagt: »Sieh, das Land, dem sie übel mitgespielt haben, ist in Gaue zerfallen und allerlei große Städte. Was ein Einzelner beherrscht hatte, ist jetzt in der Hand von zehn Leuten.«140 Auch vom Süden her haben die
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Herakleopoliten mit Einfällen zu rechnen, und besonders fürchtet man einen Zweifrontenkrieg: »Wenn deine Grenze zum Südland umstritten wird, dann hat das zur Folge, dass die Asiaten den Kampfgürtel anlegen.«141 Cheti IV./Neb-kau-Ra, der vermutliche Verfasser der Lehre für Meri-ka-Ra, tritt in einem weiteren Literaturwerk auf. In der Geschichte vom beredten Bauern erscheint der König als eine äußerst interessierte und gerechtigkeitsliebende Persönlichkeit. Absichtlich zieht er den Prozess um den Bauern in die Länge, um immer mehr Reden dieses wortgewaltigen Mannes zu erleben.142 Die Chronologie der Dynastie von Herakleopolis An Versuchen, die Herrscher der Dynastie von Herakleopolis in eine logische Reihenfolge zu- und untereinander zu bringen, mangelt es nicht. Die Schwierigkeiten bestehen vor allem in der Häufigkeit des Eigennamens Cheti in dieser Familie, der regelrechten Fundleere dieser Zeit und dem beklagenswerten Erhaltungszustand des Turiner Königspapyrus’ in diesem Bereich. Den bisherigen Überlegungen folgend würde als Dynastiebegründer Cheti I. Wah-ka-Ra sehr überzeugend sein, dessen Nachfolger Mer-ka-Ra143 gewesen sein könnte. Eine relativ große Lücke klafft dann jedoch immer noch zwischen Beginn und Ende der Herrscherfamilie. Cheti IV. Neb-kau-Ra, mutmaßlicher Verfasser der Lehre, würde Vater und Vorgänger Meri-ka-Ras sein, auf den dann Cheti V. Meri-ib-Ra gefolgt wäre. Somit ist Beginn und Ende der Dynastie auf bestreitbar sicheren Beinen rekonstruiert, aber für 13 Herrscher zwischen ihnen fehlt momentan jedes Kriterium der Zuordnung. Eine für die Geschichte des Mittleren Reiches noch bedeutend werdende Änderung wird in der Lehre für Meri-ka-Ra ebenfalls angesprochen: Nun setzt sich die Überführung von ehemals staatlichem Land in Privatbesitz durch – das jedoch nicht ohne Hintergedanken der Herrscher des Nordlandes: »Ein Freier, der mit einem Acker versorgt wird, der zahlt Steuern wie eine ganze Gruppe von Leuten.«144 Wahrscheinlich versucht man durch diese Ansicht die Missstände, wie sie in der 8. Dynastie entstanden sind (»Was ein Einzelner beherrscht hatte, ist nun in der Hand von zehn Leuten.«), zum Vorteil zu wenden. Jedenfalls hat die Schraube des immer weiter fortschreitenden Zerfalls, ja der regelrechten kleinteiligen Zersplitterung Ägyptens, begonnen – Gaue, Städte, private Ländereien. Das alles soll es den Herrschern des Mittleren Reiches unmöglich machen, die absolute Stellung des Königs im Alten Reich wiederzuerlangen. Sie werden gezwungen, andere und neue Wege zu finden, um ihre Position und ihre Macht im Land zu behaupten.
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Die 11. Dynastie der Thebaner (ca. 2119 – 2014 v. Chr.) Die Fürsten von Theben im 4. oberägyptischen Gau unterhalten enge, vielleicht sogar familiäre, Kontakte zu den Machthabern von Elephantine im 1. oberägyptischen Gau. Zwischen den gleichgesinnten, befreundeten Familien beherrscht der mit dem Nordland sympathisierende Fürst Anch-tifi den 2. und 3. oberägyptischen Gau und versorgt seine Gebiete während lang andauernder Hungersnöte (»Ganz Oberägypten starb vor Hunger. Jedermann aß seine Kinder.«145). An einen Zusammenschluss der südlichsten vier Gaue unter einer thebanischen Führung ist zu Anch-tifis Lebzeiten nicht zu denken gewesen. Der vor Selbstbewusstsein strotzende Anch-tifi wird im heutigen Moalla in einem Felsengrab beigesetzt, dessen Inschriften eine Ahnung von den Zuständen der Zeit geben und vor allen Dingen über das Selbstverständnis dieses Mannes staunen lassen. Bei der Betrachtung der Texte wird deutlich, dass sich Anch-tifi niemals unter irgendeine andere Herrschaft gestellt hätte als unter seine eigene: »Ich bin der Anfang der Menschen und das Ende der Menschen; einer, der die Entscheidung findet, wenn sie nottut, als einziger im Land, aufgrund klugen Planens; einer, der seiner Worte mächtig ist (. . .). Ich bin der Held ohnegleichen, der das zu Sagende sagt, wenn das Volk nicht zu sprechen wagt, in bangen Tagen, wenn Oberägypten verstummt ist. (. . .) Ja, ich habe übertroffen, was meine Vorfahren getan haben, und meine Nachfolger werden mich in allem, was ich gemacht habe, nicht erreichen.«146 In Theben residiert eine Familie von Fürsten, die den Namen Antef tragen und einen Gottesvater Mentu-hotep als ihren Ahnherrn verstehen. Der Name dieses Ahnherrn ist mit dem des falkenköpfigen Kriegsgottes Month gebildet, der im Gebiet von Theben verehrt wird und mit der 11. Dynastie zu großer Bedeutung gelangen soll. Ihre Gräber lassen sich die Fürsten als sog. Saff- oder Reihengräber im thebanischen Westgebirge, nahe dem modernen Dorf Et-Tarif anlegen. Diese Gräber bestehen aus bis zu 300 m langen und 75 m breiten Vorhöfen, die etwa 4 – 5 m in den Boden vertieft sind und an dessen Seitenwänden sich die Kammern der Untergebenen der Besitzer dieser Anlagen befinden. An einer Längswand führen eine Doppelreihe von 20 – 24 Pfeilern und ein mittig angelegter schmaler Korridor in eine Kultkammer mit zwei Pfeilern. Von hier aus geht ein Schacht in die Sargkammer ab. Die Gräber der Fürstenfamilie sind von mehr als 250 Privatgräbern umgeben. Die Impulse zur zweiten Einigung Ägyptens gehen wieder von dem Bereich des Nilbogens bei Qena aus – wie schon 2000 Jahre zuvor. So, wie damals die Naqada-Kultur ihren Siegeszug nach Norden und Süden beginnt, sind es nun die thebanischen Fürsten, die eine zweite Reichseinigung einleiten. Doch im Vergleich zur Zeit der Dämmerung der ägyptischen Geschichte sehen sich die Akteure in Theben nun einer feindlichen nördlichen Macht, den Herakleopoliten, gegen-
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© 2005 Michael Sohn
Erster Katarakt
Ungefähre Grenzen der oberägyptischen Gaue.
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über, deren Macht bis südlich von Assiut reicht, und pro-herakleopolitanisch eingestellten Fürsten südlich des thebanischen Bereiches. Theben und seine Verbündeten befinden sich also innerhalb der Schneiden einer kritischen Schere von Herakleopolis. Theben und seine Stadtfürsten wollen die von Herakleopolis angestrebte Oberhoheit über Ägypten nicht anerkennen und schalten die südlichen pro-herakleopolitanisch eingestellten Fürsten aus. Mit nubischen Söldnertruppen wird die innerägyptische Grenze südlich von Assiut umkämpft, bis es Mentu-hotep II. gelingt, seine Gegner zu überrennen und die Königswürde über ganz Ägypten anzunehmen. Antef I./Horus Seher-Taui (bis ca. 2103 v. Chr.) Antef I. mit dem Horusnamen Seher-taui ist der erste thebanische Fürst, der den Königstitel annimmt und damit ein Gegenreich zu Chetis Königshaus von Herakleopolis aufbaut. Doch weder er noch seine Nachfolger bis Mentu-hotep II. führen die vollständige, aus fünf Namen bestehende Königstitulatur, wie sie im Alten Reich entwickelt worden ist. Er lässt nur seinen Sohn des Ra-Namen in einer Kartusche schreiben und legt sich fortan einen Horus-Namen zu. Wahrscheinlich übernimmt er zum thebanischen Kerngebiet das zuvor noch von Anch-tifi beherrschte Gebiet im Süden und kann nun die geplante Koalition mit dem 1. oberägyptischen Gau eingehen. Nördlich scheint sein Einfluss bis nach Dendera im 6. oberägyptischen Gau gereicht zu haben. Wie lange seine Regierung währt, ist nicht bekannt. Antef II./Horus Wah-Anch (ca. 2103 – 2054 v. Chr.) Antef II. (Abb. 26) folgt auf seinen Bruder Antef I. und hat sich in seiner langen Regierung besonders zwei innenpolitische Aufgaben gestellt: Die Sicherung seines Einflussgebietes in Oberägypten, das noch immer von Hungernöten geplagt wird, und das sukzessive militärische Vordringen in das Gebiet des nördlichen Nachbarn. Das Herrschaftsgebiet von Antef II. erstreckt sich zu Beginn seiner Regierung von Elephantine im Süden bis zum 7. oberägyptischen Gau, einschließlich der Stadt Abydos im 8. Gau (Abb. 23, 25). Noch in der ersten Hälfte seiner Regierung kann Antef II. mit seinen Truppen Thinis, die Hauptstadt des 8. Gaues, einnehmen. Der herakleopolitanische Herrscher Cheti IV./Neb-kau-Ra, der vermutete Verfasser der Lehre für Meri-ka-Ra, ist Zeitgenosse und Kontrahent von Antef II. Bei Abydos, im 8., sog. thinitischen Gau, kommt es zu verheerenden Schlachten auf dem thebanischen Weg nach Norden. Cheti muss in dieses Gebiet gestoßen sein, um die thebanische Allianz zu zerschmettern. Dabei kommt es zu der Zerstörung des Königsfriedhofes der 1. Dynastie, von der auch die Lehre berichtet: »Sieh, eine schändliche Tat geschah zu meiner Zeit, geplündert wurden die
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Abb. 26 Rekonstruktion der sog. Hunde-Stele des thebanischen Fürsten Antef II. (11. Dynastie, die Originale befinden sich im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst München, Inv.-Nr. ÄS 7117 [Kopf des Antef] und dem Ägyptischen Museum Kairo, Inv.-Nr. CG 20512).
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Friedhöfe im Gau von This. Es geschah jedenfalls als meine Tat, obwohl ich erst davon erfuhr, als es geschehen war.«147 Die Königsgräber von Umm el-Qaab zeigen heute starke Feuerschäden. Die 4 m starke Ziegelauskleidung im Grab des Dewen beispielsweise ist vollständig rot verbrannt, was auf eine gewaltige Feuersbrunst schließen lässt, die verheerend im Innern der Anlagen gewütet hat. Cheti kann durch die Unterstützung des Fürsten von Siut im 13. oberägyptischen Gau in diesen verheerenden Schlachten die Hauptstadt Thinis (oder auch This) zunächst wieder zurückgewinnen. Jedoch wird Antef II. nur kurz zurückgeworfen – er greift Thinis erneut an, erobert die Stadt nun definitiv und dehnt später in einem weiteren Feldzug die nördliche Grenze bis zum 10. oberägyptischen Gau aus. Dieser Schritt bringt ihn in die unmittelbare Nähe der Fürsten von Siut, die ihm in Mittelägypten eine zunächst nicht zu überwindende Barriere stellen. Nach der Ausdehnung des thebanischen Einflussgebietes versteht sich Antef II. bereits als König von Ober- und Unterägypten. Besonders deutlich wird diese Auffassung an den Darstellungen des lokalen Führers, die ihn mit einem Uräus, der aufgebäumten Kobra, dem Herrschaftssymbol des nördlichen Unterägypten, abbilden (Abb. 26).148 Von Antef II. stammen die ältesten belegbaren Spuren des Amun-Tempels von Karnak bei Theben, der für die weitere Zukunft des Landes bestimmend sein wird. Antef III./Horus Neb-tep-Nefer (ca. 2054 – 2046 v. Chr.) Die politische Situation bleibt während der relativ kurzen und eher friedlichen Regierung Antefs III. unverändert. Nach seinem Tod tritt Antefs Sohn Mentu-hotep II. an die Spitze der thebanischen Koalition. Zwischen seinem 30. und 34. Regierungsjahr steht er König Cheti V./Meri-ib-Ra, dem Herrscher des Nordlandes, in einem letzten Kampf um die Einheit Ägyptens gegenüber. Mentu-hotep II. (ca. 2046 – 1995 v. Chr.) Mentu-hotep II. gelingt eine Besetzung Siuts, die anfänglich zurückgeschlagen werden kann, doch dann nicht mehr zu vermeiden ist. Durch die enge Verbundenheit mit dem Fürstenhaus von Elephantine stehen Mentu-hotep nubische Bogenschützen zur Verfügung, mit deren Hilfe er die Fürsten von Siut besiegen und deren Barriere zum Nordland zerschlagen kann. Nachdem die Stadt Siut, der Sperrriegel des Nordreiches, endgültig gebrochen ist, stellt das restliche Gebiet keine große kriegerische Herausforderung mehr für Mentu-hotep II. dar. Der Fürst von Hermopolis etwa wechselt angesichts der thebanischen Übermacht schnell auf deren Seite. Die Residenz in Herakleopolis und das Delta werden nun, etwa im Jahre 2014 v. Chr., eingenommen und das Land am Nil wieder geeint.
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ii. das alte reich und die sog. erste zwischenzeit
III. Das Mittlere Reich
(11. – 12. Dynastie, ca. 1976 – 1794 v. Chr.)
und die sog. Zweite Zwischenzeit (13. – 17. Dynastie, ca. 1794 – 1550 v. Chr.)
Ägyptens zweite Reichseinigung Die thebanische 11. Dynastie als neue Reichsdynastie (ca. 2014 – 1976 v. Chr.) Mentu-hotep II. (ca. 2046 – 1995 v. Chr.) Mentu-hotep II. ist der Sohn Antefs III. mit dessen Frau Iah. Als erster der thebanischen Herrscher nimmt er die vollständige, aus fünf Namen bestehende Königstitulatur an und ist nach über 200 Jahren der erste Regent, der über ein geeintes Ägypten herrschen kann. Etwa zwischen seinem 30. und 34. Regierungsjahr führt er die Einheit des Landes herbei und regiert noch ungefähr 19 Jahre über das gesamte Land. Die Oasen schließen sich politisch dem Niltal an und die Kontakte zum Libanon werden wieder aufgenommen. Auch Unternubien gerät wieder in das Interesse eines ägyptischen Königs. Mentu-hotep ändert innerhalb seiner 51-jährigen Herrschaft zunächst als Führer der thebanischen Koalition und dann als König Ägyptens mindestens zweimal seinen Horus-Namen. Die Umbenennungen machen aus Horus Seanch-ib-taui (Der das Herz der Beiden Länder leben lässt) Horus Netjeri-hedjet (Göttlich an Weißer [d. i. oberägyptischer] Krone) und schließlich Sema-taui (Vereiniger der Beiden Länder). An den Veränderungen des Horus-Namens lassen sich gut die Etappen auf Mentu-hoteps Weg zum Königtum nachzeichnen. Die Reichseinigung ist die Leistung, für die ihn die Könige späterer Generationen ehren. Noch im Ramesseum, dem Totentempel des rund 750 Jahre später herrschenden Ramses II., sind in einer Darstellung die Reichseiniger Ägyptens gemeinsam verewigt: König Meni, der legendäre König, der das Land zum ersten Mal vereint, Mentu-hotep II., der Begründer des Mittleren Reiches und Ahmose, der die dritte Reichseinigung vollziehen kann und das Neue Reich gründet. Mentu-hoteps Bauprogramm beschränkt sich auf das oberägyptische Gebiet zwischen Abydos und Elephantine. In Et-Tôd und Armant lässt er Tempel für Month errichten, die sein Sohn später weiterbaut. Das ehemalige Nordland wird nicht mit Gebäuden bedacht. Auch verlegt er die Residenz und die Nekropole seiner Vorfahren nicht nach Norden, sondern residiert weiterhin in Theben.
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iii. das mittlere reich und die sog. zweite zwischenzeit
Der Tempel des Mentu-hotep Sein Grab befindet sich ganz in der Nähe der Saff-Gräber seiner Vorfahren. Im Talkessel von Deir el-Bahari legt er einen Komplex an, der richtungsweisend für den rund 550 Jahre jüngeren Totentempel der Königin Hatschepsut werden soll (Abb. 27, 28). Mentu-hoteps Anlage besitzt, wie die Pyramiden des Alten Reiches, einen Taltempel im Fruchtland und einen 1,2 km langen und 46 m breiten Aufweg, der jedoch nicht mehr gedeckt ist. Dieser Aufweg führt in einen Hof mit Gartenanlagen und Statuen des Königs. Westlich erhebt sich der Totentempel, der terrassenartig aufgebaut ist. Im unteren Teil befindet sich eine Vorhalle mit einer Doppelreihe von Pfeilern. Diese erweckt den Eindruck eines Saff-Grabes. Über eine Rampe erreicht man die obere Terrasse des Gebäudes, die von einem pfeilerumstandenen Nachbau des Urhügels dominiert ist, der den Oberbauten der Königsgräber in Abydos geähnelt haben muss. Dieser Teil des Tempels ist dem Gott Month-Ra geweiht, einer Verschmelzung des thebanischen Kriegsgottes Month, dem Patron der zweiten Reichseinigung, und dem alten Sonnengott Ra aus Heliopolis, mit dem die 11. Dynastie eine Annäherung an die große Vergangenheit Ägyptens sucht. Weiter westlich gelangt man über einen Hof in eine Pfeilerhalle, die den Zugang zum Grab des Königs bildet, das 150 m tief im Berg angelegt worden ist. Mentu-hoteps berühmte Sitzfigur (Ägyptisches Museum Kairo, Inv.-Nr. JE 36195), die den König in einem weißen Mantel mit Roter Krone und schwarzer Hautfarbe zeigt, findet sich in einer Kammer, die offenbar während einer früheren Bauphase
Abb. 27 Theben-West. Rekonstruktion des terrassenartig aufgebauten Tempelgrabes von Mentu-hotep II. (11. Dynastie) mit dem Tempelgarten.
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Abb. 28 Theben-West. Der Totentempel der Hatschepsut (18. Dynastie) schmiegt sich terrassenförmig in den Talkessel von Deir el-Bahari. Links daneben befinden sich die Ruinen des ähnlich aufgebauten Tempels von Mentu-hotep II. (11. Dynastie). Hinter der Felswand erstreckt sich das Tal der Könige, die markante Bergspitze im Hintergrund ist die natürliche Pyramide, die den königlichen Friedhof bekrönt.
als Sargkammer hätte dienen sollen und die zu einem späteren Zeitpunkt wieder verworfen wird. Gemeinsam mit einem leeren Sarg wird diese Statue hier beigesetzt. Da die dunkle Hautfarbe das Attribut des Osiris ist, hat in dieser verlassenen Kammer wohl eine Art Osiris-Beisetzung stattgefunden. Aus verschiedenen Hinweisen wird deutlich, dass Mentu-hotep II. bereits zu Lebzeiten göttliche Verehrung genießt. Mentu-hotep III. (ca. 1995 – 1983 v. Chr.) Mentu-hotep III. ist der Sohn seines großen Vorgängers. Im 8. Regierungsjahr entsendet er eine Expedition von 3000 Männern durch das Wadi Hammamat zum Roten Meer, von wo aus sie mit Schiffen zum Weihrauchland Punt an der Somaliaküste aufbrechen.
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iii. das mittlere reich und die sog. zweite zwischenzeit
Von diesem König ist ein begonnener Terrassentempel südlich dem seines Vaters und das sog. Horus-Nest, ein auf einer prominenten Ausbildung (Thot Hill) des thebanischen Westgebirges dem Gott Month-Ra geweihtes Heiligtum, das auf das Gebiet des Tempels von Karnak ausgerichtet ist. Sein Bauprogramm bleibt ebenfalls auf den oberägyptischen Bereich zwischen Abydos und Elephantine beschränkt, was offensichtlich allmählich den Unmut der anderen Landesteile aufkommen lässt. Von einer Hungersnot während der 12-jährigen Regierung Mentu-hoteps III. zeugen die Briefe des Heqa-nacht. Dieser ist Landbesitzer und stammt aus der Thebais. Er verbringt lange Zeit irgendwo im Süden zwischen dem 1. und 4. oberägyptischen Gau und lässt seiner Familie briefliche Nachrichten zukommen. In seinen Briefen klingt eine Hungersnot an, die ähnliche Auswüchse angenommen hat, wie sie bereits von Anch-tifi beschrieben worden sind. Deshalb ermahnt er seine Verwandten und Untergebene inständig, die Essensrationen strengstens einzuteilen: »Seht, ihr seid wie jemand, der (zuerst) isst, bis er satt ist und der (dann) hungert, bis seine beiden Augen schielen! Seht, das gesamte Land ist tot, (während) ihr nicht gehungert habt! (. . .) Seht, man sagt, Hungrige sind gegen Hungrige! Seht, man hat damit begonnen, hier Menschen zu essen! Seht, nicht pflegt man ihnen (den Hungernden hier) an irgendwelchen Orten Rationen auszuteilen!«149 Scheinbar wird auch Mentu-hotep III. göttlich verehrt, doch dieses wohl erst nach seinem Tod. Mentu-hotep IV. (ca. 1983 – 1976 v. Chr.) Eine traurige Bewandtnis hat es mit dem Namen Mentu-hoteps IV. auf sich, von dessen Regierung kein höheres Datum als das Jahr 2 bekannt ist. Von den meisten späteren Chronisten der verschiedenen Königslisten wird Mentu-hotep IV. einfach übergangen. Nur die Königsliste Amenophis’ II. aus Karnak bewahrt seinen – allerdings beschädigten – Namen. Der Turiner Königspapyrus beendet die 11. Dynastie nach Mentu-hotep III. und fügt sieben träge (ausgefallene) Jahre ein, die keinem Herrscher zugeordnet werden. Offensichtlich handelt es sich bei dem Ende der 11. Dynastie um einen Zeitraum, dessen Geschehnisse man ungenannt lassen will. Ob außer Mentu-hotep IV. noch weitere Könige der 11. Dynastie einer Verfolgung ihres Andenkens, einer sog. damnatio memoriae, zum Opfer gefallen sein können, lässt sich nicht sagen. Eine andere Möglichkeit, diese trägen Jahre zu erklären, können lang anhaltende Wirren um die Nachfolge des wahrscheinlich kinderlosen Pharao gewesen sein, von dem nicht ausgeschlossen werden kann, dass er von der Nachwelt mit Missbilligung betrachtet wird. Die Hauptquellen seiner Existenz bieten die Expeditionsgraffiti aus dem Wadi Hammamat und dem Wadi el-Hudi. Im 2. Regierungsjahr wird der Wesir Amenemhet damit betraut, das Material für den Sarkophag des Königs aus dem Wadi Hammamat zu holen. Mit 10 000
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Männern bewältigt er das Unternehmen und hinterlässt einen Graffiti-Zyklus von mehr als 30 Inschriften. Aus ihnen geht beispielsweise hervor, dass eine Gazelle für die Wahl des Steins verantwortlich ist, der als Deckel des Sarkophags dienen soll. Das Graffito berichtet vom »Kommen einer trächtigen Gazelle in großen Sprüngen, wobei ihr Gesicht auf die Menschen vor ihr gerichtet war (. . .), sie wendete sich überhaupt nicht zurück, bis sie an diesen hehren Berg kam, an diesen Stein, der noch an seiner Stelle lag für diesen Deckel dieses ‚Herrn des Lebens’ (d. i. der Sarkophag). Da gebar sie auf ihm; und diese Truppe des Königs sah zu (. . .). Es kann ja wahrhaftig nur die Majestät dieses hehren Gottes, des Herrn der Wüste, gewesen sein, der (hier) für seinen Sohn (Mentu-hotep IV.), er lebe ewig, gewirkt hat, damit er (der König) sich freue. Möge er immer und ewig auf seinem Thron leben und Millionen von Sedfesten feiern.«150 Ein weiteres Mal geschieht etwas sehr Bemerkenswertes im Wadi Hammamat, diesmal ist es die »Entdeckung eines Brunnens mitten im Wadi: Zehn Ellen auf zehn Ellen (etwa 28 m2), dessen ganze Oberfläche mit Wasser angefüllt war, bis zu seinen Rändern, der (dazu) sauber war, der vor dem Wild geschützt (. . .) war (. . .); und doch hatte ihn kein Auge gesehen, und doch war keines Menschen Blick auf ihn gefallen. Seine Öffnung (geschah), für Seine Majestät selbst. Er (der Gott) hatte sie nämlich verborgen gehalten (. . .). Oberägypten und Unterägypten, sie sollen ihren Kopf zur Erde neigen, sie sollen die Herrlichkeit seiner Majestät immer und ewig preisen!«151 Die häufig geäußerte Vermutung, der ausgesandte Wesir Amenemhet, der die Nachfolge seines Königs antritt und die 12. Dynastie gründet, habe nach der Rückkehr aus dem Wadi Hammamat einen Putsch vorbereitet und Mentu-hotep abgesetzt, ist nicht haltbar. Ganz im Gegenteil, sucht Amenemhet doch stets die Legitimation zu seinem Vorgänger, lässt seinen Namen nachträglich auf einem Gefäß des Mentu-hotep einfügen und verfolgt offensichtlich auch nicht dessen Andenken – die Graffiti im Wadi Hammamat hätte er sicher beseitigen lassen. Denn diese Texte nennen den König und bezeugen eine höchst loyale Haltung des selbstbewussten Wesirs gegenüber seinem König, wie auch ein weiteres Graffito festhält. Für viel wahrscheinlicher halte ich, dass die noch von Heqa-nacht erwähnten Hungersnöte bis in die Zeit Mentu-hoteps IV. andauern und es zu bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen in Ägypten gekommen ist – ja vielleicht hat man das Problem in Oberägypten seit Anch-tifis Zeiten nicht richtig in den Griff bekommen können. In Unternubien tritt offensichtlich ein Gegenkönigtum zu Mentu-hotep IV. in Erscheinung, das die Königsnamen Ini, Ii-ib-chenet-Ra und Seger-seni bewahrt hat. Auch der Norden, der z. B. von der Baupolitik der Könige der 11. Dynastie praktisch ausgeschlossen worden ist, scheint aufbegehrt zu haben. Eine fatale Situation ist entstanden, die leicht ein Abrutschen in eine partikularistische Zersplitterung des Landes hätte führen können, aus der Ägypten gerade erst er-
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wachsen ist. Nur das entschiedene Eingreifen des nun mächtigsten Mannes im Staat kann schlimmere Folgen verhüten. Mentu-hotep IV. ist wahrscheinlich sehr früh verstorben und hat keinen Nachfolger hinterlassen. Spätere Generationen könnten ihn als einen schwachen und unbedeutenden Herrscher verstanden und die Überlieferung seines Namens in den Königslisten abgebrochen haben. Von der Bautätigkeit dieses Königs hat sich nichts erhalten können – nicht einmal ein Grab kann ihm bislang zugeschrieben werden. Ein Text aus der 12. Dynastie reflektiert diese Situation, scheint jedoch die Zeit vor und nach der 11. Dynastie zu vermischen. Die Rahmenhandlung der Prophezeiungen des Neferti ist ins Alte Reich zurückprojiziert, in die Regierung des Snofru, als das Gottkönigtum noch über Ägypten herrscht. Neferti beschreibt dem König das Land, wie es einmal werden wird und entwirft Schreckensszenarien, an deren Ende ein strahlender Hoffnungsschimmer zu erkennen ist: »Aber ein König des Südens wird kommen, Ameni mit Namen, Sohn einer Frau des 1. oberägyptischen Gaues und ein Kind Oberägyptens ist er. Er wird die Weiße Krone nehmen und wird die Rote Krone tragen (. . .). Freut euch, ihr Menschen seiner Zeit, (denn) der Sohn guter Herkunft wird sich einen Namen machen bis in alle Ewigkeit!«152 Dieser angekündigte Retter ist der Wesir Amenemhet. Er übernimmt die Regierung und ordnet das Land, wie es prophezeit worden ist. Amenemhet gründet die 12. Dynastie, und er und seine Nachfolger führen Ägypten zu neuer Blüte.
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Expansion und Propagandaliteratur Die 12. Dynastie (ca. 1976 – 1795 v. Chr.) Das Mittlere Reich versucht spürbar, an die Strukturen des Alten Reiches anzuknüpfen und die Erste Zwischenzeit weitestgehend zu ignorieren. Dazu muss das mächtige Königtum der Vergangenheit wieder etabliert und die einstige Größe innen- und außenpolitisch wiederhergestellt werden. Große Schwierigkeiten bereitet dabei der langsame Zersetzungsprozess noch während des Alten Reiches, weshalb man im Mittleren Reich ausdrücklich die Annäherung an die 4. Dynastie und besonders zu Snofru anstrebt. So werden etwa die Pyramiden, das Königsgrab der vergangenen Epoche, wieder aufgenommen, und die memphitische Nekropole erneut als aktueller Königsfriedhof genutzt. Die Vergangenheit hat den Herrschern der 12. Dynastie gezeigt, wie zerbrechlich Macht sein kann, wenn die Position des Königs nicht fraglos feststeht und den Beamten in der Provinz zu viele Freiheiten zugestanden und diese zu wenig kontrolliert werden. Das Bild eines Königtums muss erschaffen werden, das – nach den Vorgaben des Alten Reiches – vor allem von der absoluten Loyalität der Untertanen bestimmt wird. Zudem muss eine Möglichkeit gefunden werden, die neuen Richtlinien wirkungsvoll »unter das Volk« zu bringen – Propaganda muss zielsicher angebracht werden. Beide Landesteile müssen gleichberechtigt und gleichmäßig mit Bauten und Aufmerksamkeit bedacht werden. Den Hungerkatastrophen der jüngsten Vergangenheit muss entgegengetreten werden, damit die Vorstellungen vom Königtum effektiv durchgesetzt werden können und auf fruchtbaren Boden fallen. Dazu wird die Oase Fajum in einem groß angelegten Projekt, das fast die gesamte Dynastie beansprucht, für die Landwirtschaft nutzbar gemacht. Nubien, das Goldland des Alten Reiches muss als Handelspartner wieder aktiviert werden. Im Nordosten muss der ständigen Einwanderungswelle aus Vorderasien endlich ein Riegel vorgeschoben werden. Auch die Bildnisse des Königs sollen anders werden – lebendiger, eindringlicher, authentischer. Das Problem der Nachfolge muss grundlegend beseitigt werden, gerade Amenemhet I. hat wahrscheinlich das Chaos am eigenen Leib erfahren, das ein vakanter Königsthron auslösen kann. Dass man sich am frühen Alten Reich orientiert, einer Zeit, in der das Königtum noch uneingeschränkt Gottkönigtum ist, ist verständlich
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und hat m. E. nichts mit dem Bedürfnis der Legitimation zu tun. Große Schwierigkeiten hat die frühe 12. Dynastie allerdings, was die Legitimation ihres ersten Königs angeht. Amenemhet I., von Geburt aus nicht königlich, hat offensichtlich große Ängste, dass seine Dynastie ebenso kurzlebig wie die gerade vergangene 11. Dynastie sein könnte. Aus diesem Grund setzt er viele Neuerungen durch. Amenemhet I. (ca. 1976 – 1947 v. Chr.) Mentu-hotep IV. stirbt möglicherweise ohne dass er einen Nachfolger hinterlassen hat. So besteigt der nach dem Pharao ranghöchste Mann im Land den Thron Ägyptens – sicher nicht, ohne auf massive Widerstände in der weitverzweigten und mächtigen Beamtenschaft gestoßen zu sein. Dass der Wesir den König stürzt ist auszuschließen, denn wir wissen aus späteren Regierungen, beispielsweise des Eje oder des Haremhab in der 18. Dynastie, dass die Wesire die Königswürde annehmen, wenn keine leiblichen Kinder des Pharaos existieren. Amenemhet I. (Amun ist an der Spitze) trägt einen Namen, der ihn durch die Erwähnung des Gottes Amun mit dem Großraum Theben, der sog. Thebais, in Verbindung bringt. Insbesondere seine glanzvolle Karriere am Königshof der 11. Dynastie zeugt von seiner Herkunft aus diesem Gebiet. Als seine Eltern sind der Gottesvater Sesostris und eine Frau namens Neferet bekannt. Aus einer angesehenen Familie stammend, beginnt er eine Karriere am Hof der 11. Dynastie und steigt unter Mentuhotep IV. zum Wesir auf. Die Wiederholung der Geburten Amenemhet I. gründet eine neue Hauptstadt mit dem Namen Itji-taui ([Amenemhet] hat die Beiden Länder ergriffen). Die Stadt kann bislang nicht archäologisch nachgewiesen werden, doch dürfte sie unweit seiner Pyramide bei Lischt gelegen haben. Somit ist eine Lage etwa auf halber Strecke zwischen Dahschur und Meidum anzunehmen. Durch die Nähe zum Residenzbereich der Vergangenheit strebt Amenemhet eine Annäherung an die Epoche des Alten Reiches und speziell zu König Snofru aus der 4. Dynastie an. Theben verliert dadurch seine politische Wichtigkeit, soll aber ein außergewöhnliches Zentrum der religiösen Verehrung des Gottes Amun bleiben und damit zu einer Art zweiter Hauptstadt werden. Auch in der Gestalt des relativ neu auftretenden Gottes ist die Dualität des Landes deutlich ablesbar, denn Amun verschmilzt bereits unter Amenemhet I. mit dem Sonnengott Ra aus dem nördlichen Heliopolis, dem Reichsgott des Alten Reiches, zu Amun-Ra. Möchte man die Politik Amenemhets I. unter ein Motto stellen, so sind es insbesondere zwei Bestrebungen, die seine 29-jährige Regierung charakterisieren: Aussöhnung im Innern und die Sicherung nach außen.
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Die Politik der Aussöhnung im Innern Während der Ersten Zwischenzeit haben sich im Land gewaltige Gegensätze gebildet, die in der 11. Dynastie nicht aufgelöst werden können. Immer noch stehen sich die beiden Machtblöcke von Herakleopolis und Theben gegenüber, aber auch zwischen dem Königtum und dem Provinzadel ist noch keine klare Machtverteilung zu erkennen. Amenemhet ändert diese Verhältnisse, indem er die Gaufürsten zu Beamten mit deutlich beschnittenen Befugnissen macht, wie sich an ihren Titeln ablesen lässt. Zudem wird die besondere Bindung, die ein Gaufürst seit der 8. Dynastie als Vorsteher der Priester an den Stadtgott der Gauhauptstadt hat, abgebrochen. Jedoch haben sich schon während der 8. Dynastie anstelle der Gaue die Städte als neue Mächte etabliert. In der südlichen Landeshälfte ist es während der Ersten Zwischenzeit durch rivalisierende Anführer zu einer raschen Auflösung der Gaugefüge gekommen. Die Gauhauptstädte sind zu den eigentlich wichtigen »Operationsbasen«153 avanciert. In der 11. Dynastie beginnt man damit, sich hauptsächlich an diesen Städten zu orientieren, wozu man das Amt eines aus der Residenz entsandten militärischen Stadtkommandanten einführt. Amenemhet versucht nun, beide Traditionsstränge miteinander in Einklang zu bringen: Parallel zu den Städten und ihren Kommandanten belebt er den Gedanken der Gauverwaltung des Alten Reiches neu. Er setzt die geografische Ausdehnung der Gaue, die sich im Laufe der Zeit verschoben hat, auf den status quo des Alten Reiches zurück. Somit gibt es zwei Verwaltungsstränge – die der Städte und die der Gaue. In der Biografie des Chnum-hotep II. in seinem Grab in Beni Hassan wird die Amtseinsetzung seines Großvaters Chnum-hotep I. und die »Größenkorrektur« des Gaues erwähnt: »Dann setzte er (Amenemhet I.) ihn (Chnum-hotep I.) als (. . .) Großes Gauoberhaupt des 16. oberägyptischen Gaues ein. Er stellte Stelen auf, die südliche als seine Grenze gegen den 15. oberägyptischen Gau, seine nördliche gegen den 17. oberägyptischen Gau (...).«154 Da Chnum-hotep I. aber auch Stadtkommandant der Hauptstadt des Gazellengaus (16. oberägyptischer Gau) ist, ist die Einteilung der Verwaltung in zwei eigentlich separate Bereiche hier, wie auch in einigen anderen mittelägyptischen Gauen Ägyptens, aufgehoben worden. Der Provinzadel kann allerdings unter Amenemhet seine Macht besonders in Mittelägypten (Beni Hassan, El-Berscheh, Meir, Assiut) und Elephantine sichern, und führt dort teilweise sogar Jahreszählungen nach den eigenen Amtsjahren – unabhängig von den Jahreszählungen des Königs – durch. Offensichtlich will oder muss Amenemhet im innenpolitischen Bereich auf sehr diplomatischen Wegen bleiben, denn etwa die Fürsten von Hermopolis sind wegen der Alabastersteinbrüche in ihrem Gebiet und die von Elephantine wegen der Exportwaren aus Nubien und des Granits dieser Region besonders wichtig für die Könige der frühen 12. Dynastie.
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Die Sicherung nach außen Unter Amenemhet I. beginnt die Ausweitung und Sicherung des ägyptischen Einflussgebietes (Abb. 23). Wahrscheinlich sind die ägyptischen Goldminen der östlichen Wüste bei Koptos zur Zeit des frühen Mittleren Reiches fast schon ausgebeutet, sodass sich Ägypten den Zugang zu den nubischen Vorkommen sichern muss. Zu diesem Zeitpunkt wird wohl die gewaltige Festung von Buhen am 2. Katarakt angelegt, die im Neuen Reich noch weiter ausgebaut werden soll. Buhen ist Teil einer ganzen Reihe befestigter Stützpunkte, die den Zugang und den Besitz der nubischen Steinbrüche und Goldminen sichern und verteidigen sollen. Nubien nimmt diese Annexion nicht ohne Weiteres hin und organisiert mindestens einen Aufstand, den Amenemhet I. laut einer Inschrift bei Korosko in seinem 29. Regierungsjahr niederschlägt. Im Norden sichert Amenemhet die Grenze gegen umherziehende vorderasiatische Beduinen durch die bei Neferti erwähnte Fürstenmauer. Dabei handelt es sich um ein System von Befestigungsanlagen, »um die Asiaten nicht nach Ägypten hineinzulassen; demütig sollen sie um Wasser flehen, um ihre Herden zu tränken.«155 Eine Problemzone ist weiterhin der Westrand des Deltas, auf den immer wieder kriegerische libysche Stämme ausgreifen und wo ein Befestigungssystem wie die Fürstenmauer nicht hergestellt wird. Hier ist man gezwungen, durch permanente Patrouillen diese Grenze zu sichern. Unter dem General Nisu-Month wird zudem eine Strafexpedition gegen Beduinen auf dem Weg zum Sinai durchgeführt, der mit seinen Kupfer- und Türkisminen unter ägyptische Kontrolle gestellt wird. Die Sicherungspolitik Amenemhets sieht die vorderasiatischen Gebiete nicht vor, weil die wichtigen Handelsrouten nach Syrien vorrangig über See führen. Die fünfteilige Titulatur Amenemhets I. wandelt sich im Laufe seiner Herrschaft. In seiner zweiten Regierungshälfte, nachdem es Amenemhet gelungen ist, das Land innen- und außenpolitisch zu sichern und den Schöpfungsakt der ersten Reichseinigung seiner Meinung nach zu wiederholen, versteht er sich als Wiederholer der Geburten (d. i. die Schöpfung des Landes) und ändert drei seiner Namen in diesen einen um. »Ich habe den Anfang gemacht und knüpfe dir nun das Ende an . . .« – Die erste Mitregentschaft Ägyptens Zwei Texte werden in der Vergangenheit dazu herangezogen, den Tod Amenemhets I. als einen gelungenen Mordanschlag seines engsten Umfeldes anzusehen: Die Lehre Amenemhets I. für seinen Sohn und die Erzählung des Sinuhe. Die Lehre wird bislang als posthumes Testament verstanden, das Amenemhet I. für seinen Sohn Sesostris abgelegt hat, da ihn das Attentat völlig unerwartet aus dem
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Leben reißt, noch bevor er die Frage der Nachfolge hätte klären können: »Siehe, der Mord geschah, als ich ohne dich war, bevor der Hof gehört hatte, dass ich dir (die Herrschaft) übergeben wollte, bevor ich mit dir zusammen (auf dem Thron) gesessen hatte; hätte ich doch meine Angelegenheiten (vorher) geregelt!«156 Diese Aussage des toten Königs Amenemhets I. ist jedoch nicht richtig, denn viele Denkmäler bezeugen eine Doppelherrschaft zwischen ihm und seinem Sohn seit dem 21. Regierungsjahr, dem Jahr 1 des Sesostris. Wie ist nun aber die Intention dieses Textes zu verstehen, der sich offensichtlich über historische Fakten hinwegsetzt? Der König benutzt Literatur als sein Medium für Propaganda. Amenemhet hat eine tiefgreifende Änderung in dem fast 1000 Jahre bestehenden ägyptischen Königtum vor: Er will seinen Sohn Sesostris noch vor seinem Tod zum gleichzeitigen Herrscher über das Land machen. Das ist ein Plan, der mit den altägyptischen Vorstellungen vom Amt des Königs nicht zu vereinbaren ist. Bislang hat immer nur eine Verkörperung des Horus auf dem Thron des Landes gesessen, bis diese stirbt und mit Osiris, dem Gott der Unterwelt verschmilzt. Zumindest die intellektuellen Untertanen dürften irritiert gewesen sein, wenn nun zeitgleich zwei Horusfalken über sie gebieten würden. Die Situation verlangt es, dass Amenemhets I., um das Königtum und die von ihm neu begründete Dynastie zu schützen, auch vor neuen Wegen nicht zurückschreckt. Man darf nicht außer Acht lassen, dass die Position des Königs in der soeben entstandenen 12. Dynastie keinesfalls so gefestigt ist wie im frühen und hohen Alten Reich. Amenemhet kann nicht auf eine lange Reihe blutsverwandter Amtsvorgänger zurückblicken, sondern ist aus der Sicht des seit Generationen amtierenden Provinzadels ein homo novus, ein Emporkömmling. Um den Bestand seiner Dynastie zu sichern, muss er zu außergewöhnlichen Mitteln greifen. Die Gefahr liegt für Amenemhet sowohl außerhalb der Grenzen seines Reiches als auch innerhalb der einzelnen Distrikte Ägyptens, und auch – und darüber unterrichtet uns seine Lehre – innerhalb seines engsten und privatesten Kreises, inmitten seines Hofstaats. Aber scheinbar formuliert die Lehre die Schilderung eines hypothetischen »was-wäre-wenn . . .«, vermutlich nach einem missglückten Anschlag auf den König, um die neu geschaffene Position eines Mitregenten zu rechtfertigen.157 Die 12. Dynastie baut die Literatur zu ihrem Medium für Propagandazwecke auf. Texte werden in Auftrag gegeben, die jeder Intellektuelle dieser Zeit gelesen hat, die Prophezeiungen des Neferti ist nur einer davon. Diese Werke betonen u. a. immer wieder die goldenste aller Tugenden der Beamtenschaft – Loyalität dem König gegenüber. Die Lehre des Amenemhet ist nicht etwa ein posthum verfasstes Testament, sondern ein von Amenemhet I. bei dem Schreiber Cheti158 in Auftrag gegebener Propagandatext. Diese Schrift erläutert, dass der noch lebende König einem versuchten Attentat entkommen ist und dieses Ereignis dazu nutzt, gänzlich innovative Änderungen, die Amtsnachfolge betreffend, festzusetzen: »Als ich schnell die Waffen ergriff, habe ich diese Feiglinge zurückgetrieben. Es gibt aber
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(im Allgemeinen) keinen Tapferen in der Nacht, keinen, der allein kämpfen kann, eine erfolgreiche Tat gelingt nicht ohne Helfer. Sieh, der Anschlag geschah, als ich ohne dich war, bevor der Hof gehört hatte, dass ich dir vererbe, bevor wir zusammen gethront hatten. (Darum) will ich (jetzt) für dich sorgen, denn ich hatte es (die Mitregentschaft) nicht vorbereitet und nicht vorher bedacht, mein Herz hatte die Nachlässigkeit der Diener nicht bemerkt.«159 Die Intention Amenemhets I. kulminiert in der Aussage: »Ich habe den Anfang gemacht und knüpfe dir nun das Ende an (. . .). Dass ich in die Barke des Ra eingestiegen sein werde, ist, nachdem ein Königtum entstanden ist, das schon vorher existierte.« »In die Barke des Ra einsteigen« ist eine von vielen Umschreibungen für den Tod eines Königs, so meinte Amenemhet, wenn er stürbe, wäre (mittels der Mitregentschaft) eine Herrschaft etabliert, wie es sie schon im Alten Reich gegeben hat. So fällt Amenemhet I. nicht einem Attentat in seinem 30. Regierungsjahr zum Opfer, sondern entgeht einem solchen etwa zehn Jahre vor seinem Tod. Als Konsequenz darauf richtet er das Amt des Mitregenten für seinen Sohn Sesostris ein. Dieser übernimmt als jüngerer Herrscher alle eher kraftraubenden Verpflichtungen, während sich der ältere Partner etwas mehr zurückziehen kann. In der Beamtenschaft ist diese Vorgehensweise schon lange praktiziert worden und besteht darin, einen Nachfolger im Beamtenberuf, meistens den eigenen Sohn, schon zu Lebzeiten aufzubauen, und sich selbst aus der öffentlichen Verpflichtung herauszunehmen. Diese gängige Praxis nennt man Stab des Alters. Die Mitregentschaft eines Sohnes ist als dessen Lehrzeit, ja als dessen praktische Ausbildung im Beruf des Königs zu verstehen. Memphitische und thebanische Traditionen verschmelzen – Die Pyramide Amenemhets I. Amenemhet beginnt mit dem Bau seines Grabes erst in seinem zweiten Regierungsabschnitt, nachdem das Reich weitestgehend gefestigt ist. Seine Pyramide befindet sich nahe dem modernen Dorf Lischt, in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Pyramidenfeldern des Alten Reiches. Die Pyramide als Grabform, mit allen ihr eigenen Elementen wie Tal-, Totentempel und Aufweg, weisen ins Alte Reich, ebenso zeigen die wenigen erhaltenen Reliefs eine meisterliche Kopie von Vorbildern der längst vergangenen Epoche. Der Pyramidenkern wird aus kleinen, wenig bearbeiteten Blöcken des lokal anstehenden Kalksteins errichtet, Blöcke aus den Taltempeln und Aufwegen aus Giza und Saqqara werden zudem integriert, sodass uns beispielsweise Reliefs der Anlage des Cheops nur als Spolien u. a. in der Pyramide Amenemhets bekannt sind. Aber auch Elemente des Terrassentempels und -grabes Mentuhoteps II. im thebanischen Deir el-Bahari fließen in die Architektur der Pyramiden Amenem-
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Abb. 29 Theben. Sesostris I. (12. Dynastie) beim Brotopfer vor Min (Karnak-Tempel, Open-air Museum, chapelle blanche).
hets I. mit ein: Die Anlage befindet sich auf einem zweistufig terrassierten Areal, besitzt einen offenen Aufweg und einen in der Pyramidenmitte senkrecht abfallenden Schacht zur Grabkammer, die sich heute unter dem Grundwasserspiegel befindet. Durch die Verschmelzung der rein unterägyptischen Pyramide mit dem ursprünglich oberägyptischen Terrassenbau führt Amenemhet I. seine Politik der Aussöhnung im Innern bis zur Komposition seines Grabbaues fort. Sesostris I. (ca. 1956 – 1911 v. Chr.) Sesostris I. (Abb. 29) ist der Sohn seines Vorgängers und für fast 10 Jahre der erste Mitregent der ägyptischen Geschichte. Der Name seiner Königin ist Neferu, eine weitere heißt Ita-kait I. Als Kinder sind neben dem Prinz Amenemhet die Töchter Neferu-Ptah und Neferu-Sobek bekannt.
