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German Pages X, 253 [254] Year 2021
Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung
Gerhard Naegele · Moritz Hess Hrsg.
Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang Ergebnisse des EXTEND-Projektes
Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung Reihe herausgegeben von Ellen Hilf, Dortmund, Deutschland Hartmut Hirsch-Kreinsen, Darmstadt, Deutschland Ronald Hitzler, Dortmund, Deutschland Jürgen Howaldt, Dortmund, Deutschland Gerhard Naegele, Dortmund, Deutschland Monika Reichert, Dortmund, Deutschland Christoph Strünck, Dortmund, Deutschland
Vor dem Hintergrund sich verschärfender sozialer Risiken und demografischer Herausforderungen sowie einer beschleunigten Veränderungsdynamik in Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur wächst ganz offensichtlich das Bewusstsein eines nur eingeschränkten Problemlösungspotenzials etablierter Steuerungs- und Problemlösungsroutinen. Je weiter Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur, die natürliche Umwelt, die Arbeits- und Lebenswelt von technischen Innovationen durchdrungen und in hohem Tempo umgestaltet werden, umso mehr gewinnen soziale Innovationen an Bedeutung und öffentlicher Aufmerksamkeit. Mit dem verstärkten Fokus auf soziale Innovationen tritt aber die mit den Sozialwissenschaften verbundene Reflexions- und Gestaltungskompetenz stärker in den Vordergrund. Zu einer der aktuell wie künftig zentralen gesellschaftlichen Gestaltungsaufgaben gehört der demografische Wandel. Seine Auswirkungen sind vielschichtig. Neben der Bevölkerungsstruktur betreffen die Veränderungen den Arbeitsmarkt, die kommunale Infrastruktur, die Gesundheitsversorgung und das soziale Zusammenleben in der Gesellschaft. Die Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung versammeln wissenschaftliche Publikationen, die sich mit den damit verbundenen Fragen auseinandersetzen. Die Herausgeber/innen repräsentieren mit der Sozialforschungsstelle Dortmund und der Dortmunder sozialen Gerontologie an der Technischen Universität Dortmund zwei traditionsreiche Einrichtungen und Standorte sozialwissenschaftlicher Forschung in Deutschland. Sie bilden zugleich einen wichtigen Bestandteil der an der TU Dortmund vertretenen Sozialwissenschaften.
Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/12497
Gerhard Naegele · Moritz Hess (Hrsg.)
Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang Ergebnisse des EXTEND-Projektes Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Christoph Strünck
Hrsg. Gerhard Naegele Dortmund, Deutschland
Moritz Hess Krefeld, Deutschland
ISSN 2626-0360 (electronic) ISSN 2626-0344 Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung ISBN 978-3-658-31662-4 ISBN 978-3-658-31663-1 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Vorwort
Christoph Strünck1 Das vorliegende Buch von Gerhard Naegele und Moritz Hess steht in einer langen Forschungstradition des Instituts für Gerontologie. Es fasst die wichtigsten Ergebnisse und Politikempfehlungen des Forschungsprojektes „Social inequalities in extending working lives of an ageing workforce“ (EXTEND) zusammen. Dieses Projekt wurde zwischen 2016 und 2018 unter der Federführung der beiden Herausgeber in (damals noch) 5 EU-Mitgliedsstaaten durchgeführt. Frühere Arbeiten des Instituts zur Lebenslage älterer Arbeitnehmer*innen beschäftigten sich z.B. mit der Umsetzung von Altersteilzeit oder den Effekten der ersten so genannten „Demografie-Tarifverträge“. Auch die Situation älterer Beschäftigter in der Altenpflege, oder die Analyse von Übergängen zwischen Erwerbsphasen und Nacherwerbsphasen sind typische Fragestellungen gewesen, bei denen die Potentiale des Alters adressiert wurden, ohne die höchst unterschiedlichen Lebenslagen im Alter zu übergehen. EXTEND greift die zentralen Forschungslinien zur Lebenslage älterer Beschäftigter auf und rückt die soziale Ungleichheit im Alter in den Fokus, wie es in der europäischen gerontologischen Forschung zunehmend eingefordert wird.2 Die zentrale Hypothese von EXTEND lautet: Die in den meisten EU-Mitgliedsstaaten eingeführten Maßnahmen zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit (wie ‚Rente mit 67‘ in Deutschland oder die EU-weit erfolgte Schließung von Frühverrentungsoptionen) bergen die Gefahr in sich, nicht nur neue soziale Ungleichheiten zu generieren, sondern zudem solche sozialen Ungleichheiten, die bereits während des gesamten vorherigen Erwerbslebens bestanden haben, zu verschärfen bzw. in ihrer kumulativen Wirkung sogar noch zu erhöhen. Soziale Ungleichheiten zeigen sich beim Übergang in die Rente in vielfältiger Form. Das gilt insbesondere für die Fähigkeit und Möglichkeit, freiwillig und „in Würde“ länger arbeiten und damit dem neuen Credo des „Active Ageing in der Arbeit“ entsprechen zu können. Diese Option steht vielen Menschen gar nicht zur Verfügung. Früher aufhören zu müssen bzw. nicht länger arbeiten zu können: Die Ursachen für dieses Problem sozialer Ungleichheit verbergen sich vor allem in der Erwerbsbiographie der Betroffenen. 1
Christoph Strünck ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Siegen und leitet seit 2016 als Nachfolger von Prof. Dr. Gerhard Naegele das Institut für Gerontologie an der Technischen Universität Dortmund. Er ist einer der Mitherausgeber der Reihe „Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung“ (Springer VS), in der dieses Buch erscheint. 2 Vgl. zur Vernachlässigung des Themas sozialer Ungleichheit in der Alter(n)sforschung FUTURAGE (Walker 2011) und den MoPAct Abschlussbericht (Walker 2019) (Siehe Literaturverzeichnis zu Kapitel 1.).
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Christoph Strünck
Wenn sich prekäre Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen häufen, wenn Phasen der Arbeitslosigkeit oder Krankheit hinzukommen, bilden sich typische „Risikoketten“. Der persönliche Gesundheitszustand ist ein entscheidender Prädiktor. Von ihm hängt es maßgeblich ab, ob Menschen unfreiwillig früher aufhören müssen zu arbeiten. Und „Spätfolgen“ in Form besonderer gesundheitlicher Probleme in der nachberuflichen Lebensphase sind in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die Arbeitsbedingungen physisch und psychisch über lange Zeit belastend waren. Diese an sich nicht überraschende Erkenntnis wird durch EXTEND differenziert begründet. Der Blick wird u.a. auf prekäre Beschäftigungsverhältnisse ausgeweitet, auf branchentypische Besonderheiten wie im Gesundheits- und Pflegesektor, oder auf die besonderen Belastungen berufstätiger Pflegender. Erstmalig für Deutschland gibt es abgesicherte Erkenntnisse über die Lebenslagen von „Double-Duty Carers“, die sowohl beruflich als auch privat Menschen pflegen. Hinzu kommen Nachweise über die widersprüchlichen Wirkungen an sich sinnvoller präventiver Maßnahmen auf betrieblicher Ebene wie das Age(ing)-Management oder tarifvertragliche Schutz- und Gestaltungsvorschriften. Das Projekt zeigt, dass es hier sozial-selektive Verteilungswirkungen gibt, welche die Reichweite und Zielgruppengenauigkeit einschränken. Diese negativen Nebenwirkungen werden in der Forschung (auch der gewerkschaftsnahen) bislang kaum thematisiert. EXTEND zeigt, dass Reformen auf staatlicher Ebene allein nur begrenzt wirksam sind, dass vielmehr ein koordiniertes Vorgehen im Rahmen eines ganzheitlichen „Mehr-Ebenen-Ansatzes“ erforderlich ist. Der „Erfolg“ einer Rente mit 67 erscheint im Lichte der Ergebnisse zwiespältig. Auch die Idee einer Koppelung des gesetzlichen Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung muss vor diesem Hintergrund kritisch gesehen werden. Es wäre sicherlich kurzsichtig zu glauben, allein über finanzielle Anreize in der Renten- und Altersgrenzenpolitik den Weg in eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit für möglichst viele Menschen ebnen zu können. Vielmehr müssen Renten-, Altersgrenzen-, Beschäftigungs- und Rehabilitationspolitiken strategisch verzahnt werden mit Maßnahmen einer aktivierenden Beschäftigungsförderungspolitik, in den Betrieben idealerweise eingebunden in das Konzept einer lebenszyklusorientierten Personalpolitik3, wie sie u.a. auch das Institut für Gerontologie seit Jahren fordert.
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BMFSFJ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) (2010): Sechster Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland – Altersbilder in der Gesellschaft und Stellungnahme der Bundesregierung. Bundestags-Drucksache 17/3815. Berlin.
Vorwort
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EXTEND ist ein exzellentes Beispiel dafür, wie die Analysen zur sozialen Ungleichheit in die soziale Gerontologie eingebettet werden können. Der demografische Wandel bringt auch viele Chancen, die teilweise noch gar nicht genutzt werden. Die steigende Lebenserwartung ist für die Gesellschaft eine große Errungenschaft. Um möglichst vielen Menschen die Chance auf ein gutes, langes Leben zu geben, müssen die verschiedenen Ebenen in den Blick genommen werden, in denen sich soziale Ungleichheit auf dem Weg in die Nacherwerbsphase zeigen. EXTEND analysiert differenziert und international vergleichend, wie wichtig dafür die Weiche der Verrentungsentscheidung ist. Diese Entscheidung für möglichst viele auf freiwilliger Basis und in Würde weiter nach hinten im Lebensverlauf zu schieben, ohne soziale Ungleichheit zu fördern, ist eine zentrale Herausforderung. Das vorliegende Buch zeigt, wie man dieser Herausforderung begegnen kann.
Inhaltsverzeichnis Das EXTEND Projekt – Hintergründe, Kontextbedingungen, Untersuchungsziele, Strukturen und Beteiligte…………………….. 1 Gerhard Naegele & Moritz Hess
Social inequalities in realising extending working lives – EXTEND`s conceptual framework………………………………… 17 Gerhard Naegele & Moritz Hess
Nationale Politiken zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit und Auswirkungen auf soziale Ungleichheiten……………………..63 Per H. Jensen
Pension and labour market policies and the situation of older workers in Germany………………………………………….. 69 Moritz Hess, Gerhard Naegele & Jürgen Bauknecht
Reformen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer – Finnland, Dänemark, Niederlande, Deutschland und das Vereinigte Königreich im Vergleich………………… ……………. 99 Philipp Stiemke
Indexing the retirement age to life expectancy…………………….. 133 Wouter De Tavernier
Gesundheit vor und nach der Rente…………………………........... 139 Sascha de Breij & Dorly J.H. Deeg
Rentenübergänge bei erwerbstätigen privaten Pflegepersonen - Wünsche und Erwartungen……………………………...147 Ronja Christofczik
Vereinbarkeit von beruflicher und häuslicher Pflege „Double Duty Carers“ in Deutschland……………………………... 159 Monika Reichert
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Inhaltsverzeichnis
Working longer in the professional HCS sector?............................... 177 Sebastian Merkel, Daniel Holman, Mervi Ruokolainen & Moritz Hess
„Good Practices“ zur Vermeidung und Überwindung von sozialen Ungleichheiten vor und beim Rentenübergang ................... 187 Gerhard Naegele & Moritz Hess
Later Life Workplace Index – Ein Instrument zur Unterstützung betrieblicher Beschäftigungspraktiken………………193 Julia Finsel, Max R. Wilckens, Anne Marit Wöhrmann & Jürgen Deller
„Good Practice“ im Alternsmanagement der Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach GmbH………………………………... 199 Sebastian Merkel & Helmut Wallrafen
Work Engagement for Senior Employees as a Good Practice........... 205 Jukka Vuori, Mervi Ruokolainen & Salla Toppinen-Tanner
Demografie-Tarifverträge in Deutschland – eine neue Gestaltungsoption ………………………………………………….. 211 Philipp Stiemke, Moritz Hess & Gerhard Naegele
Economic evaluation of „good practices” in the EXTEND context ……………………………………………………………... 219 Mariann Rigó & Moritz Hess
Schlussfolgerungen und wichtige „Policy Pointers“………………..233 Moritz Hess & Gerhard Naegele
Conclusion – Policy Priorities from EXTEND…………………….. 245 Alan Walker
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren……………………. 251
1. Das EXTEND Projekt – Hintergründe, Kontextbedingungen, Untersuchungsziele, Strukturen und Beteiligte Gerhard Naegele und Moritz Hess
1.1 Forschungsfragen und -kontext EXTEND ist ein Akronym und steht für das Projekt „Social inequalities in extending working lives of an ageing workforce“, das zwischen 2016 und 2018 unter der Federführung der beiden Herausgeber dieses Buches im Institut für Gerontologie an der TU Dortmund durchgeführt wurde. Es ist eines von insgesamt 5 Projekten, das im Rahmen des ersten Calls der EU-Joint Programming Initiative (JPI) „More Years, Better Lives - The Potential and Challenges of Demographic Change“ an ein entsprechendes Konsortium von sechs Forschungseinrichtungen (Hauptantragsteller Institut für Gerontologie an der TU Dortmund) aus damals noch fünf EU-Mitgliedsstaaten vergeben wurde. Der deutsche Teil einschließlich der an den Konsortialführer delegierten Koordinierungsaufgaben wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Eine Fördervoraussetzung war die Beteiligung von weiteren Wissenschaftler*innen mit ausreichender Erfahrung mit den in der Ausschreibung artikulierten Projektzielen aus EU-Mitgliedstaaten, die ein hohes Beschäftigungsniveau älterer Arbeitnehmer*innen aufweisen sollten. Die entsprechenden Projektpartnerländer waren Dänemark, Finnland, Deutschland, die Niederlande und das Vereinigte Königreich. Sie repräsentieren verschiedene Typen von Wohlfahrtsstaaten: Großbritannien gilt als liberal, Deutschland als konservativ, Finnland als sozialdemokratisch/konservativ, Dänemark als sozialdemokratisch/liberal und die Niederlande als hybrider Typ. Im Fokus von EXTEND standen soziale Ungleichheiten beim Rentenübergang, die bisher in Deutschland wie im EU-Vergleich ein Forschungsdesiderat waren. Dazu aus der Ausschreibung: “Extending working life has very different implications for different groups, who may be affected by many factors including health, domestic and caring responsibilities, migrant status, social position and gender. Those who have worked in heavy manual occupations are more likely to suffer health problems, and have lower life expectancy, but are often treated in the same way in policies to extend working life. Research is needed into how different social and occupational groups are impacted by extending working life, and into how individuals cope with the resulting pressures and opportunities, including how these changes affect the experience of retirement itself.”1 1
Seite 4 der Ausschreibung des ersten Calls der Joint Programming Initiative “More Years, Better Lives” The Potential and Challenges of Demographic Change.
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_1
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Gerhard Naegele & Moritz Hess
Bis Mitte der 90er Jahre war die Erwerbsbeteiligung Älterer in den meisten Ländern Europas durch die sog. „Entberuflichung des Alters“ gekennzeichnet (Bäcker, Naegele & Bispinck 2020 Bd. II), d.h. durch in den späteren Erwerbsphasen sinkende Erwerbsquoten; zumeist befördert durch vielfältige Anreize für einen (möglichst) frühen Austritt aus dem Berufsleben (nicht selten nach dem Motto „je früher, desto besser“). Etwa durch explizite Vorruhestandsregelungen oder durch vorzeitige Ausstiegsoptionen in Fällen von Langzeitarbeitslosigkeit und/oder vorzeitiger Verminderung der Erwerbsfähigkeit/Frühinvalidität (van Oorschot & Jensen 2009). Unter den Partnerländern von EXTEND waren Deutschland und die Niederlande diejenigen, in denen dies am weitesten verbreitet war, weniger ausgeprägt dagegen in Finnland und im Vereinigten Königreich (Naegele & Bauknecht 2017). Dänemark nahm eine Zwischenposition ein (Jensen & Øverbye 2013) (vgl. Kapitel 5.2 – 5.7 in diesem Buch). Dieser Trend hat sich nun seit der Jahrtausendwende insgesamt in Richtung Verlängerung der Lebensarbeitszeit und/oder zeitlich hinausgezögertem Renteneintritt umgekehrt. Politische Ziele sind seither die Erhöhung von Beschäftigungsquoten und -volumen: Ältere Arbeitnehmer*innen sollen länger und mehr arbeiten (OECD 2011). Die meisten Expert*innen und politischen Entscheidungsträger*innen (UN, OECD, EU, national, wissenschaftlicher Diskurs) sehen in diesem Paradigmenwechsel eine dringend erforderliche Reaktion auf das Zusammenwirken unterschiedlicher (irreversibler) zumeist demographischer Megatrends wie Bevölkerungsalterung, Alterung und Schrumpfung der Erwerbsbevölkerung, Austritt aus dem Arbeitsmarkt der „Babyboomer-Generation“, (qualifizierter) Arbeitskräftemangel und/oder steigende Lebenserwartung sowie deren jeweilige makro- und mikroökonomische Auswirkungen, insbesondere was die Sicherung der finanziellen Nachhaltigkeit der sozialen Sicherungssysteme (vor allem der umlagefinanzierten) und der Bekämpfung des Fachkräftemangels betrifft. Die in diesem Zusammenhang eingeleiteten Maßnahmen beziehen sich auf die institutionelle wie betriebliche Ebene, d.h. verschiedene staatliche Arbeitsmarkt-, Renten-, Altersgrenzenreformen, teilweise unterstützt durch betriebliches Age- und Ageing-Management, die allesamt auf die Überwindung der dominanten Frühverrentungspraxis und auf eine Ausweitung der Lebensarbeitszeit (EWL= Extending Working Lives) zielen. In Verbindung mit einer allgemein guten wirtschaftlichen Entwicklung (so vor allem in Deutschland), steigender Frauenerwerbsarbeit und ausgeweiteten Bildungsbemühungen haben sie europaweit zwar zu einem Anstieg der Erwerbsquoten von Älteren geführt, allerdings mit großen Unterschieden zwischen den Ländern sowie zwischen verschiedenen sozialen Gruppen älterer Arbeitnehmer*innen. Am auffälligsten ist die starke Zunahme der Erwerbsquoten bei Frauen in den relevanten Altersgruppen (vgl. Kapitel 4.2.5 und 5.2 in diesem Buch).
Das EXTEND Projekt
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EXTENDs primäres Ziel war es in diesem Zusammenhang, potenzielle soziale Ungleichheiten in den Möglichkeiten und Grenzen, ein längeres Arbeitsleben zu realisieren, zu untersuchen und die jeweiligen Bedingungen und Auswirkungen im Hinblick auf die Vertiefung bestehender bzw. die Herausbildung neuer sozialer Ungleichheiten zu analysieren2. Zugleich sollten sozialpolitische Empfehlungen zur Vermeidung und/oder Kompensation problematischer Wirkungen gegeben werden; entsprechend des expliziten Auftrags zur „Solution Orientation“ im Call. Dem entspricht EXTENDs zentrale Forschungshypothese: Die in den meisten EUMitgliedsstaaten eingeführten Maßnahmen zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit bergen die Gefahr in sich, nicht nur neue soziale Ungleichheiten zu generieren, sondern zudem solche sozialen Ungleichheiten, die bereits während des gesamten vorherigen Erwerbslebens bestanden haben, zu verschärfen bzw. in ihrer kumulativen Wirkung sogar noch zu erhöhen. Wichtigste Bezugspunkte von EXTEND waren grundlegende Änderungen in jüngeren staatlichen Renten-, Altersgrenzen- und/oder betrieblichen Beschäftigungspolitiken und -praktiken mit den primären Zielen der Schließung bestehender Frühverrentungsoptionen sowie der Anhebung des Renteneintrittsalters. Die wohl prominenteste unter ihnen ist die Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters (in Deutschland „Rente mit 67“), die in einigen Ländern zudem an die Lebenserwartung gekoppelt wurde (vgl. Kapitel 2.2.3 und 6. in diesem Buch). Auch wurden die bestehenden verschiedenen Frühverrentungsmöglichkeiten entweder ganz abgeschafft, verkompliziert oder aber (finanziell) deutlich unattraktiver ausgestaltet. Alle diese Maßnahmen sind in der Praxis zumeist mit finanziellen Anreizen für ein längeres Arbeitsleben verbunden; oder – anders herum gewendet – mit finanziellen „Sanktionen“ für diejenigen, die dies aus verschiedenen Gründen nicht tun/tun können. Darüber hinaus wurden in vielen Ländern aktive Arbeitsmarktprogramme initiiert und Maßnahmen des lebenslangen Lernens (LLL) intensiviert (vgl. Überblick bei Naegele & Bauknecht 2017). Doch nicht nur die nationalen Regierungen beteiligten sich am Paradigmenwechsel. Unterstützt wurde dieser auf betrieblicher Seite durch Bemühungen des betrieblichen Age- und Ageing-Managements, in Deutschland z.B. befördert/unterstützt durch Demografietarifverträge (vgl. Kapitel 11.5 in diesem Buch). Dazu gehören u.a. Gesundheitsvorsorgeprogramme, Arbeitszeitflexibilisierung, Karriereplanung oder spezifische Fortbildungsprogramme, deren Wirkung auf die Bereitschaft zur EWL, zumindest bei den davon Erreichten, nicht unterschätzt werden darf. Dem entspricht, dass in einigen Branchen, z.B. High-Technologie oder zunehmend auch im Sozial- und Gesundheitssektor, schon seit längerem ein massiver (vielfach demografisch bedingter) Fachkräftemangel herrscht. Vielerorts hat
2
Vgl. die ausdrücklichen Verweise auf die Vernachlässigung des Themas sozialer Ungleichheit in der Alter(n)sforschung in FUTURAGE (Walker 2011) und im MoPAct Abschlussbericht (Walker 2019).
