Altägyptische Amulette und ihre Handhabung 9783161563850, 9783161563867, 3161563859

Obgleich es aus dem alten Ägypten sowohl zahlreiche erhaltene Amulette als auch Texte mit Hinweisen für ihre Anwendung g

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Table of contents :
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Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
1 Generelle Bemerkungen
1.1 Definitionen
1.2 Forschungsstand
1.3 Klassifizierung
1.4 Herstellung und Hersteller von Amuletten
1.5 Spezifische Gegebenheiten der Überlieferung
1.5.1 Originalfunde
1.5.2 Textquellen über Amulette
1.6 Alters-, geschlechts- und schichtspezifische Amulettsitten
1.7 Materialvorschriften
1.8 Wirkungsmechanismen der Amulette
1.9 Zur Natur von Schutzgottheiten
1.10 Vorstellungen von Gefahren
1.11 Methodische Fragen bei der Ermittlung von Sinn und Bedeutung
1.12 Ausstrahlung auf Nachbarkulturen
2 Von der Frühzeit bis zur Ersten Zwischenzeit
2.1 Die Anfänge des Amulettwesens in der Vor- und Frühgeschichte
2.2 Darstellungen von Amuletten in Plastik und Relief des Alten Reiches
2.3 Der Beginn der dynastischen Amulette
2.4 Perlen als Amulette
3 Das Mittlere Reich
3.1 Amuletterwähnungen im Corpus der Sargtexte
3.2 Reale Amulettobjekte
3.3 Die Zaubermesser
4 Naturobjekte
5 Knotenamulette
6 Textamulette und Zeichnungen
6.1 Generelle Bemerkungen
6.2 Textträger Leinen
6.3 Textträger Papyrus
6.4 Unsicher verortete Belege
6.5 Textträger Tonschalen, Stein- und Metallgefäße
6.6 Textträger Holz
6.7 Textträger Stein
6.8 Flüchtige Textträger (Körperteile)
6.9 Bodenbilder
7 Skarabäen und andere Siegelamulette
8 Amulette in den Funerärkorpora vom Neuen Reich bis zur frühen Spätzeit
8.1 Die Amulettsprüche des Totenbuchs und ihre praktische Umsetzung
8.2 Amulette in den Zusatzkapiteln zum Totenbuch
9 Dreidimensionale Götterfiguren und der Amulettbestand vom Neuen Reich bis zur Dritten Zwischenzeit
9.1 Dreidimensionale Objekte in paratextuellen Angaben
9.2 Amulette und Modeln des Neuen Reiches
9.3 Der Amulettbestand der Dritten Zwischenzeit
10 Die Amulette des Osiris und die spätägyptische Standardausstattung der Mumien
11 Von den Pyramidentexten über die Objektfrise zum Goldamulettetext
12 Königliche Amulettrituale
13 Amulettopfer an die Götter
14 Amulette und ihre Erwähnungen in späten Funerärkorpora
15 Amulettverwendungen im Rahmen der gräkoägyptischen Zauberpapyri
16 Ägyptische Motive auf magischen Gemmen
16.1 Theoretische Steinbücher
16.2 Ägyptische Traditionen in den spätantiken magischen Gemmen
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der Texte, Kontexte und Artefakte
Ägypten
Magische Gemmen
Griechische Quellen
Koptische Quellen
Lateinische Quellen
Sonstiges
Wörter
Ägyptisch
Koptisch
Griechisch
Lateinisch
Arabisch
Namen
Gottheiten und Dämonen
Könige und Königsfamilie
Personennamen
Ortsnamen
Lebewesen und Objekte
Menschen und ihre Rollen
Menschliche Körperteile
Tiere und Tierteile
Pflanzen, Teile von Pflanzen und Pflanzenprodukte
Nahrungsmittel und sonstige organische Materialien
Anorganische Materialien
Ausstattung, Schmuck und Objektamulette
Sachen und Praktiken allgemein
Abbildungen
Abbildungsübersicht
Abbildungsnachweis
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Altägyptische Amulette und ihre Handhabung
 9783161563850, 9783161563867, 3161563859

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Orientalische Religionen in der Antike Ägypten, Israel, Alter Orient

Oriental Religions in Antiquity Egypt, Israel, Ancient Near East

(ORA) Herausgegeben von / Edited by

Angelika Berlejung (Leipzig) Nils P. Heeßel (Marburg) Joachim Friedrich Quack (Heidelberg) Beirat / Advisory Board

Uri Gabbay (Jerusalem) Michael Blömer (Aarhus) Christopher Rollston (Washington, D.C.) Rita Lucarelli (Berkeley)

31

Joachim Friedrich Quack

Altägyptische Amulette und ihre Handhabung

Mohr Siebeck

Joachim Friedrich Quack, geboren 1966; Studium von Ägyptologie, Semitistik, Biblischer Archäologie, Altorientalistik und Vor- und Frühgeschichte in Tübingen und Paris; 1990 Magister, 1993 Dr. phil., 2003 Habilitation an der FU Berlin; seit 2005 Professor für Ägyptologie an der Universität Heidelberg.

ISBN 978-3-16-156385-0 / eISBN 978-3-16-156386-7 DOI 10.1628/978-3-16-156386-7 ISSN 1869-0513 / eISSN 2568-7492 (Orientalische Religionen in der Antike) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden. Printed in Germany.

Gewidmet dem Andenken meines Vaters Helmut Quack

Vorwort Mein Interesse an ägyptischen Amuletten geht zum Gutteil auf meine Habilitationsschrift zu den ägyptischen Dekanen zurück, in deren Rahmen ich auch Amulette mit Dekandarstellungen aufgenommen habe. Dabei gewann ich den Eindruck, daß hinsichtlich der Datierung und Kategorisierung von Objekten der Dritten Zwischenzeit und Spätzeit manches gegenüber bisherigen Darstellungen verfeinert werden kann und dies erlaubt, eine bislang nicht erkannte grundsätzlich divergierende Beigabensitte zu etablieren. Dadurch wurde ich angeregt, direkt nach dem Ruf auf die ägyptologische Professur an der Universität Heidelberg im Sommersemester 2005 eine Vorlesung zu ägyptischen Amuletten anzubieten, von deren Vorbereitung auch ich selbst erheblich gelernt habe. Impulse kamen in dieser Zeit auch aus dem SFB 619 „Ritualdynamik“, an dem ich von 2005 bis zu seinem Abschluß 2013 beteiligt war. Die vorliegende Studie baut auf diesen Erfahrungen auf. Sie entstand im Rahmen des von der DFG geförderten Sonderforschungsbereichs 933 „Materialität und Präsenz von Schrift in non-typographischen Gesellschaften“, in dem ich gemeinsam mit Andrea Jördens und Thomas Meier ein Projekt (A03) zu magischen Zeichen und Amuletten leite. Dem Vorstand des SFB 933 danke ich ganz herzlich für die Finanzierung eines zusätzlichen Forschungssemesters im Sommersemester 2016, das es ermöglicht hat, das Manuskript wesentlich voranzubringen. Ebenso danke ich dem Vorstand des SFB 933 für die Finanzierung der Abdruckgenehmigungen für Bilder verschiedener Museen. Einige Kernpunkte sowie Fallbeispiele konnte ich bei einem Gastvortrag in Mainz am 19.6. 2017 vorstellen; Frau Prof. Dr. Tanja Pommerening danke ich herzlich für die Einladung. Zu besonderem Dank bin ich Hans-Werner Fischer-Elfert und Friedhelm Hoffmann verpflichtet, die es mir gestattet haben, ihre Edition des pAthen 1826 bereits vor dem Erscheinen heranzuziehen. Alexandra von Lieven, Hans-Werner Fischer-Elfert und Annika Potzgalski haben mich mit ihren Hinweisen vor einigen Flüchtigkeitsfehlern bewahrt. Das Manuskript war an sich bereits Ende November 2018 abgeschlossen. Letzte Probleme mit Layout und Bebilderung haben die Drucklegung verzögert. In dieser Zeit habe ich mich bemüht, neu erscheinende Literatur noch einzuarbeiten, soweit dies technisch möglich war.

Inhaltsverzeichnis 1

Generelle Bemerkungen ....................................................................................1 1.1 Definitionen ......................................................................................................1 1.2 Forschungsstand ...............................................................................................5 1.3 Klassifizierung..................................................................................................7 1.4 Herstellung und Hersteller von Amuletten .......................................................9 1.5 Spezifische Gegebenheiten der Überlieferung ...............................................13 1.5.1 Originalfunde .......................................................................................13 1.5.2 Textquellen über Amulette...................................................................19 1.6 Alters-, geschlechts- und schichtspezifische Amulettsitten ............................25 1.7 Materialvorschriften .......................................................................................31 1.8 Wirkungsmechanismen der Amulette ............................................................34 1.9 Zur Natur von Schutzgottheiten .....................................................................36 1.10 Vorstellungen von Gefahren...........................................................................39 1.11 Methodische Fragen bei der Ermittlung von Sinn und Bedeutung .................40 1.12 Ausstrahlung auf Nachbarkulturen .................................................................41

2

Von der Frühzeit bis zur Ersten Zwischenzeit .........................................43 2.1 Die Anfänge des Amulettwesens in der Vor- und Frühgeschichte .................43 2.2 Darstellungen von Amuletten in Plastik und Relief des Alten Reiches ..........46 2.3 Der Beginn der dynastischen Amulette ..........................................................49 2.4 Perlen als Amulette ........................................................................................56

3

Das Mittlere Reich ............................................................................................59 3.1 Amuletterwähnungen im Corpus der Sargtexte ..............................................59 3.2 Reale Amulettobjekte .....................................................................................62 3.3 Die Zaubermesser ...........................................................................................66

X

Inhaltsverzeichnis

4

Naturobjekte ........................................................................................................81

5

Knotenamulette ..................................................................................................84

6

Textamulette und Zeichnungen. ....................................................................99 6.1 Generelle Bemerkungen .................................................................................99 6.2 Textträger Leinen .........................................................................................100 6.3 Textträger Papyrus .......................................................................................109 6.4 Unsicher verortete Belege ............................................................................136 6.5 Textträger Tonschalen, Stein- und Metallgefäße..........................................140 6.6 Textträger Holz.............................................................................................146 6.7 Textträger Stein ............................................................................................150 6.8 Flüchtige Textträger (Körperteile)................................................................152 6.9 Bodenbilder ..................................................................................................155

7

Skarabäen und andere Siegelamulette .......................................................157

8

Amulette in den Funerärkorpora vom Neuen Reich bis zur frühen Spätzeit ....................................................................................181 8.1 Die Amulettsprüche des Totenbuchs und ihre praktische Umsetzung .........181 8.2 Amulette in den Zusatzkapiteln zum Totenbuch ..........................................203

9

Dreidimensionale Götterfiguren und der Amulettbestand vom Neuen Reich bis zur Dritten Zwischenzeit .....................................212 9.1 Dreidimensionale Objekte in paratextuellen Angaben .................................212 9.2 Amulette und Modeln des Neuen Reiches....................................................216 9.3 Der Amulettbestand der Dritten Zwischenzeit .............................................223

10 Die Amulette des Osiris und die spätägyptische Standardausstattung der Mumien ................................................................246 11 Von den Pyramidentexten über die Objektfrise zum Goldamulettetext ...................................................................................268 12 Königliche Amulettrituale.............................................................................291

Inhaltsverzeichnis

XI

13 Amulettopfer an die Götter ...........................................................................306 14 Amulette und ihre Erwähnungen in späten Funerärkorpora ...............316 15 Amulettverwendungen im Rahmen der gräkoägyptischen Zauberpapyri .....................................................................................................325 16 Ägyptische Motive auf magischen Gemmen...........................................339 16.1 Theoretische Steinbücher .............................................................................339 16.2 Ägyptische Traditionen in den spätantiken magischen Gemmen .................342

Literaturverzeichnis .................................................................................................363 Verzeichnis der Texte, Kontexte und Artefakte ..............................................439 Ägypten ................................................................................................................439 Magische Gemmen ...............................................................................................451 Griechische Quellen .............................................................................................452 Koptische Quellen ................................................................................................453 Lateinische Quellen ..............................................................................................453 Sonstiges ...............................................................................................................453

Wörter .........................................................................................................................454 Ägyptisch..............................................................................................................454 Koptisch................................................................................................................457 Griechisch .............................................................................................................457 Lateinisch .............................................................................................................457 Arabisch................................................................................................................457

Namen .........................................................................................................................458 Gottheiten und Dämonen ......................................................................................458 Könige und Königsfamilie....................................................................................461 Personennamen .....................................................................................................462 Ortsnamen ............................................................................................................463

XII

Inhaltsverzeichnis

Lebewesen und Objekte .........................................................................................465 Menschen und ihre Rollen ....................................................................................465 Menschliche Körperteile.......................................................................................466 Tiere und Tierteile ................................................................................................467 Pflanzen, Teile von Pflanzen und Pflanzenprodukte ............................................469 Nahrungsmittel und sonstige organische Materialien ...........................................470 Anorganische Materialien.....................................................................................470 Ausstattung, Schmuck und Objektamulette ..........................................................471

Sachen und Praktiken allgemein ..........................................................................474 Abbildungen ..............................................................................................................479 Abbildungsübersicht .............................................................................................479 Abbildungsnachweis.............................................................................................513

1

Generelle Bemerkungen 1.1

Definitionen

1.1 Definitionen

Am Anfang dieses Werkes sollte zunächst einmal der Hauptbegriff geklärt werden. Was ist also ein Amulett? Nach heutiger Auffassung sind Amulette Objekte, die man an sich trägt1 und von denen man Schutz oder Heilung erhofft, die von übernatürlichen Mächten bewirkt werden. Das Wort „Amulett“ kommt eigentlich aus dem Lateinischen, wo es aber relativ selten (bei Varro und Plinius dem Älteren) bezeugt ist, und ist möglicherweise vom Verb amoliri „abwälzen, abhalten“ abgeleitet.2 In diesem Wort wäre dann das Konzept dominant, potentielles Übel von sich abzuhalten. Es wird allerdings erst in der Neuzeit häufiger verwendet. Ein anderer Begriff, der wenigstens kurz erwähnt werden soll, ist „Talisman“. Dieses Wort leitet sich letztlich vom griechischen τέλεσμα „Weihe“ ab.3 Auf dem Umweg über eine arabische Zwischenstufe (ṭilasm) ist es im Mittelalter aufgegriffen worden, als man die überlegene arabische Wissenschaft – unter Einschluß der arkanen Disziplinen – im lateinischen Westen rezipiert hat.4 Dieser Begriff thematisiert also etymologisch gesehen vorwiegend, daß eine spezielle religiöse Zeremonie nötig ist, um den betreffenden

1 Für ägyptische Amulette insistiert bereits VERCOUTTER, Objets égyptiens, 265, darauf, daß solche Objekte als Amulett zu bezeichnen sind, die real getragen wurden und in direktem Kontakt mit dem Träger waren. Vgl. HÜTTNER, Mumienamulette, 3 f. zu den Amuletten ohne Aufhängevorrichtung, die nur bei Bestattungen verwendet wurden, was m.E. nur eine Spezialform des Tragens mit Körperkontakt darstellt. 2 TAVENNER, Studies, 77; vgl. KLUGE, Etymologisches Wörterbuch, 41, wo die etymologische Ableitung von amuletum als unsicher betrachtet wird. Eine andere vorgeschlagene Ableitung, nämlich die von einem angeblichen arabischen Wort hamâlet, das „Aufgehängtes“ bedeuten soll, ist bereits 1882 von GILDEMEISTER, Amuletum, widerlegt worden, der nachweisen kann, daß das betreffende arabische Wort tatsächlich „Obliegenheit“ bedeutet. Dennoch wird diese überholte Etymologie von PETRIE, Amulets, 1 zum Ausgangspunkt für eine angebliche Vermittlung des Wortes durch die Phönizier gemacht und findet sich gelegentlich noch in neueren Werken, so SKEMER, Binding Words, 6. Vgl. auch WÜNSCH, Amuletum (gefolgt von ECKSTEIN, WASZINK, Amulett, 397), der die Ableitung von amoliri ablehnt und stattdessen an ἄμυλον/amulum „Stärkemehl“ denkt (mit einem Suffix ēto, das gelegentlich für Eßwaren belegt ist, und aufgrund der Tatsache, daß dem amulum besondere heilende Kraft zugeschrieben wurde). Eine Auflistung verschiedener (teilweise abwegiger) etymologischer Vorschläge bietet SELIGMANN, Schutzmittel unbelebte Natur, 24–26, und von ihm abhängig BUDGE, Amulets, 12 f. 3 KLUGE, Etymologisches Wörterbuch, 905. Vgl. ULLMANN, Natur- und Geheimlehren, 362; KIYANRAD, Gesundheit, 197 f. sowie FORSHAW, Occult Ekphrasis, 15 f. 4 WEILL-PARROT, « Images astrologiques », 215 f.

2

1 Generelle Bemerkungen

Objekten die gewünschte Macht zu verleihen. Dabei kann es sich auch um größere, nicht transportable Objekte handeln. Ob man zwischen „Amulet“ und „Talisman“ einen klaren terminologischen Unterschied etablieren kann, ist umstritten. Manche Forscher versuchen, einen Unterschied in dem Sinne zu definieren, daß Amulet ein passiv wirkendes Wunder- und Abwehrmittel sei, Talisman dagegen ein aktives Faustpfand für Glück und Erfolg.5 Budge sieht den Unterschied darin, daß ein Amulett kontinuierlich Schutz für den Träger bewirke, während ein Talisman nur eine bestimmte Aufgabe erfüllen solle.6 Andere Forscher zweifeln an der Realität einer solchen Distinktion.7 Im Bereich der Erforschung mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Magie, in welcher das Wort Amulett erstmals häufiger erscheint, werden auch gänzlich andere Definitionen verwendet. Pingree differenziert in dem Sinn, daß ein Amulett ein Stein ist, dessen übernatürliche Wirkung inhärent ist, wobei er graviert und/oder geweiht sein kann, während ein Talisman meist aus Metall dreidimensional oder als Gravur einer Platte hergestellt ist und über ihm Beschwörungen und Räucherungen durchgeführt wurden, um einen Geist dazu zu bringen, in ihn einzutreten und ihn mit Macht zu versehen.8 Leicht abgewandelt ist diese Definition bei Láng, dem zufolge bei einem Amulett die Wirkung primär am Material hängt, während ein Talisman seine Macht aus dem Bild und der Art des Gravierens bezieht.9 Etwas anders sieht Copenhaver in Amuletten am Körper getragene Objekte ohne Bild, Zeichen oder Wort, während Talismane mit künstlichen Markierungen versehen sind.10 Alle derartigen Ansätze würden dazu führen, die große Mehrzahl der in diesem Buch diskutierten Objekte als Talismane zu bezeichnen. Tatsächlich scheint die Wahl der Terminologie aber mehr durch Fächertradition als durch klare Differenzierung der beiden

5 SELIGMANN, Schutzmittel unbelebte Natur, 27 f. (der auf S. 29–31 allerdings einräumt, daß diese Unterscheidung sich nicht immer aufrecht erhalten läßt). Im Rahmen einer solchen Differenzierung könnte man überlegen, ob für Ägypten das Wort Ssp, welches ein wirksames Bild bezeichnet, das erfolgreiche Räuberei ermöglicht (Bauer B1 23), als Talisman verstanden werden kann; die Übersetzung „amulet“ durch PARKINSON, Tale, 41 trifft die Sache jedenfalls nicht wirklich (vgl. QUACK, BiOr 74, 557). Vgl. das Referat verschiedener Forscherpositionen in DREXLER, Daoistische Schriftmagie, 1 und 125 Anm. 10–12. 6 BUDGE, Amulets, 12-14. 7 So HAUSCHILD, Wirkung, 396; KNUF, KNUF, Amulette und Talismane, 13–18; SEFRIN, Talisman, der im Rahmen des „Handwörterbuchs religionswissenschaftlicher Grundbegriffe“ unter diesem Lemma sowohl Amulette als auch Talismane behandelt. Vgl. den detaillierten Überblick zur Verwendung von „Amulett“ im neuzeitlichen Diskurs bei KIYANRAD, Gesundheit, 54–87. S. auch CANZOBRE MARTÍNEZ, Users Guide, 178, die einige frühere Forscherpositionen hinsichtlich der Unterscheidung von Amulet und Talisman referiert. 8 PINGREE, Diffusion, 58 9 LÁNG, Unlocked Books, 81. 10 COPENHAVER, Scholastic Philosophy, 530; FORSHAW, Occult Ekphrasis, 16; auch von WEILLPARROT, Images astrologiques, 102 f. gegenüber Pingrees Ansatz bevorzugt.

1.1 Definitionen

3

Begriffe an sich vorgeprägt. In der Ägyptologie dominiert die Wortwahl „Amulett“, während „Talisman“ ausgesprochen selten verwendet wird.11 Allerdings sollte man betonen, daß etymologische Ableitungen für die konkrete Anwendung eines Wortes in der Sprache nur von bedingtem Wert sind. Den wenigsten von uns heute dürfte die Herkunft der Worte Amulett und Talisman bewußt sein und Relevanz für die konkrete Anwendung haben. Zudem ist weitaus wesentlicher, wie die Alten Ägypter selbst die Dinge verstanden haben. In der ägyptischen Sprache gibt es einige einschlägige Termini. Häufigster Ausdruck ist wohl w@#.w, was von der Wurzel w@# „wohlbehalten, unversehrt sein“ abgeleitet ist. Ebenfalls ausgesprochen gebräuchlich ist s# „Schutz“. Es hängt mit einem Wort für Knoten zusammen und dürfte somit anzeigen, daß zumindest in einer frühen Phase des Amulettwesens Knotenamulette eine große Bedeutung hatten, die ihnen quasi paradigmatischen Charakter gab. Tatsächlich sind sie in Texten und Originalobjekten gut belegt (s. S. 84–95). Von einer anderen ägyptischen Wurzel für „schützen“, nämlich mk+, kommt dagegen der Begriff mk+.t „Schutz“12 bzw. ausführlicher mk+.t-Ho.w „Schutz der Glieder“. Dieser Begriff ist spezialisierter und wird erheblich seltener für ein konkretes Amulett gebraucht; meist ist er Bezeichnung einer abstrakten Konzeption bzw. eines spezifischen Zauberspruches mit Anwendungsvorschrift. Mit ihrer Fokussierung auf den unversehrten Zustand und den Schutz geben die Originaltermini bereits eine erste Annäherung an die zentralen Intentionen, die mit Amuletten verbunden sind.13 Sehr selten belegt gibt es auch nh.t als Bezeichnung für ein Schutzmittel oder Amulett (pBerlin 3027, vs. 5,8 in Parallelismus zu s#; wohl auch pBrooklyn 47.218.50, 1,18.2,1.5 bei der Präsentation von Salben). Dieses Wort ist von der Wurzel nh+ abgeleitet, bei welcher das Determinativ des Gebäudewinkels zeigt, daß ein „beschirmen“ im primär räumlichen Sinne intendiert ist. Der Begriff „Amulett“ kann auch metaphorisch auf Personen angewandt werden, die für ihre Umgebung besonders schützerisch wirken, so bezeichnet sich Montemhet (25./26. Dynastie) in einer Inschrift als w@# n s# „Schutzamulett“.14 In einem Rezitationstext einer Handschrift der 18. Dynastie (für den es allerdings eine fragmentarische Parallele bereits des späten Mittleren Reiches gibt) bezeichnet sich der Sprecher als „Amulett des Lebens, das Re umfängt“ (w@# onX H# Ro; pLeiden I 347, 11,6–7).15

11 So BULTÉ, Talismans. Eine Recherche in der OEB (16.5. 2017) ergab lediglich 6 Einträge mit „Talisman“, und 9 (darunter drei verschiedene Editionen von BUDGE, Amulets) mit „Talismans“ im Titel; für deutsches „Talismane“ nur einen. 12 FISCHER-ELFERT, Gattungen, 108. 13 Ich habe erhebliche Zweifel daran, daß diese ägyptischen Ausdrücke auf zwei unterschiedliche Kategorien verteilt werden können, von denen die eine primär dem Schutz dient, die andere primär Eigenschaften des Trägers betont, wie es PINCH, Magic, 105 versucht hat und Callender in BAREŠ, SMOLÁRIKOVÁ, Iufaa I, 81; PATRÍCIO, Millennial Protection, 332 übernehmen. 14 Statue Kairo CG 646 Cb 10, s. LECLANT, Montouemhat, 72 f. 15 Vgl. MÜLLER, Beschwörungen, 273, der nach Maßgabe seiner Übersetzung „das Amulett, das Re rächte“ offenbar n@ Ro statt des nach dem Faksimile bei CHABAS, LEEMANS, Papyrus égyptiens hiératiques I, Taf. CXLVI m.E. eindeutigen H# Ro liest.

4

1 Generelle Bemerkungen

Ein Grundproblem der konkreten Analyse muß gleich zu Anfang angesprochen werden. Wie lassen sich Amulette von anderen am Körper getragenen Objekten, insbesondere Schmuck, abgrenzen?16 Ich werde im Folgenden noch Details aufführen, die an einer sauberen Scheidung dieser Kategorien zweifeln lassen.17 Schmuck hat in Ägypten üblicherweise nicht einfach die Funktion einer optischen Verschönerung, sondern intendiert auch den Schutz des Trägers bzw. der Trägerin vor Gefahren. Gerade bei Objekten wie Halskragen, über deren Ausdeutung wir relativ gut informiert sind (s.u. S. 201), kann man dies klar nachvollziehen. Dies hat zur Folge, daß ich im weiteren Verlauf dieses Buches auch auf Schmuckobjekte mit eingehen werde, soweit relevante Quellen es erlauben, thematisch einschlägige Schlußfolgerungen zu ziehen. Ansonsten bleibt das große Problem, wie scharf man den Begriff Amulette auf solche Objekte beschränkt, die direkt am Körper getragen werden bzw. allenfalls bei der Bestattung in den Umhüllungen niedergelegt wurden. Je nachdem, wie großzügig man mit dem Begriff verfährt, könnte man auch etliche größere Gerätschaften im Grab mit unter Amuletten subsumieren, ebenso gibt es bei komplexeren Ritualen, die im Totenbuch vorgeschrieben sind, Abgrenzungsprobleme. Ich intendiere, mich etwas präziser auf Amulette im engeren Sinne zu konzentrieren, somit Ritualarrangements komplexerer Art nicht zu berücksichtigen. Abgrenzen muß man Amulette unbedingt gegenüber bestimmten Fundgattungen, mit denen sie in der ägyptologischen Praxis gelegentlich zusammengeworfen worden sind. Dies betrifft besonders zwei Kategorien. Die eine sind Votivgaben, welche im Zusammenhang mit einer Bitte in einem Heiligtum deponiert werden.18 Diese können fallweise, z.B. wenn es sich um Tierfigurinen handelt, ähnliche formale Eigenschaften wie manche Amulette haben, doch ist ihr konzeptueller Zusammenhang ein anderer. Das andere sind Gründungsbeigaben.19 Insbesondere Objekte aus Fayence können hier ebenfalls formal ähnlich wie Amulette wirken.20 Bei ihnen handelt es sich um Modelle in anderem Material für die andernfalls realiter beigegebenen Objekte, z.B. Rinderbeine aus Fayence statt realer Rinderschenkel.

16 Vgl. QUIRKE, Exploring Religion, 183–185 (s. auch PATRÍCIO, Millennial Protection, 338 f.) und für ähnliche Probleme in anderen Kulturen FARAONE, Transformation, 61–63. S. auch MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 20, die florale und ornamentale Formen mit behandelt, nicht dagegen Armbänder, Ketten und Kettenglieder. Ich verzichte in diesem Buch auf die Behandlung floraler Objekte aus Fayence, sofern es nicht klare Gründe für eine Deutung als Amulette und nicht als Schmuckstücke bzw. Teile von solchen gibt. 17 Vgl. ähnlich für andere Kulturen K. HERRMANN, Schutz und Zierde, 9–11. PFISTER, Amulett, 376 f. meint, die ursprüngliche Intention von Schmucks sei die Zufügung von Kraft für den Träger. 18 Vgl. zu ihnen z.B. PINCH, Votive Offerings; KOPP, Elephantine IX, 100–106. 19 Vgl. zu ihnen generell WEINSTEIN, Foundation Deposits; spezieller ROSSETI, Depositi di fondazione; BONNET, VALBELLE, Panébès, 125 f.; DANERI RODRIGO, Pylon Foundation; KOPP, Elephantine IX, 41–52. 20 Z.B. sind bei ANDREWS, Amulets, 91 f. auch Objekte behandelt, welche korrekt als Gründungsbeigaben, nicht als Amulette zu verstehen sind. Die Tatsache, daß PETRIE, Amulets, 19–20 solche Objekte als angebliche Amulette aufgenommen hat, dürfte die Ägyptologie dauerhaft in die falsche Richtung gebracht haben.

1.2 Forschungsstand

1.2

5

Forschungsstand

1.2 Forschungsstand

Amulette gehören zu den häufigsten Kleinfunden aus dem Alten Ägypten. Kaum eine ägyptologische Sammlung, sei sie noch so klein, kommt ohne einige Amulette aus. An sich sollte man für Amulette ein erhebliches Interesse erwarten. Beim breiten Publikum gibt es eine Suggestivwirkung des Alten Ägypten, die man vielleicht am besten in der englischen Formel Mummies, Myth and Magic21 zusammenfassen kann. Amulette aber werden oft an Mumien gefunden, sofern sie Götter abbilden, kann man sie mit dem Mythos verbinden, und ihre Zugehörigkeit zum magischen Bereich sollte evident sein. Hier sind also im Prinzip alle Voraussetzungen für ein breites Interesse vorhanden. Für den Fachmann, dessen Zugang zum Alten Ägypten durchaus anders motiviert sein mag, sind sie im Grunde ebenfalls ein zentrales Thema oder sollten es zumindest sein. Der Museumsarchäologe kommt an ihnen angesichts ihrer Menge ohnehin nicht vorbei. Wer mehr soziologisch orientiert ist, sollte sich vor Augen halten, daß derartige Objekte von vielen Alten Ägyptern getragen und real genutzt wurden; und der Textspezialist begegnet immer wieder schriftlichen Verweisen auf die Nutzung von Amuletten. Im Grunde gibt es für jeden Forscher genügend relevante Fragen an dieses Material. Tatsächlich sehe ich das Thema der Amulette als ein ganz besonders attraktives an, da es a priori darauf angelegt ist, archäologische Funde und Befunde ebenso wie Textquellen zu nutzen und in einer großen Synthese zu vereinen. In der Realität stellt sich die Forschungssituation aber ziemlich anders dar. Es gibt zwar eine Reihe von Spezialstudien zu einzelnen Aspekten, aber bei weitem nicht zu allen relevanten Fragen, und große Synthesen fehlen fast ganz.22 Hier sind eigentlich nur zwei einschlägige Monographien zu nennen. Die eine stammt aus der Feder des Allround-Ausgräbers und Pioniers der Feldforschung in Ägypten William Matthew Flinders Petrie.23 Petrie geht primär vom archäologischen Material aus und sucht Anschlüsse an übergreifende Theorien über Amulette, wie sie zu seiner Zeit verfügbar waren. Ihm war das Thema immerhin wichtig genug, um damit eine Reihe von Bänden über verschiedene Objektkategorien der ägyptischen Archäologie zu eröffnen. Dabei gibt er für die verschiedenen Typen auch Angaben zur Laufzeit, die allerdings apodiktisch bleiben, weil keine Referenz auf Objekte aus archäologisch klar dokumentiertem Kontext erfolgt. Ebenso wird zwar angegeben, wie viele Stücke dieses Typs es in bestimmten (besonders britischen) Sammlungen gibt, aber keine Inventarnummern genannt, so daß eine Überprüfung seiner Angaben sich vielfach als schwierig erweist. Weitgehend in Petries Tradition steht Carol Andrews’ halbpopuläres Buch über Amulette.24 Wenig weitere Impulse bieten einige kleinere Studien.25 Daneben gibt es

21

So als Buchtitel bei EL MAHDI, Mummies, Myth and Magic. Das von VAN HAARLEM, Analysis, skizzierte Projekt scheint nicht zu einem Abschluß gekommen zu sein. 23 PETRIE, Amulets. 24 ANDREWS, Amulets. 25 Z.B. WIEDEMANN, Amulette; BUDGE, Amulets; FERRARI, Amuleti; LISE, Amuleti egizi; GUILHOU, Amulettes; GERMOND, Mondo simbolico; LOEBEN, Amulette; CONNOR, FACCHETTI, Amuleti. 22

6

1 Generelle Bemerkungen

noch Arbeiten zu einigen speziellen Typen26 sowie einige wenige Kataloge von Amulettsammlungen.27 Letztere sind an sich eine wichtige Basis für vertiefte Forschung, es gibt aber noch viel zu wenige. Dabei ist auch auffällig, daß die gründlichsten Vorlagen keineswegs einfach die wichtigsten Sammlungen betreffen. Schwerpunkte der bisherigen Forschung liegen im Bereich der außerägyptischen Funde,28 wo Aegyptiaka als Zeugnisse für Fernkontakte ebenso wie für chronologische Fragen interessant sind; zudem auch die lokalen Archäologien weniger durch spektakuläre Kunstobjekte verwöhnt werden und deshalb eher bereit sind, sich den bescheideneren Objekten in größerer Intensität zu widmen. Generell ist die Forschung bislang stark von der Archäologie dominiert; die Deutungen des Materials sind dabei meist knapp und aus zweiter Hand aus dem übernommen, was man als Standardwissen über bestimmte Gottheiten oder Objekte ansieht. Die spezifische Rückkoppelung zwischen konkreten Amuletten und präzisen Texten mit Anwendungsvorschriften und religiösen Aussagen kommt demgegenüber eher zu kurz. Ich hoffe, hier durch gezielten Rückgriff auf die Originalquellen etwas zur Erhellung beitragen zu können. Ein Grund für die bislang ziemlich zurückhaltende Bearbeitung des Themas mag darin liegen, daß man oft unbewußt den Glauben an die Macht der Amulette für ein Element niedriger Kulturstufen, unaufgeklärter Personen bzw. der ungebildeten Unterschicht hält.29 Solche Vorurteile dürften nicht einmal für das Mittelalter und die Moderne zutreffen;30 für das Alte Ägypten hoffe ich im Verlauf dieses Buches zeigen zu können, daß sie definitiv nicht das Richtige treffen.31 Auch über die Ägyptologie hinaus kann der allgemeine Forschungsstand zu Amuletten kaum als befriedigend bezeichnet werden. Veraltete Kompilationen von Material verschiedener Kulturen, die schon zu ihrer Entstehungszeit kaum up to date waren und

26

Besonders hilfreich sind MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette und HÜTTNER, Mumienamulette. Schwerpunktmäßig dieser Gattung gewidmet sind z.B. REISNER, Amulets; DERS., Amulets Vol. II; SCHLICK-NOLTE, VON DROSTE ZU HÜLSHOFF, Liebighaus, Band I; HERRMANN, Amulette. 28 Vgl. etwa HERRMANN, Amulette Palästina/Israel; DERS., Amulette Palästina/Israel II; DERS., Amulette Palästina/Israel III; DERS., Amulettführer; DERS., Amulette Palästina/Israel IV. 29 Bezeichnend ist, wie BRUNNER, Grundzüge der Religion, 118 aufgrund einer Fehlübersetzung einer einzigen Textstelle versucht, eine generelle Opposition zwischen der persönlichen Frömmigkeit einerseits und Amuletten und Zaubermitteln andererseits zu konstituieren. Auch KOCH, Geschichte der Religion, 539 ordnet eine seiner Meinung nach inflationär ansteigende Verwendung von Amuletten und Zaubersprüchen in der griechisch-römischen Zeit (die Faktenlage stimmt hier noch nicht einmal) in ein Modell vermehrten Aberglaubens ein. Vgl. besonders explizit DONNER, Beschwörung, 94 f., der Zauber als die Religion der armen Leute betrachtet. 30 Vgl. etwa für Kleriker, Universitätsprofessoren und Mitglieder des Hofes bis zum König als Nutzer von Büchern über Magie einschließlich Bildmagie im spätmittelalterlichen Zentraleuropa LÁNG, Unlocked Books, sowie generell zu intellektuellen Nutzern von Magie im Spätmittelalter und der Renaissance KLAASSEN, Transformations of Magic; speziell für die Renaissance ZAMBELLI, White Magic; übergreifender OTTO, Historicising; COPENHAVER, Magic in Western Culture. 31 Vgl. MORENZ, Hoffen und Handeln, 22 f., der bereits davor warnt, vorschnell dichotomische soziale Differenzierungen bei der Zuschreibung magischer Praktiken vorzunehmen. 27

1.3 Klassifizierung

7

zudem wenig analytische Tiefe aufweisen, werden immer noch nachgedruckt.32 Es gibt gute Studien zu Objektgruppen in einzelnen Kulturen,33 aber kaum etwas mit übergreifendem Anspruch.34

1.3

Klassifizierung

1.3 Klassifizierung

Zur Klassifikation ägyptischer Amulette gibt es derzeit kein wirklich durchdachtes und tragfähiges System. Mehrere Versuche sind in der Vergangenheit in der Forschung versucht worden, haben aber jeweils ihre Probleme. Die wesentlichsten seien kurz vorgestellt. In seiner bis heute unersetzten, wenngleich inzwischen ziemlich veralteten Monographie zum Thema baut Petrie auf einer Materialbasis von etwa 275 verschiedenen Typen auf, die er in seiner hauseigenen Sammlung am University College London zusammengetragen hat. Seine Strukturierung ist primär funktionsorientiert.35 Für ihn gibt es fünf Hauptkategorien, nämlich: − Homopoeic (Similars) − Dynatic (Powers) − Ktematic (Property) − Phylactic (Protection) − Theophoric (Gods). Diese Einteilung ist einerseits in ihrer grundsätzlichen Struktur immer noch einflußreich und liegt z.B. im Wesentlichen auch Carol Andrews’ Buch über ägyptische Amulette zugrunde, andererseits hat sie auch viel berechtigte Kritik erfahren.36 Geäußert wurde etwa, daß in diese Hauptkategorien jeweils eine Vielzahl von Amulett-Typen passen muß, daß die Anordnung innerhalb der Kategorien keinem klaren Schema folgt, und daß die Kategorien nicht wirklich auf derselben Ebene liegen. So gehen sie teilweise von den Bereichen aus, auf die eine Wirkung gewünscht wird (Powers, Property, Protection), teilweise vom Mechanismus der Wirkung (Similars), teilweise sogar von der Natur des Dargestellten (Gods). Eine wirklich stimmige und widerspruchsfreie Zuordnung kann auf diese Weise nicht erzielt werden. Hinzu kommt als schwerwiegendes Manko, daß bei einer solchen Kategorisierung die korrekte Bestimmung der Funktion bereits vorausgesetzt wird, was arbeitstechnisch kein gutes Verfahren ist. Sofern die tatsächliche Intention eines Amuletts noch zur Diskussion steht bzw. sich auch nicht sicher festlegen

32 So BUDGE, Amulets, und MARQUES-RIVIERE, Amulettes. Weit weniger bekannt, in der Fülle der Materialsammlung aber immer noch unübertroffen ist SELIGMANN, Schutzmittel unbelebte Natur; DERS., Schutzmittel belebte Natur I-III. 33 So SCHRIRE, Hebrew Magic Amulets; DREXLER, Daoistische Schriftmagie; BOZOKY, Charmes; SCHAEFFER, Enigmatic Charms; SKEMER, Binding Words; KIYANRAD, Gesundheit; NÜNLIST, Entzauberte Amlettrollen. 34 Am ehesten vielleicht der Artikel von STAUBLI, Amulett. 35 PETRIE, Amulets, 6 f. 36 Vgl. etwa MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 16 f.24 f. Bereits ANDREWS, Amulets, 12–13 weist auf Probleme mit Petries Klassifizierung hin.

8

1 Generelle Bemerkungen

läßt, oder weitergehende Detailuntersuchungen zu anderen Ergebnissen kommen, würden sich endlose Probleme ergeben. Ziemlich anders geht František Lexa vor, der im Rahmen seines Buches über ägyptische Magie drei Hauptkategorien vorschlägt, nämlich reale Amulette, geschriebene Amulette – einschließlich solcher mit Zeichnungen – und Knotenamulette.37 Erstere werden noch in zahlreiche Einzelkategorien unterteilt, nämlich Götterbilder, Göttersymbole, Götterköpfe, Götternamen, Königsnamen, Miniaturopfergaben, Hieroglyphenzeichen und Gruppen von solchen, das göttliche Auge sowie Herz und Herzskarabäus, außerdem Amulette änigmatischer Natur. Insbesondere die feinere Unterteilung scheint wenig durchdacht und nicht allzu erhellend. Im Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte bietet Hans Bonnet unter dem Stichwort „Amulett“ eine abweichende Einteilung.38 Er geht rein von der Form aus und unterscheidet acht verschiedene Kategorien, nämlich: − Natürliche Dinge; d.h. also Objekte, die nicht handwerklich hergestellt werden; − Knotenamulette; − Figuren von Dämonen und Göttern; − Figuren von Tieren; − Menschliche Körperteile; − Symbole; dazu zählen für Bonnet u.a. das Lebenszeichen, der Djedpfeiler und das Papyrusamulett; − Kronen und Herrschaftszeichen; − Schmuckstücke und Geräte. Neben den Originalamuletten bemerkt Bonnet noch die Spezialkategorie der bloßen Zeichnungen von Amuletten. Dieses Vorgehen ist prinzipiell sinnvoll. Problematisch ist allerdings, daß einige Teilkategorien sehr umfangreich sind, etwa der Posten der Schmuckstücke und Geräte; zudem ist deren Abgrenzung von den Symbolen im Zweifelsfall diskussionsfähig. Ebenfalls mehr von den Objekten als solchen geht dagegen Claudia Müller-Winkler in ihrer Monographie über Objekt-Amulette aus.39 Sie unterscheidet auf der obersten Hierarchieebene zwischen göttergestaltigen, tiergestaltigen und gegenständlichen Amuletten. Zu beachten ist, daß sie im Bereich der gegenständlichen Amulette bzw. nach dem Titel ihres Buches der Objekt-Amulette nicht nur reine Gegenstände ansiedelt, sondern auch diejenigen Formen, die nur einen Teil eines Lebewesens darstellen, also etwa Körperteile. Um sich nicht durch ein neues Klassifikationssystem festzulegen, geht sie anhand der Zeichenliste in Gardiners Egyptian Grammar vor. Als Vorteil wird dabei gesehen, daß die Abfolge eindeutig definiert und in der Ägyptologie weithin bekannt

37

LEXA, Magie, tome 1, 80–98. BONNET, Reallexikon, 28–30. 39 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette. 38

1.4 Herstellung und Hersteller von Amuletten

9

ist. Nach derartigen Klassifikationen verfährt auch Michaela Hüttner bei der Behandlung der spätzeitlichen Mumienamulette40 sowie Christian Herrmann bei der Vorlage von Amuletten und Modeln in verschiedenen Aufsätzen und Monographien.41 Potentiell problematisch an diesem Vorgehen ist gerade der grundsätzliche Verzicht auf eine eigene systematische Durchdringung. Er führt dazu, daß keine größeren Strukturen in der Präsentation ablesbar sind und an sich thematisch verwandte Amulettypen potentiell weit voneinander getrennt sein können. Allen bislang aufgestellten Klassifikationsschemata für Amulette ist gemeinsam, daß sie keine Kategorie der zeitlichen Entwicklung vorsehen; d.h. sie sind rein an Typen als solchen interessiert, deren chronologische Verteilung allenfalls bei der Beschreibung jedes einzelnen Typs behandelt wird. Ich werde im Verlauf dieses Werkes versuchen, einerseits die historische Entwicklung etwas klarer herauszuarbeiten, andererseits weniger Einzelamulette zu verfolgen, sondern vorrangig Symbolsysteme, also Amulette, die gerne vergesellschaftet sind und deshalb zu ein und derselben globalen Konzeption gehören dürften.

1.4

Herstellung und Hersteller von Amuletten

1.4 Herstellung und Hersteller von Amuletten

Über die verschiedenen Handwerker und ihre Titel erfahren wir einiges aus den betreffenden Sektionen des Buches vom Tempel, eines großen Handbuches über den Betrieb in einem idealen ägyptischen Tempel, an dessen Edition ich derzeit arbeite.42 Leider sind die einschlägigen Sektionen ausgesprochen schlecht erhalten, insbesondere was die Hersteller von Kleinobjekten wie Schmuck und Amuletten betrifft. Man hat nicht mehr als eine lückenhafte Aufzählung von Titeln, ohne weitere Angaben zu genaueren Aufgabenbereichen. Dem Buch vom Tempel strukturell verwandt und möglicherweise sogar ein Exzerpt daraus ist eine Inschrift im Goldhaus des Tempels von Dendara, die etwas genauer beschreibt, welche Handwerker dort in welcher Personalstärke tätig sind, und was sie treiben (Dendara VIII, 128,13–131,6).43 Neben der Herstellung von Statuen der Götter, des Herrn (d.h. Königs) sowie der Königsgemahlinnen, Königsmütter und Königskinder werden dabei auch Pektorale aus Gold, Silber und allen Edelsteinen erwähnt, die den Göttern angelegt werden. Diesen beiden Quellen enger verwandt ist auch eine Auflistung von Handwerkerspezialisten in der Hungersnotstele, Kol. 28 f.44 Einige handwerkliche Titel finden sich im Onomastikon des Amenemope (pMoskau 120, 3,2–5), das eine listenmäßige Zusammenstellung der wesentlichen Begriffe der

40

HÜTTNER, Mumienamulette. Nachweise in Anm. 28 und 51. 42 Vgl. die Vorberichte besonders in QUACK, Buch vom Tempel; DERS., Manuel du temple; DERS., Organiser le culte idéal; DERS., Ämtererblichkeit. 43 Vgl. zum Text DAUMAS, Atelier des orfèvres; DERCHAIN, Atelier des Orfèvres, 219–242; VON LIEVEN, Im Schatten des Goldhauses, 149–153. 44 BARGUET, Stèle de famine, 31; Taf. VI; GASSE, RONDOT, Séhel, 566 f. 41

10

1 Generelle Bemerkungen

ägyptischen Welt darstellt und auch eine Sektion über Berufe enthält.45 Die dortige Abfolge ist Hmw.w „Handwerker“, Qs.t| „Schnitzer“, [email protected] „Zimmermann“, sonX „Bildhauer“, Hm.t|| „Kupferschmied“, nby.| „Goldschmied“, nSô.| „Juwelier“, bobo „Fayenceglasierer“, ms+-o#.t „Edelsteinbearbeiter“, çb.w-nsw „Königlicher Sandalenmacher“, |r+-çryn „Panzermacher“, Hmw.w mrkb.ß „Streitwagenbauer“, Hmw.w oH# „Pfeilmacher“, |[email protected] „Bogenbauer“, ç#+ bS# „Graveur“, |r+ wSb.t „Perlenmacher“. Wie man sieht, sind in dieser Liste die Schmuck- und Amuletthersteller einerseits ohnehin nicht geschieden, andererseits in zwei Gruppen aufgeteilt, die durch verschiedene Waffenhersteller voneinander getrennt sind. Weitere Handwerker-, Steinbrucharbeiter- und Maurerbezeichnungen folgen. In der sogenannten Berufssatire bzw. Lehre des Cheti46 gibt es einige Passagen über Handwerker. Nach Goldschmied, Kupferschmied und Holzhandwerker, welche die ersten Positionen in der Reihenfolge einnehmen, kommt der Edelsteinbearbeiter (Abschnitt 6). Allzuviel zu sagen hat der Textautor nicht über ihn. Sein Hauptarbeitsgebiet ist offenbar das Bohren von Perlen, das als unangenehm harte und schwierige Tätigkeit gilt, wobei er verkrümmt hocken muß. Für das Verständnis der Amulettherstellung führt das nicht allzuviel weiter; erneut ist keine Trennung zwischen Amulett- und Schmuckherstellung auszumachen. Darstellungen von Handwerkern bei der Arbeit finden sich in manchen ägyptischen Gräbern.47 Allerdings sind relativ wenige der betreffenden Szenen für die Amulettherstellung relevant. Fassen kann man bildlich speziell die Herstellung von Halsschmuck und das Durchbohren von Perlen. Dabei zeigt sich, daß es keine wirkliche Trennung in der Herstellung von Schmuck und von Amuletten gibt, bzw. die Amulettproduktion solcher Objekte, die nicht in gleicher Weise als Schmuck einsetzbar sind, nicht zum Spektrum dessen gehörte, was man in Ägypten in den Gräbern für darstellenswürdig gehalten hat. Neben den Textquellen sind auch archäologische Hinterlassenschaften relevant, und zwar schwerpunktmäßig Funde von Werkstätten bzw. bei der Herstellung gebrauchten Objekten. Konkret bedeutet das vor allem Brennöfen sowie Tonmodel, die an einigen Orten in hoher Konzentration aufgetaucht sind und eine berufsmäßige Produktion von Amuletten und Schmuck bezeugen.48 Die wichtigsten Fundorte sind Amarna,49 Memphis50 und die Ramses-Stadt, wobei von den Stücken von letzterem Ort etliche als großer Komplex im Kunsthandel aufgetaucht sind, aber mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit dem

45

GARDINER, Onomastica, volume I, 66*–69*; Volume III, Taf. IX. Letzte Textedition JÄGER, Berufstypologien; die Stelle dort 134 f. Die Lesung des Autorennamens ist umstritten, vielfach (auch bei Jäger) wird „Duacheti“ angesetzt. Der Befund eines Graffittos aus Assiut deutet darauf hin, daß „Cheti, Sohn des Duaef“ anzusetzen ist, s. KAHL, EL-KHADRAGY, VERHOEVEN, PRELL, EICHNER, BECK, Seventh Season, 196; VERHOEVEN, Graffiti, 1574–1575. 47 DRENKHAHN, Handwerker; JÄGER, Berufstypologien, i–xix. 48 Vgl. speziell für das Mittlere Reich MINIACI, Faience Craftsmanship. 49 PETRIE, Amarna, 25–30, Taf. XVI–XX.XLII; SHORTLAND, Materials at Amarna; NICHOLSON, Brilliant Things; VANTHUYNE, Amarna Factories. Vgl. HODGKINSON, Technology, 105–118.195.225– 226.233–234.244–248 unter Heranziehung auch anderer Orte. 50 NICHOLSON, Working at Memphis. 46

1.4 Herstellung und Hersteller von Amuletten

11

betreffenden Ort zugewiesen werden können.51 Aus der Spätzeit gibt es einen Komplex in Naukratis.52 Noch nicht abschließend publiziert ist eine Fayencewerkstatt des Alten Reiches in Abydos, die sich nahe beim Tempel befand.53 Derartige Model sind vor allem für eine, allerdings mengenmäßig bedeutsame Kategorie ägyptischer Amulette relevant, nämlich die aus Fayence hergestellten. Diese Substanz besteht vor allem aus Quarzsplitt, also zerstoßenem Sand, teilweise noch mit Bindemitteln, der mit Wasser zu einer formbaren Paste angerührt werden konnte.54 Zur Herstellung der Model55 hat man zunächst eine Matrix geformt, also ein frei gearbeitetes Exemplar des Objekts, das man in größeren Mengen herstellen will. Dann wurde daran ein Faden befestigt. Anschließend wurde eine Lehmkugel genommen und zwischen den Händen etwas abgeflacht. In diese Kugel wurde die Matrix mit der Hand eingedrückt und anschließend mit Hilfe des Fadens wieder herausgezogen. Die dadurch entstehende Form konnte gebrannt werden. In diese Keramikform wurde für die Herstellung jeweils die Fayencemasse eingedrückt, anschließend wurde sie für die farbige Glasur noch in spezielle Substanzen getaucht oder damit übergossen. Die technische Verfahrensweise bringt es mit sich, daß auf den Modeln der Schnitt des Objektes und damit die intendierten Details der Form oft präziser herauskommen als auf den fertigen Objekten, bei denen nach der Prägung noch eine Glasurschicht über die Grundform gelegt wurde. Über die wirtschaftliche Dimension eines Handels mit Amuletten ist wenig bekannt. Informiert ist man am ehesten über den Handel mit Uschebtis, die ich aber nicht als zur Kategorie der Amulette zugehörig betrachten möchte, da sie nicht am Leib getragen wurden und mit ihrer Funktion als Ersatzpersonen für Arbeitsleistungen auch eine spezielle eigene Kategorie darstellen. Besonders einschlägig ist der Papyrus BM EA 10.800 aus der Dritten Zwischenzeit, in dem ein Oberamulettformer (Hr| ç#s w@#.w) des Amuntempels bezeugt, die Bezahlung für einen vollständigen Satz von 410 Uschebtis von einem wob-Priester erhalten zu haben, und die Objekte jetzt auffordert, dem betreffenden Nutznießer zu dienen, was durch Zeugen abgesichert wird.56 In eine ähnliche Richtung geht der Orakeltext aus der 21. Dynastie, der auf den Schreibtafeln Rogers und McCullum überliefert ist. Darin bekräftigt Amun-Re als Orakelgott, daß die Fayencehersteller ordnungsgemäß bezahlt sind und die Uschebtis nunmehr für ihre neue Eigentümerin arbeiten sollen. Auch im Totenbuch Kapitel 166 (Pleyte) gibt es eine Passage, die betont, daß die Uschebtis für einen korrekten Preis gekauft sind und nunmehr arbeiten sollen.57

51

Vgl. etwa HAMZA, Excavations at Qantîr, 53–62; KHAWAM, Ensemble de moules; HERRMANN, Formen; DERS., Weitere Formen; DERS., Formen II. 52 PETRIE, Naukratis I, 5.36–38, Taf. XXXVII–XXXVIII. 53 O’CONNOR, Abydos, 84. 54 KACZMARCYK, HEDGES, Faience. Vgl. HAMMERLE, Technological Change. 55 Vgl. HERMANN, Formen, IV–V; DERS., Formen II, 3. 56 EDWARDS, Bill of Sale; WARBURTON, Remarks; POOLE, ‘All that has been done’; DERS., R-Db#; zur Konstruktion von Ws|r n NN im indirekten Genitiv vgl. SMITH, Osiris NN; DERS., Following Osiris, 373–380. 57 ČERNÝ, Caractère des Oushebtis; WÜTHRICH, Éléments, 99 f. u. 112–115; DIES., Chapitres supplémentaires, 217–220; DAHMS, PEHAL, WILLEMS, Ramses II, 411 f.

12

1 Generelle Bemerkungen

Auf Amulette sind diese Angaben sicher nicht einfach übertragbar, denn bei den Uschebtis spielt eben die entscheidende Rolle, daß sie aktiv Arbeit leisten sollen, und für solche Dienste eine Gegenleistung in Geld oder Naturalien erforderlich war. Aber die Handwerker, die hier auftreten, sind wohl dieselben, die in Fayence auch Amulette hergestellt haben, wie schon der Titel des Verkäufers im pBM 10.800 anzeigt. Jedenfalls sind die relevanten Titel solche, die oben bereits aufgetaucht sind. Von der Technologie her ist es plausibel, daß die Fayenceherstellung insgesamt von denselben Experten betrieben wird, unabhängig davon, ob es sich um Uschebtis oder Amulette handelt. Man darf davon ausgehen, daß sie auch solche Objekte an Interessierte verkauft haben – nur daß die Geschäfte nicht aktenmäßig überliefert sind, da keine gleichartige juristische Absicherung nötig erschien. Offen bleibt dabei allerdings noch, ob die betreffenden Handwerker auf eigene Rechnung agieren oder im Auftrag von Tempeln tätig sind, denen sie angehören. Gerade die oben erwähnten großen Modelkonzentrationen dürften eher dafür sprechen, daß die Masse der ägyptischen Amulettproduktion in Tempelwerkstätten lief. Dies hat nicht geringe Folgen für die Interpretation. Man neigt gerne dazu, Amulette und ähnliche Kleinobjekte in den Bereich der Persönlichen Religion oder auch des Volkskultes zu stekken.58 Das hängt nicht im geringen Maße daran, daß heute in der modernen Forschung eine gewisse Vorliebe für Volkskultur als das vorgeblich reinere und weniger verderbte Element besteht, bzw. eine Forscherstimmung weg von der Elite vorherrscht. Sofern aber das, was ein normaler Ägypter sich als Amulett besorgen konnte, von einer Tempelwerkstatt produziert worden ist, fällt es schwer, in diesem Bereich eine Volksreligion als Gegensatz zu einer Elitereligion zu postulieren.59 Eine gewisse Evidenz für direkten privaten Handel liefern allerdings die Ostraka aus Deir el-Medineh, in denen man für die meisten Güter geschäftliche Transaktionen finden kann. Neben einigen Objekten, die mehr in den Bereich des Schmuckes als strikt der Amulette fallen, gibt es in zwei Quellen auch insgesamt drei Belege für die Kosten eines s#.w n ms+, also eines Schutzamulettes für die Geburt. Dabei kostet das eine etwa einen Deben, die beiden anderen 2–3 Deben.60 Der Preis scheint nicht allzu hoch, wenn man bedenkt, daß man ein Bund Gemüse für ½ bis 1 Deben erhalten konnte.61 Allerdings ist nicht bekannt, wie groß und aus welchen Materialien die betreffenden Objekte hergestellt waren.

58

Vgl. etwa mit einer unhinterfragten Einordnung dieser Art ASSMANN, Sinngeschichte, 259. Vgl. zur Problematik des Begriff „Persönliche Frömmigkeit“ MORGAN, Thematik, die mit ihrer Kritik an vielen älteren Positionen recht hat, so wenig ihr auch eine tragfähige neue Gesamtposition gelingt; knappe Darstellung der Probleme bei WEISS, Religious Practice, 1–11. Gut reflektiert ist ZIVIE-COCHE, DUNAND, Religionen, 369–375; s. weiter die neueste Zusammenfassung durch BAINES, FROOD, Personal Religion. Für Analysen mit Fokus auf den archäologischen Hinterlassenschaften s. besonders STEVENS, Private Religion; WEISS, Religious Practice; BUSSMANN, Personal Religion. 59 Vgl. DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 210–214. 60 JANSSEN, Commodity Prices, 310 f. (Quellen sind oGardiner 133 sowie Gardiner 9 (HO 24, 4, Z. 2 u. 6); vgl. TOIVARI-VITTALA, Women, 178 f. (zu oGardiner 9)); WEISS, Religious Practice, 164. 61 Zu den Gemüsepreisen JANSSEN, Commodity Prices, 359–364.

1.5 Spezifische Gegebenheiten der Überlieferung

13

Möglicherweise in den Bereich der Amulette gehört auch eine Passage im oČerný 19, rt. 2–4 (HO I, 54, 4; KRI III, 533, 11–13), wo ein Umrißzeichner seinen Sohn informiert, er sei bereit, jeden vom Besitzer geforderten Preis für zwei Herzen aus Fayence zu zahlen.62 Weiterhin einschlägig sein könnte die Liste des oKairo CG 25678 (KRI IV, 168,5– 169,16).63 Es enthält eine Liste verschiedenster Objekte. Sofern es (was von der Schrift her plausibel ist, die bei beiden Stücken dem Schreiber Qenherchepschef zugewiesen werden kann) mit oKairo CG 25677 zusammengehört, das Objekte auflistet, die der Frau Chaysheb gegeben wurden, bleibt immer noch offen, ob es sich hier um Gaben bei einer speziellen Situation (Eheschließung) oder um ein Haushaltsinventar handelt. Innerhalb der Liste befinden sich jedenfalls 40 Udjat-Augen, 150 Perlen und 10 Siegel (rt. 19–22). All diese Überlegungen betreffen jedoch nur eine der beiden Grundklassen von Amuletten, nämlich solche, die in größeren Mengen auf Vorrat produziert wurden, um als Prophylaxe gekauft und getragen zu werden. Daneben gibt es eine zweite Kategorie, die mehr durch Texte als durch direkte Funde faßbar wird, nämlich Amulette, die im Rahmen von Schutz- und Heilritualen konkret bei direkten Notfällen produziert wurden. Ein Beispiel sind etwa Pflanzenteile, die mit Knoten versehen und dann an den Hals des Patienten gehängt wurden. Sie werden – schon allein wegen ihres unscheinbaren Äußeren und oft auch ihrer leichten Vergänglichkeit – selten konkret gefunden, sind aber nach theoretischen Anweisungen ganz gut bekannt. Die Herstellung solcher Objekte oblag nicht dem Handwerker, sondern dem Ritualspezialisten; und die Anforderungen an technologisches Wissen waren entsprechend geringer – dafür aber mutmaßlich die zu beachtenden religiösen Begleithandlungen komplexer. Hinsichtlich der Produktion von Textamuletten muß man von kompetenten Schreibern ausgehen. Gerade die Tatsache, daß diese meist in einer relativ flüchtigen, stark ausgeschriebenen Hand vorliegen (und entsprechend oft schwer zu entziffern sind), deutet klar darauf hin, daß hier erfahrene professionelle Spezialisten gearbeitet haben (s. S. 116). Im Buch vom Tempel wird an leider schlecht erhaltener Stelle ein Spezialist erwähnt, dessen Aufgabe wohl darin besteht, feines Leinen (p#Q.t) mit magischen Sprüchen zu beschriften.64

1.5

Spezifische Gegebenheiten der Überlieferung

1.5 Spezifische Gegebenheiten der Überlieferung

1.5.1

Originalfunde

Ein Grundproblem, auf das man bei der Arbeit an Amuletten immer wieder stößt, ist die Art der Überlieferung. Originalfunde von Amuletten stammen ganz überwiegend aus

62

Übersetzung in WENTE, Letters, 153. Vgl. JANSSEN, Mysterious Ostraca; WEISS, Religious Practice, 164 f. 64 Von dem Wort ist allerdings nur noch anlautendes H, erhalten, die Ergänzung zu H[k#] folglich unsicher. 63

14

1 Generelle Bemerkungen

Gräbern.65 Das ist keineswegs für sie spezifisch, sondern trifft für die Mehrzahl der materiellen Hinterlassenschaften der altägyptischen Kultur zu. Die Ursache ist eine doppelte. Einerseits hat sich die archäologische Forschung in Ägypten lange auf Gräber mit ihren guten Erhaltungsbedingungen und reicher Fundausbeute konzentriert. Siedlungsgrabungen waren dagegen wenig beliebt und sind erst mit einiger Verspätung wirklich in Gang gekommen. Hauptursache für das Ungleichgewicht in der Fundverteilung ist jedoch ein anderes. Im Grab werden Dinge mit der dezidierten Absicht niedergelegt, daß sie dort, beim Toten, bleiben sollen. Von diesen Objekten sind also diejenigen, die nicht entweder vom Zahn der Zeit zerstört oder durch gezielten Raub entfernt wurden, bei der Auffindung durch den modernen Forscher auch vorhanden. In Siedlungen dagegen laufen die Leute zwar an sich täglich mit ihren Objekten am Körper herum bzw. bewahren sie in ihren Häusern auf, dies ist aber keine dauerhafte Deponierung, wie man sie dann später ausgraben kann. Nur was einem entweder gegen den eigenen Willen verloren geht oder so beschädigt ist, daß eine Reparatur nicht mehr lohnt, bzw. sonst seinen Wert und Nutzen verloren hat, bleibt normalerweise in Siedlungen zurück; z.B. zerbrochene Keramik oder abgenagte Knochen. Lediglich im Falle großer Katastrophen kann es vorkommen, daß die Einwohner um ihr Leben fliehen und ihren Besitz in den Wohnungen zurücklassen müssen, wo er dann im für die Archäologen günstigsten Fall so von Erdschichten bedeckt wird, daß darunter die Objekte erhalten bleiben. Für Ägypten ist ein solcher Fall etwa das spätantike Kellis in der Oase Dachla, wo die Einwohner anscheinend in aller Eile vor einer Sanddüne fliehen mußten.66 Dort hat man auch große Mengen Hausrat gefunden. Gerade Amulette sind aber diejenigen Objekte, die man zuallerletzt zurückläßt. Wenn man sie nämlich üblicherweise am Körper trägt, führt man sie automatisch bei jeder Flucht mit sich; und gerade dann wird man ihren Schutz besonders nötig fühlen und sie sicher nicht von sich werfen.67 Immerhin sind in Ortslagen mit größeren Ausgrabungsflächen wie Amarna durchaus Amulette gefunden worden.68 Nimmt man zu dieser ohnehin sehr ungünstigen Ausgangslage noch hinzu, daß in Ägypten im Grab im trockenen Wüstenklima die Erhaltungsbedingungen erheblich besser als in Siedlungen sind, die meist unter dem rezenten Überschwemmungsniveau liegen, dürfte klar werden, warum man auf der archäologischen Seite schwerpunktmäßig mit Grabfunden operieren kann. Das bringt aber ein wichtiges Problem ins Spiel, das man sich klar vor Augen stellen sollte. Grabbeigaben stellen eine bewußte Selektion dessen dar, was in einer Kultur tatsächlich umgelaufen ist; und die Gründe für diese Selektion können vielfältig sein.69 Selbst in einer Kultur wie der ägyptischen, wo die

65

MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 26 f. So nach Olaf Kaper, mündlich. 67 Vgl. FARAONE, Transformation, 59–60 für Amulette, die Opfer des Vesuv-Ausbruchs auf der Flucht bei sich trugen. 68 BOYCE, Collar; GYŐRY, Amarna Amulets; STEVENS, Private Religion, 29–77 (die Abgrenzung zu anderen Kategorien von Kleinfunden wäre gelegentlich diskussionsbedürftig). 69 Vgl. EGGERS, Einführung, 265; UCKO, Ethnography; ROSSBERGER, Schmuck, 17–25. 66

1.5 Spezifische Gegebenheiten der Überlieferung

15

Quellenlage verhältnismäßig gut ist, kann man nicht davon ausgehen, diese Gründe immer zu kennen. Ein wesentlicher Punkt ist sogar für die Ägyptologie mehr als für viele andere archäologische Wissenschaften relevant. In einer etwas kurzschlüssigen Analyse hat man postuliert, daß alle Objekte, die im Grab deponiert wurden, einzig und allein einem Ziel dienten, nämlich der Wiedergeburt des Bestatteten. Hauptproponenten derartiger Ideen waren zunächst Christiane Desroches-Noblecourt in Frankreich70 und darauf aufbauend Wolfhart Westendorf in Deutschland.71 Ihre Grundannahme ist nie begründet worden – sie galt sozusagen als Axiom. In der Praxis hat das zu vielen Theorien geführt, die derzeit in der Ägyptologie eine gewisse Dominanz haben, aber meiner Ansicht nach sehr heikel sind. Insbesondere bei Westendorf bekommt der Begriff „Wiedergeburt“ eine sehr sexuelle Konnotation; er sucht überall in der Dekoration von Gräbern danach, welche Szenen man als verschlüsselte Darstellung von erotischen Intentionen auffassen kann, bei denen dann üblicherweise der Grabinhaber sich selbst mit seiner eigenen Frau im Jenseits neu zeugen soll – wie die Frau selbst zu einer neuen Existenz kommt, bleibt dabei ungeklärt.72 Andere Forscher gehen mit ähnlichen Prämissen auch an die Kleinfunde aus Gräbern und sehen dann selbst in so evident alltagsmäßigen Objekten wie Spiegeln Werkzeuge der Wiedergeburt.73 Nun sollte einerseits evident sein, daß das Thema der Funerärreligion in Ägypten vorrangig ganz andere Themen umfaßt als ausschließlich die Wiedergeburt.74 Zudem kann man, auch unter Nutzung der Erfahrungen sonstiger archäologischer Disziplinen, ganz andere Überlegungen darüber anstellen, was aus welchen Gründen ins Grab kommt.75 Relevant sind vor allem folgende Themen: − Tracht, also einfach diejenigen Objekte, die eine Person zu Lebzeiten bei sich getragen hat; entweder alltäglich oder als Bestandteil einer besonders noblen Festtagstracht, falls man bei der Bestattung auf ein besonders eindrucksvolles Äußeres Wert gelegt hat.76 Viele der in diesem Buch behandelten Amulette können zu dieser Kategorie gehören.

70

DESROCHES-NOBLECOURT, Leben und Tod. WESTENDORF, Kammer der Wiedergeburt. Widerspruch bei BUCHBERGER, Sexualität und Harfenspiel; WIDMAIER, Landschaften, 51 f. In neuerer Zeit in diese Richtung geht insbesondere ANGENOT, Hermeneutique; DIES., Method; kritisch dazu WIDMAIER, Bilderwelten, 496–504. 72 Zur Interpretation vieler Bildtypen in diesem Sinne vgl. die kritischen Bemerkungen von VAN WALSEM, Iconography, 72–80. Vgl. hinsichtlich einer sexuell verstandenen Wiedergeburt für Frauen (ohne Bezug zu angeblich chiffrierten Darstellungen) COONEY, Female Rebirth, wo ich allerdings insbesondere hinsichtlich der angeblich absichtlichen Präsenz maskuliner Pronomina in Texten für Frauen (10 f.) skeptisch bin, vgl. detailliert kritisch zu Cooney M. SMITH, Following Osiris, 212–216. 73 DERRIKS, Miroirs, 59–71; kritisch dazu QUACK, Das nackte Mädchen, 51–64. 74 Hier mag es genügen, auf ASSMANN, Tod und Jenseits, zu verweisen, wo sauber anhand der Originalquellen gearbeitet ist. 75 Methodisch wichtig ist hier für die Ägyptologie PINCH, Redefining. Vgl. jetzt die Diskussion von GRAJETZKI, Tomb Treasures, 6–15. 76 SEIDLMAYER, Ikonographie des Todes, 231–240 71

16

1 Generelle Bemerkungen

− Sozialstatus, also Objekte, die im Grab deponiert werden, weil sie wesentlich markieren, zu welchem Beruf bzw. welcher Klasse der Verstorbene gehört77 – insbesondere bei höherer Stellung wird er Wert darauf gelegt haben, dies so klar zu definieren, daß er im Jenseitsleben nicht etwa ungebührlich tiefer gestellt wird. Hier zu erwähnen sind z.B. Stäbe, die in Ägypten als Autoritätszeichen für Würdenträger galten.78 Potentiell hierhin gehören könnten auch literarische Handschriften, mit denen sich der Besitzer einerseits als Mitglied der schreibkundigen Elite ausweisen kann, andererseits als Teil einer „leisure-class“, die Zeit für nicht unmittelbar berufs- und erwerbsrelevante Lektüre hat.79 − Dinge von direktem Nutzen im Jenseits. Hierhin gehören z.B. Beigaben von Nahrungsmitteln, die der Verstorbene nach ägyptischen Vorstellungen für seine Ernährung brauchte. − Objekte der alltäglichen Lebenswelt, die auch im Jenseits von Nutzen sein sollen, sofern man sich das Leben nicht essentiell verschieden von der Existenz auf Erden vorstellt. Dies betrifft etwa viele Gefäße, Kleidungsstücke oder Möbel. − Abbilder oder Modelle von solchen Beigaben sowie Produktionswerkstätten. Hier sind etwa die bekannten Holzmodelle insbesondere aus Gräbern des Mittleren Reiches zu nennen.80 Mit einiger Wahrscheinlichkeit ist dies auch zumindest eines der Motive für die Anbringung von Szenen landwirtschaftlicher oder handwerklicher Produktion überhaupt in Gräbern.81 − Persönliche Lieblingsgegenstände, die man nicht missen will. Diesen Punkt muß man mit in Rechnung stellen, auch wenn er besonders schwer konkret nachzuweisen ist. Aus dem Grab des Tutanchamun sind immerhin einige Objekte erhalten, auf denen schriftlich vermerkt ist, wie der Prinz bzw. König sie genutzt bzw. sogar selbst gewonnen hat.82 − Erinnerungsstücke an Familienmitglieder. Faßbar ist dies am besten im Grab des Tutanchamun, das z.B. eine inschriftlich als solche notierte Haarlocke der Teye sowie eine Statuette Amenhoteps III. enthielt.83 − Ritualobjekte, die bei den Zeremonien der Beisetzung eine Rolle gespielt haben und deshalb nach den innerkulturellen Vorstellungen nicht mehr für eine Alltagsnutzung in Frage kamen; allerdings werden diese oft nicht im Grab selbst deponiert, sondern in umliegenden Gruben. Erinnert sei etwa an die Gruben, in denen

77

Vgl. M. SMITH, Following Osiris, 10 mit den dort Anm. 10 gegebenen Referenzen. Vgl. auch HASSAN, Stöcke, 114–122, der m.E. zu sehr den Einsatz bei Wanderungen im Jenseits betont. 79 Vgl. die Diskussion der möglichen Motive bei PARKINSON, Reading, 127–130 sowie zum Selbstverständnis der Schreiber RAGAZZOLI, Weak hands. 80 Vgl. besonders BREASTED JR., Servant Statues; WINLOCK, Models of Daily Life. 81 HERB, Ikonographie. 82 BEINLICH, Zwischen Tod und Grab, 18; GABOLDE, Toutânkhamon, 483–503; KURTH, Inschriften auf den Stäben, 76–78.84. 83 CARTER, Tut=ench=Amun, 110 f., Taf. XXIVB–D. Inschriften des Behälters der Haarlocke bei ROWE, Model Coffin; BEINLICH, SALEH, Corpus, 144 f. Vgl. auch FLETCHER, MONTSERRAT, Human Hair, 404 f. 78

1.5 Spezifische Gegebenheiten der Überlieferung

17

Mumienbinden, Natron und andere Balsamierungsabfälle nahe beim Grab des Tutanchamun deponiert waren.84 − Speziell für das Jenseits angefertigte Objekte, die z.B. vor dort lauernden Gefahren schützen sollen.85 Auch in dieser Kategorie sollte man unbedingt Amulette erwarten. Für die Fragen der Amulette sind somit insbesondere der erste und der letzte Punkt von größerer Relevanz; und gerade zwischen diesen beiden Komplexen spielt sich im Kern die Interpretation der archäologisch bezeugten Amulette ab. In welchen Fällen handelt es sich um die Dinge, die man zu Lebzeiten getragen hat, und was ist speziell für das Grab konzipiert worden? Für die Beantwortung kann man teilweise auf dem aufbauen, was man aus textlichen und ikonographischen Quellen über die in Rede stehenden Amulettypen weiß, wichtig sind jedoch Beobachtungen an den Objekten selbst und ihren Zusammenstellungen.86 Speziell für die Grablege gefertigte Objekte sind oft aus Sparsamkeitsgründen so gefertigt, daß eine alltägliche Nutzung gar nicht möglich war. Z.B. können sie so dünn sein, daß sie rasch zerbrechen würden, oder gar keine substantiellen Ösen und andere Befestigungsvorrichtungen haben, mit denen man sie tragen könnte.87 Bei alltäglich getragenen Objekten88 sollte dagegen z.B. eine sorgfältige Untersuchung mit Lupe oder Mikroskop Abnutzungsspuren vom täglichen Gebrauch zeigen. Wichtig ist weiterhin die sonstige Typenfront an anderen Objekten, aus der man auch ableiten kann, ob die Beigabensitte der betreffenden Zeit insgesamt eher diesseitig oder jenseitig orientiert ist. Tendenziell gilt hierbei, daß eine mehr diesseitige Beigabenorientierung zunächst in der Frühzeit bis etwa in die fünfte Dynastie hinein, zumindest in der Provinz auch bis in die Erste Zwischenzeit üblich war,89 dann wieder im späten Mittleren Reich und der Zweiten Zwischenzeit;90 teilweise auch noch der 18. Dynastie, und schließlich in der

84

WINLOCK, Materials Used; vgl. übergreifender BUDKA, Deponierungen; EATON-KRAUSS, Embalming Caches; VON LIEVEN, Dirt, 287 f.; SMOLÁRIKOVÁ, Embalmer’s Cache; IKRAM, LÓPEZGRANDE, Three Embalming Caches; KNOBLAUCH, New Group. Vgl. VON LIEVEN, Punktierte Liturgie, 31 f. für die rituelle Deponierung einer absichtlich unbrauchbar gemachten Rahmentrommel. 85 Für abwegig halte ich die Position von MUÑOZ PÉREZ, Symbolism, 65, die meint, die Balsamierung sei ein gefährlicher und unsicherer Zustand, weil der Verstorbene noch nicht voll in die Unterwelt integriert sei, und deshalb sei der Gebrauch funerärer Amulette für die Ägypter wichtig gewesen. Tatsächlich werden ja die funerären Amulette erst nach Abschluß der reinen Balsamierung im Prozess der abschließenden Wicklungen beigegeben. Dafür hat das Reinigungszelt im Verlauf des Balsamierungsrituals seine eigenen Amulette, s. S. 322. 86 Vgl. etwa WILDE, Innovation und Tradition, 174–176. 87 Vgl. die Diskussion von GRAJETZKI, Tomb Treasures, 129–134 sowie speziell für die spätzeitlichen, meist nur aufgelegten oder mitgewickelten Amulette HÜTTNER, Mumienamulette, 3–4. 88 FALKOVITCH, Usage des amulettes geht vorrangig auf die theoretisch möglichen Trage- bzw. Anlegeweisen der Amulette ein. 89 SEIDLMAYER, Gräberfelder, 427–430; DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 64 f. 90 SEILER, Tradition und Wandel, 123–187; WILLEMS, Funerary Culture, 222–225.

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1 Generelle Bemerkungen

späteren Dritten Zwischenzeit.91 Gerade letztere stellt hinsichtlich der Beigaben aus Fayence ohnehin einen Höhepunkt der ägyptischen Amulettkultur dar.92 Zu beachten ist, daß bei der Beigabe diesseitsorientierter Amulette normalerweise geschlechtsspezifische Vorlieben auftreten, während sich im Repertoire der spezifisch jenseitigen Amulettbeigaben eine deutliche Tendenz zur Geschlechtsneutralisierung erkennen läßt.93 Neben der Orientierung an der Beigabensitte als solcher ist auch relevant, wie üppig an sich Beigaben ausfallen. Z.B. ist in der dritten und vierten Dynastie generell eine sehr sparsame Ausstattung üblich.94 Unter diesem Gesichtspunkt muß das etwa von Reisner anhand des Friedhofs von Nago ad-Dair postulierte Aufkommen von Amuletten in der fünften Dynastie95 mit einer gewissen Vorsicht aufgenommen werden; es wäre denkbar, daß erst in dieser Zeit in größerem Umfang die Objekte, die auch früher zu Lebzeiten am Leib getragen wurden, mit ins Grab gegeben wurden, statt sie auf Erden weiterzuverwenden. Die Ägypter selbst verwenden für die Ausstattung des Grabes den Oberbegriff „Dinge der Hausausstattung“ (|X.wt n grg-pr; pAbbot 4,3), wobei Gold, Silber und Ausrüstung (opr) im Sarg selbst davon getrennt wird (pAbbott 4,4). Für die Forschung an Amuletten sind geschlossene Fundkomplexe extrem wichtig, die von wissenschaftlichen Expeditionen aufgefunden und auch angemessen detailliert publiziert worden sind. Bei diesem Punkt kommt man leider zu der Einsicht, daß die Lage bei den archäologischen Funden sehr zu wünschen übrig läßt. Die allermeisten Objekte sind im Kunsthandel erworben worden – bis heute sind Auktionskataloge zu ägyptischer Kunst immer zu einem hohen Prozentsatz mit Amuletten und ähnlicher Kleinkunst gefüllt. Durch den damit verbundenen Verlust aller Informationen über ihren Zusammenhang haben sie jedoch ihren Wert weitgehend eingebüßt. Gelegentlich kann man durch die Analyse der Ikonographie allein noch gewisse Schlüsse ziehen. Wirklich wichtige Fragen etwa der Datierung, der Vergesellschaftung verschiedener Typen in einem Grab, oder auch der anthropologische Befund, lassen sich aber nicht mehr analysieren. Selbst bei archäologisch freigelegten Grabbefunden läßt oft die Dokumentation oder der Publikationsstand zu wünschen übrig. Gerade bei älteren Publikationen ist vielfach nicht präzise genug angegeben, welche Objekte genau in welchem Bereich des Körpers gefunden wurden; oder auch nur, was genau aus welchem Grab stammt. Die Amulette selbst sind meist nur in unpräzisen Zeichnungen oder undeutlichen Photographien wiedergegeben, auf denen Details schlecht zu erkennen sind. Außerordentlich wichtig wären auch gute anthropologische Untersuchungen zu Geschlecht und Alter der bestatteten Personen sowie eventuell erkennbaren Krankheiten, die man aber nur viel zu selten zur Verfügung hat.96

91

Vgl. GRAJETZKI, Burial Customs sowie den knappen Überblick in QUIRKE, Exploring Religion, 206–228. 92 Vgl. die Zusammenstellung der Belegzeiten für bestimmte Amulette bei MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 493–496. 93 DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 77 f. 94 Vgl. GRAJETZKI, Tomb Treasures, 138 f. 95 REISNER, Provincial Cemetery, 138 f. u. 141. 96 Vgl. MEANEY, Anglo-Saxon Amulets, 30–32 für einzelne Fälle, in denen Auffälligkeiten im Knochenbefund mit Präsenz von Amuletten in Gräbern korreliert werden können.

1.5 Spezifische Gegebenheiten der Überlieferung

19

Bei alledem muß man zudem im Auge behalten, daß man bei Grabfunden primär solche Typen von Amuletten findet, die relativ regelmäßig bzw. ständig getragen wurden, also mehr der generellen Prophylaxe oder allenfalls der konkreten Behandlung chronischer Probleme galten. Objekte, die nur vorübergehend zur Bekämpfung einer akuten Krise eingesetzt wurden, sind dagegen weitaus weniger zu erwarten. Dies mag auch erklären, warum die Korrelation von archäologischen Befunden und Schriftquellen oft nur so eingeschränkt gelingt, gilt doch die Hauptmasse der magischen Handbücher mit Amulettbeschreibungen eben der Behebung momentaner akuter Probleme. Neben den direkten Amulettfunden ist ein zweiter wichtiger Bereich archäologisch faßbar, nämlich die Abbildung von Amuletten am Körper im Flachbild oder auf Statuen. Dadurch besonders gut faßbar sind etwa kleine Beutelchen, die in bestimmten Epochen der ägyptischen Geschichte gerne um den Hals getragen werden – z.B. haben die meisten Könige des Mittleren Reiches so etwas auf ihren Statuen umgehängt (s.u. S. 104). Die Korrelation dieses Objektes mit konkreten Funden ist bislang noch nicht gelungen, während es etwa im Bereich von Perlen an Halsketten sehr viel besser aussieht. 1.5.2

Textquellen über Amulette

Eine erstaunlich große Menge von Texten thematisiert Amulette. Der häufigste Fall ist, daß bei religiösen oder magischen97 Sprüchen in der Nachschrift explizit angegeben wird, unter welchen Bedingungen man welches Amulett spezifisch herstellen und wie man es anlegen soll98 – die häufigste Plazierung ist sicher die am Hals des oder der Schutzbedürftigen. Bei den Textquellen sollte man grundsätzlich zwei verschiedene Typen unterscheiden, nämlich solche, die zur Deponierung im Grab gedacht waren, und solche, die als Handbücher für Ritualexperten auf Erden benutzt werden sollten. Der Unterschied ist ein erheblicher, und die Probleme sind um so größer, als potentiell Texte von dem einen in den anderen Bereich abgewandert sein könnten – hier sei nur an die leidige Frage erinnert, inwieweit etliche Sprüche des Totenbuches ursprünglich einen Sitz im Leben der diesseitigen Menschen gehabt haben.99 Ich kann das an dieser Stelle nicht vertiefen, möchte aber doch auf einige der wesentlichen Gesichtspunkte hinweisen.100 Kernpunkt ist, daß Nachschriften mit Handlungsanweisungen nur dann wirklich sinnvoll sind, wenn ein Leser intendiert ist, der mit diesen auch tatsächlich etwas anfangen kann. Für religiöse und magische Riten im irdischen Gebrauch ist es klar, daß der Ritualexperte die Handschriften nutzt und sowohl die Sprüche rezitiert als auch die Handlungen durchführt.

97 Ich behalte diese Bezeichnung bei, auch wenn mir bewußt ist, daß in der Religionswissenschaft der Begriff „Magie“ heute problematisiert wird, z.B. OTTO, Magie; DERS., Zauberhaftes Ägypten. Vgl. die Darstellung der Forscherpositionen in FRENSCHKOWSKI, Magie; HARARI, Jewish Magic, 15–203. 98 Zu diesen Handlungsanweisungen s. ESCHWEILER, Bildzauber; dazu Rezensionen von RAVEN, BiOr 53, 692–697; QUACK, WdO 28, 185–188. Vgl. jetzt auch ARROYO, Uso. 99 VON LIEVEN, Book of the Living. Vgl. hierzu auch GEE, Daily Temple Liturgy. 100 Vgl. bereits QUACK, Conceptions of Purity, 144–152; HAYS, Organization, 45–55; NYORD, On interpreting ancient Egyptian funerary texts.

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1 Generelle Bemerkungen

Bei funerären Texten, die ins Grab mitgegeben wurden, ist dagegen zunächst einmal keine derartige Nutzung gegeben. Sehr gut erkennbar ist dies an den Pyramidentexten, die als königliche Inschriften besonders sorgfältig redigiert wurden. Sie sind zum einen sämtlich – teilweise erst im Prozeß des Auftragens auf die Wand – in die dritte Person gesetzt, auch Sprüche, die eine ursprünglichere Fassung in der ersten Person gehabt haben. Zudem haben sie (mit wenigen signifikanten Ausnahmen) keinen Titel und auch keine einzige echte Nachschrift, in der beschrieben wird, welches Objekt in welcher Art zu manipulieren ist.101 Der Befund sollte einigermaßen klar sein: Für den König sind die Texte zum Rezipieren bestimmt, sozusagen eine Verewigung dessen, was bei den Beisetzungszeremonien getan wurde. Aber der tote König soll und kann nach ägyptischen Vorstellungen nicht derjenige sein, der sie selbst aktiv ausspricht (deshalb redet er nicht in der 1. Person),102 und er ist ebenso nicht in der Lage, die Rituale selbst durchzuführen (deshalb erhält er auch keine Angaben, wozu sie gut sind und was zu tun ist).103 Vielmehr soll er sie nur hören, und die Gravur an den Wänden ist sozusagen die Perpetuierung der Rezitation durch einen Ritualisten.104 In späteren Epochen wird das zunehmend anders. Sowohl in den Sargtexten105 als auch noch verstärkt in den Totenbüchern gibt es Passagen, welche die durchzuführenden Handlungen beschreiben. Grund sein mag teilweise eine mehr mechanische Kopie derjenigen Textvorlagen, die von Priestern bei der Durchführung des Rituals benutzt wurden, zum anderen wohl auch die Übernahme mancher ursprünglich diesseitiger Handlungen in die Totenliteratur.106 Bezeichnend ist, daß es im Totenbuch auch Handlungen

101 Vgl. MORALES, From Voice to Wall, 78; M. SMITH, Following Osiris, 148–151.163. Die oft als einziges Beispiel einer Nachschrift in den Pyramidentexten zitierte Stelle PT 855a–d, vgl. SETHE, Übersetzung, IV, 112 f.; GRIMM, Titel und Vermerke, 106; BUCHBERGER, Transformation, 143 f.; M. SMITH, Following Osiris, 150.176, ist m.E. etwas anders zu interpretieren und gehört in dieselbe Kategorie wie Bezüge auf Nachschriften, die sich sonst in magischen Texten innerhalb der Rezitation finden (vgl. S. 90). 102 Bezeichnend für diese Auffassung ist, daß teilweise erst in einer Korrektur ursprünglicher Gravur auf den Wänden von der ersten in die dritte Person umformuliert worden ist. Vgl. dazu MATHIEU, Modifications, 291–293; REINTGES, Oral-Compositional Form, 28–31; MORALES, From Voice to Wall, 98 f. 103 MÜLLER, Early Egyptian Guide, 100 Anm. 4. Anders etwa LUCARELLI, Gatseshen, 41 f., welche annimmt, erst mit dem Übergang von den Pyramidentexten zu den Sargtexten seien tatsächlich in substantiellem Ausmaß Spruchtitel aufgekommen. Bezeichnend ist gerade, wie PT 572a ausschließlich in der Pyramide des Teti ein sonst (bei Pepi I., Merenre und Pepi II.) fehlender Titel der Aufmerksamkeit der redigierenden Schreiber entgangen ist. Auch die Divergenzen hinsichtlich der Titelnennung zwischen Unas und Pepi II. in den Opfersprüchen PT Spruch 46–171 sind relevant. 104 QUACK, Wenn die Götter zuhören, 134–137. Vgl. MORALES, Text-building. 105 M. SMITH, Following Osiris, 198–202. 106 Die Position von KEES, Totenglauben, 160 f., man habe aufgrund des Gewirrs religiöser Vorstellungen nach dem Ende des Alten Reiches diese Angaben gebraucht, ist jedenfalls hinfällig; zur Kritik an Kees’ methodischem Ansatz vgl. WILLEMS, Textes des sarcophages, 131–228; DERS., Funerary Culture, 124–229. Vgl. FITZENREITER, (Un)zugänglichkeit, 181 mit der skeptischen Frage, wie ein Verstorbener Sprüche aussprechen solle.

1.5 Spezifische Gegebenheiten der Überlieferung

21

gibt, die der in der 2. Person angeredete Nutznießer selbst durchführen soll, was nur sinnvoll ist, wenn er zu diesem Zeitpunkt noch lebt. Ohne dieser Frage die an sich nötige weitere Vertiefung geben zu können, sei doch das Wesentlichste herausgestrichen: Änderungen in der Art und Häufigkeit der Nennung von Handlungen mit Amuletten in diesen Textkorpora müssen keineswegs unmittelbar chronologische Änderungen in der Amulettverwendung an sich widerspiegeln; es können auch ganz andere Ursachen relevant sein, die eher rein in der Stilisierung der Texte liegen. Eine weitere Gruppe von Textquellen hat bislang in der Forschung über Amulette kaum eine Rolle gespielt, nämlich monumentale Opfertableaus. Gerade in den Tempeln der griechisch-römischen Zeit gibt es aber eine ziemliche Menge von Szenen, in denen den Gottheiten Pektorale und andere Amulette angelegt werden. Durch die Anpassung an die formalen Schemata von Opferszenen haben diese Quellen ihren eigenen Aufbau, der sich von dem normaler Ritualhandbücher nicht unwesentlich unterscheidet. Es gibt als Handlungsangabe nur einen kurzen Titel, etwa „Das Pektoral umlegen, Worte sprechen“; also keine elaborierte Nachschrift. Dafür ist neben dem Rezitationsspruch des Königs als Offizianten auch eine Erwiderung des Gottes angegeben, welche die religiösen Konzeptionen sozusagen von der anderen Seite ausleuchtet. Normalerweise enthalten sie eine Verheißung, die sich sachlich im Bereich bewegt, dem auch die Gabe des Königs zugeordnet wird. Zudem gibt es noch in der dritten Person formulierte Randkolumnen, auf der einen Seite für den Gott, auf der anderen für den König.107 Einige sehr umfangreiche magische Rituale, insbesondere die Bücher „Schutz der Glieder“ und „Schutz des Hauses“ sind in nur oberflächlicher Anpassung an den Aufbau derartiger Opfertableaus ziemlich originalgetreu auf uns gekommen. Der Vorteil der Textquellen besteht vor allem darin, daß man die Beschreibung des Objektes, der an ihm vollzogenen spezifischen Handlungen und die nach Ausweis der zu rezitierenden Texte relevanten religiösen Konzeptionen alle beisammen hat. Damit bieten sie primär mehr Informationen als der archäologische Befund, in dem meist nur das Objekt selbst vorliegt; allenfalls noch mit wenigen Zusatzinformationen, die sich etwa aus seiner Lage erschließen lassen. Insbesondere für die symbolische Bedeutung der Amulette können sie weiterhelfen. Mehrfach bieten sie Informationen, die eher etwas überraschend sind bzw. Anwendungsweise und Nutzen, auf den man rein anhand einer assoziierenden Betrachtung des Bildtyps kaum gekommen wäre, oder sie sind zumindest erheblich spezifischer, als man lediglich den Bildmerkmalen nach erwartet hätte. Dieser Vorteil wird allerdings durch erhebliche Nachteile des textlichen Befundes wieder aufgewogen. Zunächst einmal sind die betreffenden Textquellen primär theoretische Texte – man kann sich keinesfalls darauf verlassen, daß ihre Vorgaben im konkreten Einzelfall eins zu eins umgesetzt wurden; dies ist sogar relativ unwahrscheinlich. Wie das Verhältnis der kanonisch gewordenen Texte etwa des Totenbuches zu den realen Bestattungsbräuchen war, ist nicht immer leicht zu eruieren.

107

Zum grundsätzlichen Aufbau von Opferszenen vgl. besonders WINTER, Untersuchungen.

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1 Generelle Bemerkungen

Die Chronologie kann ein erhebliches Problem werden. Viele Texte sind über sehr lange Zeiträume hin in Gebrauch geblieben, während die real gefundenen Amulette sich nicht unerheblich gewandelt haben. Zusätzliche Unsicherheiten entstehen dabei hinsichtlich der Frage, wie das Verhältnis der erhaltenen Niederschriften zum Datum der Komposition an sich zu bewerten ist. Speziell für solche Kompositionen, die nicht standardmäßig ins Grab beigegeben wurden, sind die Zufälligkeiten der Erhaltung oft von begrenztem Wert für die Datierung der Entstehung an sich. Für welche Epochen dann etwa magische Rituale spät bezeugter Papyri tatsächlich als normale Praxis gelten können, ist ein ernstes Problem. Schließlich sollte man beachten, daß die Vorstellungen der Alten Ägypter über bestimmte Amulette nicht zwingend über 3000 Jahre dieselben geblieben sein müssen. Man kann keineswegs ausschließen, daß Konzeptionen sich wandeln und dann auch Texte umgeschrieben oder ganz neu verfaßt werden. Jedenfalls gibt es einige Fälle, in denen Forscher bereits Mißtrauen geäußert haben und meinten, anhand vorrangig archäologischer Kriterien für die ältere Zeit zu anderen Deutungsansätzen zu kommen als denen, die in später auftauchenden Texten nahegelegt werden (vgl. S. 197–200). Hinzu kommt noch ein grundsätzliches Problem hinsichtlich der Explizitheit der Angaben. Für viele Sprüche etwa des Totenbuches gibt es zwar Vignetten, aber keine Nachschriften mit genauen Handlungsangaben. Für manche im archäologischen Befund nicht seltenen Amulette fehlt es sogar ganz an normativen Texten, die etwas über ihre Verwendung sagen würden. In solchen Fällen müssen sorgfältige Beobachtungen der Fundlagen und typischen Kombinationen weiterhelfen, allzuoft tritt in der Forschung an deren Stelle jedoch ein freies Raten anhand subjektiver Assoziationen, die einmal aufgebracht dann nicht selten ein zähes Leben in der Sekundärliteratur führen können. Hauptsächliche Methode von Forschern, welche sich auf diesem Gebiet versuchen, sind die natürlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen der Objekte bzw. Tiere, welche als Amulette abgebildet werden.108 Dieses Verfahren ist ausgesprochen riskant,109 da es meist ohne weitere Reflektion davon ausgeht, daß diejenigen Assoziationen, welche wir mit bestimmten Tieren verbinden, auch diejenigen der alten Ägypter waren.110 Dies kann nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden, und gelegentlich läßt sich sogar das Gegenteil nachweisen. Z.B. ist für uns Heutige der Esel zuallererst ein Symbol für Dummheit. Dagegen haben die Ägypter ihn einerseits als dasjenige Tier betrachtet, das zuerst Wissen erlangt hat,111 daneben auch noch als sexuell besonders aktiv (Chascheschonqi 24, x+10).

108

Ein rezentes Beispiel ist DAVID, Hoopoes. Ein gutes Beispiel dafür, wie Interpretationen, die ägyptologisches Basiswissen und intuitive Betrachtung von Bildern als Grundlage nehmen, komplett schiefgehen können, liefert SCHLÖGL, Gebet zur Genesung, dessen Deutungen sich allesamt als unzutreffend erweisen, sobald man erkennt, daß auf dem von ihm publizierten Objekt vielmehr die Dekane in der „dämonischen“ Bildform (vorwiegend als Schlangen und löwenköpfige Gottheiten) darstellt sind (vgl. S. 232–233). 110 Kritisch dazu z.B. BUSSMANN, Provinztempel, 215–217; ders., Votive Objects, 80–83. Vgl. für die Tiere jeweils auch VERNUS, YOYOTTE, Bestiaire, das ich jedoch aufgrund seines weitgehenden Fehlens genauer Referenzen nicht weiter herangezogen habe. 111 Vgl. QUACK, Initiation, 260. 109

1.5 Spezifische Gegebenheiten der Überlieferung

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Eine Spezialität sei an dieser Stelle noch eigens erwähnt, nämlich bewußte Zusammenstellungen von Amuletten, oft mit der Angabe sowohl ihres Namens als auch ihres Materials, meist zusätzlich mit Bildern. Zuerst nennen möchte ich eine Mustertafel für Amulette im Museum Berlin (Berlin ÄM 20600).112 Sie ist aus Holz gefertigt; darin sind 15 verschiedene Amulette vorgezeichnet und mit Farbsteinen sowie teilweise Gold ausgelegt. In einer der osirianischen Dachkapellen des Tempels von Dendera ist eine listenmäßige Zusammenstellung der 104 Amulette mit Bild und Materialangabe zu finden, die bei der Bestattung der Effigie des Gottes Verwendung finden (Dendara X, 399–401; Taf. 241, s. S. 254 f.). Eine andere, im großen Choiaktext von Dendera überlieferte Amulettliste nennt nur 14 verschiedene Objekte (Dendara X, 34,10–13.48,12 f., s. S. 253). Als Informationsquelle für diese Amulette wird dabei ein Buch namens tmm.t genannt, das auch aus dem Balsamierungsritual des Apisstiers als Referenzwerk bekannt ist,113 uns aber nicht selbst erhalten ist. Weiterhin gibt es im spätzeitlichen Papyrus MacGregor, einem Totenbuch aus Achmim, auf der Rückseite eine listenförmige Zusammenstellung von Amuletten mit Angabe der jeweiligen Anzahl. Dabei handelt es sich um eine Komposition, die enge Beziehungen zu dem sogenannten Goldamulettext hat, einer Zusammenstellung von Ritualsprüchen zur Präsentation von Amuletten (s. S. 269–251). Schließlich ist im ptolemäerzeitlichen Papyrus BM 10098 auf dem letzten Blatt eine Skizze überliefert, auf der Amulette in ihrer idealen Position dargestellt werden (s. S. 252) – offensichtlich auf einer Mumie, auch wenn keine konkreten Körperumrisse eingezeichnet sind. Bei der Konfrontation dieser Textquellen mit den real archäologisch faßbaren Amuletten ist allerdings ein wesentlicher Punkt zu beachten: Der größere Teil der Textzeugnisse (abgesehen von den funerären Kompositionen) behandelt Amulette bzw. Begleitobjekte einer Zauberhandlung, die vorwiegend der Behebung einer spezifischen Krise dienen, sei es eine Krankheit oder Verletzung, sei es eine akute Gefahr. Die in ihnen beschriebenen Amulette sind folglich nicht solche, die auch regulär und dauerhaft am Leib getragen wurden bzw. spezifisch für die Beisetzung darauf gelegt wurden, und damit ist schon von vornherein zu erwarten, daß es keine allzu gute Korrelation zwischen den textlich beschriebenen und den konkret gefundenen Amuletten gibt, die ja vorrangig aus Gräbern stammen. An dieser Stelle erwähnt seien auch zwei Passagen aus spätramessidischen Briefen vom Ende der 20. Dynastie, die eventuell von Amuletten und ihrer Versendung an Nutzer sprechen, auch wenn die Details keineswegs sicher sind. Beide wurden vom Schreiber Butehamun an seinen Vater, den Schreiber Djehutimes alias Tjaroy, geschickt. pGenf D 407, vs. 3–5 (LRL 15,5–7)114 lautet: Xr-m-ôy p# h(#)b |:|r+=k n=| (n) t# mô.t n p#| ... (|)n sw m-ô+=k (|)n #Q p# |:|r+=f |.n=k bw-pw=f #Q sw m-ô+=| „Sowie aber (betreffend) die Nachricht, die Du mir geschickt hast über die Angelegenheit dieses (Zeichens der)

112 MÖLLER, Musterbrett; ROEDER, Ägyptische Inschriften, Bd. II, 312. HANUS, Archivbestände, 6, Abb. 5 bietet ein altes Photo und gibt an, das Stück sei seit Ende des zweiten Weltkriegs vermißt. 113 QUACK, Zwei Handbücher. 114 Übersetzung und Kommentar WENTE, Late Ramesside Letters, 33.37 Anm. j.

24

1 Generelle Bemerkungen

Roten Krone: ‚Ist sie bei dir (oder) ist sie verloren gegangen?‘ – so sagtest Du. Sie ist nicht verloren gegangen. Sie ist bei mir.“ Dabei ist die Form einer Roten Krone als relativ elaborierte Zeichnung geboten.115 pBM 10441, vs. 3-5116 lautet: | t# mô.t n p# ... |w @+=| n=k |w=k m Xnt| Hr t#y=k So.t | t# mô.t n p# … |:@ô=k n=| (|)n sw (#)Q (|)n sw m-ô+=k Hr=s |:h(#)b n=| |:|r+=| @+.t |w+=s n=k m #bô 1 Smw sw 2 „Betreffend die Angelegenheit der (Zeichnung von) zwei Nilpferden und einer Keule,117 die ich Dir gab,118 als Du nach Süden fuhrst, in deinem Brief, (und) betreffend die Angelegenheit der (Zeichnung von) zwei Roten Kronen, von der Du mir sagtest ‚Ist es verloren gegangen oder ist es bei Dir, in ihm (dem Brief)? Schreib mir!‘ Ich habe es dir am zweiten Payni geschickt.“. Weiss und vor ihr bereits Janssen beziehen diese Passagen auf Amulette, die speziell nach Weiss auf Reisen getragen wurden.119 Die Interpretation ist allerdings in den Details heikel. In der konkreten Situation befand sich Djehutimes im Gefolge des Generals Pianch auf einem Feldzug nach Nubien.120 Er hätte demnach das Amulett noch während seines Aufenthalts in der Ferne zurück an seine Familie geschickt. Eine Rote Krone als dreidimensionales Amulett ist für die betreffende Zeit bislang nicht bezeugt; tatsächlich gehören derartige Amulette spezifisch in die 26. Dynastie.121 Für ein Amulett mit zwei antithetisch angeordneten Nilpferden und einer Keule kenne ich überhaupt keine reale Bezeugung. Bemerkenswert ist auch pWien KM ÄS 10321, rt. 4,1–7,4, eine Liste mit Amuletten und Schmuckstücken im Besitz des Schreibers Thutmosis vom Ende der 20. Dnyastie.122 Genannt werden Udjat-Augen, Siegel und Götterfigurinen ebenso wie vegetabile Motive (z.B. Lotusblüten). Eine knappe Liste von Schmuckstücken findet sich auch auf oTurin CGT 57558, das möglicherweise ins Mittlere Reich datiert.123 Dort sind insbesondere Perlen erkennbar.

115

Vgl. das Faksimile bei ČERNY, Late Ramesside Letters, 15a sowie das Photo bei JANSSEN, Ramesside Letters, Taf. 64. Angesichst des maskulinen Demonstrativpronomens kann das Kronenzeichen nicht einfach als (feminines) n.t gelesen werden. 116 Edition und Übersetzung JANSSEN, Ramesside Letters, 12 f., Taf. 3 f. Vgl. POLIS, ROSMORDUC, Hieroglyphic Sign, 159–160. 117 JANSSEN, Ramesside Letters, 14 deutet die Zeichnung als zwei Nilpferdköpfe, die an einer Schnur herabhängen, an deren Spitze mutmaßlich ein Gegengewicht gezeichnet sei. Dagegen versteht WEISS, Private Religion, 164 Anm. 1345 die Stelle als Schreibung der Nilpferdgöttin [email protected], verfälscht aber den Befund, da sie t# [email protected] schreibt, wärend der Originaltext eindeutig den maskulinen Artikel p# zeigt. Ich erkenne ein liegendes nach rechts blickendes Nilpferd, hinter dem ein weiteres, nach links blickendes dargestellt ist, von dem aufgrund der Staffelung nur der Kopf gezeichnet ist. Ein in der Mitte darüber gelegtes Zeichen dürfte am ehesten mit Weiss als die H@-Keule zu erkennen sein. 118 So übersetze ich in der Annahme, daß scheinbares |w @+=| für die Relativform |:@+=| steht. 119 JANSSEN, Ramesside Letters, 14; WEISS, Private Religion, 164. Ähnlich auch schon KAPLONY, Stab des Thot, 318 f. 120 Vgl. WENTE, Late Ramesside Letters, 8 f. 121 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 368. 122 HÖLZL, NEUMANN, DEMARÉE, Notebook, 14–16. 123 LOPEZ, Ostraca ieratici 4, 43; Taf. 180.

1.6 Alters-, geschlechts- und schichtspezifische Amulettsitten

25

Metatexte, die auf theoretischer Ebene über Amulette und ihre Wirksamkeit sprechen, sind aus Ägypten nur wenige bekannt. Dies hängt damit zusammen, daß Kommentartexte und explizit diskursive Kompositionen in Ägypten ohnehin generell wenig üblich bzw. uns selten erhalten sind. Bei weitem der wichtigste ist der sogenannte „Mythos vom Sonnenauge“, eine umfangreiche demotische Komposition.124 Seine Rahmenhandlung besteht darin, daß die Tochter des Sonnengottes sich von ihrem Vater entfernt hat und als Katze in Nubien lebt. Sie wird von einem Hundsaffen zurückgeholt. Dabei unterhalten sich die beiden über Gott und Welt und diskutieren auch viele theologische Probleme, insbesondere die Fragen ihrer eigenen religiösen Zuordnung und Bedeutung. In einem Abschnitt wird die grüne Farbe von Papyrus und Malachit thematisiert, welche auch für die unterschiedlichen Lebenswelten des Fruchtlandes Ägyptens und der Berge in der Wüste stehen (6,3–30). Dabei wird dann die Bedeutung angesprochen, welche sowohl der Papyrus als auch Amulette aus grünem Stein für die Besänftigung der Gefährlichen Göttin haben können (6,6–9; s. S. 192). Eine andere Passage behandelt die Bedeutung der Göttin im Zusammenhang der Geburt (8,23–9,2; s. S. 239).125 Es werden besonders Schutzamulette für die Gebärende in ihrer Not beschrieben und ihre theologische Verbindung zur Göttin geklärt.

1.6

Alters-, geschlechts- und schichtspezifische Amulettsitten

1.6 Alters-, geschlechts- und schichtspezifische Amulettsitten

Primär aus dem archäologischen Material zu behandeln ist die Frage, ob es je nach Alter, Geschlecht und sozialer Zugehörigkeit unterschiedliche Amulettsitten gab. Wichtig für die Beantwortung sind vor allem verläßliche anthropologische Analysen von Bestattungen, bei denen der Körper mit Amuletten gefunden wurde. Leider ist das verfügbare Material relativ begrenzt, dennoch zeichnen sich Tendenzen ab. Besonders häufig scheinen Amulette in Gräbern von Kindern gewesen zu sein. Gerade wenn man annimmt, daß es sich dabei um zu Lebzeiten getragene Objekte handelt, überrascht dieser Befund nicht. In allen antiken Kulturen waren Kinder, insbesondere jüngere Kinder, einer hohen Sterblichkeitsrate unterworfen.126 Entsprechend groß wird die Tendenz der Eltern gewesen sein, durch Anhängen von Amuletten die Lebenschancen ihrer eigenen Sprößlinge zu erhöhen.127 Auch ikonographisch sind Kinderdarstellungen mit Amuletten faßbar.128

124

Überblick mit Literaturangaben QUACK, Einführung3, 160–172; Übersetzung in HOFFMANN, QUACK, Anthologie2, 206–240. Eine Neubearbeitung unter Einschluß zahlreicher unpublizierter Handschriften durch ein internationales Team ist in Vorbereitung. 125 Vgl. auch GUERMEUR, Faucon, 180. 126 SCHEIDEL, Death on the Nile, 30–32. 127 Vgl. kulturübergreifend PLOSS, RENZ, Kind, Band 1, 122–144 (dort 31–37 Schutz der schwangeren Frau); Band II, 40–45; spezieller für das antike Griechenland DASEN, Probaskania; DIES., Body, 129–131; FARAONE, Transformation, 27–35.47–53. 128 Zu Amuletten für Kinder s. MARSHALL, Être un enfant, 194–225.

26

1 Generelle Bemerkungen

Die konkreten Details können aber durchaus variabel sein, so sind in der mittelägyptischen Qau-Region in manchen Epochen die Frauen-, in anderen die Kindergräber am häufigsten mit Amuletten versehen. Dabei ist der Anteil bei Kindern stärkeren Fluktuationen ausgesetzt. Der Anteil bei erwachsenen Männern liegt stets merklich niedriger.129 Bei Amuletten für Kinder wird man neben der Bedeutungszuweisung durch erwachsene Mitglieder der Elite auch in Betracht ziehen müssen, inwieweit sie für die Kinder selbst als „Spielzeug“ interessant waren, gerade die figürlichen. Textlich sind derartige Spezialisierungen nur gelegentlich zu fassen. Das wohl beste und interessanteste Beispiel findet sich in einem illustrierten magischen Papyrus der Spätzeit (pBrooklyn 47.218.156; s. S. 111–114).130 Er enthält zwei ausführliche Sprüche, jeweils mit zugehöriger Vignette, von denen der erste sich mit einer Besgestalt mit neun Köpfen, der zweite mit einer Besgestalt mit sieben Köpfen beschäftigt. Nach expliziter Angabe der Nachschriften ist die neunköpfige Version spezifisch zum Schutz von Frau und Kind (x+3,7), die siebenköpfige spezifisch zum Schutz des Mannes (x+5,7) gedacht. Aktuelle archäologisch faßbare Belege für derartige vielköpfige Besfiguren schließen sich im Zweifelsfall übrigens normalerweise eher an die Ikonographie des neunköpfigen an – der Bedarf für Frauen und Kinder scheint also der höhere gewesen zu sein. Daneben gibt es in den sogenannten „Zaubersprüchen für Mutter und Kind“ des Papyrus Berlin P 3027,131 dem pBrooklyn 47.218.2132 sowie weiteren thematisch verwandten Beschwörungen spezifische Angaben über Amulette, die für die Frau in der Situation der Schwangerschaft oder für das Kleinkind angefertigt werden sollen – der Geburtsakt selbst wird in keinem dieser Texte behandelt. Damit korrespondiert wohl, daß in der zweiten Setne-Erzählung 1,6 spezifisch angegeben wird, wie Setne seiner Frau ein Amulett umbindet, sobald sie schwanger ist.133 Möglicherweise wird Admonitions 5,7 f. von (Götter)bildern und Amuletten gesprochen, welche sich an „kleinen“ Personen (also Kindern) befinden, allerdings ist die Deutung der Stelle mit einigen Unsicherheiten verbunden.134 Über die Amulette einer Frau, und angesichts des gewählten Terminus Xm.t „Kleine“ wohl eines Kindes oder einer Halbwüchsigen, berichtet ein frühdemotischer Brief aus

129 DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 26–28; ARROYO, Papel. Vgl. auch QUIRKE, Exploring Religion, 25, der vermutet, die betreffenden Personen hätten nicht lange genug gelebt, um Pubertätsoder Geburtsrituale zu erleben. Vgl. aus anderen Zeiten und Regionen PAULI, Keltischer Volksglaube, 181–213. 130 Publikation SAUNERON, Papyrus magique illustré; zum ersten Spruch vgl. weiter QUACK, Papyrus Carlsberg 475. Neubearbeitung mit zusätzlichen Fragmenten O’ROURKE, QUACK, New Fragments, in Druck. 131 YAMAZAKI, Zaubersprüche. Vgl. FARAONE, Transformation, 35–40.47–53 für speziell von Frauen getragene Amulette im antiken Griechenland. 132 Publikation durch Ivan Guermeur in Vorbereitung; vgl. den Vorbericht GUERMEUR, Papyrus hiératique iatromagique. 133 GRIFFITH, Stories, 43.144 f. 134 Vgl. ENMARCH, World Upturned, 107 f.

1.6 Alters-, geschlechts- und schichtspezifische Amulettsitten

27

Saqqara.135 Sie besitzt Amulette, die im Dromos des Imhotep-Tempels hergestellt wurden. Da sie erkrankt, schickt sie die Amulette einem Mann, der sich oben am Felskliff befindet und von dem erwartet wird, daß er die Amulette „schützt“, d.h. eventuell mit zusätzlicher Wirkung versieht. In den Details bestehen erhebliche Verständnisschwierigkeiten. Für Frauen bestimmte Amulette müssen keineswegs spezifisch von Frauen ausgewählt worden sein. Im Falle der „Geburtsamulette“ (s#.w n ms+), über deren Verkauf wir aus Ostraka aus Deir el-Medineh wissen, waren die Geschäftspartner, wo der Zusammenhang noch erhalten ist, konkret Männer.136 Zu beachten ist auch oNash 6 (HO 56, 1 = BM 65936), Z. 9, wo ein Mann unter den Besitztümern, die er (eventuell für die Anbahnung einer Eheschließung)137 ins Haus einer Frau gebracht hat, auch ein Udjat-Auge aus Karneol erwähnt, das mit bwy eingefaßt ist. An einer klaren Unterscheidung im Gebrauch von Amuletten je nach sozialen Schichten wage ich eher zu zweifeln. Zumindest fällt es nach den objektiven Befunden schwer, eine amulettgläubige ungebildete Unterschicht von einer aufgeklärten Elite zu unterscheiden.138 Im Gegenteil, eher ist greifbar, daß Dinge zuerst in der Elite aufkommen, und sich dann von dort aus verbreiten. Der konkrete archäologische Nachweis wird dadurch erschwert, daß die besonders reichen Gräber der Elite immer diejenigen sind, die am intensivsten beraubt wurden, und folglich auch diejenigen, von deren Ausstattung heute am wenigsten zu fassen ist. Dennoch sind einige Glücksfälle instruktiv. Etwa die wohl bekannteste Grabausstattung Ägyptens überhaupt, nämlich die des Königs Tutanchamun, enthielt Amulette in einer Quantität, die zeitgleiche Privatbestattungen deutlich übertrifft, und ist zudem für viele Typen, die man in späterer Zeit aus Bestattungen normaler Privatpersonen kennt, derzeit der früheste Beleg. Amulettpräsenz im königlichen Bereich dokumentiert für die 17. Dynastie auch der pLeopold II/pAmherst, in dem ein aus der späten 20. Dynastie stammendes Geständnis von Dieben erhalten ist, daß sie das Grab des Königs Sechem-Re-Sched-Tawi Sobekemsaf beraubt haben.139 Dabei fanden sie an seinem Hals viele Amulette (w@#.w) und Ausrüstungsgegenstände (opr.w) aus Gold (2,13.16.18). Weiterhin wird im Raphia-Dekret Z. 6 angegeben, wie die ägyptischen Priester den siegreich zurückkehrenden ptolemäischen König nicht nur mit Blumensträußen, sondern auch mit Amuletten (s#.w) begrüßen.140 Auf der Piye-Stele gibt es auch eine Szene, in welcher der Fürst Petese dem nubischen König gegenüber versichert, keine Besitztümer zu verheimlichen, und dabei neben Schmuckobjekten auch ein „Amulett jeglicher Glieder“ (s# n o.t nb(.t)) erwähnt

135

Bearbeitet von MARTIN, SMITH, Demotic Letters, 88–91, Taf. 30. Vgl. S. 9 Anm. 60. 137 Vgl. ALLAM, Hieratische Ostraka und Papyri, 222 f. 138 Vgl. QUIRKE, Exploring Religion, 188; DERS., Birth Tusks, 6–8.592–594. 139 Textedition CAPART, GARDINER, VAN DE WALLE, Tomb-Robberies; CAPART, GARDINER, Papyrus Léopold II; KRI VI 481,10–489,10. 140 Text in GAUTHIER, SOTTAS, Décret trilingue, 33; Taf. VI; letzte Übersetzung in SIMPSON, Demotic Grammar, 243. 136

28

1 Generelle Bemerkungen

(Z. 112).141 Die unten im Detail behandelten königlichen Schutzrituale (S. 291–305) kommen als spezifische Quellen hinzu. Auch die Gottesgemahlin des Amun Anchnesneferibre wird nach dem Tod ihrer Adoptivmutter Nitokris bei ihrer Inthronisation spezifisch mit Amuletten (s#.w) sowie allem Schmuck (xkr.w) der Gottesanbeterin versehen.142 Bei der Bestattung der ApisStiere, die in königlichem Auftrag stattfand, gehörte die Beigabe von Amuletten (s#.w) und Schmuck (xkr.w) zum Standard.143 In jedem Fall zeigen die Texte sehr deutlich, daß die schriftkundige Elite dem Einsatz von Amuletten keineswegs abgeneigt war – und auch in diesem Material gibt es manche Fälle, wo man eine ursprüngliche Anwendung für den König plausibel machen kann. Ein literarischer Text zeigt auch ihre Nutzung durch die königliche Familie. In der ersten Setne-Erzählung (4,28–33) verliert Setne beim Brettspiel gegen den verstorbenen Magier Naneferkaptah und versinkt als Folge davon schließlich bis zu den Ohren im Boden. Sein Milchbruder Inaros holt ihm daraufhin die Amulette des Ptah, die ihn aus dieser Gefahr erretten.144 Ebenso zeigt sich in der zweiten Setne-Erzählung 5,17, wie Amulette und Zauber einen ägyptischen König erfolgreich vor magischen Angriffen schützen.145 Gleichfalls wird in der Rahmenhandlung der Lehre des Chascheschonqi angegeben, daß der König nachts Amulette des Schlafs trägt, die ihn im wehrlosen Zustand gegen Angriffe schützen sollen (pCarlsberg 304, 7,10).146 In der Elite situiert ist auch eine Passage in einer literarischen Erzählung, in welcher ein Priester des Horus von Buto vom Pharao goldene Amulette (s#.w) verlangt (pSpiegelberg 7,13).147 Im Papyrus Insinger, der durchaus tiefsinnige religöse Überlegungen anstellt, ist die Vorstellung von der Wirkung eines Amuletts ungebrochen, es wird explizit gesagt: „Unterschätze nicht ein kleines Amulett (s#) zur Zeit, wo man es braucht. Ein Amulett (s#) ohne Frevel(?) an ihm schützt seinen Besitzer davor.“ (pInsinger 24,4–5).148 Wie sehr die Ägypter selbst eine Verwendung von Amuletten bis in die allerhöchsten Kreise hinein für normal gehalten haben, zeigt sich etwa daran, daß sie sogar Göttern die Verwendung von Amuletten zuschreiben. So wird in einem mehrfach auf magischen

141

GRIMAL, Stèle triomphale, 144.149 Anm. 454. LEAHY, Adoption of Ankhnesneferibre, 146, Z. 12 u. 148. 143 So auf der Stele aus der Zeit des Amasis Serapeum Louvre IM 4131 (192), s. CHASSINAT, Textes provenant du Sérapéum, 20; JANSEN-WINKELN, Inschriften der Spätzeit IV, 440 f.; ebenso aus der des Dareios I. Louvre 357, Z. 6; s. POSENER, Première domination, 37. Ähnlich wird auch auf einer Inschrift des Nektanebos II. aus Saqqarah im Zusammenhang der Balsamierung des Apis-Stieres davon gesprochen, daß der König gute Amulette (s#.w) aus Gold herstellen läßt, s. QUIBELL, Excavations Saqqara 1907-1908, 91 und 93, Z. 15; DEVAUCHELLE, Enterrement, 99. 144 GOLDBRUNNER, Der verblendete Gelehrte, 17 f.; VINSON, Craft of a Good Scribe, 121. Für ein Amulett des Ptah im Text zur Reinigung des Königs s. S. 303. 145 GRIFFTH, Stories of High Priests, 59.186 f. 146 Text in RYHOLT, New Version, 125, Taf. 20. Vgl. HOFFMANN, QUACK, Anthologie2, 313. 147 Text in SPIEGELBERG, Sagenkranz, 22 f.; Taf. VII; Übersetzung in HOFFMANN, QUACK, Anthologie2, 111. 148 Textedition LEXA, Papyrus Insinger; wichtige neuere Bearbeitung LICHTHEIM, Late-Egyptian Wisdom Literature; neueste deutsche Übersetzung HOFFMANN, QUACK, Anthologie2, 298. 142

1.6 Alters-, geschlechts- und schichtspezifische Amulettsitten

29

Stelen der Spätzeit überlieferten Zauberspruch ein Skarabäus aus Fayence angerufen, den die Göttin Neith als Amulett an ihrem Hals trägt (vgl. S. 231). Im pBoulaq VI, rt. 5,8 erweist es sich gerade als leichtfertig, wenn Horus ohne Amulett in der Wüste herumläuft.149 Dagegen wird in einem Hymnus an Horus im Geburtshaus von Edfu dieser Gott als derjenige bezeichnet, an dessen Kehle täglich die Seneb-Pflanze geknüpft150 wird (Edfou Mammisi 116,2–3), und tatsächlich spielt gerade diese Pflanze in Schutzsprüchen insbesondere für Kinder (einschließlich des jugendlichen Horus) eine hervorragende Rolle (s. S. 295). Ähnlich heißt es in einem anderen Text des Geburtshauses von Edfu über Horus „Für ihn werden Amulette (w@#.w) zum Schutz der Glieder gemacht durch seine Mutter, die göttliche Seneb-Pflanze wird für ihn geknotet, um die vor ihm zurückweichen zu lassen, die seinen Bezirk niederwerfen wollen“ (Edfou Mammisi 119,15–16). Edfou I2, 416,8 wird angegeben, wie alle Götter des Tempels Amulette zum Schutz hätten.151 Bei Plutarch, De Iside, Kapitel 65 und 68, ist überliefert, daß Isis sich selbst, als sie ihre Schwangerschaft bemerkte, mit einem umgehängten Amulett schützte, das als „wahre Stimme“ gedeutet wird.152 Damit korrespondiert, daß Isis nach Edfou VI, 214,7 f. ein Amulett geknotet haben soll, um das Ei im Leib heil zu halten; der bezeugte Text läßt sich als Parallele zu einem Zauberspruch nachweisen, der in einem gynäkologischen Handbuch der Spätzeit auf Papyrus überliefert ist (pBrooklyn 47.218.47 rt., x+1, x+13–x+2,2).153 Stillende Göttinnen werden im Bild auch tatsächlich mit einem umgehängten Amulett dargestellt, so etwa Neith auf dem Naos Nektanebos’ II. aus Bubastis, und dies korrespondiert mit Textpassagen, die ein Zwergenamulett am Hals der Neith erwähnen (s. S. 231). Ebenso spricht man in einer Bandeauinschrift im Tempel von Dendera davon, daß Isis ein von Tatenen hergestelltes Amulett an ihrem Hals trage, das mit der SenebPflanze aufgefädelt sei (Dendara VI, 86,9).154 Gerade weil derselbe Text kurz vorher angibt, daß Amun ihr Windhauch bringen würde (Dendara VI, 86,7), und die Kammer als s.t msXn.t „Stätte des Geburtsziegels“ bezeichnet wird, ist ein Bezug spezifisch auf Schwangerschaft und Geburt nicht unwahrscheinlich. Zu beachten ist auch pMag. LL 3,27 eine Substanz, die s#-Nb.t-Hw.t „Schutzamulett der Nephthys“ genannt wird.155 Für Göttinnen einschlägig sind auch pSalt 825, 14,2–8 und Urk. VIII, 94,17 sowie ein Text der geographischen Prozessionen (Opet I, 245 und Naukratis), wo ein Pektoral mit Neith

149

KOENIG, Papyrus Boulaq 6, 59–63, Taf. V u. V a. Für die Lesung des Zeichens (Aa55) s. KURTH, Einführung, 229.242 Anm. 370. 151 COPPENS, Wabet, 150.154. 152 GRIFFITHS, Plutarch De Iside, 220 f.224 f. u. 534 f. 153 Ich bereite eine Edition vor. 154 Gegen die Deutungen von WAITKUS, Untere Krypten, 201 u. CAUVILLE, Dendara V–VI, 372 f. liegt in dem (gegen das sic der Edition völlig korrekten) Text das von Amuletten auch sonst häufig belegte mnX „(auf Faden) aufziehen“ vor, WB II, 87,8–10. 155 Vgl. auch LÉVAI, Amulet of Nephthys, die allerdings rein anhand einer modernen Übersetzung arbeitet und deshalb nicht beachtet, daß dem Originaltext nach von einem Schutzamulett für Nephthys die Rede ist, nicht einem, das Nephthys darstellt. 150

30

1 Generelle Bemerkungen

verbunden wird.156 Nach Dendara VII, 146,1 erhält Hathor bei ihrem Aufgang ein Amulett (w@#) aus Gold angeknüpft (vgl. Dendara VII, 155,11–15.165,4– 8.184,14 f.197,11 f.; Dendara VIII, 69,4–12.86,8.94,10.101,6.114,2–4).157 Für den Sonnengott Re ist aus mehreren Texten (z.B. pChester Beatty XI vs. 1,1) bekannt, daß er am Hals ein Udjat-Auge trägt.158 Hierzu paßt auch eine Passage im Buch von der Himmelskuh (Vers 323 f.), in welcher der Sprecher zunächst sagt „ich bin derjenige, dem abends ein Amulett umgebunden wird“, um sich anschließend als „ich bin Re“ zu identifizieren.159 Die spezielle Festlegung, das Amulett würde am Abend umgebunden, deutet darauf hin, daß es für Schutz spezifisch während der Nacht gebraucht wurde. Dies korrespondiert mit den nach pCarlsberg 304 vom König speziell während der Nacht getragenen Amuletten. Als Beleg für das Amulett des Re zu werten ist auch ein Block von einem Tempel, auf dem Isis dem König verpricht, das Amulett (w@#) des Re an die Kehle des Königs zu geben.160 Ebenso werden Edfou I2 99,16 f. u. 99,18–100,1 das Amulett (w@#) des Re und der Schutz (s#) des Horus als Objekte erwähnt, die der beopferte Gott erhält, die aber ebenso den König beschützen sollen; vergleichbar Edfou I2, 32,15.420,4.426,7, ähnlich Edfou II2, 72,13 das Amulett (w@#) des Re und der Schutz (s#) des Osiris. Dabei erhält Horus in diesen Wendungen in Edfu stets ein Epitheton, für das man nach der Orthographie der meisten Belege, die das hintere Element als schreiben, an o# Hk# denken würde. Edfou I2, 237,12 findet sich in gleicher Phraseologie allerdings eine zweifelsfreie Ausschreibung o# pH.t|. Gerade letztere eröffnet die Möglichkeit einer engeren Verbindung zum Horus mit großer Kraft, der in der Erzählung des pCarlsberg 304 im Zusammenhang der nächtlichen Amulette des Königs genannt wird (s. S. 301). Ohne Epitheton für Horus werden Urk. VIII Nr. 80 f Amulett (w@#) des Re und der Schutz (s#) des Horus genannt.161 Der Schutz (s#) des Re wird bereits in den Pyramidentexten (Spruch 571, PT 1470c) erwähnt.162 In das Umfeld des Sonnengottes führt auch eine Bemerkung im pTurin CGT 54050 rt. 2,6, der Nutznießer des Rituals sei gesund „wie die Sehne des Phönix, der von selbst entstand, welche diese Götter als Amulett (w@#) an seinen Hals gaben im Haus des Re.“163 Im weiteren Verlauf des Textes gibt es auch eine Passage, in der Chnum von Elephantine an Chnum von Antinoe (Or-wr) schreibt und ihn beauftragt, er solle sein Amulett der Gesundheit bringen und am Hals des Nutznießers auffädeln (pTurin CGT

156

DERCHAIN, Papyrus Salt 825, 142.178 f. Anm. 152; MEEKS, Mythes et légendes, 274; LEITZ, Regionale Mythologie, 419.423 f. 157 Vgl. COPPENS, Processions, 473 für die häufige Erwähnung schützender Pektorale im Zusammenhang transformativer Rituale. 158 GARDINER, Chester Beatty Gift, 119, Taf. 67; FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 330. 159 HORNUNG, Himmelskuh, 30.49. 160 PETRIE, Diospolis Parva, 55, Taf. XLIII; vgl. COLLOMBERT, Oudjarenes, 70–72. 161 CLERE, Porte d’Évergète, Taf. 28, Rede des Ptah. 162 SETHE, Übersetzung V, 414.419. 163 Vgl. auch ROCCATI, Magica Taurinensia, 95.161 mit abweichendem Textverständnis (zur Sehne des Phönix s.u. S. 86 Anm. 57).

1.7 Materialvorschriften

31

54050 rt. 3,1).164 Auch wenn die Nachschrift dieses langen Spruches nur teilweise erhalten ist, kann man vermuten, daß die reale Gabe eines Amulettes an den Hals eines Menschen damit korrespondierte. In einem großen Hymnus an Amun-Re erhält dieser u.a. die Epitheta nb w@#.wt opr s#.w „Herr der Udjat-Augen, ausgestattet mit Schutzamuletten“ (Hibis III, 32,38 = pBerlin P 3056, 3,1).165

1.7

Materialvorschriften

1.7 Materialvorschriften

In vielen Handlungsanweisungen findet man Vorschriften darüber, aus welchen spezifischen Materialien die verwendeten Amulette gefertigt sein sollen. Damit korrespondiert in den konkreten archäologischen Funden eine reale Vorliebe dafür, bestimmte Amulettypen aus bestimmten Mineralien herzustellen.166 Bei der Korrelation der Befunde sind allerdings einige Schwierigkeiten zu beachten. Zunächst ist unsere lexikographische Kenntnis der ägyptischen Mineralbezeichnungen kaum als definitiv einzustufen.167 Im Gegenteil – für viele Bezeichnungen kann man bei der Konsultation von Nachschlagewerken unterschiedlicher Entstehungszeit beobachten, wie die Auffassung in der Forschung sich wandelt. Aufgrund der speziellen Vorkenntnisse im naturwissenschaftlichen Bereich, die für ein erfolgreiches Arbeiten in diesem Bereich nötig ist, sind lexikographische Studien zu Steinbezeichnungen ein Spezialgebiet weniger Forscher, und was diese als Theorie – je nach Naturell mit mehr oder weniger Anschein der Gewißheit – verkünden, wird dann in der Forschung üblicherweise so lange akzeptiert, bis der nächste Spezialist das Gegenteil behauptet. Objektiv gesehen sind auch die Möglichkeiten zur Identifizierung von Mineralbezeichnungen beschränkt. Eine der standardmäßig verwendeten Methoden besteht gerade darin, Textangaben über das Material bestimmter Amulette mit den üblichen Substanzen zu verbinden, aus denen Amulette des betreffenden Typs normalerweise hergestellt sind. Damit wird also bereits im Basisansatz vorausgesetzt, daß die Texte eine tatsächliche normative Geltung hatten. Man kann dies glauben, aber das Risiko von Zirkelschlüssen ist auf diese Weise sicher nicht ausgeschlossen. Weiterhin ist zu beachten, daß die Ägypter bei der Benennung von Steinen natürlich nicht anhand unserer heutigen chemischen Analysen und mineralogischen Klassifizierungen vorgegangen sind, sondern rein nach solchen Eigenschaften, die für sie wahrnehmbar und relevant waren. Farbe und Härte dürften die Hauptkriterien gewesen sein; und ähnlich aussehende Steine, die ein heutiger Geologe differenziert, könnten für die

164

ROCCATI, Magica Taurinensia, 96.161. Vgl. KLOTZ, Adoration of the Ram, 124 f.311, wo die Emendation „opr(.w) [m] s#.w“ unberechtigt ist (tatsächlich weisen beide Handschriften keine Lücke auf; und da hier eine Limitation vorliegt, ist auch kein m zu erwarten). 166 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 28–30.485–492; ANDREWS, Amulets, 100–106; DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 59–64. Vgl. auch MUÑOZ PÉREZ, Symbolism. 167 Vgl. hierzu insbesondere HARRIS, Lexicographical Studies; AUFRÈRE, Univers minéral. 165

32

1 Generelle Bemerkungen

pharaonischen Handwerker ebenso wie für ihre Kunden in eine Kategorie gefallen sein. Man sollte also mit einer allenfalls partiellen Deckung der alten Substanzangaben und der modernen Steinklassifizierungen rechnen. Ein weiterer Punkt kommt hinzu, nämlich das „Ersatzdenken“. Wenn in theoretischen Texten von bestimmten Edelsteinen die Rede ist, müssen dies keineswegs immer echte, bergmännisch gewonnene, Mineralien sein. Es gibt ohne weiteres auch die Möglichkeit, stattdessen farbige Glaspasten und ähnliche Kunstprodukte zu nutzen, welche die Vorteile geringerer Herstellungskosten und freierer Einfärbmöglichkeiten vereinten. Diese Option wird in einem Text im Goldhaus von Dendera sogar ganz explizit ausgesprochen, wo etwa von Götterstatuen, die aus Gold sein sollen, explizit gesagt wird, daß damit vergoldetes Holz gemeint sei (Dendara VIII, 140,12–141,2 und 141,10–14).168 Entsprechend sind Steinangaben auch oft als Glaspasten u.ä. von ähnlichem optischen Eindruck wie das genannte Mineral zu bewerten. Allerdings gibt es auch die Option, zusätzlich zur Substanzangabe noch den Zusatz n m#o.t „echt“ zu bringen, der dann die Verwendung von Ersatzprodukten ausschließen sollte. Die theoretischen Materialangaben und realen Verwendungsvorlieben sind natürlich nicht zufällig vom Himmel gefallen, sondern beruhen auf den Vorstellungen der Ägypter von der Symbolwirkung und religiösen Bedeutung bestimmter Stoffe, und diese wiederum ist nicht ohne Verbindung mit den realen Eigenschaften der Mineralien.169 Allerdings gehört dieser Bereich meist zu dem, was als sozusagen implizite Theologie von den Ägyptern stillschweigend vorausgesetzt und nicht ausführlich theoretisch dargelegt wird. Sowohl bei Bonnet im Reallexikon als auch im Lexikon der Ägyptologie bei Klasens im Artikel „Amulett“ (der davon stark abhängig ist) und bei Barta im Artikel „Materialmagie und -symbolik“,170 findet sich die Angabe, im Papyrus Berlin P 8769 gäbe es eine Liste über die magischen Eigenschaften von Steinen und Pflanzen.171 Das ist in dieser Form nicht korrekt. Die betreffende Handschrift, von der es sowohl in Berlin als auch in Wien noch unpublizierte zusätzliche Stücke gibt,172 ist in Wirklichkeit ein Traumbuch, in dem systematisch behandelt wird, was es bedeutet, von den betreffenden Steinen oder Pflanzen zu träumen. Obgleich die Assoziativverbindungen, die dabei relevant sind, sicher nicht ohne Bezug zu den generellen ägyptischen Konzeptionen dieser Objekte sind, zeigt die Erfahrung mit sonstigen Traumbüchern, daß diese auch ihre etwas eigenen Regeln haben können und die dort gebotenen Deutungen nicht immer für das Verständnis von Amuletten hilfreich sind. Z.B. gibt es im Traumbuch des pChester

168

DERCHAIN, Atelier des Orfèvres. Vgl. VON LIEVEN, Im Schatten des Goldhauses, 152. RAVEN, Magic and Symbolic Aspects, 237–242; WILKINSON, Symbol and Magic, 82–103. 170 BONNET, Reallexikon, 26; KLASENS, Amulett, 234 Anm. 5; BARTA, Materialmagie, 1234; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 29 mit Anm. 51. Ähnlich auch RITNER, Egyptian Magical Practice, 3334 Anm. 8. 171 Der Text selbst ist ediert in SPIEGELBERG, Demotische Papyrus, 29, Taf. 98. 172 Berlin P 15796; Wien D 6104, 6633+, 6644 und 6668. Hinzu kommt wohl als zweite Handschrift noch der bereits publizierte pBerlin P 15683 bei ZAUZICH, Aus zwei demotischen Traumbüchern, 92– 96 Taf. 7. Vgl. PRADA, New Look. 169

1.7 Materialvorschriften

33

Beatty III rt. 8,13 eine Aussage, daß ein Zwerg ein schlechtes Vorzeichen darstellt.173 Bei den Amuletten gibt es dagegen einige durchaus beliebte schutzbringende Typen, die gerade Zwerge abbilden. Unter diesem Gesichtspunkt muß man es eher als Glücksfall betrachten, daß der betreffende demotische Papyrus zwar von den Amulettforschern bislang auf einer abstrakten Ebene als Beleg für Materialsymbolik zitiert worden ist, jedoch (mutmaßlich im Wesentlichen aus Mangel an einer philologischen Bearbeitung) noch keine konkreten Brückenschläge zum Material einzelner Amulette versucht worden sind. Auf die Details der Materialbedeutung werde ich sinnvollerweise bei den individuellen Amulettypen eingehen, hier seien nur einige generelle Regeln bemerkt.174 Der üblichen ägyptischen Vorstellung entspricht es, daß gelblich-rote Töne eher als kämpferisch und aggressiv gelten. Damit können sie auch leicht ins direkt Negative umschlagen, tatsächlich wird rote Farbe teilweise explizit zur Markierung negativer Dinge benutzt und mit Seth und seiner Anhängerschaft verbunden.175 Andererseits kann rot auch die Farbe von fleischlichen Körperteilen sein oder Verbindungen mit Blut haben. Von den häufigen Amulettsubstanzen sind hiervon Jaspis und Karneol am meisten betroffen.176 Grüne und blaue Töne gelten dagegen als beruhigend und besänftigend (vgl. S. 192).177 Wichtige Mineralien hier sind bestimmte Feldspat-Varietäten, Türkis, Malachit und Lapislazuli. Gerade die symbolische Bewertung der grünen und blauen Farbe dürfte auch erklären, warum so viele Amulette aus Fayence178 in diesen Farben hergestellt wurden. Ansonsten sei noch darauf hingewiesen, daß bei Götterfiguren in kleinem Maßstab Objekte aus Fayence meist als Amulette zu bewerten sind, Objekte aus Bronze dagegen eher Weihungen in Tempeln darstellen.179 Die Typen dieser beiden Materialgruppen dürften auch nicht deckungsgleich sein.

173

SZPAKOWSKA, Behind Closed Eyes, 104. Vgl. KEES, Farbensymbolik; GRIFFITHS, Symbolism of Red; WILKINSON, Symbol and Magic; AUFRÈRE, Couleurs sacrées; PINCH, Red Things; BARBOTIN, Couleur; PATRÍCIO, Millennial Protection. Kritisch zu manchen pauschalen Symbolzuschreibungen für Farben ist CORCORAN, Yellow. 175 Vgl. POSENER, Encre rouge. 176 DUBIEL, Amulette, Perlen und Siegel, 62 f. 177 Vgl. auch QUIRKE, Exploring Religion, 106, der vorschlägt, daß bei Objekten aus blauer Fayence ein Bezug auf die generativen Kräfte des Wassers vorliege, das Pflanzenwachstum ermöglicht. 178 Die Behauptung von BIANCHI, Symbols, 24, daß Fayence besonders mit Osiris verbunden sei, halte ich für einseitig. In jedem Falle hat die grüne Hautfarbe, die Osiris in vielen Darstellungen zeigt, nichts mit Regeneration, sondern mit Verwesung zu tun, s. BANASCHAK, GROTHOFF, Osiris; FALK, Putrefaction. 179 Vgl. für Bronzefiguren als Weihungen z.B. WEISS, Tier- und Götterbronzen. Zur Frage, inwieweit Bronzeobjekte Amulette sind, vgl. ANDREWS, Amulets, 14. 174

34

1 Generelle Bemerkungen

1.8

Wirkungsmechanismen der Amulette

1.8 Wirkungsmechanismen der Amulette

Normalerweise geben die ägyptischen Texte nicht explizit an, wie man sich die Wirkung der Amulette genau vorstellt.180 Einige wenige Zeugnisse zeigen, daß man keinen Automatismus der Objekte aus sich heraus angenommen hat, sondern sie ihre Kraft von Göttern beziehen. In der demotischen Weisheitslehre des Papyrus Insinger heißt es in einer Passage über die tägliche verborgene Wirkung des Gottes auch: „Für wen werden Amulett (s#) und Magie zu einem Heilmittel?“ (pInsinger 31,22) – ihre Wirkung wird also als von der Gottheit abhängig verstanden.181 In einer Anrede an Amun-Re sagt Ramses III.: „Jahresamulette ist, sich an deinen großen Namen zu erinnern. Ein Schutz der Glieder ist, dich zu sehen.“ (KRI V, 239,7 f.). Auch hier wird die Macht des Gottes als das Wesentliche angesehen. Ähnlich erhält Amun auch in einer Inschrift im Grab TT 194 die Epitheta „Schutz der Glieder für den, der [ihn] in sein Herz gibt, wirksames Amulett für den, der [ihn] liebt.“182 In einer Inschrift der 22. Dynastie wird in einem Titel eine spezielle Form des Amun „der Schutz des Lebens“ (p# s# onX) genannt (Kairo CG 559, b2).183 Potentiell instruktiv im Hinblick auf die Wirksamkeit von Göttern durch Amulette ist auch eine leider schlecht erhaltene Passage in den Reden des Sasobek. In ihr heißt es „Du sollst ihm gemäß handeln, dann werden seine Schutzamulette (s#.w) [an] deinen [Hals] geknotet sein“ (pRamesseum I = pBM 10754, B 2, 6).184 Leider ist das Bezugswort für das Suffix nicht eindeutig bzw. nicht erhalten. Man würde eine Gottheit erwarten. Im Hinblick auf Götter und Amulette ist auch eine Passage der Bentresch-Stele speziell zu diskutieren. Dort geht es darum, daß zunächst der höherrangige Gott Chons in Theben Neferhotep Schutz (s#) für die von ihm ausgeschickte Form des Chons, des Plänemachers in Theben ausübt (Z. 16), dieser dann anschließend Schutz für die Tochter des Fürsten von Bechten ausübt, so daß sie von der dämonischen Besessenheit geheilt wird.185 Hier erweist sich also Schutzmacht als etwas Delegierbares, das ein Gott im Auftrag eines anderen ausüben kann.

180 Die verschiedenen meist psychoanalytischen Hypothesen über die Funktion von Amuletten, welche HAUSCHILD, Wirkung referiert bzw. selbst entwickelt, scheinen mir wenig hilfreich. Vgl. dazu die Erwiderung von STERLY, Wirkung. Vgl. HILDBURGH, Psychology, 232, der übergreifend feststellt, vielfach würden die Träger von Amuletten keine genaueren Gründe dafür angeben können als einfach eine bestehende Tradition. 181 Dazu QUACK, Einführung3, 131; HOFFMANN, QUACK, Anthologie2, 298. 182 SEYFRIED, Djehutiemhab, 68. 183 JANSEN-WINKELN, Biographien, 11.434, wo „der lebendige Schutz“ verstanden wird, während mir „Der Schutz des Lebens“ phraseologisch weitaus plausibler erscheint (auch im digitalen Zettelarchiv DZA 21.794.240 wird „Prophet des Amun, des Lebensschutzes“ verstanden). 184 BARNS, Ramesseumpapyri, 7, Taf. 3. 185 WITTHUHN, STERNBERG-EL HOTABI, KLIMEK, GLÖCKNER, DEMUTH, Bentresch-Stele, 50 f.70– 72.

1.8 Wirkungsmechanismen der Amulette

35

Im Hinblick auf die Wirkung der Amulette gibt es einen auch übergreifend religionsgeschichtlich wichtigen Punkt, nämlich die Frage nach Transzendenz versus notwendigem Fokalisationspunkt im realen Raum und realer Materie. Dies müßte im Grunde eine umfassende Diskussion über die Relevanz der Statue im ägyptischen Denken überhaupt nach sich ziehen.186 Hier seien nur kurz und eher thesenhaft einige Hauptpunkte aufgeführt. Obgleich es gerade in einigen Hymnen Textformulierungen gibt, welche die ägyptologische Forschung im Sinne eines transzendenten Weltgottes deutet,187 ist die ägyptische Gottheit normalerweise sehr handfest in Kultort und Kultstatue verankert, wie es etwa die Weisheitslehre des pInsinger ausdrückt: „Wer fern ist und wessen Gebet fern ist, dessen Götter sind fern von ihm“ (28,15). Dementsprechend überrascht es nicht, daß etwa Wenamun auf seine Reise eine Statue des Amun des Weges mitnimmt, statt sich allein auf die allgegenwärtigen Fähigkeiten des Amun als solche zu verlassen188 – obwohl gerade Amun derjenige Gott ist, dessen Transzendenz in den Hymnen am meisten angenommen wird.189 Von daher verwundert es nicht, daß so oft Götterfiguren gezeichnet oder dreidimensional hergestellt werden, bzw. auch anikonische Gegenstände über eine Historiola, welche Ereignisse in der Götterwelt erzählt, konzeptuell mit Entitäten der höheren Welt verbunden werden.190 So werden Objekte geschaffen, welche auch außerhalb des regulären Raumes des Tempels als Wohnung und der Kultstatue als Inkarnationspunkt der Gottheit einen Platz geben, an dem die Gottheit dem Mensch begegnen und aus direkter Nähe effektiv gegen Gefahren und Schädigungen helfend eingreifen kann. Um der Gottheit einen solchen Kontaktpunkt zu geben, werden wenigstens in manchen Fällen bei den Handlungsanweisungen nicht nur Angaben zur Ikonographie gemacht, sondern auch eine Beopferung vorgeschrieben. Durch sie wurde etwa eine Zeichnung von Gottheiten auf Papyrus oder Leinen wie ein Götterbild behandelt, mit Energie versorgt und zu Kommunikation und Interaktion mit den Menschen aufgefordert. In einigen Fällen wird in den Handlungsanweisaungen explizit eine rituelle Mundöffnung verlangt (s. S. 148.149.188), die dazu dient, das handwerklich hergestellte Objekt voll kommunikationsfähig zu machen.191 Auffällig ist, daß solche Mundöffnungen konkret nur bei selteneren Materialien (ein Skarabäus und zwei Holzobjekte192) angegeben werden, nicht

186

Kurze Bemerkungen in QUACK, Bilder, 18 f. Vgl. BRAUN, Pharao und Priester, 242–253. Vgl. etwa ASSMANN, Primat und Transzendenz. ZEIDLER, Pfortenbuchstudien, I., 234–237 spricht sogar von (Meta-)Transzendenz; ebenso STADLER, Metatranszendenztheologie. 188 Vgl. SCHIPPER, Wenamun, 54.179–182. 189 Vgl. etwa ASSMANN, Re und Amun, 200–218. 190 Vgl. für die Verwendung der Historiola in magischen Texten allgemein FARAONE, Transformation, 229–237.392 Anm. 52. 191 Zur Anwendung und Wirkung des Mundöffnungsrituals s. QUACK, Fragmente des Mundöffnungsrituals, 136–148; DERS., Mundöffnungsritual als funerärer Text. Zur Belebung von Figurinen in magischen Praktiken ist es mutmaßlich auch pVandier 5,2 und pSaqqara 4, Z. 1 belegt (HOFFMANN, QUACK, Anthologie2, 171.187). 192 Mit der vergleichsweise häufigen Bezeugung für Holzobjekte korrespondiert auch die Verwendung des Mundöffnungsrituals für eine hölzerne Statuette in TB 151, s. LÜSCHER, TB 151, 177.259. 187

36

1 Generelle Bemerkungen

dagegen bei den in der Textüberlieferung dominierenden Text- und Bildträgern Leinen und Papyrus. Ein großes Thema ist auch das Verhältnis von Magie unter Einschluß der Amulette zu Medizin in Krisensituationen. Für uns heute sind das krasse Gegensätze. Die ägyptische Konzeption war eine ganz andere und läßt sich vielleicht am besten mit einem wörtlichen Zitat aus dem Papyrus Ebers aufzeigen, wo es heißt: „Stark ist die Magie wegen der Medizin – und umgekehrt“ (pEbers 2,2).193 Die Beschwörung und die Verabreichung konkreter Medizin sollen also zusammen zu einer ganzheitlich verstandenen Heilung führen. Man sollte objektiv sagen, daß der Gebrauch von Magie und Amuletten, sofern die Patienten an ihre Wirkung geglaubt haben, sicher einen Beitrag zur Steigerung der Heilungschancen geleistet hat.194 Im übrigen haben die Ägypter nicht versucht, durch Magie hoffnungslose Fälle zu kurieren; so gibt es in einem Handbuch über Schlangenkunde (pBrooklyn 47.218.48+85) einige Fälle, in denen der Biß als so tödlich eingestuft wird, daß die Anwendung von Beschwörungen sinnlos sei.195

1.9

Zur Natur von Schutzgottheiten

1.9 Zur Natur von Schutzgottheiten

Neben den durchaus auch präsenten „großen“ Gottheiten des ägyptischen Pantheons finden sich als Amulette verwendet vielfach Abbildungen von Gestalten, welche in der heutigen Forschung als kleine Gottheiten oder auch Dämonen verstanden werden. Die bekanntesten Fälle sind Bes sowie die Nilpferdgöttin, die in der ägyptologischen Terminologie meist unter dem Namen Thoeris läuft. Da es sich bei ihnen um Gestalten handelt, die fast nie Hauptgottheiten und primäre Kultempfänger in einem ägyptischen Tempel sind, versteht man sie in der Forschung gerne als „Volksgottheiten“.196 Will man allerdings den Begriff „Volksreligion“ für das Alte Ägypten sinnvoll anwenden, muß man sich fragen, zu was er in Opposition stehen soll. Unser Verständnis von „Volksglauben“ ist stark davon geprägt, wie wir etwa in der christlichen Religion Erscheinungen wahrnehmen, die neben und oft ansatzweise sogar gegen die offiziellen Dogmen und Liturgien treten. Aber für das Alte Ägypten läßt sich so ein Ansatz kaum

193

Vgl. zur Frage der Übersetzung QUACK, Magie und Totenbuch, 6. Vgl. für Ägypten etwa SWEENEY, Illness and Healer, 151, ausführlicher STEGBAUER, Magie als Waffe, 83–92; für jüdische Magie und generell BOHAK, Ancient Jewish Magic, 42; allgemein HILDBURGH, Psychology; SAX, Heilen Rituale?; STAUBLI, Amulette, 94.113 f.; kritisch allerdings DINZELBACHER, Panritualismus, 125–133. Vgl. auch ERNST, Gehirn und Zauberspruch. 195 SAUNERON, Traité d’ophiologie, 205. Vgl. STEGBAUER, Magie als Waffe, 98 Anm. 30. 196 Die übliche ägyptologische Sichtweise spiegelt sich auch darin, daß ABDI, Bes in the Achaemenid Empire, 113; DERS., Iranization, 137 Bes in Ägypten vor allem als Gott der einfachen Bevölkerung versteht, während er ihn im Iran auch von höheren sozialen Gruppen aufgegriffen sieht (Iranisation, 150 f.). Auch BAINES, Fecundity Figures, 128 betrachtet Bes und Taweret als im Vergleich zu den eher offiziellen Fruchtbarkeitsfiguren privatere Gestalten. Vgl. VOLOKHINE, Quelques aspects de Bès, der (bes. 244 f.) noch versucht, mit einem Unterschied zwischen Volks- und Tempelreligion zu operieren, auch wenn er keine hermetische Grenze zwischen diesen Bereichen sieht. 194

1.9 Zur Natur von Schutzgottheiten

37

vertreten. Glaubensfragen spielten in der Religion keine wesentliche Rolle,197 Dogmen gab es nicht, eine Verfolgung von „Ketzern“ ist nicht belegt,198 und die Vorstellungen von Göttern, Mythen und Ritualen waren in solchem Maße plastisch bildbar oder gar mit eingebauten „anderen Lesarten“ versehen, daß eine Opposition zu einer offiziellen Religion schwer herstellbar wäre. Volksreligion kann in Ägypten nicht als Gegensatz zu einer offiziellen Religion betrachtet werden, sondern ihr wesentlicher Punkt ist nur die Frage der Akteure und der materiellen Absicherung. In den Tempeln gab es Priester, deren Kultbetrieb durch offizielle Zuwendungen abgesichert wurde. Aber ein einzelnes Individuum konnte durchaus in einem privaten Kult Kapellen errichten, Götterstatuen und Stelen aufstellen und ihnen selbst Opfer darbringen, ohne daß dies für die Kultelite ein Problem war.199 Auch darüber hinaus halte ich den Ansatz für methodisch verfehlt. Er nimmt irrig an, ein ägyptischer Gott müsse entweder als Hochgott Hauptempfänger eines Kultes sein oder als Volksgott einzustufen sein. Das greift selbst für evident wichtige Hauptgötter kaum – wo z.B. gibt es einen Tempel der Tefnut als Hauptgottheit? Vor allem verkennt es die Sozialstruktur der ägyptischen Götterwelt, die in gewisser Weise die soziale Realität der alten Ägypter widerspiegelt.200 So wie im Leben die Elite ihre Handlanger und Bediensteten hatte, so gibt es auch in der Götterwelt Funktionsgötter, welche nicht Hauptempfänger eines Kultes, aber dennoch fest in die offizielle Religion eingebunden waren.201 Eine Kategorie sind etwa die Gottheiten der handwerklich-technischen Produktion bzw. „Ressortgötter“,202 so Schesmu für die Salbherstellung,203 Tait und Hedjhetpe für

197

Vgl. KOCH, Wesen altägyptischer Religion, 104. Es ist grundsätzlich irrig, wenn Echnaton in der modernen Forschung als „Ketzerkönig“ u.ä. bezeichnet wird, er war vielmehr Vertreter einer Religionsform, welche die vorher dominierenden Gottheiten in einer Weise ablehnte, wie sie nicht als Ketzerei, sondern nur noch als eigene Religion bezeichnet werden kann. 199 Vgl. für Privatkapellen BOMANN, Private Chapel, sowie übergreifend LUISELLI, Gottesnähe; gegen eine fundamentale Unterscheidung von „Volkskult“ und offizieller Religion spricht sich ROUTLEDGE, Parallelism aus. 200 Vgl. etwa OSING, Hieratische Papyri aus Tebtunis I, 172–182, wo Titel der irdischen Beamtenhierarchie jeweils bestimmten Gottheiten zugeordnet werden (zur Deutung des Abschnitts, die gegenüber Osing genau umzudrehen ist, vgl. DERCHAIN, CdÉ 72, 46). 201 Vgl. auch JANAK, Structure, wo diese Fragen allerdings keine große Rolle spielen, und MEEKS, Notion de « dieu », wo allerdings nur die speziellen Kategorien von Königen, Verstorbenen, Heiligen Tieren sowie Objekten besprochen werden, nicht dagegen hierarchische Unterschiede zwischen Hauptgottheiten und Schutzgottheiten. ROCCATI, Demons, stellt zwar generell fest, daß die Ägypter die Götterwelt nach dem Muster der menschlichen organisiert hätten (S. 89), fokussiert danach jedoch eng auf die Frage der Sprache und baut eine vom realen Befund her zweifellos nicht tragfähige Opposition auf, die Ägypter hätten Götter in der klassischen Hochsprache angeredet, Dämonen dagegen in der Umgangssprache; seine Behauptung, Apopis erscheine in Ägypten erst am Beginn des 2. Jahrtausends v. Chr. (S. 93), ist angesichts des ältesten gesicherten Belegs Mo‘alla IV, 10 (VANDIER, Mo‘alla, 220 f.), der zweifelsfrei noch ins 3. Jts. v. Chr. datiert, zu korrigieren. 202 Dazu übergreifend RICKERT, Gottheit und Gabe, bes. 1 f.271–275. 203 CICCARELLO, Shesmu; ergänzend zur Interpretation SMITH, Mortuary Texts, 55. 198

38

1 Generelle Bemerkungen

Textilien,204 Menqet für die Bierbrauerei.205 Sie sind zweifellos nicht Hauptgötter irgendeines Tempels, aber Zeichen eines mental sauber durchkonstruierten Weltbildes, nicht unmittelbarer Ausfluß eines „Volksglaubens“. Daneben ist als weitere Kategorie die der Schutzgötter zu etablieren. Dies sind Gestalten, welche im Dienste der verschiedenen großen Götter stehen können.206 Ihre Hauptrolle besteht darin, Personen und Bereiche zu bewachen und vor unerwünschten Eindringlingen zu schützen. Sie sind somit in der Globalkonzeption der Götterwelt fest verankert, aber eben innerhalb dieser in subalternen Funktionen, weswegen sie kaum je selbst zu Tempelherren werden. Sie können teilweise in sehr elaborierten Gruppen größerer Konzeption versammelt werden, deren Komplexität schon an sich deutlich zeigt, daß sie nicht Elemente eines „Volksglaubens“ darstellen. So haben wir die 77 Götter von Pharbaitos, die primär über Osiris wachen, sowie die 60 Götter, die als kämpfende Kompanien nach einem in Edfu überlieferten Mythos bei der Weltentstehung auf der Seite des Sonnengottes gestanden haben und in der aktuellen Dekoration des Tempels unaufdringlich, aber an sensitiven Punkten Wache stehen.207 Klar faßbar ist auch die Kategorie der Botendämonen, welche im Auftrag hoher Gottheiten Schaden und Verderben bringen können.208 Ihre Aktionen im Auftrag der Göttin werden verschiedentlich explizit ausgesprochen, z.B. Mythus Leiden 9,3 f. „Meine Sonne ist König bei mir zusammen mit ihren Brüdern, d.h. den X(#)ß(i).w, die unter Aufsicht der Göttin zugreifen.“ Andere Gestalten wie insbesondere Bes und Thoeris sind nicht derart fest in Gruppen verortet, sondern können flexibler in verschiedenen Umgebungen auftreten. Auch dann sind sie aber vielfach im Dienste der großen Götter tätig. Ebenso kann man zeigen, wie sie oft im Bereich des Königtums und der höchsten Elite auftreten, bzw. viele innovative Formen zuerst hier aufkommen. Aus dem Grab des Tutanchamun stammen mehrere Objekte mit Besdekoration, ebenso aus dem von Yuya und Tuya (s. S. 233 Anm. 159). Auch im Königsgrab von Amarna wurden Bes-Amulette gefunden.209 Im Palast von Qantir gab es große Paneele mit Besfiguren.210

204 ZECCHI, Hedjhotep; BACKES, Rituelle Wirklichkeit; zur Ansetzung der Lautform s. QUACK, Weber, 519. 205 GUGLIELMI, Biergöttin. 206 In Ägypten können durchaus die Kategorien großer und kleiner Götter eigenkulturell unterschieden werden, s. QUACK, Zorn. Vgl. ANDREWS, Amulets, 12, die Thoeris, Bes und den Pataikos als „minor deities“ bezeichnet. 207 Zu beiden Gruppen vgl. GOYON, Dieux-gardiens. 208 Vgl. etwa VON LIEVEN, Himmel über Esna, 50–55; QUACK, Gedanken, 385 f. 209 MARTIN, Royal Tomb I, 79 f. Nr. 289, Taf. 50; OGDON, Bes Amulet, 178 f. 210 HAYES, Glazed Tiles, 40 f.

1.10 Vorstellungen von Gefahren

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1.10 Vorstellungen von Gefahren 1.10 Vorstellungen von Gefahren

In der Forschung spricht man im Hinblick auf diejenigen Entitäten, vor denen Schutz gesucht wurde, gerne von „Dämonen.“ Dabei spielt vielfach auch die Ikonographie eine Rolle – ungewöhnlich geformte Gestalten und insbesondere solche, die Messer in der Hand halten, werden gerne mit diesem Etikett versehen.211 Dieses Vorgehen dürfte zu undifferenziert sein.212 Zum einen gibt es klare Textzeugnisse dafür, daß etliche solche Gestalten, welche die Ägyptologen gerne als „Dämonen“ bezeichnen, von den Ägyptern selbst zur Kategorie der „Götter“ gerechnet wurden. Zum anderen zeigen textliche Angaben, vor wem man Schutz ersehnt, daß Götter als potentiell mindestens so gefährlich wie etwa die Geister von Verstorbenen angesehen wurden. Allerdings werden Götter nur in bestimmten Textsorten häufiger genannt. Dies sind zum einen die Orakelschutzdekrete (s. S. 133–134), zum anderen eine Gruppe von Praktiken für Personen, die dem „Tod“ bestimmter Gottheiten unterliegen (s. S. 105). Ferner werden Götter noch als Gefahrenquellen in manchen medizinischen Texten genannt,213 wo allerdings nicht Amulette, sondern Drogen als Heil- und Schutzmittel verwendet werden. Ein Nebeneinander von eindeutigen Gottheiten sowie Entitäten, welche Forscher gerne als „Dämonen“ klassifizieren, findet sich auch in einer Zusammenstellung religiösen Wissens im pBerlin P 7809/7810, Fragm. C, 2,16–3,3, wo sie unter eine Überschrift „[Betreffend] die Verhörenden“ gestellt werden.214 Gerade in den Handbüchern magischer Beschwörungen sowie Textamuletten findet man gerne Kategorien, die generisch und entpersonalisiert sind. Dies wird auch daran deutlich, daß sie, um alle Eventualitäten abzudecken, bei jeder Kategorie sowohl die männliche als auch die weibliche Form nennen. Die häufigsten Gestalten sind „Tote“ (mwt, mwt.t), 215 „Feinde“ (Xft|, Xft|.t bzw. real als feminine Form gebraucht meist pft| „Jene“)216 und „Widersacher“ (@#y, @#y.t).217 „Verklärte“ (#X.w) erscheinen ebenfalls öfters. Auch manche spezielleren Gestalten können genus-differenziert auftreten, so ns|,

211 So etwa LUCARELLI, Demons in the Book of the Dead; DIES., Guardian-demons; DIES., Illness; SZPAKOWSKA, Demons in Ancient Egypt; DIES., Demons in the Dark; DIES., Striking Cobra, 27–32; BECK, Konzepte. Vgl. auch BENNETT, Conceptions, mit einem Abriß der forscherischen Meinungen sowie einem abstrakten Versuch des Aufbaus von Unterscheidungskriterien, sowie jetzt GRAVESBROWN, Daemons & Spirits. Ähnlich auch MANASSA, Divine Taxonomy, die aus dem Nebeneinander von Gestalten der Sonnenlitanei und den von ihr a priori als „Dämonen“ verstandenen Torwächtern des Totenbuches den Schluß zieht, auch erste seien als Dämonen einzuordnen. 212 Vgl. THEIS, BiOr 71, 769 f.; QUACK, Dämonen; VOLOKHINE, Bès infernaux, 64. Vgl. auch FANCIULLI, Avversari sovrannaturali. 213 Belege sind bei VON DEINES, WESTENDORF, Wörterbuch medizinische Texte, 491 unter Punkt I zusammengestellt. 214 NYORD, Experiencing the Dead. 215 OSING, Hieratische Papyri I, 285–287. 216 Dazu zuletzt GUERMEUR, À propos, 544 mit Verweisen; O’ROURKE, Book of Protection, 49 Anm. X; OCKINGA, FISCHER-ELFERT, Amuletic Papyrus, 43 f. 217 Vgl. zu Letzteren auch den Vorschlag von FISCHER-ELFERT, Anfang, 21, der erwägt, ob „Bucklige“ gemeint sein könnte. Diese Gruppe ist auch als Gegner von Gottheiten belegt, z.B. Edfou VI, 263,4; Dendara VII, 178,5.179,4.190,10.192,9; Dendara VIII, 88,4 f.89,6.90,12.102,4 f.106,11. Vgl.

40

1 Generelle Bemerkungen

gelegentlich auch hh „Glut“ (pBrooklyn 47.218.49, x+10,12.x+12,3.7. x+13,17). Zum Abschluß der Auflistung potentieller Schädiger findet sich gerne eine „Leerstelle“ mit dem Ausdruck Hmw.t-rA, wrtl. „Kunst des Mundes“, die es dem Rezitator ermöglicht, je nach Lage andere Entitäten zu nennen. Individuelle gefährliche Gestalten wie ch#QQ werden dagegen nicht mit einem femininen Pendant versehen, sie kommen jedoch nur in geringer Anzahl vor. Neben den spezifischen höheren Mächten steht auch noch die allgemeine Kategorie von „allen üblen und schlechten Dingen“. Krankheitsbezeichnungen wie srf.t oder rmn.ß werden in den Titeln der Praktiken genannt, aber normalerweise nicht in den Beschwörungen angeredet, da sie als Folge der feindseligen Aktionen verstanden werden, nicht als Entitäten eigenen Willens.

1.11 Methodische Fragen bei der Ermittlung von Sinn und Bedeutung 1.11 Methodische Fragen

Anhand der uns vorliegenden Quellen lassen sich die Praktiken des Umgangs mit Amuletten fassen, wenngleich mit Einschränkungen. Das archäologische Material ist reich, gewährt aber spezifisch fast nur den Blick auf die Bestattungen. Handlungen zu Lebzeiten lassen sich so nur sehr bedingt erschließen, abhängig davon, inwieweit bei Bestattungen die Tracht der Lebenden beibehalten wird. Dabei sind primär Arrangements zu fassen, von denen jedoch nicht unmittelbar zu sagen ist, welche Bedeutungen ihnen von den Nutzern gegeben ist. Die Texte sind hinsichtlich der Nutzanwendung meist expliziter. Jedoch decken sie keineswegs das ganze Spektrum der archäologisch belegten Amulettformen ab, und zudem geben sie nur einen spezifischen Blickwinkel der schreibkundigen Elite wieder. Dieser muß keineswegs immer mit dem der konkreten Nutzer identisch gewesen sein. Tatsächlich gibt es hier einige schwerwiegende methodische Fragen: Hatte für den Träger ein Amulett genau die spezifische Funktion, die ihm ein heutiger Forscher auf der Basis von Quellen meist aus einem präskriptiven Elitekontext zuschreibt? Konnte er nicht auch auf ein bestimmtes Objekt Funktionen projizieren, die wir so in den Metatexten nicht finden? 218 Und wie spezifisch sind Bedeutungen überhaupt? In der ägyptologischen Praxis bleiben die meisten Bedeutungszuschreibungen für Amulette letztlich eher grob (z.B. „Schutz“ oder „Fruchtbarkeit“ oder „Wiedergeburt“), und man fragt sich, wie die große Menge verschiedener Amulettypen mit so wenig wirklich differenzierten Funktionen korrelieren soll. Moderne Versuche, ägyptischen Texten und Bildern Sinn und Bedeutung zuzuschreiben, sind grundsätzlich nicht unproblematisch. Aus meiner Sicht gilt auch hier, was für eine andere altertumswissenschaftliche Disziplin geschrieben wurde, nämlich: „A belief in the intellectual and artistic exceptionalism of the ancients and a legitimate fear that a

auch WILSON, Ptolemaic Lexicon, 1221, welche die Belege für genusdifferenziertes @#i @#+(.t) irrig mit denen für @#@# < @r@r „fremd, feindselig“ verquickt. 218 Vgl. WHITMORE, Phallic Magic, zur Nutzung von Amuletten für andere als ursprünglich intendierte Zwecke.

1.12 Ausstrahlung auf Nachbarkulturen

41

significant but novel piece of data will be obscured by one’s preconceptions encourage a tendency to find ever more baroque orders of meaning in ancient material“.219 Gerade das reiche textliche und bildliche Quellenmaterial, das Ägypten im religiösen Bereich hinterlassen hat, verführt leicht dazu, in scharfsinniger Weise weiterzukombinieren und am Ende Modelle zu kreieren, in denen wenige Brocken gesicherter Zeugnisse mit viel modernem Kitt in Position gehalten werden. Die Realitäten des akademischen Betriebs führen dann oft dazu, daß einmal aufgebrachte Hypothesen vielfach abgeschrieben werden und bei jeder Übernahme das Bewußtsein für die Problematik ihrer Generierung und die Unsicherheit des Ergebnisses abnimmt. Demgegenüber fokussiert die vorliegende Studie mehr auf die Praktiken, die einerseits in Form archäologisch dokumentierter Deponierungen greifbar sind,220 andererseits in Metatexten, konkret insbesondere paratextuellen Angaben, faßbar werden.221

1.12 Ausstrahlung auf Nachbarkulturen 1.12 Ausstrahlung auf Nachbarkulturen

Teilweise sind Amulette ägyptischen Stils über die Grenzen Ägyptens hinaus benutzt worden. Dies betrifft zum einen das südliche Nachbarland Nubien, das ab dem Neuen Reich in seinen funerären Beigaben stark ägyptisiert war.222 Daneben sind aber auch die nördlichen Grenzen durchlässig gewesen. Teilweise in der Spätbronzezeit (dem ägyptischen Neuen Reich) einsetzend, vor allem aber in der Eisenzeit (Dritte Zwischenzeit), sind Amulette sowohl aus Fayence als auch aus Metall in Palästina und der Levante sowie teilweise im ganzen mediterranen Bereich generell ausgesprochen häufig (s. S. 244–245), teilweise sind sie sogar im innersyrischen Bereich, also in Obermesopotamien, gefunden worden.223 Insbesondere die Phönizier haben viele ägyptische Typen aufgegriffen. Selbst in Zentralasien lassen sich in der hellenistischen Zeit einige Amulette ägyptischen Typs archäologisch nachweisen.224 Dabei stellt sich oft die Frage, ob es sich nur um Exporte aus Ägypten handelt oder auch lokale Nachahmungen in Rechnung zu stellen sind. Letzteres dürfte nicht ganz selten der Fall gewesen sein. Jedenfalls sorgte gerade der Mittelmeerhandel der Phönizier für eine weite Verbreitung der betreffenden Objekte; manche Typen sind bis nach Spanien hin belegt. In Karthago, auf Malta und Sardinien sind sie nicht selten (s. S. 244– 244). Hier wird man dann immer die Frage stellen müssen, wie die Konzeption dieser Amulette durch die lokale Bevölkerung war; in welchem Maß die ägyptischen Ideen

219

DODD, Adolescent Initiation, 78. HODDER, Entangled. 221 Als methodische Basis dient hier HILGERT, Textanthropologie; DERS., Praxeologisch perspektivierte Artefaktanalysen; DERS., Materiale Textkulturen. 222 TÖRÖK, Between Two Worlds, 263–283. Vgl. für ägyptische Amulette in diesem Raum etwa SCHIFF GIORGINI, Soleb II, 90–93; LOHWASSER, Aspekte der napatanischen Gesellschaft, 126–186. 223 BONATZ, KÜHNE, MAHMOUD, Rivers and Steppes, 126. 224 MAIRS, Egyptian Artefacts, 80–84. 220

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1 Generelle Bemerkungen

noch präsent waren, überformt oder an eigene Mythologie adaptiert wurden. Bei der Besprechung der relevanten Stücke werde ich hierauf noch in größerem Detail eingehen. Eine weitere Frage ist, inwieweit über die Religionswechsel hinweg altägyptische Traditionen im Amulettwesen bis in die koptische und islamische Zeit weitergewirkt haben.225 Ein indirektes Zeugnis für die Verwendung von Amuletten durch Teile der Bevölkerung noch im 5. Jhd. n. Chr. findet sich in der Homilie auf die Jungfrau des Pseudo-Athanasius, der davon spricht, daß manche Leute ihren Kindern Amulette umhängen würden.226 Allerdings geht aus dieser Angabe nicht hervor, ob es sich spezifisch um Amulette altägyptischer Tradition handelt.227

225

LASSALLY, Amulette und Tätowierungen, zieht einige oft eher impressionistische Verbindungen zu heutigen (bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts beobachteten) ägyptischen Gebräuchen. KRISS, KRISSHEINRICH, Amulette, 1 vermuten eine starke Beeinflussung des islamischen Amulettbrauches durch das alte Ägypten, insbesondere hinsichtlich der Augen- und Handamulette. Dabei gehen sie jedoch nicht auf Details ein und beachten die diachrone Entwicklung innerhalb der ägyptischen Amulette nicht. Auch KNUF, KNUF, Amulette, 14 meinen, die ägyptische Kultur habe die religiösen Praktiken von Juden, Christen und Muslimen nachhaltig beeinflußt, allerdings ist ihre Darlegung flüchtig und aus zweiter Hand gearbeitet. Vgl. für den Übergang von paganen zu christlichen Amuletten in Ägypten DE BRUYN, Making Amulets Christian. 226 LEFORT, Homilie, 35 f.226. Vgl. auch FRANKFURTER, Religion, 29; DERS., Domestic Religion, 18 f.; nach dem koptischen Wortlaut ist die Stelle allerdings nicht eindeutig auf heidnische Praktiken bezogen. Die Passage über „poetische“ Dämonen könnte sich zum einen eher auf griechische als auf ägyptische Götter beziehen (d.h. solche, die z.B. bei Homer und Hesiod vorkommen; vgl. etwa Lactanz, Epitome Divinarum Institutionum, Kap. XXVIII), zum anderen ist sie von dem Abschnitt über den Gebrauch von Amuletten für Kinder im koptischen Text deutlich getrennt. 227 Vgl. M. SMITH, Following Osiris, 430–432 dafür, daß in Werken koptischer Autoren weit mehr griechische als spezifisch ägyptische pagane Gottheiten erscheinen.

2 2.1

Von der Frühzeit bis zur Ersten Zwischenzeit

Die Anfänge des Amulettwesens in der Vor- und Frühgeschichte

2.1 Die Anfänge des Amulettwesens

Bereits in einigen Gräbern der Frühzeit finden sich Objekte, die von der Forschung mit mehr oder weniger Sicherheit als Amulette eingestuft werden.1 Für die Badari-Epoche wurden etwa zwei aus Knochen geschnitzte Objekte derart angesprochen, konkret eines in Form eines Steinbock(?)-Kopfes, ein anderes in Form eines Nilpferdes.2 Ein besonders typisches Objekt der Nagada-Zeit, und zwar etwa Nagada IIC-IIIC2, ist ein Amulett, das heutzutage üblicherweise als Rinderkopf interpretiert wird,3 während Petrie es als Widderkopf verstanden hat.4 Obgleich die meisten Fundstücke aus Gräbern kommen, gibt es auch eindeutige Belege aus Siedlungsschichten. Dieser Amulettyp ist inzwischen durch Funde aus Südpalästina (die im Zusammenhang eines generellen ägyptischen Einflusses in dieser Zeit stehen) auch über Ägypten selbst hinaus belegt.5 Das betreffende Amulett besteht aus einem relativ abstrahierten Kopf sowie nach unten eingerollten Hörnern (Abb. 1). Typisch ist, daß die Augen aus einem eingelegten Material gesondert gefertigt sind. Diejenigen Forscher, die das Objekt als Rinderkopf interpretieren, versuchen sich dann teilweise an sehr spezifischen Interpretationen. So wird der Stier als Symbol von Fruchtbarkeit und Zeugungsstärke verstanden. Baumgärtel hat an eine Doppeldeutigkeit gedacht, daß die Hörner auch als Arme und die Augen als Brüste verstanden werden könnten und somit das Amulett als Symbol der Fruchtbarkeitsgöttin zu verstehen sei.6 Unter Ablehnung von Baumgärtels Auffassung hat Needler einen Prototyp späterer Stiergötter oder eine Kuhgöttin erwogen, aber angesichts der

1

BAUMGÄRTEL, Cultures II, 72–76; HORN, Cognitive Link; ANDREWS, Amulets, 8–9. Vgl. MIDANT-REYNES, Prehistoire, 186; M. SMITH, Following Osiris, 18–20. 2 BRUNTON, CATON-THOMPSON, Badarian Civilisation, 27, Taf. XXIV Nr. 14 u. 15; Taf. XXXI Nr. 1; TASSIE, Pehistoric Egypt, 259 Abb. 78.261. 3 ANDREWS, Amulets, 61. HENDRICKX, Bovines, 284–288.307 f. (vollständiger Katalog von Stükken mit archäologisch gesicherter Provenienz) gibt genaue chronologische Angaben. 4 PETRIE, Amulets, 44. Auch FAVARD-MEEKS, Face, 19 meint, die Position der Hörner könnte mehr für einen Widder als einen Stier sprechen. 5 VAN DEN BRINK, GOPHNA, OVADIAH, Burial Cave 2, 64 f. 6 BAUMGÄRTEL, Cultures II, 73 f. Vgl. auch TASSIE, Prehistoric Egypt, 372, der die Krümmung der Arme von Frauenfigurinen als ähnlich wie die der Hörner auf den Rinderkopf-Amuletten ansieht.

44

2 Von der Frühzeit bis zur Ersten Zwischenzeit

Formalisierung der Objekte auch ein einfaches animistisches Symbol physischer Macht für möglich gehalten.7 Objektiv sollte man sagen, daß die Art der Stilisierung der Hörner, die nach unten gehen und unterhalb der Augen aufeinandertreffen, deutlich allem widerspricht, was sowohl an ägyptischer Darstellungskonvention von Rinderköpfen als auch von tatsächlicher Rinderanatomie her vertraut ist; mit der Deutung hapert es somit schon auf der elementarsten Ebene der korrekten Erkennung des Bildes. In neuerer Zeit ist deshalb auch eine Deutung als Elefantenkopf vorgeschlagen worden.8 Hendrickx verteidigt die Deutung als Stier (allerdings unter Kombination mit menschlichen Elementen) mit Verweis auf eine unpublizierte Felszeichnung eines Bukranions in Gebel Faradi, auf dem die Hörner nach unten zeigen, sowie die Rinderköpfe der Mastaba S 3504 in Saqqara, die von etwa 300 Rinderköpfen umgeben ist, deren Köpfe in Lehm modelliert wurden und deren Kopfform seiner Meinung nach dem ovalen Kopftyp der Amulette entspricht, obgleich die Hörner in diesem Fall nach außen zeigen.9 Im Vergleich zu den prädynastischen Frauenfiguren erkennt er eine Ähnlichkeit in der Art, wie bei diesen die Arme über der Brust gebogen seien und in stumpfen Enden statt in Händen ausliefen, so daß er in dem Amulett auch eine weibliche Komponente sehen will. Er erwägt auch, ob es sich bei diesem Amulett um einen Vorläufer des königlichen Bartes handele bzw. die Intention bestanden habe, den König als Personifikation des betreffenden Amuletts erscheinen zu lassen. Weiterhin spekuliert er darüber, ob das spätere Bat-Symbol (s. S. 48) Verbindungen mit diesem Objekt aufweise, da bei ihm die Hörner eine ähnlich starke Biegung hätten, wenn auch nach oben statt nach unten. Hinsichtlich der Deutung vermutet er eine generelle Prophylaxe, allerdings im Wesentlichen aufgrund der Häufigkeit und der Verwendung als Anhänger. Der Stier und besonders seine Hörner hätten eine Symbolik der Stärke, das weibliche Element würde nicht unbedingt nur auf Fruchtbarkeit hinweisen, sondern auch auf Regeneration des Lebens nach dem Tod. Letztlich sieht er den Nutzen des Amuletts im Zusammenhang der Kraft und Stärke, die für die Erneuerung des Lebens nach dem Tod gebraucht würde. Mich überzeugt die Deutung des Objektes als Rinderkopf weiterhin nicht. Die Rinderköpfe der Mastaba in Saqqara weichen im generellen Erscheinungsbild doch erheblich ab,10 und mit dem Fall einer eindeutigen Identifizierung des Dargestellten bleiben alle Deutungen hypothetisch, bzw. die Annahme, daß das Objekt prophylaktisch wirken soll, geht kaum über das hinaus, was man von Amuletten ohnehin erwartet. Gerade angesichts der Funde aus Siedlungen sollte man zudem eine Interpretation ohne spezifischen Bezug auf Tod und Regeneration bevorzugen. Eine ganz andere Zugangsweise sei wenigstens kurz vorgeschlagen. Denkbar wäre, daß gar keine Hörner dargestellt sein sollen, sondern das Objekt vielmehr die durch Zugabe von Augen stärker „anthropomorphisierte“ Darstellung dessen ist, was im Alten

7

NEEDLER, Predynastic and Archaic Egypt, 317 f. VAN LEPP, Misidentification; so auch FLIMM, KÜHN, Pharaos Tiere, 9.15. WENGROW, Early Egypt, 107 läßt die Entscheidung zwischen Rinder- und Elephantenkopf offen. 9 HENDRICKX, Bovines, 286 f. 10 Vgl. EMERY, Great Tombs, Taf. VII. 8

2.1 Die Anfänge des Amulettwesens

45

Reich als Schriftzeichen des Gottes ôw# bzw. ôw#-wr gelegentlich belegt ist und wohl den königlichen Kinnbart darstellt.11 Ebenfalls bereits aus der Naqada-Zeit, speziell ab Naqada II, sind Falken bekannt, die teilweise an Ketten, also wohl als Amulette getragen wurden.12 In der für die frühesten Epochen typischen Weise sind sie relativ flach kauernd, noch nicht so aufgerichtet wie in der dynastischen Zeit dargestellt (Abb. 2). Angesichts der durchlaufenden Tradition der Falkenbilder in Ägypten kann man hier eher Ansätze einer Deutung riskieren. Der Falke wird in Ägypten immer mit Aggressivität und Kraft gegen Feinde verbunden;13 er steht etwa im Falle des Horus klar für einen königlichen Gott. Daß der Träger etwas von diesen Kräften bzw. den Schutz einer derartigen Gottheit erlangen wollte, ist wenigstens nicht unplausibel. Auch das Nilpferd ist bereits in dieser Zeit, sogar schon in der Badari-Kultur, gelegentlich als Amulett anzutreffen.14 Nilpferddarstellungen späterer Zeit, die aber im Gegensatz zur hier vorliegenden nicht rein tierisch stilisiert sind, sondern als weibliche Göttin mit Nilpferdleib, sind eine wichtige Darstellung von Schutzgöttinnen (s.u. S. 69– 72). Neben diesen Objekten sind einige andere Tiere als potentielle Amulette anzusprechen. Ein Krokodil zeigt jedenfalls, daß dieses eindrucksvolle und gefährliche Tier schon damals im Symbolsystem eine Rolle spielte. Eine stilisierte Fliege könnte, wenn man es riskiert, Bewertungen der Ägypter aus deutlich späterer Zeit heranzuziehen, für Hartnäckigkeit gegenüber Feinden stehen (vgl. u. S. 221). Aus Mostagedda stammt ein aus Knochen geschnitzter Schakal (BM EA 62411), der mit einer Durchbohrung versehen ist, somit am Körper getragen worden sein könnte (Abb. 3).15 Aus einem einzigen Grab stammt ein Ensemble, das eine Mondsichel, eine Scheibenperle und eventuell einen vierstrahligen Stern umfaßt16 – allerdings werden Sterne in Ägypten später standardmäßig fünfstrahlig dargestellt.

11 Z.B. PT 631a; 1428a; 2042b; wohl auch 1329c; BORCHARDT, Sa#hu-Reo, 37 u. 97 f., Blatt 19; LABROUSSE, Pépy Ier, 154; vgl. KEES, Kulttopographische und mythologische Beiträge, 25; WILLEMS, Coffin of Heqata, 392 f.; VOLOKHINE, Barbe et barbus, 71–72; vgl. auch die abwegige Behandlung durch STRACMANS, LIBON, Vénus, 7 f. Zum Vorkommen in Titeln s. JONES, Index, 585 f.729. SCHARFF, Abusir el-Meleq, 57 (zu Nr. 369) mit Anm. 3; DERS., Altertümer der Vor- und Frühzeit, 93 hat unter Hinweis auf die Ähnlichkeit mit dem Amulettyp die Deutung des Schriftzeichens des Gottes als Kinnbart bestreiten wollen. Das Argument dürfte aber vielmehr in dem Sinne umzudrehen sein, daß die Ähnlichkeit des Schriftzeichens mit dem Amulett gegen dessen optisch alles andere als plausible Auffassung als Rinderkopf spricht. Vgl. HENDRICKX, DE MEYER, EYCKERMAN, Royal False Beard, 137–140, die eine Entwicklung vom Rinderkopfamulett zum falschen Bart annehmen und vermuten, der König solle als Personifizierung des Rinderkopfamulettes und/oder des Bat-Symbols dargestellt werden. 12 BAUMGÄRTEL, Cultures II, 75. Vgl. HENDRICKX, FRIEDMAN, EYCKERMAN, Early Falcons, 135– 139. 13 HSU, Bilder, 438–441. 14 BAUMGÄRTEL, Cultures II, 72 f. 15 BRUNTON, Mostagedda, 86, Taf. XLIII Nr. 28. 16 BAUMGÄRTEL, Cultures II, 75 f.

46

2 Von der Frühzeit bis zur Ersten Zwischenzeit

Unter Umständen Amulettwert haben auch Schnecken- und Muschelschalen, die sowohl als echte Naturobjekte wie auch als Nachahmungen in Stein bezeugt sind. Derartige Molluskengehäuse sind später, vor allem im Mittleren Reich, mit ziemlicher Sicherheit als Schmuck bzw. Amulette getragen und dann auch in Edelmetall nachgeahmt worden (s. S. 63 f.). Hinzu kommt noch der Riesenbereich einfacher Perlen, denen potentiell auch eine Amulettfunktion zugeschrieben werden kann. Ich werde an dieser Stelle nicht im Detail darauf eingehen, sondern später, wenn auch Textquellen zur Deutung zur Verfügung stehen (s. S. 56). Jedenfalls gibt es einige Perlenketten, an denen größere Einzelelemente hervorgehoben sind und eventuell eine besondere Bedeutung haben. Einen neueren Vorschlag, eine Gruppe von 15 Elfenbeinfischen aus dem großen Grab von Naqada als Amulette aufzufassen, die mit Wiedergeburt zu tun haben,17 möchte ich eher mit Skepsis aufnehmen. Einige als Amulette interpretierte Objekte haben sich in Gräbern der frühdynastischen Zeit (1.–3. Dynastie) in der Badari-Region gefunden.18 Soweit anthropologische Befunde vorliegen, stammt keines der Objekte aus einem Kindergrab. Das Spektrum der Typen ist relativ begrenzt.19 Neben einem Objekt, das möglicherweise einen Menschen darstellt, gibt es Tierköpfe (Löwen, Hunde, Rinder und ein unidentifiziertes Tier), Fliegen, Schlangenköpfe und Muscheln. Materialien sind Steatit, Fayence, Kalkstein, Porphyr, Amethyst und Karneol. Es dürfte möglich sein, Brücken von diesem Material zu den Typen des späten Alten Reiches und der ersten Zwischenzeit zu schlagen.20 Mit diesem noch relativ mageren Befund schließe ich den Bereich der Vor- und Frühzeit ab und komme zum Alten Reich, wo in den älteren Epochen zunächst wenig Originalmaterial vorliegt.