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Loyalität als Tugend der Beamtenschaft Der zweite Text, der stets mit dem angeblich erfolgreichen Königsmord in Verbindung gebracht wird, ist die Erzählung des Sinuhe, eines fiktiven Hofbeamten Amenemhets I. Sie beginnt mit dem tatsächlichen und natürlichen Tod dieses Königs: »Regierungsjahr 30 [von Amenemhet I.], 3. Monat der Überschwemmungs-Jahreszeit, Tag 7. (. . .) der König Se-hetep-ib-Ra [Amenemhet I.] wurde zum Himmel entrückt und vereinte sich mit der Sonne (. . .). Seine Majestät hatte Truppen nach Libyen ausgesandt unter dem Kommando seines ältesten Sohnes (. . .) Sesostris. Er war ausgeschickt worden, um die Fremdländer zu schlagen, um die Libyer zu bestrafen. Nun aber kam er zurück, nachdem er Gefangene von den Libyern erbeutet hatte und zahllose Herden von Vieh. Die Beamten des Palastes sandten Botschaften nach Westen, um den Königssohn über die Lage zu unterrichten, die im Königskabinett entstanden war (. . .).«160 Sinuhe hat mitbekommen, wie über den Tod des Königs gesprochen worden ist, und hat Hals über Kopf das Land verlassen. Warum aber flieht Sinuhe, wenn er doch unschuldig am Tod des Königs gewesen ist, wie er ausdrücklich beteuert? Was fürchtet er so sehr, dass er sogar Ägypten verlässt? Diese Frage haben sich schon die Kopisten dieses Textes im Neuen Reich gestellt und eine für sie befriedigende und sehr interessante Erklärung gefunden. In den jüngeren Abschriften versehen die Schreiber den Namen des Sinuhe mit einer Kartusche und verstehen ihn als Sohn Amenemhets, der einem Kampf um die Nachfolge mit seinem Bruder Sesostris aus dem Weg gehen will.161 Sesostris I. tritt in der Geschichte nach vielen Jahren mit dem geflüchteten Sinuhe in Kontakt, der seinen Lebensabend nicht fern der ägyptischen Heimat zubringen soll. Er lädt ihn ein, nach Hause zurückzukehren und belohnt die Treue des Beamten mit einem hochherrschaftlichen Lebensabend und einem Grab im Pyramidenbezirk. Auch wenn die Geschichte des Sinuhe rein fiktiv ist, so ist sie doch vom König in Auftrag gegeben worden und macht klare Aussagen zu den Absichten, die diese Texte bei den Lesern und Zuhörern verfolgen: Einem loyalen Beamten gegenüber erweist sich der Pharao immer gerecht. So fügt sich die Moral der Geschichte des Sinuhe nahtlos an die Maxime der unter Sesostris’ I. entstehenden sog. Loyalistische Lehre: »Verehrt den König in eurem Innern, betet zu ihm in euren Herzen (. . .). Er ist die Erkenntnis dessen, was in den Herzen ist, seine Augen durchschauen alle Leiber (. . .). Wem er seine Gunst schenkt, der wird Opfergaben erhalten, aber die sich ihm widersetzen, werden Habenichtse werden (. . .). Haltet euch frei von einer illoyalen Tat. Die dem König treu sind, werden eine Grabausstattung erhalten, aber es gibt kein Grab für den, der sich gegen Seine Majestät empört: Sein Leichnam wird ins Wasser geworfen (...). Ihr werdet es bestätigt finden immerdar.«162 Auf Elephantine bei Assuan beginnt unter Sesostris I. die kultische Verehrung des Pepi-nacht, der Heqa-ib genannt wird, ein hoher Beamten des Alten Reiches,
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dessen Wohnhaus zu einer Kultstätte für ihn umgebaut wird. Heqa-ib ist uns durch eine lange biografische Inschrift aus seinem Grab auf der Qubbet el-Hawa bekannt, in der er besonders seine Loyalität zum König preist. Diese Tugend eines Beamten am Ende des Alten Reiches trifft den Zeitgeist unter Sesostris I: Heqa-ib wird zum Sinnbild eines mustergültigen Beamten. Doch auch ein anderer den Königen der 12. Dynastie wichtiger Aspekt klingt in der Inschrift des Heqa-ib an – die Kontrolle über Nubien. Die Unterwerfung Nubiens wird fortgesetzt Unter Sesostris I. ist Gold offenbar endgültig nur noch aus Nubien zu gewinnen – eine Tatsache, die das südliche Nachbarland kostbar und verteidigungswürdig für die Macht am Nil macht. Allerdings hat sich in der Zeit, in der Ägypten sich im Partikularismus der Ersten Zwischenzeit ohne Kontrolle über Nubien befunden hat, in Obernubien die Kerma-Kultur und in Unternubien, im Bereich von Anîba, eine aggressive Volksgruppe mit der modernen Bezeichnung C-Gruppe entwickeln können. Diese C-Gruppe befindet sich zeitgleich mit der ägyptischen 12. Dynastie auf dem Höhepunkt ihrer Macht und leistet der ägyptischen Kolonisation erheblichen Widerstand. Bereits Amenemhet I. muss in seinem 29. Regierungsjahr militärisch gegen sie vorgehen und auch Sesostris hat einige Male mit ihnen zu tun: In seinem ersten Regierungsjahr, dem 21. Jahr seines Vaters, führt er bereits eine Razzia in Nubien durch. Im 4. Jahr wirft er Unternubien in einem Feldzug nieder. Eine weitere Expedition führt ihn im Jahr 7 wieder dorthin. Offensichtlich hat er als Mitregent seines Vaters die Aufgabe, sowohl den ägyptischen Einfluss im unternubischen Gebiet bis zum 2. Katarakt zu sichern als auch die Nordwest-Grenze Ägyptens zu verteidigen. Sesostris I. führt die aggressive Außenpolitik seines Vaters im Süden fort und vollendet die Unterwerfung Nubiens. Wahrscheinlich erfolgt der für Unternubien vernichtende Feldzug im 18. Regierungsjahr, bei dem Sesostris das Gebiet bis Buhen zerstört. Von diesem Zug berichtet wahrscheinlich der Gaufürst des Gazellengaus und Kommandant der Gauhauptstadt Menat-Cheops, Amenemhet, an den Türlaibungen seines Grabes in Beni Hassan: »Ich folgte meinem Herrn, als er stromauf segelte, um seine Feinde unter den vier Barbaren zu fällen. Ich segelte stromauf als (. . .) Vertreter meines alten Vaters, entsprechend seiner Gunst im Königshause und seiner Beliebtheit bei Hofe. Ich passierte Kusch (Obernubien) im Stromaufwärtssegeln und erreichte die Grenzen des Landes, ich brachte alle Erzeugnisse. Meine Gunst, sie erreichte den Himmel. Dann kehrte Seine Majestät glücklich heim, nachdem er seine Feinde in dem elenden Kusch gefällt hatte.«163 Somit sichert Sesostris die Wege zu den Goldminen des Wadi Allaqi, aber diese müssen durch zahlreiche Festungen bewacht werden, 17 dieser Anlagen sollen es
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am Ende des Mittleren Reiches gewesen sein. Im Gebiet des 2. Kataraktes stehen die Festungen auf Sichtweite beieinander, denn hier werden der Handel und die nach Ägypten einreisenden Nubier strengstens kontrolliert. Durch diesen gewaltigen Schlag von Sesostris I. hat Nubien die ägyptische Oberhoheit zu akzeptieren gelernt. Gigantische Festungen werden bei Qubân und Anîba angelegt und Sesostris dehnt den ägyptischen Einfluss weit über Buhen bis südlich des 3. Kataraktes aus und dringt nun erstmals in das Gebiet von Kusch (Obernubien) vor. Zuständiger Beamter für die südlichen Aktivitäten dieser Zeit ist Sarenput I. von Elephantine. Als Unterwerfer Nubiens wird Sesostris I. in dieser Region als Gott verehrt und bei seiner Residenz in Lischt hat man im Neuen Reich einen Kult für ihn eingerichtet. Doch während der König sehr viel Engagement in die Nubien-Politik investiert, führen ihn nur zwei Kampagnen, in seinem Jahr 4 und wahrscheinlich zwischen dem 10. und 16. Regierungsjahr, nach Palästina. Der größte Bauherr des Mittleren Reiches Die Bautätigkeit Sesostris’ I. erstreckt sich über fast ganz Ägypten: In nahezu jedem Tempel der großen Gottheiten des Landes hinterlässt er architektonische Spuren. Jeder bedeutende Gott wird von Sesostris I. mit Stiftungen bedacht. Etwa zu dieser Zeit kommt es auf, dass Könige und auch Beamte Statuen im Tempel aufstellen dürfen. Das führt dazu, dass im Gegensatz zum Alten Reich, in dem ausnahmslos alle Privatstatuen aus Gräbern stammen, nun der Hauptteil der Privatplastik in Tempeln zu finden ist. Dieses sichert den Stiftern der Statuen zum einen die Nähe zu einer Gottheit und zum anderen das konkrete Partizipieren an den Opfern für die Götter. Von Sesostris I. ist der nach Antef II. älteste noch greifbare Teil des Karnak-Tempels belegt. Auf einer Fläche, die von keinem seiner Nachfolger überbaut werden soll, sind noch heute die ältesten Gebäudereste dieses Areals mit dem modernen Namen »Hof des Mittleren Reiches« zu sehen. Zu seinem Jubiläums- oder Regenerationsfest, dem Sedfest, wird dem König eine Stationskapelle aus Kalkstein errichtet, die sog. chapelle blanche, die mit Reliefs von außerordentlicher Qualität versehen wird (Abb. 30). Sie zeigen Sesostris I. im kultischen Umgang u. a. mit dem falkenköpfigen Kriegsgott Month, dem Gott der Fruchtbarkeit Min und dem neuen Reichsgott Amun-Ra. Entlang des Sockels sind die 42 Gaue Ägyptens namentlich, mit ihren wichtigsten kultischen Einrichtungen und ihren geografischen Ausdehnungen verzeichnet, die Reliefverzierung dieser Kapelle gehört zu den detailfreudigsten Arbeiten des alten Ägypten. Zwei sich einander gegenüberliegende Treppenrampen führen zu einem Barkensockel im Innern der Kapelle hinauf. Die architektonischen Ähnlichkeiten zum Terrassentempel Mentu-hoteps II. sind dabei sicher nicht zufällig. Die chapelle blanche
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Abb. 30 Theben. Eine der meisterhaftesten Arbeiten der ägyptischen Kunstgeschichte: Die chapelle blanche von Sesostris I. (12. Dynastie) im Karnak-Tempel (Open-air Museum).
befindet sich ursprünglich auf dem Hof des Mittleren Reiches und wird etwa 550 Jahre später von den Architekten und Bauarbeitern Amenophis’ III. abgerissen, die sie für die Fundamente des 3. Pylons verwenden, wo sie gefunden und neu zusammengesetzt wird. Ebenfalls zu seinem ersten Sedfest lässt Sesostris I. im Ra-Tempel von Heliopolis zwei Obelisken errichten. Bei Abgîg im Fajum zeugt ein imposanter Pfeiler von seiner Bautätigkeit auch in diesem Gebiet und kündigt bereits das Interesse der späteren 12. Dynastie an dieser Landschaft an, die für den Ackerbau erschlossen werden soll, um Hungersnöte, dem Übel der Vergangenheit, entgegenzuwirken. Dementsprechende Arbeiten sind jedoch erst unter seinem Enkel Sesostris II. intensiv begonnen worden. Für all diese Projekte lässt Sesostris I. überdurchschnittlich viele Expeditionen in die Steinbrüche des Wadi Hammamat, des Wadi el-Hudi und von Hatnub unternehmen. Die Steinbruchexpedition des Jahres 38 ins Wadi Hammamat wird unter der Leitung des hohen Beamten Ameni durchgeführt, der für diese Aufgabe 17 000 Männer befehligt, die für die Ausschmückung königlicher Gebäude 60 Sphingen und 150 Statuen liefern sollen. Drei Jahre vor seinem Tod, in seinem 43. Regierungsjahr, setzt Sesostris I. seinen Sohn Amenemhet als Mitregenten ein und »knüpfte das Ende an«, wie es
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einst sein Vater mit ihm getan hat. Die Pyramide Sesostris’ I. befindet sich nur 2 km südlich der seines Vaters und wird in einer innovativen, schnelleren Bautechnik mit einem Skelett aus Kalksteinen errichtet, dessen Zwischenräume mit Schutt gefüllt und verblendet werden. Amenemhet II. (ca. 1914 – 1877/76) Nachdem er bereits drei Jahre als Mitregent seines Vaters Sesostris I. amtiert hat, kann Amenemhet II. 1914 v. Chr. die Alleinherrschaft antreten. Als Kinder sind die Prinzessinnen Ita, Chnumit, Sat-Hathor und Men-nebi bekannt. Blühender Handel und Frieden Innerhalb seiner 37-jährigen Regierung blüht der Handel mit den Nachbarländern spürbar auf. Minoische Keramik und kretische und babylonische Gegenstände finden sich in Ägypten, während in Kleinasien, in Ugarit, Byblos und auf Kreta Objekte ägyptischen Ursprungs entdeckt werden können, u. a. von Angehörigen der Königsfamilie. Ägypten importiert Silber und Lapislazuli aus dem vorderasiatischen Raum und bezieht über Punt die Waren aus Zentralafrika, von denen uns schon die Grabinschriften der Expeditionsleiter des Alten Reiches auf der Qubbet el-Hawa berichtet haben. Einen besonderen Fund stellt der als Gründungsbeigabe eines Tempels niedergelegte sog. Schatz von Et-Tôd aus der Regierung Amenemhets II. dar. Er ist heute zum Teil im Louvre in Paris zu besichtigen (Inv.-Nr. E 15128 – 15318) und wird in den Fundamenten des Heiligtums für den Kriegsgott Month entdeckt. Es handelt sich um eine Handelssendung aus Syrien, die in vier kupfernen Kisten Edelmetalle aus Kreta, Halbedelsteine, Bronze, Silber und Lapislazuli, teilweise bereits verarbeitet, zum Teil noch als Rohmaterial, zusammen mit Rollsiegeln der III. Dynastie von Ur aus Mesopotamien verpackt ist. Der unter Amenemhet II. amtierende Wesir ist Sesostris-Anch, von dem sich eine Statue in Ugarit findet. Der Gaufürst Thot-hotep vom Hasengau verfügt über so viel Macht und Einfluss, eine Statue von sich in Megiddo aufstellen zu lassen. Zahlreiche Expeditionen sind auf Amenemhet II. zurückzuführen, u. a. auf den Sinai und in den Libanon für die Beschaffung von Holz. Eine Art Strafexpedition scheint in den frühen Regierungsjahren in den vorderasiatischen Raum entsandt worden zu sein, »um zu zerhacken die Festungsanlage von Iuai und um zu zerhacken die Festungsanlage von Iasii«164, die nach vier Monaten siegreich mit Beute und 1554 Gefangenen wieder nach Ägypten zurückkehren kann. Eine Inspektion der Festungen von Wawat (Unternubien) wird von einem Beamten durchgeführt. Ägypten erlebt unter Amenemhet II. und seinem Nachfolger eine Zeit des Friedens, die besonders in der Entschlossenheit von Sesostris I. begründet liegt, die er in Nubien und Vorderasien demonstriert hat. Offensichtlich beginnt Ame-
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nemhet II. mit dem Bau der Festung von Mirgissa in Nubien, die ebenfalls nur handelspolitischen Zwecken dienen soll. Im 32. Regierungsjahr setzt Amenemhet II. seinen Sohn Sesostris als Mitregenten ein. Für seine Pyramide wählt Amenemhet Dahschur, ein Pyramidenfeld, das schon von König Snofru und seinen beiden Anlagen beherrscht wird. Sesostris II. (ca. 1882 – 1872 v. Chr.) Sesostris II. folgt seinem Vater nach drei Jahren Mitregentschaft als Alleinherrscher nach. Als Königinnen sind Chenemet-nefer-hedjet I. und Neferet II., als Kinder der Kronprinz Sesostris und ein weiterer Prinz Sesostris-seneb-wer sowie die Prinzessinnen Ita-kait II., Neferet, Hat-schepesut und eventuell eine SatHathor/Junit bekannt. Das Fajum – Eine Sumpflandschaft wird für den Ackerbau erschlossen Unter dem Nachfolger Amenemhets II. wird das Fajum, die größte Oase des Landes, für den Ackerbau erschlossen. Zuvor ist das gewaltige Gelände ein unbedeutendes und für die Landwirtschaft nicht nutzbares Sumpf- und Seengebiet, doch unter Sesostris II. und seinen Nachfolgern entwickelt es sich zu einer der fruchtbarsten und ertragreichsten Landschaften Ägyptens. Die Oase liegt in einer Wüstensenke, ist durch den Bahr Jûsuf mit dem Nil verbunden und wird von einem gewaltigen See eingenommen, von dem der heutige abflusslose Birket Karun kaum mehr als einen Teil ausmacht. Bevor der König die Kultivierungsarbeiten im Fajum begonnen hat, sind während der Überschwemmungszeit unvorstellbare Wassermassen vom Nil über den Bahr Jûsuf unkontrolliert in diese Senke geströmt und haben landwirtschaftliche Bemühungen gänzlich zunichte gemacht. Sesostris II. beginnt mit einer systematischen Erschließung des Gebietes, indem er einen Damm am Fajum-Eingang anlegen lässt. Dieser bewirkt, dass das Wasser in der Senke gestaut wird und nicht durch den Bahr Jûsuf abfließen muss. Schleusen kontrollieren den Zu- und Ablauf des Wassers und ein raffiniertes System aus Kanälen verhindert die Versalzung des agrarisch stark genutzten Areals, indem das bei der landwirtschaftlichen Nutzung im Boden entstehende Salz wieder ausgespült wird. Andere Geländestücke lässt er durch Schutzwälle trockenlegen und so als Felder nutzen. Durch die intensive Arbeit im Fajum und die stetig wachsende Bedeutung der im Alten Reich eher untergeordneten Landschaft wächst auch das Ansehen von Sobek, dem Schutzgott dieser Region in Krokodilgestalt, und dieser wird von Sesostris II. mit zahlreichen Kultstätten bedacht. Das Fajum beginnt Nubien an Bedeutung zu überschatten, denn abgesehen vom Weiterbau der von seinem Vater begonnenen Befestigungsanlage von Mirgissa und der Errichtung einer
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Schutzmauer entlang des Landweges im Bereich des 1. Kataraktes bei Assuan, die ebenfalls für den Handel gedacht ist, geschieht mit dem südlichen Nachbarland nicht viel. Die ungebrochene Macht der Gaufürsten Mittelägyptens Immer noch kommt den Gaufürsten Mittelägyptens eine bedeutende Rolle zu. Wichtige Namen sind in diesem Zusammenhang Uch-hotep III. von Meir, Chnum-hotep II. von Beni Hassan und Sarenput II. von Assuan. Alle sind durch imposante Grabanlagen bekannt, die durch Aufwand, Pracht und Monumentalität von dem Selbstverständnis dieser Männer zeugen. Thot-hotep vom Hasengau (El-Berscheh) leistet sich ein besonderes Zeichen seiner Macht, das für einen Gaufürsten einzigartig geblieben ist: Er schickt eine Expedition in die Alabastersteinbrüche von Hatnub, um dort für sich selbst eine Kolossalstatue schlagen zu lassen, von deren Transport die Darstellungen und Texte seines Grabes berichten. Insgesamt sind 172 Männer in vier Reihen von je 43 Personen nötig, um die monumentale Plastik des Gaufürsten auf einem Schlitten, der über angefeuchteten Lehm läuft, zu ziehen. Die Größe der Figur kann aufgrund der Darstellung im Relief mit etwa 6 m berechnet werden, Reste des Originals können bis heute leider nicht gefunden werden. Die militärisch friedliche Zeit, die mit Amenemhet II. begonnen hat, kann unter Sesostris II. fortgesetzt werden, und so ist seine Regierung maßgeblich von der Kultivierung des Fajum und von Handelsbeziehungen geprägt. Auch belegt z. B. der Statuenfund seiner Gemahlin Chenemet-neferet-hedjet I. in Ugarit enge Kontakte zu syrischen Städten. Ebenso spricht die asiatische Karawane des Abischar, die im Grab des Gaufürsten Chnum-hotep II. in Beni Hassan dargestellt ist, für die friedliche Handelspoltik dieser Zeit. Obwohl unter Sesostris’ Regierung Steinbruchexpeditionen etwa ins Wadi el-Hudi, auf den Sinai, ins Wadi Hammamat oder nach Toschqa belegt sind, sind neben seinem Pyramidenkomplex keine weiteren Großbauten bekannt. Das ägyptische Jenseits in der Unterwelt Das Jenseits wird im Mittleren Reich nicht mehr im kosmischen Raum, sondern in der Unterwelt lokalisiert. Das Gangsystem der Pyramide Sesostris’ II. unterstreicht eine gesteigerte Bedeutung des unterirdischen Bereiches. Sesostris II. wählt für seine Grabanlage einen beherrschenden Platz beim heutigen Dorf Illahun, an der Stelle, an der der Bahr Jûsuf in den See des Fajum mündet. Als besondere Sicherheitsmaßnahme führt der Einstieg in das Gangsystem durch den Boden der Sargkammer eines Prinzessinnengrabes und offenbart sich als hochkompli-
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zierte Abfolge von Kammern und Gängen, die die Grabkammer des Königs umgeben und wahrscheinlich eine Wiedergabe des unterirdischen Jenseits repräsentieren. Etwa 2 km nördlich der Pyramide findet sich eine bedeutende und zeitgleiche Siedlung, die heute Kahun bezeichnet wird, mit mehr als 100 Häusern. Selbst die kleineren Anlagen zählen bis zu sechs Räumen und messen zwischen 95 und 169 m2. Aus dieser Siedlung stammen die berühmten Kahun-Papyri, die sich heute in den Museen von Kairo, London und Berlin befinden und literarische, medizinische, mathematische und religiöse Texte sowie Verwaltungsunterlagen, Abrechnungen und Briefe beinhalten. Ob der König seinen Sohn, den späteren Sesostris III., schon während seiner Herrschaft als Mitregenten eingesetzt hat, ist nicht bezeugt. Sesostris III. (ca. 1872 – 1853/52 v. Chr.) Mit Sesostris III. (Abb. 31) kommt 1872 v. Chr. eine der charismatischsten Herrscherpersönlichkeiten der ägyptischen Geschichte an die Macht. Ob er zeitweilig der Mitregent seines Vaters gewesen ist, ist nicht bekannt. Verheiratet ist er mit den Königinnen Chenemet-nefer-hedjet II. und Neferet-henut. Seine Kinder sind Prinz Amenemhet und die Töchter Senet-senebtisi, Menet, Sat-Hathor und Merit. Die Statuen des Königs zeigen ein unverwechselbares Gesicht, dessen Ausdruck Anlass zu unterschiedlichen Interpretationen gewesen ist. Das Spektrum der Deutungsmöglichkeiten reicht von »tiefe Resignation«165 bis »Entschlossenheit, politischem Durchsetzungsvermögen, Unerbitterlichkeit«.166 Das Ende der Macht der Gaufürsten Wie immer man auch den Ausdruck im Gesicht von König Sesostris III. verstehen mag, er macht innerhalb der bereits 104 Jahre andauernden Epoche des Mittleren Reiches den so lange nötigen und entschiedenen Schritt gegen die immer stärker und kühner werdenden Gaufürsten mit ihren dynastiegleichen Familienstrukturen. Dieses tut er, indem er die Verwaltung des Landes straff zentralisiert. Dazu lässt er Kinder amtierender Gaufürsten an die Residenz kommen und dort ausbilden, erziehen und Karriere machen. Gleichzeitig bildet Sesostris einen neuen Verwaltungszweig, der die Kontrolle über die weit verteilten Gaue Ägyptens zentral am Hof erledigt und die Fürsten somit entmachtet.
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Abb. 31 Theben. Der ausdrucksstarke Portraitkopf Sesostris III. (12. Dynastie) wurde 1970 entdeckt und war einst Teil einer lebensgroßen Statue im Karnak-Tempel. Heute glänzt er als eines der Prunkstücke des Museums für altägyptische Kunst in Luxor. Roter Granit, Höhe 80 cm (Luxor-Museum, Inv.-Nr. J. 34 ).
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Ausdehnung der Grenzen und Hymnen auf den König Sesostris verschiebt die tatsächliche territoriale Südgrenze Ägyptens bis nach Semna am 2. Katarakt (Abb. 23), baut die vorhandenen Festungen aus, errichtet neue und schließt die Grenze gegenüber nubischen Einwanderern. Auf der dazugehörigen Stele (Ägyptisches Museum und Papyrussammlung Berlin, Inv.-Nr. 1157) heißt es als Mahnung für seine Nachfahren: »Ich setzte meine Grenze, weiter als mein Vater nach Süden vordringend (. . .). Jeder meiner Söhne, der diese Grenze (. . .) fest sein lässt, der ist mein Sohn (. . .). Wer sie kampflos aufgibt, der ist nicht mein Sohn.« Zudem lässt er in seinem 8. Regierungsjahr einen Kanal des Alten Reiches entlang des 1. Kataraktes bei Assuan erneuern, um in diesem Bereich die Stromschnellen umgehen zu können. Das rigorose Vorgehen im nubischen Nachbarland ruft eine Anzahl Widerstände hervor, die durch Feldzüge in den Jahren 8, 10, 16 und 19 niedergeschlagen werden müssen. Im Vordergrund von Sesostris’ Handlungen scheint wiederum nur die absolute Sicherung der begehrten Rohstoffe Nubiens gestanden zu haben. Noch etwa 1500 Jahre nach seinem Tod genießt er als Bezwinger Nubiens göttliche Verehrung. Im Norden sichert Sesostris III. die ägyptischen Handelsrouten mit militärischen Vorstößen im palästinischen Raum bis nach Nordisrael. Die königliche Propagandaliteratur liefert einige Hymnen auf Sesostris III., die das (Selbst)-Verständnis des Herrschers charakterisieren: »Sei gegrüßt Chai-ka-Ra [Sesostris III.], unser Horus, göttlich an Verkörperungen! Der das Land schützt, seine Grenzen weit macht, der die Bergländer niederzwingt durch seine Uräusschlange167, der die beiden Länder umfasst mit seinen Händen, der die Fremdländer packt mit seinen Armen, der die Bogenvölker168 tötet ohne einen Stockschlag, der den Pfeil schießt, ohne die Bogensehne zu spannen, dessen Schrecklichkeit die Wüstenbewohner schlug in ihren Ländern, dessen Furchtbarkeit die neun Bogen tötete, dessen Entsetzlichkeit bewirkte, dass Tausende starben unter den Bogenvölkern, Zehntausende derer, die seine Grenzen angriffen, der den Pfeil schießt wie Sachmet169, um Tausende zu fällen unter denen, die seine Macht verkennen. Die Zunge seiner Majestät ist es, die Nubien einschüchtert, seine Aussprüche, sie schlagen die Asiaten in die Flucht.«170 Als nennenswerte Großbauprojekte, abgesehen von seiner Pyramidenanlage in Dahschur, sind die Tempelanlage von Medamud und sein Scheingrab in Abydos zu nennen. Wie Amenemhet II. wählt er Dahschur als Bestattungsplatz, seine Pyramide liegt nördlich der seines Großvaters. Amenemhet III. (ca. 1853 – 1806 v. Chr.) Amenemhet ist Sohn und Nachfolger von Sesostris III., eine Ko-Regentschaft zwischen beiden Herrschern ist nicht sicher nachzuweisen.
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Weiterführung der Innenpolitik Sesostris’ III. Amenemhet III. baut die von seinem Vater bei Semna errichtete Südgrenze weiter aus und auch im Innern führt er die konsequente Politik Sesostris’ III. fort: Besonders gegen die Erblichkeit der Ämter und den seit der Ersten Zwischenzeit üblich gewordenen Privatbesitz geht er als die Wurzel allen Übels im Provinzadel hart vor. Eine Verarmung der Oberschicht lässt sich an den von nun an minderwertigen Ausführungen von privaten Grabanlagen und Statuen erkennen. Ehemals besitzende Bauern sind nun enteignet und haben wieder für den Pharao dessen Felder zu bestellen. Die seit langem beliebt gewordene Anstellung von vorderasiatischen Bediensteten hat zu einem konstanten Strom ausländischer Landarbeiter und Soldaten geführt, die vor allem aus Syrien, Palästina und Nubien kommen. Das syrische Byblos ist weitestgehend ägyptisiert, der Fürst der Stadt wird als ägyptischer Beamter verstanden und dementsprechend tituliert. Weitreichende Handelsverbindungen werden neben Syrien auch mit Babylonien, Anatolien und dem Libanon gepflegt. Amenemhet III. versteht es, das ägyptische Imperium noch weiter auszubauen. Die Arbeit, die sein Vater in Nubien geleistet hat, erlaubt es ihm, ohne Zwischenfälle die Rohstoffe dieses Landes zu nutzen und bei Kerma einen Handelsstützpunkt zu errichten. Inzwischen ist die Zahl der nubischen Festungen erheblich angewachsen. Es sind Akten erhalten, die aus den nubischen Festungen stammen und den Alltag in diesen Bastionen illustrieren: »Nubier kamen am Abend des 7. Tages des 4. Monats der Aussaat-Jahreszeit im Jahr 3 [Amenemhets III.], um Handel zu treiben. Was sie mitgebracht hatten, wurde verhandelt (. . .). Sie segelten stromaufwärts zu dem Ort, von wo sie gekommen waren, Brot und Bier war ihnen gegeben worden wie [denen die kamen] am Morgen des 8. Tages des 4. Monats der Aussaat-Jahreszeit im Jahr 3.«171 Das Fajum-Projekt wird abgeschlossen Das bereits unter Sesostris I. begonnene Projekt der Urbarmachung des Sumpfgebietes am Fajum kann unter Amenemhet III. vollendet werden. Von dieser Kultivierungsmaßnahme berichtet noch Herodot anerkennend, als er um 450 v. Chr. Ägypten bereiste: »Der Moirissee (Birket Karun) hat einen Umfang von dreitausendsechshundert Stadien, (...) was ebenso viel ist wie die Länge der gesamten ägyptischen Küste«.172 Nach einer geplanten Pyramide in Dahschur ändert der König aus unbekannten Gründen seine Pläne und erschließt, statt einer Nutzung der altehrwürdigen Nekropole des Snofru, Hawara als neuen Friedhof für sich. Von dem Totentempel, der dieser Anlage vorgelagert ist, hat Herodots Bericht große Irritationen gestiftet,
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die erst vor wenigen Jahren aufgelöst werden können. Herodot spricht nämlich von diesem Totentempel als Labyrinth und seitdem ist dieser Begriff hartnäckig und unlösbar als »übermenschliches Werk«173 mit der Totentempelanlage Amenemhets III. verbunden. »Ich habe dieses Labyrinth gesehen; es ist über alle Beschreibungen.«174 Doch der Begriff Labyrinth entsteht durch ein einfaches Missverständnis: Herodot will bei seinem Besuch in Hawara wissen, was für eine Anlage er vor sich hat. Der ägyptische Führer antwortet wahrheitsgemäß la-pjrèntas (Tempel ist ihr Name), was der Übersetzer oder Herodot selbst mit dem ihnen vertrauten labúrinthos, einem Labyrinth, assoziert.175 Diverse Steinbruchexpeditionen ins Wadi Hammamat, nach Tura, Toschqa, Assuan und nach Serabit el-Chadim auf dem Sinai liefern Material für die vielen Bauprojekte im Fajum. Beispielsweise lässt Amenemhet III. an der ehemaligen Zuflussstelle des Bahr Jûsuf in den See zwei Statuenkolosse von sich, die sog. Kolosse von Biahmun, errichten, baut einen Tempel für Renenutet176 und Sobek177 bei Medinet Madi und einen Tempel am Fajum-Ausgang. Amenemhet genießt aufgrund der baulichen Leistungen in römischer Zeit göttliche Verehrung im Fajum. Amenemhet IV. (ca. 1806 – 1798 v. Chr.) Die Mitregentschaft Amenemhets IV. dürfte weniger als ein Jahr betragen haben und seine Regierung währt im Vergleich zu denen seiner Vorgänger nur kurz: 9 Jahre, 3 Monate und 27 Tage spricht ihm der Turiner Königspapyrus zu. Die genaue familiäre Zugehörigkeit zu seinem Vorgänger ist nicht geklärt – Amenemhet IV. könnte der Sohn oder der Enkel Amenemhets III. gewesen sein. Innerhalb der nicht einmal 10 Jahre seiner Herrschaft gehen die Handelsbeziehungen des ägyptischen Imperiums und die Macht der Pharaonen zurück. Dabei besteht während seiner Regierung das ägyptische Reich durchaus noch weiter, wie etwa eine Sphinx aus Beirut oder einige Funde mit seinem Namen aus Byblos nahelegen – falls diese nicht später dorthin verhandelt worden sind. In dem unter Sesostris III. so umkämpften Nubien ist der Name Amenemhet IV. nur durch einen Siegelabdruck in Serra und eine Nilstandsmarke in Semna vertreten – persönliche Besuche in diesem Gebiet dürfen auszuschließen sein. Vier Steinbruchexpeditionen auf den Sinai und eine in das Wadi el-Hudi liefern das Material für einige Bauten, u. a. am Tempel von Medinet Madi und in Heliopolis. Amenemhet IV. stirbt ohne einen Nachfolger hinterlassen zu haben. So regiert seine Schwestergemahlin Neferu-Sobek laut Papyrus Turin für 3 Jahre und 10 Monate. In Hawara zeugen Säulen von ihrer Bautätigkeit im Bereich des Totentempels ihres Vaters. Ein Architrav als Rest eines Gebäudes bei Herakleopolis und eine Nilstandsmarke bei Semna stammen aus ihrem letzten Regierungsjahr. Die drei Statuen, eine Basaltsphinx und eine Säule, die in Qantir gefunden werden, dürften in ramessidischer Zeit hierhin verschleppt worden sein.
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Die Herrschaft von Usurpatoren und Fremdländischen Die sog. Zweite Zwischenzeit (ca. 1794 – 1550 v. Chr.) Der Epoche des Mittleren Reiches folgt eine erneute Phase der Auflösung, die meist als Zweite Zwischenzeit bezeichnet wird. Dieser Abschnitt der ägyptischen Geschichte ist ein sehr dunkler, denn nicht einmal der Begriff Dynastie, der in der Vergangenheit das einzige sichere Netz ist, auf dem wir uns bewegen können, besitzt noch seine Gültigkeit. Denn Dynastien oder Herrscherfamilien gibt es nicht mehr, vielmehr sind es Reihen von Usurpatoren, die sich nacheinander die Macht entreißen. Folgen tatsächlich einmal Sohn auf Vater oder Bruder auf Bruder, dann ist das als Ausnahme zu verstehen. Dennoch unterteilt Manetho diese Zeit in die 13. – 17. Dynastie. Um jedoch die manetho’sche Zählung beizubehalten, gleichzeitig aber auf die Nichtanwendbarkeit des Begriffes Dynastie hinzuweisen, soll hier von »Pseudo-Dynastien« gesprochen werden. Die einzigen als Dynastien zu verstehenden Familien waren offensichtlich die 15. und die 17. Dynastie. Die Zeit der Usurpatoren – Die Pseudo-Dynastien 13 und 14 (ca. 1794 – 1648 v. Chr.) Der Übergang von der 12. Dynastie zur Pseudo-Dynastie 13 ist ohne Zwischenfälle geschehen. Der Usurpator Ugi-ef hat Neferu-Sobek abgelöst und Itji-taui bei Lischt zum Sitz auch der neuen Herrscherreihe gemacht. Er begründet die Kette nicht enden wollender Usurpationen. Insgesamt 50 Könige bilden die Pseudo-Dynastie 13 und regieren insgesamt knapp 150 Jahre über Ägypten, pflegen teilweise Kontakte zu Byblos und sind zuweilen auch in Nubien belegt. Allerdings wird gegen Ende der Pseudo-Dynastie 13 das von Ägypten militärisch besetzte unternubische Gebiet geräumt, woraufhin die Herrscher des obernubischen Kusch dieses besetzen und eine dünne Oberschicht dort zurücklassen. Bei einer durchschnittlichen Regierungslänge von zwei Jahren ist es jedoch nur verständlich, dass es kaum Zeit für Bauprojekte der großen Art gegeben hat. Dennoch sind einige begonnene Pyramidenanlagen dieser Zeit bekannt, von denen nur die des Königs Chendjer über den Abschluss des ausgeklügelten Gangsystems
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gediehen ist. Es ist die letzte vollendete Pyramide eines ägyptischen Königs. Die Nekropole dürfte zwischen Saqqara-Süd und Lischt gelegen haben. Die Pseudo-Dynastie 13 ist – wie die gesamte Epoche – sehr arm an Denkmälern jeder Art. Plastiken und Reliefs gehen in Quantität und Qualität rapide zurück. Von einem Tiefstand des Königsdogmas kann keine Rede mehr sein – das Dogma von der göttlichen Abstammung des Königs existiert nicht mehr, und der pharaonische Thron scheint jedem offen gestanden zu haben, ganz gleich, welche Herkunft und welche Bildung er vorzuweisen hat. Man ist nicht einmal mehr bemüht, eine göttliche oder zumindest adelige Abstammung zu fingieren, sondern brüstet sich stattdessen stolz mit seiner niederen Herkunft: Die Herrscher bezeichnen sich als Söhne nicht-königlicher Männer, ja sogar von Feldarbeitern. Die Namen der neuen Könige sind nicht selten ebenso befremdend wie die Träger selbst – Chendjer (Eber) oder Nehsi (Schlange 178). Sogar Ausländer wie Nehsi, zuvor Angehörige der untersten Schicht der ägyptischen Gesellschaft, sind unter den Usurpatoren-Königen. Ein erneuter Verfall des Reiches ist nicht mehr aufzuhalten. Dass sich dieser chaotische Zustand überhaupt über einen relativ langen Zeitraum von ungefähr 150 Jahren behaupten kann, ist allein der in der 12. Dynastie so straff organisierten Verwaltung zu verdanken gewesen. So ist die eigentliche politische Macht im höchsten Amt der ägyptischen Beamtenschaft komprimiert – im Wesirat. Dieses Amt wird durch mehrere Generationen von den Mitgliedern einer einzigen Familie gestellt, während diese Kontinuität auf dem Thron fehlt. Innerhalb der Pseudo-Dynastie 13 unterteilt man das Wesirat wieder in einen ober- und einen unterägyptischen Zuständigkeitsbereich und teilt diese jeweils einem Mann zu. Im Ostdelta hat man die Usurpation des Ugi-ef und seiner zweifelhaften Nachfolger nicht anerkennen wollen und zu einem nicht geklärten Zeitpunkt ein Gegenkönigtum begründet, das allerdings lokal nicht weit ausgreifen kann. So entsteht in diesem Gebiet die Pseudo-Dynastie 14. Auch hier ist der Begriff Dynastie nicht anzuwenden, denn eine Verwandtschaft besteht zwischen den einzelnen Herrschern, ebenso wie bei den zeitgleichen Königen in der Residenz Itji-taui, nur in den seltensten Fällen. Diese Gruppe ist ebenfalls in sich nicht homogen, sodass es in verschiedenen Städten des Deltas häufig gleichzeitig auch verschiedene Kleinkönige gegeben hat. Die Dauer der Pseudo-Dynastie 14 beträgt weniger als 150 Jahre. Ägypten ist erneut in eine Reihe von Regionen zerfallen. Hohe Beamte oder Offiziere, die mit der Verwaltung dieses Gebietes betraut sind, haben hier die Macht ergriffen und sich ebenfalls, wie die Herrscher von Itji-taui, durch ständige Usurpation abgelöst. Die Zersplitterung dieser Epoche und das fehlende verwaltungstechnische Knowhow der 12. Dynastie, wie es die Herrscher in Itji-taui besitzen und als Bindemittel ihrer Regierungen nutzen, fehlt im Ostdelta.
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Die langsame Entstehung einer Fremdherrschaft Besonders in der zweiten Hälfte der Herrschaft dieser Delta-Kleinkönige sind vermehrt ausländische Namen nachzuweisen. Die fehlende Geschlossenheit nach außen und die Nähe zu semitischen Stämmen haben das Ostdelta zu einem Schmelztiegel der ägyptischen und der vorderasiatischen Kultur gemacht. Die Machtergreifung eines ägyptisierten Semiten dürfte hier keine Schwierigkeit dargestellt haben. Unterstützt werden diese Männer von weiterhin einwandernden Vorderasiaten, die sich während indo-arischen Wanderungen in Richtung Ägypten bewegt haben. So hat sich das Gebiet im Laufe der Zeit von einer stark bewachten Region zu einem vorderasiatischen Stützpunkt in Ägypten gewandelt. Nun kommen Pferde, Wagen und moderne, effektivere Waffen – wie etwa Bögen – nach Ägypten. Die neuen fremdländischen Kleinkönige im Delta breiten ihren Machtbereich zielstrebig aus, wobei sie weitere Kleinkönigreiche integrieren bzw. annektieren können. Von nun an soll es nicht mehr lange dauern, bis sich die neuen semitischen Herrscher im Ostdelta stark genug und bereit dazu fühlen, die Residenz der Pseudo-Dynastie 13 in Itji-taui anzugreifen, diese zu stürzen und eine Regierung über ganz Ägypten auszuüben. Die konsequente Machtentfaltung der Fremdländischen ist also ein schleichender und keinesfalls ein abrupter Prozess. Allerdings scheint der Akt der Eroberung der Hauptstadt Itji-taui und der gewaltsamen Absetzung der Pseudo-Dynastie 13 überraschend und unerwartet gewesen zu sein, sodass sie bei Manetho noch als ein plötzlicher Überfall wiederhallt. Die Einnahme der Hauptstadt ist gleichzeitig die Gründung der 15. Dynastie und der Beginn einer Herrschaft von Männern, die die Ägypter Heqau-chasut (Herrscher der Fremdländer) nennen und aus denen die griechische Tradition die Hyksos macht. Die Zeit der Fremdherrscher (15. Dynastie), deren Vasallen (Pseudo-Dynastie 16) und das Gegenkönigtum von Theben (17. Dynastie) – ca. 1648 – 1550 v. Chr. Gleichzeitig mit der Machterhebung der Hyksos bilden sich zwei weitere Königtümer heraus. Diese sind die Pseudo-Dynastie 16 im Delta und in Mittelägypten sowie die 17. Dynastie im thebanischen Gau (Abb. 32). Doch während die Kleinkönigreiche der Pseudo-Dynastie 16 eher Vasallen der Fremden sind, können die Hyksos nur eine sehr dünne und begrenzte Oberherrschaft über das thebanische Gebiet ausüben. Ähnlich wie die Pseudo-Dynastie 14 besteht auch die Pseudo-Dynastie 16 aus einer Vielzahl kleiner lokaler Machthaber und aus verstreuten Gebieten. Der Machtbereich und die Herrschaft der Thebaner der 17. Dynastie hingegen sind in sich einheitlich und geschlossen. Hier ist die Verwaltung der 12. Dynastie in den bedeutenden Teilen noch höchst aktiv.
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Qantir Avaris
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Memphis
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Oase Charga
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Luxor (Theben)
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Deir el-Ballas
Oase Dachla
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t e Kerngebiet der Hyksos (15. Dyn.) Vasallen der Hyksos (Pseudo-Dyn.16) Thebanischer Machtbereich (17. Dyn.)
Elephantine
Erster Katarakt
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Assuan
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© 2005 Michael Sohn
Zug des Kamose
Abb. 32 Ausdehnung der Machtbereiche der Hyksos und der Thebaner und der Zug des Kamose (17. Dynastie).