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Gerhard Naegele & Moritz Hess
dieser bereits dazu geführt, dass insbesondere qualifizierte ältere Arbeitnehmer*innen inzwischen als wichtige Ressource im betrieblichem Humankapital gelten und in den Betrieben gehalten, anstatt – wie zuvor häufig unfreiwillig – in den Vorruhestand gedrängt werden. Es scheint, als wären diese Bemühungen zur Verlängerung des Arbeitslebens sowohl auf staatlicher als auch auf betrieblicher Ebene erfolgreich gewesen, denn die Beschäftigungsquoten älterer Arbeitnehmer*innen sind in ganz Europa gestiegen und steigen weiter (mit Deutschland unter den „Spitzenreitern“) (vgl. Kapitel 4.1 in diesem Buch). Allerdings gab sich EXTEND mit der ebenso prominenten wie weit verbreiteten These eines kausalen Zusammenhangs zwischen den verschiedenen Reformen und der Zunahme der Beschäftigtenquoten älterer Arbeitnehmer*innen (z.B. Börsch-Supan 2017) nicht zufrieden. Vielmehr interessierte sich EXTEND für zusätzliche „Driving Forces“, wie z.B. die insgesamt positive wirtschaftliche Entwicklung, allgemein steigende Beschäftigungsquoten von Frauen oder bessere Qualifikation und Gesundheitszustand bei den jeweils nachrückenden Kohorten älterer Arbeitnehmer*innen (positive Kohorteneffekte), die sich als nicht minder bedeutsam erwiesen haben (vgl. Kapitel 3. und 4.2 in diesem Buch). Obgleich in einer Makroperspektive die bemerkenswerte Erhöhung der Beschäftigungsquote Älterer in den letzten Jahren grundsätzlich positiv zu beurteilen ist (u.a. weniger Druck auf die Stabilität der Sicherungssysteme, höhere Steuereinnahmen, Sicherung des Beschäftigungsstandes und damit von Wachstum), gibt es aus einer Mikro-/Betroffenenperspektive Befürchtungen, nicht alle Arbeitnehmer*innen seien überhaupt in der Lage, den Anforderungen des neuen „aktiven Alterscredos“ EWL zu entsprechen. In der Konsequenz könnte es weiter unfreiwillige, vor allem gesundheitsbedingte Frühverrentungen unter allerdings verschlechterten finanziellen Bedingungen geben. Auch könnten viele Betroffene gezwungen sein, aus wirtschaftlichem Druck heraus trotz unverändert ungünstiger Arbeitsbedingungen den Renteneintritt hinauszuzögern, um ernsthafte finanzielle Einbußen zu vermeiden. Alte soziale Ungleichheiten könnten so wieder „aufbrechen“, neue entstehen; jeweils mit negativen Rückwirkungen sowohl auf die Erwerbs- (höhere Belastungen), die Übergangs- (noch weniger Freiwilligkeit) und sogar auf die nachberufliche Lebensphase (gesundheitsbezogene “Fernwirkungen“). Dieser Paradigmenwechsel wurde bislang nur sehr unzureichend im Hinblick auf seine sozialen Implikationen – speziell hinsichtlich sozialer Ungleichheiten in den Lebenslagen der betroffenen älteren Arbeitnehmer*innen – untersucht. Sie sind Ausgangspunkt für eine wichtige Arbeitshypothese von EXTEND: Der Paradigmenwechsel findet vielfach um den Preis wachsender sozialer Ungleichheiten statt. Es profitieren vor allem solche Beschäftigten, denen es möglich ist, länger zu arbeiten, wohingegen diejenigen, die dazu – aus welchen Gründen auch immer
Das EXTEND Projekt
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– nicht in der Lage sind, in verschiedenen Dimensionen ihrer Lebenslage benachteiligt werden (Trischler 2014; Hofäcker, Hess & König 2015; Naegele 2017; Brussig 2018; Phillipson 2018). EXTEND konzentrierte sich nicht nur auf die gesellschaftliche Makroebene. Vielmehr wurde exemplarisch auch sektoralen Besonderheiten und Unterschieden nachgegangen, indem eine Meso- und Mikroperspektive eingenommen wurde; der empirisch vielfach abgesicherten Annahme folgend, dass Verrentungsentscheidungen weit überwiegend in den Betrieben erfolgen, dabei häufig an branchentypische Arbeitsplätze und -bedingungen gebunden sind und dabei vielfach „vorprogrammiert“ sind (Naegele & Bauknecht 2017). EXTEND hat in diesem Zusammenhang den Fokus auf eine im demografischen Wandel besonders interessante, wie betroffene Branche gerichtet, nämlich den sozialen Dienstleistungssektor (mit den Schwerpunkten Gesundheits- und Pflegebranche). Gerade hier ist EWL mit besonderen Barrieren konfrontiert – mit der Folge besonders auffälliger Strukturen sozialer Ungleichheit (Naegele 2015) (vgl. Kapitel 8. und 10. in diesem Buch). Professionelle Pflegekräfte zeichnen sich durch ein überdurchschnittlich hohes Risiko nicht nur für insgesamt kürzere Verweildauern in ihren Tätigkeiten, sondern auch für höhere gesundheitsbedingte Frühverrentungen aus. Gesonderte Beachtung wurde dabei – für Deutschland bislang erstmalig – der Situation von „Double Duty Carers“ gewidmet; also jenen professionell Pflegenden, die zugleich in private Pflegeverpflichtungen eingebunden sind (vgl. Kapitel 9. in diesem Buch). Insgesamt war – wie im Call gefragt – EXTEND „lösungsorientiert“. In den einzelnen Teilprojekten wurde mit unterschiedlichen Schwerpunkten auf verschiedenen Ebenen (Makro, Meso, Mikro) immer auch nach „innovativen“ wie zugleich sozial „fairen“ Lösungen (i.S. von „Good Practices“) gesucht, welche geeignet sein könnten, nicht nur insgesamt die Beschäftigungsfähigkeit einer alternden Erwerbsbevölkerung zu verbessern, sondern auch möglichst vielen Menschen ein freiwilliges EWL „in Würde“ zu ermöglichen und damit zu einer „echten“ Alternative zur Frühverrentung zu machen; und zwar nicht nur für diejenigen, die bereits in ihrem früheren Berufsleben in ihren Beschäftigungschancen privilegiert waren. Im Kern ging es dabei stets auch um solche Maßnahmen auf institutioneller wie vor allem auch auf betrieblicher Ebene, die das Potenzial haben, soziale Ungleichheiten zu bekämpfen (vgl. Kapitel 11. in diesem Buch).
1.2 Soziale Ungleichheiten im EXTEND-Kontext – EXTENDs konzeptioneller Rahmen Mit dem vorgenommenen Fokus auf ungleich verteilte Chancen für eine längere Lebensarbeitszeit auf der einen und auf überdurchschnittlich hohe Risiken für geringere Lebensqualität und vermindertes Wohlbefinden auch nach endgültigem Berufsaustritt durch eine alte soziale Ungleichheiten verstärkende und/oder neue
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generierende Renten- und Altersgrenzenpolitik auf der anderen Seite, steht EXTEND im Zentrum einer vergleichsweise neuen Debatte über "Fairness/Unfairness Challenges" (Sinclair et al. 2014; Phillipson 2018). EXTEND konzeptualisiert soziale Ungleichheit auf der Grundlage der bekannten Definition der ungleichen Verteilung materieller und immaterieller Ressourcen in einer Gesellschaft und die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Möglichkeiten zur Teilhabe an dieser; womit strukturierte und wiederkehrende Muster ungleicher Verteilung von Gütern, Vermögen, Chancen, Belohnungen und Sanktionen gemeint sind (Wade 2014). EXTENDs Foki waren somit sozial unterschiedlich verteilte Zugangschancen zum sowie Verbleibschancen im Arbeitsmarkt, jeweils bezogen auf ältere Beschäftigte, sowie auf damit jeweils zusammenhängende Implikationen für die nachberufliche Übergangs- und spätere Lebensphase im Alter. Mit anderen Worten: es ging konkret um die Lebenslagen von Menschen in der Spätphase des Erwerbslebens sowie der Übergangsphase in die Rente und in den Jahren danach sowie deren jeweilige Interdependenzen aus der Perspektive sozialer Ungleichheit. Im Einzelnen fragte EXTEND nach sozial unterschiedlich verteilten Chancen: (1) EWL auf freiwilliger Basis und „in Würde“ realisieren sowie (2) auch den (darauf folgenden) Übergang in die Rente möglichst selbstbestimmt und freiwillig vollziehen zu können; (3) nach den jeweiligen (potenziellen) „Fernwirkungen“ auf die Lebenslage in der sich jeweils daran anschließenden nachberuflichen Lebensund Altersphase und schließlich (4) nach potenziellen sozial-, renten-, arbeitsmarktpolitischen und betrieblichen Interventionsmöglichkeiten zur Vermeidung und Reduzierung etwaiger sozialer Ungleichheiten; jeweils bezogen auf das Fernziel, die Altersphase möglichst in guter Lebensqualität und gutem Wohlbefinden zu erreichen und möglichst lange zu (er)leben. Derartige soziale Ungleichheiten bestehen in erster Linie zwischen sozialen Gruppen (ältere Arbeitnehmer*innen, Rentner*innen, Männer, Frauen, Reiche, Arme, Gesunde, Kranke, Hoch- und Niedrigqualifizierte, Personen mit hohem und niedrigem beruflichen Status, Migrant*innen, Nicht-Migrant*innen, Arbeitslose sowie Menschen mit oder ohne private Pflegebelastungen etc.). Sie können weiterhin bestehen zwischen Ländern (z.B. „Early Movers“ vs. „Late Movers“ mit günstigeren Integrations- und Verbleibchancen für Ältere in „Early Mover“-Ländern3; (Naegele & Bauknecht 2017)) sowie – besonders stark ausgeprägt – zwischen Berufsgruppen, wie im EXTEND-Fokus auf professionelle Pflegekräfte 3
„Early-Mover“-Länder zeichnen sich – im Gegensatz zu „Late-Movern“ – durch eine frühzeitige Auseinandersetzung mit relevanten Themen der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer*innen aus. Hierzu zählen – neben staatlichen Reformen in der Renten–, Altersgrenzen- und Arbeitsmarktpolitik – die Bereitschaft und die Fähigkeit, ältere Belegschaften sowohl auf der Meso- als auch auf der MakroEbene durch Alters- und Alternsmanagementpolitik sowie Maßnahmen zum Erhalt und zur Stärkung der Beschäftigungsfähigkeit zu unterstützen (Naegele & Bauknecht 2017).
Das EXTEND Projekt
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exemplarisch aufgegriffen. Andererseits haben ältere Arbeitnehmer*innen in solchen Betrieben und/oder Branchen mit gutem betrieblichen Age-und Ageing-Management – in Deutschland besonders typisch für Großbetriebe und/oder Branchen mit hohem gewerkschaftlichen Organisationsgrad – bessere Chancen zum EWL und dafür, ein späteres Rentenalter zu erreichen, als andere (Eitner & Naegele 2013). EXTENDs darauf fußender konzeptioneller Rahmen ist in Abbildung 1 bildlich dargestellt. Auf der linken Seite werden die untersuchten Determinanten von Möglichkeiten und Barrieren für EWL dargestellt. „Gesundheit“ steht dabei nicht zufällig im Zentrum, sondern ist in zweifacher Hinsicht relevant: zum einen als signifikante Dimension der auch in EXTEND benutzten bewährten Konzepte von Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit (vgl. Kapitel 2.1.2.4 in diesem Buch), und zum anderen als ein weit verbreiteter Anknüpfungspunkt für Maßnahmen zur Förderung der EWL. Zugleich gilt ein ungünstiger Gesundheitszustand als wichtigster Prädiktor für unfreiwillige vorzeitige Berufsaufgabe. Die Determinanten sind in zwei Gruppen unterteilt: Erstere adressiert die individuelle Ebene, letztere die Ebenen Arbeitsmarkt, Betrieb und Arbeitsplatz. EXTEND geht davon aus, dass die jeweiligen Determinanten sozial ungleich verteilt sind; u.a. je nach Altersgruppenzugehörigkeit, Geschlecht, individueller(m) Arbeit(sort), Berufsbiographie, Kompetenzen und beruflichen Qualifikationen, ethnischer Gruppenzugehörigkeit und/oder privaten Lebensumständen einschließlich familiärer und/oder privater Umstände. Auf der rechten Seite fokussieren zwei Pfeile die Handlungsebenen „national“ („institutionell/national“) sowie „betrieblich“ („Betrieb/Arbeitsplatz“) und die jeweiligen Hauptakteure, die hier für Politiken, Strategien und Ansätze für die Förderung von EWL verantwortlich sind. Sie adressieren zugleich mögliche Folgen (Outcomes) von (erfolgreichen/sachgerechten) Interaktionen zwischen Determinanten und darauf bezogenen Politiken, Strategien und Ansätzen. Als geeignete Bewertungskriterien dafür verwendet EXTEND drei Schlüsseldimensionen des „Lebenslage-Konzeptes“ (vgl. Kapitel 2.2.7 in diesem Buch): Gesundheit, Einkommen und soziale Integration. Damit wird die doppelte Bedeutung von Gesundheit als zuverlässiger Indikator/Prädiktor für soziale Ungleichheit mit Blick auf die nachberufliche Lebensphase weiter ausgebaut. Alle Handlungsebenen bieten sowohl Raum für vielversprechende „Solutions“, (im Sinne von „guter Praxis“).
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Gerhard Naegele & Moritz Hess
Abbildung 1: Dimensionen und Beziehungen der sozialen Ungleichheit bei der Verlängerung des Erwerbslebens
1.3 EXTENDs theoretische Zugänge EXTEND verbindet vier verschiedene theoretische Ansätze: (1) Die Theorie kumulativer Benachteiligung (Cumulative Disadvantage Theory) (CDA), (2) die Theorie des Institutionalismus, (3) den Agency-Ansatz und (4) das LebenslageKonzept. Während die ersten drei hauptsächlich zur Erklärung und Beschreibung von Determinanten verwendet werden, wird letzteres hauptsächlich zur Beschreibung und Erklärung von Manifestationen und Outcomes benutzt (vgl. ausführlich Kapitel 2.1 in diesem Buch). Angewendet auf EXTEND besagt das CDA-Konzept, dass berufsbezogene, für das Erreichen von EWL förderliche und/oder hemmende Faktoren aus früheren Lebensabschnitten in ihren Wirkungen über den Lebenslauf kumulieren und zu noch größeren Unterschieden in der Spätphase des Erwerbslebens führen (Dannefer 2003). Übertragen auf die Haupthypothese bedeutet dies, dass sich die individuellen Chancen, freiwillig und „in Würde“ eine längere Lebensarbeitszeit zu erreichen (oder nicht), nicht erst kurz vor der Rente in individuellen „altersspezifischen“ Vorteilen und/oder Nachteilen manifestieren, sondern ihre Ursprünge in Bedingungen haben, die bereits in früheren - vor allem schulischen und/oder beruflichen – Phasen der Erwerbsbiografie wirkmächtig gewesen sind.
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Die Theorie des Institutionalismus (Hall & Taylor 1996) postuliert, dass Institutionen das Verhalten und Handeln von Menschen prägen (können). Gefragt wird dabei nach Veränderungen in den Zielen und Strategien relevanter, individuelles und/oder kollektives Verhalten und Handeln steuernder Institutionen und wie diese Individuen/Gruppen freiwillig oder unfreiwillig (d.h. unter Zwang) in ihren Aktionen beeinflussen und dadurch soziale Ungleichheiten initiieren, verstärken und/oder abmildern. Übertragen auf EXTENDs Haupthypothese wird ein besonderer Fokus auf diejenigen Akteure gelegt, die auf individuelle/kollektive Verrentungsentscheidungen, -prozesse und -strukturen steuernd einwirken, sei es bereits im Vorfeld der Verrentung (z.B. vorzeitiger Verlust von Arbeitsfähigkeit/Beschäftigungsfähigkeit, Invalidität, Arbeitslosigkeit, Ausschluss von betrieblichem Ageund Ageing-Management, unzureichende Praxis der Förderung der Beschäftigungsfähigkeit, Motivationsverluste) oder sei es – was für EXTEND von zentralem Interesse ist – unmittelbar durch Anreize im Renten-, Altersgrenzen-, Arbeitsmarktgeschehen oder im Rahmen der betrieblichen Personalpolitik darauf hinwirken, entweder vorzeitig zu „gehen“ oder länger zu „bleiben“ („Push-, Pull-, Need-, Retain-Faktoren“; vgl. Kapitel 2.2.2 in diesem Buch). Das Konzept der Agency bezieht sich auf die Fähigkeit, Lebenspläne zu entwickeln und sie auch zielgerecht zu verfolgen. In Bezug auf Rentenentscheidungen fragt das Konzept vor allem nach den Fähigkeiten, dafür förderliches (im Sinne von Vorbereitung, Folgeabschätzung etc.) Agency zu praktizieren (z.B. Freizeit- oder Arbeitsorientierung, Altersvorsorge, Timing, finanzielle Einsparungen/Vorbereitung, Umgang mit geplanter Entlassung u.a.). Im Hinblick auf soziale Ungleichheiten im Verrentungsgeschehen belegen entsprechende Forschungen dazu geringer ausgeprägte Fähigkeiten in den unteren sozialen Statusgruppen (Damman & Henkens 2017). Das Lebenslage Konzept fragt nach Manifestationen sozialer Ungleichheit und dient in erster Linie der genaueren Beschreibung und Erklärung ihrer konkreten Ausprägungen/Outcomes. Es liefert z.B. Hypothesen dafür, ob und wie aktuelle Lebenslagen von Individuen oder Gruppen in einem bestimmten Stadium ihres Lebenslaufs in wichtigen Dimensionen von sozialen Privilegien und/oder Benachteiligungen geprägt sind und wie diese sich auf Lebensqualität und Wohlbefinden auswirken. Die Suche nach sozial determinierten Unterschieden ist dabei zentral, ist gleichsam der Kern der Ungleichheitsforschung mittels des Lebenslagekonzeptes. Es zielt auf zuverlässige Informationen zu zentralen Dimensionen und Determinanten von sozial gefährdeten und/oder problematischen Lebenslagen sowie darauf, ob Einzelpersonen und/oder Gruppen „Handlungsspielräume“ haben/hatten/nutzen konnten, diese durch eigenes Handeln abzuwehren oder nicht (Amann 1983; Naegele 2015). Letzteres wird als wichtiger Indikator für soziale Ungleichheit sowohl im individuellen Lebensraum als auch in gesellschaftlich
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hoch anerkannten Bereichen angesehen (im EXTEND-Kontext insbesondere Einkommen, Gesundheit und soziale Integration). EXTEND verwendet das Lebenslagekonzept, um mögliche negative und/oder positive Lebenslagedimensionen in der Vor- und Nachverrentungsphase zu identifizieren und diese im Kontext von früheren berufsverlaufsbezogenen Erfahrungen einerseits sowie im Kontext von Rahmenbedingungen der Übergangssituation (z.B. freiwillig, unfreiwillig, „Push, Pull-, Need-, Retainfaktoren“) zu beurteilen.
1.4 Forschungsperspektive und Methoden EXTEND benutzt eine integrierte Forschungsperspektive, die explizit die Wechselwirkungen zwischen Makro-, Meso- und Mikroebene untersucht. Es geht um „eine systematische Sicht auf soziale Ungleichheiten und ihre jeweiligen Auswirkungen auf die Beschäftigungsmöglichkeiten und frühzeitigen Austritte aus dem Arbeitsmarkt auf verschiedenen betroffenen Ebenen“ (Riedel 2015: 41). Dabei zielt EXTEND auf interdisziplinäre Forschung, die (unter anderem) sowohl durch die Zusammensetzung der Forschergruppe (hauptsächlich aus "Early Mover“Ländern) als auch durch die Zusammensetzung des wissenschaftlichen Beirats repräsentiert wurde. Ein weiteres Merkmal war der Mix der Forschungsmethoden, der je nach Fragestellung sowohl quantitative (Sekundäranalysen vorhandener Datensätze) als auch qualitative Methoden (u.a. Betroffeneninterviews, Fokusgruppen, Experteninterviews) sowie Kurzfallstudien umfasste. Eine der Förderbedingungen im Call war die Nutzung von verschiedenen Sekundärdatensätzen. Diese sind: die niederländische Longitudinal Aging Study Amsterdam (LASA), die Danish Longitudinal Study of Aging (DLSA), die English Longitudinal Study of Ageing (ELSA), der Deutsche Alterssurvey (DEAS) sowie die Transitions and Old Age Potential (TOP) Studie, ebenfalls aus Deutschland.
1.5 Projektpartner*innen und -beteiligte Die Partner aus den beteiligten Ländern waren:
Dänemark: Aalborg University (AAU), vertreten durch Prof. Dr. Per H. Jensen, Dr. Wouter de Tavernier und Dr. Jeevitha Yogachandiran Qvist; finanziert vom Innovation Fund Denmark. Finnland: Finish Institute of Occupational Health (FIOH), vertreten durch Prof. Dr. Jukka Vuori, Dr. Salla Toppinen-Tanner, Dr. Mervi Ruokolainen, Dr. Kaisa Törnroos und Dr. Marjo Wallin; finanziert von der Academy of Finland. Deutschland: Institut für Arbeit und Technik (IAT) und Institut für Gerontologie an der Technischen Universität Dortmund (TUD); finanziert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Das IAT war vertreten durch Prof. Dr. Josef Hilbert und Dr. Sebastian Merkel. Die TUD wurde vertreten
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von Prof. Dr. Gerhard Naegele, Prof. Dr. Monika Reichert, Dr. Moritz Hess, Dr. Mariann Rigó, Dr. Jana Mäcken und Philipp Stiemke (MA). Darüber hinaus war die TUD das koordinierende Institut mit Prof. Dr. Gerhard Naegele als Projektleiter (Principal Investigator) und Dr. Moritz Hess als Projektkoordinator (Co-Principal Investigator). Niederlande: University Medical Center Amsterdam (UMCA), vertreten durch Prof. Dr. Dorly J.H. Deeg, Prof. Dr. Martijn Huisman und Dr. Sascha de Breij; finanziert von der Nederlandse organisatie voor gezondheidsonderzoek en zorginnovatie. Vereinigtes Königreich: Sheffield University (UoS), vertreten durch Prof. Dr. Alan Walker und Dr. Daniel Holman; finanziert vom Economic and Social Research Council.
In der Ausschreibung war gewünscht, zur Qualifizierung von Nachwuchsforscher*innen und Masterstudent*innen beizutragen. Im Rahmen des Projektes wurden drei Dissertationen erstellt, und zwar jeweils an AAU, UMCA und TUD. Darüber hinaus wurden zwei Masterarbeiten von Studierenden der TU Dortmund angefertigt. Beide Arbeiten leisteten einen wesentlichen Beitrag zum EXTEND-Projekt und sind in diesem Buch in Form von Zusammenfassungen vertreten:
Ronja Christofczik (MA): Rentenübergänge von informellen Pflegepersonen – ein Vergleich von Wunsch und Erwartung (vgl. Kapitel 8. in diesem Buch). Philipp Stiemke (MA): Von der Frühverrentung zum längeren Arbeiten: Politische Reformen, Beschäftigung und Rentenübergänge älterer Arbeitnehmer*innen – Deutschland im europäischen Vergleich (vgl. Kapitel 5. in diesem Buch).
1.6 Arbeitspakete (AP) EXTEND umfasste 9 Arbeitspakte (AP) mit unterschiedlichen Teilforschungsfragen und -zielen. Der Aufbau dieses Berichtes folgt den AP: • In AP 1 erfolgte die theoretische Einordnung von EXTEND in Form eines Conceptual Frameworks unter Bezugnahme auf die folgenden Konzepte: Cumulative Disadvantage Theory, Institutionalismus, das Konzept von Agency und das Lebenslagekonzept. In einem zweiten Schritt wurden die Forschungsfragen und die Leithypothese abgeleitet (vgl. Kapitel 2.1 in diesem Buch). • AP 2 befasste sich mit den institutionellen Veränderungen in der staatlichen Renten-, Altersgrenzen und Arbeitsmarktpolitik in den fünf EXTEND-Ländern. Im Detail lag hier der Fokus auf dem allgemeinen institutionellen Wandel von der Frühverrentung zur Verlängerung des Erwerbslebens, die jeweiligen, auf soziale Ungleichheiten bezogenen Implikationen, die Grenzen staatlicher
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Gerhard Naegele & Moritz Hess Anreize allein für die Zielerreichung von EWL sowie auf dem Zusammenhang von nationalen Politiken und allgemeinem sozialen Wandel (vgl. Kapitel 3., 4. und 5. in diesem Buch). AP 3 beschäftigte sich mit der in einigen EU-Mitgliedstaaten (darunter auch EXTEND-Länder) bereits eingeführten Indexierung von Renteneintrittsalter und Rentenansprüchen entsprechend der Entwicklung der Lebenserwartung. Primäres Untersuchungsziel waren die Auswirkungen dieser Regelungen auf soziale Ungleichheiten vor dem Hintergrund sozialer Unterschiede in der Mortalitäts- und Morbiditätsstruktur der Bevölkerung im demografischen Wandel (vgl. Kapitel 2.2.3 und 6. in diesem Buch). Da derartige Regelungen (und auch keine ernst gemeinten Vorschläge dazu) in Deutschland nicht vorliegen, wurde die Bundesrepublik in dieses WP nicht einbezogen. Schwerpunkte von AP 4 und 5 waren Beziehungen zwischen Gesundheit und Verrentungsstrukturen und darin potenziell begründete soziale Ungleichheiten. AP 4 beschäftigte sich hauptsächlich mit dem Einfluss des Gesundheitszustandes auf Art und Zeitpunkt des Rentenübergangs, AP 5 auf den Gesundheitszustand nach der Verrentung (vgl. die Kurzfassung relevanter Befunde in Kapitel 7. in diesem Buch). In AP 6 ging es um „Double-Duty-Carers“, d.h. jenen professionell Pflegenden, die ihre hauptberufliche Pflegearbeit mit privaten (meist familiären) Pflegeverantwortlichkeiten in Einklang bringen müssen (vgl. Kapitel 9. in diesem Buch). AP 7(1) untersuchte die je spezifischen Arbeitsbedingungen und Arbeitsgestaltungen in ihren jeweiligen Auswirkungen auf Verrentungsentscheidungen und -strukturen im professionellen Pflegebereich (Alten- und Pflegeheime sowie Krankenhäuser) (vgl. Kapitel 10. in diesem Buch). AP 7(2) beschäftigt sich mit einer besonders erfolgreichen Interventionsmaßnahme aus Finnland, die darauf abzielt, die berufliche Laufbahn im Sozial- und Bildungssektor auf freiwilliger Basis zu verlängern (vgl. das FIOH „Good Practice“ Beispiel in Kapitel 11.4 in diesem Buch). Anhand ausgewählter Beispiele beschäftigte sich AP 8 mit der Frage, ob und wie es möglich ist, soziale Ungleichheiten im Renten-, Altersgrenzen-, Arbeitsmarkt- und betrieblichem Beschäftigungssystem zu reduzieren/zu vermeiden. Dazu wurden ausgewählte Beispiele besonders „guter Praxis“ auf unterschiedlichen Interventionsebenen evaluiert. Dieses Buch enthält ausgewählte Beispiele aus Deutschland und Finnland (vgl. Kapitel 11. in diesem Buch). Die abschließenden Kapitel 13 und 14 enthalten dann z.T. darauf basierende zusammenfassende Empfehlungen an die Politik (im Stile von „Policy Pointers“ und „Priorities“); dabei in Kapitel 13. fokussiert auf Deutschland, in Kapitel 14. dann aus EU-Perspektive.