2.2

Darstellungen von Amuletten in Plastik und Relief des Alten Reiches

2.2 Darstellungen von Amuletten im Alten Reich

In einigen Fällen lassen sich immerhin in Reliefdarstellungen von Personen im Alten Reich Objekte ausmachen, die als zu Lebzeiten getragene Amulette anzusprechen sind.21 Ausgesprochen selten ist eine Art Halsring in Form einer Kartusche, der nur in der 3. und beginnenden 4. Dynastie belegt ist.22 Er scheint etwa in dem Moment zu verschwinden, als für die Schreibung der königlichen Thron- und Eigennamen eine Verwendung der Kartusche ab Snofru durchgängige Norm wird; d.h. dieses Objekt ist aus einer ursprünglich breiteren Verwendung herausgenommen und ab dann für die königliche

17

BAGH, First Dynasty Jewellery, 591–605. Vgl. GASHE, Beads and Amulets, 71–82. 19 Abbildungen in BRUNTON, Qau and Badari, Taf. 17. 20 Vgl. auch die Amulette BM EA 57750–57753 (ein Löwe, ein Pelikan, zwei Geier), die in die Naqada III-Zeit datiert werden, allerdings keine archäologisch dokumentierte Provenienz haben. 21 Vgl. STAEHELIN, Tracht, 100–109; BAINES, Display of Magic, 1–32. Zu möglichen textlichen Erwähnungen s. KLOTH, (Auto)biographische Inschriften, 169–170. 22 STAEHELIN, Tracht, 105–109. 18

2.2 Darstellungen von Amuletten im Alten Reich

47

Sphäre reserviert worden.23 Die Intention dieses Objektes sollte von der Konzeption ausgehen, ein schutzbedürftiges Objekt im Inneren durch eine nahtlose Umringelung von allen potentiell schädigenden äußeren Einflüssen fernzuhalten und zu bewahren. Sicher das häufigst dargestellte Amulett des Alten Reiches ist dagegen ein Objekt, das gerne als tropfenförmig mit zwei äußeren Fortsätzen beschrieben wird (Abb. 4). Es ist in den Gräbern vorrangig bei Darstellungen des Grabinhabers und seines Sohnes bezeugt, während es bei Frauen ausgesprochen unüblich ist.24 Es wird auf einer Schnur aufgezogen und fakultativ auch noch mit Perlen kombiniert. Auch bei diesem Objekt ist eine soziale Verschiebung festzustellen, denn nach dem Ende des Alten Reiches begegnet es dann wieder exklusiv für Könige im Mittleren Reich,25 daneben noch für den vergöttlichten Sarenput II. in Elephantine.26 In den Objektfriesen der Sarkophage des Mittleren Reiches kann es weiterhin bei Privatleuten dargestellt sein,27 jedoch zeigen diese Friese ohnehin gerne auch königliche Insignien. Wieder aufgegriffen wird es in der Darstellung hochrangiger Privatpersonen der 25. und 26. Dynastie, bei denen die Spezialisten streiten, ob es sich um ein archaisierendes Wiederaufgreifen eines Motivs des Alten Reiches handelt oder um ein zeitgenössisch tatsächlich beliebtes Objekt.28 Die Forschung hat sich mit der Deutung bislang schwer getan.29 Ich vermute am ehesten, daß es sich um ein zusammengeknotetes Säckchen aus Stoff oder Leder handelt, in dem sich magisch wirksame Substanzen befinden. Einige mögliche Inhaltsstoffe werden bei der Behandlung der Naturobjekte und der Knotenamulette (Kap. 4 und 5) angesprochen werden. Seltener sind dagegen Amulette am Hals, die wie Pinienzapfen oder Blüten aussehen, oder zusammengeschnürte Bündel evozieren.30 In der 4. und 5. Dynastie belegt ist ein Amulett in ovaler Form, das meist seitliche Ausbuchtungen hat.31 Ich neige dazu, hier frühe Formen von Herzamuletten zu erkennen, wie man sie von den tatsächlichen archäologischen Fundobjekten dieser Zeit kennt (s. S. 52). Besonders bei Frauen gibt es eng anliegende Halsketten, die in der Forschung insbesondere im englischsprachigen Raum wenig schmeichelhaft als Hundehalsbänder (dog collars) bezeichnet werden.32 Es gibt auch komplexere Gebilde. Auf der Frauenstatue Kairo CG 139 (5. Dynastie) ist ein Halskragen um weitere Schmuckelemente erweitert dargestellt (Abb. 5). Dabei kann man klein dargestellt hockende Katzen oder Löwen

23

BAINES, Display of Magic, 9 f. STAEHELIN, Tracht, 101–103 25 EVERS, Staat aus Stein, 33 § 221; JURMAN, Legitimisation, 193 f. 26 HABACHI, Elephantine IV, 42, Taf. 30–36; BAINES, Display of Magic, 12. 27 JEQUIER, Frises d’objets des sarcophages, 56–58. 28 Vgl. RUSSMANN, Relief Decoration, 324 f.; KULHMANN, SCHENKEL, Ibi, 89 Anm. 397; HÜTTNER, Mumienamulette, 28 f.; PISCHIKOVA, Style and Iconography, 76 f.; DIES., Self-Presentation of Padibastet, 463–466. 29 Vgl. BAINES, Display of Magic, 9–16 mit Verweis auf eine m.W. noch nicht erschienene Studie von Y. Harpur. 30 STAEHELIN, Tracht, 103 u. 104 f.; eventuell nur eine Sonderform des Säckchens. 31 STAEHELIN, Tracht, 103 f. 32 STAEHELIN, Tracht, 127 f. 24

48

2 Von der Frühzeit bis zur Ersten Zwischenzeit

erkennen,33 denen man eine Amulettfunktion zumindest nicht von vornherein absprechen kann (für Katzenamulette späterer Epochen s. S. 73.242). Schließlich sind Perlen zu nennen, und zwar entweder nur eine einzelne größere allein, oder eine größere noch mit kleineren kombiniert.34 Auf einem Relieffragment wohl von einem königlichen Totentempel sehen wir eine solche größere Kette mit einem eng anliegenden Halsband kombiniert.35 Teilweise könnte es sich allerdings um Rollsiegel, nicht um große lange Perlen handeln.36 Neben solchen vielfältigen Möglichkeiten des Halsschmuckes steht ein Objekt, das eventuell Amulettfunktion hat und nicht am Hals, sondern tiefer am Rumpf getragen wird.37 Es handelt sich um das sogenannte B#.t-Symbol (Abb. 6).38 Bat ist eigentlich die Göttin des 7. oberägyptischen Gaues, die spätestens ab dem Mittleren Reich eng mit Hathor verbunden wird. Ihr Symbol besteht aus einem Gesicht, das menschlich gestaltet ist und dann eigentlich janusköpfig, also mit Gesichtern in beide Richtungen. Hinzu kommen zwei Kuhhörner, die in späteren Epochen stark stilisiert werden und mehr wie Spiralen wirken. Obgleich dieses Objekt mit einer eher obskuren Provinzgöttin verbunden ist, scheint es gerade in der Frühzeit von einiger Bedeutung gewesen zu sein. So wird es auf der Nar-Meher-Palette vom König selbst getragen; später ist es spezifisch mit dem Rang der Palastleiter (Xrp-oH) verbunden. Angeblich aus der Thinitenzeit stammt auch ein Amulett aus Gold, das einen Stier mit einem derartigen Objekt um den Hals zeigt.39 Ins Neue Reich datiert eine Inschrift, in der Amenhotep Sohn des Hapu berichtet, wie ihm beim Sedfest Amenhoteps III. ein solches b#.t-Symbol verliehen wurde (Urk. IV, 1837,13).40 Angesichts der Tatsache, daß für das Sedfest Amenhoteps III. bewußt auf alte Vorlagen zurückgegriffen wurde,41 dürfte es sich dabei um das bewußte Wiederaufgreifen eines alten Objekts handeln. Unsicher bleibt dennoch, ob es sich um ein Amulett oder einfach ein Würdezeichen handelt. Neben diesen Darstellungen aus Beamtengräbern steht eine Szene mutmaßlich aus einem königlichen Totentempel des Alten Reiches, in der im Rahmen einer Sedfestszene ein Mann mit einem Amulett um den Hals zu sehen ist, das an das spätere Tit-Zeichen erinnert (Abb. 7).42

33

BORCHARDT, Statuen AR, Teil I, 103. STAEHELIN, Tracht, 103 f. 35 GOEDICKE, Re-Used Blocks, 86–88. 36 Vgl. DUBIEL, Amulette, Perlen und Siegel, 142 f. Taf. VII–VIII. 37 STAEHELIN, Tracht, 128–135. 38 FISCHER, Goddess Bat, (Nachträge DERS., Varia Aegyptiaca, 50 f.); FAVARD-MEEKS, Face et profil; VOLOKHINE, Frontalité dans l’iconographie, 58–60; RASHED, Bat pendant; PIEKE, Djehutihoteps seltenes Schmuckstück; DIES., Lost in transformation, 264–268. 39 FISCHER, Goddess Bat, 12 mit Anm. 41; FAVARD-MEEKS, Face, 18 40 VARILLE, Inscriptions, 90–93; FAVARD-MEEKS, Face, 30. 41 HORNUNG, STAEHELIN, Neue Studien, 61; vgl. LANGE-ATHINODOROU, Sedfestritual, bes. 394. 42 GOEDICKE, Re-Used Blocks, 36 f. 34

2.3 Der Beginn der dynastischen Amulette

2.3

49

Der Beginn der dynastischen Amulette

2.3 Der Beginn der dynastischen Amulette

Es ist reizvoll, diese Abbildungen aus den Gräbern der Elite mit dem zu verbinden, was man an realen Funden aus Gräbern vorwiegend der Mittelschicht, aber teilweise auch der Elite konkret für Amulettypen kennt. Nun kann man sicher gerade im Bereich der einfachen Schmuckelemente reale Parallelen aufzeigen.43 Halsketten aus durchbohrten bunten Steinen sind leicht aufzufinden, und öfters enthalten sie auch etwas größere, unregelmäßig geformte Objekte, die klärlich keine einfachen Perlen sind. Ihnen einen Wert als Amulette zuzuschreiben, ist somit naheliegend, auch wenn eine spezifischere Deutung nicht leicht fällt. Etwas auffälliger und spezifischer sind da schon Amulette in Käferform (Abb. 8). Sie haben jedoch nichts mit den späteren Skarabäen zu tun, sondern es handelt es sich um längliche Käfer, die zur Elateriden-Familie gehören und als Agrypnus notodonta/Lanelater notodonta identifiziert worden sind. Diese Käfer scheinen spezifischer mit der Göttin Neith verbunden.44 Auffällig an ihrem Verhalten ist, daß sie sich bei drohender Gefahr totstellen, um sich anschließend in die Höhe zu schleudern und wieder auf den Füßen zu landen.45 Nun sind derartige Objekte allesamt deutlich zumindest auch Schmuckelemente. Etwas anders sieht es dagegen bei Amuletten im engeren Sinne aus, die keinerlei evidente Schmuckfunktion haben. Nach den vor- und frühgeschichtlichen Funden setzt in Ägypten zunächst einmal eine Überlieferungslücke im Bereich der Amulette ein. Erst gegen Ende des Alten Reiches beginnt der sogenannte Komplex der dynastischen Amulette. Ob dies einer realen Abwesenheit von Amuletten in den dazwischenliegenden Jahrhunderten entspricht oder primär mit Wandlungen der Beigaben- und Ausstattungssitte bei den Begräbnissen zusammenhängt, wird sich schwer entscheiden lassen. Was dann in den Gräbern konkret faßbar ist, hat jedenfalls keine evidenten Verbindungen mit den Objekten, die in den Gräbern des Alten Reiches als getragener Schmuck dargestellt sind. Derzeit sind drei Fundkomplexe die Hauptquellen für unsere Kenntnis der betreffenden Objekte. Der erste ist ein Gräberfeld des alten Reiches in Nago ad-Dair, das von George Andrew Reisner und der Hearst Expedition ausgegraben wurde.46 Die dortigen Gräber, soweit sie Amulette enthalten, werden in die 5. und 6. Dynastie datiert. Aus 31 Gräbern wurden insgesamt 447 Amulette ergraben. Daraus kann man folgern, daß einerseits bei weitem nicht jedes Grab des Friedhofs mit Amuletten ausgestattet war, andererseits in manchen Gräbern sehr viele Amulette lagen, im konkreten Fall bis zu 66. Leider sind in der Publikation nur Photos von oft eher indistinkter Qualität vorgelegt worden, keinerlei Zeichnungen. Es gibt lediglich knapp verbalisierte Beschreibungen der Objekttypen und verwendeten Materialien. Zahlenmäßig am häufigsten ist wohl Fa-

43

BROVARSKI, Beaded Collars, 137–162. HENDRICKX, Two Protodynastic Objects; ADAMS, Dish of Delight; MEEKS, ‘Insectes’ égyptiens, 288 f.; WILDE, Grabbeigaben, 180–182; VON BOMHARD, Neith. 45 LEVINSON, LEVINSON, Wehrhafte Gliederfüßler, 132 f. 46 REISNER, Provincial Cemetery Part III. 44

50

2 Von der Frühzeit bis zur Ersten Zwischenzeit

yence für die Amulettherstellung gebraucht worden, es gibt aber auch viele Steinamulette. Von diesen ist roter Karneol am häufigsten, auch ein grünlicher Stein, möglicherweise Amazonit, ist gelegentlich belegt. An organischen Substanzen erscheinen Knochen und Elfenbein. Das Material scheint in der Mehrzahl der Fälle auf Ketten aufgezogen gewesen zu sein. Neben handwerklich speziell gefertigten Objekten sind immer wieder auch Schneckengehäuse vorhanden, die dann zum Auffädeln durchbohrt sind bzw. Teile der Schale abgeschliffen haben. Einen wichtigen Bereich der Funde aus diesem Gräberfeld sowie auch den nachfolgend behandelten Fundorten werde ich bewußt hier noch nicht genauer durchsprechen, nämlich die sogenannten Knopfsiegel. Auf sie werde ich in einem eigenen Abschnitt zurückkommen, wenn es um die Anfänge der Skarabäen in Ägypten geht (s. S. 169– 174). Als zweites zu nennen ist eine Region in Mittelägypten, die zwischen den beiden Weltkriegen durch Guy Brunton ausgegraben wurde. Dort wurden im Bereich von Qau, Mostagedda und Matmar etliche Gräberfelder aus verschiedenen Epochen aufgefunden, unter denen sich auch solche des späten Alten Reiches und der Ersten Zwischenzeit befanden.47 Die hier vorgelegten Zeichnungen und Typologie stellen im Grunde das Rückgrat der Forschung über Amulette der betreffenden Zeit dar. Insbesondere eine relativ genaue Beobachtung der Fundumstände hat es ermöglicht, hier Untersuchungen über die Position bestimmter Amulettypen am Körper durchzuführen.48 Dabei hat sich ergeben, daß der Halsbereich sozusagen der neutrale Punkt am Körper ist, wo Amulette jeder Art ihren Platz finden können – und das korrespondiert gut mit magischen Sprüchen, in denen sicher der Hals derjenige Körperbereich ist, wo am häufigsten und auch unabhängig von der konkreten Wirkung Amulette angebracht werden. Sonst sind Körperteile typischerweise in dem Bereich angebracht, zu dem sie logisch gehören, also etwa Hände an den Armen und Handgelenken, Beinamulette dagegen an den Beinen. Das Udjatauge erweist sich dabei durch die Vielfalt seiner Tragemöglichkeiten als ein Objekt, das nicht auf derselben Ebene liegt wie normale Körperteilamulette, sondern ganz eigene Bedeutung hat; wohl als generelles Schutzmittel gilt. Dritte wichtige Quelle für frühe Amulette aus korrekt dokumentierten wissenschaftlichen Ausgrabungen ist eine Gruppe von Mastabas aus der Oase Dachla, die ins späte Alte Reich datieren. Dabei handelte es sich vor allem um die Gräber von Oasengouverneuren. Dies bietet die reizvolle Option, hier die Beigabensitten der lokalen Elite zu fassen, während auf den oben analysierten Gräberfeldern vornehmlich die Mittel- oder sogar Unterschicht dominiert.49 Die Gräber sind relativ rezent ausgegraben und mit ausführlicher Dokumentation publiziert, was sehr gute Ausgangsbedingungen schafft. Vor

47

Publikation in BRUNTON, Qau and Badari I, Taf. XXXV–XXXVI; DERS., Qau and Badari II, 7– 16, Taf. XCIII–XCIX; DERS., Mostagedda, 106, Taf. LV–LVI; DERS., Matmar, 46 f., Taf. XXXI– XXXII. 48 DUBIEL, Anthropomorphe Amulette; DIES., Amulette, Siegel und Perlen, 51–59. 49 Tatsächlich lassen die Befunde in Dachla eine gewisse Vorsicht gegenüber der Position von DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 66 f. angezeigt erscheinen, es handele sich um Objekte mit nicht-

2.3 Der Beginn der dynastischen Amulette

51

allem sind die wissenschaftlichen Zeichnungen auch besonders qualitätvoll, was die Arbeit der Identifizierung dieser oft problematischen kleinen Objekte erleichtert. Mastaba V diente als Grabstätte des Medu-Nefer, daneben wurde sie auch für etliche Sekundärbestattungen genutzt.50 Am reichsten ausgestattet war das Grab des Medu-Nefer selbst, an dessen Leichnam fünf verschiedene Fundbereiche definiert wurden, nämlich Kopf und Hals, Brust, Becken, linker Oberschenkel bzw. Handgelenk; rechter Oberschenkel bzw. Handgelenk und Füße. Die von Dubiel für die Qau-Region beobachteten Regeln der Anbringung von Körperteilen scheinen hier allerdings nicht zu greifen. Jedenfalls sind Kopf-, Hand- und Faustamulette auch an den Füßen aufgefunden worden. Sonst waren nur noch bei zwei weiteren Bestattungen überhaupt Amulette vorhanden. In einem der Nebengräber (T4) wurde auch ein frühes skaraboides Siegel in Form einer Schildkröte gefunden. Ebenfalls reich an Objekten war die Mastaba des Ima-Pepi/Ima-Merire (M I) mit über 20 sekundären Bestattungen.51 In den Fällen, in denen noch eine klare Zuordnung der Objekte zu Skeletten möglich war, scheinen sie vorzugsweise am Hals getragen worden zu sein. Dabei sind einerseits Schmuckfunde bei Frauenbestattungen generell häufiger gewesen, andererseits sind gerade Ketten, die nicht nur einfache Perlen aufwiesen, sondern spezifische Amulettformen, überhaupt nur bei Frauen sicher faßbar. Weniger reich an Funden war die Mastaba des Ima-Pepi (M II),52 was vorrangig an der Beraubung der Hauptbestattung liegt. Dafür sind zwei Nebengräber relevant, insbesondere Grab C. Das Fundspektrum an sich ist ähnlich, es gibt Körperteile, Tiere und Tierteile, Anch-Zeichen; Muscheln; Herzanhänger. Besonders hervorzuheben sind käferförmige Anhänger, bei denen es sich um den schon oben erwähnten Käfer handelt, der mit Neith zu verbinden ist. Hauptsächlich, ja fast durchgehend fanden sich die Amulette am Hals, sofern noch eine Position bestimmt werden konnte. Daneben ist lediglich für zwei Beinamulette eine Lage im Fußbereich nachgewiesen. Die Mastaba des Chentika (M III) fällt aus dem sonstigen Befund dagegen deutlich heraus, da in ihr praktisch keinerlei Amulette gefunden wurden.53 Allerdings wurde die Hauptbestattung offenbar gründlich und in aller Ruhe ausgeraubt, so daß mutmaßlich ursprünglich Amulette vorhanden waren, die aber das Interesse der Räuber gefunden haben und deshalb heute für uns nicht mehr zu fassen sind. Lediglich Armbänder und Halsketten aus Perlen lassen sich noch nachweisen. Unter ihnen befindet sich immerhin eine Halskette, auf der neben normalen Perlen auch ein hockender Vogel aus Karneol aufgezogen war. Ein Knopfsiegel aus Kupfer ist speziell zu erwähnen. Dagegen waren Gräber sozial niedrigerer Personen im Umkreis der Mastaba des Chentika ergiebig an Amuletten.54

elitärer Herkunft und Ausdrucksmitteln. GRAJETZKI, Zoo en-miniature, 200, spricht sich dafür aus, derartige Amulette seien von allen sozialen Schichten im Leben getragen worden. 50 VALLOGIA, Balat I. 51 VALLOGIA, Monument funéraire d’Ima-Pepy/Ima-Meryrê. 52 MINAULT-GOUT, DELEUZE, Balat II. 53 CASTEL, PANTALACCI, CHERPION, Balat V. 54 CASTEL, PANTALACCI, Balat VII, 87–224 u. 445–463.

52

2 Von der Frühzeit bis zur Ersten Zwischenzeit

Daneben sind weitere Fundkomplexe von geringerem Umfang ausgegraben worden. Eine Gruppe von Amuletten sowie Perlen wurde von Reisner im Zusammenhang mit einem Beutel voller Bronzegeräte in einer späteren Nutzungsphase des Totentempels des Mykerinos gefunden.55 Vom Ausgräber wurden sie in die 5. oder frühe 6. Dynastie datiert, allerdings gibt es auch skeptische Stimmen, die für einen späteren Ansatz plädieren.56 Zunächst gab es hier eine große Menge Perlen, von denen die Masse ring- (270) oder scheibenförmig (150) waren und wohl die Basissubstanz von Ketten bildeten. Seltener und schon dadurch hervorgehoben waren einige röhren- oder faßförmige Perlen. Ein offener Ring war aus Elfenbein gearbeitet. Spezifischer als Amulette relevant sein könnten folgende Objekte: ein herzförmiger Anhänger aus Alabaster, ein Bein aus Karneol, eine geöffnete Hand aus blauer Fayence, ein Udjat-Auge aus blauer Fayence, eine Schildkröte, ein gehörntes Tier, ein Fisch und ein Nilpferd aus Elfenbein, ein Tierkopf aus Schiefer. Sechs Fayenceobjekte, die der Ausgräber als grobe Skarabäen anspricht – das Photo erlaubt keine gute eigene Beurteilung – sowie acht kleine Amulette, bei denen schon dem Ausgräber keine Deutung einfiel, kommen hinzu. Dieser Fund ist dadurch von besonderem Interesse, daß er nicht aus einem Grabzusammenhang stammt, auch wenn nicht restlos klar ist, warum er dort deponiert wurde. Möglicherweise handelt es sich um das Versteck eines Handwerkers, der seine Werkzeuge sowie einen Teil der laufenden Produktion aus unklaren Gründen vergraben hat. Unter den Felsgräbern der Nekropole von Deshashe im Alten Reich konnte Petrie in einem Sarg im Grab 117 eine ungestörte Bestattung finden, bei der an den Armgelenken etliche Amulette getragen wurden.57 Folgende Objekte waren vorhanden: Udjat-Augen, und zwar meist nach rechts, einmal aber auch nach links blickend, aus Karneol, grauem Achat, Hämatit, braunem und grünem Kalkstein; geöffnete Hände, der Daumenposition nach stets linke, aus Karneol und grauem Achat; zur Faust geballte Hände, sowohl linke als auch rechte, aus Karneol und braunem Kalkstein; eine stehende anthropomorphe Gestalt aus braunem Kalkstein; ein Löwe aus Karneol sowie ein Doppellöwe aus wolkigem Achat; ein Pantherkopf aus Lapislazuli; Schakalköpfe aus Karneol und Lapislazuli; ein Tierkopf(?) aus braunem Kalkstein; ein Kopf aus blau glasierter Keramik; ein Frosch aus Karneol; Bienen aus schwarzem Kalkstein und braunem Achat; lange Perlen aus Karneol und Lapislazuli sowie kurze Perlen aus glasiertem Stein, die gemeinsam mit diesen Amuletten auf einer Schnur aufgezogen waren. Petrie datiert den Fund in die 5. Dynastie,58 während Lilyquist und Müller-Winkler aufgrund sonstiger Vergleichsstücke nicht vor die ausgehende 6. Dynastie gehen wollen.59

55

REISNER, Mycerinus, 235, Taf. 66a. LILYQUIST, Mirrors, 103 mit Anm. 1119. WIESE, Anfänge der Stempelsiegelamulette, Taf. 35 datiert in die späte 6. Dynastie. 57 PETRIE, Deshashe, 16 f., Taf. XXVI. 58 PETRIE, Deshashe, 21. 59 LILYQUIST, Mirrors, 102–104; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 111 f. Vgl. KLOTH, (Auto)biographische Inschriften, 6 f. zur Frage, ob die Gräber in Deshasheh in die 5. oder die späte 6. Dynastie zu datieren sind. 56

2.3 Der Beginn der dynastischen Amulette

53

Ein offenbar nicht geringer Bestand an Amuletten wurde von Garstang in einem Gräberfeld des Alten Reiches und der 1. Zwischenzeit in Mahasna ausgegraben.60 Die Materialvorlage ist jedoch hinsichtlich der Beschreibung so summarisch und hinsichtlich der Abbildungen so undeutlich, daß eine genauere Analyse derzeit nicht durchführbar ist. Soweit erkennbar, handelt es sich um ähnliche Objekte wie auch sonst in den Gräbern dieser Epoche. Man hat als Material einerseits viel Karneol, andererseits glasierte Objekte, gelegentlich auch Gold. Körperteilobjekte, z.B. Beine, Hände und Gesichter sind gut vertreten; es gibt auch frühe Typen der Udjataugen, Vögel, Löwen, Muscheln. In Friedhöfen von Harageh, die in die Zeit der 6. Dynastie oder bald danach datieren, finden sich sowohl Knopfsiegel als auch eine ganze Reihe von Amuletten.61 Auch aus einem Grab etwa der 1. Zwischenzeit im Bereich des Teti-Friedhofs von Saqqara stammen Amulette, speziell eine lange Kette mit einer großen Anzahl von Amuletten aus Steatit und Karneol, daneben auch einige Perlenketten.62 Ebenfalls aus Saqqara, diesmal aus dem Bereich westlich der Djoser-Pyramide, kommt ein Fund, der aus dem Grab einer etwa 24–30 Jahre alten Frau stammt.63 Neben Perlen verschiedener Art sind hier auch Körperteile sowie Tiere, wohl auch die Nilpferdgöttin belegt. Material sind vor allem Knochen und Fayence, für einzelne Typen, besonders die Falken und Hunde, aber auch Steine. Datiert wird die Gräbergruppe, zu der es gehört, in die späte 6. Dynastie, eventuell auch Erste Zwischenzeit.64 In Abydos sind in wenigstens zwei Gräbern Amulette gefunden worden, die auf eine ähnliche Zeitstellung hindeuten.65 Die Amulette waren in beiden Fällen als Ketten um den Hals angebracht. Auf der Basis dieser Funde soll hier die Typenfront des späten Alten Reiches und der ersten Zwischenzeit etwas genauer analysiert werden.66 Zu allererst auffallen sollte die weitgehende Abwesenheit anthropomorpher Gottheiten, insbesondere der traditionellen Hochgötter des Pantheons. Einige Männer- und Frauendarstellungen unter den Amulettypen (Abb. 9) sind nicht ikonographisch auf Gottheiten festgelegt, ihre Deutung fällt eher schwer.67 Eventuell könnten sie mit bestimmten Darstellungen auf Knopfsiegeln in Verbindung gebracht werden (s. S. 170). Ein Punkt für sich ist die Darstellung eines Zwerges, die in dieser Zeit selten auftritt und mutmaßlich einen Vorläufer der späteren Bes- und Pataikos-Typen darstellt, über die ich unten mehr sagen werde (s. S. 227–235).

60

GARSTANG, MaHâsna and Bêt Khallâf, 29 f. Taf. XXXIX. ENGELBACH, Harageh, 7 f., Taf. IX.XIV.XLIX–LI. 62 FIRTH, GUNN, Teti Pyramid, 50, Taf. 36. Diskussion der Datierung bei MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 34–36, deren Schlußfolgerungen allerdings zu modifizieren sind, da die Balat-Funde inzwischen manche Typen wie z.B. Muscheln als alt erwiesen haben, die ihr als Kriterien für eine späte Ansetzung dienen. Ich würde von einer chronologischen Einheitlichkeit des Ensembles ausgehen. 63 RADOMSKA, KOWALSKA, KACZMAREK, RZEUSKA, Saqqara III, 70–78, Taf. CCLII. 64 RADOMSKA u.a., Saqqara III, 579 f. 65 PEET, HALL, HADDON, Cemeteries of Abydos, 18 f. Taf. VII. 66 Vgl. auch GYŐRI, Early Amulets; dagegen DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 64. BUSSMANN, Votiv Objects, 82, leitet das Formensprektrum dieser Amulette von zeitlich älteren Votiven ab. Vgl. jetzt weiter KOPP, Elephantine IX, 44.79–185.134 f.170–180; GRAJETZKI, Cobra Province, 141–144. 67 Vgl. DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 36 f. 61

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2 Von der Frühzeit bis zur Ersten Zwischenzeit

Es wäre zu erwägen, inwieweit dieser Göttermangel in den Rahmen eines grundsätzlichen Darstellungstabus zu stellen ist, denn es ist generell auffällig, daß die Darstellung von Göttern in Privatgräbern des Alten Reiches nicht zulässig ist.68 Am ehesten als anthropomorphe Gottheit, eigentlich aber nur ein niederer Genius, anzusprechen ist die Gestalt des Heh, also eines hockenden Mannes, der die Arme erhebt und in jeder eine Palmrispe hält; diese Amulette sind gerne aus Gold gefertigt (Abb. 10). Sie sollen nach ägyptischer Vorstellung einerseits den Luftraum stützen, andererseits stehen sie als Zahlzeichen für eine Million bzw. quasi unendlich viel. Eventuell kann man hier einen spezifischeren Vorschlag wagen: Diese Heh-Götter werden immer wieder in einer bestimmten wichtigen Spruchsequenz der Sargtexte angerufen, nämlich den sogenannten Schu-Sprüchen. Es wäre nicht auszuschließen, daß die betreffenden Amulette mit solchen Konzeptionen zusammenhängen; auch wenn unten (S. 59) gezeigt wird, daß in den Sargtexten selbst ein ganz anderer Amulettyp, nämlich ein Löwenvorderteil, für die Begleithandlung der betreffenden Sprüche vorgeschrieben wird. Menschliche Körperteile sind recht zahlreich vertreten; Kopf (Abb. 11),69 Herz (Abb. 12),70 Hand (Abb. 13)71 und Fuß (Abb. 14).72 Sie haben gerade in dieser Epoche einen ausgesprochenen Höhepunkt ihrer Verwendung. Übliche Annahme in der Forschung ist, daß solche Amulette dem Schutz der jeweils dargestellten Glieder gelten.73 Grundsätzlich hiervon ausgenommen ist das Udjat-Auge (Abb. 15), das vom späten Alten Reich an einer der allerhäufigsten Amulettypen in Ägypten ist. Bei ihm handelt es sich um das göttliche Auge des Horus, dessen Unversehrtheit und Vollständigkeit in den Texten immer wieder betont wird – dazu werde ich unten (S. 193–197) noch mehr sagen. Kronen und ähnliche Herrschaftssymbole erscheinen ebenfalls unter den Amuletten,74 insbesondere die Doppelkrone, und müßten im größeren Zusammenhang gesehen werden, daß nach dem Ende des Alten Reiches königliche Machtsymbolik auch von Privatleuten benutzt und dargestellt wird – am bekanntesten etwa in den Objektfriesen der Särge des Mittleren Reiches.75

68

HERB, Ikonographie, 127 f.; BOLSHAKOV, Representation and Text, 135. Hierzu vgl. MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 75–77. 70 Vgl. allerdings MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 226 f., welche die Belege der Ersten Zwischenzeit für herzähnliche Bulla-Amulette hält. 71 Hierzu vgl. MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 179–185; SOURDIVE, Main, 437–458; BRESCIANI, Mano aperta, 165–167. 72 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 196–200. 73 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 73; DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 64–76. Vgl. auch WIEDEMANN, Amulette, 15; HÜTTNER, Mumienamulette, 1–2; ähnlich ANDREWS, Amulets, 69, die m.E. die Funktion dieser Amulette zu sehr funerär im Sinne einer Vertretung des betreffenden Körperteils im Falle von Verwesung oder versehentlichem Verlust deuten. Gegen ihre Ansetzung, ab dem Mitteren Reich sei die Mumifizierungstechnik so weit fortgeschritten, daß Körperteile-Amulette nicht mehr nötig waren, spricht, daß Bestattungen mit Amulettbeigaben auch in späterer Zeit häufig nicht mumifiziert waren. Vgl. zu dieser Frage auch LASSALLY, Amulette und Tätowierungen, 131, der sie für göttliche Körperteile hält. 74 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 359 f.; DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 81–85. 75 JÉQUIER, Frises d’objets, 8–15; WILLEMS, Chests, 220–228. 69

2.3 Der Beginn der dynastischen Amulette

55

Die Zeichen für onX „Leben“ und @ô „Dauer“ erscheinen zwar in diesem Material, sind aber noch ziemlich selten, wobei das Anch-Zeichen als eigentliches Amulett ohnehin nie wirklich häufig wird; erst in der Spätzeit gibt es wieder etwas substantiellere Bezeugungen (s. S. 265). Für den Moment mag die unmittelbare wörtliche Bedeutung dieser Zeichen eine ausreichende Begründung für ihre Verwendung darstellen, auf die Detailprobleme insbesondere beim Djed-Pfeiler werde ich im Zusammenhang der Totenbuchamulette noch genauer eingehen (s. S. 197–200). Tiere und Tierteile erscheinen sehr häufig in diesem Material. In manchen Fällen liegt es ziemlich auf der Hand, daß die betreffenden Tiere für Gottheiten stehen könnten, insbesondere die Ibisdarstellungen wird man gerne mit Thot verbinden. Bei Hunde- oder Schakalsdarstellungen (Abb. 16) mag man an Anubis oder Upuaut denken. Aber was für eine Gottheit sollte man etwa in einer Wachteldarstellung vermuten? Daß eine Korrelation zwischen Tier und Gottheit prinzipiell möglich ist, zeigt der Sargtextspruch 83 mit seiner Verwendung eines Löwenvorderteils (s. S. 59); sie kann aber kaum der alleinige Schlüssel für diese Amulette sein. Die naheliegendste Annahme ist dann, daß dieses Tier irgendwelche Eigenschaften hatte, die für den Träger des Amulettes interessant waren bzw. die er sich wünschte.76 Ein nicht ganz seltener Amulettyp sind die Schildkröten (Abb. 17), und für ihre Interpretation ist ein erstaunlicher Befund festzuhalten.77 Die Schildkröte ist in Ägypten üblicherweise sehr negativ konnotiert. In einem Totenbuchspruch (Kapitel 161) gilt sie als archetypischer Feind des Re; es gibt Darstellungen, auf denen sie rituell erstochen wird und insbesondere in der Spätzeit kann der Sonnenfeind Apopis neben seiner bekannten Schlangengestalt auch als Schildkröte auftreten.78 Es gibt allerdings auch eine gewisse Tradition einer wohltätigen Schildkröte, die bei der Nilüberschwemmung positiv wirkt,79 doch sind die Zeugnisse so spät, daß ihre Relevanz für die frühe Amulettgruppe fraglich ist, die später als Typ nicht mehr auftritt. Zudem ist die Rolle bei der Nilüberschwemmung zwar für das Schicksal des Landes wichtig, weniger aber für die individuellen Bedürfnisse eines einzelnen Amuletträgers. Am ehesten als chronologisch nicht zu entfernte Parallele geeignet ist das Auftreten von Schildkröten auf den Zaubermessern (vgl. S. 76). Noch heikler in der Interpretation sind Abbilder von Muscheln (Abb. 18) und Schnecken.80 Eine Korrelation dieser archäologisch dokumentierten Amulette mit paratextuellen Angaben über die Verwendung von Amuletten ist allenfalls in sehr geringem Umfang möglich. Die im nächsten Kapitel genauer behandelten Sargtexte bieten kaum plausible

76 So geht ANDREWS, Amulets, 62 vor, die meint, bei Hundeamuletten werde dem Träger Flinkheit gewünscht. 77 Vgl. FISCHER, Turtles; ALTENMÜLLER, Schildkröte. ANDREWS, Amulets, 36 hält die Schildkröte für ein apotropäisch wirksames Amulet, das eine boshafte Kreatur darstelle. 78 VAN DE WALLE, Tortue. 79 GUTBUB, Tortue; VON LIEVEN, Himmel über Esna, 173 f. Es wäre zu prüfen, ob die Schildkröte wirklich aus sich heraus gut gesinnt ist oder als eigentlich bösartiges Wesen nur gezwungen wird, verschlucktes Wasser wieder auszuspeien. Vgl. in letzterem Sinne AUFRÈRE, Osiris-Nil, 117. 80 Vgl. immerhin die Darstellung von Muschelanhängern auf den Objektfriesen des Mittleren Reiches, s. JÉQUIER, Frises d’objets, 58–60.

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2 Von der Frühzeit bis zur Ersten Zwischenzeit

Anknüpfungspunkte (s. S. 61), was noch daran liegen mag, daß sie als primär funerär orientierte Textgruppe einen anderen Fokus der Anwendung haben. Im Prinzip sollte es sich anbieten, intensiver magische Texte mit deutlicher Anwendung zu Lebzeiten heranzuziehen, bei denen auch kein anwendungsbedingter Grund für die Unterdrückung von Nachschriften mit technischen Angaben besteht. Nichtfuneräre Texte mit Anwendung von Amuletten sind aus dem Alten Reich allerdings gar nicht erhalten; und die wenigen des Mittleren Reiches operieren mit deutlich anderen Typen. Sie enthalten vornehmlich eine spezielle Amulettform, nämlich die Knotenamulette, denen ich eine eigene Behandlung in einem späteren Kapitel widmen werde (s. S. 84–95). Ebenfalls zusammenfassend für alle Epochen behandelt werden sollen Zaubersprüche, die insbesondere auf Leinenstreifen magische Zeichnungen verordnen; auch hiervon gibt es bereits im Mittleren Reich Beispiele (s. S. 100–108). Diese Amulettarten stehen aber nicht in engerer Beziehung zu den tatsächlich archäologisch ergrabenen Amuletten des späten Alten Reiches und der ersten Zwischenzeit oder auch des eigentlichen Mittleren Reiches. Insgesamt gibt also gerade diese Typenfront der frühen dynastischen Amulette noch einige Rätsel auf. Häufige Abnutzungs- und Tragespuren81 dürften darauf hindeuten, daß es sich nicht um spezifisch funeräre Beigaben handelt, sondern um eine vorrangig zu Lebzeiten getragene Ausstattung.82 Ihr Rückgang im Verlauf des Mittleren Reiches könnte damit zusammenhängen, daß man von der Verwendung vieler wenig markierter Typen auf die von wenigen, semantisch aber sehr fest definierten Typen übergegangen ist.83

2.4

Perlen als Amulette

2.4 Perlen als Amulette

Da aus den betreffenden Gräbern neben eindeutigen Amuletten auch viele Perlen stammen und deren Abgrenzung von den Amuletten als schwierig angesehen wird,84 ist es sinnvoll, an dieser Stelle auf die mögliche Verwendung von Perlen als Amulette hinzuweisen. Wie schon im ersten Kapitel gesagt, ist die Abtrennung von Schmuck und Amuletten schwierig bzw. fallweise unmöglich. Dies soll hier anhand expliziter Quellen nachgewiesen werden, in denen Perlen als Schutzmittel erscheinen.85 Perlen als eindeutige Schutzamulette erscheinen in den sogenannten „Zaubersprüchen für Mutter und Kind“ (pBerlin P 3027), einer hieratischen Handschrift, die aus der

81

BRUNTON, Qau and Badari II, 16. DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 64.76. 83 DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 76. 84 BRUNTON, Qau and Badari II, 7. Vgl. NAI, Beads, 7, der die Unterscheidung von Perlen und Amuletten als subjektiv ansieht, und QUIRKE, Exploring Religion, 184 f., der auf die mögliche Verwendung von Perlen als Amuletten hinweist; DERS., Birth Tusks, 496 bemerkt, Perlen könnten von modernen Forschern nicht als Amulette wahrgenommen worden sein. Vgl. z.B. ZIEGLER, Sépultures, 76 für die Kombination von Perlen und Udjataugen in einem archäologischen Befund (Kindergrab). 85 Vgl. weiter DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 159–174. 82

2.4 Perlen als Amulette

57

frühen bis mittleren 18. Dynastie stammt.86 Wie schon der moderne Titel zeigt, handelt es sich um eine Sammlung vornehmlich von magischen Beschwörungen, welche die gebärende Mutter sowie das Baby schützen sollen. Leider ist wenigstens eine Seite am Anfang heute verloren, und gerade auf dieser ist auch ein Zauberspruch weitgehend verlorengegangen, der eigentlich einschlägig wäre. Erhalten ist nur noch der letzte Teil sowie die Nachschrift (1,1–4).87 Daraus läßt sich immerhin entnehmen, daß Perlen aus drei verschiedenen Farben und Materialien verwendet wurden, nämlich blauer Lapislazuli (Xsôb), roter Jaspis (Xnm.t) und grüner Türkis (mfk#.t). Sie werden aufgefädelt und an den Hals des Kindes gehängt. Das Ganze soll gegen die Krankheit nSw helfen, deren genaue Natur nicht klar ist. Man kann annehmen, daß bei der Auswahl der Perlensubstanzen auch optische Fragen eine Rolle gespielt haben. Die drei hauptsächlichen Farbtöne ägyptischer Schmucksteine sind jeweils mit einem markanten Vertreter anwesend. Eine einzelne Perle (swt|.t) aus Karneol wird nach pBM EA 10059 9,2 f. (Handschrift vom Ende der 18. Dynastie) als Mittel gegen Blutungen verwendet.88 Der Spruch soll über ihr rezitiert werden, dann wird sie der Frau an das Hinterteil gegeben.89 Der Spruch selbst ist lediglich eine Aufforderung an Dämonen, sie sollten zurückweichen; das verwendete Amulett wird nicht explizit thematisiert. Man kann allerdings vermuten, daß die Karneolperle bildlich einen Blutstropfen symbolisieren soll. Vielleicht derselben Perle gilt auch ein im pBusca neben weiteren Amulettsprüchen überlieferter Text, der relativ knapp den Zauber der Isis als Schutz des Besitzers angibt (s. S. 282). Lautlich ähnlich, ja mit einiger Wahrscheinlichkeit etymologisch identisch ist die cwr.t/cw|.t-Perle, die im Mittleren Reich aus Karneol hergestellt und um den Hals getragen wurde. Sie ist sowohl von Originalfunden als auch aus den Objektfriesen der Särge bekannt.90 Einige Exemplare des Neuen Reiches sind mit einer kurzen Formel

86 Neue Edition YAMAZAKI, Zaubersprüche für Mutter und Kind. Die Datierung der in der Handschrift enthaltenen Praktiken wäre jeweils einzeln zu klären; die pauschale Spätdatierung durch STAUDER, Linguistic Dating, 392 f. ist methodisch unzureichend und beachtet die linguistische Diversität der Sprüche (von denen z.B. einige den bestimmten Artikel verwenden, andere nicht) nicht ausreichend. Vgl. ERMAN, Zaubersprüche, 26 f., der für eine Passage enge Parallelen in den Pyramidentexten nachweisen kann. Die Ausführungen von CORTEBEECK, Stamp Seals, 117–119 sind von begrenztem Gewicht; weder die orthographische Frage der Ausschreibung von yt als Endung des Partizips (was lediglich die Gewohnheiten des konkreten Schreibers wiedergibt, für die Datierung der Originalkomposition jedoch wertlos ist) noch die Formel mn(.t) ms+.(t)n mn.t (bei der pRamesseum VIII, 12,2 inzwischen ein Beleg des Mittleren Reiches positiv nachgewiesen ist) beweisen etwas; lediglich die Passage yH Sm=t 1,5 ist ein guter Indikator jüngerer Sprache, sofern Yamazakis Lesung yH (Erman las |y+) stimmt (nach Einsicht des Originals am 4.10. 2017, die mir Verena Lepper ermöglicht hat, halte ich sie für plausibel). 87 Vgl. die Spezialstudie von DONNAT, Lumière. 88 LEITZ, Magical and Medical Papyri, 67, Taf. 34. 89 In praktischer Durchführung kann das, sofern das Amulett umgehängt wird, wohl nur eine Befestigung um den Bauch oder allenfalls den Oberschenkel bedeuten, vgl. FARAONE, Transformation, 56 f. für Bauch oder Hüfte als Trageort für Amulette speziell von Frauen im antiken Griechenland. 90 JÉQUIER, Frises d’objets, 50; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 458 f.; GRAJETZKI, Tomb Treasures, 27.

58

2 Von der Frühzeit bis zur Ersten Zwischenzeit

beschriftet,91 die sich gleichartig, allerdings etwas ausführlicher, auch auf einem (ebenfalls aus Karneol hergestellten) Schlangenkopfamulett des Neuen Reiches92 sowie dem Psusennes’ I. findet (s. S. 272).93 Sie erwähnt die Zaubermacht (#X.w) der Isis und dürfte eine Kurzform des Spruches im pBusca darstellen.94 Somit kann man feststellen, daß für ein gleichartiges Objekt (größere längliche Perle) aus gleichem Material (Karneol) zwei deutlich unterschiedliche Applikationsorte, Rezitationstexte und Nutzanwendungen zu fassen sind. Perlen dieses Namens swt erscheinen auch noch im Ritual zum Schutz der Glieder, das in mehreren Tempeln der Ptolemäerzeit ganz oder auszugsweise bezeugt ist (s. S. 298). Grajetzki hat aufgrund einer lautlichen Ähnlichkeit zur Wurzel swr „trinken“ vermutet, die swr|.t-Perle könne dazu dienen, dem Verstorbenen die Fähigkeit zum Trinken (und Essen) für alle Ewigkeit zu garantieren.95 Man sollte allerdings betonen, daß etymologisch gesehen unterschiedliche s-Laute vorliegen, die lautliche Ähnlichkeit nicht garantiert ist, da bei der Perle offenbar Erhaltung des t in der Aussprache vorliegt, und die konkret erhaltenen Rezitationstexte nicht im Mindesten auf Fragen des Trinkens rekurrieren. Eine andere Textstelle sei trotz aller Schwierigkeiten der Interpretation noch genannt. Im pTurin CGT 54003, vs. 4 f. (Handschrift des frühen Mittleren Reiches)96 wird von einer Pupille aus Gold, Fayence (çHn.t), Quarz (mnw) und Karneol (Hrs.t) gesprochen, die auf den Augen der Majestät des Ptah gewachsen sei.97 Hier habe ich zumindest den Verdacht, daß es sich realiter um einen Vorgang handeln könnte, der Perlen aus den betreffenden Mineralien involviert, wobei Ptah als Handwerkergott genannt wäre. In der Handlungsanweisung des Spruches selbst wird allerdings lediglich angegeben, der Mann solle seine Augen mit Wasser waschen – eigentliches Ziel des Spruches ist das Öffnen der Augen, d.h. wohl die Bekämpfung von Augenkrankheiten.

91

REISNER, Amulets I, 99.106 (Kairo CG 12012 und 12019); MARIETTE, Sérapéum, Taf. 11 = ZIEGSérapéum, 20 f.; 32 Abb. 5; 37 Abb. 15–16. Vgl. PAMMINGER, Name Bead, 152–154. 92 MARIETTE, Sérapéum, Taf. 11 (für den Apis-Stier); Farbphoto bei GOMBERT-MEURICE, Amulette tête de serpent, 107. 93 Zusammenstellung der Belege HELLINCKX, New Daughter, 114–121. Vgl. auch SHORTER, Funerary Amulets, 174 f.; ANDREWS, Amulets, 85.99, deren Schlußfolgerung, die Perle könne als Schutz vor Schlangenbiß dienen, schon deshalb angezweifelt werden sollte, da eine solche Funktion auch für das Schlangenkopfamulett nicht nachweisbar ist. 94 CREVATIN, Libro dei Morti, 49.97.116. Crevatin will Hk#.w lesen, aber das X von #X.w ist auf dem Photo recht deutlich erkennbar. Im Lichte dieser Parallele und der damit verbundenen Klärung des Wortes #X.w, das als „Zaubermacht“, nicht als „Strahlende“ zu verstehen ist, verliert der von SHORTER, Funerary Amulets, 174 f. vermutete Bezug zum Uräus an Wahrscheinlichkeit. 95 GRAJETZKI, Tomb Treasures, 27. 96 Zur Datierung s. die Auflistung der Forschermeinungen in WARAKSA, Female Figurines, 132 und Anm. 598. Spätestmöglicher Ansatz ist die frühe 12. Dynastie. 97 ROCCATI, Papiro ieratico n. 54003, 31–33.

LER,

3 3.1

Das Mittlere Reich

Amuletterwähnungen im Corpus der Sargtexte

3.1 Amuletterwähnungen in den Sargtexten

Als großes religiöses Textcorpus des Mittleren Reiches sind die sogenannten Sargtexte zu nennen.1 Die chronologische Einordnung ist dabei allerdings insofern nicht ganz sicher, als die aktuell erhaltenen Niederschriften auf Särgen zwar zumindest ganz überwiegend aus dem Mittleren Reich nach der Reichseinigung unter Mentuhotep II. stammen, die Tradition der Texte als solche aber älter ist und wenigstens teilweise bis ins Alte Reich zurückreichen dürfte.2 Drei Textzeugen auf Papyrus, nämlich die Papyri Gardiner II–IV, sind sicher sehr alt und datieren eventuell ins Ende des Alten Reiches oder die Erste Zwischenzeit, spätestens aber die 11. Dynastie.3 In diesem Corpus genannte Objekte, die nicht als Amulette, sondern als Grabausstattung intendiert sind, werden im Folgenden nicht berücksichtigt, ebenso auch Bestandteile von Opferhandlungen, z.B. in der Sequenz CT Spruch 589–606. Gleiches gilt für den Bildzauber mit einer Ächtungsfigur, der in Spruch 37 behandelt wird.4 Spruch 22 erwähnt ein weibliches Abbild aus Wachs, das Schrecken vertreibt (CT I, 63c), und zwar als Zwischenüberschrift einer Spruchsequenz. Da unmittelbar danach von Tefnut gesprochen wird, dürfte diese Göttin vornehmlich intendiert sein.5 Als Abschluß des gesamten Corpus der Schu-Sprüche (CT 75 ff.) findet sich, heute als Spruch 83 gezählt, eine längere Handlungsanweisung (CT II, 46–48). Sie lautet: „Worte sprechen über dem Vorderteil eines grimmigen Löwen (m#| Hs#) aus Karneol (Hrs.t), oder dem Knochen einer Geierin, werde dem Mann an seine Kehle gegeben, wenn er in den Westen herabgeht. Ein Schutz als Ba des Schu; daß ein Mann Macht hat über die vier Winde. Das bedeutet, Macht über Wasser zu haben in der Nekropole. Das bedeutet, als fähiger Verklärter zu entstehen, als König aller Winde des Himmels. Jeder Mann aber, der diesen Spruch kennt, der stirbt nicht von Neuem, nichts Übles geschieht ihm. Seine Feinde können keine Macht über ihn gewinnen. Keine Zaubereien können ihn auf Erden gefangen setzen. Das bedeutet das Herausgehen in der Nekropole seitens eines Mannes, wie er es will. Das bedeutet, zu einem Verklärten bei Osiris zu werden.“

1

Vgl. den kritischen Überblick über die konkreten Textsorten mit Problematisierung der Bezeichnung „Sargtexte“ bei BUCHBERGER, Transformation, 40–80. 2 Vgl. etwa JÜRGENS, Grundlinien, 69–86; WILLEMS, Coffin of Heqata, 2–25. 3 GESTERMANN, Pap. Gardiner II; REGULSKI, Writing habits. 4 WILLEMS, Social and Ritual Context, 308-324. 5 ASSMANN, Totenliturgien, 133.135.

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3 Das Mittlere Reich

Diese Handlung ist nach Ausweis der Nachschrift dezidiert funerär.6 Das Amulett soll spezifisch bei der Bestattung angebracht werden und hat sein Wirkungsspektrum weitgehend im Bereich der nachtodlichen Existenz. Nur ein kurzer Einzelsatz spricht auch Vorteile auf Erden an. Allerdings muß man beachten, daß Spruch 83 nach den textkritischen Analysen von Peter Jürgens ebenso wie Spruch 80B, 81 und 82 erst sekundär an den ursprünglichen Bestand der Schusprüche angefügt worden sind.7 Der dominant funeräre Charakter der Nachschrift sagt somit nichts über eine plausible ursprünglich diesseitige Verwendung der Spruchgruppe aus. Das gewählte Material Karneol ist in der Typenfront des späten Alten Reiches und der Ersten Zwischenzeit für Amulette häufig verwendet (s. S. 50); und Löwen oder Löwenteile gehören zu den real bezeugten Formen (s. S. 55), so daß eine Korrespondenz zwischen präskriptivem Text und tatsächlicher Bestattungsdurchführung immerhin im Bereich des Möglichen liegt8 – allerdings sollte man nicht zwingend annehmen, daß jedes archäologisch gefundene Löwenvorderteil tatsächlich im Rahmen einer rituellen Durchführung der Schu-Sprüche geweiht wurde. Zumindest besteht aber sachlich eine gute Plausibilität, daß der Löwe als Abbild des rw bzw. der Doppellöwe als Abbild des rw.t| tatsächlich mit Schu und Tefnut zu korrelieren sind,9 die in der betreffenden Spruchgruppe prominent auftreten. Als Nachschrift zu Spruch 304 ist angegeben, er solle über „oberägyptischem Grünstein“ (w#@ Smo) rezitiert werden, der dem Toten an die Schläfe gegeben werden soll (CT IV, 58g). Dabei handelt es sich um den letzten Teil einer kleinen Spruchfolge, in der es um die Verwandlung in einen Falken geht – und als ein Attribut dieses Falken ist angegeben, seine Flügel seien oberägyptischer Grünstein. Von einer Verarbeitung des Minerals zu irgendeiner ikonischen Form ist nicht die Rede. Leider nur schlecht erhalten ist die Angabe zu Spruch 508, wo ein unklares Objekt aus |m#-Holz, möglicherweise das Symbol des Westens, an den Hals des Ritualempfängers gegeben werden soll (CT VI, 94j). Thematisiert wird im Spruch u.a. die Bestattung des Osiris; und dieser Gott wird gerne mit eben dieser Baumsorte verbunden.10 Spruch 576 soll über einer xpo.t-Perle aus Karneol oder Amethyst rezitiert werden, die an den rechten Arm eines Mannes gegeben wird (CT VI, 191o–p). Er dient dazu, es einem Mann zu erlauben, daß er Tag und Nacht Geschlechtsverkehr hat und das Herz einer Frau jedesmal unter ihn kommt.11 Mutmaßlich handelt es sich bei der betreffenden Perle um die größere faßartige Form, die etwa in Deshashe tatsächlich am Armgelenk bezeugt ist, dort aus Karneol oder Lapislazuli (s. S. 52). Es dürfte allerdings sehr kühn sein, sämtliche Perlen dieser Machart allein aus dieser magischen Handlung heraus zu erklären, insbesondere solche, die aus Frauengräbern stammen.

6

WILLEMS, Chests, 208 f. JÜRGENS, Grundlinien, 133–138. 8 Vgl. WILLEMS, Shu-Spells, 205–207; DERS., Coffin of Heqata, 277–279. 9 Zu Schu und Tefnut als Löwenpaar sowie dem Doppellöwen rw.t| vgl. DE WIT, Lion, 107–137. 10 BAUM, Arbres et Arbustes, 186–191. 11 Vgl. MÜLLER, Zeugung durch das Herz; ergänzend JANSEN-WINKELN, Das „zeugende Herz“; WILLEMS, Coffin of Heqata, 311–313; VON LIEVEN, How ‘Funerary’, 109–112. 7

3.1 Amuletterwähnungen in den Sargtexten

61

Die Udjat-Augen, die unter den tatsächlichen Funden ab dem späten Alten Reich zu den wirklich häufigen Objekten gehören, sind in den Sargtexten nicht explizit als Objektamulette genannt. Immerhin erscheinen sie in Spruch 341 als zu zeichnende Objekte, die dann abgewaschen und getrunken werden (CT IV, 345g–i). Im Spruch an sich geht es darum, vom Türhüter des großen Hauses (Königspalast; pr-o#) eingelassen zu werden. Er enthält zwar eine Legitimierung des Sprechers durch eine Reihe von korrekt durchgeführten Handlungen und Identifizierungen, jedoch keinen expliziten Bezug zum Udjatauge, dessen Symbolik somit in diesem Spruch auch nicht erklärt wird. Auf sie werde ich unten noch genauer eingehen (s. S. 193–197). Insgesamt gesehen erscheint die Korrelation zwischen den archäologischen Befunden der ersten großen Typenfront dynastischer Amulette und den Textquellen der Sargtexte eher mäßig. Für manche häufigen Objekte der konkreten Bestattungen fehlt es ganz an relevanten Sprüchen im funerären Korpus, z.B. die Körperteilamulette in Form eines Gesichts, einer Hand oder eines Beines. Auffällig ist, wie wenige Sprüche aus den Sargtexten überhaupt eine konkrete Ritualhandlung explizieren. Zur Erklärung dieses Befundes muß man sich die Nutzung und Bedeutung dieser Texte klarmachen. Zunächst einmal gilt, wie schon im 1. Kapitel ausgeführt (s. S. 20), daß Nachschriften primär für Personen interessant sind, welche sie auch tatsächlich praktisch umsetzen können. Entsprechend verwundert es nicht, wenn die Masse der Sargtexte überhaupt keine Nachschriften hat, obgleich man mit großer Sicherheit davon ausgehen kann, daß die Worte nicht rein verbal rezitiert, sondern von konkreten Handlungen begleitet wurden. Ferner sind viele der Sargtextsprüche nicht solche, in denen Amulette eine Rolle spielen. In etlichen Fällen handelt es sich um Sprüche, die recht gut erkennbar im Zusammenhang der Beisetzung oder der Totenopfer gebraucht wurden. Hier wurden vielleicht Beigaben an sich mitgegeben oder Opfer niedergelegt, aber keine Amulette geweiht und aktuell eingesetzt. Immerhin gibt es einige Stellen, die zwar keine Nachschriften mit genauen Verwendungsangaben haben, bei denen aber Amulette an sich in den Texten erwähnt werden. CT VI, 10b (Spruch 473) und CT VI, 24e (Spruch 474) stehen im Zusammenhang von Sprüchen, mit denen man sich vor dem Fangnetz schützen will.12 An der ersten Stelle wird ein Papyrusamulett genannt, das sich in der Hand des Osiris – bzw. nach anderer Lesart der Isis – befindet. Die zweite spricht von einem Papyrusamulett, welches das Netz hütet; es wird als Sehne des Atum ausgedeutet. Für diese Bezeichnung kann man andere Fälle vergleichen, in denen insbesondere von einer „Sehne des Reihers“ gesprochen wird (s. S. 92 Anm. 57). Besonders explizit ist CT II, 117j (Spruch 106),13 wo gesagt wird „mein PapyrusAmulett ist an meiner Kehle.“ – also der üblichste Ort zum Anhängen von Amuletten. Mehr für den Nutzen relevant ist CT VII, 165c (ähnlich wohl 167h) „mein Papyrusamu-

12

Zu ihnen BIDOLI, Sprüche der Fangnetze. Vgl. für diesen Spruch auch VAN VOOS, Sargtext 106, wo allerdings die Parallele im Totenbuch der Hatnefer (Kairo 25/1/25/6) für die in Rede stehende Passage nicht erhalten ist. 13

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3 Das Mittlere Reich

lett des Lebens ist bei mir.“ CT II, 160b–c betont der Sprecher, er sei kein Papyrusamulett, das vorbeigeht, sondern eines, das aus den Herrinnen herauskommt. Damit soll offenbar der Rang und folglich die Wirksamkeit des betreffenden Objektes betont werden. Genereller erscheint CT VII, 440b im Rahmen eines der Sprüche, mit denen der Ritualist beansprucht, durchgelassen zu werden, auch die Aussage, er könne nicht angegriffen werden, da der Hofstaat des ältesten Horus ihm das w@#-Amulett gegeben habe. Das Wort wird einheitlich mit dem Schnur-Determinativ geschrieben, dürfte sich somit wohl auf ein aufgefädeltes Amulett beziehen. Möglicherweise in dieselbe Richtung geht CT VI, 199h (Spruch 582), wo als Begründung dafür, daß für den Ritualnutznießer bestimmte Handlungen ins Werk gesetzt werden, angegeben wird, er sei das Amulett (w@#),14 das sich an der Kehle des Horus befinde – da der Spruch möglicherweise von der ersten in die dritte Person transponiert ist, könnte im Urtext die Formulierung auch bedeutet haben, er besitze das betreffende Amulett. CT V, 185f begegnet das Wort im Namen eines Dämons Hy-w#@. Wenig klar ist CT IV, 47i, wo der Sprecher sich als Schreiber des Opfertisches des Re ausgibt und dabei behauptet, sich mit Papyrusamuletten vereint zu haben. Noch unsicherer ist CT VII, 247e, wo das Wort w#@ „Papyrusamulett“ von Sq4C eventuell nur Textfehler für die in P. Gard. II genannte Göttin Wadjit ist. Ein Papyrusamulett auf Fayence (w#@ n çHn.t), das auf einen Faden aufgezogen ist, wird auch in der Rezitation des pRamesseum VIII, 2,x+6 genannt; darauf wird (neben einem Papyrustext) wohl auch in der Handlungsanweisung (2,x+8) Bezug genommen.15 Die Plazierung (an bestimmte Körperteile?) ist aufgrund schlechter Texterhaltung unsicher. Die Zielsetzung ist nicht völlig klar; es dürfte am ehesten um die Gewinnung von Gunst und Beliebtheit sowie den Schutz vor Schaden gehen.

3.2

Reale Amulettobjekte

3.2 Reale Amulettobjekte

Damit kann man definitiv zu den Befunden des Mittleren Reiches übergehen, in dessen chronologischem Rahmen man sich ja mit den konkreten Niederschriften der Sargtexte ohnehin schon bewegt. Wiederum kann man in vielen Fällen diskutieren, wie weit bei bestimmten Objekten der Schmuck- oder der Amulettcharakter stärker ausgeprägt ist. Tatsächlich ist das eigentliche Mittlere Reich, d.h. die Beigabenkultur, die sich im Verlauf der 12. Dynastie von der Residenz ausgehend durchsetzt, im Gegensatz zu der vorangehenden Epoche nicht eben reich an Amuletten im engeren Sinne.16 Ferner ist es insbesondere in seiner späten Phase, bis in die 2. Zwischenzeit zunehmend, durch eine

14

Mit Schnur-Determinativ, also als eine Art Kette vorgestellt. MEYRAT, Papyrus magiques, 42–43.53.308. 16 Vgl. GRAJETZKI, Zoo en-miniature, 201–208, zur Frage des Verschwindens zoomorpher Amulette in der 12. Dynastie. 15

3.2 Reale Amulettobjekte

63

Abwendung von spezifisch funerären Ausstattungen hin zu diesseitigem Material gekennzeichnet.17 Zu den wenigen noch bezeugten Amuletttypen gehören Falken sowie eher rudimentäre Menschenformen, zudem Löwen und Krokodile.18 Recht spezifisch für das Mittlere Reich sind bestimmte Typen von Muschelamuletten aus Metall, insbesondere auch Gürtel aus Einzelelementen in Form von Kaurischnecken (Abb. 19). Sie wurden nach dem archäologischen Befund von Frauen getragen.19 Ebenso werden sie auf Frauenfigurinen aus Holz oder Fayence in dieser Zeit dargestellt.20 Teilweise wird in der Forschung postuliert, die Kaurischnecke würde, da sie gewisse Ähnlichkeiten mit dem weiblichen Geschlechtsteil aufweise, als Amulett für Fruchtbarkeit getragen.21 Andererseits gibt es moderne anthropologische Befunde vor allem bei mediterranen Bevölkerungsgruppen, die diese Schnecke als wichtiges Schutzmittel gegen den bösen Blick verstehen.22 Dabei sollte man beachten, daß diese Symbolik durchaus mit der Ähnlichkeit zum weiblichen Geschlechtsteil einher gehen kann, da Geschlechtsteile bzw. ihre Darstellung in vielen Kulturen eine apotropäische Funktion zugeschrieben bekommen.23 Meines Wissens gibt es keinen Text, der die spezifisch altägyptischen Konzeptionen der Kaurischnecke angibt. Bei den flachen offenen Muschelschalen, die sowohl als natürliche Objekte wie als Metallarbeiten vorliegen,24 ist recht auffällig, daß sie gerne mit den Namen von Herrschern der 12. Dynastie beschriftet sind, insbesondere Sesostris’ I., Sesostris’ III. und Amenemhets III.25 Hier gibt es auch Theorien, daß sie von den betreffenden Herrschern etwa in der Art von Orden26 oder zur Propagierung der Erschließung einer Verbindung zum Roten Meer ausgegeben wurden.27 Der inzwischen plausibilisierte Befund, daß sie

17 BOURRIAU, Patterns of Change, 11–16; GRAJETZKI, Harageh, 22; speziell für Frauengräber s. GRAJETZKI, Tomb Treasures. 18 GRAJETZKI, Zoo en-miniature, 206–207. 19 Vgl. etwa WINLOCK, Treasure of El Lāhūn, 37–41; ABOUSETEIT, Unpublished Pearl-Oyster. Übergreifend GOLANI, Cowrie Shells; STOOF, Kauroide; und für zahlreiche verschiedene Kulturen und Regionen KOVÁCS, Vulvae. 20 PINCH, Magic, 107, Abb. 55 und 126 Abb. 65. 21 HORNUNG, STAEHELIN, Skarabäen Basel, 121–122; STAEHELIN, Hathorsymbolik, 83 (jeweils mit einem Akzent auf Wiedergeburt); ANDREWS, Amulets, 42 (denkt an die Abwehr von Gefahren für diesen Körperteil, insbesondere während der Schwangerschaft); KOPP, Elephantine IX, 88. 22 PETRIE, Amulets, 27; GROTH, Muschel, 632 f.; KOVÁCS, Vulvae, 12–13.149–150. 23 GOBERT, Pudendum magique; FARAONE, Transformation, 71–78. 24 MANZO, Punt in Egypt. Vgl. zudem JÉQUIER, Frises d’objets, 58–60 zu Darstellungen in den Objektfriesen der MR-Särge. Von der dort besprochenen (wohl eher generisch-allgemeinen) Bezeichnung von Ketten mit Muschelanhänger als w@# hängt mutmaßlich ANDREWS, Amulets, 43 ab, die der Austernschale einen spezifischen Namen w@# zu schreibt. Tatsächlich dürfte die ägyptische Bezeichnung der Muschel eher [email protected] sein, s. MEEKS, Mythes et légendes, 150 Anm. 530. 25 WINLOCK, Pearl Shells; SIGL, Food and Luxury Goods, 131; OUDA, Oyster Shells; DERS., Middle Kingdom. Vgl. QUIRKE, Birth Tusks, 94, demzufolge derartige Objekte in die späte 12. und 13. Dynastie datieren. 26 ANDREWS, Jewellery, 180; AUFRÈRE, Univers minéral, 593 f. Ablehnend BUTTERWECK-ABDELRAHIM, Ehrung verdienter Beamter, 50–52. 27 D’AMICONE, Cowrie-Shells, 63–70.

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3 Das Mittlere Reich

spezifisch in Frauengräbern auftauchen, ist zumindest ein klares Argument gegen Versuche, sie als Militärabzeichen aufzufassen.28 Der Name des Königs selbst könnte prinzipiell jedenfalls als Schutzmittel verstanden worden sein.29 Chronologisch laufen sie noch bis ins Neue Reich, wo sie in den Gräbern der „syrischen“ Prinzessinnen Thutmosis’ III. erscheinen.30 Aus einem Grabschacht der 12. Dynastie im Bereich des Teti-Friedhofs, in dem das Skelett eines Mädchens gefunden wurde, stammt ein Armband, das zwei aus Gold gearbeitete Löwen enthält.31 Diese lassen sich sinnvoll mit den zahlreichen Löwenfiguren vergleichen, die im Amulettbestand der Ersten Zwischenzeit auftauchen. Zur selben Grabausstattung gehörten auch ein Gürtel aus 8 silbernen Kaurimuscheln sowie ein Anhänger mit einer flachen silbernen Muschel und drei Stränge Halsketten mit Perlen aus Amethyst und Granat. Neben solchen Gürteln mit Kauris gab es auch Fälle von Raubtierköpfen als Schmukkelementen;32 und Raubtierkörperteile werden auch in Halsketten verwendet, die gerne Krallennachbildungen aufweisen.33 Die naheliegendste Deutung wäre hier, daß man damit die Kraft und den Schrecken der betreffenden Raubtiere gewinnen will – explizite Textquellen fehlen wie so oft. Die Verwendung spezifisch für Frauen bleibt einstweilen ungeklärt, könnte aber mit einem speziellen Schutz für (werdende) Mütter zusammenhängen, bedenkt man das Auftreten von Panthern als ganzen Tieren auf den „Zaubermessern“. Unter den Schmuckstücken des Mittleren Reiches sind auch die sogenannten „Mottospangen“ ein häufiges Element.34 Dabei handelt es sich um Kombinationen von einigen wenigen Hieroglyphen, die zusammengenommen einen Segenswunsch oder ein positiv konnotiertes Wort ergeben, z.B. #w.t-|b „Herzensfreude“ oder |b-nçr.w|-Htp „das Herz der beiden Götter ist zufrieden“ (Abb. 20). Vielleicht ist hier auch die richtige Stelle, um generell auf die Nutzung von Pektoralen hinzuweisen.35 Sie sind primär Brustschmuck, haben aber potentiell auch eine Schutzfunktion, wie es auch etwa Opfertexte bei Szenen des Anlegens von Pektoralen an Götter thematisieren (s. S. 308). Die Bildthemen der MR-Pektorale stammen oft aus dem königlichen Bereich, entweder einfach der Herrschername oder Szenen, in denen der König Feinde niedermacht. Gerade solche Bilder haben eine Anwendbarkeit auf die Vertreibung von Feinden einschließlich Totengeistern. Ungewöhnlich ist ein Pektoral aus Riqqeh (Abb. 21), in dem an sich der Goldhorusname dargestellt scheint, allerdings

28

DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 154–157. BOURRIAU, Pharaohs and Mortals, 153 f. 30 LILYQUIST, Tomb of Three Foreign Wives, 248 f.259 Abb. 205. 31 FIRTH, GUNN, Teti Pyramid Cemeteries, 59, Taf. 37B. Ähnliche Löwenketten WINLOCK, Treasure of El Lāhūn, 50–52. 32 WINLOCK, Treasure of El Lāhūn, 41; GRAJETZKI, Tomb Treasures, 41 f. 33 WINLOCK, Treasure of El Lāhūn, 34–36. Vgl. MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 245–246. 34 WINLOCK, Treasure of El Lāhūn, 52–54; QUIRKE, Birth Tusks, 423. 35 FEUCHT-PUTZ, Königliche Pektorale; DIES., Pektorale nichtköniglicher Personen. 29

3.2 Reale Amulettobjekte

65

mit Vögeln, die mehr an Krähen als an Falken erinnern.36 Auch Wandmalerei und Relief bezeugen in dieser Zeit das Tragen von Pektoralen. Unter den Ketten möchte ich nur kurz solche erwähnen, die spezielle Elemente haben, die man potentiell als Amulette deuten kann, so etwa Fliegen und Falken, die auch schon in eindeutiger Amulettfunktion unter den Stücken der 1. Zwischenzeit vorhanden waren.37 Daneben gibt es viele weitere Ketten, teilweise mit Gravur eines Herrschernamens auf besonders großen Perlen.38 Ein typisches und sehr spezifisches Amulett des Mittleren Reiches ist der Fischanhänger (Abb. 22);39 bzw. hier handelt es sich wieder um ein Objekt, bei dem die Deutungen als Schmuck oder als Schutz gleichermaßen ihre Berechtigung haben. Aktuelle Beispiele kommen aus Gräbern des Mittleren Reiches etwa in Kom el-Hisn, Harageh, Matmar, Beni Hassan und Theben.40 Vorwiegend, wenn nicht ausschließlich, handelt es sich um Bestattungen junger Mädchen. Soweit die zoologischen Details genügend klar ausgearbeitet sind, handelt es sich meist um den Fiederbartwels, daneben kommt auch Tilapia vor. Daneben gibt es auch die Abbildung eines Mädchens mit einem solchen Fisch am Haarzopf in einem Grab in Meir (Abb. 23);41 eine ähnliche Darstellung existiert auch dreidimensional in der Kleinplastik in Form eines Mädchens mit Kaurigürtel, das einen Schminktopf in den Händen hält (BM EA 2572).42 Dieses Amulett hat deshalb eine besondere Bekanntheit im Fach erlangt, weil es in einem literarischen Text erwähnt wird. Im Papyrus Westcar43 gibt es eine Situation, in der König Snofru sich langweilt und unterhalten werden will. Auf Anraten seines Hofmagiers läßt er dann zwanzig junge Mädchen, nur mit Fischernetzen bekleidet, auf einem See rudern. Das geht so lange gut, bis die Schlagfrau einen Unfall erleidet. Ein nX#.w-Objekt aus Türkis (mit Fisch-Determinativ) löst sich von ihrem Haarzopf und fällt ins Wasser. Daraufhin stoppt sie mit dem Rudern und läßt sich auch durch das Versprechen des Königs nicht mehr weiterbewegen, der ihr ein neues schenken will. Schließlich muß der Magier die eine Hälfte des Wassers über die andere klappen, damit man das Objekt vom Grund des Sees holen kann (4,18–6,17). Das Material der erhaltenen Stücke, die wenigstens teilweise aus Türkis gemacht sind, paßt auch zur Geschichte –

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DAVID, Riqqeh Pectoral. RANDALL-MACIVER, WOOLLEY, Buhen, 216.238; Farbphoto in: SILVERMAN, Searching for Ancient Egypt, 202. 38 Z.B. eine Kette aus einem Grab in Dendera, Farbphoto in: SILVERMAN, Searching for Ancient Egypt, 192. 39 BLACKMAN, nX#w; GAMER-WALLERT, Fische, 121 f.; STAEHELIN, Hathorsymbolik, 76–84; GRAJETZKI, Tomb Treasures, 104.117; QUIRKE, Birth Tusks, 410. 40 Aufzählung bei STAEHELIN, Hathorsymbolik, 82 f. Anm. 56; FISCHER, Iconographic and Literary Comparisons, 162–164. Für ein rezent publiziertes Stück aus dem Asasif, das in die späte 12. Dynastie datiert, s. BUDKA, Bestattungsbrauchtum, 251 f. mit Abb. 111. 41 BLACKMAN, Meir VI, Taf. XIV. 42 STAEHELIN, Hathorsymbolik, 83 f. Taf. II b–c; BOURRIAU, Pharaos and Mortals, 139. 43 Textedition BLACKMAN, Story of King Kheops; s. jetzt auch LEPPER, Untersuchungen, 37–39. 97. 37

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3 Das Mittlere Reich

allerdings nur, wenn man diese Episode nicht im Alten Reich ansiedelt, in dem sie vorgeblich spielt, sondern im Mittleren Reich, aus dem die Handschrift stammt und zu dem eben diese Realien passen. In der Forschung wird oft behauptet, bei diesem Objekt handele es sich um einen Schutz gegen das Ertrinken.44 Ich sehe nicht, auf welchem positiven Beleg diese Behauptung basiert; sie scheint sich verselbständigt zu haben und wird wohl immer von einem zum anderen Forscher abgeschrieben,45 ohne daß es mir gelungen ist, eine weiter zurückliegende Quelle ausfindig zu machen. Andere Forscher deuten den Fisch in einem sexuellen Sinn, indem sie Motive der ramessidischen Liebeslyrik in das Amulettwesen des späteren Mittleren Reiches zurückprojizieren,46 was methodisch fragwürdig ist. Es wurden auch Verbindungen zur Hathor gezogen und eine Deutung als Regenerationssymbol vorgeschlagen,47 wobei zumindest letzteres gerade angesichts der speziellen Alters- und Geschlechtsverteilung in der realen Nutzung eher wenig plausibel ist. Eher akzeptabel wäre eine Deutung in der Art der modernen „Backfisch“-Anhänger, die auch spezifisch von heranwachsenden Mädchen getragen werden.

3.3

Die Zaubermesser

3.3 Die Zaubermesser

Ein spezifischer Objekttyp des Mittleren Reiches sind die sogenannten Zaubermesser (Abb. 24).48 Bei ihnen handelt es sich um gekrümmte Objekte aus Elfenbein, und zwar typischerweise aus Nilpferdzahn, nicht etwa Elefantenstoßzahn. Nur selten sind sie aus Ebenholz, Alabaster (Kalzit), Fayence oder sogar Nilschlamm, gelegentlich auch blauer Fritte49 hergestellt.50 Ein ungewöhnliches monumentalisiertes Exemplar ist aus Grauwacke.51 Sie tragen meist einen entwickelten Bilddekor, der üblicherweise aus einer

44 So auch LEPPER, Untersuchungen, 97, die das Wort von der Wurzel nXy „schützen“ ableiten will (übernommen auch von PARYS, Westcar, 102) was ich für orthographisch problematisch halte, und als Berufs-Amulett der Ruderinnen auffaßt, ohne auf die realen Funde und die Abbildung in Meir einzugehen. 45 So steht sie bei ALDRED, Jewels, 141 ebenso wie bei ANDREWS, Amuletts, 41. 46 JENNI, Papyrus Westcar, 121 mit Anm. 38. 47 STAEHELIN, Hathorsymbolik, 83 f. 48 ALTENMÜLLER, Apotropaia; DERS., Zaubermesser Tübingen; DERS., Zaubermesser des Mittleren Reiches; DERS., Totenglauben und Magie; DERS., Fabeltiere; DERS., Feindbilder; DERS. , Die Zeichen der Apotropaia; KOENIG, Magie et magiciens, 85–98; PERRAUD, Appuis-tête, 309–326; BICKEL, In ägyptischer Gesellschaft, 60–63; POLZ u.a., Nekropole Dra’ Abu el-Naga, 390–399 (mit weiterer Literatur); HUBAI, Der zerbrochene Zauberstab; DERS., weitere Apotropaia; GNIRS, Nilpferdstoßzähne; ROBERSON, Early History; WEGNER, Decorated Birth-Brick; LIPTAY, Middle Kingdom Apotropaica, 149–155; VINK, Boundaries; und sehr ausführlich zuletzt QUIRKE, Birth Tusks. Überblick in GRAVESBROWN, Daemons & Spirits, 23–33. 49 Brooklyn Museum 16.580.145; s. ALTENMÜLLER, Apotropaia, Band II, 18; QUIRKE, Birth Tusks, 302. 50 QUIRKE, Birth Tusks, 301–304. 51 Hannover, Museum August Kestner 1935.200.152; LOEBEN, Riesen-Luxus-Zaubermesser, 275– 279.

3.3 Die Zaubermesser

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Reihe von magisch relevanten Gestalten besteht; es gibt aber auch Exemplare, die undekoriert sind oder nur abstrakte Punktmuster zeigen. Textbeischriften finden sich dagegen nur relativ selten, so daß die Analyse der Bedeutung einerseits von der Ikonographie ausgeht, andererseits versucht, in anderen Texten Reflexe ihrer Verwendung aufzufinden. Der Begriff „Zaubermesser“ ist insofern unglücklich, als diese Objekte zwar eine annähernd messerförmige Form haben, funktional aber nicht zum Schneiden verwendet wurden,52 auch wenn die Inschrift auf dem Kopenhagener Stück (s. S. 68) einen Einsatz in symbolischer Form möglich erscheinen läßt. Tatsächlich ergibt sich die gekrümmte Form vielmehr einfach daraus, wie ein Nilpferdzahn gewachsen ist. Die Darstellungen werden meist eingeritzt, nur selten in erhabenem Relief geschnitzt. Chronologisch scheinen die Objekte weitgehend, wenn nicht sogar ausschließlich auf das spätere Mittlere Reich beschränkt zu sein, wohl von der späteren 12. bis eventuell in die 17. Dynastie reichend.53 Sie sind nicht nur in ganz Ägypten verbreitet, sondern auch mit Exemplaren aus Gaza und Megiddo in Palästina und Ugarit in der nördlichen Levante vertreten; eines aus Kuban, eines aus Argin und zwei aus Kerma zeigen eine Verwendung in Nubien.54 Obgleich es bislang keine Originalfunde gibt, die sicher aus dem Neuen Reich stammen,55 ist allerdings auffällig, daß es mindestens zwei Darstellungen solcher Objekte aus Gräbern der 18. Dynastie gibt, nämlich im Grab des Bebi in Elkab sowie im Grab des Rechmire in Theben – zu diesen unten mehr. Hinzu kommt noch eine Darstellung eines Dämons mit einem solchen Zaubermesser in der Hand in der ersten Stunde des Amduats, wobei allerdings nur die frühen Versionen ein solches Objekt zeigen, diejenigen ab Sethos I. dagegen ein Flintmesser, später einen Schlangenstab.56 Bei diesen Darstellungen muß sich die Frage der chronologischen Bewertung stellen. Entweder man nimmt sie als Indiz, daß Zaubermesser in der 18. Dynastie noch gebraucht wurden, auch wenn man keine gesicherten Originalfunde hat – eventuell aufgrund geänderter Deponierungssitte im Grab. Oder aber man postuliert, daß es sich bei den Darstellungen um Übernahmen älterer Vorlagen des Mittleren Reiches handelt. Besonders plausibel ist dies im Fall des Amduats, für das in der neueren Forschung schon verschiedentlich eine Entstehung im Mittleren oder sogar Alten Reich angenommen worden ist.57 Als Inschrift findet sich gelegentlich ein kurzer Vermerk „Schutz der Nacht“ und „Schutz des Tages“, etwas ausführlicher dann „der Schutz des Lebens ist Tag für Tag

52

Ganz abwegig ist die Behauptung von STOL, Birth in Babylonia, 142, die Zaubermesser seien zum Durchschneiden der Nabelschnur benutzt worden, sie wird auch durch die zitierte Referenz ALTENMÜLLER, Zaubermesser Tübingen, 35 f. nicht abgedeckt. 53 Vgl. MINIACI, QUIRKE, Reconceiving the Tomb, 355; QUIRKE, Birth Tusks, 231–232. 54 Vgl. die Liste und Kartierung bei QUIRKE, Birth Tusks, 91–92. 55 Vgl. allerdings LOEBEN, Riesen-Luxus-Zaubermesser, 279. 56 HORNUNG, Amduat, Band II, 24; QUIRKE, Birth Tusks, 444–445. 57 RÖSSLER-KÖHLER, Königliche Vorstellungen, 75.92–96 sowie generell zu den Unterweltsbüchern QUACK, BiOr 57, Sp. 541–559; DERS., Beiträge, Kap. 1.2.2., und ausführlicher zum Sprachgebrauch mit wichtigen Argumenten für eine Frühdatierung bereits BAUMANN, Suffix Conjugation of Early Egyptian.

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3 Das Mittlere Reich

hinter ihr“. Gelegentlich sprechen die dargestellten schützenden Wesen selbst und sagen dann „ich bin gekommen, damit ich Schutz bereite für NN“. Sie werden als s#.w „Schutzzeichen“, bzw. s#.w oS#.w „viele Schutzzeichen“, gelegentlich auch nn n+ s#.w „diese Schutzzeichen“ oder nn n+ nçr.w „diese Götter“ (Kairo CG 9436) bezeichnet. Besonders explizit ist die Inschrift eines Zaubermessers in Kopenhagen (Nationalmuseum Nr. 7795). Sie lautet |So ôp n Xft| X[f]t[.t] oQ r o.t n.t58 xrô.w ms+.n NN „schneide59 den Kopf von Feind oder Feindin ab, die in das Zimmer der Kinder, welche NN geboren hat, eindringen“.60 In den Versprechen des Schutzes werden gelegentlich auch Namen und Titel der Nutznießer genannt, und diese sind aufschlußreich. In der deutlichen Mehrzahl der Fälle handelt es sich um Frauen, meist mit dem Titel nb.t pr „Hausfrau“. Gelegentlich gibt es auch Frauen mit höheren Titeln, so „Fürstinnen“, mehrfach Königstöchter und einmal eine Königsmutter.61 Sofern Männer auftreten, sind sie ausnahmslos als „Kind“ oder „dieses Kind“ bezeichnet. Das Darstellungsspektrum dieser Objekte ist in gewissem Umfang variabel, d.h. praktisch jedes Stück hat eine individuelle Auswahl. Allerdings schöpfen sie alle aus einem recht beschränkten Fundus von Gestalten, die an sich auftreten können. Es dürfte sinnvoll sein, das betreffende Spektrum etwas gründlicher durchzusprechen, zumal hier teilweise die frühesten ikonographischen Belege für Gestalten vorliegen, die in späterer Zeit als Amulettfiguren noch wichtig werden. Altenmüller sieht in den Bildmotiven vor allem einen Bezug auf den Sonnengott und seine Helfer, bzw. dessen siegreichen Kampf gegen Feinde; daneben auch noch das Aufgreifen einer Reihe von Gottheiten spezifisch aus dem mittelägyptischen Raum – für ihn sind die frühen Vorstellungen vom Sonnengott und seinem Kampf gegen Gegner stark hermopolitanisch geprägt. Er unterscheidet in seinen grundlegenden Untersuchungen zu diesem Denkmaltypus verschiedene Grundkategorien, nämlich: 1. Wesen, die bei Geburt und Aufzucht eines Kindes erfolgreich mithelfen. 2. Wesen der Wüste unter Einschluß von Fabeltieren. 3. Figuren zweifelsfreier Zugehörigkeit zur Sonnenreligion. 4. Hilfreiche Schlangen. Hinzu kommen noch, nicht auf allen Objekten präsent, Gestalten, die nach Feinden des Sonnengottes wirken. Es dürfte nötig sein, nunmehr jede Gestalt einzeln anzusehen. Zunächst finden sich hier die frühesten ikonographischen Belege für diejenige Gestalt, die in der späteren Tradition als Bes bekannt ist und deshalb in der Forschung öfters auch für diese Objekte des Mittleren Reiches so benannt wird.62 Tatsächlich zeigen aber sämtliche Fälle, in denen er eine konkrete Beischrift erhält, daß sein Name damals vielmehr oH# war, also „der Kämpfer“, was als Gottesbezeichnung vor allem

58

Auf dem Objekt tn geschrieben. Angesichts des Augments ist wohl eher ein Imperativ anzusetzen als |So(=|) „ich schneide ab“ zu verstehen. 60 ALTENMÜLLER, Apotropaia, Band I, 69, Band II, 45 f.; QUIRKE, Birth Tusks, 238–239. 61 QUIRKE, Birth Tusks, 6–8.215. 62 QUIRKE, Birth Tusks, 357–363. 59

3.3 Die Zaubermesser

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durch Personennamen aus Mittelägypten bekannt ist, sonst dagegen eher selten erscheint (LGG II, 183c–184a). Die Gestalt ist insgesamt noch erheblich schlanker, ja mager gezeigt, unterscheidet sich dadurch recht markant von den späteren Formen des Bes.63 Vor allem sind die Aspekte des verzerrten Zwerges noch weniger drastisch hervorgehoben. Er wird stets en face gezeigt, also gegen die übliche Darstellungskonvention der Ägypter.64 Das Gesicht wirkt fratzenhaft, die Hände sind teilweise an die Hüften gestemmt, teilweise auch angewinkelt nach oben gehalten. Oft ist in jeder eine Schlange ergriffen. Die Beine sind an den Knien auseinandergespreizt, zwischen den Beinen fällt ein Tierschwanz herab. Auf den chronologisch älteren Zaubermessern wird diese Gestalt, obgleich offenbar nackt, ohne markierte Geschlechtsmerkmale angegeben. Auf den späteren Stücken gibt es dann eine klare Geschlechtsausdifferenzierung, bei der neben dem männlichen oH# auch eine eindeutig weiblich markierte Gestalt auftritt, die oft Brüste, stets aber eine eindeutig angegebene weibliche Scham hat.65 Sie hält ebenfalls oft Schlangen in den Händen, gelegentlich aber auch Vierfüßler, die am meisten nach Hasen aussehen, vielleicht aber auch Gazellen sein sollen. Diese Dämonin ist auch aus dreidimensionalen Darstellungen bekannt, am bekanntesten dürfte eine Statue aus einem Grab unter dem Ramesseum sein, das durch den Fund zahlreicher Papyri vornehmlich magischen Charakters sehr bekannt geworden ist.66 Diese Gestalt erscheint als Schützerin des Horuskindes neben der Nilpferdgöttin noch auf der Metternichstele Z. 79. Neben diesem Wesen ist eben die Nilpferdgöttin ein normales Element der Bilderwelt dieser Zaubermesser.67 Sie ist auch außerhalb davon eine der am häufigsten dargestellten Schutzgöttinnen überhaupt. Da sie für das Thema der Amulette grundsätzlich wichtiger ist, sei hier etwas mehr zu ihr gesagt.68 Prinzipiell kann diese Göttin vor allem die Namen rr.t, |p.t, Sps.t „die Vornehme“ und t#-wr.t tragen. Letzterer, eigentlich einfach „die Große“, in gräzisierter Form Thoeris, ist diejenige Wiedergabe, die uns in der Forschung am geläufigsten ist, er wird allerdings schon wegen des Gebrauchs des neuägyptischen bestimmten Artikels kaum diejenige Bezeichnung gewesen sein, die für die Zaubermesser im Mittleren Reich üblich war. Tatsächlich ist auf diesen bislang einerseits rrw69 als Bezeichnung dieser Gestalt belegt (eventuell als maskuline Variante zum später vorkommenden rr.t), was mit einem Wort zusammenhängt, mit dem die Ägypter vor

63 Zu ihnen s. VOLOKHINE, Dieux, masques et hommes; DERS., Bès infernaux; ROMANO, Notes BesImage, 89–105; weiteres zu Bes unten S. 133–136. 64 VOLOKHINE, Frontalité, 69–75; MÜLLER, Divinities in Frontal View, 51–59. 65 QUIRKE, Birth Tusks, 361–362. 66 Originalpublikation QUIBELL, Ramesseum, 3 f.; Taf. III; zum Befund vgl. zuletzt QUACK, Lesung und Deutung; GNIRS, Nilpferdstoßzähne, welche die Papyri und die Grabobjekte voneinander trennen und verschiedenen Bestattungen zuweisen will; PARKINSON, Reading Ancient Poetry, 138–172; QUIRKE, Birth Tusks, 97–104.577–582. 67 QUIRKE, Birth Tusks, 327–339. 68 Vgl. hierzu auch BEHRMANN, Nilpferd; BOHMS, Säugetiere, 255–258; SPIESER, Avaleuse; VELASCO PIREZ, Hippo Goddesses; STOOF, Pferd, 103–129; GRAVES-BROWN, Daemons & Spirits, 43– 47. 69 POLZ u.a., Nekropole Dra’ Abu el-Naga, 397.

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3 Das Mittlere Reich

allem das Schwein, daneben aber auch das Nilpferd bezeichnet haben, sonst noch eventuell als Variante dazu |rr.70 Der Begriff „Nilpferdgöttin“ ist allerdings eigentlich problematisch und sollte besser differenziert werden.71 Tatsächlich hat das betreffende Gebilde nämlich Teilelemente verschiedener Lebewesen vereint. Der markante Kopf ist der eines Nilpferdes, und er hat diesen Darstellungen ihren Namen in der Forschung eingetragen. Die Zähne sind allerdings, sofern Abbildungen dieser Gottheiten präzise genug sind, um Details erkennen zu lassen, üblicherweise die eines Krokodils oder eines Löwen, jedenfalls sicher kein Nilpferdgebiß mit wenigen weit auseinanderstehenden Hauern. Auf dem Rücken trägt die Gestalt in manchen Belegen entweder den Kamm eines Krokodils oder sogar ein ganzes Krokodil. Die Pfoten sind wohl die eines Löwen. Schließlich herrscht eine gewisse Meinungsverschiedenheit über den Rumpf in der Forschung vor. Einige Forscher sehen darin einen Nilpferdleib, wie die Ägypter ihn sich vorgestellt hätten, wenn sich ein solches Tier auf die Hinterbeine erhoben hätte.72 Andere betrachten es als Frauenleib, und zwar spezifischer den Leib einer schwangeren Frau.73 Hier steckt die Annahme dahinter, daß diese Göttin, die oft für den Schutz von Mutter und Kind zuständig ist, dafür plausibel selbst in einer (prospektiv) mütterlichen Situation sein solle. Man kann hier folgendes festhalten: Sicher kann der Rumpf nicht einfach der eines Nilpferds sein; er hat nämlich kein Nilpferdeuter, sondern menschliche Brüste. Diese Brüste sind allerdings nicht die einer Frau nach ägyptischer Darstellungskonvention, sondern sehr flach herabhängende Brüste, wie sie sonst vor allem für die sogenannten Fruchtbarkeitsfiguren bzw. Nilgötter typisch sind; und diese sind nach Baines’ eingehenden Untersuchungen eindeutig genetisch gesehen keine weiblichen Brüste.74 Ebenso für die Fruchtbarkeitsfiguren typisch ist der voluminös herabfallende Bauch. Dieser wiederum unterscheidet sich doch distinktiv davon, wie die Ägypter z.B. im Rahmen des Zyklus von der Geburt des Gottkönigs die schwangere Königsgemahlin dargestellt haben.75 Demnach ist der Rumpf somit tatsächlich mehr von menschlichen morphologischen Merkmalen getragen, kann aber sicher nicht einfach als der einer schwangeren Frau aufgefaßt werden. Diese Göttin ist in Ägypten eine typische und immer wieder auftretende Schutzgottheit. Sie stützt sich sehr oft auf das Hieroglyphenzeichen für Schutz, also s#. In anderen Bildzusammenhängen kann sie auch mit einer Fackel in der Hand auftreten, wobei sie somit besonders für nächtlichen Schutz in der Finsternis sorgt, so in der Vignette zum Totenbuchspruch 137B im Papyrus des Nebseni.76 Ihr schützender und übelabwehrender Aspekt ergibt sich primär sichtbar aus der Zusammenstellung machtvoller und erschrekkender Tiere: Nilpferd, Löwe und Krokodil sind sämtlich bedrohliche Tiere, vor denen

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QUIRKE, Birth Tusks, 329 f. Vgl. BEHRMANN, Nilpferd, Teil II, 78–82. 72 BAINES, Fecundity Figure, 127. 73 BEHRMANN, Nilpferd, Teil II, 79. 74 BAINES, Fecundity Figures, 127–131. 75 Vgl. NAVILLE, Deir el-Bahri II, Taf. XLIX. 76 Vgl. dazu LUFT, Anzünden der Fackel, 110; QUIRKE, Birth Tusks, 558–559. 71

3.3 Die Zaubermesser

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man normalerweise flieht. Ein noch unveröffentlichter Text auf den Särgen des Menechibnecho und des Iufaa spricht davon, daß die Mutter des Sonnengottes in ihrem Namen rr.t (mit Schwein oder Nilpferd determiniert) ihre Flügel um den Sonnengott ausbreitet und ihm die wrr.t-Krone gibt.77 Es gibt allerdings noch eine zusätzliche Dimension, auf die ich besonders hinweisen möchte, nämlich die himmlische sowie die chronokratorische, also Zeit kontrollierende. Letztere äußert sich darin, daß es wenigstens in der Spätzeit klar nachweisbar, möglicherweise sogar bereits im Neuen Reich, ein Konzept gibt, für die zwölf Monate des ägyptischen Jahres sowie zusätzlich noch für jeden der Epagomenentage eine Nilpferdgöttin als Repräsentant darzustellen.78 Wie sehr diese Konzeption durchaus spezifischer mit dem Schutz von Mutter und Kind zu tun haben kann, zeigt vielleicht am besten die Darstellung eines ganzen Inventars solcher Göttinnen auf der Innenseite der Architrave des Geburtshauses der Isis von Philae (Philä II 206–211). Die andere Seite, die schon oben angesprochen wurde, nämlich die himmlische, ist ebenfalls relevant. Es gibt nach ägyptischer Konzeption unter den Sternbildern des Nordhimmels auch dasjenige einer großen Nilpferdgöttin.79 Ihre wesentliche Aufgabe besteht darin, daß sie mittels eines Pflockes und einer Kette das Sternbild des Stierschenkels, unseres heutigen Großen Wagens, am Nordhimmel festhält und so verhindert, daß es je unter den Horizont dringen kann. Theologisch ist dies dadurch relevant, daß der Stierschenkel als Verkörperung des bösen Gottes Seth gilt, während Osiris mit dem Sternbild Orion verbunden ist. Letzteres hat Auf- und Untergänge am Horizont und ruht dann nach ägyptischer Vorstellung im Westen, während der Große Wagen zirkumpolar ist – das ganze Bild ist somit eine theologische Ausdeutung astronomischer Realität. Nun gibt es zwei spezielle Gründe, weshalb ich im Zusammenhang der Zaubermesser so ausführlich auf diese Konzeption zu sprechen komme. Einerseits ist es ikonographisch zumindest auffällig, wie häufig auf diesen Objekten die Nilpferdgöttin ein Krokodil auf dem Rücken trägt.80 Dieses Motiv ist nämlich keineswegs durchgängig für diese Gestalt präsent, sondern ansonsten recht markant spezifisch eben für die Darstellung des Sternbildes am Nordhimmel, so daß eine engere innere Verbindung zumindest im Bereich des Möglichen liegt.81 Als zweites Indiz möchte ich eine Darstellung aus der Komposition über die Geburt des Gottkönigs anführen.82 Dort ist eine der zentralsten Szenen die Szene 9, welche die Geburt als solche darstellt. Die Mutter auf dem Bett

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Für die Möglichkeit, diesen Text erwähnen zu dürfen, danke ich R. Landgráfová und D. Mičková. MENDEL, Monatsgöttinnen. Für einen möglichen Beleg aus der 18. Dynastie s. VON LIEVEN, Divine Figurations of Time, 103 f. 79 VON LIEVEN, Himmel über Esna, 24–29; ÉTIENNE, Curieux objet céleste, 113–127. 80 ALTENMÜLLER, Zaubermesser des Mittleren Reiches, 11. Da die Form meist relativ stark abstrahiert ist, bezeichnet QUIRKE, Birth Tusks, 327 f. sie als Fell („fur“), aber so etwas tragen Nilpferde nicht auf dem Rücken. 81 Vgl. CERUTI, Hippopotamus Goddess, zu sonstigen Belegen dieses Motivs im späten Mittleren Reich und möglichen Verbindungen zu astronomischen Konzeptionen. 82 Publiziert von BRUNNER, Geburt des Gottkönigs. 78

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3 Das Mittlere Reich

wird von zahlreichen Schutzgenien umgeben. Unter ihnen finden wir rechts unten nebeneinander eben eine Darstellung des besgestaltigen Dämons und der Nilpferdgöttin. In der Version im Luxortempel sind Reste einer Inschrift dazu erhalten, und in dieser findet sich auch der Satz „wir sind vom Himmel gekommen“.83 Eine solche Aussage verleiht der Vermutung zusätzliche Nahrung, daß die nilpferdköpfige Schutzgöttin dieser Szene, wenn sie himmlischer Herkunft ist, in etwas engerer Verbindung mit der Konzeption des Sternbildes steht, das Osiris schützt. Die Kombination der Besgestalt und der Nilpferdgöttin ist in jedem Fall eine, die eine lange Tradition hat. Beide sind dabei meiner Meinung nach weniger spezifisch für Geburt84 (geschweige denn Fruchtbarkeit, womit sie distinktiv nichts zu tun haben) zuständig, sondern genereller für Krisensituationen aller Art, in denen sie Hilfe leisten.85 Selbstverständlich gehört die Geburt dazu, aber es gibt auch andere typische Fälle, etwa den Schutz des hilflosen und schutzbedürftigen Osiris oder nächtliche Schrecken und Gefahren im Finsteren generell – letzteres ein Grund, warum diese beiden Gottheiten auch auf Bettgestellen oder Kopfstützen angebracht sein können.86 Häufig dargestellt auf den Zaubermessern ist auch die Löwengöttin, die man allerdings im Gegensatz zu den beiden vorhergehenden Gestalten nicht so häufig sonst antrifft, jedenfalls nicht in primär theriomorpher Gestalt.87 Es scheint sich um eine Art Parallelbildung zur Nilpferdgöttin zu handeln, die nicht deren Beliebtheit erreicht hat. Ihr Name auf den Messern lautet Hsm, was sprachlich wenig durchsichtig ist.88 Ein Versuch, es als Metathese zu m#|-Hs# „wilder Löwe“ zu verstehen,89 ist ausgesprochen unsicher. Verbindungen zu sonst bekannten Göttinnen mit Löwenkopf, etwa Sachmet, wären zumindest denkbar, sind aber kaum abzusichern.90 In jedem Fall sollte es aus der

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BRUNNER, Geburt des Gottkönigs, 95 u. 102, Taf. 9, unteres Register. Immerhin kommt die Nilpferdgöttin (mit Bezeichnung als |p.t-wr.t) im pBrooklyn 47.218.2 x+4,7–8.x+5,7–13 tatsächlich in zwei Beschwörungen im Umkreis der Geburt vor, s. TÖPFER, Physical Activity, 330 f. 85 Vgl. VERNER, Statue of Twēret, 54 f., der mit Recht den Aspekt des Schutzes als wichtigste Aufgabe herausstellt, auch wenn seine Einstufung, Thoeris sei vor allem eine Gottheit der einfachen Leute gewesen, das Wesen der Schutzgottheiten verkennt, die ihrer religiösen Rolle nach üblicherweise nicht Hauptgottheiten eines Tempels sind, aber dennoch in der Elite wenigstens so gut wie in der Breite der Bevölkerung verankert sind (s.o. S. 34–36); VON LIEVEN, Punktierte Liturgie, 21. Wenn STOOF, Pferd, 103 unter Berufung auf PINCH, Votive Offerings, 351, schreibt, daß Hathor, Bes und Thoeris eine Rolle in Rites de passage wie Beschneidung und Reinigung von Mutter und Kind gespielt hätten, unterschlägt sie einerseits das „It has, however, been suggested“ by Pinch, das der Behauptung einiges an Gewissheit nimmt. Andererseits ist mindestens auf der Basis der gesicherten Dokumentation zur Beschneidung im Alten Ägypten (vgl. QUACK, Beschneidung) eine Rolle der betreffenden Gottheiten bei der Beschneidung nicht nachweisbar. 86 Zur Nilpferdgöttin und einem Bes auf einer Kopfstütze vgl. etwa FIRTH, GUNN, Teti Pyramid Cemeteries, 73, Taf. 45B; QUIRKE, Birth Tusks, 113, für Bes allein s. hier S. 226. 87 QUIRKE, Birth Tusks, 335–339.344–346. 88 QUIRKE, Birth Tusks, 337. 89 POLZ u.a., Nekropole Dra’ Abu el-Naga, 395. 90 Vgl. BOLSHAKOV, Mut or not, 25 mit Anm. 25 f.; LUISELLI, Early Mut(s), 114 f. 84

3.3 Die Zaubermesser

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Darstellung heraus klar sein, daß hier die Macht und Furchtbarkeit der Löwengestalt zur Abwehr aller Arten von Feinden instrumentalisiert wird. War diese Löwengöttin üblicherweise aufrecht stehend und dadurch noch vage menschlich dargestellt, so gibt es andere, die rein nach Tieren wirken, teils mehr nach Löwe, teils mehr nach Katze, und in teilweise drastischer Form menschliche Feinde überwinden und zerfleischen.91 Strukturell ähnliche Bildmotive auf Leinen- und Papyrusamuletten werden in späteren Kapiteln (6.1–2) behandelt werden, auch wenn der Angriff auf die Feinde dann meist durch Krokodile erfolgt. In jedem Fall sollte die Bildbedeutung rein ikonographisch bereits recht transparent sein: Effektive Gewaltsamkeit wird gegen selbstdefinierte Feinde instrumentalisiert. Neben solchen löwen- oder pantherartigen Tieren gibt es auch ganz eindeutige Katzen unter den Darstellungen.92 Die Katze wird in Ägypten gerne als Tier des Sonnengottes aufgefaßt.93 Dabei ist ihre in den ägyptischen Texten hervorgehobene Rolle nicht etwa die als Fänger von Mäusen, was man heute instinktiv als wichtigsten Grund für die ursprüngliche Domestizierung der Katze erwarten würde. Vielmehr legen die Ägypter auf den siegreichen Kampf gegen Schlangen Wert, was zoologisch zumindest tatsächlich nachweisbar ist. Für den Einsatz auf den Zaubermessern, auf denen mehrfach Wesen in Siegespositionen gegenüber Schlangen abgebildet werden, paßt das natürlich sehr gut. Relativ änigmatisch ist dagegen eine häufiger auf den Zaubermessern auftretende Gestalt, nämlich die Rindergottheit. Altenmüller will das Bild spezifisch mit Month verbinden, dafür fehlen jedoch positiv sichernde Indizien.94 Mir scheint es wesentlicher, nicht so sehr eine konkrete Benennung zu versuchen, sondern mehr das Offensichtliche zu erkennen, nämlich daß der Stier in Ägypten auch ein Bild für Stärke und die Überwindung von Feinden ist.95 Neben dem stehenden Gott mit Rinderkopf gibt es auch eine rein tiergestaltige Form als Doppelstier mit zwei Köpfen.96 Dieser Gestalt kann man als typologisch ähnliches Element auch den Doppelsphinx hinzugesellen. Da man mit diesen doppelköpfigen Wesen ohnehin schon in einem Bereich zoologischer Chimären ist, lassen sich hier vielleicht zwei weitere Gestalten anknüpfen, die auf den Zaubermessern häufig sind. Das eine ist der Greif, der in dieser Epoche und auf diesen Objekten normalerweise eine pantherartige Grundform hat, aber am Rücken zwei ausgebreitete Flügel, zwischen denen sich üblicherweise ein menschlicher Kopf befindet.97 Oft trägt er, ebenso wie viele andere der Gestalten auf den Zaubermessern, ein Flintmesser in der Pfote. Altenmüller hat versucht, in diesem Greif die Abbildung des

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QUIRKE, Birth Tusks, 336 f.339–344. QUIRKE, Birth Tusks, 389–391. 93 QUACK, Tier des Sonnengottes. 94 ALTENMÜLLER, Apotropaia, 164, für möglich gehalten auch von QUIRKE, Birth Tusks, 398. 95 GRAPOW, Bildliche Ausdrücke, 77–79; HSU, Bilder, 451–458. 96 QUIRKE, Birth Tusks, 398. 97 GERKE, Greif, 34–47; QUIRKE, Birth Tusks, 353–356. 92

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3 Das Mittlere Reich

eigentlich falkengestaltigen Gottes Dunawi zu finden,98 was aber wesentlich damit zusammenhängt, daß er versucht, auf den Objekten die vier kanonischen Reinigungsgottheiten wiederzufinden. Dabei kommt er m.E. in ziemliche Schwierigkeiten; ich würde diesen Ansatz nicht mittragen wollen. Man sollte besser den Greifen aus sich heraus interpretieren und kann dabei auch mehr anführen als nur das bei Altenmüller erwähnte Motiv eines Fabeltieres, das man fern in der Wüste lokalisiert.99 Das Motiv des Greifen an sich geht in Ägypten bereits in die Vorgeschichte zurück; besonders relevant für die Deutung scheinen mir Reliefdarstellungen in den Totentempeln des Alten Reiches100 sowie auf Pektoralen des Mittleren Reiches,101 die den König in Gestalt eines Anthropo-Sphingen beim Niedertreten von Feinden zeigen.102 Damit wird bereits ausreichend deutlich, wie sich im Bildprogramm der Zauberstäbe die Funktion dieses Tieres in den Kotext einpaßt, in dem Dämonen und Tiere der Abwehr und Feindvernichtung dominieren. In einem sehr expliziten Textzeugnis der Spätzeit, dem sogenannten Mythus vom Sonnenauge, wird der Greif übrigens als Werkzeug der Vergeltung aufgefaßt, der diejenigen bestraft, die anderen etwas zuleide getan haben.103 Bislang singulär auf den Zaubermessern ist auf einem kürzlich gefundenen Stück aus Dra Abu Naga die Beischrift eines Namens, die allerdings von epigraphisch unsicherer Lesbarkeit ist und sich deshalb vorerst dem Verständnis noch entzieht.104 Ebenso ein Kompositwesen mit bereits vorgeschichtlicher Bezeugung ist der Schlangenhalspanther, den man z.B. von der Nar-Meher-Palette her kennt.105 Bei ihm steht es mit der Deutung insofern schlechter, als er anderweitig weit weniger als der Greif zu fassen ist. Dennoch würde ich zuversichtlich sein, daß auch bei ihm der Aspekt des machtvollen Tieres, das gegen Feinde jeder Art einsetzbar ist, im Vordergrund steht. Unter den Tieren innerhalb des Bildprogramms häufig sind Geier und Kröten.106 Beide sind mehrfach durch die Position auf einer Kultstandarte klar als göttliche Tiere markiert; zudem halten sie nicht selten Flintmesser in der Hand, was sie auch als kämpferische Wächter gegen Unheil kennzeichnet. Es ist anzunehmen, daß man hier die Geiergöttin Nechbet von Elkab erkennen kann sowie die oft in Krötengestalt dargestellte

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ALTENMÜLLER, Apotropaia, 158–160. Vgl. BARTA, Greif; jetzt ausführlich GERKE, Greif, und spezifischer für das Mittlere Reich SABBAHY, Griffon. Vgl. auch VASILJEVIĆ, Z#g.t, die m.E. den Akzent der Interpretation zu sehr auf Wiedergeburt legt. 100 BORCHARD, S′a#Hu-Reo, Band II, 21–23; Blatt 8; STOCKFISCH, Totenkult, Band 1, 117 f. 101 FEUCHT, Königliche Pektorale, 31–33. 102 Nach GERKE, Greif, 105–111 sind Darstellungen des Königs in diesem Bildtyp als AnthropoSphinx zu klassifizieren und vom eigentlichen Greifen zu trennen. Der Unterschied ist nicht so fundamental, daß er eine Vergleichung dieser Motive ausschließt. Für Bezeichnungen des Königs als Greif s. HSU, Bilder, 178–187. 103 MORENZ, Greif als Vergelter. 104 POLZ u.a., Nekropole Dra’ Abu el-Naga, 399; ALTENMÜLLER, Der rettende Greif, 16–19; GERKE, Greif, 42. Vgl. ALTENMÜLLER, Feindbilder, 83–86, der hier den Namen eines Dekans sehen will. 105 QUIRKE, Birth Tusks, 392–394. 106 QUIRKE, Birth Tusks, 350–352.380–382. 99

3.3 Die Zaubermesser

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Göttin Heqet,107 die spezieller mit der Geburt zu tun hat und auch als Schutzgottheit für Osiris auftritt. Kuhgestalten unter den betreffenden Tieren wirken oft angesichts angegebener textiler Wicklungen wie Mumien.108 Möglicherweise wird eine derartige in einer schlecht erhaltenen Beischrift als Hesat bezeichnet. Seth kann teilweise in anthropomorpher Gestalt mit Tierkopf, teilweise auch rein in Tiergestalt auftreten.109 Während Altenmüller ihn in den Kontext der von ihm postulierten Anwesenheit der vier Reinigungsgötter stellen will, bevorzuge ich es, hier eher andere Aspekte am Werk zu sehen: Seth ist gerade im Bereich der solaren Religion nicht einfach ein Bösewicht, sondern auch positiv einsetzbar, indem er in der Sonnenbarke die Feinde des Re niedersticht;110 und deshalb auch als Bildchiffre im Zusammenhang der Abwehr von Gefahren einsetzbar. Ein Pavian erscheint auf den Messern teilweise einfach auf allen Vieren, teilweise spezifisch in der Position, daß er ein Udjat-Auge in den Händen hält.111 Letzteres deutet darauf hin, daß man ihn mit dem Gott Thot in Verbindung bringen kann, der das UdjatAuge unversehrt zurückholt. Altenmüller versteht zum einen das Udjatauge als Sonnenauge, zum anderen möchte er Thot hier als einen der vier Reinigungsgötter verstehen. Ich kann das so nicht mitmachen. Zunächst einmal widerstreiten Altenmüllers Gesichtspunkte einander bereits etwas, da sie denselben Gott in sehr verschiedenen Funktionen thematisiert sehen würden. Wenigstens der Gesichtspunkt der Reinigungsgötter sollte besser ganz wegfallen. Ich habe bereits oben beim Motiv des Greifen darauf hingewiesen, wie schwer es Altenmüller fällt, tatsächlich plausible Ikonographien dieser vier Götter, also Horus, Seth, Thot und Dun-Awi als Gruppe zu finden. Sofern Thot in dieser Gruppe präsent ist, wird er sonst jedenfalls in Menschengestalt mit Ibiskopf dargestellt, nicht etwa als Pavian. Zudem ist das Auftreten dieser angeblichen Gruppe auf den Zaubermessern überhaupt höchst inkonsistent, geschweige denn eine plausible Interaktion festzustellen. Man sollte somit die Interpretation der Zaubermesser unter dem Gesichtspunkt der vier Reinigungsgötter besser ganz aufgeben. Sinnvoller sind Ansätze zur Deutung des Pavians im Zusammenhang des Udjat-Auges, das allerdings primär keineswegs das Sonnenauge ist, sondern ein lunares Symbol. Dies soll unten (S. 193–197) im Zusammenhang der Amulette des Totenbuches genauer durchgesprochen werden. Es gibt übrigens auch gelegentliche Fälle, in denen auf den Zaubermessern das Udjatauge ohne Pavian für sich allein erscheint.112 Speziell auf einem Zaubermesser aus Megiddo sowie noch einem heute in Florenz befindlichen ist eine auffällige Gestalt zu sehen, deren Arme und Beine in Schlangen

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Tatsächlich dürfte dieser Name einmal spezifisch angegeben sein, s. QUIRKE, Birth Tusks, 351. QUIRKE, Birth Tusks, 395–396. 109 QUIRKE, Birth Tusks, 399. 110 Vgl. etwa KEEL, SHUVAL, UEHLINGER, Stempelsiegel Band III, 234–236 u. 309–321. 111 QUIRKE, Birth Tusks, 364–368. 112 QUIRKE, Birth Tusks, 367–369. 108

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3 Das Mittlere Reich

auslaufen.113 Ihre besten Parallelen im ägyptischen Material finden sich im Grab Ramses’ VI., wo ein sogenanntes „Schutzbild“ auftritt, das ebenfalls Schlangen als Arme und Beine hat. Zuletzt hat Darnell diesem Bild eine sehr umfangreiche Analyse gewidmet, wobei er es mit dem Abrasax der spätantiken magischen Gemmen zusammenbringen möchte.114 Ich kann im Rahmen dieser Publikation unmöglich auf die zahlreichen Verästelungen dieser Fragestellung eingehen, bleibe aber prinzipiell eher etwas skeptisch.115 Auffällig sind einige symbolische, halb hieroglyphische Bilder. Es gibt einerseits häufig eine Art wsr-Zeichen mit elaborierten Beinen, das ein Messer hält,116 zum anderen eine Sonnenscheibe, oft noch mit Umringelnder Schlange, die ebenfalls Beine aufweist.117 Beide können durch Flintmesser noch spezieller als Wächtergestalten markiert werden. Unter den Wesen, die Altenmüller als Feinde des Sonnengottes klassifiziert hat,118 findet man zunächst einen guten Bekannten des letzten Kapitels wieder, nämlich die Schildkröte (s. S. 55).119 Ich hatte dort bereits auf die erheblichen Probleme der Deutung hingewiesen. Einerseits ist die Schildkröte nach vielen Text- und Bildquellen ein Feindwesen, das auch rituell getötet wird und archetypischer Gegner des Sonnengottes ist. Andererseits gibt es gerade in der Ersten Zwischenzeit und im frühen Mittleren Reich erstaunlich viele Fälle, in denen Schildkröten unter den Amuletten auftauchen. Ich hatte mich oben schon gegen den Ansatz gewendet, in ihnen einfach negativ konnotierte Wesen zu sehen und möchte dies hier noch einmal bestätigen. Problematisch hinsichtlich der Zuweisung als Sonnenfeinde sind auch die Schlangen.120 Altenmüller möchte einerseits insbesondere Darstellungen von Schlangen mit vielfach gewelltem Rumpf als Abbildungen des Apopis deuten, welcher traditionell der Erzfeind des Sonnengottes ist. Allerdings gibt es, soweit ich sehe, keine einzige Beischrift auf einem Zaubermesser, die eine solche Identifizierung wirklich absichert. Dagegen gibt es – zugegeben aus deutlich späteren Epochen – immerhin ganz interessante Belege dafür, daß derart vielfach gewundene Schlangen als hilfreiche Wesen verstanden wurden. Insbesondere wichtig ist das Bildmotiv von zwei Schlangen, die gleichsam ineinander verwickelt sind, wie es auch auf den Zaubermessern erscheint. Hier handelt es sich nach Tempelinschriften der griechisch-römischen Zeit, insbesondere aus Edfu, um eine Schlange namens pxr-Hr, die insbesondere segensreich zum Einsetzen der Nilüberschwemmung beiträgt.121 Dies wird umso signifikanter, wenn man bedenkt, daß eben die Schildkröte auch nach Quellen aus griechisch-römischen Tempeln gerade

113

QUIRKE, Birth Tusks, 547. DARNELL, Enigmatic Netherworld Books, 374–424. Vgl. unten S. 364. 115 Vgl. meine Bemerkungen in QUACK, Unterweltsbuch, 40 mit weiteren Literaturangaben in Anm. 30; DERS., Possibilities and Pitfalls, 247–249. 116 QUIRKE, Birth Tusks, 345–349. 117 QUIRKE, Birth Tusks, 387–388. 118 Vgl. auch VINK, Boundaries, 272, der meint, hier würde Böses mit Bösem bekämpft. 119 QUIRKE, Birth Tusks, 370–372. 120 QUIRKE, Birth Tusks, 373–379. 121 KÁKOSY, Astral Snakes. 114

3.3 Die Zaubermesser

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im Bereich der Nilüberschwemmung und des Gedeihens des Landes wirksam sein kann.122 Eventuell tut sich hier, ungeachtet der Zweifel, die ich oben geäußert habe (s. S. 55), hier doch eine denkbare Deutungslinie auf, welche es vermeidet, Feinde des Sonnengottes ohne spezielle Signale der Vernichtung oder Kontrolle auf den Zaubermessern ansetzen zu müssen.123 Weitere Schlangengestalten sind durch ihnen zugeordnete Flintmesser ikonographisch eindeutig als Wächtergestalten markiert. Sie lassen sich etwa mit den zahlreichen schlangengestaltigen Wächtern des Osiris vergleichen, die u.a. aus dem pJumilhac bekannt sind.124 Ebenso sollten Krokodile, in deren Bereich gelegentlich auch noch Menschenköpfe dargestellt sind,125 als positiv instrumentalisierte Wächter aufgefaßt werden; so wie etwa in der 7. Stunde des Amduats ein Krokodil als Wächter auftritt. Schließlich sei erwähnt, daß die Zaubermesser typischerweise an beiden Enden Tierköpfe angegeben haben.126 Standardmäßig ist es am spitzeren Ende ein Fuchskopf,127 am stumpferen ein Pantherkopf. Sie können teilweise im Elfenbein selbst eingeritzt sein, oft sind sie aber aus Ebenholz separat gearbeitet und angesetzt. Dies führt dazu, daß sie heute vielfach nicht mehr erhalten sind. Immerhin bedingt aussagekräftig sind diejenigen Fälle, in denen in Abbildungen Zaubermesser tatsächlich zu sehen sind. Schlecht erhalten ist leider eine Darstellung im Grab des Djehutihetep aus Bersche, das aus der 12. Dynastie stammt.128 Man erkennt nur Teile des Rumpfes sowie den rechten Arm einer Frau, die in der Hand ein etwa bumerangförmiges Objekt hält, in dem Altenmüller eben ein Zaubermesser sieht.129 Leider nicht diese Figur selbst, sondern nur die davorstehende Frau trägt den Titel #ty(.t) „Erzieherin“. Auch wenn er für die Argumentation somit nicht direkt nutzbar ist, kann man zumindest festhalten, daß neben dieser Erzieherin ein Subregister tiefer mutmaßlich auch eine Amme (mno.t) abgebildet war. Der Gesamtzusammenhang einer Frauengruppe, die sich um kleinere Kinder kümmert, bleibt aufschlußreich. Diesen selben Zusammenhang findet man auch im Grab des Bebi in Elkab aus der späten 13. oder 17. Dynastie wieder.130 Dort sieht man im Rahmen zweier Familiensze-

122 GUTBUB, Tortue. Vgl. zu Pxr-Hr und der Schildkröte in der Deckenszene Esna 451 VON LIEVEN, Himmel über Esna, 172–174 (und für das Alter des betreffenden Bildmotivs VON LIEVEN, Nachtrag). 123 Ebenso sieht auch KOENIG, Magie et magiciens, 91–93 auf den Zaubermessern ausschließlich Schutzgottheiten, keine Götterfeinde dargestellt. 124 VANDIER, Papyrus Jumilhac, 33. 125 QUIRKE, Birth Tusks, 383–386. 126 QUIRKE, Birth Tusks, 402–406; vgl. auch RUMMEL, Pantherfell, 139 f. 127 Vgl. allerdings mit anderen Vorschlägen zur zoologischen Identifizierung QUIRKE, Birth Tusks, 402 f. 128 NEWBERRY, El Bersheh, I, Taf. XXX. Vgl. QUIRKE, Birth Tusks, 437–439. 129 ALTENMÜLLER, Apotropaia, 185; DERS., Zaubermesser Tübingen, 36; GNIRS, Nilpferdstoßzähne, 152. Skeptisch HUBAI, Der zerbrochene Zauberstab, 179. 130 WRESZINSKI, Kairo bis Wadi Halfa, 79, Taf. 36; GNIRS, Nilpferdstoßzähne, 152; QUIRKE, Birth Tusks, 439–444. Gegen KOENIG, Magie et magiciens, 95 sehe ich nicht, inwiefern diese Darstellung eine spezifisch funeräre Verwendung der Zaubermesser belegen soll.

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3 Das Mittlere Reich

nen verschiedene Ammen (mno.t) und Kindeswärterinnen (Xnm.tt), von denen wenigstens sechs einen gekrümmten Gegenstand in der Hand halten, in dem man zumindest mit einiger Plausibilität ein Zaubermesser vermuten kann,131 vier davon halten in der anderen Hand einen Schlangenstab.132 Mit diesem deutlichen Hinweis darauf, welcher Personenkreis normalerweise ein Zaubermesser benutzt, bestätigt dieses Grab den aus sich heraus sehr unsicheren Befund von Bersche und paßt seinerseits hervorragend dazu, daß die Namensnennungen auf den Objekten stark auf eine spezielle Schutzfunktion für Mutter und Kind hindeuten. Auf scheinbar ganz andere Zusammenhänge verweist dagegen der Beleg aus dem Grab des Rechmire in Theben.133 Dort sind die Zaubermesser besonders detailliert ausgearbeitet, mit klar angegebenem Wüstenfuchs- bzw. Pantherkopf am Ende. Sie finden sich innerhalb einer Zusammenstellung verschiedenster Möbel, welche der Grabinhaber inspiziert und dann an den Amuntempel sowie davon abhängige Heiligtümer liefert.134 Altenmüller hat in diesem Fall angenommen, daß die Zaubermesser für den Statuenkult benutzt wurden und in der Statue der König präsent sei, der einer rituellen Wiedergeburt bedürfe.135 Mir scheint das zu sehr von einem Grundkonzept auszugehen, in dem „Wiedergeburt“ allzu rasch zum Erklärungsschlüssel ägyptischer Religion gemacht wird. Zudem spielen bei der Herstellung und Weihe einer ägyptischen Statue, wie das Mundöffnungsritual sie in extenso überliefert,136 Zaubermesser oder ähnliche Objekte keinerlei Rolle, so daß eine für die Statue relevante „Geburtssituation“ ohnehin nicht mit ihnen verbunden sein kann. Es gäbe potentiell im ägyptischen Tempel genügend andere Einsatzmöglichkeiten für Zaubermesser. Als Möglichkeiten würde ich ins Auge fassen, daß z.B. entweder am realen Königskind oder bereits auf mythologischer Ebene an einem Götterkind konkrete Schutzrituale durchgeführt wurden, für die diese Objekte nötig waren. Zu beachten sind die dicht daneben abgebildeten Schlangenstäbe, die ein magisches Gerät par excellence sind und tatsächlich ikonographisch zur Markierung des Gottes der Magie, nämlich Hk#, dienen. Schließlich gibt es in der 1. Stunde des Amduat noch einen Gott, der anscheinend in den älteren Versionen ein Zaubermesser in der Hand hält. Später wird dies meist durch ein Flintmesser, bei Ramses VI. durch einen Schlangenstab ersetzt.137 In spätzeitlichen Versionen hält der Gott ein Stoffstück oder eine Keule.138 In diesem Prozeß kann man

131 ALTENMÜLLER, Zaubermesser Tübingen, 36 f. WRESZINSKI, Kairo bis Wadi Halfa, 79 sah in ihnen noch Binden. Skeptisch ist neuerdings wieder HUBAI, Der zerbrochene Zauberstab, 179. 132 Vgl. RITNER, Each Staff, 205–225. 133 DAVIES, Rekh-mi-Rēo, Taf. 47.2. DERS., Rekh-mi-Rēo, 179 hält die Objekte für Klappern. Vgl. QUIRKE, Birth Tusks, 434–435. 134 Gegen GNIRS, Nilpferdstoßzähne, 133 Anm. 40 sehe ich keinen konkreten Anhaltspunkt dafür, daß es sich bei irgendwelchen der dargestellten Objekte um Teile der königlichen Grabausrüstung handelt. 135 ALTENMÜLLER, Apotropaia, 135; DERS., Zaubermesser des Mittleren Reiches, 27. 136 OTTO, Mundöffnungsritual; QUACK, Mundöffnungsritual Tebtynis. 137 HORNUNG, Amduat, 24 Nr. 63; ALTENMÜLLER, Zaubermesser Tübingen, 37 f.; QUIRKE, Birth Tusks, 444–445. 138 MANASSA, Late Egyptian Underworld, 203.

3.3 Die Zaubermesser

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wohl auch ein Indiz dafür sehen, daß im Verlauf des Neuen Reiches die realweltlichen Hintergründe des ursprünglichen Bildes verloren gehen und es deshalb zu Umdeutungen kommt. Der Gott selbst trägt den Namen @#+ wnw.wt „der die Stunden durchquert“, was für die Deutung nicht allzuviel weiterhilft. Ebenso sind in der dritten und vierten Stunde des Amduats Darstellungen vorhanden, die sich eventuell auf derartige Objekte beziehen.139 Neuerdings ist vorgeschlagen worden, ein Objekt aus dem Gerätefries auf dem Sarg des Djehutinacht (Boston MFA 20.1822-27) als Zaubermesser zu verstehen.140 Dargestellt ist es dort über einer Kopfstütze, die auf einem Bett liegt; es ist weiß gefärbt und ohne angegebene weitere Innenzeichnung. Auch wenn die konkret gefundenen Objekte normalerweise aus Grabkontexten stammen, kann man doch u.a. aufgrund der deutlichen Abnutzungsspuren an vielen annehmen, daß es sich primär um zu Lebzeiten genutzte Objekte, nicht um spezifisch funeräre Beigaben handelt.141 Wenn man es zumindest als praktisch sicher ansehen kann, daß diese Objekte vornehmlich dem Schutz von Mutter und Kind, wohl insbesondere im Umkreis der Geburt, galten, so bleibt die Frage des ägyptischen Namens ebenso wie des konkreten Einsatzes doch heikel. Altenmüller hat ursprünglich versucht, für diese Zaubermesser den ägyptischen Begriff @r.t „Hand“ nachweisen zu können.142 Kronzeuge für ihn war dabei eine Passage aus den Zaubersprüchen für Mutter und Kind (s. S. 86). Allerdings betont er selbst bereits die Unsicherheit des Ansatzes. Tatsächlich liegt es, wenn man betrachtet, wie in dem betreffenden Zauberspruch verschiedene Objekte auf einer Schnur aufgezogen werden, doch erheblich näher, bei der betreffenden „Hand“ an Handamulette zu denken, wie sie etwa aus Karneol in den Gräbern der Ersten Zwischenzeit nicht selten auftauchen (s. S. 54).143 Demnach ist also weder ein ägyptischer Name für die Zaubermesser nachweisbar, noch kann man die betreffenden Sprüche des pBerlin 3027 ohne weiteres als Quellen für ihr Verständnis heranziehen. Manche Forscher haben vermutet, daß die Zaubermesser in der Art eines tatsächlichen magischen Messers dazu benutzt wurden, Schutzkreise in den Boden zu ziehen.144 Nun gibt es tatsächlich Schutzkreise, wenngleich ganz anders definierte, wie im Kapitel über königliche Schutzrituale gezeigt wird (s. S. 300), aber ein Einsatz von Elfenbeinobjekten dafür scheint praktisch wenig geeignet. Zudem sollte man nicht vergessen, daß die Spitze der Objekte eigentlich gar nicht wie eine Messerspitze gearbeitet, sondern als Fuchskopf stilisiert war; und zwar oft ein speziell aus Ebenholz angesetzter, was einen

139

QUIRKE, Birth Tusks, 445. Vorgeschlagen von VASILJEVIC, Herstellung einer Harfe, 325; übernommen von GNIRS, Nilpferdstoßzähne, 133; QUIRKE, Birth Tusks, 436 f. Gute Abbildung des Objekts in TERRACE, Egyptian Paintings, Taf. XV. 141 HUBAI, Der zerbrochene Zauberstab, 180; VINK, Boundaries, 274–280. Vgl. auch ALLEN, Art of Medicine, 30, der meint, sie seien nach der Nutzung für Lebende im Grab beigegeben worden, um den Geist des Verstorbenen weiterhin zu schützen. 142 ALTENMÜLLER, Apotropaia, 182–184. Vgl. BRUNNER, Geburt des Gottkönigs, 227 f. 143 So auch SOURDIVE, Main, 469 f. 144 HAYES, Scepter of Egypt, 248 f.; ebenso noch RITNER, Magical Wand, 235; abgelehnt von ALTENMÜLLER, Apotropaia, 186. 140

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3 Das Mittlere Reich

messerartigen Einsatz weiter unplausibel macht. Außerdem zeigt die Grabdarstellung aus Bersche, daß die Objekte gar nicht wie Messer gehalten werden, sondern in der Mitte ergriffen mit beiden Enden herabhängend – und das ist auch die Art, bei der die gravierten Reliefs korrekt stehen. Auch in Elkab werden die Objekte in der Mitte gehalten, dort allerdings senkrecht positioniert. Daß sie tatsächlich in der Mitte gehalten wurden, zeigt zudem eine noch erhaltene Halterung in Form einer Schnur bei einem Exemplar aus dokumentierter Ausgrabung.145 Schließlich muß man sich die Frage gefallen lassen, inwieweit es sich bei den Zaubermessern tatsächlich um Amulette handelt. Magisches Gerät sind sie sicher, aber inwieweit wurden sie im Sinne von Amuletten ständig oder im Krisenfall am Leib getragen? Gerade das Fehlen irgendwelcher Bohrungen, an denen sie mit Schnüren befestigt und am Körper, besonders am Hals, aufgehängt werden konnten, mahnt etwas zur Vorsicht.146 Ich habe sie dennoch in erheblichem Detail behandelt, da sie einerseits eine sehr reizvolle Gattung sind, die noch keineswegs in allen Punkten restlos geklärt ist, andererseits die darauf vertretene Bilderwelt so viele relevante Elemente des Schutzes zeigt, daß es für das generelle Verständnis von Amuletten nur förderlich sein kann, sie genauer zu kennen.

145 146

Photo in ALLEN, Art of Medicine, 30 Fig. 3; vgl. QUIRKE, Birth Tusks, 195. HUBAI, Der zerbrochene Zauberstab, 170.

4

Naturobjekte

Nach diesen sehr bildreichen Objekten mit ausgefeilter Ikonographie will ich jetzt zu einem anderen Gebiet übergehen, in dem es gar keine Ikonographie gibt. Wenigstens anhand einiger magischer Traktate seien Fälle durchgesprochen, in denen rein natürlich vorhandene Objekte als Mittel des magischen Schutzes gebraucht werden.1 Erwähnen möchte ich zuerst den Papyrus Edwin Smith, der zwar als Handschrift aus dem Beginn des Neuen Reiches stammt, jedoch mutmaßlich auf ältere Vorlagen zurückgeht. Er überliefert auf der Vorderseite das bekannte Wundenbuch, auf der Rückseite dagegen eine Sammlung verschiedener technischer Rezepte ebenso wie magischer Sprüche. Unter ihnen befindet sich eine Reihe von Sprüchen, die Amulette und Schutz im Umkreis des Jahreswechsels thematisieren und vor der Seuche des Jahres schützen sollen.2 Etliche von ihnen verwenden bemerkenswerterweise keine technisch hergestellten Amulette, sondern vorgefundene Naturobjekte. In einem ersten Zauberspruch dienen zwei Geierfedern, mit denen der Mann sich bestreichen soll, als Schutzmittel (18,1–11).3 Im Rezitationstext wird Nechbet, die Geiergöttin von Elkab, spezifisch aufgefordert, dem Ritualempfänger Federn anzuknüpfen, damit er heil und wohlbehalten sei. Begründet wird dies damit, der Sprecher sei die weiße Krone auf dem Kopf des Großen in Heliopolis. Gerade weil Nechbet die Kronengöttin von Oberägypten ist, zeigt die religiöse Konzeption innere Stimmigkeit. Im Beschwörungstext wird somit deutlich Bezug auf die real gebrauchten Objekte genommen. Weniger durchsichtig sind die Bezüge beim nächsten Spruch, bei dem der Mann ein Holzstück vom Keuschbaum (?; Xt-ôs)4 in der Hand halten soll (18,11–16).5 Die Rezitation thematisiert die verschiedenen gefährlichen Botendämonen und reklamiert für den Sprecher die Identität mit Horus, ein nachvollziehbarer Bezug auf das Holz fehlt aber. Mutmaßlich war er aber implizit vorhanden, da dieselbe Holzsorte auch in einem anderen Spruch dieser Sektion als eine der Ingredienzien verwendet wird (20,6; s. S. 88).

1 Potentiell einschlägig ist hier auch pRamesseum XIII, x+5, s. MEYRAT, Papyrus magiques, 99.336 f. 2 Textedition BREASTED, Edwin Smith Surgical Papyrus, 469–487, Taf. XVIII–XX; rezente (wenig befriedigende) Bearbeitung RESCHE, Papyrus medical Edwin Smith, 175–185. Photographien und Übersetzung auch bei ALLEN, Art of Medicine, 106–111. 3 BREASTED, Edwin Smith Surgical Papyrus, 473–476. Vgl. GNIRS, Tod des Selbst, 176 f. 4 Zur Frage der botanischen Identifizierung s. GERMER, Heilpflanzen, 103–105. 5 BREASTED, Edwin Smith Surgical Papyrus, 476–478.

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4 Naturobjekte

Im letzten Spruch der betreffenden Gruppe schließlich geht es um die S#ms-Pflanze6 (20,8–12).7 Der Nutznießer soll die Rezitation sprechen, nachdem ihm eine solche Pflanze in die Hand gegeben wurde. Der Rezitationsspruch selbst wünscht sich einerseits diese Pflanze in Bewegung zum Nutznießer hin, andererseits bezeichnet er sie als Abscheu des Gefolges der Gefährlichen Göttin. Mutmaßlich wird hier, ähnlich wie in der unten behandelten Praktik mit der Meeräsche, ein Naturobjekt als Schutz verwendet, von dem man kulturell annimmt, daß die potentiell schädigenden Entitäten ihm nicht nahekommen wollen. In den schon im letzten Kapitel (s. S. 56) erwähnten Zaubersprüchen für Mutter und Kind gibt es ein konkretes Beispiel dafür, wie reine Naturobjekte als Amulett instrumentalisiert werden (7,6–8,3).8 Dort soll entweder das Kind selbst, oder aber seine Mutter, eine gekochte Maus essen. Die Knochen des Tieres werden dann in Binden aus feinem Leinen gesammelt und an den Hals des Kindes gegeben.9 Dabei sollen sieben Knoten geknüpft werden. Dazu gibt es auch einen kürzeren Rezitationstext. Dieser ist in den Details sehr schwer verständlich. Er richtet sich an einen Gott, der als „dieses Gerichtsmitglied, das in seiner Kapelle ist“ bezeichnet wird, an Sachmet und eventuell noch Wadjit, die Herrin von Buto. Dabei wird erwähnt, daß die Milch einer Maus gebracht wird; es geht auch um das Begehen der Feiern des sechsten und siebten Tages des Mondmonats in Heliopolis. Die Erwähnung der Maus im Spruch zeigt zumindest die grundsätzliche Koordination von Ritualspruch und benutztem Objekt, die in ägyptischen Zaubertexten fast immer gegeben ist. Darüber hinaus kann man spekulieren, ob hier ein Bezug zu Kapitel 33 des Totenbuches bzw. seinem Vorläufer Sargtext Spruch 369 besteht, wo es als Tabu des Re, also des Sonnengottes von Heliopolis, bezeichnet wird, eine Maus zu essen.10 Jedenfalls würde dies eine plausible Parallele zum nächsten Spruch des Papyrus liefern, der gleich besprochen wird. Das Ganze gilt als Schutzmittel zum Beseitigen der ssm|Krankheit, deren Natur nicht genauer bekannt ist. Auch das nachfolgende Rezept dieses Papyrus fällt in dieselbe Kategorie. Dort wird ein leider nicht klarer Teil der Meeräsche benutzt, dann geknotet und das fertige Objekt an den Hals gehängt (8,3–9,3).11 Im Spruch werden hauptsächlich Warnungen davor ausgesprochen, die Meeräsche zu essen, und zwar spezifisch unter dem Gesichtspunkt einer Schädigung des Grabes und seiner Ausrüstung. So heißt es „haltet euch davon fern, Meeräsche zu essen, damit eure Gräber nicht aufgebrochen werden“. Dann heißt es, der Nutznießer des Spruches habe die Meeräsche gegessen, ihren Schädel ausgeschlürft und sich mit einem ihrer Glieder geschmückt. So kenne er die Oberen und die Unteren. Das Essen der Meeräsche sei der Abscheu einer bestimmten Gottheit.

6

Zur Frage der botanischen Identifizierung s. GERMER, Heilpflanzen, 126 f. BREASTED, Edwin Smith Surgical Papyrus, 486 f. 8 YAMAZAKI, Zaubersprüche, 30 f.; Taf. 8 f. 9 Vgl. MARSHALL, Efficacité. 10 Vgl. die Textedition von LAPP, Feindabwehrsprüche, 42–45; s. auch MAHLICH, Untersuchungen, 63–70. 11 YAMAZAKI, Zaubersprüche, 31–33; Taf. 9 f. 7

4 Naturobjekte

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Es mag zunächst überraschen, daß in der praktischen Handlung etwas verwendet wird, was in der Rezitation ausdrücklich als Tabu bezeichnet wird, doch scheint eine plausible Deutung möglich. Indem nämlich die Meeräsche und ihre Teile als religiöses Tabu gesetzt werden, bedeutet die Anwesenheit eines realen solchen Objektes am Hals des Kindes gleichzeitig ein Hindernis für potentiell schädigende Dämonen, die daran nicht vorbei kämen.12 Dies entspricht dann der oben behandelten Praktik mit der S#msPflanze im pEdwin Smith. Angesichts der Verbindung des Tabus mit Fragen von Grab und Bestattung, die so deutlich hervorgehoben wird, dürfte vorrangig an böswillige Totengeister als Feinde des Kindes gedacht sein. Durch die Knotung bei der Verarbeitung leitet dieses Amulett ebenso wie das vorhergehend erwähnte bereits zum Thema des nächsten Kapitels über, nämlich den Knotenamuletten. Ebenfalls unter Knotung werden Naturobjekte in einer Praktik zusammengehalten, die im pBrooklyn 47.218.2, x+3,9–x+4,2 überliefert ist.13 In ihr geht es um den Schutz einer Schwangeren, die ein Problem damit hat, Kinder lebend zur Welt zu bringen. Verwendet werden sollen der „Winkel“ einer Weide sowie eine Hacke (aus einem Material, dessen Angabe in einer Lücke verloren ist), die mit der „Sehne eines Reihers“ (einer Pflanze, s. S. 92 Anm. 57) und einem Stoffstück aus schwarzem Faden zusammengebunden sind. Der Frau soll man das Gesicht mit Capridenfett einreiben und das Amulett an ihren Hals anlegen. Ein Bezug der gewählten Objekte zum langen Rezitationstext, der vor allem Fehlgeburten im Tierreich und daraus resultierenden Mangel an den ihnen zugeordneten Gottheiten anspricht, ist nicht unmittelbar ersichtlich. Ein reales Objekt dieser Art könnte Berlin ÄM 23979 darstellen.14 Es handelt sich um Haut und Skelett eines Tieres, möglicherweise einer Eidechse, die in ein Stück Leinen geknotet waren. Weiss erwägt, daß die Eidechse die Göttin Sachmet darstellen könne.15 Die oben angeführten Fälle von Knochen einer Maus bzw. Meeräsche sprechen eher dagegen, das Tier direkt mit der angerufenen Gottheit der Rezitation zu identifizieren. Zu erwähnen sind auch Zähne von Tieren, die möglicherweise als Amulette getragen wurden; belegt sind Haifisch, Hyäne und insbesondere Krokodil.16 Zumindest einzelne Belege stammen bereits aus der 6. Dynastie, am häufigsten scheinen sie in der 22.–25. Dynastie gewesen zu sein. An Schnüren aus Kafr Ammar, die wohl als Knotenamulette zu verstehen sind, gibt es neben anderen Amuletten teilweise Hyänenzähne und Molluskenschalen (s. S. 96).17

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Vgl. auch THEIS, Magie und Raum, 509 f. GUERMEUR, Entre Magie et Médecine, 15 f.; DERS., À propos. 14 WEISS, Religious Practice, 339. 15 WEISS, Religious Practice, 339 mit Verweis auf BORCHARDT, Śa3ḥure I, 102 f. für den Fund von Eidechsensärgen und -statuetten im Heiligtum der Sachmet des Sahure. 16 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 243. Vgl. PETRIE, Amulets, 13 Nr. 25, der verschiedene weitere Arten nennt, dabei aber nicht auf ägyptische Evidenz rekurriert, sondern Angaben von Plinius, Naturalis historia gibt. Zu solchen Amuletten im griechisch-römischen Bereich vgl. FARAONE, Transformation, 64–66. 17 Für weitere Molluskenschalen s. PETRIE, Amulets, 27–28 Nr. 107–122. 13

5

Knotenamulette

Der Knoten ist in Ägypten traditionell ein magisches Symbol.1 Das Wort s# „Schutz“ kann bereits in sehr frühen Texten mittels einer mehrfach geknoteten Schnur geschrieben werden.2 Dem entsprechen zahlreiche magische Rezepte, die Knotenamulette gegen Krankheiten vorschreiben. Auffällig ist ein besonderer Schwerpunkt der Belege entweder direkt im Mittleren Reich oder in Texten in gut klassisch-ägyptischer Sprache. Dies kann als gewisses Indiz dafür dienen, daß der Höhepunkt dieser magischen Praktik im Mittleren Reich liegt; allerdings gibt es auch Fälle in eindeutig (auch sprachlich) jungen Texten ebenso wie reale Objekte der Dritten Zwischenzeit. Grundsätzlich gilt, daß neben „reinen“ Typen auch solche auftreten, die mit anderen Herrichtungsweisen von Amuletten verbunden sind. Bereits im Mittleren Reich sind Knotenamulette positiv nachweisbar. Sie erscheinen etwa im Sargtext Spruch 640 (und seinem Nachfolger Totenbuch Kapitel 50).3 Die Sargtextversion (CT VI, 261a–n) erwähnt drei Knoten, mit denen der Sprecher geschützt wird, wobei einer von Re, einer von Seth und einer von Nun geknotet wurde. Die insgesamt recht ähnliche Totenbuchfassung erwähnt an sich 4 Knoten, nennt aber dieselben Agenten. Wahrscheinlich impliziert auch eine Passage in den Reden des Sasobek, die vom Anknoten von Schutzamuletten spricht, die Verwendung von Knotenamuletten (s. S. 34). Ebenso treten sie im pRamesseum III auf, dessen schlechte Erhaltung leider die Details schwer deutbar macht. Ein wohl für eine Kinderkrankheit intendierter Zauberspruch verwendet Binsenstengel (?; m#t.t n.t sw.t!?),4 die angefeuchtet und nach links verzwirnt werden sollen, dann sollen Knoten gemacht werden – die Anzahl ist in einer Lücke verloren (A 5 f.).5

1 VON BISSING, Knotenamulette; OGDON, Magical Thought III; ROCHHOLZ, Schöpfung, 210–215; WENDRICH, Entangled. Für sein Vorkommen auch in anderen Zeiten und Regionen s. MEANEY, AngloSaxon Amulets, 20.276 Anm. 22. 2 Vgl. etwa KAHL, KLOTH, ZIMMERMANN, Inschriften 3. Dynastie, 32 (Zeit des Djoser); FAKHRY, Monuments of Sneferu II, 145 fig. 191 und 193 (Zeit des Snofru); ANTHES, Hatnub, Taf. 4, Inschrift 1 (Zeit des Cheops). 3 QUIRKE, Exploring Religion, 60. Vgl. speziell zu den Problemen der Überlieferungsgeschichte in der Spätzeit MOSHER, Book of the Dead 4, 25–42. 4 Zu dieser Pflanze s. auch KOEMOTH, Plante m#tt. Ein wichtiger Text dazu befindet sich im Grab des Iuf-aa, wo angegeben wird, daß Re sich damit den Mund abgewischt hat. 5 BARNS, Five Ramesseum Papyri, 16 f., Taf. 10. Barns liest zweifelnd m#.(w)t n.t [email protected] „Zwiebelstengel“, aber eine solche Substanz wäre für Knotenamulette singulär. Nach dem (unzureichenden) im Internet verfügbaren Photo halte ich eine Lesung m#t.t n.t sw.t für denkbar.

5 Knotentenamulette

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In einem weiteren Spruch dieses Textes ist mit dem Anfang der Nachschrift die verwendete Substanz verloren gegangen (B 13 f.).6 Sie wird jedenfalls angefeuchtet, nach links gezwirnt und geknotet, und dann entweder dem Kind oder dem Großen gegeben – letzteres eventuell sein Vater. Ziel ist, daß ein Kind, das nicht saugen will, Nahrung aufnimmt. Eine Kinderkrankheit namens boo wird in dieser Handschrift ebenfalls mit einem Knotenamulett bekämpft (B 22 f.).7 Diesmal ist es ein bestimmter Teil der Akazie, der nach links gezwirnt und dem Kind an den Hals gegeben wird. Ein weiterer Spruch für dieselbe Krankheit ist länger und besser erhalten. Hier wird Flachs verflochten und gezwirnt, dann in sieben Knoten geknotet und dem Kind an den Hals gelegt (B 23 f.).8 Genau diese Tätigkeiten werden als Aktionen auch für die mythologische Erzählung der Beschwörung bezeugt. Das Knotenamulett wird in diesem Fall noch dadurch ergänzt, daß eine Taube aus dem Nest herbeigeholt und ihre Augen geschminkt werden; die Krankheit soll anscheinend auf sie übertragen werden. Eine ganz ähnliche Nutzung von Flachs dürfte auch an einer schlecht erhaltenen Passage im pRamesseum IV (D iii 5) vorliegen.9 Sieben Knoten werden im pRamesseum VIII, 15,7–11 in der Nachschrift einer Praktik angegeben, die gegen Kopfschmerzen helfen soll. Innerhalb des Rezitationstextes werden zweimal Amulette aus der snb-Pflanze genannt (11,4 und 12,5).10 Verwendung eines Knotenamulettes zeigt sich auch pRamesseum X, wo es als Schutz der Glieder, speziell gegen Schlangen, verwendet wird. Es soll aus Leinen von der Webkante11 hergestellt werden (2,1 f.),12 zweimal geknotet und an die rechte Hand des Mannes gegeben werden. Ein klarer Bezug zum Inhalt der Rezitation ist nicht ersichtlich. Oben wurde bereits angesprochen, inwieweit in den Zaubersprüchen für Mutter und Kind die Verwendung von Naturobjekten und von Knotenamuletten ineinander übergehen kann. Dies ist auch in einem weiteren Fall relevant (9,3–7).13 Hier wird ein Schutzamulett aus einer Haarflechte hergestellt, in die vier Knoten geknüpft werden. Der Rezitationsspruch thematisiert die Göttin Hathor im Nordhimmel, der zwei Schmuckstücke anstelle ihres Haares gegeben wurden. Dann wird ein Krankheitsdämon gefragt, ob er gegen Hathor gekommen sei. Hier gibt es wohl eine mythologische Anspielung auf eine nur schwach bezeugte Konzeption, daß Hathor an ihrem Haar geschädigt worden sei.14 Offenbar wird das auf der realen Ebene benutzte Haar im Auslegungsverfahren als das der Hathor aufgefaßt; und gleichzeitig die Göttin Hathor, um nicht ihren Zorn zu erwekken, darauf hingewiesen, sie sei für den Haarverlust angemessen entschädigt worden.

6

BARNS, Five Ramesseum Papyri, 21, Taf. 12. BARNS, Five Ramesseum Papyri, 22, Taf. 13. 8 BARNS, Five Ramesseum Papyri, 22, Taf. 13. 9 BARNS, Five Ramesseum Papyri, Taf. 19. 10 MEYRAT, Papyrus magiques, 48–51.318–323. 11 Vgl. aber GOYON, cHtp cXmt, 82 mit einer Deutung als Teil eines Netzes. 12 GARDINER, Ramesseum Papyri, 13, Taf. XLIII; MEYRAT, Papyrus magiques, 81.331. Vgl. GHATTAS, Buch Mk.t-Ho.w, 21 f.; ALTENMÜLLER, Zauberspruch „Schutz des Leibes“; KYFFIN, True Secret, 237–243. 13 YAMAZAKI, Mutter und Kind, 34 f., Taf. 10. 14 POSENER, Tresse d’Hathor. 7

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5 Knotenamulette

Dieses göttliche Haar soll sowohl durch die Macht der Göttin als auch durch die Angst der Dämonen vor ihm als Schutz fungieren. Eine genauere Angabe der spezifischen Anwendung fehlt bei diesem Spruch. Einen weiteren Beleg für Knotenamulette bietet der anschließende Spruch (rt. 9,7– vs. 2,2).15 In der nur teilweise erhaltenen Nachschrift wird angegeben, aus vier Flachsfasern solle etwas hergestellt werden; sie sollten verzwirnt und zu vier Knoten geknüpft werden. An den Hals des Kindes gegeben soll es dieses vor Feinden schützen. Innerhalb des Rezitationstextes wird einerseits praktisch dasselbe Verfahren für den Horusknaben angeordnet. Daneben wird eine Szene kosmischer Klage heraufbeschworen, in der ein Herr der Wahrheit – vermutlich der Sonnengott – angerufen wird, um seine Aufmerksamkeit darauf zu lenken, was ein Feind der Milch der Sprechenden antue. Die Erwähnung der Webergöttin Tait ist dabei der einzige Punkt, an dem irgendein Bezug zur Verwendung der Flachsfasern als Amuletten festzumachen wäre. Der nächste Spruch desselben Papyrus verwendet neben anderen Objekten auch Perlen (vs. 2,2–7).16 Konkret soll er über goldenen Kugeln,17 einem Kügelchen aus Granat (Hm#g.t), einem Siegel, einem Krokodil und einer Hand rezitiert werden, die auf einen feinen Faden (ôp.t n.t n@) aufgezogen sind und als Amulett am Hals des Kindes befestigt sind. Innerhalb der Beschwörungsformel wird zum einen dazu aufgefordert, eben diese Objekte herbeizubringen, um den Körper zu erwärmen und Feind bzw. Feindin des Westens niederzuwerfen. Daneben gibt es am Spruchanfang noch eine Reihe von Fragen an das Kind, ob es ihm warm sei und Mutter, Tante oder Amme zu seinem Schutz daseien. Obgleich also die verwendeten Amulettobjekte auch im Spruch selbst vorhanden sind, fehlt eine klare logische Verbindung zwischen ihrer Nennung und den einleitenden Fragen. Es wirkt so, als ob der Glaube an die kindesbeschützende Macht der betreffenden Objekte primär und nicht begründungsbedürftig sei und lediglich ein Spruch das Ziel der Zauberhandlung explizit nennen soll. Statt der Übersetzung „ein Siegel, ein Krokodil und eine Hand“ haben mache Forscher auch erwogen „ein Siegel mit einem Krokodil und einer Hand darauf“ zu verstehen,18 was auf Ägyptisch aber wohl anders formuliert worden wäre. Es liegt nahe, die Formulierung mit den Handamuletten zu verbinden, die etwa in der Ersten Zwischenzeit häufig sind.19 Im Neuen Reich sind allerdings tatsächlich Skarabäen belegt, die eine Hand und ein Krokodil zeigen.20

15

YAMAZAKI, Mutter und Kind, 36 f., Taf. 11 f. YAMAZAKI, Mutter und Kind, 40 f., Taf. 12. Vgl. CAHAIL, New Look, 236–239; FARAONE, Transformation, 54. 17 Oder flachgehämmerte Platten? Vgl. CAHAIL, New Look, 231–253. 18 SCHÄFER, Wirkung der Skarabäen, 87–88; OGDON, Ancient Egyptian Thought, I.; DE CHANTELOUP, Amulettes, 7–22; CAHAIL, New Look, 236 u. 238 Anm. H; MORENZ, Essays, 66 f.74.116 f. 19 DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 72. Vgl. auch B. LESKO, Household, 199, die vorschlägt, in der Hand und dem Krokodil Symbole für den Schutz vor Angriffen von Menschen und Krokodilen zu sehen. 20 SOURDIVE, Main, 465–470. Vgl. auch GRENFELL, Iconography, 26–27, die auf Hinweis von Schäfer eine Verbindung zu phönizischen Skarabäen mit Darstellung eines Krokodils und einer Hand ziehen will. 16

5 Knotentenamulette

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Etwas klarer wird die Verwendung der betreffenden Objekte vielleicht durch den unmittelbar folgenden Spruch (vs. 2,7–3,3).21 Hier werden nur eine Hand und ein Siegel als Schutzgegenstände verwendet, die zu einem Amulett gemacht werden sollen, das mit sieben Knoten geknüpft ist.22 Ohne daß dies explizit erwähnt wird, muß man somit vermuten, daß sie entweder auf einen Faden aufgezogen oder in ein Beutelchen gesteckt werden, das verschlossen wird. Die Knoten sollen offenbar schrittweise geknüpft werden, jeweils einer am Morgen, dann einer am Abend und so durch mehrere Tage. Im Spruch wird Re gefragt, ob er den Totengeist gesehen habe, der das Kind rauben wolle. Die Sprecherin erklärt, ihre Hand sei auf dem Kind und das Siegel sei sein Schutz. Damit wird zumindest etwas deutlicher, daß die als Objekt beigegebene Hand tatsächlich die schützende Hand darstellen soll, welche die Mutter bzw. ihr göttliches Vorbild über das Kind hält. In nur leichter Variation wird dieser Spruch viermal wiederholt, für den morgendlichen Sonnenaufgang ebenso wie für den abendlichen Untergang je zweimal. Es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, daß die hier genannte Hand mit den Handamuletten zu verbinden ist, die ich bei der Besprechung der frühen dynastischen Amulette anhand archäologischer Fundobjekte genauer behandelt habe (s.o. S. 54). Eine strukturell nicht unähnliche Verwendung von Perlen in Knotenamuletten bezeugt auch der letzte Spruch dieses Papyrus (vs. 6,1–7).23 Dort werden sieben Perlen aus Ibhat-Stein, sieben aus Gold und sieben Flachsfasern gebraucht, über denen der Spruch viermal zu rezitieren ist. Die Fasern werden wieder verzwirnt und daraus ein Amulett mit sieben Knoten gemacht, das am Hals des Kindes zu befestigen ist. Der Spruch nimmt einleitend Bezug darauf, daß Isis und Nephthys die Fäden zusammengedreht und daraus sieben Knoten des Gottesfadens gemacht haben. Eine explizite Erklärung für den Gebrauch der Perlen und ihrer Materialien fehlt. Als Abschluß zu diesem Papyrus sei schließlich noch der diesem vorangehende Spruch erwähnt (vs. 4,6–6,1).24 Es handelt sich um eine ausführliche Gliedervergottung. Diese enthält in sich keine Handlungsanweisung für Amulette, aber immerhin im Beschwörungstext eine Thematisierung der Knoten. Ihre Schlußzeilen lauten: „Jeder Schutz (s#), der für dich gemacht wird, jede Beschirmung (nh.t), auf die du gegeben wirst, , der für dich geknüpft ist, jedes Amulett (w@#.w), das an deinen Hals gegeben ist, damit soll er dich schützen, er soll dich gesund erhalten, er soll dich wohlbehalten sein lassen, er soll für dich jeden Gott und jede Göttin zufriedenstellen!“ (vs. 5,8–6,1). Für die Funktionsweise von Knotenamuletten im Allgemeinen ist dies einer der explizitesten Texte, so spröde er auch immer noch erscheinen mag. Unter den Sprüchen zum Schutz beim Jahreswechsel im pEdwin Smith25 findet sich auch einer, der hinsichtlich der Verwendung von Naturobjekten und Verknotung einschlägig ist. Und zwar soll dort das Vorderteil der nfr.t-Pflanze mit einem Stück Keusch-

21

YAMAZAKI, Mutter und Kind, 42 f., Taf. 12 f. Vgl. DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 113. 23 YAMAZAKI, Mutter und Kind, 52 f., Taf. 16. 24 YAMAZAKI, Mutter und Kind, 48–51, Taf. 14–16. 25 BREASTED, Edwin Smith Surgical Papyrus, 469–487, Taf. XVIII–XX. 22

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baumholz verknüpft und in einem Stoffsäckchen deponiert werden, das über verschiedenen Objekten geschwenkt wird, um die Seuche des Jahres fernzuhalten (20,5–8).26 Zum Rezitationstext (19,8–20,5) tritt keines dieser Objekte in explizite Verbindung; sollte eine solche über die theologische Ausdeutung der Pflanzen vorliegen, ist sie für uns nicht faßbar. Immerhin wird das Keuschbaumholz auch in einem anderen Spruch dieses Papyrus als wirksame Substanz verwendet, den ich oben (S. 81) bereits besprochen habe. Auch im pEbers wird ein Knotenamulett verwendet (Text 811; 95,7–14);27 eine direkte Parallele bietet pLouvre E 32847, rt. x+10,6–11.28 Dort sollen verschiedene Pflanzenteile, darunter das auch sonst oft für Knotenamulette verwendete bk#.t n.t sw.t, nach links verdreht und zu sieben Knoten geknüpft werden. Der Spruch dient dazu, Leiden der weiblichen Brust zu heilen. Die verwendeten Pflanzensubstanzen werden in der Rezitation als solche bezeichnet, die Isis selbst verwendet hat. Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sind Sprüche aus dem Londoner medizinischmagischen Papyrus BM 10059 als Knoten- oder zumindest Naturobjektamulette zu bewerten.29 In einem sehr zerstörten Rubrum sind noch die Erwähnungen von feinem Stoffstreifen (ôp.t n.t n@) sowie eventuell einem Röhricht der Wüste lesbar, in der nächsten Zeile erscheint das Wort „Knoten“ (3,12 f.).30 Ein anderer, in seiner Lesung und Deutung recht problematischer Spruch soll mutmaßlich über einem Seestern (sb# [n] mw)31 und sieben Perlen (xpo.t) rezitiert werden (4,7).32 In einem anderen Spruch, der gegen Nachtblindheit gerichtet ist, gibt im Rezitationstext Isis an, eine Haarlocke von sich dem Horus anzulegen. Das in der Nachschrift konkret genannte Objekt ist in einer Lücke verloren, seine konkrete Manipulation nicht recht klar,33 und letztlich wird es mit sieben (in der Rezitation real genannten) Gauen verbunden (8,3–14).34 Das hier ein konzeptuell als Haar der Göttin verstandenes Objekt siebenmal verknotet wird, ist denkbar, aber kaum abzusichern. Klarer als Knotenamulett zu erkennen ist ein anderer Spruch dieser Handschrift (9,9– 14).35 Gemäß der Nachschrift soll er über einem feinen Stoffstreifen (ôp.t n.t n@), Haar von schwarzem Gewebe (Snt| [n.t] mnw km) und dem Haar eines jungen Eselhengstes (?)36 rezitiert werden, was dann nach links verzwirnt und zu vier Knoten gemacht wird;

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BREASTED, Edwin Smith Surgical Papyrus, 482–486, Taf. XIX–XX. Hieratischer Text EBERS, Papyros Ebers; hieroglyphische Umschrift in GRAPOW, Medizinische Texte, 489 f.; s. auch LALANNE, METRA, Ebers, 194 f. 28 Edition BARDINET, Médecins et magiciens, 87 f. 29 Edition LEITZ, Magical and Medical Papyri, 51–84, Taf. 26–46. 30 Vgl. LEITZ, Magical and Medical Papyri, 57, Taf. 28. 31 Vgl. zur Rolle des Seesterns in Ägypten BEAUX, Étoile. 32 Vgl. LEITZ, Magical and Medical Papyri, 59 mit anderer Textauffassung; die von mir als Zahlzeichen 7 verstandenen Reste sind bislang in den Umschriften ignoriert worden. 33 Hinsichtlich des wohl nur teilweise erhaltenen sp am Ende von 8,11 wäre eine Verbindung zu spsp „zausen“ zu erwägen. 34 Vgl. LEITZ, Magical and Medical Papyri, 66, Taf. 33. 35 Vgl. LEITZ, Magical and Medical Papyri, 69, Taf. 34. 36 Zur Frage der lexikalischen Deutung s. BLÖBAUM, Falber Esel, dort 85 die vorliegende Stelle. 27

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anschließend wird es mit der Milz eines Schweins eingerieben und der Frau an das Hinterteil gegeben. Dabei soll er Blutungen und bestimmte dämonische Hautkrankheiten abwehren, auch den Embryo stärken und gegen (schlechte) Träume gut sein; der Spruch soll für jeden einzelnen Knoten rezitiert werden. Die Ingredienzien der Handlung werden im Rezitationstext selbst aufgegriffen, wo der Sprecher dem Dämon ankündigt, er habe einen feinen Stoffstreifen, Haar von schwarzem Gewebe, das Haar eines jungen Eselhengstes (?) und die Milz einer Schildkröte herbeigebracht. Bemerkenswert ist natürlich die Spannung zwischen der Schildkröte (Stw) in der Rezitation (9,11) und dem Schwein (S#w) in der Nachschrift (9,13), die auf eine Modifikation des Spruches bei seiner Überlieferung hindeutet. Kürzer ist der nächste Spruch, der über Leinen von der Webkante rezitiert werden soll, das verknotet und der Frau ins Geschlechtsteil gegeben wird (9,14–10,1).37 Auch er soll gegen Blutungen helfen. Eine Erwähnung der Webergöttin Tait im Rezitationstext mag immerhin eine gewisse Verbindung zur Verwendung von Stoff als Amulett liefern. Eine ganz ähnliche Anwendung hat auch der nächste Spruch, bei dem es zwei Knoten sind, die in das Leinen geknotet werden (10,1–2).38 Wiederum wird die Göttin Tait erwähnt. Zwei Knotenamulette werden auch im magischen pLeiden I 343+345 aus der frühen Ramessidenzeit erwähnt. Beim ersten geht es um eine Beschwörung gegen Entzündungen am Bein. Als magisches Objekt dient ein Knoten aus rotem Leinen, der dem Patienten ans Bein gebunden wird (rt. 28,4–5).39 Die Beschwörung bezieht sich unmittelbar darauf, indem sie mit den Worten beginnt „Dieser Knoten ist der Knoten des Apis für seinen Bruder Renui, der aus Punt kam, der aus Leid kam.“ (rt. 27,6 f). Anschließend folgt jeweils die Formel „ich habe für dich selbst gesprochen, NN, so wie … für sich selbst gesprochen hat“, wobei in jedem Vers ein anderer Gott in die Leerstelle eingesetzt wird, insgesamt Re, Schu, Sopdu, Chnum, Horus, Seth, Thot, Isis und Nephthys. Bemerkenswert ist, daß hier das geknotete Amulett ausnahmsweise nicht an der Kehle befestigt wird. Dies dürfte daran liegen, daß ein klar definierter anderer Körperteil als schützenswert intendiert ist, an dem unmittelbar die Wirkung ansetzen soll. Anders als in den meisten Fällen sind nicht sieben Knoten in der Amulettsubstanz vorgeschrieben, dafür aber soll zumindest der Spruch siebenmal rezitiert werden. Im zweiten Fall geht es um eine Hautkrankheit namens Achu, gegen die etliche Sprüche dieses Papyrus gerichtet sind. Hier soll ein leider in einer Lücke verlorenes Objekt siebenmal geknotet und an den Hals des Patienten gelegt werden (vs. 1,7 f.).40 Im lükkenhaften Beschwörungstext ist im Wesentlichen noch ablesbar, daß verschiedene Gottheiten den Krankheitsdämon verfluchen, ein expliziter Bezug auf das Knotenamulett ist nicht erkennbar.41

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Vgl. LEITZ, Magical and Medical Papyri, 69 f., Taf. 34 f. Vgl. LEITZ, Magical and Medical Papyri, 70, Taf. 35. 39 Edition MASSART, Papyrus I 343 + I 345, 31.99 f., Taf. VII; BECK, Exorcism, 82–85, Taf. 39– 38

40. 40 41

Edition MASSART, Papyrus I 343 + I 345, 32.101 f., Taf. VIII; BECK, Exorcism, 86–87, Taf. 41. Vgl. BECK, Sāmānu, 151–153.

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Besonders klar wird die Funktion eines Knotenamulettes aus einer Passage in einem magischen Papyrus der späteren Ramessidenzeit in Turin (PR 135 = Turin CGT 54051, vs. 3,8–9) mit Parallele im Ostrakon DeM 1048.42 Dort soll der Magier offenbar seine Hände verschränken und dann sieben Knoten machen, die er vor das Gift setzt. Wenn das Gift diese Knoten überschritte, würde die Sonne nicht aufgeben, der Magier nicht erlauben, daß die Überschwemmung fließe, zudem Feuer an Busiris legen und den Osirisleichnam verbrennen. Hier liegt insgesamt eine für die ägyptische Magie so typische Götterbedrohung vor.43 Die Knoten dienen somit als eine Art Isoliermittel, das unüberschreitbare Grenzen für den Vormarsch des Giftes bzw. einer Infektion setzen soll. Ohne daß eine konkrete Nachschrift vorhanden ist, gibt auch der nächste Spruch Auskunft über die Verwendung von Knotenamuletten (pTurin PR 135 f. = Turin CGT 54051, vs. 3,10–4,1).44 Dort ist die Situation in der Beschwörung, daß ein Hirte nachts von einem Skorpion gestochen wurde. Daraufhin klagten die sieben Töchter des Re und machten u.a. sieben Knoten in ihre sieben Bänder. Dies ist offenbar als standardmäßiges Verhalten bei Skorpionsstichen aufgefaßt. Eine weitere Praktik dieser Handschrift geht in eine ähnliche Richtung (pTurin CGT 54051 rt. 2,8–11 u.Par.).45 Die Beschwörung ist gegen Gift eines Skorpions gerichtet, der als „Gefährtin des Horus“ bezeichnet wird. Sie thematisiert gleich zu Beginn das Knoten (ç#s) und Zusammenbinden (mr), durch welches das Gift blockiert (@b#) werden soll. In der Nachschrift wird dann angegeben, man sollte den Spruch während des Knotens eines Bandes (ç#s mr) rezitieren. Möglicherweise als Verwendung eines Knotenamuletts zu verstehen ist auch eine Praktik, bei welcher wohl keine Nachschrift vorhanden war (pTurin CGT 54051 vs. 5,6– 6,1).46 Im Rezitationstext wird davon gesprochen, der Rezitator würde das Gift binden, und zwar mit zwei textilen Objekten, die wohl als „Saum vom Kopftuch (?) der Anat“ sowie „Hüfttuch (?) des Kleides der Anat“ bezeichnet werden. Eine solche Angabe wird sinnhaft, wenn in der Praktik ein textiles Knotenamulett verwendet wurde. Obgleich keine explizite Handlungsanweisung im Text überliefert wird, ist ein Passus im magischen Papyrus Leiden I 348 aus der Ramessidenzeit dennoch klar als Spruch zu einem Knotenamulett erkennbar. Die betreffende Passage innerhalb der Beschwörung lautet: „Ich habe Leinenfäden vom Webstuhl geholt, damit ich sie zu sieben Knoten mache und an den großen Zeh des NN gebe“ (rt. 2,9–3,2).47 Prinzipiell geht es bei dem

42 PLEYTE, ROSSI, Papyrus de Turin, Taf. 135; POSENER, Ostraca Deir el Médineh I, 13, Taf. 27; übersetzt bei BORGHOUTS, Magical Texts, 69 Nr. 92. S. jetzt ROCCATI, Magica Taurinensia, 76.153 f.168 f.; GUTH, Hirtenbilder, 301–302. 43 Vgl. dazu SAUNERON, Aspect et sort; FAUTH, Götter- und Dämonenzwang; QUACK, Magie au temple, 55 f.; ROUFFET, Rituel magique, 174–177; s. auch MANISALI, Calumnia princeps. 44 BORGHOUTS, Magical Texts, 77 f. Nr. 108; ROCCATI, Magica Taurinensia, 76 f.154 f.168 f.; GUTH, Hirtenbilder, 300–301. 45 ROCCATI, Magica Taurinensia, 68.133–135.165. 46 ROCCATI, Magica Taurinensia, 78 f.169 f. Die letzte Zeile des Textes ist so weitgehend verloren, daß unsicher bleibt, ob dort auch paratextuelle Angaben standen, die umgebenden Sprüche der Handschrift haben aber alle keinerlei Handlungsvermerke. 47 BORGHOUTS, Papyrus Leiden 348, 16 f.55–60, Taf. 2–3.19–20.

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Spruch um die Bekämpfung von Kopfschmerzen. In der Rezitation wird noch berichtet, wie Horus auf einem gewebten Kissen liegt und Seth sich wohl an ihm vergehen will.48 Dieser soll in die Irre geleitet werden. Ob dies dadurch geschieht, daß man den Zeh statt des Kopfes markiert, oder die Wirkung noch anders ablaufen soll, wird nicht explizit angegeben. Ein anderer Spruch zur Bekämpfung von Kopfschmerzen im selben Papyrus hat auch eine explizite Nachschrift (rt. 3,8–4,3).49 Es wird ein Leinenfaden von der Webkante(?) (rA-n@) geholt, mit sieben Knoten versehen und an den linken Fuß des Patienten geknotet. Eben diese Handlung wird auch im Rezitationstext angeführt, wobei zusätzlich gesagt wird, daß das, was an die unteren Glieder appliziert wird, für die oberen nützlich ist. Ansonsten klagen der Beschwörungsformel zufolge verschiedene Götter über ihren Kopf und wünschen, ihnen würde stattdessen ein anderer gebracht. Für diesen Spruch gibt es im pBudapest 51.1961 (4,5–7) eine direkte Parallele.50 Mit etwas anderen Substanzen arbeitet eine weitere Beschwörung des Kopfes im Leidener Papyrus (rt. 4,5–9).51 Hier sollen Knospen eines sogenannten „einzigartigen Busches“ verwendet werden, die linksherum gezwirnt, mit Schleim angefeuchtet, zusätzlich mit der Knospe der snb-Pflanze versehen, zu sieben Knoten geknotet und an die Kehle des Patienten gegeben werden sollen. Im Spruchtext selbst geht es darum, daß Horus und Seth um eben diesen einzigartigen Busch gekämpft haben und Horus dabei verletzt wurde. Der Bezug zur mythologischen Ebene ist somit in diesem Spruch besser ausgebaut als in den vorhergehenden. Dagegen verwendet ein anderer Zauberspruch dieses Papyrus (rt. 10,5–11,2) wieder Fäden.52 Die Nachschrift (rt. 11,2 f.) ist weitgehend verloren gegangen, kann aber anhand der Aussagen im Rezitationstext selbst (rt. 10,7 f.) sinngemäß rekonstruiert werden. Demnach werden Leinenfäden von der Webkante (rA n n@) verwendet, die an den Kopf gegeben werden. Zudem soll Zyperus-Gras (?; g#y), eine Fischfinne (Xnw) und noch ein bestimmtes Pflanzenteil vorhanden sein. Vermutlich sollen diese Objekte mit den Fäden geknotet werden, auch wenn dies nicht explizit zu fassen ist. Mit ziemlich ähnlichen Mittel geht der nächste Spruch (rt. 11,3–12,1)53 vor, der fast als freie Variante des vorhergehenden bezeichnet werden kann. Hier fehlt im Prinzip eine richtige Nachschrift als Rubrum, aber im Rezitationstext selbst wird sehr ausführlich auf die Durchführung rekurriert. Als Amulett für den Kopf soll demnach etwas geholt werden, was Isis gewebt und Nephthys gesponnen hat, zudem soll aus einem bestimmten Ort ein Haar vom Kinn des Osiris geholt werden, das man als „Zweig“ bezeichnet – also ein pflanzliches Objekt. Dies alles wird mit Schleim angefeuchtet, nach

48 Zu diesem vieldiskutierten Spruch vgl. WESTENDORF, Homosexuelle Episode; AMENTA, Reflections, 9 f. 49 BORGHOUTS, Papyrus Leiden 348, 18.69 f, Taf. 3–4.20–21. 50 ROCCATI, Papiro Budapest, 419–421. 51 BORGHOUTS, Papyrus Leiden 348, 19.77f, Taf. 3–4.20–21. 52 BORGHOUTS, Papyrus Leiden 348, 23 f..112–114, Taf. 10–11.27–28. 53 BORGHOUTS, Papyrus Leiden 348, 24.115–120, Taf. 11–12.28–29.

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links zusammengedreht und als Amulett verwendet. Insgesamt gibt dieser Spruch ausführlicher, als es sonst üblich ist, Auskunft über eine göttliche Verbindung der Basissubstanzen. Dabei sind Isis und Nephthys ganz traditionell die göttlichen Textilproduzentinnen, die in der Ausdeutung des Rituals des Öfteren dafür zuständig sind, etwa das Bestattungsleinen des Osiris herzustellen.54 Unabhängig von der Handlungsanweisung über das Knotenamulett sowie der darauf Bezug nehmenden Teile der Rezitation wird in der Spruchformel dieser beiden Beschwörungen noch ein ganz anderer Komplex angesprochen, der sich in weiteren Kopfschmerzformeln des Papyrus findet und anscheinend auf eine Art Maske referiert, die über das Gesicht des Leidenden gelegt wird.55 Eine Passage im pChester Beatty VII (rt. 3,7 f.) thematisiert innerhalb des Spruches selbst, daß ein Objekt mit der rechten und linken Hand verdreht und zu sieben Knoten gemacht wird.56 Eine weitere Passage des ziemlich änigmatischen Spruches spricht davon, die beiden Enden einer Sehne seien vom Scheitel des Phönix57 genommen und zu sieben Knoten gemacht worden (rt. 4,1). Ohne daß irgendeine Nachschrift vorhanden ist, kann man doch annehmen, daß eine Art von Knotenamulett als praktischer Teil des Zaubers intendiert war. Gleiches gilt für pChester Beatty VII rt. 8,2.58 Tatsächlich ist als Abschluß einer ganzen Folge derartiger Sprüche, die der Bekämpfung von Skorpionsstichen dienen, in diesem Papyrus eine Nachschrift erhalten, man solle einen Binsenschößling (?; bk#.t n.t sw.t) verwenden, der angefeuchtet, nach rechts verdreht und in sieben Knoten geknotet wird (rt. 6,1–2).59 Dieser soll dann allerdings nicht um den Hals gehängt, sondern an die Wundöffnung gelegt werden; somit liegt eine Vermischung des Amulettmotivs mit der therapeutischen Anwendung offizinaler Pflanzen vor. In gewisser Weise ähnlich verhält es sich bei einer Praktik im spätramessidischen pAthen 1826 x+5,4–7.60 Dort soll eine Binse (sw.t) einerseits mit vergorenem Pflanzenschleim (Hs#)61 angefeuchtet, zusammengedreht und an das linke Ohr gegeben werden. Daneben soll sie aber auch siebenmal geknotet und an den Hals des Patienten gehängt werden. Hier werden also nebeneinander die therapeutische Applikation und die Amulettverwendung angegeben. Der kurze Rezitationstext spricht immerhin tatsächlich von Pflanzenteilen, einschließlich der Gefahr, daß der Himmel mit Binsenstengeln verbrannt wird. Möglicherweise kann dies damit zusammengebracht werden, daß nach anderen Texten (Budapest 51.1961, 2, 9 f.; s.u.) diese Pflanze verwendet wird, um die Fackeln des Sonnengottes anzuzünden.

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Einige Belege zusammengestellt bei KLASENS, Magical Statue Base, 68. BORGHOUTS, Papyrus Leiden 348, 15 f. 56 GARDINER, Chester Beatty Gift, 58 f., Taf. 33 f. 57 Zur „Sehne eines Phönix“ als Pflanzenbezeichnung vgl. GUERMEUR, À propos, 550 f. und zusätzlich pTurin CGT 54050 rt. 2,6 (s. S. 31). 58 GARDINER, Chester Beatty Gift, 60–61, Taf. 35. 59 GARDINER, Chester Beatty Gift, 59, Taf. 35; GUTH, Hirtenbilder, 298–299. 60 FISCHER-ELFERT, HOFFMANN, Papyrus Nr. 1826, 113–117, Taf. 10–11. 61 Vgl. aber auch BARDINET, Médecins et magiciens, 243 f., der das Wort als „wässrige Lösung von Manna“ deutet. 55

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Ebenfalls Binsen werden im pChester Beatty XI E, rt. 3 verwendet.62 Sie sollen mit der linken Hand zu sieben Knoten gemacht werden; die schlechte Erhaltung macht weitere Angaben unmöglich. Pflanzliche Elemente, nämlich acht63 Röhricht-Stengel (twr), verwendet auch pBrooklyn 47.218.49, x+8,5 f.64 Dort geht es um das Vertreiben schädlicher Einflüße (s.t-o) von Göttern, Göttinnen und Totendämonen, die im Ohr und der Schläfe Hitze verursachen. Sie sollen in etwas verknotet werden, das aufgrund einer Textlücke nicht mehr identifizierbar ist. Daneben spielt auch eine eindeutig offizinal genutzte Pflanze eine Rolle, es handelt sich also um eine mehr medizinische Verwendung. Im Rezitationsspruch wird insbesondere Hitze bzw. Feuer und dessen Löschung angesprochen. Ein Knotenamulett, das aus einer „Sehne des Phönix“ (dem Determinativ nach eine Pflanze) hergestellt wird, kommt auch in einer Praktik des pBrooklyn 47.218.2, x+2,1– 9 zum Einsatz.65 Es soll siebenmal geknotet und der Frau an das Hinterteil (pH.w|) gegeben werden. Sofern diese Pflanze nicht zu beschaffen ist, wird noch eine Alternative angegeben, die allerdings weitgehend in einer Lücke verloren ist. In der Rezitation wird die Situation der schwangeren Frau mit Isis gleichgesetzt, die mit den vier Horuskindern schwanger ist. Ein Bezug zum materiellen Amulett wird nicht explizit gemacht. In allen erhaltenen Sprüchen mit Knotenamuletten operiert der magische Papyrus Budapest 51.1961,66 wobei es fallweise oft nur geringe Unterschiede der praktischen Applikation von Spruch zu Spruch gibt. In mehr oder weniger großer Ausführlichkeit werden in fünf Sprüchen hintereinander (1,1–3,8) jeweils Binsenstengel (?; m#t.t n.t sw.t) und meist auch feine Fäden (ôp.t n.t [email protected]) genommen, oft explizit zu vier Knoten gemacht, ein derartiges Amulett dann an den Hals oder generell den Kopf des Patienten gegeben. Alle Sprüche behandeln Kopfschmerzen; die eingesetzte Pflanze wird jedesmal auch im Rezitationstext selbst explizit erwähnt, teilweise sogar die ganze Handlungsanweisung bereits darin einmal gesprochen. Die Verbindung des Amulettes mit dem Rezitationstext ist auf diese Weise sehr eng definiert, wirkt allerdings etwas arbiträr, da meist nur allgemein gesagt wird, die schädigenden Dämonen würden davor zurückweichen. Substantieller ist lediglich die einmal gegebene Behauptung, mit dieser Pflanze würden die Fackeln des Sonnengottes jeden Tag angezündet (2,9 f.). Zwei weitere Sprüche desselben Papyrus, die ebenfalls Kopfschmerzen behandeln (3,8–4,4), von denen einer eine direkte Parallele zu pLeiden 348 rt. 3,8–4,3 ist (s. S. 91), verwenden stattdessen Idemi-Stoff, der einmal explizit siebenfach geknotet werden soll, bevor man ihn an den Kopf gibt, während es beim zweiten nur allgemein heißt, der Stoffstreifen solle an den Kopf gegeben werden. Schließlich soll in einem weiteren

62 63

GARDINER, Chester Beatty Gift, 119, Taf. 66. Lesung des Zahlworts nach O’ROURKE, Royal Book of Protection, Taf. 8B; das Photo ist undeut-

lich. 64

O’ROURKE, Royal Book of Protection, 125, Taf. 8. GUERMEUR, Entre Magie et Médecine, 14 f. 66 KÁKOSY, Magischer Papyrus Budapest; Edition der 4. Seite der Handschrift einschließlich der Fragmente in Turin bei ROCCATI, Papiro Budapest, 419–421. 65

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Spruch gegen Kopfschmerzen (4,4–7) Leinen von der Webkante zu sieben Knoten gemacht und an das Bein des Leidenden gegeben werden. Ein Knotenamulett findet auch in einer bislang singulären Praktik zur Beschwörung eines Weges (bzw. wohl zum Schutz des auf ihm Gehenden) Anwendung, die auf zwei Fragmenten von Schreibtafeln der früheren 18. Dynastie belegt ist (UC 59419+59421).67 Die Details sind aufgrund schlechter Texterhaltung wenig klar, deutlich ist aber, daß im Rezitationstext selbst die Aufforderung ergeht, ein magisch wirksames Objekt zu bringen, und daß in der Handlungsanweisung sieben Knoten wohl in textilem Material geknüpft werden. Inhaltlich etwas enger verwandt ist eine Praktik, die im spätzeitlichen Papyrus Brooklyn 47.218.138, x+9,1–13 überliefert ist.68 Dort geht es um den Schutz eines Hauses bzw. seiner Bewohner vor Schlangen und Skorpionen. Dafür wird ein Stoffstreifen69 mit sieben Knoten verknotet und das Objekt mit einer Stange an einer Mauer befestigt.70 Hinzu kommt ein Bild des Ptah, unter dem der Spruch aufgeschrieben wird (s. S. 150). Dieses wird entweder im Haus plaziert oder dem Nutznießer in die Hand gegeben. Letzteres ist für Ägypten eine relativ ungewöhnliche Applikation. Ein Knotenamulett, diesmal aus Pflanzenmaterial, in Verbindung mit einer Stange, die in der Mauer fixiert wird, findet auch in den beiden nachfolgenden Praktiken dieses Papyrus Anwendung (pBrooklyn 47.218.138, x+9,13–15 und 15–17).71 Der Rezitationsspruch der ersten Praktik ist komplett in nichtägyptischer Sprache gehalten. Derjenige der zweiten zeigt keine explizite Verbindung zur konkreten Handlung. Die Verbindung von Knotenamulett und Tonkugel zeigt pBrooklyn 47.218.138, x+17,12–1672 in einer sprachlich eindeutig jungen Praktik gegen Schlangen und Krokodile. Einerseits soll die Rezitation über verknoteten Binsen erfolgen, andererseits soll speziell beim Einsatz gegen Krokodile mit vier Tonkugeln operiert werden, die mit Namen als Isis, Nephthys, Neith und Selket bezeichnet werden. Dabei gibt es Ähnlichkeiten einerseits zu einer Passage im magischen Papyrus Harris 6,12, wo eine Tonkugel

67 QUIRKE, Writing Tablets, 615–618. Vgl. eventuell das von HAGEN, National Museum, 94–98, Taf. 3 veröffentliche oKopenhagen NM 11677, das eine Beschwörung zum Öffnen eines Weges enthält, leider ohne weitere paratextuelle Angaben oder Hinweise auf Amulettverwendung. 68 GOYON, Recueil de prophylaxie, 59–61; vgl. THEIS, Magie und Raum, 346.348. 69 Die Spuren sind so gering, daß unsicher bleibt, ob das von GOYON, Recueil de prophylaxie, 59– 61 angesetzte sSô n sp wôH oder in Übereinstimmung mit der Schreibtafel des Petrie Museums n.t n.t sp wôH zu lesen ist. 70 Während GOYON, Recueil de prophylaxie, 61, THEIS, Magie und Raum, 346 Anm. 148 und DONNAT, Billet, 23 das Verb tXy als „verstecken“ verstehen wollen (vgl. auch FISCHER-ELFERT, LingAeg 20, 284), habe ich in QUACK, WdO 43, 264 vorgeschlagen, daß es sich um eine Ableitung von tX „Lot“ handelt. Die Verwendung einer Stange spricht jedenfalls weit mehr für eine sichtbare Anbringung als für ein Verstecken im Inneren einer Mauer. Vgl. als erhaltenes Objekt eine Holzstange mit einem daran befestigten Leinenstück (auf das ein Brief an Osorapis geschrieben war) bei RAY, Inscribed Linen; KOCKELMANN, Lesestoffe, 88–90. 71 GOYON, Recueil de prophylaxie, 61–66; vgl. MEYRAT, JEA 99, 320; THEIS, Magie und Raum, 347 f. und für Detailkorrekturen QUACK, WdO 43, 264. 72 GOYON, Recueil de prophylaxie, 127 f.; Korrekturen zur Lesung und Übersetzung in QUACK, WdO 43, 274.

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zum Einsatz gegen Krokodile kommt (s. S. 314), andererseits zum Ritual der vier Kugeln, bei dem vier Kugeln verwendet werden, die mit dem Namen von Göttinnen beschriftet sind (s. S. 311 f.). Als Bezug auf ein Knotenamulett sowie eventuell Perlen zu verstehen ist wohl eine Passage in einer Beschwörung gegen Gift auf der Heilstatue Neapel 1056, Vorderseite 4–6.73 Dort heißt es „geknotet werde ein Knoten in Tenenet, geknotet werde Fayence in Tenenet durch den, der Fayence knotet, damit er in Tenenet knotet“. Auch wenn, wie es für Heilstatuen normal ist, keine Handlungsanweisungen überliefert werden, handelt es sich mutmaßlich um eine „Rezeptverklärung“, mit der auf der Ebene der praktischen Umsetzung die Verwendung eines Knotenamulettes mit Fayenceobjekten korrespondierte. Galten alle bisherigen Knotenamulette menschlichen Leiden und Gefahren, so gibt es auch einen reizvollen Beleg für den Einsatz in der Götterwelt. Nach dem spätzeitlichen pSalt 825 hat die Göttin Tefnut zum Schutz des Osiris eine göttliche snb-Pflanze verknotet und an den Hals des Gottes gegeben (7,9 f.).74 Ihr Partner Schu verknotete entsprechend ein Rinderhaar und gab es ebenfalls als Schutz an den Hals des Gottes (8,1 f.). Jeweils wird dabei übrigens als Textvariante zu „an den Hals dieses Gottes“ auch die Lesart „an den Hals des Mannes“75 angegeben; was darauf hindeutet, wie dieser scheinbar mythologisch-vergangene Text in einem konkreten Fall zum Nutzen von Menschen umgesetzt werden konnte. Nach dem ganzen Zuschnitt des Textes wird man dabei am ehesten an den Schutz des Königs in seinem Palast denken, der im Papyrus öfters als Ziel genannt wird. Anschließend gibt Schu noch explizit an, er habe einen Knoten gemacht, um die Seelen der Feinde zu vernichten. Vermutlich ebenfalls als Hinweis auf ein vegetabiles Knotenamulett zu verstehen ist eine Passage über die nbH-Pflanze im selben Papyrus (pSalt 825, 15,4–8).76 Demnach ist sie in Nedit (dem Todesort des Osiris) aus Osiris entstanden und Thot hat sie genommen, um sie für Osiris zu verknoten. Der Stelle ist mutmaßlich zu entnehmen, daß es sich bei der betreffenden Pflanze um ein schnellwachsendes mittelgroßes Gewächs handelt. Jedenfalls gibt es eine recht gut bezeugte Verwendung von Knotenamuletten im Rahmen des Schutzes des Königs. Auf sie werde ich im speziellen Kapitel über königliche Schutzrituale noch eingehen (s. S. 291.295–299.301). Ebenso sind Verknotungen öfters auch Teil von anderen Handlungsanweisungen, bei denen Zeichnungen oder dreidimensionale Figuren involviert sind (s. S. 130).

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KÁKOSY, Healing Statues, 120–122. DERCHAIN, Papyrus Salt 825, 140.168–172. 75 Für die sprachliche und graphische Aufassung s. RITNER, Gleanings 105; auch die determinativlose Schreibung 7,10 dürfte dies intendieren. 76 DERCHAIN, Papyrus Salt 825, 143.183–184. Für Korrekturen der Lesung s. QUACK, Beiträge zu religiösen und magischen Texten, 416. 74

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Ein reales Objekt solcher Art, das als Amulett verwendet wurde, wurde bei den französischen Ausgrabungen im Bereich des Ramesseums 1981–82 gefunden.77 Archäologisch datiert das Grab etwa ins 9.–8. Jhd. v. Chr., also die Dritte Zwischenzeit. Das Amulett war bei der Bestattung eines etwa dreijährigen Kindes deponiert. Koenig vermutet aufgrund der Präsenz eines Ohrrings, daß es sich mutmaßlich um ein Mädchen handelt, was mir nicht ausreichend abgesichert scheint – in Ägypten trugen auch Männer Ohrringe. Konkret handelt es sich um ein kokonartiges Gebilde von etwa 4,5 cm Länge und 1,1 cm Breite. Außen befand sich als Hülle ein Papyrus. Darin eingewickelt waren Blätter der Perseapflanze (Mimusops Schimperi) sowie Wollhaare der Dum-Palme. Es war mit zwei Leinenschnüren sorgfältig zusammengebunden. Koenig hat diesen Befund mit besonderer Betonung der Rolle des Perseabaumes eingehend kommentiert. Für ihn handelt es sich letztlich um ein Symbol, das mit der Wiedergeburt zu tun hat. Ich halte diesen Zugang aus Gründen, die im ersten Kapitel ausführlich dargelegt wurden (s. S. 15–18), für methodisch bedenklich; gerade in der Zeit, aus der dieser Fund stammt, und besonders bei einer Kinderbestattung würde man prinzipiell eher ein Schutzamulett erwarten, dessen Relevanz primär zu Lebzeiten gegeben war. Die oben angeführten Beispiele aus verschiedensten magischen Traktaten liefern zwar keinen Fall, wo exakt dieselbe Handlung vorgenommen wurde, wohl aber bei weitem genügend Parallelbeispiele, um für Pflanzenteile im Rahmen eines Knotenamulettes ganz andere Wirkungsbereiche mit viel mehr Relevanz für die Welt der Lebenden zu sehen. In jedem Fall ist dieses reine Naturobjekt mit Verknotung ein Hinweis darauf, wie sehr man bei Bestattungen auch scheinbar unaufdringliche Gebilde von geringer visueller Attraktivität als Zeugnisse ritueller Praxis ernstnehmen muß. Ein anderes erhaltenes Knotenamulett stammt aus der Arbeitersiedlung von Amarna.78 Es war aus feinem Flachs hergestellt und in S-Form gesponnen. An mehreren Stellen waren Gruppen von Knoten eingearbeitet. Zudem war sehr feines grün gefärbtes Garn angebunden worden. Nur sehr knapp beschrieben ist ein weiterer Fall, wo an der Mumie eines Mädchens aus der Zeit um 1000 v. Chr. (d.h. Dritte Zwischenzeit) in Theben an Kehle, Ellbogen, Handgelenk und Knöcheln Fäden angebunden waren, die sieben-, vierzehn- oder einundzwanzigmal geknotet waren.79 Etwa aus der 25. Dynastie aus Bestattungen in Kafr Ammar stammen etliche Schnüre, die teilweise zu Bündeln verknotet waren.80 Wenigstens in einigen Fällen waren daran auch Papyrusamulette befestigt, daneben auch Udjat-Augen, Statuen von Isis, Horus und Thoeris, ein Pavian, ein Hyänenzahn sowie Kauris. Leider ist die Publikation sehr summarisch und geht z.B. auf Details der Knotung nicht ein. Bereits aus dem Neuen Reich gibt es mehrere Fälle davon, daß Amulette auf Papyrus zusammengefaltet und an einer Schnur mit Knoten um den Hals gehängt wurden. Die

77

KOENIG, Gri-gri égyptien. WENDRICH, Entangled, 243. 79 WINLOCK, Excavations at Thebes, Part II, 35. 80 PETRIE, MACKAY¸ Heliopolis, 36, Taf. XXXII; PETRIE, Amulets, 29 Nr. 131, Taf. XVII–XIX. 78

5 Knotentenamulette

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betreffenden Papyri an sich werde ich als amuletthafte Träger von Text und Bild im nächsten Kapitel behandeln, schon jetzt aber seien die Arrangements als solche einmal behandelt, da sie für das Thema der Knotenamulette nicht irrelevant sind.81 pDeir el-Medineh 36 wurde bei den französischen Grabungen in Deir el-Medineh gefunden.82 Bei der Auffindung war der Papyrus noch als Paket vielfach gefaltet und mit einem Faden an einen Leinenstreifen festgebunden, der in sich verdreht und insgesamt siebenmal geknotet war, dreimal auf der einen, viermal auf der anderen Seite. Für einen Fall gibt Bruyère an, daß das Amulett an der linken Leiste einer Frau gefunden wurde – also einmal eine andere Trageposition als um den Hals. Vermutlich entspricht diese Position dem, was in den paratextuellen Angaben als „an das Hinterteil (pH.w|) geben“ bezeichnet wird (vgl. S. 89.93.101.107.214). Weitere Knotenamulette mit anhängendem Papyrus, die Bruyère abbildet, aber nicht im Detail beschreibt, können mit den mir zur Verfügung stehenden Informationen nicht sicher bestimmten publizierten Amulettpapyri zugewiesen werden, obgleich ihre prinzipielle Zusammengehörigkeit sicher ist. Ebenso gibt es im Louvre – leider bislang nicht als Abbildung publiziert – fünf Aufhänger mit jeweils sieben Knoten, an denen Amulettpapyri befestigt waren, die derzeit erst teilweise publiziert sind. Mit diesen Objekten kann ich bereits zum nächsten Kapitel überleiten, in dem Text- und Bildamulette behandelt werden sollen, einschließlich eben solcher, die nachweislich an einer Schnur mit Knoten getragen wurden. Für jetzt sei aber abschließend noch ein Fazit gezogen. Knoten sind in Ägypten offenbar eine sehr traditionelle Form des magischen Schutzes, wie die Verwendung dieses Bildes eben zur Schreibung des Wortes „Schutz“ selbst zeigt. Normalster Grundstoff ist Textil (Flachs), allerdings kommen recht häufig auch andere Pflanzenfasern zum Einsatz, insbesondere m#t.t n.t sw.t, was hier unter Vorbehalt als „Binsenstengel“ übersetzt wurde – tatsächlich sollte es sich um eine relativ flexibel biegbare Pflanzenfaser handeln. Besonders ausführliche Anweisungen deuten darauf hin, daß die Beschwörung beim Knüpfen jedes einzelnen Knotens einmal rezitiert werden sollte. Die Knoten dienen insbesondere nach Ausweis des Turiner Papyrus CGT 54051 als eine Art von Isoliermittel, das sozusagen durch Abbinden den voranschreitenden Fluß von Gift bzw. Krankheitssubstanz verhindern soll. Die daneben in der Forschung vertretene Position, durch die Knoten würde die Macht des Zauberwortes verankert,83 ist zwar nicht strikt auszuschließen, basiert aber rein auf modernen Assoziationen ohne positive ägyptische Quellen. Die normalste Anzahl von Knoten ist sieben, was als machtvoll aufgeladene Zahl in der ägyptischen Kultur generell gut bekannt ist.84 Seltener, insbesondere in den Zaubersprüchen für Mutter und Kind und im pBudapest 51.1961, kommt die Zahl vier vor. Sie ist mutmaßlich mit den vier Himmelsrichtungen zu verbinden, steht also für einen

81

BRUYERE, Deir el Médineh 1948 à 1951, 72–74. Edition des Textes bei SAUNERON, Rhume d’Anynakhte. 83 WENDRICH, Entangled, 252 f. 84 SETHE, Zahlen, 33–37; ROCHHOLZ, Schöpfung. 82

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5 Knotenamulette

Rundum-Schutz.85 In einigen Praktiken kommen auch noch andere Zahlen vor, die mutmaßlich mit definierten Zeiteinheiten korrelieren, so zwölf für die Monate des Jahres (s. S. 101), vierundzwanzig für die Stunden des Tages und der Nacht (s. S. 301.318) und dreißig für die Tage des Monats (s. S. 291). Im Balsamierungsritual sind auch 36 Knoten als Bezug auf die Dekane belegt (s. S. 317). In einem griechischsprachigen magischen Papyrus aus Ägypten sind für einen Schadenszauber sogar 365 Knoten belegt, also die Zahl der Tage des Jahres (s. S. 329). In der Mehrzahl der Fälle ist in den Rezitationssprüchen der Drang des Magiers erkennbar, eine logische Verknüpfung zur Götterwelt zu finden. Das ist umso nachvollziehbarer, als im ganzen Bereich der anikonen Magie die Evidenz klarer Bildinhalte wegfällt. Um so mehr Wert wurde deshalb in vielen Fällen auf das gelegt, was ich als „Rezeptverklärung“ bezeichnen möchte,86 d.h. ein Aufgreifen der Handlungsanweisung, die in wenig abgewandelter Form bereits im Beschwörungstext selbst als göttliche Aufforderung definiert und damit als wirksames Heil- und Schutzmittel ausgewiesen wird. Gerade dies zeigt aber im Grund die Arbitrarität des Verfahrens, das sich wohl eher selbst ad hoc seinen mythologischen Hintergrund schafft, nicht aber auf vorher und unabhängig existente Beziehungen der Substanz bzw. Handlung zur Gottheit zurückgreifen kann.

85 86

SETHE, Zahlen, 31–33. Vgl. QUACK, Ostrakon Glasgow, 292 f.

6

Textamulette und Zeichnungen 6.1

Generelle Bemerkungen

6.1 Generelle Bemerkungen

Schon im letzten Kapitel wurde angesprochen, daß in etlichen Fällen Knotenamulette bzw. geknotete Schnüre als Träger für kleine Amulettpapyri dienten. Derartige, meist um den Hals getragene Amulette sollen nun das Thema sein, wobei sowohl Text- als auch Bildamulette zur Sprache kommen sollen1 – in der Praxis sind oft auch Bilder mit einem Text kombiniert. Ungeachtet einer gewissen Äußerlichkeit des Vorgehens möchte ich dabei in erster Näherung eine Unterscheidung nach dem benutzten Material vornehmen, wobei für die um den Hals getragenen Amulette Leinen und Papyrus die häufigsten Schrift- und Bildträger sind. Wie gebräuchlich die Sitte tatsächlich war, Amulettexte um den Hals zu tragen, zeigt sich gut in einer Passage des satirischen Briefes, in der als Vergleich zur Bindung eines anderen Objektes die Phrase benutzt wird „wie ein Buch gegen die rmn.ß-Krankheit am Hals eines Kranken“ (pAnastasi I, 7,3).2 Die konkret genannte Krankheit ist eine, für deren Abwehr Amulettexte realiter mehrfach belegt sind (s.u.). Dabei liefert die Angabe, dieses Buch befände sich am Hals eines Kranken (mHr) einen wertvollen Hinweis dafür, daß diese Textamulette nicht prophylaktisch ständig getragen wurden, sondern in konkreten Krisensituationen kurativ zum Einsatz kamen. Chronologisch paßt der Text des u.a. im pAnastasi I überlieferten satirischen Briefes, dessen Entstehung in die frühere 19. Dynastie (vermutlich die ersten fünf Jahre Ramses’ II.) zu setzen ist,3 zu einer eindeutig erhöhten archäologischen Bezeugung von Papyrusamuletten ab der Ramessidenzeit.

1 Vgl. zu den Textamuletten DIELEMAN, Materiality of Textual Amulets; speziell für die Ramessidenzeit auch DONNAT, Amulettes-médjat; DIES., Gestes rituels. Kulturübergreifend für die Antike BERLEJUNG, Kleine Schriften. 2 Vgl. auch FISCHER-ELFERT, Satirische Streitschrift, 58–60; VERNUS, Théorie de la littérature, 66 Anm. 154; DONNAT, Gestes rituels, 41. Es wäre zu fragen, ob die Parallelhandschrift des oFlorenz 2624 (HO CXI), von der leider nie ein Photo oder Faksimile veröffentlicht worden ist, in der Schreibung von der srf.t-Krankheit beeinflußt ist, die oft neben rmn.ß genannt wird. 3 FISCHER-ELFERT, Satirische Streitschrift, 261–267.