Der Kernbereich der Hyksos beschränkt sich auf das memphitische Gebiet und das Ostdelta, wo sie eine neue Residenz in Auaris, beim modernen Tell ed-Daba gründen. Manetho nennt in seinem Geschichtswerk für diese Zeit »Sechs Große Hyksos, einige Hirten und Thebaner«, was die Situation und die Machtverteilung im Land beschreibt, wobei in den »Hirten« die Vasallenkönige der Pseudo-Dynastie 16 zu verstehen sind. Die ungefähre Abfolge der »Großen Hyksos« dürfte Chajran, Sikruhaddu (= Achles), Apachan, Iannas, Apophis und Chalmudi gewesen sein. Die 17. Dynastie beherrscht ein Gebiet, das von Elephantine bis etwa nach Kusai reicht, wobei die nördliche Grenze häufigen Verschiebungen ausgesetzt ist. Das
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Zentrum der Thebaner wird in Deir el-Ballas lokalisiert, etwa 35 km nördlich des modernen Luxor.179 Die Gräber der Machthaber befinden sich auf dem Westufer von Theben im Westgebirge. Nördlich des thebanischen Territoriums erstrecken sich die Gebiete der Kleinkönige der Pseudo-Dynastie 16 und bilden die Pufferzone zwischen Theben und dem Teildeltareich, das sich die Hyksos mit anderen Kleinkönigen der Pseudo-Dynastie 16 teilen. Hyksos und Thebaner stehen sich zunächst nicht feindselig gegenüber. Im Gegenteil, es lässt sich eine Politik des gegenseitigen laisser-faire erkennen, in der die Thebaner den Hyksos die Nutzung oberägyptischer Steinbrüche gestatten und auch einem Handel zwischen den Hyksos sowohl mit Unternubien als auch mit Kerma nicht im Wege stehen. Auf der anderen Seite besitzen die Thebaner Viehherden im Delta und beziehen Getreide aus Unterägypten. Eine Steuerpflicht scheint für die Thebaner allerdings zumindest unter den letzten Hyksos bestanden zu haben. Unter dem Hyksos-König Apophis kommt es zu einer offenen Auseinandersetzung mit den Herrschern des thebanischen Gebietes, deren Beginn in einer Erzählung festgehalten worden ist: Offensichtlich sucht Apophis nach einem Grund, den thebanischen Kleinkönig Seqenen-Ra Taa II. herauszufordern. Im Text lässt er sich von seinen Beratern einen Grund einflüstern, mit dem er einen Streit mit dem südlichen Reich provozieren könnte und schickt einen Boten zu Seqenen-Ra, der diesem mitteilt, dass das Gebrüll der Nilpferde an einem Kanal im thebanischen Gau die Ruhe des Königs im mehr als 550 km Luftlinie weit entfernten Auaris störe, »denn sie lassen den Schlaf bei Tag und Nacht nicht zu mir kommen.«180 Als Seqenen-Ra daraufhin nicht reagiert, wird ein nächster Bote geschickt, doch leider bricht hier die Handschrift ab, die den Originaltext kopiert. Aus anfänglichen Provokationen des Hyksos entwickelt sich ein erbarmungsloser Krieg, dessen reale Ursprünge sicher Grenzstreitigkeit gewesen sind. Die Mumie von Seqenen-Ra lässt anhand ihrer grausamen Verletzungen erkennen, dass der Thebaner kniend von einer vorderasiatischen Streitaxt in den Schädel getroffen worden ist, woraufhin er stürzt und liegend vier weitere Hiebe in den Kopf erhält, die von verschiedenen Männern ausgeführt werden. Sein Tod ist eine Hinrichtung, nach der der Leichnam einige Zeit Tieren und der beginnenden Verwesung ausgesetzt ist, bevor man ihn vom Schlachtfeld holt. Sein Sohn Kamose führt den Krieg des Vaters fort, von dessen Ereignissen drei Quellen berichten: Kamose lässt zwei Stelen im Tempel von Karnak aufstellen (Luxor-Museum, Inv.-Nr. J. 43)181, die – und das ist in der ägyptischen Geschichte einmalig – als Fortsetzungsbericht an seine siegreichen Feldzüge erinnern. Leider ist die erste Stele nur noch im oberen Bereich erhalten, aber eine Schülerabschrift dieses Steins geht inhaltlich ein wenig weiter. Dann folgt der Teil des Berichtes, der auf keinem der beiden Textträger erhalten ist, bevor die zweite Stele des Kamose mit den Schilderungen fortsetzt: Am Ende der 17. Dynastie beschwert sich Kamose auf seiner ersten Stele, dass er sein Land mit einem Vorderasiaten und einem
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Nubier teilen müsse. Dabei versteht er den Verlauf der südlichen Grenze Ägyptens noch – wie in der 12. Dynastie – bei Semna. Doch seit dem Ende der Pseudo-Dynastie 13 haben obernubische Kuschiten Unterägypten besetzt und auch gehalten. Er beschließt in einer Versammlung mit seinen höchsten Beamten einen militärischen Angriff auf die Hyksos. Die Beamten warnen Kamose eindringlich, dass ein aggressiver Vorstoß die friedlichen Verbindungen zwischen Hyksos und Thebanern gefährden würde. Sollte sich Unterägypten mit der großen Anbaufläche des Deltas von Oberägypten abwenden, so drohe, wie bereits vielfach zuvor, eine Hungersnot in Oberägypten. Doch Kamose hört nicht auf die Warnungen seiner Beamten und greift, unterstützt von nubischen Bogentruppen, den Medjai, die Stadt Neferusi, nördlich von Hermopolis, mit ihrem Fürsten Teti an. Dieser Teti ist zweifellos ein Kleinkönig der 16. Dynastie. Kamose geht brutal gegen Neferusi vor, das sich wahrscheinlich kampflos ergibt, und bezeichnet es als ein Nest der Vorderasiaten. Nach dem Sieg über die Stadt hat sich die Region um Neferusi ebenfalls ergeben. Der Zug des Kamose geht weiter zu einer nächsten Stadt, doch dieser Bericht ist nicht mehr erhalten. Es wird jedoch deutlich, dass Kamoses Sieg eine tiefe Erschütterung bei den Hyksos-Vasallen der Pseudo-Dynastie 16 hervorgerufen hat. Die Hyksos haben die angegriffenen Städte und Gebiete nicht schützen können und somit in ihrer Funktion als Oberherrscher versagt. Auf der zweiten Stele wird erklärt, dass die Grenze des thebanischen Einflussgebietes inzwischen bis zur Stadt Sa-ka im 17. oberägyptischen Gau, etwa 80 km nördlich von Hermopolis, verschoben werden kann. Ein weiterer militärischer Vorstoß führt Kamose in die Oase Baharija, die fest in der Hand der Hyksos gewesen zu sein scheint. Ein Bote der Hyksos wird dort abgefangen, der über die Oasen das Niltal umgehen und nach Kusch gelangen will. Die Nachricht, die der Bote überbringen soll, ist auf der Stele abgefasst: Apophis, der König der Hyksos, beklagt, dass ihn Kamose ungerechtfertigter Weise angegriffen habe und ebenfalls einen Angriff auf Kusch plane. Apophis will Kamoses Truppen durch Kämpfe lange genug im Norden binden, damit Kusch den thebanischen Gau angreifen und aufreiben könne. Anschließend wollen sich beide Länder das Gebiet teilen. Ein für die Hyksos ungünstiges Schicksal will es, dass diese Nachricht niemals ihren Zielort erreicht. Kamose erschüttert die Oberherrschaft der Hyksos nachhaltig durch seinen Vorstoß, obwohl die nördliche Grenze des thebanischen Einflussbereiches lediglich um etwa 100 km verschoben worden ist. Danach führt er seine Truppen nach Unternubien, wo sein Name bei Toschqa erscheint. Doch Kamose kann das Einigungswerk, das sein Vater begonnen hat, nicht vollenden und stirbt – vielleicht ebenfalls in einer Schlacht. So muss er diese Aufgabe seinem jüngeren Bruder Ahmose überlassen, der zu diesem Zeitpunkt noch ein Kind gewesen ist. Mit Ahmose beginnt sowohl eine neue Dynastie als auch eine neue Epoche – er ist der Gründer der 18. Dynastie und des Neuen Reiches.
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IV. Das Neue Reich
(18. – 20. Dynastie, ca. 1550 – 1093 v. Chr.)
Die Dynastie des Aufstiegs Die 18. Dynastie (ca. 1550 – 1315 v. Chr.) Ahmose (ca. 1550 – 1525 v. Chr.) Nach Ausweis seiner Mumie stirbt der König mit etwa 35 Jahren nach einer Regierungszeit, die von Manetho mit 25 Jahren und vier Monaten angegeben wird. Das höchste zeitgenössische Datum des Ahmose bildet das 22. Regierungsjahr. Dass Ahmose in sehr jugendlichem Alter zwischen 10 und 13 an die Macht gekommen ist, wird durch die Position seiner Mutter Ahhotep gestärkt, die eine bedeutende Rolle in den frühen Jahren seiner Regierung spielt. Auf einer Stele aus Karnak, die aus den ersten Jahren des Königs stammt, wird ihrer mit beeindruckenden Worten gedacht: »(. . .) sie sammelte seine (Ägyptens) Beamte, sie schützte es, sie sammelte seine Flüchtlinge und umfasste seine Auswanderer, sie beruhigte Oberägypten und entfernte seine Aufsässigen – die Königliche Gemahlin Ahhotep«182 Eine Art Mitregentschaft mit ihrem Sohn muss der nach Aussage des Stelentextes diplomatisch überaus geschickten Frau mindestens zugestanden werden. Sie ist offensichtlich vielfach in schwierigen, krisenähnlichen Situationen – vielleicht nach dem Tod ihres älteren Sohnes Kamose – eine wichtige Persönlichkeit, als viele Ägypter womöglich den Mut verloren haben und das Land verlassen. Eine andere wichtige Frau der Familie ist Ahmoses Großmutter Teti-scheri, die in den frühen Jahren seiner Regierung verstorben ist. Wie wichtig sie für den jungen König gewesen ist, lässt sich anhand der Bauten nachvollziehen, die er dem liebevollen Andenken an seine Großmutter in Abydos weiht. Ahmose gelingt es, die Hyksos aus Ägypten zu vertreiben und die Fremdherrschaft zu beenden. Er kann sich dabei auf die vorbereitenden Arbeiten seines Vaters Seqenen-Ra und seines Bruders Kamose stützen. Obwohl er verwandtschaftlich eindeutig zur 17. Dynastie gehört, wird er bereits im Altertum als Gründer der 18. Dynastie – und damit des Neuen Reiches – verstanden und in einem Atemzug mit Menes und Mentu-hotep II., den Gründervätern des Alten und Mittleren Reiches, genannt.
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iv. das neue reich
Die Vertreibung der Hyksos Doch es braucht noch fast zwei Jahrzehnte unter Ahmose, bis endlich der richtige Zeitpunkt für einen alles entscheidenden Schlag gegen die Hyksos gekommen ist. Als er gegen die Hauptstadt der Fremdlinge in Auaris, dem heutigen Tell ed-Daba, im Ostdelta, vorrückt, kommen ihm zwei glückliche Fügungen zugute, die die bestehenden Verhältnisse in Ägypten und Vorderasien zugunsten des Thebaners veränderen: Zum einen ist Apophis, der Herrscher der Hyksos, gestorben und Chalmudi, ein deutlich schwächerer Nachfolger, hat seinen Platz eingenommen. Auf der anderen Seite haben die Hethiter von Anatolien aus begonnen, in heftigen Intervallen massive Angriffe auf die Anhänger der Hyksos in Nordsyrien zu unternehmen, so wird etwa Aleppo in blutigen Kämpfen von den Hethitern erobert. Wenn nun Ahmose mit seinen Heeren vor den Toren von Auaris stehen würde, wäre das Hyksos-Reich in einen Zweifrontenkrieg verwickelt, dem es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht hätte standhalten können. Denn Chalmudi ist außerstande, die gesamte militärische Größe der Hyksos gegen Ahmose aufzubieten, weil seine Vasallen in Syrien dringend seiner Hilfe bedürfen. So nutzt Ahmose die Gunst der Stunde und zieht ins Delta. Zum dritten Mal in der Geschichte Ägyptens gehen die Einheitsbestrebungen vom Großraum Theben aus. Von den Geschehnissen bei Auaris wissen wir nicht viel. Die Biografie eines Offiziers, der denselben Namen wie der König führt, gibt in seinem Grab in El-Kab die einzige knappe Beschreibung der Kämpfe: »Als man die Stadt Auaris belagerte, war ich tapfer auf meinen Füßen vor Seiner Majestät. (...) Man kämpfte zu Wasser (...) vor Auaris. (. . .) Man kämpfte erneut an dieser Stätte (. . .). Man kämpfte in dem Teil Ägyptens, der südlich dieser Stadt liegt. (. . .) Auaris wurde genommen.«183 Der Eroberung von Auaris sind also eine Belagerung und mindestens drei Schlachten in seiner Umgebung vorausgegangen. Der Sieg der Ägypter hat im 18./19. Regierungsjahr des Ahmose stattgefunden, was dem Jahre 11 oder 12 des Hyksos Chalmudi entspricht. Ahmose zögert nicht lange und spielt sämtliche Trümpfe aus, die ihm das Schicksal in die Hand gegeben hat. Er sichert das Delta und zieht weiter nach Scharuhen, einer südpalästinischen Stadt, 25 km südlich von Gaza. Sie scheint die Hauptstadt im Kernbereich der Hyksos gewesen zu sein, die nach Aussage des Offiziers Ahmose drei Jahre belagert wird. Ägypten ist nun wieder vollständig von Ägyptern regiert, der Sinai steht unter seiner Kontrolle und das Land beginnt in Vorderasien erneut eine Rolle zu spielen. So glücklich Ägypten auch gewesen sein muss, endlich wieder alleiniger Herr im eigenen Land zu sein, lassen sich doch einige Vorteile nicht leugnen, die die Herrschaft der Hyksos dem Königreich am Nil gebracht haben – modernste Mittel der Kriegsführung: Pferd, Streitwagen und den Kompositbogen.
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Nubien Nun zieht der König nach Nubien, in ein Gebiet südlich des Zweiten Kataraktes, »um die nubischen Beduinen niederzuwerfen. Seine Majestät machte ein großes Gemetzel unter ihnen. (. . .) Seine Majestät fuhr stromabwärts, indem sein Herz froh war, über die Tapferkeit und den Sieg, nachdem er die südlichen und nördlichen (Länder) eingenommen hatte.«184 Nachdem Ägyptens Vormachtstellung im eigenen Land und im Norden gesichert ist, muss nun die Oberherrschaft über Nubien zurückgewonnen werden. Dort hat sich wahrscheinlich während der späten Zweiten Zwischenzeit ein von Ägypten unabhängiges Fürstentum gebildet, das von einem Nubier mit dem Titel Prinz von Kusch regiert wird. Das Fürstentum erstreckt sich von Elephantine bis in das Gebiet um den Zweiten Katarakt, vielleicht sogar bis Kerma. Durch den vom Offizier Ahmose beschriebenen Feldzug hat der ägyptische König seine Ansprüche auf das Gebiet deutlich gemacht. Doch zeigen zwei Rebellionen, angeführt von Männern mit den Namen Aa-tiu und Teti-an, dass das selbstbewusst gewordene Kusch mit der ägyptischen Oberherrschaft keinesfalls einverstanden gewesen ist. Ahmose schlägt beide Rebellionen blutig nieder und setzt in Anîba einen neuen »Superminister« ein. Das neu geschaffene Amt trägt den Titel Königssohn von Kusch und sein Inhaber hat die Aufgaben eines Vizekönigs von Nubien. Er muss die Provinzen Kusch und Wawat bis einschließlich Hierakonpolis im Norden verwalten. Der erste Beamte mit dem Titel Königssohn von Kusch ist Ahmose Sa-Taït. Der König lässt die Festung von Buhen wieder aufbauen und bedeutend verstärken. Ein Beamter namens Turi, der Sohn von Ahmose Sa-Taït, wird der Gouverneur der Festung. Die Bastion wird in dem Maße ausgebaut, dass die restaurierte Festung der 12. Dynastie als Zitadelle integriert ist. Die Befestigungsanlage erreicht eine Höhe von 11 m und ist zusätzlich durch einen Graben gesichert. Die Selbständigkeit der nubischen Gebiete ist nun endgültig beendet. Ahmose legt mit seinen Eingriffen das Fundament für eine erfolgreiche Nubien-Politik seiner Nachfolger, die besonders in der Verwaltung und Ausbeutung seiner Goldminen und Steinbrüche bestehen soll. Das Amt des Vizekönigs von Kusch ist bis in die frühe 21. Dynastie belegt. Nachfolger des Ahmose Sa-Taït wird dessen Sohn Turi. Aufbau im Innern Nachdem Ahmose die Grenzen seines Reiches definiert hat, ist der nächste Schritt, Ägypten innenpolitisch wieder zu alter Blüte zu führen. Die Zeit der Hyksos hat viel brachliegen lassen, was nun wiederbelebt werden muss – vor allem die Verwaltung, der Ackerbau, der Handel und die Religion bedürfen neuer, auf die Einheit gerichteter Impulse. Zuallererst müssen die Beamten, deren Loyalität sich Ahmose nicht sicher ist, durch neue königstreue Männer ersetzt werden.
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iv. das neue reich
Die völlig vernachlässigten Kanalsysteme müssen instand gesetzt und der Handel wiederbelebt werden. So kann nun Ägypten erneut über Lapislazuli aus Zentralvorderasien, Türkis aus dem Sinai und Zedernholz aus dem Libanon verfügen. Vielleicht strahlt Ahmoses Einfluss auch bis auf die Ägäis aus, wie schwer zu interpretierende Aussagen auf einer Stele des Königs andeuten: »(. . .) die Bewohner der ägäischen Inseln sagen: ‚(Wir erkennen) den, dem wir dienen, in ihm!’«185 Seine Mutter, Königin Ahhotep, wird auf derselben Stele sogar »Fürstin der Länder der Ägäis« genannt. Um die Religion wieder staatlich zu lenken, restauriert er viele alte Tempel und schenkt dem Land neue Heiligtümer. Doch baut er sie größtenteils aus Lehmziegeln, mit wenigen steinernen Elementen. Gegen Ende seiner Regierung, in seinem 22. Regierungsjahr, eröffnet er neue Stollen in den Kalksteinbrüchen von Massara bei Tura, die unter anderem den Tempeln des Ptah186 in Memphis und des Amun in Theben zugutekommen sollen. Wahrscheinlich werden diese Bauprojekte nie begonnen, da sich keinerlei Spuren von ihnen finden lassen. Amun erhält wertvolle Geschenke vom König, der begonnen hat, das göttliche Ansehen wieder herzustellen. Wahrscheinlich kümmert sich Ahmose in den wenigen Regierungsjahren, die ihm noch bleiben, nur um die Tempel Oberägyptens, sodass Hatschepsuts Vorwurf, sie habe die Tempel Mittel- und Unterägyptens wieder aufbauen müssen, die während der Hyksos-Zeit verfallen sind, allem Anschein nach tatsächlich stimmt. Als Vorbild für die innenpolitischen Reformen bzw. für den Aufbau einer neuen Verwaltung greift Ahmose auf die straffe Organisation der 12. Dynastie zurück, vereinfacht sie jedoch ein wenig. Die Ämtererblichkeit in der Beamtenschaft wird nun so weit fortgeführt, dass ein Inhaber sein hohes geistliches oder weltliches Amt sogar verkaufen kann. Theben wird Sitz der Verwaltung und des Wesirs und religiöses Zentrum des Landes. Das altehrwürdige Abydos scheint dem König besonders am Herzen gelegen zu haben. Hier lässt er neben Scheingräbern für sich und seine Großmutter Teti-scheri noch weitere Kapellen und Gebäude errichten. Amun In Amuns Namen wird der Krieg gegen die Hyksos geführt – ihm gebührt der Dank für den Sieg. Bereits Kamose errichtet seine berühmten Stelen im Tempel von Karnak und Ahmose fügt eine weitere hinzu. Im Verlauf der Geschichte zeigt sich, dass auch die späteren Könige des Neuen Reiches ihre Kriege und Siege als durch Amun errungen verstehen. Die unvorstellbar zahlreichen und wertvollen Kriegsbeuten – materiell, personell und ideell – werden zu einem beträchtlichen Teil an den wirtschaftlich immer wichtiger werdenden Tempel des Amun in Theben abgeführt.
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Um die Nachfolge der zukünftigen Könige seiner Linie zu sichern, führt Ahmose zudem das Amt der Gottesgemahlin ein. Eine Frau aus dem Königshaus wird in den Dienst des Amun gestellt, mit ihm verheiratet, und der Nachfolger eines Königs soll von einer Prinzessin abstammen, die eine Tochter und Schwestergemahlin eines Königs und Tochter einer Gottesgemahlin ist.187 Die erste Frau mit diesem Titel ist die Gemahlin des Ahmose – Ahmes-nefertari. Als Ahmose stirbt, ist Ägypten wieder zu dem geworden, was es einmal gewesen ist. Um die ägyptische Macht innerhalb und außerhalb seiner Grenzen spürbar werden zu lassen, hat er nach der Vertreibung der Hyksos fünf Jahre gebraucht. Ahmoses Mumie wird von Priestern während der 21. Dynastie in einem Königinnengrab der 18. Dynastie in den Felsen des Talkessels von Deir el-Bahari versteckt und dort 1881 entdeckt. Sein Alter kann auf etwa 35 Jahre bestimmt werden, eine Untersuchung ergibt, dass der König an Arthritis litt. Von seinem Grab fehlt bislang jede Spur. Amenophis I. (ca. 1525 – 1504 v. Chr.) Als Amenophis I. seinem Vater Ahmose auf den Thron folgt, ist Ägypten wieder ein Reich, das zum einen über seine eigenen Grenzen verfügen kann und zum anderen auch seine Präsenz im vorderasiatischen und nubischen Ausland wiedergewonnen hat. Die Ausmaße Ägyptens gilt es nun zu sichern und zu vergrößern. Machtdemonstrationen Aus der Regierung des Amenophis sind nur zwei Feldzüge belegt, beide führen in nubisches Gebiet. Der Offizier Ahmose, der schon bei den Kämpfen um Auaris und bei den Aufständen in Nubien unter dem letzten König teilgenommen hat, berichtet in seinem Grab in El-Kab von Amenophis I., der »auf der Hinauffahrt nach Kusch war, um die Grenzen Ägyptens zu erweitern. Seine Majestät erschlug jenen nubischen Nomaden inmitten seines Heeres, (. . .) wer floh, wurde auf die Seite gelegt (d. i. getötet) als ob sie nicht gewesen wären.«188 Wahrscheinlich gibt es wieder Aufstandsversuche, die der König schnell zu unterbinden weiß. Auch der verdiente Offizier Ahmose Pen-Nechbet erwähnt diesen Zug gegen Kusch in knappen Worten in seinem Grab in El-Kab. Ansonsten ist die Situation südlich von Ägypten friedlich. Das Verwaltungssystem, das sein Vater Ahmose in Nubien eingeführt hat, ist äußerst wirkungsvoll: Turi, der vormalige Kommandant der Festung von Buhen, folgt seinem Vater im Amt und wird der neue Vizekönig. Er hält Nubien unter Kontrolle und lässt notwendige Bauarbeiten an den Festungsanlagen aus dem Mittleren Reich bei Semna, Kumma und Uronarti südlich des 2. Kataraktes durchführen. Ägyptens südliche Grenze dürfte in Höhe der Nilinsel Sai gelegen haben, wo sich schon der Name des Königs Ahmose findet.
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iv. das neue reich
Ahmose Pen-Nechbet berichtet zudem von Razzien gegen libysche Stämme, die danach allerdings – vielleicht abgeschreckt durch die Berichte über ägyptische Einsätze in Nubien und Vorderasien – Ruhe geben. Die Oasen, seit dem Alten Reich in ägyptischer Hand, sind in der Zweiten Zwischenzeit von Hyksos-Sympathisanten besetzt worden. Spätestens unter Amenophis I. scheint die ägyptische Kontrolle auch wieder in diese peripheren Gebiete zurückgekehrt zu sein, denn nun erscheint der Titel Vorsteher aller Oasen in der frühen 18. Dynastie. In Vorderasien sind Hethiter und Churriter so sehr in Kämpfe um die Vorherrschaft verstrickt, dass von dort keine Gefahr für Ägypten ausgeht – zumindest im Moment noch nicht. Sicher hat Ägypten seit der Vertreibung der Hyksos und seinem ersten militärischen Auftritt seit langer Zeit Ansprüche in dieser Region gestellt und sieht es nur ungern, dass diese von zwei rivalisierenden Mächten zunichte gemacht werden. Aber nur indirekt besitzen wir Kenntnis von einem militärischen Schlag Ägyptens unbekannten Ausmaßes in Vorderasien, den Amenophis I. geführt haben muss, obwohl die zeitgenössischen Quellen darüber schweigen. Sein Nachfolger Thutmosis I. dehnt nämlich das ägyptische Herrschaftsgebiet in seinem 2. Regierungsjahr bis zum Euphrat aus, was er ohne die Vorarbeiten Amenophis’ I. wohl kaum hätte bewerkstelligen können. Die Früchte der schöpferischen Ruhe Doch während in Vorderasien die Kriege toben, genießt Ägypten eine Zeit der schöpferischen Ruhe: Das Land ist in zwei große Verwaltungsbereiche (Ober- und Unterägypten) aufgeteilt, denen jeweils ein Wesir vorsteht. Im Süden ist Turi ein Garant für Frieden – Ägypten ist sicher. Diese Ruhe nutzt das Land, um wieder zu sich zu finden und sie ist die Voraussetzung für das »geistige und künstlerische Aufbauwerk«.189 Denn in der Tat treten unter der Regierungszeit Amenophis’ I. einige sehr bemerkenswerte Persönlichkeiten in das Licht der Geschichte – wie etwa Amenemhet, der Erfinder einer Wasseruhr, oder der bedeutende Architekt Ineni, der unter dem Nachfolger das Tal der Könige als Bestattungsplatz für die Herrscher dreier Dynastien erschließen soll. Wahrscheinlich wird unter Amenophis I. auch das Buch vom Verborgenen Raum, ein heute Amduat genanntes Unterweltsbuch bis zur Vollendung gebracht – ein religiöser Text, der mit Bildern und Worten zum ersten Mal die Nacht in zwölf Stunden einteilt und explizit schildert, was dem Sonnengott in diesen Stunden der Nacht widerfährt. Doch es ist vermutlich erst Thutmosis I., der dieses Unterweltsbuch an den Wänden seiner Sargkammer anbringen lässt. Die Handwerker der Arbeitersiedlung Deir el-Medina (Abb. 33) verehren Amenophis I. gemeinsam mit seiner Mutter Ahmes-nefertari bis in die Ramessidenzeit (19./20. Dynastie) hinein als Gründer und Schutzpatron ihrer Stadt.
die 18. dynastie
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Abb. 33 Theben-West. Amenophis I. (18. Dynastie) gilt als Gründer der Arbeitersiedlung von Deir el-Medina. Deutlich sind noch heute die Straßenzüge und Häusergrundrisse auszumachen. In den Hängen finden sich die Gräber der Dorfbewohner. Im Hintergrund die gewaltige Tempelfestung Medinet Habu von Ramses III. (20. Dynastie).
Sein Bauprogramm scheint sich primär auf Oberägypten bezogen zu haben, doch werden seine Gebäude bedauerlicherweise zum größten Teil für Fundamente oder als Füllmaterial der Bauwerke nachfolgender Herrscher wiederbenutzt, sodass wir heute im Freilichtmuseum von Karnak auf ein herrliches Alabasterheiligtum schauen dürfen, das das einzige erhaltene, aber wiedererrichtete, Bauwerk des Königs ist. Dieses Heiligtum wird schon von seinem Erbauer, dem Architekten Ineni, in seiner Grabinschrift in Theben-West erwähnt, der für den Transport der Blöcke aus Hatnub und für den Bau verantwortlich gewesen ist. Er beschreibt, dass das Gebäude kupferne Türflügel besessen habe, deren Inschriften aus Elektron angefertigt sind. Auch die meisten erhaltenen Abbildungen des Königs stammen erst aus einer Zeit lange nach seinem Tod – in seiner Funktion als Schutzherr der Arbeitersiedlung von Deir el-Medina. Seine Verehrung strahlt von dieser Siedlung über die gesamte thebanische Nekropole aus. Nach 20 Regierungsjahren, in denen er ein Jubiläumsfest feiert, verstirbt Amenophis I. im Alter von etwa 50 Jahren. Seine Mumie wird in dem Mumienversteck
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gefunden, das die Priester der 21. Dynastie in Deir el-Bahari angelegt haben, als die Sicherheit der königlichen Körper durch vermehrte Aktivität von Grabräubern nicht mehr gegeben ist. Schon am Beispiel der ersten Könige des Neuen Reiches ist erkennbar, dass der Herrschertyp dieser Epoche zwar wie im Alten und Mittleren Reich gottähnlich ist, aber gleichzeitig als ungemein selbstsicherer Weltpolitiker und regelrechter Macher auftritt. Die Macht und Kontrolle über Armee, Verwaltung und Priesterschaft scheinen fast grenzenlos gewesen zu sein. Die Herrscher der frühen 18. Dynastie sind sich ihrer Macht bewusst – und sie nutzen sie. Thutmosis I. (ca. 1504 – 1492 v. Chr.) Wie Thutmosis mit dem regierenden Herrscherhaus verwandt ist und ob er überhaupt mit diesem verwandt ist, ist äußerst strittig. Er könnte ebenso ein ambitionierter Mann aus einer hochstehenden Familie gewesen sein wie der Abkömmling eines Zweiges der 17. Dynastie. Legitimität erlangt er durch die Heirat mit der Tochter seines Vorgängers. Er ist zwar sicher nicht der biologische Sohn Amenophis’ I., allerdings ist er nach seiner Gesinnung der wahre Erbe der ruhmreichen Familie, die Ägypten zu einer Großmacht aufbauen will. Thutmosis’ Mutter ist Seni-seneb und entstammt wohl ebenfalls nicht der direkten Königsfamilie. Eine Mitteilung, die Thutmosis I. dem Vizekönig von Nubien über seinen Regierungsantritt und die Bekanntgabe seiner vollständigen Titulatur zukommen lässt, wird im Wadi Halfa und in Quban auf Stelen eingemeißelt: »(. . .) Königlicher Befehl an den Königssohn und Vorsteher der südlichen Länder Turi: Siehe, es wird dir dieser Erlass des Königs gebracht, um zu veranlassen, dass du weißt, dass Meine Majestät – sie lebe, sei heil und gesund – als König von Ober- und Unterägypten auf dem Thron des Horus der Lebenden erschienen ist, wie es sich nicht wiederholen wird ewiglich. (. . .) Jahr 1, 8. Monat der Aussaat-Jahreszeit, Tag 21, am Tag des Festes der Krönung.«190 Das ägyptische Imperium entsteht Nach einer Zeit der schöpferischen Muße, die in Ägypten zum Aufbau einer geistigen Blüte genutzt wird, steht nun unter dem neuen König eine Vergrößerung des Reiches an, die alle bis dahin möglichen Vorstellungen sprengt. Thutmosis I. wird zu »dem Architekten des ägyptischen Imperiums im Ausland«191, dem Begründer einer Weltpolitik, die dem Land am Nil von nun an einen gefürchteten Platz unter seinen Nachbarn sichert. Der König legt unerbittlich und energisch eine völlig neue Phase der Außenpolitik und ein innovatives, nach Weltmacht strebendes Denken an den Tag. Die Zeit, in der Ägypten im eigenen Land gefangen gehalten wird, ist endgültig vorüber, der Pharao bringt das gesamte Potential der ägypti-
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schen Streitkräfte dazu, über die bisherigen Grenzen auszuschreiten. Wie der Nil in der Überschwemmungszeit bäumt sich Ägypten auf und bahnt sich einen Weg zu einem bis dahin nie gekannten Ansehen. In seinem 2. Regierungsjahr fährt Thutmosis I. mit dem langgedienten Offizier Ahmose Sa-Ibana in das Gebiet südlich des 2. Kataraktes, »um den Aufruhr in den Ländern zu bestrafen und um das ‚Schwellen des Armes’ (d. i. das Aufbegehren) des Fremdlandes fernzuhalten«.192 Der alte Soldat hält Details über diesen Feldzug in seinem Grab in El-Kab fest. Leider ist ein Teil der Inschrift zerstört, der eine Provokation der Nubier dem König gegenüber beschrieben hat, aber Ahmose Sa-Ibana fährt fort: »Seine Majestät wurde daraufhin wütend wie ein Panther. Seine Majestät entsandte seinen ersten Pfeil und er blieb in dem Leib jenes Feindes. (. . .) Seine Majestät fuhr stromab, indem alle Länder in seiner Hand waren, jener elende nubische Nomade war mit dem Kopf nach unten aufgehängt am Vorderteil des Königsschiffes Seiner Majestät. Es wurde gelandet in Karnak.«193 Nach dieser höchst beeindruckenden Demonstration der ägyptischen Macht, nachdem der tote aufständische Fürst auf grausame Weise vom 2. Katarakt bis weit hinein in das ägyptische Kernland für jeden sichtbar mitgeschleppt worden ist, muss den Nubiern zwangsläufig jeder Mut zur Auflehnung vergangen sein. Eine Inschrift bei Kurgus bezeichnet dieses Gebiet zwischen dem 4. und 5. Katarakt als neue Südgrenze Ägyptens. Das obernubische Gebiet Kusch ist nun neue Provinz des ägyptischen Reiches und wird mit dem unternubischen Wawat in fünf Verwaltungsbereiche unterteilt und dem Beamten Turi unterstellt. Einen ähnlich glanzvollen Siegeszug führt der junge König auch gegen seine nördlichen Nachbarn, »um sein Herz an den Ländern zu waschen (d. i. ›sein Mütchen kühlen‹)«.194 Problemlos zieht er durch Palästina und Syrien, Gebiete, denen wahrscheinlich sein Vorgänger den Stempel Ägyptens aufgedrückt hat. Er erreicht den oberen Euphrat und stößt zum ersten Mal auf das Mitanni-Reich, das für seine Nachfahren im kommenden Jahrhundert der größte Gegner und Widersacher in diesem Raum werden soll. Durch Stelen markiert er die nördliche Grenze Ägyptens bei Karkemisch und jagt anschließend im Nordosten Syriens Elefanten, deren Stoßzähne er nach Ägypten bringt. An einem strategisch günstigen Ort an der Deltaspitze, in der alten Hauptstadt Memphis, richtet Thutmosis I. ein militärisches Hauptquartier ein, wo die Elite des ägyptischen Militärs in einer Art Militärakademie ausgebildet wird, unter ihnen auch die späteren Kronprinzen. Die relative Nähe dieser Militäranlage zur Nordostgrenze Ägyptens ist nicht zufällig, sondern durch die Entwicklungen in Vorderasien und der Begegnung Thutmosis’ I. mit dem Reich der Mitanni begründet. Ineni, der Architekt, der schon für seinen Vorgänger tätig ist, errichtet für Thutmosis zahlreiche Denkmäler im thebanischen Raum – ihm obliegt ebenfalls die logistische Meisterleistung, zwei Obelisken in den Granitsteinbrüchen von Assuan brechen zu lassen und für deren Transport und Aufstellung im Tempel
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Abb. 34 Theben-West. Seit der frühen 18. Dynastie war das Tal der Könige – bis auf wenige Ausnahmen – der Friedhof der Pharaonen des gesamten Neuen Reiches.
des Amun von Karnak verantwortlich zu sein: »Ich beaufsichtigte, die Aufstellung der beiden großen Obelisken aus rotem Granit an den beiden Pylonentürmen des Tempels. Ich beaufsichtigte die Anfertigung des erhabenen Schiffes von 120 Ellen (ca. 63 m) in seiner Länge und 40 Ellen (ca. 21 m) in seiner Breite, um diese Obelisken zu transportieren. Sie kamen glücklich, wohlbehalten und heil und wurden in Karnak gelandet.«195 Unter anderem schafft er für Thutmosis I. das erste Grab im Tal der Könige (Abb. 34). Durch die vom Nil abgelegene und versteckte Lage dieses Tals kann Ineni stolz über seine Arbeit dort berichten: »Ich beaufsichtigte das Graben des Felsgrabes Seiner Majestät im Alleinsein. Es gab niemanden, der es sah, es gab niemanden, der es hörte.«196 Als Thutmosis I. gestorben ist, hinterlässt er mit seiner Großen Königlichen Gemahlin keinen Prinzen, sondern eine älteste Tochter mit dem Namen Hatschepsut und eine jüngere, bereits verstorbene Prinzessin namens Neferu-biti. Ein im Jahr 4 zum Kronprinz ernannter Amun-messu stirbt vor dem König. Mit einer Nebenfrau Mut-neferet, vielleicht eine jüngere Schwester der Königin, hat Thutmosis allerdings zwei Söhne, von denen der ältere Wadj-messu ebenfalls den König nicht überlebt hat. Thronfolger wird der zweite Sohn dieser Nebenfrau, Thutmosis, der mit seiner ältesten Halbschwester Hatschepsut aus der Hauptehe verheiratet wird, um seine Nachfolge zu legitimieren.
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Thutmosis II. (ca. 1492 – 1489 v. Chr.) Sofort in seinem ersten Jahr nutzen Nubier den Tod des entschlossenen Vaters, um durch einen Aufstand die ihnen aufgezwungene ägyptische Verwaltung abzuschütteln. Der König nimmt an diesem Feldzug nicht persönlich teil, doch befiehlt er seinem ausrückenden Heer, die männliche Bevölkerung auszurotten, einen Sohn des nubischen Fürsten jedoch lebend als Gefangenen in die Residenz zu bringen. Nachdem der status quo in Nubien wiederhergestellt ist, herrscht Ruhe. Der neue Königssohn von Kusch, Seni, übernimmt die Oberverwaltung des gigantischen Gebietes. Der alte Offizier Ahmose Pen-Nechbet, der Jahre zuvor mit König Ahmose gegen Auaris und Scharuhen gekämpft hat, notiert in seinem Grab in El-Kab einen letzten Feldzug – ohne Jahresangabe –, den er mit dem König gegen die aufbegehrenden Beduinen Südpalästinas geführt hat. Er spricht von »sehr vielen Gefangenen, ohne dass ich sie gezählt hätte.«197 Nachfolgeschwierigkeiten Thutmosis II. ist nur eine kurze Regierungszeit beschieden. Für seinen Nachfolger wiederholt sich dasselbe Schicksal, das ihm als Prinz widerfahren ist: Mit seiner Hauptfrau, der Großen Königlichen Gemahlin Hatschepsut, hat Thutmosis II. eine kleine Tochter, Neferu-Ra (Abb. 36), deren Erziehung zunächst der alte Offizier Ahmose Pen-Nechbet übernommen hat und in seiner Grabinschrift berichtet: »Ich zog ihre (Hatschepsuts) große Tochter auf, die Königstochter Neferu-Ra (. . .), als sie ein Kind war, das sich (noch) an den Brüsten befand.«198 Aber Hatschepsut hat keinen männlichen Nachfolger geboren. Ein Prinz stammt von einem »obskuren Harîmsmädchen«199 mit dem Namen Isis – ein Kind noch, das den Namen seines Vaters trägt. Thutmosis III. (ca. 1489 – 1435 v. Chr.) Nominell tritt Thutmosis III. die Herrschaft an (Abb. 39), wobei die eigentliche Regierung in den Händen seiner Stiefmutter Hatschepsut liegt. Ein Zeitzeuge, der Architekt Ineni, berichtet von den Machtverhältnissen dieser Zeit: »Sein (Thutmosis’ II.) Sohn war es, der an seine Stelle als König der Beiden Länder trat. Er herrschte auf dem Thron dessen, der ihn gezeugt hatte. Seine (Thutmosis’ II.) Frau, die Gottesgemahlin Hatschepsut, sorgte für das Land. Die Beiden Länder lebten nach ihren Plänen, man diente ihr, indem Ägypten in Demut war (...), eine Herrin des Befehlens, deren Pläne vortrefflich waren, die die Beiden Länder beruhigte, wenn sie redete.«200 Es ist eine Situation entstanden, wie sie bereits einige Male zuvor zu beobachten gewesen ist – eine Witwe regiert kommissarisch zwischen dem Tod des Man-
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nes und dem Heranwachsen des nächsten Herrschers, bevor die Regierung vollständig in dessen Hände gegeben wird. Doch irgendetwas läuft dieses Mal nicht so, wie es die Nachfolgeregelung üblicherweise vorsieht. Das von Ineni beschriebene Machtverhältnis bleibt wahrscheinlich bis in das Jahr 2 unter Thutmosis III. bestehen. Doch dann beschließt Hatschepsut, ältestes Kind eines legendären Pharaos mit dessen Großer Königlicher Gemahlin, die durch die Eheschließung mit ihrem Halbbruder diesem den Weg auf den Thron eröffnet hat, sich das Recht zu nehmen, das ihr von Geburt aus zugestanden hätte – wenn sie ein Mann gewesen wäre: Die Herrschaft über das Imperium am Nil. Sie will lieber selbst Pharao werden, als zuzusehen, wie der Sohn ihres Halbbruders mit einer Nebenfrau die Königswürde für sich beanspruchen würde, wenn er alt genug ist. Und sie handelt schnell: Sie nimmt die Königswürde an und zählt ihre Regierung rückwirkend mit der Thronbesteigung Thutmosis’ III. Hatschepsut (ca. 1489 – 1467 v. Chr.) und die ersten 22 Jahre Wir wissen heute, dass sich Hatschepsut (Abb. 35) ihre Unterstützung aus den höchsten Kreisen des Amun-Tempels von Karnak holt: Der Wesir und Hohepriester des Amun, Hapu-seneb, und der Vermögensverwalter des reichsten Tempels des Landes, Senen-Mut (Abb. 36), gehören zu ihren engsten Vertrauten – und sie schließt einen für die Macht der Königswürde gefährlichen Handel mit den Priestern des Amun. Durch die Einrichtung des sog. Opet-Festes, das zu einem der bedeutendsten religiösen Ereignisse des Jahres werden soll, und durch viele weitere Gunstbeweise fördert sie das Ansehen, den Reichtum und die Macht der Amun-Priester hinter der goldenen Statue des Gottes, dem zentralen Kultobjekt. Das Opet-Fest ermöglicht es dem Volk, dem es nicht erlaubt ist, die Tempel zu betreten, erstmals, seinem Reichsgott nahezukommen: Nun verlässt die Figur des Amun, in welcher der Gott selbst Gestalt annehmen kann, anlässlich dieses neuen Festes in einer großen Prozession sein Heiligtum beim heutigen Karnak und zieht in den Luxor-Tempel, um dort eine besondere Regeneration zu erfahren. Natürlich ist das heilige Abbild des Gottes dabei hinter einem mächtigen Schrein verborgen, der von Priestern auf den Schultern getragen wird, aber es ist für die Dauer der Prozession nicht mehr hinter dicken Mauern verborgen. Amun ist somit unter Hatschepsut für ihre Untertanen plötzlich praktisch zum Greifen nah. Zu Beginn ihrer Königsherrschaft, im Jahr 2, lässt Hatschepsut ein Obeliskenpaar in Karnak aufstellen, ein weiteres anlässlich ihres ersten Jubiläumsfestes im Jahr 15. Der Tempel erhält unter Hatschepsut den Mut-Bezirk, einen weiteren Pylon, eine neue Umfassungsmauer, die sog. Rote Kapelle und einige Stationsheiligtümer, die anlässlich der Opet-Feierlichkeiten zwischen Karnak und Luxor installiert worden sind. Beim heutigen Totentempel von Ramses III. (20. Dynastie) errichtet Hatschepsut einen kleinen Tempel für die Urgötter Ägyptens, von denen nach thebanischer Auslegung Amun einer ist. Damit legt sie den Grundstein zum Dekadenfest,
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während dem der Reichsgott alle 10 Tage dieses Heiligtum auf der Westseite von Theben besucht. Sie schmückt den Tempel auffallend hingebungsvoll und wertvoll aus und erhält dafür alles, was sie braucht, um sich als Frau für die Herrschaft über Ägypten zu legitimieren: Der Hohepriester manipuliert ein Orakel des Amun, nach dem dieser Hatschepsut auf dem Thron der Beiden Länder sehen will, und schnell wird die machtbesessene Frau Teil einer in Karnak konstruierten Geburtslegende, in der Gott Amun persönlich in der Person ihres Vaters, Thutmosis I., Gestalt angenommen habe und mit Hatschepsuts Mutter ein Kind, das er als sein eigenes annimmt, zeugt und es als König eingesetzt wissen will. Hatschepsut relativierte den Schock, den ein auf Ägyptens Thron gelandeter weiblicher Horus in der Bevölkerung ausgelöst haben muss, dadurch, dass sie Thutmosis pro forma als Mitregenten führt und ihn auf einer Reihe offizieller Inschriften gemeinsam mit sich nennen lässt. Doch eine gewisse geschlechtliche Orientierungslosigkeit ist im Fall der Hatschepsut zu erkennen: Es existieren frühe Statuen der Königin, die sie eindeutig als Frau ausweisen, und spätere, in denen keine Brüste herausgearbeitet worden sind; ebenso sind Pronomenwechsel (»ihr Vater« zu »sein Vater« – jeweils Hatschepsut betreffend) in ein und demselben Text der Königin zu beobachten. Leicht ist das Leben als Frau in einem seit fast 2000 Jahren von Männern dominierten Amt offensichtlich nicht. Die Gunstbeweise für die Beamten des Amun-Tempels gehen noch weiter: Senen-Mut wird nach dem Tod des alten Offiziers Ahmose Pen-Nechbet Erzieher von Hatschepsuts Tochter Neferu-Ra (Abb. 36), ist gestalterisch an ihrem Totentempel tätig, wo er sich verbotenerweise sogar bildlich verewigt, und er erhält ein Grab unter dem Tempelkomplex der Königin, zudem einen Quarzit-Sarkophag nach Art der Könige und er darf seine Grabkammer mit Pyramidentexten und einer astronomischen Decke ausstatten lassen. Der Hohepriester des Amun erhält einen Grabplatz im Tal der Könige zugewiesen. Aus der Zeit der gemeinsamen Regierung von Hatschepsut und Thutmosis III. stammen die frühesten Belege des sog. Totenbuches, den Sprüchen vom Herausgehen am Tage, einem religiösen Textkorpus, mit dessen Hilfe der Verstorbene das nötige Wissen besitzt, sich im Jenseits zu behaupten und den Tod zu überwinden. Im Norden des Tempels von Mentu-hotep II. legt Hatschepsut ihren Totentempel an, der zwischen ihrem 7. und 22. Regierungsjahr innerhalb von 15 Jahren erbaut wird (Abb. 28). Er ist in erster Linie dem Amun geweiht und die Königin genießt mit Hathor201, Anubis202 und Ra-Harachte203 eher einen Parallelkult. Der einzigartige Aufbau in drei Terrassen soll an die Myrrheterrassen des legendären Landes Punt erinnern204, wohin die Königin im Jahre 9 ihre berühmte Expedition ausschickt. An diese Expedition wird im Tempel ausführlich in einer eigenen Punthalle gedacht. Unter dem Beamten Nehsi, der seinem Namen nach nubischer Abstammung ist205, tauscht man in Punt ägyptische Objekte wie Schmuck oder Waffen gegen Weihrauch und Weihrauchbäume, Gold, Gummi, Elfenbein, Ebenholz, Felle und lebende Tiere.