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Im AP 9 wurde eine Kosten-Nutzen-Analyse von Age-und Ageing-Management Maßnahmen durchgeführt. Primäre Untersuchungsfrage war, ob sich betriebliches Alter(n)smanagement „rechnet“ bzw. ob sich rechtzeitige Interventionsmaßnahmen in wichtige Dimensionen der Beschäftigungsfähigkeit, die auf die Bekämpfung von sozialen Ungleichheitern zielen, auch in einer makro- und mikroökonomischen Perspektive „lohnenswerte Investitionen“ sind. Die verwendeten Daten fußen zumeist auf deutschen Studien (vgl. Auszüge aus dem Abschlussbericht in Kapitel 12. in diesem Buch).
1.7 EXTENDs Forschungsfragen und -themen Daraus ergeben sich – zusammengefasst und stark verkürzt – die folgenden Forschungsfragen und -bereiche, die in den beteiligten Partnerländern jeweils mit unterschiedlichen Schwerpunkten bearbeitet wurden: • Welche theoretischen Erklärungsansätze gibt es, und wie können sie für EXTEND nutzbar gemacht werden? • Institutionelle wie betriebliche Änderungen in der staatlichen (Früh)Verrentungs-, Arbeitsmarkt- und auf ältere Arbeitnehmer*innen bezogenen Beschäftigungspolitik mit potenziellen Implikationen für soziale Ungleichheiten in der Vorrenten-, Übergangs- und nachberuflichen Lebensphase; • Potenzielle soziale Ungleichheiten im Falle der Indexierung des Renteneintrittsalters entsprechend der Lebenserwartung; • Zusammenhänge und Interdependenzen zwischen Gesundheit und Verrentungsentscheidungen in der Vor- und eigentlichen Übergangsphase sowie zwischen Gesundheit und Lebenslage in der (Nach-)Übergangs- und späteren Altersphase; • Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Pflege als (Früh)Verrentungsgrund/motiv unter besonderer Beachtung der sog. „Double-Duty-Carers“, also derjenigen, die privat und zugleich hauptberuflich/professionell pflegen; • Arbeitsbedingungen und -gestaltungen in ihren jeweiligen ungleichheitsrelevanten Implikationen für Verrentungsstrukturen und -entscheidungen im professionellen Pflegebereich (Alten- und Pflegeheime sowie Krankenhäuser); • (Gute) Erfahrungen aus Finnland mit betrieblichen, auf die späte Erwerbsphase bezogenen Karriereplanungs- und Motivationsprogrammen mit dem primären Ziel, den Einfluss betrieblicher Altersdiskriminierung zu reduzieren; • „Good Practice“ in der Vermeidung/Verringerung von sozialen Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang; • „Rechnen sich“ betriebliches und überbetriebliches Age- und Ageing-Management mit besonderem Fokus auf Gesundheitsförderung und -schutz?
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1.8 Aufbau und Inhalte dieses Buches Dieses Buch berichtet über die EXTEND Ergebnisse mit Schwerpunkten auf deutschen Befunden. Dort, wo es angebracht war, berichten in Kurzfassung auch beteiligte Kolleg*innen aus den Partnerländern zu ihren Ergebnissen mit ihrem spezifischen Länderfokus. Da die Originaltexte in Englisch geschrieben wurden, haben wir uns entschieden, einige der Beiträge in diesem Buch auch in Englisch zu publizieren. Die Arbeiten an diesem Buch wurden im Mai 2020 abgeschlossen.
Verwendete und weiterführende Literatur Amann, A. (1983): Lebenslage und Sozialarbeit. Elemente zu einer Soziologie von Hilfe und Kontrolle. Berlin: Duncker & Humblot. Bäcker, G., Naegele, G. & Bispinck, R. (2020): Sozialpolitik und soziale Lage in Deutschland. 6. grundlegend überarbeitete und erweiterte Auflage, Bd. II. Wiesbaden: Springer VS. Börsch-Supan, A. (2017): Employment of older workers in Germany. How Germany moved from laggard to European vanguard. EU/OCED Workshop (Presentation). Brussels: 28.06.2017. Brussig, M. (2018): Verlängerte Erwerbsbiografien: Triebkräfte, Grenzen, soziale Ungleichheiten. WSI-Mitteilungen, 71, 01: 12-19. Damman, M. & Henkens, K. (2017): Constrained agency in later working lives: Introduction to the special issue. Work, Ageing and Retirement, 3(3): 225-230. Dannefer, D. (2003): Cumulative Advantage/Disadvantage and the Life Course: Cross-Fertilizing Age and Social Science Theory. Journal of Gerontology, Social Sciences, 58B (6): 327-337. Eitner, C. & Naegele, G. (2013): Fremd- und Selbstbilder vom Altern in der Arbeitswelt. In: Jahrbuch Sozialer Protestantismus, 6: Alternde Gesellschaft – Soziale Herausforderungen des längeren Lebens. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus: 167-189. Hall, P.A. & Taylor, R.C.R. (1996): Political science and the three new institutionalisms. Political Studies, 44(5): 936-957. Hofäcker, D., Hess, M. & König, S. (eds.) (2015): Delaying Retirement. Progress and Challenges of Active Ageing in Europe, the United States and Japan. Houndmills: Palgrave Macmillan: 221240. Jensen, P.H. & Øverbye, E. (2013): The work-retirement puzzle. In: Jensen, P.H. & Øverbye, E. (eds.): Down and Out-or Free at Last? Berlin: Logos Verlag: 9-27. Naegele, G. (2015): Lebenslagen im Alter in Zeiten demographischen Wandels. In: Rohmann, H. & Rehfeld, D. (Hrsg.): Lebenslagen – Beiträge zur Gesellschaftspolitik. Marburg: Metropolis: 7188. Naegele, G. (2017): Altes und Neues zur „Arbeit trotz Rente“ – Weiter wachsende Rentnererwerbsarbeit. In: Generali Deutschland AG (Hrsg.): Generali Altersstudie 2017. Wie ältere Menschen in Deutschland denken und leben. Berlin: Springer: 55-61. Naegele, G. & Bauknecht, J. (2017): Strategies (‘Action Plan’) for extending working lives, raising older workers´ employment rates and intensifying Lifelong Learning in later working life. MoPAct Work Package 3, Task 5. Dortmund: Forschungsgesellschaft für Gerontologie. OECD (2011): Linking Pensions to Life-expectancy. In: Pensions at a Glance 2011: Retirement-income Systems in OECD and G20 Countries. OECD-Publishing: Paris. Phillipson, C. (2018): ‘Fuller’ or ‘extended’ working lives? Critical perspectives on changing transitions from work to retirement. Ageing & Society. Cambridge University Press. Riedel, S. (2015): Social position. In: Hasselhorn, H.M. & Apt, W. (eds.): Understanding employment participation of older workers: Creating a knowledge base for future labour market challenges. Federal Ministry of Labour and Social Affairs (ed.). Berlin: 40-41. Sinclair, D., Moore, K. & Franklin, B. (2014): Linking state pension age to longevity. Tackling the fairness challenge. London: ILC-UK report.
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Trischler, F. (2014): Erwerbsverlauf, Altersübergang, Alterssicherung. Zunehmende soziale Ungleichheit im Alter. Wiesbaden: Springer VS. Van Oorschot, W. & Jensen, P.H. (2009): Early retirement differences between Denmark and The Netherlands: A cross-national comparison of push and pull factors in two small European welfare states. Journal of Aging Studies, 23(4): 267-278. Walker, A. (2011): FUTURAGE. A Roadmap for European Ageing Research. Sheffield. Walker, A. (2019) (ed.): The Future of Ageing in Europe. London: Houndsmill: Macmillan.
2. Social inequalities in realising extending working lives - EXTEND`s conceptual framework1 Gerhard Naegele and Moritz Hess In general, a conceptual framework “explains, either graphically or in narrative form, the main topics to be researched – the key factors, concepts, or variables – and the presumed relationship among them” (Maxwell 2005: 33). In a wider sense, it “includes the actual ideas and beliefs that you hold about the phenomena studied” (ibid.). Basically, a conceptual framework “is primarily a conception or model of what is out there that you plan to study, and of what is going on with these things and why…it helps you to justify your research…” (ibid.). Earlier researchers (Pahl-Wostl 2009: 355) based their conceptual framework on “assumptions derived from theoretical and empirical evidence”. Theory and empirical evidence is derived from scientific literature. A conceptual framework is “constructed, not found” (Maxwell 2005: 35), i.e. in the best cases previously not existing. This, to some degree, also prevents the recycling of existing knowledge, which should be avoided.
2.1 EXTEND`s theoretical basis In general, EXTEND`s research is located in the overarching issue of social inequalities2 in old age – embedded in a life course perspective. There is much empirical evidence available about social inequality in old age (`age-related inequalities´; Walker 2011) against the backdrop of a rising further life expectancy. EXTEND`s focus refers to two main objectives: (1) to identify, to explain and to assess the assumed pre- and post-retirement outcomes of cumulated social disadvantages/privileges that stem from the previous Employability ment biography and have been "taken along", as it were, as well as the outcomes of respective related policy approaches as the most significant ´drivers´; and (2) to search for (preventive and compensatory) policies and measures on different levels either to avoid or to reduce social inequalities in the pre- and post-retirement phase, keeping in mind that EXTEND is `solution-driven´. However, with respect to retirement policies, measures and practices – particularly in the context of the recently introduced shift of paradigm in extending working life – social inequalities are so far
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The conceptual framework of EXTEND was written in the first phase of the work and cannot cover research and literature after 2016. 2 The normative concept applies to social inequalities, which are “judged to be unfair and unjust” (Walker 2011: 65). For a recent work see also Phillipson (2018).
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_2
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distinctively under-researched. EXTEND aims to counter this research gap (see recently also Phillipson 2018). 2.1.1 EXTEND`s understanding of social inequalities Social inequality is characterized by the existence of unequal opportunities and rewards for different social positions or statuses within a group or society. It contains structured and recurrent patterns of unequal distributions of goods, wealth, opportunities, rewards, and punishments (Wade 2014): “Social inequalities are a societal stage, in which access to important spheres of life (e.g education and labour market) are more difficult for single individuals or groups than others and unequal distribution of resource and positions is perceived as a social problem” (see also Schäfers 2002: 401). For EXTEND this means the focus is on the difference between groups that have more difficulties accessing the labour market and voluntary retirement than others. Furthermore, they have fewer resources or advantaged social positions in the life-course phase of late career, retirement transitions and post-retirement and these differences are perceived as a social problem. These social inequalities exist firstly and primarily between social groups in our case of older workers and retirees. Men might be more privileged than women (e.g. Edge, Cooper & Coffey 2017), rich more than poor, high-skilled more than low-skilled (e.g. Hofäcker & Unt 2013), high occupational status more than low occupational status - with strong internal differences for specific occupational groups (for Germany e.g. see Brandl 2015) – non-migrants more than migrants, workers more than (long-term) unemployed, retired workers more than retired civil servants, those without private care burdens more than those with, and the healthy more than the unhealthy. Social inequalities in late career stages might, secondly, also exist between different occupational sectors and between countries. For example, there is empirical evidence that professional carers on average are forced to retire earlier due to unfavourable working conditions and heavier workloads than other groups of personal service deliverers (Naegele 2015b) (see chapter 10. in this book). On the other side, older workers occupied in sectors with good experiences in corporate age-management – in Germany very often typical for both big sized as well as strongly unionised sectors – have better chances of reaching later retirement ages than others (Eitner & Naegele 2013). EXTEND is addressing different types of social inequalities. The aim is at investigating social inequalities from different perspectives and different levels: Concretely, WP 2 and 3 are focusing on several social inequalities from an institutional and policy level perspective. The overarching and more general consequence of the potential re-emergence of social inequalities stemming from the policy shift towards extending working lives is at the core of these two work packages. In the next step, this trend of rising social inequality is then investigated in one particular sector and workplace setting. The choice of the HCS (see chapter
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9., 10. & 11.3 in this book) was made because of its rising importance, the high share of female workers and the harsh working conditions that make delaying retirement very hard. EXTEND is exploring social inequalities from both a sector as well as a company level perspective by focusing on working conditions in companies representing the sector of health and care work. In addition, EXTEND also addresses gender inequalities in extending working lives, as the majority of the workers here are women. In chapter 7 in this book (WP 5 and 6) the focus is on health inequalities before and after retirement and how these effect the possibilities of extending working lives. As EXTEND explores the topic of social inequalities from different perspectives and levels social inequalities are also measured differently. We use health, workability and employability as concepts to distinguish social groups and measure social inequalities in health, the economic and in the social situation. Suitable indicators ACCESS used are, amongst others, education, gender, occupation status the sector of occupation and the existence of caring obligations. 2.1.2 Drivers of social inequalities Regarding explaining `drivers´ of social inequalities, EXTEND is based on two basic theoretical concepts: (1) cumulative disadvantage theory (CDA) and (2) institutionalism. Regarding and understanding the manifestations of social inequalities a third feature is to consult (3) the “life-situation” approach (“LebenslageKonzept”).
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The CDA-concept (1) states that social (dis)advantages from earlier in the life course accumulate and lead to even larger differences in old age. Transmitted to our leading hypothesis EXTEND assumes that individual chances and/or risks to reach a longer working life voluntarily and “in dignity” or not having their origins in individual advantages and/or disadvantages experienced in earlier life stages of the individual working life course. However, EXTEND explicitly takes into account that there are individual “rooms for manoeuvre” 3 for many of those being confronted with social disadvantages at each stage of the life course. This is achieved twofold: first, EXTEND asks for changes in exercising agency and to use agentic capacities to change plans and decisions; secondly, EXTEND explicitly analyses the chances of external support, e.g. through professional advice; which both might help to prevent and/or at least reduce negative/cumulative outcomes of social disadvantages in earlier stages of the retirement process.
This is also one of the key assumptions of the “life-situation” approach; see section 2.1.4 in this chapter.
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The institutionalism concept (2) assumes that institutions shape people`s behaviour and asks how changes in objectives and strategies of relevant institutions (in the case of retirement the shift from “push” and “pull” to “stay” factors) influence individuals’ behaviour and/or constraints and thus might strengthen and/or mitigate social inequalities. Transmitted to our leading hypothesis EXTEND lays a special focus on those private and/or public measures as well as on recent policy changes that shape employment dangers and risks next to premature loss of workability/employability, disability, unemployment and retirement in later stages of working life. The “life-situation” approach (3) has its prime focus on manifestations of social inequality. It indicates whether and if so how current life-situations in a certain stage of an individual life course are characterised by social privileges and/or disadvantages and how these display themselves in different dimensions – mainly in those aspects of quality of life. The concept aims at reaching reliable conclusions in terms of identifying life-course related drivers and whether individuals have had (and used) any `room for manoeuvre´ to avoid `social shortcomings´. EXTEND understands the latter as an indicator for existing social inequalities in both individual as well societally highly acknowledged dimensions – among them and with a special focus on older workers/persons, in particular income, health and social integration (Amann 1983; Naegele 2015c). Transmitted to our leading hypothesis EXTEND uses the life-situation approach to identify and assess 4 possible negative and/or positive outcomes in the pre- and post-retirement phase of both working-lifecourse related privileges/disadvantages as well as institutional drivers.
2.1.2.1 Cumulative Disadvantage Theory (CDA) “Age and cumulative advantage/disadvantage theory have obvious logical, theoretical and empirical connections, because both are inherently and irreducibly related to the passage of time. [...] CDA brings into focus questions concerning the extent to which observed age differences and age-related variability result from systematic processes” (Dannefer 2003: 327). The main idea of the CDA theory, which is strongly life-course oriented, is the hypothesis that (dis)advantages earlier in the life-course entail (dis)advantages later, which systematically strengthen differences in socio-economic resources and status among different social groups over time (Dannefer 2003). There is much evidence of the negative effects of early and middle labour market disadvantages on later life employment and even on retirement prospects (Rosenow 1982; Naegele 1992); especially with regard to women (Rosenmayr & Majce 1978). EXTEND engages with this approach by concentrating on the whole life4
However, without necessarily indicating causality.
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/work-course by introducing the concepts of social risks and the respective national social policy regimes to emphasise the essential social context of the lifecourse. These complementary theories confirm and strengthen the notion that early advantages or disadvantages play a critical role in the shaping of (later) life-course inequalities in different dimensions of the life-situation (Ferraro & Shippee 2009). However, while early risk factors have a potential bearing on later life consequences (outcomes), they do not simply determine them. Key roles are played by individual agents themselves, social relationships, organisational practices and/or public policy (Walker 2006; Damman & Henkens 2017). It is the combination of structural factors, such as the social class of origin, early and mid-life deprivation, ethnicity and gender that matters. Agency-influenced outcomes in youth and adulthood, such as personal investments in education and training, as well as social policy and/or organisational measures (both gendered or not), play an additional role as well. It also relates to practices in the workplace that largely predetermine retirement outcomes, as very often retirement decisions complying with those practices can be perceived as forced (`silent pressure´; Naegele 1992). EXTEND focuses on investigating how national policy regimes, as well as organisational practices, facilitate individual decisions. Furthermore, EXTEND tries to bring together the theory of cumulative (dis)advantage and the notion of `social risks´ - those risks that are beyond the scope of individuals alone to solve (Bäcker, Naegele & Bispinck 2020, vol. I). They are used in EXTEND to frame the analysis of how the working life-course shapes inequalities with impacts on both the pre- and post-retirement phase as well as on retirement decisions and constraints. With respect to older workers and the ageing workforce, socio-political literature distinguishes the hereinafter listed typology of social risks and emphasises that they can coincide respectively as the starting point for follow-up risks (“risk chains”). All of them potentially affect employment as well as pre- and post-retirement outcomes, like precarity, job safety, quality of work and life including work motivation and satisfaction; and thus retirement decisions and life-situations in retirement as well (e.g. Naegele 2011). In this context EXTEND is aware of the distinction between “external risks” and “self-chosen risks”, e.g. between “those which befall us by no fault of our own as it were and those risks in which our own decision plays a role” (Leijnse et al. 2002: 10). Furthermore, particularly with respect to financial outcomes, the issue of social protection of social risks has become of increasing importance for policymakers.
In general, one can distinguish between employment risks and ordinary risks of life. The former are based in the fundamental structure of a market economy. They are often described as “standard risks of the working life” (like
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Gerhard Naegele & Moritz Hess unemployment, work-accidents, work-related disability, work-related illnesses, vocational dequalification or loss of skills) (Bäcker, Naegele & Bispinck 2020 vol. I; Naegele 2011). Many social risks of (older) workers can be interpreted as (age-related) standard employment risks. Of the general employment risks, those related to structural changes in the organisation of work, (´modernisation´), often described as precarity in employment, are of rising distribution; such as changes in job specification, destandardisation, flexibilisation/casualisation, changes of ownership, deregulation, temporary work or outsourcing5. Thus, not only are typical age-related employment risks generated but also hazardous changes in status passages in standard employee biographies; particularly in later stages of the working life affecting, e.g. job security, retirement and opportunities to work (longer). Ordinary risks of life, also known as biometric (Börsch-Supan 2005) and/or familial risks (like child rearing, non-work related illness/disability, single parenting or caregiving) might be mainly individual in nature (e.g. longevity), but very often indirectly impact on employment prospects in a long-term perspective (but in principle can begin in all phases of working life); particularly with respect to work-life-balance conflicts, primarily affecting working women. They can become economic risks in later life and create financial precariousness in old age. They are directly or indirectly addressed more or less in all EXTEND´s work packages, however, there is a special focus on WP 2, WP 4 and WP 5. Many age-related employment risks are related to political decisions, e.g. to increase pension ages affecting, e.g. ability or willingness to retire, availability of employment for older workers or work motivation, as is noticeable in all EU member states (Naegele & Bauknecht 2017).
EXTEND follows the obvious underlying mechanism that privileged groups will accumulate more resources (e.g. income, education, social capital) and will be given more opportunities through the life-course; often following the “Matthew principle”: “he that has plenty of goods shall have more”. Thus, they gain more human capital and potential to avoid or better cope with social (employment) risks. As high-SES groups will benefit more and more from their resources, their lower SES-counterparts get relatively poorer, leading to a greater gap between low and high SES-groups in later parts of the life course (O’Rand 2003). In other words, differences between social groups increase and with them social inequalities. Relating the CDA to the phase of retirement transitions one could hypothesise that those older workers who had lower incomes during their career and, hence, often 5
See also the section “The work problem” in Phillipson (2018).
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lower pension claims have less choice regarding the timing of their retirement. They might also suffer from harsher working conditions that affect their health and force them involuntarily into earlier retirement. Ferraro & Shippee (2009) claim that the main root of inequalities can be found in social systems and these inequalities then accumulate over the life course. It can be assumed that at least partially the development described in the CDA theory can be attributed to macro (institutional) and meso (company) level actions. The question is now how these affect individuals when they change, as with the policy shift towards extending working lives. Institutionalism offers an explanation of this question. 6 2.1.2.2 The concept of “agency” In recent literature, a debate began about the primacy of structure or agency in shaping individual behaviour in the era of later working lives and retirement. The concept of agency refers to the ability to formulate and to pursue life-plans (Damman & Henkens 2017: 228), in terms of retirement decisions the concept asks for chances to exercise agency in retirement decisions (e.g. leisure- or work-oriented (e.g. Wöhrmann, Deller & Wang 2013), retirement planning, timing, financial savings/preparation, planned removals, and others); with respect to social inequalities it asks for constrained individual agency among different SES groups. Research reveals that both agency competencies, as well as mastery, are not only developed in the years around retirement but over the life-course and that opportunities for exercising agency are unequally distributed between socio-economic groups. Interpreting these findings, Damman & Henkens (2017: 228) suggest: “An important step for future research on the role of structure and agency in shaping later working lives would be to integrate the focus on opportunities for agency, with the notion of agentic capacities, and to examine in which contexts agentic capacities matter and in which they are less important”. 2.1.2.3 Can “late career management” reduce the risks? Although acknowledging the cumulative effects over the life-course described in CDA theory, intervention theory states it is possible to counteract and mitigate the staging of advantages and disadvantages with interventions. These interventions
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When using the CDA theory as one core theoretical basis of EXTEND, one should also acknowledge the “competing” theoretical approach of the Age-as-Leveler-Theory. Yogachandiran Qvist states (2018: 4): “In contrast to the “cumulative dis/advantage theory” a competing theory “age-as-leveler” has emerged. … This perspective presumes that SES-differences (socio economic status; G.N. & M.H.) will decrease in later life relative to middle adult-hood due to biological process, social programs aiming to redistribute income and offset market forces … and the overarching influence of biological processes referring to the ageing of the body, that will start dominating in later life, and thus make the effect of SES decrease.”