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6 Textamulette und Zeichnungen

6.2

Textträger Leinen

6.2 Textträger Leinen

Der schon im vorhergehenden Kapitel erwähnte pEdwin Smith überliefert unter den Zaubersprüchen zum Jahreswechsel auch einen, bei dem eine Zeichnung mit Myrrhentinte auf eine Leinenbinde (sSô n p#Q.t) gezeichnet werden soll, die an die Kehle gelegt wird (19,9–11).4 Dargestellt werden sollen Sachmet, Bastet, Osiris und Nehebkau; genauere ikonographische Festlegungen erfolgen nicht. Dabei sind Sachmet und Bastet unmittelbar nachvollziehbar, handelt es sich doch um diejenigen Göttinnen, die nach ägyptischer Vorstellung die Dämonen schicken können, die eben im Umkreis des Jahreswechsels besonders gefährlich sind. Auch Osiris wird im Spruch als jemand erwähnt, für den potentiell die Milz des Sprechers weggenommen werden könnte. Diese Gottheiten sind somit die potentiellen Auftraggeber, die dem Ritualempfänger schaden könnten und deren Wohlwollen deshalb angestrebt werden muß. Die Rolle des Nehebkau ist dagegen nicht völlig deutlich. Potentiell relevant ist, daß das nach Nehebkau benannte Fest am 1. Peret 1 auch als Jahresanfang oder Jahreseröffner bezeichnet werden kann.5 Ebenfalls um Schutz im Umkreis der Epagomenentage und des Jahreswechsels geht es im pLeiden I 346, der etwa aus der mittleren 18. Dynastie stammt.6 Er enthält im ersten Teil Anrufungen an zwölf Gottheiten, nämlich Sachmet, Herrn des Ascheru-Sees, Schentit, Herrin von Busiris, Re, den Herrscher, Schesemtet, Herrin von Punt, Horus, Herrn von Edfu, Sobek, Herrn von Minet, den Schöpfer des Ascheru-Sees, das Sonnenauge, Herrin der beiden Länder, Herrin der Flammeninsel, Horus, den Verklärten von Opet, Den unter seinem Ölbaum, Herrn von Schenet, Das Horusauge, Chnum, Herrn von Mabait (1,1–3). Es geht insbesondere um den Schutz vor den Metzeldämonen (X#.t|w). Diese Invokation samt dem nachfolgenden Spruch soll dann über einem Band aus feinem Leinen (stp n p#Q.t) rezitiert werden, auf dem die betreffenden Gottheiten gezeichnet sind, und in das zwölf Knoten gemacht werden. Dann sollen Brot und Bier sowie Weihrauch auf der Flamme geopfert werden; also die Basisgrößen eines simplen ägyptischen Opfers. Schließlich soll es als Schutz um den Hals getragen werden, um vor der Seuche des Jahres zu schützen (2,3–4). Eine entsprechende Zeichnung, in der diese Gottheiten hockend und mit ihren beigeschriebenen Namen gezeichnet sind, findet sich nicht direkt zum Spruch zugehörig, sondern ganz am Ende des Papyrus. Bei den zwölf Gottheiten handelt es sich um Schutzgötter der Monate. Dies legt nicht nur die innere Logik der Zahl nahe, sondern es kann auch durch eine Menologie nachgewiesen werden, also einen Text über Vorzeichen in Verbindung mit Monaten, in dem

4

BREASTED, Papyrus Edwin Smith, 480–482. Eine direkte Parallele, in welcher der Spruch verloren und nur die Handlungsanweisung erhalten ist, liefert pLouvre E 32847 rt. x+19,1–2, s. BARDINET, Médecins et magiciens, 122 f. 5 PARKER, Calendars, 62 mit allerdings indirekter Argumentation; vgl. LEITZ, Tagewählerei, 194 f. S. für die drei verschiedenen Jahresanfangspunkte im Alten Ägypten QUACK, Enchoria 35, 222. 6 Edition STRICKER, Spreuken; die Neubearbeitung durch BOMMAS, Mythisierung der Zeit, stellt meist einen Rückschritt dar, s. dazu die Rezension durch LEITZ, LingAeg 10, 413–424. Teilbereiche der Rezitation haben Parallelen in den Tempeln von Edfu, Dendara und Esna sowie im pBM EA 10662, s. VON LIEVEN, Himmel über Esna, 20 f.42–50; QUACK, Beiträge, Kap. 1.2.3.4.

6.2 Textträger Leinen

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weitgehend dieselben Gottheiten jeweils einem Monat zugeordnet sind.7 Diese Gottheiten können recht gut mit dem Befund einer tatsächlichen Leinenbinde mit Amulettzeichnungen verbunden werden (s. S. 107).8 Ansonsten sei hier schon auf die explizite Verknotung hingewiesen, die bei Leinenamuletten sonst zumindest so üblicherweise nicht im Text thematisiert wird. Zu den Knotenamuletten als solchen habe ich schon im letzten Kapitel einiges gesagt; das konkrete Beispiel greift mit der Anzahl von zwölf Knoten evident die Zahl der Monate des Jahres auf. Der zweite Spruch desselben Papyrus beschäftigt sich ebenfalls mit Schutz beim Jahreswechsel (2,4–3,4). Es werden allerdings andere Gottheiten angerufen. Vor allem werden die Tage des Jahreswechsels alle mit ihren göttlichen Hintergründen erwähnt, d.h. speziell als Geburtstage der fünf Gottheiten Osiris, Horus, Seth, Isis und Nephthys. Ihre Kenntnis soll davor bewahren, zu hungern, zu dürsten und der Seuche des Jahres zu erliegen. Neben der Rezitation soll auch ein Leinenstreifen (sSô n p#Q.t) mit den Namen der Gottheiten beschriftet werden, und zwar mit Auripigment und dann mit Myrrhe nachgezogen. Über die Trageweise ist nichts explizit angegeben, es fehlt auch eine graphische Umsetzung in der Handschrift selbst. Weitere Angaben über Leinenstreifen zum Schutz beim Jahreswechsel finden sich auch im pKairo JdÉ 86637, vs. 11,5 f.16,3.9 Dies ist an sich eine ramessidische Handschrift eines Tagewählkalenders, die gleichsam als Anhang noch spezielle Sprüche und Rituale im Umkreis des Jahreswechsels auflistet. Bei den Sprüchen für die fünf Epagomenentage soll man auch eine Amulettzeichnung auf Leinen herstellen. Dargestellt werden Osiris, Horus, Seth, Isis und Nephthys, also genau die Götter, die an den fünf Tagen geboren wurden. Die Korrelation zwischen Zeichnung und Beschwörungsinhalt ist also sehr gut. Im pBM 10059 (9,8 f.) soll ein Zauberspruch über einem Leinenstreifen (stp n H#.t|w) rezitiert werden, welcher der Frau an das Hinterteil gegeben wird und vor Blutungen schützen soll.10 Von einer magischen Zeichnung ist dabei nicht die Rede; insgesamt ist dies sowohl dadurch als auch durch die vorgeschriebene Position (vgl. S. 89.97) ein Ausnahmefall. Ein Leinenamulett findet sich auch im frühramessidischen (oder bereits aus der 18. Dynastie stammenden?)11 Papyrus Leiden I 347, 12,9–10 zum Abschluß eines außergewöhnlich umfangreichen Rezitationstextes (3,1–12,8), der im Titel als „Anbetung des Horus Imi-Schenut“ bezeichnet wird.12 Insgesamt handelt es sich um einen generellen

7

VERNUS, Omina calendériques. RAVEN, Charms for Protection. 9 Edition LEITZ, Tagewählerei, 417 f. u. 425, Taf. 41 u. 46. 10 LEITZ, Magical and Medical Papyri, 68, Taf. 34. 11 Üblicherweise wird die Handschrift (ohne detaillierte Begründung) in die 19. Dynastie datiert, nach dem publizierten Faksimile scheint sie mir aber paläographisch engere Berührungen mit den ppEremitage 1116A und B zu haben, die nach DANILOVA, Minhotep, 130–133 in die Zeit Thutmosis’ IV. oder Amenhoteps III. datieren, s. QUACK, Irrungen, 427 mit Anm. 151. 12 Faksimile CHABAS, LEEMANS, Papyrus égyptiens hiératiques I., Taf. CXLI–CXLVI; Übersetzung MÜLLER, Beschwörungen, 263–274. Kleine Fragmente (pUCL 32091A, pUCL 32095A, pUCL 32110 D) bezeugen den Text bereits für das Mittlere Reich; Edition COLLIER, QUIRKE, UCL Lahun Papyri, 8

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6 Textamulette und Zeichnungen

Wunsch nach Schutz, Ansehen und Beliebtheit. Gemäß der Nachschrift sollen dazu sieben Darstellungen13 des Upuaut mit Ocker und Myrrhe auf einen Leinenstreifen (… n p(#)Q.t) gezeichnet werden, mit dem die Glieder des Ritualempfängers täglich abgerieben werden sollen. Zu dieser Darstellung paßt, daß Horus im Rezitationstext tatsächlich explizit als Upuaut angeredet wird (4,3) bzw. der Rezitator sich mit Upuaut identifiziert (11,2). Die Handlungsanweisung weicht auffällig von der sonst bei Leinenamuletten normalen Verwendungsweise ab, sie einfach am Hals zu tragen; am ehesten geht sie parallel zur Verwendung einer Tonkugel im pLeiden I 348 (s. S. 314). Zur Rezitation soll der Ritualist sein Gesicht nach Osten (also zur aufgehenden Sonne) wenden und am Hals ein Menit mit sieben Kügelchen aus Fayence tragen. Auch dies korreliert mit dem Rezitationstext, in dem der Sprecher direkt sagt, das Menit der Hathor sei in seiner Hand und die Perlen der Neith an seinem Hals (5,3–4). Die Aussage, das Fleisch eines Abbildes sei mit Fayence bestreut und die Beliebtheit der Neith sei an der Kehle der Götter (9,10), dürfte sich ebenfalls auf dieses Schmuckobjekt beziehen. Im ramessidischen Papyrus Leiden I 348 findet sich ein langer Zauberspruch (rt. 6,4– 8,7), um alle Arten von feindseligen Geistern fernzuhalten.14 Er soll über einer Abbildung des Sonnengottes Re rezitiert werden, die mit dem Blut eines Abdju-Fisches auf ein Stück Byssosleinen gezeichnet wird. Dies wird als Schutzmittel an den Kopf des Patienten gegeben. Der Text fügt dabei noch eine Mahnung der Exklusivität hinzu, man solle dies nur für sich selbst und keinen anderen machen (rt. 8,5–7). In der Beschwörung wird Re tatsächlich prominent als Helfer genannt, so daß seine Darstellung sinnvoll wirkt. Heikel ist das Zeichnungsmittel, denn der Abdju-Fisch ist ja ein positiv konnotierter Begleiter der Sonnenbarke. Die Verwendung seines Blutes ist einerseits eine Intensivierung des solaren Bezugs, andererseits aber grenzt sie an ein Sakrileg; bzw. darin ist ansatzweise bereits eine Götterbedrohung zu erkennen. Dies mag auch die Notiz zur Restriktion des Gebrauchs erklären. Es gibt vergleichbare Anweisungen, bei denen das Blut oder andere Flüssigkeiten von heiligen Tieren verwendet werden, ganz am Ende der ägyptischen Magiegeschichte wieder im demotischen Papyrus Louvre E3229, wo sie für Zwecke der ausgesprochen schwarzen Magie instrumentalisiert werden.15 Dabei soll gerade die Verwendung von Körperflüssigkeiten der heiligen Tiere bestimmter Gottheiten eine Handhabe bieten, die betreffenden Götter zu bedrohen und damit das angestrebte Ziel umso besser zu erreichen. Ein weiterer, von anderer Hand geschriebener Zauberspruch im selben Papyrus macht von einer Zeichnung auf Leinen Gebrauch, die an die Kehle des Mannes gegeben wird. Sie wird aber nicht verbal beschrieben, sondern durch eine Skizze dargestellt, auf die

6–11; Identifizierung MÜLLER, Beschwörungen, 265 Anm. 31. Die Langlebigkeit der Formeln zeigt sich auch darin, daß ein kleiner Bereich eine enge Parallele zu einer Inschrift im spätptolemäischen Tempel von Athribis darstellt, s. LEITZ, MENDEL, Athribis IV, XXI.325–327. 13 MÜLLER, Beschwörungen, 272 übersetzt „eine Darstellung“, die Lesung der Zahl als „sieben“ scheint mir aber im Vergleich zur nächsten Zeile praktisch sicher. 14 BORGHOUTS, Leiden 348, 20–22.102–105, Taf. 6–8.23–25. 15 QUACK, Dream Sending, 134 f.141 f.

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verwiesen wird (vs. 2,6 f.).16 Dargestellt ist eine Barke, auf der Osiris zwischen Isis und Nephthys erscheint. Das Schiff steht auf einem Sockel – oder vielleicht eher einem Stück Wasser. Links davon steht Anubis, der auf seinen erhobenen Armen eine Mumie trägt. Der Spruch an sich dient zum Vertreiben von Schrecken, die nachts über einen Mann kommen. Der Beschwörungsspruch selbst identifiziert den Nutznießer mit Atum, Wadjit, dem Kind, Herrn der Wahrheit und warnt vor einer Flamme, die aus dem Horizont kommt. Es fällt schwer, irgendeine tiefere Verbindung dieser religiösen Größen mit der konkret angegebenen Darstellung zu finden. Möglicherweise ebenfalls eine Zeichnung auf Leinen, sicher mit Myrrhentinte, wird im spätramessidischen pBM EA 9997 (8,13 f.) vorgeschrieben.17 Dargestellt sind mindestens Selket, Hathor, Herrin von Byblos, Isis und Nephthys. Diese Göttinnen spielen im Spruch (6,17–8,11) tatsächlich eine Rolle, so daß ihre Darstellung eine plausible Visualisierung der Helferinnen auf der mythologischen Ebene darstellt. Leider ebenfalls sehr fragmentarisch ist die Handlungsanleitung im spätramessidischen pBM EA 10309, 3,3 f.18 Erkennbar ist noch, daß Abbilder der Maat und anderer Gottheiten mit gelbem Pigment (Auripigment) (Qn|) auf feinem Leinen gezeichnet werden und dieses Objekt an den Hals des Patienten gegeben werden soll. Tatsächlich identifiziert sich der Sprecher im zugehörigen Spruch explizit u.a. mit Maat (2,17). Noch unsicherer in der Verwendung ist eine andere Passage desselben Textes (1,5 f.), in der ein Abbild des Hepui hergestellt werden soll.19 Auch hier wird das Endprodukt an die Kehle des Patienten gegeben. Der Rezitationsspruch ist zu schlecht erhalten, um Aussagen über mögliche Verbindungen zu diesem Bild zu ermöglichen. Stark beschädigt ist auch eine Passage im pAthen 1826,20 in der von einer Binde aus feinem Leinen (stp n p#Q.t) die Rede ist. Die betreffende Erwähnung (x+1,8) dürfte eher noch im Rezitationstext zu situieren sein; in der Nachschrift ist von etwas die Rede, das geschrieben/gezeichnet werden soll (x+1,11). Der Text ist zu schlecht erhalten, um genauere Schlußfolgerungen zu erlauben. Mit der Beschriftung eines Stoffes, diesmal eines rot gefärbten (|ns), ist wahrscheinlich auch eine weitere nur lückenhaft erhaltene Praktik dieser Handschrift befaßt, deren Ziel es ist, einen Patienten zu stabilisieren (pAthen 1826, x+2,10–13).21 Gezeichnet werden soll ein Djedpfeiler, und rechts und links davon Horus sowie eine verlorene Gestalt. In wenig klarem Zusammenhang werden auch Bilder der Isis und des Osiris erwähnt. Der sehr knappe Rezitationstext erwähnt immerhin tatsächlich Isis als Mutter des Horus. Ein Spruch gegen Kopfschmerzen verbindet den Einsatz eines Krokodils aus Ton (s.u. S. 213) mit einer Zeichnung von Göttern auf einem Leinenstreifen. Konkret sollen Re, Atum, Schu, Mehit, Geb, Nut, Anubis, Horus, Seth, Isis, Nephthys sowie eine An-

16

BORGHOUTS, Leiden 348, 33.176–186, Taf. 16.33. LEITZ, Magical and Medical Papyri, 19–21, Taf. 6–8. 18 LEITZ, Magical and Medical Papyri, 29 f. 19 LEITZ, Magical and Medical Papyri, 22. 20 FISCHER-ELFERT, HOFFMANN, Papyrus Nr. 1826, 72–74, Taf. 2–3. 21 FISCHER-ELFERT, HOFFMANN, Papyrus Nr. 1826, 86–88, Taf. 4–5. 17

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6 Textamulette und Zeichnungen

tilope, auf deren Rücken eine Gestalt mit ihrem Speer steht, abgebildet werden (pChester Beatty V vs., 4,5–9).22 Die Götterliste der Nachschrift korrespondiert recht genau mit derjenigen der Gottheiten, die im Spruch selbst angerufen werden. Einzige Ausnahme ist Mehit, die Löwengöttin von Thinis und Partnerin des Onuris, die in der Nachschrift dort auftaucht, wo der Rezitationstext mit mehr Allgemeingültigkeit vielmehr Tefnut, also die Partnerin des Schu nennt23 – letztlich eine Frage lokaltheologischer Umsetzungen heliopolitanischer Muster. Ansonsten ist unverkennbar, daß an sich die große Neunheit vorliegt, allerdings unter Ersetzung von Osiris durch Anubis (wie es gleichartig auch im pBerlin P 30490 vorliegen dürfte, s. S. 120). Nicht im Rezitationstext in dieser Form genannt ist die Antilope, auf deren Rücken jemand steht, der mit der Lanze nach ihr sticht. Dies ist aber ein in Ägypten prinzipiell auch sonst geläufiger Bildtyp. Die Antilope ist ägyptischer Konzeption zufolge ein Götterfeind, und zwar speziell ein Feind des Udjatauges, das sie rauben will.24 Insbesondere für das Gauzeichen des 16. oberägyptischen Gaues wird in der Spätzeit eine Ikonographie entwickelt, bei der auf dem Rücken der Antilope ein Falke steht, der sie mit seinen Klauen angreift.25 Dieses Bild ist dann auch ein Standardelement des Bildstreifens der Horusstelen.26 Reizvoll ist der Vergleich zweier verschiedener Versionen eines Spruches gegen Kopfschmerzen, die im pChester Beatty V (vs. 4,10–6,4) sowie pDeir el-Medineh 1 (vs. 7,5–8,8) belegt sind.27 In der ersten Version wird in der Nachschrift kurz angegeben, der Spruch solle über den Göttern rezitiert werden, die auf einen Leinenstreifen (p#Q.t) gezeichnet seien; die wesentliche Information ist nicht verbalisiert, sondern durch eine Zeichnung gegeben, die leider nur teilweise erhalten und in der Publikation zudem nur in Umschrift bzw. Normalisierung, nicht als Photo beigegeben ist. Dargestellt ist ein Schakal, dann nach einer Lücke drei hockende Götter ohne Attribute; vier Udjat-Augen sowie vier Uräen. In der zweiten Version, wo der Text leider an dieser Stelle weitgehend verloren ist, hat sich von der Zeichnung nur noch das Bild eines stehenden Schakals mit Doppelkrone erhalten. Im Spruch selbst, der stark mit Götterbedrohungen arbeitet, erscheint Anubis als einer der Betroffenen; dennoch scheint eine Korrelierung von Spruch und Zeichnung insgesamt alles andere als einfach. Jedenfalls sind andere Gottheiten, die nicht weniger prominent erwähnt werden, nicht im Bild präsent. Amulette aus Leinenstreifen (sSô) erscheinen, teilweise kombiniert mit anderen Heilungsmitteln, in einer Abfolge von Sprüchen im pDeir el-Medineh 1, die für sich ein

22

GARDINER, Chester Beatty Gift, 49 f., Taf. 28. Zu Mehit und Onuris als lokalen thinitischen Korrelaten zu den heliopolitanischen Göttern Tefnut und Mehit s. JUNKER, Onurislegende, 58 f.130 f.; MEEKS, Mythes et légendes, 126 Anm. 417.272–274. 24 JUNKER, Onurislegende, 1 f.37 f.145; DERCHAIN, Sacrifice de l’oryx, 28–30; MEEKS, Mythes et légendes, 20.240–243. 25 LEITZ, Geographisch-osirianische Prozessionen, 195–199. 26 STERNBERG-EL HOTABI, Horusstelen, 37.52. 27 ČERNÝ, Papyrus Deir el-Médineh I, 11 f., Taf. 15 f.; GARDINER, Chester Beatty Gift, 51, Taf. 28– 29; LUCARELLI, Formule magiche, 64f. Bild unter http://www.britishmuseum.org/research/collection_online/collection_object_details/collection_image_gallery.aspx?assetId=81611001&objectId=111818&partId=1#more-views. 23

6.2 Textträger Leinen

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kleines Buch bilden.28 In ihnen geht es um Personen, die nach dem ägyptischen Text selbst unter dem „Tod“ eines bestimmten Gottes leiden.29 Nach einer plausiblen Analyse von Fischer-Elfert handelt es sich dabei um Beschreibungen von Symptomen der Fallsucht (Epilepsie).30 Im ersten Fall, dessen Details fast völlig verloren sind, soll offenbar ein Schiff mit acht Besatzungsmitgliedern (Xmny) dargestellt werden (vs. 1,5). Im zweiten Fall sind die Details der Leinenbinde nicht erhalten; die Behandlung wird mit Räucherungen kombiniert (vs. 1,7 f.). Der dritte Fall betrifft den „Tod des Thot“. Da hier dreidimensionale Objekte gebraucht werden, kommt dieser Fall in einem anderen Kapitel zur Sprache (s. S. 213). Im vierten Fall, wo es um den „Tod des Osiris“ geht, wird die Verwendung einer Reihe von Schriften vorgeschrieben, bei denen mir zumindest nicht klar ist, ob es sich um Textrezitationen oder um Amulettzeichnungen handelt. Auch hier begleiten Räucherungen die Handlung. Eventuell für eine Zeichnung auf Leinen bestimmt sind auch schlecht erhaltene Reste im pDeir el-Medineh I (vs. 4,3–4),31 wo es offenbar um eine Beschwörung gegen Feinde geht. Dargestellt sind zunächst acht verschiedene hockende Gottheiten. Einige haben keine Attribute, andere eine Mondscheibe, eine Sonnenscheibe über Widderhörnern sowie ein schlecht identifizierbares Objekt. Dahinter steht Onuris, der mit seinem Speer auf einen gefesselten Feind einsticht, der wohl den Krankheitsdämon verkörpert. Sowohl als Zeichnung auf Leinen wie auch als vergängliche Zeichnung auf der Hand des Patienten anwendbar war die Bilderfolge, die in der Nachschrift zum bekannten Spruch von der „List der Isis“ genannt ist, die im pChester Beatty XI rt. 3,12–4,1 sowie pTurin PR 31+77 = CGT 54051 rt. 5,2–6 überliefert wird.32 Prinzipiell handelt es sich dabei um einen Spruch gegen Skorpionsstich. Nur die Turiner Handschrift hat auch konkrete Bilder gezeichnet,33 die Londoner begnügt sich mit der Verbalisierung. Gezeichnet werden sollen Abbilder des Atum, des Horus Hekenu, der Isis und des Horus. Entweder werden sie auf die Hand gezeichnet und aufgeleckt oder auf eine Leinenbinde (stp n p#Q.t) gezeichnet und um den Hals gelegt. Die Amulettbehandlung wird mit einer Medikation verbunden, konkret wird eine Pflanze „Skorpionskraut“ in Wein zerrieben und getrunken. Da Isis und Re die Hauptaktanten der langen magischen Erzählung sind und die letztliche Enthüllung des Rezeptes zum Nutzen des Horus dienen soll, befinden sich diese Bilder in recht guter Übereinstimmung mit dem Rezitationstext. Auch der nächste Spruch, der ebenfalls beiden magischen Handschriften gemein ist, verwendet eine Zeichnung der Isis auf einem feinen Leinenstreifen (Chester Beatty XI, rt. 4,7; PR 77 = CGT 54051, rt. 5,11);34 und Isis erscheint tatsächlich im Rezitationstext. Konkret handelt es sich um eine Selbstoffenbarung der Isis im Stil einer Aretalogie,

28

ČERNÝ, Papyrus Deir el-Médineh I, 5–8, Taf. 10 f. Vgl. KOLEVA-IVANOV, Emprise de la mort. Für zusätzliche Belege, daß Patienten unter dem „Tod“ leiden, s. pBrooklyn 47.218.49, x+7,9.16 (vgl. auch O’ROURKE, Royal Book of Protection, 115 Anm. BV, dessen Bevorzugung der Lesung m(H)r paläographisch unberechtigt ist). 30 FISCHER-ELFERT, Fallsucht. 31 ČERNÝ, Papyrus Deir el-Médineh I, 8 f., Taf.12. 32 GARDINER, Chester Beatty Gift, 116–118, Taf. 65; ROCCATI, Magica Taurinensia, 71.144. 33 Farbphoto in KÁKOSY, Magia in Egitto, 119. 34 GARDINER, Chester Beatty Gift, 118, Taf. 65; ROCCATI, Magica Taurinensia, 71.147. 29

106

6 Textamulette und Zeichnungen

wobei sie verspricht, den Mund jedes gefährlichen Tieres zu schließen, Gift zu vertreiben u.ä. Ihre Aussagen zeigen dabei enge Berührung mit den Dienstaufgaben des Skorpionbeschwörers im Buch vom Tempel, wozu auch paßt, daß es sich um ein Mittel handelt, daß der Skorpionbeschwörer überall zur Hand haben solle.35 Da Isis derart Hauptperson ist, ist ihre alleinige Präsenz auf der Bildebene plausibel. Bemerkenswert ist allerdings, daß ein Pflanzenteil in den Leinenstreifen gelegt werden soll. Bildamulett und offizinaler Gebrauch von Pflanzen sind also kombiniert. In diesem Fall hat keine der beiden Handschriften es für nötig befunden, das Bild auch direkt zu visualisieren. Schlecht erhalten ist die Handlungsanweisung im saitenzeitlichen pBrooklyn 47.218.49, x+5,2 f.36 Die erhaltenen Schlüsselwörter „Byssos“, „mit Myrrhe(ntinte) nachzeichnen“37 sowie „sieben Knoten“ reichen aus, um abzusichern, daß es sich um ein Amulett auf einem Leinenstreifen handelt, auch wenn die Details der Zeichnung nicht mehr zu ermitteln sind und dadurch auch ihre Relation zu den im Spruch angerufenen Gottheiten (Sonnengott, Isis, die große und die kleine Neunheit) nicht diskutiert werden kann. In jedem Fall soll das Amulett an den Kopf des Nutznießers gegeben werden, wenn er [abends schlafen geht].38 Besser erhalten ist eine andere Anweisung im selben Papyrus (x+7,9–13). Demnach sollen auf einen Streifen feines Leinen (stp n p#Q.t) ein Bild des Sonnengottes mit einer Scheibe auf dem Kopf, ein Bild des Chepri, ein Bild einer in einer Lücke verlorenen Gottheit,39 ein Bild der Sachmet, ein Bild des Thot mit einem Udjat-Auge neben sich, ein Bild des Erschaffers der Ma’at mit dem Gesicht des Chepri, neun Bilder mit Menschenköpfen (Hr n po.t) zu Füßen dieses Gottes, neun Bilder mit Menschenköpfen (Hr n rmç), vier stehende Verklärte mit Menschenköpfen (Hr n rmç) zeichnen. Zudem soll der Kopf eines Eselsfüllens mit Myrrhe eingerieben werden. Die Auswahl der dargestellten Götter entspricht nicht exakt den Angaben des Rezitationstextes. Im (teilweise nur lükkenhaft erhaltenen) Spruch x+5,13–x+7,9 sind immerhin der Sonnengott, Ptah (den man in der Lücke der Handlungsanweisung vermuten kann), Chepri sowie Isdes (als gewählte Bezeichnung des Thot) und der Festsetzer der Ma’at real bezeugt, und die verschiedenen Menschenkategorien erscheinen ebenfalls. Mit dem Eselskopf der Handlungsanweisung korreliert sicher eine Erwähnung des Kopfes des Be (Seth). Es treten aber auch Gottheiten (z.B. Osiris, Nephthys und Horus) auf, denen keine Bildkomponente entspricht. Wenigstens Teil einer komplexeren Praktik ist ein Amulett auf Leinenstreifen, das im pBrooklyn 47.218.47 rt. x+4,20–x+5,9 zum Schutz einer Frau vor Beischlaf durch einen Totengeist angegeben ist.40 Von den zu zeichnenden Gottheiten sind noch Osiris,

35

QUACK, Magische Stele Karlsruhe, 91–95. O’ROURKE, Royal Book of Protection, 67–69, Taf. 5. 37 O’ROURKE, Royal Book of Protection, 68, Taf. 5B hat das nach dem Photo sichere als onfy verlesen. 38 So als Vorschlag zur Ergänzung der Lücke. 39 O’ROURKE, Royal Book of Protection, 103 f.112; Taf. 5B hat meine Bemerkungen mißverstanden. Während die sitzende Frau Kurzschreibung für rpy.t ist, gehören die vorangehenden Reste noch zu einer anderen Gottheit. 40 Publikation in Vorbereitung. 36

6.2 Textträger Leinen

107

Hathor, Isis, Nephthys, Amsti, Hapi, [Duamutef, Kebehsenuf,] Iakes, Ini-em-awa und Ha erhalten. Offenbar soll das Leinen (mit einer Substanz, die in einer Lücke verloren ist) angefeuchtet und das Ergebnis geschluckt werden. Zudem sind noch Erwähnungen des rechten und linken Armes erhalten; eventuell als Orte, an denen die Amulette zu applizieren waren. Der ziemlich fragmentierte Rezitationstext läßt keine engere Verbindung mit den gezeichneten Gottheiten erkennen. Vor Beischlaf durch einen Totengeist im Traum schützen soll auch eine Praktik im pBrooklyn 47.218.2, x+7,4–19.41 Im Spruch selbst werden die Namen der vier Finger thematisiert. Die Nachschrift verlangt, daß mit Fledermausblut eine Hand auf eine Binde (sSô) aus |ôm|-Leinen gezeichnet wird und man die Namen der Finger hinzufügt. Dieses Objekt wird zu einem Amulett (w@#) gemacht und an das Hinterteil der Frau oder des Mannes gegeben, damit sie keine gefährlichen Träume sehen. Dabei ist zu beachten, daß die vier Finger zur Hand des Atum gehören, die er zur Masturbation einsetzte.42 Soll also diese auto-erotische Konnotation verhindern, daß Gedanken an andere Sexualpartner aufkommen? Noch in einem griechischsprachigen Papyrus aus Oxyrhynchus wird ein Jahresamulett erwähnt, das auf einen Leinenstreifen gezeichnet sein soll (pOxy. XXXI 2554, Fr. 1, ii, 14–16). Es handelt sich bei dem betreffenden Papyrus um Reste von Prognosen, die auf der Position von Planeten im Moment des heliakischen Frühaufgangs der Sothis basieren. Die Weihe des Amuletts wird von Opfern und Libationen begleitet. Ein Name σουιη, der dabei erwähnt wird, könnte unvollständig sein. Ein weiterer, nämlich ουερεβηη, dürfte als erstes Element ägyptisches wr „groß“ enthalten. Hingewiesen sei auch auf das ramessidische Papyrusamulett pStrasbourg 69, dessen Nachschrift vermutlich davon spricht, Text und Bild auf einem Leinenstreifen anzubringen, auch wenn die reale Ausführung davon abweicht (s. S. 124). Vor kurzem konnte Maarten Raven auf interessante reale Beispiele für solche Leinenstreifen aufmerksam machen, die mit magischen Zeichnungen in schwarzer Tinte versehen sind.43 Im Museum von Leiden gibt es fünf derartige Streifen aus sehr feinem Leinen (50×25 Fäden pro Quadratzentimeter). Sämtliche dieser Streifen zeichnen sich dadurch aus, daß sie in der Antike zu einem dünnen Faden zusammengedreht wurden – der Mittelteil ist wohl erst modern wieder flach und in die Breite gedrückt worden. Möglich, aber nicht mehr ganz sicher ist, daß sie ursprünglich verknotet waren. Jedenfalls scheinen sie von einem einheitlichen Fund zu stammen. Raven datiert diese Objekte in die Spätzeit, da er im Zeichenstil Ähnlichkeiten zum pLouvre 3233 und pLeiden I 356 sieht, die ich im Folgenden noch behandeln werde. Vor allem verweist er mit Recht darauf, daß die Götter auf diesen Amuletten stehend dargestellt sind, während sie in den Quellen des Neuen Reiches üblicherweise hocken. Der erste Streifen ist 75 cm lang und 2,8 cm hoch. Auf ihm sind 12 verschiedene stehende Gottheiten mit Szepter dargestellt und mit Namensbeischriften in Hieratisch

41

Die Nachschrift ist von AUFRÈRE, Chauve-souris, 32–36 publiziert und behandelt worden. MEEKS, Mythes, 198–207. 43 RAVEN, Charms, 275–291. 42

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6 Textamulette und Zeichnungen

versehen. Wir haben hier Sachmet (löwenköpfig), Schentit (menschenköpfig), Re (falkenköpfig), Wadjit (menschenköpfig), Schesemtet (menschenköpfig), Horus (falkenköpfig), Sobek (krokodilsköpfig), Chnum (widderköpfig), die Herrin vom Ascheru-See (menschenköpfig), das Auge des Re als Frauenfigur (menschenköpfig), das Horusauge als Frauenfigur (menschenköpfig), derjenige, der unter dem Ölbaum ist (menschenköpfig). Dieses Beispiel ist dadurch besonders auffällig, daß sich das Inventar verwendeter Gottheiten in weitgehender Übereinstimmung mit den 12 Gottheiten befindet, die nach pLeiden I 346 zum Schutz während des Jahreswechsels auf ein solches Leinenamulett gezeichnet werden sollten (s.o.). Teilweise handelt es sich nur um Variationen in der Reihenfolge, zudem ist Horus von den Geistern von Opet durch Wadjit ersetzt worden. Auf dem zweiten Band, das 89×3,3 cm mißt, sind ebenfalls 12 Gestalten abgebildet, allerdings andere Gottheiten, die ebenfalls mit Namensbeischriften versehen sind. Hier sind es Re (falkenköpfig), Atum (menschenköpfig mit Doppelkrone), Chepri (Skarabäus auf dem Kopf), Thot (ibisköpfig), Nehy (?), Nefertem (Lotusblüte auf Kopf), Isis (Thron auf Kopf), Nephthys (Haus und Korb auf Kopf), Geb(?) (menschenköpfig), Nut, Schu und Tefnut. Obgleich die Auswahl somit deutlich abweicht, ist zumindest die Zahl zwölf beiden Göttergruppen gemeinsam und könnte darauf hindeuten, daß auch hier ein kalendarisch definierter Schutz eine Rolle spielt; die Zahl wäre dann in Beziehung zu derjenigen der Monate des Jahres zu setzen. Die drei anderen Streifen in Leiden sind von vergleichbarer Größe (79×3,1 cm; 83×5,2 cm; 77×5,2 cm), tragen aber nur Zeichnungen jeweils einer einzigen Gottheit. Erkennbar und teilweise auch mit Beischriften versehen sind Osiris, Isis und Nephthys. In diesem Fall wäre es denkbar, daß hier drei der fünf Gottheiten zu erkennen sind, die in der zweiten Handlungsanweisung des pLeiden I 346 genannt werden. Allerdings sollte man bemerken, daß die Kombination dieser drei weitverbreiteten und oft gemeinsam auftretenden Gottheiten kaum ein sehr spezifisches Kriterium für die genauere Festlegung darstellt. Bereits aus dem Neuen Reich stammen einige bemalte Leinenstreifen, die Bruyère in einem Schutthaufen in Deir el-Medina gefunden hat.44 Einer davon diente zusammengedreht als Schnur, mit der ein Papyrusamulett, nämlich der pDeir el-Medina 36, um den Hals getragen wurde und soll unten mit diesem Amulett zusammen beschrieben werden. Ein weiterer wurde ohne Zusammenhang gefunden. Dargestellt auf ihm ist eine Uräusschlange, zwei Udjataugen, vier Uräusschlangen, Thot in Gestalt eines Ibis auf der Standarte, Re und nochmals Thot, diesmal als hockender anthropomorpher Gott mit Ibiskopf. Problematisch ist noch ein weiterer Streifen, den Bruyère zwar auf derselben Tafel mit abbildet, jedoch nicht im Text erwähnt, so daß seine Bedeutung unklar bleibt und nicht einmal sein Material als Leinen oder Papyrus wirklich sicher eruierbar ist. Dargestellt sind jedenfalls der Umzeichnung nach Re mit Falkenkopf, zwei hockende Gottheiten, die nicht leicht zu identifizieren sind, ein Udjatauge über einer Schlange, schließlich eine hockende Gestalt, mutmaßlich Seth, die von zwei Krokodilen attackiert wird. Damit liegt ein weiteres Beispiel für das Thema des Angriffs von Krokodilen vor (s.

44

BRUYERE, Deir el Médineh 1948 à 1951, 72 f.

6.3 Textträger Papyrus

109

S. 119, 139 u. 142), das sich, sofern die Identifizierung der angegriffenen Gestalt zutrifft, allerdings in seiner Spezifizität von den eher unpersönlichen Darstellungen anderer Amulette unterscheidet. Vermutlich als Leinenamulett einzustufen ist auch Louvre N 4402.45 Das Stück ist bislang als Vignette zu einem Totenbuch, konkret Spruch 165, verstanden worden. Dagegen spricht jedoch, daß ausschließlich das Bild, kein Spruchtext präsent ist und zudem das Bildmotiv zwar hinsichtlich des Amun mit Käferrumpf Verbindungen zu TB 165 aufweist (s. S. 209), sonst aber eine Vielzahl weiterer Attribute aufweist, die beim Totenbuchspruch nicht präsent, aber für die polymorphen Gottheiten typisch sind.46 Passend für die Amulettverwendung ist auch die Beischrift „Amun-Re, der König der Götter bewirkt47 den Schutz für Leben, Heil und Gesundheit des Ahmose, den Isisreschti geboren hat.“48 Dargestellt ist Amun ithyphallisch, mit Beinen und Schwanz eines Löwen, Krokodilsschwanz, Falkenrücken und sechs Flügeln. In der einen Hand hält er ein Was-Szepter, das mit Lebenszeichen, Djed und zwei Messern kombiniert ist, in der anderen wird eine Geißel erhoben. Um den Kopf, der mit einer roten Sonnenscheibe hinterlegt ist, gibt es noch auf jeder Seite vier kleine Widderköpfe. Als Krone trägt er gerade Widderhörner mit Sonnenscheiben sowie die Federkrone, auf deren beiden Spitzen sich je ein Uräus mit Katzenkopf befindet. Neben dem Gott gibt es noch die Beischrift „Amun der Alte, der inmitten des Horizonts ist“. Außen und oberhalb des Gottes sind feurige Sonnenstrahlen zu sehen, die aus den Mündern der Uräen kommen. Ungeachtet teilweise anderer Attribute ist die generelle Ähnlichkeit zur ersten Abbildung im pBrooklyn 47.218.156 deutlich, wo ja auch die Ausfertigung als gezeichnetes Amulett (allerdings auf Papyrus) angewiesen wird (s. S. 111).

6.3

Textträger Papyrus

6.3 Textträger Papyrus

Auch Papyrus findet sich als vorgeschriebener Träger von Amulettexten und Zeichnungen in den magischen Traktaten. Ein frühes Beispiel findet sich bereits im Mittleren Reich im pRamesseum VIII, 2,x+7 in teilweise fragmentarischem Zusammenhang.49 Besser erhalten ist im Neuen Reich pChester Beatty VII, vs. 7 u. 8, wo auf jeder Seite

45 LAPEYRIE, Dessin, 155; vgl. auch FIRST, Multiheaded Protector, 348. Das Stück wird von Lapeyrie in die Ptolemäerzeit datiert, könnte m.E. aber auch saitisch sein. 46 THEIS, Polymorpher, in Vorbereitung. Vgl. die Bronzestatuette eines ithyphallischen Amun im Erscheinungsbild des Pantheos und mit Skarabäus auf der Brust bei QUIBELL, Archaic Mastabas, 14, Taf. XXXVIII. 47 Ich verstehe den Text als Präsens I (mit nicht mehr geschriebener Präposition Hr). Alternativ wäre auch ein Imperativ denkbar. Für eine Analyse als Präsens I vgl. den Fall der häufigen Formel später Votivgaben, die wohl als „Gott X gibt Leben“ zu verstehen ist, s. QUACK, Partizip, 232 f. 48 Der Name der Mutter ist im hinteren Bereich auf der publizierten Photographie schwer lesbar; meine Deutung versucht einen in der späten Anthroponymik real belegten Frauennamen zu erkennen. Nach Kollation des Originals, die mir Florence Gombert-Meurice am 12.6. 2018 ermöglicht hat, dürfte dastehen (die letzten Zeichen nicht ganz eindeutig). 49 MEYRAT, Papyrus magiques, 42 f.308.

110

6 Textamulette und Zeichnungen

ein Beschwörungstext mit ausführlicher Zeichnung verwendet wird.50 Der erste wird als Buch aller schlechten (Hautkrankheit) srf.t bezeichnet.51 Die komplexe Zeichnung zeigt zuerst drei Messer, deren Innenfläche rot gemalt ist, dahinter einen Kiebitz, eine Stele mit dem Thronnamen des Königs Amenhotep I., einen sitzenden Thot, Osiris nicht als Zeichnung, sondern als großformatige Schrift, dann einen Gott, der ein Nilpferd speert, schließlich eine schlecht erhaltene Barke und eine gewundene Schlange, an die Messer gesetzt sind, die ebenso wie ein Großteil der Fläche um den Schlangenleib rot gemalt sind, was sicher Blut anzeigen soll. Aus sich heraus zeigt zumindest ein Teil dieser Bildelemente eindeutig die Anwendung göttlicher Gewalt, die sich auch gegen die krankheitsverursachenden Totendämonen wenden kann. Das Auftreten von Osiris und dem mit Osiris oft enger verbundenen vergöttlichten Herrscher Amenhotep I. mag sich zumindest daraus erklären, daß am Anfang des Beschwörungstextes die „Herren der Ewigkeit“ angerufen werden, also funeräre Götter52 – vermutlich traut man denen zu, effektiv gegen Totengeister vorzugehen, und eben Totengeister sind die Feinde in diesem Spruch. In der Nachschrift wird angegeben, der Spruch samt Zeichnung solle auf einen Papyrus geschrieben und an den Hals des Mannes gegeben werden. Mit dieser Vorschrift korrespondiert wenigstens teilweise, daß im pDeir el Medineh 42 tatsächlich die ersten Zeilen des betreffenden Spruches auf einem aktuellen kleinen Papyrusamulett aufgezeichnet sind.53 Allerdings handelt es sich um ein reines Textamulett ohne Zeichnung. Mit Zeichnung versehen ist dagegen eine direkte Parallele im rezent veröffentlichten pBM EA 10732, bei der in der Nachschrift nur „zu rezitieren über diesen Göttern“ steht. In der konkret gezeichneten Vignette ist in diesem Fall Ahmes Nofretari statt Amenhotep I. in der Stele eingeschrieben.54 Im pChester Beatty VII direkt anschließend ist ein Mittel gegen die Hautkrankheit rmn.t überliefert (vs. 8).55 Die Zeichnung zeigt ein merkwürdiges Wesen wohl in der Haltung eines Gefangenen mit angekauerten Beinen und hinter den Rücken gebundenen Armen, dessen Kopfgestaltung unklar ist. Es wird von zwei Krokodilen attackiert. Erneut steht wohl im Vordergrund der Bildidee, daß der böse Dämon von überlegenen

50 GARDINER, Chester Beatty Gift, 65, Taf. 38; pChester Beatty VII vs. 7,6 ist sx# Hr @mo n m#w.t „gezeichnet auf einen neuen Papyrus“ zu lesen, s. POSENER, Notes, 139; FISCHER-ELFERT, Legenda Hieratica I, 109 f. Im pAthen 1826, Fragment 1 (eigentlich ein Bruchstück, das zu einer anderen Rolle gehörte und zur Verstärkung aufgeklebt wurde) gibt es eine teilweise Parallele zum ersten Text, s. FISCHER-ELFERT, HOFFMANN, Papyrus Nr. 1826, 218–220, Taf. 36. 51 Zur Krankheitsbezeichnung srf.t s. besonders QUACK, Tabuisierte Kranke, 70; FISCHER-ELFERT, Magika Hieratica, 136; DONNAT, Billet, 250–253; BARDINET, Route d’Outénet, 195–204. Die Diskussion bei AZZAM, Papyrus Leiden I 353, 16 f. ist nicht auf der Höhe des aktuellen Forschungsstandes. 52 Vgl. VON LIEVEN, Kleine Beiträge II, 57 f.60 f. 53 KOENIG, Deux amulettes, 292–293. 54 FISCHER-ELFERT, Legenda Hieratika I, 109 f.; DONNAT, Billet; für Details der Deutung s. QUACK, Amulettpapyrus. 55 GARDINER, Chester Beatty Gift, 65, Taf. 38. Zum Behandlungszweck, der in der Erstedition nicht verstanden wurde, QUACK, Beiträge zu religiösen und magischen Texten, 415. Das Wort scheint eine Korrektur über ursprünglich begonnenem srf.t zu sein.

6.3 Textträger Papyrus

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Kräften besiegt wird. Gerade der Angriff durch Krokodile erscheint als Bildmotiv auch in anderen Amuletten (s. S. 108 u. 142). Der Rezitationstext und die Nachschrift sind zu schlecht erhalten, um eine wirkliche Hilfe für die Interpretation darzustellen; erwähnt werden noch die Krankheitsdämonen nsy und nsy.t. In seinem überlieferten Wortlaut eine singuläre Verfahrensweise dokumemtieren würde pDeir el-Medineh I vs. 5,3–7.56 Ihm zufolge soll eine magische Zeichnung auf neuem Papyrus angebracht und mit Bier und Urin abgewaschen, dann getrunken werden. Als Bild ist die Zeichnung eines Zwerges fragmentarisch erhalten. Sonst werden allerdings Zeichnungen, die abgewaschen und getrunken werden, immer auf Tonschalen oder Körperteilen angebracht. Insofern erhebt sich der Verdacht, daß in der Anweisung Wörter ausgefallen sind und tatsächlich die Zeichnung entweder auf Papyrus angebracht und als Amulett getragen oder auf einer Tonschale angebracht, abgewaschen und getrunken werden soll. In der spätzeitlichen Handschrift der Schlangenkunde im pBrooklyn 47.218.48+85 gibt es unter den relativ wenigen magischen Mitteln, die zur Heilung von Schlangenbissen aufgeführt sind, auch eines, das eine Zeichnung auf einem Papyrus involviert (5,8).57 Der Spruch soll über den Gestalten des Ptah, der Isis und der Selket rezitiert werden, die auf ein neues Papyrusblatt gezeichnet sind und dem Gebissenen an den Hals gehängt werden. Wenigstens Isis und Selket sind im Rezitationsspruch selbst als beistehende Göttinnen genannt. Die Anwesenheit des Ptah ist weniger klar nachvollziehbar, obgleich die Beschwörung einige Lücken hat, in denen sein Name im Zweifelsfall ergänzt werden könnte. Mit der Amulettverwendung steht dieses Rezept im Papyrus einzig dar. Alle anderen Zaubersprüche dieser Handschrift sind nämlich verbale Begleitakte zu einer Verabreichung von medizinisch wirksamen Stoffen. Zumindest ursprünglich spezifischer für einen König verwendet wurden die beiden Zaubersprüche, die im illustrierten magischen Papyrus Brooklyn 47.218.156 überliefert werden, der eventuell in die 26. Dynastie datiert.58 Jeder der beiden Sprüche hat eine detaillierte Vignette, auf die in der Nachschrift auch explizit verwiesen wird, statt das Bild im Detail zu beschreiben. Bezeichnend ist, daß ein Paralleltext zur ersten Beschwörung in Kopenhagen, der keine Illustration hat, dafür die Bildbeschreibung deutlich ausführlicher textualisiert.59 Die Nachschrift gibt an, das betreffende Bild solle auf einen Papyrus gezeichnet und an den Hals des Königs gegeben werden. Dargestellt ist eine komplexe Gestalt, die in den Nachschriften als neun- bzw. siebenköpfiger Bes bezeichnet wird. Die Etikettierung findet ihre Berechtigung darin, daß die jeweiligen Gestalten als zentralen Kopf auf dem Rumpf den der Besgestalt tragen. Dennoch wäre es kaum richtig, sie einfach als Bes zu bezeichnen bzw. die Aussagen des

56

ČERNÝ, Papyrus Deir el-Médineh I, 10, Taf. 13. SAUNERON, Traité d’ophiologie, 107. 58 Edition SAUNERON, Papyrus magique illustré; Neubearbeitung unter Einschluß zusätzlicher Fragmente vom Anfang O’ROURKE, QUACK, New Fragments, in Druck. Zur Frage der Interpretation vgl. UEHLINGER, Medien, 158–165. Vgl. für geringe Reste einer ähnlichen Vignette im pCarlsberg 138 RYHOLT, Survey, 183–185, Taf. 43. 59 QUACK, Papyrus Carlsberg 475. 57

112

6 Textamulette und Zeichnungen

Textes uneingeschränkt als generelle Interpretationsgrundlage für die Besgestalt heranzuziehen.60 Erkennbar ist dies auch an der Gesamthaltung: Der neunköpfige Bes zeigt an sich im Rumpf- und Gliedmaßenbereich die Normalhaltung eines ägyptischen Gottes, der siebenköpfige die eines ithyphallischen Gottes wie Min oder bestimmte Formen des Amun. Dem normalen Schema einer Besgestalt mit verkrümmten Gliedmaßen und Tierschwanz entsprechen sie distinktiv nicht. Auffälligstes Merkmal der Gestalt ist die Anhäufung zusätzlicher Tierköpfe. Beim Neunköpfigen sind dies ein Falken-, ein Widder-, ein Nilpferd-, ein Krokodil-, ein Löwen-, ein Stier-, ein Katzen- und ein Hundskopfaffenkopf. Überragt werden sie von Widderhörnern, auf denen noch Uräusschlangen und Messer angebracht sind. Neben den normalen Armen hat der Gott noch ein weiteres Armpaar und darunter ausgebreitet zwei Flügelpaare; ein Falkenrumpf mit angelegten Flügeln läuft noch zusätzlich aus seinem normalen Rumpf heraus. In den Händen hält er ein ganzes Arsenal: Was-Szepter; Djedpfeiler, Schlangenstäbe, Messer und Speere. Der nackte Körper ist mit rotbraunen Udjat-Augen übersät, der Penis erigiert. An den Knien sitzt jeweils eine Schlange, auch die Zehen laufen in Schlangen aus. Unter den Füßen befindet sich ein Oval, das aufgrund der ägyptischen Darstellungskonventionen derart dargestellt ist; nach dreidimensionalen Belegen kann man erschließen, daß der Gott innerhalb dieses Ovals stehend zu denken ist. Der siebenköpfige Bes hat zusätzlich zu seinem Basiskopf noch den eines Falken, eines Widders, einer Schlange, eines Schakals, eines Löwen sowie den oberen Rumpf des Heh-Gottes. Er erscheint im Schema eines ithyphallischen Gottes, der einen Arm mit der Geißel hebt, der andere hält ein Was-Szepter. Ein eng anliegendes Pantherfell dient als Bekleidung, am Rumpf befinden sich zusätzlich noch ein Falkenrumpf sowie ein Krokodilsschwanz. Er hat zwei gerade ausgebreitete und zwei nach unten angewinkelte Flügelpaare. Seine Füße laufen in Schakalsköpfe aus. Sowohl der neun- als auch der siebenköpfige Bes werden rings von Flammenzeichen umgeben; außerhalb davon steht eine aufgerichtete Schlange mit Armen und Beinen, die eine Sonnenscheibe mit Kind darin dem Gott darreicht.61 Die Schlange wird als „Atum, Herr von Heliopolis“ bezeichnet. Die Beschwörungssprüche sind relativ komplex, wobei in sie auch die Beschreibung der Gottheit integriert ist. Es geht speziell um den Schutz des Pharao vor verschiedensten Gefahren; als besondere Kuriosität sei erwähnt, daß er auch vor Wesen geschützt wird, die seine Ohren begatten wollen.62 Zur Begründung des Verfahrens wird sehr viel explizite Königstheologie betrieben, wobei auch der Pharao als Ba des Amun-Re bezeichnet wird – eine Passage, die früher aufgrund eines inkorrekten Textverständnisses so interpretiert wurde, als ob es sich bei der dargestellten Gestalt um den Ba des Amun handele. Ebenso wird Pharao auch als wesensidentisch mit dem Gott beschrieben. Dies

60

Vgl. QUACK, Pantheos; VOLOKHINE, Bès infernaux, 75 f.; THEIS, Polymorpher, in Vorbereitung. Vgl. zu diesem Bild KÁKOSY, Decans, 190; DERS., Egyptian Healing Statues, 89; s. auch KOEMOTH, Atoum-serpent, sowie zu den Flammenzeichen VINSON, Spike and Staff, 39–40.53–56. 62 Vgl. STÖRK, Ohr; DERS., Ohr – Nachtrag. Man kann hier natürlich überlegen, ob tatsächlich problematische „Einflüsterungen“ bei Hofe gemeint sind. 61

6.3 Textträger Papyrus

113

führt dazu, daß ein Angriff auf den Pharao als Nutznießer des Amuletts als Angriff auf den Gott selbst verstanden wird. Die komplexe Ikonographie der Bilder mit ihrer Zusammensetzung vieler Einzelelemente unterschiedlicher Herkunft hat in der Forschung einige Diskussion ausgelöst. Teilweise hat man versucht, die Köpfe als diejenigen verschiedener Götter zu verstehen, die mit in die Gesamtgestalt einfließen – das ist auch ein Hauptgrund dafür, daß derartige Gestalten gerne als pantheistisch bezeichnet wurden. Dieser Ansatz wird von keinem Text explizit gestützt und hat im Detail einige Probleme.63 Ich ziehe es vor, in den Köpfen einfach Manifestationen bestimmter positiv konnotierter Eigenschaften und Fähigkeiten der betreffenden Tiere zu sehen, die dadurch sichtbar dem betreffenden Gott zur Verfügung stehen, etwa die Furchtbarkeit und Stärke eines Nilpferdes oder Löwen, die Aggressivität und den scharfen Blick eines Falken. Dabei scheinen sich – wohl nicht ohne Zufälle im Überlieferungsprozeß – gerade zwei Bildschemata im Rahmen eines potentiell variablen Kontinuums so verfestigt zu haben, daß sie als Standardformen für magische Zwecke in diesem Traktat fest definiert wurden.64 Bemerkenswert ist die Detailzuordnung. Der neunköpfige Bes soll laut Aussage der Nachschrift zum Schutz von Frau und Kind dienen, der siebenköpfige zum Schutz des Mannes. Als spezifischere Leiden, vor denen sie bewahrt werden sollen, ist wahrscheinlich die srf.t, sicher die rmn.ß-Krankheit auszumachen, die beide seit dem Neuen Reich häufig mit Amuletten verhindert werden sollen (s.o. S. 99.110 und u. S. 117.117–118).65 Es ist bezeichnend für die reale Amulettbedürftigkeit, daß nur die Bildform des neunköpfigen sonst weitere Verbreitung gefunden hat. Im British Museum gibt es einen Papyrus (pBM EA 10296), der eben den neunköpfigen Bes der ersten Beschwörung abbildet und wohl als konkretes Amulett zu bewerten ist, das nach einer derartigen Handlungsanweisung hergestellt wurde.66 Ein vergeichbares Bild, bereichert um eine weitere Szene, zeigt auch pDeir el Medina 46.67 Dort ist auf der rechten Hälfte der neunköpfige Bes dargestellt, wie er auf einem Oval steht, in dem sich zwei Löwen, zwei Schakale, zwei aufgerichtete Schlangen und ein Skorpion befinden. Links, rechts und oben ist er von einem Ring aus Flammenzeichen umgeben. Die

63

QUACK, Pantheos; KOENIG, Trigrammes, 320 f.; VOLOKHINE, Bès infernaux, 75 f. Vgl. auch die ablehnende Position dazu bei RITNER, Pantheistic Figures, der allerdings kein tragfähiges religionsgeschichtliches Konzept für „Pantheismus“ in Ägypten entwickelt. 64 Vgl. M. SMITH, Transformation and Justification, 365 für die Beschreibung von insgesamt 13 Wächtergestalten mit Köpfen von Bes, Löwe, Stier (?), Schakal, Krokodil, Schlange, Pavian, Meerkatze, Falke, Reiher, Ibis, Skarabäus und Ma’at im pLouvre E 3452, 11,12–17, die ebenfalls zu Schutzzwecken dient. Der Hauptunterschied ist, daß dort jede Gestalt separat bleibt, während in den hier diskutierten magischen Texten alle Köpfe auf einen Rumpf konzentriert werden. 65 Von srf.t ist nur noch das Flammendeterminativ erhalten, die Ergänzung angesichts des nachfolgenden Wortes aber relativ sicher. SAUNERON, Papyrus illustré, 19 scheint, wie seine Übersetzung „contre [tout] soufrance” andeutet, das zweite Wort als r mn.t mißverstanden zu haben. 66 Abgebildet bei QUIRKE, Religion, 116 f. 67 KOENIG, Histoires sans paroles, 246–253. Zu den Fundumständen sind keine Angaben verfügbar. Von den Bildmotiven her würde man eine Datierung in die Spätzeit vermuten.

114

6 Textamulette und Zeichnungen

linke Hälfte des Papyrus zeigt den sitzenden ithyphallischen Sonnengott mit vier Widderköpfen, Hemhemet-Krone und Falkenschwanz und -flügeln in einer Form, die eng mit Bildmotiven später Horusstelen und Heilstatuen korrespondiert. Vor ihr steht eine löwenköpfige Göttin (vermutlich Sachmet), die zwei Sistren spielt. Ferner ist die Gestalt des neunköpfigen Bes auch noch im pBN 177 im Rahmen eines umfangreicheren Bildprogramms belegt (s. S. 131). Auch der Leinenstreifen Louvre N 4402 (s.o. S. 109) weist gewisse Ähnlichkeiten auf, wenngleich der Kopf als Amun und nicht als Bes stilisiert ist. Ein vierköpfiger Gott mit manchen Elementen polymorpher Gestalten wird im pHiera. Teb. SCA 2276 beschrieben.68 Ansonsten sind diese mehrköpfigen Besgestalten,69 die oft als pantheistisch bezeichnet werden, die ich aber lieber mit dem Etikett „polymorph“ versehen möchte, tendenziell vorrangig als Bronzeobjekte bekannt, folglich eher als Votivobjekte denn als Amulette einzustufen. Die Gestalt des neunköpfigen Gottes erscheint auch in dem unpublizierten pBM EA 10669.70 In ihm wird der angerufene Gott als verborgene und primordiale Gestalt thematisiert, vor der alle Elemente der Welt zittern; ein Angriff auf den Nutznießer des Amuletts wird mit einem Angriff auf diese Gottheit gleichgesetzt (ähnlich wie im pBrooklyn 47.218.156). Beschrieben wird er als Mann von Millionen Ellen und mit neun Köpfen auf einem Nacken. Erhalten sind von der Beschreibung die Angaben von Mensch, Widder, Löwe und Stier für die ersten Köpfe, zudem werden zwei Uräen erwähnt und ein Teil (vermutlich der Rücken) als Falke angegeben. Ebenfalls ein Papyrusamulett mit Zeichnung schreibt der pBrooklyn 47.218.2, x+7,11–17 vor.71 Es geht insbesondere um den Schutz eines neugeborenen Kindes vor Schrecken und Schreianfällen. Angerufen werden die sieben Sterne des großen Wagens sowie der Knabe, der in der Lotusknospe ist. Für den Fall des fehlenden Eintritts ihres Schutzes werden sie bedroht, der Ritualist würde sie wie die sonstigen Sterne des Himmels in den Westen ziehen, wo Osiris sie strafen würde. Die betreffenden Gottheiten sollten an sich als Vorlage gezeichnet sein (der Raum dafür ist in der konkreten Handschrift frei), und in dieser Form auf einem Payprus ausgeführt werden, der dem Kind als Amulett um den Hals gegeben wird. Unter den Praktiken des pBrooklyn 47.218.49 findet sich auch eine, die eine Zeichnung auf neuem Papyrus verlangt (x+8,10 f.).72 Konkret soll die Barke des Re gezeichnet und dem Patienten an den Hals gegeben werden. Die Rezitation, in der insbesondere Fische und Vögel als Feindgestalten thematisiert werden, hat keinen offensichtlichen Bezug dazu, auch wenn die Barke des Sonnengottes sicher immer als Abbild einer zu schützenden Entität passend ist. Zumindest erinnert das Bildmotiv an die Anweisungen

68

Noch unpubliziert; Umschrift und Übersetzung bei FISCHER-ELFERT, Böser Blick, 37–39. Dazu ausführlich THEIS, Polymorpher. 70 Für Informationen danke ich François-René Herbin. Die Handschrift ist bei QUIRKE, Owners, 67 Nr. 271 kurz erwähnt (auch wenn mir die Einstufung als Funerärpapyrus nicht zutreffend erscheint). 71 GUERMEUR, Entre Magie et Médecine, 20. Vgl. das phönizische Amulett bei SADER, Deux épigraphes, 318–321, auf dem einerseits das Kind auf dem Lotus dargestellt ist, andererseits ein Objekt, das ich als Rinderschenkel (also ägyptisches Verständnis des Großen Wagens) mit Markierung der sieben Sterne verstehe. 72 O’ROURKE, Royal Book of Protection, 125; Taf. 8. 69

6.3 Textträger Papyrus

115

einiger Totenbuchsprüche, auch in manchen Amulettzeichnungen des Neuen Reiches kamen Barken vor. Einen Fall für sich stellt es schließlich dar, wenn ein längerer Text als Amulett verwendet werden soll. Auf einer theoretischen Ebene ist dies im pSalt 825 belegt.73 Dort soll ein Schriftstück namens pH.w| k#.t als Amulett um den Hals getragen werden. Konkret geht es um die Interaktion zweier Götter, nämlich des Schu bzw. Onuris und des Osiris. Die in der ägyptischen Sprache verankerte Ambiguität bei Pronominalbezügen macht es leider unsicher, ob Schu dieses Amulett sich selbst um den Hals gehängt hat, um sich vor seinem Sohn zu schützen, oder um den Hals seines Sohnes Osiris, um diesen zu schützen. Derchain hat in seiner Publikation ursprünglich angenommen, daß Schu sich vor Osiris schützen will und deshalb ein sonst kaum nachweisbares mythisches Motiv vermutet, nämlich eine Rebellion des Osiris gegen Schu, wobei letzterer Osiris erst getötet, dann aber bereut habe.74 Inzwischen hat allerdings Herbin den vorher verloren geglaubten Anfang des Papyrus gefunden; und dort ist es eindeutig, daß tatsächlich im Rahmen der normalen ägyptischen Vorstellungen Osiris von Seth getötet wurde. Unabhängig davon ist es sicher, daß Onuris-Schu ein Pektoral am Hals trägt, das auch eine Amulettfunktion hat. Gerade angesichts der Problematik der Passage scheint es mir am angemessensten, hier eine wörtliche Übersetzung zu geben: „Betreffend das Pektoral (g#.t), das an der Kehle des Onuris, des Herrn von Thinis ist, so ist es das geheime Zeichen des Kahlen Priesters. Es ist verborgen in der Region des Sonnengottes. Was an seiner Kehle ist: Ein Schriftgeheimnis, das ‚Ende der Arbeit’ (pH.w| k#.t), um ihn vor NN zu retten. […] Schu, nachdem sein Sohn gegen ihn rebellierte. Da gab er das ‚Ende der Arbeit’ an seinen Hals, um sich/ihn vor ihm zu retten, [nicht?] zuzulassen, daß ihm ein Leid geschieht. Dann weinte Schu, nachdem ein Leid an ihm geschehen war. Er belebte ihn in einem kurzen Moment mit dem Hauch seines Mundes wegen seines Sohnes Osiris. Dann sagte Schu, nachdem er das ‚Ende der Arbeit’ an seinen Hals gegeben hatte: ‚Oh Lebender, dauernd Tag für Tag! Der sich im Leben verbirgt, um den Flammen sind als sein Schutz …’ entsprechend dem ‚Ende der Arbeit’.“ (14,6–15,1). Demnach gibt also einen Text namens „Ende der Arbeit“, der als Amulett um den Hals getragen werden kann. Schu zitiert davon, einem nicht ganz seltenen Brauch ägyptischer Ritualbeschreibungen folgend, nur das Incipit. Im Grund müßte man auf der Grundlage eines solchen Befundes die Grundfrage aufrollen, inwieweit das Totenbuch oder andere funeräre Texte auf Papyrus oder Leinen insgesamt als Amulett zu bewerten sein könnten. Ich möchte diesen Punkt wenigstens ansprechen, auch wenn es unmöglich ist, deswegen auch die gesamte Funerärliteratur in diesem Buch zu behandeln. Tatsächlich sind zumindest in Einzelfällen Sprüche des Totenbuches ihrer Nachschrift nach potentiell als Amulette am Hals zu befestigen (s. Kapitel 8). Ansonsten sind vorrangig solche Fassungen von Interesse, bei denen nur einer

73

Edition DERCHAIN, Papyrus Salt 825; zu ergänzen durch HERBIN, Premiers pages. Vgl. DERPapyrus Salt 825, 175 f. Anm. 117 für einen kleinen Ausschnitt dieses Textes auf einem personalisierten Papyrusamulett (pBN 2381). 74 DERCHAIN, Papyrus Salt 825, 31–34. Vgl. VON LIEVEN, Antisocial Gods, 197–200. CHAIN,

116

6 Textamulette und Zeichnungen

oder wenige Sprüche auf einem kleineren Papyrus aufgezeichnet, nicht aber ein langer Totenbuchpapyrus kopiert wurde.75 Auf alle einschlägigen Fälle werde ich aus Gründen der Stoffdisposition in Kapitel 8 eingehen, das generell den Angaben des Totenbuches über Amulette gewidmet ist. Während es in den Handlungsanweisungen der magischen Handbücher im Neuen Reich eher selten ist, daß Amulette auf Papyrus vorgeschrieben werden (Normalfall sind Leinenstreifen), gibt es in der Praxis ab dem Neuen Reich belegt eine ganze Reihe derartiger Objekte.76 Sie zeichnen sich durch spezielle Falttechniken aus, insbesondere gibt es Faltstangen und Faltpäckchen.77 Die zusammengefalteten Objekte wurden dann fest umschnürt. Hinsichtlich dieser Diskrepanz sollte man die unterschiedliche Affordanz der Materialien beachten.78 Leinen läßt sich besser eng rollen oder auch knoten, ist dafür aber schwieriger zu beschriften oder mit Zeichnungen zu versehen; sein Gebrauch ist in Ägypten auf religiöse und magische Zwecke beschränkt.79 Papyrus bietet einen bequemeren Schrift- und Bildträger, kann aufgrund seiner Sprödheit aber eher gefaltet als eng gerollt und definitiv nicht verknotet werden. Das Mißverhältnis zwischen den theoretischen Metatexten mit ihrem deutlichen Übergewicht von Leinenamuletten und real erhaltenen Artefakten mit einer klaren Dominanz von Papyrus deutet darauf hin, daß Leinen das an sich erstrebenswerte Ideal war, Papyrus dagegen die real einfachere Option; und dazu paßt auch die Widersprüchlichkeit eines Papyrusamuletts, das in der mitkopierten Handlungsanweisung vielmehr die Verwendung von Leinen vorschreibt (s. S. 124). Möglicherweise gab es in der Spätzeit eine gewisse Wandlung in dieser Haltung; jedenfalls ist auffällig, daß nur zwei Praktiken in Handbüchern des Neuen Reiches die Verwendung von Papyrus vorschreiben, deutlich mehr dagegen Leinen verlangen. In paratextuellen Angaben in Handbüchern der Spätzeit sind dagegen vier Fälle für Leinen belegt, fünf für Papyrus. In den magischen Texten der griechisch-römischen Zeit ist Papyrus als Schriftträger in den praktischen Anweisungen deutlich häufiger als Leinen; hinzu kommt in dieser Textgruppe auch noch der in älteren ägyptischen Handbüchern nicht belegte Schriftträger Metall,80 besonders Zinn und Blei.81 Die meisten Papyrusamulette sind mit einer sehr schnellen und ausgeschriebenen, entsprechend oft nicht leicht lesbaren Schrift geschrieben. Mutmaßlich steht dahinter

75

ILLÉS, Single Spell. Ich bezweifle, daß man mit VERNUS, Théorie de la littérature, 66 f. (übernommen von DONNAT, Billet, 26) dem Papyrus in dieser Verwendung aus sich heraus eine sakralisierende Funktion zuschreiben kann; tatsächlich ist er weniger sakral als die in den Handbüchern dominierende Substanz Leinen. 77 KRUTZSCH, Falttechniken; DIES., Beobachtungen, 21–71; DONNAT, Billet, 3–5. 78 Zum Konzept der Affordanz s. FOX, PANAGIOTOPOULOS, TSOUPAROPOULOU, Affordanz; KESSELER, Affordanz, 347–359. 79 KOCKELMANN, Lesestoffe. 80 Als reale Belege für Schriftamulette in Metall wären immerhin die beschrifteten Goldkragen aus dem Grab des Tjainahebu zu nennen, s. S. 287. 81 DZWIZA, Schriftverwendung, 53–60. Dabei ist zu beachten, daß die betreffenden Artefakte nicht ausschließlich als Amulette verwendet wurden. Vgl. auch FARAONE, Transformation, 80 und 327 Anm. 10. 76

6.3 Textträger Papyrus

117

die Tatsache, daß sie nach der Niederschrift nicht mehr für die Lektüre von Menschen, sondern nur noch von höheren Wesen bestimmt waren, und deshalb keine besondere Mühe nötig war, den Text leicht lesbar zu halten.82 Gleichzeitig demonstriert dieser Befund auch, daß die Schreiber solcher Amulette normalerweise professionell tätig waren; mutmaßlich auch im häufigen Umgang mit Alltagsschrift wie Briefen, Protokollen oder Abrechnungen, nicht nur der sorgfältigen Buchschrift religiöser Handbücher. pDeir el-Medineh 36 wurde bei den französischen Grabungen in Deir el-Medineh gefunden.83 Bei der Auffindung war der Papyrus noch als Paket vielfach gefaltet und mit einem Faden an einen Leinenstreifen festgebunden, der in sich verdreht und siebenmal geknotet war. Es handelt sich um eine magische Formel, mit der ein gewisser Aninacht, Sohn der Ubechet, vor schädlichen Dämonen und allgemeinem Übel sowie den Hautkrankheiten srf.t und rmn.ß geschützt werden sollte, die oben bereits im Zusammenhang mit dem pChester Beatty VII besprochen wurden – letzteres wurde von Sauneron, dem Herausgeber des Papyrus, aufgrund einer Fehllesung für Schnupfen gehalten, ersteres für Fieber.84 Interessant ist die formale Stilisierung des Textes als Dekret des Königs Osiris an den Wesir Geb, dieser solle mit dem Schiff zum Binsengefilde segeln und alle Wesen und Gefahren, die über den Nutznießer herfallen, innerhalb von drei Tagen dorthin mitnehmen. Motivische Verbindungen hinsichtlich des Königsdekrets gibt es z.B. zu einem magischen Text in Turin (PR 120 = CGT 54050 vs. 2,5 f.).85 Außerdem ist bemerkenswert, daß der Text nicht einfach die Vignette und die Rezitation bietet, sondern die gesamte Nachschrift mit den Handlungsanweisungen, die somit mechanisch aus der Vorlage kopiert sind. Dabei gibt es ein schönes Beispiel, wie Schrift und Bild ineinander übergehen können. Es heißt nämlich „Worte sprechen über“, dann folgt direkt die Zeichnung, nämlich zwei Barken mit je einer Gottheit darin, zwei Udjat-Augen und zwei Skarabäen; letztere so sehr schon wieder zu Schriftzeichen geworden, daß sie mit dem hieratischen Götterdeterminativ versehen sind. Jedenfalls sollen diese Zeichnungen auf einen neuen Papyrus gemalt und um den Hals gehängt werden; die Vorschrift entspricht also der tatsächlichen Durchführung. Der Leinenstreifen selbst, mit dem das Amulett um den Hals gehängt wurde, war nicht nur als Knotenamulett wirksam, sondern trug selbst magische Zeichnungen. Konkret sieht man zunächst eine Gruppe von Göttern, nämlich Re-Atum, Osiris, Horus, Seth, Isis und Nephthys. Hier dürften Teile der heliopolitanischen Neunheit vorliegen; bzw. auch die Götter der fünf Epagomenentage am Ende des Jahres. Den hinteren Teil der Zeichnung nehmen zwei symmetrisch angeordnete Krokodile ein, die jeweils eine Gestalt mit erhobenen Armen attackieren; zwischen den angegriffenen Gestalten befindet sich anscheinend eine hockende mumienförmige Gestalt mit einer Feder auf dem Kopf.

82

Vgl. auch DONNAT, Billet, 27, deren Postulat, die hieratische Schrift solle dadurch sakralisierend wirken, daß sie einen Gebrauch zur Konservierung verehrungswürdigen Wissens markiere, mir ziemlich überzogen scheint. 83 SAUNERON, Rhume d’Anynakhte. 84 Zur Korrektur s. QUACK, Beiträge zu religiösen und magischen Texten, 415. 85 ROCCATI, Magica Taurinensia, 30.171.

118

6 Textamulette und Zeichnungen

Aufgrund der Zielsetzung gegen srf.t kann man hier den pBerlin P 15749 anschließen.86 Er war ursprünglich mit Fäden umwickelt und mit einem Tonsiegel verschlossen. Auf der Außenseite des Papyrus war eine hockende löwenköpfige Göttin gezeichnet. Die Vignette auf der Innenseite zeigt eine Reihe hockender Gottheiten, nämlich Re, Atum, Schu, Tefnut, Seth(?), Isis und Nephthys, also die meisten Mitglieder der heliopolitanischen Neunheit. Die Identifizierung ist fallweise problematisch, insbesondere für Seth.87 Sie kann sich allerdings auf andere Ensembles wie etwa im pDeir el-Medineh I, vs. 7,4 sowie auf den gerade erwähnten Leinenstreifen zum pDeir el-Medineh 36 stützen. Hinter den Gottheiten befinden sich zwei Udjat-Augen und zwei Uräusschlangen. Unterhalb der Grundlinie befindet sich noch eine kleine Darstellung, wie ein Nilpferd gespeert wird, sowie wohl ein umgedreht gezeichnetes Krokodil. Beim Rezitationstext an sich handelt es sich um eine Anrufung an die Uräusgöttin, die auch im pChester Beatty VIII vs. 10,1–5 überliefert ist, wo sie zugunsten von Pharao Ramses, aber ohne Vignette aufgezeichnet ist. In diesem Papyrus ist sie Teil eines längeren Handbuches, wobei der betreffende Spruch noch zahlreiche Parallelen in späten Tempelinschriften hat.88 Eine direkte Parallele mit allerdings teilweise substantiellen Varianten liefert auch der Amulettpapyrus pHeidelberg Hieratisch 3.89 Die spezifischen Verbindungen des Bildes zum Text sind im pBerlin 15749 gering, wohl aber sind prinzipiell ähnliche Bildelemente wie in anderen Amulettexten erkennbar. pHeidelberg Hieratisch 3 zeigt im Anschluß an diesen Hymnus noch eine Beschwörung gegen den Dämon Sehaqeq, der auch von anderen Handbüchern und Amuletten als Gefahr bekannt ist (s. S. 120 und 135). Eine sehr komplexe und schwer deutbare Menge von Zeichnungselementen findet sich im pLouvre E 32308.90 Deutliche Spuren im Papyrus selbst zeigen, daß er zu einem kleinen Paket zusammengefaltet war, das mutmaßlich um den Hals getragen wurde. Der Text nimmt nur einen relativ kleinen Bereich des gesamten Papyrus, nämlich etwas das linke untere Viertel, ein, während der Rest mit Bildern angefüllt ist. Er wendet sich gegen bösartige Totengeister. Sie sollen daran gehindert werden, einer Frau Mutemheb etwas zuleide zu tun. Über dem Textfeld befinden sich vier Fackeln, die regelmäßig um ein kreuzförmiges Gebilde stehen. Oberhalb davon ist ein Krokodil mit zurückgewendetem Maul dargestellt. Hier gibt es Verbindungen zu einem nächtlichen Schutzritus, der eine Nachtwache mit vier Fackeln beinhaltet (s. S. 220). Durch eine vertikale Reihe von Sternen davon getrennt ist eine weitere Szene, in deren Zentrum eine Bahre steht, auf der eine menschliche Gestalt mit Mumienmaske liegt, darüber offenbar ein Baldachin. Darüber steht die

86

LUFT, Amulett gegen Ausschlag; dazu auch die Korrekturen von POSENER, Notes, 148. Neuedition FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 133–140. 87 FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 138 schlägt stattdessen Unut vor. 88 VANDIER, Quatre variantes; DERCHAIN, Elkab I, 16*; GOYON, cHtp cXmt, 33–39. Vgl. zusätzlich QUACK, Homogenität und Inhomogenität, 328 für das häufige Auftreten von Versatzstücken dieses Hymnus insbesondere im Tempel von Dendara. 89 Kurzbeschreibung in BURKARD/FISCHER-ELFERT, Ägyptische Handschriften, 199 Nr. 296; Edition FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 220–249. 90 KOENIG, Papyrus de Moutemheb. Gute Farbphotographie in ANDREU, Artistes de Pharaon, 132.

6.3 Textträger Papyrus

119

Notiz „Der heil Erwachende. Seinen Schutz bewirken“. Unter dem Bett befinden sich vier Köpfe, mutmaßlich diejenigen der vier Horuskinder. Über ihnen befindet sich die Inschrift „Den Schutz der Mutemheb bewirken“. Neben dem Bett befindet sich noch eine Fackel, sowie mutmaßlich ein Papyrusszepter, um das sich eine Schlange ringelt. Die Bildmotivik weist dabei deutliche Bezüge zum Kapitel 151 des Totenbuches (vgl. S. 183) auf. Ganz rechts werden zwei rot gezeichnete Dämonen dargestellt, wie sie von Krokodilen angegriffen werden. Darunter befinden sich zwei Udjat-Augen. Im Zentrum schließlich steht die Gestalt eines Königs mit oberägyptischer Krone, der auf dem Schwanz eines Krokodils steht und diesem die Schnauze zuhält; hinter ihm eine Nilpferdgöttin mit Messern, vor der das Zeichen s# „Schutz“ steht. Das Bildmotiv des Angriffs durch die Krokodile findet sich auch auf dem pDeir elMedina 45, einem Amulett, das ohne Text rein als Zeichnung auskommt.91 Dargestellt ist dort eine rot gezeichnete stehende menschliche Gestalt offenbar mit kahlem Kopf und langem Schurz, die von rechts von wohl sieben, von links von sechs Krokodilen angefallen wird. Links davon steht ein Gott mit Tierkopf, den der Bearbeiter Koenig als Seth identifiziert, bei dem es sich aber auch um Anubis handeln könnte. Er scheint die rot gezeichnete Gestalt mit einem Lasso einzufangen. Ganz links gibt es noch ein UdjatAuge (mit rot gezeichneter Iris). Dieses Bild unterscheidet sich von den sonstigen Beispielen für den Angriff der Krokodile92 insbesondere dadurch, daß eine Gottheit aktiv einschreitend dargestellt ist. Hier kann man zusätzlich noch auf eine mehrfach überlieferte magische Beschwörung hinweisen, in welcher der Nun Krokodile auf das personifizierte Gilft hetzt (s. S. 142). Dem letzten Bildmotiv des pLouvre E 32308 (s.o.) sehr ähnlich ist die Zeichnung im pDeir el-Medineh 44, einem deutlich mehr textlastigen Amulett.93 Der Papyrus war ursprünglich fein zusammengefaltet gewesen und wurde um den Hals getragen. Gefunden wurde er im Grab Nr. 1444. Über eventuelle Skelett- oder Mumienreste schreibt der Ausgräber Bruyère nichts; mutmaßlich war also auch nichts mehr erhalten.94 Bei der Auffindung war das Papyruspäckchen auf einen Faden aufgezogen, der rechts davon neun, links vier Knoten aufwies. Die Art der Anbringung verbindet somit dieses Amulett mit der Kategorie der Knotenamulette. Inhaltlich geht es im Spruch um einen Schutz der Glieder für eine Frau Ta-i:di-Amun, insbesondere vor feindlichen Dämonen, die in ihre Körperteile eindringen wollen. Die Vignette zeigt erneut einen König mit oberägyptischer Krone, der einem Krokodil das Maul zuhält, dahinter eine Nilpferdgöttin. Unterhalb dieser Gruppe scheint sich die sehr stilisierte Figur eines Anbetenden zu befinden Eine Schlange ringelt sich um alle Gestalten.

91

KOENIG, Histoires sans paroles, 243–246. Koenig macht keine Angaben zu Fundkontext und Datierung; den Parallelen nach würde man eine ramessidische Entstehung vermuten. 92 Vgl. übergreifend KOENIG, Moutemheb, 310 f. sowie GASSE, Crocodiles, die eine motivische Verbindung zu Fayence-Amuletten mit einer Gruppe von Krokodilen sucht. 93 KOENIG, Contre-envoûtement. 94 BRUYERE, Deir el Médineh 1948 à 1951, 72 f.

120

6 Textamulette und Zeichnungen

Einfacher gehalten ist die Vignette im pDeir el Medineh 40.95 Dort sind nach dem Vermerk „Worte sprechen über diesen Göttern“ einige Gottheiten hockend abgebildet, nämlich Re, Atum, Chepri, Isis und Nephthys sowie noch zwei Udjat-Augen. Inhaltlich handelt es sich um einen relativ generellen Schutzspruch, mit dem feindliche Dämonen aller Art sowie Schrecken und Unruhe abgehalten werden sollen. Die konkret dargestellten Gottheiten sind eine Auswahl derer, die im pDeir el-Medineh 1 vs. 7,4 einem Schutzspruch ebenfalls recht allgemeinen Inhalts beigegeben sind. Sitzende Gottheiten sind auch auf zwei Amulettstreifen wohl der Ramessidenzeit belegt (pBerlin P 30490 A und B), bei denen Schrift sich auf einige beigeschriebene Namen beschränkt.96 Dargestellt sein dürfte zunächst Re-Harachte, dann die Mitglieder der heliopolitanischen Neunheit, wobei allerdings Geb in der Identifizierung unsicher ist,97 Osiris durch Anubis ersetzt scheint (wie es bereits im pChester Beatty V bemerkt wurde, s. S. 104) und Thot zwischen Horus und Seth (bzw. auf 30490 B vor beide) eingeschoben ist, die ja nach mythologischer Tradition als seine Eltern gelten.98 Weniger markiert in der Bildform ist ein anderes Papyrusamulett (pBerlin P 30491).99 Auf ihm erscheinen sieben sitzende Gestalten. Die ersten drei tragen Götterbärte, der Rest zeigt keinerlei spezifischen Attribute. Bislang nicht publiziert, sondern nur in der Literatur erwähnt ist ein kleiner Amulettpapyrus aus der ehemaligen Sammlung Borchardt, der in die 20. Dynastie datieren soll.100 Er trägt eine Anrufung an einen Zwerg, der in Heliopolis ist. Auf der Rückseite ist die Figur eines Zwerges gezeichnet; daneben findet sich die weitere Anrufung „Oh Re, zur Hälfte Zwerg des Himmels, Zwerg der Erde, Oh Re von Millionen von Ellen.“ Ganz ohne Bildelemente kommt der pDeir el-Medineh 41 aus, der aus dem Neuen Reich stammt.101 Dabei handelt es sich um einen Beschwörungsspruch gegen Gift, der auch noch auf drei Papyri und Ostraka des Neuen Reiches sowie vier spätzeitlichen Horusstelen belegt ist. Normalerweise schreiben die Anwendungshinweise vor, einen noch nicht gebrauchten neuen Papyrus als Amulett zu verwenden, und dies dürfte in der großen Mehrzahl der Fälle beherzigt worden sein.102 Es gibt allerdings einen Fall, wo die Rückseite eines angefangenen Briefs später zur Aufzeichnung eines Schutzspruches verwendet wurde, nämlich pBM EA 10731.103 Der Spruch ist ohne Abbildung rein textlich und gegen einen Dämon namens Sehaqeq104 gerichtet. Nach Ausweis der Nachschrift soll er über Flachs

95

KOENIG, Effrois de Keniherkhepeshef. FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 173–177. 97 FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 174 denkt stattdessen an Schepsi und deutet die Gestalt danach als Nun statt als Nut. 98 STADLER, Weiser und Wesir, 147–152. 99 FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 178 f. 100 ČERNÝ, Papyrus Deir el-Médineh I, 9 f. 101 KOENIG, Deux amulettes, 283–291. 102 QUACH, Totenbuch und Getreideabrechnung, 126–129. 103 EDWARDS, Prophylactic Charm. 104 Zu ihm vgl. FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 230–248. 96

6.3 Textträger Papyrus

121

rezitiert werden, der in Pfeilform gewickelt wird. Ich werde unten noch einen Fall vorstellen, daß zum selben Spruch auf einem anderen Textträger doch eine Zeichnung existiert (s. S. 135) bzw. in der Nachschrift angewiesen wird (s. S. 139). Etwas aus der Reihe, was den Textbestand betrifft, fällt der außerordentlich interessante pTurin 1858, der etwa in die Wende von der 20. zur 21. Dynastie datiert.105 Er entspricht textlich mit leichten Varianten dem Totenbuchspruch 100 bzw. 129 und wird hier dem Schreiber Butehamun in den Mund gelegt. Er war mit einem Leinenstreifen verbunden, auf den mehrere Gottheiten gemalt waren. Mutmaßlich kann man analog zu anderen hier behandelten Fällen postulieren, daß ursprünglich ein bemalter Leinenstreifen zusammengezwirnt und wohl auch noch mit Knoten versehen war, um zum Aufhängen des Amulettes um den Hals zu dienen. Auf dem Leinenstreifen ist zunächst ein Udjat-Auge abgebildet, dann Re, Chepri, Ma’at, mutmaßlich Horus und Seth, schließlich Isis und Nephthys. Die Bildkomposition weist deutliche Ähnlichkeiten mit derjenigen des Leinenstreifens auf, der zum Anknüpfen des pDeir el-Medine 36 gebraucht wurde. Die Darstellung auf dem eigentlichen Papyrus fällt vor allem dadurch auf, daß der Text zwar mit Ausnahme eines Zusatzes am Ende sowie einer bemerkenswerten textkritischen Variante dem üblichen Bestand des Totenbuches entspricht, aber keinerlei Beziehung zur normalen Vignette dieses Spruches besteht, die den Phönix in einer Barke zeigt. Vielmehr hat man hier eine stehende Göttin, die ikonographisch auffällig enge Verwandtschaft mit Darstellungen innerhalb des Höhlenbuches (fünfte Höhle) sowie des Buches von der Erde aufweist.106 In den Händen hält sie Sonnenscheiben, in der Linken zusätzlich eine hockende Gottheit. Um sie herum befinden sich aufgerichtete Schlangen, im dadurch eingegrenzten Feld verschiedene Krokodile, Udjat-Augen sowie ein Skarabäus. Über der Göttin ist groß eine hieratische Beschriftung angebracht, die den wahren Namen – allerdings einer männlichen Gottheit – anzugeben behauptet. Der Name ist mit den Zeichen für Erde, Skarabäus, Sonnenglanz und eine Schlange geschrieben. Dies hat evidente Verbindungen zu den sogenannten pantheistischen Trigrammen der Spätzeit (s. S. 230.272), ohne mit ihnen wirklich identisch zu sein. Im 90°-Winkel dazu sind noch zwei andere Gestalten dargestellt, nämlich ein hokkender Gott mit zwei Widderköpfen und einer Atef-Krone. Links davon steht ein Falke mit Sonnenscheibe auf dem Kopf. Mit der Interpretation dieser Zusammenstellung von Bildern und Texten habe ich zumindest erhebliche Schwierigkeiten. Jedenfalls kann man angesichts der mutmaßlichen Herkunft des Amuletts aus Deir el-Medina guten Gewissens annehmen, daß die Ikonographie von derjenigen von Unterweltsbüchern beeinflußt ist, welche die dortige Arbeitermannschaft damals in den Königsgräbern anzubringen hatte und auf welche gerade ein Schreiber wie Butehamun somit Zugriff hatte. Vom Ende der Ramessidenzeit oder aus der Dritten Zwischenzeit stammt ein Papyrusamulett (pBerlin P 14499), das vorrangig Text bietet, unten aber auch eine Vignette.107 Der Hymnus richtet sich an die vier Achu, die Wacht über Osiris halten und

105 DEMICHELIS, Phylactère; s. auch MORENZ, Sonnen-„Mysterium“; ZAGO, Shetayt, 17. Zur Verbesserung der Lesung einer Stelle s. QUACK, Beiträge zu religiösen und magischen Texten, 415. 106 WERNING, Höhlenbuch, Teil I, 39 f., Teil II, 233 f. 107 FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 125–132.

122

6 Textamulette und Zeichnungen

ebenso den Besitzer des Amuletts schützen sollen. Passend dazu ist in der Vignette tatsächlich der liegende Osiris auf der Bahre dargestellt, über dem eine schwer erkennbare Gestalt (Anubis?) hockt. Links und rechts der Bahre sind zunächst je zwei stehende Gestalten mit Szepter dargestellt (die zur Linken eindeutig als Paviane erkennbar), in denen man die angerufenen Achu vermuten darf. Links hockt noch eine Frauenfigur, vielleicht Nephyths, während rechts die korrespondierende Stelle abgebrochen ist. Auf dem Verso sind in 90-Grad Winkel zum Rekto ein Skarabäus und ein Udjat-Auge gezeichnet. Möglicherweise in die Dritte Zwischenzeit datiert ein in TT 233 gefundenes Textamulett auf Papyrus, das ebenfalls die vier Achu erwähnt, die über Osiris wachen.108 In diesem Text werden auch ihre Namen konkret genannt. Beide Amulette stehen von der Thematik der vier Achu her einer Passage im pChester Beatty VI (vs. 2,5–8) nahe, bei der allerdings keine explizite Angabe zur Natur des Textträgers vorhanden ist (s. S. 139). In einer Osirisfigurine der 21. Dynastie wurde ein Papyrus (pLouvre N 3102 A) gefunden, der im oberen Bereich Zeichnungen von Gestalten zeigt, die Schlangen und Skorpionen in den Händen halten. Darunter befinden sich kurze hieroglyphische Texte. Schrift und Zeichnungen sind insgesamt rot.109 Die Papyri Leiden I 353, 354, und 355 sind kleine Amulette, die in der üblichen Art als Päckchen zusammengefaltet und an einer verknoteten Schnur getragen waren.110 Dabei sollen die Schnüre von 353 und 354 miteinander verbunden gewesen sein, es dürfte sich also um zwei Amulette handeln, die von derselben Person getragen wurden. Den Resten der Schrift nach dürften sie etwa in die Ramessidenzeit, am ehesten in die spätere 20. Dynastie, gehören.111 Das erste Objekt (pLeiden I 353)112 enthält nur den Titel mit Nutzanwendung gegen die srf.t-Krankheit sowie die Nachschrift mit Rezitationsanweisung über konkret dargestellten Gottheiten, ein eigentlicher Beschwörungstext fehlt. Die Bilder sind nicht alle deutlich. Erkennbar ist eine Barke, in der eine Gottheit vor einem Schrein hockt, in dem sich eventuell eine weitere Gottheit befindet. Es folgen einige hockende Götter unter Einschluß eines geflügelten Skarabäus. Mit der Deutung der letzten Figurengruppe habe ich Schwierigkeiten.113 Ein deutlich größerer zweiter Bildstreifen zeigt zwei Gottheiten (die erste männlich, die zweite weiblich) mit hohen Federkronen, sowie eine Gestalt mit Sonnenscheibe und Uräusschlange, zwei hockende Götter mit Doppelkrone und noch eine Gestalt mit Sonnenscheibe und Uräus. Dahinter befindet sich eine Barke, bei der

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Für Informationen danke ich Boyo Ockinga; s. OCKINGA, FISCHER-ELFERT, Amuletic Papyrus. GOMBERT-MEURICE, PAYRAUDEAU, Servir les dieux, 88–89. 110 CHABAS, LEEMANS, Papyrus égyptiens hiératiques I., Taf. CLXIX. 111 AZZAM, Papyrus Leiden 353, 20 (auch wenn ihr Ansatz, die Ramessidenzeit als Zeitalter persönlicher Frömmigkeit sei die Zeit, in die die meisten magischen Sprüche zur Behandlung von Krankheiten datierten, methodisch wertlos ist). 112 AZZAM, Papyrus Leiden 353. Vgl. DONNAT, Billet, 19. 113 AZZAM, Papyrus Leiden 353, 19 versteht sie als Krokodil mit einem Messer, zwei unklare Zeichen, ein hieratisches XpS-Zeichen und einen Widder. Zumindest letzteres kann angesichts der flachen Körperproportionierung, der spitzen Schnauze und des eher längeren Schwanzes nicht zutreffen. 109

6.3 Textträger Papyrus

123

anscheinend Thot im Bug (mit Blick auf den Schrein) und Seth in der Kabine hocken – eine überraschende Verteilung, die sonstige Verhältnisse umkehrt. Die Barke hat ungewöhnliche Tierköpfe, die nicht klar zu identifizieren sind.114 Der zweite dieser Amulettpapyri (pLeiden I 354) zeigt neben schlecht erhaltenen Resten insbesondere Zeichnungen von zwei Uräusschlangen, Isis, Nephthys und einer Nilpferdgöttin. Er ist im Rahmen des insbesondere aus Deir el-Medineh bekannten und hier bereits vorgestellten Materials eher vertraut. Das schlecht erhaltene letzte Stück (pLeiden I 355) enthält nur noch wenige Reste, die sich nicht in eine Gesamtdeutung einfügen. Anhand der Zeichnung des 19. Jahrhunderts sehe ich mich nicht zu einer exakteren Datierung, geschweige denn philologisch fundierten Übersetzung dieser beiden Papyri in der Lage. Nur der untere Teil ist von Papyrus BM EA 75036 erhalten.115 Man erkennt noch eine Schutzformel für Monthwenemef, Sohn der Neschons. Dargestellt ist Seth, wie er mit der Lanze auf eine Schlange einsticht; ein Horusfalke, ein sitzender Amun mit Federkrone, Geißel sowie einem Falken in der Hand, und eine Sonnenscheibe mit Kuhhörnern. Da der Rezitationstext weitgehend verloren ist, läßt sich über spezifische Bezüge der Bilder nichts sagen, doch ist gerade das erste ein gutes Symbol für die Überwindung von Gefahren. Wohl die Abwehr eines schlangengestaltigen Feindes durch Seth zeigt auch der schwer lesbare Papyrus pBerlin P 15770.116 Das Bildmotiv ist hier ausgesprochen elaboriert, indem die Schlange sehr groß und mehrfach geringelt ist, vor allem aber sieben Schlangenköpfe und zusätzlich noch einen Antilopenkopf zeigt. Die Anrufung, soweit sie lesbar ist, zeigt eine kurze Anrufung an einen Schöpfergott und weitere Gestalten, die über den Nutznießer wachen sollen, ist also relativ unspezifisch. Eventuell ebenfalls in die Ramessidenzeit zu datieren117 ist ein kleines Papyrusamulett, auf dem ausschließlich Bildelemente dargestellt sind, nämlich der pHannover 1976.60b.118 Dargestellt sind auf dem Rekto 12 hockende Gottheiten, teilweise mit spezifischen ikonographischen Elementen, eine Schlange mit mehreren Windungen sowie vier Udjat-Augen. Auf dem Verso finden sich im Verhältnis zum Rekto um 90° gedreht zwei sich anblickende hockende Götter.

114 AZZAM, Papyrus Leiden 353, 19 will sie als Widderköpfe deuten, aber es fehlen Hörner; zudem passen die relativ langen Ohren schlecht zu Widdern. 115 Unpubliziert, s. http://www.britishmuseum.org/research/collection_online/collection_object_details.aspx?objectId=112646&partId=1&searchText=75036&page=1. Nach den Eigennamen würde ich das Objekt am ehesten in die Ramessidenzeit datieren. 116 FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 141–145. 117 Allerdings besteht die Möglichkeit, daß es sich um den Bildstreifen zu pHannover 1976.60a1 und a2 handelt (s. S. 126), die eindeutig spätzeitlich sind, s. FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 181.192. 118 Bild und Kurzbeschreibung in LOEBEN, KAPPEL, Garten, 115 f. Dort wird das Objekt ins 7.–6. Jhd. v. Chr. datiert, aber die Tatsache, daß die Götter sitzen und nicht stehen, scheint mir eher ins Neue Reich zu passen, und die überlängten Rümpfe wären stilistisch in der späteren Ramessidenzeit zu Hause. Edition FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 200–202.

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6 Textamulette und Zeichnungen

Sicher ramessidisch ist pStrasbourg hiér. 69, der gegen die srf(.t)-Krankheit wirken soll.119 Der Rezitationstext ist relativ schlecht erhalten und soll nach Angabe der mitkopierten Nachschrift über den dargestellten Gottheiten rezitiert, und dann das Textamulett an den Hals gegeben werden. Auf der Vorderseite sieht man rechts den Sonnengott in der Barke hockend, während ein am Bug befindlicher Affe ihm huldigt; unter der Barke ist ein Krokodil dargestellt. Links davon ist wahrscheinlich ein großes hieratisches Schriftzeichen XpS zu erkennen. Während diese Gestalten in der rechten Hälfte nur in Umrissen gezeichnet sind, gibt es auf der linken Hälfte massiv schwarz ausgefüllte Gestalten. Dort ist ein großer Skarabäus gezeichnet, der von zwei Vierfüßern flankiert wird; wohl einem Schakal und einer Gazelle mit erhobenem Schwanz.120 Mindestens Teilelemente dieser Zeichnung beziehen sich auf den Zyklus der Sonne; innerhalb des Rezitationstextes verweist allenfalls eine Erwähnung des Fährmanns des Messersees darauf. Auf der Rückseite des Papyrus ist eine hockende anthropomorphe Gottheit erkennbar. Auffällig ist nicht nur, daß die paratextuelle Nachschrift aus der Vorlage mit kopiert wurde, obgleich sie für das konkrete Amulett unnötig ist, sondern auch noch, daß ihre Anweisung, man solle den Text auf eine Leinenbinde kopieren,121 der realen Ausführung widerspricht.122 Nur kurz erwähnt seien zwei weitere, noch unpublizierte Amulettpapyri der Strasburger Sammlung (pStrasbourg hiér. 76 und 92), welche in die Ramessidenzeit datieren dürften.123 Ebenfalls unpubliziert ist pKöln 7906.124 Er überliefert Reste einer Vignette mit verschiedenen hockenden Göttern sowie Udjat-Auge und Skarabäus. Auch das Amulett pMMA 26.3.225 ist noch ins späte Neue Reich zu datieren.125 Es zeigt zunächst einen kurzen Text mit einer Anrufung an die Achtheit. Ihre Erretttung des Sonnengottes vor den vier Feinden dient als Analogon dafür, sie jetzt gleichartig um Hilfe zugunsten des Trägers vor allen schlechten und bösen Dingen zu bitten. Unten findet sich noch die Zeichnung zweier antithetisch angeordneter Krokodile; aufgrund von Materialverlust in der Mitte ist unsicher, ob dazwischen noch eine Personifikation der Gefahr abgebildet war, auch wenn sonstige Parallelen es wahrscheinlich machen.126

119 DONNAT, Billet. Am Ende von Z. 3 würde ich die Lesung n# rXt.|w „die Wäscher“ vorschlagen (für deren Position am Uferdamm mry.t vgl. Lehre des Cheti § 19, 1; pChester Beatty V, rt. 6,4). 120 DONNAT, Billet, 21 f. will die beiden Vierfüßer als Meerkatzen deuten, aber die Kopfform paßt m.E. nicht dazu. 121 Ich lese den Text als sx# Hr &s\[tp n p#]&Q\t; das Determinativ (Möller 233) ist m.E. deutlich. DONNAT, Billet, 7 f. liest stattdessen sx# Hr D[mo n m#w], aber bei dem fraglichen Zeichen kann es sich nur um , nicht um handeln, da es keine horizontale Basislinie hat. 122 Vgl. FARAONE, Transformation, 81 und 328 Anm. 14, für Fälle in der griechisch-römischen Kultur, wo eine mitkopierte Anweisung dem real benutzten Material widerspricht. 123 Ich konnte die Papyri am 6./7.10. 2008 im Original inspizieren, wofür ich Daniel Bornemann danke. 124 Ich konnte den Papyrus am 21.9. 2015 im Original inspizieren, wofür ich Charikleia Armoni danke. 125 DIELEMAN, FISCHER-ELFERT, Textual Amulet. 126 GASSE, Crocodiles; DIELEMAN, FISCHER-ELFERT, Textual Amulet, 256.

6.3 Textträger Papyrus

125

Mutmaßlich für denselben Nutznießer ist auch pMMA 26.3.266 geschrieben.127 Er enthält einen schwer lesbaren Text sowie unten in 90°-Winkel dazu eine Zeichnung einer stehenden Person mit länglichem Kopf. Man kann an dieser Stelle vielleicht eine kleine Bilanz zu den Papyrusamuletten und den normalerweise ikonographisch ähnlichen Leinenbändern des Neuen Reiches ziehen. Wesentlichster Bestandteil sind zunächst Gottheiten, die standardmäßig auf dem Boden hockend dargestellt werden, und zwar ohne besondere Interaktion. Die Mitglieder der heliopolitanischen Neunheit sind besonders häufig, vor allem Re-Atum und die jüngere Generation. Seth kann ohne weiteres noch als positive Gestalt daran beteiligt sein. Gelegentlich gibt es auch Barkenszenen. Das personifizierte Übel wird besonders gerne als von Krokodilen angegriffene Gestalt dargestellt, doch auch eine Bekämpfung mit dem Speer kann visualisiert werden. Als sonstige Schutzsymbole zeigen insbesondere UdjatAugen und Uräusschlangen eine starke Präsenz. Die bislang behandelten Amulettpapyri stammen zumindest weitgehend aus dem Neuen Reich, teilweise wohl bereits der Dritten Zwischenzeit. Es gibt aber auch eine erhebliche spätzeitliche Tradition. Typisch für diese ist recht einheitlich eine sehr niedrige Blatthöhe bei gleichzeitig langen Zeilen. Bei den Zeichnungen wird es normal, daß die Götter stehend dargestellt sind, während sie in den Beispielen des Neuen Reiches üblicherweise hocken. Ein Beispiel mit ausführlichem Bildfeld stellt der pLouvre 3233 a und b dar, der etwa aus der 26. Dynastie stammen könnte.128 Die beiden Stücke waren ursprünglich zusammengerollt, gebunden und an einer Schnur befestigt, um getragen zu werden. Leider geht aus den knappen Museumsbeschreibungen des 19. Jahrhunderts nicht hervor, ob der Bildpapyrus und der Textpapyrus tatsächlich zu einem Ensemble gehören. Vorsichtshalber werde ich sie deshalb getrennt behandeln. Auf dem Bildpapyrus sieht man zunächst die Form des Abydos-Reliquiars zwischen Horus und Anubis, dann Isis und Nephthys, Thot, eine Gestalt mit Doppelfederkrone, einen löwenköpfigen Gott mit Szepter und Lebenszeichen, einen Stier, einen Skarabäus, eine oberägyptische Krone und eine Biene. Ein fast gleiches Bildschema, aber mit kurzen hieratischen Notizen, zeigt der pLeiden I 356 b.129 Sie erlauben es, die beiden letzten Gottheiten als Benu und als Aker zu erkennen. Zusätzlich zeigt der Leidener Papyrus noch eine Szene der Huldigung eines Horusfalken mit Doppelkrone durch Thot und eine weibliche Gestalt, mutmaßlich Isis. Insgesamt scheint dieses Bildschema konkreter als die Bildzusammenstellungen in den Amuletten des Neuen Reiches Bezüge zu spezifischen Kulthandlungen des osirianischen Kultes aufzuweisen. Auf dem vorrangig textorientierten Streifen Louvre 3233b ist ganz links ein Bild gemalt, das wie ein überdimensioniertes User-Zeichen mit Beinen aussieht – vielleicht erinnert man sich an ähnliche Bildmotive auf den Zaubermessern (s. S. 76). Der Text

127 Online-Informationen unter http://www.metmuseum.org/art/collection/search/553679 (Zugriff 13.9. 2018). 128 GOYON, Phylactère tardif; vgl. zur Übersetzung QUACK, Beiträge, 416. 129 KLASEN, Amuletic Papyrus.

126

6 Textamulette und Zeichnungen

selbst, so kurz er auch scheint, läßt sich nach inneren und äußeren Kriterien als Kompilation dreier verschiedener Motive bzw. selbständiger Textstücke erkennen. Der erste Abschnitt (Z. 1–3) ist eine Anrufung an zwei Dämonen, sich vom Besitzer des Amulettes fernzuhalten. Er schließt mit einer typischen Schutzformel, die vor allem (aber nicht nur) aus Schutzsprüchen im Umkreis des Jahreswechsels bekannt ist.130 Der zweite Teil (Z. 3–4) weist eine direkte Parallele im pDeir el-Medineh 37 auf, einem rein textlichen Schutzamulett ohne Abbildungen, das ausschließlich diese Passage überliefert.131 Da im Text davon die Rede ist, Feuer würde gegen das Grab dessen vorgehen, der sich am Besitzer des Amulettes verginge, nimmt Koenig plausibel an, daß es sich um einen Schutzspruch gegen spukende Totengeister handelt. Der letzte kurze Teil (Z. 4) enthält eine Mahnung, das Gift aus dem Körper herauszuholen. Er war der Grund dafür, daß Goyon in seiner Erstpublikation eine Nutzung als Schutz gegen Reptilien und giftige Insekten vermutet hat, wobei er ihn aufgrund der oben erwähnten Formel als Neujahrsgeschenk für ein Kind auffaßt. Jedenfalls ist der Befund lehrreich dafür, wie selbst ganz kurze Texte aus verschiedenen Teilbestandteilen unterschiedlicher Herkunft und ursprünglich divergenter Intention und Nutzanwendung zusammengesetzt sein können. Für denselben Nutznießer wie pDeir el-Medineh 37 ist auch pDeir el-Medineh 38 geschrieben, ebenfalls ein reines Textamulett.132 Sein Text wiederum ist eine wörtliche Parallele zum ebenfalls reinen Textamulett des pLeiden I 358.133 Dieser scheint Teil einer größeren Fundgruppe von noch zusammengefalteten und -gerollten Amuletten gewesen zu sein (pLeiden I 353–359). Sein Besitzer ist ein historisch bekannter Hohepriester des Amun Harmachis aus der 1. Hälfte des 7. Jhds. v. Chr., was einen wichtigen chronologischen Anker für die ganze Gruppe liefert. Im Text werden zuerst verschiedene Dämonen angerufen, sie sollten ihre spezifische Schadensaktion nicht gegen den Nutznießer durchführen; dieser wird anschließend in komplexen theologischen Identifizierungen u.a. mit dem Kopflosen verbunden; schließlich soll Amun als Schutz der Körperglieder fungieren. Noch weitere direkte Parallelen hierzu stellen pHannover 1976.60a1 und oBerlin P 12622 (Römerzeit) dar.134 Letzteres ist im Gegensatz zu den sonstigen Textzeugen kein fertiges Produkt, sondern eine Vorlage, wie die Angabe des Nutznießers als (demotisch geschriebenes) mn „NN“ zeigt. Für dieselbe Nutznießerin wie pHannover 1976.69a1 ist auch pHannover 1976.60a2 geschrieben.135 Der Rezitationstext spricht die sieben Metzeldämonen an und weist Anklänge zum pLeiden I 346 auf (s. S. 100). Oberhalb des Textbereiches sind tatsächlich sieben schematische Gestalten mit großen Messern in der Hand dargestellt. Eventuell ist pHannover 1976.60b der Bildstreifen für diese beiden Textamulette (s. S. 123).

130

Vgl. dazu zuletzt MEYRAT, Bol en gneiss, 238 f. Anm. a); DERS., Papyrus magiques,172 f.; FIMagika hieratica, 107. Nicht auf der Höhe der aktuellen Diskussion sind RESCHE, Papyrus medical Edwin Smith, 177; FUKAYA, Festivals, 115–116. 131 KOENIG, Revenant inconvenant, 103–117. 132 KOENIG, Revenant inconvenant, 118 f. 133 KLASENS, Amuletic Papyrus. 134 FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 180–190.333–337. 135 FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 191–199.

SCHER-ELFERT,

6.3 Textträger Papyrus

127

Dies mag der richtige Aufhänger sein, um auf eine Reihe weiterer magischer oder funerärer Zeichnungen auf kleinen Papyrusamuletten hinzuweisen, die sich heute im Museum von Leiden befinden.136 pLeiden I 356 c137 zeigt ein komplexes Bild mutmaßlich osirianischen Bezugs. Eine einleitende große Kartusche wird von einer geflügelten Sonnenscheibe bekrönt. Im Text sind u.a. die Formeln „Himmel, Erde, Unterwelt, das Wasser, die Berge“ lesbar, sowie in der zweiten Kolumne „Süden, Norden, Westen, Osten“. Neben der Kartusche ist von einem Dekret des Atum die Rede. Die nachfolgende Zeichnung könnte eine Gottheit in der Umringlerschlage darstellen, darunter befindet sich eine Mondscheibe und -sichel mit eingeschriebenem Lebenszeichen. Ein Adorant, eine Gestalt mit einem Djed-Pfeiler und einem Augenpaar in der Hand und eine Gestalt mit frontal dargestelltem Gesicht bewegen sich darauf zu; da sie alle eine Uräusschlange auf dem Kopf tragen, dürften sie als Darstellungen eines Königs zu verstehen sein. Es folgt eine kniende Gestalt mit Schlangen an den Beinen, dann ein Ibis, der wohl für Thot steht, Horus, eine Katze und eine Göttin mit Skorpionszeichen auf dem Kopf. Von einer Standarte mit Schlange hängen rot gezeichnet ein Seth-Tier und ein gefesselter Feind herab, darüber scheint „die beiden Horizonte“ geschrieben. Danach gibt es das heraldische Symbol der Vereinigung der beiden Länder, zwei Adoranten um den Horizont mit einem Falken darin, eine hockende Nilpferdgöttin und eine Kartusche mit dem Namen Osiris-Chepri. Es folgen zwei Gestalten wohl mit Pflanzen in den Händen, hinter ihnen der Vermerk „täglich viermal“. Ein hockender Schakal oder Hund hat noch etwas über seinem Kopf, was am ehesten wie das Neith-Symbol mit oberägyptischer Krone darauf wirkt, dahinter sieht man Neith selbst, die mit der Hacke auf ein rot gezeichnetes Seth-Tier einschlägt. Ein Feld mit Wasser und einem Fisch darin sowie ein Horizontzeichen mit Lichtstrahlen schließen sich an. Dann folgt Thot in Anbetungshaltung, erneut mit dem Vermerk „täglich viermal“. Die nachfolgenden Götter sind fast alle mit Namensbeischriften versehen. Dargestellt sind Ptah im Schrein, Horus Chenticheti, Wadjit, Osiris mit dem Namen onX „der Lebende“, Min, Chepri und vermutlich Senen,138 schließlich noch ein rot gezeichneter Seth. Auch hier kann ich eigentlich nur dazu anregen, eine eigene vertiefte Analyse des Bildprogramms zu unternehmen. Die zusammenhängende Interpretation fällt mir nicht leicht; am ehesten würde ich auf Vorstellungen im Umkreis des Osiriskultes und der Machtübertragung auf Horus tippen. Jedenfalls bedarf es hier noch eingehender Studien. Einfacher sind die weiteren Stücke. Auf einem befindet sich lediglich die Zeichnung einer Lotusblüte (357),139 auf einem anderen (359b) eine rot gezeichnete Zwergenfigur; der Sonnengott und in leichter Entfernung ein Skarabäus. Ausschließlich Bildelemente ohne Text zeigt pDeM 47.140 Dargestellt sind rechts zunächst drei anthropomorphe Götter, von denen der erste schlecht erhalten ist, der zweite

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CHABAS, LEEMANS, Papyrus égyptiens hiératiques I, Taf. CLXX. Teilweise Photographie bei RAVEN, Egyptian Magic, 54 f. 138 Senen ist in der Sethos IB-Familie der letzte Epagomenendekan; vgl. QUACK, Beiträge, Kap. 1.3.2. 139 Photographie bei RAVEN, Egyptian Magic, 98. 140 KOENIG, Histoires sans paroles, 253–255. 137

128

6 Textamulette und Zeichnungen

eine Doppelkrone trägt (Atum?) und der dritte eine Feder auf dem Kopf hat (Schu). Es folgt die Darstellung eines ithyphallischen Gottes mit Falkenschwanz, Widderkopf und Sonnenscheibe, der den Himmel hochhebt. Im Zentrum steht dann ein Gott mit Vogelleib, Widderkopf und Sonnenscheibe, der einen Arm und Geißel hat. Abschließend sind links eine löwenköpfige Göttin mit Sonnenscheibe und Papyrusszepter sowie Thot im Akt des Schreibens dargestellt. Ebenfalls rein auf Bilder beschränkt ist pBerlin P 23213.141 Erhalten sind eine detailliert gezeichnete liegende Kuh sowie die nilpferdköpfige Göttin, die sich auf das SchutzZeichen stützt. Bild und Text kombiniert das Papyrusamulett pBerlin P 23229.142 Es handelt sich um ein Mittel gegen Kopfschmerzen; erkennbar ist, daß eine Götterbedrohung vorliegt. Dargestellt ist eine Gruppe von wenigsten sechs gleichartigen stehenden Gestalten wohl mit Schakalskopf, die Was-Szepter und Lebenszeichen halten. Schon aufgrund der komplexen Überlieferungszusammenhänge bemerkenswert sind die spätzeitlichen ppLouvre 3237 und 3239.143 Es handelt sich nämlich um Textauszüge aus dem komplexen Ritual „Die Enthüllungen der Geheimnisse der vier Kugeln“. Dies ist ein Schutzritual, das recht verschiedene Einsatzformen und Überlieferungszusammenhänge zeigt (s. S. 311). Als osirianisches Schutzritual dient es in den Osiriskapellen des Tempels von Hibis in der Oase Charga, der aus der Perserzeit stammt. In einem Totenpapyrus in New York (pMMA 35.9.21, 26,1–32,18) steht es im Rahmen ursprünglich osirianischer Kompositionen, bei denen aber bereits ein Verstorbener als weiterer Nutznießer mit eingebaut ist. In einem Papyrus, der als Sammelhandschrift von Zaubersprüchen gegen Schlangenbiß zusammengestellt worden ist, finden sich erhebliche Teile des Textes wieder; dort ist er zum Nutzen des Pharao geschrieben und soll dazu dienen, den Mund jeder Schlange zu verschließen (pBrooklyn 47.218.138, x+14,10–15,10).144 Kürzere Passagen finden sich auf zwei Türeinfassungsteilen mutmaßlich desselben Hauses; hier könnte es darum gehen, den Eingang gegen das Eintreten von Schlangen zu sichern.145 Schließlich die beiden Papyri, um die es hier geht, weisen deutliche Eingriffe in den Text auf und scheinen am ehesten ebenfalls als Schutz gegen Schlangen verwendet worden zu sein. Schon ihr Format macht es ziemlich sicher, daß sie als Amulette getragen wurden. Sie tragen übrigens oben rechts in der Ecke kleine demotische Nummern.146 Die Option, diesen Text als Schutzamulett am Hals zu tragen, ist auch in der Nachschrift des pBrooklyn 47.218.138 (x+15,9 f.) angesprochen, wo eine der Varianten darin besteht, den Text zu einem Buch zu machen, das um den Hals getragen wird. Es soll den Träger vor Gefahren zu Wasser und zu Lande retten und ein großer Schutz

141

FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 157–158. FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 167–172. 143 CHASSINAT, Papyrus magiques. Zur Frage der Datierung s. FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 255 Anm. 162. 144 GOYON, Recueil de prophylaxie, 100–108. 145 Musée Guimet B8 (inv. 14730) und Pushkin Museum 123.1022, s. GOYON, Papyrus d’Imouthès, 63–64. 146 Zur Lesung vgl. auch CAMINOS, Bandages, 163 Anm. 10. 142

6.3 Textträger Papyrus

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sein.147 Ein Verweis auf die Enthüllung der Geheimnisse der vier Kugeln findet sich auch im noch unpublizierten pHeidelberg 1896.148 Sowohl in einem etwa saitenzeitlichen Handbuch (pBrooklyn 47.218.2, x+3,1–4) als auch auf einem spätzeitlichen oder ptolemäischen Papyrusamulett (pBerlin P 15784) überliefert ist ein Spruch zum Schutz des Embryos während der Schwangerschaft.149 Angerufen werden Himmel, Erde, Unterwelt und Urgewässer, die sprechende Person identifiziert sich mit Nut, welche in ihrem Namen Neith die Götter gebar. Als mythisches Analogon dient der Schutz des Re im Leib der Amaunet, somit ein Rekurs auf Schöpfungsvorstellungen im Umkreis der hermopolitanischen Achtheit. Passend dazu zeigt die Vignette vorrangig die Himmelskuh, in deren Hörnern der falkenköpfige Sonnenknabe erscheint. Eine vor der Kuh schreitende Gestalt ist schlecht erhalten, hinter ihr gibt es eine fremdartige Gestalt mit Vogelschwanz, dürren Armen und dem Kopf eines Erdferkels (?) und darauf eventuell flachen Ohren sowie langer Zunge. Im noch unpublizierten pBrooklyn 47.218.47, rt. x+6,4–13 der etwa in die Saitenzeit datieren könnte, gibt es zu einem Beschwörungstext zugunsten einer Schwangeren eine Handlungsanweisung.150 Demnach soll eine Zeichnung von vier Seth-Figuren, vier Thot-Figuren und nochmals vier Seth-Figuren auf einem neuen Papyrus angebracht und der Schwangeren um den Hals gehängt werden. Ebenfalls noch unpubliziert ist das reine Textamulett pChassinat 5, das in die Spätzeit datiert.151 In ihm wird der Schutz der Nutznießerin mit dem eines Kastens in Heliopolis und eines darin befindlichen Skarabäus korreliert. Spätzeitlich ist auch der pRylands 50.152 Er zeigt als Abbildung ein Krokodil mit Widderhörnern und Sonnenscheibe. Der auf dem Papyrus überlieferte Beschwörungstext an Bastet, in dem es um die Geburt und Säugung eines Widders geht,153 hat direkte Parallelen in bemerkenswert verschiedenen Zusammenhängen. Zunächst begegnen vergleichbare Formeln auch in einigen spätzeitlichen Papyri mit reinen Textamuletten heute in Berlin (pBerlin P 23031 und 23051), die aus den Grabungen in Elephantine stammen.154 Ferner gibt es im Museum Berlin zwei späte Textamulette auf Papyrus, die wenigstens teilweise parallel laufen (pBerlin P 10101 a und b).155 Dabei enthalten sie auch noch Teile von Handlungsanweisungen und Nützlichkeitsversicherung. Angegeben wird ein Bild der Bastet, das an die Kehle platziert werden soll. Das Bildmotiv paßt gut zum Spruchinhalt, zeigt aber keinerlei Berührung zur realen Abbildung des pRylands 50, die vielmehr eher an den pBM EA 10563 erinnert (s. S. 132).

147

GOYON, Recueil de prophylaxie, 107 f.; für Verbesserungen der Lesung s. QUACK, WdO 43,

269. 148

Kurze Beschreibung in BURKARD, FISCHER-ELFERT, Ägyptische Handschriften, 192–193. Das Stück ist heute verschollen. 149 FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 146–151. 150 Die Edition bereite ich vor. 151 Für Informationen danke ich François-René Herbin. 152 FISCHER-ELFERT, Papyrus demot. Rylands no. 50. 153 Vgl. hierzu TB Kap. 177; s. PRADA, Verb snq(y), 52 f. 154 BURKARD, Drei Amulette, 109–124. 155 FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 103–110.

130

6 Textamulette und Zeichnungen

Eine andere Handlungsanweisung zu einem verlorenen Spruch auf pBerlin P 10101 a zeigt nur noch das Ende der Verfertigung eines Knotenamuletts, das um den Hals gehängt wird. Zumindest Teile des Spruches sind auch auf dem Amulett pMünchen ÄS 5882 belegt (s. S. 131). In Wien gibt es weiterhin eine Sammelhandschrift auf Papyrus (pWien Aeg. 8426), die Sprüche zum Schutz des Pharao zusammenstellt und dabei auch diesen Spruch zeigt (1,23–25).156 Die Nachschrift ist weitestgehend verloren. Schließlich gibt es in den Geburtshäusern der Tempel von Edfu und Dendara im Zusammenhang von Sprüchen für das Götterkind ebenfalls dieselbe Formel. Meiner Ansicht nach ist die Verwendung für das Königshaus primär, die Übertragung auf das Götterkind im Rahmen einer größeren spätzeitlichen Tendenz zu sehen, Königsrituale auf Götter und heilige Tiere umzuschreiben.157 Der Rezitationstext ist in der Interpretation nicht einfach, so kurz er auch ist. Jedenfalls handelt es sich um eine Anrufung an Bastet, die letztlich zum Schutz des jeweiligen Nutznießers dienen soll; erwähnt wird auch ein Widder. Die Zeichnung des Krokodils auf dem Papyrus aus Manchester steht zu diesem Text in keiner evidenten Verbindung. Ein weiteres Berliner Textamulett (pBerlin P 23032) zeigt insbesondere eine Anrufung an eine Göttin.158 Von ihr heißt es u.a., daß sie den Himmel durchzieht, die Götter ihr huldigen und die Toten vor ihr niederfallen; sie würde sich auf dem Kopf ihres Herrn ringeln. Demnach ist sie wohl als eine Uräusgöttin zu verstehen, die in der Sonnenbarke mitfährt. Der abschließende Refrain ist identisch mit dem des eben behandelten Spruches. Nochmals später, wohl aus der ptolemäischen Zeit, stammt der pKöln 3547.159 Der Text ist relativ lang und in drei niedrigen Kolumnen geschrieben; der Papyrus war dem Lochfraß nach auch eindeutig als Rolle gewickelt, nicht etwa gefaltet. Die letzte Kolumne zeigt eine Zeichnung mit sechs Gottheiten, nämlich Ptah, Min, Horus, Thot, Isis und Nephthys. Eine Korrelation mit dem Beschwörungstext wird nicht nur dadurch erschwert, daß die Handschrift stellenweise lückenhaft ist, sondern mehr noch dadurch, daß ihr Duktus sehr schwer lesbar ist. Hauptinhalt scheint zunächst eine Götterbedrohung, dann eine Aufforderung an den Dämonen, dem Körper der Amulettträgerin verschiedene sorgfältig aufgelistete Krankheiten und Beschwerden nicht zuzufügen. Kurth vermutet einen Bezug spezifisch auf die Schwangerschaft, was mir aber durch den Wortlaut nicht ausreichend gedeckt erscheint. Von den zeichnerisch dargestellten Göttern

156

FLESSA, „(Gott) schütze das Fleisch des Pharao“, 95 f.133. Vgl. QUACK, Kontinuität und Wandel, 83; DERS., Magie au temple, 50 f.; PRIES, Königsideologische Konzepte, 111–113. 158 BURKARD, Drei Amulette, 114–119.123. Mein Textverständnis weicht teilweise ab, insbesonals Schreibung für das Suffixdere lese ich in Z. 2 Xr n=s mwt und verstehe in Z. 3 zweimal pronomen der 3.sg.f. 159 KURTH, THISSEN, WEBER, Kölner ägyptische Papyri, 9–53. Vgl. die Verbesserungen bei VITTMANN, Enchoria 11, 121 f. sowie jetzt die Neuedition durch FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 288– 295. Zugehörige unpublizierte Fragmente vom unteren Rand der ersten und des vorderen Bereichs der zweiten Seite sind unter Nr. 3546 inventarisiert. 157

6.3 Textträger Papyrus

131

kommen nur Horus und Isis eindeutig im Spruch selbst vor. Die Anwesenheit der restlichen ist zwar sachlich nicht völlig unplausibel, aber auch alles andere als zwingend. Eine direkte Parallele zu Teilen dieser Beschwörung stellt der wohl ebenfalls ptolemäerzeitliche Amulettpapyrus pMünchen ÄS 5882 dar.160 Die Vignette am Ende der Handschrift zeigt dieselben Gottheiten. Vor dieser Vignette ist noch eine Version des schon oben (S. 129 f.) behandelten Spruches an Bastet belegt. Zusammen mit diesem Papyrus sind einige Papyrusamulette angekauft worden, die ausschließlich Bilder ohne Text enthalten. pMünchen ÄS 5883 zeigt ganz recht die stehende Gestalt des Thot, ganz links Horus stehend und mit Doppelkrone, wie er mit einer Saufeder ein rot gemaltes Schwein ersticht.161 Sechs weitere rote Schweine laufen in Richtung des Thot. Das Bild des pMünchen ÄS 5884 zeigt einen kleinen Schrein, in dem sich ein DjedPfeiler und eine hockende Gottheit befinden.162 Davor steht ein krokodilköpfiger Gott mit einem Messer in der Hand. Vor ihm läuft eine Sau davon. Rechts und links sind erhebliche Teile des Papyrus zwar mit einer Grundlinie versehen, aber sonst undekoriert. Noch ausgeprägter ist diese frei gelassene Fläche beim pMünchen ÄS 5886.163 Dort ist lediglich das Bild einer thronenden Isis ausgeführt, die Horus stillt. Wohl ebenfalls sehr spät ist der pBibliothèque Nationale 178, dessen Beschriftung nicht hieratisch, sondern demotisch gehalten ist.164 Dargestellt ist eine Gruppe von 7 stehenden Göttinnen mit Papyrusszepter und Lebenszeichen in den Händen. In die entgegengesetzte Richtung blickt ein Gott mit Doppelkrone (Horus?), der mit der Lanze ein Tier, mutmaßlich ein Schwein, bekämpft. Der Papyrus soll einer alten Zeichnung nach als Faltstange eingewickelt gewesen und zusammen mit zwei Fayence-Amuletten (einem sitzenden bogenschießenden Gott und einer stehenden schakalköpfigen Gestalt) an einer Schnur um den Hals getragen worden sein. Ebenfalls Schweine erscheinen im pBN 177 im Rahmen eines größeren Bildstreifens.165 Es gibt einige schlecht erhaltene stehende Gottheiten, das sitzende Sonnenkind, acht stehende Gottheiten (darunter wohl Horus falkenköpfig mit Doppelkrone, Re-Harachte falkenköpfig mit Sonnenscheibe und Chonsu falkenköpfig mit Mondsichel und scheibe), drei thronende Göttinnen, die je ein Kind stillen (eine davon Nephthys), eine Barke mit einem Djedpfeiler im Zentrum, der von Isis und Nephthys angebetet wird, die von vier Schakalen gezogene Barke des Sonnengottes, zwei Paviane in Anbetung um ein eher änigmatisches Objekt, auf dem sich eventuell eine Biene befindet, Isis,

160

FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 253–293. FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 295–298. 162 FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 299–302. 163 FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 303–305. 164 VERCOUTTER, Objets égyptiens et égyptisants, 312, Taf. XXIX oben links; VOLOKHINE, Porc, 200, Taf. VIIIc. http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b8304604s.r=phylact (Zugriff 13.9. 2018). Eventuell ist ein Personenname !r+-AImn (s#) Ùô-Hr zu lesen. 165 DAWSON, Number Seven, 104; VOLOKHINE, Porc, 199 f., Taf. VIIb.VIIIa-b; http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b8304603c/f1.zoom.r=phylact (Zugriff 13.9.2018). FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 300 faßt die Handschrift als Musterbuch auf, was mir nicht zwingend erscheint. 161

132

6 Textamulette und Zeichnungen

Nephthys und eine Göttin mit Atef-Krone und länglicher Schnauze in Anbetung um das Horuskind im Papyrus, eine Gestalt mit Krokodilskopf und Messern in der Hand, vor der ein Schwein läuft, Osiris, Isis, und Nephthys in einer Barke, einen Djed-Pfeiler mit einem hockenden Gott darauf, der von zwei isolierten Armen umfaßt wird, das Himmelszeichen über einem Pavian, den Sonnenknaben auf der Lotusblüte, die nilpferdköpfige Göttin mit dem als Schenkel des Seth vorgestellten Sternbild des großen Wagens, sieben aufgebäumte Uräusschlangen,166 sieben Udjat-Augen, sieben Falken, sieben Katzen, sieben sitzende Paviane, sieben Ibisse, und schließlich einen falkenköpfigen Gott mit Doppelkrone, der mit der Lanze das erste von sieben Schweinen spießt, die anders als der Rest der Bilder mit roter Tinte gezeichnet sind. Am Ende des Bildstreifens ist noch ein neunköpfiger Bes dargestellt, der auf einem Oval mit sieben gefährlichen Tieren steht und von rot gezeichneten Flammen umgeben ist (vgl. S. 111–114). Einige der hier vereinten Bildmotive entsprechen denen, die in dem Münchener Ensemble auf einzelnen Papyri dargestellt sind. Die Interpretation fällt vielfach schwer. Nach einer alten Zeichnung soll der Papyrus in einem Zylinder aus Eisen gesteckt haben. Noch unpubliziert ist der pBM 10563, der möglicherweise in die Ptolemäerzeit datiert.167 Er richtet sich gegen Entitäten, die potentiell Schaden anrichten und droht sowohl mit einer kosmischen Katastrophe (Ausbleiben des Sonnenaufgangs) als auch mit strafenden und vernichtenden Aktionen von Gottheiten, die motivische Verbindungen zur Vernichtung des Apopis aufweisen; letzterer Teil stellt eine enge Parallele zur Holztafel Berlin ÄM 23308 dar (s. S. 149). Neben dem Text gibt es noch einen Bildteil. Dort ist zunächst ein Krokodil mit Hörnern dargestellt, das auf einem Schrein liegt, in dem sich ein Kopf befindet (vgl. S. 323). Es folgt eine ithyphallische Gottheit mit AtefKrone, ein Skarabäus und eine aufgebäumte Uräusschlange. Zum Abschluß ist ein Krokodil mit Doppelkrone dargestellt, das sich auf einem Schrein befindet, in dem ein Herz abgebildet ist. Bezüge zwischen Bild und Rezitation sind wenig ausgeprägt, am ehesten ist dies noch für das Krokodil zu erkennen, da im Beschwörungstext auch Horus ImiSchenut genannt wird, der als (falkenköpfiges) Krokodil erscheinen kann (s. S. 241). Sozusagen als Kuriosität sei der nächste Fall gebracht, nämlich eine Zeichnung ägyptischen Typs auf einem Papyrusamulett, welche die Göttin Isis stehend darstellt.168 Dazu findet sich ein Spruch in phönizischer Sprache und Schrift.169 Der Papyrus wurde in einem metallenen Amulettbehälter in einem Grab auf der Insel Malta gefunden. Insgesamt kann man zum einen sehen, daß tatsächlich in der Spätzeit im Unterschied zum Neuen Reich die dargestellten Gottheiten üblicherweise stehen und nicht hocken.

166 Vgl. für diese Gruppe eventuell oDeM 1730 vs., wo ich das von GASSE, Ostraca IV als Mischung von Pavian und Geier wahrgenommene Tier vielmehr als Nilpferdgöttin verstehen würde, anschließend folgen wenigstens fünf Uräusschlangen. 167 Für Informationen danke ich François-René Herbin. Die Handschrift ist bei QUIRKE, Owners, 39 Nr. 73 kurz erwähnt (auch wenn mir die Einstufung als Funerärpapyrus nicht zutreffend erscheint). S. jetzt BECK, Spell aganst the evil eye. 168 HÖLBL, Malta, 116–123. 169 Zuletzt bearbeitet von MÜLLER, Phönizischer Totenpapyrus; vgl. DERS., in FREDE, Sarkophage II, 187 f., wo der Text m.E. unzutreffend in Zusammenhang mit funerären Vorstellungen gebracht wird; s. jetzt SCHMITZ, Phoenician Papyrus from Tal-Virtù (Hinweis Angelika Berlejung).

6.3 Textträger Papyrus

133

Andererseits gibt es zumindest eine Reihe von Darstellungen, die komplexere Ikonographie aufweisen, wobei verschiedene Figuren in klarer Sequenz oder Interaktion auf ein gemeinsam durchgeführtes Ritual bezogen scheinen. Eben die größere Präsenz von Aktion und Ritual, insbesondere wohl Sorge um Osiris sowie Einsetzung des Horus, fällt generell auf.170 Neben magischen Texten dieser Art gibt es gerade aus der 3. Zwischenzeit eine sehr spezielle Gruppe, die den Funden nach auf die 21. und 22. Dynastie beschränkt bleibt, dann aber sehr häufig ist. Alle datierbaren Exemplare stammen aus dem 10. Jhd. v. Chr.171 Zumindest in den erhaltenen Bezeugungen liegt also eine ausgesprochene Modeerscheinung vor. Es handelt sich um die sogenannten Orakeldekrete bzw. oracular amuletic decrees.172 Sie gehen alle nach prinzipiell demselben Schema vor, d.h. ein oder mehrere Gottheiten treten als Orakelgeber auf und erklären mit großer Ausführlichkeit und Rechtsverbindlichkeit, sie würden die angegebene Person vor allen möglichen Gefahren, Krankheiten, Verhexung, Sorgen und sonstigen Schicksalsschlägen retten.173 Die Formulierung ist im Grunde eine juristische. Die Gottheit bzw. eine Gruppe von Göttern tritt als Sprecher auf und verpflichtet sich zu bestimmten Schutzhandlungen. In den meisten Fällen gibt es sogar noch eine Absicherung gegen schlampige Ausführung, d.h. die Götter verpflichten sich, auch die Schutzhandlungen durchzuführen, deren Erwähnung in der Ausfertigung vergessen wurde. In der Praxis sind die Texte eine Fundgrube für Alltagsängste und Sorgen.174 Man erfährt aus ihnen etwa, wie sich die Menschen vor einem herabfallenden Stern oder den sieben Sternen des Großen Wagens fürchten. Besonders reizvoll ist das Konzept des Opferersatzes. Es gibt in dieser Zeit die Konzeption, daß statt seiner selbst auch eine Ersatzperson zum Austausch an die Dämonen gegeben werden kann; und sogar die Idee, die bösen Geister könnten versehentlich jemanden an der Stelle eines anderen mit sich nehmen, obgleich dessen Tod nicht bestimmt gewesen sei. In den Orakelamuletten versprechen dann jeweils die ausstellenden Götter, sie würden den Träger oder die Trägerin davor schützen und stets an ihrer Statt jemand anderes sterben lassen, jedoch niemals

170 Die Position von KOENIG, Histoires sans paroles, 255, im Neuen Reich stünden die Kulte des Osiris im Zentrum, in der Äthiopenzeit der Sonnengott, scheint mir zu pauschal und so nicht zutreffend. 171 ASTON, Burial Assemblages, 316 f. 172 EDWARDS, Hieratic Papyri British Museum IV; BOHLEKE, Amuletic Decree; zu einem dort übersehenen Text s. POSENER, Philologie, 405; QUACK, Ani, 8. Vgl. FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 82–95.203–219.250–252 für weitere Exemplare (zusätzlich noch pIFAO H 40 und H 223, s. die kurze Erwähnung bei ARNETTE, Gémellité, 48 f. und jetzt KOENIG, Nouveau décret) sowie RILLY, Deux ostraca; DERS., Langue, 216–226 für die Möglichkeit, daß es gleichartige Texte auch in meroitischer Sprache und Schrift gibt. Übergreifende Bemerkungen in QUIRKE, Exploring Religion, 196–198. Gesamtstudie jetzt ROSS, Schutz von Kindern. 173 ADDERLEY, Personal Religion, 191–218. 174 Zusammenstellung in GRAMS, Gefahrenkatalog.

134

6 Textamulette und Zeichnungen

die Amulettträger selbst als Ersatz statt einer anderen Personen nehmen.175 Die ausstellenden Gottheiten tragen typischerweise den Titel „dieser große und alte Gott am Uranfang“, der für Orakelgottheiten in dieser Zeit generell typisch ist.176 Ungeachtet der Alltagssorgen, die in dieser Textgruppe zur Sprache kommen, sollte man sie keineswegs pauschal als Produkt einer einfachen Bevölkerungsgruppe betrachten. Vielmehr kann man in zumindest einem Falle (pBM EA 10730) positiv nachweisen, daß der Nutznießer auf eine Karriere als General in der Gunst des Königs Osorkon hoffen konnte,177 also zur engeren Hofgesellschaft gehörte. Die Textmenge, die auf diese Weise untergebracht werden mußte, war recht erheblich, was zu einem gegenüber sonstigen Amulettpapyri ungewöhnlichen Layout geführt hat. Es handelt sich typischerweise um sehr schmale, lange Streifen, die in vielen kurzen Zeilen beschriftet wurden. Die Breite beträgt normalerweise nur etwa 5 bis 6 cm, die Länge kann über einen Meter betragen.178 Nach der Ausstellung und Beglaubigung durch die Gottheiten wurden diese Streifen dann zusammengerollt und in einen Behälter gesteckt. Leider sind Originalbehälter für diese Objekte nur in wenigen Fällen erhalten. Zwei besonders lange solche Amulettdekrete, heute im Museum Turin, wurden in Lederbehältern aufbewahrt. Für ein anderes Objekt in der Bibliothèque Nationale ist ein Holzbehälter wenigstens in Zeichnung überliefert. Er trägt als Schmuck am Kopf die Darstellung eines Kopfes der Mut und eines des Chons. Dieses Objekt scheint spezifisch für den Papyrus gemacht zu sein, den es enthielt, denn in diesem sind eben Mut vom Ischerusee und Chons in Theben Neferhotep die ausstellenden Orakelgottheiten. Dies mag der richtige Anlaß sein, auch Behälter für Amulette etwas eingehender zu diskutieren.179 Ein hölzerner Behälter im Museum Leiden (F 1962/2.3.) ist mit fünf kleinen Goldnägeln dekoriert.180 Um den Rand läuft ein Goldband, auf dem viermal in Hochrelief das Zeichen onX „Leben“ angebracht ist. Im Innenraum hätte ein Papyrus bis zu einer Breite von etwa 7,5 cm Platz finden können – aber natürlich auch andere Objekte. Zwei Amulettbehälter im Louvre (E 3316 und 3317) und ein weiterer in Cambridge (E. 12.1940) bestehen aus Gold und sind mit Schutzformeln zugunsten eines gewissen

175

QUACK, Gedanken, 401 f. QUACK, Dekret des Amun, 231 mit Verweisen. 177 EDWARDS, Hieratic Papyri British Museum IV, 47–51. Die Annahme von EDWARDS, Hieratic Papyri British Museum IV, xv f., die Abwesenheit von Titeln der Besitzer spräche für Zugehörigkeit zu den einfachen Leuten, scheint mir gerade angesichts der von ihm selbst herausgearbeiteten Tatsache, daß es sich um Kinder handelt (bei denen man a priori noch keine Titel erwarten kann), alles andere als zwingend, s. in diesem Sinne VON LIEVEN, Tagewählerei, 38. Abhängig von Edwards’ Einstufung ist KOPP, Protection of the body, 45. 178 Vgl. WILFONG, Oracular Amulettic Decrees mit dem Vorschlag, die Länge des Papyrus entspräche der Größe des (kindlichen) Nutznießers. 179 S. auch MAYER-OPIFICIUS, Schmuck, 29, der die ägyptischen Amulettbehälter von vorderasiatischen Rollsiegeln ableiten will, und dagegen SCHIENERL, Schmuck, 34–42 (dort 9–33 auch ein genereller Überblick über Amulettbehältnisse in verschiedenen Zeiten und Kulturen). Vgl. FARAONE, Transformation, 82–84 für solche Metallbehälter in der griechisch-römischen Kultur. 180 KLASENS, Amuletic Papyrus, 23 f. Taf. VII/2. 176

6.3 Textträger Papyrus

135

Schaq beschriftet.181 Sie werden von den Gottheiten Chons in Theben Neferhotep, Amun-Re König der Götter und Isis, der Großen, der Gottesmutter, die in Koptos zu Gast ist gesprochen und enthalten jeweils nur kurze und generelle Schutzversprechen. Der Name des Nutznießers klingt nicht eben ägyptisch, so daß man versucht ist, ihn als Abkömmling einer der mächtigen libyschen Familien der Dritten Zwischenzeit zu identifizieren. Die Behälter sind heute leer; ob sie tatsächlich zum Aufbewahren von Orakeldekreten und nicht Amulettobjekten anderer Art dienten, wird sich nicht mehr feststellen lassen. Ein leider noch nicht publizierter Bronzezylinder, der sich heute in der Amerikanischen Universität Beirut befindet (Nr. 3450), enthält tatsächlich einen Spruch auf Papyrus,182 allerdings ist der im Behälter befindliche Papyrus so fest korrodiert, daß eine Öffnung und Entzifferung derzeit nicht möglich scheint. Definitiv kein Papyrus befand sich dagegen in anderen Behältern.183 Hier zu nennen sind insbesondere die teilweise hohlen, teilweise auch massiv gearbeiteten zylindrischen Behälter, die archäologisch für das Mittlere Reich typisch sind. Oft tragen sie einen Besatz von Goldgranulation. In zwei Fällen, wo ursprünglich die Anwesenheit eines Papyrus behauptet worden war, fand sich später nur getrockneter Lehm. In anderen Fällen waren Karneolstückchen darin eingeschlossen, eine rezente Untersuchung eines Objektes in Cambridge erbrachte Perlen, die aus dem Draht einer Kupferlegierung hergestellt waren.184 Diese Objekte des Mittleren Reiches scheinen, soweit die nicht immer vorliegenden oder verläßlichen Grabungsberichte gehen, mindestens sehr vorwiegend von Frauen getragen worden zu sein. Neben den eigentlich ägyptischen Stücken muß allerdings ein anderer Fundkomplex unbedingt erwähnt werden, nämlich phönizische Amulettbehälter aus Metall.185 Sie wirken an sich in ihrer Art sehr ägyptisch, mit Köpfen ägyptischer Gottheiten über einem runden oder vieleckigen Zylinder. In einem davon wurde der oben schon gezeigte Papyrus aus Malta gefunden (s. S. 132). Andere enthielten Metallbänder, die ich in einem späteren Kapitel noch besprechen werde, deren Motivik ebenfalls gut ägyptisch ist. Ägyptische Parallelen sind bislang am ehesten im meroitischen Bereich, etwa im Friedhof von El-Kurru, gefunden worden. Ein Ostrakon als Ersatz für einen Papyrus findet sich nur ganz selten als Amulett gebraucht. Bemerkenswert ist ein Stück der Ramessidenzeit in Leipzig (Inv. 5251). Es trägt eine Beschwörung gegen den Dämon Sehaqeq und dazu auch eine bildliche Darstellung eben dieser Gestalt.186 Ein antik durchgebohrtes Loch deutet darauf hin, daß es tatsächlich aufgehängt wurde; angesichts des Gewichts aber wohl eher stationär an der Wand, nicht um den Hals getragen wurde. Im Beschwörungstext wird der Dämon in seinem etwas absonderlichen Aussehen geschildert, so soll er seine Zunge an seinem

181

RAY, Two Inscribed Objects, 251–253 Taf. XLIII; BOURRIAU, RAY, Two Further Decree-Cases. Erwähnt von OGDEN, Cylindrical Amulet Cases, 231 Anm. 2. 183 OGDEN, Cylindrical Amulet Cases; DERS., Additional Note. 184 JANSSEN, JANSSEN, Cylindrical Amulet Case. 185 Zum Vergleich mit den ägyptischen Stücken s. LECLANT, Etuis porte-amulettes. 186 HO III, 1; BRUNNER-TRAUT, Scherbenbilder, 57 Nr. 48, Taf. 19. 182

136

6 Textamulette und Zeichnungen

Hinterteil haben und entsprechend auch Exkremente essen; sein rechter Arm sei um gewendet, sein linker über seinem Scheitel. Die Darstellung zeigt auch die Arme in spezifischer Haltung; zudem am Hintern ein Objekt, das wohl tatsächlich die Zunge sein soll. Neben diesem Ostrakon mit Bildfassung gibt es noch weitere Textzeugen der Beschwörung auf einem Ostrakon und in zwei Papyri (s. S. 120 u. 139).

6.4

Unsicher verortete Belege

6.4 Unsicher verortete Belege

Während in vielen Fällen die Nachschrift eines Papyrus die Art des Trägers der magischen Zeichnung eindeutig angibt, ist sie in manchen Fällen so schlecht erhalten, daß eine gesicherte Zuordnung nicht mehr möglich ist, oder der Text verzichtet auf eine eindeutige Angabe. Unter ikonographischem Gesichtspunkt sind die betreffenden Stücke aber dennoch so interessant, daß ich sie nicht unerwähnt lassen möchte.187 Eine leider schlecht erhaltene Anweisung findet sich im pLeiden I 343+345 im Rahmen einer Beschwörung gegen die Achu-Krankheit. Der Spruch soll über dem Bild des Osiris, eventuell noch einer Gestalt188 sowie der Nephthys rezitiert werden (vs. 22,2– 3).189 Möglicherweise wird eine betreffende Zeichnung dann auf alle schmerzenden Köperstellen gelegt. Es ist allerdings nicht absolut sicher, daß es um Zeichnungen, nicht um dreidimensionale Objekte geht. Im Rezitationstext wird gesagt, der Magier habe die Krankheit mit dem Horn eines weißen Stieres und der Feder eines Schwarzmilans der Nephthys beschworen. Für Nephthys macht der Text selbst also den Bezug bereits explizit, im Falle des weißen Stiers darf man dann plausibel annehmen, daß damit Osiris gemeint ist, der öfters als Stier bezeichnet werden kann. Somit gibt die Zeichnung unzweideutige Formen derjenigen Gottheiten, die in der Rezitation eher umwegig durch Teile von Tieren ins Spiel gebracht werden, die mit ihnen verbunden sind. Noch schlechter erhalten ist eine Praktik im ramessidischen magischen Papyrus BM 9997+10309 (1,8–10).190 Dort soll der Text über einem Abbild des Ptah, der Isis, des Horus, des Thot, der Ma’at, des Hu und des Sia, mutmaßlich auch noch weiterer Gottheiten, rezitiert werden. Dann soll damit irgendetwas durch den Patienten getan werden. Am ehesten vermute ich, daß die Zeichnung (von einer Tonschale?) abgewaschen und die Flüssigkeit getrunken wird. Der vorangehende Rezitationstext (1,1–7) zeigt im erhaltenen Bereich keine der in der Nachschrift genannten Gottheiten, ist aber so schlecht erhalten, daß ihre Abwesenheit nicht zu verwundern vermag.

187 Zu spät für eine volle Auswertung erschienen ist pCarlsberg 906 Fr. B, s. TÖPFER, Magika Hieratika, wo Schutzsprücher unter Nennung des Pharao von Zeichnungen begleitet werden sollen. 188 Eventuell der Isis, sofern die in der Edition von Massart gegebene Lesung Ws|r, die kaum auf etwas anderes als eine Dittographie führen würde, leicht zu korrigieren ist. Beck liest Isis, was nach dem Farbphoto der neuen Edition plausibel ist. 189 MASSART, Leiden 343+345, 44.112 f.; BECK, Sāmānu, 161; DIES., Exorcism, 99, Taf. 65 f. 190 LEITZ, Magical and Medical Papyri, 3 f., Taf. 1. Auch in der ganz schlecht erhaltene Praktik des oTurin CGT 57439 wird von einer Rezitation über Göttern gesprochen, s. LOPEZ, Ostraca 3, Taf. 145.

6.4 Unsicher verortete Belege

137

Ebenfalls in diese Richtung gehen zwei sehr schlecht erhaltene Praktiken im pBrooklyn 47.218.138, x+1,11 u. 14.191 Im ersten Fall sind Bilder des Thot und des Seth, im zweiten der Selket, der Isis und der Uräusgöttin angegeben; in beiden Fällen ist von süßem Bier sowie dem Trinken durch den Patienten die Rede. Am ehesten wird man nach Maßgabe sonstiger Handlungsanweisungen Tonschalen als Bildträger vermuten. Zur magischen Praktik pDeir el-Medineh I vs. 5,7–6,6 gehört ein darunter gesetztes Bildelement. Es zeigt ein Udjatauge, eine mit Messern gespickte Schlange sowie ein schlecht erhaltenes Objekt, vielleicht noch ein Auge.192 Im schlecht erhaltenen Rezitationstext ist mindestens klar erkennbar, daß Apopis genannt wird, wodurch sich die bildliche Präsenz der Schlange gut erklären läßt. Das Bild soll anscheinend mit Wein abgewaschen und getrunken werden. Die Angabe, worauf es angebracht werden sollte, ist verloren; in Frage kommt insbesondere eine Tonschale oder ein Körperteil. Rätselhaft ist eine Beschwörung im pBM 10059, die sich an acht Götter ohne Kleider und ohne Haare richtet, die aus dem Nun gekommen sind (14,13–15,4).193 Ihr Name wird in einer bizarren Weise angegeben, die nur unter größten Schwierigkeiten als hieroglyphischer Text deutbar ist und vielleicht eher als Bild intendiert war. Der Spruch als solcher soll offenbar niedergeschrieben werden, mutmaßlich auf einem Papyrus – und hier hat der Schreiber seine Arbeit beendet, so daß uns die Details fehlen. Außerordentlich schlecht erhalten ist ein Spruch, von dem im pDeir el-Medineh I vs. (1,1–2) nur noch das letzte Ende erhalten ist.194 Das Wort „abwaschen“ deutet auf die vergängliche Zeichnung eines magischen Bildes hin. Die Zeichnung selbst zeigt einen Skarabäus zwischen zwei Pavianen mit aufgerichtetem Schwanz. Ebenfalls sehr schlecht erhalten ist eine Angabe im pTurin CGT 54068 (vs. zu rt. 6, 2–3), wo von einer Rezitation über zwei Udjat-Augen sowie Uräen gesprochen wird.195 Das sind immerhin Bildelemente, die gerade in Amulettpapyri des Neuen Reiches auch sonst häufig sind. Eine andere Anweisung desselben Papyrus (vs. zu rt. 6, x+4) spricht vom Zeichnen auf einer Leinenbinde, wobei die konkret zu zeichnenden Elemente textlich nicht erhalten sind, Reste der Vignette aber zwei hockende Götter zeigen, den ersten mit Sonnenscheibe und Uräus auf dem Falkenkopf sowie Lebenszeichen auf dem Knie, den zweiten, nur teilweise erhaltenen mit unklarem Kopf sowie Lebenszeichen auf dem Knie.196 Weitere Reste einer Vignette in diesem Bereich zeigen Isis und Nephthys sowie eine stark beschädigte Gottheit. Noch eine Handlungsanweisung derselben Handschrift (vs. zu rt. 5) spricht von einer Rezitation über Gottheiten sowie einer

191 GOYON, Recueil de prophylaxie, 11–14, Taf. 1; MEYRAT, JEA 99, 320. Für das Problem der Anordnung der Fragmente vgl. QUACK, WdO 43, 259. 192 ČERNÝ, Papyrus Deir el-Médineh I, 10, Taf. 14. 193 LEITZ, Magical and Medical Texts, 80 f., Taf. 39 f. 194 ČERNÝ, Papyrus Deir el-Médineh I, 4 f., Taf. 9. 195 ROCCATI, Magica Taurinensia, 52; vermutlich ist in der Umschrift in zu korrigieren. Für diese und die folgende Anmerkung basieren meine Lesevorschläge auf einem Digitalbild des Papyrus, das ich Alessandro Roccati verdanke. 196 ROCCATI, Magica Taurinensia, 52; vermutlich ist in der Umschrift in zu korrigieren.

138

6 Textamulette und Zeichnungen

Beopferung mit Brot, Bier und Weihrauch.197 In den erhaltenen Bereichen des Textes genannt sind Ptah, Nut, Upuaut, Chnum, Neith und Sachmet. Von den Figuren der Vignette sind noch eine Gestalt eventuell mit Löwenkopf, Osiris mit Atef-Krone, vier hokkende Götter mit Bart ohne weitere Attribute, eine stärker beschädigte Gestalt sowie eine Gestalt eventuell mit Katzenkopf sowie Sonnenscheibe (Sonnengott als großer Kater?) und Uräus erkennbar. Die Zeichnung (wahrscheinlich auf Leinen) soll dem Patienten an den Hals gegeben werden, der unter Totengeistern leidet. In der Anwendung der Zeichnung nicht klar spezifiziert ist ein Spruch gegen Totengeister im pDeir el Medineh I vs. (6,7–7,4).198 Er zeigt ein relativ komplexes Bildensemble, nämlich zuerst eine Gruppe hockender Götter: Re-Harachte, Atum, Chepri, Schu, Tefnut, Horus, Seth, Isis, Nephthys, Upuaut, vier Götter mit langen Schnauzen, zwei Udjat-Augen, vier Göttinnen mit Uräus auf dem Kopf, ein unklares Objekt, darüber eine Lotusknospe sowie Re-Harachte jeweils in der Barke, schließlich noch ein UdjatAuge und noch eine hockende Gottheit mit Sonnenscheibe und Umringlerschlange. Die Bildbeschreibung der Nachschrift korreliert damit nur teilweise, nämlich eindeutig nur bis zu Upuaut. Anschließend folgt eine unklare Gruppe, zwei Augenbrauen, dann nach einer Lücke noch die Metzeldämonen, Sachmet und die Mesektet-Barke, und noch ein mit Sachmet verbundenes Element, in dem sich die ganze Neunheit befinden soll. Man kann also mindestens die Ersetzung der Schminkstriche durch vollständige Udjat-Augen in der Zeichnung konstatieren, unabhängig von den sonstigen Problemen der Korrelierung. Es wäre übrigens nach den letzten Worten der Nachschrift als Interpretation denkbar, daß die Zeichnung in eine hohle Holzstatue gesteckt werden soll. Auffällig am gesamten magischen Ensemble ist das Überwiegen der Bildelemente gegenüber dem Text, der eigentlich ganz knapp lautet: „Zurück, Toter, Tote, Widersacher, Widersacherin, [u.s.w., die über] NN, Sohn der NN [herf]allen wollen. Ich werde für sie sieben Portionen mit allen Göttern machen.“ Die Zeichnung kann also eigentlich nur eine spezifische Auslegung des Elements „alle Götter“ sein. Sachlich ähnlich ist eine fragmentarisch erhaltene Praktik des Ostrakons Cambridge E.GA.6142.1943.199 Oben sind Reste von 13 hockenden Gottheiten erhalten, deren Attribute weitgehend weggebrochen sind. Im Text wird zunächst angegeben, daß es sich um ein Amulett (w@#) handelt, das gegen die Einwirkung eines Totengeistes helfen soll. Anschließend ist angegeben, wer dargestellt sein soll; erhalten sind noch Osiris, Horus, Seth, Isis, [Nephthys], Thot, Anubis, Upuaut und Hu, hinter dem mutmaßlich Sia zu ergänzen ist. Sofern man annehmen kann, daß am Anfang der Zeilen Text verloren ist, dürfte es sich um die heliopolitanische Neunheit sowie einige zusätzliche Götter handeln.

197

ROCCATI, Magica Taurinensia, 53. ČERNÝ, Papyrus Deir el-Médineh I, 10 f., Taf. 15. Černý hat nicht gesehen, daß mitten in Z. 6,7 mit H#y=k der Rezitationstext beginnt. 199 HAGEN, Ostraka Fitzwilliam Museum, 41 f., Taf. 63. Vgl. FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 330 f. 198

6.4 Unsicher verortete Belege

139

Im pChester Beatty VI vs. 1 ist eine bemerkenswerte Vignette leider nur teilweise erhalten.200 Sie zeigt eine liegende Gestalt, die von verschiedenen Krokodilen attackiert wird. Zusätzlich sticht ein auf dem Rücken der Feindfigur stehender Mann bzw. Gott wohl auf sie ein. Oberhalb hockt der Sonnengott, unten sieht man eine Gestalt mit oberägyptischer Krone in einem Boot stehen, deren Stab bis zu einem Krokodil im Wasser reicht. Der Bildaufbau erinnert in vielen Punkten an das Amulett Louvre E 32308 (s. S. 119). Der Text der Beschwörung dagegen weist eher Parallelen zum pDeir el-Medineh 36 (s. S. 117) auf, da er anscheinend als Dekret des Königs Osiris an einen Wesir stilisiert ist. Der Spruch ist gegen Feinddämonen sowie die nsy.t-Krankheit201 gerichtet. Von der konkreten Ausführung ist nur noch erhalten, daß etwas mit der linken Hand ergriffen werden soll. In jedem Fall sind die spannungsvollen, weil in Details divergenten Berührungspunkte zu aktuellen Amulettfunden hervorzuheben. Ein weiterer Spruch gegen die nsy.t-Krankheit fordert die vier Achu-Geister auf, über den Nutznießer des Amuletts wie über Osiris zu wachen.202 Dazu sind dann noch ohne Verweis im Text am Ende der Zeile vier hockende Götter ohne weitere Attribute gezeichnet (vs. 2,8), die man aber zuversichtlich mit den angeredeten vier Achu identifizieren kann. Angaben über eine spezifischere Verwendung dieser Zeichnung fehlen. Die Erwähnung der vier Achu bringt diesen Text in engere Beziehung zu einigen konkreten Amuletten auf Papyrus (s. S. 121). Auch im pAthen 1826, Kolumne x+6 unten rechts findet sich eine Zeichnung, auf die im Text nicht explizit Bezug genommnen wird.203 Dargestellt ist Seth anthropomorph und mit Seth-Tierkopf, wie er eine Mumie mit Götterbart, vermutlich die des Osiris, trägt. Das Bild dürfte immerhin zur Rezitation der magischen Praktik (x+5,12–x+6,7)204 passen, da dort sowohl Seth als auch Osiris auftreten und offenbar sogar imstande sind, sich kollegial gegenseitig anzuerkennen. Zudem gibt es auf den magischen Gemmen der Römerzeit ein ähnliches Motiv (s. S. 347). Ohne Angabe des konkreten Bildträgers bleibt auch der Spruch gegen den SehaqeqDämon im selben Papyrus (x+7,11–x+8,4).205 Er soll über einem Bild des Sehaqeq rezitiert werden, dessen Aussehen genauer beschrieben wird. Die Beschreibung paßt gut zu dem, was auf einem Ostrakon als reale Zeichnung erhalten ist (s. S. 135). Gerade die Angabe des Textträgers selbst ist im pChester Beatty XV rt. 4 f. verloren.206 Dort soll eine Sonnenscheibe des Tages sowie ein Falke des Horus gezeichnet

200

GARDINER, Chester Beatty Gift, 53 f., Taf. 32A. Vgl. GASSE, Crocodiles, 202. Vgl. zu ihr LEITZ, Epilepsie, der darlegt, daß es sich entgegen früheren Ansichten wohl nicht um Epilepsie handelt, sondern um eine Hautkrankheit. Mit demselben Ergebnis auch FISCHER-ELFERT, Abseits von Ma’at, 147.158 f. FISCHER-ELFERT, HOFFMANN, Papyrus Nr. 1826, 121–124 denken dagegen an Tuberkulose oder Karzinome. 202 GARDINER, Chester Beatty Gift, 54, Taf. 32A. 203 FISCHER-ELFERT, HOFFMANN, Papyrus Nr. 1826, 58–59, Taf. 13. 204 FISCHER-ELFERT, Zaubersprüche, 45 f. Nr. 15; FISCHER-ELFERT, HOFFMANN, Papyrus Nr. 1826, 125–131, Taf. 10–13. 205 FISCHER-ELFERT, Zaubersprüche, 42 f. Nr. 10; FISCHER-ELFERT, HOFFMANN, Papyrus Nr. 1826, 150–155, Taf. 14–17. 206 GARDINER, Chester Beatty Gift, 125, Taf. 70. 201

140

6 Textamulette und Zeichnungen

und einem Mann an die Kehle gegeben werden. Der Spruch soll siebenmal vor dem Sonnengott beim [Aufgang] rezitiert werden. Im Spruch an sich geht es darum, daß kein Totengeist gegen einen Mann kommen soll. Im Bild eingesetzt werden offenbar die traditionell als Triumph der Wahrheit verstandenen Kräfte des morgendlichen Sonnenaufgangs, die das Böse besiegen, und dies paßt mit der Rezitation zusammen. Nur sehr fragmentarisch erhalten ist eine Anweisung auf dem Ostrakon Berlin P 11276, vs. 2.207 Das mit roter Tinte zu zeichnende Bildmotiv ist ganz verloren, vom Träger nur geringe Reste erhalten. Die Reste würden zu ô&Hr\ „Leder“ passen, das als Text- bzw. Bildträger für Amulette in Ägypten jedoch sonst nicht bekannt ist. Alternativ wäre vielleicht ô&m.t\ „Wunde“ denkbar, somit ein Körperteil intendiert. Reste einer Zeichnung, konkret eines Vogels sowie einer Oryx-Antilope mit einem Falken auf dem Rücken finden sich auch auf einem schlecht erhaltenen Fragment einer wohl spätzeitlichen Handschrift (pBerlin P 14393a).208 Diese Motive entsprechen Mustern, die insbesondere auf Horusstelen und Heilstatuen gut belegt sind. Sofern ein Titel und Namen als Angabe des Besitzers zu bewerten ist, handelt es sich um ein konkretes Amulett. Allerdings sind Reste von Handlungsanweisungen erhalten, die eher für ein Handbuch sprechen.

6.5

Textträger Tonschalen, Stein- und Metallgefäße

6.5 Textträger Tonschalen, Stein- und Metallgefäße

Besondere klassifikatorische Probleme sind mit Texten und Bildern verbunden, die auf Tonschalen geschrieben oder gezeichnet werden sollen. Konkret stellt sich hier besonders die Frage, ob die betreffenden Gefäße als Amulette gebraucht werden sollten; d.h. unter Erhaltung ihrer Dekoration getragen oder als Schutz neben den Patienten gestellt werden sollten, oder ob sofort die Beschriftung oder Abbildung wieder abgewaschen wurde, um als Flüssigkeit äußerlich oder innerlich zur Behandlung verwendet zu werden.209 Ein gutes Beispiel für letzteres ist ein Spruch gegen Bauchschmerzen im pLeiden I 348, rt. 12,11–13,3210 mit Parallele im pAthen 1826, x+7,7–11.211 Er soll mit gelbem Ocker auf eine neue Schale gezeichnet werden, dann mit Honig eingerieben und abgewaschen werden, eventuell ist der überlieferte Wortlaut dahingehend zu korrigieren, der Patient solle das abgewaschene Produkt trinken.212 Wohl das darzustellende Bild ist im

207

FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 323–328. FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 119–121.124 (und 112 zur Datierung). 209 In solchen Fällen ist hinsichtlich möglicher Wirkung zu beachten, daß für die Zeichnung verwendete Substanzen wie Metallsalze oder Aromata reale therapeutische Wirksamkeit besitzen können. 210 BORGHOUTS, Leiden 348, 26.130–133, Taf. 12–13.29–30. 211 FISCHER-ELFERT, Zaubersprüche, 42 (Nr. 9); FISCHER-ELFERT, HOFFMANN, Papyrus Nr. 1826, 145–148, Taf. 14–15. 212 BORGHOUTS, Leiden 348, 26 versteht, dem überlieferten Wortlaut der Handschrift folgend, der Patient selbst solle gewaschen werden. Nach Maßgabe aller (inzwischen erheblich umfangreicher verfügbaren) sonstigen Handlungsanweisungen für Tonschalen, die mit Text oder Zeichnungen versehen werden, ist dagegen anzunehmen, daß er den abgewaschenen Inhalt der Schale trinken soll. 208

6.5 Textträger Tonschalen, Stein- und Metallgefäße

141

Leidener Papyrus dann statt verbaler Beschreibung als Skizze beigefügt, nämlich linear hintereinander zwei sich gegenüberliegende Schakale sowie etliche Gottheiten, mutmaßlich Re, Horus, Thot, Atum, Isis und Nephthys, anschließend noch drei Udjat-Augen und drei Uräen. Der Bezug zu den mythologischen Verweisen des Rezitationstextes ist vorhanden, aber nur schwach ausgeprägt. Dort werden die Bauchschmerzen thematisiert, an denen Horus leidet, weil er den heiligen Abdju-Fisch des Re gegessen hat, und Isis interveniert zu seinen Gunsten. Die kleine Neunheit wird erwähnt. Eher kann man vermuten, daß sich das Bild vorrangig auf einen Standardbestand von Heilsgestalten im Neuen Reich bezieht. Gerade Udjat-Augen und Uräen sind in dieser Funktion normal, und die Gottheiten bewegen sich auch weitgehend im Rahmen vertrauter Bahnen. Im Athener Papyrus wird für die Ausführung der Zeichnung mit der globalen Angabe „diese Götter“ auf eine unten in der Kolumne befindliche Zeichnung verwiesen, die allerdings von der im Leidener Papyrus erheblich abweicht. Rechts hocken Re mit Falkenkopf und Sonnenscheibe sowie Chepri mit Käfer auf dem Kopf, dahinter folgt eine Barke, an deren Bug Seth mit der Lanze steht, der gegen eine Schlange kämpft; in der Barke hockt vermutlich Osiris (mit Atefkrone) und Horus mit Falkenkopf und Doppelkrone; unter der Barke befindet sich ein großer Ichneumon. Hinter ihr ist Horus als Kind mit Doppelfeder und Uräus dargestellt. Gerade letzterer paßt gut zum Hauptthema des Rezitationstextes. Die starke Thematisierung des Sonnenlaufes könnte damit zusammenhängen, daß zwar nicht in diesem Rezitationstext, wohl aber in anderen, in denen Isis zugunsten von Horus interveniert, der Appell explizit an den Sonnengott geht und auch angedroht wird, die Fahrt würde ins Stocken kommen, wenn Horus (d.h. der Patient) nicht geheilt werde (z.B. Metternichstele 236 f.); auch das Faktum, daß Horus den Abdju-Fisch gegessen hat, der für die Sicherung der Fahrt der Sonnenbarke wichtig ist, ist relevant. Ohne einen derart expliziten Verweis auf die Verwendung in Flüssigkeit bleibt dagegen im Papyrus Leiden I 348 ein Zauberspruch zum Vertreiben aller möglicher schlechter Einflüsse, der bereits im Titel als „Spruch für die Schale“ bezeichnet wird (vs. 11, 8–11). Anscheinend wird der Spruch als solcher idealiter auf dem Tongefäß niedergeschrieben, sofern nicht nur Platzmangel auf dem Papyrus dazu geführt hat, daß eine eigentlich intendierte Zeichnung nicht ausgeführt wurde. Über eine weitere Verwendung der Schale wird nichts gesagt. Zu einem langen Zauberspruch gegen Schlangengift im pBM 9997 soll, wie ungeachtet stärkerer Zerstörungen noch erkennbar ist, eine Darstellung mit Ocker auf ein neues Tongefäß gezeichnet werden. Dabei heißt es auch, sie solle mit der Flüssigkeit bestimmter Krokodile eingeschrieben (môn) werden (3,10–12).213 Dies soll dann mit sü-

213 LEITZ, Magical and Medical Papyri, 8, Taf. 3; vgl. auch STADLER, Verbesserungsvorschläge, 101–103. Der in den Details durchaus etwas problematische Spruch hat eine Parallele auf zwei Horusstelen, eine davon veröffentlicht bei BERLANDINI, Monument magique, 97–104.140–142, eine weitere nur in vorläufiger Übersetzung greifbar bei RITNER, Horus on the Crocodiles, 112 f. Neubearbeitung in STEGBAUER, Magie als Waffe, 226–237.

142

6 Textamulette und Zeichnungen

ßem Bier abgewaschen und getrunken werden. Der Rezitationstext selbst (1,11–3,9) beschäftigt sich vor allem damit, wie das personifizierte Gift beim Bad im Nun von Krokodilen und Schlangen attackiert wird und, nachdem Nun es aus Mitleid errettet, verspricht, selbst nicht mehr in den Tieren schadbringend wirksam zu sein. Dabei werden auch vier Krokodile erwähnt, die Nun gegen das Gift ausschickt, eben diejenigen, die auch in der Nachschrift erscheinen. Ein Spruch zum Öffnen eines verschlossenen Mundes im pAthen 1826, x+1,11– x+2,5 soll über Götterbildern rezitiert werden, die auf eine neue Schale mit Ocker gezeichnet, mit Honig bestrichen und mit süßem Bier abgewaschen wird.214 Anschließend wird die Flüssigkeit mutmaßlich vom Patienten getrunken. Konkret dargestellt werden sollen Hu, Sia, Geb, Nut, Atum und eine Uräusschlange. Man erkennt somit einige Mitglieder der heliopolitanischen Neunheit sowie Gestalten im Umkreis des Sonnengottes. Sichere Bezüge dieser Gottheiten zum schlecht erhaltenen Rezitationstext sind nicht auszumachen, auch wenn dort eventuell der Sonnengott angesprochen wird. Auch der anschließende Rezitationstext dieser Handschrift wird von der Zeichnung auf eine neue Schale begleitet, die gleichartig behandelt wird (pAthen 1826, x+2,5– 10).215 Diesmal sollen Osiris, Chepri, Isis und Nephthys dargestellt werden. Damit ergeben sich, abgesehen von Seth, die in der vorangehenden Handlungsanweisung noch fehlenden Mitglieder der jüngeren Generation der heliopolitanischen Neunheit. Sie werden auch alle im Rezitationstext eindeutig genannt. Ein weiterer Spruch derselben Handschrift operiert ebenfalls mit Zeichnungen auf einer neuen Schale, die anschließend mit drei verschiedenen Flüssigkeiten sowie noch mit süßem Bier abgewaschen werden216 (pAthen 1826, x+2,13–x+3,7).217 Dargestellt sein sollen Re und Thot, welche tatsächlich zwei Hauptgestalten des Rezitationstextes sind. Dieser greift mit erheblichen Variationen sowie einer Formulierung in der 3. statt 1. Person Partien eines Verklärungsspruchs auf, die in einer kurzen Fassung bereits sehr früh belegt sind (PT Spruch 595; CT Spruch 28/29, CT I, 80m–81d),218 aber auch im Täglichen Tempelritual (pBerlin P 3055, 4,8 f.12,2–4 u.P.) sowie im Opferritual des Neuen Reiches (pChester Beatty IX vs. 3,11–4,1 u.P.) erscheinen.219 Der direkt nachfolgende Spruch, für den es eine etwas explizitere Angabe gibt, er diene dazu, einen verschlossenen Mund und eine verdrehte Zunge zu öffnen, basiert auf einem ähnlichen Verfahren (pAthen 1826, x+3,7–x+4,1).220 Dort wird wieder Ocker zum Zeichnen verwendet und die Schale mit Honig bestrichen; zum Abwaschen dient

214

FISCHER-ELFERT, HOFFMANN, Papyrus Nr. 1826, 75–80, Taf. 2–5. FISCHER-ELFERT, HOFFMANN, Papyrus Nr. 1826, 80–86, Taf. 4–5. 216 Die Formulierung mit zweimaligem yo+ weckt Mißtrauen; wurden ursprünglich die ersten drei Flüssigkeiten vielmehr zum Zeichnen verwendet, für das im aktuellen Textzustand eine konkrete Angabe der Substanz fehlt? 217 FISCHER-ELFERT, HOFFMANN, Papyrus Nr. 1826, 88–92, Taf. 4–7. 218 ASSMANN, Totenliturgien 1, 165–168.399–401; DERS., Totenliturgien 2, 101–111. 219 GUGLIELMI, BUROH, Eingangssprüche, 131 f.; TACKE, Opferritual, Band 1, 148–152; Band 2, 137–147; BRAUN, Pharao und Priester, 122–124. 220 FISCHER-ELFERT, Zaubersprüche, 41 f. (Nr. 8); FISCHER-ELFERT, HOFFMANN, Papyrus Nr. 1826, 93–99, Taf. 6–9. 215

6.5 Textträger Tonschalen, Stein- und Metallgefäße

143

süßes Bier. Das Bildmotiv ist weniger eindeutig erhalten bzw. in der eigentlichen Anweisung gar nicht genannt. An einer Stelle, die möglicherweise eine alternative Behandlung nennt, wird eventuell von einem Abbild des Osiris gesprochen, das in einem Räuchermittel gebraucht wird; allerdings sind die Hauptgestalten der Rezitation Horus und Isis. Gleich drei verschiedene Schalen werden im anschließenden Rezept verwendet (pAthen 1826, x+4,1–11).221 Die erste soll offenbar nur mit dem unteren Teil eines Udjat-Auges versehen werden (sofern nicht in der Überlieferung größere Textpartien ausgefallen sind). Auf der zweiten sollen Re, Tefnut, Geb, Nun, Nut, Sia und Thot dargestellt werden. Ein sprachlich ziemlich unklare Angabe könnte intendieren, daß vor diesen Gottheiten ein Udjat-Auge (oder nur dessen oberer Teil?) und eine Barke gezeichnet sein sollen. Auf der dritten sollen Re und Thot in Barken dargestellt sein, von denen die eine stromab, die andere stromauf fährt; im Inneren eines großen Udjat-Auges sollen sich die Götter befinden, auf jeder Seite ein Pavian, zudem vier Uräen und in deren Mitte zwei Fackeln. Bei der Anwendung soll diesmal zwischen den Uräusdarstellungen Weihrauch verbrannt und mit Honig abgelöscht werden, bevor alles mit süßem Bier abgewaschen und getrunken wird. Unterhalb des Textes ist eine Zeichnung eingefügt, die mit der verbalisierten Beschreibung einigermaßen korreliert. Innerhalb einer umgrenzenden Linie sieht man oben Thot und Re in zwei antithetisch angeordneten Barken aufeinander zufahren. Darunter hocken mehrere Gottheiten (teilweise beschädigt oder ganz verloren); sofern man eine retrograde Anordnung annimmt, könnte es sich um diejenigen handeln, die bereits für die zweite Schale genannt waren. Unterhalb davon dürfte ein Udjat von zwei Pavianen flankiert worden sein, von denen einer verloren ist. Links davon befindet sich eine Gruppe, in deren Zentrum zwei Fackeln stehen, während sich links und rechts davon je zwei Uräen befinden. Das Bild entspricht also, abgesehen von der Positionierung der Götter im Udjat-Auge, sehr gut der Verbalisierung der Nachschrift. Der sehr kurze Rezitationstext spricht von Re in der Unterwelt, bietet also zumindest einen gewissen Anknüpfungspunkt für das Bild, auch wenn er hinsichtlich der sonstigen Bestandteile deutlich unterdeterminiert ist. Sehr viel problematischer ist eine rechts davon befindliche andere Zeichnung. Sie bietet ein annäherndes, sehr roh gezeichnetes Oval. Darin befinden sich im obersten Register drei hockende anthropomorphe Gottheiten, eine eventuell mit Eselskopf, eine eventuell mit Meerkatzenkopf, eine mit Menschenkopf und Götterbart. Im zweiten Register sieht man eine laufende Katze vor einem Becken. Das dritte Register zeigt antithetisch zwei Männer mit Schurz, die mittels zweier Tierkopfszepter eine kleine Strichmännchengestalt aufspannen; links davon steht eine kleine Gestalt mit Schakalkopf und langer Perücke. Im untersten Register könnte eventuell ein Mann dargestellt sein, der eine Bettdecke auflegt. Dieses Bild läßt sich mit keiner der umgebenden Praktiken eindeutig verbinden, könnte aber möglicherweise zur ersten Schale der oben genannten Praktik gehören, sofern dort substantielle Teile der Handlungsanweisung im Text ausgefallen sind.

221

FISCHER-ELFERT, HOFFMANN, Papyrus Nr. 1826, 101–107, Taf. 8–9.

144

6 Textamulette und Zeichnungen

Möglicherweise mit einer Zeichnung auf einer Schale verbunden ist auch eine Praktik gegen die rmn.t-Krankheit im pAthen 1826, x+6,7–13.222 Gezeichnet werden sollen Osiris, Neith und Nephthys sowie möglicherweise noch eine in einer Lücke verlorene Gestalt. Der Text ist als Königsdekret des Osiris stilisiert, was zur ersten Darstellung passen würde; daneben spricht er von vier Männern und vier Frauen unter dem IschedBaum in Heliopolis. Eine sehr detaillierte Praktik mit mehreren Anhängen im selben Papyrus richtet sich gegen Rebellen, Wiedergänger und andere übernatürliche Gefahren und basiert zum Gutteil auf der Macht von fähigen Gestalten der Vergangenheit (pAthen 1826, x+8,8– x+13,9).223 Diese sollen auf eine neue Schale gezeichnet, mit Honig eingerieben und mit süßem Bier abgewaschen werden. Daneben scheint auch noch eine andere Anwendung dieser Bilder erwähnt, eventuell als Leinenamulett. Zu letzterem paßt ein direkt anschließender Abschnitt, welcher die todesabhaltende Macht dieser Namen betont, wenn sie Tieren (Mäusen und Rindern) oder Menschen um den Hals gehängt werden. Zudem gibt es auch noch Räucherungen über sieben Steinen, die speziell angeredet werden. Eine dazugehörige Vignette bildet die betreffenden Gestalten als zehn stehende und zwölf sitzende Männer ab und schreibt ihre Namen dazu. Zumindest einige Namen (z.B. Imhotep und Hardjedef) sind als Weise der Vergangenheit auch sonst bekannt. Auch im pChester Beatty XI rt. A, 8 soll etwas mit Ton auf eine Schale gezeichnet und abgewaschen werden; die Details sind schwer erkennbar.224 Wenigstens einen Teil der Praktik stellt das Bemalen einer Schale im pBrooklyn 47.218.47 rt. x+4,14–20 dar.225 Daneben spielt auch noch das Knoten eine Rolle. Es geht anscheinend um den Schutz einer Frau vor Blutfluß. Eine Zeichnung auf einer Schale neben einer Leinenbinde wird auch im pBrooklyn 47.218.49 im Rahmen einer Praktik zum Schutz der Ohren des Königs verwendet. Es handelt sich um einen Spruch zum Beräuchern des Ohres (x+9,7–x+12,16).226 Man soll ihn angesichts des Sonnenaufganges am Horizont rezitieren. Dazu sollen die angerufenen Götter auf eine neue Schale gezeichnet werden, mit Honig eingerieben und mit süßem Bier abgewaschen und vom Patienten getrunken werden. Zudem soll man es auch auf einen Leinenstreifen (stp (n) p#Q.t) zeichnen, jeden Gott in seiner Gestalt, mit bester trockener Myrrhe einreiben und als Amulett (w@#) an die Kehle des Patienten geben. Es folgen noch mehr medizinische Regelungen, mit was man das Amulett noch einreiben soll, wenn er nicht sofort gesund wird – was den Eindruck erweckt, als ob die tatsächlich wirksame Komponente der Behandlung die Myrrhe ist, welche auf den Hals einwirken soll.

222

FISCHER-ELFERT, HOFFMANN, Papyrus Nr. 1826, 132–137, Taf. 12–13. FISCHER-ELFERT, Zaubersprüche, 46–49; FISCHER-ELFERT, HOFFMANN, Papyrus Nr. 1826, 161–203, Taf. 16–27. 224 GARDINER, Chester Beatty Gift, 118, Taf. 66. 225 Ich bereite die Edition vor. 226 O’ROURKE, Royal Book of Protection, 150–180; Taf. 9–12. 223

6.5 Textträger Tonschalen, Stein- und Metallgefäße

145

Jedenfalls muß der Magier, wenn er die Zeichnung der Götter ernst nimmt, eine ganze Menge Arbeit leisten, da die Anrufung am Anfang des Spruches ziemlich lang ist. Genannt werden Re, Atum, Chepri, Schu, Tefnut, Geb, Nut, Osiris, Horus, Seth, Isis, Nephthys (also die heliopolianische Neunheit), Hu, Sia, Upuaut, Anubis, Isdes, Der, für den der Himmel bebt, Der für den die Erde bebt, Iru, Sedjem, Te, die südlichen, die nördlichen, die westlichen, die östlichen Götter, die große Neunheit am Himmel, die große Neunheit in der Erde, die große Neunheit in der Nekropole, die vier großen Falken, die am Bug der Barke des Re sitzen, die vier Uräen, die als Schutz227 in der Barke des Re sind, der große Kater, der über die Tagbarke wacht, die vier Udjat-Augen, die gegenüber ihrem Herrn sitzen, sowie noch Millionen von Göttern, deren Namen unbekannt sind, die in Himmel, Erde und Unterwelt sind. Ohne irgendwelche Abkürzungen wird sich das kaum zeichnen lassen, aber zumindest sind manche realen magischen Zeichnungen des Neuen Reiches etwa im pDeir elMedina I vs., insbesondere Kolumne 7, dem Bestand einigermaßen kongruent und können durch die vergleichsweise explizite Angabe des Brooklyner Papyrus sogar besser verstanden werden (bei dem u.a. angesichts der Präsenz des Seth zu fragen wäre, ob er auf eine ältere Vorlage zurückgeht). Auffällig ist vor allem der sehr intensive heliopolitanische Bezug, d.h. die Neunheit von Heliopolis wird hier noch um weitere Gestalten spezifisch im Umkreis des Sonnengottes erweitert. So gibt es eben die Götter Hu und Sia als „Ausspruch“ und „Erkenntnis“ als typische Begleiter des Sonnengottes, ebenso die Wahrnehmungsgötter Iru „Sehen“ und Sedjem „Hören“.228 Gerade die Angaben über die Udjat-Augen und die Uräen können dazu beitragen, deren häufige, ja fast standardmäßige Präsenz in den Amulettzeichnungen des Neuen Reiches mit mehr Hintergrund zu versehen. Auch im königlichen Ritual zum Schutz der Glieder werden neben anderen Praktiken (z.B. Knotenamulette) auch Schalen genannt, die mit Zeichnungen versehen und dann abgewaschen werden (s. S. 299). Gerade da magische Bilder in Schalen meist gleich wieder abgewaschen werden, kann man kaum wesentliche archäologische Funde erwarten.229 Zu einem tatsächlichen Schalenbild werde ich noch bei der Behandlung der Amulettsprüche des Totenbuches kommen (s. S. 186) – aber dort ist auch die Anwendungsvorschrift eine andere. Immerhin gibt es einige wenige Fälle von Steingefäßen, die tatsächlich in einer Art Textträger sind, die eine Amulettverwendung nahelegt. Kairo CG 18490 ist ein Bruchstück einer Flasche aus graugrünem Stein.230 Sie wurde in Karnak in den Häusern nördlich des Tempels gefunden. Auf ihr dargestellt ist das Bildprogramm einer Horusstele, also der jugendliche Horus, wie er gefährliche Tiere überwindet. Darunter steht der sogenannte Text B der Horusstelen. Zudem sollen noch

227

O’ROURKE, Royal Book of Protection, 150.157 Anm. R hat s# als oHo verlesen. Zu ihnen s. BRUNNER-TRAUT, Sehgott und Hörgott sowie ergänzend QUACK, LingAeg 5, 280. 229 RAVEN, DEMAREE, Ceramic Dishes; MISSION EGYPTO-FRANÇAISE D’ATFIH (MEFA), Atfih, 140 f. 230 VON BISSING, Steingefäße, 97 f., Taf. III. 228

146

6 Textamulette und Zeichnungen

Isis sowie das Horuskind auf diesem Objekt dargestellt sein. Leider fehlt bis heute eine Abbildung der Texte und Bilder. Wohl enger verwandt, vielleicht sogar ein Teil desselben Gefäßes ist BM EA 37256, ein ovoides Gefäß ebenfalls aus graugrünem Stein.231 Im obersten Bereich sind in zwei Registern Reste eines Bildprogramms erhalten, das dem vieler Horusstelen und Heilstatuen entspricht. Darunter befinden sich Spruch B und C der Horusstelen sowie abschließend einzelne Teile von Spruch A. Ohne konkrete Zeichnung sind immerhin noch zwei andere Gefäße als Träger magischer Formeln bemerkenswert. Das eine befindet sich heute in Kairo.232 Es handelt sich um einen bauchigen Topf, auf den offenbar noch vor dem Brand in mittelhieratischer Schrift eingeritzt wurde: „Hathor ist an der Spitze aller Götter. Möge sie jede Totendämonin niederwerfen, die gegen das Leben handelt“. Ebenso einen magischen Spruch trägt ein kelchförmiges Kupfergefäß heute im Louvre (E 2510).233 Auf ihm steht: „Nebet-Hetepet bewirkt den Schutz des Lebens in der Nacht, bei Tag, in jedem Moment eines jeden Tages. Sie wird nicht zulassen, daß irgendeine üble Einwirkung darüber Macht gewinnt.“ Gleichfalls auf ein Metallgefäß geschrieben ist ein Spruch gegen den Bösen Blick auf dem aus Meroe stammenden Bronzenapf Boston MFA 24.900.234 Man kann diese Objekte kaum im strikten Sinne als Amulette bezeichnen, aber sie scheinen mir doch im Gebrauch ganz interessant. Mutmaßlich sollen alle Flüssigkeiten, die man in den betreffenden Gefäßen deponierte, durch die Aufschrift magisch gesichert oder spezifisch mit Potenzen aufgeladen werden, die sie etwa beim Trinken oder Waschen besonders heilsmächtig machten.

6.6

Textträger Holz

6.6 Textträger Holz

Bislang relativ selten belegt sind Amulette auf Holztäfelchen. Die ältesten erhaltenen Belege stammen aus dem Neuen Reich. Hier sind verschiedene Typen zu unterscheiden. Zum einen gibt es eine relativ einheitliche Gruppe von schildförmigen Amuletten, die in der Höhe zwischen etwa 5 und 11 cm, in der Breite zwischen 4 und 8 cm schwanken und in der Fläche leicht gewölbt sind.235 Normalerweise haben sie keine Öse, sondern sind mit zwei, selten vier Löchern in der Fläche durchbohrt, entweder waagrecht nebeneinander oder über die Schräge des Stückes. Ein Stück mit gesicherter Grabungsprovenienz, nämlich New York MMA 19.3.210, stammt aus einem Grab im Kliff von Deir el-Bahri.236 Es war auf der Brust einer Kindermumie außerhalb der Binden festgebunden. Auf der Rückseite des Objektes befindet sich eine hieratische Notiz, die nach

231

ANDREWS, Stone Vessel. VON BISSING, Gefäße Gise, 122f. 233 VANDIER, Iousáas Additions, 145 f. 234 FISCHER-ELFERT, Spruch gegen den Bösen Blick. 235 VON LIEVEN, Kleine Beiträge I. 236 LANSING, Excavations at Thebes 1918-19, 9–10. 232

6.6 Textträger Holz

147

Paläographie und Prosopographie eine Datierung in die späte 20. oder beginnende 21. Dynastie erlaubt. Für einige Verwirrung in der Forschung hat gesorgt, daß die Mumie mit einer Beschriftung als „König und Herr der beiden Länder Amenemhet“ bezeichnet wurde. In manchen Publikationen wird diese Person irrig als Prinz und Sohn Amenhoteps I. aufgeführt.237 Sowohl durch Größe als auch durch die Herstellung in durchbrochener Arbeit und reich erhaltener farbiger Ausmalung unterscheidet es sich deutlich vom Rest der Gruppe. Verbunden mit ihnen ist es jedoch durch die Ikonographie: Auf den meisten Stücken dieser Gruppe wird der Pharao Amenhotep I. dargestellt, wie er Feinde überwindet.238 Die Bildschemata orientieren sich an Mustern, die für monumentale Aufzeichnungszusammenhänge entwickelt worden sind. Hinzu kommen Objekte, welche nur die Kartuschen dieses Königs abbilden. Ein aus Deir el-Medina stammendes gleichartiges Holzobjekt, das von Bruyère im Grab 1069 gefunden wurde, zeigt noch eine erhaltene Schnur, die Bildfläche ist jedoch heute frei, möglicherweise trug sie ursprünglich eine Tintenzeichnung.239 In solchen Fällen könnte potentiell eine Infrarotphotographie helfen, die gerade bei Tintenresten auf Holzuntergrund recht gute Resultate liefern soll. Die Art der Durchbohrung und Befestigung zeigt zunächst deutlich, daß es sich hier um funeräre Objekte handelt, jedenfalls wäre es zu Lebzeiten reichlich unbequem und unpraktisch gewesen, die Stücke derart über der Kleidung festzubinden. Die Randstilisierung der sauber gemalten Exemplare zeigt deutlich Lederimitation, die im Verein mit der Form angibt, daß hier ein echter Schutzschild aus Leder imitiert wurde. Damit war ohnehin schon eine Schutzfunktion gegeben, die Darstellung des Herrschers, speziell eines vergöttlichten, konnte dies nur noch verstärken. Gerade das dabei beliebte Bildmotiv der Überwindung von Feinden war sicher auch für das Konzept des siegreichen Kampfes gegen Dämonen und schädliche Einflüsse anwendbar; es ist auch auf Leinenund Papyrusamuletten ebenso wie insbesondere in der Spätzeit bei dreidimensionalen Amuletten in Fayence nachweisbar (s. S. 237.238).240 Prinzipiell ähnliche Holztäfelchen zeigen auch den Gott Sched. Ein Stück im British Museum (EA 65842) zeigt auf der Vorderseite den Gott Sched, auf der Rückseite einen Falken mit Doppelkrone und Geißel; wohl eine Darstellung des Gottes Horus.241 Ein anderes gutes Beispiel ist Kairo CG 9427.242 Die Öse oben zeigt deutlich, daß es an einer Schnur hängend getragen wurde. Sched wird immer als Jüngling mit Jugend-

237

Widerlegung (unter Nennung der einschlägigen Publikationen) bei ROBINS, Child Amenemhat. Speziell für die ungewöhnliche Szene, daß ein überwundener Feind unter den Armen getragen wird, vgl. auch eine Szene auf einer levantinischen Elfenbeinarbeit bei HERRMANN, LAIDLAW, Ivories Nimrud VI, 198 f., Taf. 82 f. 239 BRUYÈRE, Deir el Médineh 1926, 34. 240 Vgl. ähnlich für den griechischen Bereich FARAONE, Transformation, 105–128 für visuell eingängige Darstellungen der Feindüberwindung auf Amuletten und anderen Apotropaia. 241 VON LIEVEN, Kleine Beiträge I, 114, Taf. XXI. 242 DARESSY, Catalogue général Nos 9401-9449, 35, Taf. X; vgl. STERNBERG-EL HOTABI, Untersuchungen I, 36–38. Sofern es sich nicht um ein altes Erbstück handelt, kann das Objekt angesichts seiner Herkunft aus Tanis nicht vor das Ende der 20. Dynastie datieren. 238

148

6 Textamulette und Zeichnungen

locke dargestellt, hält einen Bogen in der Hand und wird als Triumphator über gefährliche Tiere dargestellt, insbesondere hält er einen Löwen und eine Gazelle in Siegerpose. Für seinen Namen gibt es in der neueren Forschung eine Kontroverse darüber, ob er als „der Erretter“ oder „der Beschwörer“ zu verstehen ist.243 Jedenfalls ist er im Neuen Reich eine frisch aufgekommene Gestalt, deren erste Belege etwa aus der Amarnazeit stammen;244 eine Namensnennung in einer Kapelle in Amarna (525) fällt vielleicht schon in die Herrschaftszeit des Semenchkare, des Nachfolgers des Echnaton.245 Auf der Rückseite desselben Objektes ist der kämpferische Gott Onuris dargestellt. Vor ihm befindet sich ein Udjat-Auge über einer Tempelfassade. Hinter ihm steht eine Antilope mit einem Falken auf dem Rücken. Dieses Bildschema bezieht sich, wie schon oben erläutert, darauf, daß die Antilope als angeblicher Räuber des Udjat-Auges negativ bewertet wird und deshalb in späteren Epochen gerne so dargestellt wird, daß sich auf ihrem Rücken jemand befindet, der sie angreift (s. S. 104). Eine theoretische Handlungsanweisung für ein derartiges Holzamulett könnte potentiell in einem Wiener hieratischen Papyrus der Ramessidenzeit (KM ÄS 3925) vorliegen.246 Dieser ist hochinteressant, da er den derzeit ältesten Beleg für den sogenannten Spruch A der Horusstelen bietet, dazu aber im Gegensatz zu den späteren monumentalen Versionen auch noch eine Nachschrift mit Handlungsanweisung.247 Demnach soll ein Bild des Horus hergestellt werden, wie er in seiner rechten und linken Hand eine Schlange hält und ihre Köpfe packt, unter dem rechten Fuß ein Krokodil und unter seinem linken Fuß einen Skorpion hat. Sofern eine fragmentarische Passage richtig ergänzt ist, würde sie von einer Einritzung in eine Tamariske sprechen; dann kann man sich am ehesten eine Ausführung in der Art der hier vorgestellten Holzschilde vorstellen. Die Unsicherheit des Verständnisses sollte allerdings betont werden. Jedenfalls wird im Zuge einer Beopferung und Reinigung auch explizit eine Mundöffnung vorgenommen (1,13), was bei Amuletten selten erwähnt wird (vgl. S. 188 für den Herzskarabäus), aber gerade bei Holz als Bildträger auch im pTurin CGT 54051 rt. 2,7 f. belegt ist (s. S. 149). Wohl aus der Dritten Zwischenzeit stammt ein kleines Holzamulett, das in einem Grab der Nekropole des Ramesseums gefunden wurde.248 Auf der Vorderseite befindet sich eine Darstellung der thronenden Isis sowie eines stehenden Gottes, der eine Sonnenscheibe und Widderhörner trägt. Auf der Rückseite findet sich ein hieratischer Text, in dem ein als „edles Kind, Fürst der Götter“ angerufener Gott aufgefordert wird, den namentlich genannten Träger des Amulettes vor allen bösen Dingen zu schützen – also ein sehr genereller Schutz. Mit Ausmaßen von 5,6 × 4,7 × 0,5 cm ist das Holzstück leicht und wurde, wie die durchbohrte Öse zeigt, auch tatsächlich als Anhänger genutzt.

243

Vgl. QUACK, OLZ 97, 717. Vgl. auch NEUMANN, Shadday, dessen Vorschlag, das hebräische El Shadday vom Namen des ägyptischen Gottes abzuleiten, allerdings phonetisch ausgeschlossen ist. 244 Vgl. BRUNNER, Kein Amarna-Prinz; BRANDL, Schutzgottheiten Sched und Thoeris. 245 PEET, WOOLLEY, City of Akhenaten I, 96; Taf. XXVIII. Vgl. BOMANN, Private Chapel, 31.66 f. (und 36 f. zur Frage der Datierung); STEPHENS, Private Religion, 143 f. 246 Edition EL-KHOLI, Papyri und Ostraka, 1–14 Taf. I; vgl. dazu die Rezension von QUACK, BiOr 85, 614–616. 247 Vgl. RITNER, Horus on the Crocodiles, 108 f.; SATZINGER, Horus auf den Krokodilen. 248 KOENIG, Stèle-amulette.