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Abb. 35 Theben-West. Modern wieder zusammengefügtes und ergänztes Bildnis der Hatschepsut (18. Dynastie). Nach ihrem Tod wurden alle erreichbaren Darstellungen von ihr, die sie als regierende Königin zeigten, zerstört (Totentempel der Hatschepsut).
Hatschepsut orientiert sich kulturell stark am Mittleren Reich, der vergangenen großen Zeit Ägyptens, in der Vorderasien, das Ursprungsland der von ihr verhassten Hyksos, nur soweit existiert, als dass es von Ägypten ferngehalten werden muss. Die Zeit der Hyksos-Herrschaft nennt sie ohne Ra, d. h. gottlos. Das mag eine Erklärung dafür sein, warum sie von ihren insgesamt sechs Feldzügen nur zwei in den syrisch-palästinischen Raum geschickt hat. Durch diesen Entschluss ermöglicht es Hatschepsut dem in Vorderasien immer mächtiger werdenden Mitanni-Reich, nach seinen eigenen Vorstellungen schalten und walten zu können. Durch diese Abneigung der Königin gegenüber Vorderasien und der daraus resultierenden passiven Außenpolitik verliert Ägypten im Laufe ihrer Regierung sämtliche Gebiete bis auf Scharuhen an Mitanni. Im Nordosten herrscht »imperialer Stillstand«.206 Überhaupt ist auffällig, wie sehr Hatschepsut Nubien und Nubier bevorzugt. Neben ihrem Kanzler Nehsi erhält ein weiterer Höfling nubischer Herkunft, trotz seiner vergleichsweise niedrigen Titel, außergewöhnliche Ehren – sein Name ist Mai-her-peri, ein Wedelträger der Königin, und ihm ist es erlaubt, ein Grab im Tal der Könige zu beziehen, dessen Ausstattung fast vollständig entdeckt werden kann.207
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Abb. 36 Senen-Mut war einer der engsten Vertrauten der Pharaonin Hatschepsut (18. Dynastie), Vermögensverwalter des thebanischen Amun-Tempels beim heutigen Dorf Karnak und – wie hier zu sehen – Erzieher ihrer Tochter, der Prinzessin Neferu-Ra (Ägyptisches Museum Kairo, Museumsgarten).
Rückschläge Doch Hatschepsuts Stern beginnt zu sinken. Im Jahr 11 verstirbt ihre Tochter Neferu-Ra, was ein schwerer Schlag für die selbstbewusste Königin gewesen sein muss. Vor oder im Jahr 19 verschwindet oder stirbt ihr Vertrauter Senen-Mut, dem Wesir User-Amun wird daraufhin das Amt des Vermögensverwalters des Karnak-Tempels übertragen. Im 22. Regierungsjahr Thutmosis’ III. fliegt schließlich der weibliche Horus zum Horizont. Ihre Mumie, die seit 1903 bekannt ist, wird erst 2007 identifiziert. Ihr Körper muss nach der Beisetzung von einigen Getreuen aus ihrem Grab im Tal der Könige entfernt und in der nahen Gruft ihrer Amme, Sat-Ra In, versteckt worden sein, um sie vor möglicher Verfolgung zu bewahren. Die Königin stirbt eines natürlichen Todes und die Mumie attestiert ihr Fettleibigkeit und u. a. die Zivilisationskrankheiten Diabetes und Gicht, darüber hinaus hat sie Krebs. In Bonn sorgt 2009 ein Ölflakon für Schlagzeilen, dessen Untersuchung ich seinerzeit anregte (Abb. 37). Aufgrund seines begrenzten Fassungsvermögens und seines langen Halses, der die sparsame Dosierung einer kostbaren Flüssigkeit gewährleistet, vermutete ich zuerst ein Parfumöl als ursprüng-
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lichen Inhalt, doch die naturwissenschaftliche Untersuchung erbrachte ein Pflegeprodukt, das Hautleiden wie Schuppenflechte, Neurodermitis oder Ekzeme lindern sollte. Wir wissen, dass es in Hatschepsuts Familie Hautkrankheiten gibt, denn neben den sterblichen Überresten der Hatschepsut zeigen die Mumien sowohl ihres Vaters als auch die ihres Halbbruders und Gemahls Hautauffälligkeiten. Der Teeranteil im Medikament ist höchst krebserregend und man könnte vermuten, dass sich Hatschepsut, um ein Hautleiden zu kurieren, unwissentlich selbst vergiftet. Die Regierung Thutmosis’ III. ohne Hatschepsut (ca. 1467 – 1435 v. Chr.) Thutmosis III. trifft innenpolitisch nicht viele bedeutende Veränderungen, den Vizekönig von Nubien lässt er durch einen neuen ersetzen. Alle übrigen Beamten behalten ihre Ämter – besonders der in Jahr 5 von ihm selbst ernannte Wesir User-Amun, den einige Jahre später sein berühmter Neffe Rech-mi-Ra im Amt ablösen soll. Viel Zeit, sich für die Politik im Innern zu kümmern, bleibt dem König nicht, denn beunruhigende Nachrichten aus Vorderasien verlangen sein sofortiges Handeln. Megiddo – Desert Storm in Nahost Nachdem Ägypten unter Hatschepsut fast 22 Jahre lang seine Augen vor den Vorgängen in Vorderasien verschlossen hat, sieht sich das Königreich am Nil plötzlich den veränderten Verhältnissen gegenüber: Bis auf Scharuhen ist das gesamte Gebiet, das Hatschepsuts Vater unter ägyptische Oberhoheit gestellt hat, an das Reich der Mitanni verlorengegangen. Die Mitanni planen, das ehemalige Hyksos-Reich wiederzubeleben, zu dem in der Vergangenheit auch Ägypten gehört hat – es plant einen Abb. 37 Der Flakon mit dem König von Ober- und Unterägypten-Name (Maat-ka-Ra) der Hatschepsut (18. Dynastie) war noch mit dem Originalverschluss versiegelt. Erst 2009 wurde dieser in Bonn geöffnet und die Inhaltsreste analysiert (Privatsammlung Hamburg).
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Angriff auf das Land der Pharaonen. Es sind nur wenige Wochen nach dem Tod der Hatschepsut vergangen, als Thutmosis III., der nun alleinige Herrscher Ägyptens, mit seinem Heer nach Nordosten zieht, fest entschlossen, eine gewaltige feindliche Koalition zu zersprengen, bevor sie Ägyptens Grenzen erreichen kann – eine Koalition von 330 vorderasiatischen Machthabern, die sich um die Fürsten von Qadesch und Megiddo gesammelt haben und für Mitanni kämpfen wollen (Abb. 38). Thutmosis III. ist berichtet worden, dass sich eine gigantische gegnerische Streitmacht bei Megiddo formiert hat. Das ägyptische Heer zieht über Sile bis nach Jimma, wo sich Thutmosis drei Wege nach Megiddo bieten: Zwei einfach zu passierende breite Wege, die nördlich bzw. südlich vor der Stadt enden, und ein Pass, der so schmal ist, dass »Pferd hinter Pferd marschieren«208 muss. Ein gefährlicher Weg, der Thutmosis jedoch einen Überraschungsangriff auf die Stadt garantieren würde. Sein Beraterstab spricht sich entschieden gegen diesen Pass aus, doch der Entschluss des Königs steht fest: »Meine Majestät wird auf diesem Weg von Aruna vorrücken! Wer von euch will, möge im Gefolge Meiner Majestät mitkommen!«209 Es geschieht, wie der König befohlen hat: Das Heer rückt über den Engpass von Aruna vor. Da man nicht nebeneinander gehen kann, werden die Truppen zu einer langen Perlenschnur, deren Vorhut bereits den Passausgang erreicht hat, während die letzten Soldaten sich in Bewegung setzen. Ohne Zwischenfälle kann der leicht zu gefährdende Marsch bis zur Mittagszeit abgeschlossen werden, denn die Feinde erwarten sie an den anderen Wegen. Südlich von Megiddo wird das Lager aufgeschlagen und Thutmosis III. stellt am frühen Morgen des nächsten Tages sein Heer in zwei Flügeln neben sich zu einer imposanten Schlachtreihe gegen Megiddo auf. Dieser Anblick bleibt nicht ohne Folgen: »Das zahlreiche Heer von Mitanni war gefällt im Verlauf einer Stunde, ausgelöscht dort wie Leute, die nie gewesen waren, wie Asche eines Feuers (. . .)«210, wie Thutmosis III. zurückblickend über diesen Tag aussagt. Ein Großteil der gegnerischen Armee, einschließlich der Fürsten von Qadesch und Megiddo, stürzt zurück zur Stadt und da diese bereits fest verschlossen ist, werden die Flüchtenden an heruntergelassenen Tüchern an den Mauern heraufgezogen. Die zurückgelassenen Streitwagen und wertvollen Gegenstände im Lager üben jedoch leider eine größere Faszination auf die ägyptischen Soldaten aus als der Umstand, die Feinde zu verfolgen. So verpassen die Ägypter den günstigen Moment der unorganisierten Flucht des Feindes, in der es ein Leichtes gewesen wäre, Megiddo, jene Stadt, die in der Bibel als Armageddon erscheint, einzunehmen. Doch diese Chance verstreicht und es folgt eine lange Belagerung und ein Aushungern der Stadt. Die Eroberung ist oberstes Ziel des Königs, so sagt er vor den geschlossenen Toren: »(. . .) alle Fürsten aller nördlichen Fremdländer sind in ihr (der Stadt) eingeschlossen und das Erobern von Megiddo ist das Erobern von tausend Städten!«211 Während der Belagerung haben ägyptische Truppenteile von der Mittelmeerküste aus die Region um den Tiberiasee wieder für Ägypten erobern können. Nach sieben Monaten ergeben sich die Fürsten in Megiddo. Als Zeichen ihrer
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Abb. 38
Karte Vorderasiens.
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Kapitulation schicken sie Kinder mit wertvollen Gaben zu Thutmosis III., eine Geste, die der Pharao verabscheut. Nachdem die Fürsten einen Treueeid geschworen haben, lässt der König sie ziehen – aber »auf Eseln, denn ich hatte ihre Pferde erbeutet.«212 Das ägyptische Heer kehrt mit reicher Kriegsbeute, u. a. bestehend aus 924 Streitwagen und 24 816 Tieren, in die Heimat zurück. Nach diesem ersten Feldzug, in dem Thutmosis III. eine immanente Gefahr für sein Land ausschalten kann, hat Ägypten nach 22 Jahren Passivität in Vorderasien endlich wieder die Möglichkeit, auf ein beachtliches Einflussgebiet in dieser Region blicken zu können. Es hat zwar nicht die einstige Größe, aber immerhin ist es eine solide Basis, von der aus der König innerhalb der nächsten 20 Jahre über ein Dutzend weitere Feldzüge befehligt. Bis zu seinem 33. Regierungsjahr hat Thutmosis III. sechs weitere Kriegszüge nach Vorderasien angeführt. Ihre Ziele sind es, eine Linie von Militärstützpunkten entlang der Mittelmeerküste des Libanon einzurichten, deren nördlichster sich bei Byblos, wenn nicht sogar bei Ugarit213 befindet. Diese Linie ermöglicht es Thutmosis III., in seinem 33. Jahr einen achten Feldzug zu unternehmen, der ihn bis zum – aus ägyptischer Sicht – »umgekehrt«214, da anders als der Nil von Norden nach Süden, fließenden Euphrat führt, den er überquert und zur Erinnerung eine Grenzstele neben der seines Großvaters bei Karkemisch errichtet. Die ägyptische Armee befindet sich nun inmitten des Reiches der Mitanni und sucht dessen König, den, »der ihn (Thutmosis III.) angegriffen hatte (. . .). Der aber floh vor Seiner Majestät in ein anderes Land in die Ferne, aus Furcht.«215 Nach Eroberungszügen im feindlichen Gebiet tritt ihnen der Herrscher des Reiches mit seinem Heer entgegen, die Mitanni fliehen jedoch bald nach dem Zusammenstoß. Die Ägypter nehmen die Verfolgung knapp 11 km lang auf, bevor sie sie ziehen lassen und ihre Beute- und Eroberungszüge wieder aufnehmen. Am Orontes zieht Thutmosis III. zurück nach Ägypten, jagt vermutlich in Nija Elefanten wie Thutmosis I., nimmt Qadesch ein und kehrt siegreich heim. Die Überquerung des Euphrats ist eine beachtliche Leistung des Herrschers, die mit anerkennenden Geschenksendungen der beeindruckten Könige der Assyrer, Babylonier und Hethiter quittiert wird. Ägypten ist wieder eine unangefochtene Macht im syrischen Raum. Die nächsten 9 Jahre werden von weiteren Feldzügen gegen die Mitanni, hauptsächlich im Raum von Aleppo, bestimmt. Diese sind zwar nach Thutmosis’ Euphrat-Überquerung geflohen, aber nicht in einem Kampf geschlagen worden. Ein Sieg über Mitanni ist zwar unter Thutmosis III. nicht möglich – aber an einen Triumph Mitannis über Ägypten ist in keinem Fall mehr zu denken, sie müssen ihren Traum von einem Wiedererstarken des Hyksos-Reiches endgültig begraben. Zum ersten Mal wird das vorderasiatische Gebiet unter einer ägyptischen Verwaltung strukturiert. An ihrer Spitze steht der General Djehuti, der das neu eingerichtete Amt eines Vorstehers der nördlichen Fremdländer bekleidet. Er steht den Garnisonen und Kanzleien Ägyptens vor, die die Stützpunkte verteidigen und die
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Verwaltung besorgen. Der ägyptisierte Bereich Vorderasiens wird in Provinzen unterteilt, deren Fürsten – wenn sie die Oberhoheit Ägyptens anerkennen – ihre Positionen und Amtsbereiche behalten dürfen. »Es wurden aber Kinder der Fürsten und ihrer Brüder gebracht, um als Siegesbeute in Ägypten zu weilen. Und wenn einer von diesen Fürsten starb, dann ließ Seine Majestät seinen Sohn ausziehen, um an dessen Stelle zu stehen.«216 Diese in Ägypten erzogenen und unterrichteten Kinder sind selbstverständlich dem Land, in dem sie ihre Kindheit und Jugend verbracht haben, das sie ernährt und das sie lieben gelernt haben, loyal verbunden, wenn sie die Fürstentümer ihrer ihnen vielfach entfremdeten Väter übernehmen. Neben dieser ausgeklügelten Vorderasienpolitik bleibt Thutmosis III. auch in Nubien aktiv und gefürchtet. Napata wird Teil der nubischen Provinz Kusch und der 4. Katarakt die neue Südgrenze des Neuen Reiches, hier treffen Ägypter zum ersten Mal auf Schwarzafrikaner, die von nun an in den Darstellungen von Tributlieferungen zu finden sind. Jedes Jahr kommen Lieferungen von bis zu 300 kg Gold aus nubischen Goldminen nach Ägypten217 – eine Menge, die für antike Verhältnisse nahezu unvorstellbar ist. Thutmosis III. ist ein wirklicher Held und Gentleman unter den Machthabern seiner Zeit, ein König mit Klasse und Charisma und ein regelrechter Teufelskerl. In Armant lässt er eine Stele im Tempel des Kriegsgottes Month errichten, auf der er seine »Zusammenstellung der Heldentaten«218 liefert und direkt erklärt, diese seien jedoch »zu zahlreich, um sie schriftlich niederzulegen.«219 So müssen wir uns also mit einem Bruchteil der tatsächlichen Ereignisse begnügen, an denen Thutmosis III. uns teilhaben lässt, aber diese sind es allemal wert, hier Erwähnung zu finden: »Schoß er nach der Scheibe, so splitterte jedes Holz wie Papyrus. Es weihte Seine Majestät ein Beispiel davon in den Amun-Tempel, nämlich eine Scheibe von bearbeitetem Kupfer von 3 Fingern Dicke, mit seinem Pfeil darin, nachdem er sie getroffen hatte, wobei er (den Pfeil) drei Handbreiten hinten hatte herauskommen lassen (. . .). Er tötete sieben Löwen mit Pfeilschüssen in einem einzigen Augenblick. Er brachte ein Rudel von 12 Wildstieren in einer Stunde als Beute ein, als noch die Zeit des Mundgeruchs war (d. i. vor dem Frühstück) (. . .). Er erlegte 120 Elefanten in der Steppe von Nija (...). Er hatte den Euphrat überschritten und hatte (. . .) mit Pfeilschüssen ein Nashorn in der südlichen Wüste Nubiens erbeutet (. . .).«220 Und stets beteuert der König in seinen Aussagen: »Ich sage das, ohne dass Prahlerei dabei ist, und indem keine Lüge daran besteht!«221 Das neue Gedankengut Niemals zuvor hat Ägypten derart über seine Grenzen hinausschauen können wie zu der Zeit seiner größten Ausdehnung unter Thutmosis III. So hat der König die Residenz von Theben nach Memphis verlegt, um nicht ständig unter dem Einfluss
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Abb. 39 Theben. Thutmosis III. (18. Dynastie) bezwingt alle Feinde Ägyptens (Karnak-Tempel).
der konservativen und nach Macht strebenden Amun-Priester stehen zu müssen. Zudem hat Memphis eine strategisch weitaus günstigere Lage als das südliche Theben. Die Situation in Nubien wird durch den Vizekönig kontrolliert, doch der angespannte Zustand in Vorderasien verlangt die Nähe des Königs sowohl zum Krisenherd als auch zum bedeutendsten Militärstützpunkt des Landes. In den letzten 10 Jahren seiner Regierung scheint Thutmosis III. keine Kriege mehr geführt haben zu müssen – jedenfalls schweigt das sogenannte Kriegstagebuch an einer Tempelwand in Karnak darüber. Nun kann er sein von Byblos bis zum Gebel Barkal reichendes Bauprogramm und die Dokumentation seiner Feldzüge beenden. Aber Karnak bleibt der bevorzugte Baugrund des erfolgreichen Mannes; ein Tempel, der auch deutlichen Anteil an den materiellen und personellen Besitztümern und Tributen hat, da der König, wie auch seine Vorgänger, seine Siege auf Amuns Hilfe und Beistand begründet versteht. So erklärt er etwa: »Ich packte die Südlichen auf den Befehl seines (des Amun) Ka und die Nördlichen gemäß seiner (des Amun) Leitung.«222 (Abb. 39) Seinen Nachfolger Amenophis hat der König in der Militärakademie in Memphis ausbilden lassen und in seinem 51. Regierungsjahr zum Mitregenten ernannt. Er will die Thronfolge keinesfalls einem Zufall überlassen. Auch den Schatten, den Hatschepsut über seine Regierung geworfen hat, will der alte König nicht vergessen. In seinen letzten Regierungsjahren beginnt er mit der gezielten Ausmerzung
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ihres Namens und ihrer Erinnerung, lässt ihre Statuen zerschlagen, ihre Bildnisse auskratzen (Abb. 35, 40) und die Obelisken, die er im dicht bebauten Karnak nicht niederreißen kann, ummauern. Durch die Tatsache, dass er über 20 Jahre mit der Zerstörung ihres Andenkens gewartet hat, wird deutlich, dass Thutmosis nicht in einem blinden Rachefeldzug als junger Heißsporn reagiert. Dieser Schritt ist gründlich überlegt worden und richtet sich nicht gegen Hatschepsut als Person, sondern gegen ihre Rolle als Pharaonin. Es geht ihm nicht darum, ihren Namen auszulöschen und sie der Verdammnis preiszugeben, sondern einzig darum, den weiblichen Horus in der Geschichte Ägyptens ungeschehen zu machen. Darstellungen, Namen und Titel, die Hatschepsut als Große Königliche Gemahlin oder Gottesgemahlin nennen oder zeigen, lässt Thutmosis III. unangeastet. Am Ende seines Lebens, das vermutlich am 17. März 1435 v. Chr. endet, kann Thutmosis III. auf ein Reich blicken, dessen Einfluss vom Euphrat bei Karkemisch bis zum 4. Katarakt in Nubien reicht. Amenophis II. (ca. 1438 – 1407 v. Chr.) Die schwierige Aufgabe des neuen Königs ist es nun, die gewaltige Persönlichkeit seines Vaters zu ersetzen und das gigantische Reich zu erhalten. Zum Thronfolger wird er erkoren, nachdem sein älterer Bruder Amenemhet gestorben ist. Seine Ausbildung hat Amenophis in der Militärakademie von Memphis erhalten und auch bereits erste Verwaltungsaufgaben an den Werften der Stadt besorgt und die Pferde in den königlichen Stallungen betreut. »Er ist ein lieber ausgewachsener Junge, doch noch ohne tiefere Einsicht«223, hat der große Thutmosis III. über seinen Sohn und Thronfolger gesagt, dessen militärische Fähigkeiten er allerdings nicht in Zweifel zieht. Die menschlichen Mängel sind es, die in der Regierung Amenophis’ II. deutlich zutage treten. Der junge Prinz und König ist ein Sportund Pferdeliebhaber, der von sich gerne behauptet, dass er »bereits stark aus dem Leib gekommen war.«224 Rudern, Reiten, Schießen und Laufen sind die Disziplinen, in denen sich niemand mit dem König messen kann. Der Prinz liebt es, mit seinem Streitwagen von Memphis bis zum Sphinx von Giza (s. Frontispiz) zu fahren, wo er sich ausruht und seine Pferde die Pyramiden betrachten lässt.225 Hier erbaut er als König einen Ruheplatz, auf dem eine Stele errichtet wird, von der wir viel über diesen König erfahren. Er schätzt sportliche Herausforderungen und ist wahrscheinlich entzückt, als ihm seine Hofleute einen Parcours aus vier kupfernen Schießscheiben an Pfählen aufgebaut haben, die jeweils 10 m voneinander entfernt gewesen sind. Jede Scheibe ist eine Handbreit dick, doch der König »spannte den Bogen, indem er vier Pfeile zugleich in seiner Faust hielt. Er fuhr los und schoss auf sie (. . .) wobei seine Pfeile hinten wieder herausgekommen waren.«226 Alleine damit will er die Heldentat seines Vaters übertreffen, der lediglich auf eine Scheibe von nur 3 Fingern Stärke geschossen hat. Aber Amenophis II. hat es offenbar nötig, sich
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zu profilieren und den Schatten des übermächtigen Vaters abzuschütteln, denn er berichtet von seiner »Tat, die noch nie getan worden war und die man niemals als Erzählung gehört hatte: Es wurde ein Pfeil auf eine Scheibe geschossen, der aus ihr wieder hervorkam und zur Erde fiel!«227 Thutmosis’ Pfeil ist nur drei Handbreit auf der Rückseite herausgetreten . . . Die vergangenen fast drei Jahre hat er neben Thutmosis III. die Verantwortung des Königtums kennengelernt, doch während sein Vater eher ein Gentleman mit ritterlichen Eigenschaften auf dem Thron der Pharaonen ist, tritt Amenophis II. als besonders brutaler Muskelprotz mit einem erschreckenden Hang zur Gewalttätigkeit hervor. Qualitäten des Herrschers, die zuvor nicht in diesem Maße hervorgehoben worden sind, werden nun ständig formuliert und betont – vielleicht weil diese Eigenschaft des Königtums »unwahr zu werden beginnt«.228 Die alten und traditionsreichen Familien in der obersten Beamtenschicht werden durch Männer ersetzt, mit denen Amenophis in seiner Kindheit und Jugend zu tun hat – Freunde, Weggefährten und Kameraden, die mit ihm die prägenden Jahre durchlebt haben, erhalten bedeutende Positionen. Zum Beispiel wird die Familie des seit 60 Jahren amtierenden Wesirs Rech-mi-Ra, dessen Onkel UserAmun von seinem noch kindlichen Vater eingesetzt worden ist, durch seinen Freund Amun-em-Opet Pa-iri ersetzt – ein zweiter Wesir ist nicht belegt. Der Bruder des neuen Titelträgers, Sen-nefer, wird der neue Bürgermeister der Hauptstadt Theben. Andere Weggefährten seiner Jugend sind Meri und Amenemhet, die Hohepriester des Amun werden. Der Vizekönig von Nubien User-Satet ist ein weiterer Freund des Königs und ein Brief Amenophis’ II. an ihn aus dem Jahr 23 seiner Herrschaft ist ein Musterbeispiel für den nicht standesgemäßen Ton im Umgang mit seinen Beamten. User-Satet lässt den Text des Briefes auf eine Stele in Semna einmeißeln, sodass wir heute Kenntnis von dieser Urkunde haben. Amenophis II. verzichtet auf die üblichen einleitenden Brieffloskeln und erwähnt, dass er im Palast sitzt, »trinkend und sich einen schönen Tag machend«229, während er diese Zeilen schreibt. Bedeutungsvoll sind die unmissverständlichen Aussagen über die Bewohner des Gebietes, das User-Satet untersteht: »Traue ja nicht den Nubiern, sondern hüte dich vor ihren Leuten und ihren Zaubereien (. . .). Höre also nicht auf ihre Worte und kümmere dich nicht um ihre Botschaften!«230 Sein erster Feldzug führt den jungen Alleinherrscher nach Vorderasien und dient dazu, den dortigen Fürsten den Treueeid abzunehmen. Dabei kommt es wahrscheinlich zu Aufständen, die von sieben lokalen Machthabern angeführt worden sind. Von diesem Zwischenfall wird berichtet: »Es kehrte aber Seine Majestät in der Freude seines Vaters Amun zurück, nachdem er sieben Häuptlinge mit eigener Keule erschlagen hatte, die sich im Bezirk Techsi (südlich von Qadesch) befunden hatten, die dann kopfüber am Bug des Schiffes Seiner Majestät aufgehängt wurden (. . .). Man hing sechs Leute von diesen Gefallenen gegenüber der Mauer von Theben auf und die Hände ebenso. Den anderen Gefallenen aber fuhr man nach Nubien, wo er an der Mauer von Napata aufgehängt wurde, um
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Abb. 40 Theben. Hatschepsut (18. Dynastie), die Frau, die die Königswürde für sich beansprucht hatte, wurde posthum mit der Vernichtung ihres Andenkens, der damnatio memoriae, bestraft (Karnak-Tempel).
die Siege Seiner Majestät ewiglich sichtbar sein zu lassen in allen Ländern und allen Fremdländern des nubischen Landes.«231 Diese pure Gewalt wirkt noch heute abstoßend und befremdlich – und absolut unägyptisch. Nie zuvor hat es ein König nötig gehabt, eine derartige Demonstration seiner Leistungen zur Schau zu stellen. Von der Leiche des aufständischen Fürsten der nach Napata gebracht worden ist, dürfte nach einem vielwöchigen Transport von dem Gebiet um Qadesch bis zum 4. Katarakt in Nubien, nicht mehr viel übriggeblieben sein. Die verfaulten Überreste eines menschlichen Kadavers, der einst ein Fürst in einem fernen Land gewesen ist, in das die Nubier am 4. Katarakt niemals kommen würden, dürfte allerdings entsprechendes Entsetzen verursacht haben.
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Vier Jahre später, im Jahr 7, erfordert das Vordringen des Mitanni-Königs Saustatar in Nordsyrien das Erscheinen des Pharaos mit seinem Heer, mit dem er weit nach Norden, bis auf die Linie Ugarit-Nija, vordringt. Der Rückzug des Heeres ist bemerkenswert, denn innerhalb des betreffenden Berichtes werden 14 Tage einfach nicht notiert, was sehr danach aussieht, als hätte Amenophis eine Niederlage erleben müssen. Die Orte, die Amenophis dann als eroberte palästinische Städte angibt, sind aber weitestgehend unbekannt und werden wohl in einer Art Ersatzfeldzug für den gescheiterten Einsatz gegen die Mitanni hergehalten haben müssen, um die Soldaten zu versorgen. Mit welcher Grausamkeit er dabei vorgeht, ist ebenfalls atemberaubend: »Er erbeutete ihre Großen 34, Adelige 57, lebende Asiaten 231, Hände 372232, Pferde 54, Wagen 54 mit allem Kriegsgerät, alle Erwachsenen von Syrien, ihre Kinder, ihre Frauen und all ihren Besitz. Nachdem Seine Majestät diese sehr große Beute gesehen hatte, machte man sie zu Gefangenen. Man machte zwei Gräben um sie herum und füllte sie mit Feuer. Seine Majestät aber wachte über sie bis zum Hellwerden, indem sein Schlachtbeil in seiner Rechten war, allein, ohne, dass jemand bei ihm war.«233 Erstaunlich ist, dass unter Amenophis II. Götter Vorderasiens in den Götterkreis Ägyptens aufgenommen werden. »Sind doch die ägyptischen Götter durch die Tradition viel zu gebändigt, um das ›Berserkerhafte‹ des neuen Kampfgefühls (. . .) verkörpern zu können.«234 Im Jahr 8 unternimmt er eine groß angelegte Kampagne gegen Nubien, und in einem letzten Feldzug nach Vorderasien im 9. Jahr werden lediglich örtlich Unruhen beseitigt. Gegen Ende der Regierung Amenophis’ II. können bereits Friedensverhandlungen mit dem Mitanni-Reich vorbereitet worden sein, die allerdings erst unter seinem Sohn und Nachfolger Thutmosis IV. perfekt geworden sind. Während seiner 26 Regierungsjahre feiert der König ein Jubiläumsfest. Sein Grab im Tal der Könige wird unter Pai-nedjem I. in der 21. Dynastie als ein weiteres Lager für Königsmumien benutzt. Die Mumie von Amenophis II. ist mit der des Tut-anch-Amun der einzige Leichnam eines Herrschers, der noch im Friedhof der Pharaonen ruht – und noch heute lässt sein muskulöser Körper die einstige Körperkraft Amenophis’ II. erahnen. Thutmosis IV. (ca. 1407 – 1398 v. Chr.) Ein völliges Gegenstück zu seinem Vater ist Thutmosis IV., der nach eigener Aussage nicht für die Thronfolge ausersehen ist. Eines Tages erholt sich der junge Prinz von einer Jagd in der Wüste bei Giza. Unter dem Kopf des Sphinx, der durch Jahrtausende lange Sandbewegungen bis zum Hals zugeweht ist, legt er sich in den Schatten, ruht sich aus und schläft ein. Im Traum erscheint ihm der Gott Harachte (Hor-acheti, Horus der beiden Horizonte), der im Neuen Reich in der Gestalt des Sphinx erkannt wird, und verspricht dem Prinz, die Thronfolge Ägyp-
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tens fiele nach dem Tod seines Vaters ihm zu, wenn er das monumentale Steinbildnis vollständig vom Sand befreien würde. Nachdem Prinz Thutmosis erwacht ist, organisiert er die erste dokumentierte Ausgrabung in Ägypten, befreit den Sphinx vom Sand und wird neuer König des Landes. Diese Geschichte berichtet uns die Traumstele, die Thutmosis als König zwischen den Tatzen des Sphinx errichten lässt und die noch heute an diesen für ihn so schicksalhaften Traum erinnert (Abb. Frontispiz). Mit Thutmosis IV. hat die aggressive Außenpolitik zunächst ein Ende. Obwohl er in der elitären Militärakademie in Memphis erzogen worden ist, teilt er die Kampfeslust seiner Vorfahren in keiner Weise. Thutmosis IV. ist als der erste Diplomaten-König des Neuen Reiches zu bezeichnen, der eher die Tochter seines Feindes heiratet als mit diesem Krieg zu führen. Von ihm sind nur zwei militärische Bewegungen bekannt. Die eine führt ihn durch die Provinzen Vorderasiens bis in das Reich Mitanni hinein, wahrscheinlich ist es das obligatorische Erscheinen eines neuen ägyptischen Königs in den Provinzen, um den Treueeid auf seine Person einzufordern. Der andere Einsatz führt in seinem 8. Regierungsjahr nach Wawat, um die Einwanderung von Beduinen nach Nubien abzuwehren. Mitanni ist zu dieser Zeit durch intensive Aktivität der Hethiter in Nordsyrien durchaus nicht an Unstimmigkeiten mit Ägypten interessiert – einem Zwei-Fronten-Krieg hätte es nicht standhalten können. Zudem ist Ägyptens eigene Grenzlinie am Orontes von wahrscheinlich Nija bis nach Qadesch zurückgedrängt worden. Aber dennoch ist dem Pharao nicht daran gelegen, in diese Region zu ziehen, um kriegerisch das Gebiet zurückzufordern. Offensichtlich scheint er die Sachlage in Vorderasien zu ignorieren – oder Ägyptens Chancen richtig einzuschätzen. Vielmehr bedrängt er den mitannischen König Artatama geradezu siebenmal(!), ihm seine Tochter zur Frau zu geben. Mitanni würde sicher nicht an einen Angriff auf Ägypten denken, wenn die Tochter des Königs von Mitanni die Königin Ägyptens ist. Wenn auch häufig behauptet wird, Thutmosis III. und Ramses II. seien die größten Könige Ägyptens gewesen, so muss Thutmosis IV. als kluger und vorausschauend planender Mann und als Pharao der leisen Töne ebenfalls in diesen Rang gehoben werden. Angesichts des immer bedrohlicher werdenden Hethiter-Reiches ist ein Friedensschluss zwischen Mitanni und Ägypten das einzig Sinnvolle, was ein Pharao in dieser Situation anstreben kann, wenn er sein Reich erhalten will. Hätte Thutmosis IV. ebenfalls im brodelnden Topf Vorderasiens herumgerührt, wäre ein mögliches Bündnis zwischen Mitanni und Hethitern nicht auszuschließen gewesen – eine für Ägypten tödliche Verbindung. Die weltpolitische Situation hat sich verändert, Umsichtigkeit und Fingerspitzengefühl sind nun gefragt, nachdem Ägyptens Stellung in Vorderasien nach Hatschepsut mehr als deutlich gemacht worden ist. Schließlich sendet Artatama seine Tochter, deren Namen wir leider nicht kennen, und mit der Hochzeit kommt der Frieden und mit ihm tritt der Handel an die Stelle des Krieges.
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Dank dieser Ruhe, die der Frieden einkehren lässt, kann sich Thutmosis IV. einer besonderen innenpolitischen Schwierigkeit widmen, die in den vergangenen Jahrzehnten unterschwellig immer mehr zugenommen hat – die Macht der Priester des Tempels von Amun in Karnak. Als Bauherr und Stifter tritt Thutmosis IV. deutlich hinter seinen Vorfahren zurück: Er lässt einen Oblisken seines Großvaters aufrichten, der östlich des Ach-menu, einem Festtempel Thutmosis’ III. am Ostende des Hofs des Mittleren Reiches in Karnak, liegengeblieben ist235, und sorgt für die Vergoldung des damaligen Haupteinganges am 4. Pylon. Doch Thutmosis ist sehr darauf bedacht, die politische und wirtschaftliche Kraft der Priester und ihrer Tempel unter Kontrolle zu bringen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass unter Thutmosis IV. der Kult der Sonnenscheibe (Aton) als religiöses Gegenprogramm zum allseits präsenten Gott Amun besonders gepflegt bzw. überhaupt erst in Erwägung gezogen wird. Der Mann, der die Zuschüsse der Tempel zu bestimmen hat, der Vorsteher der Priester von Ober- und Unterägypten, wird unter Thutmosis IV. zum ersten Mal ein Militär. An Grab und Totentempel wird Thutmosis’ Schwäche für das Monumentale deutlich sichtbar. Beide Anlagen sind gewaltiger in ihren Ausmaßen als die seiner Vorgänger. Dabei legt er gleichzeitig aber ebenso viel Wert auf die Details – zwei Vorlieben, die nur mit sehr großem Zeitaufwand miteinander zu vereinbaren sind. Leider stirbt der für Ägypten so wichtige Pharao nach nur neun Regierungsjahren im Alter von etwa 35 Jahren – sodass Tempel und Grab nicht völlig fertiggestellt werden. Aber dennoch lässt die hohe Qualität der Malereien im Königsgrab das Geschick auf diesem Gebiet unter Thutmosis IV. erkennen. Die herrlich gearbeiteten Gräber des Astronomen Nacht und des Kornschreibers Menena in der Beamtennekropole von Schech abd’l Qurna in Theben-West dokumentieren die Handfertigkeit der Künstler unter Thutmosis IV. auch in der nicht-königlichen Sphäre. Von Thutmosis IV. sind als Hauptgemahlinnen eine Neferet-iri und seit dem Jahr 7 eine Königin Wadjit belegt. Sein Nachfolger wird jedoch von der Nebenfrau Mut-em-wia geboren. Dieser Sohn führt die Politik seines Vaters und die Vorliebe für gigantische und dennoch liebevoll ausgestaltete Anlagen weiter und beschert dem Land eine beeindruckende Blütezeit. Amenophis III. (ca. 1398 – 1361 v. Chr.) Amenophis III. kommt als 12-jähriger Junge auf den Thron, doch scheint seine Mutter Mut-em-wia in den ersten Jahren die Regierungsgeschäfte für ihn übernommen zu haben. Überhaupt ist die Politik unter diesem König extrem von Frauen geprägt worden: Nach seiner Mutter steht seine Frau Teje dem jungen Pharao zur Seite – und wird wohl tatsächlich auch einigen Einfluss auf die Politik gehabt haben. Rund 1000 Jahre zuvor hat König Pepi I. zwei Töchter des Gaufürsten von Abydos geheiratet und deren Bruder Djau zum Wesir ernannt. Eine ähnliche
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Heirat wiederholt sich unter Amenophis III., jedoch ist seine Erwählte noch ein wenig bürgerlicher als die Damen seines Amtsvorgängers aus dem Alten Reich. Der Vater der jungen Teje ist Provinzbeamter mit wahrscheinlich beträchtlichem Einfluss in Achmim, sein Name ist Juja und er ist mit einer Frau mit ähnlich klingendem Namen, Tuja, verheiratet. Gemeinsam haben beide neben Teje wahrscheinlich noch zwei Söhne – mit Sicherheit Anen, den Amenophis III. zum 2. Amun-Priester von Karnak macht, und vermutlich auch Eje, der zum Erzieher des Thronfolgers wird. Obwohl in Tejes Adern kein königliches Blut fließt, heiratet der junge Pharao sie, und ihr Vater Juja steigt vom Priester des Min 236 und Vorsteher der Rinder des Min zum Vorsteher der Pferde, Stellvertreter Seiner Majestät bei der Streitwagentruppe und Gottesvater (= Schwiegervater des Königs) auf. Es muss Liebe gewesen sein, die den jungen König zu diesem Entschluss geführt hat. Jedoch sind die Konsequenzen dieses Schritts nicht leicht, denn das pharaonische Blut, das innerhalb der letzten sieben Generationen in den Königen pulsiert, war durch das Mädchen aus der Provinz stark verwässert worden. In einer späten Phase seiner Regierung sieht sich Amenophis, wahrscheinlich auf Druck einflussreicher religiöser Kreise, gezwungen, entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Juja und Tuja erhalten nach ihrem Tod ein Grab im Tal der Könige, was die Krönung ihres gesellschaftlichen Aufstiegs bedeutet. Mehr können sie nicht erreichen. Von ihrer reichen Grabausstattung ist viel erhalten geblieben und ihre Mumien gehören zu den ausdruckstärksten, die jemals in Ägypten gefunden werden. Die Politik der Geschenke Den Frieden, den Amenophis aus der Regierung seines Vaters übernommen hat, kann er mit großzügigen und wertvollen Geschenken und fortgesetzten diplomatischen Heiraten noch weiter ausbauen. Ägypten ist ein reiches Land und kann es sich leisten, Frieden und Treue zu erkaufen. Doch Amenophis III. kauft sich damit auch die Freiheit, in seinen vorderasiatischen Gebieten niemals erscheinen zu müssen. Er hat keinerlei Ambitionen, militärisch aufzutreten und ist ganz und gar kein Weltpolitiker. Ein einziger Feldzug nach Nubien ist aus dem Jahr 5 überliefert, doch in seine Gebiete in Vorderasien setzt er nie auch nur einen einzigen Schritt. Die Folge ist, dass sich im Laufe seiner 38-jährigen Herrschaft ehemals verbündete syrische Fürstentümer gegen den nie gesehenen Pharao entscheiden und zugunsten der Hethiter von Ägypten abfallen. Langsam löst sich das Großreich seiner Vorfahren auf. Im Jahr 10 heiratet Amenophis III. Giluchepa, die Tochter von Schutarna, dem König des Mitanni-Reiches, die mit einem Gefolge von 317 Frauen in den Harîm seines Palastes einzieht. In den späteren Jahren seiner Herrschaft folgt die Tochter
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von Schutarnas Nachfolger Tuschratta. Dazwischen finden Hochzeiten mit weiteren Töchtern kleinerer Fürstentümer statt. An die Stelle von Feldzügen treten rituelle Jagden, in denen der König ebenfalls böse Mächte vernichtet: So wird von einer Wildstierjagd im 2. Jahr berichtet und eine Anzahl von 102 Löwen genannt, die Amenophis in den ersten 10 Jahren seiner Macht erlegt hat. Aus den ersten 11 Jahren stammen sog. Gedenkskarabäen, die in fünf Serien hergestellt werden und neben der Wildstier- und Löwenjagd von seiner Hochzeit mit Teje, der diplomatischen Heirat mit Giluchepa und der Anlage eines knapp 2 km langen und 315 m breiten künstlichen Sees für Teje berichten. Diese Skarabäen werden veröffentlicht, indem sie wichtigen Beamten als eine Art Newsletter zugestellt werden. Auf jedem Skarabäus wird Teje genannt – ob sie nun an den beschriebenen Handlungen beteiligt ist oder nicht. Die Stücke, die die Heiraten mit Teje und Giluchepa thematisieren, führen zusätzlich auch Juja und Tuja namentlich auf. Spannungen in Vorderasien Doch während Amenophis III., geblendet vom Glanz seines Goldes, in sträflichem außenpolitischen Desinteresse verstrickt, den Prunk und den Reichtum seiner Zeit genießt und zelebriert, überschlagen sich im Mitanni-Reich die Ereignisse. Kurz nachdem Schutarna seine Tochter Giluchepa nach Ägypten gesandt hat, stirbt der mitannische König. Sein Sohn und Nachfolger Artassumara wird von einem hethiterfreundlichen Machthaber ermordet, um einen jüngeren Sohn des Schutarna auf den Thron zu bringen – König Tuschratta, der noch ein Kind ist. In dieser Zeit bricht die Verbindung zwischen Mitanni und Ägypten ab. Als Tuschratta herangewachsen ist und sich nicht so pro-hethitisch eingestellt entwickelt wie von den Hethitern erhofft, sondern stattdessen den einflussreichen Mörder seines Bruders beseitigen lässt und selbständig zu regieren beginnt, ist sein Reich und auch sein Leben in Gefahr. Denn nun will der neue Herrscher der Hethither, Schupiluliuma, den aufbegehrenden Mitanni-König während eines Angriffs töten lassen. Das ist der Augenblick, in dem Mitanni an die guten Beziehungen zu Ägypten anknüpft und wieder in Amenophis’ Geschenkverteiler aufgenommen wird. Die Attacke der Hethiter kann Mitanni abwehren und seinerseits einen Anteil der Kriegsbeute nach Ägypten senden. Später schickt Tuschratta seine Tochter Taduchepa mit 270 Begleiterinnen an den ägyptischen Hof, damit sie die neue Frau Amenophis’ III. wird. In der späten Regierungszeit Amenophis’ III. spielt in Amurru, dem nördlichsten Teil Vorderasiens unter ägyptischer Oberherrschaft, der Fürst Abdi-Aschirta ein doppeltes Spiel: Er herrscht über das Gebiet zwischen Ugarit und Byblos und gibt sich als treuer Fürst, der die ägyptische Oberhoheit anerkennt, doch insgeheim strebt er danach, sein Gebiet zu vergrößern, sich von Ägypten zu lösen und
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zu den Hethitern zu wechseln. Zahlreiche Warnungen von loyalen Kleinkönigen der Umgebung bringen Amenophis III. endlich dazu, eine Truppe zu entsenden und den Aufständischen festzunehmen. Doch immer mehr Kleinfürsten schlagen sich auf die Seite der Hethiter, was schließlich dazu führt, dass die Hethiter derart mächtig werden, dass sie das Mitanni-Reich einfach überrollen können und Ägypten tatenlos zusehen muss. Spaltung im Innern – Neues Gedankengut und Traditionsbewusstsein Der König verlegt seine Residenz mit seinen Hofbeamten von Memphis zurück nach Theben und gründet auf dem Westufer, in deutlicher Entfernung zum Amun-Komplex auf der gegenüberliegenden Ostseite, seinen weitläufigen Palast auf einem heute Malqatta genannten Areal. Die Eigenmächtigkeiten der Priester haben hier zugenommen und der Pharao muss dringend Präsenz zeigen. Die Handelskontakte Ägyptens erreichen in dieser Zeit gewaltige Ausmaße. Von Babylonien und Assur, zu denen politische Kontakte bestehen, reichen sie über den Jemen, Anatolien, Ätolien bis in die Ägäis hinein. Ägyptens Weltoffenheit prägt sich immer weiter aus und stets neue Einflüsse finden ihren Weg ins Land. Amenophis III. versteht sich als glänzende Sonnenscheibe (Aton) aller Länder und lässt sich häufig so oder ähnlich nennen. Ptah-mose ist der Wesir für die südliche Landeshälfte, der zudem Hohepriester des Amun von Karnak, Bürgermeister von Theben und Vorsteher aller Priester von Ober- und Unterägypten ist. Nach Ptah-mose übernimmt Ra-mose das Amt des Wesirs, während Meri-Ptah neuer Hohepriester des Amun wird. Weitere Wesire sind Amenophis-Hau und der Syrer Aparel, dessen großes Grab in Saqqara gefunden wird – dass ein Ausländer das zweithöchste Amt im Lande bekleiden kann, ist als deutlicher Beweis für die Weltoffenheit Ägyptens zu jener Zeit zu werten. Eine herausragende Karriere erlebt außerdem ein Namensvetter des Königs – Amenophis, der Sohn des Hapu (Abb. 41). Er ist ein Mann, der als Rekrutenschreiber begonnen hat und es zum Vermögensverwalter der Königin SatAmun, Tochter Amenophis’ III., und zum gefragtesten Bauleiter des Königs gebracht hat. Der königliche Totentempel, der größte religiöse Bau seiner Zeit – größer als der Karnak-Tempel in seinem damaligen Baustadium – ist unter anderem die Arbeit dieses Beamten. Heute flankieren nur noch zwei gigantische monolithische Kolosse die Stelle, an der sich einst der Eingang in dieses Heiligtum befunden hat. Erdbeben und Steinraub haben diesem Monument später stark zugesetzt. Für seine Leistungen wird Amenophis, Sohn des Hapu, mit einer unvergleichlichen Ehre bedacht: Der König erlaubt ihm, einem Pharao gleich, einen eigenen Totentempel für seinen Kult zu besitzen. Sein Name lebt noch heute teilweise in der modernen arabischen Bezeichnung eines Gebietes unweit seines Totentem-
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pels fort: Medinet Habu (Stadt des Habu [= Hapu]). In der späteren Ptolemäerzeit (332–31 v. Chr.) wird er sogar als Heiliger verehrt. In Karnak lässt Amenophis III. zwar den 3. Pylon bauen, für dessen Fundamente die chapelle blanche von Sesostris I. (Abb. 30) demontiert wird, aber er lässt auch den Luxor-Tempel errichten, dessen Vorgängerbau von Hatschepsut man vollständig beseitigt. Maßgebliche Architekten an diesem Projekt sind die Zwillingsbrüder Suti und Hor. Weitere Heiligtümer von erlesener Qualität errichtet er an vielen Orten Ägyptens und Nubiens. Aber der Luxor-Tempel wird zu etwas ganz Besonderem, denn ihn nutzt der König als Bühne zur Gottwerdung und er wird zum zentralen Symbol des gottgleichen Königtums. Hier verwandelt sich der König zu einem Gott, so wie die Könige des frühen Alten Reiches es einst gewesen sind, und er bildet einen bewussten Gegenpol zum immer mächtiger werdenden Amun von Karnak. Diesen Gegenpol soll Amenophis’ Sohn fortsetzen und kaum vorstellbar vergrößern. Der Luxor-Tempel ist der Ort, an dem das ägyptische Königtum wiederbelebt werden soll, aber auch für spätere Könige ist der Luxor-Tempel so wichtig, dass noch Alexander der Große das alte Allerheiligste gegen ein neues austauscht und sich auch römische Kaiser hier abbilden lassen wollen. In seiner letzten Regierungsphase sieht sich Amenophis durch den öffentlichen Druck gezwungen, das durch die bürgerliche Teje wässrig gewordene Blut der Familie wieder zu reinigen und heiratet zwei seiner vier Töchter, Sat-Amun und Isis – eine rituelle Notwendigkeit, bei der der inzestuöse Charakter dieser Verbindung sicher nicht ausgeübt wird. Auch wenn verschiedentlich angenommen wird, die nun auftretende Baket-Aton sei eine Tochter des Königs mit seiner Tochter Sat-Amun, ist viel wahrscheinlicher, dass Baket-Aton (Dienerin des Aton) der neu angenommene Name der Sat-Amun (Tochter des Amun) ist. Das Ende Amenophis III. stirbt nach langer und schwerer Krankheit im 38. Regierungsjahr in seinem Palast in Malqatta im Alter von etwa 50 Jahren. Seine Mumie wird 1898 in dem Versteck im Grab seines Großvaters Amenophis II. gefunden. In den letzten Jahren ist der König »dick, kahlköpfig und schlechtgelaunt wegen schlimm eiternder Zähne«.237 Es sind schwere Vereiterungen im Kieferbereich zu erkennen, die dem König in den letzten Jahren seines Lebens das Essen zu einer Qual haben werden lassen. Auch die über 600 lebensgroßen Statuen aus schwarzem Granit, die er der löwenköpfigen Göttin Sachmet gestiftet hat, haben sein Leiden nicht mildern können. Sachmet ist die Göttin der Krankheit, sie schickt Krankheitsdämonen aus, kann diese aber auch wieder zurückrufen. Heute sind diese Figuren in den Museen der Welt verstreut, nur noch wenige sind am ursprünglichen Aufstellungsort im Mut-Komplex des Karnak-Tempels zu finden.