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could include company human resource measures or public programs at the national level. It seems that the interventions are most effective when implemented at work-life transitions. These are important phases in the work-life course that can be seen as switch points. Examples are the transitions from school to work, unemployment to employment, from paid work to retirement (Vuori, Blonk & Price 2015). Here the interventions can (1) facilitate individual decisions and agency, (2) promote change potential during transitions and (3) prevent cumulative disadvantage. Previous research has found them to be rather effective (Ahola et al. 2012; Vuori, Toppinen-Tanner & Mutanen 2012). In EXTEND WP 7(2) the research focus is on one intervention study that helps older workers with their late career phase and their transitions to retirement called Engagement for Late Career (ELC) program (see also chapter 11.4 in this book). 2.1.2.4 Workability and employability - chances and constraints to EWL Taking the CDA concept as one key starting point for EXTEND, the question arises - with respect to chances and constraints to realise EWL voluntarily and “with dignity” - which determinants can be identified that accumulate over the life course and might lead to pre- and post-retirement social inequalities. Focusing on the employee-perspective, EXTEND refers to the human capital approach and its inherent risk factors. In this context explicitly the concepts of workability and employability are addressed. Empirical research has repeatedly confirmed that both workability, as well as employability (also of older workers), can be influenced positively (promoted and improved) as well as negatively (weakened) and that the company, as well as the workplace level, play outstanding roles in this context (e.g. HR, age management) (Edge, Cooper & Coffey 2017; Naegele & Bauknecht 2017). In focusing on this, EXTEND investigates (1) social inequalities among the different chances of acquiring, using/maintaining and raising (`good´) workability and employability in the pre-retirement phase (2) as well as in what way they influence (as key `drivers`) both social inequalities in the retirement-process as well as in the post-retirement phase. Referring to CDA, consequently, EXTEND asks if and how workability and employability develop cumulatively over the life course and asks what risk-factors (mainly “employment risks”) affect workability and employability negatively; and if so, it enquires into noticeable socially distributive distinctions among different groups of ageing/older workers and retirees. The concept of workability refers to individual (older) workers´ ability to master work-life challenges he/she is confronted with: “… a person´s potential … to master a given task at a given time. Here, the development of the individual functional capability has to be put into relation to job requirements. Both can change and possibly have to be configured in an age adequate or ageing adequate way” (Ilmarinen & Tempel 2003: 88). “Workability is built on the balance between a person’s resources and work demands. A person’s resources consist of
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health and ability, education and competence, and values and attitudes. Work, on the other hand, covers the work environment and community, as well as the actual contents, demands, and organization of work. Management (i.e. supervision) is also associated with work” (Ilmarinen 2005: 132). To describe and explain workability in terms of both concreteness and interrelations, Ilmarinen (2005) normally uses the picture of a house with different floors, each containing relevant dimensions that are mutually supportive. He recommends a bottom-up perspective with health status as the most significant determining factor of a worker`s workability on the ground floor. The focus of workability is on the “[…] interaction of individual resources and the concrete requirements of the relevant work activity, which demands a minimum degree of health and thus efficiency” (Freude & Pech 2005: 56). Workability refers to individual characteristics like skills and personal resources affected by life-long learning (LLL) and training, health, motivation (willingness to work) and other individual dimensions. EXTEND sees health and functional capacities as the key dimension of workability that, not without reason, are placed in the house of workability on the `ground floor´, and as such is understood as its fundament. This is in line with EXTEND`s own view of health as a factor of influence with a threefold meaning: it is (1) a key component of workability and employability, (2) a strong determinant for extending working lives as well as (3) a reliable indicator for post-retirement social inequalities (see chapter 7.4.4 in this book). Furthermore, health (as part of), workability and employability do not stand alone but are interrelated. Good health and a good functional capacity can be considered, on the one side, as the basis for a good workability and employability (IIlmarinen 2015) and at the same time it is also influenced by both of them. For example, conditions in the workplace have an effect on the health of employees (Kadefors 2010). Together with health as the basic precondition for comprehensive workability, Illmarinen’s concept takes into account the interaction of further factors: “It aims to balance personal factors, such as physical and mental health, skills and motivation, with the job itself, how it is managed, what the working environment is like and what the role actually entails” (Maltby 2011: 234). A `good´ workability is a necessary precondition on the individual, micro level for successfully extending working life “in dignity” and vice versa. Differences in workability regarding, for example, an older worker’s education and skills can lead to differences in the ability to work longer. EXTEND conceptualises this as social inequality. In combination with the shift of paradigm in early retirement approaches and EWL-policies and measures, this can lead to an increase of social inequality in third age employment with long-distance effects for the post-retirement phase. In doing this the workability concept not only immediately takes up workrelated dimensions but also private and environmental factors of influence. These
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are explicitly dealt within the EXTEND research by considering private and environmental determinants as increasingly crucial for individual retirement decisions and attitudes towards extending working life, particularly among women. Although there is no singular definition (e.g. Green et al. 2013: 78), a review of the literature suggests that in comparison with workability employability is a more far-reaching concept, viewing the requirements of the labour market as the central determining factors. Although closely linked to that of workability, it is still markedly different. Employability is ‘broader’ than workability as it also includes the characteristics of the workplace and how an older worker’s workability fulfils the requirements of the labour market. According to Trischler, qualifications and productivity are of particular relevance for the employability of older workers (2014). In the specialist literature, employability is usually conceptualized from two sides: from the requirements situation (labour market) and the individual resources (subjectivity) of employees (Kraus 2006). It contains factors referring to the demand side such as work demands, workplace stereotypes, career perspectives, working conditions, job quality, labour market conditions (including high or low demand for certain skills, which is also affected by tertiarisation). EXTEND regards employability as a concept explicitly addressing the factual utility value of a worker for the labour market, in a region, a company, a job or for a special task. Furthermore, it refers to a person's capability of gaining and maintaining employment, e.g. getting and retaining jobs/work (Hillage & Pollard 1998). In other words, employability simply means “the capacity to be productive and to hold rewarding jobs” (McKenzie & Wurzburg 1997), at best over the period of one`s working life. For individuals, employability depends on the knowledge, skills and abilities they possess, the way they present those assets to employers and the context within which they seek and/or want to retain paid work (Hind & Moss 2011). It also, ideally, refers to the quality of such work or employment: People may be able to obtain work but it may be below their level of skill, or in low paid undesirable or unsustainable jobs, and so forth. As such, employability is affected by both supplyside and demand-side factors, which are often outside an individual's control. In this context, a further interpretation refers to the concept of organisational employability (Kraus 2006) addressing the concrete situation of a job in a company and in doing so asking for corporate management strategies to influence employability positively. Older workers differ in their employability in different dimensions, which can be seen as a source of social inequality. Their employability is affected by many factors, e.g. negative employer attitudes, age limits in employment contracts, rigid wage structures, the absence of part-time employment options, and age-discriminatory labour market structures (Beier-Sørensen & Buhl 2007). Several studies have analysed the employability of older workers and its association
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with firm productivity and wage costs yielding mixed results (Hellerstein & Neumark 2004; Vandenberghe, Rigó & Waltenberg 2013). Unfavourable framework conditions in the workplace also often affect less well qualified older employees with bad health and low workability, so that the stress loads for this group accumulate (Hofäcker & Naumann 2015). In addition, they also have less access to age-management measures that might help them with such stress. 2.1.3 Institutionalism An institutionalist approach offers a linkage between institutions and individuals, as Naumann (2014: 11) comments: “At the core of each institutional theory is the explanation of how institutions affect the behaviour and the attitudes of these actors”. Institutionalist research can be distinguished into three strands: rational choice, sociological and historical institutionalism. However, in institutionalism, only two different approaches exist that explain how institutions affect individuals’ behaviour and attitudes (Hall & Taylor 1996; Knill & Lenschow 2001): the ‘calculus approach’ and the ‘cultural approach’. The underlying assumption of the ‘calculus approach’ (De Tavernier & Roots 2015) is that of a utility maximising rational individual: the “homo oeconomicus”. Individuals have a fixed set of preferences and rationally choose how to act and do so strategically and instrumentally to fulfil those preferences as best as possible, that is, to maximise their utility. The ‘cultural approach’ (Hall & Taylor 1996), in contrast, claims that individuals are not only utility maximising rationalists, but follow certain norms, moral concepts and ideas about what is right and what is wrong. These concepts form the behaviour but also the preferences of the “homo sociologicus”. These two approaches coincide with the basic mechanism of how institutions influence individuals according to rational choice and sociological institutionalism, respectively. Although the two streams of institutionalism disagree in how exactly institutions shape individuals’ behaviour and values they are in agreement that they do so. These institutions are embedded in the welfare state but also in organisations such as companies. For the life-course phase of retirement and late career, certainly respective countries’ pensions and labour market rules, as well as company and sector regulations and practices, are important institutions that shape the transition from work to retirement. These vary from country to country, sector to sector and even from organisation to organisation. In addition, individual welfare states and companies have also undergone fundamental changes that can be summarised using the idiom of EWL that describes a policy shift that aimed to keep older workers in the labour market longer and, thus, relieve welfare states of financial pressure and help mitigate the shortage of skilled labour. Examples of the pension reforms are the raising of statutory retirement ages and the introduction of age-friendly human resource measures in companies (see sections 2.2.3 and 2.3 in this chapter).
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This shift is coined by the term of a policy shift from “push” and “pull” factors to “stay”, “stuck”, “need” and “retain” factors. These are described in more detail in section 2.2.2 in this chapter. In the following sections, a theoretical explanation of how this policy shift affects individual older workers by combining CDA and institutionalism theory is offered and finally the lead hypothesis of EXTEND is derived. 2.1.4 The “life-situation” approach (“Lebenslage Konzept”) The “life-situation” approach has its origins in the Austrian/Germany-based sociological inequality research. It is closely linked to the research on quality of life built on social indicators (Glatzer 2012). For EXTEND the “life-situation” concept is useful when it comes to analysing the emergence and manifestation of social inequalities in a daily life perspective, be it in the pre- or post-retirement phase. The “life-situation” approach aims at identifying, explaining and measuring social inequalities in terms of certain material and non-material living conditions between individuals and groups (Burzan 2011; Naegele 2015c). The original “lifesituation” approach distinguishes between the following six dimensions which represent fundamental human concerns: (sufficient) financial situation including economic wealth, supply reliability in terms of important social and health services, communication and social integration, access to options of learning and collecting experiences, societal and political participation, health and opportunities for regeneration. There is much empirical evidence that shows that the chances of realising these dimensions are selectively distributed among different social groups which can be interpreted as social inequalities. Living in ´social shortcoming´ means that people do not reach an acceptable standard of living concerning these dimensions. However, life-situations are not seen as primarily externally determined. In the “life-situation” approach they are also seen as the results of interactions between societal contexts and individual behaviour (Amann 1983); as such they are understood as outcomes of both societal and environmental framework conditions which are embedded in the relevant concrete economic, social, cultural and political living conditions during the course of individuals’ lives as well as using/not using existing starting points for individuals’ own means of acting. The latter is conceptualised in the “life-situation” concept as ”rooms for manoeuvre” (“Handlungsspielräume”; Amann 1983; Leßmann 2015). In consequence, the real life situation of a person mirrors the effectiveness and impact of the individual “room of manoeuvre”, understood as whether a human being can develop and satisfy fundamental concerns within a given developmental stage in a society. From a socio-political point of view, life-situations are assessed as socially endangered, precarious (or in the terminology of the concept ´socially weak´; ´social shortcoming´), if both particular and/or all of the six fundamental concerns of people are not fulfilled and the rooms for manoeuvre are
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either non- or only insufficiently existent. Social policies based on the “life-situation” approach aim at preventing and mitigating social inequalities in life-situations. It seeks the social and political creation of a life situation without social inequality, including the provision of room for manoeuvre for individuals. The main characteristic of the “life-situation” approach is its multidimensionality - for example both economic and social and the assumption that the individual dimensions are not linked to each other additively but intersectionally. In this, the independence of the individual dimensions is described together with the possibility of levelling out deficits. Not only economic but also social and welfare statecreated inequalities are addressed. These relate, for example, to the type and scope of social relationships, to existing privileges or discrimination, education, or the state of health. In addition, the degree of social safeguards, together with work and leisure conditions and the accommodation situation7 (welfare state-created social inequality) are also included in the approach (Engels 2006; Burzan 2011). The distribution of life-situations in old age is, thus, understood as an expression of social inequality in old age and is mostly the result of corresponding life conditions throughout the entire course of life (Backes & Clemens 2008). Until now old age has been considered as relatively undifferentiated with regard to the life-situation approach. Its modernisation is overdue, particularly as it should address more strongly life-situations in differing age phases and - with respect to older people`s life-situation - should weaken the original concept`s strong focus on external factors of influence (Naegele 2015c). In the EXTEND project, the focus is on both the life-situation of older workers approaching retirement as well as the recently retired. In doing this, EXTEND is only using three of the six dimensions named above: economic dimension, health dimension and social dimension. The reasons are mainly pragmatic: in the EXTEND context, no empirical data for all of the six dimensions are available (see section 2.7 in this chapter). The “life-situation” approach is closely linked to the (much younger) “capability-approach” which in current inequality research is used to identify, measure and evaluate individual and societal welfare mainly in terms of poverty (Sen 1992; Sudhir & Sen 1997; Clark 2005) - but similar to the original “LebenslageKonzept” (Leßmann 2015). At its centre is the question of what is needed for a `good´ and fulfilling life (in old age) and which material resources as well as goods should be at one`s disposal individually. Further, and also similar to the “life-situation” approach, the capability approach also asks for individual scopes for action (`Handlungsspielräume´), however it uses the term “realisation opportunities”, which a person should have in order to shape his/her life satisfactorily. The question posed concerns which conducive framework conditions (prerequisites) are 7
These lists are naturally not intended to be complete. They merely represent a selection of existing social inequality dimensions.
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needed and should be made available e.g. by national policies or even by companies. Recent German literature suggests the need to provide more clarification between the “life-situation” approach and the “capability approach” as concepts which share the aspect of societal conditioning at the centre of their reasoning by subsuming them under the umbrella of participation, which makes them capable of connecting with the recently published UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities (Leßmann 2015). This at the same time would allow a stronger focus on creating possibilities and opportunities for participation through better framework-conditions and for enabling and social empowerment on the concrete policy level in different countries. 2.1.5 Conclusion - main hypothesis In summary, social inequalities exist with regard to the possibilities to extend working lives voluntarily and “in dignity” in the area of health (as part of), workability and employability, stemming among other reasons from the unequal distribution of socio-economic and education-related resources and accumulated over the (working) life course (CDA). Such social inequalities, which already exist during earlier stages of working life, might exclude certain groups from the opportunities for extending working lives – along with interfering factors representing the private and environmental background in the concepts of workability and employability (e.g. the need to reconcile work and care). Also following the concept of institutionalism, EXTEND assumes that the effects of (national) policies and (organisational) measures aimed at extending working lives will differ depending on individuals’ earlier life-courses and current socioeconomic characteristics, primarily including vocational dimensions, embedded in the concepts of workability and employability, with health as one of the crucial explanatory factors. Theoretically, EXTEND argues that the changes on the macro and meso levels as explained by institutionalism will reinforce the development described in CDA. In other words, EXTEND assumes: the new political agenda of EWL might lead to an even stronger accumulation of advantages and disadvantages and hence to a (re)emergence/an increase of social inequality in the retirement process. Two main arguments, partly based on empirical research, support these assumptions: First, older workers from privileged groups have more resources in terms of workability and employability including `social capital´ to cope better with the challenges of the new EWL strategy (Hofäcker & Naumann 2015). Second, moreover there is evidence that these older workers benefit more from employers’ age-management measures, which stands in line with German data showing that older workers from privileged groups are more often covered by conducive collective, and especially by company agreements addressing significant dimensions of workability and employability (Eitner & Naegele 2013).
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Consequently, strategies for effectively and voluntarily realising EWL (“in dignity”) have to take into account existing inequalities within different groups of older employees, or already-retired people, together with existing real options for further or renewed employment: “High skilled workers with good wages, in contrast, seem to profit strongly from the idea of active aging. Because employers – at least in some countries and industries – are relying on their qualified labour, they are less often pushed into unwanted early retirement and they are benefiting from the new human resource measures” (Hess, König & Hofäcker 2016: 376). To repeat the leading hypothesis of the EXTEND project, mentioned earlier: "The measures to achieve extension of working lives will exacerbate social inequalities that have existed during the life-course and will lead to increasingly greater inequality."
2.2 National policies and organisational practices of EWL 2.2.1 Main drivers Until the mid-1990s ‘non-employment in old age’ (“Entberuflichung des Alters”) (Bäcker, Naegele & Bispinck 2020 vol. II) was predominant in most of Europe, as were possibilities for an early exit from working life - for example in the form of early part-time retirement or claiming an early retirement pension – were manifold (Ebbinghaus 2006; van Oorschot & Jensen 2009). Among EXTEND partner countries Germany and the Netherlands were the most extensive in the use of early retirement policies while these were less pronounced in the United Kingdom and Finland (Naegele & Bauknecht 2017). Denmark has an intermediate position (Jensen & Øverbye 2013). The trend of early retirement policies has been reversing since the turn of the last century. The concurrent political objectives have since been to increase the employment rates of older people: older employees should work more and longer (OECD 2011). In all, the following main drivers for this paradigm shift in the EXTEND countries can be distinguished (Bauknecht & Naegele 2015; for Germany see Naegele 2015a):
Financial pressure on the social security systems (particularly those based on the pay-as-you-go principle), Demographically induced labour shortage in combination with a rising demand for qualified staff (“qualified labour-shortage“), Ageing of the workforce/staff in combination with the exit of “baby-boomers“, Fear of declines in the national and international innovative capability and competitive position, Rising appreciation of human capital (also of older workers) as a factor of production against the backdrop of a general change in the working landscape,
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Gerhard Naegele & Moritz Hess EU-requirements to raise the employment rates of older workers and to postpone retirement age – embedded in the new dogma of “active ageing“ (Walker 2016), To react to macroeconomic crisis-scenarios, To raise the employment rates of older workers is seen as a tool to prevent economic downswings, Long-distance effects of (EU and national) anti-discrimination legislation.
In consequence and effective across the EU, policymakers are trying to counteract the financial pressure on public pensions’ long-term sustainability - caused by demographic ageing and the resultant decrease of contributions and increase of benefits - with pension, health care and labour market reforms aimed at EWL and delaying retirement (Hofäcker, Hess & Naumann 2015; Edge, Cooper & Coffey 2017). In addition, demographic ageing is leading to an ageing of the workforce and, thus, older workers are moving into the spotlight of employers and trade unions. Related to this point, employers - in particular in the high technology sector, but increasingly also in the health and care sector - are experiencing a shortage of skilled labour and are starting to rely on older workers, and, thus, are implementing measures to keep them in their companies (Dychtwald, Erickson & Morison 2013). These changes in the institutional and workplace context will certainly also effect inequality outcomes in the exit from the labour market and at the beginning of the pension. 2.2.2 From “push” and “pull” to “stay” and “retain”, “stuck” and “need” The policy-shift from ‘early’ to ‘late’ retirement was achieved by several pension and labour market reforms and accompanied by changes of employers’ behaviour towards older workers, from pushing them out of the labour market - very often following the motto “the earlier the better” - to trying to retain them (Naegele 1992). Theoretically, they can be summarised as a shift from ‘push’ and ‘pull’ factors to ‘stay’ factors (Naegele & Bauknecht 2017). From the 1970s into the 1990s, Europe’s pension policy can be described as one that aimed for early exit from the labour force. The underlying idea was that younger workers could fill the now free positions and, thus, unemployment rates would decrease (lump-sum-of-labour). In Germany, this was often seen in a generational solidarity context and therefore often interpreted as a `generational contract´8. In addition, employers wanted to shed the expensive older workforce and 8
In Germany, for example, this was often understood and politically treated as a positive contribution to the generational contract on the labour market and served, for example, as an instrument to `adjust´ the Eastern German labour markets in the wake of the process of economic transition between the Former German Democratic Republic and the Federal Republic of Germany. However, at least for Germany there is no empirical evidence available that this generational contract operated this way:
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reduce costs. Factors at the institutional and workplace level fostering the early retirement of older workers have long been categorised into push and pull factors (Naegele & Voges 1989; Naegele 1992; Ebbinghaus 2006;). Push factors include at least three dimensions that lead to an involuntary early exit of workers; acting as a ‘push’ into retirement: (1) individual factors (health; see section 2.7.2 in this chapter), (2) workplace-motivated and (3) labour market motivated factors (Jensen and Øverbye 2013). Examples of the latter are economic downturns with high unemployment, discrimination by employers, or technology change that makes older workers’ skills and qualifications obsolete (age-related “social risk of dequalification”; Naegele 1992; van Solinge & Henkens 2007; Wang 2012). Factors that lead to a voluntary early exit are defined as pull factors that ‘pull’ older workers into retirement (Bellmann & Janik 2007). They refer to an individual`s reactions to economic incentives and symbolic signals of pension and early retirement schemes, like early retirement options by the state or the company that offer older workers a labour market exit well before the official retirement age with little or even no pension deductions (Ebbinghaus 2006). “They rest on the tacit assumption, that retirement is almost voluntary, a result of the individual`s free will” (Jensen & Øverbye 2013: 13). Together push and pull factors characterise the policy of early retirement. To this Jensen and Øverbye (2013) added the jump factor that summarises such attractive context conditions that allow older workers an early exit; to jump from employment into retirement. “[…] in this perspective retirement is assumed to be guided by values and needs that come from within […] early /exit retirement is based on intentionality; it is a reflexive project which leads to the construction of a new life-style and a new identity” (Jensen and Øverbye 2013: 14). Beginning in the mid-1990s and increasingly from the turn of the millennium, the policy-shift towards extending working life took place all over Europe (RedayMulvey 2000). Therefore, push and pull factors have been complemented with ‘stay’ factors, as emphasised in recent literature thus focusing on “the importance of “retention” factors thus as activation policies for decreasing early exit from work” (Ebbinghaus & Hofäcker 2013: 807). Jensen and Øverbye (2013), as well as Hofäcker and Radl (2016), develop these stay factors even further by differentiating between ‘stay’ and ‘stuck’ and ‘need’ and ‘retain’ factors. Stay or retain factors encompass, for example, active labour market programs and company measures aimed at sustaining or even in-
More older workers were sent into retirement than younger workers/unemployed being recruited, as well as older jobseekers were hardly newly recruited (Naegele & Voges 1989; Naegele 1992).
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creasing older workers’ employability as well as anti-age discrimination legislation. They aim at ‘maintaining’ older workers in the labour market - that they ‘stay’ and, thus, delay retirement. Stuck or need factors, in contrast, describe measures that increase the financial pressures or ‘need’ to delay retirement to have enough pension claims to avoid old-age poverty; they are ‘stuck’ in employment. Examples are general pension cuts. From the perspective of social inequalities, there are concerns that mostly high skilled workers will benefit from ‘retain’ factors, while the later labour market exit of low-skilled often female and migrant workers is driven mostly by ´need´ factors resulting in new social inequalities (Hofäcker & Radl 2016; Naegele 2017a). Cross to these distinctions is the well-known polarisation between “voluntary” and “involuntary” retirement (e.g. Dingemans & Henkens 2014), which is also in the frame of EXTEND´s research (Holman 2018). This shift from push and pull to need and retain factors - together with changes on the institutional and workplace levels characterised as a shift of paradigm from ‘early’ to ‘late’ retirement – in combination with generally good economic development, rising female employment rates and educational expansion has caused an increase in older workers’ employment rates all over Europe, however with large cross-national variation and differences for certain groups of older workers, e.g. showing falling employment rates particularly among low skilled male older workers (Ebbinghaus & Hofäcker 2013; Eurofound 2014) 910. This increase can be seen as a positive development as it relieves the pension systems from financial pressures. However, with respect to the aim of EXTEND, recently published research indicates new social inequalities (Hofäcker, Hess & König 2016; Hess 2017; for Germany see Naegele 2017a) (see also section 2.7.1 in this chapter). According to this not all workers benefit equally from the policy shift and employers’ change of behaviour. On the one hand, high-skilled employees with good wages can afford to work longer in often very favourable working conditions (e.g. not facing health deteriorating environments and having access to agemanagement measures) and due to an often strong identification with their job they also want to work longer. This is also mirrored in the EU-wide higher activity rates of higher skilled older workers (Naegele & Bauknecht 2017) (see chapters 4.1 and 9
For EXTEND partner-countries-specific details see chapter 5. in this book. In particular in countries with a good employment situation (like Germany), the question is to what degree the rise in activity rates has been caused by political reforms and to what degree by macroeconomic circumstances (see also Eurofound 2011; 2014). If the state of the economy is a crucial factor, then - since macroeconomic circumstances can change relatively fast - policymakers should not mistake the current good situation as (a) resulting mainly from policy reforms and (b) as confirmation of the irreversible success of national policies. Further, policies´ effects are dependent on existing alternative exit pathways out of paid work. Closing one pathway while there are numerous others open may have merely weak effects, while closing the last attractive pathway out of paid work might probably be more effective. It can be shown that simple employment rates do not tell the whole story. 10
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5.3 - 5.7 in this book). On the other hand, low-skilled workers have difficulties meeting the requirement of the new credo of late retirement. They have to delay their retirement in often precarious employment conditions to ensure sufficient pensions and at the same time have a high risk of unemployment. One could argue that the first are profiting from the retain factors, while the latter have to cope with the need factors. 2.2.3 Pension and retirement policies European pension policies have undergone a fundamental change in the last 25 years (see an overview in OECD 2013: 17ff.). Up until the late 1990s, early retirement policies dominated most European countries; older workers were offered financially attractive opportunities to retire well before the official retirement age, with comparably small deductions (Ebbinghaus 2006). However, policymakers had to acknowledge the problems this policy of early retirement in combination with population ageing was causing and shifted to a policy of late retirement (Harper 2015; Coile, Milligan & Wise 2016). They implemented different reforms aimed at keeping older workers in employment. First, the most visible measure was the raising of the official, statutory retirement age. Second, early retirement options were closed, made financially less attractive and the eligibility criteria were tightened. Third, privatisation and marketization efforts in pension policies were undertaken with the aim of strengthening the second (occupational pension) and third (private pension) pillars of old-age security. Fourth, flexible retirement schemes were introduced (Bauknecht & Naegele 2015; 2016; Naegele & Bauknecht 2017). All over Europe, official retirement ages have been increased making early retirement financially less attractive, as it results in lower pension income (Blossfeld, Buchholz & Hofäcker 2006; Poterba 2014; Bielecki et al. 2016; Naegele & Bauknecht 2017). This potential loss of pension income is particularly problematic for those older workers who due to e.g. health problems or hazardous workplace conditions have no possibility of working up to the new official retirement ages (Hofäcker & Naumann 2015). They have no choice but to accept a lower pension income or to work longer than they wish to (Hess 2018). The policy of increasing the official retirement age is taken even further in some countries (Finland, Cyprus, Denmark, Greece, Italy, the Netherlands, Portugal and Slovakia and the United Kingdom)11 where the official retirement age is connected to average life expectancy. For every year of gained life expectancy, the official retirement age is increased by a certain number of months (Lassila, Määttänen & Valkonen 2014; Bomsdorf 2015). However, one has to recognise that the calculation might be made based on the average increase in life expectancy 11
http://www.etk.fi/en/the-pension-system-2/the-pension-system/international-comparison/retirement -ages/.