6.6 Textträger Holz

149

Mutmaßlich aus Achmim stammt eine kleine Holztafel im British Museum (EA 20775), die in die Spätzeit datiert (7,5×6,7/6,5 cm).249 Sie hat noch einen kleinen Fortsatz in Form einer fünffach gekerbten Öse. Auf der Vorderseite steht ein Beschwörungstext, der sich auf der Rückseite noch mit zwei Zeilen fortsetzt, danach folgt ein Bildteil. Dieser zeigt zunächst einen Streifen mit sieben Udjat-Augen, darunter sechs stehende Gottheiten, nämlich Ptah in einem Naos, Min, Thot, Horus, Isis und Nephthys. In der Rezitation werden die Gottheiten Sachmet, Thot, Isis, Nephthys und Horus Imi-Schenut genannt. Damit ist eine recht gute Deckung mit dem Bildteil gegeben, wo nur Sachmet durch ihren Gemahl Ptah ersetzt und Min als lokaler Hauptgott hinzugetreten ist. Der Text selbst richtet sich gegen feindliche Wesen. Ihnen wird der gewalttätige Zorn der betreffenden Gottheiten angedroht, zudem soll ihnen das verwehrt werden, was als günstiges Jenseitsschicksal sonst bekannt ist, also die Zuordnung des Bas zum Himmel und des Leichnams zur Unterwelt, das Empfangen von Opfergaben u.ä. Konkret angerufen werden alle Menschenklassen, Feinde und generell böse Dinge. Es handelt sich also um einen tendenziell eher breit gefächerten Schutz, wohl mit einem speziellen Schwerpunkt auf Totengeistern. Eine weitere, ganz ähnlich gearbeitete Holztafel aus der Spätzeit befand sich früher in Berlin (Inv. 23308).250 Auch der Beschwörungstext weist enge Berührungen auf. Spezieller richtet sich die Drohung, die Götter Sachmet, Thot, Isis, Nephthys und Horus würden gewaltsam vorgehen, hier allerdings insbesondere gegen alle, die einen bösen Blick auf den Nutznießer werfen. Die Sektion hinsichtlich des Jenseitsschicksals fehlt hier, dafür zeigt der Text auch hinsichtlich der Erwähnung des bösen Blicks enge Parallelen zum pBM 10563 (s. S. 132). Der Bildteil ist in diesem Fall auf die Darstellung der sieben Udjat-Augen in der letzten Kolumne reduziert, während die stehenden Götter fehlen. Eine der ganz wenigen Anweisungen, welche Holz als Bildträger vorsehen, findet sich in der Nachschrift einer mehrfach überlieferten Beschwörung gegen Gift, welche insbesondere die Macht der Zauberworte des Horus thematisiert.251 Demzufolge soll in Tamariskenholz ein göttlicher Falke mit Doppelfeder hergestellt werden, der in seinen Umrissen gezeichnet ist, dem der Mund geöffnet wurde und der mit Brot, Bier und Weihrauch beopfert wurde. Dann wird er im Angesicht des Gebissenen angebracht (pTurin CGT 54051 rt. 2,7 f.). Das Bildmotiv entspricht gut der prominenten Stellung des Horus in der Beschwörung. Die Tatsache, daß vom Zeichnen der Umrisse gesprochen wird, paßt besser zu einer Plakette oder einem schildförmigen Amulett der oben besprochenen Art als zu einer frei dreidimensional gearbeiteten Figur. Neben Holztafeln sind zumindest auf der Seite der theoretischen Instruktionen auch Holzstangen als Text- bzw. Bildträger relevant. Dies zeigt sich besonders in einem Abschnitt des pBrooklyn 47.218.138, in dem es um den Schutz eines Weingartens geht.

249

VITTMANN, Amulett der Spätzeit. SCHOTT, Amulett gegen den bösen Blick. Vgl. MORENZ, Hoffen und Handeln, 109 f. 251 ROCCATI, Magica Taurinensia, 133.165; für die Komposition s. zusätzlich GOYON, Recueil de prophylaxie, 32–38 mit Korrekturen in QUACK, WdO 43, 261 f. 250

150

6 Textamulette und Zeichnungen

Eine erste Praktik verlangt, daß ein Bild des Ptah mit darunter dem konkreten Rezitationstext auf eine Stange gezeichnet wird (x+8,15–x+9,1).252 Dasselbe Bild in Kombination mit einem Knotenamulett wird auch in der nächsten Praktik der Handschrift genutzt (x+9,1–12, s. S. 94). Ptah ist jedenfalls ein Gott, der prominent in der Rezitation erscheint und mit dem sich der Sprecher auch identifiziert, so daß der Zusammenhang von Bild und Text gut nachvollziehbar ist. Dabei ist zu beachten, daß es um den Schutz eines gebauten Hauses geht und Ptah als Handwerkergott etwas weiter im selben Papyrus auch explizit das Epitheton Qô „Erbauer“ erhalten kann (pBrooklyn 47.218.138, x+9,18.x+10,5).253 In gewisser Weise kann auch die Passage im demotischen Mythos vom Sonnenauge (Leiden 18,3–9) als Beleg für ein Amulett aus Holz bewertet werden. Dort verspricht der Mensch einem Löwen, er würde ihm aus Holz ein Amulett herstellen, so daß er niemals sterben würde – auch wenn dies nur eine Vortäuschung ist, mit deren Hilfe er dem Löwen die Pfote in einem Baumstamm einklemmt.

6.7

Textträger Stein

6.7 Textträger Stein

Steinamulette mit Zeichnungen und Texten sind nicht sehr üblich, was natürlich eine Frage des Gewichtes ist. Es gibt aber eine Denkmälergruppe, die sich auch in dieser Richtung entwickelt hat, nämlich die Horusstelen.254 Sie sind eigentlich in der Mehrzahl der Fälle substantielle, fest aufgestellte Gebilde. Ihre magischen Kräfte sollten sich zumindest bei einigen Exemplaren insbesondere entfalten, indem die Hilfesuchenden sie direkt berührten oder Wasser tranken, das darüber gegossen wurde und so die Kraft der eingeschriebenen magischen Formeln und Bilder in sich aufnahm.255 Allerdings gilt dies primär für Objekte aus Hartgestein und solche, die mit eindeutigen Vorrichtungen zum Auffangen des Wassers versehen sind, während die in den älteren Exemplaren (Ramessidenzeit und Dritte Zwischenzeit) dominierenden Exemplare aus Kalkstein eher durch ihre bloße Anwesenheit wirken sollten. In der griechisch-römischen Zeit gab es allerdings eine Tendenz zur Reduktion der Ausmaße dieser Objekte, wobei sie nach Ausweis von angebrachten Ösen teilweise als Amulette getragen werden konnten.256 Diese Artefakte beginnen zunächst im Bereich der absoluten Elite (eines der frühesten Exemplare

252

GOYON, Recueil de prophylaxie, 53–58. LGG VII, 227 kennt dieses Epitheton nicht für Ptah. Vgl. aber FISCHER-ELFERT, LingAeg 20, 285 sowie die Diskussion über Fragment 18a des Turiner Königspapyrus mit einem Epitheton p# Qô „Der Baumeister“, das WILDUNG; Imhotep, 30–32 auf den Weisen Imhotep beziehen möchte; Wildungs Platzierung wird allerdings von RYHOLT, Late Old Kingdom, 89 f. abgelehnt. 254 STERNBERG-EL HOTABI, Horusstelen, dazu Rezension von QUACK, OLZ 97, 713–729; GASSE, Stèles d’Horus; SAURA, Estelas mágicas; FIRST, Horus Cippus; QUACK, Magische Stele Karlsruhe. 255 LEFEBVRE, Statue « guérisseuse »; JANAK, MEGAHED, VYMAZALOVÁ, Healing Water. 256 DRAYCOTT, Size matters. Je nach Gewicht (das in den Publikationen leider kaum je angegeben wird) könnten sie auch z.B. an der Wand eines Raums aufgehängt sein). Vgl. auch BRESCIANI, Isis lactans, mit dem Unterteil einer Isisstatuette, die eventuell als Amulett gedient hat und auf Thronrücken und Seiten das Bildmotiv der Horusstelen sowie den Anfang von Text „B“ zeigt. 253

6.7 Textträger Stein

151

trägt Kartuschen des Königs Sethnacht vom Beginn der 20. Dynastie), auch in der Dritten Zwischenzeit sind sie meist mit hochrangigen Personen verbunden.257 Zum Bildfeld seien zumindest einige Bemerkungen gestattet. In den Fällen, in denen die Stelen als Amulette direkt getragen werden, ist es schon aus Raum- und Gewichtsgründen auf die essentiellen Elemente reduziert – was diese Stücke im Verein mit der handwerklich mäßigen Qualität zunächst besonders unattraktiv macht, aber für die Forschung auch so etwas wie ein Indiz darstellt, welche Partien des Bildprogramms die Ägypter selbst für die wichtigsten und unverzichtbaren gehalten haben. Dies ist vor allem die Zentralfigur des jugendlichen Horus, der teilweise mit zur Seite gewandtem Gesicht, öfters aber auch frontal en face dargestellt wird. Oberhalb des Kopfes ist auf der Stele noch ein Besgesicht angebracht. Selbst auf kleinen Exemplaren sind meist zu beiden Seiten ein Horusfalke auf dem Papyrusstengel sowie das Nefertemsymbol abgebildet. Der junge Horus hält in den Händen schädliche oder als Götterfeinde klassifizierte Tiere, also Schlangen, Skorpione, Gazellen und Löwen. Mit den Füßen tritt er auf Krokodile. Eine neuere Theorie hat versucht, diese Tiere nicht im Sinne ausgeschalteter Gefahren zu verstehen, sondern als positiv konnotierte Regenerationssymbole.258 Ich halte einen solchen Ansatz für abwegig. Einerseits ist die Pose des Horus gegenüber den Tieren ganz eindeutig die eines Triumphators, der sie sich unterwürfig macht und unter Kontrolle hat. In manchen Horusstelen, insbesondere aus der Dritten Zwischenzeit, wird dies dadurch noch eindeutiger gemacht, daß er mit Pfeil und Bogen auf die Tiere schießt. Auch die Texte, die relativ fest zum Dekorationsprogramm der Stelen dazugehören, thematisieren gerade den Schutz, den man vor diesen Tieren wünscht, nicht etwa deren Beistand im Sinne von Regenerationshilfe.259 Die Ösen sind meistens waagrecht zur Stelenfläche gebohrt, also von den Schmalseiten des oberen Vorsprungs her. Daneben kommt ausnahmsweise einmal auch eine Querbohrung vor. Leider wird in den Publikationen eigentlich nie das Gewicht solcher Stücke angegeben, obgleich es eine durchaus interpretatorisch relevante Größe ist, sofern die Objekte real am Hals getragen werden sollten. Mit manchen sehr späten Stükken kommt diese Objektgattung bis weit in die Römerzeit in Ägypten hinein.260 Ferner sei darauf verwiesen, daß es einige Totenbuchsprüche für Amulette gibt, besonders 155 (Djed), 156 (Tit) und 159-160 (Papyrusstengel), die auf steineren Amuletten eben dieser Art niedergeschrieben werden können (s. S. 192.198); ebenso sind das Schlangenkopfamulett sowie die cwr|.t-Perle, die beide meist aus Karneol hergestellt werden, auch mit auszugsweiser Beschriftung von Schutzsprüchen belegt (s. S. 58.272).

257 Vgl. STERNBERG-EL HOTABI, Horusstelen, 57.80 sowie die Klarstellung von QUACK, OLZ 97, 719; die Position FARAONE, Transformation, 131–132; DERS., Miniature Amuletic Statues, 88, daß diese Artefakte primär in kleinerem Format für Haushaltsgebrauch entwickelt wurden, wird dem Befund nicht gerecht. 258 QUAEGEBEUR, Divinités égyptiennes, 138–142; STERNBERG-EL HOTABI, Horusstelen, 14–19. 259 Vgl. QUACK, OLZ 97, 715 f.; DERS., Horus-Stelen, 107–109. 260 Vgl. auch FRANKFURTER, Binding of Antelopes, der versucht, Auswirkungen der Horusstelen auf koptische Ikonographie zu etablieren.

152

6 Textamulette und Zeichnungen

6.8

Flüchtige Textträger (Körperteile)

6.8 Flüchtige Textträger (Körperteile)

Obgleich flüchtig angebrachte Zeichnungen nicht im strikten Sinne als Amulette aufzufassen sind, möchte ich sie doch nicht unerwähnt lassen.261 Zum einen liefern sie ikonographisch an sich sinnvolles Vergleichsmaterial für die Amulettzeichnungen auf Leinen oder Papyrus, zum anderen haben sich oben bereits mehrfach Fälle ergeben, bei denen in das Ermessen gestellt war, ob man die betreffende Zeichnung in flüchtiger Weise anbringen oder dauerhaft als Amulett niederschreiben wollte. Bereits in den Sargtexten finden sich Sprüche, bei denen eine Zeichnung auf der Hand angebracht werden soll. Ein gutes Beispiel zeigt Spruch 81 innerhalb der Spruchsequenz der Schu-Sprüche. In ihnen spielen auch die acht Heh-Götter eine wichtige Rolle. Diese sollen mit gelbem Ockerpigment (Qn|.t, st|) auf die Hand des Mannes gezeichnet und jeden Tag ganz früh am Morgen abgeleckt werden (CT II 44h). Letztere Handlungsangabe, über die etwa Faulkner so erstaunt war, daß er sie in einer nicht wörtlichen Weise verstehen wollte,262 ist einerseits im Rahmen sonstiger Beispiele dieser magischen Praxis alles andere als unüblich. Andererseits zeigt sie ganz gut, daß ungeachtet der Überlieferung im Rahmen von Totentexten nur ein Gebrauch unter Lebenden eine plausible Durchführung möglich macht, wenn der Nutznießer des Rituals eben selbst lebendig und fähig ist, Zeichnungen von seiner eigenen Hand abzulecken.263 Viel knapper ist CT Spruch 100 (CT II 97i). Es handelt sich um einen Spruch, damit der Ba eines Mannes zu ihm geholt wird. Er soll nach Ausweis der Nachschrift über einem Abbild des Chontamenti gesprochen werden, das auf die Hand des Ritualempfängers gezeichnet ist. Ohne genaue Angabe des Textträgers wird in CT Spruch 341 vorgeschrieben, er solle über sieben Udjat-Augen rezitiert werden, die gezeichnet sind und mit Bier und Natron abgewaschen und dann getrunken werden (CT IV 345g–i). Ein schlecht erhaltener Fall dieser Art findet sich auch in einer Papyrushandschrift des Mittleren Reiches aus Illahun, nämlich pUniversity College 32271B rt. x+4–6.264 Dort soll zur Rezitation des Textes auf die Hand des betreffenden Mannes mit Ocker ein Auge gezeichnet werden und der Name der Person darin265 befestigt werden. Dann soll er es ablecken; das Verfahren dient dazu, ihn vor Leid zu retten. Aus der mittleren 18. Dynastie stammt pLouvre E 32847, in dem eine Praktik (gegen Geschwüre) angibt, es solle über Isis und Nephthys rezitiert werden, die auf jede schmerzende Stelle des Patienten gezeichnet sind (rt. x+24,1–3).266 Da von der Rezitation nur noch ein kleiner Teil erhalten ist, läßt sich ihre Beziehung zur Zeichnung kaum eruieren. Immerhin wird an einem Punkt Trauer (ôp-Hr-m#s.t) erwähnt, was zu Isis und Nephthys als Trauerfrauen des Osiris passen würde.

261

Vgl. HEERMA VAN VOSS, Kontakt. FAULKNER, Coffin Texts I, 87 Anm. 87. 263 Vgl. für weitere Fälle in den Sargtexten, bei denen eine ursprünglich nicht-funeräre Verwendung vermutet werden kann, VON LIEVEN, Originally Non-Funerary Spells; DIES., How ‛Funerary’. 264 COLLIER, QUIRKE, UCL Lahun Papyri, 68 f. Vgl. auch KYFFIN, True Secret, 234–237. 265 Das in der Edition zweifelnd als |.t gelesene Wort könnte eher |s.t „Kammer“ sein. 266 BARDINET, Médecins et magiciens, 148 f. Weiteres in der Neubearbeitung durch Sofie Schiødt. 262

6.8 Flüchtige Textträger (Körperteile)

153

In der Nachschrift zur List der Isis wird neben der Zeichnung der Gottheiten Atum, Horus-Hekenu, Isis und Horus auch die Option angegeben, sie auf die Hand des Patienten zu zeichnen und auflecken zu lassen (s. S. 105). Auch im magischen Papyrus Harris wird eine Zeichnung auf der Hand des Ritualnutznießers vorgeschrieben (7,4).267 Dargestellt werden soll ein Udjatauge, in dessen Pupille sich ein Abbild des Onuris befindet. Tatsächlich ist neben der einfachen hieratischen Wiedergabe dieses Bildes auch eine Quasi-Zeichnung beigegeben, nämlich die relativ große Darstellung eines Udjat-Auges, in dessen Pupille sich tatsächlich eine Gestalt befindet – die Details sind allerdings kaum erkennbar. Im Spruch selbst behauptet der Rezitator „Ich bin Schu, das Abbild des Re, der im Udjat-Auge seines Vaters sitzt.“ (7,2 f.). Das Bild nimmt evident Bezug auf diese Aussage. Ein Zauberspruch gegen Fieber eines Kindes im pLeiden I 348 (rt. 12,6 f.) gibt an, man solle ihn über zwei Abbildern des Thot rezitieren, die mit einander zugewandten Gesichtern mit roter Tinte auf der Hand des Patienten gezeichnet sind.268 Neben der Verbalisierung gibt es dabei auch noch eine konkrete Skizze. Der zugehörige Rezitationstext berichtet, wie Isis und Nephthys klagen und Geb geweckt werden soll, um zu helfen. Es wird darum gebeten, einen Mann zum Schutz zu schicken. Der abgebildete Thot ist somit im Spruch nicht direkt und explizit involviert, doch ist aus anderen magischen Beschwörungen gut bekannt, daß er sich um das bedrohte Horuskind kümmert. Zudem gibt es Verbindungen zwischen Thot und Geb.269 Der im Papyrus direkt nachfolgende Spruch, mit dem die Achu-Krankheit vom Bauch eines Kindes vertrieben werden soll, wird nicht mit einer verbalisierten Bildbeschreibung versehen. Vielmehr heißt es einfach „Dieser Spruch wird gesprochen“ – und dann folgt direkt eine Skizze, in der drei Schopfibisse, drei Löwenhinterteile, sechs Schakale, ein Bubalus-Kalb, drei Wasserzeichen und drei h-Zeichen hintereinander folgen (rt. 12,10).270 Sie sollen mit roter Tinte auf den Bauch des Kindes geschrieben werden, speziell auf die schmerzende Stelle. Der Rezitationsspruch nimmt darauf ausführlich Bezug, indem es nach dem überlieferten Wortlaut heißt, es sollten 19 Zeichen wohl mit einer zweizackigen Harpune in Getreideknoten eingeritzt und mit roter Tinte gezeichnet werden,271 damit das Leiden des Bauches als Furz hinausgeht. Daneben werden auch Isis und Nephthys als Helferinnen des Horus thematisiert, doch stehen sie in keinem offenkundigen symbolischen Zusammenhang mit den dargestellten Zeichen; allenfalls können sie als deren Erfinder aufgefaßt sein. Eine solche Zeichnung auf den Bauch ist schlechter erhalten bereits im pRamesseum IV aus dem Mittleren Reich belegt (C 14 f.).272 Das Bild selbst ist leider nicht erhalten,

267

LEITZ, Magical and Medical Papyri, 40, Taf. 18. BORGHOUTS, Leiden 348, 25.124 f., Taf. 12.29. 269 ALTENMÜLLER, Synkretismus, 235; in Reinigungsszenen können sowohl Thot als auch Geb in jüngeren Handschriften für einen ursprünglichen Seth eintreten, s. OTTO, Thot; ALTENMÜLLERKESTING, Reinigungsriten, 159; BEDIER, Geb, 184. 270 BORGHOUTS, Leiden 348, 25 f., Taf. 29; BECK, Sāmānu, 162–164. 271 Die technische Umsetzung fiele dabei nicht leicht. Zu den philologischen Problemen der Stelle s. BORGHOUTS, Leiden 348, 128 f., Taf. 29A, der vermutet, daß Worte ausgelassen worden sind. 272 BARNS, Five Ramesseum Papyri, 26, Taf, 17. 268

154

6 Textamulette und Zeichnungen

aber die Angabe, es solle mit roter Tinte auf den Bauch des Kindes gezeichnet werden. Die Handlung soll das Urinieren fördern. Der Bauch als Ort einer Zeichnung ist wohl auch in einem Papyrus der Ramessidenzeit angegeben, für den bislang nur ein Vorbericht verfügbar ist.273 Demnach soll ein Bild des Re mit Katzengesicht mit gelbem Ocker gezeichnet und der Bauch des Leidenden damit eingerieben werden. Passend dazu wird in der Rezitation auch ein Gott mit Katzengesicht als Helfer angerufen. Auch auf der Heilstatue Turin Suppl. 9 findet sich ein magischer Text mit einer Anrufung an Thot, der das Herz des Patienten heilen soll. Der Spruch ist passend dazu tatsächlich auf der Brust der Statue angebracht. In der Nachschrift heißt es, der Spruch solle über einem Ibis rezitiert werden, der mit schwarzer Tinte über dem Herz des Patienten geschrieben werde, dann werde er sofort gesund.274 Der Ibis steht als heiliges Tier offensichtlich für die angerufene Gottheit. Bemerkenswert ist, daß hier bei einer Heilstatue einmal eine Nachschrift mit festgehalten wird, was wenig üblich ist. Speziell die Ohren als Anbringungsort von Zeichnungen finden sich im pBrooklyn 47.218.49 in einem Verfahren für Schutz und Heilung der Ohren des Königs. Es soll ein Abbild des Horus und eines des Seth auf das Ohr gezeichnet werden (x+8,14–15).275 Da im Spruch Isis und Nephthys erscheinen, von denen letztere den Finsteren Dämon, also Seth, vertreiben soll, ist ein Sinnzusammenhang zumindest nachvollziehbar. Es geht um den Streit von Horus und Seth, und vielleicht erinnern die Irritationen und scheinbaren Geräusche im Ohr den Patienten ja wirklich an den Kampf der beiden Götter. Jedenfalls wird für die Zeichnung direkt das leidende Organ herausgesucht. In den Details sehr schlecht erhalten ist eine Anweisung im pBM EA 10059 (7,13– 8,1).276 Dort soll ein Spruch gegen Nachtblindheit über einem Schakal und einem UdjatAuge gesprochen werden, die mit Frittenpigment (Hsb) gezeichnet werden. Da in der nächsten Zeile auch von Bier die Rede ist, wäre es denkbar, daß die Zeichnung aufgelöst und getrunken werden soll; als Alternative im Papyrus wird auch die Option angegeben, der Patient solle die Augen mit seiner Hand einreiben. Da das Udjat-Auge primär mit dem Mond verbunden ist und somit nächtliche Konnotationen hat, zudem der Schakal das Tier ist, das im Westen die untergehende Sonne zieht, ist eine symbolische Verbindung der Zeichnung mit der Anwendung immerhin etablierbar, auch wenn sie in der schlecht erhaltenen Rezitation offenbar nicht explizit gemacht wird. Die sehr schlecht erhaltene Stelle pRamesseum XIV vs. x+1,3 f. dürfte ebenfalls als flüchtige Zeichnung mutmaßlich mit roter (w#@) Tinte zu bewerten sein, die aufgeleckt wird.277 Als quasi anikonisches Verfahren in diesem Bereich ist auch pRamesseum XVI,

273 KOENIG, Papyrus of the Seven Utterances, 1170. Koenig übersetzt „body“, mutmaßlich steht im ägyptischen Text x.t. 274 KÁKOSY, Egyptian Healing Statues, 38–41. 275 O’ROURKE, Royal Book of Protection, 130–135; Taf. 8. 276 LEITZ, Magical and Medical Papyri, 65, Taf. 32 f. 277 GARDINER, Ramesseum Papyri, 14 f., Taf. XLVI; MEYRAT, Papyrus magiques, 101–103.339. Vgl. auch MORENZ, Hoffen und Handeln, 88, dessen Interpretation, es handele sich um die Einverleibung von Schrift, allerdings durch den erhaltenen Text nicht gedeckt wird.

6.9 Bodenbilder

155

25,2–3 zu nennen.278 Dort soll ein morgentlicher Spruch zur Gewinnung von Beliebtheit über Milch auf der Hand des Nutznießers rezitiert werden, der sie dann kostet. Strukturell ähnlich ist auch die Nachschrift des nächsten Spruches, der Rezitation über einem w#@-Amulett aus Fayence angibt, das mit Myrrhe eingerieben ist, die vom Nutznießer aufgenommen wird (pRamesseum XVI, 26,4–5).279 Sozusagen überflüssig wird das Auflecken bei einer Anweisung im Buch von der Himmelskuh. Dort soll der Magier ein Zeichen der Ma’at direkt auf seine Zunge malen.280 Nach der hier einzig erhaltenen Version bei Sethos I. soll er dafür weiße (H@) Tinte benutzen, was aber so singulär ist, daß ich eher an einen leichten Textfehler glaube und rote (w#@) Tinte ansetzen würde – im Ägyptischen gerade im Schriftbild nur ein sehr geringer Unterschied.281 Ganz schlecht erhalten ist pChester Beatty XI, rt. B+C, 11.282 Erhalten ist nur noch „’Gut sei das Jahr’ auf die rechte Schulter, ‚gut sei der Monat’ auf die linke Schulter, ‚Chepri’ auf den Mund des […]“. Ich vermute, daß hier verschiedene Beschriftungen auf Körperteilen intendiert sind; ob direkt auf einer lebenden Person oder einer Statue, bleibt leider unklar. Ohne explizite Angabe des Anbringungsortes ist Sargtext Spruch 341 (CT IV, 345gi). Dort wird angegeben, der Spruch solle über sieben Udjat-Augen rezitiert werden, die gezeichnet und mit Bier und/oder Natron abgewaschen und vom Ritualisten getrunken werden sollen. In der Rezitation gibt es keinen expliziten Bezug auf Udjat-Augen, so daß sie hier eher als universelles Heilssymbol zu verstehen sind. Insgesamt gesehen sind einige der Praktiken zu Zeichnungen auf Körperteilen als funktionale Äquivalente zu Zeichnungen auf Tonschalen zu bewerten, da sie (meist mit Bier) abgewaschen und die resultierende Flüssigkeit getrunken wird. In anderen Fällen dagegen bleiben die Zeichnungen unabgewaschen auf den Körperteilen und entsprechen somit funktional eher einem temporär getragenen Amulett aus Papyrus oder Leinen, allerdings mit dem praktischen Unterschied, daß sie zielgenauer auch an Stellen angebracht werden können, an denen sich Amulette aus Papyrus oder Leinen schlecht oder gar nicht anhängen lassen.

6.9

Bodenbilder

6.9 Bodenbilder

Eine Beschwörung vornehmlich gegen Krokodile, aber auch andere gefährliche Tiere, findet sich im magischen pHarris (pBM EA 10042). Dazu wird in einer Nachschrift

278

MEYRAT, Papyrus magiques, 120.162.368. MEYRAT, Papyrus magiques, 121.163 f.369. 280 HORNUNG, Himmelskuh, 25 u. 46. 281 QUACK, Rote Tinte, 8 Anm. 9; ihm folgend POPKO, Himmelskuh, 92 f., gegen den mir im Vergleich mit sonstigen vergänglichen Zeichnungen aber die Deutung als Zeichnung der Göttin Ma’at auf der Zunge erheblich plausibler erscheint als das von ihm propagierte „das Wohlzusprechende“ („wtl. „Richtige-für-seine-Zunge“). 282 GARDINER, Chester Beatty Gift, 119, Taf. 66. 279

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6 Textamulette und Zeichnungen

aufgefordert, auf den Erdboden ein Bild zu zeichnen (6, 8 f.).283 Dargestellt werden soll Amun mit vier Köpfen auf einem Nacken, ein Krokodil unter seinen Füßen, zu seiner rechten und linken die Achtheit, die ihn anbetet. Dieses Bild entspricht recht gut der Komposition des Spruches. Darin findet sich als erster Teil ein liturgischer Hymnus, der auch aus dem Amun-Tempel in der Oase Charga bekannt ist, und den die Achtheit für Amun ausspricht.284 Daran angeschlossen wird in diesem Papyrus sekundär ein Hilferuf an Amun, der gegen Löwen, Krokodile und Schlangen helfen soll. Damit ist auch die Machtposition des Amun über das Krokodil, wie sie im Bild angesprochen wird, nachvollziehbar. Lediglich die Vierköpfigkeit des Amun ist ein ikonographisches Element, das in der Rezitation nicht textualisiert wird. Sie ist ein relativ früher285 Schritt auf dem Wege zu den machtgeladenen polymorphen Götterfiguren der Spätzeit, auf die ich unten genauer eingehen werde. Eine andere Zeichnung im selben Papyrus ist weniger klar einzuordnen, da die Handlungsnotiz nur in einer alten Zeichnung überliefert und fast unlesbar ist (9,12–14).286 Möglicherweise soll sie alternativ entweder als Bodenbild am Ufer oder auf einer Schiffsplanke angebracht werden, jedenfalls geht es um Schutz vor Krokodilen. Dargestellt werden zwei antithetisch angeordnete Krokodile innerhalb eines Neith-Symbols. Im Spruch werden Wesen angerufen, die sich in der Gebärmutter der Neith befinden sollen und Herren von Resenet und Mehenet, also den zwei Heiligtümern von Sais, sind. Dieses Konzept ist sicher mit der Vorstellung von Neith zu verbinden, welche zwei Krokodile als Kinder säugt (s.u. S. 236).287 Dabei wird die Konzeption allerdings mit einem anderen Motiv verquickt, nämlich dem Zwerg-Riesen, der zum Affen in der Kapelle wird, wie sie ähnlich im direkt vorangehenden Spruch thematisiert ist. Auf diese Komplexe werde ich im Kapitel über die Götterfiguren und das Amulettinventar der Dritten Zwischenzeit noch genauer eingehen (s. S. 232). Nur ganz kurz und mehr zur Erinnerung möchte ich darauf hinweisen, daß es teilweise Anweisungen für sehr komplizierte Bildkompositionen gibt, insbesondere im Buch von der Himmelskuh und in der Sonnenlitanei, die allenfalls als Bodenbilder, wenn nicht gar auf der Grabwand zu realisieren sind.288 Auch im Totenbuch findet sich zu Kapitel 125 und wohl auch 130 eine gleichartige Praktik (s. S. 186). Da ich Bedenken habe, derartige flächendeckende Abbildungen noch als Amulette zu klassifizieren, verzichte ich auf eine detailliertere Behandlung.

283

LEITZ, Magical and Medical Papyri, 39, Taf. 17. Hibis III, Taf. 32–33 Mitte; zuletzt bearbeitet von KLOTZ, Adoration, 67–133. 285 Allerdings gibt es textlich erwähnt Gottheiten mit vier Gesichtern bereits PT Spruch 519 § 1207 b und CT VI, 400h. Vgl. THEIS, Polymorpher. 286 LEITZ, Magical and Medical Papyri, 46, Taf. 20; ich lese (Hr) |wtn n p# o@ m rA pw pX#y n p# wsX. 287 VON LIEVEN, Himmel über Esna, 106.147. 288 Vgl. etwa ESCHWEILER, Bildzauber, 110 f.119–124; THEIS, Magie und Raum, 156.160.425. 631–633; VON LIEVEN, Soul of the Sun, 49 f. 284

7

Skarabäen und andere Siegelamulette

Für das Thema der Skarabäen und sonstiger Siegelamulette ist eine gewisse Abgrenzung nötig. Zunächst ist für die betreffende Gruppe zwar die Käferform bei weitem die dominierende, doch gibt es etliche andere Kleinfunde, die sachlich nicht von ihnen zu trennen sind, jedoch andere Tierformen aufweisen, etwa Fische.1 Hinzu kommen abstrakter stilisierte Formen, also Platten mit Bildfeldern auf beiden Seiten oder sogar mit Einschluß dekorierter Schmalseiten, oder Skaraboide, bei denen die vage ovale Form eines Skarabäus gewahrt, aber nicht in auch nur annähernd naturalistischer Weise als Käfer ausgestaltet ist. Wesentliche Elemente sind also folgende: Es handelt sich um relativ kleine, gut tragbare Objekte, die auf der Unterseite Dekoration in Form von Bildern und/oder Texten aufweisen und etwa oval bzw. allenfalls rechteckig geformt sind. Einige Komplexe sollten allerdings besser herausgenommen werden, da sie ihrer Bedeutung nach zu sehr abweichen. Unbedingt als eigene Kategorie abzutrennen sind die sogenannten Herzskarabäen.2 Sie werden zwar in fast allen Publikationen aufgrund formaler Ähnlichkeit mit unter den Skarabäen aufgeführt, weisen sich aber durch Material, Dekoration und intendierte Verwendung evident als völlig eigener Komplex aus. Sie sollen deshalb nicht hier, sondern im Zusammenhang der Amulette im Totenbuch behandelt werden (s. S. 187–190). Weiterhin möchte ich die sogenannten Gedenkskarabäen zumindest in einen Appendix verbannen, da sie eine sehr spezielle Ausprägung darstellen, die leicht erkennbar und gut zu isolieren ist. Bei ihnen handelt es sich um vergleichsweise große Exemplare, die mit einem längeren Text beschriftet waren. In vielen Fällen sind mehrere Stücke derselben Produktionsserie zuzuweisen. Diese Objekte sind für die 18. Dynastie typisch. Sie kommen unter Hatschepsut auf, besonders große und textreiche finden sich unter Amenhotep III., durchschnittlich 8, teilweise bis 11 cm lang.3 Für letzteren sind fünf verschiedene Serien bekannt, von denen vier eine genaue Datierung tragen. Es handelt sich um einen Text über die Wildstierjagd, einen über die Löwenjagd, einen über die Ankunft der mitannischen Prinzessin Giluhepa, einen über die Konstruktion eines künstlichen Sees und einen mit voller Titulatur des Herrschers und seiner Gemahlin Teye unter Nennung ihrer Eltern sowie der Ausdehnung des Reiches – letzteres ist die einzige

1

HART, Poisson-scarabée. Zu ihnen MALAISE, Scarabées de cœur; für die technischen Fragen GEE, Heart Scarabs. 3 BLANKENBERG-VAN DELDEN, Commemorative Scarabs; BAINES, Commemorative Scarabs; GUNDLACH, Gedenkskarabäen; DEMARÉE, Update; SCHLÖGL, BUXTORF, Kunst und Handwerk, 1–11; SIST, Due scarabei. Zu in der Levante gefundenen Objekten dieser Art s. GOLDWASSER, Commemorative Scarab. Vgl. auch KESSLER, Rekontextualisierung, 258–260. 2

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undatierte Produktion. Solche Stücke sind mehr in den Rang heutiger Gedenkmünzen zu stellen, jedenfalls zweifle ich daran, daß bei ihnen ein Amulettgedanke vordringlich war. Weiter eine eigene Größe sind die Käferamulette in Skarabäenform, die zwar in der Rückengestaltung den eigentlichen Skarabäen entsprechen, auf dem Bauch aber keine Platte mit Bildern oder Inschrift haben, sondern naturalistisch die Beine des Käfers darstellen. Sie gehören in den Bereich der spätzeitlichen Amulettausstattung, die mit den Amuletten des Osiris zusammenhängt, und sollen auch in diesem Komplex behandelt werden (s. S. 260). Hier soll es dagegen spezifisch um die Fälle gehen, die entweder als eigentliche Skarabäen oder als andere Tiere, aber in gleichartiger Weise, eine Basisplatte mit Inschrift und/oder Bilddekor aufweisen und nicht in den Komplex der Herzskarabäen oder der Gedenkskarabäen gehören. Ihre historische Entwicklung ebenso wie Bedeutungen, die sie entweder grundsätzlich oder spezifisch für bestimmte Einsatzfelder und ikonographische Ausprägungen haben, sollen genauer untersucht werden.4 Üblicherweise wird heute der Skarabäus für eines der typischsten ägyptischen Objekte schlechthin gehalten. Standarderklärung für seine Symbolik ist, daß das Zeichen des Skarabäus zur Schreibung der Wurzel Xpr „werden, entstehen“ gebraucht wird. Daraus wird dann abgeleitet, es handele sich um ein Grundmotiv, daß besonders mit Wiedergeburt verbunden sei. Ganz so einfach ist es aber nicht. Zunächst ist der bemerkenswerte Befund festzuhalten, daß die Verwendung des Skarabäus als Schriftzeichen für Xpr ganz erheblich älter ist als sein Gebrauch als Amulett.5 Bzw. es gibt im Alten Reich zwar Käferamulette, diese weisen aber einen entscheidenden Unterschied zu den späteren Skarabäen auf: Die meisten entsprechen dem Formtyp eines länglichen Käfers, der primär wohl mit der Göttin Neith zusammenzubringen ist (vgl. S. 49). Selbst solche, die dem Typus eines Mistkäfers entsprechen, zeigen keine Basisplatte, und die Anwesenheit einer Basisplatte mit Gravur ist ein essentieller Bestandteil eines realen Skarabäus. Ebenso steht einer bereits in den Pyramidentexten bezeugten Relevanz der Wurzel Xpr bzw. des Gottes Xprr/Xpr| keine zeitgleiche Verwendung des Skarabäus als Amulett zur Seite.6 Zudem gibt es für den Skarabäus realiter auch noch ganz andere Namen als solche, die von der Wurzel Xpr abgeleitet sind. Der geflügelte Käfer, der in Edfu als Amulett verwendet wird (s. S. 304), heißt obb. Daneben gibt es als eventuell davon verschiedenes Wort, vielleicht aber auch nur phonetische Variante, die Form |bb. Der obb-Käfer ist einerseits mit dem Osten und dem Sonnenaufgang verbunden. Andererseits hat er eine

4 Gute Einführungen zu allen Fragen bieten besonders HORNUNG, STAEHELIN, Skarabäen Basel sowie KEEL, Corpus, Einleitung. Ein knapper Überblick bei ANDREWS, Amulets, 50–59; BOSCHLOOS, Traded. 5 Vgl. auch PETRIE, Tarkhan I, 22, Taf. III, der einen käferförmigen Behälter aus Kalzit aus dem frühdynastischen Friedhof von Tarkhan als frühestes Zeugnis für die Verehrung des Skarabäus ansieht (akzeptiert von VANDIER, Manuel I, 798–799, und von dort auch bei CAMBEFORT, Scarabée, 8 übernommen), und dazu QUIRKE, Exploring Religion, 185. 6 Vgl. auch BAINES, Display of Magic.

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spezielle Bedeutung der Errettung aus Gefahr, die daran hängt, daß er mit dem Mythos vom Kampf der Flügelsonne gegen die Feinde des Sonnengottes verbunden wird. Das Wort obb bzw. noch genauer |obb wird in der hieratischen Fassung des pRhind I für den Käfer verwendet, der vom Kopf des Osiris auffliegt (s. S. 165). In der demotischen Fassung wird es als mxrr „Skarabäus“ übersetzt (pRhind I 6h8 = 6d7). In den Tempeln von Edfu und Dendara ist auch die Bezeichnung onX-mrr für ein Skarabäenamulett überliefert, wobei diese eventuell mit einer Käferbezeichnung onX des Alten Reiches zusammenhängt, die ursprünglich aber nicht dem Skarabäus gilt.7 Vielmehr bezeichnet sie zunächst den länglichen Käfer, der mit Neith verbunden wird. Erst in späten Niederschriften wird das Wort, nach dem Determinativ zu urteilen, sekundär als Skarabäus verstanden. Mutmaßlich liegt dies einfach daran, daß der religiöse Wert des anderen Käfers im Lauf der Zeit außer Gebrauch kam. Er wird, schon aufgrund des sich anbietenden Wortspiels, mit der Wurzel onX „leben“ verbunden. Kurth schlägt neuerdings vor, das Wort als onX-mrr-Xpr zu lesen,8 was allerdings insofern heikel ist, als es erfordern würde, das Käferzeichen in doppelter Weise, gleichzeitig als phonetisches Element und als Determinativ zu lesen. Im Demotischen ist die mit Einkonsonantenzeichen als m(w)xrr ausgeschriebene Form des Wortes normal, die Etymologie bleibt unsicher.9 Jedenfalls handelt es sich mutmaßlich um eine Weiterentwicklung des Wortes, das man seiner hieratischen Schreibung nach als Xprr lesen würde.10 Dieses dürfte wenigstens in der Spätzeit realiter eine andere Aussprache besitzen. Tatsächlich erscheint im pCarlsberg 7, einer nach dem Anlaut alphabetisch geordneten Zeichenliste mit theologischen Ausdeutungen,11 der Käfer innerhalb der Sektion mit dem Anfangsbuchstaben m, die allein erhaltene erste Angabe zu diesem Wort (pCarlsberg 7, Fr. 3,10) ist eine hieratische Schreibung, die man unvoreingenommen als Xprr gelesen hätte.12 Der Gott Chepri oder Cheprer hängt bereits in den Pyramidentexten eng mit dem Sonnengott Atum von Heliopolis zusammen.13 An einer Stelle der Pyramidentexte (PT 199a) ist von der Erde, die aus Atum kam, in Parallelismus zum Speichel, der aus Cheprer kam,14 die Rede. Man hat in der Forschung versucht, diese Aussage mit dem Bau

7

MINAS, Chepri, 53 f. KURTH, Edfu VII, 252 Anm. 6. 9 Wahrscheinlich ist das Wort als mou4rhr im pBM EA 10808, 23.26 zu erkennen, auch wenn OSING, Spätägyptischer Papyrus, 94 das Auftreten dieses Tieres als im Kontext völlig unverständlich ansieht und deshalb eine andere Analyse vorschlägt. 10 Vgl. HOFFMANN, Hymnensammlung, 228 Anm. 35 und WIDMER, Resurrection, 44, die Belege für dieses Wort in demotisch geschriebenen Texten an sich älterer Sprachform konstatieren und nach Erklärungen suchen, sowie STADLER, Thot und der Skarabäus, 351. 11 Bisherige Edition IVERSEN, Papyrus Carlsberg VII; Neuediton unter Einschluß zusätzlicher Fragmente QUACK, Alphabetisch sortiertes Handbuch. 12 Vgl. MINAS, Chepri, 461 f. 13 MINAS, Chepri, 10–66; vgl. auch POPIELSKA-GRZYBOWSKA, Concept of Xprr. 14 Für die Ergänzung der Lücke bei Unas auf der Basis des Textes bei Neith s. JEQUIER, Neit, Taf. XXI, Kol. 570 f., MINAS, Chepri, 15 mit Anm. 51. 8

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einer Dungkugel durch die Mistkäfer zusammenzubringen.15 Tatsächlich dürfte sie primär im Rahmen der generellen Konzeption zu verstehen sein, daß der zuerst entstandene Sonnengott weitere Schöpfungsakte aus seinen Körpersekretionen vornimmt16 – der Speichel |SS wird z.B. gerne mit der Erzeugung des Schu verbunden. Im Rahmen seiner Zuordnung zum Sonnengott kann sich auch der Sprecher funerär überlieferter Texte mit Chepri identifizieren (PT 888; 2079; CT IV, 127f, 141b) bzw. als dessen Sohn erscheinen (PT 1210a). Meist wird die – eigentlich nicht sehr umfangreiche – textliche Evidenz in der Forschung dahingehend ausgedeutet, daß der Skarabäus eine spezielle regenerative Kraft habe.17 Man verweist darauf, daß es sich hier um Texte handelt, in denen Verstorbene sprechen. Deshalb sieht man im Käfer gerne ein Amulett, das für die Wiedergeburt wichtig sei. Letzteres steht in einer langen Tradition ägyptologischer Deutungen, die zu einseitig auf die funeräre Sphäre ausgerichtet sind (s.o. S. 15–18). Jedenfalls sind Identifizierungen des Sprechers mit verschiedensten Gottheiten in funerären oder zumindest konkret funerär genutzten Texten generell so häufig, daß es riskant erscheint, aus einer solchen nicht übermäßig häufigen oder sonstwie hervorgehobenen Angabe so weitgehende Schlußfolgerungen zu ziehen. Unabhängig von den Namen ist selbstverständlich die Naturgeschichte der betreffenden Käfer an sich von großer Relevanz.18 Beim Skarabäus handelt es sich zoologisch um die Art Scarabaeus sacer, allerdings haben die Ägypter, wie erhaltene mumifizierte Exemplare zeigen, auch einige andere Arten verehrt, so Heliocopris isidis und Trox granulipennis (auch als Trox barbarus bezeichnet) sowie den kleineren Heteronychus licas. Die Käfer der Familie Scarabaeoidae sind üblicherweise stämmig und kompakt gebaut, aber flugfähig. Es gibt weltweit über 19.000 Arten, von denen etwa 74 in Ägypten vorkommen. Die erwachsenen Tiere einiger Arten ernähren sich von lebenden Pflanzen, andere verzehren Pilze oder verrottete organische Materie. Insbesondere letztere sind, da Kot bei ihrer Ernährung eine Rolle spielt, für das Verständnis des Skarabäus in der ägyptischen Religion relevant. Durch ihren Geruchssinn werden sie rasch vom Mist angezogen und kommen aus der Erde hervor. Dann verzehren sie entweder direkt vor Ort ihr Futter oder nehmen sich Stücke mit. Letzteres ist besonders relevant, denn die markantesten Arten haben die Tendenz, sich große Mistkugeln zum Verzehr zusammenzustellen. Die Kugelgestalt ist dabei transportgünstig, da sie sich mit dem geringsten Widerstand rollen läßt, üblicherweise im Rückwärtsgang mit den Hinterbeinen. Das Stück Dung wird dann in einem sicheren Versteck unterirdisch deponiert, wo es nicht von der Sonne ausgetrocknet werden kann. Für die Orientierung dient mutmaßlich der Sonnenstand (bzw. nachts auch der Mond), d.h. die Käfer bewegen sich bevorzugt entweder zur Sonne hin, direkt von

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SCHOTT, Pyramidenkult, 147; MINAS, Chepri, 15. Intensiv ist die Entstehung von Substanzen aus Sekretionen von Göttern z.B. im pSalt 825, 2,1– 3,4 geschildert. Vgl. VON LIEVEN, Dirt. 17 HORNUNG, STAEHELIN, Skarabäen Basel, 13–16; KEEL, Corpus, Einleitung, 21 f. 18 Gute Zusammenfassung durch LENGERKEN, Pillendreher; BISHARA, Biology and Identification; speziell für die Nahrungsaufnahme MARSCH, Experimentelle Analyse. Vgl. LEVINSON, LEVINSON, Insekten, 46–51; CAMBEFORT, Scarabée und jetzt AUFRÈRE, SPIESER, Pillule. 16

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ihr weg, oder in 90°-Winkel zur Sonnenachse.19 Dieser runde Mistball ist also ausschließlich für die Nahrungsaufnahme des erwachsenen Tieres gedacht. Er kann aus dem Kot jedes pflanzenfressenden Tieres hergestellt werden und enthält niemals Eier für die Fortpflanzung. Für letzteres wird dagegen zum einen normalerweise Ziegen- oder Schafskot verwendet, zum anderen ist die betreffende Kugel nicht rund, sondern birnenförmig. Sie erhält ihre Form nicht in der hastigen Ausnutzung des originalen Kothaufens, sondern wird unterirdisch in Ruhe vorbereitet, in einer größeren Kammer, die durch einen engeren Gang mit der Oberfläche verbunden ist. In das dünnere Ende der Birnenform wird ein Ei gelegt. Die Larve hat zunächst eine weißliche Elfenbeinfarbe, sie frißt am Ende das gesamte Innere der Kugel und läßt nur eine dünne äußere Schicht. Dann findet die Verpuppung statt; die Puppe ist zunächst cremefarben, wird allmählich dunkler bernsteinfarben. Nach etwa vier Wochen ergibt sich ein fertiger Käfer. Für das Herauskommen ist es essentiell, daß die Kugel nicht zu trocken geworden ist; Überschwemmungswasser kann im Zweifelsfall eine wichtige Rolle spielen, um die äußere Kruste aufzuweichen. Nach dem Schlüpfen läßt sich das Tier erst eine Weile von der Sonne bescheinen, ehe es seine normalen Aktivitäten beginnt. Für das antike Verständnis muß man zu allererst das markante Rollen der Dungkugel betonen. Manche Forscher sehen auch starke Analogie zwischen der sich verpuppenden Larve in der Brutkugel und einer menschlichen Mumie. Die Frage des Wassers wird im Folgenden besonders für Horapollo noch von Interesse sein. Das Bild des Käfers speziell mit der Kugel taucht in Ägypten zuerst im Zweiwegebuch innerhalb der Sargtexte auf, und zwar auf dem besonders ausführlichen (und vergleichsweise späten) Sarg B1C;20 andere Vertreter zeigen an der betreffenden Stelle nur die schiffsartigen Gebilde ohne die Käfer. Später ist es etwa auch in der Sonnenlitanei sowie der letzten Nachtstunde von Unterweltsbüchern belegt.21 Insgesamt dürfte der Befund eindeutig sein, daß der Skarabäus als Bild mit dem Sonnengott verbunden ist, und zwar in erster Linie im Zusammenhang des morgendlichen Sonnenaufgangs. Unbedingt vermerkt werden sollte aber, daß die Darstellungen des Skarabäus mit der Sonnenscheibe vor bzw. über seinem Gesicht zwar optisch gut wirken, naturkundlich gesehen aber eklatant falsch sind, denn tatsächlich bewegt das Tier die Mistkugel mit den Hinterbeinen und hat seinen Kopf während der Bewegungsphase von ihr abgewandt. Die in den Abbildungen gewählte Position wäre nur als die normal, in welcher der Käfer die Kugel allmählich auffrißt, aber das wird sachlich kaum gemeint sein.22 Immerhin gibt

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MARSCH, Experimentelle Analyse, 45–46. DE BUCK, Coffin Texts VII, Plan 1, rechts; vgl. BACKES, Zweiwegebuch, 360; EL-SHERBINY, Through Hermopolitan Lenses, 252.380–391. 21 HORNUNG, Amduat, 191.195; DERS., Anbetung des Re, Band II, 56.59.116 Anm. 136; DERS., Buch von den Pforten, Band II, 290–292; WERNING, Höhlenbuch, Band I, Taf. XII f.; Band II, 374 f.; ROBERSON, Books of the Earth, 192–195.234 f.473.483 f.504 f. 22 Vgl. aber CAMBEFORT, Scarabée, 16–18, der eine Verbindung zwischen dem Käfer, der an der Kugel frißt und fadenartigen Kot von sich gibt, und dem Skarabäus mit der Sonnenscheibe am Mund und dem Schen-Ring zwischen den Beinen sehen will. 20

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es auf einem sehr späten Papyrus im Rahmen von Amulettabbildungen tatsächlich einen Skarabäus, der zwischen den Beinen eine Kugel zeigt (s. S. 323). Innerägyptische Spekulationen über den Mistkäfer sind es auf jeden Fall wert, zitiert zu werden, zumal die einschlägigen Passagen bislang von der Skarabäenforschung fast systematisch übersehen worden sind – mutmaßlich, weil sie weitgehend demotisch oder sogar griechisch abgefaßt sind. Die griechischen Quellen werden sogar noch eher als die demotischen herangezogen. An erster Stelle soll der demotische Mythos vom Sonnenauge stehen (s.o. S. 25).23 Bei der betreffenden Komposition handelt es sich vor allem um ein tiefsinniges religiöses Gespräch zwischen einer Katze und einem Affen – erstere die Tochter des Sonnengottes, letzterer der Sohn des Thot und unterwegs, um sie aus der Fremde wieder heimzuholen. Dabei definieren die beiden ausführlich ihre religiöse Position und räumen auch gewisse Mißverständnisse aus. Ein Punkt des Ganzen ist auch, daß die Katze sich offenbar durch manche Dinge beleidigt gefühlt hat und der Affe ihr ausführlich erklärt, daß es sich gar nicht um Kränkungen handelt. In diesem Zusammenhang wird auch mit dem Mist und dem Mistkäfer argumentiert. Es heißt: „Als du unter der Mistkugel des ... warst, nannte man dich Sohn des Kotes. – Das sagt er im Hinblick auf den Menschen. D.h. als du in irgendeiner Gestalt in deiner Heimat warst, nannte man dich in ihr ‚Sohn des Kotes’ Es gibt keine Beleidigung für jedes Leben, das du in ihr wirst führen können. – Wenn er sagt „als du unter der Mistkugel warst“, so bedeutet es das, was die Form jedes Gottes ist und was von selbst entstand. ‚Mistkugel’ sagt er wiederum im Hinblick auf den Skarabäus, der aus dem Dung herauskam. Gibt es also Vorbehalt gegen den Skarabäus, der die Form des Re, des großen Gottes ist? Man beleidigt ihn damit nicht.“ Er sagt aus, daß nicht verächtlich ist, wer jede Arbeit in seiner Heimat verrichtet.“ (pLeiden I 384 rt., 5,22–29). Besonders festzuhalten ist hier die Verbindung mit dem Sonnengott. In einer Anrufung im Rahmen des Rituals gegen den Agressiven wird eine solare Gottheit u.a. angerufen als „der Skarabäus, der Geschlechtslust vollzog“, was in der proto-demotischen Übersetzung als „das ist der Skarabäus, der zuerst begattete“ wiedergegeben wird (Urk. VI 99,9–10). Dies bestätigt sowohl den solaren Bezug als auch die Männlichkeit. Instruktiv ist auch ein demotischer Brief der Ptolemäerzeit (pBM EA 10238).24 Darin beschreibt der Absender, wie er mit Hilfe eines Mistkäfers, dem ein Stück Dung vorgesetzt wurde, eine Zukunftsdeutung betrieben hat. Der Käfer versucht, sich mit dem Mist ein Loch zu graben, aber das Erdreich an dieser Stelle kollabiert und der Käfer läuft davon und läßt den Mist liegen. Hieran schließt sich eine Sektion an, die Deutungen und Erläuterungen dazu gibt. Sie lautet: „Der Skarabäus (mxrr), welcher die Gestalt (sSt#) des Re ist, ist es, der die Auskunft erteilt hat. … Isis, die große Göttin, erschafft ein gutes Geschick für die Menschengruppe, welche der Dung Ägyptens ist.“

23

Dazu QUACK, Einführung3, 160–172; HOFFMANN, QUACK, Anthologie2, 206–240.402–407. JASNOW, Omen Text; QUACK, Magische und divinatorische Texte, 381 f. Vgl. HEERMA VAN VOSS, Drei Kleintiere, 233 f. 24

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Die im Einzelverständnis problematische weitere Passage identifiziert den Skarabäus nochmals explizit als Abbild des Re. Daß das Haus des Skarabäus eingestürzt ist und er unter Zurücklassung des Dungs davonlief, wird übrigens als negatives Vorzeichen ausgedeutet: Die Ägypter würden ihre Häuser verlassen und Mangel an Speise haben. Man sollte bemerken, daß der Text aus einer unruhigen Phase der ägyptischen Geschichte im Umkreis um den 6. syrischen Krieg sowie die Thronstreitigkeiten zwischen Ptolemaios VI. und Ptolemaios VIII. zu situieren ist,25 derartige Deutungen also damals eine gewisse reale Wahrscheinlichkeit für sich hatten. In eine ähnliche Richtung geht auch das Zeugnis des Chairemon, eines ägyptischen Priesters der frühen Römerzeit, der es als Philosoph in Alexandria schließlich bis zum Rang eines Erziehers des Kaisers Nero brachte. Wie bei Porphyrius, De abstinentia IV, 9,8 überliefert ist, schreibt er: „Ein Käfer mag von einer unwissenden Person verachtet werden, die das Göttliche nicht kennt, aber die Ägypter verehrten ihn als lebendes Abbild der Sonne. Denn jeder Käfer ist männlich, und er legt seinen Samen in Schlamm, und nachdem er ihn zu einem Ball gemacht hat, hebt er ihn mit den Hinterfüßen auf, so wie die Sonne am Himmel, und er wartet eine Mondperiode von 28 Tagen.“26 Ganz ähnlich berichtet es Horapollo, der etwa im 5. Jahrhundert n. Chr. ein Buch über Hieroglyphen verfaßt hat, das eindeutig auf Traditionen der spätägyptischen Priesterweisheit beruht.27 Einschlägig ist insbesondere Buch I, Kapitel 10. Grundsätzlich werden dem Skarabäus die Bedeutungen „allein geboren“, „Geburt“, „Vater“, „Welt“ oder „Mann“ zugewiesen. Ausgangspunkt ist die Behauptung, es gäbe nur männliche Skarabäen. Das Männchen forme ein kugelförmiges, wie die Welt aussehendes Gebilde aus Kuhmist und rolle es mit dem Hinterteil von Osten nach Westen, wobei es nach Osten blicke. Die Kugel würde in der Erde vergraben und dort 28 Tage bleiben, während der Mond einmal durch alle zwölf Tierkreiszeichen wandere. Am 29. Tag würde der Skarabäus die Kugel freilegen und ins Wasser werfen, weil er glaube, daß sich an diesem Tag Sonne und Mond vereinigten, und die Tiere würden herauskommen. Zumindest ist es tatsächlich so, wie ich oben ausgeführt habe, daß das Wasser der Überschwemmung fallweise wichtig sein kann, um die Brutkugel öffnen zu können; auch die Verweildauer stimmt. Weiterhin nennt Horapollon drei verschiedene Arten von Skarabäen. Die erste sei katzengestaltig und mit Strahlen geschmückt, deshalb sei sie der Sonne geweiht – es gibt hier noch einen Exkurs über den Bezug der Katze zum Sonnengott. Es habe auch jeder Skarabäus 30 Finger aufgrund der 30 Tage des solaren Monates. Die zweite Art habe zwei Hörner, sei stierähnlich und dem Mond heilig. Die dritte Art, mit nur einem Horn, sei ibisgestaltig und mit Hermes verbunden. Von diesen Angaben läßt sich die

25

Vgl. übergreifend GRAINGER, Syrian Wars, 291-308 mit unzureichender Berücksichtigung der ägyptischsprachigen Quellen; für deren Potential s. zuletzt M. SMITH, Further Demotic Source. 26 VAN DER HORST, Chaeremon, 36 f.; PATILLON, SECONDS, BRISSON, Porphyre, De l’abstinence, III, 15.63 f., Anm. 123–125. 27 THISSEN, Horapollon (dort 8–13 die hier diskutierten Stellen); zum spätägyptischen Hintergrund vgl. VON LIEVEN, Horapollo. Vgl. FOURNET (Hg.), Horapollon, in Druck.

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über die 30 Finger mit dem naturgeschichtlichen Befund vereinbaren, sofern die Einkerbungen und Endsporen mitgezählt werden. Die spezielle Beschreibung des Käfers mit zwei Hörnern würde zu den männlichen Exemplaren von Heliocopris gigas passen, die dessen mit einem Horn zu den Männchen von Copris hispanus.28 Dem ganz männlich konzipierten Skarabäus stellt Horapollo als rein weibliches Tier die Geierin gegenüber (I, 11). Er gibt dann auch Kombinationen dieser beiden Bilder an, speziell würde man Hephaistos mit einem Skarabäus und einer Geierin schreiben, Athena dagegen mit einer Geierin und einem Skarabäus (I, 12). Diese Schreibung ist real nachweisbar, setzt man die Gottheiten in ihre ägyptische Lautung um. Hephaistos entspricht Ptah bzw. genauer gesagt Tatenen, der in der Spätzeit als Teni ausgesprochen wurde, Athena dagegen Neith. Da der Skarabäus den Lautwert t, die Geierin den Lautwert n haben kann, sind die von Horapollo genannten Schreibungen lautlich korrekt und tatsächlich so im Tempel von Esna belegt.29 Auch die Angabe „Welt“ als Bedeutung des Skarabäus (I, 10) ist orthographisch völlig korrekt, in späten Texten hat der Skarabäus nicht nur den Einkonsonantenwert t, sondern eigentlich zunächst einmal den Wert t#, aus dem ersterer erst abgeleitet ist; folglich wird er realiter nicht selten zur Schreibung von t# „Erde“ gebraucht.30 Plutarch, De Iside Kap. 10 u. 74 gibt an, die Kriegerkaste habe als Siegelgravierung einen Mistkäfer, denn es gäbe bei ihnen keine Weibchen, sondern nur Männchen.31 Sie würden Samen und Kugeln abgeben, die sie formten, mit diesen aber würden sie nicht so sehr Nährstoff, sondern Raum für das Wachsen der Embryonen erschaffen. Die Kugel würden sie rückwärts rollen, so wie die Sonne den Himmel scheinbar entgegengesetzt zu ihrem eigenen Lauf kreisen ließe. Sehr ähnliche Motive finden sich auch bei Aelian, De natura animalium 10, 15.32 Eine solche Verwendung durch Krieger kann man prinzipiell ganz gut mit dem zusammenbringen, was in den Inschriften von Edfu über die Bedeutung des Skarabäusamulettes in Gefahren und kriegerischen Notsituationen angegeben ist (s. S. 303 f.). Mit den in der heutigen Forschung postulierten Bedeutungen des Skarabäus allerdings hat sie wenig zu tun. Der generelle Bezug des Skarabäus zur Sonne ist auch in den Berichten des Manetho und des Hekataios von Abdera (beide bei Diogenes Laertios, Prooem. 10) bezeugt. In einem römerzeitlichen demotischen Papyrus (pWien D 6318) erscheint ein Skarabäus im Zusammenhang einer Anrufung an einen Gott, er solle zu seiner Tochter Nut kommen und sie sicher gebären lassen.33 Dort legt der Gott Thot einen Skarabäus (mit einer leider nicht klaren Spezifizierung; eventuell eine Materialangabe)34 zum Schutz an den Bauch der Göttin. Diese Verwendung als Schutz im Umkreis der Geburt könnte

28

LEVINSON, LEVINSON, Insekten, 51. Vgl. WINTER, WINTER, Ununterscheidbarkeit, 530 f. mit Hinweis auf Esna 71,5–6. 30 KURTH, Einführung 1, 298 f. mit Anm. 17. 31 GRIFFITHS, Plutarch De Iside, 132 f.234–237.289.555 f. 32 SCHOLFIELD, Aelian II, 304 f. 33 STADLER, Thot und der Skarabäus. 34 STADLER, Thot und der Skarabäus, 350 u. 351 f. Anm. zu x+5 schlägt „einen Skarabäus als lebendigen, großen (?) Falken (?)“ vor; ich denke eher an eine unetymologische Schreibung für den bQsonX-Stein. 29

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damit zusammengehen, daß Skarabäen als Amulette bevorzugt in Frauen- und Kindergräbern vorkommen (s.u. S. 168). Die angerufene Gestalt, die als Vater der Nut gilt, könnte mit Atum, dem Großvater der Nut nach der heliopolitanischen Genalogie, zu identifizieren sein. Daneben gibt es auch noch eine Assoziierung des Käfers mit Osiris, die es verdient, etwas genauer herausgearbeitet zu werden.35 Eine besondere Rolle spielt dabei die Kultform fn@=f-onX, die gerne mit einem Ort namens Hw.t-Xprr „Haus des Skarabäus“ im Ostdelta bei Sile, aber auch in Heliopolis und Abydos verbunden wird.36 Spezifischer handelt es sich um die Konzeption eines geflügelten Skarabäus. Er soll aus dem Kopf des Osiris hervorkommen, auffliegen und schließlich neben dem Chepri-Skarabäus in Heliopolis landen. Besonders detailfreudig wird diese Episode im Papyrus Jumilhac geschildert. Dort steht sie im Zusammenhang der Suche nach den Gottesgliedern des Osiris. Demnach wurde am 19. Choiak der Kopf des Osiris im Ostgebirge gefunden. Thot hob ihn auf und darunter kam ein Skarabäus zum Vorschein, den man in der Nekropole von Abydos ruhen läßt (pJumilhac 4, TB 2).37 Man muß dieser Episode einen gewissen Realitätswert zubilligen – unter einem verwesenden Kopf kann man durchaus einmal einen aasfressenden Käfer antreffen. Tatsächlich dürfte diese mythologische Konzeption nicht unwesentlich für ein archäologisch bekanntes Dekorationsschema verantwortlich sein. Gerade bei spätzeitlichen Särgen und Mumienmasken ist oben auf dem Kopf gerne ein Skarabäus abgebildet. Diese Bildform hat ihrerseits wieder Rückwirkungen auf das Symbolverständnis gehabt. Es gibt ein späthieratisches Traumbuch in Berlin (pBerlin P 29009). Darin wird auch angegeben, was es bedeutet, wenn ein Mann davon träumt, daß auf seinem Kopf ein Skarabäus ist. Man würde von den normalen Bewertungen des Käfers in Ägypten instinktiv zunächst etwas Positives erwarten, tatsächlich verheißt der Text aber, der Mann würde bald sterben – offenbar wird die Bildidee so empfunden, als sei man reif für den Sarg.38 Einige Angaben in magischen Texten der Römerzeit bestätigen die Beziehung des Käfers zum Sonnengott, zeigen aber auch, daß damals mit einem vielgestaltigen Spektrum von Unterschieden operiert wurde. Im großen demotischen magischen Papyrus von London und Leiden wird ein Skarabäus erwähnt, der eine Manifestation des Sonnengottes darstellt (wo mxrr n oHo=f n p#-Ro; 3,34). Ertränkt und bandagiert dient er zusammen mit bunten Fäden als Schutzamulett, damit bei einer Gefäßdivination das Gefäß rasch bezaubert (s.u. S. 325). Ein anderer Skarabäus, der spezifisch dem lunaren Gott Chons in Theben Neferhotep zugeordnet wird, soll einen Widderkopf und Falkenschwanz haben (9,7). Im selben Spruch erscheint auch ein Skarabäus aus echtem Lapislazuli, der auf dem See des Osiris Wennefer sitzt (9,29). PGM I, 223 f. wird die Pille eines Käfers als magische Ingredienz verwendet; PGM II, 159 begegnet ein „Käfer, wie er normal ist“; PGM IV, 65 gibt es einen stiergestaltigen Skarabäus, der enger mit dem Mond

35

STADLER, Skarabäus; BERLANDINI, Percnoptère, 108–114. Dazu HERBIN, Parcourir l’éternité, 109 f.; CAUVILLE, Chapelles osiriennes, Commentaire, 116 f. 37 VANDIER, Papyrus Jumilhac, 136. 38 Vgl. QUACK, Black Cat, 180; DERS., Traumbücher, 100.103, Taf. 34 f. 36

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zusammenzugehören scheint, da für die Praktik eine rituelle Enthaltsamkeit von sieben Tagen bis Vollmond verlangt wird.39 PGM IV, 2688 wird explizit ein vollkommener Mond-Skarabäus genannt.40 Dagegen ist PGM IV, 751; VII, 974 und LXI, 34 dezidiert ein Sonnen-Käfer angegeben.41 Auch PGM IV, 943, wo der Empfänger des Gebets als Skarabäus bezeichnet wird, dürfte ein Bezug zum Sonnengott vorliegen, da dieses Gebet zum Sonnenaufgang hin gesprochen wird und auch seine sonstigen Epitheta gut zum Sonnengott passen.42 Zudem gibt es in Theben offenbar auch eine Tradition von der Skarabäus-Gestalt des Amun.43 Ein Traumsendezauber im pLouvre E 322944 erwähnt explizit einen stierköpfigen Skarabäus, der im Verlauf des Prozesses definitiv getötet wird (4,1). In diesem Fall vermute ich einen osirianischen Bezug, da in der magischen Handlung eine Osirisfigur im Kleinen hergestellt wird.45 Da ein Schädel eine wichtige Rolle spielt, ist der Bezug spezifisch zur Form fn@=f-onX nicht unplausibel. Im demotischen magischen Papyrus von London und Leiden wird ein spezieller Skarabäus des Planeten Mars erwähnt (21,10). Er soll klein sein und keine Hörner haben, aber drei Platten auf dem Kopf. Verwendet wird er in einem Liebeszauber. Von mehreren verschiedenen Arten von Skarabäen spricht auch Plinius in seiner Naturgeschichte (NH XI, 97 f.). Plinius verdanken wir auch Angaben über die Verwendung von gravierten Skarabäen in magischen Ringen (NH XXXVII, 124), wobei teilweise sehr ähnliche Rezepte auch in magischen Papyri sowie in antiken Steinbüchern auftreten. Auf sie werde ich im Rahmen des letzten Kapitels genauer eingehen, wenn es um das Weiterleben ägyptischer Motive in der spätantiken Magie geht (s. S. 346). Dort scheinen nämlich Skarabäen, vorzugsweise aus Halbedelsteinen, einer der ältesten Motivträger für das zu sein, was später entfaltet in den magischen Gemmen auftritt. Die spätägyptischen und antiken Angaben sind recht komplex, in manchen Punkten dürften sie für konventionelle Ägyptologen auch etwas überraschend sein. Allerdings ist gerade die immer wieder betonte Verbindung mit der Sonne sicher getreue Wiedergabe altägyptischer Konzeptionen. Statt direkt mit der Sonnenscheibe ist die Kugel aber offenbar mit dem Weltenball, der Käfer selbst dagegen mit der Sonne assoziiert. Die daneben bestehende Affinität zum Mond und seinem Zyklus mag etwas überraschender kommen. Ich würde darin einen Ausdruck der ägyptischen osirianischen Interpretation des Skarabäus sehen, ist doch Osiris in Ägypten oft mit dem Mondzyklus verbunden.46

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Vgl. für die Praktik LOVE, Code-Switching, 136–142. Vgl. auch GALOPPIN, Puissance, 328–331, der die Zuordnung der Skarabäus zum Mond als erstaunlich empfindet; sie wird aber durch den demotischen Text bestätigt. 41 Vgl. auch BETZ, “Mithras Liturgy”, 206 f. 42 Vgl. auch ZAGO, Apprendimento, 205–207. 43 LEITZ, Gaumonographien Edfu, 40 f. 44 Edition JOHNSON, Louvre E3229. 45 Vgl. QUACK, Dream Sending, 135–139. 46 VON LIEVEN, Himmel über Esna, 22 f.86–88. 40

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Naturgeschichtlich ist manches korrekt beobachtet, anderes dagegen mißdeutet. Insbesondere sind die runde Freßkugel und die birnenförmige Brutkugel nicht als unterschiedliche Objekte erkannt worden. Die unterschiedlichen Klassen von Skarabäen dürften real unterschiedlichen zoologischen Arten entsprechen. Ihre Zuordnung zu Planeten ist sicher ein Produkt der in der Spätzeit aufgekommenen Bedeutung astrologischer Konzepte. Sie steht aber prinzipiell in einer gut ägyptischen Tendenz, die Natur religiös auszudeuten und jede Art einer bestimmten Gottheit zuzuschreiben.47 Damit schließe ich den Streifzug durch die Texte ab, die etwas über die Symbolik des Skarabäus aussagen.48 Man muß natürlich beachten, daß etliche von ihnen über das lebende Tier sprechen, nicht über das artifiziell hergestellte Amulett. Allerdings beeinflußt die Bewertung des Tieres an sich sicher die Symbolik seiner Darstellungen grundlegend. Nunmehr soll die archäologische Seite überprüft und die Vielfalt der realen Ausprägungen durchgenommen werden. Neben den eigentlichen Skarabäen gibt es ja auch andere Objekte mit tendenziell gleichartiger Basisgravur, aber anderer Rückengestaltung. Der Käfer kann somit auch nicht unverzichtbarer und allein sinndeterminierender Faktor des Gesamtobjektes gewesen sein. Einerseits können andere Tiere auftreten, andererseits gibt es stilisierte oder rein geometrische Varianten. Objekte, welche die ungefähre Proportionierung eines Skarabäus, aber ohne detaillierte realistische Ausarbeitung aufweisen, werden als Skaraboide bezeichnet. Auch reine Platten mit Gravur auf beiden Seiten sind belegt. Bei dieser ganzen Objektklasse49 macht schon der deutsche Begriff „Siegelamulett“ auf ein großes Problem der Deutung aufmerksam: Handelt es sich primär um Siegel, also Objekte, die ihren Sitz in einem administrativen Kontext haben, oder um Amulette, die primär eine Schutzfunktion ausüben können?50 In der Praxis kann und muß man auch damit rechnen, daß von den Einzelobjekten manche mehr dieses, manche mehr jenes betonen. Es gibt klare Evidenz in beide Richtungen. Einerseits zeigen nicht wenige Funde von konkreten Abdrücken, daß mit den Objekten tatsächlich in nicht geringem Ausmaß gesiegelt wurde. Bereits für die frühen Knopfsiegel des späten Alten Reiches aus Balat liegt einschlägiges Material in dieser Richtung vor,51 später gibt es Abdrücke

47

VON LIEVEN, Das Göttliche; FISCHER-ELFERT, Weitere Details. Vgl. für das Nachleben solcher Vorstellungen sowie die Verbindung des Skarabäus zu Christus GRIMM-STADELMANN, Skarabäus. 49 Wichtige Darlegungen zu den allgemeinen Fragen finden sich in HORNUNG, STAEHELIN, Skarabäen Basel, auch wenn dort die Deutung als Wiedergeburtssymbol sicher überzogen ist, sowie KEEL, Corpus, Einleitung. 50 Stark in letztere Richtung geht z.B. VINK, Boundaries, 271, der Siegelamulette grundsätzlich als Hypostase der aufgehenden Sonne auffaßt und meint, deshalb seien Skarabäen primär Amulette und nicht Siegel; ähnlich BEN-TOR, Administrative Use, die einen Gebrauch als Amulette, insbesondere im funerären Bereich, als primär ansieht. Vgl. QUIRKE, Exploring Religion, 185–187. 51 SOUKIASSIAN, WUTTMANN, PANTALACCI, Balat VI, 392–445; PANTALACCI, Sceaux. 48

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im Mittleren Reich etwa in Lischt, Illahun, Abu Ghalib, Abydos, Elephantine sowie in den nubischen Festungen.52 Andererseits sprechen die Fundumstände in den Gräbern tendenziell für eine Amulettnutzung. Sie wurden nämlich dort, wo reguläre archäologische Ausgrabungen mit sorgfältiger Dokumentation vorliegen, prozentual deutlich überwiegend in Gräbern von Frauen und Kindern, seltener in denen von Männern gefunden. Etwa in Tell el-Dab’a gibt es relativ genaue Angaben: Dort stammen 52% der Skarabäen aus Frauengräbern, 19,5% aus Kindergräbern und 28,5% aus Männergräbern.53 Noch extremer ist die Befundlage für die mittelägyptischen Gräberfelder der Ersten Zwischenzeit, wo Knopfsiegel fast nie in Männergräbern nachgewiesen sind, häufig dagegen in Frauen- und Kindergräbern.54 Es ist evident, daß so etwas nur möglich ist, wenn die Mehrzahl der in Gräbern deponierten Skarabäen als Amulette, nicht als Siegel benutzt wurde.55 Man wird dabei auch genau anhand der jeweils verwendeten Texte und Motive differenzieren müssen. Objekte mit Namen und Titel einer Person sind sehr viel eher als Verwaltungsobjekte anzusehen als solche mit hieroglyphischen Heilszeichen. Solche mit abstrakter Ornamentik bzw. Spiral- und Schlingenmotiven sind nach Ausweis erhaltener Objekte jedenfalls nachweislich zumindest auch zum Siegeln verwendet worden. Man wird somit gut daran tun, nicht einfach eine Globalbedeutung für alle Arten von Skarabäen anzusetzen, sondern die Details genauer zu beachten. Zu beachten sind auch die geschlechtstypischen Unterschiede der Trageweise. Siegel in Frauenbestattungen werden überwiegend um den Hals getragen, solche in Männerbestattungen fast immer an Hand oder Handgelenk.56 Gerade letzteres dürfte die Position sein, in der das Siegel unmittelbar zum Einsatz in Verwaltungs- oder ökonomischen Zusammenhängen gebraucht wurde. Unter den Materialien für Skarabäen sind zwei in ihrer realen Bedeutung herausragend. Einerseits ist dies Steatit, ein prinzipiell weiches Material, das sich leicht ritzen läßt, aber durch Brennen im Ofen hart wird. In gebranntem Zustand wird er als Enstatit bezeichnet. Er wurde beim Brand üblicherweise mit einer meist grünen Glasur versehen, von der heute aber meist nur noch geringe Reste erhalten sind. Andererseits ist danach ägyptische Fayence am wichtigsten, die vorwiegend blau glasiert wurde. Amethyst erfreut sich in manchen Epochen, besonders dem Mittleren Reich, einer gewissen Beliebtheit. Metall ist selten. Es gibt einige Fälle aus den Edelmetallen Gold und Silber – daß diese nur selten die Jahrhunderte uneingeschmolzen überdauern, versteht sich. Bronze

52 LARSEN, Vorbericht 1932/34, 61–66; DERS., Vorbericht 1936/1937, 14–25; TUFNELL, Seal Impressions; BAGH, Seals and Sealings; VON PILGRIM, Elephantine XVIII, 234–274; SMITH, Sealing Practice; DERS., Middle and New Kingdom; übergreifend WEGNER, Evolution. 53 KEEL, Corpus, Einleitung, 267 unter Berufung auf einen Brief von MLINAR. 54 DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 89–91.117; CORTEBEECK, Stamp Seals (dort 119–122 wird auch angesprochen, inwieweit Stempelsiegel in Männergräbern nicht zwangsläufig administrativ gebraucht wurden, sondern ebenfalls Amulette sein können). 55 Vgl. weiter STOOF, Kauroide und Skaraboide, 160–164 für Kauroide in Kindergräbern des Neuen Reiches. 56 DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 117.

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ist auffallend selten, doch ist sie ohnehin typischerweise nicht Material von echten Amuletten, eher von Votiven für die Götter. Getragen wurden die Skarabäen üblicherweise an Ringen. Sie weisen ausnahmslos eine Bohrung auf. Bei den frühesten Objekten war dies in der Regel eine Querbohrung, was technisch leichter zu machen ist, aber weniger stabil ist und sich schneller abnutzt. Ab der 12. Dynastie kommt deshalb die auch für spätere Zeiten typische Bohrung entlang der Längsachse auf. Normal ist, daß es eine umlaufende metallene Ringschiene gibt, sie kann aber fehlen. Jedenfalls ist der eigentliche Skarabäus meist drehbar montiert. Manche der erhaltenen Ringe sind so groß, das eine Trageweise am Finger nicht in Frage kommt, vielleicht wurden sie mit einer Schnur am Hals befestigt. Die Feinentwicklungen der Formen von Rücken und Seiten sind von erheblicher Bedeutung für die Chronologie, entsprechend gibt es einige recht genaue Untersuchungen dazu, die sehr elaborierte Typologien aufstellen. Dabei haben Funde aus Palästina eine recht erhebliche Bedeutung, da in diesem Bereich die Menge der archäologisch sauber ergrabenen Stücke aus definierten Fundkontexten vergleichsweise höher ist.57 Ich werde auf diese Punkte aber hier nicht weiter eingehen, auch wenn die Ergebnisse der bisherigen Forschung über die etablierte Chronologie bestimmter Typen fallweise in meine Ausführungen einfließen werden. Wie schon in einem früheren Abschnitt (S. 50) kurz angesprochen, liegt der Ursprung der Skarabäen letztlich in den sogenannten „Knopfsiegeln“ des späten Alten Reiches und der Ersten Zwischenzeit. Sie kommen zuerst in Gräbern der frühen 6. Dynastie auf und werden etwa in der 10./11. Dynastie von echten Skarabäen abgelöst. André Wiese hat ihnen eine Spezialstudie gewidmet, in der er auch auf Interpretationsfragen im Detail eingeht.58 Lange Zeit ging man davon aus, daß ihr Ursprung in der Unterschicht liege. Neuere Arbeiten lassen Zweifel daran aufkommen.59 Die Ikonographie zeigt in zwei Bereichen Variablen, nämlich sowohl in der Gestaltung der Basisplatte als auch des Griffes, der teilweise in verschiedensten figürlichen Formen ausgearbeitet ist, teilweise auch einfach in verschiedenen schlichten geometrischen Formen gehalten. Ansonsten ist zu beachten, daß neben dem Hauptmotiv der Basis noch Nebenfiguren auftauchen können, insbesondere Tiere wie Eidechsen, Meerkatzen, Löwen und Hasen. Einige Stücke weisen als Motiv das Symbol der Göttin Bat auf (Abb. 25), über das ich schon oben gehandelt habe (s. S. 48). Es kann hier mit adorierenden Affen oder tanzenden Dämonen verbunden werden. Gerade diese Zusatzdarstellungen führen Wiese dazu, einen Bezug zum Mythos vom Sonnenauge zu sehen.60 Sofern dies zutrifft,

57 KEEL, Corpus der Stempelsiegel; BEN-TOR, Scarabs. Spezifisch zur Chronologie des Mittleren Reiches und der Zweiten Zwischenzeit WARD, Studies on Scarab Seals, Volume One; TUFNELL, Studies on Scarab Seals, Volume Two; WARD, DEVER, Studies on Scarab Seals, Volume Three. 58 WIESE, Anfände der Stempelsiegel-Amulette; s. weiter DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 87– 146; QUIRKE, Birth Tusks, 499–504. Vgl. FÖRSTER, Abu Ballas-Weg, 235–243, zu motivischen Ähnlichkeiten der Knopfsiegel zu zeitgleichen Felsbildern. 59 DUBIEL, Amulette, Siegel und Perlen, 132–134. 60 WIESE, Anfänge der Stempelsiegel-Amulette, 107–111.

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würde ich die Deutungsakzente allerdings etwas anders setzen, als Wiese dies tut, der annimmt, der Träger des Objektes erhoffe sich von Hathor als Wildkuh Fürsorge und Liebe, allerdings auch Fruchtbarkeit und Regeneration. Tatsächlich steht die Heimholung des Sonnenauges primär in Zusammenhang mit der Besänftigung der Gefährlichen Göttin im Umkreis des Jahreswechsels, wenn sie und ihre Dämonen potentiell die Pest bringen und sonstiges Unheil stiften können.61 Hier gilt es immer, ihre Wut abzuwenden und sie bei guter Laune zu halten, ob durch Alkohol, ausgelassene Feste mit Gesang oder Huldigung.62 Einige Probleme der Deutung geben Stücke auf, die formal denjenigen mit Bat-Zeichen sehr ähnlich sind, aber statt seiner eher einen Schmetterling zu zeigen scheinen (Abb. 26). Über den religiösen Wert des Schmetterlings ist wenig bis nichts in Ägypten bekannt, so daß alle Deutungsvorschläge stark mit Mutmaßungen arbeiten.63 Meist versucht man, ihn aufgrund der Vergesellschaftung mit Tieren des Papyrussumpfes als Symbol für Regeneration und Fruchtbarkeit zu verstehen.64 Ich halte das in seiner spekulativen Basis für problematisch, sehe mich aber einstweilen nicht zu einer konkreten Gegendeutung in der Lage. Nicht nur als Begleitfiguren der Göttin, sondern auch für sich allein kommen auf den Knopfsiegeln etliche Löwen- und zwerggestaltige Dämonen vor (Abb. 27), die in enger Beziehung zur Frage der frühesten Vertreter der Bes-Gottheiten diskutiert werden müssen – solche wurden von mir etwa mit dem Namen oH# versehen bereits im Hinblick auf die Zaubermesser des Mittleren Reiches diskutiert (s. S. 68). Die Formen auf den Knopfsiegeln wirken teilweise recht absonderlich, lassen sich aber durch einige Punkte tatsächlich plausibel mit der weiteren Tradition verbinden. Vor allem zu nennen ist der Tierschwanz, der in manchen Fällen zwischen den Beinen sichtbar wird. Zudem ist die Haltung, vielfach mit krummen Beinen oder beim Tanz, gerade für diese Art von Gestalten plausibel. Allerdings fehlen ihnen noch die fratzenhaften Gesichtszüge und die Federkrone, die für den späteren Bes so typisch sind. In mancher Hinsicht ähneln sie den oft ikonographisch schwach determinierten Menschengestalten innerhalb der Amulette des späten Alten Reiches und der 1. Zwischenzeit (s. S. 53), vielleicht können sie so auch zur Erhellung dieser Gruppe etwas beitragen. Auf die Bedeutung dieser Gestalten bin ich im Rahmen der Interpretation der Zaubermesser nur relativ kurz eingegangen, sie soll ausführlich im Zusammenhang mit der Typenfront der Dritten Zwischenzeit erfolgen (s. S. 227–235). Dennoch seien einige Grundprinzipien genannt. Üblicherweise denkt man, daß Bes viel mit Geburt zu tun hat, man versteht ihn dabei insbesondere als Gott, der mit Fruchtbarkeit zu tun hat. Dies

61

Bereits QUIRKE, Birth Tusks, 499 bezieht die Themen der Knopfsiegel auf die Rückkehr der Göt-

tin. 62

VON LIEVEN, Wein, 47–55; BARRET, Egyptianizing Figurines, 124–127.200 f., QUACK, Apports récents, 76–79; DERS., Where once was Love, 70–74; BRYAN, Cultic Revelries. 63 Vgl. LOPEZ-MONCET, AUFRÈRE, Papillons, die eine Verbindung zu Hathor sehen, und LIPPERT, Stachelschwein, 778–788, die Darstellungen von Schmetterlingspuppen als Phase des nächtlichen Sonnengottes nachweist. 64 WIESE, Anfänge der Stempelsiegel-Amulette, 109 f.; ESPINEL, Angry Hippos, 124–128.

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beruht nicht zum mindesten darauf, das Besdekoration relativ oft auf Objekten wie Betten und Kopfstützen erscheint, die mit dem Schlafen zu tun haben. Tatsächlich ist es eher so, daß Bes apotropäisch in jeder Krisensituation auftreten kann. Besonders notwendig ist sein Schutz zum einen in Situationen wie der Geburt, die für Mutter und Kind eine gefährliche Angelegenheit ist. Daneben wird gerade während des Schlafes, wenn man selbst wehrlos den äußeren Gefahren ausgeliefert ist, sein Schutz gebraucht. In manchen Fällen halten die Gestalten der Knopfsiegel Tiere wie Eidechsen oder Schlangen in ihren Händen. So etwas findet sich auch sonst in der ägyptischen religiösen Ikonographie. Manche Forscher verstehen diese Tiere als Verbildlichung der fruchtbaren und regenerativen Naturkräfte, die von dem betreffenden Gott ausgingen.65 Ich habe mit einer derartigen Interpretation ziemliche Schwierigkeiten. Die Geste des Haltens in den Händen gehört eigentlich zu denjenigen, die zeigen, wie Götter Gestalten dominieren und unter Kontrolle halten, insbesondere eben auch gefährliche Tiere, vor denen man sich schützen will. Ich hatte diese Frage im Zusammenhang der Sched- und Horusdarstellungen auf Amuletten schon einmal angesprochen (s. S. 151). Hauptpunkt der abweichenden Deutung ist wohl, daß sich manche Forscher damit schwertun, Tiere wie Eidechsen als negativ konnotiert anzusehen. Allerdings gibt es in der ägyptischen Kultur offenbar eine gewisse Tradition des Mißtrauens gegenüber angeblich giftigen und gefährlichen Eidechsen, die sich auch noch im heutigen Ägypten ethnographisch nachweisen läßt.66 Entsprechend möchte ich auch das Krokodil, das gelegentlich unter den Füßen des besgestaltigen Gottes erscheint, als gefährliches und zu überwindendes Tier bewerten. Wie die Besgestalt ist auch die Nilpferdgöttin der Knopfsiegel (Abb. 28) eine gute alte Bekannte von den Zaubermessern her. Bei deren Behandlung habe ich über ihr Symbolspektrum schon einiges gesagt, was ich hier nicht im Detail zu wiederholen brauche (s. S. 69–72). Als Rückverweis möge genügen, daß sie generell zu den häufigsten Schutzgestalten in Krisensituationen gehört, zumindest in der Spätzeit eine kalendarisch strukturierte Entfaltung hat und spezifischer als Sternbild am Himmel verstanden werden kann, wo sie den mit Seth verbundenen Stierschenkel davon abhält, Osiris zu schädigen. Insgesamt ist sie auf den Knopfsiegeln selten dargestellt. Noch seltener ist der Heh-Gott (Abb. 29),67 der auch im Spektrum der frühen Amulette der Ersten Zwischenzeit begegnet (s. S. 54). Ich hatte dort bereits darauf hingewiesen, daß die Heh-Götter in den Sargtexten in einigen wichtigen Sprüchen, speziell den Schu-Sprüchen CT 75–83, eine große Bedeutung haben. Ergänzend kann ich aber auch auf die königlichen Schutzrituale hinweisen (s. S. 296). Dort spielt eine Heh-Figur beim Schutz des Hauses eine hervorragende Rolle und wird als Gabe auch im Relief dargestellt.

65

WIESE, Anfänge der Stempelsiegel-Amulette, 114. Vgl. HANSEN, Leaping Lizards, 292 zu den Eidechsen, die von Dämonen in den Händen gehalten werden. 67 WIESE, Anfänge der Stempelsiegel-Amulette, 115 f. 66

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Den Zaubermessern sind die Knopfsiegel auch darin verwandt, daß eine ganze Reihe von eher fabelhaften Tieren auf ihnen erscheinen kann (Abb. 30).68 Seth-Tier, Greif, Doppelstier und Schlangenhalspanther sind bereits insbesondere im Zusammenhang der Zaubermesser behandelt worden (s. S. 73–74). Als machtvolle Gestalten, die Feinde vernichten können, dürften sie auch auf den Knopfsiegeln zu verstehen sein. Ein anderer Teil der Knopfsiegel rekurriert deutlicher auf königliche Präsenz, bzw. auf die Macht der dezidiert mit dem König verbundenen Götter und Symbole (Abb. 31).69 In etlichen Fällen gibt es Darstellungen zweier Falken, die antithetisch um ein Anch-Zeichen gruppiert sind. Oft liegt darunter noch ein niedergestreckter Feind, was die Königsmacht noch sichtbarer zum Ausdruck bringt. Wenn statt des gefallenen Feindes auch eine Eidechse oder andere Tiere erscheinen können, so bestätigt dies wohl meine oben geäußerten Bemerkungen, daß derartige Tiere, wenn sie in den Händen der besgestaltigen Götter auftauchen, als zu überwindende Feinde gedacht sind. Im Übrigen weist die axialsymmetrische Komposition dieser Stücke durchaus Verbindungen zu Pektoralen des Mittleren Reiches auf, bei denen ebenfalls die Macht des Königs und der Triumph über Feinde im Mittelpunkt steht.70 Bemerkenswert ist, daß es auch eine Darstellung heraldisch-antithetischer Seth-Tiere gibt, und zwar speziell auf solchen Knopfsiegeln, die als Griffbereich zwei Falkenköpfe aufweisen.71 Hier sieht man, wie im nicht-funerären Bereich Seth in der Ersten Zwischenzeit und im Mittleren Reich durchaus noch als Schützer positiv konnotiert sein konnte – so etwas konnte auch bis in die magischen Zeichnungen auf Papyrus und Leinen der Ramessidenzeit festgestellt werden (s. S. 125). Unter Verzicht auf die explizite Angabe der Königsmachtsymbole können auch allein zwei Feinde dargestellt sein.72 Als weitere Symbole, die für das Königtum und seine Macht stehen, sind auch Abbildungen wie die der roten Krone, der beiden Kronengöttinnen oder der Vereinigung der beiden Länder anzusehen.73 Auch Anch- und Was-Zeichen sind Objekte, die sonst gerne in Verbindung mit dem Herrscher auftreten. Auffällig ist, daß zwar die Symbole des Königtums auf diesen Stücken oft erscheinen, nur sehr selten jedoch konkrete Herrscher mit Namen. Mentuhotep Nebhepetre ist wohl der erste Pharao, der konkret genannt wird.74 Dies vermag nicht zu überraschen, sondern ist politisch bedingt. Erst durch die in seiner Herrschaftszeit erfolgte erneute Vereinigung von ganz Ägypten zu einem großen Territorialstaat hatte ein aktueller König wieder die reale Macht, die ihn als geeignet für die Nennung auf Amuletten erscheinen ließ.

68

WIESE, Anfänge der Stempelsiegel-Amulette, 116 f. WIESE, Anfänge der Stempelsiegel-Amulette, 118–123. Vgl. QUIRKE, Exploring Religion, 135. 70 FEUCHT-PUTZ, Königliche Pektorale, 27–47. 71 WIESE, Anfänge der Stempelsiegel-Amulette, 119 f. 72 WIESE, Anfänge der Stempelsiegel-Amulette, 120 f. 73 WIESE, Anfänge der Stempelsiegel-Amulette, 122 f. 74 WIESE, Anfänge der Stempelsiegel-Amulette, 121. 69

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Erst ziemlich gegen Ende der Periode, in der überhaupt Knopfsiegel produziert wurden, erscheinen sogenannte Glücksymbole bzw. Heilszeichen, also Dinge wie Anch, Nefer oder Djed,75 die später auf Skarabäen nicht selten sind. Nur selten belegt sind Darstellungen wohl von Mädchen mit Kugelzopffrisur, die an einer Lotusblüte riechen (Abb. 32). Die übliche Deutung dieser Darstellungen auf Totenkult76 möchte ich allerdings anzweifeln.77 Eher dürfte es sich um eine Komponente der ekstatischen Feste im Umkreis der Besänftigung der Gefährlichen Göttin handeln, von denen ich oben schon gesprochen habe (s. S. 170). Gleiches gilt m.E. auch für die Darstellung von Akrobatinnen und Tänzerinnen (Abb. 33). Sehr zahlreich sind Darstellungen von einem oder mehreren Kindern (Abb. 34); konzeptuell hierzu zu stellen sind wohl solche Stücke, die als Griff eine stillende Mutter zeigen.78 Der schon oft angesprochene Schutz für das Kleinkind dürfte hier für das Verständnis relevant sein. Gleichermaßen gilt dies für Siegel mit der Darstellung einer Hand (Abb. 35)79 – ich erinnere daran, daß etwa in den Zaubersprüchen für Mutter und Kind in einer Amulettbeschreibung u.a. eben eine Hand, entweder zusammen mit einem Siegel oder eben auf einem solchen dargestellt, konkret genannt ist (s. S. 86). Zahlreich sind verschiedene Tiere sowohl als Darstellung auf der Fläche wie auch als dreidimensionale Form der Siegel.80 Zu ihnen werde ich unten bei der Diskussion der eigentlichen Skarabäen noch mehr sagen. Selten kommt der Stier vor, dagegen ist der Löwe sehr häufig. Auch das Wild der Wüste erscheint, so Antilopen, die gerne zu vier Protomen zusammengestellt und teilweise extrem abstrahiert werden. Auch Hasen sind präsent. Häufig sind Affen in verschiedenen Ausprägungen, mutmaßlich vorrangig Meerkatzen. Für sie ist ein Bezug zum Mythos vom Sonnenauge gut denkbar, wird dort der eine der Protagonisten doch als wnS-gwf bezeichnet, was von den Ägyptologen gerne als „Hundsaffe“ übersetzt wird und als zweiten Bestandteil eben das Wort g|f/gwf „Meerkatze“ enthält.81 Etliche Vögel sind oft in ihrer genauen Art schwer bestimmbar, was entsprechende Probleme in der genauen Ausdeutung mit sich bringt. Zumindest im Falle der reiherartigen Darstellungen kann man die Vermutung aufstellen, daß hier frühe ägyptische Ausprägungen des Benu-Vogels, des Phönix der klassischen Autoren vorliegen – also ein besonders mit dem Sonnengott und dem Kult von Heliopolis verbundenes Tier.82 Käferdarstellungen führen auf die Diskussion zu Beginn dieses Kapitels zurück. Die Biene, die bereits in der Typenfront der Amulette der 1. Zwischenzeit auftaucht (s. S. 52), möchte ich primär als Teil der Königssymbole werten.

75

WIESE, Anfänge der Stempelsiegel-Amulette, 123 f. WIESE, Anfänge der Stempelsiegel-Amulette, 124 f. 77 Vgl. für die Szene des Riechens am Lotus PIEKE, Lotosblume. 78 WIESE, Anfänge der Stempelsiegel-Amulette, 127–129.159 f. 79 WIESE, Anfänge der Stempelsiegel-Amulette, 129–131 80 WIESE, Anfänge der Stempelsiegel-Amulette, 131–153.161–164; KOPP, Elephantine IX, 98–99. 81 Für das Wort und seine griechische Wiedergabe vgl. PRADA, Translating Monkeys; zur Verbindung der Meerkatze mit dem Mythos vom Sonnenauge QUACK, Animals of the Desert, 342.355. 82 Vgl. auch VON WALLENSTERN, Reiher. 76

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Ausgesprochen selten sind Pflanzen und ihre Symbolik (Abb. 36).83 Dagegen gibt es eine reich entwickelte Ornamentik, die zum Teil auf Abstrahierung ursprünglich konkreter angelegter Muster beruhen dürfte (Abb. 37).84 Hier möchte ich es mir ersparen, in die Details weiter einzudringen. Nunmehr komme ich zur Dekoration eigentlicher Skarabäen, die ich in ihrer Vielfalt wenigstens einigermaßen strukturieren möchte. Dabei gehe ich primär thematisch vor, verzichte also auf die detaillierte Behandlung von chronologischen Fragen. Es sollen aber für jede Dekorationsgruppe die erkennbaren Bedeutungen ins Auge genommen werden. Dabei ist ein Grundproblem zu beachten: Die verfügbare Fläche auf einem Skarabäus ist begrenzt; erheblich begrenzter etwa als auf einem Rollsiegel. Dadurch ist meist nur Platz für eine oder allenfalls zwei Figuren, komplexere Interaktionen sind nicht darstellbar. Man kann deshalb oft beobachten, wie manche an sich aus der künstlerischen Tradition bekannten Kompositionsgruppen auf Einzelfiguren reduziert werden. Beginnen möchte ich mit den Königsnamen, die man wohl generell gerne mit Skarabäen assoziiert. Tatsächlich sind sie auch eine recht häufige Gruppe. Ihnen galt früher im Interesse einer historischen Auswertung das primäre Interesse der Skarabäenforschung, und auch heute noch sind sie für manche Epochen, etwa Fragen der Zweiten Zwischenzeit, aus der Argumentation über ägyptische Geschichte nicht wegzudenken.85 Interessanter ist aber im Zusammenhang von Amuletten die Frage, was es bedeutet, wenn ein Privatmann den Namen eines Königs bei sich trägt. Man muß sich dabei darüber klarwerden, daß es sich keineswegs immer um den aktuell regierenden Herrscher handelt. In manchen Fällen sind solche Skarabäen als Erbstücke länger tradiert worden, in anderen aber sind dezidiert posthume Editionen von längst verstorbenen Königen produziert worden. So ist die gesamte Skarabäusdokumentation über Pharaonen des Alten Reiches wie etwa Cheops oder Unas inzwischen als nicht zeitgenössisch erkannt.86 In späterer Zeit stellt sich insbesondere das Problem der Skarabäen mit dem Thronnamen Thutmosis’ III., nämlich Men-Cheper-Re.87 Sein Name dürfte bei weitem der häufigste auf Skarabäen überhaupt sein, und in etlichen Fällen ist es völlig klar, daß die Objekte erst nach seiner Regierung hergestellt wurden, da sie etwa der stilistischen Entwicklung nach sonst nicht passen würden. Zu fragen ist nur, wie man das Phänomen bewertet. Es gibt verschiedene Deutungsansätze. Einerseits gab es die Idee, daß der Name kryptographisch zu lesen sei und gar nicht für den Königsnamen stünde, sondern für den Gott Amun.88 Kryptographie auf Skarabäen ist generell ein Problem (s.u.). Jedenfalls wird bei diesem Ansatz nicht erklärt, warum es gerade der scheinbare Name Thutmosis’ III. ist, der dieser Ehre teilhaftig wird, nicht etwa andere Königsnamen, die

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WIESE, Anfänge der Stempelsiegel-Amulette, 153 f. WIESE, Anfänge der Stempelsiegel-Amulette, 154 f. 85 Vgl. etwa RYHOLT, Second Intermediate Period, 34–65. 86 HORNUNG, STAEHELIN, Skarabäen Basel, 43–48. 87 JAEGER, Scarabées Menkhéperrê. Vgl. auch KESSLER, Rekontextualisierung, 260 f. 88 Dies ist für viele Skarabäeninschriften von DRIOTON, Trigrammes vorgeschlagen worden. 84

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sich mit dem verwendeten Deutungsansatz eigentlich ebenso gut als Kryptographie für Amun deuten ließen. Deshalb möchte ich eine andere Alternative vorschlagen. Thutmosis III. war einerseits ein sehr bedeutender Herrscher, der später einen posthumen Kult besaß, andererseits durch seine Feldzüge in Vorderasien auch ein militärisch sehr erfolgreicher König. Es ist denkbar, daß eben diese Art von Erfolgen als amulettrelevant angesehen wurde – erinnert sei daran, wie auf den Schildamuletten aus Holz etwa Darstellungen des Königs in der Pose eines militärischen Triumphators gerade für die Zwecke eines amulettbasierten Schutzes instrumentalisiert wurden (s. S. 146). Einerseits ist also die Macht des Königsnamens als Schutz und Abwehr von Übel relevant,89 andererseits darf man einen zweiten Punkt nicht außer Acht lassen, nämlich die Loyalitätsbekundung. Wer den Namen seines Herrschers als Siegelamulett verwendet, dokumentiert damit, daß er diesen aus voller Überzeugung unterstützt und ihm eine tatsächliche heilsbringende Macht zutraut. Dem Königsnamen prinzipiell ähnlich ist die bildliche Darstellung des Herrschers, von der es etliche Versionen in verschiedenen Posen gibt – thronend oder stehend, kniend, im Wagen fahrend, in der Sänfte getragen, in der Sonnenbarke, mit einer Reihe unterschiedlicher Attribute, wohl spezifisch in der 25. und 26. Dynastie auch beim Sedfestlauf (Abb. 38).90 Entwicklungsgeschichtlich ist dies wohl eine spätere Phase als die reine Namensnennung. Jedenfalls gibt es sehr wenige Beispiele, die mit irgendeiner Wahrscheinlichkeit vor das Neue Reich datiert werden können – hier sind zuletzt vor allem einige Darstellungen des Königs bei der Jagd, im Krieg, im Umgang mit den Göttern sowie schreitend mit Krone angeführt worden, die eventuell in die Hyksoszeit zurückgehen.91 Ich hielte es für möglich, daß man diese chronologische Entwicklung als Teil eines größeren Phänomens sehen kann, bei dem es darum geht, inwieweit es den normalen Menschen überhaupt gestattet ist, ein Bild des Königs zu besitzen – man denke daran, daß es im Alten Reich gar keine und im Mittleren Reich nur sehr wenige Belege für die Darstellung des Pharao in Privatgräbern gibt.92 Eine spezielle Untergruppe der Königsdarstellungen ist in letzter Zeit in die Diskussion gekommen. Es handelt sich um besonders grob gearbeitete Exemplare mit sehr tief eingekerbtem Schnitt und wenig feinteiliger Ausfertigung, die in großen Mengen bekannt sind (Abb. 39). Sie laufen bei Wiese unter der Bezeichnung „ramessidische Massenware“, was auch mit einem chronologischen Ansatz in der Ramessidenzeit verbunden wird. Dagegen setzt Münger sie erst in die Dritte Zwischenzeit, wobei er zumindest

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Vgl. als Spezialfall CALLENDER, Magical Amulet, wo die Orthographie des Namens Sesostris’ III. mit vier statt drei k#-Zeichen bewußt eingesetzt scheint, um das Konzept der vier glückbringenden Kas einzubeziehen. 90 WIESE, Bild des Königs. 91 KEEL, Nilpferdjagd; DERS., Weiterer Skarabäus; QUIRKE, Birth Tusks, 416–418. 92 RADWAN, Darstellungen des regierenden Königs.

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die archäologische Datierung derjenigen Exemplare auf seiner Seite hat, die aus gesicherten Fundzusammenhängen stammen.93 Jenseits der Datierungsfragen wird man davon ausgehen können, daß der Symbolwert der Königsdarstellungen nicht grundverschieden von dem der Namensnennungen ist. Einerseits geht es hier um Loyalitätsbekundungen des Trägers, andererseits auch um die königliche Macht als Schutz gegen Feinde. Hinzu dürfte noch, vielleicht mehr als bei der reinen Namensnennung, auch eine gezielte königliche Verbreitung von Bildern im Volk intendiert sein, die ein konkretes Königsbild auch propagieren wollte.94 Als nächstes zu nennen sind Heilszeichen insbesondere hieroglyphischer Natur (Abb. 40), wie ich sie oben anhand der Knopfsiegel bereits erläutert habe. Bei ihnen kann es gelegentlich Grenzfälle der Interpretation geben, wo nur reine Hieroglyphenzusammenstellungen vorliegen, und wo möglicherweise Thronnamen wenig bekannter Könige intendiert sind.95 Insbesondere für die Herrscher der 2. Zwischenzeit gab es hier einige forscherische Diskussion.96 Die Tendenz geht heute dahin, angebliche Herrscher nicht anzuerkennen, sofern sie nicht durch andere Dokumente als nur Skarabäen in ihrer Existenz abgesichert sind.97 In diesem Zusammenhang sollte man auch die sogenannte Gruppe der Anra-Skarabäen der Zweiten Zwischenzeit erwähnen.98 Sie zeichnen sich dadurch aus, daß auf ihnen Abfolgen von Zeichen, insbesondere der Arm, der Mund und die Wasserlinie vorkommen, die sich nur mühsam oder gar nicht mehr als sprachlich sinnvoller Text lesen lassen. Während die Heilszeichen reine diskrete Einheiten ohne sequentiellen Zusammenhalt sind, gibt es vor allem im Neuen Reich auch andere Arten von Textträgern, nämlich Inschriften, die insbesondere Maximen sowie Heilsaussagen über Götter enthalten und als echte ägyptische Sätze zu lesen sind.99 Es gibt dort Formeln wie „Möge dein Name dauern und deine Nachkommen existieren“ oder „Amun-Re, möge er sich zur Gnade wenden“.100 Häufig sind auch Aussagen der Art „Eine gute Tat – Ptah vergilt sie“ – vorausgesetzt, daß die Lesung ganz richtig ist, denn hier geraten wir in das heikle Gebiet der Kryptographie.101 Insbesondere Drioton hat mit manchen problematischen Lesungen auch Skepsis hervorgerufen. Hauptkritikpunkt war dabei, daß er gerne nach dem Prinzip

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MÜNGER, Medien und Ethnizität; DERS., References to the Pharaoh, 42–44; vgl. BEN-TOR, MassProduction mit Skepsis hinsichtlich Müngers chronologischer Ansetzung ab Siamun sowie Situierung in einer Werkstatt in Tanis. 94 Vgl. auch KESSLER, Rekontextualisierung, 256–258, der primär an eine Verbindung mit königlichen Erscheinungsfesten denkt. 95 HORNUNG, STAEHELIN, Skarabäen Basel, 168–171. 96 STOCK, Studien, 18–27. 97 HORNUNG, STAEHELIN, Skarabäen Basel, 51. 98 RICHARDS, Anra Scarab; MORENZ, Pseudo-Alphabetschrift. 99 DRIOTON, Maximes. 100 Für letzteres vgl. SCHLÖGL, BUXTORF, Kunst und Handwerk, 27 f., wo das an sich eindeutige AImn-Ro sç#=f |(w) (= r) Htp (mit dem Fleischzeichen für f) mißverstanden wurde. 101 Zur Kryptographie auf Siegeln vgl. JURMAN, Siegelring. Vgl. auch KESSLER, Rekontextualisierung, 262 f.

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der Akrophonie operiert, wobei angeblich jedes Zeichen den Lautwert des ersten Konsonanten eines Wortes hat, das mit ihm geschrieben wird oder dargestellt werden könnte.102 Mit genügend kreativer Phantasie kann man dabei so ziemlich jeden Text produzieren, den man nur will. Ich möchte dies nicht im Detail ausführen; zumindest gibt es tatsächlich klare Fälle, daß auf kleinen Objekten Mottosprüche und religiöse Bekenntnisse verbreitet worden sind – ebenso Propaganda der Produzenten wie Loyalitätsbekundung derjenigen, die sie tatsächlich trugen. Von den kryptographischen Inschriften aus kommt man folgerichtig zur Nennung von Gottesnamen, denn insbesondere Drioton hat für etliche Fälle angenommen, daß auf Skarabäen der getarnt geschriebene Name des Amun vorliegt. Die oben angebrachten Warnungen zur Vorsicht sind auch hier gültig. Zumindest kann der Name einer Gottheit sehr plausibel als Schutzmittel betrachtet werden, und dies ist auch explizit belegt, so in: wnn rn=k r m+.t How n wo nb w@# snb n nt| Hr mw nHm m-o Xnt| sX# nfr n #.t Hrn-Hr nHm m rA n Smw. „Dein Name wird zu einem Schutz der Glieder für einen jeden, Heil und Gesundheit für den, der auf dem Wasser ist; Rettung vor dem Krokodil, eine gute Erinnerung103 im Moment der Gefahr, Errettung aus dem Mund des Heißen“ (pChester Beatty IV rt., 8,3–4). pLeiden I 350, rt. 3,18 gilt der Namen des Amun als Schutzzauber über dem Wasser; 3,21-22 heißt es, ein Einzelner sei wegen seines Namens stärker als Hundertausende.104 Klarer sind dagegen bildliche Darstellungen von Göttern in anthropomorpher Gestalt oder mit Tierkopf (Abb. 41).105 Auch in diesen Fällen spielen Propaganda- und Loyalitätsfragen sicher eine große Rolle, man sollte aber auch den Amulettaspekt beachten.106 Ein Text- oder Bildträger, also etwa ein Skarabäus mit Name oder Abbild eines Gottes, kann die Macht der Gottheit gegen Gefahren instrumentalisieren, die dem Träger drohen. Der Hohepriester des Amun Roma-Roy gibt in seiner Inschrift am 8. Pylon explizit an, der Name des Amun sei für ihn ein Amulett (s#) (KRI IV, 288,5). Dabei sollte man beachten, daß es gerade auf Skarabäen aus dem vorderasiatischen Bereich, besonders während der Mittelbronzezeit, etliche spezifische Motive gibt, die allenfalls mit Einschränkungen in den Bereich der Ägyptologie fallen.107 Heikelster Teil der Deutung von Skarabäen sind wohl die Tierelemente, sowohl als Teil der Basisdekoration als auch als Element, das vor allem im Neuen Reich an die Stelle des Käfers treten kann.108 Die Palette der Möglichkeiten ist relativ reich. Für die

102 Vgl. generell ablehnend zur Akrophonie als Ableitungsmechanismus von Lautwerten DARNELL, Enigmatic Netherworld Books, 14–34.453 f.; zurückhaltend bis skeptisch in Bezug auf Skarabäen HÖLBL, Al Mina, 10 f. 103 Die Korrektur von sX# in s#X, die POPKO (im TLA) vorgeschlagen und LIPPERT, Étiologie, 221 übernommen hat, erscheint mir nicht notwendig. Vgl. ähnliche Phrasen hinsichtlich guter Erinnerung im Zusammenhang antagonistischer Ritualpraktiken bei QUACK, Reinigen, 109 (pChester Beatty IX vs. B 13,1). 104 Vgl. ZANDEE, Hymnen aan Amon, 54 f.59. 105 HORNUNG, STAEHELIN, Skarabäen Basel, 188–193. 106 Vgl. auch KESSLER, Rekontextualisierung, 260 f. 107 Vgl. KEEL, UEHLINGER, GGG, 21–34.44–49. 108 HORNUNG, STAEHELIN, Skarabäen Basel, 106–163; STOOF, Kauroide und Skaraboide, 160–164.

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Rückengestaltung sind vor allem Affen, Capriden (also Steinböcke und Gazellen), Widder, Katzen, Löwen, Nilpferde, Enten, Krokodile, Fische, Igel,109 Frösche,110 selten auch Fliegen belegt. Die derzeit herrschende Interpretationslinie, die auf die Bearbeitung der Baseler Skarabäensammlung aus der Feder von Erik Hornung und Elisabeth Staehelin zurückgeht und teilweise, wenngleich manchmal deutlich abgeschwächt und nuanciert, auch von Magdalena Stoof weiterverfolgt worden ist,111 betont in solchen Fällen standardmäßig den Gedanken von Fruchtbarkeit bzw. Regeneration und Wiedergeburt. Problematisch hieran ist vielfach bereits, daß dadurch den Objekten erst im Grabkontext ihre eigentliche Bedeutung gegeben wird, eine Verwendung zu Lebzeiten dagegen bei einer solchen Interpretationsperspektive zu kurz gerät bzw. gar nicht in den Blick genommen wird.112 Zudem ist die Argumentationsstrategie im Detail oft problematisch.113 Gerne wird von solchen Symbolbedeutungen ausgegangen, die ein Tier seinem natürlichen Verhalten oder seiner Umwelt nach haben könnte – meist ohne daß es irgendwelche ägyptischen Originalquellen gibt, die eine solche Auffassung tatsächlich absichern. Ein gutes Beispiel ist etwa der Buntbarsch Tilapia: Er ist ein Maulbrüter, d.h. die Eltern nehmen bei Gefahr die Jungfische schützend in ihr Maul und speien sie wieder aus, sobald die Lage sicher ist. Das würde im Prinzip unter dem Aspekt „Wiedergeburt“ ein gutes Bild abgeben, aber meines Wissens gibt es im Alten Ägypten weder Texte noch Abbildungen, die darauf Bezug nehmen.114 Für den Frosch wird in der Argumentation sogar gerne darauf zurückgegriffen, daß es auf koptischen Lampen mit Froschdekoration115 Texte über Auferstehung gibt116 – aber es scheint so, als würde die Formel explizit erst auf den spätesten Stücken geschrieben,117 zudem ist es methodisch problematisch, Symbolwerte der christlichen Kultur in die pharaonische Epoche zurückzuprojizieren, und gerade diejenigen Froschlampen mit

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VON DROSTE ZU HÜLSHOFF, Igel, 37–44.151–267; GABODA, Scaraboide. GABOLDE, Notes sur un ‘scarabée de cœur’. 111 STOOF, Ägyptische Siegelamulette (mit Nuancierung auf S. 143–148); DIES., Hasendarstellungen. Ähnlich auch BULTÉ, Ambivalence, und in vielen Fällen ANDREWS, Amulets, 60–67. 112 Vgl. kritisch zum Konzept der „Regeneration“ KESSLER, Rekontextualisierung, 255 f.263 f. STOOF, Ägyptische Siegelamulette, 147 f. betont bereits die primäre Relevanz für die lebenden Träger. ANDREWS, Amulets, 63 setzt für den Frosch bei Mumien den Aspekt der Wiedergeburt an, bei Lebenden den der Fruchtbarkeit. 113 Vgl. auch die Kritik bei KREMLER, Autogenesis, obgleich deren oberflächliche Diskussion von Horapollo (dem sie die Kenntnis ägyptischer Traditionen erheblich zu pauschal und in Unkenntnis der aktuellen Diskussion abspricht) und gänzliche Ignorierung von Chairemon ihren Wert schmälern. 114 Die von mir in QUACK, Geburt eines Gottes, 320.326 f. diskutierte Passage im pBerlin P 15765 a, Z. 5 könnte zwar einen Maulbrüter betreffen, thematisiert jedoch nur Schutz, nicht etwa Wiedergeburt. 115 Zu ihnen LE BLANT, Lampes égyptiennes; WREDE, Lichtbräuche; SELESNOW, Sammlung Kaufmann Band II, 37–41; CALAMENT, Collections inédites, 112–116. 116 SPIEGELBERG, JACOBY, Frosch; HORNUNG, STAEHELIN, Skarabäen Basel, 112; LECLANT, Grenouille; LE MEN, Grenouille; s. zuletzt KAPER, Nefertari and the Frog, 116–118 sowie die kritischen Bemerkungen von KREMLER, Frog Motif. Vgl. FARAONE, Transformation, 64. 117 Mündliche Auskunft C. Nauerth. 110

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expliziter Aufschrift müssen, da es sich um Bibelzitate handelt, als christlich eingestuft werden.118 Zumindest ist der Frosch tatsächlich in der Schreibung von wHm onX „das Leben wiederholen“ belegt und bei Chairemon als Schreibung für „Auferstehung“ genannt.119 Hier sollen also eben deshalb vorrangig andere Interpretationsmöglichkeiten ausgelotet werden. Da sich oben anhand der Textinterpretation ebenso wie der Bilder bereits gezeigt hat, daß die Bezüge des Skarabäus zum Sonnenlauf besonders intensiv sind, sei als Testhypothese aufgestellt, daß Tiermotive auf Skarabäen primär auf solche Tiere zurückgreifen, die in besonders intensivem Bezug zum Sonnengott stehen. Dies scheint sich durchaus erfolgversprechend durchziehen zu lassen, hier nur einige Einzelpunkte. Besonders evident ist der Fall der Affen, speziell Paviane. Sie sind gut bekannt als diejenigen Tiere, welche der morgendlich aufgehenden Sonne als Adoranten dienen.120 Daneben gibt es auch die mit Thot verbundenen Affen, die mit dem Mond zu tun haben und auf den Skarabäen tatsächlich manchmal das Mondsymbol auf dem Kopf tragen. Die Katze dürfte ebenfalls in ihrer Verbindung mit dem Sonnengott keiner langen Diskussion bedürfen.121 Das Konzept des „großen Katers“ in Heliopolis ist ja an sich gut bekannt. Nach ägyptischer Konzeption ist die Katze, wie ich schon bei der Besprechung der Zaubermesser ausgeführt habe, primär in der Bekämpfung von Schlangen bedeutsam. Auch für den Löwen ist eine solare Konnotation nachweisbar, wobei man hier die Frage stellen muß, ob ein besonderer Bezug auf das Götterpaar Schu und Tefnut beabsichtigt ist.122 Jedenfalls gibt Plutarch (Quaestiones convivales IV 5,2) an, die Ägypter würden den Löwen mit der Sonne verbinden. Für den Widder brauche ich wohl keine Detailargumentation zu führen, wird der Sonnengott doch generell in nicht wenigen Situationen widderköpfig dargestellt. Auch für die Fische, insbesondere den Tilapia-Buntbarsch, läßt sich ein Verständnis als Begleiter des Sonnengottes in den Vordergrund stellen. Tatsächlich handelt es sich beim |n.t-Fisch, wie er ägyptisch heißt, zusammen mit dem #b@w-Fisch um die beiden Begleiter der Sonnenbarke.123 Zum Igel gibt es eine etwas kontroverse Forschungsdiskussion. Seine apotropäische Natur wird von Altenmüller angezweifelt (auch wenn er vermutet, der Igelkopf am Bug von Schiffen im Alten Reich stelle eine Form des nächtlichen Sonnengottes dar), während von Falck sie als gegeben ansieht und den Igel als übelabwehrenden Helfer des

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Vgl. die Diskussion bei WREDE, Lichtbräuche, 84, der die Lampen eben wegen ihres „heidnischen“ Dekors nicht später als das 4. Jhd. n. Chr. datierten möchte. Methodisch unreflektiert ist KOLTA, Ei, Hase, Frosch, 276 f., der eine Übernahme des Frosches als Auferstehungssymbol im frühen Christentum annimmt und die neuere Forschung nicht zur Kenntnis nimmt. 119 THISSEN, Hieroglyphen-Buch des Chairemon, 628 f. 120 ASSMANN, König als Sonnenpriester, 49–53; MÜLLER-ROTH, Buch vom Tage, 496. 121 Vgl. QUACK, Tier des Sonnengottes. 122 Vgl. DE WIT, Lion, 198–212.324–332. 123 GAMER-WALLERT, Fische, 111–115; BORGHOUTS, Leiden 348, 210–217.

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Sonnengottes ansieht;124 auch Lippert sieht eine religiöse Bedeutung des Igels insbesondere im Zusammenhang mit Atum.125 Gerade letzteres würde gut zu den hier entwickelten Modellen passen Schwieriger ist es mit dem Wild der Wüste.126 Als Deutungsansatz möchte ich in die Diskussion bringen, daß diese Tiere speziell der Hathor als Tochter des Sonnengottes zugeordnet sind.127 Zumindest gibt es einen originellen demotischen Totentext (pLouvre N 2420 c), in dem diese Tiere sprechen und Hathor explizit als ihre Mutter angeben.128 Gerade die Gazelle ist auch nach dem Mythos vom Sonnenauge als eine der Erscheinungsformen der fernen Göttin, der Tochter des Sonnengottes, nachweisbar. Als Quasi-Annex zu den Tierskaraboiden sollte ich zumindest erwähnen, daß es auch Skarabäen mit Menschenkopf gibt, allerdings spezifisch bei Herzskarabäen (s. S. 190). Weit weniger Anlaß zur Diskussion geben die Pflanzenelemente, die es ebenfalls als Skarabäusdekoration gibt.129 Ich habe sie bereits bei den Knopfsiegeln angesprochen, auch wenn sie auf Skarabäen deutlich häufiger sind. Ornamentale Dekorelemente, etwa Spiralen, sind ebenfalls auf Skarabäen nicht selten130 – eine genaue Diskussion glaube ich mir ersparen zu können. Damit sollten zumindest die wesentlichsten Grundzüge der Skarabäen und ihrer Dekoration dargestellt sein.

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ALTENMÜLLER, Nachtfahrt; VON FALCK, Aegyptiaca Hammonensia, 266–267. LIPPERT, Stachelschwein, 789–792. 126 STRANDBERG, Gazelle. 127 Vgl. QUACK, Animals of the Desert. 128 CHAUVEAU, Glorification. 129 HORNUNG, STAEHELIN, Skarabäen Basel, 164 f. 130 HORNUNG, STAEHELIN, Skarabäen Basel, 166 f. 125

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Amulette in den Funerärkorpora vom Neuen Reich bis zur frühen Spätzeit

8.1

Die Amulettsprüche des Totenbuchs und ihre praktische Umsetzung

8.1 Die Amulettsprüche des Totenbuches

Als nächstes werde ich mich dem Totenbuch zuwenden und spezifisch dem, was darin über Amulette gesagt wird. Das Totenbuch mag in der Vorstellung mancher Ägyptenfreunde als ein sehr amulettreiches Werk erscheinen; vielleicht denkt man sogar, daß jeder der gut 190 Sprüche einem bestimmten Amulett dient. Tatsächlich sieht es anders aus. Der bei weitem größte Teil der Totenbuchsprüche ist nicht als Amulettsprüche zu bewerten. Viele der betreffenden Texte haben entweder gar keine Nachschrift mit überliefert, oder sie zeigt wenigstens keine Tätigkeit, die man als Herstellung, Weihe oder Anlegen von Amuletten bewerten kann. Dennoch gibt es natürlich eine ganze Reihe einschlägiger Sprüche.1 Man tut allerdings gut daran, sich von Anfang an klar zu machen, daß es sich beim Totenbuch nicht um ein geschlossenes einheitliches Ganzes handelt, sondern um eine sehr heterogene Zusammenstellung von autonomen Einzelsprüchen unterschiedlicher Gattung und unterschiedlichen Alters. Dabei sind noch nicht einmal alle ursprünglich funerär; in etlichen Fällen gibt es interne Anzeichen dafür, daß hier ursprünglich in der Welt der Lebenden agiert wurde bzw. selbst da, wo es um funeräre Zusammenhänge geht, der Sprecher wohl ursprünglich nicht der Verstorbene, sondern ein für ihn agierender lebender Ritualist gewesen ist.2 Das Totenbuch ist an sich bis zu einem gewissen Grade einfach eine Weiterentwicklung derjenigen Sprüche, die bereits auf Särgen des Mittleren Reiches überliefert sind – heute als Sargtexte bekannt – und teilweise sogar auf Fassungen in den Pyramiden des Alten Reiches zurückgehen.

1

Vgl. ALBERT, Amulette; VEIGA, Manual, 14–16; REGEN, Archéologie du rituel, 81–86. Vgl. VON LIEVEN, Book of the Dead; QUACK, Purity, 145–150; REGULSKI, Repurposing Ritual, 278–292. S. weiter STADLER, Prätexte; DERS., Nature, der auf Fälle hinweist, in denen funerär überlieferte Texte aus dem Kontext des lebenden Königs stammen dürften. Die von EL-SHERBINY, Through Hermopolitan Lenses, 592 geäußerte Besorgnis, daß eine solche Herangehensweise die Vitalität des Denkens marginalisieren und den Totentext auf die Adaptation eines ursprünglichen Tempeltextes reduzieren könnte, teile ich nicht – im Gegenteil, gerade eine unvoreingenommene Analyse eines ursprünglich anderen Nutzungszusammenhangs kann die Augen nur umso besser für die kreativen Lösungen bei der Überführung in neue Verwendungen öffnen. In der derzeitigen Situation der Ägyptologie ist das weit größere Risiko jedenfalls, daß potentiell andersartige Ursprünge von Funerärsprüchen überhaupt nicht in Betracht gezogen werden. Tatsächlich rechnet SHERBINY, Echos, 48–50 jetzt auch mit einem Ursprung von Texten des Zweiwegebuches und des Totenbuches im Tempelkult. 2

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8 Amulette in den Funerärkorpora vom Neuen Reich bis zur frühen Spätzeit

Das Totenbuch ist zudem zunächst eigentlich kein fester Rahmen. Im Neuen Reich gibt es einen losen Bestand, d.h. etliche prinzipiell verfügbare Sprüche, unter denen individuelle Einzelexemplare jeweils eine Auswahl treffen, und die in Reihenfolge und Umfang sehr divergent sein können. Unter Zählung der meisten (nicht aller!) jemals in einer Totenbuchrolle bezeugten Sprüche sind die modernen Wissenschaftler derzeit bei 194 Sprüchen angekommen3 – hinzu kommen einige mit A und B unterteilte Themavariationen. Von einem festen Totenbuchbestand kann man dagegen allenfalls erst ab der Saitenzeit reden. Damals wurden die Sprüche in eine definierte, relativ feste Reihenfolge gebracht, die offensichtlich auch eine inhaltliche Strukturierung intendiert, und meist auch mit ziemlicher Vollständigkeit in dieser Sequenz niedergeschrieben.4 Die Abfolge dieser späten Systematisierung ist diejenige, nach der die Totenbuchsprüche bis heute zitiert werden, da sie zuerst ins Blickfeld der Forschung geriet und durch die Publikation von Lepsius 1842 zum Referenzobjekt wurde.5 In dieser wird der Bestand auf 162 eigentliche Sprüche beschränkt. Hinzu kommen einige weitere Sprüche, die von Lepsius leider unter einfacher Weiterführung der Kapitelzählung numeriert wurden. Dabei hätte ihn warnen sollen, daß sie schon in der von ihm benutzten Turiner Handschrift der Ptolemäerzeit mit einer eigenen Überschrift als „Sprüche, die zusätzlich zum ‚Herausgehen bei Tage’ aus einer anderen Handschrift geholt wurden“, denn „Herausgehen bei Tage“ ist der innerägyptische Originaltitel dessen, was wir heute als Totenbuch bezeichnen; die betreffenden Abschnitte sind somit zweifelsfrei als eigene Größe definiert, die nicht Teil des eigentlichen Totenbuches ist. Den betreffenden Kapiteln hat später Willem Pleyte eine eigene Studie gewidmet, in der er ihre Menge im Bestand noch erweitert und dabei die Zählung mit Nummern nach hinten verlängert hat.6 Ihre Numerierung mit Nummern als Totenbuchkapitel hat eine unangenehme Folge gehabt. Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts Edouard Naville eine Edition des Totenbuches nach den Zeugen des Neuen Reiches schuf, brauchte er zusätzliche Nummern, da es in dieser Zeit Sprüche in Totenbuchhandschriften gab, die in der saitischen Rezension nicht kanonisiert wurden. Die Zusatzkapitel von Pleytes Edition waren aber in den Handschriften des Neuen Reiches noch nicht belegt, und Naville sah nicht ein, dafür freie Nummern lassen zu müssen. Er hat zwar als getreuer Schüler von Lepsius dessen Nummern 163–165 akzeptiert, nicht aber die von Pleyte hinzugefügten. Stattdessen hat er alle Nummern ab 166 neu mit anderen Sprüchen besetzt, so daß die heutige Forschung in diesem Bereich, also von Spruch 166–174, dann bei jedem Spruch noch in Klammern „Naville“ oder „Pleyte“ hinzufügen muß.7

3 Die letzte Vergabe einer neuen Nummer erfolgte duch DUQUESNE, At the court of Osiris. Daß in Totenbuchhandschriften des Neuen Reiches immer wieder bislang nicht als Totenbuchsprüche inventarisierte Texte auftauchen können, demonstriert zuletzt O’ROURKE, Sobekmose, 108 f. 4 Vgl. QUACK, Redaktion. 5 LEPSIUS, Todtenbuch der Ägypter. 6 PLEYTE, Chapitres supplémentaires. 7 NAVILLE, Todtenbuch, Einleitung, 14.

8.1 Die Amulettsprüche des Totenbuches

183

Ich werde zunächst auf die Amulettexte des eigentlichen Totenbuches eingehen. Im anikonischen Bereich bleibt die Nachschrift zu Spruch 13 (bzw. in der Spätzeit als Variante dazu auch Spruch 121).8 Er soll über einem Kügelchen der Anch-Imi-Pflanze9 gesprochen werden, das dem Toten ins rechte Ohr gelegt wird, sowie einem weiteren, das am Bestattungstag in eine Binde gewickelt wird, auf welche der Name des Nutznießers geschrieben ist. Im Spruch geht es um das Ein- und Ausgehen im Westen. Der Rezitationstext steht in keiner ersichtlichen Beziehung zu den Pflanzen, die allerdings im Folgenden als Element bei Bestattungen noch öfter begegnen werden. Möglicherweise in Bezug zu diesem Spruch bzw. ähnlichen Bräuchen (z.B. im Balsamierungsritual, s. S. 317) steht eine Formel auf der Stele Kairo CG 20564, a13 f., wo es im Bezug auf die Nutznießerin heißt „die Anch-Imi-Pflanze sei an ihren Augen, ihrer Nase und ihren Ohren, die Senupet-Pflanze10 an ihren Gliedern“.11 Ebenfalls im pflanzlichen Bereich bewegt man sich mit Spruch 19, der aber bildlich erheblich konkreter wird. Es handelt sich um den Spruch zum Kranz der Rechtfertigung, ein auch in späten Tempelszenen belegtes Motiv,12 und er soll laut Nachschrift auch über einem Kranz der Rechtfertigung oder nach anderer Lesart einem göttlichen Kranz rezitiert werden, der an den Kopf des Ritualempfängers gegeben wird.13 Dazu gibt es noch Räucherungen. Eher abstrakt ist dagegen das Knotenamulett, das Spruch 50 vorschreibt, zu dem es bereits in den Sargtexten einen Vorläufer gibt (s. S. 84). Gelegentlich gibt es komplexe Arrangements, von denen ich hier nur einige besonders interessante herausgreife. Einen Höhepunkt der Komplexität stellt TB 151 dar, das im Grund eine Art von Verfahrensvorschrift für die Ausstattung einer ganzen Grabkammer ist, und in den Handschriften und in Abbildungen auf den Wänden auch ein entsprechend aufwendiges Layout hat, das teilweise in Richtung einer zentralperspektivischen Schau geht.14 Dabei werden um den Sarg noch magische Ziegel mit Fackel, DjedPfeiler, einem liegenden Schakal und einer Statuette gruppiert. In der Praxis können

8 Für das neue Reich ist diese Nachschrift nur bei Cha und im pBM EA 10471 belegt, s. SCHIAPARELLI, Cha, 36; SHORTER, Religious Text Papyri, 54. Mit der saitischen Rezension wird sie generell üblich, s. MOSHER, Book of the Dead 1, 287–294. Im Sargtext Spruch 340, dem Vorläufer von TB 13, kommt noch keine Amulettangabe in der Nachschrift vor. 9 Zur Frage der botanischen Identifikation s. GERMER, Handbuch, 42 f., die die gelegentlich vorgenommene Identifizierung als Henna-Pflanze für sehr unsicher hält, sowie KEMNA, Im Schatten der Zeder, 97–102, die an ein Zwiebelgewächs denkt. 10 Für die Lesung snw-p.t und nicht einfach snw s. QUACK, BiOr 54, 332. 11 Vgl. für den Text DE MEULENAERE, Retrouvaille; und zur Datierung in die 25. Dynastie LEAHY, Taniy; LICHTHEIM, Tany. S. auch ALTENMÜLLER, Opfertext, 3 f. 12 Vgl. zum Thema DERCHAIN, Couronne de justification. 13 Vgl. zum Text MOSHER, Five Versions, 237–260; DERS., Book of the Dead 2, 121–158; MÜLLERROTH, Kranz der Rechtfertigung. 14 LÜSCHER, Spruch 151; THEIS, Magie und Raum, 538–569; DERS., Magische Ziegel, 85–96; für die späten Textzeugen MOSHER, Book of the Dead 10, 19–74. Dieses Kapitel findet möglicherweise einen literarischen Niederschlag in der Setne-Erzählung pKairo CG 30692, x+1,10–15, wo zumindest Erwähnungen eines Feuerbeckens, eines Ziegels und von Figuren, darunter wohl eine des Hapi, im Text erhalten sind.

184

8 Amulette in den Funerärkorpora vom Neuen Reich bis zur frühen Spätzeit

derartige Objekte in Nischen der Grabkammer untergebracht werden. Diese Grabausstattung hat also eine erhebliche Korrelation zum Totenbuchspruch, der in den Details nachzugehen reizvoll wäre. Ich sehe allerdings von einer genaueren Erörterung deshalb ab, weil ein solch komplexes Arrangement kaum als Amulett definiert werden kann. Am meisten in Richtung Schutz gehen die magischen Ziegel, bei denen auch jeweils eine kurze Rede notiert ist, daß sie Eindringlinge zurückhalten würden. Gemäß der Nachschrift werden solche Inschriften üblicherweise in ungebrannte Schlammziegel eingeritzt, was man auch tatsächlich so archäologisch gefunden hat. Von einiger praktischer Relevanz ist auch Spruch 161. Er hat keine Nachschrift im Sinne einer Handlungsanweisung, wohl aber in den späten Fassungen eine Nützlichkeitsbemerkung.15 Demnach würden jedem Verstorbenen, dem das betreffende Bild auf den Sarg gemalt würde, die vier Öffnungen im Himmel zur Verfügung stehen, d.h. vor allem, die dadurch zugänglichen Winde. Tatsächlich ist dieser Spruch mitsamt seiner Vignette auch realiter gerne auf Särgen des Neuen Reiches aufgezeichnet, besonders auf dem Typ der „schwarzen“ Särge.16 Andere Totenbuchsprüche operieren mit Zeichnungen und Text auf Leinenbinden. Ein Beispiel ist Spruch 101.17 Dieser Spruch ist schon in der Benennung recht uneinheitlich behandelt worden. Im Neuen Reich bieten Yuya, Ptahmose und Nu, sowie aus der 21. Dynastie Gatseschni, bereits mit einigen Varianten, den Titel „Buch zum Zusammenbinden der Worte des Skriptoriums.18 Spruch des Abscheus des Kastens. Was gemacht wird19 an der Kehle dieses Verklärten“.20 Das ist nicht eben klar verständlich. In der Spätzeit normiert man auf „Spruch, die Barke des Re zu schützen“. Der Spruch wird bereits in den einleitenden Formulierungen mit allen Markierungen des arkanen Wissens versehen, das nicht allgemein bekannt sein soll, und ist im Neuen Reich tatsächlich ziemlich selten bezeugt. Er soll auf einer Binde (sSô) aus Byssos rezitiert und geschrieben werden, und zwar nach der besonders ausführlichen Version bei Yuya mit Tinte aus der Holzkohle von Tamariske über Myrrhe, dann am Tag der Bestattung an

15

MOSHER, Book of the Dead 10, 277–306. Vgl. etwa ASSMANN, Amenemope, 247, Taf. LXXVI-LXXVIII. 17 Für das gelegentliche Vorkommen als einzelner Spruch auf Amulettpapyri s. ILLÉS, Single Spell, 123.130; KOCKELMANN, Mumienbinde. 18 Yuya hat statt „des Skriptoriums“ unter Zusammenziehung mit dem nachfolgenden Element knapper „An der Öffnung/dem Spruch (vom) Abscheu des Kastens“. 19 Nu und Ptahmose haben hier ausführlicher „was ein Vater (?) dem Sohn gibt; werde einem Verist allerdings bei Nu in der Lesung eindeutig und keine normale klärten an die Kehle gegeben“; für |ty „Herrscher“ eine gewisse PlausiSchreibung für |t| „Vater“, auch wenn die Schreibung bei bilität für einen solchen Lautwert geben mag und zudem in eindeutiger Schreibung Gatseschni (NAVILLE, Papyrus funéraires II, Taf. XX; LUCARELLI, Gatseshen, 80 f.), belegt ist, s. MILDE, Neferrenpet, 172. Vgl. auch pBM EA 10064, 14,16, wo nach der Umschrift von MUNRO, Paen-nesti-taui, Taf. 21 gerade umgekehrt m @@ s# m |t| „als etwas, was ein Sohn dem Vater gibt“ steht, allerdings ist die Stelle auf dem Photo praktisch unlesbar, das einzige m.E. sichere Zeichen in diesem kurz vor Ende des erhaltenen Bereiches, das mit Munros Umschrift nicht zusamBereich ist ein menpaßt. 20 NAVILLE, Iouiya, Taf. XIII; MUNRO, Totenbuch-Handschriften Cairo, 64, Taf. 57; LAPP, Papyrus of Nu, 81, Taf. 78. 16

8.1 Die Amulettsprüche des Totenbuches

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den Hals des Verklärten gegeben werden. Nun wird ägyptische Tinte generell aus Ruß hergestellt,21 dies ist aber der einzige mir bekannte Fall aus Ägypten, bei dem als relevant angesehen wird, was zur Erzeugung dieses Rußes verbrannt wurde.22 Für die Durchführung wird dem Verstorbenen einerseits verheißen, er würde am Firmament gegenüber Sirius etabliert werden, andererseits auch, sein Leichnam in der Nekropole würde mit seiner Familie ewig zusammenbleiben. Angeblich soll Thot dies für Osiris gemacht haben. Sofern dieser Spruch überhaupt eine Vignette hat, zeigt er den Verstorbenen mit Re und teilweise noch dem Phönix in der Barke. Vermutlich aufgund der Exklusivität dieses Spruches sind konkrete Umsetzungen selten; immerhin ist der Spruch als Einzeltext auf einer Leinenbinde belegt, die um den Kopf der Tadimut aus der 21. Dynastie23 gewickelt war.24 Auch Zeichnungen auf Papyrus sind belegt, so in TB 100 bzw. 129.25 Es handelt sich um „das Buch, einen Verklärten auszuzeichnen, ihn in die Barke des Re angesichts dessen Gefolge steigen zu lassen“. Ich habe oben bereits einmal auf diesen Spruch hingewiesen, da er im pTurin 1858 tatsächlich für sich auf einem Papyrusblatt überliefert ist, dort allerdings mit einer völlig aus dem Rahmen fallenden Zeichnung (vgl. S. 121). Normale Vignette zu diesem Spruch ist vielmehr eine Barke, in welcher der Verstorbene neben Gottheiten, konkret Isis, Thot, Chepri und Schu, steht (Abb. 42). Dieses Bild gehört selbst bei Totenbüchern zum Kernbestand, die sonst mit Vignetten relativ sparsam sind, wie etwa der Papyrus des Nu.26 Dies hängt wohl damit zusammen, daß in der Nachschrift nicht etwa das Bild genauer beschrieben, sondern auf die Zeichnung verwiesen wird. Diese soll auf einem reinen Papyrusblatt aufgezeichnet werden, und zwar mit grünem Frittepulver, vermischt mit Myrrhenflüssigkeit, und dem Verklärten auf die Brust gegeben werden, ohne seinen Körper direkt zu berühren. Reale Umsetzungen dieses Verfahrens in Form konkreter Papyrusamulette sind tatsächlich belegt, d.h. solche, die TB 100 bzw. 129 als einzigen Spruch mit oder ohne Vignette überliefern.27 Der Beschwörungstext paßt gut zur Vignette, denn es geht tatsächlich um die Fahrt in der Barke, so daß die Zeichnung das gewünschte Ergebnis anzeigt. Das Stichwort Papyrusamulette im Zusammenhang des Totenbuches bringt mich dazu, zwei weitere Fälle zu nennen, in denen Totenbuchsprüche für sich auf kleinen

21

ČERNÝ, Paper and Books, 12; CHRISTIANSEN, Black Ink, 168–175. Später gibt es Angaben spezieller Tinten in den gräkoägyptischen Zaubertexten, s. S. 330. 23 Für die Datierung s. NIWIŃSKI, 21st Dynasty Coffins, 110 (zum Sarg Berlin ÄM 11984, in dem diese Mumie lag); meist wird irrig eine Datierung in die späte 20. Dynastie angegeben. 24 Vgl. DARESSY, Procès-verbal, 153 für die Fundlage; DARESSY, Inscriptions, 155 f. für den Text; neben dieser Binde trug die Mumie auch noch ein Papyrusamulett mit TB 166 (Pleyte) am Hals. Zur Verbindung dieses Befundes mit der Handlungsanweisung s. bereits CALUWE, Livre des Morts, XVI. Vgl. einzelne späte Mumienbinden wohl mit nur diesem Spruch bei KOCKELMANN, Mumienbinden, Band II, 202. 25 Die beiden Nummern beziehen sich auf einen im Textbestand fast identischen Spruch, der in der kanonischen Spätzeitfassung zweimal erscheint. 26 LAPP, Papyrus of Nu, 59, Color Pl. II, Taf. 80. 27 ILLÉS, Single Spell; ALBERT, GABOLDE, Papyrus-amulette; FISCHER-ELFERT, Magika Hieratika, 77–81.152–156. 22

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8 Amulette in den Funerärkorpora vom Neuen Reich bis zur frühen Spätzeit

Papyrus, wohl mit Amulettcharakter niedergeschrieben wurden. In Edinburgh gibt es zwei Papyri, die für einen gewissen Payestjenfi ausgestellt sind.28 Der eine mißt 18,5 × 19 cm, der andere 19 × 11 cm. Beide stammen etwa aus der Spätzeit. Der eine trägt Totenbuch Kapitel 1B bzw. 172 (Pleyte), der andere TB 170 (Pleyte). Ersterer trägt den Titel, „Spruch, um die Mumie des NN in die Duat hinabsteigen zu lassen“, der zweite den Titel „Spruch, um die Mumie in den Sarg herabkommen zu lassen“. Beides sind also ausgesprochen funeräre Kompositionen, zudem solche, bei denen es keine Nachschriften gibt, die eine Verwendung als einzelne Amulettexte nahelegen. Seltener als einzelne Amulettpapyri belegt sind auch Spruch 89, 101, 129 und speziell in der Dritten Zwischenzeit 162 und 166.29 Auch die Technik der Bodenbilder ist belegt, konkret im bekannten Spruch TB 125. Es soll mit Ocker auf reinem Boden gezeichnet werden, über den noch kein Schwein oder Kleinvieh getreten ist.30 Da Bodenbilder an sich nicht zu den Amuletten im engeren Sinne gehören (s.o. S. 155), erspare ich mir ein genaueres Eingehen. Von speziellem Interesse ist eine Gruppe von Sprüchen, die vor allem mit der Darstellung von Schiffen zu tun haben und in ihrer Durchführung auf spezifische Tage des Mondzyklus festgelegt werden.31 TB 130 scheint als Bodenbild intendiert zu sein, zumindest nach einigen Versionen (Nu),32 während andere die genaue Anbringung offen lassen und nur generell angeben, man solle mit reinem Ocker zeichnen. Dargestellt werden soll der Verstorbene zwischen der Mesektet und der Mandjet-Barke, also der Tagund der Nachtbarke des Sonnengottes. Das Bild wird noch durch ein Opfer von Brot und Bier, Rindern, Geflügel und Weihrauch geweiht, und zwar am Tag der Geburt des Osiris, d.h. also am ersten Epagomenentag. In der Spätzeit wird diese Nachschrift in ganz ähnlicher Art auch an Tb 153 angehängt, das eigentlich ein „Spruch, um dem Fangnetz zu entkommen“ ist. Hinsichtlich des intendierten Bildtträgers recht problematisch ist TB 133. Er soll über einer Barke von vier Ellen Länge rezitiert werden, die mit grünem Pigment33 gemacht ist. Darin soll das Götterkollegium dargestellt sein; zudem soll ein Sternenhimmel abgebildet werden. Ferner sollen Re sowie der Verstorbene auf einer Schale mit Ocker gemalt und in diese Barke gestellt sein. Das Ganze soll am zweiten Tag des Mondmonats stattfinden, also dem, an dem normalerweise der Mond zum ersten Mal wieder sichtbar ist. Es gibt immerhin eine reale Schale, die mit einem ähnlichen Motiv bemalt ist (Abb. 43).34

28

REYMOND, Two Versions. ILLÉS, Single Spell. 30 LAPP, Spruch 125, 284–287. 31 Vgl. zu dieser Gruppe auch EATON, Mortuary Liturgy, die in einzelnen Details zu korrigieren ist. 32 LAPP, Papyrus of Nu, 83, Taf. 50, Kol. 38 f.; sx# m st| m s.t wob.t „gezeichnet mit Ocker an einem reinen Platz (oder „am Platz der Balsamierung“?)“. 33 Zur lexikalischen Bestimmung von Hsb w#@ vgl. CLÈRE, Recherches. EATON, Mortuary Liturgy, 87 folgt mit „papyrus strips“ einer veralteten Deutung. 34 DE CENIVAL, Livre pour sortir, 36. Vgl. DONNAT, Bol, 213 f. und 227 Anm. 23; WÜTHRICH, Éléments de théologie thébaine, 95. 29

8.1 Die Amulettsprüche des Totenbuches

187

Strukturell gleichartig ist der Spruch TB 134, der auch zum selben Termin ausgeführt werden soll. Dargestellt werden sollen ein Falke mit oberägyptischer Krone, Atum, Schu, Tefnut, Geb, Nut, Osiris, Seth, Isis und Nephthys (also die heliopolitanische Neunheit), die mit Ocker auf eine neue Schale gezeichnet sein sollen. Allerdings wird anscheinend nicht einfach diese Schale als Träger an sich verwendet, sondern sie soll in die Barke gelegt werden, zusammen mit einer Statue des Verstorbenen, von der wenigstens die späte Fassung des Totenbuchs angibt, sie solle aus Pinienholz (oS) hergestellt sein. Der Verstorbene soll – sozusagen protokollarisch korrekt – hinter den Göttern stehen, dann gibt es wieder Opfer von Weihrauch, Geflügel und Grillfleisch. Das Ganze ist laut Titel eine Anbetung des Re am zweiten Tag des Mondmonats. In den Vignetten wird üblicherweise Re allein in der Barke dargestellt. Es gibt Reste von Schalen, in denen derartige Zeichnungen ausgeführt sind.35 Ähnlich – auch in den Problemen – ist auch noch der Befund bei TB 136 gelagert. Hier wird knapper nur angegeben, man solle ein Abbild des Verstorbenen in die Barke stellen, reinigen, räuchern und opfern. Für diesen Spruch gilt als Datum der sechste Tag des Mondmonats. Jedenfalls dürfte deutlich sein, daß all diese Sprüche, deren gemeinsames Ziel es ist, eine Mitfahrt in der Sonnenbarke zu ermöglichen, eng verwandt und kaum unabhängig voneinander entstanden sind. Textlich gehen sie alle auf Einzelpassagen aus dem zurück, was im Mittleren Reich als Zweiwegebuch in einer erheblich größeren Komposition vereint war.36 Sehr dezidiert mit realen Amuletten verbunden sind die Sprüche 26–30, in denen es um das Herz geht.37 Sie sollen offenbar aus unterschiedlichen Materialien hergestellt sein. Einer von ihnen, Spruch 29B, wird im Titel regulär als „Spruch für das Herz aus Kopal (?; shr.t)38“ bezeichnet. Gelegentlich gibt es auch die Bezeichnung „Spruch für ein Herz aus Lapislazuli“ für TB 26, „Spruch für ein Herz aus Feldspat (nSm.t)“ für TB 27 und „Spruch für ein Herz aus Dolerit (?) (n-mH=f) für TB 30B.39 Nur einer von der ganzen Gruppe, nämlich der letzte, Spruch 30B, hat aber je eine konkrete Nachschrift.

35

EATON, VON LIEVEN,

Mortuary Liturgy, 84 f.; TAYLOR, Journey, 49; RAVEN, DEMARÉE, Ceramic Dishes; vgl. Olfactory Senses, 315–318. 36 Vgl. zum Zweiwegebuch an sich bes. BACKES, Zweiwegebuch; EL-SHERBINY, Through Hermopolitan Lenses; eine genauere Untersuchung über das Verhältnis der Versionen des Mittleren Reiches zur Totenbuchfassung steht noch aus. 37 Zugrunde gelegt habe ich die synoptische Edition von LÜSCHER, Mund- und Herzsprüche, 65– 175.184–196. 38 Zur lexikographischen Frage des Minerals vgl. MALAISE, Scarabées de cœur, 47; AUFRÈRE, Univers minéral, 591 f.; VOS, Apis Embalming Ritual, 201 f. Da im Balsamierungsritual des Apisstiers Harz davon verwendet wird, kann die Deutung von BAUMANN, Schatzkammern, 530 f., es handele sich um einen grünen Stein, eventuell Grünen Jaspis, nicht zutreffen. 39 LÜSCHER, Mund- und Herzsprüche, 67.89. In beiden Fällen handelt es sich um seltene Varianten (alle drei bei Nachtamun pBerlin P 3002 bezeugt, die letzte auch bei Ptahmose und pBusca) für Titel, die sonst mit „Spruch, um das Herz des NN ihm zu geben“ (TB 26) bzw. „Spruch, um nicht zuzulassen, daß das Herz des NN ihm genommen wird“ (TB 27) eine funktionale Definition angeben. In der spätzeitlichen Version des Totenbuches kommen ausschließlich die funktional definierten Titel vor, keine über das Material definierten, s. MOSHER, Book of the Dead 2, 276–431.

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8 Amulette in den Funerärkorpora vom Neuen Reich bis zur frühen Spätzeit

Tatsächlich gilt es hier, einen komplexen überlieferungsgeschichtlichen Befund angemessen zu würdigen. Nur in einer einzigen Handschrift befindet sich die betreffende Nachschrift tatsächlich unmittelbar hinter Spruch 30B allein.40 Normalerweise ist es so, daß sie sich auf ein Ensemble bezieht, das aus der Langfassung von TB 64 sowie TB 30B besteht. Dies hat zur Folge, daß selbst in der Spätzeit, als TB 30B üblicherweise mit den anderen Herzsprüchen gruppiert wird, der Spruch dennoch zumindest zusätzlich auch noch bei TB 64 geschrieben werden kann. Offenbar handelt es sich hier um eine fest konstituierte Spruchfolge, auch wenn sich ihr Zusammenhang modernen Forschern nicht leicht erschließt. Nunmehr aber zur betreffenden Nachschrift. Zum einen besteht sie aus einer Auffindungslegende, die Prinz Hardjedef als Finder dieses Spruches angibt, und zwar auf einem Quarzitblock zu Füßen des Gottes, d.h. also der Statue.41 Der andere Teil besteht aus einer konkreten Handlungsanweisung. Es soll ein Skarabäus aus einem bestimmten Material n-mH=f hergestellt werden, das heutzutage meist als Dolerit identifiziert wird,42 in älteren Bearbeitungen findet man auch Nephrit, grünen Jaspis oder noch andere Steinsorten angegeben. Dieser soll in Weißgold (@om) gefaßt sein, der Ring aus Silber. Die meisten Handschriften geben auch noch an, man solle an ihm die Mundöffnung vollziehen und ihn mit Öl salben. Die explizite Mundöffnung dient dazu, das Amulett wahrnehmungs- und kommunikationsfähig zu machen, wobei im konkreten Fall wohl die Sprechfähigkeit im Vordergrund steht.43 Für die Plazierung gibt es eine bemerkenswerte Varianz der Überlieferung. Einige der Handschriften geben an, der Käfer solle an den Hals des Verstorbenen gelegt werden, also die normale Standard-Position. Andere geben konkret an, er solle an den Platz des Herzens gegeben werden. Dies korrespondiert natürlich mit einer Sitte, bei der Balsamierung das Herz nicht im Körper zu belassen, sondern statt seiner eben einen Herzskarabäus in die Brust zu legen. Tatsächlich handelt es sich hier um einen derjenigen Fälle, bei dem die theoretische Anweisung und die archäologisch faßbare Realität sich besonders intensiv berühren. Es gibt nämlich in großer Zahl spezielle Skarabäen, eben die Herzskarabäen.44 In vielen Publikationen werden sie mit normalen Skarabäen zusammen aufgenommen, was ich für sachlich falsch halte und bewußt nicht mitmache. Durch Material, Beschriftung und Plazierung sind sie gleichermaßen deutlich von einfachen Skarabäen unterschieden, und damit korrespondiert auch eine real deutlich unterschiedliche Funktion. Für die Herzskarabäen ist sie durch die Totenbuchsprüche, insbesondere Kapitel 30B, die auf ihnen als Beschriftung angebracht sind, recht deutlich definiert. Es soll verhindert werden, daß das Herz beim Totengericht seinen Herrn zu einer Verurteilung bringt, indem

40

LÜSCHER, Mund- und Herzsprüche, 172–175.194, dort Amenhotep (pParma 104+105). Vgl. zu Hardjedef als Entdecker von Texten STADLER, Weiser und Wesir, 70–72.83–89; demnächst im Detail QUACK, Buch vom Tempel. 42 Für das Problem der Identifizierung s. MORARDET, Pierre mH. Vgl. LEITZ, Menu-Lied, 225. 43 Vgl. für die Verwendung des Mundöffnungsrituals an Herzskarabäen QUACK, Miniaturisierung, 359. 44 MALAISE, Scarabées de cœur. 41

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189

es negative Dinge über ihn äußert. Unter den real verwendeten Materialien gibt es grünen Jaspis, aber auch Feldspat, Porphyr, Serpentin, Nephrit und grünen Basalt. Bevorzugt werden somit dunkelgrüne, meist relativ harte Gesteine. Seltener sind schwarze Exemplare, ab und an gibt es auch blaue aus Fayence und Lapislazuli, die letztlich die Materialangabe zu TB 26 umsetzen. Sie sind meist in Käfergestalt mit flacher Basisplatte, auf der normalerweise der betreffende Spruch steht. Der Kopf kann auch als Menschenkopf stilisiert sein. Die ältesten Herzskarabäen Ägyptens stammen aus der Zweiten Zwischenzeit.45 Eines der allerfrühesten Exemplare ist königlicher Herkunft, nämlich der Skarabäus des Pharaos Sobekemsaf I. (17. Dynastie). Andere Exemplare könnten sogar aus der 13. Dynastie stammen. Ein frühes Exemplar, das in Abydos gefunden wurde, ist dadurch auffällig, daß es sich um eine Goldplatte mit dem betreffenden Spruch handelt, auf deren Rückseite ein ovaler Ring als Fassung des heute verlorenen Käfers speziell angebracht war. Dies zeigt besonders gute Übereinstimmung mit den praktischen Angaben der Nachschrift; auch in der 18. Dynastie gibt es ähnliche Goldfassungen. Noch älter ist die älteste Bezeugung des Spruches 30B an sich, nämlich auf einem Sargbrett aus dem Grab einer Prinzessin bei der Pyramide Amenemhets II. In der 18. Dynastie scheint es üblich gewesen zu sein, daß der Herzskarabäus an einem Ring mit Kette getragen wurde, also außerhalb der Mumienbinden auf der Brust ruhte. Spätestens ab Amenhotep III. wird eine andere Art der Einbettung recht üblich, nämlich die Integration in ein Pektoral. In dieser Anbringung wird der Skarabäus dann oft von Isis und Nephthys flankiert. Damit wird er sozusagen zu einem Abbild des morgendlichen Sonnengottes, der auf den Armen von Isis und Nephthys aufgeht.46 Ab der 21. Dynastie wird der Herzskarabäus oft ohne weitere Fassung und Aufhängung in den Mumienbinden auf der Brust untergebracht. Ausnahmsweise schon in der 21. Dynastie, mit einiger Beliebtheit aber vor allem ab der Saitenzeit, wird dann der Herzskarabäus tatsächlich in den Brustkorb oder die Bauchhöhle gesetzt, das entspricht auch den späten Versionen der Handlungsanweisung im Totenbuch. Hinsichtlich seiner Verbreitung sollte man noch sagen, daß keineswegs alle Mumien ohne Ausnahme einen Herzskarabäus aufwiesen; er scheint insbesondere in der Oberschicht und im Königshaus verbreitet gewesen zu sein. Auffällig ist, daß es eine Käfergestalt ist, die sich für diese Amulette durchgesetzt hat. Prinzipiell sollte man bei einem Herzersatz primär eine herzförmige Gestalt erwarten. Tatsächlich gibt es im Amulettbestand der Ersten Zwischenzeit auch etliche herzförmige Amulette (s. S. 51.52.54), und auch in späteren Epochen sind sie bezeugt (s. S. 261). Auf den Herzamuletten ist öfters auch ein Phönix abgebildet, und damit zeigen sie Verbindungen zu Spruch 29B des Totenbuches, in dem der Verstorbene sich als Phönix, Seele des Re bezeichnet.47 Ein Grund für die Wahl des Skarabäus könnte sein, daß im Spruch 30B des Totenbuches gerade vom Herz der Verwandlungsformen (Xpr.w) die

45

QUIRKE, Thirteenth Dynasty Heart Scarabs; MINIACI, HAYNES, LACOVARA, Heart-scarabs. FEUCHT, Pektorale, 4–19. 47 Auf einem Pektoral findet sich dieser Spruch z.B. Kairo CG 12196, s. REISNER, Amulets I, 136. 46

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8 Amulette in den Funerärkorpora vom Neuen Reich bis zur frühen Spätzeit

Rede ist; ein anderer, weitaus mehr praktischer mag darin liegen, daß sich die Skarabäusform mit ihrer flachen Basis damals bereits als geeigneter Träger für Texte etabliert hatte. Eine Sondergruppe unter den Herzskarabäen sind solche mit Menschenkopf.48 Ebenfalls amulettmäßig relevant und mit realen archäologischen Objekten korrelierbar ist Kapitel 89. Ausgewiesenes Ziel dieses Spruches ist, daß der Ba, also die bewegliche Seele, auf den Leichnam eines Menschen trifft. Dies wird auch unmittelbar greifbar inszeniert, indem nämlich gemäß der Nachschrift ein Ba-Vogel aus Gold, mit Edelsteinen eingelegt, auf die Brust des Mannes gelegt werden soll. Tatsächlich sollte man aber betonen, daß diese Nachschrift zunächst selten ist. Unter den Exemplaren des Neuen Reiches habe ich sie bislang nur im Papyrus Ani nachweisen können.49 Selbst in späterer Zeit ist sie alles andere als üblich. Diese Zurückhaltung in der Niederschrift der betreffenden Angabe korrespondiert wohl auch damit, daß der Seelenvogel als reales Amulett zwar belegbar ist, aber ganz eindeutig nicht in vergleichbarer Menge wie der Herzskarabäus. Zudem ist zu beachten, daß Sargtext Spruch 100, der zumindest für erhebliche Teilbereiche der direkte Vorläufer zu TB 89 ist, eine ganz andere Praktik angibt, nämlich eine flüchtige Zeichnung des Ersten der Westlichen auf die Hand des Nutznießers (s. S. 152). Zumindest die konkreten Beispiele von Ba-Vogel-Amuletten passen insofern gut zu den textlichen Angaben des Totenbuchspruches, als sie tatsächlich gerne aus Gold mit entweder echten Steinen oder deren Imitation in farbiger Glaspaste bestehen.50 Es gibt solche, die in mehr hieroglyphischer Wiedergabe rein seitlich mit anliegenden Flügeln angelegt sind, aber auch Fälle, daß die beiden Flügel ausgebreitet sind, wodurch das Objekt reale Dreidimensionalität erreicht. Die meisten dieser Ba-Vögel stammen aus der Spätzeit. Gleich zwei weitere Sprüche sind für ein sehr häufiges Amulett relevant, nämlich das Papyrusamulett (Abb. 44).51 TB 160 ist ab der 18. Dynastie konkret belegt. Er wird als „Spruch für das Papyrusamulett aus grünem Feldspat (nSm.t)“ bezeichnet.52 Laut Nachschrift, die allerdings erst in der spätzeitlichen Fassung des Totenbuches bezeugt ist, soll der Spruch auf ein Papyrusamulett aus grünem Feldspat geschrieben und dieser dem Toten um den Hals gehängt werden. In den spätzeitlichen Handschriften wird dieser Spruch als „anderer Spruch für das Papyrusamulett aus Feldspat“ eingeleitet, denn dort geht ihm noch TB 159 voraus, der im Neuen Reich nur selten im privaten Bereich, bei Tutanchamun auch in einer königlichen Bestattung belegt ist (allerdings ohne explizite Nachschrift).53 Die spätzeitliche Nachschrift dieses Spruches ist mit der von TB 160 praktisch identisch.

48

GABER, Scarabées de cœur; LORAND, Quatre scarabées de cœur. DONDELINGER, Papyrus Ani, Taf. 17. 50 Literaturangaben in D’AURIA, LACOVARA, ROEHRIG, Mummies & Magic, 184 Kat. 131. 51 Zu ihm s. MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 252–267. Vgl. MOSHER, Book of the Dead 10, 233–274. 52 Vgl. dazu STADLER, Weiser und Wesir, 247–252; SILVERMAN, Amulet of Feldspar. 53 PIANKOFF, Chapelles, 32, Pl. IV; bemerkt auch von BEINLICH, Totenbuch bei Tutanchamun, 11 u. 17 Anm. 25; SILVERMAN, Spell 159, 745. Dort steht der Spruch vorwiegend im Zusammenhang mit 49

8.1 Die Amulettsprüche des Totenbuches

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Bei der Korrelierung mit den realen Amuletten ist zunächst die Datierungsfrage zu beachten.54 Textlich sind w#@-Amulette, wie ich bereits oben (S. 61) ausgeführt habe, schon in den Sargtexten (sowie im pRamesseum VIII, 1,x+6) belegt. Allerdings könnte es sich, nach Darstellungen in den Objektfrisen zu urteilen, bei den Objekten des Mittleren Reiches um größere Perlen, nicht um papyrusförmige Szepter handeln.55 Als Objekte gibt es w#@-Szepter möglicherweise als Beigaben im Grab KV 55 (vermutlich Semenechkare) angeblich unter den Gründungsdeposita,56 vielleicht aber eher als Teil des Inhalts einer Kiste, eventuell im Zusammenhang mit Geräten des Mundöffnungsrituals – sofern es sich überhaupt um Papyrusszepter handelt und nicht um Schlegel oder Keulen.57 Als reales Objekt, das mit dem Anfang dieses Spruches beschriftet ist, kann man das Amulett des Meri-Meri aus grüner Fayence (Leiden AD; Leemans G. 1565) nennen, das noch unter Amenhotep III. datieren dürfte;58 daneben das Amulett des Baki (Kairo CG 5423) und das des Hapi (Kairo CG 5424).59 Zudem sind Papyrusamulette im Grabschatz des Tutanchamun am Ende der 18. Dynastie belegt,60 wobei sie zunächst vorrangig ein Privileg des königlichen Umfelds und heiliger Tiere bleiben.61 Eventuell ins Neue Reich

kryptographisch geschriebenen Unterweltsszenen (DARNELL, Solar-Osirian Unity, 36–162.470), daneben auch wenigen anderen Totenbuchsprüchen. 54 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 261 f. 55 Vgl. JÉQUIER, Frieses d’objets, 49 f. 56 DAVIS, Tiyi, 29 Nr. 25, Taf. II Nr. 6. Ohne Angabe von Gründen (vielleicht aufgrund einer Verwechselung von Teye, der Davis das Grab KV 55 zugeschrieben hat, mit Tiaa, der Mutter Thutmosis’ IV.) schreibt MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 261 diese Objekte der Zeit Thutmosis’ IV. zu. 57 Die Dokumentation des Befundes ist extrem schlecht, entsprechend gibt es erhebliche Probleme. Daressy, in: DAVIS, Tiyi, 28–31 listet diese Stücke unter der Überschrift „Foundation Deposits“ auf und spricht von Objekten, die in „this hidden place“ deponiert wurden, ohne daß im Text eine Referenz für das Demonstrativpronomen ersichtlich ist oder klar würde, wo die Objekte gefunden wurden; in seiner Liste nennt er 14 Exemplare, die er drei verschiedenen Typen zuweist. GABOLDE, Akhenaton, 259 bezeichnet die Objekte als Stäbe vom Typ Hm. MARTIN, Canopic Jar, 118 Nr. 21 spricht von „12 [or rather 13] papyrus columns“. BELL, Armchair Excavation, 103 bezeichnet sie als „papyrus columns“, meint aber, sie ähnelten der Hm-Keule. Zudem gibt sie an, es würden 13 Objekte existieren, während Daressy nur 12 angäbe. HELCK, Grab Nr. 55, 17 mit Anm. 111 nennt, sogar unter expliziter Berufung auf Bell, wieder 14 Objekte, die er als Papyrusamulette betrachtet, und leitet daraus im Hinblick auf die Gesamtzahl der Objekte im Hinblick auf Ayrtons Angabe von 156 Stück die Folgerung ab, diese Papyrusamulette könnten nicht dazu gehören. 58 BOESER, Gräber, 6, Taf. XX. Für den Hinweis danke ich Beatrix Gessler-Löhr. 59 REISNER, Amulets I, 29. 60 SETON-WILLIAMS, Tutanchamun, 173 Abb. 120. 61 Vgl. DESTI, Dieux, 95 Nr. 41 für ein derartiges Objekt aus einer Apis-Bestattung unter Ramses II.; DERS., S. 70 Nr. 19 für ein Papyrusamulett des Prinzen Chaemwaset; GOMBERT-MEURICE, Amulette, 114 Nr. 42 für eines, das mit dem Namen des Wesirs Paser beschriftet war, aber ebenfalls bei der Bestattung des Apis gefunden wurde. S. aber SCHNEIDER, Life and Death, 146 f. Nr. 222B für ein Papyrus-Amulett des Amennacht aus Feldspat, das mutmaßlich ins Neue Reich datiert. Weitere beschriftete Papyrusamulette bei LEEMANS, Monumens II, Taf. XLVII Nr. 1565, 1566, 1567, 1568 u. 1570; DERS., Description, 159.

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zu datieren ist auch ein mit diesem Spruch beschriftetes Papyrusamulett aus dem Bereich des Ramesseums (Philadelphia E 13413).62 Erst ab etwa der 21./22. Dynastie sind Papyrusamulette in allgemeiner Verbreitung, wobei der Höhepunkt der Bezeugungen in der 26. und 30. Dynastie liegt.63 Die reale Freigabe für die Bevölkerung läge somit spürbar später als die Verfügbarkeit des Texts an sich, der schon in Totenbuchhandschriften der 18. Dynastie für Privatleute zur Verfügung steht. Allerdings sollte man betonen, daß der Spruch 160 im Neuen Reich noch sehr selten ist. Mir bekannt sind nur zwei Quellen, nämlich der Papyrus des Nebseni sowie der Papyrus Busca,64 wobei letzterer ohnehin einen ungewöhnlich großen Bestand an Amulettsprüchen hat, einschließlich mancher, die keinen Eingang in das normale Totenbuch gefunden haben. Demnach harmonisieren Textvorkommen und Realvorkommen doch einigermaßen. Eine gute Korrelation ergibt sich auch für das Material, bei dem grüner Feldspat bzw. Amazonit tatsächlich deutlich überwiegt, hinzu treten gelegentlich andere grüne Steine, die vielleicht als Ersatz verwendet sind oder auch von den Ägyptern mineralogisch nicht klar unterschieden wurden. Seltener sind Hämatit, Lapislazuli und Karneol oder noch andere abweichende Steine. Meist sind diese Papyrusszepter als Form frei gearbeitet, aber es gibt auch welche, die auf einer Fläche aufsitzen. Die Vignetten der Totenbücher sind gelegentlich so stilisiert, als ob TB 159 für das frei gearbeitete, TB 160 für das auf Fläche aufliegende Papyrusamulett intendiert ist.65 Übliche Deutung in der Forschung ist, daß das Papyrusamulett als Quasi-Schriftzeichen für die Wurzel w#@ „frisch, grün sein“ stehen würde und somit den Träger jung erhalten bzw. ihm Regenerationskraft geben solle.66 So plausibel das an sich klingt, so auffällig weichen die Inhalte ab, die in den Sprüchen tatsächlich thematisiert werden. In Spruch 159 geht es um jemanden, der auf die Stimme einer Großen aus dem Haus des Gottes kommt, welche im Tor der beiden Häuser umherläuft und die Zaubermacht ihres Vaters erhält, mit ihren Gefolgsleuten in Kontakt tritt und hier und dort etwas bewirkt. Demnach ist die Verbindung zu einer Göttin in diesem Spruch das relevanteste, und hierfür ist wesentlich, daß in der ägyptischen Kultur nach der 18. Dynastie traditionell weibliche Gottheiten ein Papyrusszepter tragen, männliche dagegen ein Was-Szepter.67 Der expliziteste Text hierzu befindet sich im demotischen Mythos vom Sonnenauge. Die Passage lautet im Zusammenhang: „Die Berge grünen mit echtem Malachit, so wie die Papyrusstaude(?), die wächst. – Er vergleicht den Malachit, der ein Stein ist, der im Berg entsteht, mit der Papyrusstaude(?), die im Wasser wächst. „Malachit“ aber sagt er zum Stein, den man an das Auge gibt – welches Sachmet und Bastet

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SILVERMAN, Spell 159. MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 261 f.267; HÜTTNER, Mumienamulette, 37–39.154–158. 64 LAPP, Papyrus of Nebseni, Taf. 30; CREVATIN, Libro dei morti, 48.96.115. 65 Für reale Papyrusamulette auf einem Täfelchen s. z.B. HÜTTNER, Mumienamulette, 39.158. 66 So bereits PETRIE, Amulets, 12. Später z.B. MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 254; RITNER, Mechanis, 51; HÜTTNER, Mumienamulette, 37; DESTI, Dieux, 70: „Elle symbolise la verdeur et la fertilité, mais aussi la végétation naissante et, au-delà, la résurrection“. 67 SETHE, Papyrusszepter; AUFRERE, sceptre de papyrus. 63

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ist – um es schön zu machen, um es zu besänftigen; welcher der Malachit aus Glasfluß ist, der in den Amuletten des „Besänftigens der Sachmet“ verwendet wird, mitsamt dem Papyrusstengel, mit dem man sie friedlich stimmt, bedeutend: „Du bist die Herrin des Malachit und des Papyrus.“ Das ist der Papyrusstengel, der in der Hand jeder Göttin ist, bedeutend: „Wir, wir sind die Herren der Dokumente – welche Papyrusrollen sind – so wie das Mekes-Szepter, welches in der Hand der männlichen Götter ist, in welchem das Protokoll des Landes ist, bedeutend: „Wir, wir sind die Herren des Landes.“ (6,3–13). Demnach ist das Papyrusszepter also ein spezifisch weibliches Herrschaftssymbol von Gottheiten, und sowohl am Material als auch am Objekt hängt die Intention, die Gottheit friedlich zu stimmen. Das paßt sowohl zur Amulettverwendung als auch zum Wortlaut des Spruches TB 159 deutlich besser als die heutigen Forschermeinungen. Die spezifische Verbindung zu weiblichen Gottheiten findet sich auch in einer Passage des Mundöffnungsrituals (Szene 51). Dort wird das Erscheinen der Wadjit, Herrin von Nebui, thematisiert, der ein Papyrusszepter als Attribut zugewiesen ist.68 Andere Themen finden sich in TB 160. Der Spruch lautet „Ich bin dieses Papyrusamulett aus grünem Feldspat, das sich nicht entzündet,69 welches Thot mit seiner Hand hochhebt. Sein Abscheu ist Verletzung. Ist es unversehrt, so bin ich unversehrt, und umgekehrt. Wird es nicht verstümmelt, so werde ich nicht verstümmelt, und umgekehrt. Wird es nicht geschlagen, so werde ich nicht geschlagen, und umgekehrt. Was Thot sagte:70 ‚Dein Halswirbel ist in Frieden gekommen,71 Großer von Heliopolis, Großer, der in Buto ist. Dann ging Schu zu ihm und fand ihn in Schesmu in diesem seinem Namen Feldspat, der seinen Platz im Bereich des großen Gottes einnimmt. Atum ist zufrieden mit seinem Auge. Die Glieder des NN sollen sich nicht entzünden.“ Der Text arbeitet vor allem ein Wortspiel zwischen dem Material Feldspat (nSm.t), der Stadt Ssmw sowie der Aussage „sich nicht entzünden“ (nn Ss(m)) heraus. Die Symbolik ist in sich schlüssig, aber wiederum nicht gerade das, was in der ägyptologischen Diskussion in den Vordergrund gestellt wird. Ebenfalls zwei verschiedene Totenbuchsprüche sind auf einen häufigen Amulettyp bezogen, nämlich das Udjat-Auge (Abb. 45).72 Dies ist als Objekt in Ägypten schon ab dem späten Alten Reich positiv belegt und immer einer der häufigsten Amulettypen überhaupt gewesen.73 TB 167 ist bislang spezifisch für die 18. Dynastie und dort nur einmal, nämlich im Papyrus des Nebseni belegt.74 Der Spruch hat keinen Eingang in die

68

QUACK, Mundöffnungsritual Tebtynis, 97 f. Die genaue Bedeutung des seltenen Worts Ss ist unsicher, vgl. eventuell WB IV, 543, 1; allerdings wäre angesichts der Wortspiele eher ursprüngliches Ssm anzusetzen, was die späten Textversionen zumindest am Schluß des Textes noch korrekt überliefern. 70 So mit pBusca, die späten Textzeugen haben „dann sagte Thot“. 71 So mit pBusca. Die späten Textzeugen lassen ç#s.t=k aus und formulieren „willkommen in Frieden“. 72 GRIFFITHS, Eyes; KOEMOTH, Osiris-lune; vgl. auch ROSSO, Nouvelle tentative (mit vielen kühnen Assoziationen, die das Thema des Udjat-Auges oft verfehlen). Zur Vokalisation s. EDEL, Neue Deutungen, 8–13. 73 Vgl. MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 86–177. 74 LAPP, Nebseni, Taf. 65. 69

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saitische Kanonisierung des Totenbuches erhalten. Sein Titel lautet „Spruch, das UdjatAuge zu bringen“. Eine Nachschrift ist nicht überliefert, wie bei Nebseni Nachschriften ohnehin oft verkürzt sind oder ganz fehlen. Im Spruch geht es darum, daß Thot das Udjat-Auge zurückgeholt und besänftigt hat, nachdem Re es ausgesandt hatte und es wütend war. Mit diesen leider recht knappen Angaben ordnet sich die Situation in den Komplex der Augensagen ein, die relativ schwierig sind und bei denen gerne in der Forschung unterschiedliche Konzeptionen miteinander vermengt werden.75 In diesem konkreten Fall handelt es sich darum, daß der Sonnengott die Göttin losschickt, um seine Feinde zu besiegen. Eine bekannte Ausprägung ist etwa der sogenannte Mythos von der Vernichtung des Menschengeschlechts, auch als Buch von der Himmelskuh bezeichnet.76 Von Thot heißt es mehrfach, daß er auszieht, um das Horusauge zu finden, und es heil und wohlbehalten antrifft. Dabei wird auch das Motiv aufgegriffen, daß er es besänftigt. Die Besänftigung der Göttin ist natürlich ein Ritualverfahren, mit dem man sich vor ihren potentiell gefährlichen Einflüssen schützen will. Im pBusca wird ein Spruch überliefert, der in der Literatur gelegentlich als Variante zu TB 167 bezeichnet wird,77 tatsächlich aber inhaltlich ein ganz eigener Spruch ist, der bislang keine Numerierung als Teil des Totenbuches erfahren hat. Dort lautet die Nachschrift „dieser Spruch wird rezitiert über einem Udjat aus b|#, in Gold gefaßt.“ Möglicherweise soll es an den linken Arm gegeben werden, doch ist der Papyrus an dieser Stelle beschädigt und auf dem publizierten Photo schlecht lesbar.78 Der Spruch selbst ist ein Reinigungsspruch, der keinerlei Berührungen mit dem Thema des Udjat-Auges aufweist und in anderen Textzeugen teilweise auch mit anderen Objekten wie dem Papyrusszepter verbunden wird. Sein eigentlicher Zusammenhang wird später, bei der Besprechung der Reinigung Pharaos, klarer werden (s. S. 283). In der Handschrift folgt auf ihn noch ein Spruch, dessen Titel wenigstens in der Photographie schlecht lesbar ist (eventuell k|| rA n […] n nb.w @@.w r XXw [n NN] „ein anderer Spruch für das […] aus Gold, das an den Hals [des NN] gegeben wird“),79 der aber sonst vor allem zum Darreichen von breiten Kragen bekannt ist – allerdings nicht aus dem Totenbuch. Er ist aus den Pyramidentexten als Spruch 600 bekannt und dient dort zur Pyramidenweihe, später erscheint er im täglichen Tempelritual, im Mundöffnungsritual und in vielen Tempelszenen.80 Er kann entweder für das Umlegen von breiten Halskragen gebraucht werden oder auch für das Anlegen eines bestimmten Mantels, sein

75

Vgl. etwa SETHE, Sonnenauge; KEES, Mondsagen. HORNUNG, Mythus von der Himmelskuh. 77 CHIAPPA, Papiro Busca, unnumerierte Tafel. CREVATIN, Libro dei morti, 50 f. verzichtet zu Recht auf diese Etikettierung und verweist auf die Parallelen im Goldamulettetext sowie der Reinigung Pharaos. 78 Vgl. CREVATIN, Libro dei morti, 98. 79 CREVATIN, Libro dei morti, 50.118 ediert ihn so, als sei es ein Teil des vorangehenden Spruches, aber die Schlußformel in Kol. 444 f. schließt letzteren eindeutig ab. 80 GRAEFE, Verarbeitung von Pyramidentexten; EGBERTS, Substanz und Symbol, 76; COPPENS, Wabet, 110–113. Der Anfang ist in einem Atum-Hymnus auf einer Stele des Neuen Reiches (MMA 12.182.2) belegt, s. HASSAN, Stela of Idini, Z. 2 des Textes. 76

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tragender Gedanke ist die Geste des Umarmens, die mit dem Verhalten von Atum gegenüber Schu und Tefnut verbunden wird. Eben dies kann sich sowohl in der Art, wie ein breiter Halskragen den Hals umfaßt, als auch ein Mantel den Körper, gut repräsentiert finden. Sehr viel ausführlicher ist TB Spruch 140, der allerdings erst ab der späten Saitenzeit sicher belegt ist.81 Der Originaltitel lautet „Das Buch, das beim Füllen des Udjat-Auges gemacht wird am letzten Tag des zweiten Monats der Peret-Jahreszeit.“ Der Spruch soll über einem Udjat-Auge aus echtem Lapislazuli oder Granat, in Gold gefaßt, rezitiert werden, ihm soll angesichts der Sonne, wenn sie sich am letzten Tag des zweiten Monats der Peret-Jahreszeit zeigt, geopfert werden. Außerdem soll man ein anderes Udjatauge aus rotem Jaspis herstellen, das auf alle Körperteile des Mannes gegeben wird. Der Sprecher des Spruches erhält die Aussicht, in der Barke des Re zu sein und wie einer der begleitenden Götter. Für das Opfer werden noch vier Altäre für Re-Atum, vier Altäre für das Udjat-Auge und vier für die Götter angegeben, jeder mit Weißbrot versehen, nach anderer Version auch noch mit Früchten, Kuchen, Weihrauch und gegrilltem Fleisch. Der Spruch selbst thematisiert hauptsächlich das Aufgehen der Sonne und die Jubelreaktion darauf. Weiterhin wird betont, Thot habe das Auge vor seinem Herrn gezählt, dies wird mit dem Thema des Triumphs und der Rechtfertigung gegen Feinde verbunden. Das „Füllen“ des Udjat-Auges ist dabei eine rituelle Handlung, die auch aus anderen Quellen bekannt ist.82 Die Handlung an sich zeigt deutlich die lunaren Konnotationen des Horusauges. Eben weil der Mond ständig Phasen hat und nur sehr gelegentlich voll ist, besteht immer ein Bedürfnis, ihn zu zählen und dann in seinem unversehrten Zustand bestätigt zu finden. In den Tempeln der griechisch-römischen Zeit gibt es elaborierte Darstellungen des „Eintretens in den Mond“ durch ein Götterkollegium, die sogenannte „thebanische“ Neunheit, die aus 15 Göttern besteht. Dabei werden dem Mondauge verschiedene Mineralien und Pflanzen dargebracht. Angespielt wird darauf etwa im Balsamierungsritual, wo man vom Mond spricht, der das Udjat-Auge füllt (9,8); auch pBM EA 10209, 3,4 steht das Füllen des Udjat-Auges deutlich in lunarer Konnotation; ähnlich pLouvre I 3079, 111,1 = pBM EA 10208, 2,13.83 Die Notwendigkeit einer Füllung und Kontrolle setzt eine vorherige Verminderung und Verletzung voraus. Verständlicherweise sprechen die Texte hiervon ungern, aber man kann doch noch erkennen, daß es sich um eine Aktion des Seth handelt. Im Kampf hat er dem Horus ein Auge ausgerissen, es zerstückelt, darauf herumgekaut und ähnliches.84 Für die ägyptische Kultur war es zentral, daß dieses Auge trotzdem heil und unversehrt zurückerstattet wurde (wobei Thot eine Schlüsselrolle bei der Behandlung

81 Z.B. VERHOEVEN, Iahtesnacht, Band 1, 262–265; Band 2, 97*–99*; GASSE, Pacherientaihet, 103– 105.242–244. 82 AUFRÈRE, Univers minéral, 211–277; HERBIN, Hymn. 83 HAIKAL, Nesmin, Band 1, 36.63, Band 2, 20.39 Anm. 13.62. 84 Vgl. etwa RUDNITZKY, Horusauge.

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des Auges einnimmt);85 entsprechend dient „Horusauge“ auch als Standardbezeichnung einer Opfergabe im Ritual.86 Man würde prinzipiell annehmen, daß eben dieser Aspekt, die Überwindung einer Verletzung, für die Ägypter bei der Auswahl dieses Objektes als Amulett der entscheidende war. Der Totenbuchspruch TB 140 betont jedoch andere Aspekte. Ihm geht es zwar auch um die Freude der Götter, die als generelle Markierung für Sieg und Triumph gegen Feinde verstanden wird – das liegt nicht weit ab von der Überwindung der Verletzung. In der Nachschrift wird jedoch mehr die Möglichkeit für den Ritualnutznießer hervorgehoben, im Gefolge der Götter dabeizusein. Betrachtet man die Häufigkeit, mit der das Udjat-Auge in allen möglichen Zusammenhängen auftauchen kann und etwa gemeinsam mit Uräusschlangen ein Standardelement der Amulettstreifen und -papyri des Neuen Reiches ist, dürfte es sich um ein ziemlich generelles Schutz- und Heilsymbol handeln. Außerhalb des Totenbuches ist ein Spruch zum Schutz einer Frau im Geburtshaus mit dem Udjat-Auge verbunden (pBrooklyn 47.218.2, x+5,2–6).87 Darin wird in der Rezitation das hellstrahlende (çHn.t) bzw. grüne (w#@.t) Horusauge angesprochen, das seinen Herrn durch seine Flamme schützt. Es wird aufgefordert, alle konkreten Gefahren zu beseitigen. Als Amulett verwendet wird ein Udjat-Auge aus Fayence, das auf eine snbPflanze, die auch sonst häufig in Amuletten vorkommt (s. S. 295), aufgefädelt und um den Hals gegeben wird. In diesem Fall wird also nicht explizit auf den Aspekt der Restituierung des Horusauges rekurriert, sondern seine Eigenschaft als feuerspeiende Stirnschlange ins Zentrum gerückt. Das Udjat-Auge hat als lange in Gebrauch befindliches Amulett eine formale Entwicklung durchgemacht.88 Ich werde hier nicht auf die Details der Proportionierung oder Stilisierung seiner Einzelteile eingehen – das ist datierungsrelevant, aber für die Symbolbedeutung weniger wichtig. Bedeutsamer sind die Sonderentwicklungen, die es in manchen Epochen gibt, als man sich nicht mehr mit der einfachen Form begnügt, sondern Zusatzelemente anfügt. Ein frühes Beispiel gibt es im Grabschatz des Tutanchamun.89 Ein Udjat-Auge aus Karneol zeigt vorne zusätzlich noch eine gekrönte Uräusschlange, deren Leib in das Auge übergeht. Dieser königliche Beleg steht scheinbar zuerst isoliert dar, allerdings gibt es dieses Motiv zumindest auf Modeln aus der Ramessidenzeit.90 Erst in der Dritten Zwischenzeit kommt es dann zu einer ausgesprochen fruchtbaren und formreichen Entfaltung der Möglichkeiten der Kombination des Udjat-Auges mit anderen Gestalten. Einerseits kann es eine Vermehrung geben, in dem Sinne, daß man nicht mehr ein einzelnes Auge darstellt, sondern vier gemeinsam (Abb. 46), gelegentlich

85 Besonders gut bezeugt ist dies im Sargtextspruch 335 (CT IV 232a–239a) und seinem Nachfolger TB 17 (LAPP, Spruch 17, 112a–119a); s. RÖSSLER-KÖHLER, Kapitel 17, 160.218–219. 86 Vgl. QUACK, Opfertheologie, 251 f. 87 GUERMEUR, Histoire de sorcière. 88 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 86–177. 89 Farbabbildung in SETON-WILLIAMS, Tutanchamun, 151 Abb. 96, 153 Abb. 98 u. 157 Abb. 101; EDWARDS, Tutankhamun, 146. S. auch PATRÍCIO, Millennial Protection, 334–336. 90 HERMANN, Formen, 62–64.

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sogar noch größere Gruppen. Das stellt sozusagen eine Potenzierung der Amulettwirkung dar, gleichzeitig ist vier eine wichtige Zahl, die vor allem mit den vier Hauptrichtungen zu tun hat. Daneben können in die freien Bereiche des Udjatauges zusätzliche Elemente integriert werden. Eine Möglichkeit sind etwa kleine weitere Udjat-Augen. Daneben gibt es auch Affen, normalerweise stehend und adorierend, oder Katzen. Uräusschlangen sind ebenfalls ein beliebtes zusätzliches Motiv. Auch die Beine und Klauen von Geiern tauchen auf. Gelegentlich sitzt oben auf dem Schminkstrich eine Löwin. Das Auge kann auch in eine Rosette eingebettet sein; oder als doppelseitiges Amulett mit einem Beskopf auf der Rückseite gestaltet werden. Auf den Sinn dieser ganzen Zusätze werde ich in größerem Detail bei der Besprechung der Amulette der Dritten Zwischenzeit zurückkommen (s. S. 235), da sie vom Thema des Totenbuches eher wegführen. Für jetzt sei nur die generelle Bemerkung gestattet, daß die Frage der gefährlichen Göttinnen und ihrer Besänftigung von besonderer Wichtigkeit ist. Zwei weitere in der Praxis wichtige Amulette erscheinen bereits im Neuen Reich im Totenbuch, nämlich das Djed-Zeichen und das Tit-Amulett (Abb. 47).91 Prinzipiell erwähnt wird der Djed-Pfeiler bereits in der älteren Totenliteratur, also den Pyramidenund Sargtexten (PT 389b, 1301c; CT I, 303b; IV, 332c u. d; V, 251b; VI, 165b; VII, 38i), dort fehlt aber eine genauere Ausarbeitung des Themas. Beide Objekte werden erst in Spruch 155 und 156 des Totenbuches ins Zentrum gestellt,92 die schon in der 18. Dynastie gerne nebeneinander stehen – dann allerdings oft mit 156 vorangehend.93 Sie sind, wie die ähnliche Stilisierung und Gleichartigkeit der Ritualhandlungen zeigt, auch recht ersichtlich gemeinsam komponiert worden. Da die Deutung der Amulette ziemlich umstritten ist, möchte ich die relativ kurzen Sprüche hier im vollen Wortlaut geben. Spruch 156 lautet: „Dein Blut gehört dir, Isis! Deine Ach-Macht gehört dir, Isis! Dein Zauber gehört dir, Isis! Amulette94 sind der Schutz dieses Großen, damit kein Verbrechen gehen ihn begangen wird. Dieser Spruch wird rezitiert über einem Tit aus Karneol, eingerieben mit Flüssigkeit der Anch-Imi Pflanze, aufgefädelt auf Bast (?; x.t) der Sykomore, an den Hals dieses Verklärten gegeben. Was den betrifft, für den dies gemacht wird, so sind die Ach-Mächte der Isis der Schutz seiner Glieder. Horus, Sohn der Isis, jubelt darüber, wenn er sich sieht, wie ihm kein Weg unzugänglich ist, sein Arm zum Himmel, sein Arm zur Erde. Ein Mittel, millionenfach (bewährt).“

91 Vgl. zu ihnen SCHÄFER, Blut der Isis; DERS., Djed-Pfeiler; OTTO, Verhältnis von Rite und Mythus, 14 mit Verweis auf SAAD, Saqqara and Helouan, Taf. XIVb; AMANN, Anthropomorphisierte Vorstellung; DIES., Djedpfeiler; BERGEROT, BERGEROT, Ptah; speziell zu den Amuletten MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 336–354.393–404; HÜTTNER, Mumienamulette, 46–48.55 f.162–173.178–180. 92 Vgl. für die gemeinsame Erwähnung noch in späten Funerärtexten PRIES, Aussagekraft, 226 f. sowie zu einem Aufgreifen einzelner Elemente aus TB 155 in einer Szene der Anbetung des Osiris Wenennefer in Philae COPPENS, Wabet, 114–116. Für eine Studie zu den unterschiedlichen Versionen von Spruch 156 insbesondere auf der Basis später Totenbuchhandschriften im Louvre s. MASPERO, Mémoire, 1–14. Vgl. MOSHER, Book of the Dead 10, 161–198. 93 LAPP, Nu, 41. 94 Die Lesarten der Handschriften sind hier uneinheitlich; ich folge Nu nach LAPP, Nu, Taf. 79, Z. 1 f. sowie Naville Pb und Ab. Andere Versionen (Naville Fa und Ik) haben „das Udjat-Auge“.

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Spruch 155 lautet: „Dein Rücken gehört dir, Müdherziger! Deine Wirbel gehören dir, Müdherziger! Meine Arme sind an deiner Seite, damit ich dir Wasser unter dich gebe. Siehe, ich habe dir einen Djedpfeiler aus Gold geholt, mögest du darüber jubeln. Dieser Spruch wird rezitiert über einem Djedpfeiler aus Gold, aufgezogen auf Bast (?; x.t) der Sykomore, dem Verklärten an den Hals gegeben. Er kann bei den Toren der Unterwelt in sxm eintreten, ohne daß man ihn abhält und abwehrt, wenn er sich zeigt am ersten Tag des Jahres wie die Gefolgsleute des Osiris.“ Man kann vermuten, daß die Kürze der Sprüche nicht unwesentlich damit zusammenhängt, daß sie auf den Objekten selbst niedergeschrieben werden sollten (und gelegentlich tatsächlich auf ihnen belegt sind),95 folglich nur eine begrenzte Schreibfläche zur Verfügung stand. Tatsächlich kann man auf den realen Objekten gut verfolgen, daß sogar dieser relativ kurze Rezitationstext teilweise schon zu lang für eine vollständige Wiedergabe war und kürzere Versionen gebildet werden.96 Hier wird also der Djed-Pfeiler mit dem Rücken des Osiris, das Tit-Zeichen mit dem Blut der Isis zusammengebracht. Die Forschung hat sich nicht allzu gern davon leiten lassen.97 Heutzutage vermutet man eher, daß es sich beim Djed-Pfeiler ursprünglich um einen Holzpfahl gehandelt hat, an dem in mehreren Etagen Garben und ähnliche vegetabile Elemente aufgesteckt wurden.98 Rezent wurde dagegen vorgeschlagen, daß es sich um das Becken und die Lendenwirbel eines Rindes handeln könne.99 Dies ist eine ausgesprochene Außenseiterposition, die in der betreffenden Publikation neben anderen Theorien steht, die etwa im Anch-Zeichen ursprünglich einen Brustwirbel sehen wollen,

95

Beim Djed-Pfeiler das Stück aus dem Grab des Tutanchamun; s. SETON-WILLIAMS, Tutanchamun, 172; BEINLICH, SALEH, Corpus, 89 Nr. 256kk; beim Tit-Amulett Louvre N 4568, s. MASPERO, Mémoire, 2 f.; Kairo CG 5357, s. REISNER, Amulets I, 20; Leiden B 176, s. SCHNEIDER, Life and Death, 145 f. Nr. 220 (beschrieben, aber die beschriftete Seite nicht abgebildet; ob identisch mit einem der beiden weiteren Objekte); Leiden, LEEMANS, Monumens II, Taf. XLVII Nr. 1331 u. 1332; Louvre N 4566 – E 74, ZIEGLER, Bijoux, 38. Ein beschriftetes Djed- und ein beschriftetes TitAmulett stammen aus dem Grab von Yuya und Tuya, s. DAVIS, Tomb of Iouiya and Thouiyou, 33 f. Vgl. auch Kairo CG 5382, wo ein doppeltes Tit-Amulett mit dem Text von TB 6 beschriftet ist (REISNER, Amulets I, 23) sowie Berlin o.Nr., s. LEPSIUS, Denkmäler Text I, 16, wo ein Tit-Amulett eine relativ unklare Anrufung trägt. Für eines aus dem Grab der Königin Tiaa s. JENNI U.A., Tiaa, 62–63. 96 Von den in der vorherigen Anmerkung genannten Stücken haben der Djed-Pfeiler aus dem Grab des Tutanchamun sowie das Tit-Amulett Kairo CG 5357 den vollständigen Rezitationstext (ohne paratextuelle Angaben) mit einigen textkritischen Varianten; die Tit-Amulette Leiden B 176, Louvre N 4568 und Louvre N 4566 – E 74 dagegen nur den Anfang des Spruches. Von den Objekten aus dem Grab von Yuya und Tuya ist der Spruch für den Djed-Pfeiler vollständig; der für das Tit scheint hinten unvollständig und verderbt. 97 Ablehnend z.B. KEES, Götterglaube, 97; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 339; zumindest skeptisch M. SMITH, Following Osiris, 108. Man sollte betonen, daß die Belege vor dem Neuen Reich den Djed-Pfeiler nicht etwa eindeutig in einem anderen als osirianischen Zusammenhang zeigen, sondern nur zu knapp sind, um irgendwelche belastbaren Aussagen zu machen. 98 SCHÄFER, Blut der Isis; DERS., Djed-Pfeiler. Vgl. auch PETRIE, Medum, 31, der vorschlägt, es handele sich um eine in Staffelung dargestellte Reihe von Säulen, und dies später (PETRIE, Amulets, 15 Nr. 20) in dem Sinne ausbaut, es könne sich ursprünglich um die vier Himmelsstützen gehandelt haben. 99 GORDON, SCHWABE, Quick, 95–125. Vgl. auch FILLER, Historical hypothesis.