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Abb. 41 Einer der wichtigsten Männer unter der Regierung Amenophis’ III. (18. Dynastie) – Amenophis, der Sohn des Hapu. Hier als Schriftgelehrter schreibend dargestellt. Seine Leibesfülle deutet Wohlstand an.
Auch das heilbringende Bild der Göttin Ischtar, das Amenophis III. zwei Jahre vor seinem Tod von seinem Schwiegersohn Tuschratta aus Ninive erbeten hat, zeigt keine Wirkung. Wahrscheinlich ist ebenfalls die rasche Folge von drei Jubiläumsfesten in den Jahren 30, 34 und 37 in diesem Zusammenhang zu erklären. Durch die Regeneration der Kräfte, die dieses Fest für den König bewirken soll, erhofft sich Amenophis auch die Wiederherstellung seiner Gesundheit. Ein viertes Fest befindet sich in der Vorbereitungsphase, kann jedoch nicht mehr abgehalten werden – der gottgleiche König ist bereits zur Sonne entrückt . . .
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Die Abgeschiedenheit von jeglicher politischer Aktivität, die er schon zu Lebzeiten gesucht hat, wählt er auch für seinen letzten Ruheplatz. In einem Seitenarm des Tals der Könige, dem sog. Western Valley oder auch Tal der Affen, fernab der Gräber seiner Vorgänger, hat sich Amenophis III. sein Felsengrab ausschlagen lassen. Amenophis IV./Echnaton (ca. 1361 – 1344 v. Chr.) Nach dem Tod Amenophis’ III. folgt sein zweitältester Sohn, ebenfalls Amenophis genannt, auf den Thron. Mit ihm beginnt und endet jener Abschnitt der ägyptischen Geschichte, der heute als Amarnazeit bezeichnet wird. Ein Zustand, der 17 Jahre das Land erschüttert und alles auf den Kopf stellt, was zuvor langsam über 2000 Jahre gewachsen ist. Amenophis IV. ist zunächst nicht für das Amt des Königs vorgesehen – »und für Ägypten wäre es viel besser gewesen, hätte er es niemals ausgeübt.«238 In den ersten Jahren dürfte der junge König von seiner erfahrenen Mutter Teje in die Kunst der Staatsführung eingewiesen worden sein, wobei sie wahrscheinlich wiederum, wie schon bei ihrem verstorbenen Gemahl, die eigentliche Regierung geführt hat. In dieser Frühphase ist noch nichts von dem bevorstehenden Schrecken zu spüren, der bald schon über das Land hereinbrechen soll: Teje und ihr königlicher Sohn treten in einem thebanischen Beamtengrab gemeinsam vor die alten Götter, der König opfert vor Amun, er lässt sich vor Nechbet bei Zernik abbilden, verehrt den vergöttlichten Vater im Tempel von Soleb, lässt aber bald eine gewisse Neigung zu Aton deutlich werden, dem er als Erscheinungsform des alten Ra-Harachte sogar einen Obelisken in einem wahrscheinlich schon bestehenden Heiligtum östlich von Karnak errichtet. Auffallend ist, dass der König bereits in recht jugendlichem Alter in seinem 3. Jahr ein Jubiläumsfest abhielt. Die Gegenbewegung zu Amun Der eigentliche Startschuss für die Ereignisse, die Ägypten in einen Strudel der Verwirrung stoßen, fällt im Jahre 4 der Herrschaft von Amenophis IV. In diesem Jahr verfügt der König, dass der Hohepriester des Amun, Mai, eine Steinbruchexpedition in die Ostwüste leiten soll. Während seiner Abwesenheit schließt Amenophis den Tempel des Gottes Amun in Karnak. Noch ist keine Verfolgung des Andenkens dieses Gottes zu erkennen – er wird schlicht durch Aton als neuen Reichsgott ersetzt. Aton, zuvor in der Gestalt des falkenköpfigen Ra-Harachte verehrt, erhält eine neue Erscheinungsform: Als eine mit einem Uräus geschmückte Sonnenscheibe, deren wärmende und belebende Strahlen in Händen enden, die der königlichen Familie die Symbole des ewigen Lebens an die Nasen halten. Ebenfalls wird sein
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Name wie der eines Königs in Kartuschen wiedergegeben – und ebenso wie ein König feiert der Gott Sedfeste. Eine neue und sehr interessante These vermutet in dem Gott Aton, der von Amenophis IV. so absolut verehrt und auch mein Vater genannt wird, Amenophis III. in seiner neuen, postmortalen und solaren Gestalt, der von seinem Sohn auf der Erde angebetet und vertreten wird239 – die uralte Idee der Gottessohnschaft des König, nur völlig neu ausgelegt. Die höchste Schicht der Beamtenschaft von Amenophis III. wird durch neue Männer ersetzt – vorzugsweise Emporkömmlinge oder Ausländer. Menschen, die dem neuen Pharao durch ihren gesellschaftlichen Aufstieg lebenslang treu ergeben sein sollen. Niemals vor oder nach der Amarnazeit sieht man Darstellungen von Beamten in tieferer Verbeugung vor dem König. Der Wesir Ramose, der Leiter des königlichen Palasts in Theben-West, Cheriu-ef, und sogar der Onkel des Herrschers, der 2. Priester des Amun Anen, werden ihrer Ämter enthoben – um nur einige zu nennen. Der unterägyptische Wesir bleibt der von Amenophis III. eingesetzte Syrer Aparel, der neue Wesir Oberägyptens heißt Nacht-pa-Aton, Hohepriester des Aton wird Meri-Ra und dessen Stellvertreter der Ausländer Pentu. Die neue Hauptstadt Auf halber Strecke zwischen den ehemaligen Hauptstädten Memphis und Theben errichtet Amenophis eine neue Residenz, die er mit mindestens 14 Grenzstelen umgibt und gelobt, Zeit seines Lebens dieses Gebiet nicht mehr zu verlassen. Im mittelägyptischen Tell el-Amarna hat Amenophis IV. das Areal gefunden, das er sich für seine neue Hauptstadt vorgestellt hat: Einen jungfräulichen Boden, auf dem zuvor kein anderer Gott verehrt worden ist und eine Lokalität, die allein schon durch ihre geologischen Gegebenheiten für seine Zwecke prädestiniert gewesen zu sein scheint: Das östliche Gebirge formt in der Silhouette das ägyptische Zeichen achet, was Horizont bedeutet, und von einem Hügel mit einer mittigen Vertiefung gebildet wird, in der die Sonne aufgeht. Diese Szenerie findet der König in der Gegend des modernen Tell el-Amarna (Abb. 42). Und schnell ist der Name der neuen Hauptstadt gefunden – er beschreibt praktisch die östlich Skyline des Gebietes: Achet-Aton, Horizont des Aton, das heutige Amarna. Hier gründet er im Jahr 5 seine neue Hauptstadt, die er ein Jahr später mit seiner Königin Nofretete und seinen beiden ältesten Töchtern Merit-Aton und Maket-Aton bezieht. Mit der Residenznahme in Achet-Aton beginnt die Auslöschung des Namens und des Andenkens an Amun im ganzen ägyptischen Reich, bis in die entferntesten Bereiche seines Herrschaftsgebietes. Gleichzeitig ändert der König seinen Namen von Amenophis (Amun ist zufrieden) in Echnaton (Der dem Aton wohlgefällig ist). In den folgenden sechs Jahren gebiert Nofretete vier weitere Töchter mit den Namen Anch-es-en-pa-Aton, Nefer-neferu-Aton Ta-scheri, Nefer-neferu-Ra und
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Setep-en-Ra in Achet-Aton. Eine wichtige Nebenfrau des Königs ist Kija, deren Name jedoch nach dem Jahr 12 nicht mehr erscheint. Achet-Aton erfüllt zwei Zwecke: Zum einen ist es die Residenzstadt für Echnaton und Mitglieder seines engsten und engeren Hofstaats, zum anderen ist es die gigantische Kultbühne für die tägliche Verehrung des Gottes Aton. Aber die großen Teile der staatlichen Verwaltung bleiben in Memphis und Theben. Trotz der Konfiszierung der Ländereien des Amun, was schwere wirtschaftliche und verwaltungstechnische Erschütterungen erwarten lässt, zeugt die rege Bautätigkeit des Königs und das Funktionieren seiner Stadt in der Abgeschiedenheit Mittelägyptens von der Ungestörtheit, mit der die Verwaltung weiterarbeitet, die offensichtlich durch die Änderungsmaßnahmen keinerlei Einbußen in ihrer Effizienz zu erleiden hat. Im 9. Jahr kann die Gegenbewegung des Echnaton als vollendet bezeichnet werden, Aton trägt nun neue Kartuschen-Namen, aus denen die Götter Harachte (Horus des Horizonts) und Schu (Luftgott) verschwunden sind. Im Jahr 12 nimmt Echnaton Tributlieferungen aus dem Ausland in Achet-Aton entgegen. Im selben Jahr wird von einem Besuch der Königsmutter Teje in der neuen Hauptstadt berichtet, die offenbar weiterhin in Malqatta residiert. Danach schweigen die Quellen über Teje, sodass anzunehmen ist, dass sie kurze Zeit später verstorben ist. Wenn man den propagandistischen Darstellungen des Paares glauben würde, ist Achet-Aton das Paradies auf Erden und Echnaton und Nofretete das glück-
Abb. 42 Amarna. Die neue Residenz von Amenophis IV., der sich später Echnaton nannte (18. Dynastie), wurde nach seinem Tod geschliffen. Heute zeugen v. a. die wiedererrichteten und ergänzten Säulen von dem einst bedeutenden Heiligtum von Achet-Aton – dem Großen Aton-Tempel. Rechts im Hintergrund öffnet sich der charakteristische Wadi-Einschnitt, der für die Stadt namensgebend war und in dem, tief verborgen, das Königsgrab zu finden ist.
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lichste und sorgloseste Paar der Welt. Aton sorgt für jeden und alles. Beide zeigen sich mit Vorliebe öffentlich küssend, liebkosend oder Hand in Hand. Auch wenn es uns Heutigen so liebreizend und herzerwärmend vorkommen und es uns den Vergleich mit dem Blick in eine Illustrierte aufdrängen mag, in der man eine rund 3300 Jahre alte Königsfamilie beim gemeinsamen Essen oder beim Spiel mit den Kindern betrachtet, darf man nicht vergessen, dass den Ägyptern derartiges Verhalten völlig fremd ist. Niemals haben sich Könige in vergleichbarer Weise darstellen lassen, ihr Privatbereich ist niemals Gegenstand von Abbildungen gewesen. Echnaton betont immer wieder den hohen Stellenwert, den die Wahrheit für ihn hat. Und wenn man die Reliefs seiner Zeit aufmerksam betrachtet, fällt auf, dass niemals zuvor derart viel Militär im Zusammenhang mit Königsdarstellungen zu sehen ist – Echnaton muss unter permanenter Angst vor Anschlägen gelebt haben. Ebenso erstaunlich ist die bereits erwähnte Tiefe der Verbeugungen, die vor dem Paar ausgeführt werden: Niemals haben sich Untertanen vor ihrem Herrscher in vergleichbarer Weise bücken müssen wie unter Echnaton. Wie glücklich muss das Leben in Achet-Aton also tatsächlich gewesen sein? Doch bald bricht das Glück des Königspaares, das sie so auffallend deutlich zur Schau tragen, auseinander. Im 13. Jahr schildern bewegende Szenen im Königsgrab des Echnaton in Achet-Aton die Beisetzung der zweitältesten Tochter des Paares, Maket-Aton. Dem Beispiel seines Vaters folgend, macht Echnaton zwei seiner Töchter zu Königinnen. Die Religion von Achet-Aton Im religiösen Zentrum von Achet-Aton stehen der König und die Königin, die als Mittler zwischen dem Volk und Aton fungieren. Wer Aton anbetet, muss dies über Echnaton und Nofretete tun. In den Häusern gibt es kleine Altäre, die den König mit seiner Familie zeigen. Sie sind die religiösen Brennpunkte vieler Häuser der Bewohner von Achet-Aton (etwa Ägyptisches Museum und Papyrussammlung Berlin, Inv.-Nr. 14145 oder Ägyptisches Museum Kairo, Inv.-Nr. JE 44865). Von Echnaton ist darüber hinaus ein eigener Kult in Achet-Aton bezeugt, den er bereits zu Lebzeiten genießt und der von seinem Kammerherrn und Schatzmeister Tutu sowie dem unter Echnaton aufgestiegenen Pa-Nehsi geleitet wird. Jeden Morgen fährt der König mit seinem von zwei Pferden gezogenen Wagen durch die Stadt, um bei Sonnenaufgang den Kult für Aton in dessen Tempel zu vollziehen (Abb. 42). Das Heiligtum besteht aus einer Folge von offenen Höfen, in denen sich zahlreiche kleine Altäre befinden und einem nicht überdachten Allerheiligsten mit der gewaltigen Hauptopferstelle. Kultbilder und Dächer sind nicht nötig, denn der Gott Aton ist tagsüber in seiner solaren Gestalt allgegenwärtig und ergreift mit seinen Strahlenarmen die Opfer auf den Altären.
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Der leider oft in Verbindung mit der Amarnazeit strapazierte Begriff des Monotheismus ist für die Reform des Echnaton allerdings völlig unzutreffend: Zum einen gibt es bereits seit dem Alten Reich einen alle anderen Götter an Bedeutung überragenden Reichsgott, zunächst der Sonnengott Ra und seit dem Mittleren Reich Amun bzw. Amun-Ra, der König der Götter. Unter Echnaton wird, vor einem primär politisch motivierten Hintergrund, der bisherige Reichsgott Amun lediglich durch den relativ neuen Gott Aton ersetzt, aber die übrigen Götter (bis auf die der bisherigen Jenseitsvorstellungen) keinesfalls abgeschafft. Es gibt sogar – ganz im Gegenteil – Belege dafür, dass selbst in Achet-Aton auch andere Gottheiten verehrt worden sind. Die Außenpolitik Es ist ebenfalls nicht richtig, Echnaton mangelndes Interesse oder den fehlenden Überblick bei außenpolitischen Fragen vorzuwerfen. Vor seinem Umzug nach Achet-Aton ist die Durchführung eines Feldzugs nach Nubien belegt, von dem eine fragmentierte Stele aus Amada berichtet. Die katastrophalen Ereignisse in Vorderasien, die für Ägypten den Verlust Syriens zufolge haben und häufig in der Regierungszeit Echnatons verankert werden, sind wahrscheinlich erst unter Tutanch-Amun anzusetzen. In Echnatons Zeit steht der nördliche Teil Syriens unter mitannischer Oberherrschaft, während der Süden die ägyptischen Besitzungen darstellt. Amurru sorgt unter Fürst Aziru für Unruhe und scheint von Ägypten abfallen zu wollen. Daraufhin wird der Fürst an den ägyptischen Hof beordert, doch nach seiner Rückkehr läuft er offen zu den Hethitern über. Ägypten wähnt sich vor dem mächtigen Hethiter-Reich in Sicherheit, weil sich das verbündete Mitanni als Pufferzone dazwischen befindet. Dass die Hethiter nach Süden streben, sorgt Echnaton allerdings nicht viel. Semench-ka-Ra (ca. 1347 – 1343 v. Chr.) Um seine Nachfolge zu sichern, wagt Echnaton kurz vor dem Ende seines Lebens ein gewagtes Spiel: Nofretete verschwindet aus der Öffentlichkeit und ein junger Mann mit dem Namen Semench-ka-Ra tritt zur selben Zeit als Mitregent auf, der eigenartigerweise den Platz der Königin einnimmt. Dieser Mann schenkt dem König auf einer Darstellung ein Getränk ein und übernimmt sogar einen von Nofretetes Namen. Dieses hat in der Vergangenheit oft zu abstrusen Theorien über eine sexuelle Neuorientierung des Königs geführt. Doch konnte vor wenigen Jahren überzeugend nachgewiesen werden, dass Nofretete nicht verschwindet, sondern als männlicher Mitregent Semench-ka-Ra auftritt, um als Nachfolger ihres vermutlich kranken Gemahls aufgebaut zu werden.240 Dabei verleugnet sie ihr natürliches Geschlecht, da die Erinnerung an die Wirren um und nach Hatschepsut wohl noch
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allzu präsent ist. Nofretete herrscht drei Jahre als Semench-ka-Ra mit Echnaton, bevor dieser stirbt, und ein weiteres Jahr allein. Um den Schein zu wahren, heiratet sie pro forma ihre älteste Tochter Merit-Aton, um sich für den Thron zu legitimieren. Scheinbar wird zu dieser Zeit eine Abkehr von der extremen Reform und eine Annäherung an die Amun-Priester von Karnak erwogen. Im 3. Jahr des Semench-kaRa, also dem 17. Jahr des Echnaton, in dem dieser bereits verstorben zu sein scheint, lässt Nofretete einen Totentempel in Theben-West beginnen, der auch Amun geweiht ist. Ein solches Gebäude in Theben-West bedeutet ebenfalls, dass Semenchka-Ra nicht in Amarna, sondern im Tal der Könige beigesetzt werden will, obwohl dort noch immer die Residenz liegt. Anhand der Kunst der Amarnazeit lässt sich eine Parallele zu den revolutionären Ereignissen unter Echnaton ziehen: Ein jugendlicher, extremer Stil ist für die ersten Jahre charakteristisch – die königlichen Statuen aus Karnak mit dem schädellos wirkenden langgezogenen karikierendem Gesicht, das abstoßend und anziehend zugleich wirkt, gehen Hand in Hand mit der extremen Politik des Echnaton: Schließung des Karnak-Tempels, Gründung einer weit entfernten neuen Hauptstadt, Namensänderung, Auslöschung des Amun etc. Doch allmählich wird diese radikale Art in Darstellungen und Handlungen des Königs relativiert und gemildert: Ein Proportionskanon entsteht, der neue Stil wird systematisiert und gemäßigt. Semench-ka-Ra/Nofretete stirbt nur ein Jahr nach dem Tod des Echnaton. Der Thron fällt einem Kind zu, das Echnaton vermutlich mit seiner Nebenfrau Kija hat – seinem einzigen Sohn. Tut-anch-Amun (ca. 1343 – 1333 v. Chr.) Tut-anch-Amun ist der Sohn und Erbe des Echnaton. In den ersten Lebensjahren trägt er jedoch noch den Namen Tut-anch-Aton. Seine Mutter ist aller Wahrscheinlichkeit nach Kija, die Nebenfrau und vielleicht sogar Halbschwester des Echnaton. Nach dem 12. Jahr schweigen die Quellen über sie, vielleicht stirbt sie bei der Geburt ihres Sohnes (Abb. 43). Der Junge müsste nach dem Tod von Semench-ka-Ra/Nofretete etwa 8 Jahre alt gewesen sein, als er auf den Thron kommt – und genauso alt ist Tut-anch-Aton bei seinem Amtsantritt. Er ist noch ein Kind, das sich freut, dass er nun nicht nur König spielen darf, sondern König ist. Die Probleme, die sein Land hat, kann Tut-anch-Aton nicht einmal erahnen. Aber er hat einflussreiche Berater, unter ihnen der Wesir und vermutliche Großonkel des Königs, Eje, sein General Haremhab und sein Schatzmeister Maja. Diese raten ihm, den Gott Amun, den sein Vater gestürzt hat, wieder an die Position im Pantheon zu heben, die dieser einst innegehabt hat, und gleichzeitig eine Aussöhnung mit den Priestern zu erwirken – und Tut-anch-Aton tut, was ihm nahegelegt wird. Als Sohn einer Nebenfrau hat Tut-anch-Amun die älteste in Frage kommende Schwester seines Vaters mit dessen Hauptfrau Nofretete heiraten müssen. Diese ist Anch-es-en-pa-Aton, die bei der Thronbesteigung ihres Mannes bereits etwa
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14 Jahre alt gewesen sein müsste – in den Augen des jungen Königs also mit Sicherheit eine »betagte« Frau. Der kindliche Herrscher ist nur die Marionette in dem Spiel, das eigentlich der Gottesvater Eje, der wichtigste Beamte seines Vaters, und der General Haremhab im Hintergrund führen. Diese streben an, was bereits unter Semench-ka-Ra/Nofretete begonnen worden ist: Eine ruhige und gemäßigte Restauration des Reiches. Der Name des Aton wird nicht verfolgt, sondern einfach nicht mehr genannt und schließlich vergessen. Eine neue Residenz muss bezogen werden, um die Wiederherstellung der Ordnung zu gewährleisten. Vielleicht mögen unterschwellig sicherheitspolitische Gründe bei der Entscheidung mitgespielt haben, mit dem Hof nicht nach Theben zurückzukehren – eventuell fürchtet man um das Leben des Königs in der Stadt des Amun –, aber sicherlich ist die geografische Lage von Memphis wegen der veränderten außenpolitischen Situation in Vorderasien einmal mehr strategisch günstiger. Theben verliert zusehends an Bedeutung, denn die neue Beamtennekropole wird im nördlichen Memphis angelegt – so lässt u. a. General Haremhab sein Grab in Saqqara errichten. Nur die Priester des Amun und der Vizekönig von Nubien nutzen noch das thebanische Gebirge für ihre Häuser der Ewigkeit. Auch überzeugen die Regenten den König und dessen Gemahlin, die Bestandteile Aton in ihren Namen in Amun umzuändern. Auf der Restaurationsstele des Tut-anch-Amun (Ägyptisches Museum Kairo, Inv.-Nr. CG 34183) wird Aton nicht mehr genannt. Der König fasst die vergangenen Jahre wie folgt zusammen: »Es bestieg aber Seine Majestät den Thron als König, als die Tempel der Götter und Göttinnen von Elephantine bis zu den Marschen des Deltas [... im Be]griff waren, vergessen zu werden, und ihre Heiligtümer anfingen zu vergehen, indem sie Schutthügel wurden, mit Kraut bewachsen, und ihre Sanktuare waren, als seien sie nie gewesen, und ihre Gebäude ein Fußweg. So machte das Land eine Krankheit durch, und die Götter vernachlässigten dieses Land.«241 Tut-anch-Amun öffnet die vernachlässigten Tempel und erneuert die Kulte aller Götter Ägyptens. Die wichtigsten Beamten seiner Zeit sind, neben Eje und Haremhab, die Wesire User-Month und Pentu, der schon erwähnte Schatzmeister Maja, der Vizekönig von Nubien Hai und Pa-ren-nefer, der erste Hohepriester des Amun nach der Amarnazeit. Der Verlust Syriens Die Hethiter werden immer mächtiger, greifen verstärkt nach Süden aus und Ägypten verliert seine nordsyrischen Hafenstädte Ugarit und Byblos. Nach der Eroberung von Aleppo und Alalach ist der König der Hethiter, Schupiluliuma, Gebieter über Syrien. Mitanni ist isoliert und nachdem König Tuschratta ermordet worden ist, auch seine Weltmachtstellung vorüber. Das Hethiter-Reich steht nun direkt vor Ägyptens Toren. Tut-anch-Amun schickt seinen General Harem-
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Abb. 43 Amarna. Im Königsgrab von Achet-Aton wurde der Tod eines weiblichen Mitglieds der Königsfamilie festgehalten, den Echnaton (18. Dynastie) und Nofretete betrauern (links). Vom Sterbebett wird ein Säugling von einer Amme weggetragen, dem durch einen Höfling gehuldigt wird. Sehr wahrscheinlich handelt es sich bei dem Kind um Tut-anch-Aton, den späteren Tut-anch-Amun, dessen Mutter – eventuell Kija – seine Geburt nicht überlebt hat.
hab gegen Qadesch und in einen kleineren Feldzug nach Nubien, führt aber selber niemals einen solchen Zug an. Die Umbettung des Vaters Nachdem der Leichnam Echnatons offensichtlich im Königsgrab von Amarna geschändet worden ist, lässt Tut-anch-Amun die Überreste seines Vaters aus Amarna in einem kleinen Grab im Tal der König nachbestatten und versiegelt den Grabeingang. In der Vergangenheit hat es zu allerlei Verwirrung geführt, weil die Grabausstattung regelrecht zusammengewürfelt scheint, das Gesicht des Sarges zerstört und der Name herausgeschlagen wird. Lange gilt der ominöse Leichnam als der des Semench-ka-Ra, doch mit der Gleichsetzung dieses Herrschers mit Nofretete entfällt diese Möglichkeit. Tut-anch-Amun stirbt in seinem 10. Regierungsjahr im Alter von 18 Jahren. Die jüngsten Untersuchungen seiner Mumie und DNA aus dem Jahr 2010 ergeben, dass der König aus einer inzestuösen Verbindung seines Vaters mit vermutlich
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einer Schwester entstammt. Die Todesursache ist noch immer nicht eindeutig bewiesen, die Palette der Theorien reicht von einem offenen Bruch des Oberschenkelknochens mit Infektion über Malaria bis hin zur Sichelzellenkrankeit. Sicher ist nur, dass er nicht durch einen Schlag auf den Hinterkopf ermordet wird, wie man lange aufgrund von Knochensplittern im Schädelinnern vermutet hat, die auf Röntgenbildern sichtbar sind; diese scheinen sich bei dem Versuch, die berühmte goldene Mumienmaske vom Kopf zu lösen, vom ersten Halswirbel gelöst zu haben. Tut-anch-Amun leidet an Morbus Köhler-Albau, einer Knochenkrankheit, die einen Fußwurzelknochen betrifft, aus diesem Grund wird er häufig mit einem Stock dargestellt und erhält die beachtliche Anzahl von etwa 130 dieser Gehhilfen mit in sein Grab. Eje richtet die Totenfeier für Tut-anch-Amun aus und vollzieht alle Riten des Nachfolgers. Eigene Kinder hat der junge Mann noch nicht, die seine Nachfolge hätten antreten können. Deshalb schreibt seine Witwe Anch-es-en-pa-Amun an den hethitischen König Schupiluliuma: »Nunmehr ist mein Mann gestorben und einen Sohn habe ich nicht (. . .). Siehe, ich bin im Zustand der Familienlosigkeit! Sende mir einen Sohn von dir, und die zwei großen Länder werden zu einem Lande werden (. . .). Ich werde deinen Sohn ins Königtum in meinem Lande einsetzen . . .«242 Sie plant, einen hethitischen Prinzen zum ägyptischen König zu machen, Ägypten hat sich knapp 230 Jahre zuvor von einer Fremdherrschaft befreien können und will fraglos keine neue erleben. Selbstverständlich bringt die Königswitwe damit eine große Opposition gegen sich auf, allen voran wahrscheinlich Eje und Haremhab. Die Verhandlungen dauern mehr als ein Jahr. Nach langem Zögern schickt der König der Hethiter endlich seinen Sohn Zannanza. Dieser fällt, noch bevor er ägyptischen Boden betreten kann, in Syrien einem Attentat zum Opfer. Sein Vater verlangt Rache und greift das Gebiet um Damaskus an, wo sich Hethiter und Ägypter bekriegen. Doch die Pest, die angeblich von ägyptischen Gefangenen in das Hethiter-Reich eingeschleppt worden sein soll, ergreift Schupiluliuma und kurz darauf seinen Nachfolger Arnuwanda. Eje (ca. 1333 – 1329 v. Chr.) Der alte Eje hat einige Mühe, sich als König zu etablieren. Um sich zu legitimieren, heiratet er nach dem Tod des Zannanza die Witwe Tut-anch-Amuns. Das Bestreben, seine wichtige Position im Staat stets deutlich zu machen, sieht man daran, dass er seinen Titel Gottesvater mit in die Kartusche aufnimmt. Vielleicht ist aber auch Haremhab der von Tut-anch-Amun eingesetzte Nachfolger, der jedoch eventuell in Syrien einen Einsatz leitet, während der alte Eje die Regierung an sich reißt. Vermutlich übernimmt Eje ein von Tut-anch-Amun begonnenes, aber nicht zu Ende geführtes Königsgrab im Western Valley. Der früh verstorbene König erhält unterdessen ein rasch umgebautes Grab, das wohl für einen verdienten Beamten geplant ist, höchstwahrscheinlich für Eje selbst.
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Haremhab (Hor-em-heb, ca. 1329 – 1315 v. Chr.) Haremhab (Abb. 44) gilt in der Ramessidenzeit als der direkte Nachfolger von Amenophis III. Keiner der vier Könige, die zwischen ihnen herrschen, wird in den Königslisten erfasst. Ebenso wenig wie Hatschepsut. Er ist nicht-königlicher Herkunft, stammt aus der Stadt Chut-nisut im 18. oberägyptischen Gau und erscheint
Abb. 44 Theben. Haremhab (18. Dynastie), obwohl nicht mit der Königsfamilie verwandt, fiel die bedeutende Aufgabe zu, nach der Amarnazeit die Maat, die Weltordnung, endgültig wieder in Ägypten herzustellen. Dargestellt ist er bei einem Weinopfer vor dem Gott Amun-Ra. Seine Ringoder Kartuschennamen vor ihm nennen links seinen König von Ober- und Unterägypten-Namen (Djeser-cheperu-Ra Setep-en-Ra) und daneben seinen Sohn des Ra-Namen (Haremhab Meri-enAmun) (Karnak-Tempel).
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wahrscheinlich erstmals unter Echnaton in Achet-Aton als Königlicher Schreiber und General des Herrn der Beiden Länder in einem Beamtengrab. Unter Tut-anchAmun ist er bereits Oberbefehlshaber des Heeres und Obervermögensverwalter. Zu diesem Zeitpunkt ist er mit seiner ersten Frau Amenia verheiratet, die in seinem Generalsgrab in Saqqara beigesetzt wird. Er heiratet ein zweites Mal eine Frau mit dem Namen Mut-nedjemet; bislang ist noch nicht eindeutig geklärt, ob es sich tatsächlich um die gleichnamige Schwester der Nofretete handelt. Diese Frau verliert er kurz nach Regierungsantritt und lässt für sie das erste Grab im thebanischen Tal der Königinnen, nahe der Königsnekropole, anlegen. Haremhab lässt zwar einige Bauten von Echnaton abtragen und als Füllmaterial verwenden, doch strebt er keine gezielte Auslöschung seines Namens an, wie es seine Nachfolger tun, unter denen Echnaton zum namenlosen Feind von Achet-Aton wird. Haremhab überschreibt einige Statuen und Reliefs des Tut-anch-Amun mit seinem eigenen Namen, denn das Andenken an die Schrecken der jüngsten Vergangenheit müssen beseitigt werden. Da Tut-anch-Amun der leibliche Sohn des Ketzers gewesen ist, gehört er zu der Familie, deren Spuren ausgelöscht werden müssen – aber dennoch rührt Haremhab das Grab des jungen Königs nicht an, um dieses zu entweihen. Ist es vielleicht Pietät, die den großen General davon abhält, das Grab Tut-anch-Amuns zu schänden? Oder ist es Respekt vor einem Jungen, den er in den vergangenen zehn Jahren als dessen Berater und General lieb gewonnen hat? Wahrscheinlich aber versucht Haremhab, die Erinnerung an Eje und dessen Frau Anch-es-en-pa-Amun zu tilgen. In den Darstellungen im Grab des Eje ist das Gesicht des Besitzers ausgekratzt worden. Ebenfalls usurpiert Haremhab Ejes Totentempel, den dieser zuvor von Tut-anch-Amun übernommen hat. Eine der schwierigsten Aufgaben des neuen und kinderlosen Königs ist es, loyale Beamte für die Verwaltung zu finden. Diese werden aus der Armee rekrutiert. So macht er den alten Pa-Ra-messu zum Wesir und damit zum Nachfolger. Auch Priesterstellen werden durch Männer aus dem Heer besetzt. Der innenpolitisch stark engagierte Haremhab unternimmt bis auf einen Nubien-Feldzug keine Aktivitäten mehr im Ausland. Im Hethiter-Reich herrscht ohnehin durch eine Seuche Ruhe. Er setzt stattdessen das Restaurationswerk von Tut-anchAmun und Eje fort und behebt die durch die Amarnazeit entstandenen Miseren so gut er kann. Vielleicht beginnt Haremhab das gewaltige Bauprojekt im Tempel des Gottes Amun, das allerdings erst Ramses II. beenden soll – den Großen Säulensaal. Haremhab stirbt als letzter Vertreter der 18. Dynastie, mit der er allerdings biologisch nicht verwandt ist. Unter vier Pharaonen hat er gedient, die bedeutende und heikle Phase der sog. Nach-Amarnazeit entscheidend geprägt und schließlich selbst als König geherrscht. Er wird am 9. Tag des 1. Monats der Ernte-Jahreszeit im Jahr 14 seiner Regierung in seinem Grab im Tal der Könige beigesetzt. Sein Nachfolger, der ehemalige Wesir Pa-Ra-messu, gründet als Ramses I. die 19. Dynastie.
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Ägyptens Neuanfang Die 19. Dynastie (ca. 1315 – 1209 v. Chr.) Nachdem die Amarnazeit unter Haremhab ihr ruhmloses Ende gefunden hat, ist die Kraft und Stärke, die Ägypten im Verlauf der frühen 18. Dynastie erreicht hat, noch lange nicht wiederhergestellt. Im Innern müssen die Spuren des Schreckens der jüngsten Vergangenheit überwunden werden und zudem hat sich außerhalb der Landesgrenzen vieles durch die Einwirkung der Hethiter im Vorderen Orient zu Ungunsten Ägyptens entwickelt. Was das Land am nötigsten braucht, ist ein Neuanfang. Ramses I. (ca. 1315 – 1313 v. Chr.) Es ist der Wesir des Haremhab, der als Ramses I. den Thron besteigt und diesen Neuanfang einleitet. Er orientiert sich an Ahmose, dem Begründer der vergangenen Dynastie, dessen König von Ober- und Unterägypten-Name er, leicht verändert, annimmt. Auch scheint eventuell schon unter Ramses’ Regierung ein Ort sehr wichtig zu werden, der allerdings erst unter seinem Enkel, Ramses II., zur neuen Hauptstadt Ägyptens ausgebaut werden soll. Auf dem Gebiet des heutigen Dorfes Qantir, unmittelbar neben der alten Hyksos-Hauptstadt, beim Zusammenfluss der beiden Nilarme Wasser des Ra und Wasser von Auaris, ist der Ort des siegreichen ägyptischen Kampfes, den Ahmose zu Lande und zu Wasser gegen die Hyksos geführt hat. Unter Sethos I. wird dieser Ort eine königliche Sommerresidenz und unter Ramses II. die Hauptstadt des Reiches. Neben der historischen Bedeutung der Stätte ist ihre strategische Lage für militärische Operationen in Vorderasien ideal. Mit Sicherheit sind beide Faktoren ausschlaggebend, als dieser Bereich nach der Hyksos-Zeit ein weiteres Mal während der 19. Dynastie den Status einer Hauptstadt erlebt. Ihm selbst, einem Mann in den 50ern, sind allerdings nur 16 Monate der Regierung vergönnt, aber sein Sohn Sethos I. und sein Enkel Ramses II., der bei der Thronbesteigung seines Großvaters bereits geboren ist, sollen Ägypten wieder zu einer Großmacht werden lassen. Ramses I. hat seine Karriere, wie Haremhab, beim Militär begonnen und nun eine regelrechte Soldaten-Dynastie begründet. Schon seit Vater Suti ist Offizier in
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der Armee gewesen. Seine Frau Sat-Ra stammt ebenfalls aus einer Soldatenfamilie. Wahrscheinlich sind seine Wurzeln in der Umgebung des Fajum zu suchen, denn dort befindet sich bei Gurob das Grab, das sich Ramses als Wesir hat anlegen lassen. Nach seiner Thronbesteigung wird diese Anlage aufgegeben und vielleicht von einer Verwandten genutzt, deren Überreste dort gefunden worden sind. Ramses beerdigt seinen engen Freund Haremhab im Tal der Könige und lässt sein Grab in Sichtweite zu dem seines Vorgängers beginnen. Gleichzeitig ordnet er den Weiterbau der Tempelanlage des Amun in Karnak an und lässt in dem wohl von Haremhab begonnenen Bauabschnitt weiterarbeiten, der unter seinem Enkel als der Große Säulensaal vollendet werden soll. Die offensichtliche Aussöhnung mit dem Gott Amun und die gleichzeitige Abgrenzung von den Amarna-Herrschern der vorangegangenen Dynastie beherrscht die neue Politik. Eine großzügige Stiftung, die Ramses von seiner Residenz in Memphis aus sogar dem Tempel des Amun-Min an der Peripherie des ägyptischen Reiches bei Buhen am 2. Katarakt zukommen lässt, mag Zeugnis dafür sein. Diese Tribute stammen aus einem Feldzug, den sein Sohn und Kronprinz Sethos im 2. Jahr seines Vaters in den kanaanäischen Raum unternommen hat, um dort militärische Präsenz und ägyptischen Eindruck zu hinterlassen. Mit der Gesundheit des betagten Königs scheint es nicht zum Besten bestellt gewesen zu sein, denn er ernennt Sethos bald darauf zum Mitregenten, um den Fortbestand der neuen Dynastie auch nach seinem Tod gesichert zu wissen. Kurz darauf stirbt er – nach nur 16 Monaten der Regierung. Sein Grab ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht so weit gediehen, wie Ramses es geplant hat. In höchster Eile werden alle Ausschachtungsarbeiten beendet und das Vorhandene so umgearbeitet, dass das begonnene Haus der Ewigkeit so würdig ausgestattet ist, dass es den Körper des Königs aufnehmen kann. Dieses Grab gehört heute zu den kleinsten Anlagen im Tal der Könige. Auf in der Herstellung zeitaufwendige Reliefs, wie sie bei Haremhab zum ersten Mal auf diesem Friedhof Anwendung finden, muss verzichtet werden. Einzig die Sargkammer wird durch Malereien mit den wichtigsten Unterweltsbüchern versehen. Die Inschriften auf dem roten Granitsarkophag sind nur mit gelber Farbe aufgetragen, aber nicht mehr eingemeißelt worden. Lange gilt der Leichnam des Königs als verschollen, der in der 21. Dynastie zunächst gemeinsam mit dem seines Enkels Ramses II., im Grab seines Sohnes Sethos I. untergebracht worden ist, bevor man die drei Könige im Mumienversteck von Deir el-Bahari mit 37 weiteren königlichen Personen des Neuen Reiches beisetzt. 1881 wird dieses Versteck gefunden und die Mumien nach Kairo gebracht, dabei ist Ramses I. jedoch nicht identifiziert worden, und so treten vermutlich seine Gebeine eine Odyssee an, die im nordamerikanischen Atlanta endet, von wo aus sie 2004 an Ägypten zurückgegeben werden. Seitdem wird die mutmaßliche Mumie Ramses’ I. im Museum von Luxor ausgestellt und liegt nur einige Meter von den sterblichen Überresten des Ahmose entfernt, jenem Mann, den Ramses so sehr bewundert und verehrt.