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and not all social groups gain the same amount of additional lifetime (Kroll & Lampert 2009; Tarkiainen et al. 2012). The increase thus might be stronger for privileged groups (regarding income, status, education), meaning that for underprivileged groups their pension income would be calculated according to an official retirement age based on a life expectancy increase they do not reach. In the United Kingdom, for example, currently the age at which women can claim a public pension is increasing from 60 to 65 to synchronize it with that of men. Then both will rise to 67 and finally the official retirement age will be attached to lifeexpectancy (Flynn & Li 2015)12. These findings were the starting point for workpackage 3, which explicitly is looking in EXTEND countries affected (Germany excluded) at the respective implications of retirement ages connected to life expectancy in terms of social inequalities (see chapter 6. in this book). The authorisation for these new concerns is explicitly placed in the centre of EXTEND. It has repeatedly emphasised both in literature as well in respective policy discourses that strong disadvantages, mainly both financially as well as with respect to social security entitlements, can be expected particularly among those older workers who do not have the chances and possibilities to work longer voluntarily; be it because of unemployment, or of too heavy workloads, health problems, skill deficits, or be it - as typical for many women - due to difficulties reconciling work and private care obligations (Hofäcker, Hess & Naumann 2015; OECD, ILO & World Bank 2016; Naegele 2017b; Brussig 2018; Phillipson 2018; with respect to women see Street 2017). There is a consistent understanding among most “older-worker-experts” that changing retirement regulations on the institutional level without simultaneously investing into supportive infrastructure for active ageing policies on state, social partners and particularly on company level - the latter is seen by most experts as the decisive level of all 13 - will very likely mean that the situation of both older workers as well as retirees will worsen significantly and that respective social inequalities will increase: “Especially in countries with little employment support, those with unstable work careers, employment interruptions and few financial resources are at a high risk of being crowded out from late career employment and thus from the possibility of ensuring a decent standard of living” (Hofäcker 2015: 1529)14.
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Recent research from the German Max Planck Institute for Demographic Research (Rostock) has – based on German Pension Fund data - confirmed that low socio economic status is a major determinant of excess adult mortality in Germany: „The mortality disparities among German working-aged population is strongly associated with inter-individual differences in income. … Our results (also) support the existence of a „healthy migrant effect” (Grigoriev, Scholz & Shkolnikov 2019: 6). 13 With respect to health barriers in particular see Edge, Cooper & Coffey (2017: 24). 14 This is supported by German research showing that those older workers who experience working conditions with concrete support through age-management measures display a much stronger optimis-
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2.2.4 Closing early retirement pathways The second important type of pension reforms aimed at delaying retirement is the closing of early retirement pathways (Latulippe & Turner 2000; Ebbinghaus 2006; Radl 2013; Bauknecht & Naegele 2015; 2016; Naegele & Bauknecht 2017). It is linked to similar risks of deepening social inequalities as mentioned earlier. With the pension reforms the different early retirement options were abolished, eligibility criteria were tightened and the earliest age from which retirement was possible was increased making retirement before the official retirement age more expensive or even impossible. In Finland, for example, the eligible ages for the unemployment and part-time pension were increased and the criteria for receiving a disability pension were made stricter (Kyyrä 2015). From the 1970s until the 1990s older workers in many European countries had different possibilities for retiring well before the official retirement age. Unemployment and disability insurance offered the most common early retirement pathways. Second were early retirement possibilities for long-term insured contributors included in public pensions, and a third option were part-time programs for older workers (`gradual retirement schemes´) which in practice were very often misused as early retirement options, like the German `Altersteilzeit” which was used as a “bloc model” and thus served as de facto early retirement scheme (Bäcker & Naegele 2017; Naegele & Bauknecht 2017). In addition, large employers in particular often had their own companybased early retirement schemes (Schils 2008). These early retirement options were mostly used by manual blue-collar workers as an ‘easy’ exit from work (Ebbinghaus & Hofäcker 2013). Again, one could argue that with the abolition of the early retirement options, social inequality in the transition from work to retirement has also been increased. Hofäcker, Hess and Naumann (2015: 223) conclude: “Recent policy developments create new risks such as old age poverty that mainly threatens low-skilled workers. ... As result of anticipated benefit cuts for early pension entrance, these workers have to continue working although their chance of finding an adequate job is comparably low – either because of their individual health or because of their critical labour market situation”. 2.2.5 Gradual (“gliding”) retirement Besides increasing the official retirement age, closing early retirement pathways and strengthening the second and third pillars of old age security, policymakers also tried to make the transitions from work to retirement more flexible (Naegele & Bauknecht 2017). The idea of gradual retirement is on the one hand to allow tic attitude in terms of reaching the new raised official retirement age (“Rente mit 67”) than their counterparts without any age-management support from their companies. The optimistic attitude even increases with the number of age-management measures offered (Eitner & Naegele 2013).
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those who want to work longer (than the official retirement age) to remain in the labour market and on the other hand to offer those with bad health and strenuous working conditions options to retire at their preferred age. Originally the idea was once primarily developed as an explicit gerontologic and/or socio-political measure, e.g. to improve health, reduce workloads and to better adjust to “real” retirement (Bäcker & Naegele 2017). Both, its gerontologic and socio-political authorisation (e.g. Bäcker & Naegele 1993) as well its empirical evidence has been repeatedly confirmed; the latter e.g. by US research showing that access to flexibility of hours is both associated with longer tenure in employment as well as with an extension of the ability of individuals to work in later life (Cahill, Gianderra & Quinn 2014); however, this comes with a strong emphasis placed on individual responsibility and risk-taking (Phillipson 2018). Currently, the labour market arguments are paramount: Gliding retirement, particularly in the case of part-time work, is primarily understood as a suitable instrument for prolonging working life; this is e.g. the case in Germany with the new “Flexirentengesetz” (Bäcker & Naegele 2017). However, regarding its “success” currently only weak empirical evidence is available if one looks at working volume. For example, in the case of part-time work, recently conducted case studies in German companies find no or even a negative effect of shifting from full to part-time work at the end of the career onto the overall hours (Bauknecht, Gerling & Hess 2016; Naegele & Bauknecht 2017). In the EXTEND context, interesting questions refer to the impact on (financial) social inequality of the rising importance of retirement flexibility - empirically evident as increasing de-standardisation and differentiation of the process of transition from work into retirement. Recent German literature (Brussig 2018) has explicitly emphasised “new social inequalities in the retirement process” (“Neue Ungleichheiten beim Altersübergang”)15; whereas a few years earlier Fasang (2012: 704) compared Germany and the UK and could ”not find a simple straightforward link between retirement flexibility and income inequality among retirees”. The question is how this relates to the fact that both (1) early retirement as well as (2) work after retirement (“silver work”) have direct financial implications: (1) as pension reductions in the case of involuntary early retirement (particularly in the cases of unemployment, heavy workloads or health reasons) or pension bonuses in the case of successfully delaying retirement (e.g. Hess, König & Hofäcker 2016; Brussig 2018); (2) as an additional income source in the cases of pensions that are too small (Anderson & Dubois 2012; Naegele 2017b). However, both cases are strongly embedded in the specific “retention” interests of the respective employers/companies.
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This is also true for other countries; see Phillipson (2018).
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With respect to social inequality outcomes, one can regard partial retirement schemes as a suitable instrument to positively influence quality of life, at least in the dimensions of income, health and social integration. Its users might benefit, which is in line with the original idea, and is reconfirmed by US research (Cahill, Gianderra & Quinn 2014). EXTEND thinks these dimensions are still up to date, perhaps today even more so than in the past. Whether existing partial retirement schemes and their take up rates mirror social inequalities so far cannot clearly be answered due to insufficient data, which prevents a critical evaluation with respect to effects on quality of life for those having used it and vice versa. This is also true for the EXTEND countries (see chapter 5.2 - 5.7 in this book). Whether gradual retirement schemes meet the special needs of the real `problem-cases´ and thus could be regarded as `functional´ (e.g. groups with a high labour market exit hazards, older workers with low physical or mental health or with considerable time constraints, e.g. due to private care responsibilities) waits to be seen. 2.2.6 Paid work after/in spite of retirement (“silver work”) In contrast, there is a bit more data available for “silver work”, understood as paid work after retirement. One has to consider that the forms of motivation for remaining in work beyond legal retirement age are multi-faceted (Anderson & Dubois 2012; Deller & Pundt 2014; Naegele 2017a). However, from a normative point of view one can clearly distinguish between two kinds of silver work with evidence of social inequalities according to the respective motivations: First, there is what one might call ‘voluntary’ silver work by those enjoying their jobs with attached tasks and social contacts and taking the additional income as a positive yet not necessary side effect. Existing data show that in some countries like Germany this is true for most `silver workers´, the vast majority of which belong to higher skilled and/or healthier older workers who already have a high pension income. Second, there is `involuntary´ silver work due to financial necessity because of low pension income (Naegele 2013; 2017a; for the EU see Anderson & Dubois 2012; Eurofound 2014). However, jobs for those `involuntary´, silver workers are scarce and thus many (financially) interested parties are de facto excluded. This is mainly true for those with pensions that are too small and who are thus actually dependent on additional income sources. Nevertheless, given current circumstances, it can be expected that both kinds of silver work will be increasingly widespread. If silver work is caused by financial necessity it is crucial to develop strategies to enable those affected to work in a way which is not harmful to their quality of life, health etc. (Naegele & Bauknecht 2017).
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2.2.7 Health care policies The improvement of health and work environment is an important topic when talking about EWL. (Good) Health is one precondition for EWL and delaying retirement. Van Rijn et al. (2014: 300) comment: “Primary preventive interventions focusing on promoting good health may contribute to sustain employability”. Edge, Cooper & Coffey (2017: 19f.) bolster this point: “Health is the most frequently cited factor inhibiting EWL and healthier people are found to retire later ... Mental health, arthritis, diabetes, blood pressure, angina and mobility difficulties have been identified as particular health issues for EWL in older workers”. The European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions underlines the necessity of “[…] measures that aim at adjusting workplaces and tasks to the physical and mental capacities of older workers, as well as, initiatives for the general improvement of the working environment, easing mental and physical load throughout working life and promoting health more widely in the workplace” (Eurofound 2013). Notwithstanding this, health reasons are still the most significant barriers to employment or re-employment. Therefore, health prevention, promotion and medical as well as occupational rehabilitation are still very important and require an even stronger emphasis on policies. In general, new health risks such as increasing mental health problems and the ongoing digitalisation of work have to be taken into account more seriously (Lindgren 2016) as has happened in some EU member states (Naegele & Bauknecht 2017). A special focus has to be placed on the longterm unemployed. Health policies targeting older workers suffer from the fact that health policies are not long-term oriented and due to long delays between cause and effect health promotion programs often come too late. There should be a stronger focus on viewing younger workers as tomorrow´s older workers. Preventive approaches from Finland and the Netherlands where employers have to bear parts of the cost of workers leaving via the disability route could serve as models, but effects on hiring should be monitored (Naegele & Bauknecht 2017). Hence, policies aimed at increasing (older) workers’ health status and improving health conditions in the workplace will support the aim of EWL (van Rijn et al. 2014; Edge, Cooper & Coffey 2017). However, with respect to the issue of social inequality, at least three questions are important: (1) Are there any striking socially selective differences in the health status of older workers and if so how do they influence chances and constraints to EWL? (2) Is there empirical evidence available to support the assumption that there is a lower degree of participation rates in both public as well as organisational measures of health protection, prevention and promotion? (3) Is there a socially selective distribution of health among (former) older workers in the post-retirement phase (either in work or not in work)? (see chapter 7.4.4 in this book). Furthermore, one could presume that
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not only measures aimed specifically at older workers but general health care programs might improve older workers’ health and, thus, their possibility of remaining in employment longer. Legal regulations to stipulate employers to improve health-related working conditions meanwhile are more or less common in European countries. These include, amongst others, setting minimum standards for workplace security and health including workplace inspections, subsidising health care programs in the workplace and stipulating company measures with employers and trade unions to improve older workers’ health (see also chapter 12. in this book). Of importance in this area are prevention and rehabilitation programs that sustain or rebuild older workers’ work and employability. However, there are still strong differences in the state of the art in occupational health care policies between CEE countries and central European countries (Naegele & Bauknecht 2017). Among EXTEND countries, Finland has clearly been a pioneer in occupational health policies. Germany and Denmark seem to have become pioneers with their new focus on mental health (stimulated by strongly rising numbers of sickness days and disabilities due to mental health problems). The Netherlands are well-known due to the country’s remarkable efforts to curb easy and comfortable employment exit via its disability scheme, which is also true for the UK with its successful (in terms of disability numbers) ´stick and carrot approach´ to individual barriers to re-employment (Zaidi 2016). Earlier disability policies in EU countries traditionally focused on social insurance security, resulting in considerable increases in the numbers of disability benefit recipients. Efforts to shift to more work-oriented policies over the last decade suggest that fundamental disability reforms, if done well, can lower projected long-term health-costs, make the job of disability administrators less difficult, and importantly, improve job opportunities in the short- and long-run for people with disabilities. Positive reform experiences in Germany and the Netherlands point to the considerable potential for keeping workers with disabilities employed by either eliminating or delaying their movement onto long-term disability rolls (Zaidi & Howse 2017). The strategic change in national disability policies in some EU member states (among them Germany, the Netherlands and the UK) from financing the consequences to the direction of prevention of disability can be regarded as a successful approach not only with high potential for innovation but also as a future-oriented investment in the manpower of an ageing workforce (Naegele & Bauknecht 2017). Disabled older workers could be better integrated by separating disability from unemployment. Furthermore, the preventive potential is higher. Concrete examples from the Netherlands (De Jong 2008) include reforms to sickness insurance and disability benefit schemes: “They … were characterized by three major shifts in policy: (1) a shift from passive (paying benefits) to active (supporting workability) measures; (2) shifting responsibility to employers; and (3) an increased
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focus on prevention and early interventions” (Gasior & Zolyomi 2013: 12). Such reforms are not necessarily problematic from a distributional perspective: Disability pensions and progressive unemployment insurance can be used to protect those with low earning capacities close to pension age (Walker 2016). 2.2.8 Active labour market policies Besides pension and health-care policies, labour market policies towards older workers have also undergone strong changes in the last decade. Two main developments took place: First, welfare state benefits for older workers in the policy areas of the labour market such as unemployment benefits were retrenched (Buchholz, Rinklake & Blossfeld 2013). The aim was to put financial pressure on older workers to remain in employment. Second, in many countries policymakers implemented so-called ‘Active Labour Market Policies’ (ALMP) to increase older workers’ employability and workability. This is particularly true for preventive measures, e.g. in the fields of health promotion, rehabilitation and the improvement and updating of skills. Among the EXTEND countries, Denmark doubtlessly is one of the “best practice” examples (Naegele & Bauknecht 2017). Hofäcker (2015) describes the aim of these ALMP as “[…] to create jobs for older workers or to reintegrate them into employment”. Two insights into practical ALMP (Denmark and Germany) might act as exemplary illustrations of the diversity of measures:
Denmark (Barslund 2015): the activation of (designated) unemployed older people starts early, with municipalities obliged to provide ‘senior jobs’ in the public sector to older unemployed (55 to 59) who have exhausted their unemployment benefits and are entitled to Voluntary Early Retirement Pay (VERP) when they are 60. ‘Senior jobs’ are on normal employment terms. However, there is no requirement that individuals must be offered a job corresponding to their qualifications and previous career. Germany: The program „Perspektive 50plus – Beschäftigungspakte für Ältere in den Regionen" aimed at reintegrating older long-term unemployed back into the labour market. Funding came from the Federal Ministry of Work and Social Security and main actors were local public employment agencies who initiated local employment pacts. The program was considered as successful as nearly 25.000 older long-term unemployed could be reintegrated into the labour market (Knuth, Stegmann & Zink 2014). A second good example from Germany is hiring or wage subsidies paid to companies who hire or employ older workers, called Eingliederungszuschüsse (‘integration subsidies’) and the Entgeltsicherung (‘integration vouchers’) (Dietz & Walwei 2011).
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Early activating approaches for (older) workers at risk of becoming unemployed have also proven to be successful in avoiding follow-up risks like loss of functional and extra-functional qualifications and motivation. Therefore, conducive active employment strategies should focus more on enabling strategies instead exclusively on compensatory policies. Cost-benefit studies are needed to confirm that the costs of paying unemployment benefits in many cases surmount expenditures better spent earlier on activating programs16.
2.3 Corporate age-management and social inequalities It is not only developments on the state level that have changed the context of labour force exit and the start of pension receipt. The contexts are also shifting on the meso or workplace levels. Many employers have also changed their attitudes and behaviour towards older workers (Deller 2015); very often this was only understandable against the background of both severe qualified labour shortage (particularly relevant in the high-technology and health and social care sector) as well as a result of an `uncontrolled´ early retirement practice in the past which led to a premature loss of those qualifications (mainly extra-functional like tailor-made experiences) which are now urgently needed due to a labour shortage. Additionally, the exit of the baby boomers will worsen this situation in a short-term perspective, while due to the higher wages associated with seniority, employers often used to see older workers as comparably “expensive”. But now attitudes are becoming more positive, at least among sensible employers. There are indications that EU-wide, older workers are increasingly perceived by employers as a valuable source of skilled labour that could help them mitigate the qualified labour shortage which more and more industries are facing (BMFSFJ 2010; Naegele & Bauknecht 2017). Increasingly, employers are implementing different human resource measures (age-management) aimed at sustaining their older employees’ workability and employability, and, thus, keeping them in their companies. “Stay” and “retention” interests have become of increasing importance, at least in some sectors but mainly reduced to important company/workplace-related qualifications. Following Ilmarinen, EXTEND understands `age-management´ as “consideration of age-related factors affecting both white and blue collar employees in the daily management, design, and organization of individual work tasks, as well as the work environment, so that everybody, regardless of age, feels empowered in reaching both personal and corporate goals” (Ilmarinen 2005). `Good practice´ examples for corporate age-management can be found in the following main fields of action (Naegele & Walker 2010; Naegele & Bauknecht
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To look for promising practices eventually subjected to an economical evaluation (cost benefit analysis) is part of the task of EXTEND´s WP 7: ´Good practice (macro, meso and micro)´ (see chapter 11. and 12. in this book).
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2017; for Denmark Barslund 2015; for Finland Vuori, Toppinen-Tanner & Mutanen 2012; for Germany Sporket 2011; Jeschke et al. 2015; for the Netherlands Gasior 2015; for the UK DWP 2013):
retaining and promoting health, to promote actively working longer/work after retirement, adjustment of working time and flexible working time schedules, monitoring of health and skills related risks, special measures for overloaded workers (e.g., shift workers), mixed-age teams, career development and planning, work-life-balance policies, life-course oriented personnel policies, reconciliation of paid work and care, overcoming unemployment/active integration measures, age-neutral recruitment strategies, gliding retirement schemes, preparation for retirement, fostering self-employment, awareness campaigns, knowledge transfer, skill promotion and LLL.
Such corporate age-management measures have been shown to be successful when implemented correctly. They are suitable for raising the self-efficacy of older workers as well as their self-perception in terms of productivity and the idea of working longer (Eitner & Naegele 2013). However, concerning the issue of social inequality one can on the one side state that obviously more and more older workers are benefiting from these efforts, but not all of them to the same extent. Following the” Matthew” effect, one can assume highly-skilled specialists with high incomes and good working conditions being those who benefit most from employers’ new attitudes and age-management measures (Hofäcker & Unt 2013). They are more likely to have the special skills, qualifications and knowledge the companies need, and, hence, employers try to delay their retirement (“stay factors”). In contrast, it can also be assumed that companies` age-management does not tend to focus on low-skilled manual workers which means they probably less often benefit from respective measures. This would increase potential social inequality in the retirement process what is additionally strengthened through the fact that – e.g. in Germany – age-management experiences are overrepresented both in larger companies as well as those captured by collective and/or company agreements (Eitner & Naegele 2013). They are distinctively underrepresented in small and
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medium-sized enterprises and in companies with no collective agreement, however, in sectors with a strong labour demand (like the health and care sector), one could expect that this is gradually changing (see chapter 10. in this book).
2.4 The role of trade unions/social partners Company activities described above generally involve trade unions in most cases. Compared to the past, most trade unions have undergone a paradigm shift as seen in the wake of the MoPAct project WP 3 and examples of which can be found in the newly published programmatic explanations by the European Trade Union Confederation (EUTC) (Naegele & Bauknecht 2017). In the EXTEND countries Denmark, Germany, Finland and the Netherlands many examples of collective and/or company agreements regulating older worker`s issues exist, also mirroring the paradigm shift in older worker practices among social partners. For Germany `collective agreements regulating in-company demographic change´ have been identified as examples of `good practice´ in the EXTEND context (see chapter 11.5 in this book). However, when carefully investigating the role of trade unions one has to do so in the context of trade unions’ general role in labour relations. Flynn et al. (2013: 45) comment: “In Germany, some unions use their strong institutional role to affect public policy and industrial change at national and sectoral levels. UK unions have taken a more defensive approach, focused on protecting pension rights. The contrasting varieties of capitalism, welfare systems and trade unions’ own orientations are creating different pressures and mechanisms to which unions need to respond.”
2.5 Reconciling work and care and ”double duty carers” Among existing corporate age-management activities, EXTEND is explicitly taking up the issue of reconciling work and care. This is done twofold: firstly, in a macro perspective, analysing retirement structures of mainly female workers concerned (see chapter 8. in this book); secondly, in a micro-meso perspective looking at the life situation of “double duty carers” in the health and care sector (HCS) (see chapter 9. in this book). Caring obligations, particularly in the case of the socalled “double duty carers”, are seen as an increasingly important dimension of workability and employability and are further indirectly related to the issue of health (Ward-Griffin et al. 2015). Due to cohort effects, employment by older (female) workers will also continue to rise. This is particularly true for older workers in the professional health and care sector. At the same time, it can be expected that the number of these (female) workers who have to reconcile paid work and private elderly care will also increase (Reichert 2012; 2016). Successful reconciliation is also a key prerequisite for retaining older (many female) working carers in the active labour force and/or to mobilise an additional labour force (e.g. from the hidden reserve) (see chapter 10. in this book).