8.1 Die Amulettsprüche des Totenbuches

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im Was-Zeichen einen Rinderpenis. Mir scheinen gerade sehr alte detaillierte Formen aus dem Djoser-Bezirk, die deutlich eine Verschnürung angeben,100 nicht eben für eine solche Annahme zu sprechen; zudem deutet seine meist grüne Farbe auf vegetabile Natur.101 Für das Tit-Zeichen hat insbesondere Schäfer auf die strukturelle Ähnlichkeit zum Anch-Zeichen hingewiesen, auch Fälle aufgezeigt, in denen es quasi ein solches vertritt. Mutmaßlich handelt es sich dann um ein zusammengeknotetes oder gebundenes Gebilde am ehesten textiler Natur.102 Schäfer betont, daß es vor dem Neuen Reich keine sicheren Belege gäbe, welche diese Zeichen klar mit Osiris und Isis verbinden würde.103 Das mag alles an sich historisch gesehen so sein, für die Frage des synchronen Verständnisses der Amulette und ihrer Symbolik ist allerdings relevant, was die Ägypter selbst sich bei ihnen gedacht haben, und hier sind eben doch die Sprüche des Totenbuches maßgeblich, unabhängig davon, ob sie etwas anderes als das Verständnis des Alten Reiches von diesen Objekten wiedergeben. Hier muß eine zweifache Parallelisierung hervorstechen. Das eine, grammatisch maskuline, Objekt wird mit Osiris, das andere, grammatisch feminine, mit Isis verbunden. Beim männlichen Part wird der Rücken thematisiert, beim weiblichen das Blut. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß hier Bezug auf Vorstellungen von Zeugung genommen wird. Einerseits gibt es eine ägyptische Vorstellung, daß Rücken und Penis eng miteinander verbunden sind; sie werden etwa als eine einheitliche Osirisreliquie des Gaues von Mendes in der Kanopenprozession von Dendera aufgeführt (Dendara X, 89,9 u. 160,3) und erscheinen auch im Handbuch der Mythologie des Deltas im Abschnitt über Mendes zusammen (pBrooklyn 47.218.84, x+11,10–12,1).104 Speziell für den Djed-Pfeiler relevant ist, daß er in vergöttlichter Form im unpublizierten demotischen magischen Text pBM EA 10378 rt. x+4,x+14 als Herr des Phallus (m@y) bezeichnet wird. Andererseits sind ohne weiteres Verbindungen des Blutes – spezifisch Menstruationsblut – der Isis zur Gebärfähigkeit zu ziehen.105 Unabhängig davon, ob diese Überlegungen zutreffen, muß man allerdings betonen, daß die im Text explizit aufgegriffenen Motive eigentlich andere sind. Von Isis werden spezifisch die Zaubermächte als Schutz reklamiert, bei Osiris ist die Vorstellung des ungehinderten Zugangs im Jenseits primär. Außerdem sollte man grundsätzlich erwähnen, daß das Djed-Zeichen das Schriftzeichen für das ägyptische Wort für „Dauer“ ist, somit eine rein hierin liegende Symbolik nicht unwahrscheinlich ist. Zu bemerken ist, daß es eine einmalig bezeugte umgeschriebene Version dieser beiden Sprüche gibt, in denen gerade der Verweis auf Rücken und Blut fehlt (s. S. 320 f.). Ferner sei auf eine

100

SCHÄFER, Djed-Pfeiler, 424 f. MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 339.341. 102 Vgl. JAMES, Khentika, 25, Taf. XVI, wo im Alten Reich (6. Dynastie) ein dem Tit-Symbol sehr ähnliches Zeichen erscheint, das allerdings statt einer einfachen Schlinge oben einen menschlichen Kopf hat und auf der Brust getragen erscheint. 103 SCHÄFER, Djed-Pfeiler. 104 Vgl. YOYOTTE, Les os; BEINLICH, Osirisreliquien, 262; MEEKS, Mythes et légendes, 262–265; ZIVIE-COCHE, Banebdjed, 762 f. 105 Vgl. WIEDEMANN, Blutglaube, 63 f.; QUIRKE, Exploring Religion, 58–60. 101

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mutmaßliche Bezeugung in der Anweisung für die Gravur eines Ringes in einem griechischsprachigen magischen Papyrus hingewiesen (s. S. 335). Aufschlußreich für das Verständnis der beiden Amulette ist auch eine Passage aus dem Ritual zur Abwehr des Aggressiven. Dort heißt es „Isis, ihre Zaubermacht ist bei ihr. Der Djedpfeiler ist unversehrt, das Tit-Amulett ist geliebt.106 Schutz ist um den Mattherzigen“ (Urk. VI, 91,10–15). Man erkennt somit, daß auch hier die beiden Objekte mit Isis und Osiris verbunden sind, wobei allerdings das Tit-Amulett mehr das ist, mit dem Isis aktiv Schutz ausübt, der Djedpfeiler dagegen etwas, das zum Schutz des passiven Osiris verwendet wird, dem somit letztlich beide Objekte zugute kommen.107 Weiterhin ist zu beachten, daß der Djedpfeiler mit dem Konzept des Wohlbehaltenseins assoziiert wird (o@ bzw. in der protodemotischen Übersetzung w@#), das Tit-Amulett dagegen mit Liebe. Ersteres paßt zur Bedürfnislage des Osiris, letzteres zur Rolle der Isis als liebender Gattin. Westendorf hat spezifisch vorgeschlagen, im Tit-Symbol einen Tampon zu sehen, mit dem sich ursprünglich die schwangere Isis gegen Fehlgeburt geschützt habe.108 Auf die teilweise recht heiklen Elemente seiner Argumentation möchte ich hier schon aus Raumgründen nicht eingehen. Jedenfalls sind inzwischen zwar einige Praktiken gegen Fehlgeburt bekannt, keine davon verwendet jedoch einen Tampon. Zu erwähnen ist auch, daß das Tit-Amulett als solches auch im Spruch 75 des Totenbuches auftaucht. Dort geht es darum, nach Heliopolis zu gehen, und ein Teilpunkt dabei ist, daß das offenbar anthropomorph gedachte Tit-Amulett dem Sprecher die Arme reicht.109 Spezifisch zum Djedpfeiler sollte beachtet werden, daß er auch eine lokal memphitische Konzeption hat. Hier ist er einerseits selbst als „edler Djed-Pfeiler“ (@ô Sps|) vergöttlicht, andererseits wird er gerne mit zwei Ba-Vögeln abgebildet, die zumindest in jüngeren Texten als Schu und Tefnut verstanden werden (vgl. S. 229).110 Sie werden dann mit Ptah verbunden.

106 Diese in der Orthographie eindeutige Stelle deutet darauf hin, daß auch im pBerlin P 3164, rt. 6 „Das Tit-Amulett ist geliebt“ zu verstehen ist; andere Vorschläge bieten HERBIN, Trois papyrus, 136 und PRIES, Aussagekraft, 227 mit Anm. 32. 107 In der protodemotischen Übersetzung heißt es dabei noch deutlicher „wobei sie den Schutz des Osiris bilden“. 108 WESTENDORF, Beiträge, 144–154. Skeptisch dazu ist MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 525 Anm. 451. 109 Vgl. für aktiv handelnde (und mit Armen versehene) Hieroglyphen PRIES, ἔμψυχα ἱερογλυφικά, 461–465. 110 KÁKOSY, Memphite Triad.

8.1 Die Amulettsprüche des Totenbuches

201

Sehr viel harmloser in der Interpretation sind zwei Kapitel, die erst in den späten Versionen des Totenbuches auftauchen, nämlich Kapitel 157111 und 158, die beide Halskragen behandeln. Im ersten geht es um einen Kragen in Geierform.112 Er soll aus Gold angefertigt und auf ihn der betreffende Spruch geschrieben sein. Am Tag der Bestattung soll er dem Toten als Schutz gegeben werden. Der Beschwörungstext thematisiert hauptsächlich Isis, die nach ihrem Sohn Horus sucht, als er aus den Marschen auszieht. Es geht offensichtlich darum, daß er den Kampf um die Herrschaft sucht und siegreich besteht. Seine Mutter Isis steht ihm bei und vertreibt alle Feinde vor ihm. Demnach ist die Konstellation wohl so zu verstehen, daß man im Geierkragen ein Abbild der Isis sieht. Dabei spielt sicher auch ein Wortspiel eine Rolle, denn „Geierin“ (nr|.t) hängt im Ägyptischen mit der Wurzel für „schaudern, erschrecken“ (nr+) zusammen. Noch kürzer ist TB 158, der nicht vor der Spätzeit belegt ist und dem Breiten Kragen gilt.113 Dieser soll nach den Angaben der Nachschrift aus Gold gefertigt und an den Hals des Toten gegeben werden. Der Text ist in seinem Wortlaut nicht ohne Probleme. Versuchsweise übersetze ich, vorrangig nach dem Papyrus des Nespasef, „Mein Vater ist ein Pfeilerhafter, meine Mutter ist eine Pfeilerhafte. Löst mich, damit ich sehen kann! Ich bin einer von den Gelösten, die Geb sehen werden.“114 Das klingt zunächst recht änigmatisch. Man kann zumindest vermuten, daß ein Wortspiel zwischen dem Wort „lösen“ (sfX) und dem breiten Halskragen (wsX) intendiert ist. Inhaltlich gibt es allerdings noch einen auffälligen Bezug, der verfolgt werden sollte. Die Koppelung des Konzeptes vom „Lösen“ mit dem Sehen des Geb erinnert spezifisch an den dramatischen Text des Nutbuches. Dort heißt es im Bezug auf die Dekansterne „Der Name dessen, der sich löst, wird genannt, wenn er sich aus dem Haus des Geb begibt“ (§ 99a).115 Auch sonst begegnet im betreffenden Text das Konzept, daß der Wiederaufstieg des Sternes zum Himmel aus der Unterwelt mit einer Loslösung von Unreinheiten verbunden ist.116 Damit sind die eigentlichen Amulettkapitel des Totenbuches abgeschlossen. Zumindest kurz erwähnt werden soll TB 166, ein Spruch zur Kopfstütze (Abb. 47). Sie ist nicht aus sich heraus ein Amulett, kann aber fallweise durch Miniaturisierung zu

111 MOSHER, Book of the Dead 10, 199–216. SILVERMAN, Spell 159, 755 Anm. 53 behauptet unter Berufung auf ALLEN, Going Forth, 155, es gäbe Papyri der 18. Dynastie mit Spruch 157. Das dürfte auf einer Verwechselung mit Spruch 156 beruhen; für 157 gibt ALLEN keine Handschriften des Neuen Reiches an, sondern basiert auf dem spätzeitlichen pRyerson. Nach der Datenbank des Totenbucharchives ist der Spruch 157 im pMarseille 292 aus der 3. Zwischenzeit belegt, s. MEEKS, Deux papyrus funéraires, 298. Im Neuen Reich belegt ist er derzeit nur im pBusca, und dort in einer Sektion von Amulettsprüchen, die nicht zwingend als Totenbuchsprüche zu bewerten sind (s. S. 282). 112 Vgl. SHORTER, Funerary Amulets, 175. 113 SHORTER, Funerary Amulets, 175 f.; MOSHER, Book of the Dead 10, 217–232. Vgl. den real mit diesem Spruch beschrifteten spätzeitlichen Kragen BRESCIANI, PERNIGOTTI, GIANGERI SILVIS, Ciennehebu, 82 f., Taf. XXXIV. 114 Vgl. auch VERHOEVEN, Iahtesnacht, Teil 1, 327; ich verstehe m##=sn als für die Spätzeit normale Schreibung von m##.t|=sn. 115 VON LIEVEN, Grundriß, 82.162–164.416. 116 VON LIEVEN, Grundriß, 167.

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einem solchen gemacht werden. Zumindest im pBusca ist dieser Spruch in einer Sequenz von Amulettsprüchen belegt, in deren Zusammenhang er genauer behandelt werden soll (s. S. 283). Komplex ist der Befund für TB 175,117 das nicht regulär Teil des Totenbuches ist118 und zudem aus mehreren Teilen besteht, von denen nicht alle in allen Handschriften präsent sind. Für den ersten Teil (TB 175 A) bietet ausschließlich das Totenbuch des Cha (Turin 8438) die Angabe, es solle über einer Figur des Thot aus Fayence rezitiert werden, die dem Nutznießer an die Hand gegeben werde.119 Da Thot eine der wesentlichen Gestalten dieses Abschnittes ist, der einen Dialog zwischen Atum und Thot darstellt, ist der Bildbezug relativ deutlich. Für den Schlußbereich (TB 175 C) wird von allen Handschriften angegeben, der Spruch solle über einer Darstellung des Horus (stattdessen bei Cha des Nutznießers) aus Lapislazuli rezitiert werden, die an den Hals gegeben wird und auf Erden ein großer Schutz ist. Es soll einen Mann im Jenseits trefflich machen, Beliebtheit bewirken und ihn von Gewalttaten von Göttern sowie allen üblen Dingen erretten.120 Die etwas ausführlichere Fassung dieser Nachschrift im osirianischen Ritualpapyrus pBM EA 10081 spricht, leider schlecht erhalten, zusätzlich davon, daß Horus in der rechten Hand seine Hoden,121 in der linken ein Herrschaftszeichen hielte, vermutlich auf Papyrus gezeichnet wird, und vor ihm geopfert und geräuchert werden soll.122 Horus ist keiner der Protagonisten des Textes, wird aber am Schluß der Rezitation als Thronnachfolger bekräftigt, so daß ein bildlicher Rekurs auf ihn nachvollziehbar ist. Speziell im pBM EA 10081 gewinnt das Bildprogramm dadurch an Kohärenz, daß diese Handschrift am Ende von TB 175 B eine sonst nicht überlieferte Handlungsanweisung bietet, derzufolge der Spruch über einer Figur des Osiris aus Fayence rezitiert werden soll, die mit Gold geschmückt ist, an der die Rituale vollzogen und die beopfert wurde123 – verbunden wird dies mit Ächtungsritualen gegen Seth.124 Das Nebeneinander der Figuren von Osiris und Horus kann damit sowohl die verflossene als auch die aktuelle Königsherrschaft anzeigen.

117 Eine nicht sehr zuverlässige Bearbeitung bietet WÜTHRICH, Formule; speziell für die späte Version GILL, Pawerem, 551–583.938 f. Für eine Bezeugung einer kurzen Passage dieses Textes im Tempel von Hibis s. GILL, New Light. Eine Neubearbeitung durch Daniela Luft ist in Vorbereitung. 118 Zur Frage, was tatsächlich ein Totenbuchspruch ist, s. LUFT, Osiris-Hymnen, 302–336. 119 WÜTHRICH, Formule, 166 f. 120 KEES, Mythus vom Königtum, 74.9*; WÜTHRICH, Formule, 226–228 (in der Wiedergabe von pBM 10081 mit mehreren Lesefehlern); GILL, Pawerem, 556–557.938 f. 121 Dies könnte eine ithyphallische Statue meinen, sofern nicht sachlich die Hoden des Seth gemeint sind, was von Horus insbesondere beim Menit-Opfer gesagt wird (CHÂTELET, Offrande du collier, 120–129) und der Angabe bei Plutarch, De Iside, Kap. 55 (373 C) entspricht, in Koptos gäbe es eine Statue des Horus, der die Schamteile des Seth in der Hand hielte, s. QUACK, WdO 31, 198. 122 Zu lesen ist wohl @ô môw Hr twt.w n Or |r+ m Xs&ôb\ [m#o s]xkr &m\ [nb.w] xr.w|=f m o=f wnm HQ#.t m o=f |#b| wôn [n=f] &tA\ HnQ.t |H.w &#pô.w\ snçr Hr [email protected] r@+\ n s| r XX=f. 123 Zu lesen ist wohl @ô môw Hr twt.w n Ws|r |r+ m çHn sn@m (?) Hr &tnç#\ (?) sxkr m nb.w |r+ n=f |r.w n.w |X.t-nçr wSn n=f #pô.w |rp |rç.t HnQ.t &snçr\ Hr [email protected] ob.t m-b#H=f m |X.t nb.t nfr.t. 124 WÜTHRICH, Formule, 206 f. (mit mehreren Lesefehlern); GILL, Pawerem, 553.573–574.

8.2 Amulette in den Zusatzkapiteln zum Totenbuch

203

Im Inneren eines Spruches ist ein Amulett in Kapitel 105 erwähnt. Dort gilt der Besitz eines w#@-Amuletts aus Grünstein, das zum Hals des Re gehört, und das die Horizontbewohner dem Toten gegeben haben, als Argument dafür, daß schlechte Rede und Unreinheit nicht angerechnet werden.125 Der Tenor des Spruches, insbesondere eine spezifisch bei Sutimes belegte Schlußformel „mögest du mich vorbeigehen lassen“, sprechen dafür, daß es sich primär um einen Spruch für den lebenden Ritualisten im osirianischen Bezirk bzw. Sohn im privaten Totenkult handelt.126 Hier nennen kann man auch eine Angabe in dem Grüftebuch, das früher als Kapitel 168 des Totenbuches gezählt wurde, tatsächlich aber ein Unterweltsbuch darstellt (s. S. 293). In drei Papyri dieser Komposition (pBM EA 10010, pBarcelona E-615, Newberry MS OR 53) ist eine Angabe erhalten, der Text solle über einer Statue des Nutznießers rezitiert werden, die aus |m#-Holz hergestellt sei, und in die die Neunheit gegeben sei.127 Dann würde er wie ein edler Gott unter den im Text genannten Göttern sein und an den Toten der Unterwelt nicht abgehalten werden. Die Angabe der Nachschrift korreliert wohl damit, daß eine weitere Handschrift (pKairo CG 24742) im Inneren einer Holzstatue (aus Akazienholz; CG 24619) im Grab Amenhoteps II. gefunden wurde.128 Allerdings zeigen deren Dimensionen (33 cm Höhe) deutlich, daß sie nicht als am Körper getragenes Amulett zu betrachten ist, sondern stationär eher als Talisman.

8.2

Amulette in den Zusatzkapiteln zum Totenbuch

8.2 Amulette in den Zusatzkapiteln zum Totenbuch

Sehr viel häufiger als im eigentlichen Totenbuch sind Amulettanwendungen in den Zusatzkapiteln, die tatsächlich teilweise explizite Amulettsprüche sind (Abb. 48).129 Sie unterscheiden sich nicht nur durch diese Thematik von der Masse der Totenbuchsprüche, sondern auch durch ihre Sprachform, die erhebliche Einflüsse jüngerer Sprachstufen des Ägyptischen zeigt und auf eine ziemlich späte Entstehung hindeutet. Nach dem Zeugnis einer frühen Version, nämlich dem Papyrus des Nespasef, sollen sie im Tempel des Amun von Tanis gefunden worden sein.130 Einzelne dieser Texte sind bereits in der Dritten Zwischenzeit belegt, ab der 26. Dynastie kann man alle konkret nachweisen. Der Sprachzustand spricht allerdings für eine Entstehung während der Ramessidenzeit, und es gibt einige inhaltliche Indizien dafür, daß sie zuerst in königlichem Zusammenhang gestanden haben.131

125

Vgl. auch ASSMANN, Tod und Jenseits, 136 f.; JANÁK, Journey to Resurrection. Zur Situierung s. QUACK, Purity, 146 f. 127 PIANKOFF, Wanderings of the Soul, 45–46; Taf. 17; MÉNDEZ RODRÍGUEZ, pBarcelona E-615, 75–81; SCALF, Treasure Scribe, 14.26. 128 DARESSY, Vallée des rois, 160.184. 129 Noch immer nicht vollständig ersetzte Edition PLEYTE, Chapitres supplémentaires; für den größeren Teil s. jetzt WÜTHRICH, Éléments; DIES., Édition synoptique; MOSHER, Book of the Dead 10, 307–582. 130 YOYOTTE, Contribution; vgl. VERHOEVEN, Nespasef, Photo-Taf. 52, Taf. 69. 131 QUACK, TB 166. 126

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Dezidiert als Amulettkapitel zu verstehen ist Spruch 162, der in der späten Version meist als letzter Spruch des regulären Totenbuches auftritt.132 Tatsächlich ist er aber schon den Zusatzkapiteln zuzurechnen. Jedenfalls zeigt von den frühen Handschriften der saitischen Rezension der Papyrus des Nespasef ihn hinter TB 165, somit auch eindeutig hinter der Überschrift mit der Markierung „zusätzliche Sprüche“, die hier vor TB 163 steht. Auch der Papyrus der Iahtesnacht, in dem diese explizite Überschrift fehlt, plaziert 162 hinter 165. Inhaltlich geht er jedenfalls plausibel mit den Zusatzkapiteln zusammen. Die m.W. älteste Version des Spruches überhaupt, nämlich pBerlin P 3031 etwa aus der späteren 21. Dynastie, überliefert ihn unter funerär genutzten Texten im Zusammenhang von Sprüchen, von denen ein weiterer aus den Chapitres supplémentaires bekannt ist, kein einziger aus dem normalen Totenbuch.133 Er trägt den Titel „Spruch, um Licht (bzw. eine Lampe) unter dem Kopf eines Verklärten entstehen zu lassen.“ Nach Ausweis der Nachschrift soll er über einem Bild der Ahet-Kuh gesprochen werden, das aus Gold gefertigt ist und dem Verklärten an den Hals gegeben wird, sowie auf ein Papyrusblatt geschrieben werden, das dem Verklärten unter den Kopf gelegt wird. Das magische Verfahren wird dadurch kompliziert, daß im Anschluß an die Plazierung des Amuletts auch noch ein weiterer Anruf an Amun vorgetragen werden soll. Die Vignetten schwanken dabei zwischen einer Darstellung der Göttin rein in Kuhgestalt oder in Menschenform mit Kuhkopf. Innerhalb der Nachschrift wird dann noch von dem großen Schutz gesprochen, den die Ahet-Kuh für ihren Sohn Re bewirkt hat. Gleichzeitig wird das Kapitel als besonders großes, geheimzuhaltendes Mysterium bezeichnet. Im Spruch selbst wird vor allem ein machtvoller Gott angerufen, der als „starker Löwe“ bezeichnet wird. Der Sprecher versieht ihn mit allen möglichen Epitheta, die seine Macht beschreiben. Hervorzuheben ist, daß ein Gutteil der Anreden offenkundig gar keine ägyptische Sprache darstellt. Sie dürften Fremdwörter aus einer anderen Sprache, am wahrscheinlichsten libysch oder nubisch sein, und entziehen sich derzeit noch weitgehend dem Verständnis; rezente Forscher, insbesondere Claude Rilly, schlagen für einzelne Wendungen mögliche Parallelen in der meroitischen Sprache vor.134 Man kann die Frage aufwerfen, ob das Faktum der „Fremdheit“ dieser Namen ihnen in den Augen der Nutzer den Eindruck besonderer Macht verlieh. In jedem Fall sind solche Phänomene mit realem Kulturkontakt verbunden; hier konkret wohl des ägyptischen Imperiums mit unterworfenen Bereichen im Süden (oder eventuell Westen).135 Ein Name sei eigens betont, weil er für die spätägyptische Schutzmagie überhaupt wichtig ist und in verschiedenen Situationen bis in die Spätantike auftaucht, nämlich die

132 Zur Frage, in welcher Reihenfolge die Sprüche stehen und inwieweit TB 162 hinter oder vor der Angabe über die andersartige Textquelle steht, vgl. MOSHER, Theban and Memphite Traditions, 155 f. 133 ALLAM, Papyrus Berlin 3031. 134 RILLY, Langue du royaume de Méroé, 11–14. Vgl. ZIBELIUS-CHEN, Nicht ägyptischsprachige Lexeme sowie für nubischen Einfluß in diesen Sprüchen generell LESKO, Further Thoughts; DERS., Nubian Influence. Zur Frage nubischer Wörter in ägyptischen Beschwörungstexten s. übergreifend QUACK, Nubisch-meroitische Lexeme. 135 Vgl. QUACK, Importing, 266.

8.2 Amulette in den Zusatzkapiteln zum Totenbuch

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Kombination „Lotusblatt – Löwe – Schaf“,136 ägyptisch srp.t m#| sr.t, in spätägyptischer Aussprache Serpot-Moui-Sro (vgl. zu seinem Vorkommen auf Patäken S. 230). Viele Forscher haben versucht, diese typischerweise mit drei Hieroglyphenzeichen geschriebene Formel als kryptographische Schreibung nach dem Prinzip der Akrophonie zu lesen und wollten darin den Namen des Atum finden.137 Ich halte ein derartiges Vorgehen nicht für sinnvoll.138 Zum einen gibt es Wiedergaben des Namens auch in griechischer Schrift (PGM XII, 80.292 f.; XIXa, 5.36 u.s.w.).139 Sie zeigen eindeutig, daß die Formel eben nicht kryptographisch für etwas ganz anderes steht, sondern so, wie sie war, gelesen wurde. Ebenso schreiben mehrere hieratische Textzeugen von TB 162 wenigstens die hinteren beiden Teile phonetisch aus.140 Zum anderen ist das angewandte Verfahren der Akrophonie generell sehr heikel,141 und seine Prinzipien sind so willkürlich, daß man mutmaßlich mit etwas Phantasie aus so ziemlich jeder Kombination von drei Schriftzeichen den Namen des Atum oder auch den des Amun machen könnte. Der Sprecher selbst identifiziert sich als Ahet-Kuh und erfleht den Segen des Gottes für den Verstorbenen. Dieser wird u.a. als Ba des großen Leichnams bezeichnet, der in Heliopolis ist. Zudem erhält er das Epitheton Sonnenglanz – Skarabäus – Großer, ägyptisch |#X Xpr wr,142 ein oft mit srp.t m#| sr.t assoziiertes Wort von ähnlicher Relevanz in

136 Es muß betont werden, daß von der Lautform her nur die feminine Form sr.t „Schaf“ vorliegen kann, nicht das von den meisten Forschern (zuletzt z.B. MASTROCINQUE, Intailles, 65) verstandene maskuline „Widder“. Die bei CRUM, Coptic Dictionary, 354 angesetzte angebliche altkoptische Form sro für „Widder“ (die in Kontrast zu normalem esoou stände) beruht ausschließlich auf Belegen eben der hier diskutierten Formel. Vgl. auch sro im pBM 10808, Z. 1, wo OSING, Spätägyptischer Papyrus, 50.188 Anm. 324 feminines „Schaf“ ansetzt (allerdings wird der Dekanname in jüngeren Texten tatsächlich als „Gans“ aufgefaßt, s. QUACK, Beiträge, Kap. 1.4.). 137 So etwa RYHINER, Trigrammes, 134 f.; KOENIG, Patèques; DERS., Trigrammes panthéistes; KAPER, Tutu, 89 f.222 f. Ohne derartige Festlegung bleibt MOSHER, Book of the Dead 10, 360–376. Vgl. die Diskussion bei MORENZ, Performative Superglyphen; MEKIS, Hypokepalus, 42–44. 138 Vgl. QUACK, Papyrus Carlsberg 475, 61. 139 Vollständige Liste bei BRASHEAR, Greek Magical Papyri, 3598. Vgl. auch MASTROCINQUE, Studi sul Mithraismo, 64 f. 140 WÜTHRICH, Edition synoptique, Band 2, 19. 141 Vgl. S. 179 Anm. 102. 142 Dagegen lehnt RITNER, Pantheistic Figures, 322 meine Lesung ab und behauptet unter Verweis sei sicher. Demgegenüber ist festauf RYHINER, Trigrammes, die Lesung Re-Khepri-Atum für zuhalten, daß RYHINER, Trigrammes, 131–134 keineswegs irgendeine Lesung bewiesen (etwa durch eine Parallele, die den Namen gesichert ausschreibt), sondern lediglich als symbolische Deutungsmöglichkeit Rê-Khepri-Atoum postuliert hat (als phonetische Lesung dagegen einfaches AItm). Jedoch findet sich unter den gesicherten Lautwerten für (KURTH, Einführung, 319) nicht derjenige als Ro, und die klaren phonetischen Ausschreibungen für die sonstigen Trigramme deuten darauf hin, daß diese nicht als kryptographische Schreibungen eines ganz anderen Götternamens zu verstehen sind. Alleninsgesamt eine Lesung als Atum denkbar, s. KURTH, Einführung, Nachträge, 20 (zu falls ist für 328, n. 67) mit Verweis auf Dendara XII, 287,7.286.11, Dendara XIV, 19,4; Dendara XV, 347,5 (Kurths Ableitungsvorschlag für diesen Lautwert ist unplausibel, weil für die in der Aussprache längst abgefallene Endung w keine Wiedergabe durch ein eigenes Einkonsonantenzeichen zu erwarten ist; in aufgrund der Ähnlichkeit im SpäthieraDendara XV, 266,11, das Kurth ebenfalls anspricht, dürfte

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der spätägyptischen Magie. Der Befund der Amulettverwendung ist genaugenommen recht auffällig. Zwar ist es durchaus nichts ungewöhnliches, daß ein Offiziant im Interesse des Ritualempfängers agiert und von diesem in der dritten Person spricht – es ist in diesem Fall sogar sehr logisch, denn von einem Verstorbenen wird man kaum verlangen können, daß er die Handlungen noch selbst durchführt. Aber es besteht eine deutliche Spannung zwischen der Selbstidentifikation des Sprechers als Ahet-Kuh, und der Plazierung der Amulettfigur dieser Gottheit nicht am Sprecher, sondern am Verstorbenen. Man könnte allenfalls überlegen, ob die Figur sozusagen perpetuierend für den Sprecher stehen und dessen Beistand auch dann noch fortführen soll, wenn er selbst nicht mehr beim Verstorbenen präsent ist. Zu bemerken ist noch der mythologische Hintergrund der ganzen Anrufung, der in einigen Formulierungen evoziert wird. Es gibt in Ägypten die Konzeption einer Revolte gegen den Sonnengott, und nach einer Version war es dessen Mutter, die Ahet-Kuh, die ihn in dieser Situation beschützt hat.143 Obgleich die Amulettanwendung im Wortlaut der Nachschrift auf die Plazierung eines Abbildes der Kuh unter dem Kopf des Verstorbenen beschränkt bleibt, gibt es in der Realität eine andere, ganz erheblich häufigere Verwendung, die eng mit einem archäologischen Objekt zusammenhängt, das in der Spät- und Ptolemäerzeit häufig ist, nämlich dem sogenannten Hypokephalos.144 Dabei handelt es sich um meist runde Objekte aus stuckiertem Leinen, die mit Zeichnungen und Texten versehen sind. Sie tragen wenigstens in manchen Exemplaren u.a. auch noch das Abbild einer Kuh, im Zentrum stehen aber eigentlich andere Größen, insbesondere machtgeladene Gottheiten, deren große Kraft u.a. durch mehrere Flügel, Mehrköpfigkeit, oft auch ithyphallische Haltung angezeigt wird. Sie hängen also enger mit dem im Spruch angerufenen machtvollen Gott als mit der von der Nachschrift angeordneten Kuhgöttin zusammen. Zumindest steht auf manchen Exemplaren tatsächlich noch die Formulierung, es solle Licht unter dem Kopf entstehen, der Zusammenhang mit dem Totenbuchspruch ist also nicht verloren gegangen. Es wird auch die Anrufung angebracht, die nach der Totenbuchnachschrift an Amun erfolgen soll. Eine Detailanalyse dieser Objekte wäre sicher sehr vielversprechend, würde aber den Rahmen dieser Publikation definitiv sprengen, zumal es teilweise sehr unterschiedliche Typen gibt, die kaum noch sichtbare Bezüge zum Totenbuchkapitel aufweisen, wie etwa ein Stück, das aus dem memphitischen Bereich stammt,145 während die meisten sonstigen Hypokephaloi thebanischer Herkunft sind. In der standardmäßigen Reihenfolge der Zusatzkapitel an erster Stelle steht Tb 163, betitelt „Spruch, um zu verhindern, daß der Leichnam eines Mannes in der Nekropole vergeht, um ihn vor denen zu retten, die Seelen fressen, die in der Unterwelt eingesperrt

tischen für eingetreten sein). Vgl. auch pLouvre E 3238, 1,3, s. SPIEGELBERG, Museum-Meerzu lesen manno-Westreenianum, 22 (sowie unten S. 213), wo nach meiner Kollation eher . ist als das von Spiegelberg gelesene 143 SMITH, P. Carlsberg 462. 144 VARGA, Travaux préliminaires; DIES., Fragments d’hypocéphale; CLARYSSE, Hypocephalus; VALLÉE, Hypocéphales; DIES., Reconstitution; MIATELLO, Hypocephalus; DERS., Problematic Texts; SCHREIBER, Crocodile Gods; MEKIS, Reflections, 268–277; DERS., Hypocephalus; vgl. auch PRISKIN, Encounter. 145 CLARYSSE, Hypocephalus.

8.2 Amulette in den Zusatzkapiteln zum Totenbuch

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sind, sowie zu verhindern, daß seine Frevel auf Erden an ihm getadelt werden, um sein Fleisch und seine Knochen vor Würmern heil zu erhalten, sowie vor jedem Gott, der in der Nekropole frevelt; zu veranlassen, daß er ein- und ausgeht, wie er will, und tut, was in seinem Herzen ist, ohne daß er zurückgehalten wird.“ Nach Ausweis der Nachschrift soll der Text rezitiert werden „über einer Schlange mit zwei Beinen, mit Sonnenscheibe und Widderhörnern, vor der zwei Udjat-Augen mit zwei Beinen und zwei Flügeln stehen. Was in der Pupille des einen ist: Eine Gestalt eines, der den Arm erhebt, mit einem Beskopf mit Doppelfedern, sein Rücken als Falke. Was in der Pupille des anderen ist. Eine Gestalt eines, der den Arm erhebt mit dem Gesicht der Neith, mit Doppelfedern, sein Rücken als Falke. Gezeichnet mit Myrrhe in Likörlösung,146 mit oberägyptischem Grünstein und Wasser aus dem westlichen Brunnen Ägyptens, nachgezogen mit Feldspat und Wasser vom westlichen Brunnen Ägyptens auf eine Binde aus grünem Stoff, einen Mann an all seinen Gliedern damit bandagieren. Dann wird er von allen Toren der Unterwelt nicht abgehalten werden. Er wird essen und trinken und mit seinem Hintern ausscheiden, wie er auf Erden war. Keinerlei Affäre wird gegen ihn angezeigt werden. Die Hand von Fremden wird gegen ihn nicht wirksam sein in alle Ewigkeit. Wenn dieses Buch auf Erden für ihn vollzogen wird, dann wird er nicht durch frevlerische Boten entblößt, die im ganzen Land Unheil bringen. Er wird keine Wunde erhalten, er wird nicht durch das Gemetzel des Königs sterben, er wird in keinerlei Gefängnis geführt werden. Wenn er vor Gericht tritt, kommt er gerechtfertigt heraus. Er ist vor Schrecken und Sünde sicher, die im (ganzen) Land geschehen.“147 Ich habe die Nachschrift bewußt vollständig zitiert, da sie sich in ihrer Detailfülle einem knappen Referat widersetzt und gut anzeigt, in welchen Bereichen man sich eine schützende Wirkung wünscht. Dabei ist für den überlieferten Textbestand ein auffälliges Nebeneinander funerärer und diesseitiger Wünsche festzustellen. Die Vignetten korrespondieren selten wirklich mit dieser Beschreibung, insbesondere die Plazierung der ithyphallischen Gestalten in die Pupillen der Udjataugen dürfte die ägyptischen Zeichner überfordert haben und ist ausschließlich im pWien ÄS 3866 real ausgeführt.148 In manchen Fällen wird zumindest eine ithyphallische Gestalt an sich neben den Rest der Bildelemente gestellt.149 Wirklich exakt entspricht sie nicht den Vorgaben. In den Anrufungen des Spruches geht es vor allem darum, daß der Leichnam des Verstorbenen geschützt werden soll, wobei die angerufene Gestalt teilweise erneut mit fremdländischen Namen und Herkunftsorten versehen wird. Sie wird u.a. explizit mit Napata in Nubien verbunden. Für die Vignette besonders relevant ist eine Anrufung an Amun, der auch als Herr der beiden Udjat-Augen bezeichnet wird – wohl eben derer,

146 Zur genauen Bestimmung von SôH vgl. TALLET, Shedeh (dort 479 zur vorliegenden Stelle), der ermittelt, daß es sich um ein mutmaßlich gekochtes Produkt handelt; DERS., Dégrisement; WAHLBERG, Shedeh sowie GUASCH JANÉ, Wine, 29–32.52–54, die analytisch nachweist, daß es sich um ein Getränk auf Rotweinbasis handelt. S. auch GABOLDE, CdH. 147 Vgl. WÜTHRICH, Édition synoptique, Band 1, 115–123; Band 2, 65–75. 148 WÜTHRICH, Édition synoptique, Band 1, 333. 149 Vgl. die Abbildung bei DE CENIVAL, Livre de Sortir, 106.

208

8 Amulette in den Funerärkorpora vom Neuen Reich bis zur frühen Spätzeit

die gezeichnet werden. Die ithyphallische Erscheinungsform der Göttin an sich dürfte primär mit dem Komplex von Kraft und Virilität zu tun haben, nicht etwa mit Fruchtbarkeit oder Wiedergeburt.150 Bildelemente machtgeladener Gestalten zeigt auch Kapitel 164, das im Titel schlicht als „ein anderer Spruch“ bezeichnet wird. Rezitiert werden soll es nach Ausweis der Nachschrift „über einer Frauenstatue einer Geierin mit drei Köpfen, einer als Löwinnengesicht mit Doppelfederkrone, einer als Menschengesicht mit weißer und roter Krone, einer als Geiergesicht mit Doppelfederkrone, die einen Phallus, zwei Flügel und Beine hat, mit den Klauen eines Löwen, gezeichnet mit trockener Myrrhe und frischem Weihrauch, nachgezogen mit (dunkel)roter Tinte, auf eine (hell)rote Leinenbinde, wobei ein Zwerg vor und hinter ihr steht, wobei sein Gesicht zu ihr gerichtet ist, mit Doppelfederkrone, in der Haltung eines Armerhebenden, mit zwei Gesichtern, eines als Falkengesicht, das andere ein Menschengesicht, werde damit seine Brust bandagiert. Er wird in der Nekropole unter den Göttern sein, er wird in Ewigkeit nicht abgehalten werden, sein Fleisch und seine Knochen werden heil sein, als sei er nicht gestorben. Er trinkt an der Trinkstelle des Flusses, ihm wird ein Acker im Binsengefilde gegeben. Ihm wird ein Stern am Himmel gegeben werden, er wird unversehrt sein vor dem Schlangenfeind und Heißmaul, die in der Unterwelt sind, die Bas einsperren wie Milane. Für ihn wird ein Schützer handeln, der ihm zur Seite ist“.151 Die Anrufung im Spruch geht an Sachmet-Bastet, Trägerin von Flügeln und Herrin des roten Leinenstoffes, bezieht sich also recht deutlich auf die Handlungsanweisung, auch wenn dort für die Angabe des Löwinnenkopfes keine der bekannten überregionalen Göttinnen, sondern die sehr spezifische Löwengöttin Pachet gewählt wird, was aber genereller ägyptischer Ausdrucksweise entspricht.152 Dabei geht es vor allem um die Fähigkeit der Göttin, am Bug der Barke stehend die Feinde ihres Vaters, des Sonnengottes, niederzuwerfen. Gleichzeitig ist sie als Mutter imstande, für ihre Kinder zu sorgen und deren Körper heil zu erhalten. Spezifischer geht es auch um Schutz vor Schlangen bzw. Würmern. Auch hier wird wieder mit etlichen fremdländischen Sprachelementen in den Anrufungen operiert. Bemerkenswert ist natürlich, daß die Göttin weiblich ist, aber dennoch ithyphallisch dargestellt wird. Das hat zu mancherlei meiner Ansicht nach oft abwegigen Vermutungen geführt.153 M.E. handelt es sich hier um eine Angleichung an ein Bildkonzept, das für männliche Gottheiten in dieser Zeit gut belegt ist. Es steht im Gegensatz zu dem, was man in manchen ägyptologischen Publikationen lesen kann, nicht etwa für Sexualität und Fruchtbarkeit, sondern für Potenz im Sinne von Macht sowie als abschreckendes apotropäisches Symbol.154

150

Vgl. QUACK, Pantheos, 176; s. auch TROY, Mut enthroned, 310. Die Überlieferung der letzten Verse ist problematisch, vgl. WÜTHRICH, Édition synoptique, Band 1, 161.163; QUACK, WdO 46, 275; MOSHER, Book of the Dead 10, 458.470.478. 152 MEEKS, Mythes, 91 Anm. 239; QUACK, Wasserangst, 414 Anm. 151; WAGNER, Pachet. 153 Vgl. etwa NAGUIB, Clergé féminin, 82 f.; KOCH, Fallstudie. 154 OGDON, Iconography of Min. Vgl. auch HÄNSCH, Vignette. 151

8.2 Amulette in den Zusatzkapiteln zum Totenbuch

209

Auch Kapitel 165 bewegt sich in strukturell ähnlichen Bahnen. Betitelt ist es als „Spruch zum Anlanden,155 zu verhindern daß er verstümmelt wird, den Leichnam gedeihen zu lassen, Wasser zu schlucken.“ Rezitiert werden soll er „über dem Abbild eines, der den Arm hebt, der eine Doppelfederkrone auf seinem Kopf hat, seine Beine auseinandergespreizt, seine Brust als Skarabäus, gezeichnet mit Lapislazuli auf Gummiflüssigkeit, sowie ein Bild, dessen Kopf ein Widderkopf ist, dessen Arme ausgestreckt sind, wobei ein Widdergesicht auf seiner rechten, ein anderes auf seiner linken Schulter ist, gezeichnet auf eine Isha-Binde, wobei das Bild dessen, der den Arm hebt, gegenüber seinem Herzen ist. Zeichne die beiden Bilder auf die Oberfläche seiner Brüste, ohne zuzulassen, daß es ein Segdy macht, der in der Unterwelt ist. Dann trinkt er an der Trinkstelle des Flusses und geht als Stern am Himmel auf.“156 Teile dieser Nachschrift, speziell die Bemerkung über den Segdy, sind bislang ungedeutet.157 Die Anrufung richtet sich wieder an Amun, dem zahlreiche Machtepitheta gegeben werden, einschließlich erneut ausländisch klingender Namen. Dabei ruft, wie schon bei Spruch 162, der Sprecher, der von sich in der 1. Person redet, den Gott im Interesse des Totenbuchinhabers an, der also in der 3. Person erscheint. Gebeten wird spezifisch darum, daß die Glieder in der Nekropole vollständig und unversehrt sind und der Ba göttlich wird. Als Kapitel 166 wurde von Pleyte ein Text definiert, der in der Turiner spätzeitlichen Handschrift des Totenbuches nicht überliefert wird. Er wird im Titel bezeichnet als „das Buch, das an der Kehle des Königs Usermaatre158 gefunden wurde in der Nekropole“, bzw. in einer Handschrift auch als „Das Buch, das an die Kehle des Osiris NN kommen soll“. Als solches ist es automatisch für das Thema der Amulette relevant – in Kapitel 6 wurde ja schon angesprochen, inwieweit auch reine Texte als Amulett an der Kehle getragen wurden. Eine explizite Nachschrift fehlt. Eine Anrufung an eine Reihe von Gestalten mit bizarren (wohl teilweise sprachlich nicht-ägyptischen) Namen bittet um Schutz; ebenso wird ein Löwe mit dunklem Gesicht und roten Augen angerufen, welcher dem verstorbenen Felder und Opfergaben sowie freie Beweglichkeit zusichern soll. Weiterhin soll er als Zeuge dafür fungieren, daß die Uschebtis korrekt bezahlt wurden und für den Verstorbenen arbeiten sollen. Auch dieser Text ist zuerst im pBerlin 3031 aus der 21. Dynastie belegt.159 Kapitel 167 in der Zählung bei Pleyte sind „die Schriften der Schale, die gefunden wurden vom Prinzen und Oberhaupt Chaemwese unter dem Kopf eines Verklärten im Westen von Memphis.“ Nach einem einleitenden Nützlichkeitsvermerk gibt es dann aber noch eine weitere Bezeichnung als „das Buch von geheimer Gestalt, das der königliche Schreiber und Oberhaupt Amenhotep, Sohn des Hapu, gefunden hat, wobei er es

155

Die Überlieferung des Wortes ist unsicher, vgl. WÜTHRICH, Édition synoptique, Band 1, 165. WÜTHRICH, Édition synoptique, Band 2, 134–140. 157 Vgl. auch die wenig befriedigende Diskussion bei WÜTHRICH, Édition synoptique, 195–197 sowie die Zusammenstellung der Schreibungen bei MOSHER, Book of the Dead 10, 549.558 f.563. 158 Variante „In der Zeit des Königs Usermaatre“. 159 ALLAM, Papyrus Berlin 3031, 79–142. Vgl. dazu DAHMS, PEHAL, WILLEMS, Ramses II; QUACK, TB 166. 156

210

8 Amulette in den Funerärkorpora vom Neuen Reich bis zur frühen Spätzeit

als Schutz der Glieder benutzte.“ Die Nachschrift zeigt die Amulettverwendung. Demnach soll ein Falke mit Menschengesicht, der die Doppelkrone ergreift, auf eine Leinenbinde aus rotem Stoff (sSô n |ns n mnX.t) gezeichnet werden, sowie auf ein neues Papyrusblatt. Das soll dann als Buchrolle an den Hals eines Verklärten gegeben werden. Die Anrufung des Spruches richtet sich zumindest im hintersten Teil an Horus, der den Sprecher vor allem Bösen bewahren soll. Auch hier finden sich einige Worte allem Anschein nach nichtägyptischer Herkunft im Spruchtext. Die Bildform des Amuletts paßt zur Anrufung des Horus. Die weiteren Sprüche 168–174 bei Pleyte haben textgeschichtlich eine andere Herkunft; bei ihnen handelt es sich vorrangig um Rituale aus dem Umkreis des osirianischen Kultes bzw. Elemente der Bestattungsfeiern, tatsächlich dürften sie als Sequenz zusammen zu lesen sein. Für das Thema „Amulette“ sind sie nicht relevant. Zu erwähnen ist noch ein Spruch, der sich im pBerlin 3031 findet (9,5–12,6), aber offenbar keinen Eingang in die spätere Tradition der Zusatzkapitel gefunden hat.160 Es handelt sich um einen „Spruch, um den Leichnam zu verbergen, um zu verhindern, daß ihn Feinde der Nekropole entblößen, nicht zuzulassen, daß ihn die Schlange (bzw. der Wurm) beißt“. Rezitiert werden soll er „über einer Frauenfigur mit einem Geiergesicht, mit einem Ei zwischen ihren Beinen, gemacht aus Ibhat-Stein, eingehüllt in roten Stoff, aufgefädelt auf der Sehne eines Löwen, die in 14 Knoten gemacht wird, wobei man den Spruch bei jedem Knoten spricht, werde an die Kehle seiner Majestät gegeben.“ Dazu soll es noch eine weitere lange Invokation geben. Auffällig ist zuerst die Erwähnung „seiner Majestät“ (Hm=f) – nicht nur aufgrund des weiblichen Geschlechts der konkreten Papyrusbesitzerin. Ganz offensichtlich war dieser Spruch in der verfügbaren Vorlage nicht für einen normalen Verstorbenen intendiert (der als #X bezeichnet worden wäre), sondern stammt aus königlichem Kontext. Dies mag auch seine Exklusivität in der Aufzeichnung erklären – es gibt m.W. nur eine Handschrift und keinen archäologischen Nachweis für das betreffende Amulett. Ein solch königlicher Kontext paßt hervorragend dazu, daß die letzte übergreifende Titelangabe in dieser Handschrift, nämlich diejenige zu TB 166, dieses spezifisch als Buch bezeichnet, das am Hals Ramses’ II. gefunden wurde – und anläßlich der Umbettungen der Königsmumien des Neuen Reiches in der 21. Dynastie hätten die Priester genügend Gelegenheit gehabt, tatsächlich vorhandene Textamulette am Hals der alten Könige wahrzunehmen.161 Ebenfalls zu erwähnen ist pLouvre E 3238, der leider nur unzulänglich veröffentlicht ist.162 Er greift einzelne Anrufungen und fremdländische Namen aus den Zusatzkapiteln

160

ALLAM, Papyrus Berlin 3031, 173–191. Vgl. die unterschiedlichen Bewertungen der Angabe durch DAHMS, PEHAL, WILLEMS, Ramses II (Beigabe bei einer früheren Umbettung, bei einer späteren Umbettung aufgefunden); QUACK, TB 166 (Beigabe bei der Originalbestattung). 162 SPIEGELBERG, Museum-Meermanno-Westreenianum, 21–25 nur in hieroglyphischer Umschrift und provisorischer Übersetzung. Einige Stellen bedürften sicher einer Überprüfung der Lesung; die von Spiegelberg ungelesen gelassene Passage in II, 4 ist nach seinem Faksimile der Passage als knappe Schreibung von po.wt nb rXy.t nb &Hnmm.t\ Hm(w.t)-rA zu entziffern; dabei ist das nachträglich über der Zeile eingefügt und wenig deutlich. Dank der Freundlichkeit von Florence Gombert-Meurice 161

8.2 Amulette in den Zusatzkapiteln zum Totenbuch

211

des Totenbuches auf, besonders aus Kapitel 162 (41a–43) und 166 (Pleyte) (14a–17b) sowie fremde Namensformen mit Anklängen an solche in Kapitel 165, und verbindet dies mit der Bitte um Schutz vor Gefahren in dem betreffenden Jahr, die Verwandtschaft mit nicht-funerären Texten aufweisen. Der letzte Satz ist wohl als „wenn im Hinblick auf Djeddjehutiiufanch, gerechtfertigt, in den beiden Himmeln gerufen wird: ‚Katzen! Wer, was?‘,163 dann sollst du einen Knoten von Verbandszeug (?; k#p?) deines Verbandsstoffes (|ô(r)) knoten! Erfreue ihn für dich beim Vorübergehen des Gemetzels.“ zu verstehen. Er könnte sich auf die Verwendung eines Knotenamulettes aus Stoff beziehen, das ursprünglich in einer Nutzung für Lebende in Gefahrensituationen gebraucht wurde. Diese Handschrift hat sicher noch eine ausführlichere Studie verdient; möglicherweise handelt es sich hier ebenso wie bei Teilbereichen des pBerlin 3031 um Spruchgut, das zu einem größeren Corpus gehört, von dem nur Teilelemente Eingang in die Zusatzkapitel des Totenbuches gefunden haben.

konnte ich am 12.6. 2018 eine kleine, aber scharfe Photographie des Objekts kollationieren (das Original ist derzeit unzugänglich in Restaurierung). 163 Die Handschrift zeigt eindeutig my.wt sb+ ptr, das erste Element könnte allerdings eine Korruptele aus m| „wer“ darstellen. Oder handelt es sich gar um eine göttliche Fahndung nach dem Mörder heiliger Katzen?

9

Dreidimensionale Götterfiguren und der Amulettbestand vom Neuen Reich bis zur Dritten Zwischenzeit 9.1

Dreidimensionale Objekte in paratextuellen Angaben

9.1 Dreidimensionale Objekte in paratextuellen Angaben

Gegenüber der Menge magischer Zeichnungen auf verschiedenen Textträgern nehmen sich die Fälle dreidimensionaler Götter- und Tierfiguren in der Magie zunächst ausgesprochen bescheiden aus. Sie sollen hier zuerst durchgesprochen werden, da sie eine sehr gute Überleitung zum spezifischen Amulettbestand der 3. Zwischenzeit bieten. Dieser ist nämlich insbesondere durch eine starke Präsenz von Götterfiguren gekennzeichnet. Textlich wird ein Ferkelamulett möglicherweise bereits im pLeiden I 346 (Handschrift der 18. Dynastie) genannt. Dort sagt der Sprecher innerhalb einer Beschwörung auch „Denn ich habe mein Schutzamulett (w@#) gemacht als NN Ferkel auf einem roten Leinenstreifen (sSô n |ns|), denn ich bin ein Ferkel, das seinen Herrn schützt.“ (3,9). Die Details der Deutung sind noch mit einigen Schwierigkeiten verbunden, teilweise auch hinsichtlich der Lesung und Übersetzung des Basistextes.1 Dabei läßt die Formulierung m.E. durchaus offen, ob es sich um ein dreidimensionales Objekt handelt – eine Zeichnung auf Leinenstreifen wirkt deutlich wahrscheinlicher. Eher als dreidimensionales Objekt plausibel ist ein Krokodil aus Ton, das in der Nachschrift eines Spruchs zur Abwehr von Magie pRamesseum VIII, 8,7 erwähnt wird.2 Allerdings wird es nicht als Amulett getragen, sondern über Früchten plaziert. Eine Anspielung auf eine magische Figur findet sich eventuell im pChester Beatty VII rt. 7,6. Dort spricht der Magier davon, er habe einen Skorpion aus Ton gemacht, mit einer Basis aus Türkis.3 Eine Handlungsanweisung fehlt leider. Im Textzusammenhang,

1 Vgl. BOMMAS, Mythisierung der Zeit, 123–129; LEITZ, LingAeg 10, 417.418 f. S. allerdings STRICKER, Spreuken, 65.70 mit andersartiger Auffassung. Bommas’ Versuch, das mn als „so ein“ zu deuten (125 Anm. 210), ist nicht ohne Probleme, da mn spezifisch als „Platzhalter“ für einzufügende Namen gebraucht wird und seine drei angeblichen Belege für einen Gebrauch als „so ein ...“ alle nicht stichhaltig sind. Beim ersten, PT 147a (nicht 417a, wie Bommas schreibt), ist das nur bei Unas überlieferte mn Platzhalter für den Eigennamen, den andere Versionen bieten (vgl. SETHE, Übersetzung I, 35–37; ALLEN, Unis, 17; MATHIEU, Pépy Ier, 3); beim zweiten, CT III, 232b, ist nur in B2Bo das mn neben dem Personennamen stehengeblieben, und beim letzten, Urk. VI, 125,15, dürfte mn für den Namen eines nicht auszusprechenden Gottes stehen, vgl. ALTMANN, Kultfrevel, 106 f. sowie zur Verwendung dieses Begriffs für den Leichnam des Osiris QUACK, Furcht vor dem Meer, 416. 2 MEYRAT, Papyrus magiques, 46.314–315. 3 GARDINER, Chester Beatty Papyri, 60, Taf. 35.

9.1 Dreidimensionale Objekte in paratextuellen Angaben

213

einem Spruch gegen Skorpionsstiche, dürfte das Bild also für die Manipulierbarkeit dessen stehen, der das Übel ausgelöst hat. Die Materialkombination ist zumindest bemerkenswert und originell, wenn auch meines Wissens bislang nicht archäologisch belegt. Eine spezielle Anwendung dreidimensionaler Bildwerke zeigt ein Spruch gegen Bauchschmerzen im ramessidischen pLeiden I 348 (rt. 12,4). Dort wird eine Statue der Isis aus Ton gebraucht, in die hinab jedes Leiden des Patienten gehen soll.4 Es handelt sich also weniger um ein Amulett, sondern mehr um eine Art von Ersatzkörper – der mutmaßlich auch, sobald die Schmerzen sich verzogen haben, keineswegs weiter am Leib getragen, sondern rasch sicher deponiert wurde.5 Leider im Bereich der Nachschrift schlecht erhalten ist ein Zauberspruch gegen gefährliche Tiere im spätramessidischen pBM 9997 (5,3 f.).6 Dort ist zum einen in lückenhaftem Zusammenhang von einer Statue der Isis aus Feuerholz die Rede, zum anderen wird vorgeschrieben, Knoten zu knüpfen. Ob dies ein Knotenamulett in Kombination mit einer dreidimensionalen Darstellung sein soll, ist nicht endgültig abzusichern. Eine Verbindung eines Leinenamulettes mit einer Figur zeigt ein Spruch gegen Kopfschmerzen im pChester Beatty V. Neben der schon oben (S. 104) erwähnten Zeichnung von Göttern wird auch ein Krokodil aus Ton benutzt, dessen Mund mit Getreide gefüllt ist, während seine Augen aus Fayence sind. Es wird auf den Kopf des Patienten gelegt (pChester Beatty V vs. 4,5–7).7 Der Sinn der Handlung erschließt sich nicht leicht. Hilfreich sind eventuell die magischen Zeichnungen, die auf etlichen Amuletten der Ramessidenzeit anzutreffen sind. Dort sind Krokodile oft diejenigen gefährlichen Wesen, welche den Krankheitsdämon attackieren (s. S. 119 f.). Im Rahmen des Buches über die Behandlung von Menschen, die unter dem „Tod“ bestimmter Gottheiten leiden (s. S. 105), ist im pDeir el-Medineh I auch die Verwendung hölzerner magischer Figuren bezeugt. Spezifisch soll für einen Mann, der unter dem „Tod des Thot“ leidet, eine Thotfigur aus Ölbaum-Holz (b#Q) hergestellt und an die Kehle des Patienten gegeben werden, verbunden mit Opferspenden und Weihrauch (pDeM I, vs. 2,2–4).8 In diesem Fall wird also der Gott selbst als Machtbild gewählt, dessen negativer Einfluß angenommen wird, so als solle ihn die kultische Achtung, die man ihm erweist, gnädig stimmen und von seinem Zorn abbringen. Möglicherweise als Alternative zu einem gezeichneten Amulett wird im pDeir elMedineh I auch die Figur eines Zwerges aus Wachs als Möglichkeit angegeben, der an den Hals des Patienten gehängt werden soll (vs. 5,2).9 Im pLeiden I 347, 2,8 f. wird in der Nachschrift eine Figur des Thot10 aus Fayence (çHn.t) erwähnt, die anschließend

4

BORGHOUTS, Leiden 348, 25, Taf. 12.29. Vgl. auch WARAKSA, Female Figurines, 149–154.169. 6 LEITZ, Magical and Medical Papyri, 11, Taf. 5. Für die Lesung s. MÜLLER, LingAeg 10, 430. 7 GARDINER, Chester Beatty Papyri, 51, Taf. 28. 8 ČERNY, Papyrus Deir el-Médineh I, 5, Taf. 10; zur Identifizierung des Holzes s. QUACK, Botanische Natur. 9 ČERNY, Papyrus Deir el-Médineh I, 9, Taf. 13. 10 So nach MÜLLER, Beschwörungen, 262; die Lesung der Gottheit ist anhand des publizierten Faksimiles bei CHABAS, LEEMANS, Papyrus égyptiens hiératiques I., Taf. CXLI nicht möglich. 5

214

9 Dreidimensionale Götterfiguren

beopfert wird. Der Text ist bislang nicht wissenschaftlich bearbeitet, die Detailzusammenhänge sind noch nicht wirklich klar.11 Ein Zauberspruch der spätzeitlichen Metternichstele formuliert explizit „eine Katze hat dich im Haus der Neith gesäugt, ein Schwein und ein Zwerg waren der Schutz deines Körpers“ (Z. 71–83).12 Diese Aussage bezieht sich recht eindeutig auf Amulette in Katzen-, Schweins- und Zwergengestalt. Wenn man die Aussagen in logischer Verbindung sieht, würde der Bezug zum Säugen dafür sprechen, in den drei Amuletten speziell einen Schutz des Kleinkindes zu sehen. Alle drei Typen werden unten noch als nicht seltene reale Amulette behandelt werden. Dem Schutz der gebärenden Mutter und des frischgeborenen Babys gilt auch eine Formel, die im spätzeitlichen Papyrus Brooklyn 47.218.2, x+4,2–7 überliefert ist.13 Sie soll über einem Falken, einer Katze und einem Udjat-Auge aus Fayence rezitiert werden, die auf ein rotes Leinen aufgezogen sind. Sie sollen der Frau an das Gesäß gegeben werden, wenn sie entbunden wird, und an den Hals des Kindes am Tag seiner Geburt. Der Spruch selbst thematisiert vorrangig, daß die gefährlichen Gestalten („Toter und Tote“) ferngehalten werden. Dabei fällt auch die Aussage „die Katze hat dich vertrieben, der Falke hat dich zurückgewiesen“. Hier findet sich also ein Bezug zu den konkret verwendeten Figuren. Allerdings wird nicht expliziert, woraus die beiden Tiere ihre feindabwehrende Macht erhalten. Ein Löwe als Amulett wird auch im pBudapest 51.1960, C 11 erwähnt.14 Über ihm wird eine der Versionen des Spruches rezitiert, in der es um den Bau eines kleinen Schreines für einen Riesen geht, der zum Zwerg wird (s. S. 232). Eine Verbindung zur Figur des Löwen ist nicht unmittelbar ersichtlich. Da die erste Anrufung einer Gestalt gilt, welche das Land mit ihrem Scheitel erhellt, wäre am ehesten an eine solare Konnotation des Löwen zu denken.15 Tatsächlich identifiziert sich in einer anderen Version des betreffenden Spruches der Sprecher auch selbst mit einem Löwen (pMag. Harris 8,12).16 Noch relevanter ist eventuell eine Passage im pSalt 825 (14,4), in welcher der Rezitator sagt „Ich bin der Löwe der Meerkatze, der gealtert anlandet“.17 Gerade die gealterte Meerkatze ist wenigstens in den Versionen des pMag. Harris für diese Episode präsent. Ein komplexes Bildensemble zeigt sich in einem doppelt überlieferten magischen Spruch erwähnt (Djed-her-Statue und pBM EA 9997, 6,1–17).18 Dabei ist es im Sinne der einleitenden Bemerkungen dieses Buches bezeichnend, daß nur der spätramessidische Papyrus, nicht aber die spätzeitliche Monumentalversion die Handlungsanweisung

11

Vgl. MÜLLER, Beschwörungen, 262. SANDER-HANSEN, Metternichstele, 43–46. 13 GUERMEUR, Faucon. Vgl. RYHOLT, Falcon and Female Cat. 14 KÁKOSY, Fragmente, 146 f.; vgl. GOYON, Recueil de prophylaxie, 109, gegen dessen Angabe allerdings die Materialangabe „aus Fayence“ keineswegs in der Lesung sicher, sondern vollständig verloren ist. 15 Vgl. DE WIT, Lion, 138–147. 16 LEITZ, Magical and Medical Papyri, 45, Taf. 19. 17 DERCHAIN, Papyrus Salt 825, 142.180–182.15*. 18 LEITZ, Magical and Medical Papyri, 12–18, Taf. 6. 12

9.1 Dreidimensionale Objekte in paratextuellen Angaben

215

dazu überliefert (s. S. 19). Rezitiert werden soll der Spruch über einem Bild des Atum aus Ima-Holz, einem Bild des Horus sowie des Sia aus Tamariskenholz (|s|), einem IunPfeiler, einem Papyrusamulett aus Fayence, einer Statue der Selket aus Feuerholz, die alle auf einer bestimmten Schnur aufgefädelt werden sollen, die vom Heuschreckenfeld (einer mythischen Ortschaft bei Heliopolis)19 geholt wurde. Dies soll am Hals des Patienten angebracht werden. Die Korrespondenz mit dem mythischen Geschehen des Rezitationstextes erweist sich in diesem Fall als relativ gut. Ein Papyrusamulett aus Fayence wird in der zitierten flehentlichen Anrufung der Isis als erstes genannt, Sia erscheint als wesentlicher Helfer, Selket ist genannt – vermutlich handelt es sich um einen Spruch gegen Skorpionsstiche –, und Horus ist das Opfer. Atum ist nicht explizit genannt, wohl aber als Ahn der Beteiligten plausibel. Ein weiterer mehrfach überlieferter Spruch (Socle Behague, Spruch VIII; pBM EA 10309, 1,6–2,7; pBrooklyn 47.218.138, x+3,1–16) zeigt ebenfalls nur in den Papyrusversionen eine Nachschrift, die in der frühptolemäischen Monumentalfassung fehlt.20 Angefertigt werden sollen Statuen von Ptah, Re, Selket, der Herrin des Lebens, und der Herrin von Chemmis, der Gemahlin des Horus. Sie sollen aus Gold hergestellt, auf Leinenstoff (nw.t) aufgezogen und am Hals des Patienten angebracht werden. Tatsächlich erscheinen im Rezitationstext Ptah und Re als diejenigen Gottheiten, die das Gift vertreiben und besänftigen können, ebenso wird die Stimme der Herrin von Chemmis, der Gemahlin des Horus erwähnt, die autoritativ die Heilung des Horus ankündigt. Die Präsenz der Selket zeigt einmal mehr, daß die Heilung primär gegen Skorpionsstiche gerichtet ist. Zur Vertiefung dieser Konzeption und zur näheren Erläuterung der vorhergehenden Größe sollte man unbedingt noch eine recht lebendige mythologisch-magische Tradition erwähnen, daß Skorpionsgestalten in Ägypten als „Gemahlin des Horus“ bezeichnet werden.21 Tatsächlich hat Horus eine bemerkenswerte Liaison mit ihnen, auch wenn sie mehr nach Vergewaltigung als nach Ehe in beiderseitigem Einvernehmen wirkt. Alternativ mit Figuren aus Gold oder Zeichnungen auf einen Streifen feines Leinen (stp n p#Q.t) durchgeführt werden soll eine Praktik, die im pBrooklyn 47.218.138, x+3,16–x+4,13 überliefert ist.22 Sie kommt gegen Schlangenbiß und Skorpionsstich zum Einsatz. Gebraucht werden Bilder von Selket, Ma’at, Isis und Thot (aus Anubis korrigiert),23 wobei der Text explizit angibt, die Verwendung mit Leinen geschehe als Ersatz (|sw) für Gold. Das kostbare Metall Gold dürfte hier auch deshalb als Möglichkeit gedacht sein, weil die Handschrift häufig Pharao als Nutznießer angibt, also in einem Umfeld situiert ist, in dem keine Rücksicht auf Kosten genommen werden mußte. Gerade sofern Gold oder Leinen zum Einsatz kommen kann, wird man auch die Frage

19

Zur Lesung vgl. QUACK, Beiträge, 414. KLASENS, Magical Statue Base, 40–42.60.101–107; LEITZ, Magical and Medical Papyri, 22–28, Taf. 10; GOYON, Recueil de prophylaxie, 22–25, Taf. 3. 21 Vgl. dazu etwa RITNER, Wives of Horus. 22 GOYON, Recueil de prophylaxie, 26–29, Taf. 3–4, wo die Unterteilung in drei Paragraphen unberechtigt ist; MEYRAT, JEA 99, 320. 23 QUACK, WdO 43, 261. 20

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9 Dreidimensionale Götterfiguren

stellen können, ob das Metall als Lamelle verwendet wurde, in welche die Götter graviert oder geprägt wurden. Während die Göttinnen alle in der Rezitation eindeutig zum Einsatz kommen, ist die Relevanz des Thot oder Anubis für den konkreten Fall weniger evident, auch wenn er sonst oft neben Isis agiert, wenn es um den gebissenen oder gestochenen Horusknaben geht. Erneut eine aus Gold gefertigte Statue des Ptah kommt in einer elaborierten Praxis zum Einsatz, mit welcher der Mund von Schlangen verschlossen werden soll (pBrooklyn 47.218.138, x+11,14–x+13,20).24 Im Anschluß an eine lange Rezitation, die litaneiartig das Verschließen des Mundes aller Schlangen mit dem Verschließen aller geheimen Kästen des Osiris zusammenbringt, wird vermutlich zunächst mit Figurinen operiert, die im Schlachthof vergraben werden, anschließend gibt es eine elaborierte Beopferung mit zahlreichen Rezitationen von Texten, wobei das ganze Haus mit Zwiebelextrakt in Bier besprengt wird, und schließlich eine Anbetung des Ptah, also eben desjenigen Gottes, dessen Abbild als Schutz an den Hals gegeben wird. Bei einem anderen Spruch dieser Handschrift (pBrooklyn 47.218.138, x+16,15– x+17,1)25 ist es unsicher, ob dreidimensionale Figuren oder lediglich Zeichnungen von Göttern intendiert sind. Jedenfalls kann schon angesichts des verfügbaren Raumes nur ein Rückverweis auf die im Rezitationstext angerufenen Gottheiten vorliegen, nicht eine ausführliche neue Auflistung. Neben Darstellungen von Göttern und anderen Lebewesen sind auch Objekte in dreidimensionaler Ausführung in magischen Anweisungen bekannt. Zwei Udjataugen, die sich zwischen den Fingern eines Mannes befinden, werden in einem Spruch des magischen Papyrus Budapest 51.1960 zur Rezitation verwendet (Kol. B, Z. 4).26 Die genaue Natur des Spruches ist wegen schlechter Texterhaltung nicht klar. Noch schlechter erhalten ist die aus dem Mittleren Reich stammende Angabe im pRamesseum VII, fr. 3, x+1, ein Udjat-Auge solle an die Hand eines Mannes gegeben werden.27 Kurz erwähnt sei, daß es auf späten Mumienmasken gelegentlich Abbildungen von getragenen Amuletten gibt. Insbesondere Bilder von Göttern könnten dabei primär zu Lebzeiten getragene Objekte darstellen.28

9.2

Amulette und Modeln des Neuen Reiches

9.2 Amulette und Modeln des Neuen Reiches

Wie man sieht, stammen die textlichen Quellen für derartige dreidimensionale Objekte zum Gutteil aus dem Neuen Reich, insbesondere der Ramessidenzeit. Gegenüber der Menge von magischen Zeichnungen spielen sie nur eine untergeordnete Rolle, aber ihre

24

GOYON, Recueil de prophylaxie, 79–95, wo die Aufteilung in mehrere Paragraphen dem angemessenen Verständnis eher entgegenwirkt. 25 GOYON, Recueil de prophylaxie, 120–123; Korrekturen in QUACK, WdO 43, 270. 26 KAKOSY, Fragmente, 144. 27 MEYRAT, Papyrus magiques, 15.295. 28 Vgl. GRIMM, Mumienmasken, Taf. 14.1 u. 14.2.

9.2 Amulette und Modeln des Neuen Reiches

217

Präsenz an sich ist unverkennbar. Dabei ist aber vom archäologischen Befund her bemerkenswert, daß kaum reale Beispiele derartiger Amulettfiguren bezeugt sind – hier gibt es eine auffällige Verschiebung der Bezeugung. Allerdings gilt diese Verschiebung vorrangig, was die Gestalten selbst in Grabkontexten betrifft. Sie dürfte somit ein Scheinphänomen sein, das sich aus einem Wandel der Beigabensitte erklärt. Im Stadtbereich kann man auf Funde aus der Siedlung von Amarna verweisen.29 Hier sind Besund Thoeris-Figuren präsent, vor allem als kleine, am Halsband getragene Figürchen. Daneben gibt es eventuell auch noch Darstellungen von Sachmet, Re und Mut. Im Verzeichnis der Amulette und Schmuckobjekte des Schreibers Djehutimose vom Ende der 20. Dynastie sind auch eine Mut- und eine Thot-Statuette textlich belegt (pWien ÄS 10321, rt. 5,1–2).30 Zudem kann man die reale Nutzung der Amulette anderweitig erschließen, nämlich durch Modeln. Es gibt aus Amarna31 und vor allem aus der Ramses-Stadt Funde von großen Mengen von Tonmodeln für ägyptische Fayence, und unter den Formen finden sich viele eindeutige Amulette.32 Spezialisten für Amulette wie Müller-Winkler haben schon darauf hingewiesen, daß ihr Spektrum im Vergleich zu den zeitgleichen Originalamuletten untypisch wirkt und an die Beharrung von Elementen der 18. Dynastie bzw. der Amarnazeit gedacht.33 Meiner Meinung nach verweist der Bestand eher auf die Dritte Zwischenzeit voraus. Ich sehe darin ein Indiz, daß realiter in der Ramessidenzeit bereits eine ganze Menge derartiger Amulette benutzt wurden, jedoch noch wenig Eingang in die Beigabensitte bei der Bestattung gefunden hatten. Es dürfte sinnvoll sein, sich die wesentlicheren Bildtypen der Modeln anzuschauen, und unter ihnen zeigt sich ein reicher Bestand dreidimensionaler Götterfiguren.34 Sie dürften in jedem Fall intendieren, die heilsmächtigen Energien dieser Gottheiten für sich zu gewinnen bzw. potentiell negative Handlungen zu vermeiden. Die stehende oder thronende löwenköpfige Göttin (Abb. 49)35 gehört zu den Gestalten, die in der Dritten Zwischenzeit ausgesprochen häufig sind (s. S. 236–238). Bemerkenswert häufig sind Darstellungen speziell des isolierten Kopfes einer Frau mit Schneckenlocken (Abb. 50), die wohl als Hathor anzusprechen ist.36 In wenigen Exemplaren belegt ist die Darstellung eines stehenden falkenköpfigen Gottes, der Schlange und Skorpion hält (Abb. 51),37 gleichsam ein Aufgriff des Kernmotivs der Horusstelen (s. S. 150 f.) mit Horus oder Sched. Einmal bezeugt ist auch eine Ägis mit einer Göttin (wohl Mut), welche die

29 BOYCE, Collar (wo S. 370 festgestellt wird, daß nur ein geringer Prozentsatz der Kragen Amulette beinhalten); GYŐRY, Amarna Amulets (die allerdings etliche Typen als Amulette aufnimmt, die zu Gründungsbeigaben oder ornamentalen Objekten gehören und konzeptuell abzutrennen sind); STEVENS, Private Religion, 29–77. 30 HÖLZL, NEUMANN, DEMARÉE, Notebook, 14–15. 31 PETRIE, Amarna, 28–30, Taf. XVII–XX. 32 Für die Publikationen s. S. 11 Anm. 51. 33 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 247. 34 HERMANN, Formen, 4–35; DERS., Formen II, 26–51. 35 Z.B. HERMANN, Formen, 11–15; DERS., Formen II, 30–34. 36 Z.B. HERMANN, Formen, 43–46; DERS., Formen II, 40–42. 37 HERMANN, Formen, 6 f. Nr. 22 f.; DERS., Formen II, 26 N5. 5.

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9 Dreidimensionale Götterfiguren

Doppelkrone trägt (Abb. 52)38 – derartige Typen werden in der Dritten Zwischenzeit häufig (s. S. 239). Zu beachten ist die ungewöhnliche Gestalt eines wohl krokodilsköpfigen Gottes mit Weinkrügen in der Hand (Abb. 53)39 – er ist eines der Zeugnisse, daß die Bildtradition der Dekane in ihrer dämonischen Form, die vorrangig aus der Dritten Zwischenzeit belegt ist, bereits in der Ramessidenzeit real präsent war.40 Ebenso für die Dekankonzeption einschlägig sind aufgerichtete Schlangen mit Armen und Beinen, die wohl ebenfalls Weinkrüge halten (Abb. 54).41 An bekannten Schutzgottheiten finden sich Gestalten wie die Nilpferdgöttin (Abb. 55),42 die Besfigur (Abb. 56)43 und der verkrümmte Zwerg (Abb. 57),44 der in der Spätzeit (in Frontalansicht) als Patäke bekannt ist (s.u. S. 227–235), auf den Modeln der Ramessidenzeit aber noch meist von der Seite abgebildet wird. Er kommt in dieser Form auch in mehreren Exemplaren auf einer Halskette des Neuen Reiches (neben Uräusschlangen, hockenden Pavianen und stehenden Gottheiten) aus dem Harem von Medinet el-Ghurob (BM EA 65779) vor.45 Auf anderen Halsketten aus diesem Ort finden sich auch Bes-Gestalten und Hathorköpfe.46 Gut belegt sind Darstellungen eines Kindes (Abb. 58),47 das in der Forschung als Königskind gedeutet wird. Es ist als reales Objekt auch in Gräbern des Neuen Reiches z.B. in Matmar und Saqqara belegt (s. S. 221). Ausgesprochen häufig sind Udjat-Augen,48 die in allen Zeiten eines der typischsten ägyptischen Amulette darstellen. Zu beachten sind die Kombinationen mit einer Uräusschlange (Abb. 59),49 wie sie im Neuen Reich im Grab des Tutanchamun belegt sind, aber erst in der Dritten Zwischenzeit weitere Verbreitung erreichen (s. S. 235). Auch die verschiedenen Uräen und geringelten Schlangen50 korrespondieren mit einer häufigen Präsenz unter den Zeichnungen auf Amulettpapyri. Außerdem ist unter den Körperteilen die Hand51 angesichts ihrer Korrelation mit Amulettfunden in Gräbern (s. S. 221) speziell zu nennen.

38

HERMANN, Formen, 43 Nr. 140. HERMANN, Formen, 30 Nr. 103. 40 QUACK, Beiträge, Kap. 1.3.2. 41 HERMANN, Formen, 90 f. 42 PETRIE, Amarna, Taf. XVII Nr. 295–299; HERMANN, Formen, 41–43; DERS., Formen II, 61 f. 43 PETRIE, Amarna, Taf. XVII Nr. 285–291; HERMANN, Formen, 36–40; DERS., Formen II, 52–55. 44 HERMANN, Formen, 40–41; DERS., Formen II, 56–60. 45 PETRIE, Illahun, 17, Taf. XVII; Photo in VANDENBEUSCH, SEMAT, MAITLAND, Pharaoh, 162. 46 QUIRKE, Birth Tusks, 533. 47 Z.B. HERMANN, Formen, 2 f.; DERS., Formen II, 25 f. 48 Z.B. HERMANN, Formen, 46–64; DERS., Formen II, 78–83. 49 Z.B. HERMANN, Formen, 62–64; DERS., Formen II, 82. 50 Z.B. HERMANN, Formen, 85–90; DERS., Formen II, 70–73. 51 Z.B. HERMANN, Formen, 64 f.; DERS., Formen II, 84. 39

9.2 Amulette und Modeln des Neuen Reiches

219

Bei Tierdarstellungen52 ist fallweise zu fragen, welche Model zur Produktion von Amuletten und welche (z.B. Rinder) zur Produktion von Gründungsbeigaben dienten. Festhalten kann man immerhin die Präsenz mancher Tiere wie des (mit Thot verbundenen) Pavians, bei denen eine Auffassung als Amulett deutlich die näherliegende ist. Hervorzuheben ist die Präsenz des Hasen (Abb. 60),53 der ab der Dritten Zwischenzeit als Amulett gut belegt ist (s. S. 242). Auch Frösche54 sind als reale Amulette seit dem Neuen Reich bekannt (s. S. 219). Im Hinblick auf die oben angesprochene Passage, die in einer magischen Praktik den Einsatz eines Krokodils aus Ton vorschreibt (s. S. 213), sollte man auch gelegentliche Belege von Krokodilen unter diesen Modeln betonen;55 bei einigen realen Objekten dieser Art ist die Datierung unsicher (s. S. 241). Fraglich hinsichtlich der Deutung als Amulette sind Fische,56 die aber im Neuen Reich unter den realen Amulettfunden zu belegen sind. Auch Fliegenamulette (s. S. 221) sind unter den Modeln57 gelegentlich zu belegen. Unter den Objekten, die mutmaßlich als Amulette zu deuten sind, sind besonders Djed-Pfeiler und Tit-Amulett zu nennen (vgl. S. 197–200), auch das Schriftzeichen des Schutzes als solches.58 Dagegen würde ich florale Elemente eher als Bestandteile von Halskragen u.ä. deuten. Für Model von Skarabäen verweise ich auf meine Diskussion der wesentlichsten Dekorationstypen von Skarabäen in Kapitel 7. Die Menge der Amulette aus Gräbern des Neuen Reiches ist sicher nicht mit derjenigen der Dritten Zwischenzeit zu vergleichen, vor allem wenn man die dezidiert an Totenbuchtraditionen hängenden Objekte nicht mitzählt. Normalfall in Gräbern des Neuen Reiches ist, daß es vor allem Skarabäen und Perlenketten als Beigaben gibt, andere Objekte, die man als Amulette deuten kann, dagegen rar sind.59 Dabei kommen Amulette vorrangig aus Gräbern von Frauen und Kindern.60 In den Gräbern im Teti-Friedhof in Saqqara gibt es gelegentlich, aber eher selten, Beigaben von Udjat-Augen, Nilpferdgöttinnen, Besfiguren, Frösche aus Fayence sowie Ptah- und Thot-Figuren.61 Ungewöhnlich üppig in dieser Hinsicht ist die Ausstattung eines Grabes des Neuen Reiches aus dem Bereich des Teti-Friedhofs Nord in Saqqara (Abb. 61).62 Dort waren eine erwachsene Frau und ein Kind bestattet. Die Zuordnung der Amulette zu den Einzelpersonen ist nach der Publikation nicht möglich, prinzipiell zu erwarten wäre, daß

52

Z.B. PETRIE, Amarna, Taf. XVII, Nr. 301–337; HERMANN, Formen, 66–76.78–95; DERS., Formen II, 63–75. 53 Z.B. HERMANN, Formen, 71; DERS., Formen II, 78–83. 54 Z.B. PETRIE, Amarna, Taf. XVII Nr. 328–329; HERMANN, Formen, 84 f.; DERS., Formen II, 70. 55 Z.B. PETRIE, Amarna, Taf. XVII Nr. 317; HERMANN, Formen, 42 f; DERS., Formen II, 69. 56 Z.B. PETRIE, Amarna, Taf. XVII Nr. 330–332; HERMANN, Formen, 95. 57 Z.B. PETRIE, Amarna, Taf, XVII Nr. 336–337; HERMANN, Formen, 103. 58 Z.B. HERMANN, Formen, 138–142; DERS., Formen II, 96–99. 59 Für das inhaltliche Spektrum s. GOULDING, Grave Assemblages, 22–27, wo allerdings Objekte (Rinderschenkel und -köpfe) aus Gründungsbeigaben mit aufgenommen sind, die ich nicht als Amulette betrachte. Vgl. auch ST. T. SMITH, Intact Burials, 202 f. 60 GOULDING, Grave Assemblages, 21. 61 FIRTH, GUNN, Teti Pyramid Cemetery, 66–83. 62 SOWADA, CALLAGHAN, BENTLEY, Teti Cemetery IV, 13.42–46, Taf. 34 f.

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9 Dreidimensionale Götterfiguren

die Amulette vorwiegend zur Kinderbestattung gehörten. Ein guter Vertrauter ist die Nilpferdgöttin. Ähnliches gilt für die Besgestalt, auf die ich noch genauer eingehen werde (s. S. 227–235). Zu bemerken ist hier das Schakal- oder Fuchskopf-Amulett, das als Typ vor allem im Neuen Reich bezeugt scheint. Dem Bildtyp nach wirkt es wie ein Nachfolger dessen, was auf den Zaubermessern des Mittleren Reiches entweder als eigenes Endstück angesetzt oder auf einer der Spitzen graviert ist (s. S. 77). Ebenfalls typisch für das Neue Reich ist der Mondanhänger.63 Er erscheint im Neuen Reich auf einigen Tongefäßen, die in Form stillender Frauen mit Kind stilisiert sind.64 Dies deutet darauf hin, daß seine Symbolik im Umkreis des Schutzes von Mutter und Kind liegt. Der Hathorkopf als Anhänger fügt sich in den Rahmen dessen, was ich oben bereits über die Amulettverwendung des Bat-Symbols gesagt habe (s. S. 48); er ist auch unter den Modeln aus Amarna und Qantir gut bezeugt.65 Ein Fischamulett scheint ein sehr längliches Tier darzustellen, wird somit mutmaßlich weder den Tilapia-Fisch meinen, noch den Fiederbartwels des Nechau-Amuletts, der an seinem charakteristischen Stachel identifizierbar wäre. Ein florales Element, konkret eine Frucht vielleicht des Granatapfels zeigt, daß Pflanzen nicht einfach als dekoratives Element zu werten sind, sondern in der Tracht auf einer Stufe mit distinktiven Amuletten stehen. Besonders interessante Objekte in der Grabausstattung sind Kobragestalten (Abb. 62), die ich wenigstens kurz erwähnen möchte, obgleich sie nicht eigentlich als Amulette getragen wurden. Sie gehören zu einem gut bezeugten Brauch, sich magisch abzusichern, indem man vier Kobragestalten aus Ton an den vier Wänden einer Wohnung aufstellte.66 Es gibt davon heute Hunderte bekannte Funde, meist aus Siedlungskontexten. Einige Textquellen (oGardiner 363 und pAthen 1826, x+15,9–16,10) erlauben es, die theoretische Seite desselben Rituals zu beleuchten.67 Es dient konkret zur Abwehr nächtlicher Gefahren. Weiterhin beachtenswert, obgleich nicht als tragbares Amulett zu bewerten, ist die Darstellung einer liegenden Frau auf einem Bett mit einem Kind. Auch dies ist ein häufiger Typ, der sowohl (relativ selten) als Grabbeigabe als auch recht häufig als Votiv in Heiligtümern belegt ist.68 Relativ ähnliche Beigaben finden sich auch in einem anderen Grab (ohne anthropologische Angaben) aus dem Umfeld der Teti-Pyramide, aus dem auch ein Skarabäus mit

63

PETRIE, Amulets, 23 Nr. 85; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 300–304; VÉLAZQUEZ BRIEVA, LÓPEZ-GRANDE, Amuleto, 184–188. Vgl. für die Verwendungen von Mondanhängern in anderen antiken Kulturen FARAONE, Transformation, 44–46. 64 BRUNNER-TRAUT, Muttermilchkrüglein, 146 u. 158 f. 65 Z.B. PETRIE, Amarna, Taf. XVII Nr. 280–281; HERMANN, Formen, 43–46; DERS., Formen II, 40– 42. 66 SZPAKOWSKA, Playing with Fire; DIES., Striking Cobra; DIES., Snake Cults; STEVENS, Private Religion at Amarna, 100–103; WARAKSA, Female Figurines, 155–159; THEIS, Magie und Raum, 151.595–600. 67 RITNER, Ostracon Gardiner; FISCHER-ELFERT, HOFFMANN, Papyrus Nr. 1826, 209–215; Taf. 30– 33. 68 PINCH, Votive Offerings, 207–209; DEL VESCO, Cespugli; DIES., Letti votivi; TEETER, Baked Clay Figurines, 157–197; BACKHOUSE, Female Figurines; DIES., Scènes; GUIDOTTI, ‘Concubine del morto’, 351–354; BETRÒ, Birth, 65–70.

9.2 Amulette und Modeln des Neuen Reiches

221

dem Namen Amenhoteps III. stammt (Abb. 63).69 Hier finden sich Nilpferdgöttinnen, gleich sieben Fischanhänger, Besamulette sowie verschiedenartige Perlen. In der Nekropole von Matmar gab es ein Grab (612; Abb. 64) einer jungen Frau, in dem u.a. als Amulettanhänger ein hockender König oder Gott als Kind zu finden ist.70 Die hohe Menge von acht Exemplaren dieses Typs zeigt seine Beliebtheit. Ein Exemplar ist aus Karneol, sechs aus rotem Jaspis und einer aus blau glasierter Fayence. Eventuell soll dieses Bild eines hockenden Wesens im Gestus eines Kindes eben ein Kind schützen, indem es die göttliche Dimension von Kindern vor Augen führt. Ein tierköpfiger Gott ist nicht sicher als Anubis oder Seth identifizierbar. Ferner gibt es als Anhänger auch eine Uräusschlange, einen Falken, eine Geierin und einen Käfer. Während die meisten Typen nur ein- oder allenfalls zweimal bezeugt sind, finden sich von der Uräusdarstellung nicht weniger als 23 Stück. Dies zeigt einmal mehr die weite Beliebtheit dieses Motivs in der Magie – es hat sich schon bei den Amulettzeichnungen neben dem Udjatauge als eines der fast unentbehrlichen Standardelemente erwiesen, die kaum je fehlen. Ebenfalls mit Amuletten versehen war das Grab eines etwa fünfjährigen Kindes (Grab 841; Abb. 65).71 Hier fanden sich als Bildtypen eine Hand, ein Tierkopf (mutmaßlich ein Nilpferd), eine Hand mit angewinkelten Fingern in speziellem Gestus, ein liegendes Tier, ein Krokodil und ein Udjat-Auge. Diesmal ist die Hand das favorisierte Objekt, mit nicht weniger als acht Exemplaren.72 Ihre Bedeutung als Schutzmittel wurde bereits bei der Besprechung der Typenfront der Ersten Zwischenzeit behandelt (s. S. 54). Kaum weniger beliebt ist der Nilpferdkopf mit sieben Vertretern. Auch in einigen anderen Gräbern fanden sich verstreute Amulette ähnlicher Typen.73 Es gibt erneut das hockende Kind, auch das Mondsymbol ist eben schon angesprochen worden. Das Uräusamulett kann natürlich nicht fehlen. Bemerkenswert ist die Fliege aus Elektron (Abb. 66). Fliegenamulette sind in Ägypten nicht allzu häufig,74 gelegentlich gibt es aber ornamental gestaltete Fliegen. Die bekanntesten stammen aus dem Grab der Königin Ahhotep.75 Zumindest in der frühen 18. Dynastie wurden Fliegen als Tapferkeitsabzeichen verliehen, wohl wegen des irritierenden Summens und unablässigen Nachsetzens dieser Tiere.76 Ob darin auch ein Wert als Amulett, etwa im Sinne einer siegreichen Überwindung von Feinden liegt, wäre zu erwägen – immerhin ist ja z.B. bei

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EL-KHOULI, KANAWATI, Excavations at Saqqara II, 45, Taf. 46. BRUNTON, Matmar, 59, Taf. XLVII. Vgl. RÖSSLER-KÖHLER, König als Kind. 71 BRUNTON, Matmar, 59, Taf. XLVII. 72 Für weitere Hand-Amulette des Neuen Reiches s. MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 184. 73 BRUNTON, Matmar, Taf. XLVIII oben. 74 Vgl. VON BISSING, Tapfere Fliege; RÖSSLER-KÖHLER, Fliege; BRESCIANI, Amuleti-mosca; SCHULZ, Fliege. Für Originalobjekte vgl. etwa FIRTH, GUNN, Teti Pyramid Cemetery, 71 (Grab NE. 4), 74 (Grab NE. 33) und die Auflistung bei SCHULZ, Fliege, 441–444. 75 VON BISSING, Thebanischer Grabfund, 9 f., Taf. VI; ALDRED, Jewels, 201, Taf. 53; vgl. auch GESTOSO SINGER, Queen Ahhotep, 79–83. Zu den hinsichtlich der antiken Entstehung in Zweifel gezogenen Fliegen angeblich aus dem Grab von Königinnen Thutmosis’ III. s. LILYQUIST, Tomb of Three Foreign Wives, 299 f.324. 76 SETHE, Ordensauszeichnungen, 143; PETRIE, Amulets, 12; BINDER, Gold, 52–55; vgl. auch MARSHALL, Fly & Lion. 70

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9 Dreidimensionale Götterfiguren

den Text- und Bildamuletten das Motiv der Überwindungen von Feinden gut präsent. Auch im oArmytage (= Uppsala VM 2364) nimmt der Rezitator die Rolle einer Fliege ein, die in den Körper des Feindes eintritt, um ihn zu überwinden.77 Gegen die Deutungen der Fliege als Tapferkeitsabzeichen wurde eingewandt, in den Belohnungsszenen erschienen auch noch andere Tiere, nämlich Löwen, Vögel und Fische, denen man keinen Tapferkeitsaspekt zuschreiben könne.78 Der Sachverhalt dürfte sich jedoch etwas differenzierter darstellen. Einerseits gibt es in einigen Darstellungen direkt mit Fliegen in einem Gehänge kombiniert Löwen,79 ebenso auch textliche Verbindungen der beiden Tiere bei Schilderungen von Belohnungen (Urk. IV, 39,1 und 892,14 f.). Beim Löwen ist jedoch eine Assoziation mit Tapferkeit gut nachvollziehbar (und z.B. Schiffbrüchiger 29f. = 96 von den Ägyptern auch explizit gemacht), so daß dies kein Argument gegen die Deutung der Fliege als Tapferkeitssymbol darstellen kann. Fische und Vögel als Bestandteil des Ehrengoldes erscheinen spezifisch im Grab des Cheriuf.80 Dort sind sie aber nicht mit Fliegen, sondern mit einfachen Halskragen aus Gold assoziiert, und sie werden auch nicht für Tapferkeit vergeben, sondern für die Organisation der Ruderfahrt im Zusammenhang des Regierungsjubiläums. Insofern können sie nicht als Argument gegen die Assoziation der Fliege mit der Tapferkeit vorgebracht werden. Teilweise ist die Position vertreten worden, Fliegenamulette seien als Schutz vor lästigen und quälenden Fliegen selbst getragen worden.81 Es sollte betont werden, daß dies rein eine Mutmaßung moderner Forscher ist, die durch keine textliche oder bildliche Evidenz aus Ägypten positiv abgesichert ist. Ebenso ist die Vermutung, Fliegen könnten mit Fruchtbarkeit oder Wiedergeburt zu tun haben,82 lediglich moderne Forscherspekulation. Von zwei hockenden Gottheiten aus den Gräbern von Matmar ist die eine wohl als falkenköpfiger Sonnengott mit Scheibe zu erkennen, die Identifizierung des anderen ist

77

SHORTER, Magical Ostracon. So besonders HORNUNG, STAEHELIN, Skarabäen Basel, 111; RÖSSLER-KÖHLER, Fliege, 164–166; BRESCIANI, Amuleti-mosca, 6. 79 JÉQUIER, Notes et remarques, 122 f. (Grab TT 92); WILKINSON, Jewellery, 98 (TT 200); BINDER, Gold of Honor, Fig. 4.14 und 4.16. 80 EPIGRAPHIC SURVEY, Tomb of Kheruef, Taf. 24.28–30. WENTE, in EPIGRAPHIC SURVEY, Tomb of Kheruef, 44 Anm. l will diese Angabe mit realen Fischanhängern in der Art der oben S. 64 f. behandelten nX#.w-Anhänger verbinden, was angesichts der chronologischen Diskrepanz sowie deren spezifischer Verwendung durch junge Mädchen wenig überzeugt. 81 WEBER, Fliege; ANDREWS, Amulets, 63; DIES., Boar, 80. Spezifischer denkt BRESCIANI, Amuleti-mosca, 6 an Schutz vor von Fliegen übertragenen Infektionskrankheiten. 82 HORNUNG, STAEHELIN, Skarabäen Basel, 111 f. (wo bereits die gewählten sprachlichen Formulierungen deutlich die Unsicherheit zeigen); ANDREWS, Amulets, 63; RÖSSLER-KÖHLER, Fliege, 165. Die von SCHULZ, Fliege, 438 zitierten Belege zur Fliege in den Sargtexten sind in der Interpretation öfters problematisch, insbesondere CT VII, 53 c-d bezieht sich die Aussage vom täglichen Daliegen und Geboren Werden nicht sicher auf die Fliege selbst (vgl. DAHMS, Karenen, 106.110–111.120–121). Zudem stammen die bekannten Fliegenamulette aus Epochen, in denen keine funerär dominierte Amulettausstattung üblich war. 78

9.2 Amulette und Modeln des Neuen Reiches

223

anhand der publizierten Zeichnung nicht leicht. Mit zwei anderen Typen nähert man sich bereits sehr dem, was in der Dritten Zwischenzeit dominiert. Einerseits gibt es Zwergendarstellungen, also den Typ des Patäken, andererseits eine Ägis mit einer Göttin, die eine oberägyptische Krone trägt – mutmaßlich Mut, die später in diesem Schema häufig ist.83 Ein stehender falkenköpfiger Gott aus Lapislazuli mit Goldeinfassung ist an der Mumie des Prinzen Chaemwaset im Serapeum von Memphis gefunden worden.84 Die Nilpferdgöttin kombiniert mit Besgestalten verschiedener Form findet sich auch im Grab der drei fremden Gemahlinnen Thutmosis’ III.85 Ein ähnliches Spektrum zeigt sich auch in einem Fund in Tell el-Aǧǧūl (Südpalästina), der aus einem Kindergrab stammt.86 Dort gibt es neben Objekten wie Armreifen, die eher als Schmuck zu betrachten sind, auch einen halbmondförmigen Anhänger aus Onyx sowie eine Kette, an der ein Horuskind aus grauem Lapislazuli sowie ein Nilpferd aus Amethyst hingen. Möglicherweise können Ketten ohne gesicherte Provenienz, auf denen viele gleichartige Nilpferdgöttinnen nebeneinander aufgefädelt sind, nach Maßgabe dieses Stücks ins Neue Reich datiert werden.87 Dafür sprechen auch sechs Nilpferdgöttinnen als Anhänger (Kairo CG 52699), die im Tal der Könige gefunden wurden.88 Im Hinblick auf das Auftauchen von Darstellungen der Schutzgottheiten als Amulette ist ein interessantes Phänomen zu verzeichnen. Gerade die Typen der Nilpferdgöttin und des Bes erscheinen auch in Amarna,89 und zwar bis in das Königsgrab hin,90 so daß man hier nicht etwa von einem Beharren im einfachen Volksempfinden sprechen kann, sondern feststellen muß, daß diese Figuren nicht unter die sonstige Ablehnung des traditionellen polytheistischen Götterbestandes in dieser Zeit fallen – offenbar wurden sie ontologisch anders konzipiert. Eine Reihe von Artefakten mit Amulettcharakter, die sich innerhalb der Wicklungen der Mumie des Tutanchamun befanden, weisen enge Verbindungen zur Tradition des Goldamulettetextes auf. Sie werden deshalb separat in Kapitel 11 behandelt (s. S. 285– 286).

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BRUNTON, Matmar, Taf. XLVIII, Nr. 1–6. DESTI, Dieux, 75 Nr. 24. 85 LILYQUIST, Tomb of Three Foreign Wives, 174 f. u. 233 Abb. 165. 86 PETRIE, Ancient Gaza IV, 8 f., Taf. XIX f. 87 Z.B. BM EA 59418; ANDREWS, Amuletts, Abb. 43 (datiert in die 18. Dynastie); KÁKOSY, Decans, 185–187 (denkt an die Spätzeit). 88 VERNIER, Bijoux, 233, Taf. LIV. 89 Vgl. das Material bei BOYCE, Collar, 338 f. Nr. d; BRANDL, Schutzgottheiten, 91–106; STEVENS, Private Religion at Amarna, 79–83.292. 90 MARTIN, Royal Tomb at El-oAmarna, 77 Nr. 277 und 278, Taf. 50. 84

224

9 Dreidimensionale Götterfiguren

9.3

Der Amulettbestand der Dritten Zwischenzeit

9.3 Der Amulettbestand der Dritten Zwischenzeit

Am Anfang dieses Abschnitts sollte ein generelles Wort über Datierungsfragen stehen. Es gibt forscherische Probleme der Unterscheidung zwischen Grabfunden des Neuen Reiches und der Dritten Zwischenzeit. Als Beispiel ansprechen kann man einige Amulettfunde von Gräbern aus Gurob, die vom Ausgräber Engelbach ohne weiteres in die Ramessidenzeit datiert wurden.91 Nach dem tatsächlich auftauchenden Amulettspektrum passen sie aber eigentlich nur zur Phase der Dritten Zwischenzeit. Insbesondere die Katzenfiguren und die Ferkelamulette sind sehr typisch, aber auch der restliche Bestand würde sich gut zur Umdatierung fügen. Mutmaßlich zeigen die betreffenden Gräber tatsächlich eine Nachnutzungsphase in der späteren Dritten Zwischenzeit.92 Ebenso bestehen gelegentlich Probleme mit der Abgrenzung nach unten hin zu Objekten der eigentlichen Spätzeit ab der 26. Dynastie. Hier liegt eine Ursache darin, daß Petries Standardwerk über Amulette erschien, bevor die mittelägyptischen Grabungen den Kenntnisstand zur Dritten Zwischenzeit substantiell verbessert haben, und deshalb manches dort als ab der 26. Dynastie belegt angegeben ist, was man inzwischen bereits früher positiv nachweisen kann. Weiterhin besteht gerade bei gut gearbeiteten Stücken gelegentlich eine Tendenz der modernen Forschung, nach stilistischen Kriterien zu datieren, wobei allzuoft alle Spitzenprodukte als saitisch eingestuft werden. Erschwerend für jede Überprüfung kommt hinzu, daß Datierungen in Ausstellungs- und Sammlungskatalogen meist sehr apodiktisch vorgehen – wenn man viel Glück hat, sind immerhin wenigstens Parallelstücke genannt, die der Forscher wahrgenommen hat, allerdings üblicherweise ohne Markierung, welche von diesen überhaupt (insbesondere als Funde aus archäologisch gut dokumentierten Grabungen) intrinsischen Wert für eine Festlegung der Zeitstellung haben. Ebenso müssen Datierungen nach der Machart der Fayence einstweilen mit Vorsicht betrachtet werden, solange dafür nicht sauber rein anhand von archäologisch gesicherten Funden zweifelsfreie Anker geschaffen sind. Hier wäre noch viel Detailarbeit zu leisten, wobei eben die Funde mit gesichertem Kontext Ausgangspunkt für die Definition der Laufzeit bestimmter Typen sein müssen. Vermutlich ist die 21. Dynastie als eine spezielle Epoche nochmals abzutrennen, zumindest was die Beigabe von Amuletten in Gräbern betrifft. Einer der wenigen Fälle, wo über die Beigabe von Skarabäen und Funerärpapyri hinaus speziellere Amulette faßbar sind, betrifft die Bestattung der Herit-Webechet aus der zweiten Cachette von Deir el-Bahri.93 Daressy zufolge gab es am Nacken und dem linken Arm Ketten mit Amuletten, am Hals einen Skarabäus aus Lapislazuli, der ein Udjat hält, ein „mysteriöses Auge“, einen Uräus und einen Geier aus Gold, auf der Seite einen Uräus, ein Udjat,

91 BRUNTON, ENGELBACH, Gurob, 11 (Grab 36 und 37), Taf. XXX oben (Nr. 4–24) (dort mit der Beschriftung „Ramesside or XXII Dynasty“) u. Taf. XXXI oben (Nr. 1–12). Auch GYŐRY, Feline Amulets, 248 akzeptiert diese Datierung und macht sie in hohem Maße zur Basis ihrer Definition eines Neuen-Reichs-Typs von Katzenamuletten. Vgl. ARROYO, Papel, die die Funde aus Gurob, Matmar und Lahun quantitativ vergleicht. 92 ASTON, Egyptian Pottery, 39. 93 DARESSY, Cercueils, 35 Nr. 133.

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einen Skarabäus, ein Herz, einen Djedpfeiler und zwei Papyrusszepter aus Fayence. Am linken Arm gab es etwas unterhalb des Handgelenks eine lange Perle, einen Skarabäus und ein Udjat. Einzelne dieser Elemente, insbesondere der Uräus und der Geier aus Gold, könnten einen frühen Beleg für die Tradition des Goldamulettetextes darstellen (s. Kap. 11). Durch Röntgenuntersuchung deutlich geworden ist eine Halskette mit Amuletten an der Mumie des Seramun ebenfalls aus der 21. Dynastie. Einigermaßen klar identifizierbar sind Herzamulette, Udjat-Augen, Djed-Pfeiler und Tit-Zeichen.94 Die für die Dritte Zwischenzeit typischen Götterfiguren begegnen gelegentlich auch aus Edelmetallen, so insbesondere in den Königsgräbern von Tanis, wo es einige einschlägige Stücke gibt.95 Bei weitem das typischste Material ist aber Fayence mit einer teils mehr grünlichen, teils mehr bläulichen Glasur. Wie schon oben (S. 33) ausgeführt, dürften diese Farben und Materialien insbesondere im Interesse eines Besänftigens der Gottheiten verwendet werden. Als Reflex eines Tragens solcher Götteranhänger sind Abbildungen auf Statuen zu werten.96 Es gibt einige besonders wichtige Fundorte, auf denen eine solide Chronologie und inhaltliche Diskussion der Amulette der Dritten Zwischenzeit, insbesondere ab der 22. Dynastie, aufbauen muß. An erster Stelle im Rang stehen die mittelägyptischen Gräberfelder um Matmar, die sich auch schon für die Erste Zwischenzeit als einer der Schlüsselbereiche erwiesen haben.97 Auch in der Region von Qau und Badari gibt es aus dieser Zeit Gräber mit Amuletten.98 Ein gewisser Gräberbestand ist auch aus Illahun für diese Epoche bekannt.99 Im memphitischen Grab des Iurudef gibt es unter den Sekundärbestattungen einige Amulettfunde, die von den Ausgräbern in die Dritte Zwischenzeit gesetzt werden.100 Im Ostdelta, besonders in Tell el-Yehudiye, Tell er-Retabe und Saft elHenne, gibt es ebenfalls einschlägige Funde.101 Siedlungsfunde sind u.a. aus Mit Rahine (Memphis) und Medinet Habu bekannt;102 im nubischen Bereich auch von den Tempeln und dem Ostpalast in Kawa.103

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BARBOTIN u.a., Momie aux Amulettes, 76–77. Vgl. aber PERDUE, Pendentifs, der die Objekte aus Edelmetall nicht als Anhänger, sondern als Votive auffaßt. 96 DE MEULENAERE, VANLATHEM, Pendentifs. 97 BRUNTON, Matmar, 73–90, Taf. LVIII-LX. 98 BRUNTON, Qau and Badari III, 20–24; Taf. XLIII f. Vgl. QUIRKE, Birth Tusks, 481–495.504– 506. 99 PETRIE, Illahun, Kahun and Gurob, 25, Taf. XXIX; PETRIE, BRUNTON, MURRAY, Lahun II, 36– 38, Taf. L.LV.LVa.LXVIII. 100 RAVEN, Tomb of Iurudef, 34 f.43–45, Taf. 42.45 f. 101 PETRIE, Hyksos and Israelite Cities, 17 f.31–33.39, Taf. XVIII.XIX.XIXa–c.XXXII.XXXIII. XXXIV.XXXIVa–c.XXXVIII. 102 ADDERLEY, Personal Religion, 178–183. 103 MACADAM, Kawa II, 183–199. 95

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Prinzipiell wird der größte Teil der Amulette dieser Zeitstufe durch Figuren von Gottheiten konstituiert, entweder rein anthropomorphe oder solche mit Tierköpfen auf Menschenrümpfen.104 Hierzu gehören einige der bekanntesten Amulettypen überhaupt. Die grundsätzliche Deutung ist zumindest dadurch erleichtert, daß die Identifizierung der Gottheiten an sich wenigstens im Groben meist keine Probleme bereitet – einen Ausnahmefall notorisch falscher Deutung werde ich allerdings ansprechen. Es gibt prinzipiell männliche und weibliche Gottheiten. Das Spektrum der Götterfiguren ist ziemlich reich, läßt sich aber doch unter einige Leitthemen zusammenfassen. Zu beachten ist, daß abgesehen von Bes und dem Pataikos Götterfiguren vorwiegend aus Erwachsenengräbern stammen105 und damit eine vom sonstigen Amulettspektrum zumindest leicht abweichende Bedeutung gehabt haben dürften. Fazzini bezeichnet – wenn auch teilweise auf der Basis unzureichender Analyse der wirklichen Bildbedeutungen, insbesondere unter weitgehender Verkennung der wichtigen Rolle der Besänftigung der Gefährlichen Göttin – das Bildprogramm dieser Zeit als geprägt von den Vorstellungen des Geburtshauses.106 Ich gebe ihm insofern Recht, als Themen des Schutzes von Mutter und Kind im erhaltenen Amulettbestand stark durchschlagen. Dazu paßt auch, daß die Mehrzahl der Funde aus Frauen- und vor allem Kindergräbern stammt.107 Dies ist erneut ein Anzeichen, daß diese Amulette als diesseitige Objekte zu bewerten sind, denn im Falle eines funerären Sinnes wäre nicht einzusehen, warum erwachsene Männer so viel weniger Bedarf an ihnen haben sollten. Möglicherweise durch die Relevanz von Memphis als Zentrum des Landes, von dem auch die Außenkontakte ausgingen, ist die Tatsache bedingt, daß der Gott Nefertem außerordentlich häufig ist.108 Auch Formeln, die mit Ptah verbunden sind, erscheinen, so etwa „Möge Ptah ein gutes Jahr für seinen Herrn eröffnen“ auf einem Harpokratesamulett und ähnlich einem Schweineamulett aus Karthago.109 Es dürfte aber mehr als ein Zufall sein, daß von der memphitischen Göttertrias eben der Kindvertreter so viel häufiger als Abbild erscheint als der erwachsene Mann. Thot, gerne mit einem Udjat-Auge in der Hand (Abb. 67), gehört nach Ausweis mehrerer Stücke mit Fundkontext aus Tanis110 sowie Matmar111 eindeutig bereits in die

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S. auch HÜTTNER, Mumienamulette, 67–75, bei der es allerdings keine Diskussion zur Frage der Datierung gibt. Die Behauptung von GOSLINE, Egyptian Deity Pendants, 21, es gäbe keine archäologischen oder textlichen Nachweise dafür, daß Götteranhänger je als Amulette verwendet wurden, ist angesichts der in Kaptiel 9.1 zusammengestellten paratextuellen Angaben, der Nennung von Gottheiten in der Amuletteliste in Dendara (s. S. 253) sowie der Fundlagen in archäologisch dokumentierten Gräbern eindeutig nicht zutreffend. 105 BRUNTON, Matmar, 83. 106 FAZZINI, Objects in Faience. 107 Vgl. etwa PATCH, Young Children. 108 GYORY, Néfertoum-sur-le-lion. Schon VON BISSING, Figurine di divinità betont die Orientierung an den Göttern der Hauptstädte. 109 VERCOUTTER, Objets égyptiens et égyptisants, 272. 110 MONTET, Tanis II, 53 f. Abb. 16. 111 BRUNTON, Matmar, 82, Taf. LX Nr. 10.

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Dritte Zwischenzeit, obgleich die Handbücher dazu neigen, derartige Stücke in die 26. oder 30. Dynastie zu datieren.112 Zu den wichtigsten Amuletten dieser Zeit gehören gleich zwei, die mit deformierten und zwerghaften Gestalten zu tun haben, nämlich sowohl die Besgestalt (Abb. 68)113 als auch der Patäke (Abb. 69).114 Ersterer ist in seiner älteren Form, in der er etwa auf den Zaubermessern des Mittleren Reiches als oH# „der Kämpfer“ bekannt ist, bereits behandelt worden (s. S. 68). Der den Ägyptologen vertraute Name Bes ist tatsächlich erst in relatv jungen Quellen (und auch nicht sonderlich häufig) belegt; für den Schutzgott selbst positiv in den Zusatzkapiteln des Totenbuches, speziell TB 163 (vgl. Kap. 8.2), die eventuell auf eine Tradition der 19. Dynastie zurückgehen, aber erst frühestens ab der Dritten Zwischenzeit positiv belegt sind (Spruch 163 sogar erst ab der 26. Dynastie). Auch weitere Belege z.B. im pKairo JdÉ 34033, Anrufung 25,115 pBoulaq VI, rt. 7,8 oder pBrooklyn 47.218.156 datieren nicht vor die Dritte Zwischenzeit oder Saitenzeit. Immerhin gibt es den Götternamen als Bestandteil des Personennamens P#|-Bs bereits in der Ramessidenzeit nachgewiesen (pAnastasi III, 1,11; 3,9; 5,5; 6,2.11; pKoller 5,5; pAbbot 5,17; 6,11).116 Auffällig ist, daß der Name des Schutzgottes gerne mit dem Tierfell determiniert wird; eventuell sieht man in ihm eine tierische (z.B. löwenhafte) Komponente als essentiell an. Letzterer verdankt seinen heutigen Namen einem Bericht bei Herodot (3,37).117 Demnach habe Kambyses, als er in das Heiligtum des Hephaistos kam, das Kultbild verlacht. Es sei den Pataiken der Phönizier ähnlich, welche diese am Bug der Schiffe darstellten. Für den Fall, daß jemand dies nicht kennt, erklärt Herodot noch, es sei ein pygmäenhafter Mensch. Die Verbindung mit den Phöniziern ist insofern sehr plausibel, als dieser Amulettyp tatsächlich in der phönizisch-punischen Welt weit rezipiert wurde. Der von Herodot verwendete Terminus Pataikos dürfte eine Ableitung vom ägyptischen Namen des Ptah sein, und es gibt tatsächlich auf einem hölzernen Miniatursarkophag (Lyon I.E. 677) eine Zeichnung eines derartigen Typus mit der demotischen Beischrift PtH-s@m p#-

112 PETRIE, Amulets, 42 (vermutlich auf der Basis von Funden in Dafana und Hawara, s. PETRIE. Nebesheh, 74.79; DERS., Kahun, 20). 113 Zu Bes s. besonders MALAISE, Bès et Bèset; DERS., Bes et les croyances solaires; DERS., Famille isiaque; MEEKS, Nom du dieu Bès; VOLOKHINE, Bès infernaux; BACKHOUSE, Scènes, 65–70. S. auch TORO RUEDA, Gott Bes; DIES., Naciemento; GRAVES-BROWN, Daemons & Spirits, 35–42.47–56. 114 Vgl. generell RAVEN, Puzzling Pataekos; MATZKER, Gruppierungen; DASEN, Dwarfs, 84–98; KOENIG, Patèques; GYŐRI, Interpretation of Pataikos; DIES., Pataikos with Hawks; DIES., Patäken-Amulette; DIES., Komm guter Zwerg; BRESCIANI, Statuina amuletica; AMENTA, “Unione dei due tori”; MINAS, Ptah-Pataikos; WÜTHRICH, Patèque. S. auch RITNER, Pantheistic Figures, 323 f., der allerdings für den von ihm behandelten Patäken der irrigen Datierung in die 20. Dynastie durch RANDALL-MACIVER, MACE, El Amra, 88, Taf. XLV folgt, während es sich tatsächlich um eine intrusive Bestattung der 3. Zwischenzeit handelt, s. ASTON, Burial Assemblages, 148 f. Für mögliche Verbindungen der beiden Motive s. HERRMANN, Zwerg oder Zwergin. Vgl. auch GÓMEZ LUCAS, Bes, Ptah y Ptah-Pateco; EL-AGUIZY, Dwarfs and Pygmies. 115 PIANKOFF, Litany, 91.151. 116 Weitere Belege für Bes in Personennamen bei MARTIN U.A., Tombs of Three Memphite Officials, 18–30; SABEK, Besucher-Graffiti, 173; BURKARD, Dra‘ Abu el-Naga II, 60 Anm. 149. 117 Dazu QUACK, Cambyses.

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nm „Ptah der Hörende, der Zwerg“.118 Ebenso erscheint auf den Heilstatuen Florenz 8708+Turin Supplement 9, rechte Seite, viertes Register und Neapel 1065, Rückenpfeiler, linke Seite, viertes Register, ein derartiger schlangenhaltender Zwerg mit der Beischrift PtH-ckr-Ws|r,119 und auf der Horusstele BM EA 36250, rechte Seite, sechstes Register, ein Zwerg auf einem Sockel mit Treppe und einer Beischrift, von der zumindest der Anfang als PtH-wr „Ptah der Große“ eindeutig ist.120 Einzelne Patäkenfiguren in Zwergengestalt sind auch explizit als „Ptah“ beschriftet.121 In der Forschung wird dieser konkrete Name heute für einen klar definierten zwergenhaften Gott gebraucht, dem aber die Fratzenhaftigkeit des Bes fehlt. Die ägyptische Eigenbezeichnung war wohl einfach nm| „Zwerg“, jedenfalls wird dieses Wort in den Nachschriften der Zusatzkapitel des Totenbuches da gebraucht (Kapitel 164; s. S. 208), wo das Bild einen Typ des Pataiken zeigt, auch wenn die spezifischen Attribute abweichen.122 Man hat ursprünglich vermutet, daß es sich um die Darstellung von Föten oder Jugendlichen handelt,123 und dieser Ansatz prägt bis heute manche Deutungsversuche,124 obgleich er längst widerlegt ist.125 Tatsächlich handelt es sich speziell um die Form des chondrodystopischen Zwergenwuchses, der sich insbesondere in Gestalt verkürzter Beine äußert. Derartige Bildtypen erscheinen bereits in Modeln aus Amarna und der Ramessidenzeit, allerdings meist noch in Seitenansicht (s. S. 218). In Palästina sind Fayencegestalten ab der Spätbronzezeit IIB (ca. 1300-1200 v. Chr.) nachweisbar und erreichen in der Eisenzeit I A-B (1200-1000 v. CHr.) und II A-B (900-700) einen Höhepunkt der Verbreitung. Einzelne Stücke datieren noch in die persische und hellenistische Zeit.126 In Ägypten selbst dürfte mindestens der größte Teil der Grabfunde aus der Dritten Zwischenzeit stammen.127

118 SPIEGELBERG, Ägyptologische Mitteilungen, 8–11; DASEN, Dwarfs, 88.97; gegen Spiegelberg glaube ich nicht, daß es sich um eine Privatperson handelt. Soweit die Paläographie ein Urteil zuläßt, würde ich das Objekt für spätdynastisch oder frühptolemäisch halten. 119 KÁKOSY, Egyptian Healing Statues, 58 u. Taf. II; 149 u. Taf. XLIV. Es dürfte auf dieser Beischrift beruhen, daß PETRIE, Amulets, 38 Nr. 176 den Typ insgesamt als „Ptah Seker“ bezeichnet. 120 BUDGE, Mummy, 472 u. Taf. XXXIII; DASEN, Dwarfs, 92, Taf. 3.2. Die alte Zeichnung von WILKINSON, Manners and Customs, Vol. III, 153, Taf. XXXIII spricht dafür, danach o# „groß“ zu lesen. 121 DASEN, Dwarfs, 92 mit Anm. 41 (das Stück aus Lachisch ist bei HERRMANN, Amulette Palästina, 466 f. neu bearbeitet); zusätzlich VERCOUTTER, Objects égyptiens, 292.294, Taf. XXII Nr. 817 u. 823; GAMER-WALLERT, Fundort unbekannt, 244 f.; HERRMANN, Amulette Palästina IV, 153 Nr. 299. 122 WÜTHRICH, Édition synoptique, Band 2, 103 (TB 164, 55). 123 So z.B. Birch in WILKINSON, Manners, Vol. III, 20; WIEDEMANN, Herodots zweites Buch, 236. 124 Z.B. CLERC, KARAGEORGHIS, LAGARCE, LECLANT, Fouilles de Kition II, 125; CLERC, Aegyptiaca, 109; SCHOSKE, WILDUNG, Gott und Götter, 182 f. mit dem Vorschlag einer Identifizierung mit dem jugendlichen Horus. 125 Vgl. dafür HÜCKEL, Pataiken. 126 HERRMANN, Amulette Palästina/Israel, 404–480. 127 Z.B. PETRIE, Illahun, Kahun and Gurob, 25, Taf. XXIX (Grab 43); BRUNTON, Qau and Badari III, 22, Taf. XLIII (Grab 4963; zur Datierung s. Taf. XXXVIII); Taf. XLIV (Grab 1531); BRUNTON, Matmar, Taf. LVIII, Nr. 30-43 (zahlreiche Beispiele).

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Es gibt allerdings bildlich mehr und weniger elaborierte Vertreter. Die sozusagen klassische ausführliche Form (Abb. 70) vereint noch eine Reihe von zusätzlichen Bildelementen. Rechts und links des Zwerges sind Isis und Nephthys klein dargestellt, oberhalb von ihnen auf den Schultern des Zwergs jeweils ein Falke.128 Unter den Füßen des Zwergs befinden sich zwei Krokodile. Auf dem Rückenpfeiler befindet sich eine Darstellung der Isis mit Flügeln im Papyrusdickicht, anscheinend von einer Art Stele mit rechteckigem Abschluß gerahmt. In den Händen hält der Gott zwei Schlangen, bzw. auf manchen Exemplaren sind die Objekte als Messer oder sogar als Schilfblätter oder Maat-Federn gestaltet. Eine Sonderform (früher Hannover, Museum August Kestner F. 0423) verzichtet auf die Darstellung von Isis und Nephthys, zeigt auf den Schultern Tierköpfe (wohl Schafe) und am Rücken eine geflügelte stehende löwenköpfige Göttin.129 Vorrangig aus Nubien aus der 25. Dynastie belegt sind Exemplare, bei denen auf der Rückseite eine geflügelte löwenköpfige Göttin dargestellt ist.130 Es sollte evident sein, daß manche dieser Bildelemente aus dem Dekorationsschema der Horusstelen übernommen sind, und dementsprechend auch die Bedeutung keine grundsätzlich andere sein kann. Somit spricht dies dafür, in den betreffenden Amuletten einen Schutz vorrangig vor gefährlichen Tieren, wie eben Krokodile und Schlangen zu sehen. Allerdings kann man sich fragen, inwieweit die optisch eingängige Darstellung des Triumphs über gefährliche Tiere auch zu einer allgemeineren Chiffre für die Überwindung von Gefahren aller Art werden konnte. Sofern man beim Pataikos die Verbindung zu Memphis und Ptah als besonders wichtig ansieht, dürften die beiden Falken am ehesten als Schu und Tefnut zu verstehen sein, die in dieser Gestalt gerne mit Ptah kombiniert werden.131 Eine Zuordnung eines Falken zu Ptah zeigt auch Urk. VI, 117,1 f. Zu beachten ist zudem die Gruppe zweier Vögel auf den phönizischen-punischen Blechamuletten.132 Erwähnt sei auch, daß es gelegentlich isolierte Darstellungen eben der beiden Vögel (teilweise mit Sonnenscheibe auf dem Kopf) gibt,133 die in der bisherigen Forschung als Darstellung der vereinigten Bas von Re und Osiris angesehen werden, aber durchaus auch als Darstellungen von Schu und Tefnut gemeint sein könnten. Unten auf der Basisplatte ist gelegentlich, insbesondere auf Stücken der Dritten Zwischenzeit,134 eine Zeichengruppe zu erkennen, die schon viel Spekulation erlebt hat

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GYŐRI, Pataikos with Hawks; DIES., Patäken-Amulette. LOEBEN, Ägypten-Sammlung, 216.251. 130 WÜTHRICH, Patèque, bes. 586–592. 131 KÁKOSY, Ptah-Shu-Tefnut Triad. Üblich in der bisherigen Forschung ist dagegen eine simple Identifizierung des Falken mit Horus; vgl. auch GYŐRI, Pataikos with Hawks, 21–26, die Verbindungen zu Sokar, Ptah, Nefertem und Horus erwägt. 132 VERCOUTTER, Objets égyptiens, 318.327.334, Taf. XXIX; HÖLBL, Sardinien, 350 (jeweils Nr. 57 u. 58). 133 ANDREWS, Amulets, 68; BRESCIANI, Double âme. Zusätzlich z.B. CAMINO, PAPIER-LECOSTEY, Musée Antoine Vivenel, 259. 134 GYŐRI, Interpretation of Pataikos, 37; DIES., Pataikos with Hawks; 15; DIES., Patäken-Amulette, 65–67 nennt eine Reihe von Stücken mit Trigrammen, die sie in die 18. Dynastie setzen will, diese 129

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(Abb. 71).135 Problem ist, daß sie als normale Hieroglyphen gelesen nicht ohne Weiteres einen transparenten Sinn ergibt. Folglich hat man es mit kryptographischen Lesungen versucht und findet normalerweise Atum und auch sonst Bezüge zum Sonnengott, gelegentlich auch zu Amun.136 Die solare Deutung des Ganzen ist nicht einmal unplausibel, wie ich noch ausführen werde, doch gefällt mir die Art der Beweisführung nicht sonderlich. Ich habe schon oben (S. 177.205) ausgeführt, wie man bei derartigen Manövern, wenn mit Akrophonie argumentiert wird, mit genügend Phantasie so ziemlich jeden Text produzieren kann. Auf den am ausführlichsten gearbeiteten Vertretern scheint es drei separate Textkomponenten zu geben.137 Einerseits die Abfolge Lotus – Löwe – Schaf (Serpot Moui Sro), andererseits die Folge Lichtglanz – Skarabäus – Alter, auf die ich beide bei der Behandlung der Zusatzkapitel zum Totenbuch schon hingewiesen habe (s.o. S. 205). Sie scheinen als machtvolle Formeln in der spätägyptischen Magie generell von einiger Bedeutung zu sein. Schattenhafter ist eine dritte Kombination, nämlich Udjatauge, Fisch und Katze, die sich allein oder mit den beiden anderen kombiniert ebenfalls auf den Patäken findet;138 sie ist sonst in TB 167 (Pleyte), 42a belegt, wo für

stammen jedoch aus Fundkontexten, die entweder schlecht dokumentiert oder aufgrund späterer Störungen oder Wiederverwendungen unsicher sind. Bei dem Objekt aus Esna, Grab 227 (DOWNES, Esna, 52) zweifle ich an der von DOWNES, Esna, 125 auf der Basis eines einzigen Keramikgefäßes vertretenen Datierung in die frühe 18. Dynastie (ebenso wie auch Esna Grab 111 den Amuletten nach eher in die Dritte Zwischenzeit zu datieren ist). Der Patäke aus Semna Grab S563 kommt aus einen stark gestörten, mehrfach genutzten Grab. Gurob Grab 474 ist in der Dritten Zwischenzeit wiederverwendet worden (ASTON, Burial Assemblages, 107), ebenso Abydos Grab D28 (ASTON, Burial Assemblages, 148). Für gesichert in die Dritte Zwischenzeit datierende Patäken mit einem solchen Trigramm s. BRUNTON, Matmar, Taf. LVIII (Grab 736); außerhalb Ägyptens gefunden Kition 772 (CLERC, KARAGEORGHIS, LAGARCE, LECLANT, Fouilles de Kition II, 145, Taf. X; dort nicht erkannt); BORNEMANN, SMITH, Liminal Deities, 57; vgl. auch Oxford Ashmolean Museum AN1937.785 (HÖLBL, Al Mina und Tarsos, 42 f., Taf.1, 6; etwa 8. Jhd. v. Chr.), wo Udjat-Auge, Fisch und Katze des einen Trigramms sowie Lotusblatt als Relikt eines weiteren deutlich sind, daneben noch der Mann mit erhobenen Händen, der als Teil noch einer weiteren wirksamen Formel erkennbar ist, zu der sonst auch noch der herabsinkende Mann gehört (QUACK, ZDMG 162, 240), vgl. dazu RYHINER, Trigrammes, 129 f.; KOENIG, Patèques, 126 sowie pSalt 825, 9,5 und den Sarg des Anchrui bei PETRIE, Hawara, Taf. 1 unten rechts. 135 GRENFELL, Iconography, 37 mit drei fragmentarischen Pataikoi des Ashmolean Museums; DASEN, Dwarfs, 94 f. (wo auf dem Stück New York MMA 44.4.34 die Formen von Löwe und Schaf als zwei Affen mißverstanden worden sind); KOENIG, Patèques; GYŐRI, Interpretation of Pataikos, 32–36 (gegen deren Diskussion ich auf dem Pataiken Budapest 51.2557 eine degenerierte Form von Lotus – Löwe – Schaf sehen möchte); AMENTA, “Unione dei due tori”, 7 f. mit Anm. 33; RITNER, Pantheistic Figures, 322–324. Vgl. zuletzt MEKIS, Hypokephalus, 42–44. 136 Zurückhaltender ist dagegen AMENTA, “Unione dei due tori”, 8, in deren Augen es unsicher ist, ob diese Trigramme wirklich Atum oder einen anderen spezifischen Gott bezeichnen. 137 Alle drei gemeinsam finden sich auf Kairo CG 39233, DARESSY, Statues de divinités, 309. 138 Beispiele dieser Kombination bei GRENFELL, Iconography, 37 Abb. LIX; DARESSY, Statues de divinités, 201 (Kairo CG 38805).204 (Kairo CG 38817 und 38819).308 (Kairo CG 39230 und 39231); GYŐRI, Interpretation of Pataikos, 32 f. mit Abb. 6; KOENIG, Patèques, 124 f.; AMENTA, “Unione dei due tori”, 8 Anm. 42; ALVAREZ, Universidad Hispalense, 67, wo die Zeichen von Lotusblatt (das hier als Relikt des anderen Trigramms präsent ist) und Katze als Skorpion und Schakal mißverstanden wurden; ŚLIWA, Egyptian Scarabs, 75 f. Nr. 93 (mit weiteren Verweisen); HÖLBL, Al Mina, 42 f. Nr. 9,

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die hinteren beiden Elemente eine Ausschreibung als #[email protected] und m|w gesichert ist.139 Demnach werde ich es bei der Feststellung der typischen Präsenz dieser Gruppe belassen und noch andere Textquellen mustern, die etwas für das Verständnis der Zwergamulette beitragen können. Gerne entweder mit Bes oder mit dem Pataikos verbunden wird in der Forschung ein Zauberspruch, der die gebärende Frau schützen soll und im pLeiden I 348 überliefert ist (vs. 12,2–6).140 Er trägt bereits den Titel „Spruch für den Zwerg (nm|), den guten Zwerg“ und soll auch über einer Zwergenfigur aus Ton rezitiert werden, die auf den Scheitel der Gebärenden gelegt wird. Im Spruch selbst wird vor allem die Plazenta aufgefordert, herabzukommen. Weiterhin heißt es, Hathor würde ihre Hand als Amulett der Gesundheit auf die Gebärende legen. Auch im direkt nachfolgenden Spruch wird dieses Motiv aufgegriffen, allerdings nur im Rezitationsteil, während die schlecht erhaltene Handlungsanweisung andere Substanzen nennt. Dort heißt es, die Frau habe eine Zwergenfigur aus Ton erhalten (vs. 12, 8). Erneut ist es Hathor, die ein Amulett der Gesundheit zur Verfügung stellen soll. Die Terminologie scheint mir mehr für eine Verbindung dieser Sprüche zu Amuletten des Pataikostyps als zu echten Besamuletten zu sprechen, da Bes normalerweise sprachlich eindeutig markiert wird. Jedenfalls ist hier der Bezug auf den Schutz der Gebärenden evident, als beistehende Göttin Hathor festzuhalten. Eine spezifische Affinität des Zwergenamulettes zum Schutz der Mutter und des Kleinkindes läßt sich auch aus der Tradition um das Amulett am Hals der Neith entnehmen. Es gibt mehrere Textstellen, die übereinstimmend berichten, Neith habe ein Zwergenamulett um den Hals gehängt141 – eine davon befindet sich in dem bereits mehrfach zitierten Zaubertext „Schutz des Hauses“ in Edfu.142 Ein Zwergenamulett aus Fayence, das ins Wasser fiel und als Amulett der Neith bezeichnet wird, findet sich auch in einem Zauberspruch, der auf mehreren magischen Stelen überliefert ist und inzwischen in der Forschung als Text C bezeichnet wird.143 Damit korrelieren Abbildungen

Taf. I 6 (dazu QUACK, ZDMG 169, 240). Bei den von HÖLBL, Altitalien, Band 1, 115; Band II, 85 Nr. 398; 87 Nr 406; Taf. 50 behandelten Zeichen dürfte es sich um eine abstrahierte Entwicklung eben dieser Zeichenfolge handeln. 139 WÜTHRICH, Éléments de théologie thébaine, 84.90; DIES., Édition synoptique, Band 1, 231 f., Band 2, 172. Daneben findet sich die Ausschreibung mindestens der beiden hinteren Elemente dieser Gruppe (vom ersten könnten die phonetischen Elemente in der Lücke am Zeilenanfang verloren sein) auch im pLouvre E 3238, 1,3, s. SPIEGELBERG, Museum-Meermanno-Westreenianum, 22 sowie oben S. 207. Für die Verbindung von Katze und Fisch vgl. eventuell BRUYÈRE, Enseigne, wo allerdings die einschlägigsten Objekte nicht mit dem Abdju-Fisch, sondern der Hat-Mehyt verbunden sind. 140 BORGHOUTS, Leiden 348, 29, Taf. 14 u. 31; TÖPFER, Physical Activity, 332 f. 141 DASEN, Dwarfs, 50f.; GYŐRI, Komm guter Zwerg, 58; PANOV, Комментарии, 91–92; ASHMAWY, RAUE, VON RECKLINGHAUSEN, Von Elephantine, 328–333. 142 JANKUHN, Schutz des Hauses, 88; THEIS, Magie und Raum, 213 f. (Edfou VI, 149,8 = Edfou Mammisi 173,10). Vgl. auch oben S. 28 zu Passagen, die ohne genauere Angabe von einem Pektoral am Hals der Neith sprechen. 143 BERLANDINI, Monument, 110; KÁKOSY, MOUSSA, Horus Stela, 151 Z. 18; GASSE, Texte C, 26.28, Z. 18. Ich kenne noch eine fragmentarische unpublizierte Version dieses Spruches im pBrooklyn 47.218.47 rt., x+7,18–x+8,5.

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wie auf dem Schrein des Nektanebos aus Bubastis (BM EA 1078), die tatsächlich Neith mit einem solchen Amulett gerade im Moment des Stillens zeigen (Abb. 72).144 Ein anderer Spruch, der ab der Ramessidenzeit mehrfach belegt ist, identifiziert ganz ähnlich den Nutznießer des Rituals mit einem Zwerg aus Fayence, der an der Kehle des Geb sowie der Neith war (pTurin CGT 54050 rt. 5,14 u.Par.).145 Auch ein Spruch im magischen Papyrus Harris könnte für das Verständnis des Zwergs relevant sein. Dort wird ein Zwerg angerufen (8,9–9,5).146 Der Text hat dabei im selben Papyrus noch eine teilweise Dublette (9,7–11).147 Noch zwei andere Versionen finden sich in einem Papyrus in Budapest (51.1960, B 4-C 11; s. S. 214).148 Die Geschichte ist ziemlich verworren. Es geht um die Herstellung eines Schreins von einer halben oder sogar nur ein Drittel Elle Höhe,149 wobei derjenige, der vom Sonnengott beauftragt wird, diesen herzustellen, sehr skeptisch ist. Wie soll der Sonnengott, der doch ein Riese von sieben Ellen Höhe ist, hineinpassen – aber er tut es dann doch, und dieses Motiv des Riesen, der gleichzeitig ein Zwerg ist, zieht sich auch in anderen Texten durch.150 In jedem Fall wird dieser Zwerg angerufen, er solle den Nutznießer bei Tag und bei Nacht schützen, so wie er Osiris in Heliopolis am Tag der Bestattung vor dem mit verborgenem Namen geschützt habe. Festzuhalten ist, daß speziell der Budapester Papyrus den handwerklichen Auftrag mit dem Gott Kothar verbindet. Dieser ist vornehmlich aus dem vorderasiatischen Bereich, besonders aus den Texten von Ugarit, als Handwerkergott bekannt.151 Um allerdings den Kreis vollständig zu machen, wird er dort gerne mit der ägyptischen Stadt Memphis verbunden, d.h. genaugenommen mit einer phonetischen Wiedergaben des ägyptischen Ortes Ow.t-k#-ptH, der eigentlich die Bezeichnung für Memphis bzw. dessen Bereich des Ptahtempels ist, aber dann auch im griechischen Bereich zum Ursprung des Wortes Aigyptos, also unseres Ägypten insgesamt wird.

144

SPENCER, Naos of Nekhthorheb, 12 Fig. 7b, Taf. 16, Colour Plate 3. ROCCATI, Magica Taurinensia, 26.109. Vgl. auch STERNBERG-EL HOTABI, Horusstelen, 40 f. Die weitverbreitete Auffassung, Neith habe sich vor dem Amulett gefürchtet (so SPIEGELBERG, Ägyptologische Mitteilungen, 11 Anm. 1; DASEN, Dwarfs, 51; GYŐRI, Komm guter Zwerg, 58), beruht auf einer Fehlübersetzung; Hr+.t| r=f „halte dich fern von ihm“ ist als Anrede an die potentiellen Gefahren gerichtet. 146 LEITZ, Magical and Medical Papyri, 44–46, Taf. 19. Vgl. MEEKS, Mythes et légendes, 172; s. auch KURTH, Weltbild, 19 f., der den Zwerg hier am ehesten mit Ptah identifizieren möchte. Die verwendete Terminologie (einfaches nm|) spricht gegen den von MALAISE, Bes et les croyances solaires, 717 unterbreiteten Vorschlag, daß es hier um Bes in Assoziation zum Himmelsstützer Schu ginge. 147 LEITZ, Magical and Medical Papyri, 46, Taf. 20. 148 KÁKOSY, Fragmente. Vgl. zu dieser Passage QUACK, Cambyses, in Druck. 149 Gegen KÁKOSY, Fragmente, 146.152 f. ist im Budapester Papyrus nicht und zu lesen, , das mit dem nachfolgenden |w zusammen als Schreibung für die Fragepartikel sondern zunächst |n-|w zu verstehen ist. Für die andere Zahl vermute ich eine Lesung als 1/3 (gute hieratische Parallelen sind schwer zu finden, vgl. aber die demotischen Formen). 150 Vgl. KOENIG, Papyrus Boulaq 6, 71 f. 151 PARDEE, Koshar; DEL OLMO LETE, Incantations, 16 f.; für einen weiteren ägyptischen Beleg s. QUACK, WdO 43, 271 145

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Aussagen über die Natur des Zwerges gibt auch ein Zauberspruch im pDeir el-Medineh I, vs. 4,5–5,2,152 den ich aufgrund seiner technischen Anweisungen bereits in einem früheren Kapitel erwähnt habe (s. S. 213). Es geht um Schutz vor Gefahren. Inhaltlich gibt es klare Indizien für eine Verbindung mit dem Sonnengott, wird der Zwerg doch als derjenige bezeichnet, der sich inmitten des Himmels befindet.153 Vermutlich ist dies auch ein wenigstens teilweiser Schlüssel für das komplizierte Verhältnis des Zwergs zum Riesen, jedenfalls drängt sich mir die Vermutung auf, daß diese Geschichte etwas mit der sich ändernden Schattenlänge im Verlauf des Tages zu tun hat. Gelegentlich wird die Grundform des Patäken auch mit Teilelementen anderer Wesen kombiniert. Mehrere Belege gibt es dafür, daß der Rumpf des Patäken mit einem Widderkopf und Falkenrücken kombiniert wird.154 Die Forschung hat diesen Typ bislang unter Berufung auf die Machart der Fayence in die 26.-30. Dynastie datiert. Ein Objekt mit gesichertem Fundkontext ist in der Datierung leider nicht recht klar.155 Ein anderes aus Dafana dürfte bereits in die 26. Dynastie datieren und stammt aus Siedlungszusammenhang (s. S. 257). Ferner gibt es Kombinationen mit einem Falkenkopf; entweder so, daß der Patäke doppelt ist und einen Menschen- sowie einen Falkenkopf hat, oder so, daß ein einfacher Patäke falkenköpfig ist.156 Stücke mit Grabungskontext dürften in die spätere Dritte Zwischenzeit bis 25. Dynastie datieren.157 Bes ist an sich gut bekannt als der fratzenhafte Gott, der üblicherweise frontal dargestellt wird und zwischen den gekrümmten Beinen einen Tierschwanz hat.158 Er kann Messer oder Schwerter in den Händen halten, aber auch Musikinstrumente. Neben den einfachen Formen kommen bereits im Neuen Reich solche mit Flügeln auf,159 die sich

152

Ich segmentiere anders als die Erstedition, indem ich vs. 5, 3 mit „Spruch zum Öffnen des Verschlossenen“ den Beginn einer neuen Einheit sehe. 153 ČERNÝ, Papyrus Deir el-Médineh I, 9 f.; KOENIG, Papyrus Boulaq 6, 69 f. 154 SCHLICK-NOLTE, VON DROSTE ZU HÜLSDORF, Liebighaus I, 256 f.; SCHOSKE, WILDUNG, Gott und Götter, 178 f. jeweils mit weiteren Verweisen. 155 BRUNTON, Mostagedda, Taf. 83 wird es in einer Kategorie „Ptolemaic Miscellaneous Objects“ und der Fundangabe 5123 abgebildet. Im Textteil kann ich keine Beschreibung oder Diskussion dazu finden; in der Distribution List, 152 erscheint das Objekt mit der Angabe „Res.“ (d.h. „kept in Reserve“). 156 GYŐRI, Pataikos with Hawks, 18 f. 157 DUNHAM, West and South Cemetaries Meroë, 24 f., Abb. 18c; HÖLBL, Kameiros, 242. 158 Vgl. auch MEEKS, Nom du dieu Bès, der in Bes eine Bezeichnung des vorzeitig geborenen Kindes sehen will; übernommen und ausgebaut von QUIRKE, Exploring Religion, 53 f., der speziell an das totgeborene oder kurz nach der Geburt verstorbene Kind denkt. Meeks’ Theorie hängt nicht unwesentlich daran, daß er das PT 1186 belegt Wort bs ungeachtet der erheblichen chronologischen Diskrepanz auf den späteren Schutzgott beziehen will; vgl. dagegen MALAISE, Bès et les croyances solaires, 692, der diesen Namen vielmehr von bs# „schützen“ ableiten will. 159 Thronsessel aus dem Grab des Yuya und der Tuya (Kairo CG 51112), QUIBELL, Yuya and Thuiu, 53, Taf. XXXVII; Pilgerflasche aus Medinet Ghurob, dem königlichen Harem des Neuen Reiches (Ashmolean Museum), PETRIE, Illahun, Kahun and Gurob, 17, Taf. XVII; Deir el-Medineh, “Lit clos” von Haus NE X, BRUYÈRE, Deir et Médineh 1934-1935, 235 Abb. 131; Elfenbein der Spätbronzezeit aus Megiddo, LOUD, Megiddo Ivories, 14 Nr. 24, Taf. 8. Vgl. ROMANO, Notes, 98 f.

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über Zwischenstufen in der Spätzeit bis hin zum sogenannten Pantheos entwickeln, den ich lieber als polymorphe Gottheit bezeichnen möchte, da er Teilelemente unterschiedlicher Lebewesen und Gottheiten in einer komplexen Figur vereint, aber nicht nachweislich spezifisch mit pantheistischen religiösen Konzeptionen zu tun hat.160 Bei diesem ist vom Bes nur noch das Gesicht vorhanden, seine inhaltliche Bedeutung, d.h. vor allem der zu einer solchen Form im illustrierten magischen Papyrus in Brooklyn geschriebene Beschwörungstext, sind nicht direkt auf einfache Besgestalten übertragbar. Neben Bes steht seltener auch ein feminines Pendant Beset. Bes wurde von den Ägyptern offenbar als ein kleinwüchsiges bzw. zwergenhaftes Wesen wahrgenommen, wie es besonders deutlich eine Passage im Ritual der vier Kugeln zeigt. Darin findet sich die Abfolge Sr| bs Hwo nm|, die auf der Basis von pMMA 35.9.21, 26,14 gerne als „Kleiner, Bes, Kurzer, Zwerg“ verstanden wurde.161 Dagegen spricht allerdings die Parallelhandschrift pBrooklyn 47.218.138, x+14,20, in der zweifelsfrei Sr| n bs.t Hwo n nm|.t steht, was auf eine Auffassung als „Kleiner der Beset, Kurzer der Zwergin“ hindeutet.162 Jenseits der Frage, ob die Feminin-Endungen dieser Handschrift ernst zu nehmen sind, würde auch dieses Verständnis den Bezug des Bes zum Pataikos wahren – allerdings nicht eben auf eine Auffassung von Bes bzw. Beset als Fehl- bzw. Frühgeburt hindeuten, wie Meeks sie vertreten hat. Bes ist in ganz frühen Formen bereits auf den Knopfsiegeln belegt, etwas weiter entwickelt dann auf den Zaubermessern des Mittleren Reiches (s. S. 68.170). Bes gilt oft einfach als Gott, der mit Geburt, und deshalb nach Meinung mancher Forscher auch mit Fruchtbarkeit zu tun hat, tatsächlich ist sein Einsatz aber durchaus etwas vielfältiger.163 Einerseits wird er tatsächlich in Szenen im Umkreis der Geburt gebraucht, so ist er in der Geburtsszene des Zyklus von der Geburt des Gottkönigs präsent (s. S. 72). Dort dürfte seine Rolle wesentlich in der Vertreibung der Gefahren und Risiken bei der Geburt liegen. Ferner ist Bes ein Schützer des Schlafenden, der in dieser Lage relativ hilflos und auf Schutz vor Gefahren durch andere angewiesen ist. Dem entspricht das gelegentliche Auftreten des Bes in der Dekoration von Betten oder Kopfstützen.164 Ebenso ist es relevant, wenn in einer Szene von „Neujahrsgeschenken“ neben Schreinen mit Betten auch nilpferdköpfige Göttinnen, Besgestalten und löwenköpfige Dämonen erscheinen, die evident als Schützer derjenigen gedacht sind, die auf diesen Betten liegen.165 Manche Forscher setzen erhebliche solare Bezüge des Bes an.166 Die Details dürften durchaus etwas problematischer sein.167 Bes kann zwar neben Harpokrates bzw. dem jugendlichen Sonnengott dargestellt werden, aber das macht ihn nicht automatisch selbst

160

QUACK, Pantheos. MEEKS, Nom du dieu Bès, 424; GOYON, Papyrus d’Imouthès, 66, Taf. XXV. 162 GOYON, Recueil de prophylaxie, 103 f. 163 Vgl. VON LIEVEN, Punktierte Liturgie, 33–35; auch VOLOKHINE, Bès infernaux spricht sich gegen die Einengung der Funktion des Bes auf den Schutz von Kindern aus. 164 KONRAD, Bes (vgl. z.B. Brooklyn Museum 37.434E). 165 SÄVE-SÖDERBERG, Eighteenth Dynasty Private Tombs, 40, Taf. XXXVII. 166 So besonders im Detail MALAISE, Bes et les croyances solaires, 699–722, dem viele spätere Forscher folgen. 167 QUACK, Possibilities and Pitfalls, 244–246. 161

9.3 Der Amulettbestand der Dritten Zwischenzeit

235

zu einem solaren Gott. Die von Malaise als weiteres Indiz angeführten Trigramme168 sind in ihrer Deutung zu problematisch, um ein schlagendes Argument darzustellen (s. S. 229–231) und betreffen zudem spezifisch die polymorphe Form, bei der ein Beskopf nur Teil einer komplexeren Ikonographie ist. Der Flammenkreis, der nach pBrooklyn 47.218.156, x+5,2 den siebenköpfigen Bes umgeben und alle verbrennen soll, die sich ihm nähern, ist eher ein Zeichen ultimativer Macht als ein Indiz solarer Natur; zudem können die „polymorphen“ Gestalten, zu denen auch die Gottheiten des Brooklyner Papyrus gehören, nicht einfach auf Bes allein reduziert werden. Neben seiner Einbindung in den Zyklus des Sonnengottes hat Bes auch starke Verbindungen zu osirianischer Dekoration, wo er öfters als Wächter und Schützer des Osiris bzw. des hilfsbedürftigen Menschen auftritt. Schließlich ist er im Umkreis der Rückkehr der Gefährlichen Göttin präsent, wo er oft Musikinstrumente spielt und tanzt und so zur Besänftigung der potentiell seuchenbringenden Göttin beiträgt. Die Wichtigkeit dieses Konzeptes der Besänftigung der Gefährlichen Göttin habe ich schon mehrfach im Verlauf dieses Buches angesprochen. Im Zusammenhang mit dem Bes sollte auch ein Objekt erwähnt werden, das aufgrund seiner Dimensionen nicht eigentlich als Amulett verstanden werden kann, da es nicht mehr ständig mit sich getragen werden kann. Es handelt sich aber offenbar um eine Art stationären Talisman, der insbesondere Beistand im Umfeld der Geburt und Kindheit leisten sollte.169 Die betreffenden Objekte sind typischerweise aus grüner Fayence mit markanten schwarzen Flecken hergestellt und zeigen wohl die weibliche Variante, also Beset, mit einem Kind im Arm, das genährt wird. Zwischen den Beinen kann sich ein Affe befinden. Die Besgestalt hat eine hohe Krone, auf der gelegentlich auf der Rückseite Szenen angebracht sind, und zwar z.B. Fabelszenen wie die einer Katze, die Gänse hütet. Ein leider fragmentarisches, aber ästhetisch sehr qualitätvolles Exemplar dieser Gattung findet sich auch in der Heidelberger Sammlung (Inv. 227; Abb. 73). Die Stücke dürften spezifisch in die Dritte Zwischenzeit, insbesondere die 22.–25. Dynastie, datieren, soweit sie einen aussagekräftigen und gut dokumentierten archäologischen Fundzusammenhang haben.170 Aus demselben Material hergestellt und wohl sachlich ähnlich zu bewerten ist auch eine Nilpferdgöttin,171 ebenso Darstellungen von Frauen (teilweise musizierend oder mit einem Äffchen im Arm), Affen, Katzen. Im Falle der Udjat-Augen, die an sich zu fast allen Zeiten bekannt sind (s. S. 61.193– 197), gibt es in dieser Zeit einige wichtige Spezialtypen. Insbesondere erscheinen Objekte mit mehrfachen (besonders vierfachen) Udjat-Augen.172 Komposittypen, die das Auge mit einer Uräusschlange verbunden haben, sind zwar im königlichen Bereich bereits seit Tutanchamun belegt und erscheinen auch unter den Modeln aus Qantir (s. S. 218), werden aber erst jetzt allgemein verbreitet. Auch Kombinationen mit Feliden

168

MALAISE, Bes et les croyances solaires, 721 f. BULTE, Talismans; DIES., Iconographie originale; MILWARD JONES, Fayence Talisman. 170 BULTÉ, Talismans, 115–119. 171 BULTÉ, Thouéris. Vgl. KONRAD, Kuh, die eine singuläre Darstellung einer kalbenden Kuh ebenfalls dieser Gruppe zuweist, und zu diesem Objekt GUTH, Hirtenbilder, 111 f. 172 PETRIE, Amulets, 33 Nr. 140; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 146–151. 169

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oder Vogelflügeln erscheinen, auch ganze Göttinnen sind belegt.173 Da die Ferne Göttin im demotischen Mythus vom Sonnenauge besonders in der Form der „nubischen Katze“ sowie im Bereich von Elkab einer Geierin aufgefaßt wird,174 ist anzunehmen, daß in all diesen Fällen vorrangig eben die Gefährliche Göttin im Umkreis des Neujahrs als Konzeption hinter den Amuletten steht. Textlich kann man dafür auf das Udjat-Auge Kairo CG 5748 verweisen, auf dem auf der Rückseite die Namen der Göttinnen Selket, Neith, Bastet, Isis, Nephthys, Sachmet und Wadjit aufgeschrieben sind.175 Mutmaßlich sind auch menschliche Augen ohne weitere Elaborierung, teilweise auch in Mehrfachausführung, ebenfalls in die Dritte Zwischenzeit zu datieren.176 Wichtige Bildschemata zeigen sich auch im Bereich der Göttinnen.177 Zuerst erwähnen möchte ich den eher seltenen Typ der Göttin Neith, die zwei Krokodile säugt (Abb. 74)178 – diese Form trägt in Esna den speziellen Namen rs.t-x.wt=s „die ihre Leiber bewacht“, mit einer Lautvariante rs.t-Hw.wt=s „die ihre Häuser bewacht“ – es ist unsicher, was davon ursprünglicher ist.179 Bei diesem Typ ist nicht ganz sicher, ob er bereits in der Dritten Zwischenzeit auftritt, meist wird er saitisch oder später datiert.180 Darstellungen der Neith aus gesicherten Fundkontexten der Spätzeit (s. S. 259) zeigen sie allerdings ohne die Krokodile. Zu konstatieren ist die große Beliebtheit der löwenköpfigen Göttinnen. Es gibt sie sowohl stehend als auch thronend dargestellt (Abb. 75). Gelegentlich ist in der Forschung erörtert worden, welche konkreten Namen diese Gestalt wohl hat.181 Nach dem Zeugnis beschrifteter Objekte handelt es sich besonders um Abbilder von Mut, Sachmet und Bastet bzw. auch Verbindungen dieser Gestalten. Dabei dürfte die Funktion wesentlicher als der spezifische Name gewesen sein. Grundsätzlich handelt es sich hier um die Göttin, die sowohl gefährlich wütend als auch sanft und schützend auftreten kann.

173

GYŐRY, Oudjat ailé. Vgl. auch DARNELL, Apotropaic Goddess. QUACK, Animals of the Desert, 342 f. 175 REISNER, Amulets I, 74. Vgl. ähnlich PETRIE, Amulets, 34, Taf. XXV Nr. 142h (dort auch mehrere Stücke, die jeweils nur einen dieser Namen tragen). 176 PETRIE, Amulets, 9 Nr. 4. Vgl. MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 78–85 mit Diskussion, welche Objekte wirklich Amulette und welche Votivgaben sind; HÜTTNER, Mumienamulette, 18.125. 177 ANDRENUCCI, Goddesses. 178 SCHOSKE, WILDUNG, Gott und Götter, 148. 179 Vgl. VON LIEVEN, Himmel über Esna, 147 mit Verweisen; s. auch MEEKS, Paléographie, 37 § 96, der für den Plural Hww.t eine übertragene Bedeutung „gosier, poitrine“ ansetzt und für den Göttinnennamen „Celle qui veille à sa poitrine“ vorschlägt, sowie THIERS, Hymne à Tanent, 311–314, der auf dieser Basis, aber mit anderer Auffassung der Konstruktion, „celle dont la poitrine veille/est vigilante“ ansetzt. Die von Meeks für diese Bedeutung von Hww.t genannten Belege erscheinen mir jedoch keineswegs zwingend; bei ihnen dürfte lediglich eine Schreibung Hw.t für x.t „Leib, Bauch“ vorliegen (vgl. für diese Fluktuation M. SMITH, Mortuary Texts, 97 f.). Für die von Thiers anvisierte Bedeutung würde ich eher eine Limitation ohne Suffix erwarten. 180 So PETRIE, Amulets, 37, der als Laufzeit die 26.-30. Dynastie angibt. 181 Vgl. etwa KRAUSPE, Katalog Leipzig 1, 93, ähnlich bereits ARNOLD, Egyptian Bestiary, 18. SCHOSKE, WILDUNG, Gott und Götter, 156–159 sowie ANDREWS, Amulets, 34 wollen den Spezialtyp der auf überwundenen Feinden stehenden löwenköpfigen Göttin spezifisch mit Pachet zusammenbringen, wofür ich keine ausreichende Evidenz sehe. 174

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Als stehende Gestalt kann sie mit einem Udjat-Auge in der Hand auftreten, gelegentlich auch noch eine Katze auf dem Kopf tragen. Häufiger ist allerdings das Bildschema mit einem Papyrusszepter in der Hand (Abb. 76), oder mit einfach anliegenden Armen. Ein seltenerer Bildtyp zeigt sie stehend auf gefangenen Feinden (Abb. 77)182 – das dürfte vom Typ der sitzenden Göttin übernommen sein. In einem Fall hockt noch eine Katze bei ihren Beinen, in einem anderen hält die Göttin möglicherweise eine Ägis in der Hand – die Details sind schwer auszumachen. Im Bereich des Merenptah-Palasts in Memphis in einer Schicht, die auf etwa 700 v. Chr. datiert wird, fanden sich zwei fragmentarische Amulette mit Darstellung gefesselter Feinde und Resten der darauf stehenden Beine.183 Neben der löwenköpfigen Göttin erscheint auch der Pharao gesichert als Hauptfigur derartiger Amulette.184 Speziell bei den thronenden meist löwenköpfigen Göttinnen gibt es sehr häufig ein zusätzliches Bildelement, das für die Deutung aufschlußreich ist, aber in der Forschung gerne mißverstanden wurde. Auf den Thronwangen sind Gestalten abgebildet, die durch extra schwarze Glasur gerne als Originalobjekte aus einem abweichenden Material gekennzeichnet werden. Es handelt sich meist um Schlangen, und zwar vorzugsweise aufgerichtete Schlangen mit Armen und Beinen (Abb. 78). In der Forschung laufen diese Gestalten fast immer unter der Bezeichnung Nehebkau.185 Tatsächlich handelt es sich aber um etwas ganz anderes, nämlich einen bestimmten Bildtyp der ägyptischen Dekane.186 Er wird in der Forschung neuerdings gelegentlich als ophiomorphe Darstellung bezeichnet187 und ist speziell mit dem dämonischen Aspekt dieser Sterngötter verbunden. Zugrunde gelegt wird immer die sogenannte Sethos IB-Familie.188 In ihr wird der ursprüngliche Bestand von 36 Dekanen erweitert, indem ein zusätzlicher Vertreter für jeden Monat hinzukommt, zudem für jeden Epagomenentag der zuständige Gott sowie ein weiterer Dämon und noch ein abschließender, so daß sich insgesamt im Vollbestand 59 Götter und Dämonen ergeben. Davon ist üblicherweise in einer Vierergruppe jeweils die erste Gestalt eine löwenköpfige Göttin, meist sitzend, die zweite ein löwenköpfiger stehender Gott, die dritte eine Schlange, oft mit Armen und/oder Beinen und die vierte freier variabel. Viele der Gestalten tragen Weinkrüge in den Händen. In ihnen befindet sich der Rauschtrank, mit dem die Gefährliche Göttin besänftigt wird, und eben dies ist der wesentliche Sinn der betreffenden Amulette. Die daraus resultierende Schutzfunktion dürfte insbesondere für Kinder wichtig gewesen sein, die stärker krankheitsanfällig als Erwachsene sind; tatsächlich kommen alle Amulette dieser Art, für die eine anthropologische Untersuchung vorliegt, aus Kindergräbern.

182

SCHOSKE, WILDUNG, Gott und Götter, 156–159. ROBERSON, Trampled Foe. 184 ANDREWS, Pharao Trampler. 185 So seit SHORTER, Nehebkau fast generell; schon bei PETRIE, Amulets, 40 Nr. 254 angelegt. 186 So klar herausgearbeitet von KÁKOSY, Amulette. 187 VON LIEVEN, Dritte Reihe. 188 Für Details verweise ich auf QUACK, Beiträge, Kapitel 1.3.2. 183

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Die Dekane können auch auf den Thronwangen vollständig dargestellt sein, ab und an gibt es etwas größere Zusammenstellungen, bei denen allerdings auch oft die ursprüngliche Reihenfolge des ikonographischen Vorbilds nicht mehr beachtet ist.189 Meist sind sie aber auf wenige, üblicherweise zwei Gestalten auf jeder Seite reduziert, besonders bei den Fayenceamuletten, deren Größenordnung meist im Bereich von 5 bis 6,5 cm liegt. Herausgegriffen werden aus dem Bestand vor allem die Schlangengestalten mit Armen, oft auch Beinen. Ein Typ, der über den Rumpf der Hauptschlange gelegt zwei oder drei weitere kleine Schlangen zeigt, wird in Katalogbeschreibungen gerne als Bogen mißverstanden. Relativ gerne sind die Schlangen speziell in schwarzer Farbe gegenüber dem blauen oder grünen Grund hervorgehoben. Da derartige Farben etwa auch für Armbänder verwendet werden, kann man an die Markierung von Metall denken. Auf der Rückseite des Thrones befindet sich unten oft ein Anch-Zeichen. Die Göttin hält fast immer ein Sistrum in der Hand, ein Instrument, das oft mit ihr verbunden wird und wohl auch den Zweck hat, sie friedlich zu stimmen. Ein meines Wissens einmaliger Fall ist es, daß statt des Sistrums eine Katze auf dem Schoß der Göttin sitzt (Kairo CG 39122).190 Diese Katze ist, wie der Mythus vom Sonnenauge zeigt, eng mit der Göttin verbunden, man kann aber auch daran denken, daß ihr Schnurren ebenfalls der Besänftigung der Göttin dienen soll. Gelegentlich trägt die Göttin speziell die Doppelkrone und ist damit als Mut markiert, in solchen Fällen hat sie teilweise unter ihren Füßen liegende Gefangene, die vom Kopf her in guten Exemplaren als Asiat und Nubier stilisiert sind.191 Ein sehr seltener Typ ist eine Isis mit Horuskind, die auf den Thronwangen ebenfalls Dekane trägt; ein Exemplar mit Provenienz (München ÄS 3315) stammt aus den Grabungen in Matmar.192 Kurz erwähnen möchte ich bei diesem Stichwort auch eine stehende Figur, die Mut auf der Vorderseite mit Isis auf der Rückseite kombiniert.193 In den Bereich der Göttinnen gehört auch ein Objekttyp, der an sich schon früher belegt ist, aber gerade in dieser Epoche eine besondere Entfaltung und Entwicklung der Ikonographie erfährt, nämlich das sogenannte Menit (Abb. 79).194 Es mag ursprünglich ein Gegengewicht für Halsketten sein, wird aber schon bald auch als Rhythmusinstrument für die Besänftigung der Göttin eingesetzt – etwa in der bekannten Audienzszene der Sinuheerzählung (B 268 f.) wird es auch von den Königskindern zur Besänftigung des Herrschers verwendet.195 Von daher steht es typischerweise in Parallele zum Si-

189

Vgl. den Katalog in QUACK, Beiträge, Kapitel 1.3.3. DARESSY, Statues, 277, Taf. LIII. 191 Eine sichere Darstellungen der Mut mit Gefangenen ist Kairo CG 39369, s. DARESSY, Statues, 343, Taf. LXIII. 192 BRUNTON, Matmar, 77.81, Taf. LVIII, Nr. 25. 193 SCHOSKE, WILDUNG, Gott und Götter, 169 f. 194 BARGUET, Collier-menat; HERMANN, Liebesdichtung, 18–23; WESTENDORF, Kammer der Wiedergeburt, 145 f.; DERCHAIN, Hathor Quadrifrons, 46; QUAEGEBEUR, Apis; PINCH, Votive Offerings, 278–281; PREYS, Manifestations d’Hathor; CHÂTELET, Offrande du collier. Für die Amulettformen s. MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 376–383. 195 Vgl. etwa BRUNNER, Besänftigungslied; DERCHAIN, Réception; WESTENDORF, Sinuhe. 190

9.3 Der Amulettbestand der Dritten Zwischenzeit

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strum. In der Dritten Zwischenzeit werden diese Objekte zahlreich aus Fayence hergestellt, was in sich bereits sehr für eine Nutzung als Schmuck oder Amulette spricht, denn als echtes Musikinstrument sind Stücke aus diesem Material nicht realistisch verwendbar. Vielleicht markantestes Merkmal ist, daß auf etlichen Menits in mehr oder weniger großer Menge die bereits besprochenen Dekane als Dekoration erscheinen.196 Es gibt solche, die recht figurenreich über den gesamten Bereich von Schaft und Rund gänzlich oder fast ausschließlich Dekane darstellen, teilweise fast den Vollbestand von 59 Exemplaren. Daneben gibt es aber als andere Bildentwicklung diejenigen, die nur einen oder wenige Dekane darstellen, dann ganz vorzugsweise den Bildtyp der Schlange mit Armen und Beinen. Dies wird gerne mit einem Göttinnenkopf kombiniert, zudem kann es noch weitere Dekorationselemente geben, die standardmäßig aus dem Bereich der Gefährlichen Göttin stammen, also löwenköpfige Göttinnen selbst sowie Affen, Hathorköpfe, geflügelte Schlangen oder Katzen.197 Weiterhin ein Objekt aus dem Bereich der Gefährlichen Göttin ist die sogenannte Ägis (Abb. 80).198 Dabei handelt es sich letztlich um eine Protome – meist die der löwenköpfigen Göttin, seltener auch der Mut mit Doppelkrone mit einem daran anschließenden breiten Kragen, aber keinem Rumpf. Sie kann in etlichen Fällen mit dem Menit verbunden werden. Um dieses Spektrum von Sistrum, Menit und Ägis insbesondere in seiner Bedeutung für den Schutz von Mutter und Kind darzustellen, lohnt einmal mehr ein Blick auf den demotischen Mythos vom Sonnenauge. Die Katze sagt von sich: „Ich bin die Gebärmutter, die empfängt, die Mutter, die sie im Leib genährt hat. Denn wenn man zu ihr ruft seitens der Gefährten von „Anfang-und-Ende“ – d.h. dem Hindernis der Frau, die ans Gebären kommt –, dann soll man zu Bastet rufen, eher als zu Amun. Wenn wiederum die Zeit geboren wird, die ihre Mutter mit ihnen verbringt, dann ist es Nechbet – welche die Göttin ist – zu der man rufen soll, um sie herabkommen zu lassen. Wenn sie Herrin von „Anfang-und-Ende“ ist, so deshalb, weil „Ende-und-Anfang“ ist, was man als Name des Schlosses(?) sagt, das in den Tempeln Ägyptens ist, welches das Abbild der Göttin ist. Wenn sie sagte: „Ich bin seine Hand“, so deshalb, weil ein Amulett, das man an den Leib knüpft, Bastet ist, wobei sie als Geiergesicht an ihrem Vorderteil und als Sistrumgesicht an ihrem Hinterteil ist und ihre zwei Flügel ausgebreitet sind. Er ließ die Geierin für die Mutter, die ernährt, rufen. Du ließest das Sistrum für die Gebärmutter, die empfängt, rufen. Wenn er sie an das Sistrum setzt und man die Göttin

196

QUACK, Beiträge, Kapitel 1.3.3. Vgl. etwa Kairo CG 12717 bei REISNER, Amulets II, 25, Taf. VII.XXIV, auf dem im Zentrum ein Hathorgesicht unter einer Flügelsonne, flankiert von zwei Katzen, abgebildet ist. Die Beischrift könnte als @(ô) môw |(n) Nm(.t)-o[w#]y nb(.t) p.t @+(=|) onX w@#! s(nb) „Worte sprechen seitens Nehemetawai (?), Herrin des Himmels: ‚Ich gebe Leben, Heil und Gesundheit‘“ zu verstehen sein. Noch elaborierter in der Dekoration ist PETRIE, Illahun, Taf. XXIX Nr. 11; dort befindet sich im oberen Register des Stammes ein Hathorgesicht zwischen zwei Katzen, darunter ein Vogel auf einem Papyrus flankiert von einer stillenden köwenköpfigen Göttin und einer huldigenden Hathor; im Rund im oberen Register eine sitzende Gottheit mit Doppelkrone flankiert von zwei Schlangen mit Flügeln, im unteren Register ein Udjat-Auge flankiert von adorierenden Affen und Schlangen. 198 PETRIE, Amulets, 42 Nr. 195; ANDREWS, Amulets, 41. 197

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9 Dreidimensionale Götterfiguren

mit ihm befriedigt, so bedeutet dies, daß du die Herrin des Lebens von Männern und Frauen bist. Es gibt keinen Dämon gegen das Baby, das im Königspalast ist, denn die Gebärmutter, die gebiert, ist die Mutter, die ernährt. Er stellte es vor den König, um ihn mit Miysis, groß an Kraft, dem Sohn der Bastet, zu vergleichen.“ (Mythus Leiden 8,23– 9,2).199 Auch Plutarch, De Iside Kap. 63 gibt an, mit dem Sistrum werde Typhon vertrieben, weiß also um die apotropäische Macht dieses Musikinstruments.200 Den Bildtyp des Dekans als Schlange mit Armen, oft auch Beinen, gibt es auch als Einzelfigur (Abb. 81).201 Manche Exemplare sind schlank und elegant, andere eher plump. In manchen Fällen ist ein männliches Geschlecht extra markiert. Möglicherweise sind etliche seltene Typen von Götteramuletten auch in die Dritte Zwischenzeit zu datieren, wobei klare Datierungskriterien meist fehlen.202 Weniger häufig sind rein tiergestaltige Amulette, die aber auch vorkommen. Ein nicht ganz seltener Typ ist das Schweineamulett in Form einer Sau, gelegentlich mit bis zu sieben Ferkeln darunter (Abb. 82).203 In der Sekundärliteratur kann man gelegentlich lesen, es habe mit Fruchtbarkeit zu tun.204 Tatsächlich scheinen aber, gerade bei den mit Ferkeln dargestellten Exemplaren, ganz andere Ideen im Vordergrund zu stehen. In den Originalinschriften wird das Schwein teilweise mit Isis identifiziert, teilweise aber auch mit Nut, der Gottesmutter. Gerade letzteres eröffnet einen wichtigen Anschluß an den dramatischen Abschnitt im kosmographischen Text des Nutbuches, der im Neuen Reich im Osireion von Abydos

199

Vgl. auch GUERMEUR, Faucon, 180. Vgl. GRIFFITHS, Plutarch De Iside, 525–528. 201 QUACK, Beiträge, Kapitel 1.3.3. 202 Z.B. ANDREWS, Amulets, 47, DIES., Boar, 79 (wo m.E. am ehesten eine Darstellung des Geb vorliegt, s. QUACK, Heliopolitan Ennead, 203–206). 203 GRAPOW, Mutterschwein; EL-HUSENY, Inkonsequente Tabuisierung, 354–383; VOLOKHINE, Porc, 147–167. Zur Datierung s. MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 139.509 Anm. 169. Gesicherte archäologische Provenienz haben drei Objekte aus Gurob, s. BRUNTON, ENGELBACH, Gurob, Taf XXX Nr. 17 u. 24; Taf. XXXI Nr. 12, die in die 22. Dynastie datieren (s. S. 223), ebenso zwei aus Lahun, s. PETRIE, BRUNTON, MURRAY, Lahun II, 36 f., Taf. LVA Nr. 15–16; etliche aus Mittelägypten, s. BRUNTON, Matmar, Taf. LIX Nr. 47–53, zwei aus Kafr Ammar (25. Dynastie), s. PETRIE, MACKAY¸ Heliopolis, 36, Taf. XXXII sowie einige Stücke aus Meroe und Sanam (EL-HUSENY, Inkonsequente Tabuisierung, 362 f.), die in die 25. Dynastie datieren. GAMER-WALLERT, Fundort unbekannt, 241 f. und ELHUSENY, Inkonsequente Tabuisierung, 354.380, wollen unter Verweis auf ein Objekt aus dem Kunsthandel, das angeblich eine Kartusche Psammetichs I. trägt, die 26. Dynastie wieder etablieren, bei den fraglichen Zeichen handelt es sich m.E. aber eher um eine etwas entstellte Form von mn-Xpr-Ro, also dem Thronnamen Thutmosis’ III., der auch nach seinem Tod lange auf Amuletten verwendet wurde (s. S. 174). Die von PETRIE, Amulets, 47 vorgenommene Datierung der Schweineamulette in die 26. Dynastie ist somit mindestens weitgehend nicht zutreffend; definitiv abzulehnen ist seine Deutung, es mit einem jährlichen Schweineopfer für Osiris sowie den Darstellungen zum 6. und 7. Monat des ägyptischen Jahres zusammenzubringen (die Verbindung mit dem Schweineopfer ist noch bei LISE, Amuleti, 54 übernommen). Vgl. eventuell auch die Erwähnung eines Ferkels aus Fayence im pOxy. 79/103, A, x+3,5 in allerdings völlig zerstörtem Zusammenhang, s. QUACK, Änigmatischer Weisheitstext, 270.272.274. 204 Z.B. ANDREWS, Amulets, 35, obgleich sie durchaus korrekt auf die Verbindung zur Himmelsgöttin Nut hinweist. 200

9.3 Der Amulettbestand der Dritten Zwischenzeit

241

sowie in der Römerzeit mit demotischer Übersetzung und Kommentar im pCarlsberg 1 und 1a, zudem auch rein hieratisch in Papyrusfragmenten aus Tebtynis, insbesondere pCarlsberg 228, überliefert ist.205 Konkret geht es dort um den Kreislauf der sogenannten Dekane, einer Gruppe von Sternen, die in Ägypten zur Zeitbestimmung dienten. Von ihnen sind jeweils sieben vollständig unsichtbar, während zwölf andere während der Nacht kulminieren und dann zur Stundenbestimmung genutzt werden, weitere sind im Ost- und Westbereich des Himmels sichtbar, ohne zu kulminieren. Im Rahmen einer mythologischen Ausdeutung wird dies so verstanden, daß die Himmelsgöttin Nut jeweils eines ihrer Kinder, also einen Stern, auffrißt und einen anderen neu gebiert, also ein echter Kreislauf. Es kommt zum Streit mit ihrem Partner Geb, der die Kinder retten will und ihnen einen neuen Aufgang verschafft. Dazu heißt es im pCarlsberg 1: „Es geht hervor das Muttertier beim Fressen seiner Ferkel, wegen des sie Fressens.“ Übersetzung und Kommentar dazu lautet: „Es geschieht, daß das Muttertier seine Ferkel frißt bei seinem Fressen, das heißt, sie [...](?) frißt ihre Ferkel bis zum heutigen Tag, beim Fressen ihrer Kinder, das heißt Nut, das heißt die Sterne. Das Muttertier, von dem er spricht, ist das Muttertier des Schweins. Das sind alle Muttertiere.“ (pCarlsberg 1, 5,1–4). Kurz erwähnen möchte ich auch einige spezielle Formen wie etwa Krokodile mit Falkenkopf (Abb. 83),206 bei denen allerdings die Datierung unsicher ist. Sie dürften der speziellen Form des Horus Imi-Schenut zuzuordnen sein, der vor allem aus magischen Texten bekannt ist und für die Feindvernichtung eine große Rolle spielt (LGG V, 244 c).207 Im Tempel von Hibis (Hibis III, Taf. 20) ist ein Krokodil mit zwei Falkenköpfen und Flügeln als Horus |m| c(w)mn(.w) bezeichnet; zudem gibt es auch eine Kultform des Chons in Form eines falkenköpfigen Krokodils. Eventuell in die Dritte Zwischenzeit zu datieren sind auch seltene einfache Krokodilamulette,208 die als Motiv bereits unter den Modeln aus Qantir (s. S. 219) erscheinen. In den Bereich der Gefährlichen Göttin gehört die Darstellung des Affen (Abb. 84),209 ist es doch ein Affe, der auszieht, um die Göttin wieder sanft zu stimmen und dazu zu bringen, nach Ägypten zurückzuziehen (s. S. 173).

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VON LIEVEN, Grundriß des Laufes der Sterne, bes. 81–84.154–161.413–420. Als Amulett z.B. BM EA 57914, ANDREWS, Amulets, Abb. 41 (mit einer apodiktischen Datierung in die 26. Dynastie). Vgl. für das Bildmotiv an sich SCHREIBER, Crocodile Gods; BEINLICH, Mythos in seiner Landschaft, Band 1, 77–79; KOCKELMANN, Herr der Seen, 72–76; vgl. zu derartigen Darstellungen in der meroitischen Kultur ŽABKAR, Hieracocephalous Deity; HOFMANN, Weiteres Beispiel. 207 Vgl. BM EA 36250, unten neben dem rechten Bein, wo ein falkenköpfiges Krokodil mit Federkrone eine eindeutige Beischrift erhält (s. BUDGE, Mummy, 472, Taf. XXXIII, wo nach dem Photo zu korrigieren ist). Budges Wiedergabe in Drucktypen evident in 208 GASSE, Crocodiles; BRUNTON, Matmar, Taf. LXI Nr. 13 (Dritte Zwischenzeit); PETRIE, Hyksos and Israelite Cities, 41 (Grab 545, mit Datierung in die 26. Dynastie), Taf. XXXVIII Nr. 37.38. Vgl. ein gleichartiges Objekt aus Ibiza bei FERNÁNDEZ, LÓPEZ-GRANDE, VELÁZQEZ, MEZQUIDA, Amuleto de tipología egipcia. Bei GIDDY, Anubieion II, 68 f., Taf. 53 (78/3) ist ein aus einer Grabung stammendes, leider ohne präzise datierenden Zusammenhang, publiziert (vgl. zur Datierungsproblematik des Friedhofs beim Anubieion S. 237). Vgl. auch KOCKELMANN, Herr der Seen, 121 f. mit einer allzu funerär orientierten Deutung. 209 Z.B. PETRIE, Illahun, Taf. XXIX Nr. 20. 206

242

9 Dreidimensionale Götterfiguren

Beim Katzenamulett210 sind spezielle Bildformen zu beachten, die auch in der Forschung gerne als libyerzeitlich definiert werden (Abb. 85). Man nimmt gerne an, daß die Vorliebe für Katzen politische Gründe habe, gibt es in dieser Zeit doch die bubastidische Dynastie. Das mag für die Ausbreitung der Amulette von einer gewissen praktischen Bedeutung gewesen sein, doch gehört natürlich auch die Katze in den Umkreis der Bildformen der Gefährlichen Göttin. In den späten Epochen, wie etwa Plutarch (De Iside 376 E–F) zeigt, schrieb man der Katze eine Affinität zum Mond zu,211 während in der älteren Epoche zumindest der männliche Kater mit dem Sonnengott verbunden war.212 Es könnte sein, daß dies darin begründet ist, daß Isis, die damals alle anderen Göttinnen dominiert, etwa ab der Ptolemäerzeit zu einer Mondgöttin wird213 – während Osiris oder Sarapis in die Rolle eines Sonnengottes eintritt. Die Verbindung der Katze zur Welt der Göttin zeigt sich auch in einer Spezialkombination dieser Zeit, nämlich der Katze auf dem Papyrusamulett.214 In diesem Fall ist zu beachten, daß das Papyrusszepter standardmäßig eben von Göttinnen gehalten wird (s.o. S. 192). Ebenso relevant ist die Darstellung einer Uräusschlange mit Katzenkopf.215 Das Hasenamulett216 ist in seiner Datierung nicht ganz sicher, oft wird angenommen, es sei erst ab der 26. Dynastie belegt.217 Da es aber bereits unter den Modeln der Ramsesstadt Belege gibt,218 fühle ich mich berechtigt, den Hasen hier zu behandeln. Er wird in der Forschung gerne mit Fruchtbarkeit verbunden.219 Soweit ich sehe, wird dies allenfalls durch die natürliche Vermehrungsrate von Hasen begründet, nicht etwa durch irgendwelche Originalquellen oder ikonographische Zusammenhänge. Petrie hat, mindestens ebenso spekulativ, behauptet, aufgrund des Lautwertes wn des Hasen sei dieser für wn-nfr, also den Beinamen des Osiris verwendet worden.220 Viele Forscher reden von einer volkstümlichen Hasengöttin wnw.t.221 Die Göttin wnw.t ist allerdings in fast allen bekannten Belegen eine Schlangengöttin. Mit Hasenkopf belegt ist

210

GYŐRY, Feline Amulets. Vgl. GRIFFITHS, Plutarch De Iside, 528. 212 QUACK, Tier des Sonnengottes. 213 DELIA, Isis. 214 PETRIE, Amulets, 46 Nr. 226; GYŐRY, Amulette-ouadj. 215 Vgl. SCHLÖGL, BUXTORF, Kunst und Handwerk, 26 f., wo aus nicht nachvollziehbaren inhaltlichen Gesichtspunkten eine Datierung ins Neue Reich erwogen wird. Vgl. das ähnliche Stück aus Dafana (s. S. 248) sowie BM EA 64628 (ANDREWS, Amulets, Abb. 41, ohne archäologische Provenienz und dort eher vage in die Spätzeit datiert). 216 Vgl. zu ihm die Kontroverse zwischen MÜLLER, Kombination von Zwei- und Dreidimensionalität und BOMMAS, Amulett in Gestalt eines Hasen, sowie STOOF, Hasendarstellungen, 65–68; GYŐRI, Hare amulet. 217 PETRIE, Amulets, 44 gibt eine Laufzeit Dyn. XXVI–XXX an; Basis dafür sind möglicherweise Objekte aus Dafana; s. PETRIE, Nebesheh, 79; LECLÈRE, SPENCER, Tell Dafana, 63 f., Taf. 22. 218 HERMANN, Formen, 71. Vgl. weiter ein ägyptisches Hasenamulett aus Tell Çatal Höyük (Türkei) aus einer Schicht des 8. Jhds. v. Chr., s. HÖLBL, Al Mina, 15. 219 HORNUNG, STAEHELIN, Skarabäen Basel, 115; CLERC, KARAGEORGHIS, LAGARCE, LECLANT, Fouilles de Kition II, 134 Anm. 20; AUFRÈRE, Taches lunaires, 21; STOOF, Hasendarstellungen, 68 f. 220 PETRIE, Amulets, 44 Nr. 213; vgl. auch AUFRÈRE, Taches lunaires, 60–64. 221 Vgl. auch AUFRÈRE, Taches lunaires. 211

9.3 Der Amulettbestand der Dritten Zwischenzeit

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sie immerhin gelegentlich in den Osiriskapellen von Dendara (Dendara X, Taf. 133).222 Zudem ist im demotischen magischen Papyrus pMag. LL 3,26 wn.t als Lexem für ein Tier, vermutlich die Häsin belegt – in einer hieratischen Schreibung, die durch die Verwendung des Ei-Determinativs darauf hindeutet, von der Göttin beeinflußt zu sein. Im pBrooklyn 47.218.2, x+3,15 wird sie dagegen mit Capriden (ow.t) verbunden.223 Von „Volkstümlichkeit“ kann bei ihrem Auftreten sicher nicht die Rede sein. Bommas versucht für einen konkreten Fall, das ägyptische Wort für den Hasen, nämlich sxo.t, mit einem angeblichen Verb sxo „brünstig machen“ zu verbinden. Allerdings ist dies realiter ein Hapax, das ausschließlich im Luxor-Text der Geburt des Gottkönigs belegt und in seiner genauen Bedeutung nicht gerade sicher ist – eventuell ist es als Kausativ des Verbs xo „ausleeren“ zu analysieren.224 Etwas aussichtsreicher erscheint die Idee, das Hasenamulett solle seinem Träger die Schnelligkeit eines Hasen verleihen, die ebenfalls in manchen Publikationen verbreitet wird.225 Zumindest schafft man hier einen gewissen Anschluß an Quellen über die ägyptische Bewertung des Hasen. Jedenfalls ist bei Plutarch (Quaestiones convivales IV, 5,2–3) erwähnt, die Ägypter würden das Tier aufgrund seiner Schnelligkeit und der Schärfe seiner Sinneswahrnehmungen für göttlich halten. Denn es schlafe mit offenen Augen und habe sehr gute Ohren. Horapollo (I, 26) führt einen Punkt dieser Deutung des Hasen weiter aus. Demnach würden die Ägypter das Verb „öffnen“ mit dem Hasen schreiben, weil dieses Tier die Augen immer offenhalte. Das ist zwar zoologisch falsch, aber tatsächlich wird der Hase mit seinem Lautwert wn oft zur Schreibung des Verbs wn „öffnen“ verwendet. Ich würde damit rechnen, daß sich daraus dann realiter eine spätägyptische Spekulation entwikkelte, die den Hasen als Amulett dann mit einer Öffnung im Sinne freier Beweglichkeit verband, oder vielleicht auch mit dem in Ägypten etymologisch davon abgeleiteten Wort wyn „Licht“, das gewährt zu erhalten Ziel mancher Amulette war.226 Etliche Falkenamulette (Abb. 86) sind in ziemlich eindeutiger Weise mit Horus (oder eventuell Re-Harachte) zu verbinden.227 Nur kurz erwähnen muß ich hier die Nilpferdgöttin als Schutzgestalt, von der ich schon in verschiedenen anderen Kapiteln gesprochen habe. Auch Froschamulette sind in dieser Zeit sicher belegt.228 Einige Amulette in Fliegenform, aber mit Köpfen anderer Lebewesen, dürften ebenfalls in die spätere Dritte Zwischenzeit oder 25. Dynastie datieren, allerdings stammt

222

Hinweis Holger Rötsch. Dagegen kann man die von AUFRÈRE, Taches lunaires, 32–42 angeführten Belege für hasenköpfige Göttinnen ohne Namensbeischrift m.E. methodisch sauber nicht einfach auf Unut festlegen. Vgl. jetzt MEDINI, Oie, 36–37. 223 GUERMEUR, À propos, 546 f. 224 Vgl. BRUNNER, Geburt des Gottkönigs, 16. 225 ANDREWS, Amulets, 64 (neben Wiedergeburt und Fruchtbarkeit); STOOF, Hasendarstellungen, 67 f. 226 Zur Relevanz des Lichtes vgl. SMITH, Mortuary Texts, 125 f.; THISSEN, Graffiti Medinet Habu, 33 f. 227 CLERC, Aegyptiaca, 122 f. 228 Z.B. PETRIE, Illahun, Taf. XXIX Nr. 27.35; BRUNTON, Matmar, Taf. LXI Nr. 17.

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9 Dreidimensionale Götterfiguren

bislang kein Objekt aus einer dokumentierten Grabung.229 Eines hat einen Falkenkopf mit Mondscheibe und -sichel, Doppeluräus sowie ein Udjat-Auge auf den Flügeln (Abb. 87), eines einen Löwenkopf mit Kopftuch und Sonnenscheibe und eines einen Menschenkopf mit Sonnenscheibe und Kuhgehörn. Das sehr diesseitige Amulettspektrum der Dritten Zwischenzeit hat sich insgesamt als Exportschlager erwiesen, denn es wird weit über die Grenzen Ägyptens hinaus aufgegriffen und führt zu einem ersten großen Höhepunkt von Aegyptiaca in der Fremde. Hauptrezeptionsgebiete waren vor allem natürlicherweise Nubien und die Levante, und von da aus wurden die Objekte dann, mutmaßlich vor allem im Zuge des phönizischen Fernhandels, im ganzen Mittelmeerbecken verbreitet oder lokal nachgeahmt und sind etwa auf Sardinien, Malta, in Etrurien, Karthago und Spanien alles andere als selten.230 Insbesondere der Pataikos und die Besfigur haben sich als ausgesprochen beliebt erwiesen.231 Sie machen auch in Perioden, die chronologisch nach der ägyptischen Dritten Zwischenzeit liegen, noch den Hauptbestand der Funde aus. Auch in der phönizischen und griechischen Welt finden sich diese Amulette ganz vorrangig in Gräbern von Frauen und Kindern.232 Daneben gibt es auch Funde von Votivdepots in Tempeln, so in Sarepta233 und Byblos.234 Im arabischen Raum sind ebenfalls Amulette ägyptischen Typs nachweisbar.235 Für den spanischen Bereich ist zu beachten, daß besonders viele ägyptische Amulette von der Insel Ibiza stammen.236 Es gibt dort auch eine punische Münzprägung, die offenbar den Bes zeigt; nach Meinung mancher Forscher soll sogar der Name Ibiza auf ein Wort „Insel des Bes“ zurückgehen.237 Selbst in Mesopotamien und Persien sind in neuassyrischer und achaemenidischer Zeit einige ägyptische (oder ägyptisierende) Amulettypen zu finden, insbesondere

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ANDREWS, Boar, 80 f.; SCHULZ, Fliege, 443 f. Vgl. z.B. VERCOUTTER, Objets égyptiens; CHARLES, Scarabés Pyrga; CLERC, Aegyptiaca; CLERC, KARAGEORGHIS, LAGARCE, LECLANT, Fouilles de Kition II; APOSTOLA, Cross-Cultural Relations; DIES., Multiple Connotations; GAMER-WALLERT, TAVO B 21; ACQUARO, Cagliari; HÖLBL, Altitalien; DERS., Sardinien; DERS., Malta; DERS., Griechische Welt; DERS., Kameiros; DERS.; Al Mina; PADRÓ I PARCERISA, Egyptian-Type Documents; HERRMANN, Amulette Palästina/Israel; DERS., Amulette Palästina/Israel II; DERS., Amulette Palästina/Israel III; DERS., Weitere Amulette; DERS., Made in Egypt; GARCÍA MARTÍNEZ, Documentos prerromanos; MARTINI, Amuleti punici di Sardegna; MÜNGER, Iron Age Egyptian Amulet Assemblage; KOCH U.A., Amulets in Context. Übergreifende Studie HÖLBL, Problematik; FLETCHER, Sidonians (vgl. kritisch dazu HÖLBL, Al Mina, 9 Anm. 3). 231 NAGY, Meaning Behind Motif; DASEN, Patèques; für Bes in Palästina vgl. SCHMIDT, Materiality of Power, 71–90. 232 HÖLBL, Sizilien, 40; BARCAT, Amulettes de type égyptien. 233 PRITCHARD, Sarepta, 22 f.29–33, Abb. 43–44; DERS., Sarepta IV, 73–80, Abb. 17–18. 234 DUNAND, Fouilles de Byblos I, 177–180; Taf. LXXIII. Vgl. die Aufzählung von Votivdepots in Griechenland bei HÖLBL, Problematik, 153 f. 235 SPERVESLAGE, Ägypten und Arabien, 61–134.257.309–315.321–333.336–344. 236 VÉLAZQUEZ BRIEVA, Bes; COSTA, FERNÁNDEZ, Nous amulets; FERNÁNDEZ, LÓPEZ-GRANDE, VELÁZQEZ, MEZQUIDA, Amuleto de tipología egipcia; LÓPEZ-GRANDE, FERNÁNDEZ, VELÁZQEZ, MEZQUIDA, Amuletos de iconografía egipcia. 237 Vgl. die bibliographischen Angaben in VÉLAZQUES BRIEVA, Bes, 102–104. 230

9.3 Der Amulettbestand der Dritten Zwischenzeit

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Udjat-Augen und Bes-Amulette.238 Bes wird dabei auch jenseits der Amulette ägyptischen Typs auf Objekten lokaler Produktion, z.B. Rollsiegeln, Stempelsiegeln und Abdrücken, Metallwaren oder Münzen dargestellt.239 Man kann durchaus überlegen, ob gerade die prinzipielle Diesseitigkeit dieses Bestandes seinen Erfolg in der Fremde wesentlich mitbegründet hat.240 Jedenfalls waren es Objekte, die sich rezipieren ließen, ohne daß man sich dafür an die recht komplexen Sitten des ägyptischen Umgangs mit den Verstorbenen anschließen mußte.241 Eine vieldiskutierte Frage betrifft den Punkt, ob hier ägyptisches Handelsgut oder ägyptisierende Eigenproduktion vorliegt. Argumentiert wird dabei sowohl mit der Bildmotivik als solcher als auch mit der materiellen Qualität der Herstellung. Dabei werden Abweichungen von ägyptischen Vorbildern bzw. aus dem Niltal nicht bekannte Motive als Indiz lokaler Herstellung angesehen. Umstrittener ist, ob etwa eine geringe Qualität der technischen Seite als Zeichen lokaler Produktion gewertet werden kann oder mit einem Nachlassen der Qualität in nachsaitischer Zeit auch in Ägypten selbst zu verbinden ist. In der derzeitigen Diskussion wird für Palästina in der Eisenzeit weithin mit Import von originär ägyptischen Stücken gerechnet, während für das Mittelmeerbecken etliche sowohl ostphönizische als auch punische Werkstätten angenommen werden.242 In Karthago und auch anderen phönizisch-punischen Fundstätten sind als besonders interessante Gruppe auch Metallamulette gefunden worden. Sie zeigen ein recht festes ikonographisches Schema von teilweise über 200 Figuren (Abb. 88).243 Dabei sind die ersten Gestalten eben die aus Ägypten bekannten 59 Dekane, Pseudodekane und Götter der Epagomenentage, über die ich oben schon gesprochen habe (s. S. 237), und zwar meist noch in der korrekten Reihenfolge. Andere Gestalten lassen sich bislang noch nicht als Ensemble verorten, machen aber sehr den Eindruck ägyptischer Herkunft. Mehr Quellen zu den wenig bekannten Schutzgöttergruppen von Memphis und dem Delta würden hier sicher noch einiges klären können. In jedem Fall handelt es sich um Abbilder, die zum Verständnis der verschiedenartigen Entwicklungen polymorpher Gottheiten in Ägypten unbedingt herangezogen werden sollten.

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ABDI, Bes; DERS., Iranization; OROSZ, BRIANZA, Bes figures from Nimrod; WASMUTH, Achämenidenzeit, 86–93 (Udjat-Augen und Bes-Amulette). 239 ABDI, Bes. 240 Vgl. HÖLBL, Problematik, 143 f., der die Abwesenheit spezifisch funerärer Amulette in diesem Material hervorhebt. 241 Spezifisch in der Königsfamilie von Sidon gibt es immerhin auch Sarkophage, die aus der spätzeitlichen ägyptischen Tradition stammen, s. FREDE, Sarkophage I, 65–69.72–74; Grallert in FREDE, Sarkophage II, 191–215. 242 HERRMANN, Amulette Palästina/Israel III, 1–3; HÖLBL, Al Mina (zusammenfassend 141–145). 243 VERCOUTTER, Objets égyptiens, 311–337; QUILLARD, Étuis porte-amulettes, 27–32; DIES., Bijoux carthaginois II, 102 f.; HÖLBL, Sardinien, 348–352; DERS., Malta, 105–113; LOZACHMEUR, PEZIN, De Tyr; MAASS-LINDEMANN, MAASS, Ägyptisierende Amulett-Blechbänder; QUACK, Beiträge, Kapitel 1.3.2. und 1.3.3. Vgl. auch BEN GUIZA, Décans égyptiens, der stark auf der Abgabeversion von QUACK, Beiträge beruht.

10 Die Amulette des Osiris und die spätägyptische Standardausstattung der Mumien Wie schon im letzten Kapitel erwähnt (s. S. 223), gibt es durchaus Datierungsprobleme, die man auch als solche thematisieren sollte. Einerseits gibt es Fälle, wo Stücke nicht sicher ins Neue Reich oder die Dritte Zwischenzeit eingeordnet sind. Andererseits gibt es auch Stücke, die in den Publikationen als spätzeitlich im engeren Sinne, also ab der 26. Dynastie, angesetzt werden, potentiell aber eher in die Dritte Zwischenzeit passen könnten.1 Ein gutes Beispiel sind etliche Amulette, die aus ärmlichen Gräbern im Bereich des Anubieions von Saqqara stammen.2 Die Ausgräberin Lisa Giddy datiert die Objekte in die 27.–30. Dynastie.3 Tatsächlich scheinen die diagnostischsten Typen unter den Amuletten, nämlich die Schweineamulette (s. S. 240)4 sowie die vielfachen UdjatAugen,5 eher in die Dritte Zwischenzeit oder allenfalls den Beginn der 26. Dynastie zu passen, worauf auch bereits in Rezensionen6 hingewiesen wurde. Lediglich einzelne Objekte wie paviansköpfige Gottheiten7 würden plausibel in die eigentliche Spätzeit gehören. Man wird hier abwarten müssen, ob insbesondere die vorerst nicht im Detail vorgelegte Keramik des Grabungsplatzes eine späte Ansetzung rechtfertigt8 – in diesem Falle müßte man annehmen, daß Gebräuche der späten Dritten Zwischenzeit in manchen Bevölkerungsschichten bis in weit spätere Zeiten tradiert worden sind (die typische Amulettausstattung der Spätzeit dürfte vorrangig anhand von Gräbern der Elite und SubElite definiert sein). In jedem Fall ist auch bei dieser Fundgruppe die dominante Bezeugung von Amuletten in Gräbern von Kindern festzuhalten.9

1 So die Stücke in KAHL U.A., Assiut Tomb III, 319–324. Vgl. auch in die umgekehrte Richtung NAI, Beads, 127–136, der einige von Petrie in die 23. Dynastie datierte Fundkomplexe in die 27. Dynastie datieren möchte und besonders gegen die Datierung der Amulette von Tell el-Yehudiye durch PETRIE, Hyksos and Israelite Cities, 17 f. Einspruch erhebt. Vgl. für die Datierung dieser Gräber jedoch ASTON, Burial Assemblages, 65–71, der Petries Ansätze weitgehend bestätigt. 2 GIDDY, Anubieion II, 33–78, Taf. 47–55. 3 GIDDY, Anubieion II, 87 f. 4 GIDDY, Anubieion II, 64 f. (mit dem irrigen Vorschlag, es handele sich um Igeldarstellungen), Taf. 47.49 5 GIDDY, Anubieion II, 65.67, Taf. 49.51 f. 6 PATCH, JNES 55, 227 mit Hinweis auf Parallelen der 25. und 26. Dynastie. 7 GIDDY, Anubieion II, 70, Taf. 55 (78/u266). 8 Vgl. jetzt FRENCH, BOURRIEAU, Anubieion IV, 28, wo für das betreffende Areal 5 lediglich ein einziges Gefäß angegeben wird, das direkt mit einer Bestattung verbunden war. 9 GIDDY, Anubieion II, 43.