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Sethos I. (ca. 1313 – 1302 v. Chr.) Sethos ist der Sohn, der das Werk seines Vaters fortsetzen soll, und seine Regierung als eine Wiederholung der Schöpfung, also als eine Art ägyptische Renaissance bezeichnet. Bestätigt wird dieser Neuanfang durch ein kosmisches Zeichen, denn der Sothis-Aufgang ereignet sich am Neujahrstag – ein Ereignis, das nur alle 1460 Jahre stattfindet. Der junge König setzt Ramses I. in dessen kleiner Gruft bei und wählt als seinen Grabplatz einen Ort direkt daneben. Sethos verfolgt vor allem zwei Ziele: Er will das ägyptische Reich wieder zu der Ausdehnung bringen, die es unter Thutmosis III. erreicht hat, und gleichzeitig will er ein ebenso großartiger Baumeister wie Amenophis III. sein. Sethos residiert wie sein Vater in Memphis und hält sich längere Zeit in Theben, Heliopolis und im Sommer in seiner Sommerresidenz im Ostdelta, beim heutigen Qantir, auf. Verheiratet ist er mit Tuja, einer Tochter von Raja, und Ruja, mit der er einen Sohn Ramses und eine Tochter Tia hat. Bereits in seinem ersten Regierungsjahr geben ihm revoltierende Beduinen in Südpalästina einen gewünschten Anlass, um militärisch gegen sie vorzugehen, denn diese Unruhen gefährden die Sicherheit der Handelswege. Von der Grenzfestung Sile aus führt Sethos I. seine Truppen in drei Kompanien nach Gaza, dem Verwaltungszentrum der ägyptischen Provinzen in Kanaan, wo er den Aufstand der Beduinen niederschlägt. Dann zieht er weiter nach Norden, um weitere Aufständische zu suchen und seine Ansprüche auf Kanaan kundzutun. Bald wird ihm berichtet, dass der Feind aus der Stadt Hammath eine große Truppe um sich versammelt hat und nun die Stadt Beth Shan, einen ägyptischen Außenposten, besetzt hält und einen weiteren belagert. Sethos schickt eine Kompanie nach Hammath, eine andere nach Beth Shan und eine dritte in das belagerte Gebiet und innerhalb eines einzigen Tages kann jeder anti-ägyptische Widerstand gebrochen werden. Als Erinnerung an diese erste militärische Aktion unter Sethos I. wird eine Stele in Beth Shan errichtet, die von diesen Ereignissen berichtet. Nachdem der kanaanäische Raum wieder unzweifelhaft unter ägyptischer Oberhoheit steht, kehrt Sethos mit seinen Truppen nach Ägypten zurück. Sethos I. provoziert das Hethiter-Reich Doch nur kurze Zeit später gibt es erneute Unruhen auf palästinischem Gebiet, in denen sich zwei Stämme bekriegen. Die ägyptische Armee braucht nur zwei Tage, um wieder Ruhe einkehren zu lassen. Sethos nutzt die Gelegenheit seiner erneuten Präsenz in diesem Gebiet, um weiter nach Norden voranzugehen und sichert den südsyrischen Raum der Provinz Upe durch die Städte Kumidi und Damaskus. Dann kehrt er nach Beth Shan zurück. Der Weg entlang der libane-
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sischen Küste ist nun frei und die Städte Tyros, Sidon, Byblos und Simyra sind wieder unter ägyptischem Einfluss. Die libanesischen Zedern können wieder nach Ägypten verschifft werden, um zu Schiffen oder Flaggenmasten für Tempel verarbeitet zu werden, wie es schon in der 18. Dynastie üblich gewesen ist. Durch Sethos’ Anspruchserklärung auf die Gebiete des Libanon hat er dem unter hethitischer Oberhoheit stehenden Staat Amurru die Kontrolle über dieses Gebiet entrissen – und damit das Hethiter-Reich provoziert. Es kommt zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen Hethitern und Ägyptern, vielleicht um die nordphönizische Küste oder um Amurru, die im Jahr 4 oder 5 unterbrochen werden, weil Sethos sein Land beschützen muss, das plötzlich von libyschen Stämmen am Westdeltarand angegriffen wird. Die Libyer werden in ihre Schranken gewiesen, bei diesem Einsatz ist zum ersten Mal auch der knapp 15-jährige Sohn des Königs, Ramses, dabei. Nach diesem Zwischenfall setzt Sethos den Kampf mit den Hethitern um die Vorherrschaft im syrischen Raum fort und besetzt das bereits unter Thutmosis III. eingenommene Qadesch. Auch hier ist der junge Ramses mit dabei und sieht eine Stadt, die in seiner eigenen Regierung einen prägenden Eindruck auf ihn hinterlassen wird. Die Hethiter haben mit ihrem König Muwatallis einen energischen jungen Mann auf ihrem Thron, der nicht bereit ist, seine Territorien an Ägypten abzutreten, und so fallen bald sowohl Amurru als auch die Stadt Qadesch an ihn zurück. Aber man einigt sich in gegenseitigem Respekt, die nun vorherrschenden Machtverhältnisse beizubehalten – Sethos würde keine weiteren Anstalten unternehmen, Amurru und Qadesch zurückzuerobern, andererseits würde Muwatallis Ägyptens Präsenz im südphönizischen Raum anerkennen. Und so kann im Jahr 6 zumindest ein ruhmreicher ägyptischer Teilerfolg vermeldet werden, in dem Ägypten seinen Einfluss auf weite Gebiete hat ausdehnen können, die es schon einmal besessen hat – und vielleicht würde man in der Zukunft erneut seinen Anspruch geltend machen. Sohn Ramses wird Prinzregent Im Jahr 7 ernennt der König den etwa 16-jährigen Ramses zum Prinzregenten, der nun gekrönt wird und eine Königstitulatur annimmt. Ein Jahr darauf wirft Sethos einen letzten Aufstand nieder. Dieser ereignet sich im nubischen Irem, südlich des 3. Kataraktes, als sich der König gerade in seiner thebanischen Winterresidenz befindet. Innerhalb von sieben Tagen sind die Rebellen besiegt und mehr als 600 von ihnen gefangen. Danach zieht sich der König aus dem aktiven Kriegsgeschehen heraus und überlässt seinem Sohn Ramses immer anspruchsvollere Aufgaben. So beaufsichtigt er etwa die diversen Bauarbeiten des Königs und die Steinbrucharbeiten dazu. Ramses ist zu dieser Zeit mit zwei Frauen verheiratet, Isis-neferet und Nefertari, und nun erhält er noch einen Harîm respektabler Größe dazu.
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Abb. 45 Theben. Sethos I. (19. Dynastie) während einer Schlacht in Vorderasien (Karnak-Tempel).
Der alternde Sethos wechselt zwischen seiner Hauptstadt Memphis, seiner Winterresidenz im angenehm warmen Theben und seiner Sommerresidenz im frischeren Qantir. Er organisiert die Verwaltung, leitet die wichtigen religiösen Feste und freut sich über die Ausbeute einer Goldmine bei Hierakonpolis, deren Erträge die Schatzkammer seines Tempels in Abydos füllt. Um diese Mine besser ausbeuten zu können, hat Sethos im Jahr 9 einen Brunnen graben lassen, der die Arbeiter in der Wüste mit Wasser versorgt. Einiges Aufsehen dürfte seine Entscheidung erregt haben, das frei gewordene Amt des oberägyptischen Wesirs, wohl um das Jahr 10, mit dem für diese Aufgabe sehr jungen, etwa 30-jährigen, Pa-ser zu besetzen. Pa-ser ist zuvor Oberster Kammerdiener des Königs gewesen und hat sich vor allem um Sethos’ Kronen gekümmert. Dabei hat der König die Vorzüge des jungen Mannes kennengelernt und sich von seiner Eignung für das Amt des höchsten Beamten im Land überzeugt. Zur selben Zeit wird die Familie von Pa-ser ein weiteres Mal geehrt, als nämlich Sethos Pa-sers Vater, Neb-netjeru, zum Hohepriester des Amun im Karnak-Tempel ernennt.
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Sethos I. – Der Bauherr Sethos hat die bereits unter Haremhab und seinem Vater Ramses begonnenen Bauarbeiten in Karnak nur zum Teil fertigstellen können. Der nördliche Bereich der großen Halle wächst und gedeiht prächtig. An der Außenwand sind in versenkten Reliefs Sethos’ kriegerische Erfolge festgehalten (Abb. 45), während im Innern der König in prachtvollen erhabenen Reliefszenen vor der thebanischen Triade opfert. Beim erhabenen oder Hochrelief wird der Hintergrund abgetragen, sodass die Figuren aus der Wand hervortreten. Dieses Verfahren erzielt wundervolle Ergebnisse, ist aber auch im Vergleich zum versenkten oder Tiefrelief, bei dem die Figuren in die glatte Wand geschnitten werden, höchst zeitaufwendig. Auf dem anderen Nilufer von Theben arbeitet man am Grab und am Totentempel des Königs – beide Anlagen sind von unglaublicher Schönheit. Das Königsgrab ist zum ersten Mal vollständig durchdekoriert und besticht durch die Farbigkeit und die Qualität seiner Reliefs. Seiner Frau Tuja lässt Sethos einige Hundert Meter südlich seines Totentempels einen kleinen Tempel erbauen, der allerdings heute nur noch in den Grundmauern erhalten ist. In der uralten Nekropole von Abydos errichtet man für Sethos Ägyptens prachtvollsten Tempel. Es ist sein Totentempel auf dem heiligen Friedhof des Gottes Osiris. Die erhabenen bemalten Reliefs sind von einer niemals wieder erreichten Qualität. Der Tempel von Abydos birgt in einem seiner Korridore auch die berühmte Königsliste, auf der Sethos gemeinsam mit seinem Sohn vor 76 ausgesuchten Königen der Vergangenheit – von Aha (Meni) bis hin zu sich selbst – opfert. Westlich dieses Tempels, der einst von prächtigen Gärten umgeben war, schaffen die Architekten des Königs ein Grab mit einer geknickten Achse, das den Anlagen der frühen Könige der 18. Dynastie ähnelt. Die Sargkammer ist auf den Tempel ausgerichtet und verläuft parallel zu den heiligen Kammern des Osiris hinter der Tempelmauer. Sethos hat hier dem Gott Osiris, mit dem er nach dem Tod verschmilzt, ein Grab, das sog. Osireion, geschaffen. Die Bauarbeiten unterstehen dem Prinzregenten Ramses, der damals viel Zeit in Abydos zubringt, während die Arbeiten in Theben hauptsächlich dem Wesir Pa-ser obliegen. Wahrscheinlich beginnt Ramses zu dieser Zeit, mit der Zustimmung seines Vaters, ebenfalls seinen ersten Tempel, den er unweit dem seines Vaters in Abydos errichtet und zu dekorieren beginnt. Es soll der einzige Tempel bleiben, den Ramses nicht aus Sand- sondern aus Kalkstein bauen und mit erhabenen Reliefs ausstatten lässt. Im Jahr 13 ist Prinz Ramses etwa 22 Jahre alt und der Vater von nicht weniger als zehn Söhnen und zahlreichen Töchtern von seinen beiden Frauen und einer nicht zu bestimmenden Anzahl von Kindern mit den Frauen aus seinem Harîm. In diesem Jahr kommt es zu einem unbedeutenderen Aufstand in Unternubien im Bereich von Kalabscha, wohin Ramses reist (Abb. 46). Begleitet wird er von zweien seiner Söhne – dem 5-jährigen Amun-her-chepesch-ef, den ihm Nefertari gebo-
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Abb. 46
Karte Nubiens (1. bis 6. Katarakt).
ren hat, und dem 4-jährigen Chai-em-Waset, dessen Mutter Isis-neferet ist. Die militärische Auseinandersetzung ist nicht nennenswert und dauert vielleicht sogar nur Stunden, aber Ramses lässt sie dennoch in einem Felsentempel verewigen, den er zum Ruhm seines Vaters in der Nähe ausschlagen lässt. Mit dieser Aufgabe ist der Vizekönig von Nubien, ein Mann mit dem Namen Amun-em-Ipet, betraut worden, der kurze Zeit darauf verstirbt und dem Iunu, ein Mann aus dem Fajum, im Amt nachfolgt. Doch während die Niederschlagung des nubischen Aufstandes keine anspruchsvolle Aufgabe für den ungestümen jungen Ramses gewesen zu sein scheint, wartet
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eine viel größere Gefahr am anderen Ende des Reiches – die Seevölker. Räuberische und plündernde Bewohner aus der Ägäis und dem östlichen Mittelmeerraum sind schon seit langem ein Dorn im Auge der Hethiter und ihrer Nachbarn, und nun, gegen Ende der Regierung Sethos’ I., wagen sie es, auch die Deltaküste Ägyptens zu überfallen. Ramses rüstet sich für einen weiteren Überfall und positioniert Schiffe und Infanterie an den gefährdeten Küstengebieten. Die nächste Attacke lässt nicht lange auf sich warten – und diesmal ist Ägypten vorbereitet und bereitet den Piraten eine überraschende Verteidigung. Die zahllosen Kriegsgefangenen werden in die ägyptische Armee integriert. Sethos I. stirbt in seinem 16. Regierungsjahr, vermutlich im Sommer des Jahres 1302 v. Chr. mit etwa 50 Jahren in Qantir. Er hat während seines Restaurierungswerkes viel von Ägyptens einstiger Größe wiederherstellen können: Das Land ist wieder eine Macht in Vorderasien und scheut sich auch nicht, das Reich der Hethiter zu provozieren und anzugreifen, um seine Ansprüche durchzusetzen. Außerdem zeigt Ägypten, dass jeder Aufstand in den Nachbarländern sofort vergolten wird und dass auch neue Gefahren, wie die plündernden Seevölker, gegen das Reich am Nil keine Chance haben. Sethos’ Ziel, die Grenzen wieder auf thutmosidische Größenordnungen auszudehnen, ist Ägypten beachtliche Schritte nähergekommen. Auch auf künstlerischem Gebiet hat Sethos’ Regierung Unerreichtes hervorgebracht, das jedoch von seinem Sohn und Nachfolger nicht weitergetragen werden soll, denn Ramses soll mehr auf Quantität statt auf Qualität setzen. Mit Sethos I. wird eine herausragende Herrschergestalt Ägyptens in einer einzigartigen Grabanlage beigesetzt, die mit Abstand die prächtigste im Tal der Könige ist. Seine Mumie gehört zu den am besten erhaltenen Königsmumien und ist heute in Kairo zu besichtigen. Ramses II. (ca. 1302 – 1236 v. Chr.) Wohl im Jahre 1302 wird der Prinzregent Ramses der neue Alleinherrscher Ägyptens. Nach 70 Tagen wird der Körper des Sethos von den Balsamierern für die Bestattung freigegeben und Ramses muss seinen großen Vater in dessen Grab neben der Anlage des Dynastiebegründers, Ramses I., beisetzen. Während Ramses II. für diesen traurigen Anlass eine längere Zeit in Theben weilt, ordnet er den Bau seines eigenen Grabes und seines Totentempels (das heute sog. Ramesseum) am Fruchtlandrand, neben dem Tempel, den Sethos für Ramses’ Mutter Tuja errichtet hat, an. Zudem werden die Bauarbeiten im Großen Säulensaal fortgeführt und der alte Luxor-Tempel von Amenophis III. erweitert. Ramses II. leitet die Feierlichkeiten des Opet-Festes und ernennt den Neb-wenen-ef zum neuen Hohepriester des Amun, als Neb-netjeru, der Vater des Wesirs Pa-ser, gestorben ist. Neb-wenen-ef stammt nicht aus Theben, sondern ist zuvor Hohepriester in Thinis und Dendera – eine Tatsache, die bei den thebanischen Priestern gewiss einigen Unmut hervorgerufen hat.
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Ramses plant Großes und bereist sein Land nun als Alleinherrscher. In Abydos vollendet er den großartigen Tempel seines Vaters. Doch hat Sethos die Ausschmückung noch in aufwendigem Hochrelief in Auftrag gegeben, deren Fertigstellung er nicht erleben sollte, beendete sein Sohn den vorderen Teil des Tempels im schnelleren und unkomplizierteren Verfahren des Tiefreliefs, was allerdings – zumindest beim modernen Betrachter – einen optischen Bruch hervorruft. Gleichzeitig vollendet Ramses hier seinen eigenen Tempel, dessen Mauern heute bis auf wenige Meter abgetragen sind. In Qantir baut Ramses die Sommerresidenz seines Vaters zu seiner ständigen Hauptstadt aus, deren Name als Per-Ramses (Pi-Ramesse, Ramses-Stadt) bekannt wird (Abb. 47). In der Nähe des unternubischen Qubân befinden sich Goldminen, die jedoch brach liegen, weil keine Wasserversorgung existiert. Bereits in der frühdynastischen Zeit haben ägyptische Könige hier Brunnenbohrungen veranlasst, die jedoch allesamt scheitern. Sethos I. ist der letzte König, der hier einen Brunnen hat graben lassen wollen, aber nach etwa 60 m Tiefe aufgegeben hat. Für Ramses II. ist es, wie für seine Vorgänger, schmerzlich zu sehen, dass eine Mine nicht fördern kann und er beauftragt den Vizekönig von Nubien, graben zu lassen. Im Jahr 3 kommt die erfreuliche Nachricht aus Qubân, dass das, was kein König vor ihm geschafft hat, nun durch Ramses II. erreicht worden ist – nach nur 6 m ist man bei der neuen Bohrung auf Wasser gestoßen. Ramses braucht dieses Gold, denn er hat einen militärischen Schlag gegen die Hethiter vor. Er will sich nicht wie sein Vater mit der Tatsache zufriedengeben, dass das Land Amurru nicht mehr unter ägyptischer Oberherrschaft steht. Er will den König des Hethiter-Reiches herausfordern und das zurückverlangen, was seit 50 Jahren nicht mehr im Besitz von Ägypten ist – Amurru.
Abb. 47 Per-Ramses. Die Füße einer Monumentalfigur von Ramses II. (19. Dynastie) gehören zu den wenigen Resten, die auf dem Gelände der ehemaligen Hauptstadt heute noch zu sehen sind. Die meisten Statuen und Blöcke wurden am Ende der 20. Dynastie in die neue Residenz Tanis geschafft, weil der lebensspendende Nilarm an der Metropole Ramses’ II. zusehends austrocknete (Qantir).
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Ägypten erhebt erneut Anspruch auf Amurru – Die Schlacht von Qadesch Im 4. Jahr zieht Ramses entlang der libanesischen Küste und stößt durch den Libanon nach Amurru vor, das er nun für Ägypten zurückerobert. Selbstverständlich kann der Hethiter Muwatallis dieser Annexion nicht tatenlos zusehen. Ramses II. hat Ansprüche erhoben, die seit 50 Jahren nicht mehr bestehen. So sammelt Muwatallis alle Verbündeten und Abhängigen um sich, um Ramses zu zeigen, wem die Vorherrschaft in Vorderasien gebührt. Im Jahr 5 berichtet Ramses: »Er (Muwatallis) ließ nicht ein Fremdland aus – er hatte alle aufgeboten. Ihre Fürsten waren dort bei ihm, jeder Mann mit seinem Heer und seinen Wagentruppen – wahrhaftig zahlreich! Es gab ihrer kein Ende! Sie bedeckten Berge und Täler, sie waren wie die Heuschreckenschar wegen ihrer (großen) Anzahl. Er hatte kein Silber übrig gelassen in seinem Land, er hatte es aus all seinen Besitztümern herausgelöst und gab es allen Fremdländern, um zu erreichen, dass (sie) für ihn kämpften.«243 Ramses hört von der Koalition, die sich bei Qadesch versammelt hat und zieht von Ägypten nach Amurru, um seinen Gegner zu treffen. Auch er bietet alles auf, was Ägypten militärisch zu bieten hat: Er marschiert mit vier Bataillonen: Dem Seth-Bataillon, das im nördlichen Delta stationiert ist, dem Ra-Bataillon aus dem südlichen Delta, dem Ptah-Bataillon aus dem Großraum Memphis und dem Amun-Bataillon aus der Thebais. Jedes Bataillon besteht aus 5000 Soldaten, die in 20 Kompanien zu je 250 Männern aufgeteilt sind. Jede Kompanie ist in fünf Züge zu jeweils 50 Kämpfern unterteilt, die wiederum in Gruppen formiert gewesen sein mögen. Die Krieger eines Bataillons bestehen aus Fußsoldaten, Bogenschützen, Speerwerfern und den Mannschaften der Wagentruppen. Die Grundausstattung eines einfachen Fußsoldaten ist ein Schild, ein Dolch, eine Axt und einige kurze Wurfspieße – sie sind für den Nahkampf ausgebildet. Die Bogenschützen sind mit ihren Langbögen auf größere Distanzen trainiert, 500 m können die Pfeile fliegen – und treffen. Bei 175 m Entfernung ist der Verlust im gegnerischen Heer gewaltig und bei 50 – 60 m Abstand verheerend. Auch Speerwerfer sind effektive Kämpfer, die mit Schilden und bis zu 1,83 m langen Waffen ausgestattet sind. Die Wagen sind leichte, zweirädrige, von zwei Pferden gezogene Modelle. Sie sind mit zwei Soldaten besetzt, einem unbewaffneten Lenker und einem Kämpfer mit Bogen und Pfeilen sowie Wurfspießen und Schild. 25 dieser Wagen bilden eine Schwadron und diese ist in fünf taktische Einheiten zu je fünf Wagen unterteilt. Zahlenmäßig bedeutet eine Schwadron 50 Soldaten und 50 Pferde. Wie viele Streitwagen jedoch zu einem Bataillon gehören, geht aus den ägyptischen Quellen nicht hervor. Ramses II. zieht mit seiner Armee von 20 000 Soldaten gegen Muwatallis. Nicht mitgerechnet sind dabei Offiziere, Militärschreiber, Jäger, Köche, Ärzte, Sanitäter, Handwerker, Schneider, Musiker, Träger und dergleichen mehr. Außerdem wird erwähnt, dass »Seine Majestät allerdings auch eine Elite-Einheit [›Naruna-Truppe‹] aus allen (obersten) Befehlshabern Seiner Majestät gebildet hatte, die sich nun auf dem Uferdamm im Land von Amurru befand«244 und die letztendlich
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die Rettung für Ramses II. bedeuten soll. Wie hoch hingegen die gegnerischen Streitkräfte sind, geht aus den Berichten der Ägypter niemals glaubwürdig hervor, sie sprechen von »Tausenden«, »Hunderttausenden« und sogar von »Millionen«. In Palästina kommen »zwei Nomaden aus der Beduinensippe«245, die vorgeben, sie wollen gemeinsam mit ihren Stämmen zur Armee des Pharao überlaufen, wenn er sie nur vom Hethiter-Reich befreien würde. »Da sagte Seine Majestät: ‚Wo sind sie, eure Brüder, die euch schickten, um Seiner Majestät diesen Plan zu übermitteln?’ Und sie antworteten Seiner Majestät: ›Sie sind an dem Ort, an dem (auch) der elende Feind des Hethiter-Reiches ist. Der Feind vom Hethiter-Reich befindet sich im Lande Churib, nördlich von Tunip. Er fürchtet sich vor dem Pharao (. . .) seit er gehört hat: Der Pharao kommt nach Norden!‹ Doch die Beduinen sprachen die Worte, die sie sagten, in Lüge, denn der Feind vom Hethiter-Reich hatte veranlasst, dass sie kamen, um den Ort zu sehen, an dem Seine Majestät war, zu dem Zweck, dass sich die Furcht vor ihm und vor der Armee Seiner Majestät wegen des Kampfes mit dem Feind vom Hethiter-Reich verringerte.«246 Muwatallis steht mit seiner gesamten Streitmacht viel näher, als Ramses es geahnt hat: Er wartet bereits hinter Qadesch auf ihn, »ohne dass Seine Majestät wusste, wo er war.«247 Ramses ist mit seinem Amun-Bataillon siegessicher vorangestürmt und hat damit einen zu großen Abstand zum folgenden Bataillon entstehen lassen (Abb. 48): Die Abteilung des Ra überquert gerade etwa 10,5 km weiter südlich bei der Stadt Schabtuna den östlichen Arm des Orontes, als Ramses im Nordwesten der Stadt Qadesch das Lager errichten lässt und auf seine restlichen drei Einheiten warten will. Er hat keine Ahnung, dass ihm Muwatallis bereits näher als seine eigenen Truppen sind, denn nur die Stadt und der Orontes trennen sie voneinander. Dann ergreifen Ramses’ Soldaten hethitische Spione, die den gegenwärtigen Standort der ägyptischen Truppen auskundschaften sollen. Die Spione werden dazu gebracht, den wahren Aufenthaltsort des Hethiter-Königs preiszugeben, und so erfahren die Ägypter, dass eine übermächtige Streitmacht in direkter Nähe, versteckt östlich der Stadt Qadesch auf dem Ostufer des Orontes, stationiert liegt. Sofort wird eine Krisensitzung einberufen, in der Ramses sich darüber ereifert, dass seine eigenen Kundschafter nicht ermitteln können, wo sich der Feind befindet. Dann wird der Wesir ausgeschickt, um das Ptah-Bataillon zu größter Eile anzutreiben, die Abteilung des Ra glaubt man offensichtlich verloren. Diese ist soeben dabei, den westlichen Arm des Orontes zu überqueren und zum Lager des Königs zu gelangen, als die hethitische Koalition auf sie trifft und sie zersprengt: »Dann waren sie schon hervorgekommen von der Südseite Qadeschs und bekämpften die Abteilung des Ra in ihrem Innern, (während) diese marschierte und (gar) nicht wusste (wie ihr geschah) und (deshalb) nicht kampfbereit war. Infolgedessen waren die Abteilung und die Streitwagentruppe Seiner Majestät mutlos vor ihnen. In der Zwischenzeit hatte Seine Majestät sein Lager errichtet im Norden der Stadt Qadesch am Westufer des Orontes. Da kam man, um es Seiner Majestät zu berichten und darauf erschien Seine Majestät wie (sein) Vater Month, nachdem er seinen Waffenschmuck
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ergriffen hatte, den er sich (selbst) als seinen Panzer anlegte (. . .). Nun begann Seine Majestät einen gestreckten Galopp und er stürzte ins Innere des ausländischen Heeres vom Hethiter-Reich. Und er war allein auf sich gestellt, kein anderer war bei ihm. Seine Majestät drehte sich um, um hinter sich zu schauen, und er fand sich umgeben von 2500 Pferdegespannen auf seinem Weg nach außen, mit allen Fußsoldaten der Feinde vom Hethiter-Reich und mit all den vielen Fremdländern, die bei ihnen waren (. . .), wobei es keinen Fürsten bei mir gab und auch keinen Wagenlenker, weder einen Soldaten aus dem Heer, noch einen Schildträger. Mein Heer und meine Wagentruppe waren vor Abb. 48 Rekonstruktion des Hethiter-Angriffes während der umihnen geflohen. Nicht einer unter strittenen Schlacht von Qadesch unter Ramses II. (19. Dynastie). ihnen konnte standhaft bleiben, um mit ihnen zu kämpfen.«248 Mitten auf dem Schlachtfeld betet Ramses zu Amun, der ihm auch gleich zu Hilfe eilt, wodurch sich die Situation verändert: »Alles, was ich tat, gelang, denn ich war Month. Ich schoss mit meiner Rechten und erbeutete mit meiner Linken. Ich war wie Seth in seiner Stunde des Erscheinens vor ihnen, und ich fand, dass 2500 Streitwagen, in deren Mitte ich war, vor meinem Gespann zu einem Leichenhaufen wurden.«249 Obwohl Ramses ausdrücklich betont, dass er allein gegen die Überzahl von Feinden gekämpft hat, wird ihm die Elite-Einheit der Naruna-Truppe und seine übrigen Bataillone beigestanden haben – was nicht ausschließt, dass tatsächlich viele Soldaten die Flucht ergriffen haben bzw. Ramses für einen längeren Zeitraum von seinen Truppen isoliert ist. Für ägyptische Soldaten muss es ein wahres Bild des Grauens gewesen sein, als sie die zu Kampfmaschinen hochgerüsteten hethitischen Streitwagen sehen, von denen immer wieder berichtet wird, dass drei Männer auf ihnen fahren. Mit einem Lenker und zwei Schützen ist ein hethitischer Wagen doppelt so effektiv wie ein ägyptischer. Die beiden Pferde des königlichen Gespanns Sieg-in-Theben müssen ihren Herrn aus einer oder mehreren brenzligen Situationen gerettet haben, denn sie sind nach Ramses’ Aussage die einzigen, die bei ihm sind. Dafür behalten sie immer einen besonderen Platz
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im Herzen des Pharaos, der ihnen, solange sie leben und er es zeitlich einrichten kann, höchstpersönlich das Futter gibt. Am Tag nach der Schlacht scheint es einen erneuten Kampf gegeben zu haben, der aber nur ganz flüchtig erwähnt wird, wenn er überhaupt stattgefunden hat: Ein gegnerischer Krieger erkennt, dass Ramses von göttlichen Mächten begleitet wird. »Da befanden sie sich an einem fernen Standort und berührten den Boden mit ihren Händen vor mir, worauf sich Meine Majestät ihrer bemächtigte – ich tötete unter ihnen ohne zu ermüden, so dass sie zu Leichenhaufen vor meinen Pferden wurden. Niedergeworfen lagen sie allesamt in ihrem Blut!«250 Einen Tag später erhält Ramses eine Depesche von Muwatallis, in der er die Größe und Überlegenheit des ägyptischen Königs anerkennt und offiziell um Frieden bittet: »Frieden ist nützlicher als Kampf! Gib uns Luft!«251 Ramses bestätigt diese Aussage und gewährt den Hethitern den Frieden. So soll es sich ereignet haben, so ist es allein 13 Mal von ägyptischer Seite überliefert, doch wenn es wirklich so geschehen wäre, dann wäre nicht Amurru an das Hethiter-Reich zurückgegangen und die Provinz Upe, nördlich von Damaskus, wäre ebenfalls nicht von den Hethitern einverleibt worden. Ramses II. hat die Schlacht von Qadesch verloren aber von seinen Monumenten prangt er als der Sieger dieses Krieges. Die Fähigkeit, eine Niederlage schönzureden ist also keine Erfindung von Staatsmännern unserer Zeit. Sein Leben lang feiert Ramses einen Sieg, den es so für Ägypten nicht gegeben hat. Nach seiner Rückkehr verstärkt Ramses II. die Wachtruppen an der Ostgrenze. Auch machte er sich einen weiteren Schwachpunkt des Landes bewusst: Die Erinnerung an die Angriffe der Seevölker, die Ramses in der späten Regierung seines Vaters für diesen abgewehrt hatte, führten dazu, dass er nun, in der Zeit nach Qadesch, einen Festungsgürtel entlang der ägyptischen Mittelmeerküste bis westlich von El-Alamain errichtete, um weiteren Attacken vorzubeugen. Dann begibt er sich auf eine Reise in den Süden seines Reiches. Dort nimmt er den Fortgang seiner Bauprojekte in Augenschein und hat direkt einen thematischen Vorschlag für die Dekoration der Außenwände seiner Tempel: Seine Version des Ausganges der Schlacht von Qadesch. So werden die Szenen dieses Krieges an sämtliche augenblicklich entstehende Tempel angebracht. Er zieht weiter nach Süden, wo er bei Abu Simbel den Bau eines gigantischen Felsentempels in Auftrag gibt, wie es zuvor noch keinen gegeben hat. Wie Amenophis III. plant Ramses II. zielstrebig seine eigene Vergöttlichung zu Lebzeiten. Sein Name soll überdauern – und dafür sorgt er gewissenhaft. Es gibt heute kaum Orte in Ägypten, an denen man nicht auf die Spuren dieses Pharaos trifft. Von Gaza bis tief nach Nubien am 4. Katarakt zeugen seine Hinterlassenschaften von der Regierung und dem Programm Ramses’ II. Das ganze Land überzieht er mit seinem Siegel. Was er nicht selber baut, nimmt er sich von seinen Vorgängern und schreibt es auf seinen Namen um. Doch das tut er keinesfalls, um deren Namen zu verfolgen, sondern es reizt ihn mehr das Ästhetische an den Stücken, die er für sich übernimmt.
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In den folgenden 16 Jahren kommt es noch zu vier weiteren militärischen Kampagnen im syrischen Raum und stets ist es Ramses‘ Ziel, Amurru zurückzugewinnen. Im Jahr 7 werden die Bewohner der Gegenden von Moab und Edom, östlich und südlich des Toten Meers, in dieser Hinsicht zu einem Problem. Diese Menschen beginnen, sich gegen die ägyptische Vorherrschaft aufzulehnen. Gemeinsam mit seinem Sohn Amun-her-chepesch-ef, der sich bereits zwei Jahre zuvor in Qadesch bewährt hat, leitet er die Niederschlagung von Aufstandsversuchen in Ostpalästina. Mit zwei Bataillonen ziehen sie aus Ägypten. Kurz nach El-Arisch verlässt Amun-her-chepesch-ef mit einem Bataillon seinen Vater und zieht nach Edom, wo er Rabath Batora einnimmt. Sein Vater Ramses verlässt bei Gaza die Küstenstraße und erreicht über eine Route nördlich des Toten Meeres das Gebiet Moab, wo er die Stadt Dibon erobert. Nach dieser Strafaktion ist die Gefahr in Ostpalästina gebannt und der Weg nach Norden ungehindert frei. Von hier aus ziehen beide Bataillone in die von den Hethitern eroberte Provinz Upe, die Ägypten nach Qadesch verloren hat. In den beiden folgenden Jahren geht Ramses äußerst kühn vor: Er zieht nach Amurru, passiert Qadesch, erobert eine Reihe kleinerer befestigter Städte und schließlich das Juwel seiner Züge: Dapur, südlich von Aleppo, im Gebiet des Stadtstaates Tunip. Soweit hat seit einem Jahrhundert kein Pharao seine Truppen mehr nach Norden geführt. Als Ramses nach Ägypten zurückkehrt, lässt er nur eine kleine Streitmacht in Dapur zurück, sodass die Verbündeten des Hethiter-Reiches die Stadt leicht wieder zurückerobern können und Ramses ein Jahr später erneut siegreich um Dapur kämpfen muss, dass er nun behaupten kann. Veränderungen Inzwischen ist Muwatallis gestorben, sein Sohn ist der Abkömmling einer Nebenfrau, der als Mursilis III. regiert. Dessen Onkel Hattuschili, der Bruder des verstorbenen Muwatallis, neidet seinem Neffen den Thron und Nachfolgekämpfe sind abzusehen. Ramses vertraut nicht länger auf militärische Eingriffe, um seinen Anspruch in Vorderasien durchzusetzen, sondern lässt Diplomatie walten. Zunächst muss er nur den Geschehnissen im Hethiter-Reich ihren Lauf lassen . . . Auch einen Aufstand in Irem am 3. Katarakt, im bislang eher politisch ruhigen Nubien, schlägt er nicht mehr persönlich nieder. Er sendet vier seiner Söhne, die derzeit ihre militärische Ausbildung in Memphis absolvieren, mit Truppen aus dem thebanischen Bataillon des Amun aus, die gemeinsam mit dem Vizekönig von Nubien, Iunu, die Rebellen besiegen und 7000 Gefangene machen. Um das Jahr 18 entmachtet Hattuschili seinen Neffen, der ihn militärisch angegriffen hat, tötet ihn aber nicht. Er verbannt ihn zunächst nach Nuchaschesche,
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südlich von Aleppo, doch bald darauf nach Ugarit. Das ist die Chance, die Ramses erwartet hat: Der abgesetzte König der Hethiter flieht aus seinem Exil an der Mittelmeerküste. Inwieweit Ramses an dieser Fluchtaktion beteiligt ist, muss Spekulationen überlassen bleiben, jedenfalls gewährt er dem Entkommenen Asyl und weigert sich, ihn auszuliefern. Der Flüchtige wird mit dem mächtigen ägyptischen Militär in seinem Rücken zu einer ernsten Bedrohung für seinen Onkel auf dem Thron der Hethiter. Der König von Babylon bricht daraufhin die Kontakte zu Ägypten ab und spricht sich dafür aus, Ägypten zu bestrafen, weil es einen politischen Flüchtling aufgenommen hat. Doch davon sieht Hattuschili ab – ein Glück für Ramses. Nun beginnt der Pharao eine Flucht nach vorn und zieht nach Megiddo und Beth Schan, wo er den Angriff der Hethiter und ihrer Verbündete erwartet. Aber nichts geschieht, die Hethiter kommen nicht und Ramses kehrt nach Ägypten zurück. Die Lage in Vorderasien entwickelt eine Eigendynamik, die nicht des Zutuns von Ägypten bedarf: Der Mitanni-König Schattuara II., dessen Land ein Bündnis mit Assyrien eingegangen ist, schlägt sich auf die Seite der Hethiter. Doch Salmanassar I., König der Assyrer, rächt sich blutig und macht Karkemisch am Euphrat und viele weitere bedeutende Städte dem Erdboden gleich, annektiert Mitanni vollständig und erbeutet annähernd 15 000 Kriegsgefangene. Nun grenzen die Reiche von Assyrern und Hethitern direkt aneinander, und Assyrien liebt die Expansion. Zudem hat Hattuschili III. innenpolitische Probleme mit Gruppierungen, die mit der Absetzung seines Neffen nicht einverstanden sind. Den Hethitern bleibt keine andere Wahl, als sich mit einer weiteren bedeutenden Macht im Nahen Osten zu verbünden, um nicht gegen die Assyrer unterzugehen: Sie brauchen einen Friedensvertrag mit Ägypten. Der Friedensvertrag zwischen Ägypten und dem Hethiter-Reich Der Vertrag zwischen Ramses und Hattuschili ist der älteste erhaltene Friedensvertrag der Menschheit. Er ist in zwei hieroglyphischen Abschriften aus dem Karnak-Tempel und aus dem Totentempel Ramses II. sowie einer keilschriftlichen Fassung aus Hattuscha, der Hauptstadt der Hethiter, erhalten und datiert in das Jahr 21 von Ramses II. Das Fragment eines Keilschrifttextes, der 2003 in Qantir gefunden wird, zeugt von einem weiteren Beleg in der ägyptischen Residenz. Im Wesentlichen behandelt der Friedensvertrag einen gegenseitigen Nicht-Angriffspakt, sichert die gegenseitige militärische Unterstützung gegen innen- wie außenpolitische Feinde im Ernstfall und beauftragt Ramses, nach dem Tod seines Vertragspartners die Nachfolge von dessen Sohn sicherzustellen. Zudem befasst sich ein großer Teil mit der Auslieferung von politischen Gefangenen. Die Frage der Grenzen wird gar nicht erst thematisiert, Amurru bleibt hethitisches Gebiet – und ist nun endgültig für Ägypten verloren.
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Nach diesem Vertrag beginnen ruhige Jahre für Ramses, in denen er sich weiter seinem gewaltigen Bauprogramm widmen kann. Der Feind von einst wird zum Freund, ja sogar zum Bruder, so wie sich die beiden Könige in der umfangreichen Korrespondenz der Höfe gegenseitig bezeichnen. In diesen Briefen klingen aber auch häufig Misstöne heraus, die wahrscheinlich nicht zu vermeiden sind, wenn zwei derart große Herrscher einen Pakt abschließen und sich plötzlich gegenseitig als gleichberechtigt und gleichwertig ansehen sollen. Zum Beispiel ist die Frage nach dem Verbleib des gestürzten hethitischen Königs, der sich in ägyptischem Exil befindet und wohl nach dem Abschluss des Friedensvertrages von dort entkommen ist, ein leidiges Thema vieler Briefe, in denen Ramses auch durchaus deutlich wird: Er beschwert sich mehrmals darüber und nennt den früheren König der Hethiter einen Mann, »über den du mir diese vielen, vielen Worte geschrieben hast, die nicht wert sind sie zu hören.«252 Ein anderes Problem stellt sich in Ramses’ Art sich auszudrücken dar, von der Hattuschili sich häufig verletzt fühlt. Der Pharao antwortet auf solche Schreiben des beleidigten Hethiter-Königs: »Ich habe nun diese Worte gehört, die mir mein Bruder geschrieben hat mit den Worten: ›Warum hast du mir wie einem Diener von dir diese vielen Worte geschrieben?‹ – so hat mein Bruder mir geschrieben (. . .). Und warum sollte ich dir schreiben wie einem Diener, ausgerechnet ich? Und dass ich dir geschrieben hätte, wie einem Diener, sollst du nicht denken! Ein Wort, das einen Mann erfreut, mögest du mir schreiben, wie folgt: ›Dein Herz möge sich täglich freuen‹, und nicht sollst du mir diese leeren Worte ohne Gehalt schreiben, und vertraue du den Worten deines Bruders!«253 Aber generell ist es ein sehr positiver Briefwechsel über Jahrzehnte hinweg, in dem die verschiedensten Dinge angesprochen werden. Ägyptische Ärzte sind mit ihren außerordentlichen Fähigkeiten häufig am hethitischen Hof beschäftigt, aber auch ihr Können hat Grenzen, wie wir aus einem Brief von Ramses entnehmen: »Was mir mein Bruder geschrieben hat wegen Matanazi, seiner Schwester (. . .): ›Mein Bruder möge mir einen Mann senden, um eine Arznei für sie zu bereiten, um sie gebären zu lassen‹ – so hat mein Bruder mir geschrieben. So sage ich darauf zu meinem Bruder: Nun siehe, die Matanazi, die Schwester meines Bruders – der König, dein Bruder, kennt sie! Eine Fünfzigjährige oder eine Sechzigjährige ist sie! Und siehe, eine Frau, die fünfzig Jahre alt ist, oder eine, die sechzig Jahre alt ist, – für die kann man keine Arznei bereiten, um sie noch gebären zu lassen.«254 Noch vor dem Vertragsabschluss im Jahre 21 erhebt Ramses die älteste Tochter seiner Frau Isis-neferet mit dem Namen Bint-Anat und Merit-Amun, die älteste Tochter von Nefertari, in den Stand von Großen königlichen Gemahlinnen. Nun beginnt eine Reihe von Schicksalsschlägen, die Ramses treffen. Zunächst verstirbt im Jahr 22 seine geliebte Mutter Tuja, die ein Grab im Tal der Königinnen erhält. Zwei Jahre später findet die Einweihung der beiden imposanten Felsentempel von Abu Simbel statt (Abb. 49). Im größeren der beiden Tempel lässt sich Ramses im Allerheiligsten direkt neben Amun-Ra darstellen und als Gott verehren, die beide
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Abb. 49 Abu Simbel. Ehrfurcht gebietend bewachen noch heute drei der ehemals vier aus dem anstehenden Stein geschlagenen Kolosse von Ramses II. (19. Dynastie) den Felsentempel zwischen dem 1. und 2. Katarakt, in dem sich der Pharao als Gott verehren ließ.
von Ptah und Ra-Harachte flankiert werden. Die kleinere Anlage ist neben der Göttin Hathor auch seiner Frau Nefertari geweiht. Im Jahr 25 stirbt Nefertari, die Frau, der er einen Tempel erbauen lässt, und die das schönste Grab im Tal der Königinnen erhalten soll. In seinem 30. Regierungsjahr ist Ramses 55-jährig und sicherlich kommt dem erschöpften König sein erstes Jubiläums- oder Sedfest sehr gelegen, um seine verbrauchten Kräfte zu regenerieren. Und dass er sich viel von diesen Festen verspricht, geht aus der großen Anzahl hervor, die er noch begehen soll – 13 weitere Jubiläen folgen in den verbleibenden 36 Regierungsjahren. Isis-neferet stirbt zwischen seinem 33. und 34. Jahr und wird als besondere Ehre im Tal der Könige bestattet. Zu dieser Zeit laufen bereits die Verhandlungen für eine Hochzeit zwischen Ramses und einer Tochter Hattuschilis III., die die Verbindung zwischen Ägypten und dem Hethiter-Reich noch weiter festigen soll. Die
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hethitische Prinzessin kommt im Jahr 34 nach Ägypten. Ebenfalls um diese Zeit heiratet Ramses Nebet-taui, eine weitere seiner eigenen Töchter. Keine zehn Jahre später folgt eine nächste Hethiter-Prinzessin ihrer älteren Schwester in den Harîm des Königs nach. Veränderungen im Reich der Hethiter Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt, jedoch vor Ramses II., verstirbt Hattuschili III., der König der Hethiter. Sein Sohn Tutchalija IV. wird, ohne die befürchteten Schwierigkeiten neuer Herrscher, sodass Ramses nicht eingreifen muss, um die hethitische Thronfolge zu sichern, wie es im Friedensvertrag festgehalten worden ist. Das Hethiter-Reich ist seit langem für eine zentrale Verwaltung in der Hauptstadt Hattuscha zu groß geworden, sodass zwei Gebiete als Vizekönigtümer abgespalten werden müssen, die von hethitischen Fürsten verwaltet werden, die dem König unterstehen: Das syrische Gebiet des Reiches und ein Bereich in Südanatolien (Tarchuntascha, nordwestlich von Karaman). Der syrische Teil wird von der Stadt Karkemisch am Euphrat kontrolliert, und im Laufe der Zeit wendet sich die syrische Hafenstadt Ugarit, gemeinsam mit anderen syrischen Kleinfürstentümern, tendenziell immer mehr vom Hethiter-Reich ab und Ägypten zu. Die letzten Jahre von Ramses II. Ramses unterstützt die im Schiffsbau offensichtlich unerfahrenen Hethiter durch ägyptische Schiffe, die diese nachbauen sollen. Prinz Chai-em-Waset, ein Sohn der Isis-neferet, der als Priester in Memphis auf Geheiß seines Vaters viele Denkmäler der Vergangenheit restaurieren lässt, ist inzwischen, nach dem Tod seiner Brüder zum Kronprinzen geworden. Doch auch er stirbt im Jahr 55. Nun tritt ein weiteres Kind der Isis-neferet an die Stelle des Nachfolgers – Meri-en-Ptah, Ramses’ 13. legitimer Sohn, der 15 Jahre zuvor bereits als General seines Vaters nachzuweisen ist. Wahrscheinlich übernimt er die meisten Regierungsgeschäfte, denn Ramses II. ist bereits 80 Jahre alt und leidet an altersbedingten körperlichen Gebrechen. Nach 11 weiteren Regierungsjahren stirbt der Mann, der es wie kein zweiter versteht, einem negativen Ereignis noch eine positive Seite abzugewinnen. Als z. B. im 31. Regierungsjahr ein Erdbeben bei Abu Simbel einer der vier monumentalen Figuren des Ramses am Eingang den Oberkörper abtrennt, sieht der damals 56-jährige König darin kein böses Omen, sondern er erklärt es später als eine Segnung des Erdgottes Ptah-Tatenen. Seine letzten Lebensjahre verbringt der ehemals so große und stolze König in einer Art Dämmerzustand, den eine Arteriosklerose hervorgerufen hat. Er kann
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nichts mehr alleine tun, sondern ist auf ständige Hilfe angewiesen. Als der König ca. 1236 v. Chr. in seinem Palast in Per-Ramses stirbt, hat er 66 Jahre regiert und ist etwa 91 Jahre alt geworden, hat mit fast 100 Frauen die stattliche Anzahl von rund 200 Kindern gezeugt, einen Krieg uminterpretiert und ein einzigartiges Bauprogramm realisiert. Im Tempel des Reichsgottes Amun hat er u. a. den Großen Säulensaal vor dem 3. Pylon von Amenophis III. vollendet, dessen Planung wahrscheinlich auf Haremhab zurückgeht. Ramses hat einen Wald aus 134 bis zu 21 m hohen Säulen mit Pflanzenkapitellen erschaffen, den mittig ein breiter Prozessionsweg durchschneidet. Dieser 5500 m² große Raum ist dunkel, nur entlang des Weges dringt durch 5 m hohe Fenster mit Jalousien ähnlichen Schlitzen gedämpftes Licht ein und erhöht die Mystik dieses Ortes. Zwar hat er die Größe von Ägypten unter Thutmosis III. nicht wiederherstellen können, aber er hat etwas anderes erreicht, was vor ihm noch kein anderer Pharao vollbracht hat – er hat geschafft, dass sich der Erzfeind Ägyptens nun dessen Bruder nennt. Allerdings lernen sich die beiden Männer niemals persönlich kennen. Ein geplanter Besuch des Hethiters in Ägypten wird abgesagt, ein Besuch des Ramses in der hethitischen Hauptstadt Hattuscha hat dieser niemals vorgesehen. Den einzigen Hethiter-König, den Ramses je gesehen hat, ist Muwatallis II. auf dem Schlachtfeld bei der Stadt Qadesch. Etwa 150 Jahre nach der Beisetzung des Ramses wird seine Mumie gemeinsam mit der seines Großvaters im Grab Sethos’ I. kurzzeitig aufbewahrt, bevor sie in das Versteck bei Deir el-Bahari gebracht wird, wo sie 1881 gefunden werden soll. Meri-en-Ptah (Merenptah, ca. 1236 – 1226 v. Chr.) Vermutlich wird Meri-en-Ptah (Abb. 50) im Jahr 15 seines Vaters von Isis-neferet geboren. Als er die Nachfolge des Ramses antritt, ist er für ägyptische Verhältnisse bereits ein betagter Mann von über 50 Jahren. Wahrscheinlich aufgrund seines Alters und einer schmerzhaften Arthrose, die sich an seiner Mumie feststellen lässt, verlegt Meri-en-Ptah die Residenz vom feuchteren und kühleren Per-Ramses zurück nach Memphis, wo er u. a. einen neuen Palast baut. Verheiratet ist er mit Isis-neferet II., einer Frau, die den Namen seiner Mutter trägt. Neben einigen eigenen Denkmälern benutzt er wie sein Vater Bauten und Statuen anderer Vorgänger, die er mit seinem Namen überschreibt. Doch ist Merien-Ptahs Usurpation durch sein hohes Alter zu erklären, mit dem er den Thron besteigt. Er hat nicht mehr allzu viel Zeit, um große Bauvorhaben zu realisieren. Die Arbeiten an seinem Grab im Tal der Könige haben wohl noch unter Ramses’ Regierung begonnen. Für seinen Totentempel nutzt er die Anlage Amenophis’ III., die sich in unmittelbarer Nachbarschaft befindet, als Steinbruch. Viele reliefierte Blöcke aus dem älteren Tempel werden von Meri-en-Ptahs Architekten als Fundamente benutzt oder mit Gips bestrichen, auf dem neue Motive eingeschnitten werden.