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So far, private care obligations have not been seen as a major starting point for employment-related activities in many EU member states and are very often not seen as part of the responsibility of companies or social partners (Cullen & Gareis 2011; Reichert 2016). Furthermore, research has not taken up the inequality dimension which affects working carers and their respective private environments. There is some sort of interaction between the structural macro-meso-micro dimensions in the constitution of work-opportunities for people with frail older relatives in need of care. However, such interactions have so far not been studied. It can be assumed that not all (mainly female) workers affected are treated equally in the sense that those working carers who experience above average levels of demand (due to skills, qualifications, experiences, etc.) have better chances of reconciling successfully and vice versa. There are empirical indications of higher qualified working carers receiving above average levels of support (Reichert 2012; 2016
2.6 EWL in the professional health and care sector EXTEND is explicitly taking up both a meso- as well as a micro-level perspective in order to meet the additional need to conduct exemplary research at a practical level. In doing so sectoral particularities and differences are acknowledged. EXTEND selects the social and health services sector (HCS) for several reasons: the demographic of ageing and the growing number of older people is leading to an increased need for health and long-term care that in turn causes rapid growth in the care sector. In some countries (like Germany) the sector is even facing a labour shortage of skilled workers. The workforce is older than in other sectors – onethird of workers in HCS is at least 50 years old and will leave the labour market within the next 15 years and the workforce is predominantly female with women representing in Germany 78% of all employees in the sector (see chapter 10 in this book). Finally, the working conditions are often poor - just recently increasingly influenced by technological change - and characterised by time pressure, night and weekend work, a high share of part-time as well as physical and mental work strain (Mäcken et al. 2018). These “hard” working conditions are causing high rates of early exit, disability, absenteeism, burnout and fluctuation (Lethbridge 2012; de Klaver et al. 2013; Evans & Hilbert 2015; Naegele 2015b). If this is not changed at least some European countries will face strong and growing labour shortages within the care sector in the long term (Bonin, Braeseke & Ganserer 2015) (see chapter 10 in this book).
2.7 Policies and measures aimed at EWL and social inequalities Starting with the project’s main hypothesis: The measures to achieve extension of working lives will exacerbate social inequalities that have existed during the lifecourse and will lead to increasingly greater inequality, EXTEND is also looking for possible consequences (outcomes) of EWL policies and measures concerning
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social inequalities in the post-retirement phase. By doing this, EXTEND bases its hypothesis on the “life-situation” (“Lebenslage”) approach. From the approach`s main elements EXTEND identifies empirical evidence primarily with respect to the following three dimensions (for empirical evidence see also chapter 4.3 in this book). 2.7.1 Economic dimension The issue of social inequality concerning income in the post-retirement phase (e.g. Schokkaert & van Parijs 2003) is addressed through three aspects: (1) individual pension income - directly related to (employment) chances and risks in the individual working career; (2) pension wealth, understood as the accumulation of monthly pension receipts expected for the whole period of pension entitlements, which differs strongly from the (socially different) further life-expectancy; (3) access to different income sources which are not necessarily work-related (pension accumulation in a household context) (Bäcker, Naegele & Bispink 2020 vol. II). Each of these dimensions might be socially unequally distributed, many of them originating in form and degree from individual features of the (working) lifecourse, relating - besides others - to access to economic goods, immaterial privileges and/or in different private life circumstances; the latter might not necessarily be related to the previous working biography (Dannefer 2003). The economic “life-situation” of both older workers as well as retirees is very heterogeneous. Focusing on the pre-retirement phase, where the foundations for the post-retirement situation are laid, EXTEND (1) is interested in social inequalities resulting from differences in chances and constraints in the individual working career over the whole working life course. (2) EXTEND is analysing how such financial employment risks are (have been) socially secured, or - more concretely - how old age income security systems are/have been reacting to hazardous structural changes in employment (Naegele 2011). In detail, in a working-life-course perspective the focus has to be placed on the following dimensions:
the pension-earning relation, the coverage by different old-age-income-security-systems, how different working-time schedules are socially covered, how career interruptions (e.g. phases of education, unemployment, private care obligations) are socially secured, the social coverage of other forms of (precarious) destandardisations, like involuntary early retirement, premature disability or chronic diseases, not allowing take up/continuation of paid work) (Naegele 2011).
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In consequence, there is a need to analyse the respective socio-political coverage, structures and performance structures to understand the consequences of EWL policies and measures17 Regarding financial inequalities, previous studies from Germany (Scherger 2013; Hofäcker, Hess & König 2015; Hofäcker & Naumann 2015; Hess, König & Hofäcker 2016) have raised concerns that pension and labour market reforms aimed at EWL have increased financial pressures on low-skilled workers with small incomes, and thus often with only small pension claims, to delay retirement or work in addition to receiving a pension. High-skilled older workers, particularly often found among ‘silver workers’ on a contract-basis are, in contrast, often in financially secure positions and retire later mainly due to intrinsic and non-monetary reasons. This divide is widened by the fact that many state and corporate management measures are mostly offered to better-educated older workers (Hofäcker & Naumann 2015; König, Hess & Hofäcker 2016) so that those who are already comfortably situated then profit further from the possibility of working longer. EXTEND, hence, expects (1) that the gap in the economic situation between lowand high-skilled workers will have widened with pension reforms and changes at the workplace level and (2) that low-skilled older workers feel more financial pressure to delay retirement, while high-skilled older workers have non-financial – many of them intrinsic – reasons for delaying retirement. This is also covered by the terms “individual desire” and “individual ability” (Hofäcker & Naumann 2015). These terms are also helpful when it comes to finding out more about social inequalities on the individual level. 2.7.2 Health dimension Health is one of the key dimensions of workability and employability. In consequence, ill health is both one of the main drivers for (involuntary) early retirement as well as working longer voluntarily and `in dignity´ and thus is a key indicator for social inequality among older workers in the pre- as well as the post-retirement phase. Poor health increases the risk of an early exit into disability pensions or unemployment (van Rijn et al. 2014) and thud can be seen as the largest contributor to (involuntary) early labour market exit. This is, in particular, also true for women (Edge, Cooper & Coffey 2017). “A large body of research has established health as a significant factor affecting the labour market participation of older people, with those in poorer health more likely not to be employed. (…) There is strong evidence that health is both a determinant and a consequence of labour market attachment” (Özdemir et al. 2016: 52). The ill health of older workers in many cases mirrors widely recognised interlinkages to bad working conditions and heavy workloads in a life-course perspective: “Negative impacts of social class on health reduce the opportunity for 17
For more details and country-specific EXTEND differences see chapter 5. in this book.
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“healthy ageing”, leading to a strong gradient in disability by social class, with routine and manual workers more likely to be impacted” (Edge, Cooper & Coffey 2017: 24). In addition, illnesses (mental as well as physical) also have a negative influence on working life expectancy (Lacaille & Hogg 2001; Knudsen et al. 2012). Health problems are often caused by workplace related stresses. Physical strain particularly affects employees with a lower level of education and skills, whilst mental stress mainly affects those with higher education levels (DZA 2016). Physical strains often lead to premature withdrawal from employment, in particular in manual occupations (Wingerter 2010). Improving health will certainly increase the possibilities of working longer. This is also seen by many as true for mental health diseases, which are increasing strongly among older workers in all EU member states. Across OECD countries, in 2010 the largest part of all new claims for disability benefits was due to mental illness health (OECD 2010). `Healthy ageing´ as a concept with increasing importance in an ageing society is at the same time a widely recognised objective of older worker policies particularly against the background of demographic change in the world of labour. The state of health and/or the degree of disability are central dimensions of the life-situation in old age because it co-defines the possibilities for independent living and the scope to act, and, thus, the degree of personal autonomy and independence. The probability of becoming ill and also the risk of multi-morbidity (simultaneous appearance of different illnesses) both increase with advancing age. However, here too there is an unequal distribution depending on socio-economic status factors measured according to income, level of education, and employment position (Lampert et al. 2016). The manifestation of these factors has both a direct and indirect influence on the distribution of potential risk factors (such as for example, obesity, smoking, etc.), health status and mortality (Mladovsky et al. 2009). Access to health services is also unequally distributed and linked to socio-economic status, e.g. through additional payments which cannot be afforded, by geographical barriers which cannot be overcome or by different types of health insurance (e.g. private vs. public) (ibid.). In the transition to retirement, the health dimension of the “life-situation” approach is relevant in two aspects. First, health is a precondition for EWL, since only older workers with good health have the freedom to act and delay retirement. However, the fact of `working longer in spite of disease´ is a widespread phenomenon mirroring both financial needs as well as a common work ethic particularly among older workers. Notwithstanding, ill health is seen by many experts as a valid predictor of early retirement (decisions). Pre-retirement health now differs between older workers and, hence, the possibilities to work longer vary, which is one of the research issues of EXTEND`s WP 4 and 5. Second, the health dimension is also influenced by retirement transitions. Leaving strenuous working conditions might improve health while extending working lives in such contexts might
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cause illness (WP 5). One can hypothesise that social inequalities exist in pre- and post-retirement health contexts (see chapter 7. in this book). Thus, a good state of health is a prerequisite for the possibility of continuing to work in old age (BMG 2011; Hofäcker & Naumann 2015). Within the framework of measures to extend the working life it is essential to aim towards making all employees maintain a good state of health, and to establish widespread measures for preventive medicine and company health promotion. Especially in work with limited employment duration such as, for example, in the HCS, additional measures to stabilise physical and mental health are necessary in order to enable these groups of workers to EWL. In addition, one has to focus on postretirement health and investigate how retirement timing and type might influence the health status of pensioners. Associations between retirement and health might differ between men and women, high and low-skilled as well as occupations and sectors. Previous research on how retirement influences health offer ambiguous findings: ‘normal’ retirement seems to be beneficial for health (Insler 2014), while early retirement into disability pensions seems to harm health (Calvo, Sarkisian & Tamborini 2013). Gallo (2013: 195) comments on these differences: “Research in these areas has produced a set of largely inconsistent results, owing to differences in design, measurement, and statistical methodology. Isolation of an average, population-level effect of retirement may not be achievable, given that variation in the retirement experience and its antecedents produces dissimilar health and behavioural outcomes. Future studies should therefore focus on identifying factors that distinguish groups of individuals who are most detrimentally affected by retirement”. Here one has to take into account the fact that people with a low socio-economic status (SES) not only have a lower life expectancy but have also had to spend the larger parts of their lives in poor health (Huisman et al. 2013; Lampert et al. 2016). Another issue is that occupational exposures are different between SES groups, with high physical demands on men in low occupational positions and high mental demands (chronic stress) amongst men in high occupational positions. Health is one of the reasons why low-SES groups retire earlier than highSES groups. This reduces lower-SES groups´ pension entitlements, which are lower than high-SES groups´ pension entitlements from the outset due to lower contributions resulting from lower incomes. Therefore, inequalities in retirement incomes could rise further due to reforms that provide financial incentives for longer working lives. Research in these areas has produced a set of largely inconsistent results, owing to differences in design, measurement and statistical methodology. Isolation of an average, population-level effect of retirement may not be achievable given that variation in the retirement experience and its antecedents produce dissimilar health and behavioural outcomes.
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2.7.3 Societal dimension The societal dimension in the ”life-situation” approach refers to non-work related activities mainly in the context of civic and political engagement on the local level (Naegele 2015c)18 which today often is captured under the term ‘social participation.’ In a working society, not being actively engaged in paid work might endanger the societal position of older persons and thus their social integration. However, one also has to emphasise the importance of social networks in the workplace. In relating the social dimension of the “life-situation” approach to the retirement phase one has to consider that the workplace and co-workers - being a social network - are important determinants of social integration, and retirement as well as staying in paid work longer can have a significant influence on these. Whereas in the early stages of post-retirement existing job-related social contacts can occasionally be maintained, they often decrease in the wake of its expansion. In a study on employment and informal work of 55-70-year-olds in Germany (2014), the Federal Institute for Population Research asked amongst other things about the importance of work, together with the reasons for seeking employment in retirement. The greatest level of agreement with regard to the importance of work was for the statements ‘work means that I have a worthwhile task’ (80%), as well as ‘for me work means being in contact with other people’ (75%). Amongst the main reasons for extended employment were ‘work enjoyment’ (95%), as well as ‘social contacts’ (90%) (2 2014). This hints at the importance of social contacts in the workplace. Further, this study also shows that people with a higher level of education are more often employed as “silver workers” in the post-retirement phase so that the answers given above have higher validity for people with complex employment profiles (ibid.). Accordingly, Øverbye (2013) has found for Scandinavian countries including Denmark and Finland that retirees with poor qualifications and poor health are to a high degree exposed to the risk of becoming socially marginalised, mainly measured by the quantity and quality of social contacts with disability pensioners as the most negatively affected sub-group among the sample. Concerning the issue of social inequality, the question arises: are there different, socially selective and distributed chances in satisfyingly using and shaping a post-retirement phase which is determined by policies and measures aimed at EWL? This question mainly refers to two significant forms of social activities in old age (1) to maintain to previous work-related social contacts and/or (2) to build up new social relations thus reducing the risk of social disintegration and/or exclusion; keeping in mind that participating in outdoor activities, seeing neighbours and friends etc., being asked for and thus for individual self-perception, e.g. in the 18
EXTEND does not look into work-related activities in the post-retirement situation, which is documented in manifold research done by Deller and colleagues (see e.g. Pundt, Wöhrmann, & Deller 2015; Fasbender et al. 2016).
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sense of being “needed”, is one of the preconditions of the individual self-perception of being socially integrated or not. (3) Further, being embedded in functioning social relationships, inside and outside of families, very often structured as `social support´ relations play an important role in old age when it comes to being threatened by functional limitations and situations of individual neediness. Fundamental to functioning social relationships is also reciprocity with regard to the help to be given, whereby with advancing age older people are more frequently recipients of emotional and instrumental help (ibid.). In all, for the maintenance and in particular for building up new social contacts those ‘resources’ and ‘potentials’ are especially important but are not equally distributed amongst older people. Civil/societal engagement is often regarded as an option to avoid social disintegration in old age and at the same time to fulfil the new positive image of old age (“active ageing”), suggested by third parties, policymakers and other social and gerontologic experts. However, there is empirical evidence that this is clearly being practised at a below average level among socially disadvantaged groups of elderly persons, particularly among those living alone, the very old, those having little financial resources and/or belonging to migrant groups (which in reality very often overlaps) (Ehlers, Naegele & Reichert 2011). Many social activities are defined in particular by age (younger seniors are more engaged in civil society activities as compared with older seniors) and socio-economic resources such as high education, income, qualification, social contacts and good health conditions (Principi, Jensen, & Lamura 2014), and in turn have an adverse effect on mental health and competencies in old age (Backes & Clemens 2008). This is, amongst other things, due to the growing differentiation in older people’s incomes, socially distinct cohort effects, or because of the effective exclusion of the growing number of very old people from the new social participation possibilities, where healthfunctional limitations are most likely to develop (Naegele 2015c). New ICT-supported forms of social exchange offer extended possibilities for social participation, but are used mostly in the middle and upper social classes, due to the so-called “digital divide” in old age which can be interpreted twofold: socially and as a cohort effect (very often linked to age groups) (Ehlers & Naegele 2017). Social participation is, together with existing family and non-family networks, an additional resource for the arrangement of social relationships. There are offers in the field of education, voluntary work, as well as political participation (Backes & Clemens 2008). Older volunteers are primarily active in the fields of ‘sport and movement’, ‘church and religion’, ‘social activity’, ‘leisure and socialising’, and ‘culture and music’. In ‘environment and nature protection’ and ‘politics’ the proportion of volunteers is much lower. Social inequality manifests itself here in differing participation rates according to gender (men are more frequently active as volunteers than women), household size and structure (the larger they are the higher the commitment), employment status (employed people are
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more committed than unemployed people), occupation (the higher the professional position the higher the commitment rate), and household income (the higher the household income the more frequent the activity) (BMFSFJ 2005; Generali 2013). In general, both prolonging working life involuntarily as well as cutting pension benefits in the wake of EWL policies might limit older pensioners’ economic and time-related chances of social participation; this might not only increase social inequality but also might contradict the new doctrine of being “active in old age”, stated by the same policymakers that promote EWL. Inequality in the retirement process on the social dimension is probably less well researched than the economic and health dimensions but is important nonetheless. It might be caused by several reasons: on the one hand, the social network outside the workplace might be influenced by delayed retirement due to the new credo of EWL. In addition, partnerships and relations to family and friends can be negatively influenced by involuntary early but also late retirement (Barnes & Parry 2004). Examples of measures in the social dimension might be subjective social integration, volunteering rates and satisfaction with life. In terms of inequalities on the macro – state – level one could think of regional differences in the provision of social services between urban and rural areas. On the company level, the corporate culture is decisive for combating ageism in the workplace and, thus, for the social integration of older workers into a firm (Naegele & Bauknecht 2017). On the individual level caring obligations might be a barrier to social participation in society (Reichert 2016). Conditions should be created which enable all employees to benefit from the positive components of an extended working life. Until now many employees have not been able to work up to the official retirement age – all social aspects lose relevance if the high level of stress in the workplace means that further employment is impossible.
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3. Nationale Politiken zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit und Auswirkungen auf soziale Ungleichheiten1 Per H. Jensen
3.1 EWL - eine komplexe Gestaltungsaufgabe Seit Ende der 1990er Jahre legen grundlegend veränderte demografische und ökonomische Projektionen Politik und Regierungen nahe dafür zu sorgen, dass länger und mehr gearbeitet wird. Die meisten europäischen Regierungen haben ihre sozialen Sicherungssysteme entsprechend angepasst. So wurde fast überall das gesetzliche Renteneintrittsalter angehoben und die bestehenden vielfältigen Anreize für einen vorzeitigen Rentenbezug durch Einschränkungen in den Anspruchsvoraussetzungen und Leistungskürzungen entweder abgeschafft oder in ihrer Attraktivität („Pull-Faktor“) deutlich reduziert (Ebbinghaus 2011; Vickerstaff, Loretto & White 2007). Parallel dazu haben immer mehr Arbeitnehmer*innen, insbesondere im nördlichen Teil Europas, begonnen, länger zu arbeiten bzw. tun dies auch heute noch im wachsenden Ausmaß (vgl. Kapitel 5. in diesem Buch). Ein weit verbreitetes Argument in diesem Zusammenhang ist, die steigenden/gestiegenen Erwerbsquoten in den oberen Altersgruppen seien in erster Linie das Ergebnis solcher Anreiz-reduzierender Maßnahmen – entsprechend der Institutionalismusthese (vgl. Kapitel 2.1.3 in diesem Buch) (z.B. Hanel & Riphahn 2012). Dies mag zwar auf einige Länder, für bestimmte Konstellationen und/oder auf bestimmte Beschäftigtengruppen zutreffen. Demgegenüber aber argumentiert EXTEND, die gesetzlichen Änderungen seien nicht die einzigen und zudem noch nicht einmal die bedeutsamsten Faktoren. Zunächst ist der zeitliche Wirkungsmechanismus zu hinterfragen. In Dänemark beispielsweise ist die Beschäftigungsquote bei älteren Arbeitnehmer*innen bereits ab 2000 ununterbrochen gestiegen, was das dänische Finanzministerium (Finansministeriet 2017) aber wesentlich mit den erst 2006 und 2011 eingeführten Vorruhestands- und Rentenreformen begründet. Daran gibt es jedoch Zweifel: Die Reformen von 2006 und 2011 wurden schrittweise eingeführt und sind nicht vor 2014 umgesetzt worden. Und vollständig werden sie erst 2022 „greifen“. Ebenso könnte man für die bemerkenswerte Entwicklung in Deutschland argumentieren: Wie hinreichend genau kann die zentrale Renten- und Altersgrenzenreform von 2007 („Rente mit 67“) die starken und ebenfalls kontinuierlichen Anstiege in den
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Der folgende Beitrag ist eine deutschsprachige Fassung des Abschlussberichtes von Per Jensen zum Arbeitspaket (AP) 2.
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_3
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Erwerbsquoten Älterer schon seit 2000 erklären, zumal noch, wenn die „Rente mit 67“ erst 2029 vollständig umgesetzt sein wird (vgl. Kapitel 4.2.2 in diesem Buch)? EXTEND verweist auf jüngere Forschungsergebnisse, wonach eine isolierte Betrachtung eines möglichen Faktors wenig Erklärungskraft besitzt, da vielmehr eine Vielzahl von Faktoren auf den Zeitpunkt des Renteneintritts einwirken. Diese betreffen sowohl die Makro- (sozioökonomische Faktoren, einschließlich Anreize/Einschränkungen in den sozialen Sicherungssystemen und entsprechender Maßnahmen und Programme der Regierungen), Meso- (berufliche und betriebliche Faktoren, familiäre Rahmenbedingungen) wie auch die Mikroebene (personenbezogene Merkmale, Einstellungen und Motive). Sie sind zu großen Teilen eingebettet in übergeordnete Prozesse des Wandels in wichtigen gesellschaftlichen Subbereichen jeweils mit mittel- und unmittelbarem Einfluss auf Verrentungsprozesse (z.B. Arbeitsmarkt, Unternehmen, Familien) (Wang, Olson & Schultz 2013; Fisher, Chaffee & Sonnega 2016; Naegele & Bauknecht 2017) (für Deutschland vgl. ausführlich Kapitel 4.2.2 – 4.2.7 in diesem Buch). Ein zentraler Mangel aller bisherigen Studien liegt jedoch darin, dass sie nicht hinreichend Soziologie-theoretisch untermauert sind. Kaum einmal wurde bisher gefragt, wie die jeweiligen Faktoren systematisch aufeinander bezogen sind bzw. interagieren (z.B. Wohlfahrtsstaat und Familie). Noch grundlegender und problematischer ist, dass Faktoren, die den Zeitpunkt der Verrentung beeinflussen, unabhängig von dem ihnen zugrundeliegenden Gesellschaftskonzept analysiert worden sind. Ziel von AP 2 war es, einen umfassenden Überblick über jene Faktoren zu geben, deren interdependentes Zusammenwirken maßgeblich für die auffällige Zunahme in der Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer*innen in Nordeuropa zwischen 2000 und 2016 verantwortlich ist und in diesem Zusammenhang auch Belege für die Existenz sozialer Ungleichheitsstrukturen aufzuzeigen. Dies erfolgte jeweils für Dänemark, Deutschland und das Vereinigte Königreich und basiert – neben Literaturarbeit und Experteninterviews – vor allem auf umfangreichen Sekundäranalysen einschlägiger, internationaler Datensätze. Dazu wurde zunächst ein umfassendes („comprehensive“) theoretisches Modell entwickelt, das im Folgenden wiedergegeben wird.