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Gleichartige Fragen wirft ein Fundkomplex aus Giza auf, der von seinem Ausgräber Petrie etwa in die Perserzeit datiert wurde.10 Erkennbar sind zwei Udjat-Augen, ein Papyrusamulett, zwei Hasenamulette, ein Schu-Amulett, eine Nilpferdgöttin und möglicherweise zwei affen- (oder hunds?)köpfige anthropoide Götter. Auch hier entspricht das Spektrum in Teilbereichen, besonders hinsichtlich der Nilpferdgöttin (s. aber S. 259) und vielleicht des Hasenamuletts, noch dem, was in Gräbern der Dritten Zwischenzeit deponiert wird. Zu diskutieren sind auch Amulette, die im Zusammenhang mit Formen der Bronzegießerei in einem Grab der Qubbet el Hawa (QH 207/14–28) aufgefunden worden sind.11 Die Objekte der Gießerwerkstatt werden in die späte 26. Dynastie datiert.12 Die Amulette passen eigentlich mehr ins Fundspektrum der 22.–25. Dynastie; es gibt Darstellungen der thronenden Isis mit Kind, des Nefertem, einer hockenden Katze, von Patäken13 sowie eine Plakette mit einer stehenden löwenköpfigen Göttin mit Papyrusszepter, die in den Umkreis der Dekandarstellungen gehören könnte.14 Auffällig ist, daß viele dieser Amulette fragmentiert sind. Dies könnte die Möglichkeit eröffnen, daß es sich um bereits ältere Objekte handelt, oder daß sie aus einer (Ab)nutzung im Gebrauch für Lebende stammen, wo möglicherweise Traditionen weitergeführt wurden, die in den spezifisch funerären Grabbeigaben der 26. Dynastie nicht zu fassen sind. Die 25. Dynastie steht ganz in den Traditionen der späten Dritten Zwischenzeit, was die Verwendung von Amuletten betrifft.15 Ab etwa der 26. Dynastie16 kommt dagegen eine ganz neue Typenfront an Amuletten im archäologischen Befund dominant auf.17 Sie verdrängt die vorher übliche Ausstattungssitte, die sich weit mehr auf die zu Lebzeiten getragenen Objekte konzentriert hatte. Demgegenüber zeichnet sie sich durch einen deutlich ausgeprägten funerären Charakter aus. Die Amulette werden dabei meist zusammen mit einem Perlennetz über der Mumie ausgelegt und daran befestigt, teilweise stecken sie auch in den Wicklungen. Die in dieser Zeit weitverbreitete Verwendung des Perlennetzes (das allerdings offenbar bereits in der 25. Dynastie aufkommt)

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PETRIE, Gizeh and Rifeh, 29, Taf. XXXI. Publikation in EDEL, Qubbet el-Hawa, 1869 f.1874–1876 12 FITZENREITER, WILLER, AUENMÜLLER, Gusswerkstatt. 13 Bei EDEL, Qubbet el-Hawa, 1870 werden beide Stücke als Bes bezeichnet. 14 Bei EDEL, Qubbet el-Hawa, 1870 wird das Papyrusszepter als Stab, der mit einer Lotusblüte bekrönt ist, gedeutet. Vgl. QUACK, Beiträge, Kap. 1.3.2. und 1.3.3. 15 SACKHO-AUTISSIER, Amulettes napatéennes. 16 Mangels sicher datierter Fundkomplexe der frühen Saitenzeit ist keineswegs sicher, ob der Wandel der Beigabensitte exakt mit dem politischen Übergang zusammenfällt, dies ist sogar eher unwahrscheinlich. Ebenso ist damit zu rechnen, daß der Wandel nicht in ganz Ägypten zur selben Zeit erfolgte; wohl auch nicht in allen sozialen Schichten. 17 Dazu die Spezialstudie von HÜTTNER, Mumienamulette, bei der allerdings das Problem besteht, daß sie einerseits auch die 25. Dynastie einbeziehen will (somit nicht sauber dem Wechsel der Beigabensitte entspricht; tatsächlich aller Wahrscheinlichkeit nach realiter sogar noch frühere Objekte einschließt), andererseits auf der Sammlung des Kunsthistorischen Museums Wien beruht, dessen Objekte ohne archäologisch dokumentierte Provenienz sind, somit aus sich heraus zur Datierung nichts beitragen kann. Bereits MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 151.156.312 f. erkennt, daß die 25. Dynastie in der Tradition der Dritten Zwischenzeit steht, während in der Saitenzeit neue Traditionen aufkommen. 11

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für die Mumienumhüllung18 stellt dabei m.E. bereits eine konzeptuelle Annäherung an Osiris dar, spezifischer an eine bestimmte Osirisform Osiris Hemag, der mit Perlen zu tun hat.19 Beispiele solcher Funde gesichert aus der Saitenzeit selbst finden sich etwa im Bereich der spätsaitischen „Persergräber“ von Saqqara und Abusir,20 des Grabes des Wahibremen bei der Userkaf-Pyramide,21 sowie eines ebenfalls aus der späteren Saitenzeit stammenden Grabes in Heliopolis.22 Häufig im Bestand sind hier das Amulett der zwei Finger, kleine Kopfstützen, Udjat-Augen, Djed-Pfeiler und Tit-Symbole, Papyrusamulette, Doppelfedern und Herzamulette. Gelegentlich gibt es auch Götterstatuetten, so eine des Horus und eine des Re,23 Darstellungen von Isis und Nephthys,24 sowie Käfer, Tafeln, Siegel, Menits und Winkelamulette. In die Saitenzeit datieren auch Gräber in Nebeshe im nördlichen Delta.25 Teilweise ebenfalls in die Saitenzeit, teilweise in die Ptolemäerzeit könnten Amulette gehören, die in Dafana gefunden wurden.26 Darunter gibt es etliche (stets einfache) Udjat-Augen, Papyrusamulette, ober- und unterägyptische Kronen, einige Gottheiten wie Schu, Thot, die Nilpferdgöttin und eventuell Chnum, an reinen Tierfiguren Falken, Ibisse, Affen, Widder, einen Stier, einen Frosch, einen Fisch, eventuell Hasen, Katzen und Löwen. Das Spektrum ist etwas auffällig, insbesondere hinsichtlich der markanten Präsenz rein tierischer Gestalten, während Djed-Pfeiler und Tit-Symbol, die sonst in der Spätzeit oft zu mehreren bei einer Bestattung auftreten, gänzlich fehlen. Ein Grund dafür ist wohl, daß die betreffenden Amulette wenigstens weitgehend nicht aus Gräbern stammen, sondern aus Räumen eines Kasemattengebäudes,27 somit mutmaßlich Siedlungsfunde aus der Welt der Lebenden darstellen.

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BUDKA, Bestattungsbrauchtum, 253–259. Vgl. ZECCHI, Osiris Hemag. Vgl. zur Bedeutung auch ARNST, Vernetzung. Vgl. auch HÜTTNER, Mumienamulette, 10–13, die das Perlennetz unter Berufung auf BUDGE, Mummy, 222 als Symbol des Himmels verstehen will, sich dabei aber insofern in Widersprüche verwickelt, als sie die blaue Farbe der Perlen einerseits als Farbe des Himmels betrachtet, andererseits als chthonisch bezeichnet. 20 BARSANTI, Psammétique et Satirban, 162; DERS., Smendès, 189 f.; DERS., Péténisis, 234; DERS., Zannehibou, 267.269–271; DERS., Péténéît, 102–104; MASPERO, Sur les bijoux, 1–6, Taf. I–IV; BRESCIANI, PERNIGOTTI, GIANGERI SILVIS, Tomba di Ciennehebu, 76–95, Taf. XXVIII–XXIX.XXXII– XL.LVII–LXIII; BAREŠ, SMOLÁRIKOVÁ, Iufaa I, 81–90.139–145.159–162; DIES., Menekhibnekau I, 255–256.307.348. 21 LAUER, Tombes jumelées, 482–484, Taf. XV 2. 22 GAUTHIER, Tombe d’époque saïte, 17–18. 23 BARSANTI, Péténisis, 234. 24 BARSANTI, Zannehibou, 267. 25 PETRIE, Nebesheh, 22–24. 26 PETRIE, Nebesheh, 74.79; LECLERE, SPENCER, Tell Dafana, 58–65, Taf. 21–22. Eine Schlange mit Löwenkopf (BM EA 20666) ist von Petrie während der Grabung angekauft worden und kann somit nicht verläßlich datiert und einem Kontext zugeordnet werden; sie würde eher in die Dritte Zwischenzeit passen. 27 Für die Analyse dieses Gebäudes s. LECLÈRE, SPENCER, Tell Dafana, 12–22. 19

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Wohl in die eigentliche Spätzeit zu setzen ist auch ein Teil der Nachbestattungen, die sich in den memphitischen Gräbern des Haremhab sowie des Maja und der Merit finden.28 Allerdings gibt es in letzterem Grab auch Hinweise auf Bestattungen der Dritten Zwischenzeit,29 so daß die einzelnen Objekte nicht aus sich heraus als Belege für die Laufzeiten bestimmter Typen geeignet sind. Spätsaitische Gräber mit einem entsprechenden Amulettbestand wurden in Buto gefunden.30 Dort sind ein geflügelter Skarabäus, ein Papyrusamulett, ein Menit mit einer Darstellung der Wadjit, und Gottheiten, u.a. die Horuskinder, zutage getreten. Ein Doppel-Udjatauge ist auffällig, da es noch in der Tradition der Dritten Zwischenzeit steht, während die Spätzeit an sich wieder zu einfachen Udjat-Augen zurückkehrt. Eine Nekropole in der Nähe von Athribis im Delta, wo auch etliche Amulette aufgefunden wurden,31 bedürfte in ihrer genauen Datierung noch genauerer Analyse und ist möglicherweise auch nicht völlig homogen. Die meisten in Publikation vorgelegten Amulette entsprechen dem normalen Spektrum der Spätzeit. Potentiell älter sein könnten Darstellungen der Nilpferdgöttin, der thronenden Bastet sowie ein Schweineamulett. In Giza wurden im Grab des Iahmes, Sohn des Psammetich, das wohl in die 26. Dynastie datiert, viele Amulette aus Fayence gefunden.32 Es handelt sich insbesondere um viele Udjat-Augen sowie Darstellungen von Gottheiten. Besser ausgestattet war das Grab des Harchebi in Saqqara aus der Ptolemäerzeit.33 Hinter dem Nacken gab es eine Reihe von Amuletten, die in die Tradition des Goldamulettetextes gehören, ferner noch ein relativ normales Spektrum von Herzamuletten, Djed-Pfeilern, Tit-Zeichen, UdjatAugen, Figuren von Isis, Horus und Thot, einen Käfer und einen Frosch. In die 30. Dynastie datiert wohl die Bestattung des Djedher in Abydos.34 Er hatte eine äußere Lage von Amuletten aus Fayence, und innerhalb der Mumienbinden eine innere Lage von Amuletten aus Stein. In derselben Grabanlage wurde auch die Mumie seines Sohnes Hor-Udja gefunden.35 Er trug um den Hals drei Herzamulette und ein UdjatAuge, am Körper ein Tit-Symbol aus Karneol, ein Zweifinger-Amulett und einen Herzskarabäus. Dieser Befund zeigt gut, daß es ungeachtet aller Normierungstendenzen selbst innerhalb einer Familie recht unterschiedlich üppige Amulettaustattungen geben konnte.

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RAVEN, Maya and Meryt II, 12–14.47–51, Taf. 20–21. RAVEN, Maya and Meryt II, 11–12. 30 HARTUNG, Buto. 8. Vorbericht, 217 f.; Taf. 41. 31 GOMAA, HEGAZY, Neuentdeckte Nekropole, 24–44, Abb. 26–53, Taf. XI–XIV. 32 ZIEGLER, Tomb of Iahmes, 339–341. Die Qualität der gedruckten Photographien ist für eine genauere Analyse unzureichend. 33 DARESSY, Hor-Kheb, 80–82; nach der dort angegebenen Nummer JdÉ 35787 und 35788 handelt es sich um dieselben Stücke, die auch bei VERNIER, Bijoux, 488–489 als Kairo CG 53738 beschrieben sind (auch wenn dort ein expliziter Rückverweis auf Daressys Publikation fehlt und nur JdÉ 35788 als Inventarnummer angegeben wird). 34 PETRIE, Abydos I, 37–38, Taf. LXXVIII. 35 PETRIE, Abydos I, 39. 29

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Spätzeitlich bis ptolemäisch datieren Bestattungen im Asasif, in denen Amulette zutage getreten sind.36 Bezeugt sind Perlennetze, Udjat-Augen, Horuskinder, Djed-Pfeiler und Tit-Symbol, Siegelring sowie ein Stier-Löwen-Amulett. Etwa aus der Ptolemäerzeit stammt eine Bestattung aus Saqqara, welche einen simplen Grundbestand an Amuletten dieser Art exemplifiziert,37 nämlich eine Isis, einen Horus, einen Thot, ein Papyrusamulett, zwei Djedpfeiler und ein Käferamulett. Ein weiteres Grab aus dieser Gruppe enthielt ein Paviansamulett,38 sonst war dieses Gräberfeld ausgesprochen beigabenarm. Auch eine ungestörte Nebenbestattung im Grab des Anch-Hor in Theben aus der späten Saitenzeit erweist sich als nützliche Quelle.39 Sie wird in die 30. Dynastie bis frühptolemäisch datiert. Auf einer Kalksteinplatte ausgebreitet, die den in einer Vertiefung liegenden Sarkophag abdeckte, fand sich ein Satz Balsamierungsgeräte sowie mindestens 374 Uschebtis, schließlich eine ganze Reihe von Tiermumien (Falken, Ibisse, Katzen und Hundewelpen). In das Perlennetz waren ein geflügelter Skarabäus und die vier Horuskinder eingearbeitet. Unterhalb der Arme lagen auf der Brust fünfzig verschiedene Amulette, die weitgehend aus Fayence, teilweise aber auch aus Steatit oder Karneol bestanden. Im Nacken der Mumie befand sich eine kleine Kopfstütze, unter dem Kreuzbein ein besonders großer Djed-Pfeiler. Zahlreich waren weitere Djed-Pfeiler, Tit-Symbole, Udjat-Augen und Käfer, es gab auch einige Perlen sowie Ringe. Unter den Götterfiguren sieht man Isis, Nephthys, Horus, Anubis, Thot, Ptah und einige schwer identifizierbare Gestalten. Bei den Tierfiguren dürften Falkendarstellungen für Horus stehen. Bemerkenswert sind einfache und Doppelstiere. Auch Uräen sowie Käfer sind vertreten. Von den Körperteilen sind ein Phallusamulett und einige Herzen zu nennen. Hinzu kommt inzwischen die Lübecker Apothekenmumie. Diese kam ursprünglich nach Europa, als man aus Mumien noch Arzneien herstellte. Kurioserweise blieb aber der Körper selbst in diesem Fall erhalten, während der einst existierende Sarg verschwand und durch einen neuen, ägyptisierenden ersetzt wurde. Eine neuere Röntgenaufnahme zeigt recht klar die Menge der Amulette, die in der Wicklung noch erhalten sind.40 Sie erlaubt es, die Art der Objekte und ihre Plazierung schematisch zu rekonstruieren. Auch bei einer ptolemäerzeitlichen Mumie in Liverpool (1967.60) konnten zahlreiche Amulette zuerst durch Röntgenaufnahmen identifiziert und dann entnommen werden.41

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BUDKA, Bestattungsbrauchtum, 250–259. RADOMSKA u.a., Saqqara III, 208–212, Taf. CCLIII; zur Datierung dort 580 f. 38 RADOMSKA u.a., Saqqara III, 126.128, Taf. 54 C. 39 BIETAK, REISER-HASLAUER, oAnch-Hor II, 199–220. 40 GERMER, Mumien, 101–103; ebenso Kairo TR 21.11.16.13, s. ELIAS, MEKIS, Exemplary 149– 151. 41 GRAY, SLOW, Mummies Liverpool, 50–52.55; besseres Photo in BIENKOWSKI, TOOLEY, Gifts of the Nile, 79. 37

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Zwar nicht mehr in der genauen Position erhalten, wohl aber als Inventar ist die Amulettausstattung einer ägyptischen Mumie heute in Gotha.42 Noch unpubliziert ist eine reich mit Amuletten versehene frühptolemäische Mumie heute in Stockholm.43 In einem Grab der griechisch-römischen Zeit in Qâw (205) wurden Amulette aus Fayence auf der Brust des Toten in der Mumienleinwand gefunden.44 Konkret handelt es sich um einen geflügelten Skarabäus, Isis, Nephthys, Schu als Himmelsträger, Thot (?), zwei Herzamulette, ein Menit, einen Siegelring, fünf Käferamulette, elf Lotusblüten, einen großen Djed-Pfeiler mit Atef-Krone, zwei Falkenköpfe (Endteile von einem Kragen), zehn kleinere Djed-Pfeiler und zehn Tit-Amulette. In anderen Gräbern dieses Friedhofs sind auch die Horuskinder beigegeben worden. Zwei späte, möglicherweise römerzeitliche Mumien in London (BM EA 6714) und Liverpool (M. 13997) haben außen aufliegend auf den Wickelungen einen „Rahmen“ aus Palmfasern, an dem Amulette befestigt waren.45 Erwähnt werden sollte auch eine kurze schriftliche Notiz, die sich am Anfang des etwa frühptolemäischen unpublizierten Totenbuchs pMMA 35.9.20 auf dem vorderen Schutzblatt befindet.46 Dort steht in hieratischer Schrift mit einzelnen demotischen Gruppen: „Die Schutzamulette (s#(.w)) aus Fayence: Ein Djed-Pfeiler, sein Rücken aus Gold, aufgefädelt auf einen Goldfaden, werde an seine Kehle gegeben. Ein Djed-Pfeiler und eine Statue des Thot ebenso. Ein Skarabäus, aufgefädelt auf rotes Leinen (|ns), werde an sein Herz gegeben.“ Die Diskussion dieses Kapitels fokussiert insbesondere auf solche Objekte, die vor allem in Fayence oder Stein gearbeitet sind.47 Andere, meist goldene oder vergoldete, die in einer besonders engen Verbindung zum Goldamulettetext bzw. dem pMacGregor stehen, werden in Kapitel 11 behandelt. In der Ptolemäerzeit gibt es besonders leuchtend blau glasierte Fayencen. Sehr spät kommen auch Amulette aus gefärbtem Wachs vor,48 die heute meist in einem schlecht erkennbaren Erhaltungszustand sind. In wenigen Fällen, z.B. bei einer Mumie in Krakau, scheinen andere Materialien und Objekte in Leinen nachgeahmt zu sein.49 Generell geht die Forschungstradition dahin, eine schrittweise Degenerierung zu postulieren, d.h. eine Abnahme der Qualität in der Ptolemäer- und besonders Römerzeit, wo man dann etwa um 100 n. Chr. ein allmähliches Aussetzen der

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HERZOG, Mumiographia medica; WALLENSTEIN, Ägyptische Sammlung, 14. Information Geßler-Löhr. 44 STECKEWEH, Qâw, 64, Taf. 27. 45 DAWSON, GRAY, Mummies, 34–35, Taf. XVII; GRAY, SLOW, Mummies Liverpool, 10–12. 46 Nach eigener Entzifferung im Metropolitan Museum of Art vor dem Original (August 2012); ein Bild ist online unter http://www.metmuseum.org/art/collection/search/551786 abrufbar. 47 Hinsichtlich einer chronologischen Differenzierung der Verwendung der Materialien (so etwa HÜTTNER, Mumienamulette, 29.44.51, die Stein als für die 26. Dynastie typisch ansieht) wäre ich eher skeptisch, vgl. die Mumie des Djedher in Abydos, die in der äußeren Lage Fayenceamulette, in der inneren Steinamulette hatte (PETRIE, Amulets, Taf. LI), sowie vier Mumien aus derselben Kammer in Nebesheh, von denen zwei Steinamulette, die anderen beiden Amulette aus grüner Fayence hatten (PETRIE, Nebesheh, 22). 48 CARTER, CARNAVON, Five Years, 25 f., Taf. XVII. 49 NIWIŃSKI, Unusual Amulets. 43

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traditionellen ägyptischen Amulette postuliert. Ich bin etwas skeptisch, was eine solch lineare Entwicklung und auch die Fixierung des Zeitpunktes betrifft, an dem die Traditionen realiter enden.50 Man müßte hier sicher noch viel zur Feindatierung der betreffenden Fundkomplexe arbeiten, um die Ergebnisse besser abzusichern. Zumindest sind einige von Petrie in Dendera ausgegrabene römerzeitliche Amulette tatsächlich nicht eben qualitätvoll gearbeitet.51 Es gibt unter den gut dokumentierten Fällen keine absoluten Übereinstimmungen, wohl aber deutliche Tendenzen, bestimmte Objekte vorzugsweise an bestimmten Körperteilen zu deponieren. Damit sind zwei Tendenzen zu beachten. Zum einen lohnt es nun weit mehr als für frühere Perioden, Vergleiche nicht nur zu Amuletten als solchen, sondern auch zu ihrer präzisen Position durchzuführen. Zum anderen verliert damit die Kehle ihren bislang privilegierten Platz als Anbringungsort für Amulette, vielmehr wird der ganze Körper gleichmäßig übersät, zumindest im Rumpfbereich, oft auch die Beine entlang. Man kann auch beachten, wie bestimmte häufige Amulettypen in verschiedenen Positionen auftreten können, insbesondere Udjat-Augen und Käfer. Jedenfalls führt die Amulettmenge einer typischen Bestattung dazu, daß der größte Teil der heute in Museen befindlichen ägyptischen Amulette überhaupt entweder aus der Dritten Zwischenzeit oder der Spätzeit stammt. Wie sehr es Normausstattungen osirianischer Art gibt, verdeutlicht gut der ptolemäerzeitliche pBM EA 10098, der im Rahmen eines Totenbuchs auch ein Schema der Positionierung von Amuletten aufweist (Abb. 89).52 Bezeichnenderweise ist dieses Totenbuch für „Mn“ also „NN“ geschrieben, d.h. eigentlich ein Muster bzw. Vorlagenexemplar. Ein ähnliches Bild gibt es im pLouvre N 3082.53 Diese Verteilung spiegelt sich auch in konkreten Funden aus Hawara, Nebesche, Abydos und Dendera wieder, wo Petrie für etliche seiner Grabungen Skizzen der Fundlage angefertigt hat.54 Die neue Ausstattungsweise sollte sinnvollerweise nicht isoliert gesehen, sondern in die größeren Tendenzen der Funerärkultur der betreffenden Zeit eingebettet werden. Diese sind durch eine sehr schwungvolle intensivierte Anlehnung an das Schicksal des Osiris bestimmt, wie an zahlreichen Einzelpunkten deutlich wird. In der Lage orientieren sich Elitegräber jetzt oft an osirianischen Bezirken oder anderen Götternekropolen innerhalb der Tempelanlage – das ist der Typ, der in der Ägyptologie als „Grab im Tempelhof“ bekannt ist, besser aber als Grab am Tempeldromos bezeichnet werden sollte.55 Auch in der Architektur sind mutmaßlich Bezugnahmen auf Osirisgräber zu fassen.56

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Vgl. M. SMITH, Following Osiris, 421–537, der für einige Orte beispielhaft herausarbeitet, daß das Ende faßbarer osirianischer Jenseitsvorstellungen individuell unterschiedlich ist. 51 PETRIE, Dendereh 1898, 31–33, Taf. XXVI. Zur Chronologie der betreffenden Gräber vgl. MOJE, Demotische Epigraphik, 51 f. 52 Abgebildet bei ANDREWS, Amulets, 8; IKRAM, DODSON, Mummy, 138. 53 Erwähnt von ALBERT, Amulette, 73. 54 PETRIE, Amuletts, Pl. L–LIII. 55 QUACK, Grab am Tempeldromos; BUDKA, Bestattungsbrauchtum, 488. 56 Vgl. etwa STAMMERS, Elite Tombs of Memphis, 34–39; s. allerdings LEITZ, Duat, 50–53.

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Ikonographisch nehmen Szenen wie die Balsamierung durch Anubis und die vier Horuskinder jetzt eine hervorragende Position in der Grabdekoration ein.57 Unter den Totentexten gibt es, mit einem Höhepunkt wohl in der 30. Dynastie und früheren Ptolemäerzeit, eine Nutzung spezifisch osirianischer Rituale außerhalb der Totenbuchtradition.58 Sinnvollerweise sollte deshalb der Schlüssel zum Verständnis der Mumienamulette ebenfalls im Bereich der Osirisrituale gesucht werden, und hier gibt es recht gute Ausgangsvoraussetzungen. Die wichtigsten Feiern finden im Monat Choiak statt, dem letzten Monat der Überschwemmungsjahreszeit. Dabei wird jährlich eine Figurine hergestellt, an der die Ereignisse um Osiris nachgespielt werden, d.h. vor allem die Wiederzusammensetzung des zerstückelten Leichnams, dessen rituelle Versorgung und letztliche Bestattung.59 Über die verschiedenen Konzepte und Rituale im Umkreis davon sind wir aus etlichen Quellen unterrichtet, für die praktische Durchführung am wichtigsten sind aber die Inschriften in den Dachkapellen des Tempels von Dendera, wo eben diese Operationen durchgeführt wurden. Der längste zusammenhängende Bericht findet sich im sogenannten großen Choiaktext (Dendara X, 26,3–50,9), der wohl aus spätptolemäischer Zeit stammt.60 Diese Inschrift von 158 Kolumnen ist tatsächlich ein Kompositum, das aus sieben verschiedenen Büchern besteht, die schon von den Ägyptern mit jeweils eigenen Titeln abgegrenzt wurden. Eine präzise Analyse vor allem des Sprachgebrauches kann aufzeigen, daß sie nicht einheitlich komponiert sind, sondern die Einzelteile zu ziemlich verschiedenen Zeiten entstanden sind.61 Der größte Teil, nämlich die Bücher 1-5, stammt aus dem späten Mittleren Reich, Buch 6 aus dem Neuen Reich, Buch 7 ist dagegen spätzeitlich oder sogar erst ptolemäisch. Die ausführlichste Notiz über Amulette in diesem Text findet sich innerhalb des 4. Buches, das zahlreiche Details über die verschiedenen für das Ritual benötigten Objekte enthält. Die Stelle lautet: „Was die Amulette dieses Gottes aus Edelsteinen betrifft, so sind es 14 Amulette. Kunde davon: Die vier Horuskinder aus Karneol (Hrst) als vier Mumien mit Gesichtern vom Mensch, vom Pavian, vom Schakal, vom Falken. Vier Djed-Pfeiler aus echtem Lapislazuli (Xsôb m#o). Ein Affe und ein Löwe aus Dolerit62 (?; |nr mH). Eine Statue des

57

VON LIEVEN, Verhältnis. Vgl. QUACK, Grab und Grabausstattung; BACKES, Gedanken. 59 Vgl. zusammenfassend COULON, Périssable. 60 Ausführliche Bearbeitung CHASSINAT, Mystères; vgl. CAUVILLE, Chapelles osiriennes. Commentaire, 17–19. 61 QUACK, Choiaktext. 62 In der Identifizierung des Minerals folge ich MORARDET, Pierre mH. Vgl. auch LEITZ, Menu-Lied, 225. 58

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Horus aus echtem Lapislazuli. Eine Statue des Thot ebenso. [Ein Tit-Zeichen]63 aus rotem Jaspis (?; Xnm.t). Zwei Udjat-Augen aus echtem Lapislazuli.“ (Dendara X, 34, 10– 13).64 Sehr viel kürzer fällt die zweite Beschreibung dieser Gruppe innerhalb des siebten Buches des Choiak-Textes aus. Dort lautet sie schlicht: „Man soll ihm seine Amulette geben, 14 Amulette entsprechend dem Buch tmm.t, einen Skarabäus, eine Statue des Horus aus Lapislazuli und […].“ (Dendara X, 48,12–13). Hier wird also auf ein Handbuch namens Tememet, wohl eine Art „Summa“, verwiesen, in dem die Details genauer ausgeführt sind. Dieses selbe Werk ist auch durch Verweise im Balsamierungsritual des Apisstiers als wichtiges Referenzwerk bekannt.65 Es wirkt allerdings so, als seien hier ursprünglich drei zusätzliche Amulette genannt. Eine bildliche Darstellung von 14 Amuletten, welche enge Bezüge zu diesen beiden Angaben aufweist, findet sich in der Osiriskapelle West 3 (Dendara X, Taf. 249). Dort fehlen Affe und Löwe aus der ersten Liste, dafür ist ein geflügelter Skarabäus präsent, welcher zur zweiten Liste paßt. Einen sehr viel umfangreicheren Bestand setzt dagegen die Konzeption auf der westlichen Seite der Dachkapellen voraus. In der 2. Kapelle findet sich in einer Frieszeile die allgemeine Bemerkung über Osiris, man knüpfe für ihn 104 Amulette aus allen echten Edelsteinen (Dendara X, 376,3).66 Ausführlicher erfährt man dies in der 3. Kapelle. Dort werden bildlich die Amulette zwischen Ptah und Osiris dargestellt, mit Textangaben (Abb. 90). Die Inschrift lautet: „Kennen der 104 Amulette aus Gold und allen echten Edelsteinen, die man ins Goldhaus bringen soll als Schutz dieses edlen Gottes bei seinem schönen Fest der Bestattung seiner Mumie. Gold, ein Pektoral (mit Hathor, Isis und Nephthys). Silber, ein Halskragen.67 Gold, ein Thot. Fayence (çHn), ein Ibis. Lapislazuli, eine Ma’at-Göttin. Gold, ein Udjat-Auge. Echter Lapislazuli, ein Käfer. … (wHr),68 zwei Käfer und ein Udjat-Auge, Summe 3.

63

Diese Ergänzung (die bereits CHASSINAT, Mystère, 493 erwägt) schlage ich vor, weil roter Jaspis als Material für dieses Objekt normal ist, ein Tit-Zeichen Dendara X, Taf. 249 im Rahmen dieser Amulettgruppe dargestellt ist und im Anschluß an das m|.tt „ebenso“ zur Thotfigur textlinguistisch zwingend ein neues Objekt folgen muß. Mutmaßlich wurden Affe und Löwen nur als ein Objekt gezählt; es gibt für die beiden ja auch nur eine gemeinsame Materialangabe. 64 Vgl. CHASSINAT, Mystère, 490–493. 65 Vgl. QUACK, Zwei Handbücher. 66 Vgl. für die Mineralienangaben der Liste BAUMANN, Schatzkammern, 532–534. 67 So mit BAUMANN, Schatzkammern, 533–534. 68 HARRIS, Lexicographical Studies, 40 (gefolgt von BAUMANN, Schatzkammern, 533) will wHr als Bezeichnung für Gold auffassen. Seine Argumentation, in der Überschrift der Liste sei Gold genannt, das aber sonst nicht auftrete, übersieht dabei aber drei Einträge (Dendara X, 399,13–15) mit einer klaren Nennung von Gold. CAUVILLE, Chapelles osiriennes traduction, 216 f. läßt das Wort unübersetzt, denkt aber an eine Steinsorte.

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…-Stein (|nr n @b#), ein Käfer, Summe 1. … Türkis (mfk#.t nSn),69 eine Schlange, eine Schlange mit oberägyptischer Krone, Summe 2. … Türkis (mfk#.t |mn),70 eine oberägyptische Krone, Summe 1. Türkis aus Syrien, zwei Käfer, Isis, Neith, zwei nw-Krüge, eine Eule, ein Udjat-Auge, zwei Rechtecke, Summe 1. … aus Indien (br@r hnt),71 ein Udjat-Auge, ein Schminkstrich, Summe 2. Echter glänzender Flint (?; ôs çHn m#o), ein Käfer, ein Thot, ein Djed-Pfeiler, ein Papyrus, ein Udjat-Auge, Summe 5. Echter Lapislazuli, ein stehender Horus, ein Thot, Isis, Nephthys, Neith, Selket, zwei Djed-Pfeiler, zwei Käfer, eine Mumie des Osiris, Schu, eine Kartusche, ein HalskragenGegengewicht, ein Udjat-Auge, eine Maat, drei Rechtecke, zwei stilisierte Herzen, ein Herz, zwei Falken, Summe 24. Hämatit (?; Qs-onX), zwei Setzwagen, zwei rechte Winkel, zwei Djebas, zwei Käfer, ein Herz, eine löwenköpfige Göttin, drei Udjat-Augen, zwei Uräen, ein Falke, Summe 16. … (Qo). Ein Sistrum, ein Federpaar mit Sonnenscheibe, zwei Udjat-Augen, zwei Abydos-Zeichen, ein Käfer, zwei Nu-Töpfe, sieben schmale und drei breite Rechtecke, Summe 19. Bernstein (?; shr.t),72 Herz, Rechteck, Herz, Summe 3. Heller und dunkler Flint (ôs H@ km), ein Mundöffnungsgerät, eine Sonnenscheibe, Summe 2. … (mwH),73 ein Nu-Topf, ein Käfer, Summe 2. … (bht),74 drei breite Rechtecke, Summe 3. Dunkler Flint (ôs km), ein Federpaar mit Sonnenscheibe, Summe 2. Roter Jaspis (Xnm.t), zwei Tit-Zeichen, zwei Kühe, zwei Udjat-Augen.

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BAUMANN, Schatzkammern, 533 schlägt „scharfkantiger Türkis“ vor, was mir als Materialbezeichnung wenig sinnvoll erscheint. HARRIS, Lexicographical Studies, 116 denkt an eine Schreibung für nSm.t, und CAUVILLE, Chapelles osiriennes, traduction, 216 f. übernimmt dies, aber die Kombination zweier Steinsorten für einen Eintrag erscheint wenig plausibel. 70 BAUMANN, Schatzkammern, 533 schlägt „verborgener Türkis“ vor (ähnlich auch CAUVILLE, Chapelles osiriennes traduction, 216 f. „Turquoise enfouie“), was mir als Materialbezeichnung wenig sinnvoll erscheint. Man beachte, daß nSn mit dem Stein-, |mn mit dem Körnerdeterminativ geschrieben ist, was auf unterschiedliche Konsistenz hindeuten könnte. 71 Vgl. auch BAUMANN, Schatzkammern, 533, der brgt rA-!nw „Smaragd des Wadi Hamamat“ vorschlägt (auch CAUVILLE, Chapelles osiriennes traduction, 216 deutet den Ortsnamen als Wadi Hamamat, wenngleich sie den Stein mit einer Lesung als brt unübersetzt läßt). Jedoch gibt es m.W. im Wadi Hamamat keine Smaragdvorkommen, und die Orthographie mit (wohl ungenau für ) spricht für die Identifizierung des Herkunftsortes mit Indien (wo Smaragd sogar eine reale Option wäre). 72 Zur lexikographischen Frage der Bezeichnung s. S. Seite 187 Anm. 38. 73 Hinsichtlich der bislang unsicheren Identifizierung wäre zu überlegen, ob es sich nur um eine andere Orthograpie für mH handelt, das Dendara X, 34,12 tatsächlich als Material für Amulette belegt ist. So versteht wohl auch CAUVILLE, Chapelles osiriennes traduction, 217, die „Dolerit“ übersetzt. 74 Zur Diskussion möglicher Bedeutungen s. HARRIS, Minerals, 96–97; s. auch AUFRÈRE, Univers minéral, 247 Anm. d).

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Summe der Amulette: 104.“ (Dendara X, 399, 5–400, 15).75 Wie man unschwer bemerkt, ist diese Liste mit buchhalterischem Blickfeld geschrieben. Sie geht nicht nach der Art der Amulette vor, sondern nach der Art der dafür benötigten Materialien. Bemerkenswert ist der teilweise erhebliche Aufwand, mit dem auch aus weit entfernten ausländischen Fundorten Steine gefordert werden. Insbesondere die Erwähnung von Indien paßt dabei mehr in die griechisch-römische Zeit der aktuellen Niederschrift der Liste,76 kann aber kaum einfach bis in die 26. Dynastie als Ideal zurückprojiziert werden. Ansonsten ist zu beachten, daß ergänzend zu den Richtlinien dieser osirianischen Tradition auch das relevant ist, was ich bei den um das Goldamuletteritual kreisenden Texten und Bildern noch behandeln werde (s. Kapitel 11). Sowohl unter dem Stichwort „Amulette des Osiris“ als auch unter dem der Goldamulette relevant ist eine Aufzählung, die im Rahmen einer Stiftung an Osiris auf einer Stele der 26. Dynastie (aus einer Privatsammlung) überliefert ist.77 An der relevanten Stelle heißt es: „Die Amulette (s#.w) aus Gold, im Einzelnen: Ein Udjat-Pektoral, ein Halskragen, eine Halskette, welche das Gewand friedlich stimmt, ein Anubis aus Lapislazuli, zwei Menits, eine Statue des Horus, ein ... des Amun, sieben Ketten aus echtem Edelgestein, macht insgesamt 15 Amulette.“ (Z. 18-20). Bemerkenswert ist dabei, wie einerseits Dinge, die wir eher als Schmuckelemente betrachten würden, andererseits primäres Gerät des Kultes (Menit) mit in die Kategorie der Amulette einbezogen werden. Dies könnte einerseits im Sinne der generellen Einleitung (s. S. 4.10) das Problem aufwerfen, ob eine Differenzierung zwischen Amulett und Schmuck überhaupt dem ägyptischen Denken angemessen ist. Andererseits ist teilweise (besonders bei den Menits) auch zu erwägen, ob hier ursprünglich funktionale Objekte etwa durch Miniaturisierung auf die Ebene von Amuletten gebracht wurden. In knapperer Form wird auf einer saitischen Statue (Louvre A 93) anläßlich des Neubaus im Osirisheiligtum von Abydos auch davon gesprochen, der Schmuck des Gottes (xkr.w nçr), die Schutzbereitung (stp-s#) und alles Gerät (ôbH.t) seien aus Gold, Silber und allen Edelsteinen hergestellt worden.78 Im Rahmen einer stundenweisen Beopferung von Gottheiten werden im ptolemäerzeitlichen pBM EA 10569, 3,3–7, Matten, eine Harpune, Amulette, Verklärungssprüche und Stäbe des Sokar erwähnt.79 Leider ohne genauere Beschreibung bleibt im Rahmen des mythologischen Handbuchs des Deltas zu Behbeit el-Hagar die Erwähnung, für Osiris würde am Tage des „Knüpfens der Amulette“ (ç#s s#.w) eine Osirisfigurine aus Ackererde hergestellt (pBrooklyn 47.218.84, x+14, 5f.).80 Zu diesem Befund paßt sehr gut, daß Osiris in einer

75 Vgl. CAUVILLE, Chapelles osiriennes traduction, 216–217; DIES., Chapelles osiriennes commentaire, 187–191. 76 Vgl. KOCKELMANN, RICKERT, Von Meroe, 53–54; VON LIEVEN, Indisierter Harpokrates; DIES., Trade Contacts. 77 GRAEFE, WASSEF, Fromme Stiftung; JANSEN-WINKELN, Inschriften der Spätzeit, Teil III, 209 f. Nr. 48.152. 78 PIEHL, Saïtica, 118–122; HEISE, Gedenken und Erinnern, 231; JANSEN-WINKELN, Inschriften der Spätzeit, Teil IV, 557; BASSIR, Image and Voice, 80–81. 79 FAULKNER, Book of Hours, 1 f.3*. 80 MEEKS, Mythes et légendes, 30.281 f.

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Anrufung im Rahmen der Klagelieder der Isis und Nephthys auch als „Herr der Amulette“ (nb w@#.w) bezeichnet wird (pBremner-Rhind 10, 3).81 Noch im späten demotischen magischen Papyrus von London und Leiden identifiziert sich der Sprecher in osirianischem Kontext als Horus, der gekommen ist, um eine Wicklung (Qrs.t) auf die Amulette (s#.w) zu legen (pMag. LL 9, 22 f.). Ich möchte den Amulettbestand etwas in Sachkategorien ordnen. Dabei beginne ich mit den Götterfiguren. Am unsichersten hinsichtlich der Datierung fühle ich mich bei den verschiedenen Gestalten des sogenannten Pantheos, den ich lieber als polymorphe Gottheit bezeichnen möchte.82 Der Terminus „Pantheos“ bringt m.E. eher falsche Assoziationen, da Pantheismus in der europäischen Religionsgeschichte seit Baruch Spinoza eine recht spezifische Festlegung erfahren hat. Er trifft auch das Wesen der betreffenden Amulette nicht wirklich. In ihnen wird keinesfalls eine all-eine Göttlichkeit der gesamten Natur zum Ausdruck gebracht. Im Kern steht vielmehr die Konzeption, die Macht und unüberwindliche Wirkung einer Gottheit immer stärker zur Geltung zu bringen, indem man in seiner Bildform immer mehr Attribute der Macht vereinte, vorrangig Köpfe oder sonst wesentliche Attribute verschiedener Tiere, deren spezifische Stärken die Gottheit für sich in Anspruch nimmt (Vgl. S. 109.111–114).83 Dreidimensionale Objekte dieser Art sind zumindest im weitesten Sinne spätzeitlich, mir sind aber derzeit kaum sicher datierte Grabungsbefunde bekannt, mit denen man unabhängig von den Unsicherheiten einer stilgeschichtlichen Zuweisung eine Datierung erreichen kann, zudem handelt es sich bei etlichen Bronzen sicher nicht um am Leib getragene Amulette. Ich möchte hier nur einige Objekte aus Fayence nennen, in denen Formen zu sehen sind, die auf dem Grundbestand des Pataikos aufbauen und diesen durch Tierelemente erweitern.84 Bei manchen Stücken scheint eine Einordnung in die Dritte Zwischenzeit besser fundiert (s S. 233). Immerhin gibt es ein Exemplar in Dafana, allerdings aus Siedlungszusammenhang, das tatsächlich in die 26. Dynastie datieren dürfte und einen geflügelten Patäken mit Widderkopf zeigt.85 Nunmehr aber zu den mehr funerären Gottheiten, bei denen man auch in der Datierung eher auf sicherem Grund steht. Isis und Nephthys86 sind natürlicherweise gut belegt – beide sind ja insbesondere in ihrer Fürsorge für Osiris relevant, auch wenn bei Isis der Aspekt mitspielt, daß sie Mutter des Horusknabens ist.87 Nephthys hat dagegen nach einer gewissen mythischen Tradition eine ehebrecherische Beziehung zu Osiris gehabt,

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Vgl. M. SMITH, Traversing Eternity, 112 mit Anm. 77. Vgl. QUACK, Pantheos. 83 Eine ausführliche Untersuchung durch Christoffer Theis ist in Vorbereitung. 84 Vgl. auch ANDREWS, Amulets, 37–39. 85 BM EA 20661, LECLÈRE, SPENCER, Dafana, 62, Taf 22. 86 HÜTTNER, Mumienamulette, 8 f.70.72.197–200. Vgl. auch LÉVAI, Amulet of Nephthys. 87 Für Darstellungen von Isis mit Horuskind auch in Amuletten der 26. Dynastie s. z.B. BARSANTI, Zannehibou, 270 (JdE 34481). 82

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welcher dann Anubis entsprungen ist.88 Eben dieser ist als für die Balsamierung zuständiger Gott auch ein Bildtyp, der in dieser Zeit häufig ist.89 Isis und Nephthys werden gerne auf den Schultern der Mumien plaziert.90 Absolut essentiell in dieser Zeit werden die Horuskinder. Ihre Bedeutung liegt im Balsamierungsritual, wo sie viele der verwendeten Substanzen herbeibringen, insbesondere die Mumienbinden sowie Salben. Sie sind gerne direkt unterhalb von Isis und Nephthys positioniert.91 Horus und Thot sind eindeutig präsent und meist gemeinsam, teilweise auch entsprechend der Anweisung des Dendara-Textes (Dendara X, 34,12–13; 400,7)92 aus Lapislazuli oder aus blauer Fayence.93 Dabei wird Thot, anders als in den Objekten der Dritten Zwischenzeit, ohne von ihm gehaltenes Udjat-Auge dargestellt. Beide sind in Texten öfters als diejenigen präsent, die sich um den verstorbenen Osiris kümmern. Möglicherweise ebenso aus Lapislazuli belegt ist Re, falls es sich nicht um eine Fehldeutung des Ausgräbers für Horus handelt.94 Sehr häufig ist das Amulett des Schu, bzw. präziser gesagt einer anthropomorphen Gestalt, die kniend dargestellt wird und mit ihren Armen die Sonnenscheibe hochhebt (Abb. 91).95 Potentiell könnte es sich um ein Amulett handeln, mit dem der Tote mit Atemluft versorgt werden soll – Schu ist ja ein Luftgott, und der Wunsch, Luft zu erhalten, ist in den Totentexten recht präsent. Allerdings fehlt es an absichernden zusätzlichen Indizien. Alternativ ist Schu eventuell als Gottheit zu verstehen, die besonders den Kopf des Verstorbenen schützt, mit dem er z.B. pHarkness 3,3–4 verbunden wird.96 Man

88 Vgl. VON LIEVEN, Seth ist im Recht, 145–146; FEDER, Gefährtin im Unrecht; QUACK, Love, 77 f., m.E. zu Unrecht abgestritten von GABER, Divine Adultery. 89 HÜTTNER, Mumienamulette, 67.187–192. 90 PETRIE, Dendereh, 33. 91 PETRIE, Dendereh, 33. 92 Allerdings werden Dendara X, 399,13.400,6 auch Figuren des Thot aus Gold und Fayence (oder libyschem Wüstenglas?) vorgeschrieben. 93 Kairo CG 12916, 12969, 12970, 12973 und 12977, REISNER, Amulets II, 51.59–60 (aus Hawara, Grab des Horudja); Kairo CG 53557 und 53558, VERNIER, Bijoux, 469, Taf. XCIV (aus dem Grab des Padineith); 53580, 53583, 53588, 53590, 53592, 53598, 53599, 53600, 53605, VERNIER, Bijoux, 472– 474, Taf. C (aus Saqqara); BARSANTI, Péténisis, 234; DARESSY, Hor-Kheb, 81–82 (aus Saqqara); LAUER, Tombes jumelées, 483; Liverpool 1967.60, GRAY, SLOW, Mummies Liverpool, 51; Dafana BM EA 20673, LECLÈRE, SPENCER, Dafana, 62–63, Taf 22; wohl auch BM EA 20654, LECLÈRE, SPENCER, Dafana, 61–62; BAREŠ, SMOLÁRIKOVÁ, Iufaa I, 140 f.145. 94 BARSANTI, Péténisis, 234; DERS., Péténéîth, 103. In letzterem Falle bezeichnet VERNIER, Bijoux, 469 die Gestalt als Horus, was nach der Abbildung Taf. XCIV auch plausibel ist. In ersterem Fall, wo Barsanti keine JdÉ-Nummer angibt, ist mir eine sichere Korrelierung mit einem der Objekte, die Vernier ohne präzise Angaben nur mit der globalen Herkunftsangabe Saqqara versieht, nicht möglich. Allerdings nennt auch PETRIE, Amulets, Taf. L–LI für die Mumien Hawara 1 und 6 Re unter den im Halsbereich platzierten Amuletten. Dafür ist zu beachten, daß PETRIE, Amulets, 89 Nr. 180 angibt, es sei ausgesprochen schwer, zwischen Horus und Re zu unterscheiden; er klassifiziere einfache falkenköpfige Götter als Horus, solche mit Sonnenscheibe als Re. 95 PETRIE, Amulets, 37 Nr. 167; HÜTTNER, Mumienamulette, 73–74.201–202. Aus Grabungskontext z.B. Kairo CG 13015, REISNER, Amulets II, 65 (aus Hawara, Grab des Horudja); BM EA 20683 und 20684, LECLÈRE, SPENCER, Dafana, 61, Taf 22; BAREŠ, SMOLÁRIKOVÁ, Iufaa I, 139 f. 96 Vgl. M. SMITH, Papyrus Harkness, 66.165.

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sollte allerdings bemerken, daß die traditionell übliche Identifizierung dieser Gestalt als Schu alles andere als sicher ist. Es wäre zu überlegen, ob es sich vielmehr um Heh handelt. Als weitere Götter sind Chnum mit Widderkopf97 sowie Ptah98 sicher durch Funde mit archäologischem Kontext bezeugt. Weniger klar ist die Lage bei Sobek.99 Mehrere Forscher haben bemerkt, wie auffällig selten Osiris unter den als Amulett gebrauchten Götterfiguren ist.100 Teilweise hat man argumentiert, der Tote selbst vertrete sozusagen Osiris.101 Das ist sicher insofern richtig, als eben die dargestellten Gottheiten der Amulette vielfach solche sind, die sich um Osiris kümmern und in der funerären Konstellation für den konkreten Verstorbenen da sind. Ich würde den Akzent allerdings noch etwas anders legen: Osiris ist in solchem Ausmaß selbst ein schutz- und amulettbedürftiger Gott, daß es schwerfällt, ihn als seinerseits wirkmächtiges Schutzamulett zu instrumentalisieren. Bei den Göttinnen dürften Neith102 und Selket103 als Gestalten zu verstehen sein, die sich um den Verstorbenen kümmern, sie sind ja neben Isis und Nephthys für die Kanopen zuständig und werden auch in der Auflistung der 104 Amulette des Osiris in Dendera direkt neben diesen beiden genannt (Dendara X, 400,7). Eindeutig belegt ist auch Ma’at,104 die ebenfalls in der Dendara-Liste erscheint (Dendara X, 399,14.400,7). Die Nilpferdgöttin ist in wirklich spätzeitlichen Fundzusammenhängen allenfalls sehr selten zu finden.105

97 Kairo CG 53579 und 53586, VERNIER, Bijoux, 472, Taf. C (aus Saqqara); Dafana BM EA 20672, LECLÈRE, SPENCER, Dafana, 62, Taf 22. Vgl. generell PETRIE, Amulets, 40 Nr. 187. 98 BIETAK, REISER-HASLAUER, oAnch-Hor II, 215.217 Nr. 715; PETRIE, Amulets, 38 Nr. 177. 99 PETRIE, Amulets, Taf. LIII gibt sein Vorhandensein für Mumie 20 (aus Dendara) an, nennt aber S. 42 als Belegzeitraum für Sobek nur die 18. Dynastie. Da die fragliche Figur neben einer des Thot lag, wäre zu fragen, ob es sich um einen schlecht ausgeführten falkenköpfigen Horus handelt – Horus und Thot erscheinen gerne gemeinsam als Amulette. 100 ANDREWS, Amulets, 47; CONNOR, FACCHETTI, Amuleti, 130. Ein archäologisch dokumentierter Fund kommt aus Dendara, PETRIE, Amulets, Taf. LII Mumie 15. PETRIE, Amulets, 86 Nr. 137 nennt für Osiris vorrangig Objekte aus Bronze (bei denen man zweifeln kann, ob es sich um Amulette handelt), nur 6 aus Stein, 1 aus grüner Fayence und 3 aus Wachs. 101 HÜTTNER, Mumienamulette, 87. 102 Kairo CG 12975 und 13014, REISNER, Amulets II, 60.65 (aus Hawara, Grab des Horudja); LAUER, Tombes jumelées, 483 (Grab des Wahibremen aus Saqqara); Hawara, PETRIE, Amulets, Taf. LI Mumie 6; Nebesheh, PETRIE, Nebesheh, 23 (= PETRIE, Amulets, Taf. LII, Mumie 14). 103 Kairo CG 12976, REISNER, Amulets II, 60 (aus Hawara, Grab des Horudja); Kairo CG 53574, VERNIER, Bijoux, 471, Taf. C (aus Saqqara); BARSANTI, Zannehibou, 276 = BRESCIANI, PERNIGOTTI, GIANGERI SILVIS, Ciennehebu, Taf. XXXV. 104 Kairo CG 13014, REISNER, Amulets II, 65 (aus Hawara, Grab des Horudja); LAUER, Tombes jumelées, 484 (Grab des Wahibremen aus Saqqara), 483. 105 Möglicherweise aus Dafana BM EA 20659, LECLÈRE, SPENCER, Dafana, 61, Taf 22 (genauer Zusammenhang unsicher); sicher im Grab des Nekau, BAREŠ, SMOLÁRIKOVÁ, Iufaa I, 143.145 (angesichts des Materials schwarzer Hämatit eventuell eine Monatsgöttin, vg. MENDEL, Monatsgöttinnen, 102.105–106).

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In der Datierung schlecht abgesichert ist die Göttin Hat-Mehit, von der es einige Stücke als Amulett gibt.106 Sie ist gut an dem Delphin erkennbar, den sie auf ihrem Kopf trägt. Möglicherweise ist sie als Gaugöttin des mendesischen Gaues in osirianische Schutzkonzeptionen einbezogen worden. In einigen Fällen werden Edelmetallstatuetten von Göttern um den Hals getragen; ebenso sind auch Metalltafeln mit Götterdarstellungen belegt.107 Hierhin gehören auch Pektorale, auf denen Gottheiten im Flachrelief abgebildet sind.108 Als Darstellung eines Gottes – wenn auch ganz in tierischer Gestalt – sind die Käferamulette anzusehen. Einerseits gibt es auf Mumien in dieser Zeit sehr häufig zentral auf der Brust angebracht das geflügelte Käferamulett.109 Ich neige dazu, es inhaltlich mit dem Komplex zu verbinden, der unten im Rahmen der königlichen Schutzamulette genauer behandelt wird. Dort läßt sich anhand der Inschriften von Edfu nachweisen, daß ein solcher geflügelter Käfer auf der Brust als wirksamer Schutz vor Gefahren, z.B. im Krieg, angesehen wurde (Edfou VI, 131, 1–10, s. S. 304). Sachlich von den Brustkäfern zu trennen sind dagegen die auf dem Kopf des Sarges bzw. der Mumienhülle angebrachten Darstellungen geflügelter Skarabäen, die mit dem Komplex der Osirisform Fn@=fonX zusammenhängen, wie ich bereits ausgeführt habe (s. S. 165). Häufig in der Spätzeit sind auch ungeflügelte Käferamulette,110 und zwar dezidiert nicht Skarabäen im üblichen Sinne.111 Sie haben nämlich keine Basisplatte mit Gravierung, sondern sind rein als Käferform gearbeitet, bei der von unten auch der Tierbauch mit Beinen naturalistisch sichtbar ist. Käfer aus verschiedenem Material erscheinen in der Dendara-Liste (Dendara X, 399,15.400,1.4.6.7.9.11.13). Unter den tierischen Gestalten wäre für die üblicherweise als Frosch beschriebenen112 zu fragen, ob es sich auch um Darstellungen von Kröten handeln könnte.113 In diesem Falle wären sie potentiell mit Heqet zu verbinden, die bei der Sorge um den Osirisleichnam bezeugt ist (Dendara X, 219,4.420,8, 421,11).114 Falken sind als reale Fundobjekte

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Vgl. PETRIE, Amulets, 38, der eine Datierung in die 26. Dynastie angibt, aber keine gesicherten Fundzusammenhänge nennt. ANDREWS, Amulets, 21 datiert ein derartiges Objekt in die Dritte Zwischenzeit. 107 VERNIER, Bijoux, 390–393 (CG 58187, 58188, 58189, 58193). 108 Dies betrifft die Mehrzahl der von FEUCHT, Pektorale, behandelten Stücke. 109 PETRIE, Amulets, 25 Nr. 93; HÜTTNER, Mumienamulette, 12 f.93–97. 110 PETRIE, Amulets, 24–25 Nr. 92; HÜTTNER, Mumienamulette, 15 f.113–124. 111 Von daher ist es potentiell irreführend, wenn z.B. REISNER, Amulets, 68–71 oder ANDREWS, Amulets, 59 solche Artefakte als „scarab“ bezeichnen. 112 Kairo CG 12940 und 13027, REISNER, Amulets II, 54.67 (aus Hawara, Grab des Horudja); DARESSY, Hor-Kheb, 82 (aus Saqqara); Liverpool 1967.60, GRAY, SLOW, Mummies Liverpool, 52. 113 Man beachte, daß PETRIE, Amulets, 12 Nr. 18 Frosch und Kröte gemeinsam behandelt und meint, sie seien in den Sammlungen meist nicht unterschieden. Vgl. FALTINGS, Von Fröschen und Kröten. 114 Vgl. CAUVILLE, Chapelles osiriennes commentaire, 106–107.202.

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belegt115 und lassen sich ebenfalls mit der Dendara-Liste korrelieren (Dendara X, 400,8.10). Sehr selten sind stehende Affen (wohl Meerkatzen).116 Wohl vorrangig in die Saitenzeit datiert ein Amuletttyp, der zwei Tierprotome antithetisch kombiniert, deren Köpfe jeweils nach außen schauen (Abb. 92). Es können zwei Stiere oder zwei Löwen vorkommen (letzteres auch in einem königlichen Ritualtext als Amulett belegt, s. S. 295), aber auch ein Löwe und ein Stier kombiniert werden.117 Beide Tiere sind machtvoll und werden in Sprachbildern häufig mit dem König verbunden.118 Bei den Körperteilen bedürfen die Herzamulette wohl keiner eingehenden Erörterung mehr – sie korrelieren mutmaßlich mit den verschiedenen Totenbuchsprüchen, die über Herzen aus verschiedenen Materialien zu rezitieren sind (s.o. S. 187),119 zudem erscheinen sie auch in der Dendara-Liste (Dendara X, 400,8.9.12). Vereinzelt kommen solche Objekte schon im Neuen Reich auf, werden in der 22. Dynastie häufiger und sind in der 26. Dynastie besonders beliebt.120 Das Phallusamulett ist ausgesprochen selten121 – ein Beispiel im Grab des Anch-Hor habe ich oben (S. 250) schon angesprochen; weitere werden im Zusammenhang mit dem pMacGregor in Kapitel 11 behandelt werden. Es wird in der Forschung gerne als Regenerationsgarant angesprochen.122 Ich würde den Akzent eher anders setzen. Im Rahmen der Orientierung an osirianischen Mustern könnte das Phallusamulett mit der mythischen Episode zusammenhängen, daß der Phallus des Osiris von Fischen verzehrt wurde und Isis beim Zusammensetzen ein künstliches Glied einsetzen mußte.123 So dürfte dieses Amulett eher einerseits für die osirianische Ausrichtung an sich relevant sein, andererseits mit Konzeptionen von der Zeugung des Sohnes als Nachfolger zusammenhängen, die ja auch beim Phallus des Osiris relevant ist, wenn Horus gezeugt werden soll. Nur ganz selten ist die weibliche Brust vom Fundzusammenhang her plausibel als Amulett zu interpretieren; ein Beispiel der Ptolemäerzeit stammt aus Dendara.124 Ein etwas kurioses Objekt ist das Amulett der zwei Finger, das ab der 26. Dynastie aufkommt und fast immer aus schwarzem Obsidian oder Hämatit gefertigt wird (Abb. 93).125 In wenigstens einzelnen Fällen scheint es noch bis in die 30. Dynastie hinein

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Kairo CG 13016, REISNER, Amulets II, 65 (aus Hawara, Grab des Horudja). Dafana BM EA 20674 und 20685, LECLÈRE, SPENCER, Dafana, 63, Taf 22. Vgl. HERRMANN, Amulette Palästina III, 169 Nr. 255 mit einem Stück, das in die Perserzeit datiert, und der Nennung weiterer Parallelen. 117 PETRIE, Amulets, 45 Nr. 222–223; HÜTTNER, Mumienamulette, 33; BUDKA, Bestattungsbrauchtum, 253. 118 HSU, Bilder, 445–448.451–456. 119 FERREIRA DE SOUSA, Heart Amulet; DERS., Pendulum Amulets; DERS., Cornice Heart Amulets; DERS., Heart of Wisdom. 120 Vgl. MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 210–227; HÜTTNER, Mumienamulette, 28–31.144– 149. 121 Vgl. MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 190–194; BAREŠ, SMOLÁRIKOVÁ, Iufaa I, 83. 122 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 190. 123 Vgl. GRIFFITHS, Plutarch De Iside, 342–344. 124 PETRIE, Dendereh, 32; Taf. XXVI Mitte rechts; vgl. MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 179. 125 PETRIE, Amulets, 51 Nr. 273; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 200–208; HÜTTNER, Mumienamulette, 25 f.142 f. 116

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verwendet worden zu sein. Das Fehlen jeder Aufhängevorrichtung zeigt deutlich, daß es nur auf Mumien gelegt, nicht aber zu Lebzeiten getragen werden konnte. In Fundlage ruht es mehr oder weniger im Beckenbereich, üblicherweise auf der linken Seite, und dies bedeutet konkret, dort wo der Einschnitt für die Entnahme der inneren Organe bei der Mumifizierung gemacht wird.126 Insofern ist es eine nicht unplausible Vermutung, daß es sich dabei um ein Abbild der beiden Finger handelt, mit denen die Wunde letztlich zusammengedrückt wird.127 Umstritten ist in der Forschung allerdings, ob man dieses Amulett mit einer Passage der Pyramidentexte zusammenbringen darf, in der von den zwei Fingern die Rede ist, die für den Himmelsaufstieg mit der Leiter eine Rolle spielen (PT 980). Von diesem Amulett scharf zu trennen ist der spätzeitliche Brauch, Finger und Zehen zu vergolden oder sogar mit richtigen Goldhülsen zu versehen.128 Bedingt als Organamulett aufzufassen ist auch das Sema-Zeichen, das ja ursprünglich eine Lunge mit Luftröhre darstellt. Die wenigen datierten Fundzusammenhänge gehören in die 26. Dynastie.129 Als alte Bekannte nur kurz erwähnen möchte ich die Djedpfeiler und Tit-Zeichen. Sie sind an sich als Amulette aus dem Totenbuch schon älter bekannt (s. S. 197–200). In der Spätzeit ändert sich jedoch tendenziell ihre Verwendungsweise. Statt wie im Totenbuch vorgesehen ein einzelnes Objekt zu haben, werden sie jetzt in großen Mengen gebraucht, insbesondere die Djed-Pfeiler werden gerne als Schar über den ganzen Lendenbereich hin deponiert.130 In ihnen ist auf jeden Fall ein enger Bezug auf Osiris und Isis festzuhalten, die spätestens ab dem Neuen Reich mit diesen Objekten verbunden werden. In der Dendara-Liste sind Djed-Pfeiler aus Lapislazuli und Fayence (oder libyschem Wüstenglas?) (Dendara X, 400, 6,7) sowie Tit-Zeichen aus Karneol (Dendara X, 400, 14) genannt. Auch das Udjat-Auge bleibt bis in die spätesten Epochen hin ein beliebtes Amulett und findet sich in der Dendara-Liste mit einer Reihe verschiedener Mineralien, nämlich Gold, Türkis, Fayence (oder libyschem Wüstenglas?), Lapislazuli, Karneol und einem unbekannten Mineral (Dendara X, 399,14. 400,4.5.6.7.9.14).131

126 Eine Beschreibung der Fundlage z.B. bei DARESSY, Hor-Kheb, 82; PETRIE, Amulets, Taf. LI Mumie 11 und 12, Taf. LII Mumie 14 und 18. 127 SHORTER, Funerary Amulets, 173 f.; HÜTTNER, Mumienamulette, 25 f.; PEZIN, JANOT, Pustule. Vgl. auch Callender und Kotková in BAREŠ, SMOLÁRIKOVÁ, Iufaa I, 140. 128 TÖPFER, Balsamierungsritual, 102.222.237.240.243.250.267. Vgl. z.B. die zwanzig erhaltenen Goldobjekte für Finger und Zehen im Grab des Horudja in Hawara, REISNER, Amulets II, 74–76; eine andere Gruppe von zwanzig Objekten, davon zehn deutlich größere, bei VERNIER, Bijoux, 491 (CG 53742), sowie weitere Gruppen von je fünf Hülsen bei VERNIER, Bijoux, 501–502 (CG 53790–53793); BAREŠ, SMOLÁRIKOVÁ, Iufaa I, 134–135.158.161.310.343; DIES., Menekhibnekau, 253.256. 129 PETRIE, Amulets, 11 Nr. 17; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 239–242; HÜTTNER, Mumienamulette, 31–33.149–150. 130 PETRIE, Amulets, Taf. L–LII. Vgl. den Sarg Kairo GEM 2757 bei BÖTTCHER, HASSAN, Hekenut, 43–45, wo angegeben wird, der Djed-Pfeiler sei als Schutz hinter dem Sargbesitzer, der Chontamenti an seinem Kopf. 131 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 156–162; HÜTTNER, Mumienamulette, 19–24.125–141.

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Einen wichtigen Schlüssel zum Verständnis mancher Objekt-Amulette, insbesondere der bizarrer wirkenden wie der Setzwaage, hat bereits Heinrich Schäfer gefunden.132 Es handelt sich um solche Objekte, die als reale, funktionsfähige Gegenstände etwa auf den Objektfriesen der Särge des Mittleren Reiches dargestellt sind. In der Spätzeit sind sie dann miniaturisiert worden und dadurch eben in den Bereich rein der Amulette abgeglitten. Man gibt sie nicht mehr bei, weil sie als solche im Jenseits direkt verwendet werden,133 sondern deshalb, weil Osiris derartige Objekte in seiner Ausstattung hat und die Anlehnung an Osiris als sicherster Garant der jenseitigen Existenz verstanden wird. Im Folgenden werde ich die wichtigsten Typen durchsprechen, um dies zu verdeutlichen. Prinzipiell evident sein dürften die Kronen. Sie sind Machtsymbole; und in älterer Zeit findet man sie öfters auf den Objektfriesen als Beigaben dargestellt.134 Schon unter den frühen Amuletten der 1. Zwischenzeit gibt es kleine amuletthaft miniaturisierte Exemplare (s. S. 54), und in der Spätzeit wird diese Sitte wieder sehr häufig. Konkret belegt sind verschiedene Typen. Es gibt die oberägyptische und die unterägyptische Krone,135 die Doppelkrone, sehr selten auch die Atef-Krone und das Nemes-Kopftuch.136 Als Machtsymbole ähnlicher Dimension zu verstehen sind die Szepter und Hirtenstäbe, Geißel und Krummstab.137 Mutmaßlich kann man auch das Paar von Falken- oder Straußenfedern138 in dieser Richtung bewerten. Allerdings ist dies eine Art von Kopfzier, die sonst eher von Göttern als von Königen getragen wird, bzw. sie kommt vielleicht weniger dem König als der Königin in Anlehnung an Göttinnen zu.139 Beim Straußenfeder-Amulett gibt es fallweise Probleme, es klar vom Pesesch-Amulett (s. S. 265) zu differenzieren. Prinzipiell unter die Machtsymbole einordnen möchte ich auch das Amulett des Siegelringes, da dessen Nutzung in Ägypten eine Autoritätsfrage war. Er wurde ab der 26. Dynastie in einer Form des Schen-Zeichens mitgegeben.140 Die Siegelfläche wurde dabei nicht beschriftet. Es gibt auch formal etwas abweichende Typen, die in der Literatur

132

SCHÄFER, Mumienamulette. Insofern sind assoziative Deutungen wie diejenige, die Setzwaage würde beim Totengericht helfen, die Waage ins Gleichgewicht zu bringen (MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 429; HÜTTNER, Mumienamulette, 59), oder dem Besitzer zu dauerhafter Rechtschaffenheit bzw. Gleichgewicht verhelfen (ANDREWS, Amulets, 85 f.), nicht sinnvoll. Vgl. auch WIEDEMANN, Amulette, 31–32, der sich gegen ein Verständnis als Andeutung des Maßhaltens wendet und meint, es handele sich um ein Werkzeug, dessen sich der Verstorbene bedienen könne, wenn er sich eine Kapelle auf Erden errichte. Zumindest für den Ursprung in den Objektfrisen ist eine Deutung als real nutzbares Objekt tatsächlich sinnvoll. 134 JEQUIER, Frises d’objets, 11–12. 135 PETRIE, Amulets, 17–18 Nr. 48–49; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 362–369; HÜTTNER, Mumienamulette, 49–51.173–174. 136 PETRIE, Amulets, 21; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 360. 137 PETRIE, Amulets, 18 Nr. 52 und 53; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 360 f. 138 PETRIE, Amulets, 16–17 Nr. 39 und 41; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 370–375; HÜTTNER, Mumienamulette, 51 f.57 f.174–175. 139 ALTHOFF, Kronen, 20–21.23.27.32 f.35 f.70.73.113 f. 140 PETRIE, Amulets, 22 Nr. 80; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 441–447.466–471; HÜTTNER, Mumienamulete, 61–62.65.183.185–186. 133

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als Siegelstein-Amulett laufen. Auch dieses ist üblicherweise unbeschriftet und datiert etwa in die Zeit von der 26.–30. Dynastie. Ebenso unbeschriftet blieb das Amulett der Königskartusche in den spätzeitlichen Ausführungen.141 Es wird auch unter den Amuletten des Osiris erwähnt. Mit den rechteckigen Tafeln des Textes der Osirisamulette zu verbinden sind wohl die konkreten Objekte, die als Schreibtafeln bewertet werden.142 In der realen Ausführung ähneln sie typischen spätzeitlichen realen Schreibtafeln mit einer Öse zum Aufhängen, die meist in einigen Wülsten stilisiert war. Müller-Winkler vermutet, daß sie in ihrer Eigenschaft als Träger der potentiell machthaltigen Schriftzeichen selbst als mächtig aufgefaßt wurden.143 Vernus erwägt, daß eine Schreibtafel aufgrund ihres potentiell kostbaren Materials ein sakralisierendes Objekt sein könne und deshalb als Amulett verwendet worden sei.144 Ich selbst könnte mir prinzipiell denken, daß es sich um die Miniaturisierung solcher Objekte handelt, die ich als real beschriftete Holzamulette der Spätzeit bereits behandelt habe (s. S. 149). Die Schreibtafel-Amulette aus dem Grab des Psammetich (Kairo CG 5882-5973) tragen dabei einen kurzen Text „erleuchtet werde NN“, der mutmaßlich vom Anfang des Uschebtispruches (TB 6) übernommen ist.145 Über den Wert des Menit als Schutzamulett146 habe ich bereits im vorhergehenden Kapitel einiges gesagt (s.o. S. 238–240). Die spätzeitlichen Amulette unterscheiden sich allerdings von denen der Dritten Zwischenzeit in einem ganz wesentlichen Punkt: Letztere sind vielfältig mit Dekoration versehen, welche im Wesentlichen Bezug auf die Gefährliche Göttin und die mit ihr verbundenen Tiere und Dämonen Bezug nimmt. Die spätzeitlichen Amulette sind dagegen glatt und unverziert (Abb. 94). In Fundlage sind sie bei den Mumien von Nebeshe spezifisch im Nacken nachweisbar,147 was zu ihrem Ursprung als Gegengewicht zu einem Kragen paßt. Als Amulettisierung eines Schmuckobjektes ist auch das Gegengewicht anzusehen (Abb. 95).148 Es ist korrekt als Manchet (monX.t) zu bezeichnen; aufgrund formaler Ähnlichkeit der Hieroglyphen ist in der modernen Forschung zu Unrecht auch die Bezeichnung Aper-Amulett gebräuchlich. Das Manchet hat eine komplexe mythologische Konzeption. Es handelt sich um eine Schnur, welche der Tefnut bei einer unberechtigten Inhaftierung, wohl von ihrem Sohn Geb, abgenommen wurde. Es wurde dann vom XrpPriester gerettet und an sich genommen, dem es als Schutz seiner Brust diente.149

141 PETRIE, Amulets, 21 Nr. 78; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 449–456; HÜTTNER, Mumienamulette, 62–64.184. 142 PETRIE, Amulets, 21 Nr. 76; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 461–465; HÜTTNER, Mumienamulette, 64.184–185. 143 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 457. 144 VERNUS, Modeling the relationship, 479 Anm. 27. 145 REISNER, Amulets I, 95. 146 PETRIE, Amulets, 15 Nr. 33; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 376–383; HÜTTNER, Mumienamulette, 52–53.175–176. 147 PETRIE, Amulets, Taf. LI–LII Mumie 10.13–14. 148 PETRIE, Amulets, 21 Nr. 72; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 472–480. 149 MEEKS, Mythes et légendes, 272–274.

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Die Kopfstütze150 werde ich noch in ihrer amulettnahen Bedeutung ansprechen, wenn es um den pBusca geht, bei dem der Kopfstützenspruch innerhalb der hinteren, den Amuletten gewidmeten, Hälfte der Handschrift auftritt (s. S. 283). Durch die Miniaturisierung sind die spätzeitlichen Exemplare definitiv als symbolhafte, nicht mehr funktionale Objekte auszumachen. Sie bestehen meist aus dunklem Stein, insbesondere Hämatit. Recht selten ist das Auftreten des Neith-Symbols als Amulett.151 Sein Aufkommen wird gerne mit der politischen Bedeutung von Sais in der 26. Dynastie verbunden, es ist aber noch bis in die Ptolemäerzeit belegt. Ebenso als echtes Amulett ausgesprochen selten ist das Anchzeichen, für das es neben frühen Belegen (s. S. 55) einige wenige Objekte der 26. und 30. Dynastie gibt.152 Sofern es sich wirklich um die Versinnbildlichung des abstrakten Konzepts „Leben“ handelt, wie generell angenommen wird,153 würde man mehr Bezeugungen erwarten. Das Amulett des Obelisken ist extrem selten und mutmaßlich in die Spätzeit zu setzen – der am besten gesicherte Beleg ist wohl ptolemäisch.154 Manche Forscher, etwa Müller-Winkler, versuchen, die Form mit dem Urhügel zu verbinden und daraus ein Indiz für eine Bedeutung im Sinne von Regenerationssymbolik zu gewinnen.155 Ich würde primär daran denken, daß es sich um eine kleine, amulettisierte Form der Sitte handelt, beim Grab einen Obelisken aufzustellen (wie man es aus dem Alten Reich kennt) bzw. an die Anwesenheit von zwei Obelisken in manchen osirianisch konnotierten Bezirken erinnern, wie sie aus Darstellungen von Bestattungszeremonien noch in der 18. Dynastie belegt sind.156 Als miniaturisierte Architektur anzusehen ist auch das Amulett der Treppe (Abb. 96).157 Darin sehe ich ebenfalls ein Abbild von realer Grabarchitektur – wer will, mag auch an die Treppe des großen Gottes in Abydos denken. Die genaue Datierung ist mangels klarer Grabungsbefunde unsicher, es dürfte aber spätzeitlich sein. Als amulettisiertes Ritualgerät anzusehen sind kleine Objekte in Form des PeseschGerätes (Abb. 97), das in der Ägyptologie meist als Pesesch-Kaf bezeichnet wird158 –

150

PETRIE, Amulets, 15 Nr. 34; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 323–334; HÜTTNER, Mumienamulette, 44–46.161–162; BAREŠ, SMOLÁRIKOVÁ, Iufaa I, 83 f.143 f. 151 PETRIE, Amulets, 50 Nr. 262; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 355–358; HÜTTNER, Mumienamulette, 48–49.173. 152 PETRIE, Amulets, 14 Nr. 30; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 384–392; HÜTTNER, Mumienamulette, 53–54.176–177. 153 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 385. 154 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 317–320. Vgl. ANDREWS, Unusualk Amulet für ein Exemplar, das mit Name und Titel des Besitzers beschriftet ist. 155 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 317; HÜTTNER, Mumienamulette, 43 f. Vgl. dagegen kritisch hinsichtlich des Urhügels sowie seiner angeblichen Verbindung zur Pyramiden- und Obeliskenform QUACK, Bedeutungen von Pyramiden, 48. 156 SETTGAST, Bestattungsdarstellungen, 51.91. 157 PETRIE, Amulets, 17 Nr. 46; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 321–323; HÜTTNER, Mumienamulette, 43–44.160–161. Die von ANDREWS, Amulets, 88 vorgenommene Verbindung mit dem Urhügel ist kaum zutreffend. 158 PETRIE, Amulets, 16 Nr. 38; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 405–418.

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tatsächlich ist allerdings k#f die Materialangabe Flint,159 die in vielen Schreibungen direkt hinter den Objektnamen gestellt wird, manchmal allerdings auch davor. Das Gerät selbst heißt somit lediglich psS. Es spielt im Mundöffnungsritual eine große Rolle.160 Darin geht es darum, einem handwerklich hergestellten Objekt Kommunikationsfähigkeit zu verleihen. Möglicherweise handelt es sich ursprünglich um eine Art Stichel, mit dem Schnitzereien in Holz durchgeführt wurden. Mit der Verlagerung auf andere Objekte etwa aus Stein verlor das Gerät aber rasch seine Funktionalität – schon in Gräbern des Alten Reichs gibt es beigegebene Stücke aus Kalkstein, die keine praktische Brauchbarkeit mehr haben.161 In der Spätzeit (bei Angehörigen der Königsfamilie bereits in der 18. Dynastie) werden sie dann auch im Format auf Amulettgröße herabgestuft. Ein besonderer Bezug auf Osiris ist auch hier gegeben. Wie die Tempelhandschriften aus Tebtynis ebenso wie andere Indizien zeigen, wurde das Mundöffnungsritual in der Spätzeit nämlich besonders intensiv für die jährlich neu hergestellten Osirisfigurinen verwendet, die für die Feierlichkeiten im Monat Choiak benutzt und anschließend rituell bestattet wurden.162 In den konkreten Einzelausführungen kann es schwierig werden, das Gerät sicher vom Straußenfederamulett (s. S. 263) zu unterscheiden. Da dieses Gerät ursprünglich einen handwerklichen Hintergrund hat, mag es zum Nivelliergerät überleiten, das die Form einer Setzwaage hat (Abb. 98).163 Es wird ebenso als Miniaturisierung eines technischen Geräts zu verstehen sein wie das Amulett des rechten Winkels.164 In jedem Fall geht es hier um solche Geräte, die aus den Gerätefriesen bekannt sind und von dort wohl auf dem Umweg über osirianische Konzepte unter die Amulettausstattung abgewandert sind. Auch der seltene Amulettyp des Gefäßes165 dürfte eine Miniaturisierung dessen darstellen, was ursprünglich reale Grabbeigabe war und auch in den Objektfriesen erscheint. Kosmische Symbolik zeigen das Amulett der Sonnenscheibe (Abb. 99) sowie das des Horizontzeichens mit Sonne (Abb. 100), die beide etwa in der 26. Dynastie aufkommen und noch bis in die Ptolemäerzeit bezeugt sind.166 Wohl erst in die Ptolemäerzeit datieren fünfzackige Sterne, die als Amulette gebraucht werden;167 sie sind auf der theoretischen Ebene auch im pBM EA 10098 präsent. Man hat vorgeschlagen, sie mit einer erst

159

Vgl. POSENER-KRIEGER, Néferirkarê-Kakaï, 164 zu A 6. OTTO, Mundöffnungsritual, Band II, 16–17. 161 VAN WALSEM, PsS-kf. 162 Vgl. QUACK, Mundöffnungsritual Tebtynis, 136–143; DERS., Mundöffnungsritual als Funerärtext, 146–147; ALTMANN-WENDLING, Ritual In+.t rd(wi), 96–108; GALLAZZI, Tebtynis VI, 1–2.16. 163 PETRIE, Amulets, 16 Nr. 37; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 429–434; HÜTTNER, Mumienamulette, 59–60.182–183. 164 PETRIE, Amulets, 16 Nr. 36; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 435–438; HÜTTNER, Mumienamulette, 60–61.183. 165 PETRIE, Amulets, 20 Nr. 70; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 225–226; HÜTTNER, Mumienamulette, 46.162. 166 PETRIE, Amulets, 17 Nr. 42 und 43; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 292–299.307–316; HÜTTNER, Mumienamulette, 40–43.158–160. 167 PETRIE, Amulets, 51 Nr. 275; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 305–306. 160

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griechischen Sterndeutung im astrologischen Sinne zu verbinden.168 Allerdings sei darauf hingewiesen, daß ein Stern aus Lapislazuli, der an die Kehle des Königs gehängt wird, im pBrooklyn 47.218.50 bezeugt ist, der als Handschrift möglicherweise in die Saitenzeit datiert und ältere Traditionen überliefern dürfte (s. S. 292).

168

MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 305.

11 Von den Pyramidentexten über die Objektfrise zum Goldamulettetext Für Amulettanwendungen der Spätzeit ist eine bestimmte Komposition von erheblichem Interesse, die unter der Bezeichnung „Ritualbuch für Goldamulette“ anhand eines Papyrus, der sich zweitweise als Leihgabe in Bonn befand (L 1647), veröffentlicht worden ist.1 Er datiert etwa in die Zeit der letzten indigenen Dynastien oder bereits in die Ptolemäerzeit. Um ihn richtig zu würdigen, sollte man die Sprüche aber erst in einen größeren Rahmen stellen. Tatsächlich handelt es sich bei der Komposition, wie sie im Ex-Bonner Papyrus überliefert ist, um eine evidente Kompilation, die aus wenigstens zwei Hauptquellen schöpft. Die eine davon sind bestimmte Totenbuchsprüche, die mit Amuletten operieren (s.o. S. 181–203). Sie sind in voller Länge und mit Nachschrift aufgenommen. Die andere betrifft dagegen kurze Ritualsprüche, wie sie teilweise bereits in den Pyramiden- und Sargtexten erscheinen, gelegentlich auch im Totenbuch des pBusca2 sowie in noch anderen Quellen auftreten.3 Eine fragmentarische Fassung, die für „Osiris NN, den NN geboren hat“ geschrieben, somit als Vorlage anzusehen ist, findet sich auf einem ramessidischen Ostrakon (oDeM 1637).4 Sie gehören ursprünglich zu einem Ausstattungsritual, bei dem es durchaus diskussionsfähig ist, ob es sich im strengen Sinne um Amulette handelt und nicht eher um Bestandteile der Tracht. Die Amulettfunktion gerät erst

1

MUNRO, Goldamulette; dazu Rezensionen von QUACK, WdO 35, 194–197; LIPPERT, Enchoria 29, 194–198; STADLER, JANER 5, 245–250; LENZO MARCHESE, JAOS 125, 278–279; s. auch BOMMAS, OLZ 102, 20–26. Zur Rekonstruktion der ersten erhaltenen Kolumne s. FISCHER-ELFERT, Zum Anfang. Vgl. die Zusammenfassung unter Berücksichtigung der neuen Ergebnisse in MUNRO, Papyrus (mit Photo der ersten Seite in korrigierter Anordnung). Vgl. STÜCKEL, Amulet Plaque, wo meine Rezension zu Munro übersehen worden ist. 2 Neuedition CREVATIN, Libro dei morti. Vgl. die Übersetzung der betreffenden Abschnitte in QUIRKE, Going forth, 499–501. 3 Nicht einschlägig erscheinen mir allerdings die von MUNRO, Goldamulette, 47–49 angeführten angeblichen Parallelen im Mut-Ritual, da es sich dabei nur um isolierte Sätze handelt, die in Ritualsprüchen generell häufig sind, nicht jedoch um systematische Übereinstimmungen ganzer Sequenzen (selbst jenseits der Frage, warum Munro nur vom Mut-Ritual spricht, obgleich die betreffenden Sprüche gleichartig auch in der Version des täglichen Tempelrituals für Amun überliefert sind). 4 POSENER, Ostraca Deir el Médineh III, 89, Taf. 64. Am klarsten ist die Korrespondenz zwischen I, x+9 f. und dem Goldamulettepapyrus x+2,2–3 (was approximativ Neith 44 f. entspricht) sowie II rt., x+4 f. und pBusca 403 f. Im Lichte von CT VII, 63i und CT VIII, 41c kann man vermuten, daß in I, x+6 in nb+(.t)n=f Hr=s oder vielleicht eher X#+(.t)n=f Hr=s zu emendieren ist.

11 Von den Pyramidentexten über die Objektfriese bis zum Goldamulettetext

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in dem Moment, speziell in der Spätzeit, in den Vordergrund, in dem derartige Objekte miniaturisiert und damit ihres ursprünglichen Zweckes entkleidet werden. Bei dem betreffenden Komplex handelt es sich zudem um einen spannenden Fall der Interaktion von Texten und archäologischen Realien, der über weite Wege geht. Von den kurzen Ritualsprüchen sind viele bereits in den Pyramidentexten enthalten, auch die Sargtexte bieten einige Passagen. Daneben steht eine bildliche Wiedergabe der betreffenden Artefakte in den Objektfrisen auf Särgen des Mittleren Reiches, die ohne Rezitationstexte auskommt, reale Funde sowohl im Grab des Tutanchamun als auch in verschiedenen spätzeitlichen Grabausstattungen, schließlich noch Abbildungen auf einem Sarg der Königsgräber von Tanis sowie im pMacGregor. Ein Problem ist dabei die oft schlechte Überlieferungslage der Texte. Bei den Pyramidentexten ist eine substantielle Version der entsprechenden Sprüche in der Pyramide der Königin Neith überliefert, wo aber nur etwa zwei Drittel der betreffenden Wandfläche noch erhalten sind.5 Dabei stellt sich das Grundsatzproblem, ob die Wand an dieser Stelle nur in zwei Partien unterteilt war, wie die bisherige Kolumnenzählung voraussetzt, oder vielmehr drei getrennte Beschriftungseinheiten vorlagen. Im Bonner Papyrus ist der Anfang verloren gegangen, zudem fehlen generell wenigstens zwei bis drei Zeilen unten auf jeder Seite. Die exakte Korrelation der verschiedenen Textträger wird dadurch erschwert, daß die betreffenden Sprüche ausgesprochen kurz sind und in ihnen viele rekurrierende Elemente gleich oder ähnlich mehrfach auftreten. Infolgedessen werde ich weniger einen fertig montierten definitiven Text bieten, als vielmehr die Einzelzeugen für sich präsentieren, soweit sie erhalten sind. Das hat auch den nicht zu unterschätzenden Vorteil, daß man damit potentielle Variationen, Zusätze im Bestand und Umdeutungen besser in den Griff bekommt. Die Version der Königin Neith hat als erstes Element ihrer Ausstattungssequenz ein Goldobjekt, dessen genaue Art verloren ist. Möglicherweise sind hier weitere Gegenstände ganz verloren. Sicher erhalten ist dann ein nws-Objekt – dies ist eine frühe Schreibung für das, was später als nms bekannt ist,6 also ein königliches Kopftuch bzw. Schweißtuch.7 Danach folgen wahrscheinlich fünf Schlangenobjekte, von denen bei den

5

JEQUIER, Neit et Apouit, Taf. VIII, Kol. 43–64. Vgl. FAULKNER, Supplement, 82–86, wo die Passagen als PT § 2271–2286 (Spruch 741–756) gezählt sind. 6 Für die orthographische Fluktuation s. OTTO, Mundöffnungsritual, Band 2, 21.23.95. Vgl. auch ALLEN, Nemes, gegen dessen Vorschlag, die Schreibung nicht als nws, sondern als als |n(m)s zu verCT VI, 207d spricht. S. MEYRAT, Papyrus magiques, 64.316. stehen, aber die Orthographie 7 Vgl. hierzu auch GOEBS, Nemes. Es ist zu beachten, daß die Grundbedeutung der Wurzel nms tatsächlich das Abwischen ist; vgl. HUSSY, Epiphanie und Erneuerung, 37–39, der es zwar noch traditionell mit „bekleiden“ übersetzt, aber klar herausarbeitet, daß es sich sachlich nicht um ein Bekleiden, sondern um ein Abwischen handelt; klar in dieser Bedeutung dürften auch die Belege im Balsamierungsritual des Apisstieres sein. Vgl. dazu QUACK, Wipe. Unzureichend begründet ist der Widerspruch von MEEKS, Linguistique et égyptologie, 55 f., der gerade hinsichtlich der Krone nms von a-prioriAnnahmen ausgeht; die von ihm zitierten Textstellen Edfou I2, 429,12–14 und Dendara IV, 256,12 sind in ihren Rezitationen zu offensichtlich vom Mundöffnungsritual bzw. Täglichen Tempelritual abgeleitet, als daß sie als Belege für die angebliche Bedeutung „bekleiden“ taugen.

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11 Von den Pyramidentexten über die Objektfriese bis zum Goldamulettetext

ersten beiden der Schwanz wellenartig nach hinten ausläuft, während er bei zwei weiteren in Windungen zusammengerollt ist. Beim letzten ist der Schwanz nicht erhalten. Den mutmaßlich fünf Darstellungen stehen aber nur vier Namen gegenüber, nämlich zweimal |or.t „Uräus“, einmal @.t und einmal wr.t-Hk#.w „Zauberreiche“. Es folgen fünf Geierinnen. Die erste wird als |mn.t „die Verborgene“ bezeichnet, die zweite als ô[email protected] „Vereinigerin“,8 die dritte als tm#.t [email protected] „die den Bogen zusammenspannt“, die vierte als nr|.t „Geierin“, die fünfte als wr.t-Hk#.w „Zauberreiche“ – letzterer Name kann somit hier sowohl für Schlangen als auch für Geierinnen gebraucht werden. Als letzter Eintrag im relevanten Eintrag findet sich schließlich noch ein Wort mQr.t mit einem etwas obskuren Determinativ, bei dem es sich aber mutmaßlich um das aus anderen Quellen auch mit dem Namen m(n)Qr(y).t bekannte Schlangenkopfamulett handelt.9 Schon vom Layout her ist es eindeutig, daß mit diesem Abschnitt nur der erste Teil einer sehr umfangreichen Gesamtkonzeption vorliegt. Das Opferritual setzt sich mit Reinigungs-, Salb- und Schminkszenen fort, darauf folgt noch ein langes Speiseritual und schließlich eine Ausstattung mit Insignien der Macht.10 Auffällig ist vor allem, daß die Schlangen und Geierinnen nicht mit den anderen Insignien am Ende der Sequenz stehen, sondern ganz am Anfang. Noch weitaus schlechter erhalten ist die Version in der Pyramide Pepis II.11 Vermutlich ist der erste teilweise erhaltene Schlangenname zu [sSm.t]-rmç(.w) zu ergänzen; es folgt onX-nçr und |or.t(|) „zwei Uräen“. Der Spruchbestand dürfte, soweit ein Vergleich möglich ist, dem bei Neith ähnlich gewesen sein. Die Sargtextparallelen beschränken sich vor allem auf Spruch 861 (CT VII, 63g–r), der ausschließlich in Theban Tomb 240 auf der Innenwand des Sarges des Meru überliefert ist und einen sehr aus dem Leim gegangenen Eindruck macht; ein Originaltitel

8

S. auch DIAMOND, emD(y)t, 48.57, die den Sinn der Ausstattungssequenz nicht erkennt. Das Determinativ dürfte ein schematisch dargestelltes Amulett darstellen, das an einer Kette oder Schnur hängt. Zu korrigieren ist MEEKS, Emprunts, 43 Nr. 218, der ohne Beachtung der Parallelen für diese Objektfolge ein im Zusammenhang keineswegs evidentes „Situla“ ansetzen will, ebenso ALLEN, Pyramid Texts, 254.315 (= Pyramid Texts2, 249.308). Bereits MUNRO, Goldamulettetext, 35 Anm. 7 erkennt PT 2286 als Beleg für das Schlangenkopfamulett. Die von LE GUILLOUX, Psousennès, 333 erwogene Verbindung des Wortes zu mQr „Stab“ (tatsächlich ein Lehnwort des Neuen Reiches aus dem Semitischen, s. HOCH, Semitic Words, 166 f.; vgl. auch MEYRAT, Papyrus magiques, 79) oder mkr.t „ein Holzteil der Barke“ halte ich für abwegig; ebenso ist ein Bezug zur Göttin mnkr.t (die eine ganz andere Ikonographie und Funktion hat, s. ABITZ, Statuen, 69–77) phonetisch unwahrscheinlich; der von Callender in BAREŠ, SMOLÁRIKOVÁ, Iufaa I, 87 behauptete zum Tierschwanz mnkr.t ebenso. Auch die von ROULIN, Livre de la nuit, 187 neben der Verbindung zu mQr „Stab“ ins Spiel gebrachte zu mgr.ß „Höhle“ (tatsächlich ebenfalls ein Lehnwort des Neuen Reiches aus dem Semitischen, s. HOCH, Semitic Words, 172) ist nicht zielführend. Allerdings ist zu beachten, daß im Tebtynis-Onomastikon in einer Liste von Schlangen auch eine mnkr.t erscheint (pCarlsberg 180, Y 3, 17: Y 4, 20), und diese Liste mit sSm(.t)-rmç.w (pCarlsberg 180, Y 4, 8) wenigstens eine weitere Schlange der hier besprochenen Gruppe bezeugt; eventuell auch |or.t und onX-nçr (pCarlsberg 180, Y 5, 7 f.; Lesung unsicher). Für die Römerzeit, aus welcher der betreffende Papyrus stammt, wäre eine Fluktuation zwischen k und Q möglich. 10 JEQUIER, Neit et Apouit, Taf. IX–XII. Übersetzung bei ALLEN, Pyramid Texts, 314–320. 11 JÉQUIER, Pepi II, tome I, 17, Taf. II, x+1–33. Übersetzung bei ALLEN, Pyramid Texts, 252–254 (Pyramid Texts2, 249–251) mit Ergänzungen anhand der Paralleltexte. 9

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271

fehlt. Eingebettet ist er dort in eine etwas größere Beopferungssequenz, die allein den Sarg innen dekoriert.12 Am Anfang stehen kurze Formeln für Salböl und Bekleidung (PT Spruch 77 und 81; speziell PT 52a–53a und 56a–57a), dann der Anfang von PT Spruch 600 (konkret PT 1652a–1655b). Dieser ist in den Pyramiden des Alten Reiches ein Spruch zur Weihe der Pyramide, hier dürfte er aber eher im Sinne sonstiger späterer Verwendung als Spruch für den Halskragen zu werten sein,13 zumal die Version in TT 240 nur solche Textbereiche abdeckt, die regulär zur Darreichung des Halskragens gehören. In dem anschließenden, hier in Rede stehenden Spruch CT 861 läßt sich am ehesten die Präsentation von goldenen Objekten, u.a. „die beiden Zauberreichen“ (wr.t| Hk#.w) erkennen; die Wortspiele der Sprüche deuten darauf hin, daß noch weitere Objekte wie etwa sSm.t präsent waren. Als letzter Spruch auf dem Sarg folgt CT 857, in dem es um die Darreichung von H@-Keule und #ms-Szepter geht, wie sie später auch in einer Ausstattungssequenz des Mundöffnungsrituals als Szene 57A und B auftritt.14 Insgesamt ist deutlich, daß es sich bei dieser Version um eine Gesamtdarstellung der Ausstattung aus der Tradition der morgendlichen Toilette des Königs handelt, die jeweils auf wenige essentielle Elemente reduziert worden ist – Salböl, Kleidung und Insignien bzw. Schmuck und Machtsymbole. Hinzu kommt eine Fassung auf dem Außensarg des Wr-nfr (M7C; CG 28037).15 Sie hält sich in Wortlaut und Abfolge genauer an die Pyramidenversionen, allerdings fehlt hier die explizite Abbildung und Benennung der Objekte. Zumindest der Spruch für den Schlangenkopf m(n)Qr.t findet sich im Mittleren Reich auch im pRamesseum VI, 61 f.16 Dort steht er neben der Füllung des Auges mit Salbe im Textzusammenhang des Erscheinens als König, wobei die Herzen der Götter sich vor dem derart Ausgestatteten fürchten. Demnach ist das Schlangenkopfamulett hier als autoritätsgebendes königliches Symbol zu erkennen. Präsenter als im Text sind die betreffenden Objekte in dieser Zeit im Bild innerhalb der Objektfriese auf den Särgen des Mittleren Reiches (Abb. 101–102).17 Zunächst gibt es dort typischerweise Zusammenstellungen von fünf Geierinnen und fünf Schlangen,

12 Für den Textbestand auf diesem Sarg s. LESKO, Index, 106. Bei ALLEN, Coffin Texts 8, 20–23 ist nur Spruch 77 ediert, nicht dagegen die weiteren Pyramidentextparallelen dieses Sarges. Wie Allen mir per Mail vom 27.11. 2016 angegeben hat, wurden die betreffenden Bereiche nicht vom Sargtextprojekt aufgenommen, eventuell, weil sie zu zerstört waren. Für genaue Angaben zum Textbestand danke ich Antonio Morales, der sowohl Photographien und Zeichnungen in Leiden konsultiert als auch das Original kollationiert hat (Mail vom 15.2. 2018). 13 Vgl. zu ihm S. 115 Anm. 80. 14 QUACK, Zwiebel und Keule, 232–237. 15 ALLEN, Coffin Texts 8, 441–443. Besonders eindeutig ist die Parallele von Kol. 30–43 zum Goldamulettetext x+1,1–5 und x+2,2–6. 16 GARDINER, Ramesseum Papyri, Taf. XIX; DERS., Hymns to Sobek, 50 mit Anm. 2 (wo das Wort nicht erkannt wird). Die Deutung dieses Wortes als „Situla“ durch MEEKS, Emprunts, 43, wird durch den Kotext nicht gestützt, und das Determinativ ist als Schlangenkopf zu erkennen, für die Querlinien vgl. z.B. die deutliche Rückenzeichnung des Schlangenkopfamuletts des Psusennes (MONTET, Tanis II, Taf. CXII) (die Wiedergabe des Zeichens bei HANNIG, Wörterbuch II, 1145 ist dezidiert inkorrekt). 17 JÉQUIER, Frises, 12–15.53–55. Vgl. WILLEMS, Chests, 208.

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teilweise vermischt mit anderen Objekten. Die Namen der Schlangen sind |or.t „Uräus“, @.t, mnHy.t „Schlächterin (?)“, onX-nçr „Leben des Gottes“ und sSm.t-rmç.w „welche die Menschen leitet“, letzteres teilweise ersetzt durch wr.t-Hk#.w „Zauberreiche“.18 Neben den Schlangen können etwa die beiden Kronen dargestellt sein, auch das s#.t-Amulett, das einen anscheinend mumifiziert eingewickelten Vogel zeigt, sowie das Schlangenkopfamulett mnQr(y).t, das teilweise auch in der Lautform mnQby.t auftritt.19 Teilweise sind dies dieselben Elemente, die bereits in der Pyramide der Neith erschienen sind. Bei den Geierinnen sind die belegten Namen nr|.t „Geierin“, |mn.t „die Verborgene“, ô[email protected] „Vereinigerin“, tm#.t [email protected] „die den Bogen zusammenspannt“, wr.t-Hk#.w „Zauberreiche“. In diesem Bereich kann man also perfekte Übereinstimmung mit der Alten Reichs-Version feststellen. Nach Maßgabe kurzer Beischriften sollen die Stücke an den Kopf des Verstorbenen kommen, was zu dem Befund des Bonner Papyrus paßt (s.u.). Lediglich das Schlangenkopfamulett soll immer an den Hals gegeben werden – auch dies in Übereinstimmung mit dem Bonner Papyrus. Dabei zeigt diese Positionierung zumindest klar, daß dieses Objekt nichts mit der Tradition des Uräus auf dem Kopf zu tun hat, so dunkel auch seine sonstige Deutung bleibt. Als aktuelles Amulett – üblicherweise aus Karneol – ist es seit der mittleren 18. Dynastie bekannt.20 Ebenso dürfte es gelegentlich in der Darstellung von Grabbeigaben in der Wanddekoration präsent sein (TT 79 und 96).21 Die Farbe des Objekts ebenso wie Details der Augengröße und Pupillenform deuten darauf hin, daß speziell die rote Speikobra als natürliches Vorbild diente.22

18

Vgl. auch PETRIE, Amulets, 25 (zu Nr. 94), der fünf stehenden Geierinnen zuschreibt, Existenz, Göttlichkeit, Leben mit Göttern, Herumgehen unter Menschen sowie Jugend zu verleihen (unkritisch übernommen von HÜTTNER, Mumienamulette, 35), was, wie Petries Verweis auf LACAU, 99 zeigt, auf einer freien und assoziativen Deutung derjenigen Namen beruht, die auf Kairo CG 28088 (LACAU, Sarcophages antérieurs II, 17) ausnahmsweise bei den fünf Geierinnen statt den fünf Schlangen stehen. 19 Real belegt ist mnQby.t als Name des Schlangenkopfamuletts in Kairo CG 28094, 94 und Kairo CG 28123, 22 (LACAU, Sarcophages antérieurs au Nouvel Empire II, 62.140). Von den bei JÉQUIER, Frises d’objets, 54 Anm. 1 genannten Belegen gehören Kairo CG 28087, 58; Kairo CG 28088, 69; Kairo CG 28094, 89 und Kairo CG 28123, 22 tatsächlich zu MnHy.t/MnH.t, s. LACAU, Sarcophages antérieurs au Nouvel Empire II, 8.17.35.62.140. Zu beachten ist, daß mnQby.t auch als Name einer Halskette mit einer Bulla als zentralem Objekt sicher belegt ist, s. JÉQUIER, Frises d’Objets, 55 mit Anm. 4. Eindeutig mnQry.t als Name des Schlangenkopfamuletts liegt in Kairo CG 28083, 91 sowie dem Sarg des Djehutihotep vor, s. LACAU, Sarcophages antérieurs au Nouvel Empire I, 185; JÉQUIER, Frises d’objets, 54 Anm. 3. Ebenso ist auf dem Außensarg des Gua (B2L; BM EA 30839) nach Einsicht des Originals zweifelsfrei mnQry.t geschrieben, s. Abb. 102. 20 Vgl. MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 419–428; HÜTTNER, Mumienamulette, 58–59.181– 182. 21 Vgl. etwa GUKSCH, Nacht-Min, 164, Taf. 40 sowie Katalog Sen-Nefer, 47.51 (dort als Phallus mißdeutet; korrekte Deutung JÉQUIER, Frises d’objets, 55 Anm. 1; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 529 Anm. 505; ANDREWS, Amulets, Abb. 65). 22 BRIX, Faune ophidienne, 453–455.

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Bereits Maspero und später Petrie hat apodiktisch postuliert, es diene zum Schutz vor Schlangenbissen,23 doch fehlt ein konkreter Nachweis dafür. Da es weder in Totenbuchsprüchen zum Schutz vor Schlangen noch in magischen Handbüchern gegen Schlangenbiß je erwähnt wird, halte ich diese Theorie für ausgesprochen unwahrscheinlich. Jéquier will es generell mit der Erfrischung, Edwards spezifisch mit der Kühlung der Kehle verbinden,24 was prinzipiell schon eher plausibel wirkt, allerdings ausschließlich auf der zweimaligen Wortvariante mnQby.t auf den Objektfrisen der Särge des Mittleren Reiches statt der sonst durchgängigen Lautform m(n)Qr(y).t beruht und deshalb ebenfalls kaum zutreffen dürfte. Beide Deutungen kombinieren Andrews und Ziegler, die vorschlagen, als „frischer Ort“ kühle dieses Amulett und wirke gegen die Erstickung, die durch Schlangenbiß hervorgerufen werde. Sie sehen eine Verbindung zum Totenbuch Kapitel 34, in dem der Verstorbene sich mit dem Uräus identifiziert.25 Kritisch ist neben den oben bereits bemerkten Gegenargumenten zu bemerken, daß in TB 34 kein expliziter Verweis auf das m(n)Qr.t-Amulett gegeben ist. Müller-Winkler und Hüttner denken an eine Verbindung mit dem Schlangenstab des Mundöffnungsrituals und wollen daraus eine wiederbelebende Wirkung ableiten.26 Dem ist entgegenzuhalten, daß der Schlangenstab des Mundöffnungsrituals sowohl anders aussieht (Widderkopf) als auch anders heißt (nämlich wr.t-Hk#.w) als das m(n)Qr.t-Amulett.27 Ein Passus in einem spät überlieferten osirianischen Verklärungstext verbindet es konkret mit den Armen (s. S. 311). Dies dürfte neben dem Kontext des königlichen Erscheinens im pRamesseum VI sowie der Ausstattung als Gott, die der Goldamulettetext und der pBusca nennen, die klarste ägyptische Angabe über seine Wirkung sein. Kaum weiterhelfen dürfte, daß eine Göttin ohne weitere Attribute mit dem Namen mQry.t im oberen Register der sechsten Stunde des Buches von der Nacht erscheint.28 Eher relevant ist, daß im pBerlin P 23040, Kopftext I, Z. 2a von einer mQr.t im Haus der Schlange (pr s#-t#) gesprochen wird.29 Dies betrifft sicher die als Amulett verwendete Schlange, doch ist der Zusammenhang zu fragmentarisch erhalten und entsprechend unsicher, um wirklich weiterzuführen.

23

MASPERO, Guide Boulaq, 279 (zu Nr. 4195); DERS., Notes, 320–321 (mit einem zusätzlichen Verständnis als Bumerang); PETRIE, Amulets, 25 f. Ähnlich auch SHORTER, Funerary Amulets, 174 f.; Callender in BAREŠ, SMOLÁRIKOVÁ, Iufaa I, 87; CONNOR, FACCHETTI, Amuleti, 208. 24 JÉQUIER, Frieses d’objets, 54; EDWARDS, Tutankhamun, 145. 25 ZIEGLER, Sérapéum, 20; ähnlich bereits ANDREWS, Amulets, 85. Ihr folgend GOMBERT-MEURICE, Amulette tête de serpent, 107. Die angebliche Verbindung zu TB Kapitel 34 (und 35) dürfte auf der Behauptung von BUDGE, Mummy, 323 beruhen, daß die Texte der Schlangenkopfamulette von dort stammten, was aber von SHORTER, Funerary Amulets, 174 f. Anm. 8 mit Recht abgestritten wird. Immerhin scheint das Stück BM EA 14898 nach der hieroglyphischen Wiedergabe bei BUDGE, Mummy, 323 eine verderbte Fassung des Anfangs von TB 33 aufzuweisen. 26 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 421; HÜTTNER, Mumienamulette, 58. 27 OTTO, Mundöffnungsritual, Band 2, 19. 28 ROULIN, Livre de la Nuit, Band 1, 186 f.; Band 2, 65. 29 Vgl. BURKARD, Klagelied, 26.28.

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Auf einem Schlangenkopfamulett des Neuen Reiches ist ein kurzer Rezitationstext erhalten, der die Zaubermacht (#X.w) der Isis anspricht und gleichartig auch für die sw(r).t-Perle belegt ist (s. S. 57). Ein weiteres Exemplar des Neuen Reiches, das stattdessen das #X.t-Auge nennt,30 könnte eine überlieferungsgeschichtliche Variante dazu bezeugen; sein Spruch, der um Erhellung in der Nekropole bittet, weil der Besitzer frei von Verfehlungen sei, findet eine recht enge Parallele auf dem Schlangenkopfamulett des Psusennes.31 Wenigstens zwei andere Objekte haben kurze Rezitationstexte, welche vom Horusauge bzw. dem Udjat sprechen32 und mutmaßlich Exzerpte bzw. Adaptation aus dem Rezitationstext darstellen, der im Goldamulettepapyrus (x+7,6) sowie im pBusca Z. 400–406 für das Schlangenkopfamulett überliefert ist.33 Auf weitere Gegenstände der Objektfrise wie etwa Halskragen, Armbänder und ähnlichen Schmuck sowie Stäbe will ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen, da sie in dieser Epoche eher für Ausstattung als spezifisch für Amulette relevant sind. Als deutlichen Nachfolger derartiger Objektfriese kann man auch die Darstellung auf dem Boden des Sarkophags Psusennes’ I. aus Tanis ansehen, der mutmaßlich ursprünglich für den ramessidischen Herrscher Merenptah hergestellt worden ist.34 Neben zahlreichen anderen Objekten, etwa Kopftüchern, Schurzen, Stäben, Sandalen etc., sieht man hier auch Kragen in Schlangen-, Geier- und Falkenform. Vor allem gibt es eine Schlange mit dem Namen onX-nçr sowie eine geflügelte Schlange mit einem Namen, in dem am ehesten sSm.t-rmç.w zu erkennen ist, auch wenn der erste Teil epigraphisch mehr nach mH.t aussieht. Dies sind Namen, wie sie eben in den Objektfriesen der Särge des Mittleren Reiches auftauchen. Auch die Einbettung in einen viel größeren Zusammenhang von Ausstattung geht in dieselbe Tradition. Ebenso, allerdings mit besserer Überlieferung der Namen, ist die bekannte Amulettliste im pMacGregor (pBM EA 10479) zu bewerten, einem ptolemäerzeitlichen Totenbuch aus Achmim (Abb. 103).35 Tatsächlich ist die Aufzeichnungssituation dieser Liste einigermaßen auffällig. Sie ist keineswegs in das Totenbuch als solches integriert, sondern findet sich auf der Rückseite, und zwar durchaus nicht ganz am Anfang davon, sondern unter Freilassung eines längeren unbeschrifteten Streifens. Die Anordnung ist in einem Tabellenraster erfolgt, das allerdings vor allem im hinteren unteren Teil ausgesprochen unsauber gezogen ist – eventuell aufgrund des unerwartet großen Platzbedarfs mancher Zeichnungen. Während diese Tabelle im Verhältnis zum Text der Vorderseite horizontal gewendet ist, also dieselbe Oben-Position hat, ist sekundär noch eine

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SCHNEIDER, Life and Death, 145 f. Nr. 214A (Leiden L.III.17). Den Hinweis verdanke ich Beatrix Gessler-Löhr. 31 MONTET, Tanis II, 147.152 Abb. 56, Taf. CXII = LE GUILLOUX, Psousennès Ier, 155.332–334. 32 REISNER, Amulets I, 38 f. (Kairo CG 5483 und 5486). 33 Für die Behauptung von SHORTER, Funerary Amulets, 174 f., es läge ein Text vor, der die Hilfe des Sonnengottes mittels des Uräus anriefe, sehe ich gerade im Lichte der Parallelen keine ausreichende Grundlage. Dabei ist zu beachten, daß Shorter in seiner Argumentation auch auf einem vorrangig für die swr.t-Perle belegten Rezitationsspruch basiert, von dem bereits oben S. 53 mit Anm. 93 gezeigt wurde, daß Shorters Interpretation nicht zutrifft. 34 MONTET, Tanis II, 195 f., Taf. 94; LE GUILLOUX, Psousennès Ier, 218.360. 35 CAPART, Liste; MOSHER, Papyrus of Hor, 4 f., Taf. 17; DERS., Revisiting, 452.454.

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Fortsetzung der Sonnenhymnen des Totenbuchkapitels 15 hinzugefügt worden, die sich räumlich nach der bereits existierenden Zeichnung richtet. Obgleich die Tabelle in der Ägyptologie immer als Amulettliste läuft, handelt es sich korrekter gesprochen um eine späte Tradition der Objektfriesdekoration. Keineswegs alle abgebildeten Dinge können genetisch gesehen strikt gesprochen als Amulette aufgefaßt werden. Jedes Objekt läuft über drei Spalteneinträge. In der obersten ist der ägyptische Name angegeben, in der mittleren, die besonders groß ist, eine Zeichnung sowie eine hieroglyphische Materialangabe, in der unteren die Anzahl durch Striche markiert. Im Folgenden werde ich die Objekte der Reihe nach vorstellen. 3 Meqeret-Schlangenköpfe aus Gold. 6 breite Kragen aus Gold mit Falkenköpfen. 3 Königskopftücher aus Gold. 3 Nemes-Kopftücher. 6 Schlangen in Djet-Haltung aus Gold. 3 Uräusschlangen – ohne Materialangabe. 3 Serqet-Schlangen – ohne Materialangabe. 3 onX-nçr-Schlangen – ohne Materialangabe. 3 sSm.t-rmç.w-Schlangen – ohne Materialangabe. 3 wr.t-Hk#.w-Schlangen – ohne Materialangabe. 1 |b(#)-Sistrum aus Gold. 3 nr|.t-Geierinnen aus Gold. 3 ô[email protected] aus Gold. 3 |mn.t-Geierinnen aus Gold. 3 çm#[email protected] aus Gold. 3 sSS.t-Sistren aus Gold – die Zeichnungen zeigen ein merkwürdiges Objekt. 3 hôr.t-Armbänder – ohne Materialangabe. 3 goldene Objekte, deren Name eventuell als k#p.t „Räuchergefäß“ zu verstehen ist. 1 Goldener Eimer. 1 Goldener Bart. 3 goldene Dolche (b(#)gs(w)). 3 weitere goldene Dolche leicht anderen Namens.36 1 goldener Dolch mit darüber gelegtem Zeichen des schlagenden Arms. 3 goldene s#.t-Vögel. 3 Beutel grüne und 3 Beutel schwarze Augenschminke, davon erstere explizit als aus Gold angegeben. Tellerkeule, Birnenkeule und Ames-Szepter, mit den Zahlenangaben 3 und 4, deren Zuordnung nicht ganz sicher ist. 1 Was-Szepter aus Gold. 3 wr.t-Hk#.w-Geierinnen aus Gold.

36

Die Lesung ist problematisch; CAPART, Liste d’amulets, 17 Nr. 22 gibt und schlägt vor, intendiert, also die alternative Lautform dies in mtpn.t zu korrigieren. Möglicherweise war m#gsw, die neben b#gsw existiert.

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1 Uräenpaar aus Gold. 1 goldener Kragen mit zwei Köpfen als Enden. 1 goldener Kragen mit Scharnieren als Enden. 1 goldener Kragen anscheinend in Form des Ba-Vogels. 3 goldene Geierinnenkragen. 3 goldene Kragen in Form einer Schlange mit ausgebreiteten Flügeln. 1 Kragenpaar bestehend aus einer Geierin und einer Schlange mit ausgebreiteten Flügeln. 4 monX.t-Gegengewichte aus Gold. 1 goldener Ba-Vogel mit ausgebreiteten Flügeln. 1 goldenes Herz. 1 goldener Phallus mit Hoden. 1 goldenes Gefäß, eventuell für die Anch-imi-Pflanze. 1 goldenes sSp.t-Objekt, anscheinend zwei sich kreuzende Geraden. 3 goldene Djed-Pfeiler. 1 goldener hockender Gott mit Sonnenscheibe und Uräus. 1 goldene Geierin. 1 goldenes Tit-Amulett. 1 goldene Geierin, der Beschriftung nach ein Pektoral. 3 goldene Vögel mit ausgebreiteten Flügeln und Menschengesicht, der Beschriftung nach Geierinnen. 2 goldene Ba-Vögel mit menschlichem Gesicht und anliegenden Flügeln. 1 goldenes Papyrus-Amulett. 2 goldene große Perlen. 2 goldene Udjat-Augen. 2 goldene Abbilder der Ahet-Kuh. 2 goldene Szepter und Geißeln. 3 goldene Falken. 1 goldener Doppelstier – oder Doppellöwe? 1 goldener Bogen und 3 goldene Pfeile. 1 goldener Finger und 1 goldener Zeh (@bo n @r.t @bo (n) rô). 2 und 3 goldene Sandalen. 1 Abbild der Isis aus getriebenem Gold, es zeigt Isis, wie sie den Horusknaben stillt. 1 goldener Käfer. 1 goldenes Nefer-Zeichen. 1 goldener Vogel mit Widderkopf. 1 goldene Mumie mit Menschengesicht. 1 goldene Henu-Barke, also die des Sokar. 1 goldene Geierin. 1 goldener Spiegel. 1 goldenes Pektoral, das offenbar zumindest einen Djed-Pfeiler enthalten sollte. Ab hier fehlen die Namen und Zahlenangaben – offenbar hat der Schreiber seine Arbeit abgebrochen. Nur die Zeichnungen sind bis zu Ende ausgeführt. Man sieht in zwei weiteren Feldern Pektorale, dann einen goldenen Kragen, 1 goldene Schlange mit langem

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Schwanz, 1 Rücken-Zeichen, den Djed-Pfeiler zwischen zwei Pavianen, und zuletzt mutmaßlich ein Abbild der Neith. Dieses komplexe Ensemble gibt zu denken. Festhalten möchte ich zunächst die Elemente der Schlangen und Geierinnen, die ich bereits für die Pyramidentexte und Sargtexte besonders betont habe. Es kommen aber zahlreiche andere Einzelelemente verschiedener Herkunft hinzu. Von ihnen dürften manche, so der Djed-Pfeiler, das TitAmulett, das Papyrusamulett und die Ahet-Kuh, vermutlich auch die Kragen mit Falkenoder Geierkopf, aus der Tradition des Totenbuches und der Zusatzkapitel stammen. Die Vermischung der alten Ausstattungslisten mit Objekten dieser Herkunft wird sich gleichartig auch im Ex-Bonner Papyrus feststellen lassen. Auffällig ist vor allem die Normierung des Materials auf Gold, soweit überhaupt eine Angabe erfolgt, also in der großen Mehrzahl der Fälle. Dies betrifft auch Objekte, die ihrer praktischen Verwendung nach unmöglich daraus sein könnten, z.B. die beiden Beutel für Augenschminke. Daraus wird aber deutlich, daß die Liste in ihrer konkreten Ausführung eben doch eine Amulettliste ist, unbeschadet ihrer genetischen Herkunft aus den Objektfrisen. Man kann einen Funktionswandel in der Überlieferung feststellen. Was früher einmal eine Ausstattung mit real nutzbaren Objekten war, wird hier zu einer Symbolausstattung mit funktionsunfähigen Abbildern, die allenfalls magisch wirksam sein können. Ihr edles Metall Gold rückt sie in die göttliche Sphäre. Gleichzeitig korrespondiert es auf der Ebene der Realien damit, daß man insbesondere aus der Spätzeit tatsächlich zahlreiche Fälle kennt, in denen Amulette aus Goldfolie gearbeitet sind. Seltene Fälle, in denen man bereits im Neuen Reich in königlichem bzw. königsnahem Kontext derartige Objekte in Goldblech fassen kann, betreffen das Grab des Tutanchamun sowie Objekte aus der Bestattung des Apis III unter Ramses’ II.; letztere sind von der Größe her bereits miniaturisiert, also klar als Amulette definiert. Ich hoffe, daß ich damit auch ein konkretes Modell der Entwicklung aufbauen kann. Die Tradition der Objektfriese des Mittleren Reiches geht mutmaßlich auf königliche Vorlagen zurück – erkennbar etwa an der deutlichen Präsenz eigentlich rein pharaonischer Symbole wie Kronen und Szepter. Diese königliche Tradition ist als solche nur bedingt in den Opferszenen der Pyramidentexte zu fassen, am ausgedehntesten wohl bei der Königin Neith. Nach dem Mittleren Reich wird die Tradition zunächst nicht für Privatpersonen in dieser Form weitergeführt. Ich würde damit rechnen, daß sie in der Realität als Ausstattungssitte speziell für Osiris erhalten blieb, wobei die gegenüber echten Leichen geringe Größe der Osirisfigurinen (normalerweise eine Elle)37 die Miniaturisierung und damit Amulettisierung der Beigaben vorangetrieben haben dürfte. Das Wiederauftauchen im privaten Bereich in der Spätzeit stünde dann in derselben Entwicklungslinie wie zahlreiche andere Fälle, bei denen im Bestattungswesen dieser Zeit direkte Einwirkungen osirianischer Konzepte und Kompositionen festzustellen sind.38 Daneben kann man auch die ebenfalls faßbare Linie sehen, daß etwa in den Großgräbern der Saitenzeit zahlreiche Kompositionen als Dekoration auftauchen, die im Neuen Reich recht exklusiv königliches Privileg waren. In jedem Fall bedeutet dies, daß der Sinn der

37 38

Vgl. die Zusammenstellung erhaltener Artefakte bei CENTRONE, Corn-mummies, 8–108. Für einige Punkte s. QUACK, Grab und Grabausstattung, 597–629.

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Amulettausstattung wenigstens in der späten Zeit weniger in jedem individuellen Stück liegt, sondern mehr im Ensemble, das als altes Traditionsgut von hoher Dignität betrachtet wurde. Damit komme ich im Detail zum sogenannten Goldamulettetext auf einem spätzeitlichen Papyrus zeitweilig in Bonn.39 Bei ihm ist der absolute Anfang nicht erhalten, so daß der ursprüngliche Titel und die ersten Sprüche, vielleicht auch eine Vignette, fehlen. Die Mehrzahl der Amulette, insbesondere diejenigen mit kurzen Rezitationssprüchen, werden eingeführt, indem man auf eine Materialangabe die Objektangabe folgen läßt, also etwa „Gold, Amulett X“ – was in der Publikation meistens als „golden ist das Amulett X“ mißverstanden worden ist.40 Vom ersten Spruch ist am Anfang der ersten erhaltenen Seite nur noch das Ende erhalten; da dabei das Stichwort nms fällt (1,3), dürfte es um die Darreichung des Schweißtuches gehen (das auch bei Neith die Sequenz eröffnet; s. S. 269). Erstes Objekt, das konkret mit Namen erhalten ist, ist das Amulett sSm(.t) in Schlangengestalt aus Gold (1,5). Die Vignette auf der betreffenden Seite zeigt eine aufgebäumte geflügelte Schlange mit Menschenkopf, dahinter drei normale Uräusschlangen. Es folgen textlich wohl mehrere weitere Amulettsprüche, bei denen die Objektangaben ganz oder größtenteils verloren sind; in einem Fall ist ein Schlangendeterminativ noch erkennbar (1,6). Im weiteren Bereich ist der Text besser erhalten. Zunächst genannt wird das srQ-Hty.t-Amulett aus Gold in Schlangenform (2,1–2). Der Ritualspruch verzichtet darauf, diesen Namen explizit mit einem Beatmen der Kehle zu verbinden und begnügt sich mit der kurzen Formulierung „Nimm dir das einzelne Horusauge seines Leibes“. Nächstes Amulett ist ein schlangengestaltiges onX-nçr-Objekt aus Gold, das auf Idemi-Leinen aufgefädelt und an den Kopf gelegt werden soll (2,2–6). Sein Rezitationsspruch ist ziemlich lang und vereint Wortspiele, die eigentlich für das sSm.t-Amulett, das srQ-Hty.t-Amulett und das Nemes-Schweißtuch relevant sind. Eventuell einen eigenen Spruch erhält das Amulett wr.t-Hk#.w „die Zauberreiche“, ebenfalls in Schlangengestalt (3,1–2). Beim anschließend genannten srQ.t-Amulett (3,2–3) kann man zweifeln, ob es sich auf die Skorpionsgöttin Selket bezieht oder es sich (als Kurzform für srQ.t-Hty.t) um ein weiteres Schlangenamulett handelt. Die oben bereits aufgeführten Parallelen sprechen für letzteres. Definitiv kein Schlangenamulett ist aber das Bat-Amulett aus Gold, das wieder auf Idemi-Leinen aufgefädelt und an den Kopf gegeben werden soll, auch ein Halskragen wird noch erwähnt (3,3–4). Das schon vorher genannte onX-nçr-Amulett aus Gold wird jetzt nochmals mit einem viel kürzeren Spruch aufgeführt (3,4–6). Mit seiner Darstellung als aufgebäumte Uräusschlange dürfte die Vignette auf dieser Seite einsetzen, während eine Reihe vorangehender Amulette entweder keine Darstellungen erhalten haben oder diese auf dem heute verlorenen unteren Bereich des Papyrus angebracht waren. Bei allen diesen Amuletten ist der Spruch relativ kurz und indifferent, etwa „nimm dir das Horusauge, damit du mit ihm siehst“.

39 40

Vgl. S. 268 Anm. 1. Für die Korrektur s. QUACK, WdO 35, 196 mit Anm. 1; LIPPERT, Enchoria 29, 196.

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Ebenfalls aus Gold hergestellt wird das Djet-Amulett (3,6–4,1), das jedoch eine andere Schlangenform zeigt, nämlich eben die in der Haltung des Schriftzeichens für @. Mutmaßlich war sein Rezitationsspruch länger, wenn auch größtenteils im unteren Papyrusbereich verloren, denn die in der Vignette direkt dahinter abgebildete Geierin aus Gold erhält ihre Textpassage erst auf der nächsten Seite (4,1). Auch sie soll auf Idemi-Leinen aufgezogen und an den Kopf gegeben werden. Der Spruch ist kurz und operiert mit dem Wortspiel zwischen nr|.t „Geierin“ und nr+ „schaudern“. An dieser Stelle geht ein merklicher Bruch durch die Komposition. Die restlichen Objekte dieser Vignette werden erst erheblich später im Text thematisiert. Dafür gibt es hier eine weitere Vignette, nämlich die einer Nilpferdgöttin, die einen Rinderschenkel mit Kopf in der Art festhält, wie sie für das himmlische Nilpferd der astronomischen Decken typisch ist.41 Obgleich die Nilpferdgöttin sicher einer der wirklich häufigen Amulettypen in Ägypten ist, läßt sich im vorliegenden Papyrus kein Text ausmachen, mit dem sie plausibel verbunden sein kann – an sich ähnliche Gestalten kommen am ehesten als Vignette zu einem der Hügel in TB 149 vor. Stattdessen zeigt die Handschrift jetzt direkt hintereinander Spruch 100 und 129 des Totenbuches (4,2–6,1). Das mag überraschend erscheinen, da es sich um zwei fast identische Versionen desselben Textes handelt. Zumindest handelt es sich aber um eine Sequenz, die an sich in späten Totenbüchern öfter belegt ist, somit wohl auch direkt von dort übernommen wurde. Als Vignette befindet sich hinter beiden Sprüchen eine besonders große Zeichnung, die Thot und Isis in der Barke zeigt. Dies entspricht nur bedingt den üblichen Mustern. Von der Barke des Sonnengottes, in welcher der Verstorbene mitfährt, sind nur noch zwei Besatzungsmitglieder ohne Passagiere übriggeblieben. Die Nachschrift der beiden Sprüche, daß man nämlich die Zeichnung auf einem Papyrus anbringen soll, der auf die Brust gelegt wird, ohne den Leib zu berühren, wird mit kopiert, die Nutzensverheißungen aber abgekürzt, und zwar beim zweiten der beiden Sprüche mit dem expliziten Hinweis „gemäß der Ritualrolle“ (6,1), der in Ägypten öfters verwendet wird, wenn man nur den Anfangsteil eines anderswo greifbaren Textes aufschreibt.42 An dieser Stelle befindet sich eine Zwischenüberschrift im Papyrus, nämlich „Die Amulette aus Gold, die an die Kehle eines Verstorbenen gelegt werden“ (6,2) – in der Publikation irrig mit dem vorangehenden Vermerk zusammengezogen.43 Man kann annehmen, daß in der Praxis dieses Textes die Position der Amulette das wichtigste war, somit eine vordere Gruppe, die am Kopf plaziert werden sollte, von einer zweiten, am Hals befindlichen, abgetrennt wurde. Mit den nun folgenden Texten wird eindeutig die Bildfolge der zweiten Vignette des Papyrus fortgeführt, die durch die beiden Totenbuchsprüche auseinandergerissen worden ist. Dies dürfte darauf hindeuten, daß die Bildvorlage mit einem Textzustand korrespondiert, in dem die Kombination der kurzen Ausstattungssprüche und der Totenbuchkapitel zumindest noch nicht in dieser Ausführlichkeit vollzogen war.

41 Vgl. zu diesem Komplex VON LIEVEN, Himmel über Esna, 24–29 sowie ÉTIENNE, Curieux objet, 117–124; s. auch WALLIN, Celestial Cycles, 99 f. 42 Vgl. dazu VUILLEUMIER, Rituel osirien, 38–40; QUACK, Königsritual, in Vorbereitung. 43 Vgl. für die Korrektur QUACK, WdO 35, 196 mit Anm. 2.

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Als erstes Amulett dieser Gruppe findet sich ein goldenes Manchet, also das Gegengewicht eines Halskragens (6,2–4). Der Spruch operiert naheliegenderweise mit dem Verb onX „leben“, aber auch mit dem Besitz |X.t, der dauerhaft gehören soll. Unmittelbar danach folgt das Seschepet-Objekt aus Gold (6,4–7), das in Opferszenen generell gerne mit dem Manchet-Gegengewicht kombiniert wird. Es soll ebenfalls an den Hals gegeben werden. Nach Meinung etlicher Wissenschaftler stellt es eigentlich ein hellfarbenes Band dar.44 In der Handschrift erhält es jedoch das Tierfell-Determinativ – im pMacGregor hatte dasselbe Objekt die Form eines Kreuzes. Die Abfolge der Objekte in der Vignette würde eigentlich nahelegen, daß es sich um ein geiergestaltiges Objekt handelt. Nächstes Objekt ist jedenfalls eindeutig der Djedpfeiler (s. S. 197–200). Er wird mit dem Text von TB 155 verbunden, einschließlich der Nachschrift (7,1–3). Die Plazierung der Handlungsanweisung ans Ende des Abschnittes unterscheidet wieder einmal Sprüche mit Herkunft aus dem Totenbuch von solchen, die aus dem ursprünglichen Ausstattungsritual kommen. Auch der Djedpfeiler ist in derselben Vignette abgebildet. Es folgt das Menqeret-Amulett aus Gold, das auf einen Leinenfaden aufgezogen und an den Hals gegeben werden soll (7,3–7). Dabei handelt es sich eigentlich um einen sehr bekannten Amulettyp, nämlich das Schlangenkopfamulett. Mit der Zuordnung zu einer Vignette gibt es dabei aber Probleme. Die vorangehende Vignette zeigt den Djed-Pfeiler als letztes Amulett vollständig, weist jedoch noch geringe Reste auf, die eventuell zu einer weiteren Reihe von Amulettdarstellungen gehören. Direkt neben dem Spruch zum Menqeret-Amulett ist aber eine vollständige Schlange in der Haltung der Uräusschlange abgebildet, und dieses Bild kann sich kaum auf einen anderen Text beziehen. Demnach ist das Schlangenvorderteil bildlich offenbar auf die vollständige Schlangengestalt der übrigen Amulette des Textes umnormiert worden, wie es identisch auch in Dendara vorkommt (s.u.). Im Rezitationsspruch bezieht man sich vorrangig auf das heile Horusauge, das dem Ritualempfänger den Kopf anknüpfen und ihn gesund erhalten soll, sowie auch die Ausstattung als Gott. Der Spruch ist sonst noch im pBusca (Z. 400–406) belegt, jedoch nicht Teil der generellen Totenbuchtradition geworden. Dennoch muß man damit rechnen, daß er innerhalb des Goldamulettetextes aus Traditionen des Totenbuches schöpft. Nächster Spruch im Text ist TB 157 (8,1–2), der Spruch zum Kragen in Geiergestalt (vgl. S. 201). Die Vignette ebenso wie die Handlungsanweisung am Anfang des Spruches sind mit dem unteren Teil des Papyrus verlorengegangen. Vollständig erhalten ist jedoch der nächste Bereich (8,2–5). In ihm geht es um ein Udjat-Auge aus Gold, das auf (einen Faden aus) Idemi-Leinen aufgezogen und an den Hals gelegt wird, sowie ein weiteres, dessen Materialangabe verloren ist, das auf einen goldenen Faden aufgezogen sein soll. Der betreffende Spruch weist keine Verbindung zu den normalen Totenbuchsprüchen über das Udjat-Auge auf, sondern ist im Wesentlichen ein Reinigungsspruch. Auch er ist gleichartig, allerdings unter teilweise variierender Angabe des Objekts selbst und seines Materials, im pBusca belegt, daneben auch in zwei Totenbuchhandschriften der Dritten Zwischenzeit (pKairo CG 40027 und pBM EA 10988)45 sowie

44 45

Vgl. GOYON, Confirmation, 88 Anm. 37. LENZO MARCHESE, JAOS 125, 278 f.; LENZO, Formule.

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im Ritual zur Reinigung des Königs (s. S. 302). Die Vignette mit Darstellung eines goldenen Udjat-Auges steht direkt daneben. Eindeutig aus dem Totenbuch stammt der nächste Spruch, nämlich TB 89, der Spruch für den Ba-Vogel (8,5–9,6). Auch hier ist die passende Vignette danebengestellt. Entsprechend dem Befund im Totenbuch findet sich am Ende des Spruches die Nachschrift mit der Angabe, der Spruch solle über einem Ba-Vogel aus Gold rezitiert werden, eingelegt mit allen Edelsteinen, und an die Kehle des Verstorbenen gelegt. Anschließend wird TB 162 überliefert (9,7–11,6), also der recht komplexe Spruch, in dem es um die Ahet-Kuh geht (s. S. 204–206). Von ihrer Darstellung ist nur noch der Kopf mit Schulteransatz erkennbar, der zumindest ausreichend deutlich zeigt, daß die Göttin als Frau mit Kuhkopf, nicht etwa rein tiergestaltig, dargestellt war. Auch hier findet sich die Nachschrift mit Handlungsanweisung am Spruchende, entspricht also der Totenbuchanordnung. Sie wird jedoch vorzeitig abgebrochen. Als nächster Text wird der Spruch zum Papyrusamulett aus Feldspat gebracht (11,6– 7). Da fast nichts als der Titel erhalten ist, läßt sich nicht sicher erkennen, ob TB 159 oder 160 oder noch ein anderer Rezitationstext verwendet wurde. Die spärlichen Zeichenreste ließen sich wohl am ehesten zum Anfang von TB 160 ergänzen. Von der Vignette ist nur noch der oberste Teil des Papyrus übriggeblieben. Ohne erhaltene Vignette ist dagegen der nächste Spruch. Hier geht es um drei Papyrusamulette aus Gold (12,1– 2). Der Spruch lautet ganz kurz: „Osiris NN, nimm dir das Papyrusamulett, damit du damit heil bist, wie Horus damit heil war.“ Ebenfalls ohne erhaltene Vignette ist der nächste Abschnitt, betreffend ein Siat-Amulett aus Gold (12,2–3). Der Spruch betrifft die Öffnung der Augen. Er ließe sich allerdings bestenfalls mit sehr viel gutem Willen als Parallele zum Mundöffnungsritual Spruch 49 betrachten, wo es um den Sia-Stoffstreifen geht, während man vom Ensemble der Amulette und dem Material Gold her hier eher das vogelgestaltige Sat- oder SiatAmulett erwartet, wie es auf den Objektfriesen der Särge des Mittleren Reiches erscheint.46 Gleichfalls aus Gold gefertigt sein soll das Sistrum (sSS(.t)), das als nächstes Amulett auftritt (12,3–6). Der Rezitationsspruch lautet „Heil dir, Sistrum, mit dem Ihi Musik macht. Komm, daß du Schutz bewirkst für NN. Er ist Ihi, Sohn der Hathor. Wenn du heil bist, ist er heil, und umgekehrt.“ Dieser Spruch ist ein interessanter Beleg dafür, daß auch Musikinstrumente als Amulette zu verstehen sein können, und tatsächlich gibt es in Ägypten aus der Dritten Zwischenzeit und Spätzeit eine ganze Reihe von Sistren aus Fayence, die man nur als Votivgaben oder Amulette, aber nicht als funktionsfähige Musikinstrumente auffassen kann.47 Letzter Spruch in der Handschrift ist schließlich einer, der eine Statue des Ritualempfängers aus Christusdornholz (nbs) betrifft (12,6–7).48 Der Name soll auf sie geschrieben werden, dann wird sie auf Leinen aufgefädelt und an den Hals des Verstorbenen gegeben – dieser Passus ist in der Edition mißverstanden worden. Da der Rezitationstext

46

JEQUIER, Frises d’objets, 91–93. Vgl. z.B. HICKMAN, Instruments de musique, 85 f.92–103, Taf. LIX–LXX. 48 Für die Lesung s. QUACK, WdO 35, 197. 47

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völlig verloren ist, gibt es keine weiteren Anhaltspunkte für die Zuordnung. Jedenfalls gehört eine Menschenstatue nicht zum Normalbestand des Ausstattungsrituals, so daß man eher an eine Herkunft aus der Totenbuchtradition denken würde. In Frage kämen etwa Spruch 130, 136 oder 153, die über einer Statue des Verstorbenen zu rezitieren sind – allerdings ohne Materialangabe. In TB 134 soll die Statue des NN aus Pinienholz (oS) sein. In der ältesten Version des Uschebtispruches, nämlich Sargtext Spruch 472, wird Christusdornholz als eines der möglichen genannt (CT VI, 2j);49 im Totenbuch in Spruch 6 ist diese Nachschrift jedoch nicht tradiert worden. Damit muß eine gesicherte Zuweisung leider offen bleiben. Die Kombination von amulettrelevanten Totenbuchsprüchen mit Amuletten anderer Textherkunft sowie eine Reihe von Einzelsprüchen teilt diese Handschrift mit dem Papyrus Busca aus der Ramessidenzeit, dessen Textbestand ich deshalb wenigstens kurz vorführen möchte.50 Den ersten Teil, der sich im normalen Rahmen bewegt und keine besonderen Amulettexte aufweist, möchte ich dabei nicht eigens erwähnen. Interessant werden erst die Bereiche hinter Kapitel 146+149, mit dem viele Totenbuchhandschriften des Neuen Reiches schließen. Ab hier sind lauter Sprüche angeordnet, die für Amulette wichtig sind.51 Leider ist zu keinem eine Vignette erhalten. Am Anfang stehen die Kapitel 29B (Kol. 374–377) und 30B (Kol. 377–384), also die Sprüche für ein Herz aus shrt-Harz sowie für ein Herz aus Dolerit (n-mH=f). Dies sind eben die Sprüche, die realiter für herzförmige Amulette sowie den Herzskarabäus relevant sind. Es folgt Kapitel 155 (Kol. 384–387), das den Djedpfeiler aus Gold betrifft. Die Handschrift fügt daran noch einen anderen Spruch für einen Djedpfeiler aus Lapislazuli (Xsbô) an (Kol. 387–390), der in etwas modifizierter Form den Rezitationstext von TB Kapitel 151e aufgreift, in dem es um ein Djed-Amulett (allerdings aus Fayence) auf einem der magischen Ziegel im Grab geht.52 Die Fassung des Papyrus Busca kommt durch abweichende Lesarten zu einer Erwähnung der Abwehr des schlangengestaltigen feindlichen Dämons nH#-Hr „der mit grimmigem Gesicht“; auch in den sonstigen Versionen geht es um den Schutz des Osiris Wenennefer. Anschließend steht TB 156 (Kol. 390–393), also der Spruch für das Tit aus rotem Jaspis, der gerne mit dem für den Djedpfeiler verbunden ist. Es folgt TB 160 (Kol. 393–400), der Spruch für das Papyrusamulett aus Feldspat. Der nächste Spruch gehört nicht zum sonst bekannten Bestand des Totenbuches. Es geht um das Schlangenkopfamulett M(n)Qry.(t) (Kol. 400–406). Der Rezitationstext entspricht recht gut dem, der im Bonner Papyrus mit dem Goldamulettetext belegt ist. Es folgt der Spruch für den goldenen Geierkragen, TB 157 (Kol. 406–413), der sonst im Neuen Reich noch nicht zum Totenbuchbestand gehört (s. S. 201). Der anschließende Spruch für die Perle (swt) aus Karneol (Kol. 413–415) ist nie in den regulären Totenbuchbestand aufgenommen worden. Die Rezitationsformel ist ausgesprochen kurz und

49

WHELAN, Mere Scraps, 45. CHIAPPA, Papiro Busca; Neuedition CREVATIN, Libro dei morti. 51 CREVATIN, Libro dei morti, 46–52, 95–98.112–118. 52 LÜSCHER, Spruch 151, 180–183.262–266; vgl. THEIS, Magie und Raum, 561–564. 50

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beinhaltet vor allem, daß die Zaubermacht der Isis als Schutz des Papyrusinhabers dient; sie geht parallel zu einem Text, der real auf solchen Perlen graviert ist (s. S. 57). Dagegen ist der darauffolgende Spruch für die Kopfstütze (Kol. 416–424) im Neuen Reich als TB 166 (Naville) in den Handschriften belegt, wird später aber nicht in die saitische Rezension übernommen.53 Zumindest im Papyrus des Ani wird er mit anderen Amulettsprüchen zusammengebracht,54 so daß man ihn wohl auch als solchen werten könnte. Allerdings ist der primäre Faktor auch in dieser Handschrift wohl eher die Verbindung mit Spruch 151. Lediglich der Papyrus Busca bringt ihn zweifelsfrei und dezidiert mit weiteren Amulettsprüchen zusammen. Eine Berechtigung für das Verständnis als Amuletttext findet sich darin, daß er tatsächlich über einer Kopfstütze rezitiert werden soll und es auch eine konkrete Kopfstütze sowie mehrere miniaturisierte Kopfstützenamulette gibt, auf denen sein Text niedergeschrieben ist. Der Spruch ist in sich etwas heterogen. Zunächst geht es darum, daß Schwalben – oder etwa doch Tauben – den Ritualempfänger aufwecken sollen und seinen Kopf zum Horizont erheben. Hieran schließt sich als neues Motiv, bzw. als Entfaltung der Idee des Kopferhebens, eine Rechtfertigung und ein Triumph über Feinde an. Speziell Ptah gilt als derjenige, der die Feinde niederwirft – vielleicht als Handwerkergott, dem die Herstellung der Kopfstütze zugeschrieben wurde. Weiterhin treten Horus, Sohn der Hathor, die Feuergöttin Neseret und Anubis auf. Passend zur Kopfstütze erscheint auch die Aussage, der Kopf solle dem Ritualempfänger nach dem Abschneiden zurückerstattet und nicht von ihm fortgenommen werden. Die Entwicklung der Bedeutung aus dem Objekt ist schlüssig, wenn auch kaum im Sinne der Hauptmeinung moderner Forscher, die bei der Kopfstütze als zum Bett gehörigem Objekt gerne Ideen von Fruchtbarkeit und Wiedergeburt bzw. Zeugung eines Sohnes in das Objekt projizieren.55 Gelegentlich (besonders in der Spätzeit, s. S. 265) sind Kopfstützen in entfunktionalisierter Größe oder unangemessenem Material definitiv als Funeräramulette genutzt worden, dann z.B. aus dunklen Steinen, Hämatit oder sogar Eisen, wie bei Tutanchamun.56 Aber zurück zum Papyrus Busca. Bereits oben (S. 194) hatte ich erwähnt, daß es im pBusca einen Spruch für das Udjat-Auge (speziell aus Quarz oder Erz; b|#) gibt, der inhaltlich nichts mit TB 167 zu tun hat, wohl aber eine knappere Parallele im Goldamulettetext zeigt (Kol. 424–446). Wie schon erwähnt, handelt es sich inhaltlich im Wesentlichen um einen Reinigungsspruch. Im pBusca ist er spürbar länger als im Goldamulettetext. Eine noch ausführlichere Fassung findet sich im sogenannten Text der Reinigung Pharaos in einem memphitischen Tempel (s. S. 302). Als letzter Spruch der Handschrift

53

PERRAUD, Vorbemerkungen; DIES., Formules spécifiques. DONDELINGER, Papyrus Ani, 74, Taf. 33, wo nebeneinander TB 155, 156, 29B und 166 stehen. 55 So HÜTTNER, Mumienamulette, 45 und besonders intensiv ALTENMÜLLER, Zu Isis, 13–17; MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 326 betrachtet die Schutzfunktion für den Kopf gegenüber der Regeneration als zweitrangig. Vgl. HELLINCKS, Headrests, 89–95 sowie Sargtext Spruch 823 (CT VII, 23l– 24f), der zur Gabe der Kopfstütze rezitiert wird, und in dem es um Schutz vor dem Rauben des Herzens und dem Köpfen geht; vgl. EL-TAYEB SAYED, Spell 823. S. auch ROETEN, Loaves, 117–120.151. 56 MÜLLER-WINKLER, Objekt-Amulette, 327 f.332 f.; BROSCHAT U.A., Himmlisch, 9–10. 54

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(Kol 446–456) findet sich, wie schon erwähnt, ein Text, der nicht Teil der Totenbuchtradition geworden ist, aber aus Tempelritualen als Begleitspruch zum Darreichen eines Halskragens gut bekannt ist (s. S. 307). Schließlich ist auf die Ausprägung der hier mehrfach angesprochenen Amulett- und Ausstattungsgruppe in den Osiriskapellen von Dendera hinzuweisen (Dendara X, 202– 204, Taf. 98.127).57 Sie finden sich dort im Rahmen einer langen Abfolge von Göttern. Zumindest haben sie eine eigene Überschrift als „Götter des Kiosks“, durch die sie mit den Dendara X 32,6 gleichartig bezeichneten Gottheiten der Choiak-Prozession (Kol. 39) identifiziert werden können. Dargestellt sind zunächst sieben gleichartige aufgebäumte Schlangen, nämlich mQr.t, sSm.t-rmç.w, srQ.t, onX-nçr, wr.t-Hk#.w, @.t-nçr und nochmals mQr.t. Wenn man davon absieht, daß das Schlangenvorderteil mQr.t einerseits verdoppelt ist, andererseits ikonographisch an die vollständigen Schlangen angeglichen ist – wie schon im Bonner Papyrus – hat man also dasselbe Ensemble wie bereits in der Tradition der Objektfriese der MR-Särge. Es folgen vier Geierinnen, nämlich nr|.t „die Geierin“, ôm#[email protected] „die den Bogen bespannt“, |mn.t „die Verborgene“ und ô[email protected] „die Vereinigerin“. Abgesehen vom Wegfall der wr.t-Hk#.w ist dies genau das Ensemble, das bereits aus der Pyramide der Neith aus dem Alten Reich bekannt ist. Die Herkunft aus Ausstattungsopfern bzw. Objektfriesen zeigt sich schon darin, daß anschließend noch zwei vogelgestaltige Objekte kommen, dann ein Kopftuch, zwei Nemes-Gefäße und ein Sia-Stoff. Nach diesen mehr theoretischen und normativen Texten und Bildern kann man zum konkreten Niederschlag der betreffenden Amuletttradition in realen Funden übergehen. Ohne alle Fälle des Neuen Reiches behandeln zu können, seien doch einige Tendenzen aufgeführt. Die bereits erwähnte Darstellung im Grab des Sennefer (TT 96, s. S. 272) zeigt eine Amulettpräsentation, bei der neben dem aus dem Totenbuch stammenden Amulette Djed, Tit und Herzskarabäus auch das Schlangenvorderteil auftaucht, dessen Herkunft aus dem Ausstattungsritual sich nachvollziehen ließ.58 Innerhalb der Grabausstattung des Men-Cheper-Re-Seneb (TT 79) lassen sich als relevante Schmuckstücke und Amulette verschiedene Kragen erkennen, so ein breiter und ein Geier-Kragen, ein ovaler Anhänger an goldener Kette, Arm- und Fußreifen sowie ein Schlangenkopfamulett; von Gabenträgern präsentiert werden noch ein Anhänger in Herzform sowie einer in Pantherkopfform.59 Etwas ungewöhnlicher ist eine Darstellung im Grab des OnurisCha (TT 359).60 Dort ist ein großer Skarabäus dargestellt, dessen Vorderbeine wie Steinbockhörner stilisiert sind, und der an einer mehrreihigen Halskette befestigt ist. Der Text dazu gibt den Titel von TB 76 „Spruch, um in jeder Gestalt zu erscheinen, die du wünschst“, der sonst nicht üblicherweise mit einer Amulettvignette versehen ist.

57

Vgl. CAUVILLE, Chapelles osiriennes – commentaire, 100. Katalog Sen-nefer, 47 (vgl. 51, dort das Schlangenkopfamulett irrig als Phallus aufgefaßt; s. o. S. 275 Anm. 21). 59 GUKSCH, Nachtmin, 163 f.166, Taf. 40.43a. 60 CANNUYER, Entre cancer et capricorne; DERS., Curieux scarabée; CHERPION, CORTEGGIANI, Inherkhâouy, Vol. 1, 95–97; Vol. 2, 49.57. 58

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Ein Paradebeispiel für die Umsetzung von Amulettkonzepten ist aber sicher die Grabausstattung des Tutanchamun, die den Vorteil hat, gleichzeitig sehr üppig und in den Details der Positionierung sehr gut dokumentiert zu sein. Nur mit einer wirklich angemessenen vollständigen und detaillierten Publikation hapert es noch. Zumindest sind Carters Vorberichte ausführlich genug, um einige relevante Objekte herauszugreifen.61 Ein zusammengedrehtes Band aus Pflanzenfasern, das auf dem Kopf saß, könnte eventuell mit dem Seschepet-Objekt zu identifizieren sein; in jedem Fall ist das Gegengewicht präsent. Unter dem Kopf befand sich eine amuletthaft kleine Kopfstütze aus Eisen. Um den Hals hingen zahlreiche Objekte, die üblicherweise mit Goldfäden befestigt waren. In der obersten Lage befand sich ein Falkenkragen. Die zweite wies etliche Amulette auf, nämlich ein Tit-Zeichen aus rotem Jaspis, einen goldenen Djedpfeiler mit Inschrift, ein Papyrusszepter aus grünem Feldspat sowie einen goldenen Djedpfeiler mit Fayenceeinlagen. In der dritten Lage fand sich eine Schlange in Djet-Haltung sowie zwei etwas bizarre Objekte, die für mich am ehesten nach stilisierten Federn aussehen. Die vierte Schicht zeigte vorrangig Götterbilder, nämlich einen Thot aus grünem Feldspat, einen Horus aus Lapislazuli, einen Anubis aus grünem Feldspat, dazu noch einen Schlangenkopf aus rotem Karneol und ein Papyrusamulett aus grünem Feldspat. Die fünfte Lage bestand aus lauter Objekten aus getriebenem Gold. Es gab eine menschenköpfige Schlange mit ausgebreiteten Flügeln, eine doppelte Uräusschlange und eine einzelne Schlange, zudem noch fünf Geierinnen in zwei verschiedenen Haltungsposen. Insbesondere hier ist der Bezug auf die Tradition des Ausstattungsrituals und des Goldamulettetextes sehr spürbar. Unter Einschluß der Djet-Schlange aus der vorherigen Lage hätte man die fünf Schlangen und fünf Geierinnen der alten Vorbilder exakt beisammen. In der letzten Lage gab es noch ein eng anliegendes vierreihiges Perlenhalsband. Zudem erwähnt Carter, er habe bei den Amuletten und Symbolen des Tutanchamun auch Reste eines kleinen Papyrus gefunden, der leider zu vergangen für eine Konservierung gewesen sei; er habe aber Götternamen wie Isis und Osiris entziffern können. Ich würde in Erwägung ziehen, daß es sich hier um einen um den Hals getragenen Amulettpapyrus handelt, eventuell mit einem Einzelspruch des Totenbuches. Auf der Brust trug Tutanchamun verschiedene Kragen, die als Geier, Falken und Schlangen stilisiert waren, daneben auch Pektorale. Zu bemerken sind zwei stilisierte Knotenzeichen aus Gold und andere Objekte merkwürdiger Form und unsicherer Funktion. Neben der Hüfte befand sich eine Schwalbe aus Karneol mit einer Sonnenscheibe daran, mutmaßlich ein Objekt, das dem s(|)#.t-Amulett entspricht.62 Ohne daß ich dies in allen Einzelheiten traktieren will, dürfte doch nachvollziehbar sein, wie sehr wir hier Ausstattungstraditionen fassen können, die in derselben Entwicklungslinie wie der pMacGregor und der Goldamulettetext stehen – und damit ist ein kohärentes Verständnis möglich, das es auch erlaubt, bisherige Forschungstheorien zu modifizieren.

61 62

CARTER, Tut=ench=Amun, Band 2, 160–190. HELLINCKX, Carnelian Swallow.

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Für die Amulette des Tutanchamun hat Žabkar spezifisch versucht, sie mit Verwandlungssprüchen des Totenbuches zu korrelieren.63 Ich halte seinen Ansatz gerade angesichts der inzwischen vorliegenden Dokumentation für nicht tragfähig. Ein Kernproblem ist, daß er sich für jede dargestellte Tiergestalt irgendeine passende Passage aus den Totentexten, sei es Sargtexte oder Totenbuch heraussucht, statt einen systematisch kohärenten Versuch einer Gesamtkorrelation zu machen. Mit genügend Geduld und etwas Großzügigkeit findet man dann natürlich immer Sprüche, die sich im intendierten Sinn deuten lassen, bei genauem Hinschauen ergeben sich aber deutliche Probleme. Um nur ein Beispiel zu bringen, hat Žabkar im Rahmen seiner Theorie die goldene Kobra in Djet-Haltung bei Tutanchamun mit dem Spruch TB 87 verbunden, zu einer Schlange zu werden. Diese Schlange wird aber im Text des Totenbuches als s#-t# bezeichnet und hat eine ganz andere Ikonographie. Ein anderer Fall, der eine Aufarbeitung lohnt, ist die Schwalbe aus Karneol, die er im Sinne des Totenbuchspruches 86 zur Verwandlung in eine Schwalbe deuten will.64 Neue Untersuchungen haben jedoch gezeigt, daß es sich bei ihr vielmehr um ein spezifisches Trachtelement einer unterägyptischen Königstracht handelt und zudem die Schwalbe der Totenbuchvignetten üblicherweise eine andere Farbe und Körperhaltung hat.65 Zu bemerken ist auch ein Fundensemble von drei Geieramuletten (zwei hockend, eines mit ausgebreiteten Flügeln) sowie zwei Uräen aus Elektron, die im Grab des ApisStieres III aus der 19. Dynastie gefunden wurden.66 Sie sind in ihren Proportionen (weniger als 3 cm hoch) bereits miniaturisiert, somit auf die Ebene von Amuletten gebracht. Auch hier dürfte die Verbindung zur Tradition des Goldamulettetextes deutlich sein. Bemerkt sei dabei, daß diese Bestattung auch ein Amulett in Gestalt des Thot aus blauer Fayence sowie eines des Horus aus Lapislazuli enthielt,67 somit (ähnlich wie bereits Tutanchamun) wie ein Vorläufer spätzeitlicher Bestattungsbräuche wirkt, in denen gerade Horus und Thot gerne gemeinsam am Hals des Verstorbenen erscheinen (s. S. 258). Zahlreich sind dann Fälle der Spätzeit, in denen meist dünn aus Gold gefertigte Amulette auftauchen, die den Traditionen des Goldamulettetextes oder des pMacGregor na-

63

ŽABKAR, Transformation Spells. Ähnliche Erklärungen für einzelne Objekte durch eine Verbindung zu Totenbuchsprüchen suchen auch KURTH, Prunkohrring; BEINLICH, Totenbuch bei Tutanchamun. Vgl. auch WILKINSON, Jewellery, 338–341, welche Pektorale mit Falken oder Geiern ebenfalls mit Transformationssprüchen (allerdings vorrangig aus den Pyramidentexten) zusammenbringen will. 64 Akzeptiert auch von GRIMM, Sonnenlauf und Vogelflug. 65 PATCH, “Lower Egyptian” Costume; DOLINSKA, Birds, 48–50. Vgl. zusätzlich die Erwähnung einer Schwalbe – allerdings aus Lapislazuli – im pBerlin P 6750, x+9,4 im Zusammenhang von Königsinsignien, s. WIDMER, Resurrection, 117.275. 66 MARIETTE, Sérapéum, Taf. 11; DESTI, Dieux, 73 f.; GOMBERT-MEURICE, Amulettes, 110 f. 67 MARIETTE, Sérapéum, Taf. 11; DESTI, Dieux, 75; GOMBERT-MEURICE, Amulettes, 108 f.

11 Von den Pyramidentexten über die Objektfriese bis zum Goldamulettetext

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hestehen. In vielen Fällen sind allerdings nur summarische Beschreibungen und entweder keine oder indiskutabel schlechte Photographien verfügbar.68 Schon in den Königsgräbern von Tanis lassen sich manche Objekte diesem Komplex zuweisen.69 Unter den spätzeitlichen Grabfunden möchte ich nur einige herausgreifen, die Bezüge aufweisen. Zunächst erwähnt sei ein größerer Grabfund, der im Februar 1902 in Mendes gemacht wurde. Es handelt sich dabei vor allem um Funde aus einem noch unberaubten Grab (daneben möglicherweise um Reste von Blattgold aus einem weiteren); die Goldobjekte befanden sich direkt am Körper.70 Heute sind die Objekte als Kairo CG 53464–53540 inventarisiert.71 Hier erkennt man neben anderen Stücken aus Stein auch viele Amulette aus Goldfolie, unter denen sich einige der im Verlauf dieses Kapitels behandelten Bildtypen klar wiedererkennen lassen. Dabei ist der Phallus, wie ihn der pMacGregor vorschreibt, dreidimensional aus Gold gearbeitet. Ebenfalls sehr einschlägig ist ein Amulettkomplex aus dem Grab das Padineith in Saqqara (späte 26. Dynastie), der 1901 aufgefunden wurde, heute Kairo CG 53541– 53558 u. 53607–53638.72 Hier sind zahlreiche Stücke aus Goldblech gearbeitet, diesmal ist auch der Phallus flach dargestellt. Es gibt eine Djed-Schlange, einen geflügelten Uräus, eine liegende Kuh; Hathor, zwei Halskragen, einen Djedpfeiler, einen Geier,73 einen Bock, einen Bavogel, Krummstab und Geißel, ein Udjat-Auge, einen Schlangenkopf und eine fliegende Geierin. Etliche der Objekte dürften spezifischer in der Tradition des Goldamulettetextes stehen. Weiterhin sei das Grab des Tjainahebu in Saqqara aufgeführt.74 Dieses war ungestört und weist zahlreiche Amulette auf. Zur Erinnerung sei darauf hingewiesen, daß es darin auch eine bemalte Schale mit einer Barkenmannschaft gibt, wie sie für die Barkensprüche des Totenbuches typisch ist (s. S. 186–187). Um den Hals trug der Grabinhaber einen Kragen, an dem etliche Amulette befestigt waren, und diese stehen erneut in der Tradition des Goldamulettetextes und des pMacGregor. Ein kleiner Falkenkragen ist mit dem Text von TB 158 beschriftet, eine Plakette mit Geierdarstellung mit dem Text von TB 157.75 Als besonders schlagende Parallelen zur Liste des pMacGregor möchte ich

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Vgl. etwa CHABAN, Fouilles Saqqara, 214. Vgl. etwa MONTET, Tanis II, 147–148, Taf. CXII.CXIX = LE GUILLOUX, Psousennès Ier, 140– 141.155.331–334 (Schlangenkopf und Geierinnen sowie Schlangen). Ähnlich aus dem Grab des Prinzen Scheschonq in Memphis JURMAN, Memphis, 777, Taf. 168. 70 Vgl. QUIBELL, ASAE 3, 245–249; s. DE MEULENAERE, MACKAY, Mendes II, 15 f.; 18 Anm. 15. 71 VERNIER, Bijoux er orfèvreries, Band I, 457–468, Band II, Taf. LXXXVII. 72 BARSANTI, Péténéîth, 102–103; VERNIER, Bijoux et orfèvreries, Band I, 468–477, Band II, Taf. XCIV. 73 BARSANTI, Péténéîth, 102 will diese Gestalt als die Göttin Mut deuten, was vor dem Hintergrund der Gesamttradition nicht zutrifft. 74 BRESCIANI, PERNIGOTTI, GIANGERI SILVIS, Ciennehebu, 67–95, Taf. XXX–XL.LX–LXIII. NAI, Beads, 135 will auch dieses Ensemble in die 30. Dynastie datieren. Vgl. dagegen BRESCIANI, PERNIGOTTI, GIANGERI SILVIS, Ciennehebu, 18 f., die ihn unter Amasis ansetzen; ebenso GESTERMANN, Überlieferung, 78 f. 75 MASPERO, Sur les bijoux, 2–3 (wo, wie das Photo eindeutig zeigt, die Zuordnung der Texte zu den jeweiligen Objekten verwechselt ist); SHORTER, Funerary Amulets, 175. 69

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zwei Objekte herausgreifen. Zum einen gibt es in Gold das kleine, aber sorgfältig gearbeitete Abbild der Barke des Sokar, zum anderen ist ein Djedpfeiler zwischen adorierenden Affen erhalten – beides Typen, die so in der Liste vorhanden waren, realiter aber nicht allzu häufig sind. Einschlägig ist auch das Grab des Wahibremen bei der Userkafpyramide in Saqqara.76 Präsent sind dort ein Schlangenkopf, eine Djed-Schlange, drei Uräusschlangen, ein Szepter, eine Geißel, ein Djed-Pfeiler, ein Udjat-Auge, ein Pektoral, ein Ba-Vogel, drei Geierinnen, drei verschiedenartige Halskragen, ein Gegengewicht, ein Käfer, und ein Tit-Amulett. Bemerkenswert, aber nur schlecht vorgelegt ist der Amulettbestand der Mumie des Harudja, die Petrie in Hawara ausgegraben hat.77 Amulette aus Gold, die zum Gutteil in der Tradition des Goldamulettetextes stehen, fanden sich insbesondere im obersten Brustbereich. Einschlägig sind zwei Papyrusamulette, eine Darstellung der kuhköpfigen Hathor, zwei Gefäße mit Verschnürung, ein stehender Geier, ein stehender und ein fliegender Ba-Vogel, ein Djed-Zeichen, ein fliegender Geier, zwei Halskragen, ein Herzamulett und eine Schwalbe78 (CG 12947–12956.12959–12964). Nicht unumstritten ist die genaue Datierung dieser Bestattung.79 Auch im ptolemäerzeitlichen Grab des Harchebi in Saqqara gab es entsprechende Objekte von höchstens einem Zentimeter Größe aus Gold, teils ziseliert, meist als Goldfolie.80 Vorhanden waren vier stehende und zwei fliegende Geierinnen, ein Uräus, eine Djet-Schlange, ein Schlangenkopf, eine sitzende Figur des Re, ein Herz, ein Phallus, zwei Djed-Pfeiler, ein Tit-Symbol, ein Gegengewicht, zwei Halskragen, ein Objekt, das Daressy als Dolch mit Teil des Gürtels deutet,81 sowie eine Art Andreaskreuz82. Hingewiesen sei ferner auf ein goldenes Menqeret-Amulett unbekannter Herkunft und Datierung im Museum Leiden (L.V.63-e).83 Archäologisch bezeugt ist auch ein

76

LAUER, Tombes jumelées, 483, Taf. XV 2. PETRIE, Kahun, 20; leider ohne adäquate Bilddokumentation. Sehr unzureichende Photos bei VERNIER, Bijoux, Taf. XCIII. Kurze Beschreibungen REISNER¸ Amulets II, 51–77, Taf. XII.XXVI– XXVIII (Kairo CG 12916–13100). 78 REISNER¸ Amulets II, 58 bezeichnet den Vogel als Falken, die Form des Körpers ebenso wie die Parallele bei Tutanchamun scheinen mir aber eher für eine Schwalbe zu sprechen. 79 NAI, Beads, 134–135 spricht sich für eine Datierung in die 30. Dynastie aus und sieht sich dabei auf der Seite von PETRIE, Hawara, 8 f. gegen dessen spätere Darstellung (26. Dynastie) in PETRIE, Kahun, 18–20; DERS., Seventy Years in Archaeology, 96. 80 DARESSY, Hor-Kheb, 81, leider ohne Abbildung. 81 Auch wenn Dolche sonst im Rahmen spätzeitlicher Amulette dieser Goldtradition nicht belegt sind, läßt sich ihre Präsenz durchaus mit der Präsenz von Dolchen in den Objektfrisen des Mittleren Reiches zusammenbringen, s. JEQUIER, Frises d’objets, 195–200. 82 Sofern man die Herkunft wesentlicher Elemente dieses Amulettbestandes aus den Objektfrisen der Särge des Mittleren Reiches akzeptiert, kämen als Vorbild insbesondere gekreuzte Pfeile in Frage, s. JEQUIER, Frises d’objets, 214–216. Vgl. aber auch die ähnliche Abbildung zweier sich kreuzender Geraden im pMacGregor, die als sSp.t bezeichnet wird (s. S. 276). 83 BULSINK, Gold Jewellery, 146. 77

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Halsband mit Lapislazuliperlen und goldenen Amuletten,84 bei dem aber der Fundkontext unbekannt ist und auch unsicher bleibt, ob das Ensemble vollständig ist (vermutlich nicht) und das Arrangement ursprüngliche Positionen wiedergibt oder rein willkürlich ist (letzteres ist wahrscheinlich). Als flache Goldobjekte erhalten sind drei aufgebäumte Kobras, eine Djet-Schlange, zwei Geierinnen, ein Ba-Vogel, ein Krummstab, eine Geißel, ein Schlangenkopf (mnQr.t), ein Djed-Pfeiler, ein Halskragen, ein Gegengewicht (monX.t), ein Udjat-Auge und ein Pektoral. Vermutlich zu einem ähnlichen Ensemble gehören sechs flache Anhänger heute in Leiden (AO 1rr; Abb. 104).85 Von ihnen zeigt eines Schriftzeichen, die wohl als @ô môw „Rezitation“ zu deuten sind, die anderen eine aufgebäumte zusammengerollte Kobra, eine Geierin mit Geißel, einen Djed-Pfeiler, ein Udjat-Auge sowie ein unklares Objekt, vielleicht einen Kasten, vielleicht auch einen Sockel. Aus dem Grab des Gemenefhorbak in Abusir stammt ebenfalls eine Gruppe von Amuletten in Goldblech.86 Dort gibt es einen breiten Halskragen, einen Djedpfeiler und ein Tit-Zeichen, ein Papyrusamulett, ein Herz, eine aufgebäumte Uräusschlange, eine Geierin mit ausgebreiteten Flügeln, ein Armband, ein Udjat-Auge und eine göttliche Kuh (wohl mit Bezug zu TB 162). Objekte aus sehr dünnem Goldblech, die aus Saqqara stammen sollen, gibt es auch in Kairo (CG 53695–53731).87 Neben den üblichen Bestandteilen der Tradition der Goldamulette sind hier auch die Horuskinder, Neith, Chons, die Sonne im Horizont und sogar eine sitzende Katze in diese Materialität transponiert worden, die in der Spätzeit sonst aus Fayence oder Stein hergestellt werden. Möglicherweise in derselben Tradition steht auch ein Halsband mit vergoldeten Holzamuletten in Wiesbaden.88 Folgende Objekte sind vorhanden: Möglicherweise eine offene Textilschlaufe (teilweise abgebrochen), möglicherweise ein textiler Knoten (ç#s), eine Uräusschlange, ein elaborierter Kragen mit elf Reihen, ein breiter Halskragen mit sechs Reihen, eine geflügelte Schlange mit ausgebreiteten Flügeln, ein Tit-Amulett, ein Herzamulett, eine Göttin (vermutlich Nephthys), ein geflügelter Ba-Vogel, ein Halskragen mit Falkenköpfen, ein unklares Objekt (künstlicher Bart oder Kragen?), ein ebenfalls unklares rechteckiges Objekt mit Ösen in allen vier Ecken, im Zentrum eng senkrecht schraffiert, ein Papyrusamulett, eine aufgerichtete Schlange mit oben einer Einrollung, sowie ein Herrschaftszeichen. Vergleichbare Objekte aus vergoldetem Holz gibt es auch im Ägyptischen Museum Turin.89 Bislang in Abbildung vorgelegt worden sind ein Gegengewicht und ein Halskragen.

84

BIANCHI, Ancient Egypt, Art & Magic, 152 f. Der dort gegebene Hinweis auf ANDREWS, Mummies, 31 Abb. 31 (wo tatsächlich nur ein spätzeitliches Totenbuch mit den Amulettsprüchen TB 154– 160 geboten wird) hilft wissenschaftlich nicht weiter und übergeht weitaus einschlägigere Objekte. 85 BULSINK, Gold Jewellery, 183 f. 86 VERNER, Poklady z písku, 186 f.; BAREŠ, SMOLÁRIKOVÁ, Iufaa I, 159.162.310. 87 VERNIER, Bijoux, 485–487. 88 Erwähnt von WIEDEMANN, Hieratische Texte, 9. Annika Potzgalski hat mir eine Ansicht des Originals ermöglicht. 89 CONNOR, FACCHETTI, Amuleti, 206 f.210 f.

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Mutmaßlich von einer derartigen Ausstattung stammt auch ein Ensemble von Amuletten, das sich in Wien befindet (KH ÄS 3402–3457).90 Sie sind teilweise aus Wachs, teilweise aus Holz, teilweise auch aus Stein hergestellt. Es gibt mehrere Udjat-Augen, Schlangen, Geier, Ba-Vögel, ein Herzamulett, eine Sonnenscheibe, ein Menit, ein Gegengewicht, einen Falkenkragen, zwei lange Kragen,91 mehrere Papyrusamulette, ein Djed-Pfeiler, ein Tit-Amulett, eine Kombination eines Lebenszeichens mit zwei WasSzeptern auf einem Korb, Horussöhne, Isis, Nephthys, zwei Schreine, davon einen mit einer Sonnenbarke. Das typologische Ende der Entwicklung im Material Gold ist dann erreicht, wenn man die Amulette überhaupt nicht mehr als jeweils individuelle Objekte ausgestaltet, sondern als Gravuren in einem Goldblech mehrere nebeneinandersetzt – so bei einem Objekt aus dem British Museum (EA 14380; Abb. 105).92 Es zeigt im obersten Register fünf Geierinnen, eine Beutelperücke und ein Herz, im mittleren einen breiten Kragen, eine Djet-Schlange über Birnen- und Tellerkeule, ein Szepter und eine Geißel, ein Menit über einem Udjat-Auge, ein Gegengewicht und ein Papyrusszepter, im untersten einen Djed-Pfeiler und ein Tit-Zeichen, eine Röhrenperle (?), eine Kuh, ein Sistrum, einen Uräus und ein Was-Szepter. Ein anderer Goldstreifen, der sich heute in Leiden befindet (AO 1n; Abb. 106), zeigt zwei hockende Gottheiten, Djed-Pfeiler, Tit-Symbol, vier Geierinnen, vier UräusSchlangen, einen Skarabäus, vermutlich ein Schlangenkopf-Amulett, ein Gegengewicht, ein Herz über einem Udjat-Auge, zwei Halskragen und eine Barke.93 Im Museum Kairo gibt es zwei Goldstreifen (CG 53742), von denen der erste ein Udjat-Auge sowie einen Djed-Pfeiler zwischen zwei Göttinnen (Isis und Nephthys?) zeigt, der zweite eine sitzende Katze, ein Herz, einen Kragen und einen fliegenden Geier.94 Schließlich ist mutmaßlich noch ein letzter Schritt der Adaptation in einem anderen Material zu beobachten. Vorrangig aus der Ptolemäerzeit stammen Leinenamulette, die Zeichnungen von Objekten zeigen, von denen viele ersichtlich in die hier skizzierten Entwicklungslinien gehören (s. S. 319). Insgesamt kann man sehen, wie bei einer im genauen Bestand variablen Objektgruppe doch ähnliche Traditionen der Ausstattung beobachtbar sind, wobei reale gefundene Artefakte und theoretische Handbücher korrelierbar sind. Insbesondere ist erkennbar, wie Amulette der Totenbuchtradition, umgesetzt in Gold als einheitliches Material, mit Objekten aus der Tradition königlicher Ausstattungsrituale zusammenkommen und dabei ein kohärentes neues Ganzes geschaffen wird.

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HÜTTNER, Mumienamulette, 77–85.211–216, Taf. 58–59. Von HÜTTNER, Mumienamulette, 78.216 m.E. zu Unrecht als Zunge identifiziert. 92 ANDREWS, Jewellery, 198; DIES., Amulets, 21 Abb. 16b. 93 BULSINK, Gold Jewellery, 182. 94 VERNIER, Bijoux, 491. 91

12 Königliche Amulettrituale Ein ausgesprochen spannendes Königsritual findet sich im pBrooklyn 47.218.50, der aus der Spätzeit stammt, aber nach seiner auffallend klassischen Sprache fast sicher auf ältere Vorlagen zurückgeht.1 Es ist von seinem Herausgeber Jean-Claude Goyon als Neujahrsritual bestimmt worden, was ich so nicht mitmachen möchte. Tatsächlich handelt es sich, hält man sich an die realen Formulierungen der Zwischenüberschriften des Textes, um eine Kombination zweier Handbücher. Das erste betrifft ein Zeremoniell, das beim Erwachen des Königs bei allen Festen der Erde durchzuführen ist – dies sind solche, die im bürgerlichen Kalender fest verortete Termine haben. Es ist ein morgendliches Reinigungs-, Ankleidungs- und Ausstattungsritual. Dabei finden sich auch Episoden, die für das Thema der Amulette relevant sind. Zunächst zu nennen ist eine Szene, die explizit als „Knoten der Amulette des großen Platzes an den Hals des Königs durch den Wer-hua-Priester“ bezeichnet wird (1,8–9). Demnach sollen dreißig weiße und dreißig rote Kronen und zwischen ihnen ein Abbild des Ptah mit Schreibertinte auf eine Binde (sSô) aus Idemi-Leinen gezeichnet werden und an den Hals des Königs gegeben werden, zudem noch 60 Knoten. Offenbar wird für jede Krone ein Knoten gemacht; insgesamt bewegt man sich im bereits vertrauten Bereich von Amulettzeichnungen auf Leinenstreifen, die sehr oft auch noch zusammengezwirnt und verknotet werden (s. Kapitel 6.1). Die Zahl von zweimal dreißig Kronen könnte ein Hinweis darauf sein, daß ein Bezug zu den dreißig Tagen des Monats gesucht wird. Als nächstes, direkt anschließend, werden ein Anch- und ein Was-Zeichen aus Fayence gebracht (1,9–15). Im relativ langen Rezitationstext geht es um die freudige Reaktion der Götter darauf, daß Horus das Herrscheramt seines Vaters erhält. Speziell wird Isis aufgefordert, für Pharao wie für ihren Sohn Horus zu sorgen. Es folgt die Darbringung des königlichen Stirnbandes (1,15), und direkt danach des Seschepet-Objektes (1,16–17), das auch im Goldamulettetext mit demselben Rezitationstext vorkommt (s. S. 280). In der vorliegenden Handschrift hat es das Determinativ des Gabelstockes. Schließlich kommt das Manchet (1,17–2,1), also das Gegengewicht, das im Goldamulettetext direkt vor dem Seschepet steht. Der Rezitationstext im Brooklyner Papyrus weicht allerdings von dem des Goldamulettetextes deutlich ab; er konzentriert sich auf ein Wortspiel mit onX „leben“. Die nach diesen Objektpräsentationen folgenden Darreichungen verschiedener Salben und Puder möchte ich nicht mehr als relevant für das Thema der Amulette betrachten,2 ebenso die anschließenden Opferlitaneien.

1

GOYON, Confirmation; Neubearbeitung durch QUACK, Königsritual in Vorbereitung. Angemerkt sei immerhin, daß sie sich möglicherweise mit den Rezepturen berühren, die in der narrativen Einleitung der Lehre des Chascheschonqy im pCarlsberg 304 genannt werden, s. S. 301. 2

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Einschlägiger ist dagegen der zweite Hauptteil des Papyrus. Er ist betitelt als „Die Rituale der Anbetung des Horus, Festsetzen des Erbes.“ (16,1) Als erstes Objekt wird ein Stern aus echtem Lapislazuli genannt, dem Brot und Bier geopfert und der danach an die Kehle des Königs gelegt wird. Hierzu gibt es einen längeren Rezitationstext (16,1–5) darüber, daß Horus im Horizont erschienen ist und die Götter bei seinem Anblick jubeln. Etliche Parallelversionen sind aus späten Tempeln bekannt. Bezeichnend für die auf Gegenständlichkeit und Eingängigkeit zielende Ritualinszenierung in Ägypten ist, wie anschließend mit dem Zeichen für |#w.t „Amt“ umgegangen wird (16,6–7). Zum einen wird es mit Myrrhe auf die Hand des Königs gezeichnet und aufgeleckt, zum anderen erhält er ein solches aus Brot, das er aufißt, ohne einem anderen davon abzugeben. Damit kann er sich somit das Amt, also die Herrschaft über Ägypten, sichtbarlich einverleiben.3 Die weitere relativ komplexe Ritualhandlung enthält so viele für Amulette einschlägige Passagen, daß ich sie insgesamt vorstellen möchte. Sie spielt sich während der Epagomenentage in einem speziellen Schrein ab (16,7–8). Dort soll es auch eine Erdgrube geben, in die man den Oberschenkel eines männlichen Rindes sowie einige Holzund Fayenceobjekte steckt, um sie dann mit Schlamm zu verschließen (16,8–9). Zudem sollen Figuren der Götter des Skriptoriums aus Ton gemacht werden, nämlich sieben Tiere: Ein Falke, ein Krokodil, ein Ibis, ein Pavian, ein Geier, ein Reiher und ein Bock, die alle beopfert werden (16,9–11).4 Anschließend heißt es etwas knapp, daß alle Amulette des Schutzes des Jahres dem König an den Hals gegeben werden (16,11). Eventuell handelt es sich dabei um Leinenstreifen in der Art derer, die im pLeiden I 346 angeordnet und in ähnlicher Form auch real belegt sind (s. S. 107). Ein Falke aus Fayence soll geküßt, eine Biene aus Fayence an die Hand gegeben werden (16,11–12). Derartige Objekte sind als reale Amulette bereits aus der Typenfront des späten Alten Reiches und der Ersten Zwischenzeit bekannt (s. S. 52–53). Ein Heqat-Szepter aus Christusdornholz soll unter den Kopf des Königs gegeben werden, wenn er schläft (16,12). Der Oberschenkel eines Rindes wird in einer speziellen heiligen Kammer bestattet (16,12) – dabei ist für das Ritualverständnis wichtig, daß das Wort „Oberschenkel“ auf Ägyptisch |wo.t lautet, damit aber sehr ähnlich wie das für „Erbe“ – und um die Sicherung des Erbes geht es ja gerade. Zwei Siegelringe aus Holz mit Gravur werden hergestellt (16,12–13). Auf beiden ist der Name des Geb eingraviert. Der eine wird aus Ima-Holz gemacht, er soll in das Grab des Vaters gegeben werden; der andere, aus Pinienholz (oS), soll in das Grab des Mannes selbst (d.h. des aktuellen Königs) gegeben werden. Zwei andere Siegelringe aus Holz treten auf, mit denen die oben erwähnte Erdgrube versiegelt werden soll (16,13–14). Auf dem einen, der aus Ima-Holz gemacht ist, wird Neith eingraviert, auf dem anderen, der aus Pinienholz hergestellt ist, wird Maat eingraviert. Anschließend holt man zwei lebende Vögel, die man zum König hin aufsteigen läßt – sie scheinen aus obskuren Gründen potentiell imstande, den Herrscher von seinem

3

KÜHNE-WESPI, Papyrus trinken, 346–349. Vgl. pBerlin P 8769 A, 3,8–9, wo Pavian, Ibis und Falke aus Fayence genannt werden, s. für die erste Zeile PRADA, New Look, 313. 4

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Thron zu verdrängen (16,14–19). Es folgen sieben Papyri und sieben Sumpfpflanzen, denen der König den Kopf abschneidet (16,19–21). Bei einem anderen Papyrusstengel hält der König den Kopf fest, während der Vorlesepriester das Stengelende in der Hand hat und damit viermal um den König herumgeht (16,21–22). Der Vorlesepriester selbst hat offenbar Stoffamulette um den Hals, einen Wüstenstab in der Hand und weiße Sandalen an den Füßen. Anschließend werden weitere Amulette herbeigebracht (16,22–24). Es handelt sich um ein Udjat-Auge aus Türkis und einen Heh-Gott aus Fayence. Beide werden an den rechten Oberschenkel des Königs gegeben. Dazu gibt es eine Rezitation. Es geht darum, daß Re in seiner Kapelle aufgeht und zu seiner Leitschlange spricht. Ein näherer Bezug zu den Amuletten ist nicht ersichtlich, doch handelt es sich zumindest um Typen, die vom späten Alten Reich bis zur Spätzeit zu den gängigen Amuletten gehören (s. zum Heh S. 54 und 259). Als nächster Schritt der Handlung folgt eine Opferlitanei für diejenigen Götter, die sonst speziell aus dem sogenannten Grüftebuch5 – auch als Tb 168 (Naville) bezeichnet – bekannt sind (17,1–20,1). Es folgt eine sehr bizarre Zeremonie, in der lebende Vögel eine Rolle spielen (20,1–25). Zunächst werden aber die Amulette zum Darbringen der Vögel herbeigebracht und an den Hals des Königs gegeben (20,2–3). Es handelt sich um einen goldenen Falken, eine Geierin aus Fayence und eine Katze aus Türkis. Letztere erinnert etwas spezifischer an das Amulettspektrum der Dritten Zwischenzeit, das oben schon behandelt wurde (s. S. 242). Es wird dann zunächst ein lebender Falke gebracht (20,3–8). Man soll für ihn räuchern, dann soll das Amulett des goldenen Falken mit Flüssigkeit vom linken Auge des lebenden Falken eingerieben werden; dem Falken wird die Richtung des Flugs umgedreht. Es folgt eine Rezitation, die gleichartig auch aus dem Tempel von Edfu bekannt ist (Edfou VI, 307,3–7),6 wo die Zeremonie vom König auf den lebenden heiligen Falken von Edfu umgeschrieben ist, was einige Brüche und Probleme mit sich bringt. Anschließend wird die Geierin gebracht, dann ein Schwarzmilan, eine Nilgans, eine Mesit-Gans, ein Vogel unbekannter Art, eine Schwalbe, ein Kranich und noch ein unbekannter Vogel (20,8–25). Zu jedem gibt es eine ähnliche Ritualhandlung, daß ihnen der Kopf gesalbt und die Richtung nach hinten gegeben wird, dazu jeweils eine Rezitation sowie noch eine abschließend Formel, in der die lebenden Vögel um Leben und Wohlergehen des Königs gebeten werden. Hier schließt der Text ziemlich brüsk mit den Worten „Worte sprechen, einen Mann vor allen bösen Dingen retten. Ich habe es erlebt.“ (20,25).7 Während die ersten beiden lebenden Vögel, nämlich der Falke und die Geierin,

5 Vgl. dazu grundlegend PIANKOFF, Wanderings of the Soul, 39–114; Taf. 10–42 (mit zusätzlichen Hinweisen in der Rezension durch GOYON, BiOr 33). Ergänzungen in JACQUET-GORDON, Rearrangement sowie Dendara X, 195, 10-196,2.198,1-7 und dazu CAUVILLE, Chapelles osiriennes. Commentaire, 94 f.; MÜLLER-ROTH, WEBER, Neue Quellen; MÜLLER-ROTH, Grüftebuch; MÜLLER-ROTH, YACOUB, Nes-pa-her-an; MÉNDEZ RODRÍGUEZ, pBarcelona E-615; DERS., Hermitage; SCALF, Treasure Scribe. Eine neue Gesamtuntersuchung durch M. Müller-Roth ist vorgesehen. 6 Vgl. KURTH, Edfu VI, 552 f. 7 Zur Lesung s. QUACK, LingAeg 3, 152.

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in den Amulettobjekten gut widergespiegelt sind, finden die weiteren keine Entsprechung auf der Amulettebene, während umgekehrt die Amulettkatze zumindest in der vorliegenden Handschrift keinen evidenten Bezug zur realen Handlungsausführung hat. Auf die verschiedenen Amulette, die im Rahmen dieses komplexen Rituals gebraucht werden, nehmen die Rezitationen im Allgemeinen nicht sehr ausführlich Bezug, meist wird ihre Anwendung als selbstevident vorausgesetzt. Zumindest aber kann man gut nachvollziehen, wie in der Praxis Amulette im Rahmen großer Zeremonien eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Ein gutes Beispiel dafür, wie in den ausführlichen Handbüchern Amulettangaben in den Nachschriften vorhanden sind, die bei der Monumentalisierung verloren gehen können, stellt ein doppelt überlieferter Zauberspruch dar. Er findet sich zum einen auf einer magischen Stele Ramses’ III. (Kairo JdE 69771), die in der Wüste östlich von Kairo bei Almazah gefunden wurde.8 Die zweite Version ist im Rahmen einer späthieratischen Papyrushandschrift überliefert, die Zaubersprüche gegen Schlangen zusammenstellt (pBrooklyn 47.218.138, x+15,10–15). Nur letztere liefert die für unser Thema relevante Nachschrift. Demnach soll die Formel über einem Löwen aus Fayence gesprochen werden, der auf Idemi-Leinen aufgezogen und an die Hand des Nutznießers gegeben wird. Dann soll er als Schutz des Schlafgemachs wirken. In der magischen Formel wird gesagt: „Ein anderer Spruch zum Verschließen des Mundes jeder männlichen und weiblichen Schlange. Der Sohn des Re Pharao ist der Löwe, der das Firmament erhellt, Er ist Schesmu, der Löwenhafte. Re hat seine Arme über ihn gestreckt. Fall auf dein(!) Gesicht, der du in deinem Loch bist! Beiß den Sohn des Re Pharao nicht – er ist Re! Stich ihn nicht – er ist Chepri! Setze deinen Mund nicht gegen ihn – er ist Heh, Er ist die Ewigkeit, der groß an seinen Gestalten ist, der jeder Gott war! Er ist der Löwe, der sich selbst schützt. Er ist der große Gott, der für seinen Bruder kämpft. Wer ihn beißt, wird nicht leben. Wer ihn angreift, dessen Kopf wird nicht festgefügt werden. Denn er ist der Löwe, der Götter und Verklärte abhält. Er hat jede männliche und weibliche Schlange geschlagen, die mit ihren Mündern beißen, die mit ihren Schwänzen stechen, an diesem Tag, in diesem Monat, in diesem Jahr und seinem Zusatz.“ Es dürfte evident sein, daß das Leitthema des Löwen, das sich durch den Spruch zieht, dem verwendeten konkreten Amulett entspricht. Dieses stellt somit die Gestalt dar, mit

8 GOYON, Parallèle tardif; DERS., Recueil de prophylaxie, 108 f. Korrekturen zu Lesung und Übersetzung in QUACK, WdO 43, 269.

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der sich der zu Schützende identifiziert und in der er gesehen werden will. Sowohl in der konkreten Anwendung auf der magischen Statue als auch im Handbuch handelt es sich um einen Spruch speziell aus der königlichen Sphäre. Erneut Löwenamulette aus Fayence, die diesmal Hinterteil an Hinterteil antithetisch angeordnet sein sollen (wie es strukturell einigen spätzeitlichen Amuletten entspricht, s. S. 261) und dann am Hals appliziert werden, werden im nachfolgenden Spruch der Papyrushandschrift verwendet (pBrooklyn 47.218.138, x+15,16–17).9 Dort identifiziert sich der Sprecher explizit mit einem Löwen, der sich selbst schützt. Gleichfalls ein Löwe, in diesem Fall aber aus Erz (b|#), begegnet als Amulett im anschließenden Spruch der Handschrift (pBrooklyn 47.218.138, x+15,17–19).10 Diesmal ist der Löwe nicht die Eigenidentifikation des Rezitators, sondern angerufene dritte Person. Plaziert werden soll er am Finger, d.h. wohl als Ringfassung. Während der Löwe in diesem Spruch noch die Gestalt ist, der man zutraut, Giftschlangen und Skorpione abzuhalten, wird er im anschließenden Spruch selbst die abzuwehrende Gefahr (pBrooklyn 47.218.138, x+15,19–20).11 Hier ist leider das materielle Objekt der Praktik aufgrund einer Beschädigung der Handschrift unsicher. Wiederum ein Löwe aus Fayence begegnet im Zusammenhang des Schutzes des Nachtgemachs auch in einer Inschrift im Tempel von Edfu (Edfou VI, 145,5).12 Dort steht er in einem größeren Zusammenhang, der ein genaueres Hinschauen lohnt, nämlich im Rahmen der großen Komposition „Schutz des Hauses“ (s# pr).13 Dabei ist zu beachten, daß der Spruch von seinem ursprünglichen Zusammenhang als Schutzritual auf Papyrus her umgeschrieben wurde, um an einer Tempelwand – konkret der Innenseite der Umfassungsmauer von Edfu – in den äußeren Rahmen von Opfertableaus eingebettet zu werden. Dies führt dazu, daß die ursprünglichen Handlungsanweisungen teilweise zu Aussprüchen des Königs werden. Unter dem Titel „Die Seneb-Pflanze14 knoten, das Schriftstück verlesen, den Schutz des Hauses machen“ wird folgender Text als Ausspruch dem König in den Mund gelegt.

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GOYON, Recueil de prophylaxie, 109 f. GOYON, Recueil de prophylaxie, 110. 11 GOYON, Recueil de prophylaxie, 111. Korrekturen zu Lesung und Übersetzung in QUACK, WdO 43, 269. 12 Vgl. KURTH, Edfu VI, 243. 13 JANKUHN, Schutz des Hauses; THEIS, Magie und Raum, 144–238. 14 Zu ihr KOEMOTH, Snb; SMITH, Papyrus Harkness, 186 (Anm. a) zu III, 31); THEIS, Magie und Raum, 159; TÖPFER, Balsamierungsritual, 171; MEYRAT, Papyrus magiques, 48–49.68; PETROVA, Spell, 34–35; pLeiden I 347, 10,10 f. Vgl. pChester Beatty VII, rt. 5, 7 f., wo Maßnahmen empfohlen werden, falls keine solche Pflanze verfügbar ist. 10

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„Ich habe die Salbe gemischt, ich knote den Knoten mit der Seneb-Pflanze und den Garnsträngen15 (?). Jeder Gott macht deinen Schutz. Empfang [dir das Heh-Zeichen]16 als Knoten an deine Kehle, die Salbe des Lebenshauses versorgt deine Glieder, die Seneb-Pflanze macht deine Glieder gesund.“ (Edfou VI, 143,12–16).17 Für die SenebPflanze ist aus anderen Quellen (pLouvre I 3079, 111,41) bekannt, daß sie insbesondere mit Chemmis und dem jugendlichen Horus verbunden wird. Sehr viel ausführlicher als diese kurze Szenenbeischrift ist ein langer Text, der ebenfalls als Rede des Königs stilisiert ist, sich aber unschwer als Handlungsbeschreibung und Rezitationstext erkennen läßt: „Ich bin zu dir gekommen, großer Gott mit buntem Gefieder, angesichts der Sonne, während sie im Westen untergeht, ausgestattet mit den Ritualen des Schutzes des Schlafgemachs (s# Hnk.t). Ich bereite den Schutz deines Hauses, deines Platzes und deiner Kammer, ich zünde dir eine Kerze an, um den Schutz deines Serech-Throns zu machen, ich umgebe dein Haus mit den „Edeldamen“.18 Ich umkränze deinen Kopf, ich schmücke deine Kehle mit einem Leinenstreifen aus Byssos mit Figuren. Ich knote dir ein feines Leinen und einen Rest weißes, ein Stoffstück und einen schwarzen Faden. Ich mache für dich die Amulette des Udjat-Auges vollständig – Augen sowie grüne Perlen aus Edelstein. Ich knote für dich Schutzamulette aus Gold an deinen Hals, einen Kragen aus Karneol an deine Brust. Der Falke, die Katze19 und der Löwe aus Fayence machen deinen Schutz und wiederholen deine Beschirmung. Die Nilpferdgöttin aus Fayence, der Käfer aus Türkis, die Kinder20 (?), die aus Olivenholz gemacht sind, schützen dich. Ich stärke deine Majestät gegen den Rebellen mit dem Was-Szepter, die weiße Krone ist auf deinem Kopf aus Ebenholz. Ich mache den Schutz deines Ka mit diesen Göttern, die in den Sand unter deinem Bett eingezeichnet sind. Ich umkreise dein Schlafgemach mit einer Elle aus Tamariske, einem Stab zum21 Schlagen deiner Aufrührer. Ich kopiere ein Udjat-Auge mit Ocker auf den Boden, so daß deine Majestät in seinem Inneren liegt.

15 Das Wort ist problematisch. JANKUHN, Schutz des Hauses, 22.141 Anm. 87 setzt ein sonst unbekanntes xsk „Bänder“ an. KURTH, Edfu VI, 240 mit Anm. 8 löst als x(.t) (|)sk n.t| nw.t auf, die angebliche Kombination von (|)sk mit vorangehender Präposition Hno erscheint mir jedoch syntaktisch bedenklich. THEIS, Magie und Raum, 150 f. schlägt eine Lesung xrsk(.t) vor, also eine Bezeichnung der Nephthys. Man würde jedoch eher ein gegenständliches Objekt erwarten. Liegt eine Verschreibung für xnk (WB III, 385,1–2, korrigiere dort den zweiten Beleg in Edfou Mammisi 205,13; JANSSEN, Daily Dress, 42–45) vor? 16 Ich folge JANKUHN, Schutz des Hauses, 22.141 Anm. 88, der das Heh-Zeichen unter Verweis auf Edfou VI, 144,3 ergänzt. KURTH, Edfu VI, 240 läßt die Ergänzung offen. 17 Vgl. KURTH, Edfu VI, 240 f. 18 Diese Aussage könnte sich auf die Kobragestalten beziehen, die mit dem nächtlichen Schutz verbunden werden, s. S. 220. 19 Zum Problem der Lesung des Zeichens s. KURTH, Edfu VI, 243 Anm. 7. 20 So mit KURTH, Edfu VI, 244 mit Anm. 1; JANKUHN, Schutz des Hauses, 23 und THEIS, Magie und Raum, 153 verstehen dagegen twt.w „Statuen“, was aber merkwürdig unspezifisch wäre und auch nicht zum auf der Wand gravierten Zeichen paßt. 21 Die von KURTH, Edfu VI, 244 vorgenommene Emendation nt(|) ist unnötig; es liegt eine genitivische Anknüpfung vor. Korrekt ist THEIS, Magie und Raum, 156.