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Abb. 50 Theben-West. Meri-en-Ptah (19. Dynastie) trat als 13. Sohn und betagter Mann die Nachfolge seines Vaters Ramses II. an. Er betet den falkenköpfigen Gott Ra-Harachte an und erhält von diesem das ewige göttliche Leben und Beständigkeit (Szene aus seinem Grab im Tal der Könige).
Der freundschaftliche Kontakt, der sich unter Ramses II. mit dem Hethiter-Reich entwickelt hat, dauert auch unter Meri-en-Ptah fort. Der neue Pharao schickt sogar Getreide, als zu Beginn seiner Regierung eine Hungersnot im Land der Hethiter ausgebrochen ist. Vom Kleinfürsten aus Ugarit kommt zum Herrschaftsantritt ein Glückwunschschreiben mit einer Bitte, der Meri-en-Ptah wohl nicht nachgekommen ist: Der Fürst will eine Statue des Königs haben, um diese im Baal-Tempel von Ugarit aufzustellen. Das ist eine Ehre, die nicht einmal den Hethitern, deren Untertanen das Kleinfürstentum Ugarit gewesen ist, zuteil geworden ist. Sicher aus diesem Grund, um keine Verstimmungen mit den Hethitern zu erzeugen, verzichtet Meri-en-Ptah auf diese Ehre.
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Die Seevölker sind zurück Nachdem Meri-en-Ptah in Nubien bei Amada einen Aufstand niedergeschlagen hat und eventuell auch zwischen dem Jahr 3 und 5 militärisch in Palästina aktiv gewesen ist, kommt er nicht zur Ruhe, denn im 5. Jahr wird Ägypten erneut von einer alten Gefahr bedroht, der sein Vater bereits mehrere Male entgegengetreten ist. Völker aus dem Gebiet der Ägäis, des Balkans und des Schwarzen Meeres haben sich mit libyschen Stämmen zusammengetan und Ägypten auf dem Seeweg angegriffen. In der Nähe von Buto treten Meri-en-Ptahs Truppen den Aggressoren entgegen. Nach 75 Jahren ist dies das erste Mal, dass Ägypten angegriffen wird. Die Schlacht dauert sechs Stunden, in denen weit über 6000 Gegner sterben und 9000 gefangen genommen werden. Meri-en-Ptah lässt viele der Kriegsgefangenen in Memphis pfählen und ihre Hände und Genitalien, die ihnen abgeschnitten werden (vgl. Abb. 53), vor dem Palast aufhängen – so groß ist sein Zorn. Es ist eine alte Sitte der Ägypter, ihre Feinde nach dem Tod handlungs- und zeugungsunfähig zu machen, um die Gefahr, die von ihnen ausgegangen ist, für alle Zeit zu bannen. Auf einer großen Stele, die einst in seinem Totentempel aufgestellt ist, hat Meri-en-Ptah die Ereignisse der vergangenen Schlacht aufgeführt und zudem alle Völker nennen lassen, über die Ägypten herrscht – zum ersten Mal tritt hier der Stamm Israel namentlich in Erscheinung, der dieser Stele ihren heutigen Namen, Israel-Stele, gegeben hat (Ägyptisches Museum Kairo, Inv.-Nr. JE 31408 = CG 34025). In der zweiten Regierungshälfte wird Messui, ein Mitglied des Königshauses, der neue Vizekönig von Nubien, der einen in Ungnade gefallenen Beamten ersetzt. Die letzten vier Jahre, die Meri-en-Ptah nach der schweren Schlacht noch vergönnt sind, kann er in Ruhe verbringen und sich an den Fortschritten erfreuen, die die Arbeiter in seinem Königsgrab machen. Sein Grab gehört zu den eindrucksvollsten Anlagen im Tal der Könige und besitzt einige richtungsweisende Neuerungen. In Abydos dekoriert Meri-en-Ptah den Korridor, der zur Grabkammer des Osireions führt, mit Szenen und Texten wie sie in einem Königsgrab vorkommen. Der König stirbt im Alter von 60 Jahren nach etwas mehr als neun Regierungsjahren. Seine Mumie findet sich in dem Versteck im Grab Amenophis’ II., wohin sie in der 21. Dynastie umgebettet wird. Sie zeigt, dass der alternde König in seinen letzten Lebensjahren an quälender Arthrose, Arteriosklerose und an Zahnschmerzen leidet. Kronprinz wird, nach dem Tod eines älteren Sohnes, Sethos-Meri-enPtah, ein militärischer Befehlshaber seines Vaters, der als Sethos II. nach seinem Vater herrschen soll – doch dies nicht ohne Schwierigkeiten.
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Amun-messu (Amenmesse, ca. 1226 – 1223 v. Chr.) Bevor Sethos II. seinem Vater auf den Thron folgen kann, erhebt zuerst Amun-messu, der Sohn einer Ta-chait, die vielleicht eine Tochter Ramses II. gewesen ist, unbegründete Ansprüche auf die Königsherrschaft. Innerhalb von knapp drei Jahren hinterlässt er als eigenes Denkmal nur sein begonnenes Grab im Tal der Könige, dessen ihn nennende Inschriften nach seiner Regierung sorgfältig zerstört werden. Aus den noch erkennbaren Darstellungen gehen die Frauennamen Baket-werel und Ti-aa hervor, die als Amun-messus Gemahlinnen gelten. Die häufig geäußerte Vermutung, in ihm den Vater des späteren Königs Sa-Ptah erkennen zu wollen, ist abzulehnen. In der Tradition gilt Amun-messu als Usurpator, der nicht überliefert werden soll. Die Denkmäler, auf die er seinen Namen setzt, werden später gewissenhaft von diesem gereinigt. Nach einer anderen, allerdings nicht haltbaren, Theorie soll Amun-messu der Vizekönig von Nubien, Messui, gewesen sein, der gegen Sethos II. rebelliert und dessen Herrschaft übernommen hätte.255 Sethos II. (ca. 1223 – 1217 v. Chr.) Nach fast drei Jahren, die Sethos von der Nachfolge seines Vaters ferngehalten worden ist, gelingt es endlich, den Usurpator Amun-messu zu beseitigen. Für Sethos II. hat sein königlicher Schreiber Bai einen Brief an den Fürsten von Ugarit geschrieben – kurz bevor es untergeht. Denn etwa in dieser Zeit muss sich ein erneuter fürchterlicher Ansturm der Seevölker auf das Reich der Hethiter, auf Ugarit, Amurru und Zypern ereignet haben, der den Untergang für das Hethiter-Reich bedeutet und die vorderasiatische Küste von Haifa bis Akko vernichtet. Die ägyptischen Einflussgebiete Byblos und Südpalästina sind von diesem Angriff noch nicht betroffen. Sethos II. errichtet u. a. ein Stationsheiligtum westlich vor dem Großen Säulensaal von Karnak, den Ramses II. fertiggestellt hat, und sorgt für die konsequente Ausmerzung des Namens und des Andenkens des Usurpators Amun-messu. Ein weiteres Monument seiner Regierung ist sein Grab im Tal der Könige. Seine Königin ist Ta-useret, die mit ihm gemeinsam die Regierungsgeschäfte führt, und auf Schmuckstücken zusammen mit ihrem Mann genannt wird (z. B. auf einem Blütendiadem im Ägyptischen Museum Kairo, Inv.-Nr. CG 52644). Die Darstellungen des Stationsheiligtums in Karnak zeigen ursprünglich Bai, in der Rolle des Kronprinzen, weil Sethos II. in dieser Zeit noch keinen leiblichen Sohn hat.256 Gegen Ende seiner Regierung wird dieser jedoch geboren, er trägt den Namen Sethos-Meri-en-Ptah und die Reliefs am Stationsheiligtum müssen umgearbeitet werden. Als Sethos II. überraschend früh nach nur sechs Regierungsjahren wahrscheinlich in Per-Ramses stirbt, unterstützt Bai, inzwischen der Große Schatzmeister des
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ganzen Landes, einen anderen Kandidaten. Wenn er schon nicht als König herrschen kann, will er wenigstens die Fäden im Hintergrund in den Händen halten. Dass Ta-useret für ihren minderjährigen Sohn regiert, kommt wohl durch die Geschehnisse unter Hatschepsut nicht mehr in Frage. Bai braucht also einen möglichst jungen Prinzen, der als seine Marionette dienen würde. Und er findet diesen Mann in der Gestalt des etwa 14-jährigen, leicht körperlich behinderten Sa-Ptah, der wahrscheinlich der Sohn des alten Meri-en-Ptahs mit einer syrischen Nebenfrau Sutiraja gewesen ist. Die Mumie des Sa-Ptah zeigt, dass er an Kinderlähmung erkrankt ist und einen Klumpfuß hat. Sa-Ptah (Siptah, ca. 1217 – 1211 v. Chr.) Sa-Ptah ist mit 14 Jahre noch recht jung, als er mit Bais Hilfe unerwartet König von Ägypten wird. Seine Regierungszeit ist mit sechs Jahren genauso kurz wie die seines Vorgängers. Bai, der sich nun Beinamen wie Der den Sohn auf den Platz seines Vaters setzte gibt, nimmt als eigentlicher Regent eine wichtige Rolle am Hofe ein und darf sich neben Sa-Ptah oder neben Sa-Ptah und Ta-useret darstellen lassen. Bais besondere Bedeutung wird durch einen Grabplatz unterstrichen, der im Tal der Könige für ihn vorbereitet wird. Namen und Darstellungen des jungen Königs erscheinen in Nubien bei Wadi Halfa und Abu Simbel und kommen u. a. im Zusammenhang mit der Ernennung eines neuen Vizekönigs von Nubien, Hori, in Sa-Ptahs 1. Jahr vor. An eigenen Monumenten sind nur eine Stele aus Bilgai im Delta und eine weitere aus Karnak sowie sein begonnenes aber unvollendetes Grab im Tal der Könige hervorzuheben. Innerhalb seines ersten Jahres wechselt Sa-Ptah seinen König von Ober- und Unterägypten-Name von Sechai-en-Ra (Den Ra einsetzte) zu Ach-en-Ra (Der für Ra nützlich ist)257 und seinen Sohn des Ra-Name von Ramses Sa-Ptah zu Meri-en-Ra Sa-Ptah, um vielleicht dadurch auch seine Ansprüche gegenüber dem eigentlich rechtmäßigen Thronfolger, dem Säugling Sethos-Meri-en-Ptah, durch seine Abstammung klarzumachen.258 Doch dieses Kind stirbt im 4. Jahr des SaPtah und wird im Tal der Könige gemeinsam mit Objekten aus dem Besitz seiner Eltern Sethos II. und Ta-useret beigesetzt. Nun scheint sich Bai gegen den König empört zu haben, denn eigentlich ist ja er der von Sethos II. erwählte Thronfolger, bis Ta-useret schwanger geworden ist. Nun, da dieses Kind nicht mehr lebt, erhebt er erneut Ansprüche auf das Königsamt. Da ergreift Ta-useret Position für Sa-Ptah und regiert mit ihm gegen Bai, der im Jahr 5 als Staatsfeind hingerichtet wird, und daraufhin das Recht verliert, im Tal der Könige beigesetzt zu werden. Sa-Ptah überlebt seinen früheren Gönner und späteren Gegner nur um ein Jahr. Er stirbt mit 20 Jahren und wird in seinem unfertig gebliebenen Grab bestattet. Aus ungeklärten Gründen wird nach seinem Tod der Name des Königs aus seiner Grabdekoration zuerst entfernt und später wieder eingesetzt. Auch
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Abb. 51 Skizze einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Ta-useret (19. Dynastie, links) und Seth-nacht (20. Dynastie) auf einer Kalksteinscherbe (Ostrakon; das Original ist mit roter Tinte beschrieben und befindet sich im Ägyptischen Museum Kairo, Inv.-Nr. CG 25125).
seine Mumie wird in der 21. Dynastie in eine Seitenkammer im Grab von Amenophis II. umgebettet. In der späteren Tradition der 20. Dynastie wird das Andenken an Sa-Ptah nicht bewahrt, in einem Papyrus aus der Zeit Ramses’ IV. wird er nur als »Der, der sechs Jahre regierte, ein Syrer«259 geführt, ohne dass sein Name genannt wird. Die Bezeichnung Syrer bezieht sich auf die Abstammung von einer syrischen Frau. Ta-useret (ca. 1217 – 1209 v. Chr.) Nachdem Sa-Ptah in jugendlichem Alter kurz vor dem Opet-Fest verstorben ist, lässt sich Ta-useret (Abb. 51) anlässlich dieses Festes in Theben ihre Ansprüche durch die Götter bestätigen und dadurch als regierenden weiblichen König legitimieren. Als solcher nimmt sie, wie einst Hatschepsut etwa 270 Jahre zuvor, die Königstitulatur an. Vor dem Fest werden auf ihr Geheiß die Arbeiten an ihrem Königinnengrab im Tal der Könige, das bereits im 2. Regierungsjahr ihres Mannes Sethos II. begonnen worden ist, eingestellt, um sie danach für die Umarbeitung und Weiterführung als Königsgrab wiederaufzunehmen. Gleichzeitig legt sie den Grundstein für ihren Totentempel südlich des Ramesseums. Obwohl sie nur 18 Monate regiert, rechnet sie die Herrschaft des Sa-Ptah, während der sie die meiste Zeit die Regierung geführt hat, zu ihren Jahren dazu und kommt auf diese Weise auf acht Jahre. Die Hauptstadt ist nach Meri-en-Ptah wieder nach Per-Ramses im Ostdelta verlegt worden, doch weil die mächtige Lebensader der Stadt, der Pelusische Nilarm, immer weiter austrocknet, soll sie mit dem Ende der kommenden 20. Dynastie zugunsten von Tanis aufgegeben werden. Ta-userets Name ist auf Denkmälern über die Grenzen Thebens hinaus bezeugt, jedoch ist sie als herrschende Königin offensichtlich nicht allgemein akzeptiert worden. Nicht anders lässt es sich erklären, dass sie in ihrem 8. Regierungsjahr von einem Mann gestürzt wird, der daraufhin selbst die Königswürde annimmt. Mit der Absetzung Ta-userets erlischt die 19. Dynastie.
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Das letzte Aufleuchten ägyptischer Macht Die 20. Dynastie (ca. 1209 – 1093 v. Chr.) Seth-nacht (ca. 1209 – 1206 v. Chr.) Seth-nacht gehört der Opposition gegen Ta-useret an und widersetzt sich ihrer Herrschaft militärisch. Eine flüchtige Skizze auf einem Ostrakon, die eine Königin schießend auf einem Streitwagen zeigt, ist erst in jüngster Zeit als Ta-useret gedeutet worden (Abb. 51).260 Und sicher gehen wir nicht fehl in der Annahme, dass die nicht erhaltene männliche Figur auf dem Streitwagen der Königin gegenüber Seth-nacht gewesen ist. Es dauert ein Jahr, bis er sie stürzen kann. Woher er kommt, ist jedoch ungewiss. Ob er vielleicht aus der großen und weitverzweigten Familie von Ramses II. stammt, ist möglich, lässt sich jedoch nicht mit Sicherheit sagen. Auf Elephantine wird eine Stele gefunden, die den Gegensatz zwischen der letzten Herrschergestalt der 19. Dynastie und Seth-nacht zum Ausdruck bringt: »Da war Seine Majestät (Seth-nacht), er lebe, sei heil und gesund, wie sein Vater Seth und breitete seine beiden Arme aus, Ägypten von denen, die es schädigten, zu befreien (. . .). Sie flohen davon wie Spatzen und kleine Vögel, wenn der Falke hinter ihnen her ist, nachdem sie das Silber, Gold, Kupfer und Leinen Ägyptens hatten fallen lassen, das sie diesen Asiaten gegeben hatten, um sich Kämpfer zu suchen, um die Grenzen Ägyptens anzugreifen. Ihre Pläne sind gescheitert und ihre Versprechungen blieben leer.«261 Diese Zeilen lassen erkennen, dass die Situation in Ägypten nicht zum Besten bestellt gewesen ist und dass sich Seth-nacht wie ein Befreier darstellt. Das Andenken an seine Widersacherin lässt der neue König beseitigen und gründet die letzte Dynastie des Neuen Reiches. Die Gemahlin des Seth-nacht trägt den Namen Ti-Merit-en-Isis und ist die Mutter seines Nachfolgers. Doch die Regierung des Usurpators währt nicht lange, nach insgesamt nur drei Jahren stirbt er. Sein Grab, das er im Tal der Könige begonnen hat, ist noch weit davon entfernt, seine Mumie aufnehmen zu können, so usurpiert sein Sohn und Nachfolger Ramses III. das Grab der Ta-useret für die Beisetzung seines Vaters und lässt es um mehrere Raumeinheiten erweitern. Einige Hinweise deuten darauf hin, dass die Mumie des Pharaos in der 21. Dynastie in das Grab von Amenophis II. umgebettet wird, doch kann sie bis heute nicht sicher identifiziert werden.
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Ramses III. (ca. 1206 – 1175 v. Chr.) Der Sohn des Seth-nacht und der Ti-Merit-en-Isis ist der letzte wirklich große König Ägyptens, der sich jedoch selbst immer als eine Art Nachahmer versteht (Abb. 52). Er fühlt sich ganz besonders seinem Namensvetter Ramses II. verbunden, ob er es familiär auch tatsächlich ist, lässt sich nicht bestätigen. Ramses III. ahmt sein Vorbild auf verschiedene Weise nach, indem er beispielsweise seinen Namen wie dieser bildet und sogar seine Kinder nach denen des berühmten Königs benennt. Dass er, ebenso wie sein Vater, keine positiven Gefühle für die letzten Herrschergestalten der vergangenen Dynastie hegt, beweist eine Darstellung in seinem bedeutenden, heute Medinet Habu genannten, Totentempel im Süden von Theben-West. Hier lässt er die Figur seines Vaters direkt auf die von Sethos II. folgen.262 Allerdings werden – trotz innenpolitischer Schwierigkeiten – wichtige Beamte des Staates, z. B. der Wesir Hori und dessen Namensvetter, der Vizekönig von Nubien, die unter Sa-Ptah eingesetzt worden sind, nicht ihrer Ämter enthoben, was zu erwarten gewesen wäre, wenn das alte Regime hätte ausgemerzt werden sollen. Ramses ist mit Isis verheiratet, die Tochter der – allem Anschein nach – syrischen Frau Habasillatu (Strandlilie). Die Invasionen von Libyern und Seevölkern Ramses’ erste Regierungshälfte wird von drei militärischen Auseinandersetzungen geprägt, die jedoch nicht mehr von Ägypten provoziert worden sind und der Ausdehnung des Einflusses dienen, sondern reine Verteidigungskriege sind. Im Jahr 5 greifen die Libyer Ägypten an. Ramses kann sie vernichtend schlagen. Nur drei Jahre später, in seinem 8. Regierungsjahr, hat Ramses III. seine bekannteste Schlacht zu schlagen, denn nun überschreiten die gefürchteten Seevölker, die die großen Reiche der Zeit einfach überrannt und zerstört haben, auch Ägyptens Grenzen – und sie kommen sowohl auf dem Land- als auch auf dem Wasserweg. Sie sind um viele Stämme und Völker angewachsen und inzwischen gehören auch die Philister zu ihnen. Ramses ist vorausschauend genug, um auch Truppen nach Palästina zu schicken, die die Gefahr vom Land aus bannen sollen, während er selbst an der Küste auf die Schiffe der Feinde wartet. In einer großen Schlacht endet der Kampf zugunsten Ägyptens. Nur drei Jahre später versuchen die Libyer ein letztes Mal, ihren mächtigen Nachbarn einzunehmen, dabei zerstören sie zwar u. a. den Gau von Xois im Westdelta, aber dennoch scheitern sie erneut kläglich gegen die Streitmacht des Pharaos. Glücklicherweise greifen die Seevölker und die Libyer unter Ramses III. getrennt und nicht als verheerende Gemeinschaft – wie noch unter Meri-en-Ptah – an. Einem zeitgleichen Ansturm beider Aggressoren wäre Ägypten nicht gewachsen gewesen und hätte seinen Untergang bedeutet.
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Abb. 52 Theben-West. Ramses III. (20. Dynastie) mit der Blauen Krone, an dessen Stirnseite sich eine Speikobra (Uräus) in Drohgebärde aufgerichtet hat, um den König zu schützen (Medinet Habu).
Die zahlreichen libyschen Kriegsgefangenen, die Ramses III. hat festnehmen können, werden als ägyptisches Eigentum gebrandmarkt und als Söldner dem Heer überstellt, wo sie in Unter- und Mittelägypten in Militärkolonien leben. Gefangene der Seevölker werden ebenfalls für die ägyptische Armee verpflichtet und in Kolonien außerhalb des Kernlandes angesiedelt, so kommen etwa die Philister nach Gaza und Askalon, um den wichtigen ägyptischen Nachschubweg in Palästina zu sichern. Innerhalb der ersten zwölf Regierungsjahre, in denen Ägypten ständig von kriegerischen Übergriffen heimgesucht worden ist, kann der König dennoch seinen prachtvollen Totentempel vollenden, der wie eine Festung gesichert ist. Das zeugt von einer zu diesem Zeitpunkt noch funktionierenden Verwaltung. Als Bauplatz hat er die direkte Nachbarschaft zu Hatschepsuts Tempel der Urgötter gewählt, in dem Amun in seinem ursprünglichen Wesen verehrt wird. Diesen kleinen Tempel der Hatschepsut lässt Ramses III. durch seine gewaltige Festungs-
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Abb. 53 Theben-West. Beamte ermitteln vor Ramses III. (20. Dynastie) die Anzahl der in einer Schlacht gefallenen Feinde anhand der abgeschnittenen Hände (Medinet Habu).
mauer in sein Tempelareal integrieren. Die Schutzmauern, die der König um viele heilige Bezirke errichten lässt, können auf räuberische Gruppen, vielleicht sogar Libyer, hindeuten, die scheinbar vielerorts ihr Unwesen treiben. In Ramses’ Totentempel werden die Berichte über die Schlachten seiner Zeit festgehalten und man hat nicht darauf verzichtet, das Zählen der abgeschlagenen Hände der gefallenen Feinde anzugeben (Abb. 53). An den Totentempeln des Neuen Reiches ist seit der 18. Dynastie ein Palast für den König angegliedert, in dem dieser sich aufhält, wenn er Theben anlässlich der Festtage besucht. Ramses’ thebanischer Palast ist mit dem ersten Hof des Tempels durch einen Balkon verbunden, auf dem der König erscheint, um verdiente Beamte auszuzeichnen. Dieser Tempelpalast von Ramses III. ist der am besten erhaltene, bei dem noch heute u. a. Thronsaal, Schlafgemach und sogar das Badezimmer des Königs in den Grundmauern erhalten sind. Wie Sethos II. lässt Ramses III. ein Stationsheiligtum auf der noch weitestgehend unbebauten Fläche vor dem Großen Säulensaal des Amun-Tempels von Karnak errichten und beginnt gleichzeitig mit dem Tempel des Chons, ein Mondgott und Kind des Amun und der Göttin Mut, einige hundert Meter weiter nördlich. Andere bereits vorhandene Anlagen in Ägypten, Nubien und in Syrien werden unter Ramses erweitert oder restauriert. Sein Name findet sich vom Delta bis nach Soleb in Nubien. Eine Expedition nach Punt wird für seine Regierung erwähnt und der Türkisabbau im Sinai wird noch immer betrieben.
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Die Verwaltung zeigt erste Schwächen Umfangreiche Überweisungen von Ländereien, Menschen und Tieren an die Haupttempel des Reiches in Heliopolis, Memphis und vor allem Theben werden unter Ramses III. getätigt – rund ein Zehntel des urbaren Bodens übereignet er den Kultzentren. Außerdem setzt er für die Götter und Festtage neue, beträchtliche Opfer fest. Der Fehler, der schon in der frühen 18. Dynastie gemacht worden ist, beginnt sich zu wiederholen. Erneut profitieren wieder die Priester von der Großzügigkeit ihres Herrschers. Ramses III. entlohnt zudem seine Söldner mit Land, das danach ebenfalls nicht mehr dem König gehört. Beamte machen zahlreiche Stiftungen zugunsten des Königs und erreichen so, dass bedeutende Bereiche ihres privaten Besitzes nicht von der Steuer erfasst werden. Aus den schriftlichen Hinterlassenschaften der Nekropolenarbeiter, die in der Siedlung von Deir el-Medina (Abb. 33) leben, erfahren wir aus dieser Zeit, dass sie sich über eigenmächtige Beamte, verspätete oder ausbleibende Entlohnung in Naturalien oder über die unglaubliche Inflation beklagen, in der die Preise auf mehr als das Fünffache gestiegen sind. Mit ihrer Geduld am Ende sind die Arbeiter im 29./30. Regierungsjahr: Ihre Entlohnung ist zwei Monate ausgeblieben. Dabei haben sie unter Ramses III. mehr zu tun als unter den Königen vor ihm, denn Ramses hat nicht viel Glück bei der Auswahl seines Grabplatzes im Tal der Könige gehabt. Eine erste Anlage muss wegen der unzureichenden Gesteinsqualität aufgegeben werden und seine zweite Anlage kollidiert mit dem verschütteten und offensichtlich in Vergessenheit geratenen Grab des Amun-messu aus der 19. Dynastie. Die hungernden Arbeiter streiken und ziehen zum Sitz der Nekropolenverwaltung am Ramesseum, wo sie der auf der Durchreise befindliche und mit Vorbereitungen für das bevorstehende Sedfest des Königs beschäftigte Wesir Ta mit Lebensmitteln versorgt. Nach dem Aufstand der Arbeiter setzt Ramses III. seinen unterägyptischen Wesir ab und überträgt dessen Aufgabenbereich dem oberägyptischen Wesir Ta. Hier zeigt sich, dass die beginnenden Risse in der Verwaltung, die vor allem durch Korruption und Selbstbereicherung der Beamten entstanden sind, nicht nur auf einzelne Bereiche beschränkt bleiben, sondern durchgängig bis zur Spitze des Verwaltungsapparats reichen. Mit dieser energischen Absetzung von einem der beiden mächtigsten Beamten des Landes hat sich Ramses nicht beliebt gemacht. In seinem 30. Regierungsjahr kann er ein Thronjubiläum feiern. Ein Jahr später, während eines Aufenthaltes in Theben, wird der König in seiner Totentempel-Anlage ermordet. Er ist mit etwa 65 Jahren das Opfer einer Harîmsverschwörung geworden. Mit Ramses III. stirbt der letzte große ägyptische Herrscher über das Reich am Nil. Die ihm zugeschriebene Mumie wird im Versteck der Königsmumien in Deir el-Bahari gefunden. Tije, eine seiner Nebenfrauen, hat sich mit hohen Beamten zusammengetan, um den König zu beseitigen. Das Ziel ist es, ihren Sohn Pentawer auf den Thron zu heben, ein Plan, der bei den Beamten auf
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fruchtbaren Boden gefallen zu sein scheint. Die jüngste Untersuchung der Mumie von Ramses III. aus dem Jahr 2012 ergab, dass der König durch einen tiefen Schnitt in der Kehle getötet wird, den man erst jetzt erkannt hat. Bislang ist man davon ausgegangen, dass er vergiftet worden sei. Es gibt Hinweise darauf, dass die Verschwörer sogar schwarze Magie verwendeten, um ihre schändliche Tat zu unterstützen. Ramses IV. (ca. 1175 – 1168 v. Chr.) Ramses IV. ist der Sohn, den Ramses III. mit seiner Königin und Hauptfrau Isis hat. Nach der Ermordung seines großen Vaters muss dieser schnell und besonnen handeln, darf auf keinen Fall Schwäche zeigen oder zögern und muss das Ziel der Verschwörer vereiteln. Der rechtmäßige Nachfolger schafft es, seine Gegenspieler aus dem Weg zu räumen, verurteilt diejenigen, die an der Verschwörung gegen seinen Vater beteiligt gewesen sind und lässt Akten über den vorangegangenen Prozess und auf deren Grundlage eine Art Rechenschaftsbericht anfertigen (Ägyptisches Museum Turin, Inv.-Nr. Cat. 1875). Aus diesem geht hervor, dass die Verschwörer eine breite Basis haben – vom Kammerdiener Ramses’ III., seinen Harîmsbeamten, hohe Militärs bis hin zu seinem Schatzmeister sind alle in dieses Komplott verstrickt. Als geeigneten Zeitpunkt wählt man das Talfest, bei dem der König in Theben weilt. Während dieser Statuenprozession des Amun auf dem Westufer von Theben, bei der die Figur in diversen Totentempeln Station macht, kann sogar eine Orakelentscheidung des Gottes herbeigeführt werden, um eine religiöse Verfügung zu erwirken, die dazu berechtigt, von der festgelegten Nachfolge abzuweichen. Als Strafe haben die Attentäter selbstverständlich den Tod zu erwarten, dabei ist es den hochrangigsten Teilnehmern des Komplotts, unter ihnen dem Prinzen Pentawer, als besonderer Gnadenbeweis erlaubt, sich selbst zu töten, während den weniger prominenten Mittätern die Ohren und Nasen abgeschnitten oder sie auch auf andere Weisen hingerichtet werden. Offensichtlich haben selbst bei diesen Verhandlungen im höchsten Kreise die Frauen der Angeklagten nicht davor zurückgeschreckt, die Richter zu bestechen. Korruption ist in dieser Zeit allgegenwärtig und soll in der Folgezeit maßgeblich dazu beitragen, das Amt des ägyptischen Königs auszuhöhlen. Die Richter dieses Prozesses lassen sich bestechen, was auch sie das Leben kostet. Ramses IV. bestätigt, trotz der wirtschaftlich misslichen Lage des Landes, die großzügigen Stiftungen, die sein Vater für die Tempel festgesetzt hat, durch die heute Papyrus Harris I (London, Papyrus British Museum 9999) genannte Urkunde. Mit ihr hat der neue Pharao den wirtschaftlichen Ruin des Königtums besiegelt. Die Priester werden eine derart mächtige Gruppe, dass die Könige von nun an dazu übergehen müssen, diese mit immer weiteren Stiftungen und Schenkungen für sich gewogen zu halten. Das Gefühl der Wiedergutmachung, das die
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Abb. 54 Theben. Ramses IV. empfängt vom Gott Amun die Königsinsignien und damit seine Legitimation nach der Ermordung seines Vaters, Ramses III. (Karnak-Tempel, Chons-Bereich).
Pharaonen nach der Amarnazeit dazu veranlasst hat, den Göttern großzügige Geschenke zu machen, ist einer fast schon devoten Haltung der Herrscher gegenüber dem Klerus gewichen, der ab jetzt auch über Flotten und Goldminen verfügt. Vor allem die Priester des Amun in Theben werden zu einer immer größeren Gefahr, die ihre weitverzweigte Macht durch geschickte Heiratspolitik noch auszudehnen vermögen. Hier entsteht ein gewaltiges Potential, wogegen die Kraft des Königs von Generation zu Generation immer deutlicher nachlässt. Erschreckend wirkt in diesem Zusammenhang eine Szene aus dem Chons-Tempel im thebanischen Tempelkomplex des Amun, den Ramses IV. teilweise dekorieren lässt (Abb. 54). Dort erhält der Herrscher die Machtinsignien des ägyptischen Königtums, Krummstab und Geißel, vom Gott Amun überreicht, während Seschat, die Göttin des Schreibens, das Geschehen protokolliert. Das Relief erklärt, dass es der König inzwischen offensichtlich nötig hat, sich für die Unterstützung der einflussreichen Amun-Priester mit immer übertriebeneren Schenkungen zu revanchieren. Zahlreiche Steinbruchexpeditionen ins Wadi Hammamat und Arbeiten an den Türkis- und Kupferminen des Sinai werden unternommen, doch die bauliche Leistung des Königs ist eher bescheiden. Einen gewaltigen Totentempel in der Nähe des Talkessels von Deir el-Bahari hat er zugunsten eines kleineren in eini-
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ger Entfernung zur Arbeitersiedlung Deir el-Medina aufgegeben. Andere eigene Tempelbauten finden sich nicht, vielfach setzt Ramses IV. nur seine Titulatur auf bestehende Monumente zwischen Memphis und Nubien – ein Verfahren, das in der weiteren Ramessidenzeit noch häufig Anwendung finden soll. Dennoch ist für Ramses IV. eine der größten Expeditionen in die Steinbrüche des Wadi Hammamat durchgeführt worden: 8368 Teilnehmer werden im 3. Jahr unter der Leitung des Hohepriesters des Amun, Ramses-nacht, dorthin geführt, doch 900 Männer kehren nicht zurück. Dem Wesir Ta, den Ramses III. mit der Aufsicht über beide Landesteile betraut hat, folgt Nefer-renpet nach; das Amt wird noch nicht wieder auf zwei Beamte aufgeteilt. Während sich der König und der Wesir in der Hauptstadt im Delta aufhalten, ist der Hohepriester des Amun die ranghöchste Person in Theben, in dessen Familie die tendenziell gefährliche Praxis der Ämtervererbung gepflegt wird. Ramses IV. ist bereits auf der Welt und etwa zwischen zehn und zwölf Jahre alt, als sein Großvater Seth-nacht die neue Dynastie begründet, deren dritter Herrscher er nun selbst ist. Er muss Mitte 40 gewesen sein, als er seinem Vater nachfolgt – nach altägyptischem Verständnis kein junger Mann mehr. Deshalb verdoppelt er die Anzahl der Arbeiter an seinem Königsgrab, das nun zu einer gigantischen Baustelle mit mehr als 120 Beschäftigten angewachsen ist. Tatsächlich bleibt dem König nicht mehr viel Zeit, denn er stirbt nach nur sieben Regierungsjahren im Alter von etwa 50. Seine Gemahlin und Mutter des Thronfolgers ist die Königin und Gottesgemahlin Tenet-ipet. Seit Ramses IV. werden weder die Sohn des Ra-Namen der Könige variiert, noch deren Gräber wie bisher in ihrer Größe und Ausschmückung über das Bestehende hinaus erweitert. Eine Stagnation hat das Land erfasst, das inzwischen zu keinem innovativen Gedanken mehr fähig ist. Ramses V. (ca. 1168 – 1165 v. Chr.) Ramses V. folgt auf seinen Vater. Die Korruption unter der Beamtenschaft geht ungestört weiter und nun zeigt der aus seiner Regierung stammende Papyrus Wilbour (Brooklyn Museum of Art, Inv.-Nr. 34.5596), der für Steuerberechnungen in dem Gebiet zwischen Medinet el-Fajum und Minia angefertigt wird, dass der größte Teil des agrarisch nutzbaren Landes Eigentum der Tempel von Heliopolis, Memphis und Theben ist. Ein anderer Text jener Zeit, der als sog. Elephantine-Skandal bekannt wird, ist auf einem Papyrus niedergeschrieben, der heute in Turin aufbewahrt wird (Inv.-Nr. Cat. 1887). Aus ihm geht hervor, dass Ländereien im Delta, die dem Chnum-Tempel auf Elephantine bei Assuan gehören, jedes Jahr 700 Säcke Gerste für den Tempel erwirtschaften. Über neun Jahre hinweg wird mithilfe des Kapitäns, der den Transport dieser Säcke auf dem Nil vornimmt, und unter Beteiligung von zahlreichen Tempelangestellten von Elephantine, die nicht geringe
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Anzahl von 5000 Säcken unterschlagen. Der Schatzmeister, der unter Ramses V. mit der Untersuchung der Missstände betraut wird, entdeckt hinter den Kulissen des Tempels weitere Diebstähle, Korruptionen aller Art und nicht unerhebliche und eigenmächtig durchgeführte körperliche Bestrafungen, die der König nicht angeordnet hat. Ganz sicher ist Elephantine in diesem Zusammenhang kein Ausnahmefall. Ramses V. baut an der riesigen Totentempelanlage vor Deir el-Bahari weiter, die sein Vater begonnen und aufgegeben hat. Dazu gibt er ein Felsengrab in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem des Tut-anch-Amun in Auftrag, doch er kann keines seiner Bauwerke zur Vollendung bringen, weil er nach vier Regierungsjahren mit knapp über 30 Jahren überraschend an Pocken stirbt. Seine Mumie wird neu bestattet im Grab von Amenophis II. Da von ihm zwar zwei Königinnen, Tawerettel und Henut-wati, aber kein Sohn belegt sind, wird wahrscheinlich sein Onkel, ein weiterer Sohn Ramses’ III., als Ramses VI. das neue Oberhaupt des maroden Staats. Ramses VI. (ca. 1165 – 1157 v. Chr.) Bereits am Ende des ersten Jahres von Ramses VI. kommt es zu Übergriffen von Feinden, die nicht näher bezeichnet werden, aber so massiv sind, dass im Tal der Könige die Arbeiten für einige Tage eingestellt werden müssen. Es kann sich um Überfälle von libyschen Stämmen, aber auch – was nicht verwundern würde – um bürgerkriegsartige, gewalttätige und räuberische Ausschreitungen unter der Bevölkerung gehandelt haben. In seinem 2. Jahr entscheidet Ramses VI., vielleicht aufgrund der Geschehnisse des vergangenen Jahres, Kosten einzusparen und beginnt dabei erstaunlicherweise beim Amt des Königs. So plant er, die begonnene Grabanlage seines Vorgängers und Neffen Ramses’ IV. als Doppelanlage für beide weiterzuführen. Im vorderen Bereich wird der Name Ramses’ V. und im hinteren der von Ramses VI. angebracht. Gleichzeitig reduziert der König die von seinem Bruder Ramses IV. so stark erhöhte Arbeitermannschaft auf die ursprüngliche Größe von etwa 60 Mann und baut den von seinem Neffen nicht vollendeten Totentempel bei Deir el-Bahari für sich weiter. Außerdem lässt er beispielsweise in Karnak kein eigenes Dekorationsprogramm anbringen, sondern ersetzt an einigen Stellen, einfach und kostengünstig, den Namen seines Bruders Ramses’ IV. Ebenfalls im Jahr 2 wird – stark verspätet – der Vorgänger, Ramses V., in der gemeinsamen Gruft beigesetzt. Unter der Regierung Ramses’ VI. stirbt dessen Mutter Isis, die Gemahlin von Ramses III., und er setzt sie im Tal der Königinnen bei. Das Reich hat trotz der desolaten Verhältnisse noch immer eine erstaunliche Größe, denn der Name Ramses’ VI. findet sich sowohl im nubischen Kawa am 3. Katarakt als auch in Megiddo.
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Eine weitere Veränderung trägt zum allmählichen Schwinden der ägyptischen Macht bei, worauf der König allerdings keinen Einfluss hat: Die Eisenzeit hat im Vorderen Orient begonnen, ein besonders hartes Metall, über das Ägypten nicht verfügen kann, weder im eigenen Land noch in seinen südpalästinischen Gebieten, beginnt seinen Siegeszug. Die Gemahlin Ramses’ VI. ist Königin Nub-chesbed, seine Tochter Isis, die nach seiner Mutter benannt ist, macht der König am Ende seiner Regierung zu einer Gottesgemahlin des Amun, sein Sohn Ramses wird nach der 8-jährigen Regierung seines Vaters der neue König von Ägypten. Ramses VII. (ca. 1157 – 1149 v. Chr.) Auch während seiner ebenfalls acht Jahre währenden Herrschaft verschlimmert sich die Lage des Reiches zusehends. Die ständig steigenden Preise für Getreide erreichen unter Ramses VII. einen neuen Höhepunkt und sollen erst unter seinen Nachfolgern wieder fallen. Die Not der Menschen wird so groß, dass sie die königliche Nekropole durch Grabräubereien entweihen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Bis auf sein Grab im Tal der Könige sind keine nennenswerten Bauwerke aus seiner Zeit bekannt. Seine sterblichen Überreste, die sich wahrscheinlich unter den namentlich nicht gekennzeichneten Mumien aus den in der 21. Dynastie angelegten Verstecken befinden, sind bis heute nicht identifiziert worden. Ramses VIII. (ca. 1149 – 1148 v. Chr.) Nach dem Tod Ramses’ VII. kommt – fast am Ende der Dynastie – ein weiterer, sehr betagter Sohn von Ramses III. auf den Thron, der nur unwesentlich länger als ein Jahr regiert hat. Nichts von seiner Grabausstattung oder einem begonnenen Grab hat sich bislang in der Königsnekropole feststellen lassen. Ramses IX. (ca. 1148 – 1130 v. Chr.) Die Abstammung von Ramses IX. ist bislang noch ungeklärt, vieles spricht dafür, in ihm einen Sohn Ramses’ VI. und Bruder von Ramses VII. zu sehen. Er regiert mit 19 Jahren zwar länger als jeder andere König nach Ramses III., aber es fehlt ihm an Mut und Stärke, einen neuen, vielleicht sogar radikalen Kurs einzuschlagen und Ägypten wieder dahin zu führen, wo es einmal gewesen ist. Am Ende seiner Regierung beauftragt Ramses IX. eine Kommission mit der Prüfung des Zustandes der Königsgräber. In einer Serie von Papyri ist der Zug dieser Kommission, die Ermittlung und Stellung der Grabräuber sowie deren Verhaftungen, Verhöre und Verurteilungen erhalten.263 Doch die Schrecken der Hinrichtungen halten nicht lange vor, denn bereits unter Ramses XI. kommt es
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zu neuen Einbrüchen in heiligen Bezirken. Die Überprüfung deckt aber nur auf, was ohnehin schon bekannt ist, aber niemand wissen will, weil es bereits Ramses III. das Leben gekostet hat: Die allerhöchsten Kreise der Beamtenschaft sind in die verbrecherischen Machenschaften verwickelt. Auch mit der harten Bestrafung der Grabräuber schlägt Ramses IX. lediglich einer giftigen Pflanze die Blätter ab, das Übel kann er jedoch nicht an der Wurzel ausrotten, weil es bereits zu groß geworden ist. Der Herrscher hat in 19 Regierungsjahren genügend Zeit, sich ein Grab im Stil der späten Königsgräber im Tal anlegen zu lassen, und sein Sohn Month-herchepesch-ef erhält in diesem Friedhof ebenfalls seine letzte Ruhestätte. Die Mumie des Königs wird in der 21. Dynastie in das Versteck nach Deir el-Bahari gebracht. Ramses X. (ca. 1130 – 1126 v. Chr.) Ramses X. ist mit einer Königin Titi verheiratet und ist entweder der Sohn oder der Schwiegersohn seines Vorgängers. Die Hinrichtungen unter Ramses IX. haben an der wirtschaftlich hoffnungslosen Lage nichts verändert, denn nun streiken die Arbeiter aus Deir el-Medina erneut. Doch ausrichten können sie mit ihren Protesten nichts mehr, denn der König hat ebenso wie der Wesir, kaum noch die Möglichkeit, etwas zu verändern. Die eigentliche Macht im Land liegt längst in den Händen des Hohepriesters des Amun von Theben und seiner Familie. Der König kann den räuberischen libyschen Stämmen keinen Einhalt gebieten, die auf ihren Zügen sogar bis nach Theben kommen. Immer deutlicher kristallisiert sich heraus, dass die Macht des Pharaos in keinem Bereich des Lebens der Ägypter mehr von Nutzen ist. Sein Grab befindet sich im Tal der Könige, weder von seiner Mumie noch von Teilen seiner Grabausstattung haben sich Reste gefunden. Ramses XI. (ca. 1126 – 1093 v. Chr.) Die Hungersnöte setzen sich fort, doch auch Ramses XI., Sohn von Ramses X. und der Königin Titi, sind als König die Hände gebunden. Trotz seiner langen Regierung von wahrscheinlich 28 Jahren kann auch er nichts erreichen, um die Situation im Land zu retten. Eskalation in Theben In Theben kommt es erneut zu Aufständen und Unruhen und dieses Mal beauftragt Ramses XI. Pa-nehsi, den Vizekönig von Nubien, nach Ägypten zu kommen, um die Unruhen mit Hilfe nubischer Söldner militärisch zu beenden. Dieses gelingt, und Pa-nehsi kann die Situation auch halten. Er ernennt sich zum Vorsteher
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der Kornkammern, um seine Truppen zu versorgen und dabei kommt es zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen ihm und dem Hohepriester des Amun, Amenophis. Aus dieser Situation entsteht eine Auseinandersetzung, in deren Verlauf sich der Hohepriester Amenophis an den König wendet und dieser den General Pianch mit neuen Truppen schickt. Die Auseinandersetzung hat sich auf diese Weise zu einem Krieg entwickelt, der sich bald über die Thebais hinaus bis vielleicht sogar nach Per-Ramses hin ausgeweitet. Pianch treibt Pa-nehsi und seine Truppen zurück nach Nubien, wo der Krieg noch weiter wütet. Nun wird eine Renaissance-Ära eingeleitet, durch die Ramses XI. versucht, alles wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Mit aller Kraft will man einen Neuanfang erzwingen, der sich auch in der Jahreszählung wiederspiegelt: Der König gründet eine Wiederholung der Schöpfung, bei der sein 19. Regierungsjahr das Jahr 1 der Renaissance wird, aber jede Bemühung kommt für den maroden Staat mindestens 100 Jahre zu spät. Pianch wird der neue Hohepriester des Amun in Karnak und herrscht bis zum 28. Jahr Ramses’ XI. über die Thebais, allerdings könnte der König auch bereits abgesetzt worden sein. Pianch gründet in Theben mit seinem Schwiegersohn Heri-Hor eine neue Dynastie – eine Dynastie der Priester und des Amun. Vielleicht hat Echnaton eine ähnliche Entwicklung befürchtet, gegen die er mit seiner radikalen Reform vorgehen wollte. Die Vehemenz allerdings, mit der dieses Ereignis nun eingetreten ist, hat die Amarnazeit verschuldet. Im Ausland ist Byblos, das letzte bedeutende ägyptische Einflussgebiet, unter die Oberherrschaft der neuen Macht im Vorderen Orient übergelaufen – Assyrien. Am Ende der Regierung von Ramses XI. hat man den Eindruck, dass der König in seinem eigenen Land überhaupt keine Funktion mehr hat, denn im Süden herrscht Pianch und nach ihm dessen Schwiegersohn Heri-Hor. Aus der Erzählung des Wen-Amun, eines Ältesten der Vorhalle, der im Jahre 5 der Renaissance, also dem 23. Jahr unter Ramses XI., nach Byblos geschickt wird, um Bauholz für die Barke des Amun zu holen, erfahren wir, dass es auch im Norden nicht mehr Ramses XI. ist, der dort regiert: »Am Tag, an dem ich nach Tanis gelangte, an den Ort, an dem Smendes und Tenet-Amun waren, gab ich ihnen (sofort) die amtlichen Schreiben des Amun-Ra, des Herrn der Götter. Sie veranlassten, dass sie verlesen wurden und sagten: ‚Ich werde gewiss das von Amun-Ra (. . .) Gesagte tun!«264 Smendes und Tenet-Amun sind in der neuen Hauptstadt die erste Anlaufstelle, die der thebanische Gesandte aufsucht. Kein Wort wird über den König Ramses XI. verloren. Beide treffen den Entschluss, dem Wunsch des Amun-Ra nachzukommen und organisieren alles für Wen-Amuns Abreise nach Byblos. An einer anderen Stelle des Textes, nachdem Wen-Amun in einem syrischen Hafen fast 3 kg Silber, der Kaufpreis für das Zedernholz, gestohlen worden ist, erklärte er: »(. . .) was das Silber betrifft: Es gehört Amun-Ra, dem König der Götter, dem Herrn der Länder, es gehört Smendes und es gehört Heri-Hor, meinem Herrn, und den anderen Großen Ägyptens (. . .)!«265
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Epochen und Könige von der 1. bis zur 20. Dynastie Frühdynastische Zeit (auch protodynastische Zeit oder Thinitenzeit, ca. 3032 – 2707 v. Chr.) 1. Dynastie Horus Aha Horus Djer Horus Wadjit Horus Dewen Horus Adj-ib Horus Semer-chet Horus Qa
ca. 3032 – 3000 v. Chr. ca. 3000 – 2952 v. Chr. ca. 2952 – 2939 v. Chr. ca. 2939 – 2892 v. Chr. ca. 2892 – 2886 v. Chr. ca. 2886 – 2878 v. Chr. ca. 2878 – 2853 v. Chr.