3.2 Theoretische Modellierungen Ganz generell sind Veränderungen in der Erwerbsbeteiligung (nicht nur älterer) Arbeitnehmer*innen mit (1) makrostrukturellen Veränderungen (wirtschaftliche Gesamtsituation, Nachfrage), (2) einem Wechsel in den relevanten Diskursen („Wohlfahrts-, Arbeits- oder Freizeitgesellschaft“; „Active Ageing“), (3) Strukturveränderungen in Institutionen (Wohlfahrtsstaat, Arbeitsmarkt, Familie) sowie (4) mit Veränderungen in individuellen Dimensionen der Beschäftigungsfähigkeit und subjektiven Dispositionen verbunden. Deren Analyse zeigt, dass insgesamt
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die Voraussetzungen für EWL gestiegen sind. EXTEND belegt für die untersuchten Länder, dass erst das Zusammenwirken dieser Megatrends die komplexe Realität des stattgefundenen/stattfindenden Beschäftigungsanstiegs Älterer erklären kann. Auf der makrostrukturellen Ebene kann zunächst vermutet werden, dass Veränderungen in der Beschäftigung von älteren Arbeitnehmer*innen wesentlich durch den Wandel von der Wohlfahrts- hin zur Arbeitsgesellschaft beeinflusst worden sind (z.B. Walters 1997). Charakteristisch für die Wohlfahrtsgesellschaft war, dass die Bevölkerung in einen arbeitenden Teil (zumeist Männer im erwerbsfähigen („besten“) Alter) und in verschiedene Untergruppen der nicht-arbeitenden Bevölkerung eingeteilt war (z.B. Frühpensionäre, Hausfrauen usw.). In der Arbeitsgesellschaft hingegen gilt die bezahlte Beschäftigung als normative/s Ideal/Verhaltensaufforderung für alle. Es wird erwartet, dass auch ältere Menschen, Mütter, Langzeitarbeitslose, Menschen mit Behinderungen usw. (im Rahmen ihrer Möglichkeiten) arbeiten. Inzwischen haben sich – nicht zuletzt unter dem Einfluss des demografischen Wandels – Diskurse verändert. So wurde in der Wohlfahrtsgesellschaft noch die gerechte Umverteilung von Einkommen und Arbeit betont. Vor diesem Hintergrund galt die Verrentung als Garant für neue Arbeitsplätze vor allem in unterbeschäftigten Arbeitsmarktsegmenten - häufig eingebettet, wie in Deutschland, in einem kaum hinterfragten Ideal von „Generationensolidarität“ - (vgl. Kap. 4.2.7 in diesem Buch) und u.a. begründet mit Vorstellungen von einem notwendigen Rückzug des Alters aus der aktiven Gesellschaft (entsprechend der in der Gerontologie inzwischen kaum mehr vertretenen Disengagement-Theorie). In der Arbeitsgesellschaft und unter dem Einfluss des demografischen Wandels wurde diese Sicht vom Alter dann auf den Prüfstand gestellt und Alter neu konzeptualisiert. Heute geht es um „aktives“, um „produktives“ Alter(n). Ältere Menschen sollen länger arbeiten, u.a., weil sie gebraucht werden („Ihr Land braucht Sie!“). In der Konsequenz sind ältere Arbeitnehmer*innen zu einer wichtigen ökonomischen Ressource geworden („graues Gold“). Frühverrentungen werden zudem als zu teuer und überdies als krankmachend dargestellt. Auch erfolgte eine Transformation des bisherigen Typus von Wohlfahrtsstaat in einen „Befähigungsstaat“. Im Wohlfahrtsstaat wurden niedrige Beschäftigungsniveaus älterer Arbeitnehmer*innen noch mit der Emanzipation von bezahlter Arbeit und Dekommodifizierung (Abkoppelung der sozialen Sicherung vom Arbeitsmarkt) assoziiert, die es dem/r Einzelnen erlaubte, „immer noch einen sozialverträglichen Lebensstandard unabhängig von seiner/ihrer Marktbeteiligung“ aufrechterhalten zu können (Esping-Andersen 1990: 37). Zum Befähigungsstaat gehören heute auch – neben mehr Druck auf Arbeitslose, aktiv an der Wiedereingliederung in Beschäftigung mitzuwirken – Einschränkungen durch (Teil-)Privatisie-
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rung von staatlicher Alterssicherung sowie die normative Aufforderung, mit verantwortlich zu sein für die eigene soziale Sicherung inkl. Alterssicherung, u.a. auch durch Vorsorgesparen und längeres und mehr Arbeiten, d.h. EWL. Auch Arbeitsmärkte und Unternehmen haben sich zugunsten der Integration Älterer verändert. Arbeitsmärkte haben eine Wende von der Schließung zur Öffnung vollzogen (Weber 1978). In einem geschlossenen Arbeitsmarkt war die Beteiligung bestimmter Personen (z.B. Frauen, Ältere) entweder ganz ausgeschlossen, begrenzt oder an bestimmte Bedingungen (vor allem hohe Arbeitslosigkeit) geknüpft (siehe für Deutschland die damalige, negativ konnotierte „Doppelverdiener-Kampagne“). Mit Blick auf Ältere wirkte die Prävalenz von Altersstereotypen auf Unternehmensebene sowie bei Kolleg*innen und Gewerkschaften zusätzlich exkludierend. Ältere wurden zur „arbeitsmarktpolitischen Manövriermasse“. Im Gegensatz dazu verweigern offene Arbeitsmärkte heute fast niemandem mehr, der arbeiten will und dazu in der Lage ist, den Zugang. Dies wird u.a. begünstigt durch regionalen und/oder branchentypischen Arbeitskräftemangel (z.B. typisch für die Dienstleistungswirtschaft) oder mit Blick auf Ältere durch die Zunahme von betrieblichem Alter(n)smanagement. Allerdings betrifft diese neue „Öffnung“ immer häufiger lediglich prekäre Beschäftigungsverhältnisse (Teilzeit, Befristung, Leiharbeit, Scheinselbständigkeit). Auch Familienstrukturen haben sich zugunsten geschlechts- und altersspezifischer Erwerbsbeteiligung verändert. Das männliche (patriarchalische) Haupternährermodell („Male-Breadwinner-Model“), das Frauen als Hausfrauen in der informellen Arbeit (Pflege) positioniert hatte, ist weitgehend verschwunden; abgelöst vom „Dual-Breadwinner-Model“, welches mehr Gleichheit und Demokratie in der Familie impliziert. Es impliziert zugleich auch, dass Frauen nunmehr verstärkt einer formellen, bezahlten Beschäftigung nachgehen können und dass Paare gemeinsam die Verrentung koordinieren. Davon haben insbesondere Frauen nach der Unterbrechungsphase profitiert. Sie kehren heute nicht nur früher zurück, auch verbleiben sie danach sehr viel länger im Erwerbsleben und erhöhen damit die Erwerbsquoten besonders in den oberen Altersgruppen (wenn auch häufig um den Preis steigender Teilzeitbeschäftigung). Nicht zuletzt sind auch auf der Seite der Individuen für die Erwerbsarbeit förderliche Einstellungen gestiegen. Erstens haben sich EU-weit positive Arbeitsorientierungen bei älteren Arbeitnehmer*innen (wie in der gesamten Bevölkerung) verstärkt. Zweitens haben sich Gesundheits- und Bildungsniveau älterer Arbeitnehmer*innen verbessert (Kohorteneffekte). Litten in der Industriegesellschaft viele ältere Arbeitnehmer*innen vielfach noch unter schlechter Gesundheit und schlechter Bildung, so hat sich dies in der modernen Arbeitsgesellschaft deutlich verbessert und entspricht wichtigen, allgemeinen Kohorteneffekten mit förderlichen Auswirkungen auf Beschäftigungsfähigkeit im Alter und damit auf das Ziel nach EWL.
Politiken zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit
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3.3 Schlussfolgerungen EXTEND belegt, dass kein einzelner Kausalfaktor isoliert die bemerkenswerte Zunahme der Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer*innen seit Beginn der Jahrtausendwende hinreichend erklären (und auch nicht vorhersagen) kann. Arbeitsbezogene Einstellungs- und Verhaltensänderungen Älterer sind immer auch das Ergebnis unterschiedlicher, interagierender Faktoren, die jeder für sich im Beobachtungszeitraum nachweisbar an Gewicht zugenommen haben. Diese Erkenntnis lässt folgende Schlussfolgerungen zu: Renten- und Altersgrenzenreformen sind keine „sine-qua-non“-Bedingung für eine erfolgreiche Umsetzung des Ziels nach EWL. Tatsächlich können Beschäftigungsquoten und -volumen auch ohne diese steigen. Sie können allerdings soziale Probleme verursachen, soziale Konflikte erzeugen, den sozialen Zusammenhalt einer Gesellschaft untergraben und zu sozialen Ungleichheiten führen, wenn übrige EWL-relevante Rahmenbedingungen unverändert bleiben. Werden beispielsweise umfangreiche Renten- und Altersgrenzenreformen geplant oder durchgeführt, während gleichzeitig die Arbeitslosigkeit hoch ist und große Gruppen der Bevölkerung von (längerer) Arbeit ausgeschlossen sind oder auch gar nicht länger arbeiten wollen (z.B. weil die Arbeitsorientierung fehlt), sind Arbeitnehmer*innen mit geringer Beschäftigungsfähigkeit „eingekesselt“ zwischen dem politischen Ziel nach EWL zum einen und der faktischen Lage auf dem Arbeitsmarkt zum anderen, die ihnen nicht genügend Beschäftigungschancen bietet. Arbeitnehmer*innen mit einer höheren Beschäftigungsfähigkeit dagegen haben günstigere Aussichten, sind z.B. weniger von Arbeitslosigkeit bedroht und können somit eher das Ziel nach EWL realisieren. Ein zweites Beispiel für wachsende soziale Ungleichheiten ist ein zunehmend bedeutsamer Widerspruch im Zusammenhang von Arbeit und Familie: Zwar sind die Beschäftigungsquoten von Frauen gestiegen, aber gleichzeitig – trotz grundlegend veränderter Familienstrukturen – wird der größte Teil der Hausarbeit einschließlich der informellen Pflege für ältere Familienmitglieder immer noch ganz überwiegend von Frauen geleistet. Dies deutet auf neue soziale Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen hin, wobei im Kern aber nur letztere um eine bessere Vereinbarkeit kämpfen müssen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt EXTEND, Regierungen sollten das politische Ziel nach EWL auf mehreren Gestaltungsebenen und auf alle Beschäftigungsgruppen gleichermaßen ausgerichtet angehen. Erste wichtige Grundvoraussetzungen dafür sind eine stabile Wirtschaft und eine stabile Nachfrage (auch) nach (älteren) Arbeitskräften. Dies dürfte – die zweite wichtigste Grundvoraussetzung – auch die Unternehmen dazu motivieren, (noch stärker) in die Beschäftigungsfähigkeit Älterer zu investieren, d.h. Arbeitsbedingungen und -umfeld entsprechend zu gestalten und anzupassen, z.B. durch Maßnahmen des betrieblichen Alter(n)smanagements, Gesundheitsprävention, LLL oder Maßnahmen der Work-
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Life-Balance. Drittens müssten individuelle wie kollektive Dispositionen (z.B. Arbeitsorientierung, Motivationen zum EWL) über umfassende Diskurse und neue indirekte Steuerungsformen (z.B. Beeinflussung der Unternehmenskultur, Änderung von negativen Altersstereotypen) verändert werden. Zentral ist es weiterhin, die besonderen EWL-relevanten Bedürfnisse und Wünsche der Frauen (unterschiedliche „Vereinbarkeitserfordernisse“, besonderes Interesse an ausgeglichener Work-Life-Balance) verstärkt zu beachten. Sie sind teilweise auch heute noch in vielen Ländern eine ungenutzte Arbeitsmarktressource. Um freiwilliges (Weiter-)Arbeiten „in Würde“ auch für Neu- oder Wiedereinsteiger*innen (z.B. ältere weibliche Arbeitsuchende nach vorheriger Arbeitslosigkeit) zu sichern, sollten prekäre Beschäftigungsformen vermieden bzw. beseitigt werden. Dabei dürfen Politik wie Betriebe nicht nur auf ältere Arbeitnehmer*innen mit hoher, möglichst „maßgeschneiderter“ Beschäftigungsfähigkeit zielen. Das „Matthäus-Prinzip“ ist zwar auf den ersten Blick „erfolgreicher“, da einfacher zu realisieren, darf aber wegen der „Fairness Challenge“ kein primärer Ausgangspunkt für EWL-relevante Fördermaßnahmen sein. Gefordert sind flächendeckende, „auf Breite“ zielende Ansätze, die möglichst auch jene mit ungünstigeren Beschäftigungsaussichten und EWL-Perspektiven erfassen. Hier ist der Nachholwie Vorsorgebedarf eindeutig am höchsten, muss vergleichsweise mehr Zeit und Geld investiert werden, allein schon um höhere Folge- und Spätkosten (z.B. Bekämpfung von sozialem Ausschluss, Altersarmut) zu vermeiden. Erst die Fokussierung auch auf typische „Problemgruppen“ ist eine, den vielfältigen Herausforderungen des demografischen und sozialen Wandels angemessene innovative Strategie.
Verwendete und weiterführende Literatur Ebbinghaus, B. (ed.) (2011): The varieties of pension governance: Pension privatization in Europe. Oxford: Oxford University Press. Esping-Andersen, G. (1990): The Three Worlds of Welfare Capitalism. Oxford: Polity Press. Finansministeriet (2017): Økonomisk analyse: Reformer har styrket seniorers beskæftigelse. København: Finansministeriet. Fisher, G.G., Chaffee, D.S. & Sonnega, A. (2016): Retirement Timing: A Review and Recommendations for Future Research. Work, Ageing and Retirement, 2: 230-261. Hanel, B. & Riphahn, R.T. (2012): The Timing of Retirement – New evidence from Swiss female workers. Labour Economics, 19: 718–728. Naegele, G. & Bauknecht, J. (2017): Strategies (‘Action Plan’) for extending working lives, raising older workers´ employment rates and intensifying life long learning in later working life. MoPAct Work Package 3, Task 5, Dortmund: Forschungsgesellschaft für Gerontologie. Vickerstaff, S., Loretto, W. & White, P. (2007): The future for older workers: Opportunities and constraints. In: Loretto W., Vickerstaff S. & White, P. (eds.): The future for older workers: New perspectives. Bristol: Policy Press: 203-226. Wang, M., Olson, D.A. & Schultz, K.S. (2013): Mid and Late Career Issues: An Integrative Perspective. London and New York: Routledge. Weber, M. (1978): Economy and society. University of California Press.
4. Pension and labour market policies and the situation of older workers in Germany Moritz Hess, Gerhard Naegele and Jürgen Bauknecht
4.1 Development of older workers` employment rates The employment rate of Germany’s older workforce (55-65) has shown an impressive increase from the turn of the millennium on (see Figure 1). In the 15 years from 2000 to 2015, it rose from just under 40 per cent to over 60. How can this development be explained and what does it mean for Germany, its economy and welfare state, as well as for German companies and older workers? This chapter tries to answer these questions by first retracing the employment rates 1 for different groups of older workers2, then discussing the potential drivers of the increase and its consequences, and concluding with a discussion. Its main conclusion is that a combination of policy reforms, employers’ actions, the general good development of Germany’s labour market, rising female employment and, related to this, cohort and demographic effects, have caused the increase of older workers’ employment rate. This positive development is, however, accompanied by warnings of an increasing social inequality between social groups: While high-skilled older workers, particularly specialists among them, benefit from the new policy, low skilled workers are struggling to meet its requirements. Figure 1 shows the development of older workers’ employment (55-64) rate in Germany between 1999 and 2018. From 2003/4 on it has shown a steep increase that is still ongoing. Although the employment rate of older workers has increased in many European countries, only in the Netherlands the rise was as strong as in Germany (König, Hess & Hofäcker 2016)3. This development is mirrored in the average retirement age. The gender differences are shrinking and in 2015 women and men had the same average retirement age. However, the age of labour force exit and the age of retirement are not the same, but often rather are different. Figure 2 shows the increase for three educational groups (ISCED 0-2,3-4 & 5-6). In particular, the medium educated group shows a steep increase.
1
With the employment rate we define those who are in actual employment of at least 1 hour a week according to OCED definition. 2 For the rest of the chapter we refer to employment rate of older people, age 55 – 64, as the employment rate of older workers. 3 A second interesting development in Germany is that of working pensioners; those working after the age of 65. According to the Federal statistical office their share has increased from 6 to 14 percent from 2005 to 2014.
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_4
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Figure 1: Employment rate of 55-64 year olds and retirement age in Germany (1999-2017)
employment rate: men employment rate: women retirement age: men retirement age: women Data Source: OCED, own calculations
Now the following questions arise: 1) How can this rapid increase of older workers’ employment rate in Germany be explained? 2) Was the rise in employment rates accompanied by rising social inequalities? These two questions are the guiding theme of the chapter at hand. The remaining part is structured accordingly.
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Figure 2: Employment rates of 55-64 year olds by education 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%
low education high education
medium education
Data Source: OCED, own calculations
4.2 How to explain the German “success model”? The following section will discuss several reasons for the impressive increases of older workers’ employment rate in Germany. First, we present the labour market and pension policy shift that took place and is perceived as a main determinant of the increase. Then we complement it with additional drivers like changes on the company level, the extension of education and female employment and the general positive development of the German economy. To give some concise context information we now present a short excurse on the German welfare state and pension system in general and the policy of early retirement in specific. Table 1 gives an overview of reforms that are discussed in more detail in the following section.
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Table 1: Policy Time Line of Reforms
1992 2001 2005 2006 2011 2009 2012 2014
The first Rentenreform (‘pension reform’) introduced actuarial pension cuts for retirement before the official retirement age The eligibility criteria for disability pension were tightened The duration of receipt of unemployment benefits was shortened The ‘Old-age Pension after Unemployment’ was abolished The subsidies to old-age part-time (Altersteilzeit) were abolished The 'Retirement at 67' introduced an step-wise increase of the official retirement age: First cohort affected The introduction of the ‘Retirement at 63’ allows workers with at least 45 contribution years to retire earlier without benefit deductions
EXCURSE: The German welfare state and old age security Germany has the prototypical Bismarckian pension system 4, named after the former Imperial chancellor Bismarck. Today, the public German statutory old age income security system (Gesetzliche Rentenversicherung; GRV) is financed on a pay-as-you-go principle and covers about 80 percent of the employed population (Bäcker, Naegele & Bispinck 2020 vol. II) . The pension income is related to contributions made to the pension system and to a large extend reflects the individual professional earnings and working time career of the insured person (“equivalence principle”). In most cases, the insurance premiums are paid half by the insured and half by the employers. Tenured civil servants have their own (tax-funded) pension system, with the same official retirement age as in the GRV. Old age security for self-employed is very fragmented. Some are compulsory members of different independent institutions outside the GRV organised after the respective trade (“Berufsständische Versorgungswerke”) (for example lawyers, practicing physicians, architects). Some (like craftsmen, farmers and artists) are mandatorily insured within the German GRV and still others are voluntary members here. A number that has grown strongly in recent years, among them mainly pseudo and/or solo-self-employed, must rely on private forms of coverage. This group represents an increasingly growing potential for poverty among pensioners in Germany (Bäcker, Naegele & Bispinck 2020 vol. II). This chapter, however, will mainly focus on the majority of older worker and retirees that are insured in the GRV. Although this has undergone several changes it remains the main source of income in old age, as occupational or private pension are only partially mandatory in Germany (Bridgen & Meyer 2014). 4
A common classification of the pension system distinguishes between Bismarckian and Beveridgean pension systems. In the Bismarckian pension system, the main goal is income status maintenance after retirement (Schulze 2009).
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4.2.1 The shift of paradigm from early retirement to EWL After the Second World War the German economy started to grow rapidly from the earlier 1950s on (“Wirtschaftswunder”, “economic miracle”) and needed every possible worker, hence, had high employment rates in all age groups at least amongst men (Ebbinghaus 2006). In the 1960s the economic growth slowed down and international competition from Asia, in particular Japan, and the oil crisis in the 1970s forced the large and important production sector in Germany to reduce costs. Shredding labour by laying off workers was one tool and, in particular, the due to the de-facto seniority wages comparably expensive older workers were pushed into unemployment (Hess 2018). To avoid increasing unemployment rates, politicians, employers and trade unions turned to a policy of early retirement. They offered older workers different options to retire well before the official retirement age with comparably low pension deductions (Bauknecht & Naegele 2015). Main early exit routes were the early retirement option for long-term contributors in the German statutory old age income security system and the unemployment insurance (Radl 2007; BMFSFJ 2010). After the German reunification older workers in the former German Democratic Republic (GDR) were offered an Old Age Transition Scheme (“Altersübergangsgeld”) that let them retire at 55 if they became unemployed. Based on the idea of the “lump-of-labour” the politicians’ ratio was that if the older workers left the labour market into retirement younger workers could take their jobs and the unemployment rate would decrease (“generational contract”). Employers used the early retirement policy to cut cost in a socially accepted manner and often complemented the public early retirement options with generous payments (Hofäcker, Hess & Naumann 2015). Older workers and with them the trade unions willingly accepted this “golden hand-shake” and retirement before 65 which was seen as the “normal” way of exiting the labour market, while retirement at or even after 65 was the exception. Thus, a “grand societal coalition favouring early retirement” between government, employers, trade unions - driven by the vast majority of older workers in employment -, was pursuing the policy of early retirement (Naegele 1992). In the late 1980s and early 1990s policy makers realized two problems stemming from the policy of earlier retirement. First, it led to a disadvantageous ratio of contributors and beneficiaries in the GRV. The first with shorter periods of contributions payments and the latter with longer periods of recipients’ entitlements due to increasing residual life expectancy. This development was intensified by the demographic ageing of the population with which the average time of pension receipt increased steadily. Consequently, concerns about both the financial longterm sustainability of the public statutory old age income security system as well as of the welfare state emerged. In addition to increasing public costs, the policy of earlier retirement withheld skilled workforce from the labour market. From the
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early 2000s on, however, German companies in the high-technology, but also increasing in the health and care as well as craft sector faced a lack of qualified and experienced workers, in the beginning prevalent primarily in the case of engineers, physicists and professional carers. The lack of skilled labour spread soon to further professions previously unconcerned. Today, older workers are seen as an important labour market reserve by the state and the companies. This lack of skilled labour is predicted to intensify when the larger cohort of the Germany baby-boomers (born in the 1960s) will retire in the next 10 years. This led to both a new attitude towards as well as treatment of older workers. They are seen more positive and employers are attending their needs. This development is also in line with the European credo of “active ageing” and the Europe Union 2020 strategy (BMFSFJ 2010). 4.2.2 Can pension and labour market reforms explain the increase in the employment rate of Germany`s older workers? The development just described led to a fundamental policy change in labour market and pension politics in Germany from one of early retirement to one of extending working lives (EWL). Although shortly interrupted by the German reunification the main ratio was and still is today to keep older workers longer in employment, delay retirement and increase older workers’ employment rate. In the following several of these efforts are discussed. They are broadly categorized into pension and labour market policies. Not all of policies depicted below affect all older people in employment. In particular, self-employed and tenured civil-servants are excluded. 4.2.2.1 Pension policies Retirement at 67 came in place in 2012 The legal retirement age rises stepwise from 65 to 67 between 2012 to 2031 (first by one month per year, later by two months per year). The reform was highly debated and strongly criticized from the left parties and trade unions with the main argument that in some or even many professions 67 is an unrealistic retirement age due to hard working conditions. We argue, that due to its late start and slow beginning, the reform cannot account for rising employment or rising inequality between 2004 and 2014. However, prediction analysis has been done: Surveys show that those cohorts affected stronger did raise their expected retirement age stronger (Coppola & Wilke 2014), which suggests that citizens roughly know which retirement age applies to their cohort. A simulation analysis predicts that the reform will significantly delay exit from paid work, but there are strong differences between skill groups: Whereas those with high skills and those with medium skills will react strongly to the reform by delaying retirement, the low-skilled will virtually be left unaffected (Fehr, Kallweit & Kindermann, 2011). Since retirement
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before the cohort-specific retirement age leads to lower pension benefits, and since those with higher skills have higher incomes and higher pension benefit entitlements, this will increase inequality within the group of older people. In direct contrast to previous official policy, there has been a clear reversal from the increase of the retirement age with the introduction of the ‘Retirement with 63’ scheme introduced in 2014 due to pressure from trade unions (it is sometime referred to an elections present promised to them during the Federal election 2013). It allows retirement without deductions for those who have at least 45 contribution years, whereas contribution years are not necessarily years in paid work. Besides paid work, times of child-rearing, informal elderly care, sickness/rehabilitation benefit receipt, military service or alternative services in the social sector, and unemployment benefit receipt are also taken into account as contribution years, to some degree. ‘Retirement with 63’ rises stepwise to 65, but since the legal retirement age also rises, it remains a scheme for retirement two years earlier than legal retirement age. This scheme has proved to become highly attractive from a financial perspective. About 1 million pensioners are using it at the moment (Deutsche Rentenversicherung 2018). It strongly exacerbated the lack of skilled labour, especially in nonacademic technical professions, since it is mostly skilled workers who are eligible (IW 2015). The notion that workers with 45 contribution years entered the labour market early and are therefore low-skilled workers with low employability was disproved. Börsch-Supan, Coppola & Rausch (2014) point out that those with long work biographies are no more often sick at the end of their career than those with shorter work biographies, and that those eligible for the new scheme are wellskilled workers with above-average earnings and above-average health. The reform seems to be not sufficiently targeted at those whose labour market position was weak due to poor health or insufficient skills. To summarize: the reform did not decrease inequality, rather it raised it. Schnabel (2014: 25) terms the ‘Retirement at 63’ an “outrageous intragenerational redistribution to the disadvantages of low-earners”. Closing of early retirement exit routes In addition, retirement before the official retirement age was made less attractive due to the introducing of pension deductions for early retirement and the closing early retirement options. Eligibility criteria were tightened and transition periods between labour force exit and retirement were shortened. In the following four main reforms affecting retirement before the official retirement age are discussed.