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Ich beschirme dein Bett, ich mache den Schutz deiner Kopfstütze mit ihrem Schutz gemäß diesem Buch. Ich salbe deine Glieder mit der Flüssigkeit deines Mundes. Ich knote einen Knoten aus deinem Stoff und ich löse ihn wieder. Ich rufe zu den Göttern, indem sie über dich wachen, sie bereiten den Schutz deines Hauses bis zum Öffnen der Schreintür.22 Ich mache dies dauerhaft im Haus des göttlichen Falken, indem ich Schutz bewirke in der Nacht bis in alle Ewigkeit. Thot ist bei mir, ausgestattet mit seinen Zaubersprüchen, indem er dein Haus schützt mit seinen Aussprüchen.“ (Edfou VI, 144,15– 145,11).23 Der eigentliche Rezitationstext setzt den Schutz des Horus von Edfu, des lebenden oxm-Raubvogels und des lebenden Falken sowie des Königs Ptolemaios, den Schutz seines Hauses, seines Platzes, seines Schlafgemachs, seines Tempels, seines Naos, seines Schreins, seiner Barke, seiner Kleidung, seiner Amulette, seines Schmucks und den Schutz jedes Ortes, an dem er ist und jeder Kammer, in der er ist, mit dem Schutz verschiedenster Gottheiten oft in spezifischen mythologischen Situationen gleich. Das Ganze hat den Charakter einer langen Litanei. Man kann zumindest vermuten, daß in älteren Zuständen der Komposition das Schwergewicht des Schutzes mehr auf dem König, weniger auf dem Gott und den heiligen Tieren lag. Gerade das Heh-Zeichen, das in der einleitenden Szenenbeischrift erwähnt war, wird am Ende des Rezitationstextes besonders hervorgehoben. Dort heißt es: „Die Arme des Heh sind sein Schutz, die Arme des Heh haben ihn vor seinen Feinden gerettet. Die Arme des Heh sind um seine Rippen gegen dich.24 Du kannst ihn nicht sehen, wenn er in jenem [Auge] des Re schläft,25 jenem Schutz des Atum“ (Edfou VI, 151,7–9).26 Hier wird also ein möglicher Feinddämon persönlich angesprochen und, sofern die Ergänzung des verlorenen Wortes „Auge“ richtig ist, auf das Udjat-Auge angespielt, in dem der Ritualempfänger schlafen soll (wie es auch im pKairo CG 58027 belegt ist). Man sieht auch in der Darstellung gerade dieses Objekt, also das Heh-Zeichen, in der Hand des Thot. Auch das als Thema an den Anfang gestellte Knotenamulett aus der Seneb-Pflanze scheint besonders rezipiert worden zu sein, es wird auch Edfou Mammisi 116,3 als an der Kehle des Horus befindlich angegeben. Ähnlich wird auch in einer magischen Schutzformel im Geburtshaus gesagt „Für ihn wurden die Amulette aus Türkis von seiner Mutter gemacht, für ihn wurde das Schutzamulett der göttlichen Seneb-Pflanze geknotet, um die zurückzutreiben, die seine Grenzen niederwerfen wollen, um für ihn jeden Feind abzuhalten, um ihn zu schlagen.“ (Edfou Mammisi 119,15 f.).

22

Zum Verständnis von QbH.w s. THEIS, Magie und Raum, 158 f. KURTH, Edfu VI, 244 übersetzt m.E. weniger treffend „bis der Himmel sich öffnet“. 23 Vgl. KURTH, Edfu VI, 243 f. 24 An der von KURTH, Edfu VI, 258.666 gegebenen Lesung |r+=k wage ich zu zweifeln, da der direkt nachfolgende Satz deutlich zeigt, daß die angesprochene 2. Person sg. m. negativ konnotiert ist. Ich folge dem Verständnis von JANKUHN, Schutz des Hauses, 125 und THEIS, Magie und Raum, 234. 25 Gegen KURTH, Edfu VI, 258 mit Anm. 8 ist nicht Qrs, sondern s@r zu lesen, wie JANKUHN, Schutz des Hauses, 125 und THEIS, Magie und Raum, 234 verstehen. 26 Vgl. KURTH, Edfu VI, 258. Vgl. weiter Edfou VI, 102,10, wo ein Heh aus Gold genannt wird.

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Ebenfalls als Schutzritual im Tempel von Edfu auf der Innenseite der Umfassungsmauer aufgezeichnet ist das Buch „Schutz der Glieder“ (mk+.t Ho.w) (Edfou VI 298,1– 304,12).27 Ein Auszug, nämlich die Anrufung an Re-Harachte, den Nutznießer zu schützen, findet sich auch im Geburtshaus des Tempels von Edfu (Edfou Mammisi 107,19– 108,2) sowie in Kalabsha28; – letztere beide sind in der derzeit vorliegenden Bearbeitung übersehen worden. Auch in diesem Fall ist das ursprüngliche Ritualhandbuch für die Verwendung als Tempeltableau formal umgeschrieben worden, d.h. es hat Teilelemente als Szenentitel, Rede des Königs und Randzeile verarbeitet. Es ist allerdings nicht allzu schwierig, die wesentlichen Ritualhandlungen zu erfassen. Basishandlungen sind zunächst einmal Knotenamulette, entsprechend heißt es auch als Szenentitel „Das Amulett knoten“ (Edfou VI, 298,2). Konkret heißt es, daß ein Knoten geknotet und die snbPflanze als Stirnband aufgesetzt wird.29 In der Version von Edfu wird dies grundsätzlich als Handlung für Re und seine lebende Seele deklariert, letzteres ist seiner Ausdrucksweise nach konkret auf ein im Tempel gehaltenes heiliges Tier zu beziehen, das für den Sonnengott steht, mutmaßlich also ein heiliger Falke. Als Ritualisten fungieren dabei der König und Thot. Man kann diese Konstellation getrost für eine sekundäre Überarbeitung halten. In einem zu postulierenden älteren Textzustand war wohl der König selbst Ritualempfänger, vermutlich ein Vorlesepriester der ausführende Ritualist. Die bei weitem umfangreichste Stelle mit der sekundären Rollenverteilung lautet als Ausspruch des Königs: „[Thot knüpft die Ne]tjeri-Pflanze an deinen Kopf, er bekränzt deinen Scheitel mit der Zauberreichen (wr.t-Hk#.w). Ich knote für dich den Falken aus […] und den Skarabäus aus Fayence. Er gibt dir das Leinen aus Idemi-Stoff an deine Kehle. Ich bringe dir den Widder und den Jüngling aus Lapislazuli, den Gott Cherti und den Gott Chnum aus Fayence […] die Schönheit der Edelsteine, die Papyrusamulette aus Lapislazuli und Türkis (mfk#.t). Ich ziehe die Perlen aus allen Edelsteinen auf, ein Nilpferd aus Flint und Erz, eine Sonnenscheibe und ein Tit-Teil30 aus Gold kontrollieren deine Glieder, ein Affe aus Fayence schützt dich […] und Herzen aus c#w-Gold, ein Frosch aus Silber, SaZeichen aus Türkis (?)31; und Lapislazuli. Ich versehe (?) Abbilder von Göttern (?) mit Beschriftung (?), ich salbe deinen Kopf mit Myrrhe von Punt, ich reibe deine Glieder mit lindem Fett ein, ich mache deinen Schutz mit Binse und Papyrus, der Dum- und Dattelpalme der Hathor. Ich knüpfe dir einen Knoten, beschriftet zu seiner Zeit, als Stoffbinde aus Garn und feinem Leinen. Ich wasche dein Gesicht und spucke für dich

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GHATTAS, Schutz des Leibes, 36–88. Vgl. KURTH, Edfu VI, 533–548. GAUTHIER, Kalabchah, 69 f., Taf. XX B. 29 Vgl. KURTH, Edfu VI, 533 f. mit Anm. 1 auf S. 534. 30 Abweichend versteht KURTH, Edfu VI, 536 „ein Abbild des Re“, aber das Tit-Zeichen als unterer Teil des Udjat-Auges ist durchaus als Amulett belegt, und für „Abbild“ wäre eher twt zu erwarten. 31 So in der Annahme, daß [m]fk#.t ergänzt werden kann (ähnlich bereits ALLIOT, Culte, 640), das gelesene Zeichen somit ein beschädigtes darstellt. KURTH, Edfu von Chassinat zweifelnd VI, 537 Anm. 2 erwägt dagegen die Lesung Hno b|.t, aber sonst werden in dieser Passage nie mehr als zwei Mineralien koordiniert. 28

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zu Boden. Du regst viermal die Schulter und spuckst aus. Ich kopiere für dich die Abbilder der Schalen mit Tinte und Ocker, abgewaschen in Bier,32 getrunken […] Weihrauch […] Natron. Ich reibe dir deine Glieder mit der Gottessubstanz ein, ich knote dir einen Knoten aus dem Besten deines Stoffes,33 ich löse am Morgen, ich zerbreche […],34 gezeichnet mit Ocker, ich versehe deinen Mund mit Milch, ich gieße viel aus, ich erjage die Rotte, wenn du die Berge aller Länder durchquerst, ich habe deine Glieder heil erhalten, als du nach draußen kamst, und Liebe zu dir bei den Erdbewohnern groß war. Ich rufe für dich zu ihrer Majestät alle dreißig Tage, damit sie deine Majestät vor ihrem Besiegeln schützt. Ich rezitiere für dich die Sprüche zum Abwehren des Bösen Auges35 früh am Morgen, ohne aufzuhören. Machtvoll ist ihre Magie, wirksam36 (?) ihr Schutz. Sie machen deinen Schutz und wiederholen deine Beschirmung. Ich mache dies dauerhaft im Haus des schöngesichtigen Falken, ohne zu vergehen und ohne zu verfallen in Ewigkeit. Thot ist an meiner Seite beim Ausbreiten seiner Bücher, beim Rezitieren der dazugehörigen Sprüche mit Magie für dich, beim Ausrufen der Zaubermacht des Schutzes der Glieder, beim Aussprechen seiner auserlesenen Sprüche.“ (Edfou VI, 299,9– 300,10). Diese Auflistung der Aktivitäten geht an sich über die reinen Schutzrituale hinaus; zumindest ein Passus wirkt sehr so, als ginge es um die morgendliche Öffnung des Schreines und die anschließende Versorgung mit Speise und Trank. Die angewendeten Techniken sind recht vielfältig. Neben Knotenamuletten, wohl auch mit Text und Zeichnung versehen, gibt es auch Götter- und Tierfiguren u.ä. als Amulette, magische Zeichnungen auf vergänglichem Textträger, konkret Tonschalen, von denen sie abgewaschen und getrunken werden. Einmal mehr zeigt sich, daß die Salbung als Schutzakt von den Ägyptern auf einer ähnlichen Stufe wie die Ausstattung mit permanenteren Amuletten gesehen wurde. Einige der Teilelemente, insbesondere das Knüpfen der magischen Knoten, werden auch in den kürzeren Szenenbegleittexten aufgegriffen, allerdings ohne wesentliche neue Informationen, so daß ein genaueres Eingehen darauf überflüssig ist. Bemerkenswert ist, wie der Ritualist angibt, alle 30 Tage ihre Majestät anzurufen; d.h. hier handelt es sich in der konkreten Anwendung um ein monatlich strukturiertes Ritual, bei

32 Gegen KURTH, Edfu VI, 537 Anm. 11 ist die Lesung H(n)Q.t, die GHATTAS, Schutz des Leibes, 56 bietet, nach Maßgabe sonstiger Praktiken mit beschrifteten Schalen (s. Kapitel 6.4) offensichtlich ist Wortschreibung für „trinken“, nicht etwa Determinativ zum vorgeblirichtig; das nachfolgende chen Hkn „Jubel“. 33 Irrig KURTH, Edfu VI, 537 „oben in dein Gewand“. 34 KURTH, Edfu VI, 538 will hier „die [roten Töpfe]“ ergänzen, aber diese werden nicht im Zuge der Ritualpraktik mit Ocker bemalt. 35 Vg. für die Vorstellung vom Bösen Auge in Ägypten FISCHER-ELFERT, Spruch gegen den Bösen Blick; GRÄSSLER, Auge, 317–325; PRIES, Neue Beschwörung; DERS., Eine weitere neue Beschwörung. Kulturübergreifend s. SELIGMANN, Zauberkraft des Auges; DUNDES, Evil Eye; HAUSCHILD, Böser Blick. 36 Eventuell ist das überlieferte m-o=f in mor zu korrigieren, jedenfalls scheint mir eine Präposition „bei ihm“ weder sinnvoll noch zum Parallelismus passend.

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dem jeweils die chronokratorische Form der Gefährlichen Göttin besänftigt werden muß.37 Der lange Rezitationstext enthält zunächst eine Anrufung an den Sonnengott. Anschließend wird litaneiartig der Schutz des Ritualempfängers mit dem Schutz verschiedenster Gottheiten identifiziert. Schließlich wird die Uräusgöttin angerufen, die ihn nicht schädigen, sondern vielmehr ihre Pestilenz gegen seine Feinde richten und ihn vor ihren Dämonen bewahren soll. Sehr viel knapper sind die Ritualhandlungen im sogenannten „Diwan des Nachtgemachs“ (sH Hnky.t) geschildert, einem Text, der aufgrund einer Fehllesung des Hieratischen oft mit dem „Schutz des Nachtgemachs“ (s# Hnky.t) verquickt wird, obgleich es sich um eine ganz eigene Komposition handelt.38 Der Text betrifft den Schutz in den 12 Stunden der Nacht, wobei für jede Nachtstunde ein Rezitationsspruch vorgesehen ist. In mutmaßlich ursprünglicher Anwendung, nämlich zum Nutzen des Königs, ist er im pKairo CG 58027 überliefert, einer spätptolemäischen oder frührömischen Handschrift.39 Daneben begegnen in den Geburtshäusern der Tempel von Edfu (Edfou Mammisi, 112–114) und Dendera (Dendara Mammisis, 203–206) Fassungen, die auf das göttliche Kind umgeschrieben sind, einen isolierten Auszug im Zusammenhang des Sokarfestes, dort zum Schutz des Osiris formuliert, gibt es auch im ptolemäerzeitlichen Tempel von Deir el-Medina (Text 59).40 Ebenso sind kurze Auszüge besonders der „Thema-Formulierung“ auf etlichen spätzeitlichen Särgen bezeugt.41 Die Aufzeichnungen der Geburtshäuser kombinieren den Text mit anderen Schutzkompositionen, insbesondere Sprüchen zum Wiegen des Kindes. Eine Nachschrift findet sich nur in der Papyrushandschrift im Anschluß an die Rezitationen. Die verwendete Technik ist die von Bodenbildern. Mit Ocker sollen Bilder von 12 Göttern um das Bett gezeichnet werden, zudem soll man um das Bett so ein UdjatAuge zeichnen, daß der Mann – also der Ritualempfänger – sich in seiner Pupille befindet (pKairo CG 58027, x+3,12–17). Bei den Göttern handelt es sich um Re, Min, Horus, Tatenen, Osiris, Isis, Nephthys, Geb, Nefertem, Horus-Herr-der-Herzensfreude, der morgendliche Horus, Amun-Re von Karnak. Dies sind auch die 12 Götter, die jeweils als Schützer der einzelnen Stunden agieren und angerufen werden. Speziell wird noch angegeben, Geb solle eine oberägyptische Krone tragen, Horus-Herr-der-Herzensfreude ein Falkengesicht und darauf das Mondsymbol, der morgendliche Horus ein Menschengesicht ohne Krone auf dem Kopf. Zu dieser Anweisung gibt es auch eine Vignette, in der eben diese Götter dargestellt sind.

37

Vgl. zu den chronokratorischen Formen der gefährlichen Göttin YOYOTTE, Monumentale litanie; QUACK, Zeit, 93–97; VON LIEVEN, Divine Figurations of Time, 101. 38 PRIES, Nächtliches Stundenritual; für zusätzliche Bezeugungen der Komposition s. GRIFFIN, Ritual of the Hours. Vgl. auch WILKINSON, Jewellery, 341 f. Irrig zuletzt KURTH, Edfu VI, 243 Anm. 1, der der falschen Lesung von JANKUHN, Schutz des Hauses, 142 folgt. 39 GOLENISCHEFF, Catalogue général, 114–131; PRIES, Nächtliches Stundenritual, Taf. 1–4. 40 DU BOURGUET, Deir al-Médîna, 58. 41 Z.B. dem des Anch-Hapi, Kairo CG 29301, zweites Register der Wanne, MASPERO, Sarcophages des époques persane et ptolémaïque, tome premier, 34 f.

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Insbesondere die Version im Geburtshaus von Dendera hat noch eine eigene Handlungsanweisung. Dort wird für jede Stunde noch ein zusätzlicher Schutzspruch rezitiert. Hinter demjenigen zur 11. Stunde steht dann noch eine kurze Notiz „Worte sprechen über einem Skarabäus aus Feingold (?), werde an die Kehle dieses Gottes gegeben.“ (Dendara Mammisis, 206,3). Es ist überraschend, daß sich gerade hier eine derartige Angabe findet, nicht etwa zum Abschluß der Komposition nach der 12. Stunde. Allerdings ist die Verteilung der zusätzlichen Textkomponenten in Dendera ohnehin etwas bizarr und könnte stark vom Zufall abhängig sein, wieviel Platz bei jeder Stunde hinter dem Basistext noch frei war. Nur die Papyrushandschrift hat im Anschluß an die Rezitationstexte und die Zeichnungsangabe noch zwei Salbrezepte, die sich selbst als Auszug aus der „großen Spezifikation der Pflanzen“ bezeichnen (pKairo CG 58027, x+4,1–8). Ich habe schon mehrfach darauf hingewiesen, daß Salben funktional eine den Amuletten vergleichbare Schutzwirkung haben (vgl. S. 271.291.299). Unter den verwendeten Pflanzen erscheint auch die Anch-Imi-Pflanze, die z.B. auch im Balsamierungsritual als Bestandteil komplexer Knotenamulette Verwendung findet (s. S. 317). Daß der König nachts durch Amulette geschützt wurde, kann man auch anhand einer literarischen Quelle fassen, nämlich der Lehre des Chascheschonqi. Dort geht es im Prinzip darum, daß einige Höflinge einen Mordanschlag planen, der aber denunziert wird. Nachdem der König die Nacht verbracht hat, wird er angekleidet und mit allen Insignien versehen. Spezifisch in der gegenüber der älteren und besser erhaltenen Fassung des pBM 10508 teilweise ausführlicheren Version des pCarlsberg 30442 heißt es in dieser Situation auch „man empfing die Amulette des Schlafes, die am Leib des Königs waren“ (7,10) – somit war er eindeutig für die Nacht mit Schutzamuletten ausgestattet. Als Ablageort dieser Amulette wird ein Or o# pH.t| „Horus mit großer Kraft“ genannt (8,1), der möglicherweise mit einer Gestalt identifiziert werden kann, deren Schutzamulette (s#.w) in mehreren Tempelszenen der griechisch-römischen Zeit erscheinen (s. S. 30). Zudem wird anschließend von Rezepturen an einem Platz des Beschirmens der Leinenbinde (sySt) gesprochen, was möglicherweise mit den verschiedenen Salben und Pudern zu verbinden ist, die der König im pBrooklyn 47.218.50 erhält. Weitere Schutzsprüche zugunsten des Pharao finden sich im pCarlsberg 200.43 Auch hier geht es um einen generellen Schutz vor allen möglichen Gefahren zu allen Zeiten. Angerufen wird an wenigstens einer Stelle die auch aus anderen Schutzritualen bekannte Seneb-Pflanze (s.o. S. 295). Zum Abschluß des Rituals wird irgendetwas (in der Lücke verlorenes; eventuell die Seneb-Pflanze) in 24 Knoten geknotet und um den Hals des Ritualempfängers gegeben. Die Zahl könnte in Verbindung mit der Gesamtmenge der Stunden des Tages und der Nacht stehen. Gerade das Geburtshaus ist der Komplex des Tempels, in dem sich magische Schutzrituale besonders konzentrieren.44 Dies vermag nicht zu überraschen, denn die Geburt

42

RYHOLT, New Version, 129 f.132; HOFFMANN, QUACK, Anthologie2, 313. Edition PETROVA, Spell. 44 QUACK, Magie au temple, 41–68. 43

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ist einfach ein besonders riskanter Prozeß für Mutter und Kind, gerade unter den damaligen Bedingungen. Für das Thema der Amulette sind diese Texte, so interessant sie sonst sein mögen, allerdings unergiebig, da hier wieder einmal der übliche Prozeß der Monumentalisierung greift – Handlungsanweisungen werden bei der Umsetzung von Papyrushandbüchern in Steininschriften meist nicht mitkopiert, und in diesem Fall fehlen Szenenbeischriften und Reden, die derartige Informationen wenigstens in leicht umgesetzter Form bieten würden. Einige amulettrelevante Sprüche finden sich auch im sogenannten Text der Reinigung Pharaos in einem memphitischen Tempel, die in der Niederschrift des frührömischen pBerlin P 13242 erhalten und von Siegfried Schott publiziert ist; unpublizierte, etwas jüngere Parallelhandschriften aus Tebtynis befinden sich in Kopenhagen, London, Berlin und Florenz.45 Inzwischen ist auch im Grab des Iufaa in Abusir aus spätsaitischer Zeit eine monumentale Version aufgefunden worden. Ich werde im Folgenden nur auf die publizierte Handschrift pBerlin P 13242 eingehen. In ihr findet sich ein Spruch, der das Papyrusamulett (w#@) aus Erz (b|#) betrifft (2,3–13). Dabei ist es höchst auffällig, daß eine etwas kürzere Fassung desselben Textes uns einerseits im pBusca begegnet ist, dort aber für ein Udjat-Auge aus Erz (s.o. S. 283), daneben in noch knapper zusammengefaßter Weise im Goldamulettetext für ein Udjat-Auge aus Gold (s. S. 280). Letztere Materialangabe ist sicher eine sekundäre Angleichung an den Rest der betreffenden Komposition. Die phonetische Varianz zwischen w#@ und w@#.t, die übrigens in der ursprünglichen Aussprache des Alten Reiches bei weitem am ähnlichsten klingen, gibt dagegen zu denken. Die Dominanz von Themen der Reinigung im Spruch spricht dafür, daß seine Heimat im Reinigungsritual primär, die Adaption für Totenbuch und Goldamulettetext dagegen sekundär ist. Jedenfalls gibt die Nachschrift des Berliner Papyrus eine Handlungsanweisung „Über einem Papyrusamulett aus Erz sprechen, in Wasser gelegt. Den König reinigen.“ Unter den unpublizierten Kopenhagener Fragmenten des Textes gibt es auch eines, das ein Papyrusamulett aus grünem Feldspat verwendet. Auch der nachfolgende Spruch operiert mit magischen Figuren, nämlich vier Nilfiguren (2, 13–3, 9). Nach Ausweis der leider schlecht erhaltenen Nachschrift sollen sie um den König herum kreisen und noch irgendetwas machen. Dies soll Totengeister und Widersacher fernhalten. Der Spruch thematisiert vor allem, daß der Pharao die vier Götter kennt, die aus dem Nun gekommen sind. Damit ist eine gute Korrelation von magischem Objekt und rezitiertem Text gegeben. An dieser Stelle findet sich eine Abschlußnotiz, dieses Buch sei vom Allherrn verfaßt worden, als er seine Glieder reinigte. Der nächste Spruch der Handschrift scheint ebenso für Amulettobjekte wichtig, ist aber wegen schlechter Erhaltung problematisch (3,11–4a,6). Dabei erscheint ein Kalb, das offenbar ein dreidimensionales kleineres Objekt ist, jedenfalls soll der König es küssen. Relevant ist noch die Aussage, an den Armen und Beinen des Königs sollte sich der Schutz der Seneb-Pflanze befinden, wird diese doch in den Schutzritualen in Edfu

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SCHOTT, Reinigung Pharaos; zu den Tebtynishandschriften und zur Gesamtinterpretation QUACK, Königsweihe, 97–99; provisorische Übersetzung QUACK, Purity, 128–135. Eine neue Gesamtbearbeitung durch Dora Olsen ist in Vorbereitung.

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als Basismaterial für Knotenamulette verwendet. Erwähnt scheint auch ein Amulett des Ptah (4,5).46 Erst kürzlich veröffentlicht worden ist der pBrooklyn 47.218.49.47 Darin geht es vor allem um den Schutz der Ohren des Pharao gegen Irritationen, die insbesondere durch Totengeister und sonstige feindliche Entitäten ausgelöst werden. In einem Teil der Fälle steht statt des abstrakten „Pharao“ konkret Psammetich im Text, was einen Terminus post quem für die Datierung der Komposition im jetzigen Zeitpunkt liefert. Einige der darin enthaltenen Rezepte zeigen auch einen Amulettgebrauch. Da die konkreten Rezitationen und Amulettpraktiken allerdings keinen Bezug auf eine spezielle königliche Natur des Nutznießers zeigen, habe ich die konkreten Fälle bei den sonstigen jeweils passenden Kategorien behandelt (s. S. 93.106.114.144.154). Im Anschluß an diese Handschrift sollte man auch den pBrooklyn 47.218.156 wenigstens noch einmal kurz in Erinnerung rufen. Ich habe ihn an sich schon bei den sonstigen magischen Zeichnungen auf Papyrus behandelt (s. S. 111–114). Hier verdient er aber eine zusätzliche Erwähnung, denn zum einen handelt es sich bei ihm ebenfalls um einen spezifischer für einen König intendierten Schutztext, zum anderen spielt der Schutz der Ohren vor Dämonen auch in ihm eine Rolle. Im Rahmen einer größeren Komposition zum Schutz des Pharao mutmaßlich im Umkreis des Jahreswechsels findet sich auch eine lange Szene, die auf den Architraven des Tempels von Edfu überliefert ist (Edfou III, 311,4–8 u. 313,16–314,11).48 In sieben49 gleichartig strukturierten Anreden wird erst Re, anschließend der Pharao aufgefordert, zur Estrade zu kommen und ein Schutzobjekt anzulegen. Hintereinander sind dies ein Knotenamulett der Seneb-Pflanze – diese ist auch sonst mehrfach besonders bei Ritualen zum Schutz des (Götter)kindes belegt (s. S. 295), ein Stoffamulett aus nçr-Stoff am Hals, ein Stoffamulett aus Red-Stoff am Arm, ein Stoffamulett aus ôp.t als Schutz der Glieder, ein Amulett aus rotem Stoff (|ns) am Hals, ein Stoffamulett aus ôr-Stoff als Schutz vor der Seuche des Jahres, ein Kreuzband-Stoff als Schutz für das Erblicken der Stirnschlange. All dies soll ihm ermöglichen, Sachmet wohlwollend anzutreffen, dann kann er sein Diadem ergreifen. Eine interessante Ausdeutung und Kommentierung des Amulettgebrauchs findet sich in Edfu innerhalb der langen Erzählung von der geflügelten Sonnenscheibe (Edfou VI, 131,2–10). Dies ist spezifisch Horus von Edfu, der all seine Feinde, vor allem aber die des Sonnengottes besiegt, die gegen diesen rebelliert hatten. Als Ehrung wird danach auf der Götterseite beschlossen, die Flügelsonne als Bildmotiv an allen Götterschreinen in Ober- und Unterägypten einzugravieren. Neben der Form als Flügelsonne spielt auch die als geflügelter Skarabäus eine Rolle, jedenfalls wird sie ebenfalls mit Horus von

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Für die Lesung s. den impliziten Vorschlag in QUACK, Purity, 133. O’ROURKE, Royal Book of Protection. 48 GOYON, cHtp cXmt, 47–62. 49 GOYON, cHtp cXmt geht irrig von acht aus, da er 49 f. nicht erkannt hat, daß die Passage Edfou III 313,16–17 eine Dublette zu Edfou III, 311,17–18 ist, d.h. ein Teil einer Rezitation ist zweimal niedergeschrieben. 47

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Edfu identifiziert. Hieraus wird innerhalb des langen Textes eine Art Ritualbeschreibung herausentwickelt, die wahrscheinlich en bloc aus einem Handbuch übernommen ist.50 Eingeleitet wird sie mit der Überschrift „Was für den König gemacht wird an dem Tag, wenn Krieg und Aufruhr entstehen. Dann zeichnet man einen geflügelten Skarabäus auf seine Brust, wenn er Gefahr sieht, so wie es früher für Re-Harachte gemacht wurde, als er Gefahr [sah].“ Darauf folgt ohne weitere Markierung etwas, was nur als Rezitationstext des Vorlesepriesters sinnvoll ist, nämlich „Der Sohn des Re NN, sein Kopf ist der eines Falken, seine Flügel(!)51 sind die eines Geiers, sein Leib ist der eines Skarabäus. Haltet euch fern von ihm, männliche und weibliche Feinde, männliche und weibliche Widersacher, Menschen, Götter, Verklärte, Tote, Apopis, Feind des 52!“ (Edfou VI, 131,3–5). Anschließend werden zunächst vom Offizianten die Gefolgsleute des Re, Schu, Geb, Horus und Seth aufgefordert, sich vom König fernzuhalten, dann spricht noch der König selbst und identifiziert sich mit Horus von Edfu. Schließlich gibt es noch eine Nachschrift „Man spricht diesen Spruch, wenn Krieg geschieht, dann fürchtet sich der König nicht. Man tötet seine Feinde vor ihm, und sein Herz freut sich daran sogleich. Ein jeder unter ihnen tötet seinen Gefährten sogleich, wie es bei den Feinden des Re-Harachte geschah, als Horus von Edfu ihr Gesicht [erblickte] als große Flügelsonne. Man macht dieses Bild deshalb für den König bis heute“. (Edfou VI, 131,8–10). Mit diesem Text kann man einmal mehr den Bereich der Amulettzeichnungen auf flüchtigen Textträgern fassen. Beachtenswert ist, daß die Bedeutung des Skarabäus an sich plausibel entwickelt ist, indem er eben mit dem Mythus verbunden wird, daß Horus von Edfu die Feinde des Sonnengottes besiegt. Allerdings handelt es sich nicht eben um die Bedeutungskonnotation, die ein moderner Forscher für einen geflügelten Skarabäus zuallererst erwartet hätte. Ebenfalls für den Skarabäus einschlägig ist eine Notiz, die zwar der nächsten Szene zugeordnet ist, aber inhaltlich eng mit dem vorherigen Passus zusammenhängt (Edfou VI, 133,1–6).53 Eingeleitet wird sie mit „Betreffend den Skarabäus aus Feingold (Qôm), aufgefädelt auf Garn von Idemi-Leinen, so werde er dem König an den Hals gegeben, wenn er Furcht und Krieg sieht.“ Im Text wird der König als Same der Götter, ja als Horus von Edfu selbst identifiziert. Das Vorgehen entspricht, speziell in seiner königstheologischen Basis, gut dem, was auch im pBrooklyn 47.218.156 bezeugt ist (s. S. 111– 114). Die feindlichen Boten, speziell erneut die Gefolgsleute von Re, Schu, Geb, Horus

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ZAKI, Scarabée; KURTH, Edfu VI, 221. Im Text geschrieben ist zumindest nach der Edition „seine Lippen“, was KURTH, Edfu VI, 221 mit seiner Übersetzung „der Schnabel“ auch ernstnimmt. Jedoch dürfte spezifisch für den Schnabel eine optisch gut erkennbare Differenzierung zwischen Falke und Geier schwer fallen (sonst wird bei Vogelerscheinungen immer vom „Gesicht“ gesprochen), und eine Kombination von Käferrumpf und Flügeln würde dem Erscheinungsbild mancher polymorpher Gottheiten sowie der Vignette von TB 165 statt ). entsprechen. Ich vermute einen Schreibfehler ( 52 KURTH, Edfu VI, 211 versteht „Apophis und Feinde des Sohnes des Re“. Jedoch ist Xft| eindeutig als Singular geschrieben und „Feind des Re“ als stehendes Epitheton des Apopis zu erwarten. Es dürfte einfach eine Haplographie vorliegen. 53 KURTH, Edfu VI, 223 f. 51

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und Seth sollen sich von ihm fernhalten. Zum Abschluß spricht der König selbst viermal, er sei der Skarabäus aus Gold, der aus Edfu gekommen ist, Horus von Edfu sei sein Name (Edfou VI, 133,5 f.). Der Symbolwert des Skarabäus in diesem Text geht in dieselbe Richtung wie im vorhergehenden und beruht auch auf derselben mythologischen Basis.54

54

Auf diese beiden Elemente wird auch im Hymnus Edfou VIII, 15,9 f. evident angespielt.

13 Amulettopfer an die Götter Die Passagen zum Käferamulett für den König am Ende des vorangehenden Kapitels sind ein guter Aufhänger, um zu Szenen der griechisch-römischen Tempel überzugehen, in denen Amulette den Göttern dargebracht werden,1 denn es gibt auch Fälle, in denen gerade dieses Käferamulett betroffen ist. Edfou IV, 74,18–75,13 werden nach der Titelangabe Skarabäenamulette dargebracht, die im Titel als onX-mrr bezeichnet werden, im Rezitationsspruch als obb bzw. Xpy. Sie werden an der Kehle plaziert bzw. an den Kopf geknüpft und mit dem Thema der Überwindung und Köpfung der Feinde kombiniert. Eine ganz ähnliche Szene findet sich Edfou Mammisi 146,12–147,3 und Edfou VII, 301,17–302,12. Auch Edfou IV, 231,7–232,3 wird ein Skarabäus (Xprr) dargebracht, wobei die im Spruch erscheinende Referenz auf den Heh-Gott (Edfou IV, 231,14) eine Beziehung zu Schutzritualen für den König möglich erscheinen läßt (s. S. 297). Dendara IV, 160,2–10; 173,8–18 zeigt die Opfergabe eines Pektorals mit geflügeltem Käfer;2 ähnlich Dendara VI, 28,15–29,11.3 Tatsächlich gibt es hier eine sehr lange Tradition. Die Gabe von Amuletten an Götter durch den König findet sich textlich bereits im großen Papyrus Harris (26,5 f.; ähnlich 47,5 für Ptah). Dort sagt Ramses III. zu Atum und den Göttern von Heliopolis „Ich machte für dich edle Amulette (w@#.w Sps+.w) aus gutem Gold, eingelegt mit echtem Lapislazuli und echtem Türkis. Ich ließ sie sich im Fürstenhaus mit deiner Brust vereinigen. Deine edle Gestalt sei geschützt, indem sie deine edlen Glieder an deinem heiligen Platz schützen als Schutz des Jahres für deine große und mächtige beliebte Form.“4 Im pHarris I finden sich auch Angaben über die konkrete Menge der im Tempel dargebrachten Objekte. So heißt es in der Endsummierung „Jegliche Edelsteine: Amulette (w@#.t), Skarabäen (Xprr) und Siegel (Xtm), verschiedene |p.t 1.075.635.“ (pHarris I, 70b,16).5 Für die Ramessidenzeit einschlägig ist auch pTurin 1887, rt. 1,7 (RAD 74,15 f.), der angibt, daß ein w@#.t aus dem Tempel des Chnum gestohlen wurde. Dem entspricht auch eine Tendenz, in das tägliche Tempelritual Szenen der Ausstattung mit Schmuck und Amuletten zu inkorporieren.6 Konkret finden sie sich weniger in den Papyrushandschriften zum Amun- und Mutritual, deutlich faßbar dagegen in den Monumentalzeugen aus Abydos. Einige Szenen sind besonders relevant (Abb. 107). Es

1

Vgl. Gräfin von PFEIL-AUTENRIETH, Gotteslohn, 271–279. CAUVILLE, Dendara IV Traduction, 264 f.280 f., Taf, CXXV.CXXXV. 3 CAUVILLE, Dendara V-VI Traduction, 296 f., Taf, CXXV.CXXXV. 4 Vgl. GRANDET, Papyrus Harris I, 259.287; FUKAYA Festivals, 115. 5 Vgl. GRANDET, Papyrus Harris I, 327. 6 QUACK, Moskau 314, 159 f. 2

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gibt eine Darstellung zur Gabe von Was-Szepter, Hekat-Szepter, Arm- und Fußbändern.7 Dazu gibt es einen Rezitationsspruch, der Lapislazuli und Türkis nennt – wohl als aktuelle Materialien, aus denen die Objekte gefertigt sind. Als Heilsformeln findet man „Ich habe dir die Augen des Horus gegeben. Mögen sie deine Knochen zusammenfügen, mögen sie deine Glieder fest sein lassen.“8 Abschließend findet sich noch ein Schutzwunsch in die umgekehrte Richtung, nämlich „Mögest du den Herrn der beiden Länder Neb-Maat-Re wie Re Tag für Tag schützen.“ Diese Wendung führt direkt auf ein Grunddilemma jeder Opferszene, in welcher der König den Gott mit Schutzobjekten versieht. Einerseits ist dadurch der Gott jemand, der vom Menschen abhängig ist und den Schutz braucht, den dieser ihm gewähren kann. Andererseits ist es natürlich doch eigentlich der Gott, dessen Rolle es ist, den Menschen zu schützen, und die Reden der Gottheit in solchen Szenen sichern des Öfteren dem König Schutz zu. Die Ägypter haben offenbar kein Problem damit gehabt, derartige Schutzabhängigkeiten in beide Richtungen zu thematisieren. Auch zum Befestigen der Doppelfederkrone gibt es einen eigenen Spruch.9 Darin geht es u.a. darum, daß Isis die Feder am Kopf befestigt hat, und daß der Empfänger gegen seine Feinde gerechtfertigt wird. Weiterhin gibt es auch einen Spruch für das Seschepet-Objekt und das Gegengewicht,10 die auch in mehreren anderen Texten miteinander kombiniert werden (s. S. 280). Einerseits gibt es im Spruch wieder ein Lautspiel zwischen onX „leben“ und dem monX.t-Gegengewicht, andererseits wird das Seschepet-Objekt mit dem Verb Ssp „empfangen“ verbunden. Die Schutzfunktion geht nicht verloren, jedenfalls wird im Text auch vom Schlagen der Feinde gesprochen. Das fragliche Seschepet-Objekt sieht in den Reliefs des Sethos-Tempels von Abydos wie eine Stoffschlaufe aus. Schließlich sollte ich noch das Anlegen des Halskragens erwähnen, auf das ich mich im Verlauf dieses Buches schon mehrfach bezogen habe. Tatsächlich handelt es sich dabei um einen Spruch, der überlieferungsgeschichtlich von ganz besonderem Interesse ist. Es ist nämlich diejenige Komposition, die bereits als Pyramidentext Spruch 600 bezeugt ist, dort als Text zur Pyramidenweihe. Später erscheint sie dann, wie schon oben erwähnt, auf einem Sarg des Mittleren Reiches im Zusammenhang weiterer Ausstattungsszenen (s. S. 271) sowie im Neuen Reich im pBusca als Amulettspruch (s. S. 284) und unter den Szenen des Täglichen Tempelrituals in Abydos.11 Auch im Mundöffnungsritual wird sie als Szene 54 für die Kragendarreichung verwendet, dort ist sie allerdings nur in einigen besonders langen Fassungen des Rituals bezeugt.12

7

CALVERLY, BROOME, Abydos 2, Taf. 10.18.26, unten 3. Szene von links. BRAUN, Pharao und Priester, 195. 9 CALVERLY, BROOME, Abydos 2 Taf. 10.18.26, unten, 2. Szene von links; BRAUN, Pharao und Priester, 195 f. 10 CALVERLY, BROOME, Abydos 2 Taf. 10.18.26 unten, 1. Szene von links; BRAUN, Pharao und Priester, 196 f. 11 CALVERLY, BROOME, Abydos 2, Taf. 12.19.27, unten rechts; BRAUN, Pharao und Priester, 197 f. 12 QUACK, Fragmente des Mundöffnungsrituals, 100–102. 8

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Eine reiche Entfaltung hat der Spruch in der Spätzeit. Dann erscheint er nämlich in den Opfertableaus der Tempel der griechisch-römischen Zeit, wo er entweder im Ganzen oder unter Verwendung einzelner Versatzstücke sehr häufig zur Darreichung verschiedener Halskragen dient.13 Wesentlicher Punkt ist, daß Atum seine Arme um seine Kinder gibt, und zwar in der Ka-Geste, die als Übertragung von Kraft verstanden wird. Entsprechend wird Atum auch aufgefordert, seine Arme schützend um den Ritualempfänger zu geben. In die mythologische Konstellation des Rezitationstextes ist die ganze Neunheit eingebunden, und auch sie wird in den längeren Fassungen des Spruches explizit aufgefordert „Möget ihr NN vor seinen Feinden schützen, möget ihr ihn beschirmen, möget ihr nicht zulassen, daß in Ewigkeit irgend etwas Böses gegen ihn geschieht.“ Neben dem normalen Wort wsX wird der Halskragen teilweise auch als h#ôr.t bezeichnet. Im ramessidenzeitichen Grab des Anhurmose in Mashayich kommt der Grabinhaber auf seine Tätigkeit für die lokalen Gottheiten Schu und Tefnut zu sprechen und bezeichnet sich als „der das Udjat-Auge mit dem Gegengewicht um den Hals des Schu, des Sohnes des Re, knüpft, der die Sonnenscheibe auf dem Kopf der Tefnut befestigt“.14 In der griechisch-römischen Zeit sind Amulettopferszenen deutlich häufiger als in älteren Tempeln zu finden, obgleich immer noch sicher keiner der häufigsten Szenentypen. Besonders gerne werden Pektorale dargebracht, wobei sie sozusagen als Chiffre für Amulette im Allgemeinen fungieren können.15 Aus dem reichen Bestand kann ich hier nur einige Beispiele herausgreifen, die aber völlig ausreichen dürften, um die Grundprinzipien zu illustrieren. Edfou Mammisi 158,10 f. lautet der Rezitationstext „Der Kragen an deine Kehle aus neun Blättern! Die Neunheit bewirkt deinen Schutz, sie hat dich vor deinen Feinden geschützt. Mögen sie dich schützen, mögen sie deine Beschirmung bewirken. Möge dein Herz fest sein, wenn du nach draußen ziehst. Es gibt in Ewigkeit nichts Schlechtes gegen dich.“ Horus spricht in Erwiderung darauf „Meine Arme sind um dich, ich schütze dein Fleisch. Dein Übel fährt stromab zum Nil“ (Edfou Mammisi 158,14). Im Vergleich zu Szene 54 des Mundöffnungsrituals kann man unschwer die Anspielungen auf den Basistext des Kragenspruches ebenso wie die nicht wenigen Unterschiede erkennen. Zu beachten ist eine theologische Ausdeutung: Die Neunheit des Rezitationsspruches wird mit den floralen Elementen verbunden, konkret den Blättern, aus denen der Kragen hergestellt ist.16 In einer Szene am Month-Tor von Karnak (Abb. 108) werden besonders viele Namen durchgespielt, was auch damit zusammenhängt, daß der Kragen noch mit zwei herzförmigen Amuletten kombiniert ist.17 Im Rezitationstext des Königs heißt es: „Das n@-rA an dein Herz, das Hr|-s.t-|b an dein Herz, das Pektoral, um deine Brust zu schmücken, das

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GRAEFE, Verarbeitung von Pyramidentexten; EGBERTS, Substanz und Symbol, 76; QUACK, Pyramiden, 44 f. 14 OCKINGA, AL-MASRI, Mashayikh, Band I, 30 f., Taf. 20 f., Kol. 9, vgl. ähnlich 58, Taf. 40 f., Kol. als das in der Edition angegebene zu lesen sein dürfte). Vgl. MEEKS, Mythes et 7 (wo eher légendes, 273. 15 GRAEFE, König und Gott, 71–77; MIALON, Beb, COPPENS, Wabet, 128–131; FORTIER, Offrande du pectoral. 16 GRAEFE, Verarbeitung von Pyramidentexten, 136. 17 AUFRÈRE, Propylone, 395–401.

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Weißgold in seiner Gestalt, das Erz in seiner Abschirmung, die Edelsteine insgesamt, das w@#-Pektoral um dein Herz, deine Eingeweide am #w.t-|b-Pektoral.“ Beim Gott wird seine Aggressivität betont, insbesondere „der Millionen angreift, ohne daß es einen gibt, der ihn angreifen könnte, Horus mit starkem Arm, mächtig an Uräen.“ Ansonsten greifen die Gottheiten in ihren Reden das Thema des Herzens besonders auf, sie verheißen also dem König, sein Herz würde an seinem Platz ruhen, aber die Herzen aller, die gegen ihn kämpfen, würden sie verrücken. Dies ist also ein Fall, wo beim Amulettopfer nicht auf den alten Spruch des Halskragens zurückgegriffen, sondern ganz andere Ideen herausgestellt werden. Im Rahmen von Prozessionen der Kas und Hemusut finden sich für den Ka der Ausstattung (k# spô) häufig Stichwörter, die auf Schmuck und Amulette Bezug nehmen.18 In den Abbildungen sind spezifisch Pektorale dargestellt. Auch für die parallele Personifikation der Hemuset des Ausstattens (Hmws.t spô) gibt es Edfou III, 101,10–12 die Angabe, sie erhöhe die Gestalt mit Pektoral und Halskragen, zudem würde sie dem Gott das Amulett knoten.19 Eine andere Prozession, in der sie auftritt (Dendara XV, 225,2– 4.278.9–11),20 erwähnt Edelsteine und den Schutz der Stätte sowie ein Objekt, das als „was an der Brust ist“ bezeichnet wird, somit ebenfalls eine Art Pektoral darstellen dürfte.21 Für den vierten oberägyptischen Gau spezifisch ist es, ein Amulett zu versehen (opr w@#), wie die an Month gerichtete Szene Edfou III, 272,3–7 zeigt.22 Recht instruktiv ist auch eine Amulettopferszene in Edfu, die spezifisch mit dem 10. oberägyptischen Gau verbunden ist (Edfou VII, 312,16–313,14).23 Textlich wird das dargebrachte Objekt als Käferamulett bezeichnet; der Darstellung nach handelt es sich um ein Pektoral mit einer Flügelsonne und einem geflügelten Käfer. Im Rezitationstext des Königs wird nur generell davon gesprochen, der Gott solle es sich um den Hals knüpfen (Edfou VII 312,3 f.). Die göttliche Randzeile nennt als Gegengabe des Gottes auch den Schutz des Königs durch die Seneb-Pflanze (Edfou VII, 313,4), die auch sonst als Schutzmittel gut bekannt ist (s. S. 295). Ebenfalls an Month (begleitet von Tenenet oder Rat-Tawi) gerichtet sind Szenen des Umbindens des Amuletts Edfou I2, 99.12–100,6; Edfou II2, 72,9–16; 108,6–16. Sie thematisieren meist den Schutz der Götter zugunsten des Königs, wobei die Thematik des Kampfes gegen Feinde explizit angesprochen wird, aber auch die Wanderdämonen als zu beseitigende Gefahr erscheinen (Edfou I2, 100,5). Daneben kann auch die Erlangung von Edelsteinen aus den Bergen angesprochen werden (Edfou II2, 108,15 f.), wohl im Hinblick auf das Material der betreffenden Amulette.24

18 VENTKER, Garanten der Herrschaft, 156–162; vgl. CAUVILLE, Dendara XV Traduction, 280 f. 354 f. 19 VENTKER, Garanten der Herrschaft, 197–200. 20 Vgl. CAUVILLE, Dendara XV Traduction, 282 f.356 f. 21 Vgl. VENTKER, Garanten der Herrschaft, 199. 22 LEITZ, Regionale Mythologie, 104. 23 KURTH, Edfu VII, 596–598; LEITZ, Regionale Mythologie, 210. 24 Vgl. Gräfin von PFEIL-AUTENRIETH, Gotteslohn, 275.

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Dem Tempelherrn Horus gilt eine andere derartige Szene (Edfou II2, 116,6–14), die ebenfalls die Kontrolle über die Herkunftsorte von Rohstoffen anspricht. Edfou I2 426,3–5 erhält einerseits Horus vom König ein Amulett (w@#), andererseits verheißt er dem König, er würde die Amulette des Re und des Horus erhalten (vgl. S. 30).25 Dendara VIII, 36,7–10 erscheinen Schmuckstücke neben anderen Ausstattungsobjekten (Kleidung und Schminke). Dabei werden auch Armbänder, ein Heh-Symbol sowie Udjat-Augen genannt. Die Letzteren beiden sind, wie schon oben gezeigt, wichtige Elemente von Schutzritualen königlicher Situierung (s. S. 293.296 f.). In einer geographischen Prozession in Medamud (Nr. 240) werden für den 18. unterägyptischen Gau Amulette (w@#; allerdings mit dem Determinativ des Halskragens) mit Halsschmuck und Armbändern kombiniert.26 Eine spezielle Szenengruppe stellt die Gabe von Udjat-Augen dar.27 Thematisch zeigen sie sowohl hinsichtlich der involvierten Gottheiten als auch der angesprochenen Inhalte eine große Vielfalt. Wenigstens teilweise wird dabei auch die Sehfähigkeit angesprochen.28 Bei Horus von Qus wird der Kampf gegen Götterfeinde erwähnt. Wo Bastet es empfängt, stehen Themen der gefährlichen und besänftigten Göttin im Vordergrund. Bei Min wird dagegen der lunare Aspekt betont. Zur Lagerung der Amulette des Gottes wurde der sogenannte „Tresor“ (ob#-@f#.w) verwendet,29 über dessen Funktion im Zusammenhang mit den Amuletten eine Inschrift im Tempel von Athribis berichtet: „Betreffend den Tresor, so ist das der schöne Platz; die Schatzkammer von Gold, Silber, Kupfer, allen echten Edelsteinen, jedem Amulett (w@#) und jedem Schutzmittel (s#), das zum Gottesleib aufsteigt, ist dort, um die Glieder der Götter mit Amuletten (w@#.w) zu versehen, um ihre Brust mit Schutzmitteln (s#.w) zu schmücken, vielen Kränzen der Herzenszerstreuung, allen Blumengirlanden. Sie zimmern (?) Kränze, um ihre Brust gedeihlich zu erhalten, Amulette (w@#.w), um ihren Schutz (s#) zu bewirken, sie geben Halskragen, sie sehen ihre Schönheit wie die Strahlen der Sonne.“ (Athribis III, C 3, 49).30 Die Schatzkammer (pr-H@) im Tempel von Dendara (Raum Q) zeigt etliche Szenen der Darbringung von Schmuck oder Amuletten (Dendara IV, 147–178). Belegt sind neben Opfergaben von unverarbeiteten Mineralien auch Halskragen und Pektorale.31 Als besondere Spezialität seien die Abbilder der Dekane in der Tradition der Sethos IBFamilie erwähnt, die in ein Ritual zur Besänftigung der Sachmet integriert sind (Dendara

25

COPPENS, Wabet, 154. DRIOTON, Médamoud 1925, 106; LEITZ, Regionale Mythologie, 558.565 f. 27 VILLARS, Lumière; DIES., Offrande de l’œil-oudjat; GRÄSSLER, Auge, 95 f.; BAUMANN, Schatzkammern, 736 f. 28 Z.B. Edfou VII, 163,13, s. auch VILLARS, Offrande de l’œil-oudjat, 819, wo die Umschrift m## in p(t)r zu korrigieren ist, und KURTH, Edfu VII, 295, die Relativformen verstehen, bei denen dann aber die Vergangenheitsform wenig verständlich wäre. 29 Vgl. BAUMANN, Schatzkammern, dort übergreifend zur Lagerung der Amulette 758–760. 30 LEITZ, MENDEL, Athribis III, 186; vgl. BAUMANN, Schatzkammern, 77 f. Die Formulierung dürfte in starkem Maße vom Buch vom Tempel inspiriert sein. 31 Vgl. für die verschiedenen Amulette und Schmuckstücke, die in der Dekoration von Schatzkammern autreten, BAUMANN, Schatzkammern, 720–727. 26

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IV, 162,6–163,11; 176,7–178,7). Ihnen wird jeweils eine Materialangabe beigegeben, die mutmaßlich auf real daraus hergestellte Figurinen verweist.32 Ein besonders schutzbedürftiger Gott ist Osiris. Auf etliche der Details in seiner Amulettverwendung bin ich bereits in Kapitel 10 eingegangen, da ich sie für wesentlich relevant für das Verständnis der spätzeitlichen Amulettausstattung für Menschen halte, aber ein paar generelle Aussagen sollten hier nicht fehlen. Tatsächlich kann Osiris direkt als „Herr der Amulette“ (nb w@#.w) bezeichnet werden (pBremner-Rhind 10, 3); Amulette (w@#.w) an seinem Hals werden in der Aufschrift eines Votivkrugs aus Umm elQa’ab aus der Zeit Ramses’ II. neben Uräen auf dem Kopf und einer Ma’at an der Kehle erwähnt (KRI III, 64,13 f.). In einer Verklärung für Osiris, die auch eine Gliedervergottung beinhaltet, wird insbesondere der Nacken hervorgehoben als der, der Amulette und Halskragen trägt (pLouvre I 3079, 110,36 = pMMA 35.9.21, 20,3 = pBM 10208, 1,30)33 – das paßt zur Standardplazierung von Amuletten am Hals. Spezifischer ist schon ein direkt anschließender Passus, der nur in zwei der drei Handschriften vorhanden ist (pBM 10208, 1,30–2,1 u. pMMA 35.9.21, 20,3–4). Zu den Schultern heißt es nämlich, daß das m(n)Qr.t, also das Schlangenkopfamulett, ihnen zugehöre.34 Damit befindet man sich in Bereichen, die bereits im Zusammenhang mit der Tradition um den Goldamulettetext behandelt wurden (s. S. 272). Zumindest indirekt ist auch noch der nachfolgende Satz über die Arme relevant, in dem es darum geht, daß sie Geißel und Szepter halten – das sind Objekte, die potentiell von der Ausstattungs- auf die Amulettebene geraten können und auf einem Goldplättchen gemeinsam mit Objekten aus der Tradition des Goldamulettetextes dargestellt sind (s. S. 290). Auch die Hände, die einen Stab halten, bewegen sich in diesem Bereich. Dezidierter um reine Amulette geht es dann, wenn es heißt „die Amulette des Bettes sind dein Schutz zu den Zeiten, ein Schutz deiner Glieder. Sie werfen alle deine Feinde nieder.“; d.h. die Bahre des Osiris wird mit Schutzamuletten umgeben (pLouvre I 3079, 111,9). Unter den osirianischen Schutzritualen möchte ich eines herausgreifen, das mit konkreten Objekten operiert, wie sie heute noch archäologisch nachweisbar sind, nämlich die sogenannte Enthüllung der Geheimnisse der vier Kugeln, die in spätzeitlichen Papyri überliefert ist und angesichts des weithin jungen Sprachcharakters auch insgesamt eine junge Komposition darstellt.35 Ich habe diese Komposition oben schon einmal kurz erwähnt, und zwar unter dem Stichwort der Textamulette (s. S. 128). Zwei spätzeitliche Amulettpapyri im Louvre sind nämlich mit Auszügen aus dieser Komposition beschriftet. Auch die vollständigste Fassung verwendet archäologisch faßbare Objekte, nämlich

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QUACK, Dekane, Kap. 1.2.3.6. HAIKAL, Nesmin, Band 1, 57; Band 2, 52; GOYON, Imouthès, 54, Taf. XIX. 34 HAIKAL, Nesmin, Band 1, 57; Band 2, 52; anders GOYON, Imouthès, 54 Anm. 22, gegen diesen jedoch SMITH, Traversing Eternity, 143 Anm. 31; KUCHAREK, Klagelieder, 130 f. 35 GOYON, Quatre boules; DERS., Imouthès, 63–73; DERS., Recueil de prophylaxie, 100–108; KOLEVA-IVANOV, Osiris et les briques; THEIS, Magie und Raum, 258–274. Vgl. COULON, Uræi gardiens, 102 f. 33

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eben vier Kugeln. In der Nachschrift einer der Handschriften heißt es dazu explizit „Worte sprechen über vier Tonkugeln, beschriften mit dem Namen von Amun und Month auf einer, nach Süden werfen; Schu und Tefnut auf einer anderen, nach Norden werfen; Neith und Wadjit auf einer anderen, nach Westen werfen; Sachmet und Bastet auf einer anderen, nach Osten werfen.“ (pMMA 35.9.21, 32,16–18). Eine andere Handschrift (pBrooklyn 47.218.138, x+15,8–10) gibt nur knapper an: „[Worte sprechen] über vier [Ton]kugeln; nach Süden, Norden, Westen und Osten werfen“, verzichtet also auf die Angabe der spezifischen Gottheiten und nennt zudem anschließend als alternative Praktiken noch, die Objekte ins Wasser zu werfen oder den Text als Handschrift am Hals des Nutznießers zu verknoten (s. S. 128). Der Rezitationstext ist etwas komplexer hinsichtlich der Namenszuweisung, als die Nachschrift erwarten ließe. Prinzipiell werden die Kugeln als Schutzamulette des Re angeredet, die er seinem Sohn Osiris gab. Sie werden auch als aus Re, aus Geb bzw. aus Osiris hervorgegangen bezeichnet. Dies ist sicher nicht rein abstrakt zu verstehen, sondern im Sinne konkreter verwendeter Substanzen; insbesondere der Ton als Hauptbestandteil stammt vom Erdgott Geb, Wasser von Osiris; und die Sonne spielt beim Trocknen eine Rolle. Konkret angerufen werden dann Amun, Month, Bastet, Anubis und die Henbet-Schlange36 als Gottheiten, die den Schutz ausüben sollen und spezifisch mit dem Süden assoziiert werden. Mit dem Norden assoziiert werden Onuris, Mehit und die großen Götter von Behedet sowie die, die sich unter den Hau-Nebu befinden. Dem Westen zugeordnet werden Neith, Wadjit, Sachmet, Bastet, Anubis, Reschep und Ha. Schließlich für den Osten stehen die Götter von Per-Ba, Thot, Anubis, Bastet, Sopdu, Horus von Schedenu. Insgesamt arbeitet die geographische Zuteilung recht effektiv. Für den Süden und Norden sind Gottheiten gewählt, die im südlichen Oberägypten bzw. nördlich von Abydos oder sogar im nördlichen Delta zu lokalisieren sind, während für Osten und Westen Gestalten aus den jeweiligen Seiten des Deltas ausgewählt sind. Im Vergleich zur Handlungsanweisung wird deutlich, daß zum einen aus der Menge der angerufenen Schutzgötter jeweils nur zwei für die Beschriftung ausgewählt sind – das dürfte eine Platzfrage sein, denn auf einer kleinen Kugel ließen sich nicht unbegrenzt viele unterbringen. Es gibt zudem gewisse Spannungen. Die mehr für den thinitischen Gau spezifischen Onuris und Mehit des Rezitationstextes sind in der Handlungsanweisung durch die übergreifender relevanten Schu und Tefnut ersetzt, wie es auch im pChester Beatty V ähnlich vorkommt (s. S. 103). Sachmet ist unter den Göttern des Ostens zumindest im überlieferten Textbestand gar nicht genannt. Solche Lehmkugeln mit Götternamen als Beschriftung sind tatsächlich mehrfach gefunden worden und befinden sich heute etwa im Louvre oder im Übersee-Museum Bremen.37 Sie sind offenbar aus eisenhaltigem Ton, mit Gummi vermischt, hergestellt worden. Allerdings sollte man beachten, daß sie üblicherweise eine leicht andere Namensbeschriftung tragen, nämlich Wadjit, Bastet, Sachmet und Seschemtet. Das ist eine Gruppe von vier Göttinnen, die als Schutzgöttinnen gerne gemeinsam auftreten. Sie

36

Zu ihr vgl. GABER, Guardian Snake. ZIEGLER, Quatre boules; MARTIN, Kleindenkmäler, 419–421; FELGENHAUER, Aus Gräbern, Heiligtümern und Siedlungen, 55. Vgl. WARAKSA, Female Figurines, 159–161. 37

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werden sogar tatsächlich einmal als vier Kugeln identifiziert, die in Abydos zum Schutz des Osiris dienen, allerdings nicht im Rahmen der als „Geheimnisse der vier Kugeln“ betitelten Komposition, sondern im Rahmen des oben bereits erwähnten Rituals zum Schutz des Königs bzw. des Götterkindes in den 12 Stunden der Nacht (Edfou Mammisi, 112,9–10).38 Konkret gefunden wurden diese Kugeln, zumindest was die heute im Louvre befindlichen Stücke betrifft, in der Nekropole von Tehne, wo Särge mit Osirisfigurinen niedergelegt waren, also konkret die Figurinen, die jedes Jahr für die Choiakfiguren hergestellt, dann eine Weile zwischendeponiert und schließlich nach einem Jahr endgültig verborgen wurden. Diese Sarkophage waren im konkreten Fall jeweils von vier solchen Kugeln umgeben. Es scheint sich um eine chronologisch befristete Sitte gehandelt zu haben, denn um Särge in den unteren Bereichen des Friedhofs fanden sich stattdessen Löwenköpfe, ebenfalls aus ungebranntem Ton. Diese dürften allerdings kaum einen grundsätzlichen Wechsel der Konzeption anzeigen, denn die betreffenden Göttinnen können konkret mit einem Löwenkopf auftreten. Nunmehr ist es eindeutig, daß diese Kugeln nicht ganz dieselben sind, wie wir sie in den Offenbarungen der Geheimnisse der vier Kugeln vorfinden. Die Namen sind in den präzisen Details doch etwas anders als diejenigen, welche in dessen Nachschrift angegeben werden. Auch die Deponierung ist eine andere, sofern man das hier als „Werfen“ interpretierte Verb X#o nicht nur als einfaches „legen“ auffaßt und damit eine Deponierung rings um die Osirisfigur ansetzt, wie sie bei den archäologisch dokumentierten Funden gegeben ist. Allerdings können die Dinge auch nicht weit auseinander liegen. Tatsächlich werden sogar in einer Textfassung des Rituals, die im Tempel von Hibis in der Oase Charga (Perserzeit) überliefert ist,39 gerade die vier Göttinnen als Schützerinnen angerufen, deren konkrete Namen auf den aktuell gefundenen Kugeln zu lesen sind. Zudem sei an pBrooklyn 47.218.138, x+17,12–16 erinnert, wo neben Knotenamuletten auch Tonkugeln zum Einsatz kommen, die mit dem Namen von Göttinnen beschriftet sind, konkret Isis, Nephthys, Neith und Selket (s. S. 94). Der Einsatz von vier Tonkugeln im Rahmen eines Schutzrituals findet sich auch im Rahmen eines sekundär funerär adaptierten Textes im pBM EA 10288, A, 1,5–7.40 Am Ende einer weitgehend verlorenen Beschwörung, die sich wenigstens teilweise gegen gefährliche Tiere richtet, heißt es: „Worte sprechen über vier Kügelchen aus „männlichem“ Ton, diese […] darauf – Variante: vier […], diese Götter darauf – ausbreiten im Süden, Norden, Westen, Osten. Das bedeutet, Gefahr abzuwehren bei allen bösen Dingen, [jeder] Schlange [in der Wüste,] jedem [Krokodil] im Wasser, jeder bösen Rase[rei], als wahres Mittel, millionenfach (bewährt).“ Gerade weil dieser Text zumindest sekundär aus einer Anwendung für Osiris stammen dürfte und vom Niederlegen in Form eines Ausbreitens (ptX) spricht, käme auch er als ritueller Hintergrund der real gefundenen Kugeln in Frage.

38

PRIES, Nächtliches Stundenritual, 21–23. DAVIES, Hibis III, Taf. 19 f. 40 Edition des Textes CAMINOS, Pap. B.M. 10288. 39

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Das Wegwerfen bzw. Hinlegen in die Himmelsrichtungen ist eine Instrumentalisierung, die nicht eben strikt eine Amulettverwendung ist – man trägt die Objekte ja nicht am Körper. Dennoch sei hier auf eine mögliche Vergleichsszene hingewiesen. Im Rahmen des Rituals von Djeme findet sich im Gebäude des Taharqa am heiligen See von Karnak auch eine Szene, in welcher der König Kugeln in die vier Himmelsrichtungen wirft, während die Gottesgemahlin Pfeile auf vier Brote schießt – mutmaßlich ebenfalls als Schutzgestus in alle vier Himmelsrichtungen.41 Der Zusammenhang ist derjenige eines Prozessionsfestes, bei dem Amun-Re den Hügel besucht, der als lokales Osirisgrab fungiert. Zumindest ein potentielles Wegwerfen der Kugel begegnet in einer Praktik zum Schutz vor Krokodilen, die im magischen Papyrus Harris 6,10–7,1 belegt ist.42 Ihr zufolge soll der Spruch über einem Ei aus Ton rezitiert werden, das ein Mann am Bug des Schiffes in der Hand hält und ins Wasser wirft, falls ein Krokodil auftaucht. Wichtig zum Verständnis ist der Inhalt des Rezitationsspruches. In ihm wird ein „Ei des Wassers, Speichel der Erde, Same der Achtheit“ angesprochen. Das manuell manipulierte Ei aus Ton soll offenbar mit diesem göttlichen Ei gleichgesetzt werden. So soll die Gefahrensituation, in die es dadurch gerät, daß es vor das Krokodil geworfen wird, die Götter zum Einschreiten bringen. Der Wirkungsmechanismus ist demnach ein ganz anderer als bei anderen Ritualen, die das Wegwerfen von Kugeln involvieren. Zudem kann ich auf eine Verwendung hinweisen, bei der Kugeln nicht weggeworfen, sondern eher im Sinne von Amuletten am Körper deponiert werden. Im ramessidischen pLeiden I 348 rt. 4,10–6,4 wird ein Spruch über vier Lehmkugeln rezitiert.43 Damit werden dann die Glieder eingerieben, und die Kugeln unter den Kopf gelegt, um Dämonen fernzuhalten. Derartige Lehmkugeln sind bereits in wenigstens zwei Mastabas des Alten Reiches gefunden worden.44 In einem Fall waren sie in einem absichtlich gebohrten Loch in der Mauer deponiert worden. Sie trugen auf der Außenseite einen Siegelabdruck, der am ehesten einfach als Xt| „Siegel“ zu lesen ist. Im Innern waren eventuell absichtlich Reste von Keramik und Knochen beigemischt, vor allem fanden sich Reste von Stoffen (oder möglicherweise Papyri), die allerdings bei der modernen Öffnung der Kugeln rasch zerfielen und nicht untersucht werden konnten. Ein noch unpublizierter Fund in Elephantine zeigt in einer solchen Kugel eine Ächtungsfigur mit Resten von Haar und Stoff, was potentiell Hinweise auf die Bedeutung der anderen Objekte gibt.45 Immerhin zeigen diese Objekte, daß eine solche Deponierung von Kugeln – mutmaßlich doch im Rahmen

41

PARKER, LECLANT, GOYON, Edifice of Taharqa, 61–65, Taf. 25; THEIS, Magie und Raum, 274–

277. 42

LEITZ, Magical and Medical Texts, 39 f., Taf. 17 f. BORGHOUTS, Leiden 348, 19 f.84–97, Taf. 4–6.21–23. 44 GARSTANG, Reqâqnah, 32.59, Taf. XXX; PEET, Remarkable Burial Custom. Vgl. DUBIEL, Amulette, Perlen und Siegel, 116 f.; THEIS, Magie und Raum, 277–280. Vgl. auch BOOCHS, Siegel, 55–56, der den fetzenhaften Zustand des Leinens bzw. Papyrus ohne ausreichende Begründung als Zeichen bewußter Zerstörung ansieht. 45 WILLEMS, Context, 318 mit Anm. 251. 43

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irgendeines Schutzrituals – ein Vorgang ist, der in Ägypten eine sehr lange Tradition hat. Auch Nilschlammbälle mit Haaren darin können archäologisch nachgewiesen werden.46 Für ihre Bedeutung gibt eine Passage auf einer Horusstele der Dritten Zwischenzeit (Kairo, Museum of Seized Antiquities Inv. 379) eventuell genauere Aufschlüsse.47 Dort ist eine Langfassung von Spruch B+C der Horusstelen überliefert, und danach steht bislang singulär belegt eine Nachschrift. Sie gibt an, der Spruch solle über Haar eines Gelockten gesprochen werden, das an den Verwundeten (xr|-ôm.t) gegeben werde. Zudem werden Kügelchen erwähnt, bei denen die Details allerdings unklar sind. Spruch B+C der Horusstelen richtet sich vor allem gegen das Krokodil als Gefahr im Wasser. Insofern könnte eine Deponierung derartiger Kügelchen als Schutz eines Raumes prophylaktisch gedacht sein. Der „Gelockte“ ist u.a. in Heliopolis (allerdings auch anderen Orten) zu verorten,48 und der Spruch nimmt explizit auf Heliopolis Bezug, wenngleich keine direkte Erwähnung des Gelockten vorliegt.

46

TASSIE, Hair-Offerings, 60 f.; ARNST, Nilschlammbälle; THEIS, Magie und Raum, 394 f. KÁKOSY, MOUSSA, Horus Stela, 151.153.156.158 Anm. Z. 48 DERCHAIN, Papyrus Salt 825, 67–70.73–75; KLOTZ, Specific Titles, 742. 47

14 Amulette und ihre Erwähnungen in späten Funerärkorpora Während das sogenannte Totenbuch (s. Kap. 8) ein ausgesprochen heterogenes Ensemble ist, gibt es ein anderes Werk, nämlich das sogenannte Balsamierungsritual, das eine sehr viel geschlossenere Struktur aufweist. Der Text ist auf drei Papyri sämtlich der Römerzeit überliefert.1 Der moderne Titel ist bis zu einem gewissen Grad irreführend, da es sich nicht um ein tatsächliches Handbuch der Mumifizierung handelt.2 Vielmehr ist es spezifischer ein Handbuch über die letzten Phasen der Zurichtung des bereits balsamierten Leichnams, also die Salbungen und Wicklungen. Gerade diese Behandlungsphase ist natürlich diejenige, welche für funeräre Amulette von Bedeutung ist, und deshalb lohnt ein Blick, welche konkreten Amulette genannt werden. Die Salbungen als solche können natürlich nicht als Ausstattung mit Amuletten verstanden werden, man sollte aber betonen, daß die ägyptischen Texte sie teilweise explizit als Mittel zum Schutz vor Feinden betrachten,3 sie somit eine ähnliche Funktion hatten. Auch die Stoffstreifen werden bereits aus sich heraus als schützende Objekte betrachtet. Wichtig ist dabei, daß die Stoffe zum Gutteil spezifischen Gottheiten zugewiesen werden, etwa die Binde des Sobek, des Re-Harachte, der Nechbet, der Hathor von Dendera, des Thot, der Nebet-Hetepet. Für verschiedene Körperpartien wird dann auch explizit angegeben, wie viele Stoffstreifen benötigt werden und welches ihre religiösen Namen sind. Etwas direkter objektbezogen ist es, wenn im Rezitationstext von Gold, Silber, Lapislazuli, Türkis, Fayence und Karneol gesprochen wird, die den Verstorbenen treffen. Die Edelsteine sollen an den Öffnungen aus Flachs sowie dem ersten Tor des harten Steins den betreffenden Menschen schützen (pBoulaq III 3,8–9). Hier wird man überlegen können, ob eine Abfolge von vegetabilen Durchgängen vor dem steinernen Grabbau gemeint ist.4 An einer weiteren, ähnlich formulierten Stelle heißt es, Türkis und Lapislazuli würden an das Gesicht und alle Edelsteine an die Öffnungen des Kopfes kommen (pBoulaq III 6,23–7,1).

1

Edition SAUNERON, Rituel, und jetzt TÖPFER, Balsamierungsritual; Übersetzung GOYON, Rituels funéraires, 21–84; SMITH, Traversing Eternity, 215–244. Einige inhaltliche Überlegungen in AUFRÈRE, Thot Hermès, 184–214. 2 Ein solches gibt es für den Apisstier, s. VOS, Apis Embalming Ritual; MEYRAT, First Column und zuletzt die Übersetzung. des gesamten Textes in QUACK, Balsamierungsritual des Apisstieres. Gewisse Ansätze zu einem derartigen Text für Menschen sind jetzt für das Neue Reich im pLouvre E 32847, vs. 16,17–19,4 greifbar, s. BARDINET, Médecins et magiciens, 211–226. 3 So z.B. PT 53 a–b = Mundöffnungsritual, Szene 55 II q; vgl. OTTO, MÖR, Band 2, 122. 4 Vgl. andere Deutungsvorschläge bei TÖPFER, Balsamierungsritual, 98.265 f.

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317

Ebenfalls als Schutzobjekte werden goldene Finger- und Zehenhülsen verstanden (pBoulaq III 3,15–4,7). Archäologisch kennt man solche Objekte aus dem Grab des Tutanchamun und den Königsgräbern von Tanis sowie von einzelnen hochgestellten Personen;5 sonst ist Vergoldung von Fingern und Zehen nur bei späten Mumien üblich (s. S. 262 Anm. 128). Auch Pflanzen spielen eine Rolle. Die Anch-Imi sowie die Senupet-Pflanze werden spezifisch als Schutz des Lebens angegeben (pBoulaq III 6,6 f.);6 man kann davon ausgehen, daß zur Rezitation eines derartigen Textes auch tatsächlich Produkte aus diesen Pflanzen dargebracht und eingesetzt wurden, wie es schon im Totenbuch sowie auf einer spätzeitlichen Stele beobachtet werden konnte (vgl. S. 183). An einer Stelle werden konkret Anch-Imi-Pflanze, Pech und Seben-Pflanze7 in die Hand der Mumie gelegt. Es soll ein Amulett mit 36 Knoten gemacht werden, das in die linke Hand gegeben wird (pBoulaq III 7,10 f.).8 Das Verfahren steht an sich in guter Tradition zu den bereits oben besprochenen Knotenamuletten (s. S. 84–95), nur die Zahl ist völlig abweichend von sonstigen Ausführungsvorschriften. Sie wird im Text bewußt explizit erklärt, es seien nämlich 36 Götter, mit denen die Seele des Verstorbenen zum Himmel aufsteige, und es seien 36 Gaue, in denen die Rituale des Osiris durchgeführt würden. Die Zahl wird somit mit derjenigen der Dekansterne verbunden und ist eines der wenigen klaren Zeugnisse dafür, daß alle 36 Dekane für das Jenseitsschicksal von Interesse sind.9 Schließlich wird es mit einem Sproß der sonst nicht bekannten Mns-Pflanze10 und vom orw-Baum (SeyalAkazie?) zusammengebunden; letzterer wird theologisch mit Osiris verbunden.11 Das ganze wird mit Gummi an der linken Hand festgeklebt und mit einer Binde umwickelt, auf der eine Abbildung des Überschwemmungsgottes Hapi gezeichnet ist, zudem soll auch noch ein Abbild der Isis mit Auripigment auf einen Stoffstreifen gezeichnet werden. Die Stoffe sollen dem Toten so beigegeben werden, daß er die Abbilder der Gottheiten in den Händen hält – gleichzeitig auch als religiöser Wunsch, diese Götter sollten nicht von ihm fern sein (pBoulaq III 7,11–15). In diesem Falle wird also die Zuordnung von Stoffen zu Gottheiten durch eine klar angegebene Zeichnung etwas transparenter gemacht. Die anschließenden Rezitationstexte nehmen auf die Götter sowie auf die Pflanzen auch explizit Bezug (pBoulaq III 7,7–8,16). Dabei wird etwa die SenebPflanze als erster Schutz der Götter und Göttinnen (8,8) sowie als guter Schutz des Horus selbst (pBoulaq III 8,9) bezeichnet. Selbst das zum Zeichnen verwendete Auripigment findet sich in der Verklärung wieder, wo es als Ausfluß des Re gedeutet wird (pBoulaq III 8,14–16).

5

CARTER, Tut-Ench-Amun II, 180.187 f.; MONTET, Tanis I, 69.89, Taf. LXI; DERS., Tanis II, 41.52.73.155–158, Taf. XXXIII.XLVI.CXXIII f.; LE GUILLOUX, Psousennès, 340–343; LILYQUIST, Tombs of Three Foreign Wives, 135 f.200; TÖPFER, Balsamierungsritual, 250. 6 Vgl. TÖPFER, Balsamierungsritual, 145 Anm. dg). 7 Metathese der sonst üblichen Lautform Seneb. 8 Vgl. TÖPFER, Balsamierungsritual, 156.163 Anm. f). 9 QUACK, Beiträge, Kap. 1.5. 10 Vgl. TÖPFER, Balsamierungsritual, 164 Anm. h) mit dem Vorschlag einer Emendation. 11 Vgl. KOEMOTH, Osiris et les arbres, 179–193.

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Der nächste Arbeitsschritt der Umwicklung ist inhaltlich nochmals sehr ähnlich: Anch-Imi-Pflanze und Pech werden in die rechte Hand gegeben und mit der Flüssigkeit der Mesten-Pflanze befestigt. Außen darum kommt eine Stoffbinde, auf der Isis und Nephthys mit roter Tinte, Myrrhe und der Flüssigkeit der Tech-Pflanze gezeichnet sind. Ebenso soll ein Stoffstreifen plaziert werden, auf dem ein Abbild des Re mit Auripigment gezeichnet ist, zudem ein Abbild des Min mit Ocker auf Honig. Diese Streifen sollen in zwölf Wicklungen gemacht werden, nachdem man sie mit schwarzer Tinte mit dem Wortlaut: „Ergreife dir das Sonnenlicht, halte dir den Mond fest!“ beschriftet hat. Dann sollen die ganzen Streifen so in die Hand gelegt werden, daß der Tote tatsächlich Sonnenlicht und Mond sowie seine Schwestern Isis und Nephthys mit seiner rechten Hand festhält (pBoulaq III 8,17–22). Der transparente Symbolismus ist ziemlich offenkundig. Re steht eindeutig für das Sonnenlicht, bemerkenswerter ist, daß Min eindeutig dem Mond zugeordnet ist. Die Menge der Faltungen steht in offensichtlicher Relation zu den Stunden. Auch hier werden alle Elemente der Handlung recht präzise in der Verklärung wiederaufgegriffen, sogar die rote Tinte ist als Blut der Rebellen präsent (pBoulaq III, 9,10 f.).12 Auch für die Wickelung der Beine werden Leinenzeichnungen verwendet. Man soll ein Abbild von zwei Schakalen, die sich gegenseitig anblicken, mit Tinte und Myrrhenflüssigkeit auf Stoffstreifen zeichnen – das ist dann die Binde des Anubis von Hardai und des Horus von Hebenu. Anubis kommt auf das rechte, Horus auf das linke Bein (pBoulaq III, 9,15 f.). Eine Mumienbinde mit entsprechender Zeichnung (zwei sich antithetisch gegenübersitzende Schakale mit Schlüssel um den Hals) ist tatsächlich bekannt.13 Dann werden noch Anch-Imi-Pflanze, Natron und Pech an die Fußgelenke gegeben, mit Gummi festgeklebt, und eine in zwölf Knoten geknüpfte göttliche SenebPflanze an das rechte Bein, ein Stoffstreifen mit zwölf Knoten an das linke Bein gegeben (pBoulaq III, 9,16–18).14 Die zweimalige Zwölfzahl dürfte in Verbindung mit den Stunden des Tages und der Nacht stehen. Insgesamt genommen scheint das Verfahren des Balsamierungsrituals ziemlich einheitlich. Auf der einen Seite werden Edelmetalle und kostbare Steine erwähnt, aber meist nur in den Verklärungssprüchen, ohne daß ihnen auf der Handlungsebene konkrete Objekte zugeordnet sind. Dennoch wird man Schmuck und Amulette annehmen dürfen. Auf der anderen Seite stehen die Stoffamulette. Obgleich nur im hinteren Teil die Zuordnung der Stoffstreifen zu Göttern konkret durchgeführt ist, wird man die Frage stellen müssen, ob sie so auch für den vorderen Teil intendiert war. Eine Verknotung ist dabei häufig; die Objekte fallen also gleichzeitig in den Bereich der Amulettzeichnungen und der Knotenamulette. Bestimmte Pflanzen, die zusammen mit Natron und Pech typischerweise auch appliziert werden, kann man mehr dem Bereich der Naturobjekte als Amulette zuordnen. Allerdings ist bei ihnen natürlich ebenso wie bei den Stoffbinden auch die praktisch-technische Seite der Mumifizierung in Betracht zu ziehen.

12

Vgl. TÖPFER, Balsamierungsritual, 175–187.230–232. SAUNERON, Bandelette décoré. 14 Vgl. TÖPFER, Balsamierungsritual, 188–204.232 f. 13

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Es dürfte eine spannende Aufgabe sein, diese Angaben mit konkreten Zeichnungen auf erhaltenen spätzeitlichen Mumienbinden zu vergleichen. Erinnert sei zudem daran, daß im einzigen erhaltenen demotischen Balsamierungsvertrag aus Ägypten (pBM EA 10077) das Beschriften – vielleicht sind damit auch Zeichnungen gemeint – der Binden explizit erwähnt wird.15 Inzwischen sind einige reale Leinenbinden mit Zeichnungen und Texten publiziert worden, die im Zusammenhang der Mumienwicklungen wohl als Amulette gebraucht wurden.16 Einige zeigen Kronen, Schurz, Perücken oder Uräen,17 also Teile eines ursprünglichen Ausstattungsrituals, das auch in die Tradition des Goldamuletterituals geraten ist (s. Kap. 11), ebenso gehören Schlangen und Geier,18 vermutlich auch ein bandagierter Falke19 dazu. Auch Objekte wie Zeugstreifen, Gegengewichte, Nfr-Zeichen, Tit-Zeichen, Djedpfeiler oder Udjataugen20 sind in diesem Zusammenhang belegt. Auf anderen erscheinen Gottheiten, die wenigstens teilweise mit den im Balsamierungsritual erwähnten identifiziert werden können.21 Manche anderen Darstellungen wie Rindervorderteile22 oder Krokodile23 sowie Mischwesen24 sind weniger eindeutig zuzuordnen. Die Präsentation solcher dekorierter Leinenstücke ist in einer Dachkapelle im Tempel von Dendara auch bildlich dargestellt, und zwar in Kombination mit 14 offensichtlich dreidimensionalen Amuletten, die aus dem Choiak-Text bekannt sind (s. S. 253).25 Im Rahmen von Verklärungssprüchen geht auch ein auf zwei späten hieratischen Papyri im Umkreis des „Buches vom Atmen“ überlieferter Text auf Amulette ein.26 Von der Göttin Nut, die als götterweltliche Überhöhung des Sarges fungiert, heißt es u.a. „möge sie für dich jeden Schutz (mk+.t) des Lebens bewirken, jedes Amulett (w@#) der Gesundheit. Möge der Stein zu dir kommen, der aus Re hervorgekommen ist, der gute Ausfluß des Thot, des Großen, das Harz, das aus dem Gott hervorkam.“ Hinter diesen als Verklärungen stilisierten Formeln ist doch eine rituelle Wirklichkeit erkennbar, bei der Beigaben von Amuletten ebenso wie harzhaltigen Balsamierungssubstanzen kulturell erwünschter Standard waren.

15 REICH, Papyri juristischen Inhalts, 38–42, Taf. XI–XII; SPIEGELBERG, Bestattungsvertrag. Vgl. dazu KOCKELMANN, Mumienbinden, Band II, 117 Anm. 2. 16 KOCKELMANN, Mumienbinden, Band II, 333–338. 17 KOCKELMANN, Vier späte Leinenamulette, 239; DERS., Mumienbinden, Band II, 331–333; SCHREIBER, Final Acts, 339. 18 KOCKELMANN, Mumienbinden, Band II, 328 f. 19 KOCKELMANN, Mumienbinden, Band II, 324 f. 20 KOCKELMANN, Vier späte Leinenamulette, 239; DERS., Mumienbinden, Band II, 331–333; SCHREIBER, Final Acts, 339. 21 KOCKELMANN, Vier späte Leinenamulette, 240–248; DERS., Mumienbinden, Band II, 313–322; SCHREIBER, Final Acts, 339 f. 22 KOCKELMANN, Mumienbinden, Band II, 322–324. 23 KOCKELMANN, Mumienbinden, Band II, 327 f. 24 KOCKELMANN, Mumienbinden, Band II, 329 f. 25 Dendara X, Taf. 244–246.248–250; KOCKELMANN, Vier späte Leinenamulette, 251–256. 26 Edition des einen Textes (pBeck) DRIOTON, Chapitre inédit (mehrfach zu korrigieren); der andere (pLouvre N 3148) erwähnt bei SCHOTT, Nut spricht als Mutter. Vgl. PRIES, Aussagekraft, 230– 234.244 f.

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Wohl als spezielle Komposition in der Nachfolge des Totenbuches zu betrachten ist der mutmaßlich römerzeitliche pLouvre N 3283.27 Er enthält Sprüche, die thematisch Kapiteln des Totenbuches entsprechen, in den Details der Formulierung jedoch abweichen und quasi eine überarbeitete und aktualisierte Fassung darstellen. Der Anfangsbereich bereitet in der Parallelisierung noch gewisse Schwierigkeiten (mindestens Material der Sprüche 1 und 27 dürfte aufgegriffen sein), die weiteren Passagen korrespondieren mit dem 13. und 14. Hügel von TB 149 sowie TB 152, 153, 154. Am Ende der Handschrift gibt es drei Sprüche für Amulette. Der erste betrifft einen Djedpfeiler aus Gold. Der Spruch selbst zeigt stilistisch und motivisch Ähnlichkeiten zum Kapitel 155 des Totenbuches (vgl. S. 198). „Deine Erhöhung gehört dir, Osiris! Deine Überflutung ist an deinen Gliedern, denn deine Schönheit gehört dir. Ich werde Wasser in deinem Umkreis entstehen lassen. Ich habe dir diesen Djed-Pfeiler gebracht, damit du jubelst, wenn du ihn siehst. Zu rezitieren über einem Djed-Pfeiler aus Gold, aufgezogen auf Bast der Sykomore, dem Verklärten an den Hals gegeben, dann geht er zu den Toren der Unterwelt und kommt auf die Erde vor Osiris. Wenn man für ihn dieses Buch durchführt, dann geht es ihm gut im Westen. Er wird nicht von irgendeinem Tor des Westens von Theben abgehalten, man gibt ihm Brot, Bier und die Opfergaben des Osiris, man rechtfertigt ihn in der Nekropole, als wahres Mittel, millionenfach (erprobt).“ (7,8–13). Das wirkt vorrangig wie eine überarbeitete und in Teilbereichen gegenüber dem normalen Totenbuchtext erweiterte bzw. ausgedeutete Fassung. Bemerkenswert ist dabei, daß gerade die handgreiflich körperlichen Teile Rücken und Wirbel, die potentiell Aussagen über die ursprüngliche Natur des Objekts machen, durch abstrahierende Deutungen als Erhöhung und Schönheit ersetzt werden. In direktem Anschluß findet sich der Spruch für das Tit-Amulett aus Karneol, das gleichartig behandelt werden soll.28 Der Spruch lautet „Isis,29 sie hat erbaut; Isis, sie hat gerufen. Schriften sind inmitten des Udjat-Auges. Es wird mein Schutz sein, indem es mich bewacht. Zu rezitieren über einem Tit-Amulett aus Karneol, eingerieben mit Flüssigkeit der Anch-Imi-Pflanze, aufgezogen auf Bast der Sykomore, werde dem edlen Verstorbenen an den Hals gegeben. Dann ist er im Gefolge des Horus.“ (7,14–15). Erneut ist im Vergleich zum Totenbuchspruch (Kapitel 156, s. S. 197) der handgreiflich körperliche Bezug, in diesem Fall das Blut, getilgt und ansonsten eine freie Neuformulierung der Inhalte vorgenommen worden. Schließlich gibt es noch den Spruch für den goldenen Geier(kragen). Der Spruch klingt wieder an das entsprechende Kapitel des Totenbuches an (TB 157, s. S. 201), geht in der genauen Wortwahl aber eigene Wege. „Osiris ist gekommen, als er die Ufer durchzog, um die verborgenen Sprüche/Türen30 (?) des Horus bei seinem Auszug aus

27 Unzureichende Edition WIEDEMANN, Hieratische Texte, 1–10; Taf. I–VII. Fr.-René Herbin verdanke ich weitere Informationen. 28 Vgl. MASPERO, Mémoire, 4. 29 Ich deute als Schreibung für Isis; für den Lautwert s des Fisches s. KURTH, Einführung, 295 f. Anm. 15 und 20. MASPERO, Mémoire, 4, versteht dagegen „Nephthys“; noch anders deutet WIEDEMANN, Hieratische Texte, 9 „Ort des Leichnams“. 30 In der Handschrift rA.w ohne weiteres Determinativ gegen das sw.t „Plätze“ von TB 157.

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den Sümpfen zu suchen. Sein Herz raste gegen diejenigen, die bei ihm31 waren, wobei ihr Herz böse war. Isis gab ihm Schutz; er beherrschte die Götter als König, er tötete seinen Feind. Es entstand Furcht und Respekt vor ihm durch das, was er sagte. Seine Mutter schützt ihn und köpft den, der kommt, um sich an ihrem32 Sohn Horus zu vergehen. Zu rezitieren über einer goldenen Geierin, auf welcher dieser Spruch geschrieben ist; dem Verklärten als Schutz geben. Es soll bei ihm sein an dem Tag, an dem man ihn bestatten wird“ (7,16–23). Besonders auffällig ist dabei, daß der Orthographie des Papyrus nach Osiris, nicht Isis, derjenige ist, der sucht. Das Thema der Königsherrschaft über die Götter wird expliziter angesprochen. Auch hier ist es aber letztlich die Mutter, die ihren Sohn Horus schützt; d.h. es dürfte eine Verbindung zwischen Isis und der Geierin konzipiert sein. Zusammengenommen zeigen diese drei Sprüche eine sprachliche Modifikation und inhaltliche Neuinterpretation traditioneller Sprüche, die potentiell instruktiv dafür ist, wie die Ägypter der griechisch-römischen Zeit das alte Totenbuch verstehen wollten. Ein Spruch des Totenbuches, konkret die Anrufung an das erste Tor des Müdherzigen aus Kapitel 145, ist im pHeidelberg H 7 erhalten.33 Kombiniert wird er mit hieroglyphisch geschriebenen Anrufungen, welche freie Beweglichkeit in allen Räumen der Welt, Versorgung mit Opferspeisen sowie die Annahme der Gestalt von Vögeln betreffen. Zudem gibt es einige Zeichnungen. Osiris erscheint einerseits als Mumie liegend in einem Portal, das rechts und links von je einem Ritualisten flankiert wird. Andererseits erscheint Osiris sitzend mit der Atef-Krone in einem weiteren Portal, das seinerseits von Horus und Anubis flankiert wird. Unten größer dargestellt ist ein Mann im Pflanzendikkicht, der eine Vase in der Hand hält. Sehr knapp ist das Thema der Amulette dagegen in den zweisprachigen, konkret hieratischen und demotischen Papyri Rhind abgehandelt.34 Man begnügt sich mit der generellen Bemerkung „Dir wurden Amulette aus allen Edelsteinen geknüpft, aus Silber und Gold in Menge.“ (I 8h3; II 8h3). Zudem werden die Götter noch extra angerufen, sie sollten dem Verstorbenen alle Amulette anknüpfen (I 10h11). Relevant gerade für die Konzeption der spätzeitlichen Amulette, die wesentlich vom Osiriskult herstammen (s. Kapitel 10), ist die Passage „mögen sie (die Horuskinder) dir Lebensamulette machen, wie sie es für Chontamenti taten, den großen Gott, den Herrn von Abydos, beim Sokarfest.“ (I 11h9 f.). Ganz kurz heißt es in einem demotischen Text der Stundenwachentradition zur 4. Stunde: „Mögen die Gottesdiener mit ihren Amuletten zu dir kommen“ (pBM EA 10507, 6,12 = pHarkness 2,22).35 Dies wird mit dem Darbringen von Stoffbinden kombiniert. In dieselbe Richtung geht auch eine Passage im pHarkness. Darin heißt es „Man wird dir Befreiung von deinen Fesseln geben und dir Achtung erweisen unter den Segeln

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So in der Annahme, daß das wie Hoo=f aussehende Wort vielmehr als Hno=f zu verstehen ist. So dem Inhalt nach zu erwarten, auch wenn die Kopie bei WIEDEMANN, Hieratische Texte, Taf. VII eher wie t („deinem“) als s aussieht. 33 LUFT, QUACK, Papyrus-Amulett. 34 Textedition MÖLLER, Totenpapyrus Rhind. 35 Edition M. SMITH, Mortuary Texts. 32

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des Osiris, wobei dieser hellrote und dieser dunkelrote Stoff auf deinen Leib gelegt sind, wobei die Amulette der großen Tempel aller Götter an deinen Ellenbogen gebunden (?) sind“ (pHarkness 1,2–4).36 Wohl eher auf spezifische Amulettausstattung zu beziehen, nicht nur auf ein abstraktes Konzept „Schutz“ ist auch eine andere Passage dieser Stundenwache, dort aus der 10. Stunde. „Thot wird zu dir kommen, um dich voll mit Amuletten zu versehen“ (pBM 10507, 11,24 = pHarkness 3,4 f.). Im Folgesatz divergieren die beiden Handschriften; pBM 10507 bietet „du wirst vor allen bösen Dingen heil sein“ (12,1),37 pHarkness dagegen „Er wird dich voll versehen mit dem großen Schutz, er wird dich keinem Feind nahekommen lassen, er wird dich vor allem Übel erretten“ (3,5). Einige Anspielungen, die sich fast sicher auf Amulettplazierungen beziehen, finden sich in der demotischen Funerärkomposition „Buch der Mundöffnung zum Atmen“.38 Die betreffende Passage lautet „mögest du aufspringen mit einem Block (?) von jedem Stein. Möge man Ma’at an deinen Leib geben, ein goldenes Anch-Zeichen an deine Linke, ein Anch an deine Rechte. Mögest du aufspringen mit einer Sichel aus Gold. Möge man deine Augen zu einem Käfer aus Feingold machen, möge man deine Zunge zu einem …39 machen.“ (pBerlin P 8351, 2,8–9). Dabei ist die Referenz auf eine ideale Totenausstattung eindeutig, diese wird aber nicht explizit begründet, sondern offenbar einfach als nachahmenswertes osirianisches Vorbild für selbstverständlich gesetzt. Die Formulierungen des Textes klingen so, als würden sie sich auf Goldblechamulette beziehen, die auf die betreffenden Körperteile gelegt werden. Konkret erhaltene Objekte40 haben allerdings eher andere Formen. Kurz erwähnt wird die Amulettausstattung auch in einer demotischen Funerärkomposition, die auf dem Mumienbrett BM EA 35464 überliefert ist.41 Dort heißt es: „Man wird für dich Amulette aus Gold und allen Edelsteinen vollständig machen“ (Z. 14 f.). Diese Aussage steht im größeren Zusammenhang der Ausstattung für die Bestattung (Qrs.t), als nachfolgende Elemente werden Textilien, Aromata und Balsamierungssubstanzen genannt. Nur in ganz genereller Form erfährt man von Amuletten im Zuge der Beisetzungsrituale im semidemotischen Balsamierungsritual des Apisstieres.42 Dort ist die wohl einschlägigste Angabe diejenige, daß bei der Aufstellung des Reinigungszeltes am Seeufer

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SMITH, Papyrus Harkness, 49.94; QUACK, Or 75, 158. Zur Lesung s. QUACK, Weitere Korrekturvorschläge, 41; s. auch M. SMITH, Traversing Eternity, 262 mit Anm. 88 und dagegen QUACK, Old Wine, 227 Anm. 16. 38 SMITH, Opening the Mouth. 39 Vgl. auch BOJOWALD, M§, dessen Vorschlag, es mit |H zu verbinden, lautlich allerdings abwegig ist. 40 Zu ihnen GRAY, Artificial Eyes sowie für die Zunge PETRIE, Amulets, 10 Nr. 6. 41 VITTMANN, Neuer religiöser demotischer Text; vgl. PRIES, Aussagekraft, 234. 42 VOS, Apis Embalming Ritual mit Rezensionen durch QUACK, Enchoria 21, 186–191; HOFFMANN, BiOr 52, 581–589. S. weiter QUACK, Beiträge zum Verständnis; neue Gesamtübersetzung QUACK, Balsamierungsritual des Apisstieres. 37

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auch Amulette verwendet werden (rt. 4,12–13).43 Genauere Angaben über ihre konkrete Natur werden nicht gemacht. Auch auf Stelen können derartige Angaben erscheinen. So heißt es auf der Grabstele des Hohenpriesters des Ptah An-em-Her: |n+=w n=f n# mnX.w n# Hbs.w Ss-nsw n# s#.w nt| |w=w (r) |r+ smô n n# rpy.w Kmy „Man brachte ihm die Gewänder, die Stoffe aus Byssos, die Amulette, die eine (übliche) Form in den Tempeln Ägyptens bilden sollen.“ (Stele Kairo CG 31099, 8).44 Hinsichtlich der Stoffe ist auch die Mumienbinde Wien Aeg. 8345 zu erwähnen.45 Sie trägt einen „Spruch für die sSô-Binde, auf welche dieser Spruch mit Myrrhe(ntinte) aufgeschrieben ist“, zu dem es auf anderen Mumienbindenfragmenten sowie im pWien KHM ÄS 3847, 3,4–6 direkte Parallelen gibt. Nach Angabe des Textes dient es zum Schutz; insbesondere die Zusammenfügung der Glieder wird angesprochen, zudem soll der Nutznießer nicht zerzaust werden.46 Als Sonderfall zu erwähnen ist die bildliche Zusammenstellung von Amuletten im wohl ptolemäerzeitlichen hieroglyphischen pVatikan 38596 (Abb. 109), der Einzelbereiche von Totenbuchsprüchen mit drei funerären Ritualen kombiniert, die teilweise dem ersten Buch vom Atmen ähneln.47 Von den dargestellten Amuletten gehören einige zum Bestand des Totenbuches, während andere ungewöhnlicher sind. Abgebildet sind im oberen Register zunächst zwei Udjat-Augen mit Flügeln und Beinen, wie sie aus den Zusatzkapiteln des Totenbuches, bes. Kap. 163 (s. S. 207) bekannt sind. Es folgt das Tit-Zeichen, das zu Kapitel 156 gehört. Ein seitlich dargestellter fliegender Geier mit nach unten gehaltenen Flügeln könnte ungeachtet der anderen Haltung eventuell noch mit dem Halskragen in Geierform (Kapitel 157) zusammengebracht werden. Ein Djedpfeiler dürfte an sich zu Kapitel 155 gehören, ist aber dadurch auffällig, daß er ein Was-Szepter hält. Unterhalb von ihm ist ein isolierter Kopf dargestellt. Sehr bemerkenswert ist die letzte Gestalt des oberen Registers, nämlich ein ithyphallischer Skarabäus (mit der Phallusspitze in einem Ei), der zwischen den Beinen ein rundes Objekt hält, einen Amunkopf mit Federkrone und einen Krokodilsschwanz hat. Ähnliche Bildformen, allerdings mit dem Kopf des Ptah, kennt man sonst vorrangig von magischen Stelen.48 Im unteren Register findet sich als erstes ein Krokodil mit Falkenkopf, Widderhörnern und darauf einer Sonnenscheibe. Es liegt auf einem Schrein mit Hohlkehle, in dem sich ein Kopf befindet. Hier würde man am ehesten den Schutz eines Körperteils des Osiris vermuten. Ähnliche Bildmotive sind häufiger auf Horusstelen und Heilstatuen

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Zur Stelle vgl. QUACK, Enchoria 22, 124 f. Edition SPIEGELBERG, Die demotischen Denkmäler I, 28–33 Taf. VI. Siehe M. SMITH, Papyrus Harkness, 94, dort auch die Nennung weiterer Texte, in denen nur Textilien explizit erwähnt werden. 45 Edition KOCKELMANN, Neuer funerärer Spruch. 46 2,3 f. lies s#_ . 47 GASSE, Papyrus Museo Gregorio, 66 u. Taf. XLV unten. Vgl. ALBERT, Amulette, 73 f.; DIES., Groupe de papyrus, 2.6–8. 48 GRAEFE, Phallus und Ei. 44

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präsent49 und auch als reale Amulette belegt (s. S. 241). Es folgt eine stehende anthropomorphe Göttin, deren Kopf wohl der eines Geiers ist. Hinter ihr befindet sich ein sitzender Kindgott (ohne Sitz), der zusätzlich Rücken und Schwanz eines Falken hat und in einem erhobenen Arm eine Geißel hält. Es folgt ein detailreiches Stoffstück sowie ein Skarabäus, der zwischen den Hinterbeinen ein rundes Objekt hält. Immerhin würde diese Position einer Mistkugel naturgeschichtlich korrekter sein als die sonst übliche vor dem Kopf (s. S. 160). Zwei Papyrusamulette würden zu Kapitel 159 und 160 des Totenbuches passen. Schließlich gibt es eine Schreibtafel mit Öse, auf welcher der Name des Besitzers des Papyrus angegeben ist; sie kann mit realen Objekten im spätzeitlichen Amulettbestand korreliert werden (vgl. S. 264). Insgesamt zeigt der Amulettbestand dieser Abbildung eine Kombination einiger aus dem Totenbuch bekannter Formen mit anderen, die speziell der spätzeitlichen Tradition zuzordnen sind, sowie einigen, die insbesondere aus dem ikonographischen Repertoire von Horusstelen und Heilstatuen bekannt sind.50 In dieser speziellen Kombination ist er bislang singulär.

49 Z.B. KÁKOSY, Healing Statues, 52 f. (Reg. II); 66 f. (Reg. VII); 85 (Reg. VIII); 103 f. (Reg. x+VII); 139 f. (Reg. II u. V); 150 f. (Reg. VII u. IV). Ich kenne das Bildmotiv auch im noch unpublizierten pBM EA 10563 (Papyrusamulett etwa der Ptolemäerzeit). 50 Die Einstufung von GASSE, Papyrus Museo Gregorio, 67, es handele sich um Amulette, welche die Kapitel 155–165 des Totenbuches illustrierten, scheint mir zu kurz zu greifen.

15 Amulettverwendungen im Rahmen der gräkoägyptischen Zauberpapyri Aus dem römerzeitlichen Ägypten ist eine sehr große Menge von teilweise ausgesprochen umfangreichen magischen Papyri auf uns gekommen.1 Die wichtigsten sind Handbücher für Spezialisten gewesen. Einige sind ganz oder vorwiegend demotisch geschrieben (oft mit einzelnen hieratischen Zeichen und Wörtern),2 die meisten allerdings griechisch. Von ihrem Hintergrund her zeigen sie eine deutliche Kombination von ägyptischen religiösen Traditionen mit griechischen3 und in nicht geringem Maße auch jüdischen Konzepten.4 Dabei scheint die Kombination ägyptischer und griechischer Traditionen der frühere Schritt zu sein, da sie bereits in Handschriften des 1. Jhds. v. Chr. und des 1. Jhds. n. Chr. belegt ist, während jüdische Elemente nicht vor dem 2. Jhd. n. Chr. auftreten.5 Manche dieser Handbücher enthalten auch Rezepte, bei denen Amulette verwendet werden. Ich möchte meine Bemerkungen mit einigen Fällen aus dem großen demotischen magischen Papyrus von London und Leiden beginnen.6 Es gibt dort ein Amulett, das den als Medium benutzen Knaben bei einer Gefäßdivination schützen soll. Dort heißt es: „Ein Amulett, das man um den Körper dessen binden soll, der das Gefäß hat, um es schnell beschwören zu lassen. Du nimmst ein Band von 16 Leinenfäden, vier weiße, vier [grüne], vier rote, vier blaue,7 und machst sie zu einem Band, und befleckst sie in Blut eines Wiedehopfs und bindest es mit einem Skarabäus, der für den Sonnengott

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Edition der wesentlichen griechischen Quellen PREISENDANZ, Papyri Graecae magicae I–II; DAMALTOMINI, Supplementum Magicum I–II; englische Übersetzung BETZ (Hg.), Greek Magical Papyri in Translation; Überblick mit sehr umfangreicher Literatur BRASHEAR, Greek Magical Papyri; rezenter NAETHER, Griechisch-Ägyptische Magie; BOHAK, Diffusion. Vgl. auch mehr aus der archäologischen Perspektive WILBURN, Materia Magica. 2 Vgl. DIELEMAN, Priests, Tongues and Rites. 3 Vgl. für das je nach Praktik unterschiedliche Gewicht ägyptischer und griechischer Traditionen zuletzt am Beispiel der Hymnen BORTOLANI, Magical Hymns; für Beispiele deutlicher Bezüge zu ägyptischen Tempelpraktiken NAGEL, Was im Tempel passiert. 4 Zu letzteren vgl. z.B. BOHAK, Jewish Magic, 194–214; QUACK, Alttestamentliche Motive. 5 QUACK, Alttestamentliche Motive, 165–169. 6 Edition GRIFFITH, THOMPSON, Demotic Magical Papyrus; Neuedition durch Kirsten Dzwiza in Vorbereitung. 7 Möglicherweise ist statt „rot“ und „blau“ vielmehr „hell- und dunkelrot“ zu verstehen; vgl. M. SMITH, Mortuary Texts, 92–95; DERS., Liturgy of Opening, 46 sowie zu den Bezeichnungen insgesamt GERMER, Textilfärberei, 126–132. NIEL,

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steht, und der ertränkt ist, gewickelt in Byssos, und du bindest es an den Leib des Knaben, der das Gefäß hat“ (rt. 3,33–35). Die hier verwendeten Farben sind die vier (H@, w#@, sSô, |ôm|), die auch sonst im ägyptischen Ritual oft eine Rolle spielen.8 Dennoch weicht die hier dargebotene Ausführung deutlich von dem ab, was bei ägyptischen Knotenritualen sonst üblich ist (s. Kap. 5). Eventuell ist dies weniger allein eine Frage der chronologischen Weiterentwicklung, sondern hängt auch mit der doch recht anderen Verwendung des vorliegenden Amuletts zusammen, das nicht dauerhaft getragen, sondern nur für Spezialzwecke angelegt wird. Bemerkenswert ist ein Ring, der als Amulett für Liebesbegehren gebraucht wird. Man soll den Schwanz einer Spitzmaus balsamieren, mit Myrrhe zerstoßen und in einen Goldring fassen, dann würde sich einem jede Frau hingeben wollen (rt. 13,15 f.). Dazu wird noch ein Spruch rezitiert, der u.a. Jaho und Abrasax erwähnt. Ähnlich soll auch das Herz einer Spitzmaus, wenn man es in einem goldenen Siegelring setzt, Gunst, Liebe und Ansehen bringen (rt. 13,20 f.; vs. 32,12 f.). Ein anderer Ring, der in einem Liebeszauber eine Rolle spielt (vs. 19,1–7), ist leider in der Beschreibung sehr schlecht erhalten, er scheint Löwen mit offenem Mund dargestellt zu haben – eine ausgesprochen unägyptische Darstellungsweise, denn in Ägypten stellt man Löwen traditionell mit geschlossenem Maul dar. Für Gicht gibt es eine Metallamelle aus Silber oder Zinn, auf die eine Reihe magischer Namen sowie eine kurze Formel, der Inhaber solle sich von allen Schmerzen erholen, geschrieben wird; dies wird mit Hirschleder an den Fuß gebunden (vs. 10,1–12). Astrologisch wird die Ausführung daran geknüpft, daß der Mond im Zeichen des Löwen steht. In der Deutung seiner Anwendung etwas unsicher ist ein Papyrusamulett, das an den Leib gebunden werden soll (vs. 20,1–7). Das Problem, gegen das es helfen soll, ist mit der (hieratischen) Gruppe für |r.t „Auge“ und anschließend dem abgekürzten Zeichen des sterbenden Mannes geschrieben. Dies könnte als knappe Schreibung für |r.t b(|)n.t „böses Auge“ entweder für den Bösen Blick stehen oder eine Augenentzündung meinen. Bisherige Bearbeiter haben meist letzteres bevorzugt.9 Mir scheint dagegen die Deutung als Böser Blick wahrscheinlicher.10 Zum einen macht der offizinale Teil der Behandlung mit Öl, Salz und Kresse, womit der Patient gesalbt wird, kaum den Eindruck der Behandlung einer Augenkrankheit, zum anderen ist zu beachten, daß die Darstellung dazu

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Szenen der Ausstattung mit Stoffen in den betreffenden Farben (allerdings wird statt sSt in hieratischen und hieroglyphischen Texten |ns oder |rt|w gebraucht – zur häufigen Ersetzung von |ns durch |rt|w in jüngeren Handschriften s. CHASSINAT, Mystères, 451–454; QUACK, Fragmente des Mundöffnungsrituals, 99 Anm. a. Es wäre zu überlegen, ob sSt in den demotischen Texten verkürzt für sSô n |ns steht, das gelegentlich real belegt ist, s. S. 209.212) finden sich im täglichen Tempelritual und im Mundöffnungsritual, s. HUSSY, Epiphanie, 26.29 f.; BRAUN, Pharao und Priester, 163–171; OTTO, Mundöffnungsritual I, 119–131; II, 112–119; QUACK, Fragmente des Mundöffnungsrituals, 95–100. 9 GRIFFITH, THOMPSON, Demotic Magical Papyrus, 192 f.; THISSEN, Nubien, 371. 10 So bereits VITTMANN, TLA; PRIES, Neue Beschwörung, 52.

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(vs. 20,7) gegen die bisherige Auffassung nicht etwa ein Auge mit Strahlen zeigt, sondern ein Auge, in das oben links und rechts je drei Messer gesteckt sind.11 Im pLeiden I 384 vs., II*,6–20 wird die Herstellung eines Ringes zur Bewirkung von Gunst angewiesen.12 Die Lesung des Textes ist mit einigen Unsicherheiten behaftet.13 Das konkrete Objekt, das verwendet wird, bleibt unklar, dürfte aber pflanzlich sein. Dargestellt werden soll wohl der Schicksalsgott mit einem Falkenkopf, einem Körper unsicherer Art und einem Schlangenschwanz; vor ihm wohl die griechische Göttin Nemesis. Vermutlich mit Blut soll eine Beschriftung angebracht werden, die auf Abraham als Freund Gottes verweist. Zudem wird darunter Löwenfett und eine Goldlamelle plaziert. Auch einige der griechischsprachigen Handschriften überliefern einschlägige Passagen.14 PGM III, 410–423 gibt es eine Anweisung zur Stärkung des Gedächtnisses, bei der man ein Silberplättchen mit einem magischen Text beschriften soll, das man sich anschließend umhängt. Im Papyrus ist hierzu die Zeichnung eines Udjat-Auges angegeben, eventuell als Hinweis darauf, welches Bildelement neben dem Text noch verwendet werden soll.15 Das Udjat-Auge als solches16 wird auch in einem anderen magischen Papyrus dargestellt (PGM V, 83), wo es allerdings kein Amulett ist, sondern im Rahmen eines Rituals zur Entlarvung eines Diebs verwendet wird. Der Spruch und das Bild haben eine sehr lange Tradition, die sich über byzantinische Zwischenstufen bis in die frühe Neuzeit (Romanus-Büchlein) nachweisen läßt.17

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Die freihändige Nachzeichnung bei GRIFFITH, THOMPSON, Demotic Magical Papyrus, Volume III, wird dem Befund nicht gerecht; zur Beurteilung stand mir ein gutes Digitalbild zur Verfügung, das ich Maarten Raven verdanke. Für derartige Bildmotive s. BONNER, Studies, 97–99; DELATTE, DERCHAIN, Intailles magiques, 72 f.; BAILLIOT, Magie et sortilèges, 30 f.39–41; FARAONE, Transformation, 106–109. 12 Vgl. VITELLOZZI, Relation, 202. 13 Vgl. DZWIZA, Schriftverwendung, 793–798. 14 Vgl. allgemeine Bemerkungen bei SCRIBA, Images et écritures, die knappe Übersicht in CANZOBRE MARTÍNEZ, Users Guide und die Zusammenstellung in Übersetzung bei FARAONE, Transformation, 263–270; speziell zu denjenigen Amuletten, die im Rahmen von Divinationspraktiken gebraucht werden, GARCÍA MOLINOS, Adivinación, 436–440; FARAONE, Divine Images; ausführlich zu denjenigen Praktiken, die Schrift involvieren, DZWIZA, Schriftverwendung. 15 Die Bemerkung von WORTMANN, BiOr 27, 218, der Bezug sei unklar, da die Sonne im Spruch nicht vorkomme, geht an der Sache vorbei. Das Udjatauge ist in Ägypten lunar, nicht solar konnotiert (s. S. 193–197), und zudem als allgemeines Schutzsymbol in magischen Zeichnungen gängig (s. Kap. 6). 16 Zu seinem Vorkommen in den Papyri, aber nicht auf magischen Gemmen, s. WEST, Gods on Small Things, 137 Anm. 11. Eine Ausnahme stellt die Gemme Berlin 9792 dar, s. PHILIPP, Mira et magica, 32, Taf. 2. Hinzu kommen zwei Amulette, welche das Udjat-Auge mit dem Bildmotiv der Eidechse (die gegen Augenprobleme eingesetzt wird) kombinieren, s. FARAONE, (Mis)translation, 93– 104. 17 VON LIEVEN, Osiris, 82–87; vgl. JACOBY, Hellenistisches Orakel; DANIEL, MALTOMINI, Supplementum Magicum II, 179–186; SPAMER, Romanusbüchlein, 223–276; KIEKHEFER, Devil’s Contemplatives, 251.263 Anm. 7; BOHAK, Jewish Magic, 287; QUACK, Zauber ohne Grenzen, 196– 199. Vgl. auch FARAONE, (Mis)translation, 104–107, der die neuere Diskussion übersehen hat.

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Prinzipiell sind magische Schutzformeln auf Metalltäfelchen in dieser Zeit generell nicht selten, sowohl als Handlungsvorschriften der theoretischen Traktate wie auch in realen Funden.18 Ich werde auf sie allerdings nur insofern eingehen, als sich erkennbar spezifisch ägyptische Motive zeigen. So gibt es PGM VII, 590 die Zeichnung eines Uroboros19 mit Formeln und Zauberzeichen, die auf einem Täfelchen aus Gold, Silber oder Zinn, oder alternativ auf hieratischem Papyrus erfolgen soll. Diese Schlange trägt den Namen Kmeph, der als gut ägyptisches Km-#.t=f zu erkennen ist, also der schlangengestaltige Urgott, der insbesondere in der späten thebanischen Theologie eine wichtige Rolle spielt.20 Das so hergestellte Artefakt dient als Amulett, das den Körper vor Dämonen und Gespenstern sowie Krankheiten und Leiden schützen soll. Die Kraft des primordialen Gottes soll also durch ein Abbild von ihm präsent sein. Ein Mittel, um Zaubermittel unschädlich zu machen, findet sich PGM XXXVI, 178– 188. Man soll in Blei eine Figur gravieren, die in der Rechten eine Fackel hält, in der Linken ein Schwert, auf dem Kopf drei Falken und unter den Beinen einen Skarabäus, darunter eine Schlange, die sich in den Schwanz beißt. Wenigstens das Beiwerk ist teilweise deutlich ägyptisch, auch wenn die künstlerisch wenig geschickte reale Ausführung in der Handschrift (Abb. 110) davon kaum etwas erkennen läßt. Tatsächlich läßt mich, obgleich diese Zeichnung im Papyrus an dieser Stelle steht, die konkrete Ausfertigung daran zweifeln, ob der Künstler wirklich das darstellt, was da verbalisiert worden ist.21 Recht häufig sind spezielle Schutzmittel, wenn man mit Zwängen gegen den Gott vorgeht.22 PGM IV, 78–81 wird angegeben, man solle auf reinen Papyrus mit Blut von der Hand oder vom Fuß einer schwangeren Frau einen Zaubernamen schreiben und dies dann mit einem Leinenfaden an den linken Arm binden.23 In der eigentlichen Zauberhandlung geht es darum, daß ein Skarabäus mit der Hitze einer Lampe bedroht wird, die man erst wegnehmen soll, wenn die angerufene Gottheit die erwünschten Auskünfte erteilt. Gemäß PGM IV, 1071–1083 soll man als Schutzmittel bei einer direkten Vision24 ein Stück Stoff von einem Kultbild des Harpokrates nehmen und darauf mit Myrrhe einen Text schreiben, in dem man sich als Horus, Sohn der Isis und des Osiris Onnophris darstellt. Man bittet darum, von Dämonen nicht geschlagen oder verletzt zu werden. In

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Zu Ersterem s. DZWIZA, Schriftverwendung; zu Letzterem KOTANSKY, Greek Magical Amulets. Vgl. auch MARTÍN HERNÁNDEZ, Reading, 493; LANCELLOTTI, Ouroboros; VITELLOZZI, Relation, 182 f. Für einen ausführlichen ägyptischen Text zum Uroboros s. jetzt LANDGRÁFOVÁ, COPPENS, JANÁK, MÍČKOVÁ, Myth and Ritual, 617–620. 20 THISSEN, Κμηφ; MENDEL, Kosmogonische Inschriften, 183 f.; KLOTZ, Caesar, 133–142. 21 Vgl. PREISENDANZ, Papyri Graecae Magicae II, 169 Anm. zu Z. 179; MARTÍN HERNÁNDEZ, Reading, 495; DZWIZA, Schriftverwendung, Band II, 256; MCDONALD, Iconography, 46–49. Es wäre denkbar, daß der Abschreiber eine Kolumne der Vorlage übersprungen hat. 22 Vgl. CHRONOPOULOU, “Oficio“ peligroso, 17–20; FARAONE, Transformation, 263–265. 23 Vgl. LOVE, Code-Switching, 137–142. 24 Vgl. für die betreffende Praktik MERKELBACH, TOTTI, Abrasax 1, 2–10; NAGEL, Illuminating Encounters. 19

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den Stofflappen soll die Pflanze Hauslauch gelegt werden, zusammengewickelt und mit sieben leinenen Anubisfäden gebunden. Dies soll um den Hals getragen werden. Mit dieser Praktik bewegt man sich ganz im Bereich der ägyptischen Knotenamulette (s. Kap. 5), die mehrfach auch einen bereits beschrifteten oder mit Zeichnung versehenen Leinenstreifen betreffen und gelegentlich mit Pflanzensubstanzen ergänzt werden; auch die konkrete Zahl von sieben Knoten ist für sie ausgesprochen häufig bezeugt. Bemerkenswert ist hier allerdings, daß der Stoff direkt vom Kultbild der involvierten Gottheit stammen soll, was bei älteren Knotenamuletten nicht belegt ist und sich realiter nur machen läßt, sofern der Ritualist gut genug im Priestermilieu verankert ist, um Zugang zu Tempeltextilien zu erhalten.25 Der direkte Kontakt mit der Gottheit in Form ihres Kultbildes, den der Stoff erfahren hat, soll ihm offensichtlich zusätzliche Wirksamkeit geben. Im Hinblick auf die Tradition der Knotenamulette sei eine andere magische Handlung wenigstens kurz erwähnt. Im Rahmen eines erotischen Zwangszaubers (PGM IV, 296– 466)26 wird eine Bleiplatte verwendet, und dabei soll auch ein schwarzer Faden außen um die Platte gebunden und mit 365 Knoten geknüpft werden, dann wird das Gebilde zusammen mit Blumen der Jahreszeit beim Grab eines vorzeitig Verstorbenen deponiert (PGM IV, 328–334). Die Zahl der Knoten ist offensichtlich mit den Tagen des Jahres assoziiert und gesellt sich somit, auch wenn sie so aus dem pharaonischen Ägypten nicht belegt ist, zu einigen weiteren Fällen, in denen die Anzahl der Knoten sich an Zeiteinheiten orientiert (s. S. 98). Dabei ist speziell zu beachten, daß die Zahl 365 die Summe des Zahlwertes der Buchstaben des magisch wirksamen Namens Αβρασαξ ist, der in diesen Handbüchern häufig vorkommt.27 Ein reines Textamulett findet sich PGM IV, 2505–2518. Dort geht es um einen Verleumdungszauber,28 der wohl als besonders riskant für den Magier galt, da die erzürnte Göttin den Ritualisten in die Luft hochheben und dann zu Boden schmettern könnte. Man soll sich ein Blatt von hieratischem Papyrus nehmen und um den rechten Arm binden. Darauf stehen sollen einige Zauberworte. Ein hieratischer Papyrus, der mit Hermestinte geschrieben werden soll, wird auch PGM I, 233 erwähnt. Ein komplexes Rezept für die Tinte wird beigegeben (PGM I, 243–

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Vgl. QUACK, Gräko-ägyptische Magier, in Druck, mit noch weiteren ähnlichen Fällen. Für relativ enge Parallelen insbesondere zu den in dieser Praxis verwendeten Figurinen vgl. DU BOURGET, Ancêtre; KAMBITSIS, Tablette magique; DANIEL, MALTOMINI, Supplementum Magicum I, 179–183. S. die übergreifende Diskussion bei RITNER, Mechanics, 113; FARAONE, Love Magic, 52 f.; DERS., Ethnic Origin, 319–343; MERKELBACH, Abrasax 5, 55–117; PEREA YÉBENES, Sello de Dios (2), 183–218; NAGEL, WESPI, Liebesbann, 230 f.; URBANOVÁ, Latin Curse Tablets, 50–56. 27 Vgl. BRASHEAR, Greek Magical Papyri, 3577 mit Verweisen; zum Zahlenwert insbesondere BONNER, Numerical Value, 8. 28 Vgl. HERRERO VALDÉS, Διαβολή, 311–313; BLANCO CESTEROS, Embarazo infamate; BORTOLANI, Magical Hymns, 298–308. S. hinsichtlich ägyptischer mythologischer Hintergründe JØRGENSEN, Myths, 156–158. 26

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246), und ähnlich aufwendig hergestellte Tinte wird in diesen Handschriften auch noch an mehreren weiteren Stellen erwähnt.29 Auch PGM IV, 2066 gibt es einen hieratischen Papyrus, auf dem, wie der Text formuliert, ein Osiris, gekleidet nach der Lehre der Ägypter, dargestellt werden soll (PGM IV, 2124 f.).30 Hierzu paßt, daß im Rezitationstext Osiris tatsächlich als befehlsbefugte Autorität gegenüber dem angerufenen Totengeist angegeben wird (PGM IV, 2093 f.). Osiris in spezieller Kleidung wird auch in den Textzeugen der „Dritten Reihe“ der Dekanikonographie genannt, wo ihn das Heilige Buch des Hermes Trismegistos als Motiv für Gemmen angibt; es gibt auch einige erhaltene Gemmen dieser Art (s. S. 346). Der Rest des Zaubertextes31 verwendet noch weitere Zeichnungen, die aber keinen klaren ägyptischen Hintergrund erkennen lassen, abgesehen von einem löwenköpfigen Mann mit Gürtel, der in der Rechten einen Stab hält, an dem eine Schlange sein soll, um seine Linke soll sich eine Schlange winden (PGM IV, 2111–2117). Schon die tierköpfige Natur des Dargestellten macht ägyptische Hintergründe plausibel, und in einer anderen Handlungsanweisung der magischen Papyri für einen Ringstein sowie auf erhaltenen Gemmen gibt es tatsächlich ähnliche Bilder (s. S. 334.352). Weniger ägyptisch wirkt ein Schutzmittel im Rahmen der Bitte um ein Traumorakel, bei dem man sich Wolfsknöchel umbinden soll (PGM IV, 1316 f.).32 Eine andere Verwendung von Tierteilen dagegen hat deutlich ägyptischen Hintergrund. Laut PGM VII, 846–860 soll man bei einer Schattenbefragung einen Katzenschweif und etliche Zauberzeichen als Schutzmittel benutzen. Die Wahl des Katzenschweifs hängt offensichtlich daran, daß der Kater in Ägypten eng mit dem Sonnengott verbunden ist33 und die Schattenbefragung wesentlich von der Sonne abhängt. Andere mögliche Schutzmittel von Pflanzen und Tieren, die in diesen Texten erwähnt werden, sind etwa Zauberzeichen auf Lorbeerblättern als Schutz des Leibes (PGM I, 263–276),34 lange Schnurrhaare des Katers (PGM III, 125)35 oder Haare von schwarzem Esel, gefleckter Ziege und schwarzem Stier (PGM IV, 1335–1338), die als Diadem um den Kopf zu tragen sind.36 Zu bemerken ist auch PGM IV, 3114–3118. Dort soll das Schulterblatt eines schwarzen aussätzigen kastrierten Ebers verwendet werden, auf das

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Vgl. AUFRÈRE, Encres (wo der Beleg aus PGM I übersehen scheint); BALLESTEROS CASTAÑEDAS, Tintas mágicas, 50; MONACA, A scuola, 164 f.; CHRISTIANSEN, Black Ink, 176–185; BLANCO CESTEROS, Written in Blood. 30 Vgl. MONACA, A scuola, 161–163.168.172 f. 31 Vgl. für die betreffende Praktik PACHOUMI, Concepts of the Divine, 42 f.; MONACA, A scuola. 32 Vgl. für die betreffende Praktik MERKELBACH, Abrasax 4, 137–144. 33 QUACK, Tier des Sonnengottes. Vgl. auch HOPFNER, Offenbarungszauber II, 72 f. (§ 142–144) und, ihm folgend, GARCÍA MOLINOS, Adivinación, 438, der die Praktik aufgrund des Gebrauchs des Namens ερβεθ als an Seth gerichtet sieht und diesen als Feind des Sonnengottes versteht; der Magier legitimiere sich somit als jemand, der das heilige Tier des Sonnengottes getötet oder verstümmelt habe. Tatsächlich ist Seth aber traditionell Unterstützer des Re und kämpft für ihn gegen Apopis. 34 Vgl. FARAONE, Collapse, 224–232. 35 Vgl. für die betreffende Praktik MERKELBACH, TOTTI, Abrasax 1, 81–103. 36 Vgl. für die betreffende Praktik PACHOUMI, Concepts of the Divine, 38 f.

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Zeus mit der Sichel graviert wird.37 Das Bildmotiv steht deutlich in griechischer Tradition und bezieht sich darauf, daß Zeus nach manchen griechischen Traditionen Kronos kastriert haben soll.38 Es gibt aber auch gewisse Indizien dafür, daß Geb kastriert wurde; und Geb ist definitiv mit der mythologischen Tradition eines aussätzigen Ebers verbunden.39 So kommen offenbar Traditionen unterschiedlicher Kulturen zusammen. Bemerkenswert ist ein magisches Siegel, mit dem man Schädel zum Orakelgeben bringen will (PGM IV, 2125–2139).40 Man soll Eisen von einer Fußfessel schmieden und auf dem Ring soll ein kopfloser Löwe graviert sein, der statt des Kopfes ein Isisdiadem hat, er soll mit den Füßen auf ein Skelett treten, weiterhin eine eulenäugige Katze, die ein Gorgonenhaupt ergreift. Das ist in der Motivik sicher eine Vermischung ägyptischer und griechischer Elemente; das Hauptmotiv läßt sich am ehesten mit solchen Bildern verbinden, in denen ein Löwe oder Greif als Zeichen der Herrschaftsmacht Feindfiguren niedertritt (s. S. 74). Ähnliche Motivik gibt es selten auch auf magischen Gemmen.41 Hinsichtlich möglicher ägyptischer Herkunft anzusprechen ist auch ein erotischer Zauber, in dem ein Siegelring erwähnt wird, der zwei Krokodile mit antithetisch angeordneten Köpfen zeigen soll (PGM IV, 2943–2966).42 Schon das Tier an sich verweist deutlich auf Ägypten, und die antithetische Anordnung der Köpfe entspricht insbesondere dem Bildschema der Horusstelen – auch wenn von da aus noch ein weiter Weg bis zur konkreten Anwendung des Papyrus ist. Immerhin gibt es in Ägypten eine Konzeption des Krokodilgottes Sobek als sexuell potente, Frauen raubende Gestalt.43 Kurz erwähnen möchte ich ein Papyrusblatt der konkreten Anwendung (PGM XXXIX), auf dem eine magische Figur zu sehen ist, die deutlich in der Tradition der ägyptischen Besikonographie steht (Abb. 111).44 Allerdings handelt es sich nicht eigentlich um ein Amulett, sondern um einen Liebeszauber. Auf Leinen gezeichnet wird nach Angabe von PGM XII, 121–143 eine Figur, die zum Senden von Träumen dient. Es heißt „Nimm ein reines Leinen und male – nach Ostanes – mit Myrrhenlösung darauf eine menschengestaltige Figur mit vier Flügeln; die linke Hand strecke sie aus zugleich mit den zwei linken Flügeln, die anderen halte sie gebogen wie auch die Finger; auf dem Kopf habe sie ein Diadem, ein Gewand um den Unterarm und zwei Windungen im Gewand. Über dem Kopf Stierhörner, an den

37 Vgl. für die betreffende Praktik QUACK, Heliopolitan Ennead, 201–206. S. auch ZOGRAFOU, Dieux maniables, 137–171; GARCÍA MOLINOS, Adivinación, 439 f. 38 WEST, Orphic Poems, 134–136.237. Vgl. auch PEREZ JIMENEZ, Saturno. 39 MEEKS, Mythes et legends, 218–220; JØRGENSEN, Egyptian Mythological Manuals, 279 f.; VOLOKHINE, Porc, 126–134. 40 Vgl. für die Praktik insgesamt FARAONE, Necromancy, 264–271; MONACA, A scuola; spezieller für das Siegel NAGY, Gemmae magicae selectae, 177; VITELLOZZI, Relation, 198. 41 Vgl. NAGY, Gemmae magicae selectae, 177. Vgl. auch Löwen über nicht skelettierten Leichnamen z.B. ZWIERLEIN-DIEHL, Gemmen Wien III, 161, Taf. 96 Nr. 2201; MICHEL, Magische Gemmen BM, 174–180. 42 Vgl. NAGY, Gemmae magicae selectae, 178 mit Anm. 4; VITELLOZZI, Relation, 199. 43 KOCKELMANN, Herr der Seen, 146–151. 44 Vgl. BONNER, Studies, 112 Anm. 38.

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Steißbacken den beflügelten Steiß eines Vogels. Die rechte Hand aber halte sie an den Magen, geschlossen, an jeder Ferse sei ein Schwert ausgestreckt. Schreib auf den Lappen auch die folgenden Namen des Gottes und was du den sehen lassen willst und wie.“ Hier bewegt man sich erneut im Bereich der spätägyptischen polymorphen Gottheiten (s. S. 111–114). Das Grundschema der mehrflügeligen Gottheit, die noch das Hinterteil eines Falken hat, ist unverkennbar. Vermutlich ist die Gestalt auch ithyphallisch gedacht, wenngleich die Position der Hand am Magen, wie der Text formuliert, etwas gehemmt ausgedrückt wirkt. Knapper ist eine weitere magische Zeichnung beschrieben, die auf einem Lappen auf Byssos angebracht werden soll (PGM XII, 144–152). Demnach soll man Hermes aufrecht stehend und mit Ibiskopf zeichnen. Dazu kommen noch ein Zaubername sowie eine Beschwörungsformel. Diese bezeichnet den Gott als Sohn von Osiris und Isis, bewegt sich also im Bereich ägyptischer Mythologie, auch wenn die Detailversion etwas apokryph wirkt.45 Jedenfalls paßt auch der angegebene Ibiskopf sehr gut zu einer ägyptischen Herkunft des Motivs. Als flüchtiger Text- und Bildträger (vgl. Kap. 6.8) taucht die Hand PGM VIII, 6546 auf, wo im Rahmen einer Traumanforderung an Bes in die linke Hand eine Zeichnung des Besas gezeichnet werden und die Hand dann mit einem schwarzen Isislappen umwickelt werden soll. Im Papyrus ist eine Zeichnung überliefert, die sich tatsächlich noch erkennbar an späten Formen der ägyptischen Besikonographie orientiert, auch wenn sie künstlerisch alles andere als gelungen erscheint.47 Eine ähnliche Anrufung des Bes erwähnt ebenfalls den schwarzen Lappen und verweist für die Zeichnung auf den (nicht erhaltenen) Anfang des Buches (PGM VII, 222–249). Mehrfach gibt es Anweisungen, welche die Gravur von Steinen betreffen und teilweise in engerer Verbindung zu archäologisch nachgewiesenen Gemmen stehen.48 PGM IV, 1596–1715 ist eine Weihe eines Steines überliefert.49 Die Art der Ausführung wird nicht spezifiziert, obgleich es sich um einen Ringstein zu handeln scheint. Wesentlich operiert der Text mit dem Sonnengott, dessen verschiedene Namen und Tiergestalten in den einzelnen Stunden des Tages eine Schlüsselrolle spielen. Konkret sind dies eine Katze, ein Hund, eine Schlange, ein Skarabäus, ein Esel, ein Löwe, ein Bock, ein Stier, ein Falke, ein Hundskopfaffe, ein Ibis, ein Krokodil. Diese Tiere sind die Bestandteile

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Zu Thoth als (funktionalem) Sohn des Osiris vgl. STADLER, Weiser und Wesir, 148–151.313. Isis scheint eher Tochter als Mutter des Thot zu sein, s. STADLER, Weiser und Wesir, 152–155. 46 Vgl. für die an Bes gerichteten Traumvisionspraktiken MERKELBACH, Abrasax 5, 14–42, BORTOLANI, Bes; ZAGO, Bēsas, 203–211; MARTÍN HERNÁNDEZ, Two Requests, 41–49; DIES., Reading, 494 f.; PACHOUMI, Concepts of the Divine, 159–162; M. SMITH, Following Osiris, 477–480; FARAONE, Divine Images, 230–233. 47 Vgl. GORDON, Shaping, 98–100; MCDONALD, Iconography, 35–36.64–65. 48 Vgl. besonders EITREM, Magische Gemmen; MO. SMITH, Relation; NAGY, Gemmae magicae selectae, 179; DERS., Engineering; MASTROCINQUE, Sylloge I, 28–36; VITELLOZZI, Relation; SUÁREZ DE LA TORRE, Use of Rings. 49 Vgl. MERKELBACH, TOTTI, Abrasax 1, 104–122.

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der sogenannten Dodekaoros.50 Diese Gruppe von zwölf Tieren wird einerseits mit den verschiedenen Gestalten des Sonnengottes in den Stunden verbunden, andererseits gibt es auch eine astrologische Verortung, bei der jedes Dodekaoros-Tier mit einem Tierkreiszeichen verbunden wird. Hier hat es ein sehr bemerkenswertes Nachleben gegeben. In gewisser Modifikation von Abfolge und Bestand handelt es sich nämlich um diejenige Reihung, die heutzutage als ostasiatischer Tierkreis bekannt ist. Es liegt also ein Fall vor, bei dem Kulturelemente letztlich über sehr lange Strecken transportiert werden, andererseits dabei ein solches Eigenleben erhalten, daß den meisten ihre ursprüngliche Herkunft gar nicht mehr bewußt ist. Als magisches Mittel während eines Liebeszaubers wird folgendes empfohlen: „Während der Zauberhandlung aber trag bei dir einen eisernen Ring, auf den geschnitten sei ein Harpokrates, auf Lotos sitzend, und sein Name ist ‚Abrasax’“ (PGM LXI, 31 f.).51 Dieses Bildschema gibt es in vielen Varianten auf den magischen Gemmen (s. S. 349). Allerdings fällt es schwer zu glauben, daß alle diese Objekte für erotische Magie gebraucht wurden. Immerhin kann die Nutzung des Horuskindes für Liebeszauber damit zusammengebracht werden, daß nach Plutarch, Amatores, 19 (764 B), die Ägypter drei verschiedene Eros-Gestalten kennen, von denen einer spezieller mit Helios zusammengebracht wird, sich also im Sinne des Sonnenkindes auch auf die Gestalt dieser Gemmen beziehen könnte. Die Weihe eines magischen Skarabäus erhält ebenfalls eine genaue Darlegung (PGM V, 212–303).52 Konkret soll in kostbaren Smaragd ein Skarabäus geschnitten werden, den man durchbohrt und mit einem Goldfaden durchzieht. Auf der Unterseite des Skarabäus wird Isis eingraviert. Dieser Ring soll zur Divination verwendet werden können. Die Opfer und Räucherungen dazu sind ziemlich komplex. Der Ritualist identifiziert sich dabei in der Rezitation mit Thot, dem Erfinder der Buchstaben. Seinem Wunsch nach magischer Offenbarung verleiht er mit scharfen Götterbedrohungen Nachdruck. Die logische Verbindung dieses Rezitationstextes zur Darstellung der Isis ist nicht evident, selbst wenn man in Rechnung stellt, daß es eine Tradition von Thot als Vater und Lehrer der Isis gab53 – etwa die Drohungen gegen Osiris und Horus sind mit Isis allenfalls als absolutem Kontrastbild denkbar. Die Offenbarungszauber mit diesem Ring sollen nur an bestimmten Tagen des Mondzyklus durchgeführt werden – solche zeitlichen Eingrenzungen der Anwendbarkeit finden sich auch in etlichen weiteren divinatorischen Handbüchern der griechisch-römischen Zeit.54 Die Herstellung einer Gemme wird PGM V, 445–457 beschrieben.55 Man soll einen sitzenden Sarapis gravieren, der ein ägyptisches Königsszepter hält, auf dem Szepter

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Vgl. dazu BOLL, Sphaera 295–346; DERS., Ostasiatischer Tierzyklus; GUNDEL, Neue astrologische Texte, 229–235; WEINSTOCK, Lunar Mansions, 60–65; HÜBNER, Dodekaoros; VON LIEVEN, From Crocodile to Dragon. 51 Vgl. NAGY, Gemmae magicae selectae, 179; DERS., Engineering, 216; VITELLOZZI, Relation, 203; FARAONE, Transformation, 88. 52 Vgl. NAGY, Gemmae magicae selectae, 169 f.; VITELLOZZI, Relation, 199. 53 Vgl. dazu STADLER, Weiser und Wesir, 152–155; QUACK, Lobpreis der Isis, 61. 54 QUACK, Losorakel, 330–335. 55 Vgl. MONACA, Divinazione, 141; NAGY, Gemmae magicae selectae, 178.

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soll ein Ibis sein. Der Ring soll gefaßt werden und dient als Mittel, um nach dem Schlafengehen Offenbarungen zu erhalten. Sarapis als traumgebender Gott ist zumindest prinzipiell für Offenbarungen geeignet,56 auch wenn eine explizite Rezitation fehlt, die darauf Bezug nehmen würde. Jedenfalls gibt es nicht wenige Sarapis-Darstellungen auf Gemmen, ohne daß es plausibel scheint, sie alle auf die Funktion von Traumoffenbarungen zu reduzieren (s. S. 348). Ein weiteres Rezept für eine magische Gemme verdient Erwähnung, auch weil es prinzipiell ähnliche Gestalten als reale Ausführungen gibt (s. S. 352).57 Es heißt: „Der in den Stein geschnittene Sonnen-Horos ist eine Figur mit Löwenkopf, in der linken Hand Weltkugel und Geißel haltend, rings um ihn eine Schlange, die sich in den Schwanz beißt, unter dem Boden des Steins dieser Name – verbirg ihn – Acha Achacha chach charchara chach. Und durchzieh ihn mit einem Anubisfaden und trag ihn um den Hals.“ (PGM I, 141–148). Bemerkenswert hinsichtlich der Fluktuationsmöglichkeiten im Material ist, daß es eine prinzipiell ähnliche Bildform in einer anderen Handlungsanweisung auch auf Papyrus gibt (PGM IV, 2111–2117; s. S. 330). Potentiell relevant ist auch PGM VII, 628–642, wo im Rahmen einer Divinationspraxis angewiesen wird, einen Ring mit Gravur des Asklepios von Memphis zu benutzen.58 Die explizite Herkunftsangabe spricht dafür, daß hier die Ikonographie des ägypischen Imhotep zugrunde gelegt werden soll. Allerdings handelt es sich nicht eigentlich um ein Amulett im Sinne eines schützenden Objekts, sondern um ein Mittel zur Generierung wahrheitsgemäßer Offenbarungen. Eine Weihe für einen magischen Ring (PGM XII, 201–269)59 zeichnet sich dadurch aus, das der Titel des sonst griechischsprachigen Passus demotisch geschrieben ist, nämlich wo gswr „ein Ring“. Ziel ist es, jeglichen Erfolg und jegliches Glück zu erreichen, also eine sehr globale Nutzanwendung. Es heißt „Nimm einen luftblauen Jaspis und zeichne auf ihn eine Schlange, kreisförmig, den Schwanz im Maul, und dazu mitten in die Schlange eine Selene, die zwei Sterne auf den Hörnern hat, und über ihnen eine Sonne, auf der eingeschnitten sei „Abrasax“, und auf der Rückseite der Steingravierung den gleichen Namen Abrasax, und auf die Umfassung schreib den großen und heiligen und allwirkenden Namen Iao Sabaoth. Hast du den Stein geweiht, trag ihn in goldenem Ring, wenn du seiner bedarfst, in Reinheit, und du wirst alles erlangen, was du wünschst. Weihe den Ring zugleich mit dem Stein durch die alles wirkende Weihe. Ebenso haben aber auch die Gravierungen auf Gold die gleiche magische Wirkung“. Die magischen Namen zeigen hier eine deutliche jüdische Beeinflußung der Endfassung, aber zumin-

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RENBERG, Dreams, 329–393. Vgl. VON LIEVEN, Dritte Reihe, 29 Anm. 43; NAGY, Gemmae magicae selectae, 177; VITELLOZZI, Relation, 196 f.; für die Praktik insgesamt SFAMENI GASPARRO, Religione e magia, 309–314. 58 Vgl. WILDUNG, Imhotep und Amenhotep, 104 f.; NAGY, Gemmae magicae selectae, 178; VITELLOZZI, Relation, 201; FARAONE, Divine Images, 222 f. 59 Vgl. für die betreffende Praktik DIELEMAN, Priests, Tongues and Rites, 147–170; s. auch PACHOUMI, Concepts of the Divine, 104 f. Spezieller für den darin enthaltenen Hymnus s. BORTOLANI, Magical Hymns, 202–216; für die Gravur NAGY, Gemmae magicae selectae, 178 f.; VITELLOZZI, Relation, 201. 57

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dest das Uroboros-Motiv wirkt dem Ägyptologen noch einigermaßen vertraut. Im Rezitationstext selbst wird eindeutig auf die ägyptische heliopolitanische Götterneunheit Bezug genommen.60 Deutlicher sind die ägyptischen Hintergründe im nächsten Rezept desselben Papyrus, das ebenfalls durch eine demotische Überschrift wo gswr „ein Ring“ eingeleitet wird (PGM XII, 270–350).61 Die Nutzanwendung ist etwas detaillierter niedergelegt. Er soll Erfolg, Gunst und Sieg geben, berühmt und groß machen, reich an Kräften, oder die Freundschaft derartiger Leute verschaffen. „Eine Sonne wird geschnitten auf Heliotropstein in folgender Weise: Da sei eine dickleibige Schlange, die – das Bild eines Kranzes – den Schwanz im Maul hat, und innerhalb der Schlange sei ein heiliger gestrahlter Skarabäus. Den Namen aber schneide auf die Rückseite des Steines in Hieroglyphenart ein, wie die Propheten sagen, und nach der Weihe trag ihn in Reinheit.“ Das Bildmotiv des Skarabäus innerhalb eines Uroboros ist auch von realen Gemmen her vertraut (s. S. 361). Die eigentliche Anrufung zeigt erneut stark jüdische Züge, so werden Iao, Sabaoth und Adonai erwähnt, aber auch Abraham, Isaak und Jakob sowie noch andere Gestalten. Die Weihe ist zudem an bestimmte astrologisch relevante Stellungen des Mondes im Tierkreis gekoppelt und muß sich über einen Zeitraum von 14 Tagen, also einen halben lunaren Zyklus, erstrecken. Spannend ist, daß eine Beschwörungsformel explizit als Uphor bezeichnet wird, und daß mit ihm alle Gebilde und alle durch Gravieren oder Schnitzen hergestellten Bilder belebt werden sollen. Die Formulierung beginnt mit „Geöffnet wurden die Tore des Himmels, geöffnet wurden die Tore der Erde“. Einerseits handelt es sich beim Terminus Uphor mutmaßlich um eine phonetische Wiedergabe des Wortes wp+.t-rA „Mundöffnung“, und das ist eben dasjenige Ritual, das man in Ägypten tatsächlich zur Belebung von handwerklich hergestellten Objekten benutzt. Es tritt auch gelegentlich in Amulettzusammenhängen auf, so bei der Weihe des Herzskarabäus TB 30B sowie zwei Praktiken mit Holz als Bildträger (s. S. 148 f.188). Auch die Formulierung „Geöffnet wurden die Tore des Himmels“ zeigt einen deutlich ägyptischen Hintergrund. Es läßt sich sogar plausibilisieren, daß auch weitere Motive des Textes, auf die ich hier aus Raumgründen nicht eingehen kann, Verbindungen zu einigen der Szenen des Mundöffnungsrituals, insbesondere Szene 59D, aufweisen. Im pOxy. LXXXII 5303, 2–6 wird die Gravur eines Ringes angewiesen, der bei Petitionen nützlich ist. Dargestellt werden soll wohl ein aufrecht stehender Djed-Pfeiler mit Königskrone.62

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QUACK, Heliopolitan Ennead, 192–201. Dazu NAGY, Gemmae magicae selectae, 179; MICHEL, Magische Gemmen, 5 f.; 179; DIELEMAN, Priests, Tongues and Rites, 170–183; MOYER, DIELEMAN, Miniaturization; QUACK, Miniaturisierung, 351 f.358–360; VITELLOZZI, Relation, 202. Vgl. auch SFAMENI, Magician’s instruments, 100 f.; SUÁREZ DE LA TORRE, Formación, 119 (der meine kritischen Bemerkungen zum Konzept der „Miniaturisierung“ übersehen hat). 62 Edition MALTOMINI, Magical Formulary, 48–51; für die Deutung s. ZELLMANN-ROHRER, Bryn Mawr Classical Review 2017.06.39, der die Worttrennung der Edition überzeugend korrigiert, aber das im Text stehende τατ irrig als Thot versteht (vgl. für die Identifizierung als Djedpfeiler RITNER, Cauda 61

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Magische dreidimensionale Figuren aus verschiedenen Materialien spielen in diesen Handbüchern ebenfalls eine Rolle, wobei sie weniger als Amulette getragen, sondern eher als Talismane stationär deponiert werden.63 Ich erwähne hier nur diejenigen, bei denen wenigstens ein Teilelement distinktiv ägyptische Hintergründe zeigt. Nicht allzu ägyptisch wirkt eine Handlung, bei der man aus Wachs mit Kräuter-Extrakten eine Hermesfigur mit Heroldsstab (also in griechischer ikonographischer Tradition) formt.64 Immerhin wird sie dadurch wirksam, daß man in ihrem Inneren ein Blatt hieratischen Papyrus mit einer Zauberformel deponiert (PGM IV, 2359–2372). Eventuell ist die konkrete Formel sogar tatsächlich sprachlich ägyptisch.65 Ziel ist, einem Ort Erwerb und Erfolg zu geben. Eine andere magische Handlung, die von Hermes spricht, ist in den Bezügen schon sehr viel deutlicher ägyptisch; hier steht eindeutig die Konzeption des ägyptischen Thot, der Isis beisteht, hinter dem griechischen Namen Hermes (PGM VIII, 53–56).66 Hergestellt werden soll die Figur eines Hundskopfaffen aus Ölbaumholz, mit dem geflügelten Hut des Hermes und auf dem Rücken ein Futteral – die hellenische Ikonographie spielt also mit hinein, so daß es zu einer reizvollen Vermischung kommt. Der Name des Hermes wird wieder auf Papyrus geschrieben und in die Statue gesteckt, genauer in das Futteral, das sie auf dem Rücken trägt. Möglicherweise eine ähnliche Figurenweihe wird in einem sehr fragmentarisch erhaltenen Papyrus beschrieben (pOxy. III 433).67 Vom mythologischen Hintergrund her interessant ist eine andere Figur. Hermes, d.h. also Thot, soll sie nämlich der herumirrenden Isis gegeben haben (PGM IV, 2373– 2440).68 Es handelt sich um die Darstellung eines bettelnden Mannes. Um seinen Bettelstab soll sich eine Schlange ringeln, er selbst soll einen Schurz tragen und wie Isis auf einer Kugel stehen, um die sich eine Schlange windet. Die einzelnen Körperteile werden je mit Zauberformeln versehen, was Verbindungen zur ägyptischen Sitte der Gliedervergottung aufweisen könnte.69 Das Gebet erfolgt zu Gunsten der Witwe und des Verwaisten, stellt also explizit den Bezug zu Isis und Horus nach dem Tod des Osiris

Pavonis 8, 14; KÁKOSY, Hermes, 260; QUACK, Apokalyptische Passage, 244 Anm. 6; DERS., Griechische und andere Dämonen, 434 Anm. 26; RAY, Baboon and Falcon Galleries, 270). 63 Vgl. die Liste der Belege in MERKELBACH, Abrasax 5, 64 sowie HALUSZKA, Semiotics. 64 Vgl. FARAONE, Protective Statues, 64–69; DERS., Transformation, 141–144; DERS., Miniature Amuletic Statues, 92–94; DERS., Cultural Plurality, 180–181; HALUSZKA, Crowns of Hermanubis, 228–237. 65 Der Text bietet χαϊωχεν ουτιβιλμενουωθ ατραυϊχ (PGM IV, 2365–2366), was ägyptisches Xo+=k n wo … |rm w#@ r @i.t |r+=w #X „mögest du erscheinen in einem ... und einem Gedeihen, damit es profitabel ist“ darstellen könnte (für das in der Deutung unsichere τιβιλ könnte eine Verbindung mit tfn „sich freuen“ erwogen werden). Die Einstufung als „nonsense words“ durch FARAONE, Transformation, 143 dürfte vorschnell sein. 66 Vgl. für die Praktik PACHOUMI, Magicians, 155–158, und für die Formulierungen der Identität zwischen Gott und Ritualist zusätzlich QUACK, Papyrus Carlsberg 475, 59–61. Vgl. auch HALUSZKA, Crowns of Hermanubis, 234. 67 ZELLMANN-ROHRER, Overlooked Formulary. 68 Vgl. SUÁREZ DE LA TORRE, Magical Hermes; FARAONE, Transformation, 246; HALUSZKA, Crowns of Hermanubis, 234–237. 69 Vgl. QUACK, Dekane und Gliedervergottung, 112; SUÁREZ DE LA TORRE, Magical Hermes, 130.

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her. Inzwischen mehren sich die Zeugnisse dafür, daß Thot nach dem Tod des Osiris Isis und ihrem Sohn Horus beigestanden hat, u.a. auf der Suche nach dem Leichnam des Osiris.70 Ägyptischer Einfluß könnte sich auch darin zeigen, daß bei der Aufzählung der Glücksgüter, auf die man hofft, das Silber vor dem Gold genannt wird. Ikonographisch ausgesprochen spannend ist eine andere Figur, die aus Wachs geknetet werden soll, auch wenn es sich in der konkreten Handhabung nicht um ein Amulett, sondern allenfalls einen Talisman handelt. Es heißt „Nimm tyrrhenisches Wachs und knete das Bild eines Mannes, drei Handbreiten hoch. Er habe drei Köpfe, der mittlere sei ein Seesperber, der rechte der eines Hundskopfaffen, der linke der eines Ibis. Er habe vier entfaltete Flügel, die beiden Hände auf die Brust gebreitet, und in ihnen halte er ein Herrschaftszeichen. Das Bild selbst sei gekleidet wie Osiris. Der Sperber habe ein Horosdiadem, der Hundskopfaffe ein Hermanubisdiadem, der Ibis ein Isisdiadem. In den Leib der Figur aber leg ein Herz aus Magnetstein und auf ein hieratisches Täfelchen schreib diese Namen und leg sie in den Leib, und mach eine eiserne Unterlage und stell es darauf und bring es in ein Tempelchen aus Wacholder bei Mondaufgang, wenn die Göttin dreitägig ist.“ (PGM IV, 3131–3147).71 Man steht hier deutlich in der Tradition der polymorphen Gottheiten der spätägyptischen Imagination, auch wenn das spezifische Einzelbild so meines Wissens noch nicht belegt ist. Ziel der konkreten Praxis ist, daß ein Ort, u.a. ein Heiligtum, großes Glück hat und staunend bewundert wird (PGM IV, 3125–3130). Es gibt auf zwei Gemmen ähnliche Bildmotive,72 was die Möglichkeit des Transfers von einem Bildträger auf einen anderen demonstriert. Die Datumsangabe bezieht sich auf den dritten Tag des Mondzyklus. Leider ausgefallen ist ein Bild aus Ton, das eine ägyptische Selene darstellen soll. Es wird als solches kurz im Text erwähnt und dafür auf eine untenstehende Zeichnung verwiesen (PGM VII, 869). Leider ist dort aber nur der Raum dafür freigelassen worden, das Bild selbst fehlt. Wie eine spezifisch ägyptische Mondgöttin aussehen sollte, kann ich nicht sicher sagen – da der Mond in Ägypten männlich ist, gibt es vorptolemäisch keine Darstellungen von Mondgöttinnen.73 In der griechisch-römischen Zeit wäre z.B. eine Isis-Gestalt denkbar.74 PGM II, 150–161 wird ein Raum erst gereinigt, dann werden auf die Pfosten und den Türsturz magische Zeichen eingeritzt, auf die Schwelle ein Sonnenkäfer, der auch als Skarabäus in der Handschrift zeichnerisch ausgeführt ist.75 Ein hochkomplexes magisches Ritual findet sich im sogenannten Achten Buch Moses (PGM XIII), das eine komplexe Vermischung ägyptischer kosmogonischer Vorstellungen mit Material anderer Herkunft zeigt.76 Unter anderem erscheint darin die Entstehung

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Vgl. QUACK, Isis, Thot und Arian. FARAONE, Protective Statues, 60–64; DERS., Transformation, 144–146; DERS., Miniature Amuletic Statues, 91 f.; HALUSZKA, Crowns of Hermanubis, 232–233. 72 Vgl. MICHEL, Magische Gemmen, 79. 73 VON LIEVEN, Grundriß des Laufes der Sterne, 193–195. 74 DELIA, Isis. 75 Vgl. dazu MERKELBACH, TOTTI, Abrasax 1, 54 f.64. 76 Vgl. dazu MERKELBACH, Abrasax 3, 92–153.185–231. 71

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15 Amulettverwendungen im Rahmen der gräkoägyptischen Zauberpapyri

der Welt aus dem siebenfachen Lachen des Gottes – ein Motiv, das Umberto Eco in seinem Roman „Der Name der Rose“ bewußt aufgegriffen hat. Serge Sauneron hat bemerkenswerte Verbindungen des Textes zur Neith-Kosmogonie von Esna nachgewiesen.77 Inzwischen kann das Motiv, daß die Götter aus dem Lachen des Schöpfers entstanden sind, bis ins Neue Reich zurückverfolgt werden.78 In der magischen Handlung werden zunächst aus Semmelmehl drei Figuren hergestellt, eine stier-, eine bock- und eine widderköpfige, jede einzeln auf einer Kugel stehend und mit ägyptischen Peitschen, wie der Text es formuliert, d.h. wohl Geißeln nach heutiger ägyptologischer Begrifflichkeit. Diese werden beräuchert und dann aufgegessen. Dann soll man auf eine Natrontafel ein falkenköpfiges Krokodil und darauf den Neungestaltigen zeichnen. Es ist anzunehmen, daß letzterer in der Bildttradition des ägyptischen neunköpfigen Bes steht. Im Kreis darum sollen die sieben Vokale des griechischen Alphabets stehen und wiederum von einer Schlange umringt sein, die sich in den Schwanz beißt. Im weiteren Verlauf des Rituals wird auch ein Schutzmittel gebraucht, das aus Lorbeerwurzel geschnitzt wird und die Gestalt des Apollo hat, mit einem großen Namen nach ägyptischer Anordnung beigeschrieben, was als Bainchoooch angegeben wird. Dies ist tatsächlich die phonetische Wiedergabe der ägyptischen Formel b# n kkw „Seele des Finsternis-Urgottes“, eine Formulierung, die in der römerzeitlichen Magie generell alles andere als selten ist.79 Letztlich gilt das ganze komplizierte Verfahren, auf das ich unmöglich in allen Details eingehen kann, der Gewinnung von offenbartem Wissen.

77

SAUNERON, Sept propos. QUACK, Lobpreis der Gottheit, 560; DERS., Irrungen, 449. 79 Zur genauen philologischen Deutung s. QUACK, Possibilities and pitfalls, 245. Vielfach wird der Name ungenau vereinfachend als „Seele der Finsternis“ übersetzt. 78

16 Ägyptische Motive auf magischen Gemmen 16.1 Theoretische Steinbücher 16.1 Theoretische Steinbücher

Es gibt eine Reihe erhaltener antiker Schriften, welche über Steine zum Zwecke der Herstellung von Amuletten handeln.1 Teilweise betrifft dies Eigenschaften, die dem Material an sich zugeschrieben werden, teilweise auch spezielle Bilder, die auf ihnen graviert werden. Ich werde nur auf letztere Fälle eingehen, und auch dann nur, sofern erkennbar ägyptische Motive verwendet werden. An erster Stelle zu nennen ist das sogenannte „Heilige Buch des Hermes an Asklepios“,2 das ägyptische Dekannamen enthält, die als reine Tradition der ägyptischen Sethos IB-Familie zu erkennen sind, allerdings mit zahlreichen Positionsverschiebungen in der hinteren Hälfte des Textes. Die Gravur und das Tragen des Ringes, um den es geht, wird zu Anfang des Textes mit einem astrologisch bestimmten Zeitpunkt verbunden, nämlich im Horoskopos und dem Agathos Daimon, d.h. also dem 1. und dem 11. Haus, sowie noch einem anderen Haus unklarer Natur. Das Werk enthält Angaben über die Gestalt des Dekans. Darauf folgt eine Angabe, über welchen Körperteil der Dekan herrscht, wobei ziemlich systematisch vom Kopf zu den Füßen vorgegangen wird. Dann erfolgt eine Angabe, in welche Art von Stein man ihn gravieren soll, welche Pflanze darunter gelegt und wie das Schutzamulett als Ring gefaßt werden soll. Für wenige Dekane werden dabei spezifische Metalle angegeben, meist aber die Wahl dem Handwerker bzw. Ritualisten freigestellt. Für fast alle Dekane wird auch noch angegeben, welcher Speise man sich enthalten soll. Nach dem explizit angegebenen Grundprinzip der Lehre soll man die Gestalten der Dekane und die ihnen zugehörigen Pflanzen benutzen, um sich vor den Krankheiten zu schützen, die jedes Tierkreiszeichen in dem Körperteil bewirken kann, über den es Gewalt hat. Dieses Verfahren macht den Eindruck einer Homöopathie, bei welcher der potentielle Krankheitsauslöser selbst als Heiler instrumentalisiert wird.

1 Vgl. zu den Anweisungen der Steinbücher und ihren nicht unerheblichen Divergenzen zu den tatsächlich erhaltenen magischen Gemmen NAGY, Daktylios, 85–87; FARAONE, Transformation, 19-21. Vgl. auch MELERO, Magia per las piedras; PEREA YÉBENES, Officium Magicum, 129–160. Zu bis in arabische Handbücher weitergehenden Traditionen s. RUSKA, Planetendarstellungen; DERS., Steinbuch. 2 Textedition RUELLE, Livre sacrée; vgl. PIPERAKIS, Decanal Iconography; VITELLOZZI, Relation, 235–246; QUACK, Beiträge, Kap. 2.2.4. und 2.4.2., Tabelle 17. Vgl. auch MASTROCINQUE, Intailles, 172–177.

340

16 Ägyptische Motive auf magischen Gemmen

Die verwendeten Bilder stehen in der Tradition der sogenannten „Dritten Reihe“. Das ist eine Art von Dekantradition, die bislang nicht in ägyptischsprachigen Originaldokumenten aufgetaucht, aber auch noch in einem lateinischen hermetischen Traktat aufzufinden ist, zudem auch auf drei Originalobjekten, die alle Bilder vereinen.3 Kurz angesprochen sei auch ein griechisch überliefertes Steinbuch, das den Autoren Sokrates und Dionysios zugeschrieben wird.4 Darin finden sich einige Gravuren, die nicht ohne ägyptischen Hintergrund wirken. Zuallererst relevant ist die Gravur eines Smaragds, aus dem man einen Skarabäus und auf dessen Bauch eine aufrecht stehende Isis schneiden soll (§ 26)5 – ganz ähnlich, wie es auch in dem magischen Handbuch PGM V, 238–242 erscheint (allerdings mit einer andersartigen Anwendung im Bereich der Divination; s. S. 333), und wie es nochmals auch bei Damigeron und Evax, 6,6–7 belegt ist. Vermutlich ist auch Plinius, NH XXXVII, 124 hiermit zu verbinden.6 Dieser Stein soll eine Verbesserung von Lebensumständen, Wortgewalt und Handlungen bewirken. Es könnte sich um das Aufgreifen der Ikonographie eines Dekans handeln, da nach der lateinischen hermetischen Liste der zweite Dekan des Krebses ein Gesicht der Isis hat. Dasselbe Handbuch empfiehlt für Onyx, darin das Abbild einer gewundenen Schlange mit Hundskopf zu gravieren. Ein derartiger Stein soll dann die Eingeweide schützen (§ 32).7 Hier handelt es sich tatsächlich um das Bild des Dekans Sothis nach der oben bereits erwähnten Dritten Reihe der Dekane.8 Der Hundskopf zeigt dabei bereits eine Interaktion mit der griechischen Tradition, in der Sirius Teil des Sternbildes des großen Hundes ist. Eine andere Sorte Onyx, nämlich eine helle und durchscheinende, soll mit einer löwenköpfigen Schlange graviert werden und gegen Magenprobleme helfen (§ 35).9 Hier handelt es sich um das Bild speziell des Dekans Chnumis, auf den ich bei der Behandlung der real erhaltenen magischen Gemmen noch in den Details eingehen werde (s. S. 356–358). In einen dunklen Onyx soll dagegen speziell ein dreiköpfiger Chnumis geschnitten werden, der für schwangere und stillende Frauen nützlich ist (§ 36).10 Von einem derartigen Bildtyp ist nur eine einzige reale Gemme bekannt.11 Möglicherweise ägyptische Hintergründe hat auch die Angabe, man solle in eine spezielle Onyx-Sorte (mit weißen Bereichen) ein Ei mit einem Skarabäus darin gravieren (§ 34).12 Diese Praktik verspricht Reichtum und Sicherheit vor Ergreifung.

3

ABRY, Diptyques; VON LIEVEN, Dritte Reihe; NENNA, Douch; QUACK, Beiträge, Kap. 2.4.2. HALLEUX, SCHAMP, Lapidaires grecs, 139–144.166–177; Zusammenstellung der Angaben zur Gravur magisch wirksamer Steine bei FARAONE, Transformation, 274–275. 5 HALLEUX, SCHAMP, Lapidaires grecs, 166.241 f. Vgl. für die Interpretation der Details der Handlungsanweisung NAGY, Gemmae magicae selectae, 169 f. 6 QUACK, Mages égyptianisés, 271 f. 7 HALLEUX, SCHAMP, Lapidaires grecs, 169. 8 ABRY, Diptyches, 92; QUACK, Beiträge, Kap. 2.4.2. 9 HALLEUX, SCHAMP, Lapidaires grecs, 169 f. 10 HALLEUX, SCHAMP, Lapidaires grecs, 171. 11 ZWIERLEIN-DIEHL, Magische Amulette, 79 f. 12 Vgl. VITELLOZZI, Relation, 215. 4

16.1 Theoretische Steinbücher

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Einige einschlägige Passagen enthält auch das Steinbuch des Damigeron und Evax, das nur in lateinischer Übersetzung erhalten ist, aber auf eine griechische Vorlage mutmaßlich aus Alexandria zurückgeht.13 Jedenfalls bezieht sich schon die generelle Einleitung explizit auf Ägypten und steht offensichtlich in hermetischer Tradition. Mit allen Formeln schwerster Beschwörungen wird zur Geheimhaltung aufgefordert und betont, Ägypten habe kein besseres Buch als dieses. Besonders reizvoll unter ägyptologischem Blickwinkel ist in diesem Steinbuch ein astrologisch sortiertes Lapidar, bei dem den sieben Planeten der Antike Steine und Gravuren zugeordnet werden.14 Dabei finden sich folgende Zuordnungen: Für die Sonne ist ein Chrysolith angegeben, in den ein Skarabäus mit Strahlen graviert wird. Der ägyptische Bezug ist evident, die Verbindung des Skarabäus zum Sonnengott wurde schon oben genauer behandelt (s. S. 162–165). Für den Mond wird ein Aphroselenit gebraucht, in den eine Göttin mit Rinderhörnern graviert wird. Das bezieht sich mutmaßlich auf Isis, die speziell in der gräkoägyptischen Phase zu einer Mondgöttin stilisiert wird.15 Jedenfalls ist auch hier am ägyptischen Ursprung der Ikonographie nicht zu zweifeln. Für Mars ist die Angabe nicht erhalten. Für Merkur gibt es einen arabischen Stein, in den ein Hundskopfaffe graviert werden soll.16 Deutlich ist hier der ägyptische Gott Thot erkennbar. Für Jupiter gibt es ein gehörntes Schaf, das in den Stein Keraunos graviert werden soll. Möglichweise steht die Vorstellung von Amun mit Widderhörnern dahinter, der mit dem griechischen Zeus gleichgesetzt wurde.17 Für Venus gibt es den medischen Stein, in den eben Venus graviert wird – das ist nicht weiter festzulegen, aber vielleicht eher griechischer Einfluß. Für Saturn gibt es einen krokodilköpfigen Mann.18 Dies deutet zunächst auf Sobek, der tatsächlich an manchen Kultorten, insbesondere in Tebtynis, mit dem griechischen Kronos identifiziert wird,19 so daß er passend für den Planeten Saturn bzw. im Griechischen Kronos ist. Weiterhin findet sich auch in diesem Text die Gravur des Smaragdes mit Isis auf einem Skarabäus (6,5),20 die ich bereits für das Steinbuch des Sokrates und Dionysios genannt habe. Zudem ist auch für den „allfarbigen“ Stein angegeben, man solle ein Bild der Leto, des Harpokrates sowie dahinter dreier Falken gravieren (§ 37).21 Der Stein soll

13

HALLEUX, SCHAMP, Lapidaires grecs, 193–297. HALLEUX, SCHAMP, Lapidaires grecs, 232 f.; QUACK, Lapidar. 15 DELIA, Isis; vgl. VITELLOZZI, Relation, 211. 16 Vgl. VITELLOZZI, Relation, 223. 17 Vgl. auch VITELLOZZI, Relation, 216; die klare Zuordnung zum Planeten Jupiter im Lapidarium und dessen sonst einhellig graeco-ägyptischer Charakter spricht gegen eine Verbindung zum nahöstlichen Gott Sandas. 18 Vgl. VITELLOZZI, Relation, 223. 19 Dazu ausführlich KOCKELMANN, Herr der Seen, 173–179. 20 HALLEUX, SCHAMP, Lapidaires grecs, 241 f. 21 HALLEUX, SCHAMP, Lapidaires grecs, 277 f.; vgl. NAGY, Gemmae magicae selectae, 176; VITELLOZZI, Relation, 222. 14

342

16 Ägyptische Motive auf magischen Gemmen

unbesiegbar machen und gegen feindliche Magie wirken. Leto ist normalerweise eine Interpretatio graeca der ägyptischen Uto,22 so daß ein starker Bezug zu Buto als Ort des jugendlichen Horus zu vermuten ist. Die Nutzanwendung dürfte damit zusammenhängen, daß dieser den Angriffen des Seth entkommt und letztlich das Königtum Ägyptens gewinnt. Bislang ist keine Gemme bekannt, die genau diesem Bild entspricht. Immerhin sind drei Falken als begleitendes Element z.B. auf Harpokratesgemmen belegt.

16.2 Ägyptische Traditionen in den spätantiken magischen Gemmen 16.2 Ägyptische Traditionen in den spätantiken magischen Gemmen

Anders als die theoretischen Handbücher und ihre praktische Umsetzung in Liebeszaubern und ähnlichen Texten auf Papyrus ist eine andere Fundgruppe per se gut und fast stets mit dem Thema Amulette verbunden, nämlich die spätantiken magischen Gemmen. Es handelt sich um eine Kategorie, die in der römischen Kaiserzeit häufig war, vor allem vom 2.-4. Jhd. n. Chr.23 Allerdings beginnt bei der Datierung bereits eines der großen Probleme. Es gibt ausgesprochen wenige Funde mit gesichertem archäologischen Zusammenhang. Die große Masse der Objekte ist unsicherer Herkunft, und viele Stücke europäischer Museen gehen bereits auf Sammlungen der Renaissance sowie des 17. und 18. Jahrhunderts zurück.24 Tatsächlich hat es gerade in der frühen Neuzeit ein deutliches Interesse an diesen Stücken gegeben, bevor die aufkommende wissenschaftliche Klassische Archäologie ab Winckelmann sie als künstlerisch minderwertig ansprach und zu einer langen Vernachlässigung führte, die erst rezent wieder überwunden scheint. Allerdings verbleibt immer noch das Problem, daß forscherische Beiträge zu diesem Thema von ausgebildeten Ägyptologen kaum vorkommen. Die nicht wenigen ägyptischen Elemente werden folglich sehr oft nur mäßig behandelt, indem Wissen aus zweiter Hand benutzt wird, bei dem zudem nicht, wie es methodisch doch eigentlich nötig wäre, spezifisch die späte Phase der ägyptischen Religion im Zentrum steht. Da zudem die Erforscher magischer Gemmen selten wirklich kontroverse Diskussionen führen, sondern eher dazu neigen, einmal aufgestellte Behauptungen ungeprüft weiterzutradieren, ist die Lage in manchen

22

LLOYD, Herodotus Commentary, Band II, 270; VON LIEVEN, Interpretatio Graeca, 71. Zu ihnen übergreifend BONNER, Studies in Magical Amulets; MICHEL, Die magischen Gemmen; NAGY, Daktylios; DERS., Engineering; SFAMENI GASPARRO, Religione e magia, 307–373; ZWIERLEINDIEHL, Intailles magiques; SHANDRUK, Computational Approach; DASEN, NAGY, Gems; zur Trageweise BECKMAN, Color-Coded, 70–73; wichtigere Einzelpublikationen sind etwa DELATTE, DERCHAIN, Intailles et gemmes magiques; PHILIPP, Mira et magica; ZWIERLEIN-DIEHL, Magische Amulette; MICHEL, Magische Gemmen BM; MASTROCINQUE, Intailles magiques; ŚLIWA, Magical Gems; s. auch MICHELI, Gemmae magicae. Ich begnüge mich im Folgenden meist mit Verweisen auf diese Publikationen, da Vollständigkeit ohnehin nicht zu erreichen wäre und MICHEL, Magische Gemmen, übergreifende Nachweise für die wesentlicheren Motive bietet. Zahlreiche Objekte sind über die Campbell Bonner Magical Gems Database im Internet mit Bild und Informationen zu finden (http://www2.szepmuveszeti.hu/talismans/). 24 Speziell die früh publizierten Stücke sind bei MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, behandelt. 23

16.2 Ägyptische Traditionen in den spätantiken magischen Gemmen

343

Punkten eher mißlich, bzw. präzise Nachprüfungen durch Ägyptologen haben noch ein hohes Potential an Verständnisverbesserung.25 Über die Herkunft der magischen Gemmen ist leider wenig bekannt. Viele Stücke, gerade die Altbestände, könnten aus römischen Nekropolen stammen; aus Rom selbst sind bei neuen Grabungen gelegentlich derartige Artefakte gefunden worden.26 Konkrete Stücke, auch mit Motiven ägyptischen Hintergrunds, sind selbst aus so entfernten Regionen wie Britannien,27 Spanien28 und der Schweiz29 gefunden worden, Aquileia und Luni sind als Fundorte in Italien zu nennen.30 Vom Balkan und dem Schwarzmeergebiet stammen ebenfalls einschlägige Stücke,31 in Griechenland gibt es z.B. aus Korinth sowie bei Pella magische Gemmen mit Darstellungen des Chnoumis,32 vor allem aber sind aus der Levante33 viele Stücke auf uns gekommen. Angesichts der geringen Menge archäologisch dokumentierter Funde ist auch die genaue Chronologie dieser Artefakte keineswegs sicher.34 Üblicherweise werden sie nach stilistischen Kriterien im Vergleich zu anderen Gemmen datiert; als Hauptzeitraum gilt das 2.–3. Jhd. n. Chr. Einen Terminus ad quem für das Einsetzen einer Verbreitung in Italien (nicht notwendigerweise an anderen Orten) etwa im mittleren 1. Jhd. n. Chr. liefert die bekannte Passage bei Plinius, NH XXXIII, XII (41), daß sogar Männer in Rom beginnen würden, an den Fingern Ringe mit Harpokrates und anderen ägyptischen Gottheiten zu tragen.35 Es wäre noch zu prüfen, inwieweit das Einsetzen dieser Gemmen tatsächlich ein Zeugnis für eine stärkere Dominanz der Magie in der Bevölkerung ist,36 oder lediglich ein Zeugnis für einen Übergang zu klarer markierten und/oder weniger vergänglichen und deshalb archäologisch besser faßbaren Artefakten darstellt.37 Ein großes Problem wird leider oft nicht ausreichend thematisiert, nämlich moderne Nachahmungen.38 Es gab in der frühen Neuzeit ein echtes Interesse an derartigen Stükken, das auch zur Herstellung von neuen Objekten führte. Solange sich solche Nachah-

25

Vgl. QUACK, Possibilities and Pitfalls. Vgl. MASTROCINQUE, Sylloge II, 145; übergreifend GORDON, Archaeologies, 40. 27 HENIG, Corpus, 95 f.231, Taf. XII.XLII. 28 PEREA YÉBENES, Officium Magicum, 449–467. 29 DEONNA, Amulette des Fins d’Annecy, 173–175. 30 SENA CHIESA, Aquileia; DIES., Luni. 31 SANIE, Classica et Orientalia IV, 79–82; OCHEŞANU, Gemă gnostică. 32 DAVIDSON, Corinth XII, 225 Nr. 1777, Taf. 101; CHRYSOSTOMOU, Rescue excavations, 80–81. 33 Z.B. MOUTERDE, Glaive; DERS., Objets magiques; DUNAND, Fouilles de Byblos, I, 44–45; Taf. CXXXVII; HAMBURGER, Caesarea Maritima; BOHAK, Tel Dor. 34 ZWIERLEIN-DIEHL, Dating. 35 Vgl. z.B. eine Kette aus Herculaneum, an der neben neben anderen Objekten auch eine Isis-Statuette präsent ist, s. FARAONE, Transformation, 59–60. 36 So BONNER, Studies, 22. 37 In diese Richtung geht FARAONE, Transformation. 38 Vgl. QUACK, Gnomon 76, 262; ZWIERLEIN-DIEHL, Antike Gemmen, 256–258.292 f.; DIES., Magical Gems, 108–129; ENGEMANN, Argument from Silence; SAURA, Imitaciones modernas; DASEN, NAGY, Gems, 433 f. Ein Beispiel für einen im Mittelalter und der frühen Neuzeit wiederholt aufgegriffenen Typ (Anguipes) bietet NAGY, Transmission; eine Einzelstudie DZWIZA Zauberzeichensequenz. 26

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16 Ägyptische Motive auf magischen Gemmen

mungen eng an ihre Vorlagen halten, ist das Problem nicht zu erheblich; vor allem könnten die realen Häufigkeiten bestimmter Typen verzerrt werden. Problematisch wird es jedoch, sobald dann Einzelmotive neu zusammengestellt oder nach Maßgabe des damaligen Verständnisses Dinge weiterentwickelt wurden, die heute zu Fehlinterpretationen führen können, sobald sie in ihren Ausgangspositionen nicht mehr den realen antiken Verwendungen der Motive entsprechen. Hier ist im Einzelfall noch viel Arbeit zu leisten, die erst vor kurzem mehr ins Blickfeld geraten ist. Die funktionale Abgrenzung der „magischen Gemmen“ ist tatsächlich keineswegs trivial. Üblicherweise werden als spezielle Gruppe in der Forschung solche Artefakte ausgesondert, die durch die Präsenz von Darstellungen außerhalb der traditionellen griechisch-römischen Ikonographie und/oder Charakteres (Zeichen jenseits normaler Schrift)39 und/oder „Voces magicae“ (also Lautfolgen, die nicht als griechische Sprache deutbar sind) auffallen. Es ist aber damit zu rechnen, daß viele andere Objekte, die ganz normale Gottheiten der griechisch-römischen Welt zeigen, funktional gleichartig als Amulette getragen wurden;40 solche Bildtypen sind in den theoretischen Steinbüchern gut vertreten. Eine Einschränkung rein auf die in Text oder Bild „auffälligen“ ist demnach potentiell erkenntnisversperrend. Für die Zwecke des vorliegenden Buches ist dieser an sich sehr bedeutsame Punkt allerdings minder wichtig, da es hier ohnehin nicht in Frage kommt, sämtliche als Amulett getragenen gravierten Steine der römischen Kaiserzeit zu analysieren, sondern die Untersuchung auf solche Bildtypen beschränkt bleiben muß, die eindeutige Wurzeln in der ägyptischen Tradition haben41 (und insofern auch von der bisherigen Forschung stets zur Gruppe der magischen Gemmen gerechnet wurden). Es sei allerdings eingeräumt, daß die Beschränkung auf Bildtypen ägyptischer Herkunft selbst für die Frage ägyptischer Hintergründe von magischen Gemmen insofern eine nicht unproblematische Engführung darstellt, als potentiell auch Bilder griechischrömischer Tradition mit ägyptischen Gottheiten verknüpft sein können. Ein Beispiel sind etwa Gemmen, welche die nackte Aphrodite Anadyomene darstellen.42 Auf ihnen

39 Dazu besonders GORDON, Signa nova; DERS., Charakteres; kurze Bemerkungen auch in MARTIN, Langue des oiseaux, 265; eine neue Studie von Kirsten Dzwiza ist in Arbeit. 40 NAGY, Anguipes, 159 Anm. 2; DERS., Daktylios, 82–91; GORDON, Power of Stones; QUACK, Gnomon 84, 191; SFAMENI GASPARRO, Religione e magia, 324–327; FARAONE, Transformation, 16. Vgl. auch MASTROCINQUE, Laminetta magica. 41 Vgl. die Zusammenstellung ägyptischer Motive bei BONNER, Studies, 22–26; NEVEROV, Thème égyptien; WEST, Gods on Small Things; s. auch SFAMENI, Magia e potere, sowie die sachlich nicht unproblematische Gruppierung angeblich ägyptischer Gottheiten bei MASTROCINQUE, Sylloge I, 141– 299. FARAONE, Transformation, 148–173 möchte zwischen „pharaonischen“ und „ptolemäischen“ Göttern differenzieren, unterschätzt dabei aber die langen durchgehenden Traditionen; z.B. läßt sich die Ikonographie der löwenköpfigen Uräusschlange, die für Chnubis relevant ist, in Ägypten bis in die späte 20. Dynastie zurückverfolgen (die Behauptung von FARAONE, Transformation, 360 Anm. 37, es gäbe in ägyptischen Quellen keine Evidenz für die löwenköpfige Schlange, ist dezidiert nicht zutreffend). 42 MICHEL, Magische Gemmen BM, 51–56; DIES., Magische Gemmen, 210–213.250–251. Vgl. FARAONE, Transformation, 167–169.

16.2 Ägyptische Traditionen in den spätantiken magischen Gemmen

345

gibt es teilweise textlich eindeutige Verweise auf Isis oder Hathor (Abb. 112).43 Auch die auf Gemmen mit diesem Bildmotiv häufige magische Formel αρωριφρασις könnte sprachlich ägyptisch sein.44 Hinsichtlich der Intentionen, die hinter dem Gebrauch dieser Artefakte stehen, sollte man sich davor hüten, sie für die einzelnen Bildtypen zu spezifisch und exklusiv zu definieren. Sicher gibt es einige Motive, die auf der Ebene der theoretischen Handbücher präzise mit ganz bestimmten Nutzanwendungen verbunden sind. Aber schon in den Handbüchern werden viele Ringsteine genannt, die für eine ganze Reihe verschiedener Anwendungen geeignet sein sollen.45 Bei Darstellungen von Gottheiten kann im Zentrum stehen, die jeweilige Gottheit kontaktieren zu können, egal für welches konkrete Anliegen. Tatsächlich kann man öfters sehen, daß an unterschiedliche Gottheiten relativ gleichartige Anliegen herangetragen werden und manche Amulette offenbar für alles gut sein sollen. In der realen Nutzung durch individuelle Träger können nochmals andere Projektionen relevant gewesen sein. Instruktiv ist eine Gemme, welche eine Göttin mit zwei zusätzlichen Vogelköpfen, Peitsche und Fackel darstellt und nach einer ersten Beschriftung wohl mit einem generellen Schutz vor Verzauberung bzw. Verfluchung verbunden war, aber sekundär durch andere Inschriften als erotischer Zauber aktiviert wurde.46 Hinzu kommt, daß die Herstellung von derartigen Objekten, wie oben bemerkt, auch weit jenseits Ägyptens stattgefunden haben dürfte, und man kaum bei allen Handwerkern aktive und detaillierte Kenntnisse der ägyptischen Hintergründe erwarten kann. Hier muß man also die Frage stellen, wie und in welcher Form Wissen vermittelt wurde. In Frage kommen einerseits textliche Handbücher (obgleich die bekannten erhaltenen Traktate sich nur zu einem sehr geringen Grad mit dem Motivspektrum der magischen Gemmen decken) oder direkte Kopien von anderen Steinen. Ersterer Fall würde voraussetzen, daß die Handwerker entweder selbst literat waren47 oder eng mit literaten Leuten zusammengearbeitet haben – aber selbst dann würde eine verbalisierte Beschreibung kaum für eine präzise Wiedergabe aller Details reichen. Zu beachten sind seltene Variantenangaben, welche auf die Nutzung mehrerer Vorlagen hinweisen.48 Bei Kopien nach anderen Steinen besteht ein Risiko, daß Elemente der Ikonographie mißverstanden und umgedeutet werden und bei den Inschriften Lesefehler auftreten. Man muß also damit rechnen, daß es auch eine Desintegration im Verständnis gegeben hat,49 was davor warnen sollte, aus singulären Bildmotiven zu viel herauslesen zu wollen.

43

QUACK, Beiträge, Kap. 2.4.2. Vgl. auch WAEGEMAN, ΑΡΩΡΙΦΡΑΣΙΣ; FARAONE, Notes, 217; DERS., Transformation, 366 Anm. 125. Eine genauere Analyse muß einer späteren Studie vorbehalten bleiben; der hintere Teil würde jedenfalls perfekt zu koptischem Bvraši „die Freude“ passen. Vgl. BRASHEAR, Greek Magical Papyri, 3580. 45 FARAONE, Transformation, 196–197. 46 BONNER, Studies in Magical Amulets, 116–118; Taf. VII Nr. 156. 47 Vgl. FARAONE, Transformation, 257, der sie für illiterat hält. 48 Vgl. einige Beispiele in QUACK, Dekane, Kapitel 2.4.3., z.B. die Gemme von Cástulo. 49 Vgl etwa die völlig degenerierte Form des „Pantheos“ bei MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge II, 170 (VeC 11), wo der Falkenschwanz zu einer Art Stierschwanz geschrumpft und nur noch ein einziger 44

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16 Ägyptische Motive auf magischen Gemmen

In der frühen Forschung wurden diese Gemmen gerne mit der religiösen Strömung des Gnostizismus verbunden.50 Erst im früheren 20. Jahrhundert,51 insbesondere seit Bonners grundlegendem Werk,52 hat sich weitgehend die Auffassung durchgesetzt, daß es sich bei den Objekten normalerweise nicht um Zeugnisse gnostischer Religion handelt. Allerdings bleiben einzelne Forscher bis heute bei einer Terminologie „gnostische Gemmen“ und interpretieren Bildmotive dieser Objekte (einschließlich solcher ägyptischer Herkunft) vor dem Hintergrund von Quellen zum Gnostizismus.53 Als eventuell chronologisch früheste Gruppe sind Skarabäen, insbesondere solche mit Riffelung der Flügel, anzusprechen, auf deren Unterseite die betreffenden Motive graviert wurden.54 Die Hauptmasse der Artefakte sind jedoch Gemmen. Das Bildmotiv ist so geschnitten, daß es vom Standpunkt des Betrachters aus seitenrichtig ist; die Objekte waren somit nicht für einen Einsatz als Siegel intendiert. Auf der Rückseite der Gemmen (und gelegentlich bei entsprechendem Schliff auf den Seiten) erscheinen öfters gravierte Inschriften und teilweise auch Charakteres, die ohne direkte Sichtbarkeit wirksam sein sollten.55 Osiris erscheint auf den Gemmen als Mumie (Abb. 113) sowohl auf der Bahre liegend als auch stehend (dann mit Krummstab und Geißel).56 In ersterem Fall kann dazu Anubis

Flügel übrig geblieben ist (was zur Folge gehabt hat, daß der moderne Bearbeiter die letztliche Herkunft des Bildmotivs nicht erkannt hat); weitere instruktive Fälle der Mißdeutung des Pantheos in frühneuzeitlichen Wiedergaben von Gemmen mit der Darstellung des Pantheos zeigt STRICKER, Magische Gemmen, 26–28. Nicht viel besser ist die ebenfalls mißglückte mutmaßlich neuzeitliche Wiedergabe eines Pantheos bei MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge II, 190 (Vr 12). 50 Z.B. MATTER, Histoire critique, Band III; KING, Gnostics. 51 DELATTE, Études sur la magie grecque IV. 52 BONNER, Studies in Magical Amulets, 1–2.45.113.123–139.160.231. Rezent z.B. FARAONE, Transformation, 295 Anm. 73. 53 Z.B. MASTROCINQUE, From Jewish Magic to Gnosticism, in praktischer Anwendung; DERS., Sylloge I, 9, mit Verteidigung der Terminologie; BAKOWSKA-CZERNER, Elements of Gnostic Concepts. Vgl. kritisch QUACK, Gnomon 84, 191. 54 MICHEL, Magische Gemmen BM, 327–333. 55 Stücke, die auf beiden Seiten zwei verschiedene Bildmotive zeigen, müssen m.E. in hohem Maße im Verdacht stehen, neuzeitlich zu sein. 56 WEST, Gods on Small Things, 142. Zur Osirismumie auf Gemmen s. BONNER, Studies, 23.25– 26; ZWIERLEIN-DIEHL, Gemmen Wien III, 156–157, Taf. 92; MICHEL, Magische Gemmen BM, 1–8 (wo Nr. 5 zum einen angesichts des Kopfschmuckes eher Isis als die Osirismumie darstellt, zum anderen angesichts der allzu klassischen Form des Σ aller Wahrscheinlichkeit nach ein neuzeitliches Produkt ist); DIES., Magische Gemmen, 35–43.311–315, Taf. 2–6; MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, 206–215; DERS., (Hg.), Sylloge II, 24.38–41.131.147.202; ŚLIWA, Magical Gems, 62–63 Nr. 23–24. Die Darstellung des Osiris mit umliegenden breiten reifenartigen Streifen, von denen Linien nach unten ausgehen, halte ich gegen MASTROCINQUE, Dio Canopo, DERS., Sylloge I, 210, weiterhin für ein erst neuzeitliches Produkt. Mastrocinques einziges Argument für eine antike Entstehung, nämlich eine von ihm dem Stil nach apodiktisch ins 2.–3. Jhd. n. Chr. datierte Gemme in Privatbesitz (Dio Canopo, 407 f.; Sylloge II, 200, Taf. LVIII), weist selbst zu viele Merkwürdigkeiten auf: Auf der anderen Seite, die das Sonnenkind auf dem Lotus zeigt, ist das Boot zu einem Halbkreis verbogen, der Lotus botanisch verkannt, und der Strahlenkranz des Helios ist bei diesem Motiv unüblich.

16.2 Ägyptische Traditionen in den spätantiken magischen Gemmen

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dargestellt sein, der sich um die Balsamierung kümmert, wie es einer häufigen Ikonographie später ägyptischer Grabdekoration entspricht.57 Auf den Gemmen gibt es allerdings eine bemerkenswerte Tendenz, als lebenden schreitenden Löwen darzustellen, was in der ägyptischen Vorlage vielmehr eine Löwenbahre war. In letzterem Falle kann die Mumie von zwei Frauengestalten mit Diadem flankiert werden, die meist gleichartig stilisiert und wohl als Isis und Nephythys zu verstehen sind; ausnahmsweise ist statt einer Mumie auch der Apisstier dargestellt.58 Ebenso treten im Zusammenhang der liegenden Mumie sowohl Skarabäus und Falke als auch zwei Falken auf. Für die Vögel wären sowohl Bezüge auf Horus als Falke wie auch auf Isis und Nephyths als Schwarzmilane denkbar. Möglicherweise ist ein bestimmter Bildtyp als Seth, der Osiris trägt, aufzufassen (Abb. 114).59 Ein ähnliches Bild gibt es bereits in einer Vignette eines magischen Papyrus des Neuen Reiches (pAthen 1826, Kol. x+6, s. S. 139). Gelegentlich gibt es auch den Bildtyp der liegenden Mumie, die weitgehend von einer großen Schlange umringt wird (Abb. 115), also bereits fertig hergestellt und deponiert ist.60 Solche Darstellungen sind auch aus Ägypten bekannt61 bzw. in der griechisch-römischen Zeit teilweise sogar zu einer Hieroglyphe für „Ewigkeit“ oder „Unterwelt“ geworden.62 Einzelne Gemmen stellen die stehende Mumie mit mehreren Flügeln, teilweise auch noch zusätzlichen Köpfen dar, bringen sie somit in engere Beziehung zum „Pantheos“.63 Bei kaum einer dieser Gemmen gibt es klare und explizite paratextuelle Angaben, wozu sie dienen soll; bei einem seltenen Fall (BM EA 56241), ist die Deutung als agressive Magie gegen einen Rivalen oder Hinweis auf Auferstehung und Wiedergeburt umstritten.64 Insbesondere bleibt deshalb die Frage offen, ob es sich um spezifisch funeräre Intentionen handelt,65 oder der Beistand des Osiris auch für diesseitige Fragen gesucht

57 WEST, Gods on Small Things, 140. Vgl. für späte ägyptische Darstellungen dieser Art z.B. KAPLAN, Grabmalerei, 25–30; VENIT, Monumental Tombs, 120–167; GUIMIER-SORBETS, PELLE, SEIF ELDIN, Renaître. 58 MASTROCINQUE, Intailles, 56 Nr. 131. 59 WEST, Gods on Small Things, 140 f.; VANDENBEUSCH, Âne, 190 f. Vgl. auch MICHEL, Magische Gemmen BM, 25–27; DIES., Magische Gemmen, 39 mit Anm. 176 mit Auffassung als Anubis sowie MASTROCINQUE, Intailles, 34, der die tragende Gestalt als Nun identifizieren will. Zu beachten ist auch BM EA 26733 (MICHEL, Magische Gemmen BM, 12, Taf. 3 Nr. 17), wo m.E. das Tragen der Mumie

auf der Vorderseite und die zu Harpokrates passende Beschriftung χρατουαθ auf der Rückseite als Anzeichen von Kontamination zu bewerten ist. 60 BONNER, Studies, 232; PEREA YÉBENES, Demon, 104 f. 61 Bereits im Neuen Reich im Höhlenbuch, s. WERNING, Höhlenbuch, Band 1, Taf. IX; Band 2, 126.136. 62 KURTH, Einführung, 283 Nr. 21. 63 Vgl. BONNER, Studies, 159; MICHEL, Magische Gemmen BM, 109 f. Nr. 172; MASTROCINQUE, Intailles, 37; QUACK, Possibilities and Pitfalls, 240, wo die Frage aufgeworfen wird, ob es sich um eine antike oder moderne Rezeption zur Vignette von Totenbuch Kap. 164 handelt. 64 BONNER, Studies, 108–110 für ersteres; MICHEL, Magische Gemmen BM, 5–6 für letzteres. 65 So z.B. MICHEL, Magische Gemmen, 41, die einen Sinnzusammenhang von Jenseitsglauben und Regeneration für evident hält.

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16 Ägyptische Motive auf magischen Gemmen

wurde; die Parallele im Athener magischen Papyrus läßt letzteres ohne weiteres als möglich erscheinen. Auch sei darauf hingewiesen, daß unter den 36 Dekangestalten der „Dritten Reihe“, wie sie im Heiligen Buch des Hermes an Asklepios beschrieben werden, auch zwei sind, die in „osirianische“ Gewänder gehüllt sein sollen, also inbesondere dem Typ der stehenden Osirismumien entsprechen könnten (Taurus 1 und 2).66 Sie haben aber keineswegs einen funerären Hintergrund, sondern dienen zum Schutz bestimmter (durch die Melothesie definierter) Körperteile. Auch Isis kann als Hauptgestalt der Gemmen auftreten.67 Zu beachten sind hier die Anweisungen theoretischer Steinbücher sowie der magischen Paypri, die eben eine stehende Isis als Darstellung auf einem Ringstein empfehlen, wohl spezifisch auf der Unterseite eines Skarabäus (s. S. 333.340). Die Nutzanwendungen der verschiedenen Metatexte sind durchaus unterschiedlich; teils geht es um Divination, teils um Lebensumstände und Wortgewalt. Sehr selten gibt es auch Isis und Osiris als Kanopen auf Gemmen dargestellt.68 Im Hinblick darauf, daß bei Isis die Ikonographie auch diejenige der griechisch-römischen Isis sein kann, sollte auch Sarapis angesprochen werden, der außerhalb Ägyptens ihr wesentlicher Partner ist.69 Sarapis ist auf Gemmen durchaus präsent.70 Die Anfertigung einer Gemme mit einem sitzenden Sarapis ist im Corpus der magischen Papyri beschrieben, wo sie speziell der Divination dienen soll (s. S. 333). Dies dürfte kaum der

66

ABRY, Diptyches, 88 f.; VON LIEVEN, Himmel über Esna, 151 f.; QUACK, Beiträge, Kapitel 2.4.2. Vgl. auch VITELLOZZI, Relation, 236 f. 67 PHILIPP, Mira et magica, 57–64; ZWIERLEIN-DIEHL, Gemmen Wien III, 157, Taf. 93; DIES., Magische Amulette, 55–59, Taf. 2–3; MICHEL, Magische Gemmen BM, 8–12; DIES., Magische Gemmen, 44–47.297–301, Taf. 7–11, wo die Behauptung, die Hundstage der größten Dürre seien mit Osiris’ Tod gleichzusetzen, nicht zu den ägyptisch belegten Daten für den Tod des Osiris (vgl. QUACK, Resting in Pieces, 249 f.) paßt; auch die angebliche Nennung von Anubis als Sopdet im pMag. Harris 7,7 f. (S. 45 Anm. 205) beruht auf einem Irrtum, s. WESTENDORF, Bemerkungen und Korrekturen, 53 (zu Band IV 458 D); MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, 175–178; DERS. (Hg.), Sylloge II, 46.104.157. 187; ŚLIWA, Magical Gems, 49–56; FARAONE, Transformation, 163–172; s. NAGEL, Isis, 825–828. Vgl. auch den Amethyst-Skarabäus Pushkin Museum I, 1 а 2337 (VON LIEVEN, in: BOL, Ägypten Griechenland Rom, 705), wo eine weibliche Gestalt mit Isis-Basileion an der Stirn und Sistrum in einer Hand erscheint, die allerdings in der anderen eine Lanze hält und so an Athena angeglichen erscheint. S. zudem Darstellungen der isolierten Isiskrone meist auf Skarabäen, MICHEL, Magische Gemmen BM, 330; ŚLIWA, Magical Gems, 65; Isis vor Osiris ZWIERLEIN-DIEHL, Gemmen Wien III, 151, Taf. 86 Nr. 2179. 68 MICHEL, Magische Gemmen, 47–48, Taf. 7.32. 69 Für Sarapis vgl. QUACK, Sarapis, mit Literatur; M. SMITH, Following Osiris, 390–404. 70 BONNER, Studies, 24.235–238; ZWIERLEIN-DIEHL, Magische Amulette, 53–55; MICHEL, Magische Gemmen BM, 16–25; DIES., Magische Gemmen, 58–63.324–327, Taf. 12–14; MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, 178–187; DERS. (Hg.), Sylloge II, 41–44.132–133.148–150.156–157.175.188.201; VEYMIERS, Ἵλεως τῷ φοροῦντι; ŚLIWA, Magical Gems, 67–74; FARAONE, Transformation, 159–163; DERS., Divine Images, 223–227. Die von MICHEL, Magische Gemmen, 60 postulierte Angleichung von Sarapis und Thot/Hermes bzw. Hermanubis kann ich nach den realen Zeugnissen schlecht nachvollziehen; diese zeigen vielmehr Thot in untergeordneter Stellung gegenüber Sarapis (so wie Thot in Ägypten dem Sonnengott untergeben ist).