2. Dynastie Horus Hetep-sechemui Horus Neb-Ra Horus Ni-netjer Nebti Weneg Sened Seth Peri-ib-sen Horus-Seth Chai-sechemi
ca. 2853 – 2825 v. Chr. ca. 2825 – 2810 v. Chr. ca. 2810 – 2767 v. Chr. ca. 2767 – 2760 v. Chr. ca. 2760 – 2749 v. Chr. ca. 2749 – 2734 v. Chr. ca. 2734 – 2707 v. Chr.
Altes Reich (ca. 2707 – 2202 v. Chr.) 3. Dynastie Djoser/Netjeri-chet Djoserti/Sechem-chet Nefer-ka-Ra/Chai-ba Neb-ka/Sa-nacht Huni/Qai-hedjet
ca. 2707 – 2688 v. Chr. ca. 2688 – 2682 v. Chr. ca. 2682 – 2676 v. Chr. ca. 2676 – 2657 v. Chr. ca. 2657 – 2633 v. Chr.
4. Dynastie Snofru Cheops Djed-ef-Ra Chephren
ca. 2633 – 2585 v. Chr. ca. 2585 – 2562 v. Chr. ca. 2562 – 2554 v. Chr. ca. 2554 – 2538 v. Chr.
epochen und könige von der 1. bis zur 20. dynastie
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Ba-ka Mykerinos Schepses-ka-ef Chenet-kau-es
ca. 2538 – 2536 v. Chr. ca. 2536 – 2518 v. Chr. ca. 2518 – 2511 v. Chr. ca. 2511 – 2509 v. Chr.
5. Dynastie User-ka-ef Sahu-Ra Nefer-ir-ka-Ra Nefer-ef-Ra Schepses-ka-Ra Ni-user-Ra Men-kau-Hor Djed-ka-Ra Unas
ca. 2509 – 2501 v. Chr. ca. 2501 – 2488 v. Chr. ca. 2488 – 2468 v. Chr. ca. 2468 – 2466 v. Chr. ca. 2466 – 2465 v. Chr. ca. 2465 – 2434 v. Chr. ca. 2434 – 2425 v. Chr. ca. 2425 – 2387 v. Chr. ca. 2387 – 2367 v. Chr.
6. Dynastie Teti User-ka-Ra Pepi I. Meri-en-Ra I. Pepi II. Meri-en-Ra II.
ca. 2367 – 2357 v. Chr. ca. 2357 – 2355 v. Chr. ca. 2355 – 2315 v. Chr. ca. 2315 – 2309 v. Chr. ca. 2309 – 2249 v. Chr. ca. 2249 – 2248 v. Chr.
7. Dynastie
existierte nicht
8. Dynasie
ca. 2248 – 2202 v. Chr.
Erste Zwischenzeit (ca. 2202 – 2014 v. Chr.) 9./10. Dynastie (18 Könige in Herakleopolis)
ca. 2202 – 2014 v. Chr.
11. Dynastie (in Theben) Mentu-hotep I. Antef I./Seher-taui Antef II./Wah-anch Antef III./Neb-tep-nefer Mentu-hotep II.
ab ca. 2119 v. Chr. bis ca. 2103 v. Chr. ca. 2103 – 2054 v. Chr. ca. 2054 – 2046 v. Chr. ca. 2046 – 2014 v. Chr.
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Mittleres Reich (ca. 2057 – 1795 v. Chr.) 11. Dynastie Mentu-hotep II. Mentu-hotep III. Mentu-hotep IV.
ca. 2014 – 1995 v. Chr. ca. 1995 – 1983 v. Chr. ca. 1983 – 1976 v. Chr.
12. Dynastie Amememhet I. Sesostris I. Amenemhet II. Sesostris II. Sesostris III. Amenemhet III. Amenemhet IV. Neferu-Sobek
ca. 1976 – 1947 v. Chr. ca. 1956 – 1911 v. Chr. ca. 1914 – 1877/76 ca. 1882 – 1872 v. Chr. ca. 1872 – 1853/52 v. Chr. ca. 1853 – 1806 v. Chr. ca. 1806 – 1798 v. Chr. ca. 1798 – 1795 v. Chr.
Zweite Zwischenzeit (ca. 1794 – 1550 v. Chr.) Pseudo-Dyn. 13 und 14
ca. 1794 – 1648 v. Chr.
15. Dynastie (Fremdherrscher) Chajran, Sikruhaddu, Apachan, Iannas ca. 1648 – 1590 v. Chr. Apophis ca. 1590 – 1549 v. Chr. Chalmudi ca. 1549 – 1539 v. Chr. Pseudo-Dynastie 16
gleichzeitig mit 15. Dyn.
17. Dynastie ca. 1648 – 1550 v. Chr. etwa 15 Herrscher, unter ihnen Sobek-em-sa-ef I., Seqenen-Ra Taa II., Kamose
Neues Reich (ca. 1550 – 1093 v. Chr.) 18. Dynastie Ahmose Amenophis I. Thutmosis I.
ca. 1550 – 1525 v. Chr. ca. 1525 – 1504 v. Chr. ca. 1504 – 1492 v. Chr.
epochen und könige von der 1. bis zur 20. dynastie
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Thutmosis II. Hatschepsut Thutmosis III. Amenophis II. Thutmosis IV. Amenophis III. Amenophis IV./Echnaton Semench-ka-Ra Tut-anch-Amun Eje Haremhab
ca. 1492 – 1489 v. Chr ca. 1489 – 1467 v. Chr. ca. 1489 – 1435 v. Chr. ca. 1438 – 1407 v. Chr. ca. 1407 – 1398 v. Chr. ca. 1398 – 1361 v. Chr. ca. 1361 – 1344 v. Chr. ca. 1347 – 1343 v. Chr. ca. 1343 – 1333 v. Chr. ca. 1333 – 1329 v. Chr. ca. 1329 – 1315 v. Chr.
19. Dynastie Ramses I. Sethos I. Ramses II. Meri-en-Ptah Amun-messu Sethos II. Sa-Ptah Ta-useret
ca. 1315 – 1313 v. Chr. ca. 1313 – 1302 v. Chr. ca. 1302 – 1236 v. Chr. ca. 1236 – 1226 v. Chr. ca. 1226 – 1223 v. Chr. ca. 1223 – 1217 v. Chr. ca. 1217 – 1211 v. Chr. ca. 1217 – 1209 v. Chr.
20. Dynastie Seth-nacht Ramses III. Ramses IV. Ramses V. Ramses VI. Ramses VII. Ramses VIII. Ramses IX. Ramses X. Ramses XI.
ca. 1209 – 1206 v. Chr. ca. 1206 – 1175 v. Chr. ca. 1175 – 1168 v. Chr. ca. 1168 – 1165 v. Chr. ca. 1165 – 1157 v. Chr. ca. 1157 – 1149 v. Chr. ca. 1149 – 1148 v. Chr. ca. 1148 – 1130 v. Chr. ca. 1130 – 1126 v. Chr. ca. 1126 – 1093 v. Chr.
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epochen und könige von der 1. bis zur 20. dynastie
Abkürzungsverzeichnis Ä&L ÄAT ÄgAb ÄgFo AbDAIK ACE AH AnOr ASAE AV BACE BAe Beiträge Bf. BES BdÉ BIFAO BiOr BME BoSAe BSA BSAK BSFE CAH CdÉ CEA CG DAI DE EA EES ESA GM GOF HÄB HÄS HbAW HdO HEO IBAES JARCE JEA JE JNES JSSEA KHM
Ägypten und Levante, Wien Ägypten und Altes Testament, Wiesbaden Ägyptologische Abhandlungen, Wiesbaden Ägyptologische Forschungen, Glückstadt/Hamburg/New York Abhandlungen des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo, Glückstadt/Hamburg/New York Australian Center of Egyptology, Sydney Aegyptiaca Helvetica, Basel/Genf Analecta Orientalia, Rom Annales du Service des Antiquités de l’Égypte, Kairo Archäologische Veröffentlichungen, DAI, Abt. Kairo, Berlin, ab Bd. 4: Mainz Bulletin of the Australian Centre for Egyptology, Sydney Bibliotheca Aegyptiaca, Brüssel Beiträge zur ägyptischen Bauforschung und Altertumskunde, Kairo Bulletin of the Egyptological Seminar, New York Bibliothèque d’Études, Institut Français d’Archéologie Orientale du Caire, Kairo Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale du Caire, Kairo Bibliotheca Orientalis, Leiden British Museum Expeditions to Middle Egypt, London Bonner Sammlung von Aegyptiaca, Bonn British School of Archaeology in Egypt, London Beihefte zu den Studien zur Altägyptischen Kultur, Hamburg Bulletin de la Société Française d’Égyptologie, Paris Cambridge Ancient History, Cambridge Chronique d’Égypte, Brüssel Connaissance de l’Égypte Ancienne, Brüssel Catalogue Général, Kürzel des Inventarbuches des Ägyptischen Museums Kairo Deutsches Archäologisches Institut Discussions in Egyptology, Oxford Egyptian Archaeology, London Egypt Exploration Society, London Egyptian Studies Association, Oxford Göttinger Miszellen, Göttingen Göttinger Orientforschung, Göttingen Hildesheimer Ägyptologische Beiträge, Hildesheim Hamburger Ägyptologische Studien, Hamburg Handbuch der Altertumswissenschaften, München Handbuch der Orientalistik, Leiden Hautes Études Orientales, Genf Internet-Beiträge zur Ägyptologie und Sudanarchäologie, London Journal of the American Research Center in Egypt, Boston Journal of Egyptian Archaeology, London Journal d’Entrée (Inventarkürzel des Ägyptischen Museums Kairo) Journal of Near Eastern Studies, Chicago Journal of the Society for the Study of Egyptian Antiquities, Toronto Kunsthistorisches Museum, Wien
abkürzungsverzeichnis
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LÄ MAA MÄS MIFAO
WVDOG
Lexikon der Ägyptologie, 6 Bände, Wiesbaden 1975 – 1986 Mediterranean Archaeology and Archaeometry, Rhodos Münchner Ägyptologische Studien, Berlin Mémoires publiés par les Membres de l’Institut Francais d’Archéologie Orientale du Caire, Kairo Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abt. Kairo; bis 1944: Mitteilungen des Deutschen Instituts für ägyptische Altertumskunde in Kairo (MDIK), Berlin/Wiesbaden, 1870–2005: Mainz, seit 2006: Berlin Museum of Fine Arts, Boston Metropolitan Museum of Art, New York Monumenta Aegytiaca, Brüssel Nachrichten von der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Göttingen Orbis Biblicus et Orientalis, Freiburg/Göttingen Orientalia Lovanjensia Analecta, Leuven Orientalistische Literaturzeitung, Berlin/Leipzig Orientalia, Nova Series, Rom Probleme der Ägyptologie, Leiden www.palarch.nl, Amsterdam Publications of the Metropolitan Museum of Art, Egyptian Expedition, New York Revue d’Égyptologie, Kairo; ab Bd. 7: Paris Recueil des Traveaux Rélatifs à la Philologie et à l’Archéologie Égyptiennes et Assyriennes, Paris Abh. Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften (Abhandlungen), Opladen Studien zur Archäologie und Geschichte Altägyptens, Heidelberg Studien zur Altägyptischen Kultur, Hamburg Sonderschrift des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo, Mainz Studi di Egittologia e di Antichità Puniche, Pisa Society for the Study of Ancient Egyptian Antiquities, Calgary, Montreal, Vancouver, Toronto Tübinger Atlas des Vorderen Orients, Reihe B (Geisteswissenschaften), Wiesbaden Ugarit-Forschungen, Münster Untersuchungen zur Geschichte und Altertumskunde Ägyptens, Leipzig/Berlin Untersuchungen der Zweigstelle Kairo des Österreichischen Archäologischen Instituts, Wien Wissenschaftliche Veröffentlichungen der Deutschen Orientgesellschaft, Berlin/Leipzig
ZÄS
Zeitschrift für Altägyptische Sprache und Altertumskunde, Leipzig/Berlin
MDAIK
MFA MMA MonAeg NAWG OBO OLA OLZ Or PÄ PalArch PMMA RdÉ RecTrav RWAkW SAGA SAK SDAIK SEAP SSEA TAVO UF UGAÄ Unters. ÖAI
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abkürzungsverzeichnis
Allgemeine Abkürzungen a. a. O. Abb. Abh. Abs. Abt. arab. Aufl. B.C./BC Bd. Bearb. bes. ders. dies. distr. d. h. d. i. Dyn. ed./eds. erw. et al. f./ff. fig. Fs Gs Hb Hrsg. Inv.-Nr. lat. m. E. Mél. o. ä. op. cit. p Pl./pl. S. sog. Sp. u. a. Unters. v. Chr. vgl. Vol. Wb wg. z. B.
am angegebenen Ort Abbildung Abhandlung Absatz Abteilung arabisch Auflage before Christ Band Bearbeiter besonders derselbe dieselbe distributor das heißt das ist Dynastie editor(s) erweitert et alii (lat.: und andere) folium/folia (lat.: folgende Seite/n) figure Festschrift Gedenkschrift Handbuch Herausgeber Inventar-Nummer lateinisch meines Erachtens mélanges oder ähnlich opere citato (lat.: im angegebenen Werk) Papyrus plate Seite / siehe sogenannt Spalte unter anderem / und andere Untersuchung(en) vor Christus vergleiche Volume Wörterbuch wegen zum Beispiel
z. T.
zum Teil
allgemeine abkürzungen
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Anmerkungen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
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J. Málek, in: JSSEA 12, 1982, 21 ff., bes. 25. ff. J. Assmann, Ma’at, 163. U. Zerbst, in: Studium Integrale Journal 12/1, 2005, 19; andere Werte gehen sogar noch weiter zurück, s. G. Bonani et al., Radiocarbon 43, 2001, 1297 ff. U. Zerbst, op. cit., 19. I. Shaw (ed.), The Oxford History of Ancient Egypt, 480 ff. ist ein Pionier der neuen Chronologie. J. Seeher, Maadi: Haupt-Fundort einer prädynastischen Kulturgruppe in Unterägypten, in: G. Dreyer / D. Polz (Hrsg.), Begegnungen mit der Vergangenheit, 123. U. Hartung, in: SAK 26, 1998, 40. In Grab U-547, G. Dreyer, Umm el-Qaab I, 150. W. Helck, Thinitenzeit, 6 ff. T. Wilkinson, Early Dynastic Egypt, 48 f. Dazu U. Hartung, op. cit., 43. F. A. K. Breyer, in: JEA 88, 2002, 53 ff.; J. Kahl, in: CdÉ 78, 2003, 112 ff.; M. Höveler-Müller, in: SAK 37, 2008, 159ff. U. Hartung, in: G. Dreyer, op. cit., 92 und ders., in: SAK 26, 1998, 44. G. Dreyer, op. cit., 6 ff. G. Dreyer, op. cit., 18 f. U. Hartung, op. cit., 43. G. Dreyer, in: EA 16, 2000, 6 f. W. Kaiser / G. Dreyer, in: MDAIK 38, 1982, 213 ff. G. Dreyer, in: MDAIK 46, 1990, 81–86. G. Dreyer, op. cit., 86 f. G. Dreyer, op. cit., 63. Dieser Bezirk lässt sich nur noch anhand der 231 Sandgräber feststellen, die diesen einst umgeben haben, s. W. Kaiser, in: MDAIK 41, 1985, 47 ff., bes. 54. G. Dreyer, in: MDAIK 46, 1990, 76 ff. W. Helck, Geschichte, 45; eine theoretisch mögliche, aber hier nicht bevorzugte Übersetzung lautet »Der Herr ist Ra« bzw. »(Mein) Herr ist Ra«. R. Stadelmann, in: BdÉ 97/2, 1985, 306. G. Dreyer, Umm el-Qaab I, 19. G. Dreyer, in: H. Guksch / D. Polz (Hrsg.), Stationen, 31 ff. Durch die Ausführungen von G. Dreyer, op. cit., 31 ff., müssen die Angaben des Annalensteines, die bislang Neb-ka und Djoser zugeschrieben worden sind, auf Djoser und Djoserti bezogen werden, s. W. Helck, Thintenzeit, 166 f. W. Helck, Geschichte, 47; G. Dreyer, zitiert bei V. Davies / R. Friedman, Egypt, London 1998, 69. M. Verner, Pyramiden, 133 f. W. Helck, op. cit., 49 f. W. St. Smith, History of Egyptian Sculpture and Painting in the Old Kingdom, fig. 50. Abfolge und Zuordnung der Eigen- bzw. Horus-Namen nach G. Dreyer, in: Dreyer, Günter / Polz, Daniel (Hrsg.), Begegnungen mit der Vergangenheit, 31 ff. Herodot, Historien II, § 126. R. Stadelmann, in: MDAIK 43, 1986, 239 f.; deutlich vorsichtiger dagegen J. v. Beckerath, Chronologie, 158 und P. Jánosi, Giza, 70, die noch weitere Unregelmäßigkeiten in der Jahreszählung unter Snofru einkalkulieren und etwa 35 Jahre für seine Regierung veranschlagen. Die Theorie, in der Pyramide von Meidum einen begonnenen Bau Hunis zu erkennen (nach George A.
anmerkungen
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Reisner, The Development of the Egyptian Tomb, 195 und ihm folgend W. Helck, Geschichte, 52 und E. Hornung, Grundzüge, 17), den Snofru für sich umbaute, ist abzulehnen, da kein Herrscher des Alten Reiches den Rohling eines Vorgängers als eigenes Grabmal benutzte, s. dazu mehrfach R. Stadelmann, in: MDIK 36, 1980, 443 und ders., in: MDAIK 43, 1986, 230. Der Name ist modern und wurde dieser Pyramide gegeben, weil ihr Kernmauerwerk, das aus bei Dahschur anstehendem lokalem Kalkstein gearbeitet wurde und eine rötliche Farbe aufweist, nach dem Raub der weißen Verkleidungsschicht sichtbar geworden war. Eine Zweiteilung des Wesirats mit den Zuständigkeiten für Ober- und Unterägypten ist frühestens ab der 13. Dynastie anzunehmen, s. W. Helck, Verwaltung, 19 f. und vgl. J. v. Beckerath, Zweite Zwischenzeit, 97. Vgl. K. Sethe, Urkunden I, 236,10. T. Säve-Söderbergh, Ägypten und Nubien, 9. K. Sethe, op. cit., 237,13. K. Sethe, op. cit., 237,3. D. Wildung, in: RdÉ 21, 1969, 135 – 145. Dazu jedoch bald M. Höveler-Müller, z3.t-ntr. Herodot, Historien II, 124 ff. R. Kuper/F. Förster, in: EA, 2003, 25 ff. Die zweifelhafte Annahme eines 17. Mals der Zählung in einer der Entlastungskammern über der Sargkammer der Cheops-Pyramide, die nur durch eine Erwähnung von W. M. F. Petrie, History I, 60, bekannt ist, wird hier ebenso wie bei P. Jánosi, Giza, 71, nicht berücksichtigt. R. Stadelmann, Pyramiden, 125 f.; ders., in: Z. Hawass/L. Pinch Brock (eds.) Egyptology at the Dawn of the Twenty-first Century, 464 ff. P. Jánosi, Die Pyramidenanlagen der Königinnen, 10 ff.; dazu demnächst M. Höveler-Müller, op. cit. Graffito mit seinem Namen auf einer Deckplatte der südöstlichen Bootsgrube des Cheops in Giza, Diskussion über die Jahresangabe u. a. bei P. Jánosi, Giza, 71f. Eine Regierungsdauer des Djed-ef-Ra von 25 Jahren, wie sie von Manetho überliefert wird, ist abzulehnen, da Cheops in einer identischen Zeitspanne einen Pyramidenkomplex vollendet hat, während Djed-ef-Ra nur unwesentlich über die Ausschachtungsarbeiten hinausgekommen wäre. Aufschriften der Bauarbeiter auf den Blöcken von Abu Rowasch belegen zudem, dass Djed-ef-Ra unverzüglich nach der Thronbesteigung mit der Arbeit an seiner Pyramide beginnt. Die Angabe von acht Jahren im Turiner Königspapyrus dürfte wesentlich realistischer sein. K. Sethe, op. cit., 238. W. St. Smith, in: CAH I/23, 172 f. E. Hornung, Grundzüge, 25. R. Stadelmann, in: SAK 11, 1984, 165 ff., dagegen allerdings P. Jánosi, op. cit., 103 f. Der Ansatz einer maximal zwei Jahre währenden Herrschaft des Ba-ka nach W. Helck, Manetho, 52 f. K. Sethe, op. cit., 166,7 und 166,14 f. R. Stadelmann, Pyramiden, 140; so ist beispielsweise noch nicht zu klären, ob sein Kartuschenname nicht doch das Sonnensymbol Ra aufwies und folglich *Ba-ka-Ra gelesen werden müsste, dazu demnächst M. Höveler-Müller, Übergang. Der Ka gehört mit Ba und Ach zu einer Gruppe spiritueller Kräfte, die nur sehr schwierig zu erklären ist und deshalb hier nur durch den Begriff Seelenkraft umschrieben werden soll. W. Helck, Geschichte, 56 f. Herodot, Historien II, § 134. Zur Regierungslänge s. P. Jánosi, op. cit., 73 f.; R. Stadelmann, in: M. Bárta / J. Krejčí (Hrsg.), Abusir and Saqqara 2000, 536 mit Anm. 26; H. Ricke, Bemerkungen zur ägyptischen Baukunst des Alten Reiches II, 108 ff. H. Ricke, op. cit., 64. K. Sethe, op. cit., 239,13 ff. Gemessen wurden die ungefähren Strecken entlang der Fruchtlandränder. M. Verner, Pyramiden, 296 und ders., Abusir – Realm of Osiris, 104 ff. Anders u. a. bei S. Roth, Königsmütter, 90 ff.
anmerkungen
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K. Sethe, op. cit., 37. K. Sethe, op. cit., 240,3 f. So etwa D. Wildung, Ni-user-Rê, 6. W. Kaiser, in: MDIK 14, 1956, op. cit., 108 ff. L. Borchardt, op. cit., 66 ff. W. Kaiser, op. cit., 113. W. Helck, in: MDAIK 47, 1991, 162. W. Helck, Geschichte, 64. K. Sethe, op. cit., 246,3 ff. J. v. Beckerath, Abriß, 19. K. Sethe, op. cit., 232,9. K. Sethe, op. cit., 232,13-16. A. E. Mariette, Les mastabas de l’ancien Empire, 267–271. K. Sethe, op. cit., 44,6 ff. K. Sethe, op. cit., 41,15. K. Sethe, op. cit., 43,5. K. Sethe, op. cit., 43,2. Dazu bald M. Höveler-Müller, Der Übergang von der 4. zur 5. Dynastie. Nach Ansicht des Ausgräbers M. Verner ist Nefer-ef-Ra und nicht – wie in der älteren Literatur, die der Saqqara-Liste, Manetho und wahrscheinlich auch dem Turiner Papyrus (Eintrag zerstört) folgten, häufig vermutet – Schepses-ka-Ra der Nachfolger des Königs Nefer-ir-ka-Ra, z. B. in: M. Bárta/J. Krejčí (Hrsg.), Abusir and Saqqara 2000, 581 – 602. M. Verner, Pyramiden, 341. J. v. Beckerath, Chronologie, 154 rekonstruiert die erhaltene 1 zu einer [1]1. Etwa J. v. Beckerath, op. cit., 188. K. Sethe, op. cit., 51 – 53. K. Sethe, op. cit., 212,3; s. auch die Untersuchungen von J. Berlandini, in: RdÉ 31, 1979, 3 – 28; s. auch D. Arnold, in: BSAK 9, 2003, 7 – 10. W. Kaiser, op. cit., 112 f. K. Sethe, op. cit., 179,5 f. K. Sethe, op. cit., 128,17 f. W. Helck, in: MDAIK 47, 1991, 166 f. P. Munro, Der Unas-Friedhof Nord-West I, 20. P. Munro, op. cit., 17 ff. R. Stadelmann, in: BdÉ 106, 1994, 330 ff. J. v. Beckerath, Chronologie, 155. W. Seipel, Untersuchungen zu den ägyptischen Königinnen der Frühzeit und des Alten Reiches, 243 ff. identifizierte diese weitere Königin, deren Name allerdings von R. Stadelmann, in: BdÉ 106, 1994, 329, Anm. 14 als Teil eines zerstörten Titels erklärte wurde, der von S. Roth, Königsmutter, 119, Anm. 666, präzisiert wurde. Dazu jedoch demnächst M. Höveler-Müller, Königsmord. N. Grimal, Histoire, 98 f. Dazu demnächst ausführlich M. Höveler-Müller, Zum Königsmord in der frühen 6. Dynastie. P. Munro, Unas-Friedhof, 21 und R. Stadelmann, in: BdÉ 106, 1994, 327 – 335. R. Stadelmann, op. cit., 334 mit Anm. 32. P. Munro, op. cit., 21. P. Janosi, Königinnenpyramiden, 43 f. Zu den Beispielen aus den Beamtengräbern des Meh-nes und des Seschem.nefer s. N. Kanawati, in: GM 83, 1984, 31 – 37; ders., Conspiracies in the Egyptian Palace; dagegen aber R. Stadelmann, in: BdÉ 106, 1994, 335 mit Anm. 36.
anmerkungen
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110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151
G. Magli, in: PalArch 7/5, 2010, 1 – 9. K. Sethe, Urkunden I, 95 f. So auch N. Grimal, Histoire, 99. Nedjefet bedeutet Granatapfelbaum, der Name der Königin ist als Die zum Granatapfelbaum Gehörige zu übersetzen, einer Wappenpflanze des 13. und 14. oberägyptischen Gaues, woraus mit M. Verner, Pyramiden, 397, vielleicht spekuliert werden darf, dass Königin Nedjefetet einem dieser Gaue entstammte. K. Sethe, Urkunden I, 100,13-101,2 und 101,4. E. Hornung, Geschichte, 37. N. Kanawati, in: CdÉ 61, 1981, 203 – 217. W. St. Smith, in: CAH I,23, 193. K. Sethe, op. cit., 125 f. K. Sethe, op. cit., 128,14 – 129,1; 130,6 – 15; vgl. auch E. Edel, Felsengräbernekropole der Qubbet el-Hawa I, 628. J. v. Beckerath, Chronologie, 151. G. Posener, in: RdÉ 11, 1957, 119 – 137. K. Sethe, op. cit., 133,9 – 134,12, vgl. Auch E. Edel, Felsengräbernekropole der Qubbet el-Hawa II, 686 H. Goedicke, Königliche Dokumente, 81. Herodot, Historien II, § 100. E. Hornung, Geschichte, 42. Dazu K. Ryholt, in: ZÄS 127, 2000, 90 ff. M. Baud/V. Dobrev, in: BIFAO 95, 1995, 23 – 92. R. Stadelmann, Pyramiden, 203 f. K. Sethe, op. cit., 297 ff. W. Schenkel, Memphis-Herakleopolis-Theben, 14 f. W. Schenkel, op. cit., 17. K. Sethe, op. cit., 300,16 – 18; 301,3 – 5. L. Gestermann, Kontinuität und Wandel, 140. E. Hornung, Geschichte, 41. Zum folgenden vgl. Renate Müller-Wollermann, Krisenfaktoren, 28 ff. und 120 ff. J. v. Beckerath, Abriß, 21. H. Brunner, Weisheitslehren, 148. W. Schenkel, Memphis-Herakleopolis-Theben, 1. H. Goedicke, in: MDAIK 24, 1969, 143. J. v. Beckerath, in: ZÄS 93, 1966, 20; H. Goedicke, op. cit., 142. H. Brunner, op. cit., 147. H. Brunner, op. cit., 148. H. Brunner, op. cit., 150. H. Brunner, op. cit., 148. H. Brunner, op. cit., 151. Details dazu bei D. Kurt, Der Oasenmann. Nicht zu verwechseln mit Meri-ka-Ra, der an das Ende der Dynastie gehört, s. zu Mer-ka-Ra, H. Goedicke, op. cit., 138 ff. H. Brunner, op. cit., 149. Nach J. Assmann, Sinngeschichte, 116. W. Schenkel, Memphis-Herakleopolis-Theben, 46. Nach H. Brunner, Weisheitsbücher, 152. G. Wenzel, in: GM 193, 2003, 71 ff. G. T. Martin, The Heqanakht Papers, 2. Brief, Z. 3; 27 f. Nach W. Schenkel, Memphis, Herakleopolis, Theben, 263 f. W. Schenkel, op. cit., 268.
anmerkungen
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152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168
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E. Hornung, Altägyptische Dichtung, 104. L. Gestermann, op. cit., 140. L. Gestermann, op. cit., 141. E. Hornung, Altägyptische Dichtung, 104 f. H. Brunner, Weisheitsbücher, 175. K. Jansen-Winkeln, in: SAK 18, 1991, 241 ff. Ein Textzeuge nennt in einem Nachsatz Cheti als Ur-Verfasser des Textes, H. Brunner, op. cit., 170. K. Jansen-Winkeln, op. cit., 255. Nach K. Jansen-Winkeln, op. cit., 262. E. Hornung, op. cit., 28 f.; F. Feder, in: GM 195, 2003, 45 ff. H. Brunner, op. cit., 179 ff. Nach A. Shedid, Beni Hassan, 44 f. H. Altenmüller/A. M. Moussa, in: SAK 18, 1991, 12. U. a. W. Helck, Geschichte, 109. D. Wildung, Die Kunst des alten Ägypten, 108. Uräus: Speikobra in Angriffshaltung u. a. an den Kronen ägyptischer Könige und an besonderen Schreinen, die einen besonderen Schutz ausübt und Übel abwehrt. Bogenvölker: Feinde Ägyptens; traditionell wurde auch von den Neun Bögen als Synonym für dieses Feinde gesprochen; die Zahl 3 bezeichnete in Ägypten den Plural – die Zahl 9 (also 3 x 3) soll alle Feindesländer, unabhängig von deren realer Menge, zum Ausdruck bringen. Sachmet: Meist als Frau mit einem Löwenkopf dargestellte Göttin, die für Krankheiten und Krieg zuständig war. D. Wildung, op. cit., 109. Nach P. C. Smither, in: JEA 31, 1945, 6. Herodot, Historien II, § 148. Herodot, op. cit., § 148. Herodot, op. cit., § 148. Dazu W. Schenkel, in: GM 159, 1997, 87 ff.; ders., in: GM 211, 2006, 9. f. Renenutet: beliebte Göttin in Gestalt einer Schlange, teilweise auch mit Frauenkopf, die Schutz und Nahrung im weitesten Sinne verhieß; besonders letzter Aspekt verband ihren Kult seit dem Mittleren Reich mit dem Fajum als neu erschlossenem Ackerland. Sobek: Gott in Krokodilgestalt oder als Mensch mit Krokodilkopf, der besonders mit Schutz, Wasser, dem Flussufer und der Vegetation in Verbindung gebracht wurde. Sobek wurde auch mit dem Pharao assoziiert und verkörperte dessen Macht und Stärke. St. Bojowald, in: UF 39, 2007, 33 ff., konnte überzeugend nachweisen, dass der Name dieses Herrschers nicht ägyptisch als Nubier, sondern semitisch als Schlange aufzufassen ist. D. Polz, in: H. Guksch/D. Polz (Hrsg.), Stationen, 219 ff.; ders., Der Beginn des Neuen Reiches. E. Brunner-Traut, Altägyptische Märchen, 196. Zudem bietet eine der auf beiden Seiten beschriftete Holftafel (sog. Carnarvon-Tafel; Ägyptisches Museum Kairo, Inv.-Nr. JE 41790) ein weiteres Zeugnis. Eine dritte Stele wurde wiederentdeckt, ist meines Wissens aber noch immer nicht publiziert. K. Sethe, Urkunden IV, 21,11. K. Sethe, op. cit., 3,7 f.,10 f.,16; 4,3;10. K. Sethe, op. cit., 5,6 f., 12 ff. K. Sethe, op. cit., 17, 12 f. Ptah: Als Mensch mit enganliegender Kappe dargestellter Gott von Memphis, der Handwerker, daher auch Schöpfergott. Vgl. Th. Schneider, Lexikon der Pharaonen, 59. K. Sethe, op. cit., 6,17 – 7,3; 6.
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anmerkungen
189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201
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E. Hornung, Geschichte, 76. K. Sethe, op. cit., 80,7 – 10; 81,4. N. Reeves, Echnaton, 36. K. Sethe, op. cit., 8,6. K. Sethe, op. cit. K. Sethe, op. cit., 9,9; vgl. R. Hannig, Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch, 27. K. Sethe, op. cit., 56,11 – 17. K. Sethe, op. cit., 57,3 – 5. K. Sethe, op. cit., 36,13 f. K. Sethe, op. cit., 34,16. W. C. Hayes, in: CAH II/13, 316. K. Sethe, op. cit., 59,16 – 60,4; 9 f. Hathor: Kuhgestaltig oder als Frau mit Kuhgehörn und dazwischen platzierter Sonnenscheibe und/oder Kuhohren dargestellte Göttin der Musik, Freude, der alkohollastigen Feste, Tanz, weiblicher Sexualität, Mutterschaft; darüber hinaus ist sie Himmelgöttin, Göttin der Fremdländer und deren Handelsgüter (so auch des Dufts, der ebenso eine erotische Komponente sein kann), in Theben ist sie besonders als Jenseitsgöttin vertreten. Wie alle weiblichen Gottheiten des ägyptischen Pantheons verfügte auch Hathor über ein ambivalentes Wesen und konnte bedrohlich werden, weshalb man sie besänftigen musste. Anubis: Schakalgestaltig oder als Mann mit einem Canidenkopf erscheinende Gottheit für Tod, Balsamierung und Jenseits. Verschmelzung der beiden Sonnengötter Ra und dem Horus der beiden Horizonte (ägypt.: Hor-acheti, was zu Harachte wird); der Gott wird meist in Menschengestalt und Falkenkopf mit Sonnenscheibe gezeigt. E. Hornung, Geschichte, 81. Nehsi bedeutet Nubier, nicht zu verwechseln mit dem König gleich klingenden Namens aus der PseudoDynastie 13. Dynastie, dessen Wortstamm semitischen und nicht ägyptischen Ursprungs ist und daher Schlange bedeutet. N. Reeves, op. cit., 44. Im Grab fand sich der Name der Hatschepsut auf einer Beigabe, dennoch wird das Grab von den meisten Wissenschaftlern wesentlich später datiert (Thutmosis IV.), ein zeitlicher Ansatz, der von mir nicht geteilt wird. K. Sethe, op. cit., 650,3. E. Blumenthal, Urkunden der 18. Dynastie. Übersetzungen zu den Heften 5 – 16, 191. W. Helck, Urkunden der 18. Dynastie. Übersetzungen zu den Heften 17 – 22, 7. E. Blumenthal, op. cit., 194. W. Helck, op. cit., 9. E. Hornung, Geschichte, 85. E. Blumenthal, op. cit., 206. W. Helck, op. cit., 7. E. Blumenthal, op. cit., 203. E. Hornung, op. cit., 86. W. Helck, op. cit., 13. W. Helck, op. cit., 13. W. Helck, op. cit., 13. W. Helck, op. cit., 8. W. Helck, op. cit., 6. W. Helck, op. cit., 27. W. Helck, op. cit., 30. W. Helck, op. cit., 27. W. Helck, op. cit., 26.
anmerkungen
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W. Helck, op. cit., 26 f. W. Helck, Geschichte, 161. W. Helck, Urkunden der 18. Dynastie. Übersetzungen zu den Heften 17 – 22, 50. W. Helck, op. cit., 50. W. Helck, op. cit., 26. Das Abschlagen der Hände (meist die rechte) und zuweilen der Genitalien der gefallenen Feinde diente der Vorbeugung dafür, dass diese im Jenseits erneut die Waffe ergreifen oder sich fortpflanzen konnten. W. Helck, op. cit., 39 f. W. Helck, Geschichte, 161. Dieser war mit 32 m der größte stehende Obelisk Ägyptens, bis er 357 n. Chr. nach Rom abtransportiert wurde, wo er seitdem die Piazza Don Giovanni vor dem Lateran ziert. Min: Sehr alter Fruchtbarkeitsgott, dargestellt als Mensch mit erigiertem Penis. N. Reeves, Echnaton, 91. N. Reeves, op. cit., 71. N. Reeves, op. cit., 98 ff. N. Reeves, op. cit., 196 ff. K. Sethe, Urkunden IV, 2027. Nach E. Edel, Die ägyptisch-hethitische Korrespondenz I, 15. K. A. Kitchen, Ramesside Inscriptions II, Poem, §§ 48–55. K. A. Kitchen, op. cit., Poem, §§ 63–64. K. A. Kitchen, op. cit., Bulletin, § 8. K. A. Kitchen, op. cit., Bulletin, §§ 12 ff. K. A. Kitchen, op. cit., Bulletin, § 27. K. A. Kitchen, op. cit., Poem, §§ 71 ff. K. A. Kitchen, op. cit., Poem, §§ 129–133. K. A.. Kitchen, op. cit., Poem, §§ 290 ff. K. A. Kitchen, op. cit., Poem, §§ 320 ff. Zitiert nach E. Edel, Die ägyptisch-hethitische Korrespondenz I, 63. Zur besseren Lesbarkeit wurden hier (wie auch im Folgenden) auf die vom Bearbeiter gesetzten Klammern verzichtet. Nach E. Edel, op. cit., 55. Nach E. Edel, op. cit., 179. R. Krauss, in: SAK 4, 1976, 161 ff. und ders., in: SAK 5, 1977, 131 ff., so auch E. Hornung, Grundzüge, 108; dagegen etwa J. Osing, in: SAK 7, 1979, 253 ff. und J. v. Beckerath, Chronologie, 104. E. F. Wente, in: J. E. Harris/E. F. Wente (eds.), An X-Ray Atlas of the Royal Mummies, 122 ff. Interessant ist in diesem Zusammenhang der im zweiten Regierungsabschnitt geänderte Sohn des Ra-Name des Echnaton, der mit dem Jahre 6 nicht mehr Amenophis, sondern Ach-en-Aton (= Echnaton) hieß, und dass der neue König von Ober- und Unterägypten-Name Sa-Ptahs ganz parallel gebildet ist. Vgl. zum Folgenden Th. Schneider, in: ZÄS 103, 2003, 134 ff. So jetzt T. Schneider, op. cit., 138 ff. V. G. Callender, in: SAK 32, 2004, 81 ff. Nach St. J. Seidlmayer, in: H. Guksch/D. Polz (Hrsg.), Stationen, 375; zur besseren Lesbarkeit wurden hier auf die vom Bearbeiter gesetzten Klammern verzichtet. Die Königsfolge beginnt bei Amenophis III., lässt natürlich die Amarnazeit aus und setzt wieder ein bei Haremhab, Ramses I., Sethos I., Ramses II., Meri-en-Ptah, Sethos II., Seth-nacht, Ramses III. Dazu zuletzt M. Höveler-Müller, Das Gold der Horusfalken, 26 ff. A. H. Gardiner, Late Egyptian Stories, 61,4 – 7.
265 A. H. Gardiner, op. cit., 62,7 – 9.
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anmerkungen
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Abbildungsnachweis Abb. 1, 9, 14, 15, 17, 20, 21, 28 – 31, 33 – 36, 37 (mit freundlicher Genehmigung der Eigentümer), 39, 40, 42 – 45, 47 (mit freundlicher Genehmigung von Dr. Edgar B. Pusch, Grabungsleiter Qantir), 49, 50, 52 – 54, Frontispiz: © Foto-Archiv M. Höveler-Müller. Abb. 2, 13, 23, 25, 32: © Graphik: M. Sohn. Abb. 3: nach A. J. Spencer, Early Egypt, fig. 20. Abb. 4: Zusammenstellung aus G. Dreyer et al., Umm el-Qaab, Nachuntersuchungen zum frühzeitlichen Königsfriedhof, 7./8. Vorbericht, in: MDAIK 52, 1996, Abb. 1 und A. J. Spencer, Early Egypt, 76. Abb. 5: nach B. Kemp, Ancient Egypt, fig. 16. Abb. 6 a und c: Ägyptisches Museum, Kairo, Inv.-Nr. JE 33169 = CG 14716. © Foto Archiv J. Liepe, Berlin. Abb. 6 b: nach W. Helck, Die altägyptischen Gaue, Taf. 4/5. Abb. 7: nach J.-Ph. Lauer, op. cit., Abb. 8. Abb. 8: nach A. J. Spencer, Early Egypt, fig. 61. Abb. 10: nach J.-Ph. Lauer, Die Königsgräber von Memphis, Frontispiz. Abb. 11: Deutsches Archäologisches Institut Kairo, Fotoabteilung. Abb. 12: nach R. Stadelmann, Die ägyptischen Pyramiden, Abb. 13. Abb. 16: nach G. Reisner, History of the Giza Necropolis I, map I. Abb. 18: Museum of Fine Arts, Boston. Inv.-Nr. 11.1738. © Foto: akg-images / Erich Lessing. Abb. 19: aus M. Verner, Pyramiden, 289. Abb. 22: aus M. Verner, op. cit., 303. Abb. 24: Brooklyn Museum of Art, Charles Edwin Wilbur Fund, 39.121. Abb. 26: Nach G. Wenzel, in: GM 193, 2003, 71 ff., Abb. 23. Abb. 27: Nach D. Arnold, Die Tempel Ägyptens, 141. Abb. 38: Nach Chr. Desroches Noblecourt, Ramses. Sonne Ägyptens, 265. Abb. 41: Ägyptisches Museum, Kairo, Inv.-Nr. JE 44861: © Foto Archiv J. Liepe, Berlin. Abb. 46: nach D. Wildung, Sudan, Antike Königreiche am Nil, Abb. 118. Abb. 48: nach Chr. Desroches Noblecourt, op. cit., 167. Abb. 51: aus V. G. Callender, in: SAK 32, 2004, Abb. 3.
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abbildungsnachweis
Informationen zum Buch Die ägyptische Vergangenheit gehört zu den ältesten und faszinierendsten Epochen der Menschheit. Über die vier Jahrtausende hinweg entwickelte sich am Nil eine Hochkultur, die uns noch heute in ihren Bann zieht. Michael Höveler-Müller zeichnet den Weg der langsamen und mühevollen Entstehung des Staates unter den ersten Königen Narmer und Aha bis hin zum allmählichen Schwinden der ägyptischen Kraft unter den späten Ramessiden anschaulich nach. Dazu führt er durch die verschiedenen Epochen und macht dabei die wechselvollen Geschicke des Pharaonenreiches lebendig. Verständlich, spannend und zugleich fundiert recherchiert erzählt er die Geschichte des Alten Ägypten und versetzt den Leser in das Leben am Nil zwischen 4000 und 1093 v. Chr. Aktualisierte und völlig neu bearbeitete 2. Auflage
Informationen zum Autor Der Ägyptologe Dr.des. Michael Höveler-Müller arbeitete in verschiedenen ägyptischen Museen und Sammlungen und hat bereits zahlreiche Publikationen zum Alten Ägypten vorgelegt.