16.2 Ägyptische Traditionen in den spätantiken magischen Gemmen

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spezifische Nutzungsbereich aller Sarapisgemmen gewesen sein. Einige konkrete Inschriften betonen die Größe des Gottes oder bitten ihn um Schutz oder Errettung.71 Die meisten Sarapis-Gemmen zeigen keine Charakteres oder Voces magicae und werden deshalb von den Forschern nicht als „magisch“ klassifiziert. Bei Darstellungen des Anubis auf Gemmen (Abb. 116)72 besteht nicht selten das Problem, ihn von der Kopfform her eindeutig von Seth zu differenzieren. Für seine Relevanz zu beachten ist auch, daß im Heiligen Buch des Hermes an Asklepios oder anderen Zeugnissen der „Dritten Reihe“ der Dekanikonographie mehrfach hunds- bzw. schakalköpfige Gestalten genannt werden (Taurus 3, Leo 3, Scorpius 3 und Sagittarius 1; bedingt auch Aries 2, wo aber ein Überlieferungsfehler vorliegen dürfte), die potentiell mit derartigen Gemmen zu korrelieren sein könnten und deren Relevanz auf der Melothesie beruht, also der Zuordnung von Körperteilen zu Himmelsphänomenen.73 Wenigstens auf einer Gemme wird ein solches Motiv explizit mit einer Anwendung gegen Dämonen und Furcht verbunden.74 Zu den häufigen Motiven magischer Gemmen gehört Harpokrates75 bzw. neutraler ausgedrückt das Sonnenkind auf der Lotusblüte (Abb. 117).76 Zumindest auf einigen der Gemmen trägt es auch noch die ägyptische Jugendlocke. Derartige Bildmotive sind in Ägypten für den jugendlichen Sonnengott spätestens seit dem Neuen Reich77 gut belegt;78 im 1. Jahrtausend v. Chr. sind sie auch außerhalb Ägyptens auf levantinischen

71

VEYMIERS, Ἵλεως τῷ φοροῦντι, 217. PHILIPP, Mira et magica, 94–96, Taf. 36–38; MICHEL, Magische Gemmen BM, 28–33.39; DIES., Magische Gemmen, 48–54.304–306, Taf. 15–17; MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, 188–198; DERS., (Hg.) Sylloge II, 13.86.103.151.203; MASTROCINQUE, Intailles, 61–54; ŚLIWA, Magical Gems, 63 Nr. 25. Vgl. auch MASTROCINQUE, (Hg.), Sylloge II, 46, wo gegen das Urteil des Bearbeiters mit MICHEL, Magische Gemmen, 284 m.E. sicher Anubis und nicht Seth intendiert ist. 73 ABRY, Diptyches, 89.95.101.102; QUACK, Beiträge, Kapitel 2.4.2. 74 BONNER, Studies, 95. 75 Vgl. immerhin BONNER, Studies, 46 f., mit Verweis auf einen Kameo in Wien (KHM Inv. IXa 41; ECKHEL, Choix des pierres, 60, Taf. 30; MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, 166 Nr. 22; ZWIERLEINDIEHL, Magie der Steine, 185–189.331–337; FARAONE, Transformation, 156–158), wo auf der Rückseite neben dem Bild des jungen Sonnengottes auf der Lotusblüte explizit Ὣρος Ἀπόλλων Ἁρποχράτης genannt wird. S. jedoch die Bedenken bei ZWIEHRLEIN-DIEHL, Magie der Steine, 188–189; DIES., Magical Gems, 111–112, daß es sich um eine frühneuzeitliche Arbeit handele (ablehnend dazu FARAONE, Transformation, 361 f. Anm. 57). 76 BONNER, Studies, 140–147; PHILIPP, Mira et magica, 73–80; ZWIERLEIN-DIEHL, Gemmen Wien III, 153–154.157–160, Taf. 89–90.93–95; DIES., Magische Amulette, 62–69, Taf. 6–7; MICHEL, Magische Gemmen BM, 68–89.93–94; DIES., Magische Gemmen, 64–76.269–276, Taf. 25.28–31; MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, 148–175; DERS., (Hg.) Sylloge II, 12–13.30.35–38.84–85.99.105. 119– 120.131.153–154.163.174.186–187.200–201; MASTROCINQUE, Intailles, 26–30; ŚLIWA, Magical Gems, 57–62; vgl. FARAONE, Transformation,155–159; s. auch EL-KHACHAB, Some Gem-Amulets. Zum Problem der Korrelierung mit Daten für den Geburtstag des Horus vgl. QUACK, Gnomon 76, 260. 77 Tatsächlich spricht bereits CT VI, 95i (Spruch 510) der Rezitator davon, er werde Horus auf sein Lotusblatt heben. 78 MORENZ, SCHUBERT, Gott auf der Blume; SCHLÖGL, Sonnengott auf der Blüte; RYHINER, Offrande du Lotus, bes. 15–23; WAITKUS, Geburt des Harsomtus. Speziell zur Darstellung im Boot s. SANDRI, Kindgott im Boot; zu Bildern auf Münzen WEBER, GEISSEN, Gaumünzen, 176 f. mit Anm. 72

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16 Ägyptische Motive auf magischen Gemmen

Elfenbeinarbeiten und Siegeln gut präsent.79 Besonders explizit wird die Geburt des Sonnengottes aus dem Lotus im pBerlin P 13603, 2,6 f. geschildert.80 pMag. LL rt. 9,1 erhält auch Chons in Theben Neferhotep, der an sich eine lunare Natur hat, das Epitheton „edler Knabe, der aus dem Lotus gekommen ist.“ Auf einem Falken aus Hämatit (Louvre E 10944; SM 6) ist auf der Brust ein Bildfeld mit dem Kind auf der Lotusblüte in der Art der Darstellung der magischen Gemmen graviert; in der Inschrift spricht der Gott selbst von sich als dem, der auf dem Lotus ist.81 Plutarch, De Pyth. Or. 12 (400 a) und De Iside 11 (355 c–d), spricht von dieser Bildform und will sie nicht gegenständlich, sondern symbolisch verstanden wissen, nämlich im Hinblick auf das Wiederentflammen der Sonne im Bereich des Feuchten. Auch Jamblich, De mysteriis, VII, 2 erwähnt das ägyptische Motiv des auf der Lotusblüte sitzenden Sonnengottes und deutet es im Sinne intellektueller Aktivität in entflammtem Zustand.82 In einer Anrufung an den Sonnengott und Weltschöpfer erscheint auch das Epitheton „der auf dem Lotos sitzt und die ganze bewohnte Erde erleuchtet“ (PGM II, 102–103). PGM LXI, 31–33 wird ein derartiges Motiv (mit der expliziten Bezeichnung als Harpokrates) im Liebeszauber benutzt (s. S. 333). Bedingt damit zusammenzubringen ist, daß auf mehreren dieser Gemmen explizit um Gunst (χάρις) gebeten wird,83 da bei magischen Praktiken oft eine Fluktuation zwischen einer eher sozial definierten Gunst und einer eher privaten Liebe festzustellen ist. Neben einer isolierten Darstellung kann das Kind auf dem Lotus auch in eine Barke eingebunden sein (Abb. 118). In diesem Falle wird gerne ein adorierender Affe hinzugefügt;84 an Bug und Heck der Barke können Vögel (vermutlich Falken) dargestellt sein.

24. Nach SANDRI, Har-pa-chered, 120 ist in ägyptischen Quellen die Darstellung des Kindes auf dem Lotus nur in einem einzigen Beleg (Wien KM ÄS 918) mit dem Namen Harpokrates versehen. Es muß betont werden, daß dieses Bildschema nicht für Nefertem steht, der vielmehr mit einer Lotusblüte auf dem Kopf dargestellt wird, s. SCHLÖGL, Sonnengott auf der Blüte, 30–33. Der Vorschlag von HARRAUER, Meliouchos, 37, die Erwähnung des Sonnengottes in Gestalt eines Kindes auf der Lotusblüte, die PGM II, 106 f. mit dem Norden assoziiert wird, mit Nefertem von Memphis zu verbinden (übernommen auch von MICHEL, Magische Gemmen, 65), ist deshalb nicht möglich. 79 Z.B. THUREAU-DANGIN, BARROIS, DOSSIN, DUNAND, Arslan-Tash, 92–97, Taf. XIX–XXIV Nr. 1–14; CROWFORT, CROWFORT, Ivories Samaria, 12 f.; Taf. 1; G. HERRMANN, Ivories Nimrud IV, 38 f.198 f.203 f.; Taf. 257.266; DIES., Ivories Nimrud V, 63; Taf. 17; KEEL, UEHLINGER, GGG, 282– 285; SADER, Deux épigraphes, 318–321; NUNN, Figürlicher Motivschatz, 98; Taf. 50; HERRMANN, LAIDLAW, Ivories Nimrud VI, 165; Taf. 23.D; HUFFT, Motivtransfer, 158–160; FONTAN, AFFANNI, Arslan Tash, 112–126.292–319. 80 Die Edition von ERICHSEN, SCHOTT, Demotische Fragmente, 14 f. kann auf der Basis eines guten Digitalbildes, das ich Verena Lepper verdanke, nicht unerheblich verbessert werden. Sehr ähnlich ist ein noch unveröffentlichter Papyrus aus Tebtynis. 81 BONNER, Studies, 68; DANIEL, MALTOMINI, Supplementum magicum I, 17–19, Taf. 1. 82 Letzte Edition SAFFREY, SECONDS, Reponse, 187. Vgl. DERCHAIN, Pseudo-Jamblique, 223 f.; SHAW, Theurgy, 56.172 f. 83 BONNER, Studies, 47 f.; MICHEL, Magische Gemmen, 80 Anm. 424. 84 Vgl. auch ABDEL-AZIZ, Ithyphallic Harpocrates, 9–11, der Darstellungen des Harpokrates in Kombination mit einem ithyphallischen Hundskopfaffen in einer ziemlich naiven Weise als Mittel für

16.2 Ägyptische Traditionen in den spätantiken magischen Gemmen

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Auf einzelnen Stücken wird die Barke von einer Gottheit hochgehoben.85 Schließlich kann dieses Bild wiederum von Tieren umringt werden. Normalerweise sind dies drei Krokodile, drei Falken, drei Skarabäen und drei Ziegenböcke.86 Alle vier Tierarten sind auch Bestandteil der Dodekaoros, welche in Form von zwölf Tiergestalten den Weg des Sonnengottes durch zwölf Doppelstunden bzw. die Zeichen des Tierkreises verfolgt;87 dennoch wäre wenig nachvollziehbar, warum vier dieser Tiere dreifach dargestellt und die anderen ganz fehlen sollten. Als Beischrift ägyptischer Abkunft findet sich auf diesen Gemmen gelegentlich κρατουαθ u.ä., das meist als xrô wo.t| „einzigartiges Kind“ gedeutet wird.88 Dagegen spricht aber die Vokalisation, da wo.t| koptisch als ouwt erscheint, also mit distinktiv anderem Vokal. Als Alternative zu erwägen wäre xrô w#@ „gedeihendes Kind“, was der Vokalisation des Participium coniunctum entspräche;89 keiner dieser beiden Ausdrücke ist im LGG nachgewiesen. Eher noch problematischer ist eine Inschrift, die gerne auf Gemmen dieses Typs erscheint, nämlich χαβραχ φνεσχηρ φικρο φνυρω φωχω βωχ.90 Sie stellt offensichtlich keine griechische Sprache dar; mutmaßlich geht sie auf ein ägyptisches Modell zurück. χαβραχ könnte xbr=k (< Xpr.w=k) „deine Gestalt“ sein; φνεσχηρ ist vermutlich p# nSr „der Falke“ und φνυρω p# nr o# „der große Geier“.91 Andererseits ist auch relevant, daß der Zahlenwert der griechischen Buchstaben zusammenaddiert 9999 ergibt.92 Weiterhin kann auf Gemmen u.a. dieses Typs (und des Skarabäus sowie einer Spielart des Anguipes) eine Inschrift φρη/φρην/φρηθ auftreten.93 Sie greift einerseits den ägyptischen

Fruchtbarkeit (sowie gegen Impotenz) ansieht. Bei seinen drei angeblichen Belegen für einen ithyphallischen Harpokrates halte ich Taf. I, 1 für ein modernes Objekt, bei 2 und 3 kann ich für den Harpokrates keine Darstellung eines erigierten Penis wahrnehmen. 85 Z.B. MASTROCINQUE, Intailles, 25 Nr. 21 und 22. Mastrocinque hält die Gottheit für eine Darstellung des Nun, was zumindest bei der tierköpfigen Darstellung von Nr. 21 wenig wahrscheinlich ist – dort vermute ich eine Kontamination mit dem Bild des Seth, der die Mumie des Osiris hochhebt. 86 Selten können auch Löwen, Ibisse oder Skorpione auftreten. 87 Dazu zuletzt mit weiterer Literatur VON LIEVEN, From Crocodile to Dragon. 88 BONNER, Studies, 198–199; BRASHEAR, Greek Magical Papyri, 3590; MICHEL, Magische Gemmen, 485. 89 Dazu SETHE, Verbum II, 407–413. 90 BONNER, Studies, 47; MICHEL, Magische Gemmen, 273 f.; für einen teilweise verderbten Beleg in einem koptischen Text mit Bezug auf die Sonne und ihre Barke (pKöln Inv. 20826, vs. 3) s. THISSEN, RÖMER, Magische Anrufung, 180 f. (Neuedition SCHENKE, Anrufung). Die Formel erscheint auch auf einem Bronzeamulett (PETRIE, Amulets, 30–31, Taf. XXII.XLIX), allerdings sonderbar zerlegt; das Artefakt muß im Verdacht stehen, eine moderne Kollage von Motiven mehrerer Gemmen zu sein. Eine vergleichbare Zusammenstellung verschiedener Motive findet sich auch auf Louvre AD 003732, s. FARAONE, Copper Plaque, der hinsichtlich der Datierung m.E. zu optimistisch ist; gegen seine Position S. 26 Anm. 2 stellt die Erwerbung durch Prisse d’Avennes keine ausreichende Gewähr für die Echtheit dar, und die Formen der arabischen Schriftzeichen deuten auf eine deutlich spätere Entstehung als das von ihm angesetzte 8. Jhd. n. Chr. hin. 91 Für die letzten beiden Vorschläge s. bereits QUACK, Apokryphon, 118. 92 BONNER, Numerical Value, 6–9; DERS., Studies, 141 f. 93 PEREA YÉBENES, Demon, 88 f.109 f.; MICHEL, Magische Gemmen, 242.270.330.

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16 Ägyptische Motive auf magischen Gemmen

Namen des Sonnengottes mit Artikel als p# Ro auf, andererseits wird dabei entweder eine Angleichung an das griechische Substantiv φρῆν „Verstand“ vorgenommen, oder eine „dämonisierende“ Endung hinzugefügt.94 Thot kann sowohl ibisköpfig als auch rein als Ibis dargestellt auftreten (Abb. 119).95 Hinzu kommen Darstellungen von Pavianen (Hundskopfaffen),96 die ebenfalls im Bereich des Thot zu situieren sein dürften. Ägyptischer Abkunft ist wohl auch das Motiv des sogenannten Helioros, also einer Kombination aus Sonnengott und Horus (Abb. 120).97 Dabei handelt es sich im engsten Sinne der Definition um einen löwenköpfigen Gott mit Weltkugel und Peitsche, der auch in der Anweisung PGM I, 144–149 belegt ist.98 Allerdings ist es für gerade die Objekte dieses Darstellungstyps zuletzt bezweifelt worden, ob sie wirklich antik sind.99 Im weiteren Sinne gibt es immerhin einige andere Stücke, welche löwenköpfige Gestalten ins Zentrum stellen.100 Besonders bekannt ist die Gemme Brooklyn Museum 37.1755 h.101 Sie zeigt einen löwenköpfigen Mann. Die Anrufung, die darauf graviert ist, richtet sich an einen in Letopolis residierenden Gott. Er erhält mehrere Namen, die weitgehend eindeutig aus dem Ägyptischen erklärbar sind.102 Μιως und μιωσι sind eindeutig Wiedergaben von m#y-Hs# „grimmiger Löwe“, also dem bekannten Sohn der Sachmet. Αρμιως stellt eine Kombination davon mit Horus dar; entsprechend Ουσιρμιως eine mit Osiris. Φρη gibt zweifelsfrei den ägyptischen Sonnengott p#-Ro wieder. Φνουτο ist p# nçr o#

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VON LIEVEN, Soul of the Sun, 56; QUACK, Zauber ohne Grenzen, 195. BONNER, Studies, 24; ZWIERLEIN-DIEHL, Gemmen Wien III, 161, Taf. 96; MICHEL, Magische Gemmen BM, 34–38; DIES., Magische Gemmen, 51 f..286–288, Taf. 18–19; MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, 201–204; DERS. (Hg.), Sylloge II, 14.158.171 f.177; MASTROCINQUE, Intailles, 46–49; ŚLIWA, Magical Gems, 113. Vgl. auch BĄKOWSKA-CZERNER, ŚWIERZOWSKA, Thoth. 96 BONNER, Studies, 154–155; PHILIPP, Mira et magica, 97–101, Taf. 39–40; MICHEL, Magische Gemmen BM, 33–34.92 f.96–100; DIES., Magische Gemmen, 54–57.321–322, Taf. 20–24; MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, 198–201; DERS., (Hg.), Sylloge II, 25; MASTROCINQUE, Intailles, 50. Vgl. auch MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge II, 46–47 mit der Darstellung eines Hundskopfaffen über einer Mumie auf einer Löwen(bahre), die den Eindruck erweckt, eine sekundäre Kombination verschiedener Bildmotive zu sein. 97 BONNER, Studies, 151–153; PHILIPP, Mira et magica, 92–94, Taf. 36; ZWIERLEIN-DIEHL, Magische Amulette, 26–27.73, Taf. 11; MICHEL, Magische Gemmen BM. 163–171; DIES., Magische Gemmen, 76–78.308–311; Taf. 33–38; MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, 264––269; DERS. (Hg.), Sylloge II, 15.49–50.85.105.158; MASTROCINQUE, Intailles, 73–78. Hinsichtlich des auf zwei solchen Gemmen bezeugten Namens ζεθ habe ich starke Bedenken gegen die Deutung als ägyptischen Seth (so BONNER, Studies, 153 und zuletzt FARAONE, Transformation, 191); die Wiedergabe von ägyptischem s durch griechisches ζ wäre ausgesprochen irregulär. 98 MICHEL, Magische Gemmen BM, 163 Nr. 265; NAGY, Engineering, 219; MONACA, A scuola, 169 f.; VITELLOZZI, Relation, 196 f. 99 MICHEL, Magische Gemmen, 77. 100 BONNER, Studies, 104–106; MICHEL, Magische Gemmen, 94–98 (wo zahlreiche neuzeitliche Objekte mit behandelt werden, die für eine seriöse Untersuchung der ursprünglichen Hintergründe strikt auszuscheiden wären). 101 BONNER, Studies, 183–185.300, Taf. XIII Nr. 283; MERKELBACH, Abrasax 4, 123–126; PEREA YÉBENES, Demon, 83 f. Vgl. auch MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge II, 224. 102 Für die meisten s. bereits SPIEGELBERG, in: PREISIGKE, Sammelbuch I, 599 Nr. 5620. 95

16.2 Ägyptische Traditionen in den spätantiken magischen Gemmen

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„der große Gott“. Lediglich hinsichtlich des direkt davor stehenden σιμιεφε ist nicht absolut sicher, ob es wirklich s# m#y.t p.t „Sohn der Löwin des Himmels“ darstellt;103 zumindest würde das lautlich passen, auch wenn der Ausdruck exakt so bislang ägyptisch nicht belegt ist.104 Abschließend wird die Gottheit noch mit drei griechischen Lexemen als Licht, Feuer und Flamme bezeichnet. Das Gebet schließt mit einer Bitte um Gnade für den Besitzer. Sie dürfte anzeigen, daß die wesentlichste Funktion des Artefakts darin bestand, seinem Besitzer eine enge Kommunikation mit der Gottheit zu ermöglichen; weniger dagegen, bei einem spezifischen Leiden zu helfen. Im Hinblick auf den Löwenkopf dieser Gestalt ist zu bemerken, daß der Sonnengott auf einigen Gemmen auch auf einem Löwen reitend dargestellt werden kann.105 Einerseits gibt es in Ägypten auch in älterer Zeit eine Assoziation des Löwen mit solaren Gottheiten, anderseits steht hier mutmaßlich dominant die astrologische Konzeption im Hintergrund, daß das Tierkreiszeichen des Löwen das Haus der Sonne ist, in welchem sie ihre größte Kraft hat.106 Insofern wäre ich, gerade weil der Sonnengott auf diesen Gemmen meist in der griechischen Bildtradition des Mannes mit Strahlen um den Kopf gezeigt wird, hinsichtlich der ägyptischen Hintergründe dieses Bildes eher zurückhaltend.107 Nur selten erscheint Bes in seiner Grundform als Zwerggestalt mit löwenhaftem Kopf und Federkrone auf den Gemmen (Abb. 121),108 wie sie auch in den griechischsprachigen magischen Papyri belegt ist (s. S. 331–332). Möglicherweise ist auch der Pataikos einmal auf einer Gemme (Walters Art Gallery 42.872; Abb. 122) dargestellt,109 allerdings ist die Übereinstimmung mit ägyptischen Vorläufern (über Jahrhunderte Distanz) schon so gut, daß ich nicht ausschließen würde, daß es sich um eine erst neuzeitliche Kopie handelt. Ferner zeigt die Gemme BM EA 56035 als Kernelement einen Pataikos, der auf einem Krokodil steht und in beiden Händen Lebenszeichen hält, reichert dies Bildschema aber durch die Beigabe von vier Flügeln im Sinne der polymorphen Gestalt an.110

103 So vorgeschlagen von Tardieu bei YOYOTTE, Léontoplis, 160; übernommen von MERKELBACH, Abrasax 4, 124. 104 LGG III, 209 ist lediglich m#|-m-p.t nachgewiesen. 105 BONNER, Studies, 150 f.288, Taf. X Nr. 211–212; MICHEL, Magische Gemmen BM, 160 f.176– 178; MASTROCINQUE, Intailles, 32–33.148. 106 BOUCHÉ-LECLERCQ, Astrologie, 182–192; BOLL, BEZOLD, GUNDEL, Sternglaube, 59.148. 107 Vgl. auch MASTROCINQUE, Intailles, 32–33, der diese Gestalt m.E. ohne ausreichende Basis speziell als Miysis erkennen will. 108 BONNER, Studies, 24, Taf. II Nr. 30–32; ZWIERLEIN-DIEHL, Gemmen Wien III, 161–162, Taf. 96; DIES., Magische Amulette, 55, Taf. 2; MICHEL, Magische Gemmen BM, 331; MASTROCINQUE, Intailles, 44–45 Nr. 92–93; WEST, Gods on Small Things, 142. 109 BONNER, Studies, 157.294 f., Taf. XII Nr. 251, wo das Stück irrig als Vorläufer des „Pantheos“ angesehen wird. 110 MICHEL, Magische Gemmen BM, 111–112, wo die Gestalt als Bes-Pantheos beschrieben wird, was nach der Gestaltung des Kopfes nicht zutrifft.

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16 Ägyptische Motive auf magischen Gemmen

Gerne in der Forschung als „Pantheos“ bezeichnet werden Darstellungen von höheren Wesen, die sich besonders durch Mehrköpfigkeit sowie die Verbindung von Teilelementen verschiedener Tiere auszeichnen (Abb. 123).111 Das Motiv als solches geht auf Bildtypen polymorpher Gottheiten zurück, die in Ägypten spätestens seit der Saitenzeit belegt sind (s. S. 111–114). PGM IV, 3125–3171 wird vorgeschrieben, wie man ein Bild einer mehrköpfigen Gottheit (mit Falken-, Affen- und Isiskopf) aus Wachs herstellen soll, damit es einem Ort oder Heiligtum Glück bringt (s. S. 337). Dabei handelt es sich allerdings zum einen nicht um ein am Körper getragenes Amulett, sondern allenfalls um einen stationären Talisman, zum anderen stellt er mit seiner Angabe, die Gestalt solle wie Osiris gekleidet sein, eine Ausnahme hinsichtlich der realen Darstellungen auf Gemmen dar. Diese zeigen vielmehr meist eine Gestalt, die als zentralen Kopf den eines Bes zeigt, flankiert von mehr oder weniger deutlich ausgearbeiteten weiteren Tierköpfen, mit mehreren (meist vier) Flügeln, ithyphallisch und mit Szeptern in den Händen.112 Unterhalb der Gestalt gibt es oft ein mehr oder weniger sorgfältig ausgearbeitetes Oval, in dem an sich die überwundenen Tiere dargestellt sind, die in ägyptischen Objekten dieser Art präsent sind, in den Gemmen allerdings oft nur knapp angedeutet werden. Auf manchen Gemmen wird die zentrale Gestalt auf einem Löwen stehend dargestellt.113 Mutmaßlich ist der Löwe ursprünglich lediglich eine der verschiedenen überwundenen Tierarten, die auch in ägyptischen Bronzen präsent sind.114 Wenigstens einige Gemmen dieser Art zeigen explizite Bitten um Gunst (χάρις), die allerdings nicht für diesen Bildtyp spezifisch sind.115 Relativ häufig auf diesen Gemmen (aber keineswegs auf diesen Bildtyp beschränkt) ist die Namensbeischrift βαινχωωωχ,116 die „Seele des Finsternis-Urgottes“ bedeutet, was in ägyptischen Texten im Buch von der Himmelskuh vorkommt und mit der Nacht verbunden wird; dazu würde auch die auf den Gemmen belegte vox magica λαιλαμ passen, was wohl vom hebräischen Wort für „Nacht“ abzuleiten ist.117

111

BONNER, Studies, 156–166; PHILIPP, Mira et magica, 109–111, Taf. 45–46; QUACK, Pantheos; Possibilities and Pitfalls, 237–247; WEST, Gods on Small Things, 148–150; MICHEL, Magische Gemmen BM, 100–115; DIES., Magische Gemmen, 79–84.90–92; MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, 227–242; DERS. (Hg.), Sylloge II, 14–15.48.79.100.134.189; MASTROCINQUE, Intailles, 65–73; ŚLIWA, Magical Gems, 81–84; s. auch BĄKOWSKA, Bes Pantheos; FIRST, Polymorphic or pantheistic deities?; DERS., Polycephaly; DERS., Multiheaded Protector; DERS., ‘pantheistic’ deities. Zu diesem Bildmotiv ist eine neue Studie von Christoffer Theis in Vorbereitung. 112 Gegen MASTROCINQUE, Intailles, 66 mit Anm. 222 muß ich darauf insistieren, daß Darstellungen, welche eine Waage am Phallus des Gottes zeigen, auf einer sekundären Uminterpretation der vor dem Phallus herabfallenden Geißel beruhen. Da ich es in QUACK, Pantheos, 184–185 offengelassen habe, ob es sich um eine spätantike oder moderne Re-Interpretation handelt, geht Mastrocinques Verweis auf (seiner Meinung nach) antike Stücke mit diesem Bildelement komplett ins Leere. 113 MICHEL, Magische Gemmen BM, 181–186. 114 QUACK, Possibilities and Pitfalls, 240–242. 115 MICHEL, Magische Gemmen, 80 f. Anm. 424. 116 Für das Auftreten dieses Namens noch bei Alexander von Tralles im 6. Jhd. n. Chr. s. BOHAK, Diffusion, 368 mit Anm. 23. 117 QUACK, Possibilities and Pitfalls, 245–246; übliche Diskussionen wie MICHEL, Magische Gemmen, 82 sind in den phonetischen Details ungenau. DERS.,

16.2 Ägyptische Traditionen in den spätantiken magischen Gemmen

355

Ein besonders expliziter Text ist auf einer Gemme aus Byblos bezeugt. Er lautet „Ortineus, Neungestaltiger, Dunkelumwölbter, der du den Äther durchschneidest, beseitige jede Krankheit und jeden Anschlag eines Jeden.“118 Die Nennung des „Neungestaltigen“ unterstützt dabei die Verbindung zur ägyptischen Tradition des Bes mit den neun Köpfen. Die konkret genannten Nutzungsanwendungen bleiben dabei relativ unspezifisch. So dürfte die polymorphe Gestalt der Gemmen ebenso wie ihre ägyptischen Vorläufer mehr ein nach individuellem Wunsch instrumentalisierbares machtvolles Bildmotiv darstellen, als auf eine spezifische eingeschränke Nutzung beschränkt zu sein. Als Spezialform des „Pantheos“ zu nennen ist eine Gestalt mit Käfer-Rumpf dar,119 für die es ägyptische Vorläufer gibt und die auch in der Tradition der „Dritten Reihe“ der Dekane im Heiligen Buch des Hermes Trismegistos beschrieben wird.120 Möglicherweise gibt es auch eine Sonderform mit Vogelkopf.121 Gegen die bisher üblichen forscherischen Präsentationen vom „Pantheos“ definitiv zu trennen ist die Gestalt des Sonnengottes mit vier Widderköpfen,122 die einer seit dem Ende des Neuen Reiches bildlich faßbaren Motivtradition entspricht.123 Problematisch ist die Identifizierung des Kopflosen (Akephalos) auf Gemmen, der textlich in der Dritten Reihe der Dekanikonographie erwähnt wird.124 Speziell zu beachten ist eine Gemme (BN Inv. 58.2170; Abb. 124), die eine Gestalt mit Bocksbeinen und sieben Schlangen statt Kopf zeigt, darüber noch einen Widder- und einen Löwenkopf sowie eine Lotusblüte.125 Zu diesen zusätzlichen Elementen paßt die Beischrift σερφουθ μουι σρω als phonetische Wiedergabe des ägyptischen Trigramms „Lotus – Löwe – Schaf“ (s. S. 229–231). Zudem steht er in der sonst für den „Pantheos“ üblichen Art über einem Oval mit Tieren darin, unterhalb dessen noch die Osirismumie liegt.126 Auf der Rückseite ist mutmaßlich τιτουη als phonetische Wiedergabe des Tutu zu erkennen. Insgesamt zeigt diese Gemme also eine Kreuzung verschiedener Bildtraditionen.

118

BONNER, Studies, 182 f.; MERKELBACH, Abrasax 3, 63. Kelsey-Museum 26149, BONNER, Studies, 264, Taf. III; MICHEL, Magische Gemmen, 217, Taf. 80,3; BM EA 56015.56016.56312, MICHEL, Magische Gemmen BM, 109.112–113; BN Schlumberger 342 und Blanchet 34, MASTROCINQUE, Intailles, 61–62 Nr. 144–145.72 Nr. 169. 120 VITELLOZZI, Relation, 244; QUACK, Beiträge, Kap. 2.4.2. 121 MASTROCINQUE, Intailles, 108 Nr. 278. Das seltsame Objekt bei PHILIPP, Mira et magica, 101, Taf. 156 Nr. 156 ist m.E. offensichtlich neuzeitlich. 122 Sammlung Newell 38, BONNER, Studies, 159.297, Taf. XIII Nr. 265; Berlin ÄM 16122; PHILIPP, Mira et magica, 79, Taf. 25 Nr. 106. Vgl. QUACK, Possibilities and Pitfalls, 240. S. auch MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge II, 134 (Ro 12) mit nur zwei Widderköpfen; DERS., Intailles, 64 Nr. 151 mit einem sechsköpfigen (an dessen antiker Entstehung ich zweifeln würde). 123 BÁCS, Amun-Re-Harakhti. Textlich ist das Motiv deutlich früher belegt, s.o. S. 159 Anm. 285. 124 QUACK, Beiträge, Kap. 2.4.2.; VITELLOZZI, Relation, 244; vgl. auch BONNER, Studies, 110.164– 66; MICHEL, Magische Gemmen, 172. 125 KAPER, Tutu, 89–90.221–222,311; MASTROCINQUE, Intailles, 58. 126 Von MASTROCINQUE, Intailles, 58 m.E. zu Unrecht als Krokodil mit Falkenkopf gedeutet. 119

356

16 Ägyptische Motive auf magischen Gemmen

Besonders zu beachten ist die Form des Chnumis als löwenköpfige Schlange (Abb. 125), zu dem es umfangreiche antike Textquellen gibt, daneben auch eine leider weitgehend irregeleitete moderne Diskussion.127 Das Bildschema auf den Gemmen ist das einer aufgebäumten löwenköpfigen Schlange, die am Kopf entweder direkt Strahlen (meist sieben oder zwölf für die Planeten oder Tierkreiszeichen) oder einen Nimbus mit meist sieben Doppelstrahlen trägt. Fallweise kann sie auf einem traditionell als Altar gedeuteten Untersatz liegen. In Ägypten läßt sich die Tradition löwenköpfiger Uräusschlangen bis in die späte Ramessidenzeit zurückverfolgen.128 Hephaistion 1, 1, 79 schreibt im Anschluß an die dem sonstigen Schema entsprechende Geburtsprognose für den dritten Dekan des Krebses, der als Chnumis bezeichnet wird, vor dem Abschnitt über das Zwischenglied zwischen Krebs und Löwen: „Es soll nicht verborgen bleiben, daß man den Chnumis als geeignet für ein Schutzamulett des Magens überliefert hat, da er der Herr der Brust des Kosmos ist, so wie die Einteilung der Tierkreiszeichen es enthält.“129 Dieser Bericht könnte auf das Heilige Buch des Hermes (oder dessen Quelle) zurückgehen, da die Bezeichnung des Tierkreiszeichens als „Brust des Kosmos“ (στήθος τοῦ κόσμου) dem ähnlich ist, was im Heiligen Buch formuliert ist, wo θώραξ (τοῦ κόσμου) steht.130 Mutmaßlich handelt es sich hier um eine Information, die Hephaistion angesichts ihrer häufigen praktischen Anwendung nicht verschweigen wollte, auch wenn er prinzipiell die Iatromathematik nicht ausführlich behandelt, sondern sich für jedes Tierkreiszeichen mit einer knappen Angabe der ihm zugeordneten Körperbereiche begnügt. Hephaistions Angabe ist dadurch wertvoll, daß er anders als die sonstigen Quellen, die nur Chnumis als Einzelgestalt erwähnen, den expliziten Bezug zur Astrologie beibehält und die Position des Dekans nennt. Explizit Nechepso als Lehrautorität nennt ein Bericht des Galen, De simpl. 10, 2, 19. Dort heißt es vom Jaspis „Einige setzen ihn in einen Fingerring und gravieren in ihn die Schlange, die Strahlen hat, so wie der König Nechepso es schrieb im 14. Buch.“131 Von Galen abgeschrieben sein dürfte die ganz ähnlich formulierte Angabe bei Aetius, 2, 18. „Einige setzen ihn in Fingerringe, wie der König Nechepso schrieb“132 – hier ist die Angabe der Gravur ausgefallen. Ausführlicher ist jedoch die lateinische Fassung davon Tetrab. 1, 2, 36 „Einige fassen einen grünen Jaspis in Fingerringe und gravieren nach der Lehre des Königs Nechepso eine Schlange in ihn, die Strahlen hat und die dem Bauch nützt.“133 Obgleich nur allgemein von einer Schlange gesprochen wird, kann es angesichts der Häufigkeit von Magenamuletten aus Jaspis, die tatsächlich den Dekan Chnumis darstellen, als sicher gelten, daß eben dieser, mutmaßlich als löwenköpfige Schlange, gemeint ist.

127 QUACK, Beiträge, Kap. 2.4.3. Da dort ein vollständiger Katalog sowie eine umfassende Diskussion früherer Forschungspositionen geboten wird, verzichte ich hier weitgehend auf Detailnachweise. 128 GUILMANT, Ramsès IX, Taf. 11 f.14–16.18.20.28.30.32. 129 PINGREE, Hephaistio, 12. 130 RUELLE, Hermès trismégiste, 251 f. 131 KÜHN, Galen t. XII, 207. Vgl. JOUANNA, Médecine rationelle, 63–65.74 f. 132 OLIVIERI, Aetius, 162. 133 Zitiert nach DREXLER, Knuphis, 1262.

16.2 Ägyptische Traditionen in den spätantiken magischen Gemmen

357

Aufgrund zusätzlicher Angaben als unabhängig von Galen anzusehen ist wiederum die Notiz bei Marcellus Empiricus, 20, 98. „Ein natürliches Heilmittel für Magenschmerzen ist derart: Graviere in einen Jaspis eine Schlange mit Strahlen, so daß sie sieben Strahlen hat, fasse in Gold und benutze am Hals.“134 Die Angabe von sieben Strahlen stimmt sehr gut mit den erhaltenen Gemmen überein, von denen die meisten 7 (oder gelegentlich 12) Strahlen oder Strahlenpaare am Kopf haben. Auffällig ist, daß die Detailangaben dem Heiligen Buch zumindest in seinem jetzigen Textzustand widersprechen. Dort wird die Zahl der Strahlen nicht festgelegt bzw. diese überhaupt nicht erwähnt, der Stein ist Achat, nicht Jaspis, und die Fassung wird im Metall freigestellt, nicht auf Gold festgelegt. Marcellus kann also nicht von dieser Quelle abhängen, sondern entweder von Nechepso, sofern dieser mehr Details enthalten hat, als bei Galen exzerpiert werden, oder aber von einer noch anderen Quelle, z.B. den Salmeschiniaka. Ferner hat Marcellus Empiricus an einer anderen Stelle seines Werkes, nämlich 24, 8, im Zusammenhang von Mitteln gegen Rippenfellentzündung und Seitenschmerzen offenbar die Tradition des Chnumis-Symbols bewahrt. Dort heißt es: „In durchscheinenden phrygischen Jaspis sollen die unten geschriebenen Zeichen graviert werden, nämlich zzz, und seitlich an den Hals des Leidenden gehängt, wirkt er wunderbar.“135 Das Zeichen stellt ungeachtet des (wenigstens in den Handschriften) fehlenden Querstriches sicher nichts anderes als das auf Gemmen häufige Symbol des Dekans Chnumis dar. Der Stein ist dem bei der löwenköpfigen Schlange verordneten ähnlich, wenn auch spezifischer. Allerdings ist die Körperregion, auf die das Amulett wirkt, eine etwas andere, nämlich nicht der Magen, sondern Rippen und Seiten. Dies läßt sich aber logisch erklären. Die löwenköpfige Schlange ist eigentlich die ikonographische Form von Chrachnumis, dem ersten Dekan des Löwen, der tatsächlich nach dem Schema im lateinischen hermetischen Traktat Herr des Magens ist. Dagegen gehört das fragliche Symbol originär zu Chnumis als drittem Dekan des Krebses, der in der lateinischen Liste für das Herz zuständig ist – noch besser zur Anwendung bei Marcellus passen würden übrigens die Angaben der griechisch-jüdischen Dekanliste zum zweiten Dekan des Krebses. Damit sollte die substantielle Diskussion von Chnumis eigentlich beendet sein. Nur ganz kurz zur Abschreckung möchte ich darauf hinweisen, daß dieser eigentlich recht klare Befund meist falsch verstanden wird. Viele Forscher behaupten, der Name Chnumis ginge auf den widderköpfigen Gott Chnum zurück; oder sie postulieren auch noch eine Vermengung mit dem thebanischen Urgott km-#.t=f. Ein spezieller Typ, der oft Chnumis als eines der Motive involviert, sind UterusGemmen (Abb. 126).136 Sie zeigen einerseits eine Darstellung des menschlichen Uterus,

134

NIERMANN, Marcellus, 354 f. NIERMANN, Marcellus, 408 f. 136 BONNER, Studies, 79–94; PHILIPP, Mira et magica, 111–113, Taf. 47–48; MICHEL, Magische Gemmen, 179–190; MASTROCINQUE, Sylloge II, 72.80.135.141.170 f.; MASTROCINQUE, Intailles, 83– 92; QUACK, Beiträge, Kapitel 2.4.3. Vgl. RITNER, Uterine Amulet; AUBERT, Threatened Wombs; HANSON, Uterine Amulets; FARAONE, Transformation, 96–97.242–243. 135

358

16 Ägyptische Motive auf magischen Gemmen

der von einem Schlüssel kontrolliert wird. Darauf sind oft ägyptische Gottheiten dargestellt, neben Chnumis insbesondere die Mumie des Osiris, Anubis als schakalköpfige Mumie, Isis und Nephthys, gelegentlich auch Bes und sehr selten Chnum. Verschiedene schlangenköpfige Gestalten137 bedürfen dringend noch genauerer Analyse, auch wenn ein ägyptischer Hintergrund an sich denkbar ist.138 Immerhin gibt es in der Tradition der ägyptischen Dekane, die u.a. im heiligen Buch des Hermes an Asklepios überliefert ist, für den dritten Dekan der Waage eine entsprechende Beschreibung.139 Weitere ägyptische Gottheiten sind oft in nur wenigen Exemplaren belegt, so Horus mit Doppelkrone140 oder rein als Falke,141 Min,142 Thoeris,143 Chnum,144 Seth,145 der Hathorkopf146 und noch einige hinsichtlich der visuellen Erkennung und/oder der antiken Entstehung mehr oder weniger problematische andere Fälle.147 Spezielle Probleme hinsichtlich der Datierung wirft ein auch in der Form auffälliges Artefakt (BM EA 56001)

137

BONNER, Studies, 161–162; MICHEL, Magische Gemmen BM, 293–294; MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, 216–219; MASTROCINQUE, Intailles, 105. 138 Vgl. etwa die Bronzefigurine einer schlangenköpfigen Gottheit bei ANDREWS, Amulets, 26, wo die Identifizierung als Nehebkau m.E. unzutreffend ist. 139 VITELLOZZI, Relation, 241–242; QUACK, Beiträge, Kap. 2.4.2. 140 MASTROCINQUE, Intailles, 31, Nr. 45–46. Die Stücke sind so ähnlich, daß 45 (BN Schlumberger 365) eine moderne Kopie von 46 (BN M.6752) ohne dessen Inschriften sein könnte. Vgl. auch BM EA 56033, wo MICHEL, Magische Gemmen BM, 168–169 Horus löwenköpig gegenüber Seth in der Szene der Vereinigung der beiden Länder sehen will; zumindest die Kopfform des Horus muß Bedenken hervorrufen. 141 PHILIPP, Mira et Magica, 29–31, Taf. 1–2 Nr. 1–5; MICHEL, Magische Gemmen BM, 13–15; dabei würde ich Philipp Nr. 1 ebenso wie das ganz ähnliche Objekt Michel Nr. 20 eher als neuzeitliches Produkt denn als spätptolemäisches oder frührömerzeitliches Original ansehen (sicher neuzeitlich ist noch eine weitere Ausführung bei ŚLIWA, Magical Gems, 122 Nr. 104). Vgl. auch MICHEL, Magische Gemmen BM, 89–92 mit einigen mehr oder weniger dubiosen Stücken, die Horus anthropomorph mit Falkenkopf darstellen; fast sicher neuzeitlich ist ŚLIWA, Magical Gems, 64 Nr. 26. 142 BONNER, Studies, 24; Taf. III Nr. 50; MASTROCINQUE, Intailles, 57 Nr. 134. 143 BONNER, Studies, 24; Taf. III Nr. 51. 144 BONNER, Studies, 24; Taf. III Nr. 52; ZWIERLEIN-DIEHL, Gemmen Wien III, 161, Taf. 96; DIES., Magische Amulette, 71–73, Taf. 10; MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, 188; DERS., Sylloge II, 103; MASTROCINQUE, Intailles, 31, Nr. 47 (wo die Gestalt m.E. zu Unrecht als Horus mit Falkenkopf und Hörnern beschrieben wird).57 Nr. 133. 145 MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, 205; DERS. (Hg.), Sylloge II, 14.32. Vgl. auch MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge II, 85 (Na 3), wo ich eher Anubis als Seth erkennen würde, sowie 133, wo ich sowohl hinsichtlich der antiken Entstehung als auch hinsichtlich der Darstellung des Seth erhebliche Zweifel habe (eher dürfte ein mißglückter Helioros vorliegen). 146 PHILIPP, Mira et magica, 32–33, Taf. 3. 147 Vgl. z.B. den schlangengestaltigen Gott mit unklarem Tierkopf und Doppelkrone auf der Gemme BM EA 56067, MICHEL, Magische Gemmen BM, 298, und gegen ihre Deutung der Beischrift μιυσις als Moses QUACK, Beiträge, Kap. 2.4.3., wo bemerkt wird, daß es sich nur um ägyptisches m#|-Hs# handeln kann. MASTROCINQUE, Intailles, 54–55, Nr. 127–129 will auf einigen Stücken einen stehenden Seth erkennen. Davon ist jedoch Nr. 127 recht deutlich als adorierender ithyphallischer Hundskopfaffe auszumachen, 128 ist offensichtlich neuzeitlich, und das Bronzeobjekt 129 in den Details der Kopfform

16.2 Ägyptische Traditionen in den spätantiken magischen Gemmen

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auf, das einen falkenköpfigen Gott gegenüber einer möglicherweise froschköpfigen Göttin zeigt und dazu eine griechischsprachige Anrede in Versform an einen dreigestaltigen Gott bietet.148 Gerade bei „allzu guten“ Wiedergaben solcher Motive wäre kritisch zu prüfen, was davon wirklich kaiserzeitlich-römisch ist und was ein Zeugnis früher Ägyptenrezeption ab der Renaissance (vor allem auf der Basis von in Rom gefundenen Objekten) und vermehrt ab etwa 1800 darstellt, als im Gefolge der napoleonischen Expedition erstmals in größerer Menge ägyptische Originalmonumente wieder in Europa zugänglich wurden.149 In jedem Fall ist das Objekt, welches diese Götter in der Hand halten, als Lebenszeichen zu erkennen, selbst wenn es teilweise unten in zwei Linien auseinandergeht.150 Eine Gemme151 zeigt verschiedene der oben angesprochenen Bildmotive, nämlich in einem Papyrusboot im Zentrum das Sonnenkind auf der Lotusblüte, am Bug eine zum Schiffsinneren blickende sitzende hundsköpfige Gestalt, vor ihr ein stehender kopfloser Mann, hinter dem Sonnenkind einen leicht in Bewegung befindlichen Mann, welcher dem Sonnengott den Rücken zuwendet, vor ihm nahe beim Heck den hahnenköpfigen und schlangenfüßigen Gott. Die Inschriften nennen vorrangig hebräische Erzengelnamen. Allerdings wäre ich angesichts der etwas wahllos wirkenden Zusammenstellung verschiedener „magischer“ Gestalten hinsichtlich der antiken Entstehung dieses Stückes nicht völlig sicher. Ebenso dubios ist eine andere Gemme (BM EA 56252),152 die eine aufgebäumte Schlange, den hahnenköpfigen und schlangenfüßigen Gott, das Sonnenkind auf der Lotusblüte sowie Anubis und Chnumis zeigt. Gleichartig eine wohl ziemlich sekundäre Kombination ursprünglich separater Motive stellt eine Gemme in Wien dar (KHM Inv. IX B 1239).153 Auf der Vorderseite sieht

zu schlecht erkennbar. Auch hinsichtlich der von MASTROCINQUE, Intailles, 55 Nr. 130 als Atum gedeuteten eselsköpfigen ithyphallischen Gestalt habe ich Bedenken bei der genauen Interpretation. Vgl. auch MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge II, 71 (Fi 97), wo u.a. angesichts der Uräusschlange an der Stirn sicher eine ägyptische Bildtradition zugrundeliegt, die antike Entstehung aber alles andere als sicher ist. 148 BONNER, Studies, 175 f.; MICHEL, Magische Gemmen BM, 15–16, Taf. 4. Von der Bildform allein her gibt es tatsächlich kaum Indizien, die zweite Figur für weiblich zu halten. Allenfalls das von ihr gehaltene Papyrusszepter würde in diese Richtung gehen, während die Gewandgestaltung (bzw. ihr Fehlen) für eine männliche Gottheit paßt. Von ähnlicher (ungewöhnlicher) materieller Form, wenngleich weit weniger diskutiert, ist auch MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge II, 168 (VeC 7), bei dem es sich nach dem Bildmotiv (nicht der Form des Steines) eventuell um eine moderne Kopie von SCHERF, GERCKE, ZAZOFF, Antike Gemmen III, 243, Taf. 111 (Kassel Nr. 183) handelt. Die ungewöhnliche Form könnte vom Bildfeld des Pyramidions eines Obelisken inspiriert sein. 149 Besonders verdächtig ist in meinen Augen MASTROCINQUE, Intailles, 45 Nr. 94. 150 Vgl. auch BONNER, Studies, 160; MICHEL, Magische Gemmen BM, 35; MASTROCINQUE, Intailles, 58, sowie die Klarstellung in QUACK, Gnomon 76, 261; für onX-Zeichen mit unten auseinandergehenden Linien s. JÉQUIER, Talismans, 122 f. 151 VEIGA, Preliminary Study. 152 MICHEL, Magische Gemmen BM, 340–341. 153 ZWIERLEIN-DIEHL, Gemmen Wien III, 151, Taf. 86 Nr. 2178. Ebenfalls eine dubiose Kombination verschiedener Motive ist MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge II, 151–152 (ToE 2).

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16 Ägyptische Motive auf magischen Gemmen

man Aphrodite Anadyomene zwischen zwei ägyptischen Gottheiten, die wohl Horus und Seth darstellen.154 Durch einen Strich abgetrennt ist in der unteren Hälfte die Mumie des Osiris auf einem Löwen dargestellt. Auf der Rückseite findet sich die Inschrift Αθωρι, die offensichtlich eine Verbindung der dargestellten Aphrodite mit der ägyptischen Hathor anzeigt, sowie sieben Charakteres. Der Verdacht muß sich erheben, daß hier sekundär, vielleicht erst neuzeitlich, Motive unterschiedlicher Herkunft zusammengebracht worden sind. Sicher letztlich ägyptischer Herkunft, in den Details allerdings nicht unproblematisch, ist ein relativ seltener Bildtyp (Abb. 127).155 Dargestellt ist ein tierisches Mischwesen, das den Körper eines Krokodils meist mit einer Schlange als Kopf in die eine und einem Falken als Kopf in die andere Richtung kombiniert; fallweise kann der Falkenkopf noch die Doppelkrone tragen. Auf dem Rücken des Krokodils hockt ein geflügeltes Tier, das zumindest in einigen Fällen recht deutlich als Frosch erkennbar ist. Michel will dieses Bild mit der magischen Beschwörung PGM XII, 87 f. vergleichen, in welcher eine solare Gottheit angerufen und von ihr gesagt wird, sie habe die Gestalt eines Krokodils, in der südlichen Region aber die einer geflügelten Schlange. Dagegen möchte Ciampini das Bild mit der ägyptischen Darstellung einer geflügelten Schlange mit vier Beinen zusammenbringen, die zuerst in der ersten Stunde des Amduat belegt ist und in der dritten Zwischenzeit im pBM EA 10018 mit einer Sonnenscheibe mit Skarabäus zwischen den Flügeln erscheint; zudem einen Menschenkopf sowie am Schwanzende einen Schakalskopf hat.156 Dort erhält sie eine Beischrift, die normalerweise als „Tod, der große Gott, der Götter und Menschen erschaffen hat“ verstanden wird.157 Die Orthographie des ersten Wortes als spricht allerdings eher für eine Lesung als Xft| „Feind“.158 Ferner führt Ciampini die Schlange mit Armen und Beinen im pBrooklyn 47.218.156 an (s. S. 111–114), zudem die schlangengestaltige Ikonographie der Dekane (s. S. 237–240). Eine wirklich klare Aussage zur Funktion des Bildes der Gemmen ist bei ihm nicht wahrnehmbar; für die von ihm herangezogenen älteren ägyptischen Bilder denkt er einerseits an Bewegungsfähigkeit, andererseits an den Schöpfungsmoment sowie die Erneuerung.159 Zugunsten von Michels Deutung kann man anführen, daß in der ausführlicheren Parallele zur magischen Beschwörung PGM II, 111 f. tatsächlich von einem Krokodil mit

154 Die Kopfformen sind nicht absolut eindeutig, ZWIERLEIN-DIEHL, Gemmen Wien III, 151 will sie als Seth und Anubis deuten. 155 Für Belege und Diskussionen s. MICHEL, Magische Gemmen BM, 64-65.220–242.261–264; DIES., Magische Gemmen, 67 f.303, Taf. 25; CIAMPINI, Nota, 213–220 (kritisch dazu QUACK, Gnomon 84, 190 f.); letzterem folgt MASTROCINQUE, Intailles, 59. 156 Für den Papyrus s. NIWIŃSKI, Illustrated Papyri, 200.330 (mit Bibliographie). 157 So SCHOTT, Weltbild, 195; HORNUNG, Der Eine und die Vielen6, 79 f., dem CIAMPINI, Nota, 215 (gefiltert durch eine englische Übersetzung) folgt. 158 Vgl. KURTH, Einführung, 131 Nr. 21; das Determinativ ist eine hieroglyphische Umsetzung von . hieratischem 159 CIAMPINI, Nota, 220, wo die Diskussion auch darunter leidet, daß er die irrige Verbindung von Chnoubis und km-#.t=f im Gefolge von Delatte und Derchain zu Unrecht akzeptiert.

16.2 Ägyptische Traditionen in den spätantiken magischen Gemmen

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dem Schwanz einer Schlange die Rede ist.160 Bei Ciampini kann ich mich dagegen des Eindrucks nicht erwehren, daß zu wahllos verschiedene Bildformen zusammengeworfen werden, die jenseits der Präsenz des Bildelements Schlange wenig gemeinsam haben und keineswegs in eine lineare Abfolge gehören. Als Tier ägyptisch verortet ist auch der Ibis, der öfters auf Gemmen in einem Bildmotiv erscheint, in dem er im Nacken eine Leine hat, mit der er an einen Altar angebunden ist (Abb. 128).161 Diese Gemmen enthalten teilweise explizite Aufforderungen zu verdauen. Für sie dürfte die ägyptische Verbindung des Ibis zu Thot weniger relevant sein als die schon in der Antike wahrgenommene Fähigkeit dieses Vogels, praktisch alles verdauen zu können, und eine daraus resultierende Verbindung mit verdauungsfördernden Mitteln, sowie eine Fähigkeit, genießbares Wasser zu erkennen.162 Gelegentlich kann dieses Motiv mit dem des Chnumis verbunden werden. Ein weiteres Vogelmotiv mutmaßlich ägyptischer Ableitung betrifft den Reiher bzw. Phönix (Abb. 129).163 Er hat einen Nimbus mit Strahlen um den Kopf und steht auf einem Altar; rund um ihn sind oft weitere Tiere angeordnet. Mutmaßlich dient dieses Motiv spezieller zur Hilfe bei Verdauungsproblemen.164 Jedenfalls gibt es auf ihnen sowohl explizite Aufschriften πέπτε „verdaue“ als auch das von den Chnumis-Gemmen (die ebenfalls zur Behandlung von Magenproblemen dienen) übernommene Symbol der drei s-förmigen Linien mit Querstrich. Spekulativer sind Deutungen, welche diese Objekte im Hinblick auf den Mythos vom Phönix, der aus der Asche des toten Vaters aufersteht, als Symbol der Wiedergeburt deuten wollen,165 oder mit der Nilflut in Zusammenhang bringen.166 Offensichtlich mit ägyptischen Traditionen verbunden sind Darstellungen des Skarabäus.167 Ägyptische Hintergründe hat auch der Uroboros, der als randliches Element verschiedene Motive umringen kann (darunter auch den Skarabäus).168 Wenigstens kurz erwähnt werden sollte auch die auf Gemmen überaus häufige Gestalt des gerne als Abrasax bezeichneten hahnenköpfigen und schlangenbeinigen Gottes

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Für die betreffende Praktik s. MERKELBACH, TOTTI, Abrasax 1, 35–64. BONNER, Studies, 51–53; PHILIPP, Mira et magica, 85–86, Taf. 29; MICHEL, Magische Gemmen BM, 255–260; DIES., Magische Gemmen, 286–287. 162 Vgl. etwa Plutarch, De Iside, 381 C-D (Kap. 75); DERS. De soll. anim., 20 (974 C); Aelian, De nat. an. II, 35; s. GRIFFITHS, Plutarch De Iside, 558. 163 BONNER, Studies, 60–62; Taf. V; MICHEL, Magische Gemmen BM, 253–255; DIES., Magische Gemmen, 322–323; NAGY, Phénix, 57–84; MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, 223–225; MASTROCINQUE, Intailles, 62–63. 164 NAGY, Gemmae magicae selectae, 162–169. 165 NAGY, Gemmae magicae selectae, 163. 166 WORTMANN, Nilflut, 76–77. 167 BONNER, Studies, 8.154.157; Taf. I Nr. 12, X Nr. 210, XII Nr, 250; PHILIPP, Mira et magica, 45.83–85, Taf. 9.27–28; MICHEL, Magische Gemmen BM, 65–68.333 f.; DIES., Magische Gemmen, 330–331; MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, 219–223; DERS., Sylloge II, 47.164.177 f.202; MASTROCINQUE, Intailles, 37.59–61. 168 LANCELOTTI, Ouroboros. 161

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16 Ägyptische Motive auf magischen Gemmen

(Abb. 130),169 da es für ihn auch Vorschläge einer Ableitung des Motivs aus Ägypten gibt.170 Sie stützen sich insbesondere auf einige wenige sehr vereinzelte Darstellungen von schlangenbeinigen höheren Wesen in ägyptischen Darstellungen (s.o. S. 76). Dabei bleiben jedoch wesentliche Elemente der Ikonographie, wie der Hahnenkopf und der Schild der betreffenden Gestalt, ohne plausible Erklärung.171 Insofern sehe ich keine ausreichenden Gründe, diese Gestalt hier genauer zu diskutieren. Sehr problematisch ist ein Sonderfall, in dem die Gestalt zwar sonst dem normalen Schema des Anguipes folgt, aber statt eines Hahnen- vielmehr einen Löwenkopf hat.172 Gleiches gilt auch für Fälle mit Schakalskopf oder noch anderen Tieren.173

169 BONNER, Studies, 123–139; PHILIPP, Mira et magica, 101–106, Taf. 41–43; ZWIERLEIN-DIEHL, Magische Amulette, 65–71, Taf. 7–9; KOENIG, Trigrammes panthéistes, 311–325; NAGY, Anguipede mit einer Ableitung aus jüdischen Elementen (skeptisch dazu BOHAK, Jewish Magic, 197 Anm. 152); DERS., Figuring out the Anguipes, bis (dort 203–207 auch zur geographischen Verteilung der Funde); MICHEL, Magische Gemmen BM, 115–148; DIES., Magische Gemmen, 105–113.239–248; MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, 269–299; DERS. (Hg.), Sylloge II, 16–18.25–26.30.33.36.49–56.87– 91.94.101.106–109.120–121.128.135–137.135–136.168–169.178–179. 187–189.205–206; DERS., Intailles, 110–124; ŚLIWA, Magical Gems, 79–80; ZWIERLEIN-DIEHL, Snake-Legged God. 170 So besonders STRICKER, Geboorte van Horus, vol. 2, 120 f., HORNUNG, Schutzbild, 50; DARNELL, Solar-Osirian Unity, 387–390. Auch MASTROCINQUE (Hg.), Sylloge I, 269–299, behandelt diese Gestalt unter den „ägyptischen Göttern“. 171 QUACK, Possibilities and Pitfalls, 247–249. 172 BONNER, Studies, 169.283; Taf. IX Nr. 181; PHILIPP, Mira et magica, 106–107, Taf. 43 Nr. 170; MICHEL, Magische Gemmen BM, 250–253. 173 MICHEL, Magische Gemmen BM, 146–148.

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Verzeichnis der Texte, Kontexte und Artefakte Ägypten Ägypten Abydos Grab D28 230 Admonitions siehe pLeiden I 344 rt. Adoptionsstele der Nitokris 28 Amarna, Bestattung 96 Amarna, Kapelle 525 148 Amduat Erste Stunde 67, 360 Dritte Stunde 79 Vierte Stunde 79 Siebte Stunde 77 Zwölfte Stunde 161 Anchrui, Sarg des 230 Athribis III, C 3, 49 310 Athribis IV, 325–327 102 Balsamierungsritual 98, 183, 316–319 siehe auch pBoulaq III Balsamierungsritual des Apisstieres siehe pWien KM ÄS 3871 Bebi, Grab des 77–78 Beirut, Amerikanische Universität Nr. 3450 135 Bentresch-Stele 34 Berlin ÄM 9792 327 Berlin ÄM 11984 185 Berlin ÄM 20600 23 Berlin ÄM 23308 132, 149 Berlin ÄM 23979 83 Berlin ÄM ohne Nummer 198 BM EA 2572 65 BM EA 6714 251 BM EA 14380 290 BM EA 14898 273 BM EA 20654 258 BM EA 20659 259 BM EA 20666 248 BM EA 20672 259 BM EA 20673 258 BM EA 20674 261

BM EA 20683 258 BM EA 20684 258 BM EA 20685 261 BM EA 20775 148 BM EA 35464 322 BM EA 36250 228, 241 BM EA 37256 145 BM EA 30839 272 BM EA 57750–57753 46 BM EA 57914 241 BM EA 62411 45 BM EA 64628 242 BM EA 65842 147 BM EA 65779 218 Boston MFA 20.1822-27 79 Boston MFA 24.900 146 Brooklyn Museum 16.580.145 66 Brooklyn Museum 37.434E 234 BRUNTON, ENGELBACH, Gurob Taf XXX Nr. 17 240 Taf. XXX Nr. 24 240 Taf. XXXI Nr. 12 240 Buch vom Atmen 319 Erstes 323 Buch vom Tempel 9, 13, 106 Buch von der Erde 121, 161 Buch von der Himmelskuh 155, 194, 354 Vers 323 f. 30 Buch von der Nacht 273 Budapest 51.2557 230 Chascheschonqi, Lehre des 24, x+10 Cheriuf, Grab des Taf. 24 Taf. 28–30 Cheti, Lehre des §6 § 19,1

301 23 222 222 10 124

440

Texte, Kontexte und Artefakte

CT Spruch 22 Spruch 28/29 Spruch 37 Spruch 75–83 Spruch 81 Spruch 83 Spruch 100 Spruch 106 Spruch 304 Spruch 335 Spruch 340 Spruch 341 Spruch 369 Spruch 472 Spruch 473 Spruch 474 Spruch 508 Spruch 510 Spruch 582 Spruch 589–606 Spruch 640 Spruch 823 Spruch 861 I, 63c I, 80m–81d I, 3103b II 44h II, 46–48 II, 97i II, 117j II, 160b–c III, 232b IV, 47i IV, 58g IV, 127f IV, 141b IV 232a–239a IV, 332c–d IV, 345g–i V, 185f V, 251b VI, 2j VI, 10b VI, 24e VI, 94j VI, 95i VI 165b VI, 191o–p VI, 199h VI, 207d

59 142 59 59–60, 171 152 55 152, 190 61 60 195 183 61, 152, 155 82 282 61 61 60 349 62 59 84 283 270–271 59 142 197 152 59 152 61 62 212 62 60 160 160 195 197 61, 152, 155 62 197 282 61 61 60 349 197 60 62 269

VI, 261,a–n VI, 400h VII, 23l–24f VII, 38i VII, 53 c-d VII, 63g–r VII, 63i VII, 165c VII, 167h VII, 440b VIII, 41c Deir el-Bahri II, Taf. XLIX Deir-el-Medina, Leinenstreifen Deir el-Medina, Grab 1069 Deir el-Medina, Grab Nr. 1444 Deir elMedina, Tempel, Text 59 Dendara IV, 147–178 IV,160,2–10 IV, 162,6–163,11 IV, 176,7–178,7 IV, 173,8–18 IV, 256,12 VI, 86,7 VI, 86,9 VI, 28,15–29,11 VII, 146,1 VII, 155,11–15 VII, 165,4–8 VII, 178,5 VII, 179,4 VII, 184,14 f. VII, 190,10 VII, 192,9 VII, 197,11 f. VIII, 36,7–10 VIII, 69,4–12 VIII, 86,8 VIII, 88,4 f. VIII, 89,6 VIII, 90,12 VIII, 94,10 VIII, 101,6 VIII, 102,4 f. VIII, 106,11 VIII, 114,2–4 VIII, 128,13–131,6 VIII, 140,12–141,2 VIII, 141,10–14 X, 26,3–50,9

84 156 283 197 222 270 268 62 62 62 268 70 108 147 119 300 310 306 310–311 310–311 306 269 29 29 306 30 30 30 39 39 30 39 39 30 310 30 30 39 39 39 30 30 39 39 30 9 32 32 253

441

Ägypten X, 32,6 284 X, 34,10–13 23, 253–254 X, 34,12–13 258 X, 48,12 f. 23, 254 X, 89,9 199 X, 160,3 199 X, 202–204 284 X, 219,4 260 X, 376,3 254 X, 399–401 23, 254–256, 260–262 X, 399,13 258 X, 399,14 259 X, 399,13–15 254 X, 400,6 258 X, 400,7 258, 259 X, 420,8 260 X, 421,11 260 X, Taf. 98 284 X, Taf. 127 284 X, Taf, 133 243 X, Taf. 244–246 319 X, Taf. 248–250 319 X, Taf. 249 254 XII, 287,7 205 XII, 286,11 205 XIV, 19,4 205 XV, 225,2–4 309 XV, 278.9–11 309 XV, 266,11 205 XV, 347,5 205 Dendara Mammisis, 203–206 300 Diospolis Parva, Tempelblock 30 Djed-her-Statue 214 Djehutihotep, Grab des 77 Djehutihotep, Sarg des 272 Edfou I2 32,15 I2, 99,16 f. I2, 99,12–100,6 I2, 99,18–100,1 I2, 100,5 I2, 416,8 I2, 420,4 I2, 426,3–5 I2, 426,7 I2, 429,12–14 II2, 116,6–14 II2, 72,9–16 II2, 72,13 II2, 108,6–16

30 30 309 30 309 29 30 310 30 269 310 309 30 309

III, 101,10–12 III, 272,3–7 III, 311,4–8 III, 313,16–314,11 IV, 74,18–75,13 IV, 231,14 VI, 102,10, VI, 131,1–10 VI, 133,1–6 VI, 144,3 VI 144,15–145,11 VI, 145,5 VI, 149,8 VI 151,7–9 VI, 214,7 f. VI, 263,4 VI, 298,1–304,12 VI, 307,3–7 VII, 163,13 VII , 301.17–302,12 VII, 312, 3 f. VII, 312,16–313,14 VIII, 15,9 f. Edfou Mammisi 107,19–108,2 112–114 112,9–10 116,2–3 119,15–16 158, 10 f. 158,14 173,10 205,13 Esna 71,5–6 Esna, Grab 111 Esna, Grab 227

309 309 303 303 306 306 297 260, 303–304 304–305 296 296–297 295 231 297 29 39 297–299 293 310 306 306 309 305 298 300 313 29, 297 29, 297 308 308 231 296 164 230 230

Florenz 8708+Turin Supplement 9, rechte Seite, viertes Register 228 Geburt des Gottkönigs, Szene 9 71–72, 234 241 GIDDY, Anubieion II, Taf. 53 (78/3) Goldamulettetext siehe pBonn L 1647 Gotha, Amulette 251 Grüftebuch 293 Gurob Grab 474 230 Hannover, Museum August Kestner 1935.200.152 66 Hannover, Museum August Kestner F. 0423 229

442

Texte, Kontexte und Artefakte

Hawara, Mumie 1 Hawara, Mumie 6 Heidelberg Inv. 227 Hibis III 19 f. 1 20 32, 38 32–33 Mitte Höhlenbuch Fünfte Höhle Horusstelen Spruch A Spruch B Spruch C Hungersnotstele, Kol. 28f.

258 258, 259 235

Iufaa, Sarg des Kafr Ammar, Knotenamulette Kairo CG 139 Kairo CG 559, b2 Kairo CG 5357 Kairo CG 5382 Kairo CG 5423 Kairo CG 5424 Kairo CG 5748 Kairo CG 5483 Kairo CG 5486 Kairo CG 5882-5973 Kairo CG 9427 Kairo CG 9436 Kairo CG 12196 Kairo CG 12717 Kairo CG 12916 Kairo CG 12940 Kairo CG 12947–12956 Kairo CG 12959–12964 Kairo CG 12969 Kairo CG 12973 Kairo CG 12975 Kairo CG 12977 Kairo CG 13014 Kairo CG 13015 Kairo CG 13027 Kairo CG 18490 Kairo CG 20564, a13 f. Kairo CG 24619 Kairo CG 28037 Kairo CG 28083, 91 Kairo CG 28087, 58 Kairo CG 28088

28, 313 241 31 155 161 121 145, 148 145, 150, 315 145, 231, 315 9 71 96 48 34 198 198 191 191 236 274 274 264 147 67 189 239 258 260 288 288 258 258 259 258 259 258 260 145 183 203 271 272 272 272

Kairo CG 28088, 69 272 Kairo CG 28094, 89 272 Kairo CG 28094, 94 272 Kairo CG 28123, 22 272 Kairo CG 29301, zweites Register der Wanne 300 Kairo CG 31099, 8 323 Kairo CG 38805 230 Kairo CG 38817 230 Kairo CG 38819 230 Kairo, CG 39122 238 Kairo CG 39230 230 Kairo CG 39231 230 Kairo CG 39233 230 Kairo CG 51112 233 Kairo CG 52699 223 Kairo CG 53464–53540 287 Kairo CG 53541–53558 287 Kairo CG 53557 258 Kairo CG 53558 258 Kairo CG 53579 259 Kairo CG 53580 258 Kairo CG 53583 258 Kairo CG 53586 259 Kairo CG 53588 258 Kairo CG 53590 258 Kairo CG 53592 258 Kairo CG 53598 258 Kairo CG 53599 258 Kairo CG 53600 258 Kairo CG 53605 258 Kairo CG 53607–53638 287 Kairo CG 53742 262, 290 Kairo CG 53738 249 Kairo CG 53790–93 262 Kairo CG 58187 260 Kairo CG 58188 260 Kairo CG 58189 260 Kairo CG 58193 260 Kairo JdE 34481 257 Kairo JdE 69771 294 Kairo GEM 2757 262 Kairo, Giza Inv. 2399 145 Kairo, Museum of Seized Antiquities Inv. 379 315 Kalabsha, 69 f. 298 Khentika, Grab des 199 Kition 772 230 Kopenhagen Nationalmuseum Nr. 7795 68 Krakau, Mumie 251 KRI III, 64,13 f. 311

443

Ägypten KRI III, 533, 11–13 KRI IV, 168,5–169,16 KRI IV, 288,5 KRI V, 239,7 f. KV 55, Beigaben LD Text I, 18 Leiden AD; Leemans G. 1565 Leiden AO 1n Leiden AO 1rr Leiden B 176 Leiden F 1962/2.3. Leiden L.III.17 Leiden L.V.63-e Liverpool M. 13997 Liverpool 1967.60 LRL 15,5–7 Louvre A 93 Louvre IM 4131 (192) Louvre 357, Z. 6 Louvre E 3316 Louvre E 3317 Louvre E 2510 Louvre N 4402 Louvre N 4568 Louvre N 4566 – E 74 Lübeck, Apothekenmumie Lyon I.E. 677

13 13 177 34 191 198 191 290 289 198 134 274 288 251 250, 258 24 256 28 28 134 134 146 108, 114 198 198 250 227

Mashayich, Grab des Anhurmose 308 Matmar Grab 612 221 Grab 736 229 Grab 841 221 Medamut, Szene 240 310 Meir VI, Taf. XIV 65 Menechibnecho, Sarg des 71 Metternichstele Z. 71–83 214 Z. 79 69 Z. 236 f. 141 Mo‘alla IV, 10 37 Month-Tor, 395–401 308–309 München ÄS 3315 238 Mundöffnungsritual 269, 273, 326, 335 Szene 51 193 Szene 54 307–308 Szene 55 II q 316 Szene 59 335 Musée Guimet B8 (inv. 14730) 128

Mythos vom Sonnenauge 25, 169, 173, 236, 238, 239 siehe auch pLeiden I 384 rt. Nar-Meher-Palette 48, 74 Naukratis, Tempelblock 30 Neapel 1056 Vorderseite 4–6 95 Rückenpfeiler, linke Seite, viertes Register 228 Nebeshe, Mumie 14 258 Nektanebos’ II., Inschrift Saqqara 28 New York MMA 12.182.2 194 New York MMA 19.3.210 146 New York MMA 44.4.34 230 Newberry MS OR 53 203 Nutbuch, § 99a 201 Onomastikon des Amenemope (pMoskau 120), 3,2–5 9 Opet I, 245 30 Orakelschutzdekrete 133–134 oArmytage (= Uppsala VM 2364) 222 oBerlin P 11276, vs. 2 139 oBerlin P 12622 126 oBM EA 65936, Z. 9 27 oCambridge E.GA.6142.1943 138 oČerný 19, rt. 2–4 (HO I, 54, 4) 13 oDeM 1048 90 oDeM 1637 268 oDeM 1730 vs. 132 oFlorenz 2624 (HO CXI) 99 oGardiner 9 (HO 24, 4, Z. 2 u. 6) 12 oGardiner 133 12 oGardiner 363 220 oKairo CG 25676 13 oKairo CG 25678 13 oKopenhagen NM 11677 94 oLeipzig Inv. 5251 135 oNash 6 (HO 56, 1), Z. 9 27 oTurin CGT 57439 136 oTurin CGT 57558 25 Osireion, Abydos 240 Oxford Ashmolean Museum AN1937.785 230 pAbbot 4,3 4,4 5,17 6,11 pAnastasi I

18 18 227 227

444 7,3 pAnastasi III 1,11 3,9 5,5 6,2 6,11 pAni pAthen 1826 x+1,8 x+1,11 x+1,11–x+2,5 x+2,5–10 x+2,10–13 x+2,13–x+3,7 x+3,7–x+4,1 x+4,1–11 x+5,4–7 x+5,12–x+6,7 x+6 unten x+6,7–13 x+7,7–11 x+7,11–x+8,4 x+8,8–x+13,9 x+15,9–x+16,10 Fragment 1 pBarcelona E-615 pBeck pBerlin P 3002 pBerlin P 3027 rt. 1,1–4 rt. 7,6–8,3 rt. 8,3–9,3 rt. 9,3–7 rt. 9,7–vs. 2,2 vs. 2,7–3,3 vs. 4,6–6,1 vs. 6,1–7 pBerlin P 3031 9,5–12,5 pBerlin P 3055 4,8 f. 12,2–4 pBerlin P 3056 3, 1 pBerlin P 3164 rt. 6 pBerlin P 6750 x+9,4 pBerlin P 7809/7810 Fragm. C, 2,16–3,3

Texte, Kontexte und Artefakte 99 227 227 227 227 227 190, 283 103 103 141–142 142 103 142 142 142–143 92 139 139, 347 143 140 139 143–144 220 110 203 319 187 26, 57, 79, 97 57 82 82–83 85 86 87 87 87 204, 209 210 142 142 31 200 286 39

pBerlin P 8351 2,8–9 322 pBerlin P 8769 32 A, 3 292 A, 8–9 292 pBerlin P 10101 a 129 pBerlin P 10101 b 129 pBerlin P 13242 281, 283, 302–303 pBerlin P 13603 2,6 f. 349 pBerlin P 14393a 140 pBerlin P 14499 122 pBerlin P 15683 33 pBerlin P 15749 118 pBerlin P 15765 a Z. 5 178 pBerlin P 15770 123 pBerlin P 15784 129 pBerlin P 15796 33 pBerlin P 23031 129 pBerlin P 23032 130 pBerlin P 23040 Kopftext I, Z. 2a 273 pBerlin P 23051 129 pBerlin P 23213 128 pBerlin P 23229 128 pBerlin P 29009 165 pBerlin P 30490 104 pBerlin P 30490 A 120 pBerlin P 30490 B 120 pBerlin P 30491 120 pBoulaq VI rt. 5,8 29 rt. 7,8 227 pBM EA 9997 1,8–10 136 1,11–3,11 141 5,3 f. 213 6,1–17 214–215 6,17–8,11 103 8,13 f. 103 pBM EA 10010 203 pBM EA 10018 360 pBM EA 100042 siehe pMag. Harris pBM EA 10059 3,12 f. 88 4,7 88 7,13–8,1 154 8,3–14 88 9,2 f. 57 9,8 f. 101

445

Ägypten 9,9–14 88 9,14–10,1 89 10,1–2 89 14,13–15,4 137 pBM EA 10064 14,16 184 pBM EA 10070 siehe pMag. LL pBM EA 10077 319 pBM EA 10081 202 pBM EA 10098 23, 252 pBM EA 10208 1,30–2,1 311 2,13 195 pBM EA 10209 3,4 195 pBM EA 10238 162 pBM EA 10288 A, 1,5–7 313 pBM EA 10296 113 pBM EA 10309 1,5f. 103 1,6–2,7 215 3,3 f. 103 pBM EA 10378 rt. x+4,x+14 199 pBM EA 10441 vs. 3-5 24 pBM EA 10471 183 pBM EA 10507 6,12 321 11,24 322 12,1 322 pBM EA 10563 129, 149, 324 pBM EA 10569 3,3–7 256 pBM EA 10662 100 pBM EA 10669 114 pBM EA 10731 120–121 pBM EA 10732 110 pBM EA 10754 siehe pRamesseum I pBM EA 10756 siehe pRamesseum III pBM EA 10757 siehe pRamesseum IV pBM EA 10759 siehe pRamesseum VI pBM EA 10760 siehe pRamesseum VII pBM EA 10761 siehe pRamesseum VIII pBM EA 10762 siehe pRamesseum X pBM EA 10766 siehe pRamesseum XIII pBM EA 10767 siehe pRamesseum XIV pBM EA 10769 siehe pRamesseum XVI pBM EA 10800 11-12 pBM EA 10808

1 23 26 pBM EA 10822 1,6 pBM EA 10988 pBM EA 75036 pBN 177 pBN 178 pBN 2381 pBonn L 1647 223, 224, 249, 268, 272, 274, 277–282, 286, 302, 311, 319 pBorchardt pBoulaq III 3,8–9 3,15–4,7 6,6 f. 6,23–7,1 7,7–8,16 7,10 f. 7,11–15 8,17–22 9,10 f. 9,15 f. 9,16–18 pBremner-Rhind 10, 3 pBrooklyn 47.218.2 x+2,1–9 x+3,1–4 x+3,9–x+4,2 x+3, 15 x+4,2–7 x+4,7–8 x+5,2–6 x+5,7–13 x+7,4–19 x+7,11–17 pBrooklyn 47.218.47 rt. x+1,x+13–x+2,2 x+4,14–20 x+4,20–x+5,9 x+6,4–13 x+7,18–x+8,5 pBrooklyn 47.218.48+85 5,8 pBrooklyn 47.218.49 x+5,2 f. x+5,13–x+7,9 x+7,9–13

204 159 159 26 280 123 114, 131 131 115 251, 256, 287, 291, 120 316 317 317 316 317 317 317 318 318 318 318 257, 311 26 93 129 83 243 214 72 196 72 107 114 29 144 106 129 231 36 111 303 106 106 106

446

Texte, Kontexte und Artefakte

x+8,5 f. 93 x+8,10 f. 114 x+8,14–15 154 x+9,7–x+12,16 144 x+10,12 39 x+12,3.7 39 x+13,17 39 pBrooklyn 47.218.50 267, 291–294, 301 pBrooklyn 47.218.84 x+11,10–12,1 199 x+14,5 f. 256 pBrooklyn 47.218.138 x+1,11 136 x+1,14 136 x+3,1–16 215 x+3,16–x+4,13 215–216 x+8,15–x+9,1 149 x+9,1–13 94, 149 x+9,13–15 94 x+9,15–17 94 x+9,18 150 x+10,5 150 x+11,14–x+13,20 216 x+14,10–1x+5,10 128 x+14,20 234 x+15,8–10 312 x+15,10–15 294–295 x+15,16–17 295 x+15,17–19 295 x+15,19–20 295 x+17,12–16 94, 313 pBrooklyn 47.218.156 26, 109, 111–114, 227, 233, 303, 304, 360 x+3,7 26 x+5,2 235 x+5,7 26 pBudapest 51.1960 B4 216 B 4–C 11 232 C 11 214 pBudapest 51.1961 97 1,1–3,8 93 2, 9 f. 92, 93 3,8–4,4 93 4,5–7 91, 93–94 pBusca 58, 187, 192, 194, 202, 265, 268, 274, 282–283, 302 pCarlsberg 1 241 5,1–4 241 pCarlsberg 1a 241 pCarlsberg 7

Fr. 3,10 pCarlsberg 138 pCarlsberg 180 Y 3, 17 Y 4, 8 Y 4,20 Y 5, 7 f. pCarlsberg 200 pCarlsberg 228 pCarlsberg 304 7,10 8,1 pCarlsberg 906 B pChassinat 5 pChester Beatty III rt. 8,13 pChester Beatty IV rt., 8,3–4 pChester Beatty V rt. 6,4 vs. 4,5–7 vs. 4,5–9 vs. 4,10–6,4 pChester Beatty VI vs. 1 vs. 2,5–8 pChester Beatty VII rt. 3,7 f. rt. 4,1 rt. 5, 7 f. rt. 6,1–2 rt. 7,6 rt. 8,2 vs. 7 vs. 8 pChester Beatty VIII vs. 10,1–5 pChester Beatty IX vs. 3,11–4,1 vs. B 13,1 pChester Beatty XI rt. 3,12–4,1 rt. 4,7 rt. A, 8 rt. B+C, 11 rt. E, 3 vs. 1,1 pChester Beatty XV rt. 4 f. pDeir el-Medineh 1 vs. 1,1–2

159 111 270 270 270 270 300 241 30, 291 28, 301 301 136 129 33 177 124 213 103–104, 120, 312 104 138–139 122 92 92 295 92 212 92 109–110 109–111 118 142 177 105 105 144 155 93 30 139 137

447

Ägypten vs. 1,3–3,2 104–105 vs. 2,2–4 213 vs. 4,3–4 105 vs. 4,5–5,2 233 vs. 5,2 213 vs. 5,3 233 vs. 5,3–7 111 vs. 5,7–6,6 136 vs. 6,7–7,4 138 vs. 7,4 118, 120 vs. 7,5–8,8 104 pDeir el-Medineh 36 97, 108, 117, 121, 138 pDeir el-Medineh 37 126 pDeir el-Medineh 38 126 pDeir el Medineh 40 120 pDeir el-Medineh 41 120 pDeir el Medineh 42 110 pDeir el-Medineh 44 119 pDeir el-Medineh 45 119 pDeir el Medineh 46 113–114 pDeir el Medineh 47 127–128 pEbers 2,2 36 95,7–14 88 pEdinburgh 212.113(2) 186 pEdinburgh 212.113(3) 186 pEdwin Smith 18,1–11 81 18,11–16 81 19,9–11 100 19,8–20,8 87–88 20,6 81 20,8–12 82 pEremitage 1116A 101 pEremitage 1116B 101 pGardiner II–IV 60 pGenf D 407 vs. 3–5 24 pHannover 1976.60a1 123, 126 pHannover 1976.60a2 123, 126 pHannover 1976.60b 123, 126 pHarkness 1,2–4 321–322 2,22 321 3,3–4 258 3,4 f. 322 3,5 322 pHarris I 26,5 f. 306 47,5 306 70b,16 306

pHeidelberg 1896 pHeidelberg H 3 pHeidelberg H 7 pHiera. Teb. SCA 2276 pIFAO H 40 pInsinger 24,4–5 28,15 31,22 pJumilhac 4, TB 2 pKairo CG 24742 pKairo CG 30646 4,28–33 pKairo CG 30692 x+1,10–15 pKairo CG 40027 pKairo CG 58027 pKairo JdÉ 34033 Anrufung 25 pKairo JdÉ 86637 vs. 11,5 f. vs., 16,3 pKöln 3546 pKöln 3547 pKöln 7906 pKoller 5,5 pLeiden I 343+345 rt. 27,6 f. rt, 28,4–5 vs. 1,7 f. vs. 22,2–3 pLeiden I 344 rt., 5,7f. pLeiden I 346 3,9 pLeiden I 347 2,8 f. 3,1–12,10 10,10 f. 12,9–10 pLeiden I 348 rt, 2,9–3,2 rt. 3,8–4,3 rt. 4,5–9 rt. 4,10–6,4 rt. 6,4–8 rt. 10,5–11,2 rt. 11,3–12,1 rt. 12,4

129 118 312 114 133 28–29 35 34 77 165 203 28 183 280 297, 300–301 227 101 101 130 130 124 227 89 89 89 136 26 100–101, 126 212 213 101–102 295 101 90 91, 93 91 314 102 91 91–92 213

448

Texte, Kontexte und Artefakte

rt. 12,6 f. 153 rt. 12,11–13,3 140 vs. 2,6 f. 102–103 vs. 11,8–11 141 vs. 12,2–6 231 vs. 12,8 231 pLeiden I 350 rt. 3,18 177 3,21–22 177 pLeiden I 353 122–123 pLeiden I 354 122–123 pLeiden I 355 122–123 pLeiden I 356 b 107, 125 pLeiden I 356 c 107, 127 pLeiden I 357 127 pLeiden I 358 126 pLeiden I 359 b 127 pLeiden I 383 siehe pMag. LL pLeiden I 384 rt. 5,22–29 162 rt. 6,3–13 192 rt. 6, 3–30 25 rt. 6,6–9 25 rt.8,23–9,2 25, 239–240 rt. 9,3 f. 38 rt. 18,3–9 150 vs., II*,6–20 327 pLeopold II/pAmherst 2,13 27 2,16 27 2,18 27 pLouvre N 3102 A 122 pLouvre N 2420 c 179 pLouvre N 3148 319 pLouvre N 3283 320–321 pLouvre I 3079 110,36 311 111,1 195 111,41 296 pLouvre 3233 a 107, 125 pLouvre 3233 b 125–126 Louvre E 3229 102 rt. 4,1 166 pLouvre E 3237 128 pLouvre E 3238 1,3 205, 210, 231 pLouvre E 3239 128 pLouvre E 32308 118–119, 138 pLouvre E 32847 rt. x+10,6–11 88 rt. x+24,1–3 152

vs. 16,17–19,4 316 pMacGregor 23, 251, 261, 274, 280, 285, 287 pMag. Harris 6,8 f. 155–156 6,12 94–95 7,4 153 7,7 f. 348 8,9–9,5 232 8,12 214 9,7–11 232 9,12–14 156 pMag. LL rt. 3,26 243 rt. 3,27 30 rt. 3,33–35 325–326 rt. 3,34 165 rt. 6,10–7,1 314 rt. 9,1 350 rt. 9,7 165 rt. 9,22 f. 257 rt. 9,29 165 rt. 13,15 f. 326 rt. 13,20 f. 326 rt. 21,20 166 vs. 10,1–12 326 vs. 19,1–7 326 vs. 20,1–7 326–327 vs. 32,12 f. 326 pMalta 132 pMarseille 292 201 pMMA 26.3.225 124 pMMA 26.3.266 125 pMMA 35.9.20 251 pMMA 35.9.21 20,3–4 311 26,1–32,18 128 26,14 234 32,16–18 312 pMünchen ÄS 5882 131 pMünchen ÄS 5883 131 pMünchen ÄS 5884 131 pMünchen ÄS 5886 131 pNebseni 192, 193 pOxy. 79/103, A, x+3,5 240 pRamesseum I = pBM EA 10754 B 2, 6 34, 84 pRamesseum III = pBM EA 10756 A 5 f. 84 B 13 f. 85 B 22 f. 85

Ägypten B 23 f. 85 pRamesseum IV = pBM EA 10757 C 14 f. 153–154 D iii 5 85 pRamesseum VI = pBM EA 10759 61 f. 271 pRamesseum VII = pBM EA 10760 fr. 3, x+1 216 pRamesseum VIII = pBM EA 10761 1,x+6 191 2,x+6 62 2,x+7 109 2,x+8 62 8,7 212 11,4 85 12,2 57 12,5 85 15,7–11 85 pRamesseum X = pBM EA 10763 x+5 85 pRamesseum XIII = pBM EA 10766 2, 1 f. 81 pRamesseum XIV = pBM EA 10767 vs. x+1,3 f. 154 pRamesseum XVI = pBM EA 10769 25,2–3 154–155 26,4–5 155 pRhind I 6h8 = 6d7 159 8h3 321 10h1 321 11h9 f. 321 pRhind II 8h3 321 pRylands 50 129 pSalt 825 2,1–3,4 160 7,9 f. 95 8,1 f. 95 9,5 230 14,2–8 30 14,4 214 14,6–15,1 115 15,4–8 95 pS.H5-DP 265 [1863] 27 pSpiegelberg 7,13 28 pStrasbourg hiér. 69 107, 124 pStrasbourg hiér. 76 124 pStrasbourg hiér. 92 124 pTurin 1858 121, 185

449 pTurin 1887 rt. 1,7 306 pTurin 8438 202 pTurin CGT 54003 vs. 4 f. 58 pTurin CGT 54050 rt. 2,6 30 rt. 3,1 31 rt. 5,14 232 vs. 2,5 f. 117 pTurin CGT 54051 rt. 2,7 f. 148, 149 rt. 2,8–11 90 rt. 5,2–6 105 rt. 5,11 105 vs. 3,8–9 90, 97 vs. 3,10–4,1 90 vs. 5,6–6,1 90 pTurin CGT 54068 vs. zu rt. 5 137 vs. zu rt. 6, 2–3 137 vs. zu rt. 6,x+4 137 pUCL 32091A 101 pUCL 32095A 101 pUCL 32110 D 101 pUCL 32271B rt. x+4–6 152 pVatikan 38596 323 pWestcar 4,18–6,17 65 pWien Aeg 8426 130 pWien D 6104 33 pWien D 6533+ 33 pWien D 6544 33 pWien D 6568 33 pWien D 6318 164 pWien KM ÄS 3866 207 pWien KM ÄS 3871 23, 187, 254, 316, 322–323 pWien KM ÄS 3847 3,4–6 323 pWien KM ÄS 3925 148 pWien KM ÄS 10321 rt. 4,1–7,4 24 rt. 5,1–2 217 PETRIE, Hyksos and Israelite Cities Taf. XXXVIII Nr. 37.38 241 PETRIE, Illahun Taf. XXIX Nr. 11 239 Taf. XXIX Nr. 20 241 PETRIE, BRUNTON, MURRAY, Lahun II

450

Texte, Kontexte und Artefakte

Taf. LVA Nr. 15–16 240 PETRIE, MACKAY¸ Heliopolis Taf. XXXII 96 Pfortenbuch Zwölfte Stunde 161 Philadelphia E 13413 191 Philä II 206–211 71 Phönizische Blechamulette 229 Piye-Stele Z. 112 28 Porte d’Évergète, Taf. 28 30 Privatsammlung, Stele 256 Psusennes, Sarkophag des 274 PT 52a–53a 271 53 a–b 316 56a–57a 271 147a 212 199a 159 389b 197 572a 20 631a 45 855a-d 20 888 160 980 262 1186 233 1207b 155 1210a 160 1301c 197 1329c 45 1428a 45 1470c 30 1652a–1655b 271 2042b 45 2079 159 2271–2286 269 2286 270 Spruch 46-171 20 Spruch 77 271 Spruch 81 271 Spruch 519 155 Spruch 595 142 Spruch 600 194, 271, 307 Spruch 741–756 269 Ptahmose, Totenbuch des 187 Pushkin Museum 123.1022 128 Qau, Grab 205 Qubbet el Hawa QH 207/14–28 QUIBELL, Archaic Mastabas Taf. XXXVIII

251 247 109

RAD 74,15 f. 306 Ramesseum, Knotenamulett aus Grab 96 Ramesseum, Holzamulett 148 Ramses VI. Grab des 76 Raphia-Dekret Z. 6 27 Rechmire, Grab des (TT 100) 78 Ritual der vier Kugeln 95, 128–129, 311–312 Saqqara, Mastaba S 3504 44 Saqqara, Teti-Friedhof NE 4 221 GNE 33 221 Schiffbrüchiger 29 f. 222 96 222 Schutz der Glieder 58, 145 Schutz des Hauses 171, 231, 295–297 Semna Grab S563 230 Setne I siehe pKairo CG 30646 Setne II siehe pBM EA 10822 Sinuhe B 268 f. 238 Socle Behaugue, Spruch VIII 215 Sonnenlitanei 155, 161 Stockholm, Mumie 251 Tägliches Tempelritual 269, 306–307, 326 tRogers 12 tMcCullum 12 tUniversity College London 59419+59421 94 tVernus 100–101 TB 1B 186, 264 6 198 13 183 17, 112a–119a 195 19 183 26 187 27 187 29B 187, 189, 282 30 B 187–189, 282, 335 33 82, 273 34 273 50 84, 183 64 188 75 200 76 284 86 286 87 286 89 186, 190, 281 100 279

Magische Gemmen 100/129 121, 185–186 101 184, 186 105 203 121 183 125 155, 186 129 279 130 155, 186, 282 133 186 134 186–187, 282 136 187, 282 137B 70 140 195–196 145 321 146 282 149 279, 282, 320 151 35, 119, 183, 282, 283 152 320 153 282, 320 154 320 155 151, 280, 282, 320, 323 156 151, 320, 323 157 201, 280, 282, 187, 320–321, 323 158 201, 287 159 151, 190–193, 281, 324 160 151, 190–193, 281, 282, 324 161 55, 184 162 186, 204–206, 211, 281, 289 163 204, 206–208, 227, 323 164 208, 228, 346 165 109, 204, 210, 304 166 201–202, 283 166 (Pleyte) 12, 185, 186, 209, 211 167 193–194, 283 167 (Pleyte) 209–210 –, 42a 230 168 293

451

168–174 (Pleyte) 210 170 (Pleyte) 186 172 (Pleyte) 186 175 202 Theben, Bestattung 96 Totenbuch der Hatnefer (Kairo 25/1/25/6) 61 TT 79 272, 284 TT 96 272, 284 TT 194 34 TT 233, Papyrusamulett 122 TT 240, Sarg 270–271 TT 379 284 Turin Suppl. 9 154 Turin, Holzamulette 289 Urk. IV 39,1 892,14 f. 1837,13 Urk. VI 91,10–15 99,9–10 117,1 f. 125,15 Urk. VIII Nr. 80 f 94,17 Wien Aeg. 8345 Wien KHM ÄS 918 Wien, KHM ÄS 3402–3457 Wiesbaden, Halskette Zweiwegebuch

222 222 48 200 162 229 212 30 30 323 349 289 289 161, 187

Magische Gemmen Magische Gemmen Baltimore, Walters Art Gallery 42.872 Berlin ÄM 16122 BM EA 56001 BM EA 56015 BM EA 56016 BM EA 56033 BM EA 56035 BM EA 56241 BM EA 56252 BM EA 56312

353 355 358 355 355 358 353 347 359 355

BN Inv. 2170 BN Inv. 58.2170 BN M.6752 BN Blanchet 34 BN Schlumberger 342 BN Schlumberger 365 Brooklyn Museum 37.1755 h

355 355 358 355 355 358 352

Kelsey-Museum 26149

355

452

Texte, Kontexte und Artefakte

Louvre AD 003732 Louvre E 10944

351 350

Newell 38

355

Pushkin Museum I, 1 а 2337

348

Wien KHM Inv. IXa 41 Wien KHM Inv. IX B 1239

349 359

Griechische Quellen Griechische Quellen Aelian, De natura animalium 10, 15 Aetius, 2, 18 Alexander von Tralles

164 356 354

Chairemon 178 –, bei Porphyrius, De abstinentia IV, 9,8 163 Diogenes Laertios, Prooem. 10

164

Galen, De simpl. 10, 2, 19

356

Hekataios von Abdera 164 Hephaistion 1, 1, 79 356 Hermes, Heiliges Buch an Asklepios 339– 340, 355, 356, 358 Herodot 3, 37 227 Hesiod 42 Homer 42 Horapollo 161, 178 1,10 163–164 I,11 164 I,12 164 I,26 243 Jamblich, De mysteriis, VII, 2

350

Manetho

164

Nechepso(s)

356

pOxy. III 433 336 pOxy. XXXI 2554, Fr. 1, ii, 14–16 107 pOxy. LXXXII 5303, 2–6 335 PGM I, 141–148 334 I, 144–149 352 I, 233 329 I, 223 f. 165 I, 243–246 329–330 I, 263–276 330 II, 103–103 350 II, 106 f. 350

II, 111 f. II, 150–161 II, 159 III, 125 III, 410–423 IV, 65 IV, 78–81 IV, 296–466 IV, 751 IV 943 IV, 1071–1083 IV, 1316 f. IV, 1335–1338 IV, 1596–1715 IV, 2066 IV, 2093 f. IV, 2111–2117 IV, 2124 f. IV, 2125–2139 IV, 2359–2372 IV, 2373–2440 IV, 2505–2518 IV, 2688 IV, 2943–2966 IV, 3114–3118 IV, 3125–3130 IV, 3125–3171 V, 83 V, 212–303 V, 445–457 VII, 222–249 VII, 590 VII, 628–642 VII, 846–860 VII, 869 VII, 974 VIII, 53–56 VIII, 65 XII, 80 XII, 87 f. XII, 121–143 XII, 144–152

360 337 165 330 327 165 328 329 166 166 328–329 330 330 332 330 330 330, 334 330 331 336 336 329 166 331 330 337 354 327 333, 340 333 332 328 334 330 337 166 336 332 205 360 331 332

453

Koptische Quellen XII, 201–269 XII, 270–350 XII, 292 f. XIXa, 5 XIXa, 36 XXXVI, 178–188 XXXIX LXI, 31 f. LXI, 34 Plutarch Amatores, 19 (764 B) De Iside Kapitel 10 Kapitel 11 (355 C–D) Kapitel 55 (373C)

334–335 335 205 205 205 328 313 333, 350 166

Kapitel 63 Kapitel 63 (376 E–F) Kapitel 65 Kapitel 68 Kapitel 74 De Pyth. Or. 12 (400 a) Quaestiones convivales IV 5,2 IV, 5,2–3

240 242 29 29 164 350 179 243

333

Salmeschiniaka

357

164 350 202

Sokrates und Dionysios, Steinbuch

340

Koptische Quellen Koptische Quellen pKöln Inv. 20826, vs. 3

351

Ps.-Athanasius, Homilie auf die Jungfrau 42

Lateinische Quellen Lateinische Quellen Aetius, Tetrab. 1, 2, 36 Damigeron und Evax, Steinbuch Lactanz, Ep. Div. Inst., Kap. XXVIII

356

20, 98 24,8

356 57

340–342 42

Marcellus Empiricus

Plinius, Naturalis Historia XI, 97 f. XXXVII, 41 XXXVII, 124

Sonstiges Sonstiges Romanus-Büchlein

3

327

83 166 343 166, 340

Wörter Ägyptisch Ägyptisch #w.t-|b Pektoral 309 #X.w „Verklärter“ 39, 210 #ty(.t) „Erzieherin“ 77 |#w.t „Amt“ 292 |#X-Xpr-wr (wirkmächtige Formel) 205 f., 230 |or.t „Uräus“ 270–272, 284 |wo.t „Oberschenkel/Erbe“ 292 |wtn „Erdboden“ 156 |b(#) „Sistrum“ 275 |bb „geflügelter Käfer“ 158–159 |p.t (Nilpferdgöttin) 69 |mn (Ausdruck zur Spezifizierung von Türkis) 255 |mn.t „Verborgene (Bezeichnung einer Geierin)“ 270, 272, 275, 284 |nr n @b# (ein Material) 255 |ns „rotes Leinen“ 103, 210, 251, 303, 326 |r+ wSb.t „Perlenmacher“ 10 |[email protected] „Bogenbauer“ 10 |r+-çryn „Panzermacher“ 10 |rr (Variante zu rr.w?) 70 |rt|w „rotes Leinen“ 326 |X.t „Besitz“ 280 |X.wt n grg-pr „Dinge der Hausausstattung“ 18 |s.t „Kammer“ 152 |t| „Vater“ 184 |ty „Herrscher“ 184 |ôr „Verbandsstoff“ 211 yH „auf!“ 57 o# pH.t| „mit großer Kraft“ 30, 301 o# Hk# „mit großer Magie“ 30 ob#-@f#.w „Tresor“ 310 obb „geflügelter Käfer“ 158–159, 306 opr „Ausrüstung“ 18, 27

onX „leben“ 280, 291, 307 onX „Leben“ 3 onX „Käfer“ 159 onX-mrr „Skarabäusamulett“ 159, 306 onX-nçr „Leben des Gottes“ (Bezeichnung einer Schlange) 270, 272, 274–275, 278, 2284 oX.w (eine Hautkrankheit) 89, 136, 153 oxm „Raubvogel“ 297 oS „Pinienholz“ 282, 292 o@ „wohlbehalten sein“ 200 o@ „Uferrand“ 156 w#@ „rot“ (von Tinte) 155 wp+.t-rA „Mundöffnung“ 335 wnS-gwf „Hundsaffe“ 173 wr-Hwo (ein Priestertitel) 291 wr.t-Hk#.w „Zauberreiche (Bezeichnung einer Schlange oder Geierin)“ 270–272, 275, 278, 298 wr.t-Hk#.w „Zauberreicher“ (Bezeichnung des Schlangenstabs) 273 wHm onX „das Leben wiederholen“ 178 wHr (ein Material) 254 wsX „Schiff“ 156 w@# „wohlbehalten sein“ 200 w@#.w „Amulett“ 3, 27, 29, 30, 62, 87, 138, 257, 310, 311 w@#.t-#[email protected]|.t (wirkmächtige Formel) 205, 230 [email protected] „Muschel“ 63 b# n kkw „Seele des Finsternis-Urgottes“ 338 b#Q „Ölbaum“ 213 b(#)gs(w) „Dolch“ 275 b|# (ein Mineral) 194, 283, 302 boo (eine Kinderkrankheit) 85 bobo „Fayenceglasierer“ 10 bwy (ein Material) 27

455

Ägyptisch br@r (ein Material) 255 bht (ein Material) 255 bs# „beschützen“ 233 bk#.t n.t sw.t (ein Pflanzenteil) 88, 92 p# nr o# „der große Geier“ 351 p# nSr „der Falke“ 351 p# nçr o# „der große Gott“ 352 p# Ro „der Sonnengott“ 351 p# s# onX „der Schutz des Lebens“ 34 p#Q.t „feines Leinen“ 13, 124 pft| „Jene“ 39 pr-o# „Königspalast“ 61 pr-H@ „Schatzkammer“ 310 pH.w| k#.t „Ende der Arbeit (Buchtitel)“ 115 pX#y „Bordplanke“ 156 ptr „was?“ 211 ptX „ausbreiten“ 313 fn@=f-onX (Kultform des Skarabäus) 165, 166, 260 m#y-Hs# „grimmiger Löwe“ 352, 358 n m#o.t „echt“ 32 m#gsw „Dolch“ 275 m#t.t n.t sw.t „Binsenstengel (?)“ 84, 93, 97 m| „wer?“ 211 my „Katze“ 211 monX.t „Gegengewicht“ 264, 276, 288, 307 mwH (ein Material) 255 mwt „Toter“ 39 mwt.t „Tote“ 39 mn (Platzhalter für Namen) 212, 252 mno.t „Amme“ 77–78 mnHy.t „Schlächterin (?)“ (Bezeichnung einer Schlange) 272 mnX „(auf Faden) aufziehen“ 29 mnQby.t „Bulla“ 272 mnQby.t (mutmaßlich verderbte Bezeichnung des Schlangenkopfamuletts) 272 m(n)Qr(y).t „Schlangenkopfamulett“ 270, 275, 280, 282, 284, 288, 311 mnkr.t „Tierschwanz“ 270 mH „Dolerit (?)“ 253, 255 mxrr „Skarabäus“ 159 ms+-o#.t „Edelsteinbearbeiter“ 10 mQr „Stab“ 270 mk+.t „Schutz“ 319 mk+.t-Ho.w „Schutz der Glieder, Amulett“ 3 mkr.t „ein Holzteil der Barke“ 270 mgr.ß „Höhle“ 270

mtpn.t „Dolch“ 275 môn „einschreiben“ 141 [email protected] „Zimmermann“ 10 n-mH=f „Dolerit (?))“ 187, 282 nws „Schweißtuch“ 269 nb.t pr „Hausfrau“ 68 nby.| „Goldschmied“ 10 nbs „Christusdorn-Holz“ 281 nfr.t (eine Pflanze) 87 nm| „Zwerg“ 228 nms „abwischen“ 269 nms „Schweißtuch“ 278 nr|.t „Geierin“ 270, 275, 279, 284 nh.t „Beschirmung“ 3, 87 nH#-Hr „der mit grimmigem Gesicht“ 282 nX#.w „Fischanhänger“ 65, 222 ns| (eine Gefahrenkategorie) 39, 111, 139 nSw (eine Krankheit) 57 nSn (Ausdruck zur Spezifizierung von Türkis) 255 nSô.| „Juwelier“ 10 nçr (ein Stoff) 303 nçr.w „Götter“ 67 n@-rA (Schmuckstück) 308 rmn.ß (eine Krankheit) 40, 99, 110, 113, 117, 143 rr.w (Nilpferdgottheit) 69 rr.t (Bezeichnung der Nilpferdgöttin) 69 rXt.|w „Wäscher“ 124 rs.t-Hw.wt=s „die ihre Häuser bewacht“ 236 rs.t-x.wt=s „die ihre Leiber bewacht“ 236 hh „Glut“ 39 hôr.t „Armband“ 275, 308 H# „hinter“ 3 Hmw.w „Handwerker“ 10 Hmw.w oH# „Pfeilmacher“ 10 Hmw.w mrkb.ß „Streitwagenbauer“ 10 Hmw.t-rA „Kunst des Mundes“ (Leerformel) 39 Hm.t|| „Kupferschmied“ 10 Hr+ „sich fernhalten“ 232 Hr|-s.t-|b (Schmuckstück) 308 Hr| ç#s w@#.w „Oberamulettformer“ 11 Hs# „Pflanzenschleim“ 92 Hsb „Frittenpigment“ 155, 186 Hsm (Bezeichnung der Löwengöttin) 72 H@ „weiß“ (von Tinte) 155

456 X#o „legen, werfen“ 313 X(#)ß(i).w „Metzeldämonen“ 38, 100 Xpy „Käfer“ 306 Xpr „werden, entstehen“ 158 Xprr „Skarabäus“ 159 Xft| „Feind“ 39, 360 Xft.t „Feindin“ 39 Xnw „Fischfinne“ 91 Xnmt „Jaspis (?)“ 254, 255 Xnm.tt „Kindeswärterin“ 77–78 Xrp (ein Priestertitel) 264 Xt-ôs „Keuschbaum (?)“ 81, 87 xbr=k (< Xpr.w=k) „deine Gestalt“ 351 xpo.t „faßartige Perle“ 61, 88 xnk (ein Kleidungsstück) 296 xr.|-ôm.t „Verwundeter“ 315 xrô w#@ „gedeihendes Kind“ 351 xrô wo.t| „einzigartiges Kind“ 351 **xsk „Bänder“ 296 xkr „Schmuck“ 28, 256 s.t msXn.t „Stätte des Geburtsziegels“ 29 s# „Schutz, Amulett“ 3, 28, 30, 34, 68, 84, 87, 144, 177, 251, 310 *s# m#y.t p.t „Sohn der Löwin des Himmels“ 352 s# n ms+ „Schutzamulett für die Geburt“ 12, 27 s#-Nb.t-Hw.t „Schutzamulett der Nephthys“ 30 s(|)#.t (ein Vogel) 275, 281, 285 sonX „Bildhauer“ 10 swr|.t/swt|.t/sw|.t „längliche Perle“ 57–58, 151, 274, 282 sb# n mw „Seestern“ 88 sb+ „wer?“ 211 sps(p) „zausen“ 88, 323 sr.t „Schaf“ 204 srp.t-m#|-sr.t (wirkmächtige Formel) 204– 205, 230 srf.t (eine Krankheit) 40, 99, 110, 113, 117– 118, 122, 124 srQ-Hty.t (Amulett in Schlangenform) 278, 284 shr.t „Bernstein, Kopal (?)“ 187, 255, 282 sxo „brünstig machen“ 243 ssm| (eine Krankheit) 82 sSp.t (ein Objekt; Polster der Krone oder gekreuzte Geraden?) 276, 280, 285, 288, 291, 307

Wörter sSm.t „die Leitende“ (Bezeichnung einer Schlange) 278 sSm.t-rmç.w „die die Menschen leitet“ (Bezeichnung einer Schlange) 270, 274–275 sSS.t „Sistrum“ 275, 281 sSt „rotes Leinen“ 326 stp „Binde“ 124 stp-s# „Schutzbereitung“ 256 S#ms (eine Pflanze) 82 Sps.t „die Vornehme“ 69 Ss (unsicher) 193 Ssp „Talisman (?)“ 3 Ssm „sich entzünden“ 183 SôH „Likör (?)“ 206 Qo (ein Material) 255 Qrs.t „Wicklung“ 257 Qs-onX „Hämatit“ (?) 255 Qs.t| „Schnitzer“ 10 Qô „Erbauer“ 150 Qôm „Feingold“ 304 k#p „Verbandszeug (?)“ 211 k#p.t „Räuchergefäß“ 275 k#f „Flint“ 266 g#.t „Pektoral“ 115 g#y „Zyperus-Gras (?)“ 91 gswr „Ring“ 334–335 t#-wr.t „die Große“ 69 twr „Röhricht“ 93 tm#.t [email protected] „die den Bogen zusammenspannt“ (Bezeichnung einer Geierin) 270, 272, 275, 284 tmm.t (ein Handbuch zur Balsamierung) 254 tXy „verankern, befestigen“ 94 ç#+ bS# „Graveur“ 10 çb.w-nsw „Königlicher Sandalenmacher“ 10 ôp.t (ein Stoff) 303 ôp.t n.t n@ „feiner Faden“ 86, 88, 93 ôp-Hr-m#s.t „Trauer“ 152 ôr (ein Stoff) 303 ôbH.t „Gerät“ 256 ô[email protected] „Vereinigerin“ (Bezeichnung einer Geierin) 270, 272, 275, 285 ôs „Flint“ 255

457

Koptisch @.t „Schlange“ 270, 275, 279 @#+ wnw.wt „der die Stunden durchquert“ 78 @#y „Widersacher“ 39 @#y.t „Widersacherin“ 39

@#@# < @r@r „fremd, feindselig“ 39 @bo n @r.t „Finger“ 276 @bo (n) rô „Zeh“ 276 @r.t „Hand“ 79

Koptisch Koptisch esoou „Schaf“ 205 mou4rhr „Skarabäus“ 159

vraši „die Freude“ 345 sro „Gans“ 205

Griechisch Griechisch Αθωρι 359 ἄμυλον 1 Αρμιως 352 αρωριφρασις 345 Αχα Αχαχα χαχ χαρχαρα 334 βαινχωωωχ 338, 354

σιμιεφε 352 τατ 335 τέλεσμα 1 ουερεβηη 107 Ουσιρμιως 352 Ουφωρ 335

ερβεθ 330 κρατουαθ 351 λαιλαμ 354 μιως(ι) 352 μιυσις 358

φρη/φρην/φρηθ 351, 352 φρῆν „Verstand“ 351 χαβραχ φνεσχηρ φικρο φνυρω φωχω βωχ 351 χαϊωχεν ουτιβιλμενουωθ ατραυϊχ 336 χάρις 350, 354

σερφουθ μουι σρω 355

Lateinisch Lateinisch amoliri 1 amuletum 1

amulum 1

Arabisch Arabisch hamâlet 1

ṭilasm 1

Namen Gottheiten und Dämonen Gottheiten und Dämonen Abrasax 76, 329, 333, 334, 361–362 Achtheit 124, 129, 156 Achu 122, 139, 143–144 Adonai 335 Aha 68–69, 170, 227 Ahet-Kuh 204–206, 276, 281 Akephalos 355 Aker 125 Allherr 302 Amaunet 129 Amsti 107 Amun 34, 112, 123, 126, 156, 166, 176, 204, 207, 209, 239, 256, 268, 312, 323, 341 Amun-Re 31, 34, 109, 112, 134, 195, 300 Anat 90 Anguipes 75–76, 351, 359, 361–362 Anthropomorphe Götter 53–54, 123, 124, 128, 143, 177, 225, 324 Anubis 103–104, 119, 120, 125, 138, 215– 216, 221, 250, 253, 256, 258, 285, 312, 318, 346, 348, 349, 357, 359 Aphrodite Anadyomene 343, 359 Apis 89, 277, 286, 347 Apollo 338 Apopis 37, 55, 76, 132, 137, 304 Asklepios 334 Athena 164, 356 Atum 61, 103, 105, 107, 108, 112, 117, 118, 120, 125, 127, 128, 138, 140, 142, 144, 153, 159, 165, 179, 186, 193, 194, 202, 20205, 215, 306, 358 Bastet 100, 129–130, 192, 208, 236, 239, 249, 310, 312 Bat 48, 169, 220, 278 Be 106 Benu 125 Bes 36, 38, 68–69, 72, 111–114, 132, 151, 170, 197, 207, 217, 218, 219–223, 227,

233–235, 244–245, 332, 338, 353–354, 357 Beset 233, 235 Bogenschießender Gott 131 Chepri 106, 108, 120, 121, 127, 138, 141, 142, 144, 155, 159–160, 185, 294 Cherti 298 Chnubis/Chnumis 340, 343, 344, 355–356, 359–361 Chnum 31, 89, 100, 108, 137, 248, 259, 298, 306, 357, 358 Christus 167 Chronokratoren 71, 100, 108, 298–300 Chons 34, 131, 134, 165, 241, 349 Dämonen generell 36, 38–39, 81, 89, 93, 100, 111, 126, 130, 135, 139, 169, 171, 282, 309, 328 Der, für den der Himmel bebt 144 Der, für den die Erde bebt 144 Der unter seinem Ölbaum 100, 108 Djed-Pfeiler, edler 200 Dua-Wer 45 Duamutef 107 Dun-Awi 74, 75 El Shadday 147 Erzengel 359 Falkenköpfiger Gott 358 Froschköpfige Göttin 358 Geb 103, 108, 117, 120, 142, 143, 144, 153, 187, 201, 232, 264, 292, 300, 304, 312, 331 Gefährliche Göttin 25, 82, 169, 172, 197, 226, 235, 237, 264

Gottheiten und Dämonen Ha 107, 312 Hapi 107, 183, 317 Harpokrates 226, 234, 328, 333, 341, 342, 349–350 Hat-Mehit 230, 260 Hathor 30, 48, 66, 85, 102, 103, 107, 146, 169, 179, 217, 220, 231, 239, 254, 281, 288, 298, 345, 358, 359 Hedjhetpe 37 Heh 54, 112, 152, 171, 259, 293, 294, 297, 306, 310 Heka 78 Helioros 352, 358 Helios 346, 352 Henbet-Schlange 312 Hephaistos 164, 227 Hepui 103 Heqet 74–75, 260 Hermes 163, 332, 336, 348 Hermanubis 348 Herrin des Ascheru-Sees 100, 108 Hesat 75 Hor Hekenu 105, 153 Horus 28, 29, 30, 54, 62, 75, 81, 88, 89, 90, 91, 96, 100, 101, 103, 105, 106, 117, 121, 123, 125, 127, 130–131, 133, 136, 138, 139, 140, 141, 142, 145, 148, 149, 151, 153, 154, 197, 201, 202, 209, 215–216, 217, 223, 247, 248, 250, 254, 255, 257, 258, 261, 285, 286, 291, 292, 296, 300, 301, 303, 304, 310, 317, 318, 320–321, 328, 333, 336, 352, 358, 359 Horus Chentechtai 127 Horus, Herr der Herzensfreude 300 Horus Imi-Schenut 101–102, 132, 149, 241 Horusauge 100, 108, 195, 196, 278–280 Horuskinder 93, 107, 249, 250, 251, 253, 258 Hu 136, 138, 142, 143, 144–145 Ia(h)o 334, 335 Iakes 107 Ihi 281 Imhotep 27, 334 Ini-em-Awa 107 Iru 144–145 Isdes 106, 144 Isis 29, 30, 58, 61, 87, 88, 89, 91–92, 94, 96, 101, 103, 105, 106–108, 111, 117, 120, 121, 123, 125, 130–132, 134, 136–138, 140–142, 145, 148, 149, 152–154, 162,

459

185, 189, 197–200, 201, 213, 215, 216, 229, 236, 240, 248, 250, 251, 254, 255, 257, 262, 274, 279, 282, 285, 300, 307, 317, 318, 320–321, 328, 332, 333, 336, 337, 340, 341, 343, 345, 347, 348, 354, 357 Kebehsenuef 107 Kindgott 324 Kmeph 328, 357, 360 Kothar 232 Krokodilköpfiger Gott 218 Kronos 331, 341 Leto 341–342 Löwengöttin 72 Löwenköpfiger Gott 125, 330, 352 Löwenköpfige Göttin 217, 229, 236, 255 Ma’at 103, 106, 113, 121, 136, 155, 259, 322 Mehit 103, 312 Menkeret 270 Menqet 37 Min 112, 127, 130, 149, 300, 310, 318, 358 Miysis 239, 352, 353 Month 72, 308–309, 312 Mut 217, 223, 236, 239, 268 Nebet-Hetepet 146 Nechbet 74, 81 Neferhotep 134, 165, 349 Nefertem 108, 226, 247, 300, 349–350 Nehebkau 100, 237, 357 Nehemetawai 239 Nehi 108 Neith 29, 49, 51, 94, 102, 127, 129, 137, 143, 156, 158–159, 164, 206, 214, 231, 236, 255, 259, 277, 292, 312, 338 Nemesis 327 Nephthys 30, 87, 89, 91–92, 94, 101, 103, 106, 107, 108, 117, 120, 121, 122, 123, 125, 130, 131–132, 136, 137, 138, 140, 141, 142, 143, 144, 149, 152, 153, 154, 189, 229, 236, 248, 250, 251, 254, 255, 257, 318, 320, 347, 357 Neungestaltiger 338, 354 Neunheit 103–104, 106, 117, 118, 120, 125, 138, 140, 142, 144, 187, 308, 335 Neunköpfiger 111–114, 132, 338, 354 Nilpferdgöttin 36, 53, 69, 71–72, 119, 123, 127, 128, 132, 171, 218, 221, 223, 234, 243, 247, 249, 259, 279, 296

460 Nun 119, 120, 137, 143, 302 Nut 103, 108, 120, 129, 137, 141, 143, 144, 164–165, 187, 240, 319 Onuris 104, 105, 115, 148, 153, 312 Ortineus 354 Osorapis 94 Osiris 30, 33, 38, 59, 61, 71, 72, 75, 77, 90, 91, 95, 101, 103, 105, 106, 108, 110, 114, 115, 117, 120, 122, 127, 132, 133, 136– 139, 141, 142, 144, 152, 158, 159, 165, 185, 186, 197–200, 202, 212, 216, 232, 235, 240, 242, 252–259, 261, 262, 266, 282, 285, 300, 311, 312, 313, 317, 320, 321, 323, 328, 330, 332, 333, 336–337, 346–348, 352, 359 Osiris-Chepri 127 Osiris Hemag 248 Pachet 208, 236 Pataikos 218, 223, 227–233, 244, 247, 257, 353 Pecher-Her 76 Ptah 58, 106, 111, 127, 130, 136, 137, 149, 164, 200, 215, 216, 226–228, 250, 254, 283, 291, 323 Ptah-Sokar-Osiris 227 Rat-Taui 309 Re 25, 30, 55, 62, 71, 75, 82, 86, 89, 90, 92, 100, 102, 103, 105, 106, 108, 114, 120, 121, 125, 129, 140, 141, 142, 143, 144, 153, 154, 162, 184, 186, 195, 203, 204, 215, 217, 248, 258, 288, 293, 294, 300, 303, 308, 312, 317, 318, 319, 330 Re-Harachte 120, 131, 138, 243, 298, 304 Reinigungsgötter 75 Renui 89 Reschep 312 Rindergott 72 Sabaoth 334, 335 Sachmet 72, 82, 100, 106, 108, 114, 137, 138, 149, 192, 208, 217, 236, 303, 312 Sarapis 242, 333–334, 348–349 Sandas 341 Schakalköpfiger Gott 131 Sched 147, 217 Schentit 100, 108 Schepsi 120 Schesemtet 100, 108

Namen Schesmu 37, 294 Schicksalsgott 327 Schlangenbeiniger siehe Anguipes Schlangenköpfiger Gott 358 Schu 59, 60, 89, 95, 104, 108, 115, 118, 128, 138, 144, 153, 179, 185, 187, 193, 194, 200, 229, 247, 248, 251, 255, 258, 304, 306, 312 Sedegy 208 Sedjem 144–145 Sehaqeq 40, 118, 120–121, 135, 139 Selene 334, 337 Selket 94, 103, 111, 127, 136, 215, 235, 255, 259, 278 Senen 127 Seschemtet 312 Seth 71, 75, 89, 90, 91, 101, 103, 106, 108, 115, 117, 118, 119, 120, 121, 123, 125, 127, 129, 136, 138, 139, 141, 142, 144, 154, 187, 195, 202, 221, 330, 342, 349, 358, 359 Sia 136, 138, 142, 143, 144–145,215 Siebenköpfiger 111–113 Sobek 100, 108, 259, 331, 341 Sokar 256, 276 Sonnenauge 75, 100, 108 Sonnengott 68, 86, 124, 138, 163, 173, 179, 208, 222, 232, 234, 274, 300, 330, 332, 341, 353 Sonnen-Horus 334 Sonnenkind 129, 132, 333, 349, 359 Sopdu 89, 312 Sothis 107, 340 Tait 37, 86, 89 Tatenen 29, 164, 300 Te 144 Tefnut 37, 60, 95, 104, 108, 118, 138, 143, 144, 179, 187, 194, 200, 229, 264, 308, 312 Tenenet 309 Thoeris 36, 38, 96, 217, 358 Thot 75, 89, 105, 106, 108, 110, 120, 123, 125, 127, 128, 129, 130, 131, 136, 140, 141, 142, 143, 153, 154, 162, 164, 179, 185, 193, 194, 195, 202, 213, 215–217, 219, 226, 248, 250, 251, 254, 255, 279, 285, 286, 297, 298, 299, 319, 322, 332, 333, 336, 341, 348, 352, 361 Totengeister 83, 86, 106–107, 110, 118, 126, 137, 138, 146, 149, 302, 304

Könige und Königsfamilie Udjat-Auge 195 Unbekannte Götter 144 Unnennbarer Gott 212 Upuaut 102, 137, 138, 144 Uräusgöttin 118, 130, 136, 300, 303

461

Wadjit 62, 82, 103, 108, 127, 193, 236, 249, 312 Wahrnehmungsgötter 145 Wennefer 165, 197, 242, 282 Zeus 331, 341

Venus 341 Vierköpfiger 155

Könige und Königsfamilie Könige und Königsfamilie Ahhotep 221 Ahmes Nofretari 110 Amasis 28 Amenemhet 146 Amenemhet II. 189 Amenemhet III. 63 Amenhotep I. 110, 146 Amenhotep II. 203 Amenhotep III. 16, 48, 101, 157, 189, 221 Anchnesneferibre 28 Chaemwese 209, 223 Cheops 174 Dareios I. 28 Echnaton 37, 148 Giluchepa 157 Hardjedef 144, 188 Mentuhotep II. 60, 172 Merenptah 274 Merenre 20 Mykerinos 52 Neith 159, 269, 277, 278, 284 Nektanebos II. 28, 29 Nitokris 28

Pepi I. 20 Pepi II. 20, 270 Psammetich 303 Psammetich I. 240 Psuseenes I. 58, 271, 274 Ptolemaios VI. 163 Ptolemaios VIII. 163 Ramses II. 99, 209, 210, 277, 307 Ramses III. 294 Ramses VI. 76 Sechem-Re-Sched-Tawi Sobekemsaf 27 Semenechkare 148, 191 Sesostris I. 63 Sesostris III. 63.176 Sethnacht 150 Setne 28, 183 Sethos I. 67, 155 Siamun 175 Sobekemsaf I. 189 Taharka 314 Teti 20 Teye 16, 157, 191 Tiaa 191, 198. Thutmosis III. 64, 174, 221, 223, 240 Thutmosis IV. 101, 191 Tutanchamun 16, 17, 27, 38, 190, 196, 218, 235, 269, 283–286, 316

Osorkon 134 Unas 20, 159, 174

462

Namen

Personennamen Personennamen Abraham 335 Ahmose 109 Amenhotep, Sohn des Hapu 48, 209 Anch-Hapi 300 Anch-Hor 250, 261 Anchrui 230 Anhurmose 308 Bebi 67, 77 Butehamun 24, 121 Cha 183 Chaysheb 13 Chentika 51 Cheriuf 222 Djeddjehutiiufanch 210 Djedher 249 Djehutihotep 77 Djehutimes 24 Djehutinacht 79 Gatseschni 184 Gemenefhorbak 289 Harchebi 249, 288 Hardjedef 144 Haremhab 249 Harmachis 126 Herit-Webechet 224 Hor-Udja 249, 258–260, 288 Iahmes 249 Idini 194 Ima-Pepi/Ima-Merire 51 Imhotep 144, 150 Inaros 28 Isaak 335 Isisreschti 109 Iufaa 71, 248, 258, 259, 261, 265 Iurudef 225

Meri-Mer 191 Merit 249 Meru 270 Medu-Nefer 51 Men-Cheper-Re 272, 284 Menechibnecho 71, 248, 262 Monthwenemef 123 Moses 337, 358 Mutemheb 118 Nebseni 70 Neschons 123 Nespasef 201, 203 Nu 184–186 Onuris-Cha 284 Ostanes 331 Payestjenfi 186 Psammetich 249 Ptahmose 184, 187 Pianch 24 Qenherchepschef 13, 120 Rechmire 67, 78 Roma-Roy 177 Sarenput II. 47 Sasobek 34 Schaq 134 Scheschonq 287 Sennefer 272, 284 Seramun 225 Sutimes 203 Ta-i:di-Amun 119 Tjainahebu 201, 287 Tjaroy 24 Tuya 38, 198, 233

Jakob 335

Wahibremen 248, 287 Wernefer 271

Maja 249

Yuya 38, 184, 198, 233

Ortsnamen

463

Ortsnamen Ortsnamen 4. oberägyptischer Gau 309 7. oberägyptischer Gau 48 10. oberägyptischer Gau 309 16. oberägyptischer Gau 104 18. unterägyptischer Gau 310 Abu Ghalib 167 Abusir 289 Abydos 11, 53, 165, 167, 189, 229, 249, 252, 256, 265, 306, 313 Achmim 23, 148, 274 Aigyptos 232 Alexandria 341 Al-Mina 230 Almazah 294 Amarna 10, 38, 96, 147–148, 217, 220, 223, 228 Antinoe 31 Aquileia 343 Arabien 244 Argin 67 Asasif 250 Ascheru-See 100, 108 Athribis (Delta) 249 Badari 46, 225 Balat 50–52, 167 Balkan 343 Bechten 34 Behedet 312 Beni Hassan 65 Bersche 77, 80 Binsengefilde 117, 208 Britannien 343 Bubastis 29 Buhen 65 Busiris 100 Buto 28, 82, 193, 342 Byblos 244, 354 Charga 156, 313 Chemmis 215, 296 Dachla 14, 50–52 Dafana 233, 242, 248, 257, 261 Deir el-Bahri 146 –, Zweite Cachette 224 Deir el-Medineh 147 Dendera 65, 118, 130, 225, 252, 259, 280

Deshashe 52–53, 60 Djeme 314 Dra’ Abu el-Naga 69 Edfu 29, 38, 76, 100, 130, 158, 164, 393 El-Amra 227 El-Kurru 135 Elephantine 31, 47, 129, 314 Elkab 67, 74, 77, 80, 81, 236 Esna 229, 338 Etrurien 244, 337 Flammeninsel 100 Florenz 75 Gaza 67 Gebel Faradi 44 Giza 247, 249 Giza, Totentempel des Mykerinos 52 Griechenland 57, 244, 342 Gurob 223–224, 240 Harageh 53, 64, 65 Hardai 318 Hau-Nebut 312 Hawara 230, 252, 258–260, 288 Hebenu 318 Heliopolis 81, 112, 120, 129, 143, 145, 159, 165, 173, 179, 193, 200, 205, 215, 232, 248, 315 Herculaneum 343 Hermopolis 68 Heuschreckenfeld 215 Ibiza 241, 244 Illahun 225, 240 Indien 255 Kafr Ammar 83, 96, 240 Karnak 300, 314 Karthago 41, 226, 244–245 Kawa 225 Kellis 14 Kerma 67 Kition 229 Kom el-Hisn 65 Koptos 134, 202 Korinth 343 Kuban 67

464 Lachisch 228 Letopolis 352 Levante 41, 147, 244, 342, 349 Lischt 167 Luni 342 Mabait 100 Mahasna 53 Malta 41, 132, 135, 244 Mashayich 308 Matmar 50, 65, 218, 225, 226, 238, 240 Medinet el-Ghurob 218 Medinet Habu 225 Megiddo 67, 75 Mehenet 156 Meir 65 Memphis 10, 206, 225, 226, 229, 232, 237, 245, 302, 334 Mendes 286–287 Meroe 240 Messersee 124 Mesopotamien 244 Minet 100 Mittelägypten 69, 168 Mostagedda 45, 50, 233 Nago ad-Dair 18, 49–50 Napata 207 Naukratis 11, 30 Nebeshe 248, 252, 264 Nebui 193 Nedit 95 Nubien 24, 25, 41, 167, 207, 244 Opet 100, 108 Ostdelta 165 Palästina 41, 67, 169, 228, 245 Pella 343 Persien 244 Pharbaitos 38 Phönizien 41 Punt 100, 298

Namen Ramesseum 69, 96 Ramses-Stadt 10, 217, 22 Reqaqna 314 Resenet 156 Rom 342 Rotes Meer 63 Saft el-Henna 225 Sais 156, 265 Sanam 240 Saqqara 28, 218, 248, 249, 287, 288, 290 –, Anubieion 237, 241, 246 Saqqara, bei Djoserpyramide 53 Saqqara, Teti-Friedhof 53, 64, 219 Sarepta 244 Sardinien 41, 229, 244 Schedenu 312 Schenet 100 Schesmu 193 Schweiz 343 Semna 229 Sidon 245 Sile 165 Spanien 41, 244, 343 Sümpfe 321 Syrien 255 Tanis 147, 225, 226, 269, 286, 316 Tarkhan 158 Tebtynis 266, 302, 341, 350 Tehne 313 Tell Çatal Höyük 242 Tell el-Aǧǧūl 223 Tell el-Dab’a 168 Tell el-Yehudiye 225, 246 Tell er-Retabe 225 Tenenet 95 Theben 34, 65, 67, 134, 165, 166, 206, 250 Thinis 104, 115 Ugarit 67, 232 Vorderasien 174

Qantir 38, 220, 235 Qau 26, 50, 225 Qus 310

Wadi Hamamat 255 Zentralasien 41

Lebewesen und Objekte Menschen und ihre Rollen Menschen und ihre Rollen Adorant 127 Akrobatin 173 Amme 86 Arme 7 Asiat 238 Baby 57 Bedienstete 37 Bote 207 Dieb 327

181, 207, 209, 215, 221, 237, 263, 271, 291–305 Königskind 35, 218, 220, 238 Königsmutter 68 Königsstatuen 9 Königstochter 68 Kupferschmied 10 Leisure-Class 16 Männer 26–27, 48 Museumsarchäologe 5

Edelsteinbearbeiter 10 Nubier 238 Fötus 89, 228, 234 Frau 13, 15, 25–27, 47, 51, 57, 113, 135, 165, 168, 219, 220, 226, 235 Frauenfiguren 44, 63 Gebärende 25 Gefangene 238 Gelockter Priester 315 Goldschmied 10 Gottesgemahlin 28, 314 Handwerker 9–12, 52, 345 Hofmitglieder 7 Holzhandwerker 10 Juwelier 10 Kahler Priester 115 Kinder 25–27, 42, 57, 68, 79, 83, 86, 96, 113, 114, 134, 165, 168, 173, 219, 220, 226, 231, 237 Kleriker 7 Knabe (als Medium) 327 König 7, 20–21, 27–28, 30, 47, 95, 112, 119, 127, 129, 144, 145, 172, 174–175,

Palastleiter 48 Panzermacher 10 Personen, metaphorisch als Amulette 3 Priester 21, 29, 37 Prophet 335 Pygmäe 227 Riese 156, 214, 232–232 Ritualexperte 20 Rivale 347 Ruderin 65–66 Schreiber 13, 16, 24, 25, 116–117 Schwangere Frau 26–27, 29–30, 63, 70, 83, 93, 129–130, 200, 328, 340 Skorpionsbeschwörer 106 Tänzerin 173 Türhüter 61 Umrißzeichner 13 Universitätsprofessor 7, 41 Unterschicht 6

466

Lebewesen und Objekte Würdenträger 16, 37

Verklärter 60, 106 Vorlesepriester 293, 298, 304 Vorzeitig Verstorbener 329

Zimmermann 10 Zwerg 33, 54, 111, 120, 156, 208, 213, 214, 218, 222, 226–235, 353

Waisenkind 336 Witwe 336

Menschliche Körperteile Menschliche Körperteile Arm 44, 50, 107, 135, 194, 197, 209, 237, 273, 302, 329 Auge 44, 58, 155, 236, 271, 322 Augenbraue 138 Bart 46 Bauch 57, 153–154, 189, 304 Becken 51 Bein 50, 61, 89, 206, 208, 237, 252, 302, 323 Blut 33, 57, 88, 89, 101, 144, 189, 190, 197– 199, 318, 320, 328 Brüste (weibliche) 43, 69, 70, 261 Brust 44, 51, 146, 185, 208, 252, 264, 279, 288, 308, 337, 356

Hüfte 57, 96 Kehle siehe Hals Kinn 91 Kinnbart 45, 275, 289 Knochen 206, 208, 314 Körperteile allgemein 8, 33, 51, 54, 61, 155, 209 Kopf 91, 93, 102, 183, 208, 258, 279, 283, 323, 339 Leiste 97 Luftröhre 262 Lunge 262

Ellenbogen 322

Magen 332, 340, 356, 361 Milz 88, 100 Mund 141

Finger 107, 249, 261, 276, 295, 317 Fleisch 206, 208 Fuß 51, 339

Nabelschnur 67

Gebärmutter 156, 240 Geschlechtsteil, männliches 240 Geschlechtsteil, weibliches 63, 89 Haar 16, 85–86, 88, 314 Hals 13, 19, 29–31, 35, 50, 51, 53, 57, 59, 60, 85, 86, 91, 92, 93, 95, 96, 99, 100, 102, 103, 106, 115, 124, 128, 129, 135, 139, 143, 144, 155, 184, 188, 194, 196, 203, 204, 209, 213, 252, 276, 280, 281, 292, 303, 356–357 Halswirbel 193 Hand 50, 54, 61, 85, 86–87, 93, 152, 155, 173, 202, 218, 221, 294, 311, 322, 331, 332 Herz 13, 54, 60, 132, 154, 188, 208, 250, 283, 308 Hinterteil 57, 88, 93, 96, 101, 135, 207 Hoden 202, 276

Oberschenkel 51, 57, 293 Ohr 92, 112, 144, 154, 183 Penis 199 Phallus 208, 250, 261, 276, 287, 288, 354 Pupille 58, 153, 206, 300 Rippen 297 Rippenfell 357 Rücken 197–199, 320 Schädel 166, 331 Scheitel 231 Schläfe 60 Schminkstrich 255 Schneckenlocken 217 Schulter 299, 311 Skelett 331 Steiß 332

Tiere und Tierteile Uterus 357

467

Zeh 90, 276, 317 Zunge 322

Wirbel 320

Tiere und Tierteile Tiere und Tierteile Abdju-Fisch 102, 140–141 Affe 124, 156, 161, 169, 173, 177, 179, 196, 235, 239, 247, 248,253–254, 261, 350, 354 Agrypnus notodonta 44 Anthropo-Sphinx 74 Antilope 103–104, 123, 148, 173 Biene 52, 125, 131, 173, 292 Blut 102, 107, 110, 325, 327 Bock siehe Ziege Bubalus-Kalb 153 Capriden 83, 177, 243 Copris hispanus 164 Delphin 260 Doppellöwe 52, 60, 261, 276, 294 Doppelsphinx 73 Doppelstier 73, 171, 261, 276 Eber 330 Eidechse 83, 169, 171, 327 Elefant 66 Elefantenkopf 43 Elfenbein 50, 66, 77, 79, 147, 349 Ente 177 Erdferkel 129 Esel 23, 88, 106, 143, 330, 332, 358 Eule 255 Fabeltiere 68, 73–74 Falke 45, 53, 63, 65, 109, 112, 114, 121, 123, 127, 128, 132, 137, 139, 140, 144, 148, 149, 172, 186, 207–210, 214, 221, 229, 232, 241, 243, 248, 250, 251, 253, 260, 263, 276, 285, 293, 296, 298, 304, 319, 323, 324, 327, 328, 332, 341–342, 345, 347, 351, 354, 358 Federn 263 Fett 298 Ferkel 212, 224, 241 Fiederbartwels 65, 220

Fisch 46, 114, 127, 155, 157, 177, 179, 219, 221, 222, 230, 248, 261 Fliege 45, 46, 65, 177, 219, 221–223, 243 Fledermaus 107 Flügel 60, 71, 73, 109, 112, 114, 122, 127, 158, 165, 190, 206–208, 228–229, 233, 235, 239, 243, 304, 323, 323, 354, 360 Frosch 52, 177–178, 219, 248, 249, 260, 358 Fuchskopf 77–78, 219 Gans 235 Gazelle 69, 124, 147, 151, 177, 179 Geflügel 186, 187 Geier 46, 59, 74, 132, 197, 201, 207, 210, 221, 224, 236, 239, 270–290, 292, 293, 304, 319, 323, 324 Geierfedern 81 Greif 73–74, 171, 331 Hahn 362 Haifisch 83 Hase 69, 169, 173, 219, 242–243, 247, 248 Heilige Tiere 102, 130, 210 Heliocopris gigas 164 Heliocopris isidis 160 Heteronychus licas 160 Hirschleder 326 Hund 46, 53, 127, 250, 332 Hundskopf 340, 359 Hundskopfaffe siehe Pavian Hyäne 83, 96 Ibis 108, 127, 132, 153, 163, 248, 250, 292, 332, 333, 337, 352, 360–361 Igel 177, 179, 246 Ichneumon 141 Käfer 49, 51, 109, 141, 155, 165, 209, 221, 249, 250, 254, 255, 260, 287, 309, 322, 355 Kalb 302 Katze 48, 73, 112, 127, 132, 137, 143, 144, 154, 161, 163, 177, 179, 196, 211, 214,

468

Lebewesen und Objekte

224, 230, 235–237, 239, 242, 247, 248, 250, 276, 293, 296, 330, 332 Katzenschweif 330 Kaurischnecke 63, 64, 96 Kiebitz 110 Knochen 50, 53, 59, 82 Kobra 220, 296 Krähe 65 Krallen 64 Kranich 293 Kröte 74, 260 Krokodil 45, 63, 70, 77, 83, 86, 94, 103, 108–109, 111, 112, 113, 117– 119, 121, 122, 124, 129–132, 138, 148, 151, 153, 156, 171, 177, 212, 213, 218, 229, 241, 292, 313, 314, 319, 323, 331, 332, 338, 351, 353, 355, 360 Kuh 75, 128, 169, 204–206, 235, 289 Kuhhörner 243 Lanelater notodonta 44 Leder 139, 147 Löwe 46, 48, 52, 53, 60, 63, 64, 70, 73, 109, 112– 114, 147, 151, 153, 156, 157, 169, 173, 177, 179, 197, 204, 208, 209, 215, 222, 243, 248, 250, 253–254, 294, 296, 326, 331, 332, 346, 353, 359 Löwenkopf 313, 362 Löwenvorderteil 54, 55, 59–60 Maus 73, 82, 144 Meeräsche 82–83 Meerkatze 113, 124, 143, 169, 173, 214, 261 Mesit-Gans 293 Muschel 46, 53, 56, 63–64, 83 Nilgans 293 Nilpferd 24, 43, 45, 66, 70, 110, 112, 118, 177, 221 Oryx-Antilope 140 Pantherfell 112 Pantherkopf 52, 77–78 Pavian 75, 96, 112, 113, 131, 132, 137, 143, 179, 219, 250, 253, 277, 292, 332, 337, 341, 352 Pelikan 46 Phönix 30, 189, 361 siehe auch Reiher Raubtierköpfe 64

Reiher 121, 173, 185, 189, 292, 361 Rind 144, 186, 198, 219 Rinderbecken 198 Rinderbeine 2, 219, 292 Rinderhaar 95 Rinderhörner 44, 341 Rinderkopf 43–44, 46, 219 Rindervorderteil 319 Rinderpenis 198 Scarabaeus sacer 160 Schädel 82 Schaf 161, 204, 229, 341, 355 Schakal 45, 104, 113, 124, 127, 131, 140, 153, 154, 183, 253, 318 Schakalskopf 52, 112, 220, 360, 362 Schildkröte 51, 52, 55–56, 76, 89 Schlange 68, 69, 73, 76–77, 94, 110, 111, 113, 119, 122, 123, 127, 128, 136–137, 141, 148, 151, 171, 179, 207, 208, 209, 215–218, 229, 237, 239, 269–290, 294, 295, 313, 319, 327, 328, 330, 332, 334, 335, 338, 340, 347, 355, 359, 360 Schlangenhalspanther 74, 171 Schmetterling 170 Schwalbe 283, 285, 286, 288, 293 Schwarzmilan 136, 208, 293, 347 Schwein 70, 89, 131, 132, 186, 214, 240– 241, 249 Seesperber 336 Seestern 88 Seth-Tier 127, 171, 172 Skarabäus 29, 35, 50, 113, 117, 121, 122, 124, 125, 129, 137, 157–180, 208, 219, 224–225, 249, 250, 254, 284, 298, 303, 304, 306, 323, 325, 328, 332, 333, 335, 337, 340, 341, 346, 351, 360 Skorpion 90, 92, 113, 122, 148, 151, 212– 213, 215, 217, 295 Speikobra 272 Spitzmaus 326 Steinbock 43, 177, 284 Stier 48, 73, 112, 113, 114, 125, 136, 157, 163, 165, 173, 248, 250, 330, 332, 338, 345 Stierhörner 331 Straußenfeder 263 Taube 85, 283 Tiere, Verhalten von 22–23, 178 Tiermumien 250

Pflanzen, Teile von Pflanzen und Pflanzenprodukte Tierschwanz 170 Tilapia 65, 178, 179, 220 Trox barbarus 160 Trox granulipennis 160 Uroboros 328, 334, 335, 338 Vogel 53, 114, 173, 222, 276, 321, 332 Vogelkopf 345, 355

469

Widder 112, 114, 122, 123, 129–130, 177, 179, 209, 248, 338, 355 Widderhörner 105, 109, 129, 148, 206, 323 Widderkopf 43–44, 109, 114, 121, 128, 208, 233, 257, 259, 276, 355 Wiedehopf 325 Wolfsknöchel 330 Wurm 206, 208, 209 Ziege 161, 292, 330, 332, 338, 351, 355

Wachtel 55

Pflanzen, Teile von Pflanzen und Pflanzenprodukte Pflanzen, Teile von Pflanzen und Pflanzenprodukte Akazie 85, 203 Anch-Imi-Pflanze 183, 197, 276, 301, 317, 318, 320 Aru-Pflanze 317 Bast 197, 320 Binse 92, 93, 97, 298 Blätter 308 Blumen 329 Blumengirlande 310 Blumenstrauß 27 Busch 91 Byssos 102, 106, 184, 296, 323, 326, 332 Christusdorn 281, 292 Dattelpalme 298 Dum-Palme 96, 298 Ebenholz 66, 77, 79, 296 Fasern 285 Flachs 85, 86, 87, 96, 120, 316 Florale Objekte 4, 25 Früchte 195, 212 Garben 198 Gemüse 12 Getreide 213 Granatapfel 220 Gummi 209, 312 Hauslauch 328 Henna-Pflanze 183

Holz 23, 32, 35, 63, 81, 87, 94, 138, 146– 150, 173, 198, 213, 215, 266, 289, 292, 336 Idemi-Stoff 93, 107, 280, 294, 298, 394 Ima-Holz 203, 215, 292 Isched-Baum 143 Keuschbaum 81, 87–88 Kranz 183 Kresse 326 Leinen 13, 35, 56, 82, 85, 89, 96, 97, 100– 109, 121, 137, 144, 155, 183–185, 206– 209, 212, 214, 215, 251, 280, 290, 296, 301, 314, 318, 319, 328 Lorbeerblatt 330 Lorbeerwurzeln 338 Lotusblatt 204, 230 Lotusblüte 25, 172, 251, 333, 346, 355, 359 Lotusknospe 138 Menes-Pflanze 317 Mesten-Pflanze 318 Myrrhe 100, 101, 103, 106, 144, 184, 185, 207, 318, 323, 328, 331 Nebeh-Pflanze 95 Neferet-Pflanze 87 Netjeri-Pflanze 298 Öl 188, 326 Olivenholz 296, 336 Palmfasern 251

470

Lebewesen und Objekte

Papyrus (Pflanze) 96, 132, 192, 228, 293, 298 Papyrus (Schreibstoff) 35, 109–135, 154, 185, 202, 204, 285, 314, 325, 329 Papyrusszepter 119 Persea 96 Pflanzen allgemein 33, 127, 174, 180, 195 Pflanzenteile 13, 91, 285 Pinienholz 187, 282 Pinienzapfen 47 Röhricht 88, 93

Sehne des Phönix (Pflanzenteil) 30, 61, 83, 92, 93 Senupet-Pflanze 183, 317 Seyal-Akazie 317 Skorpionskraut 105 Sumpfpflanze 293 Sykomore 197, 320 Tamariske 148, 149, 184, 197, 215, 296 Tech-Pflanze 318 Wacholder 337 Weide 83

Schames-Pflanze 82, 83 Schleim 91, 92 Seneb-Pflanze 29–30, 85, 91, 95, 196, 295– 298, 301–303, 309, 316–317

Zweig 91

Nahrungsmittel und sonstige organische Materialien Nahrungsmittel und sonstige organische Materialien Alkohol 170

Kuchen 195

Bier 100, 111, 136, 137, 141, 142, 143, 144, 154, 186, 292, 299, 320 Brot 100, 137, 186, 292, 314, 320

Likör 206

Ei 210, 312, 323, 340

Nahrungsmittel allgemein 16

Gift 97, 120, 126, 149, 295 Grillfleisch 187, 195

Salbe 258, 270, 271, 291, 296, 301, 316 Semmelmehl 338

Harz 319 Honig 140, 141, 143, 144, 318

Wachs 60, 213, 251, 259, 289, 336, 337, 354 Weihrauch 100, 137, 143, 186, 187, 207 Wein 137 Weißbrot 195

Kopal 187

Milch 82, 86, 155, 299

Anorganische Materialien Anorganische Materialien Achat 52, 357 Alabaster 52, 66 Allfarbiger Stein 341 Amazonit 50, 192 Amethyst 46, 65, 168, 223, 348 Aphroselenit 341 Arabischer Stein 341 Auripigment 101, 103, 317, 318 Basalt 188 Blei 116, 328, 329 Bronze 33, 114, 168, 257, 259, 357

Chrysolith 341 Dolerit 187–188, 253 Edelmetalle 225, 318 Edelsteine 166, 190, 254, 256, 281, 296, 298, 309, 318, 322 Eisen 283, 285, 312, 331, 337 Enstatit 168 Erde 159, 256, 292, 314 Erz 283, 295, 298, 302, 309

Ausstattung, Schmuck und Objektamulette

471

Fayence 4, 10–12, 29, 33, 46, 50, 52, 53, 58, 66, 95, 102, 155, 168, 189, 196, 202, 213, 215, 220, 224, 225, 228, 232, 235, 239, 249–251, 254, 257–259, 262, 281, 286, 291–293, 296, 298, 316 Feldspat 33, 187, 188, 190, 192, 193, 207, 281, 285, 302 Flint 73, 74, 78, 255, 298 Fritte 66, 154, 185

Malachit 33, 192 Medischer Stein 341 Metall 2, 63, 132, 146, 168, 229, 238, 244, 260 Mineralien 31, 195

Glaspaste 32, 190 Gold 10, 18, 30, 32, 53, 54, 58, 65, 86, 87, 116, 134, 135, 168, 189, 190, 194, 195, 201, 204, 215, 223, 224, 251, 258, 275– 290, 293, 296, 297, 306, 316, 320, 321, 322, 328, 333, 334, 337, 356 Granat 65, 86, 195 Grauwacke 66 Grünstein 203

Oberägyptischer Grünstein 60, 206–207 Obsidian 261 Ocker 140, 141, 142, 152, 154, 186, 299, 300, 318 Onyx 223, 340

Hämatit 52, 192, 255, 261, 265, 283, 350 Hartgestein 150 Heliotrop 335

Quarz 58 Quarzit 283 Salz 326

Ibhat-Stein 87, 210

Sand 296 Schlamm 163, 184 Serpentin 188 Silber 10, 18, 64, 168, 188, 255, 257, 298, 316, 321, 326–328, 337 Smaragd 255, 333, 340, 341 Steatit 46, 53, 168, 250 Stein 2, 32–33, 50, 249 Stuck 206

Jaspis 33, 57, 187–188, 195, 220, 254, 285, 334, 356 Kalkstein 46, 52, 150, 266 Kalzit 158 Karneol 27, 33, 46, 50, 52, 53, 57, 58, 79, 135, 192, 196, 197, 220, 249, 250, 253, 262, 282, 285, 296, 316, 320 Keramik 52, 314 Keraunos 341 Kupfer 51, 135, 146, 310, 351 Lapislazuli 33, 52, 57, 187, 189, 195, 202, 209, 223, 224, 253–256, 258, 262, 267, 282, 285, 286, 292, 298, 306, 307, 316 Lehm 135, 312 Libysches Wüstenglas 258, 262 Magnetstein 337

Natron 155, 299, 318, 338 Nephrit 188 Nilschlamm 66, 315

Pech 317, 318 Porphyr 46, 188 Puder 291

Ton 94, 103, 212, 213, 220, 231, 312 Tonschale 111, 118, 136, 137, 140–145, 155, 186–187, 299 Türkis 33, 57, 66, 212, 293, 296, 297, 298, 306, 307, 316 Wasser 33, 58, 59, 127, 150, 153, 207, 208, 302, 312, 320, 349, 361 Weißgold 188, 308 Zinn 116, 326, 328

Ausstattung, Schmuck und Objektamulette Ausstattung, Schmuck und Objektamulette Ägis 217, 223, 237, 239

Anch-Zeichen 51, 55, 109, 125, 127, 128, 137, 172, 265, 291, 322, 359

472

Lebewesen und Objekte

Andreaskreuz 288 Anikonische Objekte 35, 183 Aper-Amulett 264 Armband 52, 275, 238, 284, 289, 307, 310 Atefkrone 21, 132, 137, 141, 251 Augenamulette 42 Augenschminke 275, 310 Bat-Symbol 44, 48, 220 Beinamulett 52–54 Bettelstab 336 Beutelchen 19, 47, 87 Binde 183, 184, 207–210, 321 Bogen 147, 151 Diadem 303 Djed-Pfeiler 55, 103, 109, 112, 131, 172, 183, 197–200, 219, 224, 225, 248, 249, 250, 262, 276, 282, 288–290, 319, 320, 332, 335 Dolch 275, 288 Doppelfederkrone 125, 149, 206– 208, 248, 255, 307 Doppelkrone 104, 132, 209, 218, 239 Fackel 92, 93, 118, 119, 143, 183, 296, 328, 345 Federkrone 109, 170, 323, 353 Fischanhänger 65 Fußband 307 Futteral 336 Gedenkskarabäus 157–158 Gegengewicht 255, 264, 276, 280, 285, 288, 291, 307, 319 Geißel 109, 112, 123, 287, 311, 324, 334, 338, 346, 354 Gemmen 139, 327, 330, 332–363 Hacke 83, 127 Halskragen 19 Halsring 46 Halskette 256, 289 Handamulette 42, 51, 52, 54, 86 Heilszeichen 172, 175–176 Hemhemet-Krone 115 Hermanubisdiadem 337 Heroldstab 336 Herrschaftszeichen 202, 263, 287, 289, 292, 307, 337, 346

Herzamulett 47, 51, 52, 54, 187–188, 224, 248, 249, 255, 261, 282, 288, 289 Herzskarabäus 157, 180, 188–189, 282 Hirtenstab 263 Horusdiadem 337 Hüfttuch 90 Hundehalsband 48 Hut 336 Hypokephalos 206 Isisdiadem 331, 337, 348 Kanopen 348 Kartusche 46, 127, 263–264 Kasten 129, 184 Keule 24, 78, 191, 271, 290 Klappern 78 Kleidung 16, 310, 323, 331 Knopfsiegel 50, 168, 169–173, 234 Knoten 13, 56, 82, 84–98, 100, 106, 130, 144, 145, 149, 183, 211, 213, 285, 289, 291, 296–299, 301, 317, 318, 326, 329 Kopfamulette 51, 54 Kopfstütze 72, 234, 248, 250, 265, 283, 285, 297 Kopftuch 90, 243, 263, 269, 274, 290 Kragen 194, 201, 222, 255, 274–276, 280, 283, 284, 285, 288, 289, 290, 307, 310 Kreuzband 303 Kronen 55, 172, 175, 186, 248, 263, 277, 291, 296, 300, 319, 325 Mantel 194 Menit 102, 202, 238–239, 248, 256, 264, 289 Messer 73, 74, 78, 109, 110, 112, 119, 126, 131, 136, 228, 231 Metallgefäß 146 Möbel 16, 78 Mondanhänger 220, 221 Mottospangen 64 Musikinstrumente 233, 235, 238, 281 Nefer-Zeichen 172, 276, 319 Neith-Symbol 127, 153, 265 Obelisk 265 Oberägyptische Krone 125, 138 Ohrring 95 Orden 63

Ausstattung, Schmuck und Objektamulette Papyrusamulett 61, 96, 155, 190–193, 215, 224, 242, 247, 248, 250, 281, 302, 324 Papyrusszepter 128, 192, 236, 247, 359 Peitsche 338, 345 Pektoral 21, 29–30, 64–65, 115, 189, 231, 254, 276, 285, 288, 306, 308, 309, 310 Perlen 10, 13, 19, 25, 46, 47, 48, 52, 53, 56– 58, 59, 63, 86, 87, 102, 135, 219, 221, 225, 274, 285, 296 Perlennetz 247–248 Perücke 143, 290, 319 Pesesch-Amulett 263, 265–266 Pfeil 121, 151, 288, 314 Pfeiler 215 Ring 166, 168, 199, 295, 326, 331, 332, 334, 335, 339, 356–367 Ritualobjekte 16 Rote Krone 24, 172 Sandalen 274, 276, 293 Schildförmige Amulette 146, 174 Schlangenkopfamulett 151, 270–290, 311 Schlangenstab 78, 112, 273 Schreibtafel 264, 324, 337 Schwert 328, 332 Schurz 319 Setzwaage 263, 266 Sichel 322 Siegel 13, 25, 86–87, 155–180, 245, 248, 250, 263–264, 292, 306, 331, 346 Sistrum 114, 238, 255, 275, 281, 289 Situla 271 Speer 112, 118, 123, 131, 141 Spiegel 15, 276

473

Stab 16, 293, 296, 311, 330 Stange 94 Stern 46, 118, 208, 266–267 Stichel 266 Stirnband 291, 298 Stoffstück 78, 83, 93, 316, 318, 324, 328, 331–332 Szepter 263, 271, 276–277, 290, 311, 333 Tafel 248 Tierkopfszepter 143 Tit-Zeichen 49, 197–200, 219, 248– 250, 262, 276, 288–290, 319, 323 Tonsiegel 118 Tracht 15, 268–269 Treppe 227, 265 Udjat-Auge 13, 25, 27, 30, 52, 53, 54, 61, 75, 96, 104, 106, 108, 112, 118, 119, 121, 122, 124, 125, 132, 136, 137, 138, 140, 142–145, 148, 149, 152, 153, 154, 193– 197, 214, 218, 219, 221, 225, 226, 235, 243, 245, 247, 249, 254, 276, 280, 287, 288, 289, 293, 296, 297, 310, 319, 320, 323, 327 Uräus 104, 108, 109, 114, 117, 118, 125, 132, 137, 140, 142, 144–145, 196, 218, 220, 224–225, 242, 243, 273, 274, 286, 290, 309, 319, 358 Was-Szepter 109, 112, 128, 172, 192, 275, 289, 291, 307, 323 Winkelamulett 248, 255, 266 Zweifingeramulett 248, 249, 261–262

Sachen und Praktiken allgemein Abend 30, 106 Ablecken 152–153, 155 Abnutzungsspuren 17, 56 Abscheu 184 Abydos-Reliquiar 125 Ächtung 202 Affordanz 116 Akrophonie 205 Alltagsschrift 117 Altar 360 Ansehen 102 Archaismus 47 Aretalogie 105–106 Arkanes Wissen 184 Astronomie 71, 107, 114, 279 Astrologie 267, 326, 332–333, 335, 339 Augenkrankheit 58, 326 Augensagen 193–194 Ba 112, 149, 190, 200, 208, 209, 276, 287, 289 Badari-Epoche 43 Bahre 118, 121, 346 Balsamierung 17, 258, 316–319, 322–323, 346 Balsamierungsgeräte 250 Band 90 Barke 103, 105, 110, 114, 117, 121, 122, 144, 184, 185, 186, 195, 208, 276, 279, 287, 290, 346, 349–350 Bauchschmerzen 140 Bedeutungszuschreibung 40, 177–178, 192, 222, 242, 345 Befestigungsvorrichtung 17 Beliebtheit 102, 155, 202, 326–327 Beopferung 35, 100, 107, 137, 148, 186, 187, 202, 271, 293 Besänftigung 192–194, 235 Beschneidung 72 Bestattung 15 Bett 234, 297, 311 Bettdecke 143

Betteln 336 Bettgestell 72 Beweglichkeit 209, 321 Bilder mit Menschenkopf 106 Böser Blick 146, 149, 299, 326 Brunnen 207 Charakteres 344 Choiak 253, 266, 284, 313 Christentum 178 Datierung von Kompositionen 22, 57, 65, 67, 84, 94, 145, 203, 253 Datierung von Gräbern und Amulettypen 52–53, 223–224, 246–247, 287–288 Dekane 22, 217, 237–241, 245, 247, 310– 311, 317, 330, 339, 346, 349, 355–358, 360 Dekret 117, 127, 138, 143 Delegieren 34 Diesseitige Textentstehung 19–20, 152, 181, 203, 313 Diesseitsorientierung 17f., 56, 62, 96, 207, 226, 244–245, 248 Direkte Vision 328 Divination 333–334, 348 Dodekaoros 332–333, 351 Dung 160, 324 Durst 101 Ehebruch 257–258 Eheschließung 27, 215 Ehrengold 222 Enthaltsamkeit 166 Entzündung 193 Epagomenentage 71, 100–101, 117, 127, 186, 237, 245, 292 Erfolg 336 Erhaltungsbedingungen 14 Erhöhung 320, 340 Erinnerungsstücke 6 Erotische Magie 326, 331, 333, 345, 350

Sachen allgemein Ersatzdenken 32, 215 Ersatzkörper 213 Ertränken 165, 325–326 Ertrinken 66 Essen 207, 299 Exklusivität 102, 189, 190–192, 210 Exkremente 135, 160, 207 Fabelszenen 235 Faden 91, 328, 329 Fangnetz 61 Farben 322, 325–326 Fehlgeburt 234 Feindvernichtung 64, 73, 74, 75, 95, 105, 119, 127, 147, 172, 196, 221, 229, 236– 237, 287, 303, 311, 318, 320 Feld 127, 209 Fesseln 322 Feuer 353 Flamme 112, 113, 183, 234 Flasche 145 Flügelsonne 303–304, 309 Fluktuation im Material 334, 337 Fruchtbarkeit 43, 63, 169–171, 207, 208, 234, 242, 283, 350 Füllen des Udjat-Auges 195 Funerärreligion 15, 56, 59–62, 115, 132, 147, 160, 178, 181–211, 247–290, 316– 324, 346 Furz 153 Gaue 88 Geburt 30, 72, 78, 164, 170, 231, 234, 239, 301–302 Geburtshaus 301–302 Gedächtnis 327 Gefängnis 207, 264, 340 Gefäße 16 Geheimhaltung 341 Gemetzel 207 Geographische Prozession 30 Gericht 207 Gesang 170 Geschlossene Funde 18 Geschwür 152 Gewicht 150–151 Gicht 326 Gliedervergottung 336 Gnade 353 Gnostizismus 346 Götterbedrohung 90, 102, 128, 130, 132, 333

475

Götterstatuen 9 Goldhaus 9 Gorgonenhaupt 331 Grab 14–20, 22–23, 40, 49–53, 79, 83, 126, 183, 219, 223–290 Gravur 335 Großer Wagen 71, 114, 132, 133 Grube 16, 292 Gründungsbeigaben 4 Gunst 326–327, 335, 350, 354 Handbuch 19, 57–58 Handlungsanweisungen 19–20, 57–58 Handschriften, literarische 16 Haus 150 Hautkrankheit 88, 89 Heilstatuen 95, 114, 140, 145, 154, 324 Hemuset 309 Herrschaft 291–293 Herrscher, Schutzfunktion des 146–147, 172 Hierarchie 37 Hieroglyphische Bilder 76, 125, 200 Himmel 184, 201 Himmelsleiter 262 Himmelsrichtungen 97, 127, 144, 158, 312– 314 Himmelszeichen 132 Historiola 35 Hitze 93, 328 Homöopathie 339 Horizont 127, 203, 266, 292 Horusstelen 104, 114, 120, 140, 141, 145, 148, 150, 171, 217, 229, 323, 331 Hund, Großer (Sternbild) 340 Hunger 101 Hymnen 35 Impotenz 350 Isislappen 332 Islam 41–42 Ithyphallische Darstellung 109, 112, 128, 132, 206, 207, 208, 323, 332, 354, 358 Jagd 175 Jahr 329 Jahreswechsel 81, 87, 100–101, 107, 117, 126, 169, 198, 235, 291, 292 Jugendlocke 147 Jupiter (Planet) 341 Juristische Formulierung 133

476

Sachen allgemein

Ka 309 Ketzer 37 Kinderkrankheit 84 Kiosk 284 Kissen 90 Knochenbefund 19 Körperkontakt 1, 4 Körpersekretionen 160 Kompilation 126 Kopfschmerzen 91, 93, 103, 128 Kopien 345 Kopten 41–42 Kot 160 Krankheiten 19, 84–85 Krebs (Tierkreiszeichen) 356 Krieg 304 Krise 19, 23, 36, 72, 80, 170, 234 Kryptographie 173, 176, 190, 204–205 Kugel 336 Kühlung 273 Kugelzopffrisur 172 Kultbild 328–329 Lachen 337–338 Lampe 177, 204 Lasso 119 Leichnam 149, 205–207, 209 Libation 107 Licht 204, 206, 230, 243, 318, 353 Liebe 200 Liebeslyrik 66 Lieblingsgegenstände 16 Literalität 345 Löwe (Tierkreiszeichen) 326, 349, 353, 356 Loyalität 175 Mars (Planet) 166, 341 Marschen 201 Maske 92 Masturbation 107 Medizin 36 Mehrköpfigkeit 111–114, 132, 155, 206 Melothesie 349, 356 Menologie 100–101 Merkur (Planet) 341 Meroitische Sprache 204 Metatexte 19–21, 40–41, 56, 61, 100–107, 109–113, 114–116, 128–129, 136–145, 148–150, 152–156, 181–216, 225, 279, 280, 281, 312

Miniaturisierung 256, 262–263, 266, 277, 283, 286, 335 Mittelalter 2, 6 Model 10–11, 217–220, 228, 235, 241, 242 Modell 16 Mond 154, 160, 163, 165–166, 179, 186, 195, 242, 243, 318, 326, 327, 335, 337, 341 Mondscheibe 105, 127, 244 Mondsichel 46, 127, 244, 300 Münzen 158, 244, 349 Mumie 103, 117, 139, 177, 250, 276, 321, 346–347, 352, 359 Mumienmaske 216 Mumifizierung 54 Mundöffnung 35, 78, 148, 188, 191, 255, 266, 322 Nachschrift siehe Metatexte Nacht 30, 67, 70, 72, 220, 296, 301, 318, 354 Nachtblindheit 88, 154 Nagada-Zeit 43–46 Name, als Schutzmittel 34, 63, 64, 176–177 Nichtägyptische Sprache 204–210 Nilüberschwemmung 55, 76, 90, 361 Normativität 31–32, 40, 116, 124 Obelisk 359 Objektfrise 47, 55, 79, 262–263, 269–286, 288 Öse 148, 150, 264, 324 Opferersatz 133 Opferritual 142 Opfergaben 149, 320 Opfertableaus 21 Orion 71 Ornament 180 Osirianischer Kult 125, 203, 252–253, 277, 321 Osirisgrab 252 Ostasiatischer Tierkreis 332–333 Pantheismus 113, 257 Persönliche Religion 12, 122 Pest 169, 300 Placebo-Effekt 36 Planeten 107, 165–167, 341 Plünderung 51 Polymorphe Gestalt 109, 112, 114, 156, 233–234, 257, 331, 337, 345–346, 353– 355

Sachen allgemein Preise 12 Privatkapelle 37 Prophylaxe 19, 44 Psychoanalyse 34 Punktmuster 66 Pyramidentexte 20, 269 Pyramidion 359 Randkolumne 21 Rang 187 Räucherung 105, 144, 293 Rebellion 115 Rechteck 255 Regeneration 34, 44, 66, 151, 169, 170, 177– 178, 192, 261, 265, 283 Reichtum 340 Reinheit 334, 335 Reinigungsszenen 153, 194, 270, 280, 283, 291, 302–303 Reinigungszelt 17, 323 Renaissance 342, 359 Rezeptverklärung 98 Rezitation 20 Rites de Passage 72 Ritualarrangements 4 Sänfte 175 Sakralisierung 116, 117, 264 Salbung 271, 291, 299, 301, 316 Same 314 Saturn (Planet) 341 Sarg 184 Sargtexte 20 Schattenbefragung 330 Schattenlänge 233 Schiffsplanke 156 Schild 362 Schlaf 171, 234 Schlafgemach 294, 296 Schlangenbiß 58, 273 Schminkszene 270, 310 Schmuck 4, 25, 49, 57, 64, 85, 256, 318 Schnelligkeit 243 Schnitzerei 336 Schnurren 238 Schrecken 207, 271, 321 Schrein 232, 290, 292, 297, 323 Schütze (Sternzeichen) 349 Schutzkreis 79 Schwangerschaft 29–30, 64, 70, 83, 88, 93, 129, 130

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Schwelle 337 Sedfest 48, 175, 222 Segel 322 Sehne des Atum 61 Selbstzeugung 15 Seuche des Jahres 101 Sexualität 15, 60, 106–107, 113, 208 Siedlung 14 Sirius 185, 340 Skorpion (Sternbild) 349 Skorpionsstich 105 Skriptorium 184 Sonne 318, 327, 341, 349, 353 Sonne, aufgehende 102, 139, 144, 158, 167, 195 Sonne, untergehende 154, 296 Sonnenbarke 75, 130, 138, 175, 186 Sonnenscheibe 105, 109, 128, 129, 138, 139, 148, 243, 244, 258, 266, 289, 323 Sonnenscheibe, geflügelte 127 Sonnenstrahlen 109 Soziale Schicht 6, 25–27, 50–51, 68, 134, 150 Sozialstatus 16 Speichel 159–160, 314 Spielzeug 26 Spruchtitel 20 Statuen 35, 78 Statuetten 17, 36, 109, 150, 183, Stier (Sternbild) 348 Stillen 29, 173, 214, 220, 340 Strahlen 109, 127, 163, 310, 327, 341, 348, 353, 355–357, 361 Sünde 207 Symbolbedeutung 22–23, 32 Tag 67, 139, 301, 318 Tapferkeitsabzeichen 221–222 Talisman 1–2, 203, 235, 336 Tampon 200 Tempel 323 Tempelfassade 148 Thron 293, 296 Tinte, rote 153–155, 207 Tinte, schwarze 154, 299, 318, 329 Tod (durch Gottheit) 39, 104–105 Tonkugel 94, 312 Totenbuch 19–22, 274 Transzendenz 34–35 Trauer 152 Traum 88, 107, 165, 330, 331, 332

478 Trigramme 121, 204, 229–231, 235, 355 Trinken 58, 136, 140, 143, 146, 207, 208, 299 Türdurchgang 316, 320 Türsturz 337 Umformulierung 20 Umringelung 47 Urhügel 265 Urin 111, 154 Uschebti 11–12, 209, 250 Venus (Planet) 341 Vereinigung der beiden Länder 127, 172 Vergesellschaftung 18, 22 Vergewaltigung 215 Verheißung 21 Verleumdung 329 Versteck 52 Verwandlungssprüche 284–286, 321 Verwesung 33, 54 Verkauf 11 Virilität 207 Voces magicae 344 Vokale 338 Volkskultur 12 Volksreligion 36, 223 Votivgaben 4, 33, 168, 281

Sachen allgemein Waage (Tierkreiszeichen) 358 Wärme 86 Wand 94, 135 Waschen 298f. Webkante 85, 91, 93 Webstuhl 90 Weg 94 Weinkrüge 218, 237, 255 Weltenball 166, 334, 352 Wicklung 316 Widder (Sternzeichen) 349 Wiedergeburt 15, 40, 78, 96, 158, 160, 167, 177–178, 207, 283, 346, 361 Wind 59 Wirtschaftlicher Erfolg 336 Wortgewalt 340, 348 Wüste 68, 88 Wunde 140 Wundöffnung 92 Zahlenwert (von Buchstaben) 329, 351 Zauberabwehr 328 Zaubermesser 66–80, 170, 220 Zeiteinheiten 71, 98, 101, 291, 301, 317– 318, 329 Zentralperspektive 183 Zeugung 199 Ziegel 183–184, 282

Abbildungen Abbildungsübersicht

Abb. 1: „Rinderkopf“-Amulett der Frühzeit, BM EA 54743.

Abb. 2: Hockender Falke, Frühzeit, BM EA 63103.

Abb. 3: Schakal aus Mostagedda, BM EA 62411.

Abb. 4: Tropfenförmige Anhänger im Flachbild des Alten Reiches.

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Abb. 5: Anhänger Kairo CG 139.

Abb. 6: Bat-Symbol.

Abb. 7: Tit-artiges Zeichen.

Abb. 8: Frühes Käfer-Amulett.

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Abb. 9: Anthropoides Amulett, Balat.

Abb. 10: Heh-Gott, Balat.

Abb. 11: Kopfamulett, Balat.

Abb. 12: Herzamulett, Balat.

Abb. 13: Handamulett, Balat.

Abb. 14: Beinamulett, Balat.

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Abb. 15: Udjat-Auge, Balat.

Abb. 16: Schakal, Balat.

Abb. 17: Schildkröte, Balat.

Abb. 18: Muschel, Balat.

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Abb. 19: Kauri-Gürtel, Philadelphia Penn E 9195.

Abb. 20: Mottospange, Dahshour.

Abb. 21: Riqqe-Pektoral.

Abb. 22: Fischanhänger.

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Abb. 23: Mädchen mit Fischanhänger.

Abb. 24: Zaubermesser Kairo CG 9434.

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Abb. 25: Bat-Symbol auf Knopfsiegel.

Abb. 26: Schmetterling auf Knopfsiegel.

Abb. 27: Besgestalt auf Knopfsiegel.

Abb. 28: Nilpferdgöttin auf Knopfsiegel.

Abb. 29: Heh-Gott auf Knopfsiegel.

Abb. 30: Fabeltiere auf Knopfsiegel.

Abb. 31: Darstellung der Königsmacht auf Knopfsiegel.

Abb. 32: Mädchen mit Kugelzopffrisur auf Knopfsiegel.

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Abb. 33: Akrobatin auf Knopfsiegel.

Abb. 34: Kind auf Knopfsiegel.

Abb. 35: Handdarstellung auf Knopfsiegel.

Abb. 36: Pflanze auf Knopfsiegel.

Abb. 37: Abstrakte Ornamentik auf Knopfsiegel.

Abb. 39: „Ramessidische Massenware“.

Abb. 38: Darstellung des Königs auf Skarabäus.

Abb. 40: Heilszeichen auf Skarabäus.

Abb. 41: Götter auf Skarabäus (Nefertem und Sachmet).

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Abb. 42: Vignette zu TB 100/129, Papyrus des Nu BM EA 10477.

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Abb. 43: Bemalte Schale Louvre N 944.

Abb. 44: Papyrusamulett.

Abb. 45: Udjat-Auge.

Abb. 46: Vierfaches Udjat-Auge, Matmar.

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Abb. 47: Djed- und Tit-Zeichen, Herzamulett sowie Kopfstütze, aus Papyrus Ani BM EA 10470,33

Abb. 48: Vignetten zu den Zusatzkapiteln des Totenbuches, nach pBerlin P 3058.

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Abb. 49: Löwenköpfige Göttin.

Abb. 50: Hathorkopf.

Abb. 52: Ägis mit Darstellung der Mut.

Abb. 53: Krokodilsköpfiger Gott mit Weinkrügen in der Hand.

Abb. 54: Aufgerichtete Schlange mit Armen und Beinen.

Abb. 55: Nilpferdgöttin.

Abb. 56: Bes

Abb. 57: Zwerg.

Abb. 58: Kind.

Abb. 59: Udjat-Auge mit Uräusschlange.

* Modelle der Ramses-Stadt

Abb. 51: Falkenköpfiger Gottes, der Schlange und Skorpion hält.

Abb. 60: Hase.

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Abb. 61: Amulette aus Saqqara, Burial 94/3.

Abb. 62: Kobrafigur aus Saqqara, Burial 94/3.

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Abb. 63: Amulette, Grab bei der Unas-Pyramide.

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Abb. 64: Amulette, Matmar, Grab 612.

Abb. 65: Amulette, Matmar, Grab 841.

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Abb. 66: Fliegenamulett, Matmar, Grab 1095.

Abb. 67: Thot mit Udjat-Auge, Matmar, Grab 753.

Abb. 68: Bes, Matmar, Grab 775.

Abb. 69: Pataikos, Matmar, Grab 736.

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Abb. 70: Pataikos von allen Seiten, Heidelberg Inv. 155.

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Abb. 72: Naosfragment des Nektanebos aus Bubastis (BM EA 1078).

Abb. 71: Trigramme auf Pataikos-Figur.

Abb. 73: Talisman mit Bes-Darstellung, Heidelberg Inv. 224.

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Abb. 74: Neith mit zwei Krokodilen.

Abb. 75: Thronende löwenköpfige Göttin.

Abb. 76: Stehende löwenköpfige Göttin, Matmar, Grab 717.

Abb. 77: Stehende löwenköpfige Göttin auf Gefangenen, Matmar, Grab 718.

Abb. 78: Löwenköpfige Göttin mit Dekanen.

Abb. 79: Menit mit Dekanen.

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Abb. 80: Löwenkopf mit Ägis.

Abb. 81: Einzelner Dekan.

Abb. 82: Schweineamulett.

Abb. 83: Krokodil mit Falkenkopf.

Abb. 84: Affe, Illahun.

Abb. 85: Typ der „libyschen“ Katze, Matmar, Grab 750.

Abb. 86: Falkenamulett

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Abb. 87: Fliegenamulett, BM EA 57874.

Abb. 88: Punisches Metallamulett mit vielen Gestalten.

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Abb. 89: Amulettpositionierung, pBM EA 10098.

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Abb. 90: Amulettliste in Dendara.

Abb. 91: Schu-Amulett.

Abb. 92: Amulett der zwei Tierprotome.

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Abb. 93: Zweifingeramulett.

Abb. 94: Unverziertes Menit.

Abb. 96: Treppenamulett, Tübingen Inv. 1671.

Abb. 98: Setzwaage.

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Abb. 95: Gegengewicht-Amulett.

Abb. 97: Pesesch-Amulett, Tübingen Inv. 395.

Abb. 99: Sonnenscheibenamulett. Abb. 100: Horizont-Amulett.

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Abb. 101: Objektfries im Sarg des Gua, BM EA 30839.

Abb. 102: Objektfries im Sarg des Gua, BM EA 30839.

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Abb. 103: Amuletteliste pMacGregor.

Abb. 104: Flacher Anhänger, Leiden AO 1rr.

Abb. 105: Goldplättchen British Museum EA 14380.

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Abb. 106: Goldstreifen, Leiden AO 1n.

Abb. 107: Amulettszenen, Sethostempel in Abydos.

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Abb. 108: Amulettopfer, Month-Tor.

Abb. 109: Amulettzeichnungen, pVatikan 38596.

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Abb. 110: Magische Zeichnung PGM XXXVI, Kol. VII.

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Abb. 111: Magische Zeichnung PGM XXXIX.

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Abb. 112: Aphrodite Anadyomene mit Hathor. CBd-2421.

Abb. 114: Seth trägt Osiris. CBd-421.

Abb. 116: Anubis auf Gemme. CBd-424.

Abb. 113: Osiris auf der Bahre. CBd-1275

Abb. 115: Osiris in der Schlange. CBd-388.

Abb. 117: Sonnenkind auf Lotus. CBd-508.

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Abb. 118: Sonnenkind in Barke mit Tieren. CBd-525.

Abb. 119: Thot auf Gemme. CBd-433.

Abb. 120: Helioros. CBd-159.

Abb. 121: Bes. CBd-325.

Abb. 122: Pataikos, Walters Art Gallery 42.872.

Abb. 123: Pantheos. CBd-1432.

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Abb. 124: Kompositgestalt, BN Inv. 58.2170.

Abb. 125: Chnumis. CBd-236.

Abb. 126: Uterusgemme. CBd-150.

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Abb. 127: Mischgestalt Krokodil – Schlange. CBd-498.

Abb. 128: Ibis am Altar. CBd-777.

Abb. 130: Abrasax. CBd-600.

Abb. 129: Phönix. CBd-1247.

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Abbildungsnachweis Abb. 1: „Rinderkopf“-Amulett der Frühzeit. BM EA 54743 (© The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 2: Hockender Falke, Frühzeit. BM EA 63103 (© The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 3: Schakal aus Mostagedda, BM EA 62411 (© The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 4: Tropfenförmige Anhänger im Flachbild des Alten Reiches. Nach Staehelin, Tracht, Abb. 45–50 Abb. 5: Anhänger Kairo CG 139. Nach Borchard, Statuen AR, Teil I, 103. Abb. 6: Bat-Symbol. Nach Newberry, Bersheh I, Taf. XXXIII. Abb. 7: Tit-artiges Zeichen. Nach Goedicke, Re-Used Blocks, 36 f. Abb. 8: Frühes Käfer-Amulett. Nach Petrie, Royal Tombs II, Taf. XLIII Nr. 21. Abb. 9: Anthropoides Amulett. Nach Vallogia, Medou-Nefer Medu-Nefer, 85 Nr. 934/1. © IFAO Kairo Abb. 10: Heh-Gott. Nach Vallogia, Medou-Nefer, 85 Nr. 920. Abb. 11: Kopfamulett. Nach Vallogia, Medou-Nefer, 85 Nr. 934/2. Abb. 12: Herzamulett. Nach Vallogia, Medou-Nefer, 86 Nr. 934/7. Abb. 13: Handamulett. Nach Vallogia, Medou-Nefer, 86 Nr. 934/4. Abb. 14: Beinamulett. Nach Vallogia, Medou-Nefer, 86 Nr. 939/5. Abb. 15: Udjat-Auge. Nach Vallogia, Medou-Nefer, 85 Nr. 965/3. Abb. 16: Schakal. Nach Vallogia, Medou-Nefer, 86 Nr. 923. Abb. 17: Schildkröte. Nach Vallogia, Medou-Nefer, 90 Nr. 936/3. Abb. 18: Muschel. Nach Vallogia, Medou-Nefer, 93 Nr. 935/8. Abb. 19: Kauri-Gürtel. Philadelphia Penn E 9195. Courtesy of the Penn Museum. Abb. 20: Mottospange. Nach de Morgan, Dahchour, Mars – Juin 1894, Taf. XIX. Abb. 21: Riqqe-Pektoral, nach https://egyptmanchester.files.wordpress.com/2012/04/r​iq​ ​q​e​h​_​p​e​c​to​ ​ r​a​l_​ ​re​ ​v​e​rs​ ​e​.jpg. Abb. 22: Fischanhänger, nach https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10153102543273​3​4​4​&​ set=a.37794008343&type=3&theater (National Museums Scottland). Abb. 23: Mädchen mit Fischanhänger, nach Blackman, Meir VI, Taf. XIV. Abb. 24: Zaubermesser Kairo CG 9434, nach Petrie, Objects of Daily Use, Taf. 36. Abb. 25: Bat-Symbol auf Knopfsiegel. Nach Wiese, Anfänge, Taf. 1, Nr. 15. Abb. 26: Schmetterling auf Knopfsiegel. Nach Wiese, Anfänge. Taf. 7, Nr. 147. Abb. 27: Besgestalt auf Knopfsiegel. Nach Wiese, Anfänge, Taf. 6 Nr. 133. Abb. 28: Nilpferdgöttin auf Knopfsiegel. Nach Wiese, Anfänge, Taf. 9 Nr. 177. Abb. 29: Heh-Gott auf Knopfsiegel. Nach Wiese, Anfänge, Taf. 9 Nr. 185. Abb. 30: Fabeltiere auf Knopfsiegel. Nach Wiese, Taf. 12 Nr. 237. Abb. 31: Darstellung der Königsmacht auf Knopfsiegel. Nach Wiese, Anfänge, Taf. 10 Nr. 201. Abb. 32: Mädchen mit Kugelzopffrisur. Nach Wiese, Anfänge, Taf. 14 Nr. 271.

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Abbildungsnachweis

Abb. 33: Akrobatin auf Knopfsiegel. Nach Wiese, Anfänge, Taf. 18 Nr. 377. Abb. 34: Kind auf Knopfsiegel. Nach Wiese, Anfänge, Taf. 16 Nr. 315. Abb. 35: Handdarstellung auf Knopfsiegel. Nach Wiese, Anfänge, Taf. 19 Nr. 384. Abb. 36: Pflanze auf Knopfsiegel. Nach Wiese, Anfänge, Taf. 41 Nr. 853. Abb. 37: Abstrakte Ornamentik auf Knopfsiegel. Nach Wiese, Anfänge, Taf. 41 Nr. 858. Abb. 38: Darstellung des Königs auf Skarabäus. Nach Wiese, Bild des Königs, S. 163 Nr. 1417. Abb. 39: „Ramessidische Massenware“. Nach Wiese, Bild des Königs, S. 168 Nr. 5696. Abb. 40: Heilszeichen auf Skarabäus. Nach Hornung, Staehelin, Skarabäen Basel, Taf. 5 Nr. 79. Abb. 41: Götter auf Skarabäus (Nefertem und Sachmet). Nach Hornung, Staehelin, Skarabäen Basel, Taf. 74 Nr. 670. Abb. 42: Vignette zu TB 100/129. Papyrus des Nu. BM EA 10477 CC. Abb. 43: Schale Louvre N 944. Photo © Musée du Louvre, dist. RMN-Grand Palais/Christian Décamps. Abb. 44: Papyrusamulett. Nach Herrrmann, Amulette Palästina I, 785 Nr. 1283. Abb. 45: Udjat-Auge. Nach Herrrmann, Amulette Palästina I, 639 Nr. 948. Abb. 46: Vierfaches Udjat-Auge. Nach Brunton, Matmar, Taf. LX Nr. 48. Abb. 47: Djed- und Tit-Zeichen, Herzamulett sowie Kopfstütze. Aus Papyrus Ani BM EA 10470,33 (© The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 48: Vignetten zu den Zusatzkapiteln des Totenbuches. Nach pBerlin P 3058 © SMPK. Abb. 49: Löwenköpfige Göttin, Model aus der Ramses-Stadt. Nach Hermann, Formen, 11, Nr. 40. Abb. 50: Hathorkopf, Model der Ramses-Stadt. Nach Herrmann, Formen, 44 Nr. 144. Abb. 51: Falkenköpfiger Gottes, der Schlange und Skorpion hält. Nach Herrmann, Formen, 6 Nr. 22. Abb. 52: Ägis mit Darstellung der Mut. Nach Herrmann, Formen, 43 Nr. 140. Abb. 53: Krokodilsköpfiger Gott mit Weinkrügen in der Hand. Nach Herrmann, Formen, 30 Nr. 103. Abb. 54: Aufgerichtete Schlange mit Armen und Beinen. Nach Herrmann, Formen, 91 Nr. 374. Abb. 55: Nilpferdgöttin. Nach Herrmann, Formen, 42 Nr. 138. Abb. 56: Bes. Nach Herrmann, Formen, 36 Nr. 120. Abb. 57: Zwerg. Nach Herrmann, Formen, 40 Nr. 131. Abb. 58: Kind. Nach Herrmann, Formen, 3 Nr. 10. Abb. 59: Udjat-Auge mit Uräusschlange. Nach Herrmann, Formen, 63 Nr. 248. Abb. 60: Hase. Nach Herrmann, Formen, 71 Nr. 277. Abb. 61: Amulette aus Saqqara, Burial 94/3. Nach Sowada, Callaghan, Bentley, Teti Cemetery IV, Taf. 34. Abb. 62: Kobrafigur aus Saqqara, Burial 94/3. Nach Sowada, Callaghan, Bentley, Teti Cemetery IV, Taf. 35. Abb. 63: Amulette aus Grab bei der Unas-Pyramide. Nach El-Khouli, Kanawati, Excavations at Saqqara II, Taf. 46. Abb. 64: Amulette aus Matmar, Grab 612. Nach Brunton, Matmar, Taf. XLVII. Abb. 65: Amulette aus Matmar, Grab 841. Nach Brunton, Matmar, Taf. XLVII. Abb. 66: Fliegenamulett aus Matmar, Grab 1095. Nach Brunton, Matmar, Taf. XLVIII, 9. Abb. 67: Thot mit Udjat-Auge. Nach Brunton, Matmar, Taf. LX Nr. 10. Abb. 68: Bes. Nach Brunton, Matmar, Taf. LVIII Nr. 9. Abb. 69: Pataikos. Nach Brunton, Matmar, Taf. LVIII Nr. 41. Abb. 70: Pataikos von allen Seiten. Heidelberg Inv. 155. Photo Robert Aitaj

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Abb. 71: Trigramme auf Pataikos-Figur. Nach Dasen, Dwarfs, 95 Fig 7.3. a. Abb. 72: Naosfragment des Nektanebos aus Bubastis (BM EA 1078). BM CC. Abb. 73: Heidelberger Sammlung, Inv. 224. Photo Robert Ajtai. Abb. 74: Neith mit zwei Krokodilen. Nach Herrmann, Amulette Palästina II, 126 Nr. 106. Abb. 75: Thronende löwenköpfige Göttin. Nach Herrmann, Amulette Palästina II, 130 Nr. 109. Abb. 76: Stehende löwenköpfige Göttin aus Matmar, Grab 717. Nach Brunton, Matmar, Taf. LIX, 5. Abb. 77: Stehende löwenköpfige Göttin auf Gefangenen aus Matmar, Grab 718. Nach Brunton, Matmar, Taf. LIX, 6. Abb. 78: Löwenköpfige Göttin mit Dekanen. Nach Herrmann, Amulette Palästina I, 161 (Schoske-Wildung 1992: 59). Abb. 79: Menit mit Dekanen. Nach Herrmann, Fünf Formen, 34. Abb. 80: Löwenkopf mit Ägis. Nach Herrmann, Amulette Palästina I, 194 Nr. 144. Abb. 81: Einzelner Dekan. Nach Herrmann, Fünf Formen, 33. Abb. 82: Schweineamulett. Nach Herrmann, Amulette Palästina II, 143 Nr. 119. Abb. 83: Krokodil mit Falkenkopf. BM EA 57914. CC. Abb. 84: Affe. Nach Petrie, Illahun, Taf. XXIX Nr. 20. Abb. 85: Typ der „libyschen“ Katze. Nach Brunton, Matmar, Taf. LIX Nr. 23. Abb. 86: Falkenamulett. Nach Herrmann, Amulette Palästina I, 590 Nr. 859. Abb. 87: Fliegenamulett BM EA 57874 (© The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 88: Metallamulett mit vielen Gestalten. Nach Vercoutter, Objets égyptiens, 334. Abb. 89: pBM EA 10098 (© The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 90: Amulettliste in Dendara nach Cauville, Dendara X, Taf. 241. © IFAO Kairo. Abb. 91: Schu-Amulett. Nach Herrmann, Amulette Palästina II, 132. Abb. 92: Amulett der zwei Tierprotome. Nach Budka, Bestattungsbrauchtum, 252 Abb. 111. Abb. 93: Zweifingeramulett. Nach Müller-Winkler, Objekt-Amulette, Taf. XV Nr. 268. Abb. 94: Unverziertes Menit. Nach Müller-Winkler, Objekt-Amulette, Taf. XXXIV Nr. 693. Abb. 95: Gegengewicht-Amulett. Nach Müller-Winkler, Objekt-Amulette, Taf. XL Nr. 835. Abb. 96: Treppenamulett. Tübingen Inv. 1671, Ägyptische Sammlung der Universität Tübingen, Museum Schloss Hohentübingen (Photo: Jan Tattko). Abb. 97: Pesesch-Amulett. Tübingen Inv. 395. Ägyptische Sammlung der Universität Tübingen, Museum Schloss Hohentübingen (Photo: Jan Tattko). Abb. 98: Setzwaage. Nach Müller-Winkler, Objekt-Amulette, Taf. XXXVII Nr. 754. Abb. 99: Sonnenscheibenamulett. Nach Müller-Winkler, Objekt-Amulette, Taf. XXIX Nr. 583. Abb. 100: Horizont-Amulett. Nach Müller-Winkler, Objekt-Amulette, Taf. XXIX Nr. 596. Abb. 101: Objektfries im Sarg des Gua, BM EA 30839 (© The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 102: Objektfries im Sarg des Gua, BM EA 30839 (© The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 103: Amuletteliste pMacGregor. Mit freundlicher Genehmigung von Malcom Mosher. Abb. 104: Leiden AO 1rr. Photo Rijksmuseum van Oudheden, Genehmigung M. Raven. Abb. 105: Goldplättchen British Museum EA 14380 (© The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 106: Leiden AO 1n. Photo Rijksmuseum van Oudheden, Genehmigung M. Raven. Abb. 107: Abydos 2, Taf. 10. Abb. 108: Amulettopfer. Nach Aufrère, Propylone, 395–401. © IFAO Kairo.

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Abb. 109: pVatikan 38596. Photo und Abdruckgenehmigung Vatikanische Museen. Abb. 110: PGM XXXVI, Kol. VII. Courtesy of the University of Oslo Library Papyrus Collection. Abb. 111: PGM XXXIX. Courtesy of the University of Oslo Library Papyrus Collection. Abb. 112: Aphrodite Anadyomene mit Hathor. CBd-2421 (Wien, Kunsthistorisches Museum IX B 1239). Abb. 113: Osiris auf der Bahre. CBd-1275 (Paris, Cabinet des Médailles AA.Seyrig.15) Abb. 114: Seth trägt Osiris. CBd-421. (BM EA 56038; © The Trustees of the British Museum. All rights reserved) Abb. 115: Osiris in der Schlange. CBd-388 (BM EA 56412; © The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 116: Anubis auf Gemme. CBd-424 (BM EA 35435; © The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 117: Sonnenkind auf Lotus. CBd-508 (BM EA 56345; © The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 118: Sonnenkind in Barke mit Tieren. CBd-525 (BM EA 54278; © The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 119: Thot auf Gemme. CBd-433 (BM G 1986,5–1,98; © The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 120: Helioros. CBd-159 (BM EΑ 56502; © The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 121:Bes. CBd-325 (© Staatliches Museum Ägyptischer Kunst München, ÄS 4196, Foto: Marianne Franke). Abb. 122: Walters Art Gallery 42.872. https://art.thewalters.org/detail/21196/gnostic-gem-withs​c​a​r​a​b​/ (The Walters Art Museum, CCo). Abb. 123: Pantheos. CBd-1432 (Ann Arbor, University of Michigan, Kelsey Museum of ­Archaeology 26099). Abb. 124: BN Inv. 58.2170. Abb. 125: Chnumis. CBd-236 (Boston, MFA 52.534; © Museum of Fine Arts, Boston). Abb. 126: Uterusgemme. CBd-150 (BM EA 56440; (© The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 127: Mischgestalt Krokodil – Schlange. CBd-498 (BM EA 43056; © The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 128: Ibis am Altar. CBd-777 (BM EA 56462; © The Trustees of the British Museum. All rights reserved). Abb. 129: Phönix. CBd-1247 (Bonn, Akademisches Kunstmuseum Slg Müller_06). © Akademisches Kunstmuseum Bonn. Abb. 130: Abrasax. CBd-600 (BM EA 56083; © The Trustees of the British Museum. All rights reserved).