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Introduction of pension reduction for early retirement 1992 In the wake of the German reunification benefit reductions for those retiring before the legal retirement age have been introduced. The first pension reform was designed in 1989 and implemented in 1992. The main modification concerned the introduction of actuarial pension reductions by 0.3 percent for every month the pensioner retired before the official retirement age, making early retirement financially less attractive (Rürup 2002; Radl 2014). This led to later employment exit (e.g. Lüthen 2014), especially in the case of men. Yet, also the time gap between labour exit and retirement entry became wider, indicating that unemployment partly substituted for formal early retirement. But the reform also led to later labour market exit retirement, mainly due to strong effects on non-manual workers (Giesecke 2014). This bias towards white-collar workers suggests that the reform increased inequality. Part of the explanation is that it is rather blue-collar workers who used the disability scheme after age 63 as an alternative exit pathway (Giesecke & Kind 2013). The early retirement reform has increased employment rates. In the same reform the earliest possible retirement age for women and the unemployed was also lifted from 60 to 65 over 12 years. Yet, results for manual workers show that some groups can use the disability scheme as an alternative pathway out of paid work, which weakens the positive employment effects of early retirement scheme reform. Less generous conditions in this scheme and the unemployment scheme leave people with low workability/employability with the choice between work despite health problems and pension benefit cuts. Further, positive employment effects primarily among non-manual workers raise earnings inequality since this group’s mean wage is higher. Abolishment of subsidised gradual retirement 2009 Since 1996 the government subsidised an old-age part-time programme with the aim of delaying retirement. Employees who were at least 55 years old and have been working for three out of the last five years could use the scheme to reduce their working hours to 50 per cent of a full-time equivalent. The resulting income from wages was increased by only 20 per cent, financed via subsidies from the Federal Employment Agency and often complemented by additional money from the companies. Additionally, pension contributions for the half-time jobs were as high as would have been the case with the person working 90 per cent of full-time hours, also financed by the Federal Employment Agency. The proportion of those in physically burdensome work using the scheme was relatively low. Instead, it tended to be used by white-collar workers, while those in physical work more often used the disability scheme to exit the labour market (Wagner 2010). Most evaluations of old-age part-time schemes come to the conclusion that the loss of working hours due to the lower number of working hours per week is larger than any gains in working hours due to later retirement, also
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because positive effects of old-age part-time work on later retirement are weak or absent (for a summary see Bauknecht, Gerling & Hess 2016; Hess, Bauknecht & Pink 2018). Yet, in the German scheme workers could choose between real parttime (half of the normal working time for six years) and the ‘bloc model’ (fulltime for three years and then zero hours per week for three years). In 2008 around 90% of those in the scheme used the ‘bloc model’ (Brussig, Knuth & Wojtkowski 2009), so de facto the scheme was rather an early retirement than a gradual retirement scheme (Bäcker & Naegele 2017). The abolishment of the scheme in 2009 raised employment amongst older people. Abolishment of ‘Old-age Pension’ after unemployment 2005 Before the reform, unemployed after the age of 60 could enter this scheme. In 2005, this age was raised to 63. Analysing a sample of male unemployed, a study found that the reform increased re-employment probability of those affected. Yet it did not increase the number of those entering early retirement. The number of people leaving the labour market via this scheme decreased due to this reform. Further analyses indicate that rather higher-status unemployed could react to the reform by reemployment, whereas others were confronted with the lack of access to the ‘Old-age Pension after Unemployment’ (Giesecke & Kind 2013). This should increase inequality amongst those initially unemployed. Difficulties in accessing the disability pension scheme Early retirement via disability schemes was made increasingly difficult. In 2001 the distinction between disability (inability to work) and occupational disability (inability to work in the last job) was abolished. Especially for those born after 1960 status security vanished since employment in a different (lower pay, lower status) job was/is now considered appropriate (Bäcker 2012). This should increase the employment of older workers. Since 2001 someone able to work for only 6 hours is no longer considered disabled. So this makes clear that the disability pension is an option only for those with severe health problems. If someone applies for disability, official doctors check the documents and decide if rehabilitation could re-establish workability. In 2012, the official retirement age for a disability pension without deductions was gradually raised from 63 to 65 years of age. Since then, deductions have also been made for disability pensions. Since in Germany almost all workers being entitled with disability pensions receive their pensions before the age of 63, de facto all became affected by the deductions. These amount to 0.3% per month of claim two years before the official retirement age and are limited to a maximum of 3 years (in total 10.8%). In order to avoid very low disability pensions particularly for those affected at a very early stage of their working career, however, sup-
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plementary periods (“Zurechnungszeiten”) are recognised in the pension calculation. The pension is calculated as if the insured person had worked longer and paid contributions. The age limit for the crediting of supplementary periods will be raised in several steps from 65 to 67 years for new reduced disability pensions payable from 2019. 4.2.2.2 Labour market policies The ‘Hartz’ reforms In 2005 the unemployment scheme has been reformed. Earnings-related unemployment benefits have been shortened, but duration still partly depends on age and previous employment duration. In most cases after 12 months of unemployment, earnings-related unemployment benefits are substituted by low meanstested benefits. Previously, long earnings-related unemployment benefits have been used to bridge the time between work and retirement (Dlugosz, Stephan & Wilke 2009). So the main argument is that lower and shorter benefits reduce unemployed’s reservation wages, that is, they are more willing to accept low-paid jobs, while their reluctance to accept low-paid jobs is an important barrier to reemployment (Dietz & Walwei 2011). Further, decreased generosity would reduce incentives to use unemployment as an early retirement scheme (Duell & VoglerLudwig 2012). Dlugosz, Stephan & Wilke (2009) found evidence that shorter durations of earnings-related benefits reduced unemployment, especially for the oldest group (57–64), which exhibited the strongest decline of the duration of earnings-related unemployment benefits. A different study found that effects were small (Krebs & Scheffel 2010), possibly since it only affects those short-term unemployed coming close to the new exhaustion period. While results on employment are partially positive mainly effecting shortterm unemployment amongst older workers, the reforms also contributed definitely to inequality. Firstly, via higher wage inequality, since reforms reduced reservation ages and therefore reduced wages of those re-entering employment, that is, wages of those with lower wages than those in constant employment anyway. Secondly, shorter earnings-related short-term unemployment benefits and lower long-term unemployment benefits reduce the incomes of the unemployed, and therefore reduced the incomes of those with below-median incomes. Further, means-testing implies that some long-term unemployed do not receive benefits due to other financial resources in the household. Irrespective of their general situation, this increases inequality in incomes. Long-term unemployment affects not only current income, but also future income. This does not only include post-unemployment wages, but also retirement benefits. Although especially the longterm unemployed delayed retirement in the last years, they have high pension deductions and their benefits decreased in the decade before 2012, in contrast to those not affected by long-term unemployment (Brussig 2012).
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Active labour market policies Besides the Hartz reforms several active labour market policies aimed at promoting older workers were implemented: different types of subsidies to decreases their labour cost, different measures to increase employability and efforts to improve the hiring process. Three are discussed here exemplarily. Wage subsidies In many sectors older workers´ incomes are/used to be higher not because they are older, but because they have a longer tenure (de facto seniority wages). Hence, older unemployed people had higher wages before unemployment than younger unemployed. Resulting from this, their wage expectation toward new jobs are comparatively high, which can be a barrier to re-employment. All of this negatively affects the hiring of older unemployed (Keese, Hirsch & Bednarzik 2006; Bovenberg 2008; OECD 2011). To alleviate this problem, the recruitment of workers over 50 can be subsidised (§421f SGB [social security code] III). The research institutes ZEW, IAB and IAW (2005) assessed the effects of integration subsidies for persons with short unemployment. These subsidies were found to increase the probability of re-employment. The authors stated that this effect was not very high but also not negligible. However, by contrast, Boockmann et al. (2007) state that due to deadweight effects there is no net effect due to hiring subsidies, since subsidised hiring merely substitutes for unsubsidised hiring. Findings on net effects on employment are contradictory. If these effects are positive, such measures also decrease inequality, since the re-employment of unemployed people raises the incomes of the previously unemployed. If these effects are not positive, inequality is not reduced since those not obtaining jobs due to deadweight effects are also unemployed and therefore also belong to the group with low incomes. Employment pacts The German programme ‘Perspective 50plus - employment pacts for older workers in the regions’ - included 78 regional employment pacts with local job centres and lasted from 2005 to 20155. The pacts included further vocational training, job application training, internships and wage subsidies. Individual counselling and coaching were considered crucial parts of the program. The program activated around one third of the older long-term unemployed workers and placed about one seventh of them on the regular labour market. Some of these received wages subsidies and only a minority of those leaving unemployment also exited public financial support, partly due to the high share of part-time workers among the reemployed. The latter resulted from the fact that part-time work was more stable, 5
“Perspective 50plus” was also selected as a „good practice“ example in EXTEND`s WP 8 (see chapter 11.1 in this book).
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since participants in the programme had often reduced capabilities (Duell & Vogler-Ludwig 2012). Results for the of project duration are considered to be positive (Duell & Vogler-Ludwig 2012) since a high share of older long-term unemployed people were activated. Yet, the share of those older than 60 was low and the mean age at 54, so the programme rather activated the ‘young old’, which is a group easier to bring back into work than the ‘normal old’. For methodological reasons, a clear evaluation is difficult, but results rather point into a positive direction (Knuth et al. 2012). An expedient strategy has been a financing model granting resources to official public employment offices based on the number of jobseekers integrated into the labour market. These offices had considerable leeway in terms of how to deploy these financial resources. They could use the funds, for instance, to hire additional staff or to outsource integration tasks to external providers using performance-related payments. The German experience of giving local job centres extensive leeway in terms of how to integrate the unemployed into the labour market and to grant financial benefits on their success appears to be a promising approach. Effects of wage subsidies for newly hired workers are less clear, although targeting those with very low re-employment probabilities reduces deadweight effects (Brown, Merkl & Snower 2011), that is, the subsidising of employment which would have also happened without subsidies. Training subsidies Besides paying subsidizes to wage German policy makers also strive to train older workers and establish the idea of life-long learning (Hess 2017). An example is the pilot project “Weiterbildung gering qualifizierter und -beschäftigter älterer Arbeitnehmer im Unternehmen” (WeGebAU) that funds training costs for older low-skilled workers in employment (Duell & Vogler-Ludwig 2012). In 2009, a total of 102,000 older workers used this program (Lott & Spitznagel 2010). Its effectiveness is however under discussion as Singer and Toomet (2013) found that participating in training financed by the WeGebAU did not improve older workers’ job stability and survival in employment. Although being essential for the employability of older workers, education and life-long learning do still not play a major role for German policymakers. This still leaves considerable room to further improve the employability of older workers and, thus, to raise their employment rate. Especially in smaller companies and trades, older workers rarely participate in any kind of training measures (Goebel & Zwick 2010). Furthermore, when looking at the participation rate of older employees in training measures, initial education is found to constitute a decisive factor: Almost 70 per cent of older workers with tertiary education participated in some kind of further training, whereas the respective rate for workers without a formal education ranges below ten per cent (Schmidt 2009).
Older workers in Germany
81
4.2.3 The general labour market situation and the demand for older workers Although it can be assumed that the policy-shift from early retirement to EWL in combination with employers’ changing attitudes and behaviour towards older workers are important drivers of the steep increase of the employment rates of older workers in Germany, other explanations must be considered and discussed as well. Economic growth was not strong in Germany recently. Adjusted for prices, between 2007 and 2017 GDP rose by merely 1.3% per year (Destatis 2019). Yet, the German labour market has improved remarkably since 2000, despite the 2008/09 financial and economic crisis. This is reflected in the general employment and unemployment rate of German workers aged 15 till 64. Men’s employment rose from slightly less to slightly more than 80 percent, while that of women has increased by almost 10 percentage points from just over 60 to over 70 percent (see figure 3). The unemployment rate was less stable. It increased until 2004, then it declined strongly from eleven to four percent. The decline only stopped during the 2008/2009 crisis but the trend did not reverse, showing the robustness of the Germany economy in the last 15 years (see figure 4), but also mirroring the effect of using financial short-time work compensation (“Kurzarbeitergeld”) to prevent mass redundancies. Parts of the increase of older workers’ employment rate can be attributed to the generally good long-term development on the German labour market and its need for workers, which is partly related to the reforms depicted in section 2 in this chapter. However, the increase of employment rates amongst older people is much stronger than in the general population in the employment age. One could conclude that other explanations must be found for the development of the older workers’ employment rate.
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Figure 3: Employment rate aged 15-64 (2000 – 2018)
90 80 70 60 50 40 30 20 10 0
Men
Women
Source: Federal Statistical Office Germany. Figure 4: Unemployment rate of aged 15-64 (2000 – 2018) – EU-Germany compared
12 10 8 6 4 2 0
European Union Source: Federal Statistical Office Germany.
Germany
Older workers in Germany
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4.2.4 Cohort and demographic effects The rather robust German labour market seems to need older workers again. This economic driver might be reinforced by a demographic effect. In Germany in particular the generation of the baby-boomers is important. They profited from the massive educational expansions in the 1960s and 1970s and had considerably higher shares with tertiary education. They are today´s older workers and their retirement might reinforce the lack of skilled labour as they will leave the labour market in substantial numbers within the next years. „The middle age groups (‚baby boomers‘) are especially strongly represented and constitute up to half of some companies´ workforce. For companies, the collective ageing and collective retirement in the next 10 to 15 years of these birth cohorts produce a problem“ (BMFSFJ 2010). Since the quote is ten years old, it is not 10 to 15 years, but now to 5 years. In addition to these demographic effects also cohort effect can be identified as drivers for the increase of older workers’ employment rate. First, there is a general cohort effect: Cohorts with high employment rates increasingly substitute for cohorts with lower employment rates. The “new” older workers are better educated and healthier than their predecessors. Second, there is a cohort effect regarding female employment, which will be discussed now. 4.2.5 Increase in the female labour market participation Besides pension and labour market reforms and the general positive labour market development one must also investigate the growing labour market participation of women related to the just described cohort and demographic effects. The German economy and labour market policies were characterised by the credo of the male bread-winner6. The men or to be precise the husband was at work, while the women or wife was responsible for household, childcare and elderly care. This is reflected in many arrangements of the Germany welfare state. “The option of equally splitting income between spouses before taxation (“Ehegattensplitting”) and the low coverage of primary child care facilities provide incentives for married women and mothers to temporarily interrupt their working careers” (Hess 2016: 160). Esping-Andersen (2007) shows that in Germany earnings within couples are negatively correlated, evincing that wives of well-paid husbands work little, as incentivised by the system. Further, conservative welfare states provide earnings-related (or status-preserving) widow´s pensions (e.g. Holzmann 2006), so that women can rely on their husband´s welfare entitlements even after his 6
Here one must emphasis the particularity of the German reunification. Until 1990 two German states, with own gender ideologies, existed that were reunified in 1990. In former GDR the male-bread-winner model was much less dominant. Female employment rates were significantly higher than in West Germany. Although there has been some “catching up” of the West regarding the gender values East-West differences still exist.
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Moritz Hess, Gerhard Naegele & Jürgen Bauknecht
death. Germany still is a vastly conservative welfare state, and conservative welfare state discourage female paid work (Orloff 1993). However, there has been a recent trend of increasing female employment rate as can be seen in figures 1 and 3. One reasons for this development is the slowly but steadily growing importance of the service sector (from 60% in 1990 to 74% in 2016; Destatis 2017a), in which the share of female employees is distinctively higher (see chapter10. in this book). Further, due to cohort effects younger women entering the relevant age brackets substitute older women leaving this age brackets. These younger cohorts’ skills and attitudes enable and encourage paid work. Women´s disadvantage in formal education has declined; in parts even reversed to their favour in young cohorts. Further, and partly related to this, the share of women who can/must rely on their husband´s income has also declined, since the net marriage rate (marriages minus divorces) per 1000 inhabitants declined from 4.1-4.2 between 1980 and 1983 to 2.6-2.9 between 2010 and 2013 (Destatis 2017b). Although this neglects different age profiles, it clearly shows changing circumstances. In addition, less women are get married and have children, which results in less labour market drop-outs due to childbirth. Further, due to the introduction of legal entitlements to public childcare facilities, this sector has been expanded strongly, enabling mothers to re-enter paid work after childbirth sooner. The re-entering has been even more encouraged by the introduction of a parent’s money (Huebener et al. 2016). Another factor for rising female employment are changing demands within sectors, with a constant decline of physical demands due to mechanisation and automatisation of work. Due to these factors, female employment rose and is expected to rise further, and younger female cohorts with higher employment rates substitute for older female cohorts with lower employment rates. Particularly the health and care sector profited remarkably from the increase of female employment (see chapter 10. in this book). Yet, especially older women below legal retirement age is the group most strongly affected by private obligations of elderly care. Against the background of increasing longevity, the share of dependents with multiple diseases is expected to rise further, leading to an increase of private care efforts per dependent persons (see chapters 8. – 10. in this book). Since partly homes for elderly are considered to be of low quality and dependents mostly prefer to remain in their usual environments, care at home is an important issue and can be expected to remain so. This provides strong care burdens on female (potential) older workers, which possibly will rise, even if it is repeatedly assumed private care being increasingly equally distributed between men and women (for which, however, empirical evidence gives little indication; Bäcker, Naegele & Bispinck 2020 vol. II) especially due to lower wage gaps and therefore declining gaps in opportunity costs. In the last years, several new measures have been introduced for the reconciliation of
Older workers in Germany
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paid work and private care, yet probably with very weak effects (Schäufele & Hendlmeier 2015; Reichert 2016). The strong emphasizes of private home eldercare, mainly done by women, might increase gender inequality in Germany (see chapter 8., 9. and 10. in this book). A particular problem for elderly females in Germany is the high degree of part-time work. Due to the mentioned fact that in Germany earnings within couples are negatively correlated, evincing that wives of well-paid husbands work little (Esping-Andersen 2007), often female part-time work is no direct problem of financial insecurity since there is a second earner in the household, mostly with a full-time income. Yet in cases without such second income, earnings are low and accrued pension entitlements too. 4.2.6 Shortage of skilled labour and the "rediscovery" of older workers The rather good economic development and the robustness of the labour market in Germany, in combination with the demographic ageing lead to lack of labour and in particular of qualified labour. One could assume that it will increase with the retirement of the baby-boomers. In should be emphasized here that not the complete economy is concerned, but particular sectors e.g. high technology and the health and care sector, since about five years also the crafts sector. In addition, one finds also strong regional differences in Germany. In the economically prosperous south and the area of the former GDR, the latter being affected by a strong structural change and emigration, the lack of skilled older workers (“Fachkräftemangel”) is felt stronger. In this context, companies are increasingly relying on older workers as a pool of qualified and experienced workforce and, thus, investing in the older workers. However, they seem to try to hold their older workers longer in the companies than hiring new ones. Age friendly or life-course oriented human resources measures are being offered to older workers. These can be summarized under the concept of “retain” factors (see chapter 2.2.2 in this book). Using quasi-register IAB data Goebel & Zwick (2010) find that almost 50 percent of German older workers have had access to one human resources measure in the last year, however they are much more common in larger firms than in smaller (for explicit age-management measures see Eitner & Naegele 2013). In addition, as described above with the training measures there is also a “Matthew-effect” as high skilled and qualified specialists - the ones the companies want to retain - have much better access to human resources measures than low skilled older workers. 4.2.7 Public discourses and effects on the employment-rate of older workers In Germany the political discourse and the public debate on pensions and retirement have shifted several times. From the 1970s on the main credo was to push or allow older workers into retirement well before the official retirement age. Based
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on the idea of the lump-of-labour the hope was the younger workers could fill the free jobs and, hence, the unemployment rate would decrease. Older workers were seen as a “work mass of maneuvre”. This policy of early retirement then evolved into a culture of early retirement in which a labour force exit at or even after the official retirement was rather the exception than the rule (Naegele 1992). In the 6th Federal Aging Report this development is described as also changing the picture of ageing. Retirement was seen as a deserved right and age was associated with idleness: "Following the increase in unemployment in 1967/68 and finally after the first oil crisis in 1973, pressure increased on older workers to retire in favour of younger people. [...] Retirement became a socio-historically completely new interpretation as "deserved retirement". [...] Age became in a certain way synonymous with idleness and was thus placed in sharp contrast to the values of the working society" (BMFSFJ 2010: 84). Employees and with them trade unions saw earlier retirement even as a social right and the perception of retirement timing was “the earlier the better”. By the end of the 1980s, policymakers and stakeholders started seeing the policy of early retirement as a reason for a financial jeopardy of the public pensions as according to their argument: a shrinking number of contributors was facing a growing number of recipients. This development was strengthened by the overall demographic ageing that resulted in even longer duration of pension withdrawal. The public discourse was set to reforms that should ensure the financial stability of the pension system. In 1989 and 1990 these ideas were however swept from the agenda as the Germany reunification brought the more urgent problem of unemployment with it and the German labour market had to integrate East German workers. Again early retirement was used as a tool to lower unemployment rates according to the argument of the lump-of-labour, this time additionally politically underpinned by the slogan of “generational solidarity”. In the mid-1990s the financial sustainability of the welfare state in general and the pension system in particular were back in the public spotlight. Added was the argument of intergenerational justice and the fear was the generational contract might collapse. Younger generations should not be paying for the pensions of the older without receiving old age income once they themselves are old. The 6th Federal Aging Report states that also the picture of age changed towards a new way of thinking about old age, embedded in a modern interpretation of "active ageing”. Retirees should not be idle in old age but realize all their potentials in the society: “With the financing crisis of the welfare state, a new discourse on the productivity of old age began, which was linked to a rediscovery and re-engagement of older people, and not only as consumers. Since then, inactivity in retirement is increasingly regarded as requiring justification, and a "fulfilled" old age is characterised by the fact that older people contribute all their resources, skills and potential to a new generational contract" (BMFSFJ 2010: 84).
Older workers in Germany
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Consequently, several pension and labour market reforms were introduced. These should however not be seen isolated. From 1998 with the government change German policies were rather employer friendly and welfare state retrenchments in all areas were implemented. The economy began to grow and from the early 2000s, the unemployment rate fell rapidly. In certain sectors this even lead to a lack of workers and to a new attitude of employers towards older workers. The buzzword of ”Fachkräftemangel” (shortage of skilled workers) was coined and it can be expected to intensify when larger cohorts of the baby-boomers leave the labour market. In the last 5 years another shift took place: older workers should not only be monetarily penalized for early retirement and, hence, forced to work longer, but their skills and employability should be increased. The idea of flexible retirement was emphasized. Contradicting earlier reforms aimed at EWL the retirement with 63, as described above, was introduced. Policymakers and stakeholders - at least to a certain degree - have recognized that the success on the labour market came also with a rise in social differences, one might also say social inequality. To conclude, the increase of older workers’ employment rate is multicausal. The ageing of Germany’s society has on the one hand fuelled the argument that the German statutory old age income security system will collapse and, hence, policymakers have implemented several reforms aimed at EWL meaning higher retirement ages and higher employment rates of older workers. On the other hand, the ageing of the population has also led to an ageing and shrinking of the workforce and many companies began seeing older workers as experienced and skilled employees that should be kept in the staff. In addition, three different cohort effects have also been driving the increase of the employment rate. First, the babyboomers are a rather large cohort and they soon will retire, reinforcing the lack of skilled labour. Second, the new cohorts of older workers are better skilled and healthier than earlier cohorts. And, third, the new cohorts have much higher rates of female employment.
4.3 The increase of older workers’ employment rate under the perspective of social inequalities Economically, the increase of older workers’ employment rate can be seen as something positive as it relieves pressure from the welfare state and provides the labour market with workers. However, warnings and concerns are heard that older workers are a heterogeneous group and the development might benefit already privileged groups and, thus, exacerbate already existing inequalities. Both the core assumption and its empirically proven evidence is that high skilled workers with good wages and accordingly high pension claims are profiting from the reforms and the new attitudes of the employers. They have the personal resources and the
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workplace environment to delay retirement. In addition, due to a high identification with their occupation they also want to do so and if they still want to retire earlier, they have enough pension entitlements and a high coverage with occupational and private pension to afford early retirement. As they are high skilled and have the qualifications companies are searching for they are the main target group of the new age-friendly human resource measures (“Matthew effect”). In contrast, low skilled workers with interrupted careers and only low pension entitlements are increasingly worn down by the financial pressure to delay retirement on the one hand and only limited opportunities on the labour market on the other hand. While in the past, they often used different early retirement pathways to exit the labour market early with comparably small pension deductions, they now are facing the need to work longer to accumulate enough pension claims for a sufficient pension above the poverty limit. They are also strongly dependent on the public pension, as they only have limited access to second and third pillar old age security, as well as less savings and other forms of property, as e.g. real estate (Bäcker, Naegele & Bispinck 2020 vol. II). At the same time their chances on the labour market are limited as they do not have the skills and qualifications employers are in need of. In this section, we now will discuss three dimension in which inequality might have increased. These dimensions are health, income and wealth, as well as social contacts (following our “conceptual framework”) (see figure 1, chapter 1. in this book). Finally, we will give a short summary. 4.3.1 Health dimension Health can be seen as the first dimension in which social inequalities in the retirement process might be found. Table 1 shows the main reasons for retirement German pensioners state. Leaving the labour force due to own health or disability is one of the main reasons. The finding is in line with previous research (Roberts, Rice & Jones 2009). However, when looking at educational differences one finds larger variation. Almost half of the low educated men state they retired due to health reasons, while for those with high education it is only one out of four. These educational differences can also be found amongst women, although less pronounced (see table 1). 4.3.2 Income and wealth dimension Besides health it can also be expected to find material inequalities in the transition from work to retirement. The overall relative poverty rate in Germany rose from 11.6% to 14.4% between 2000 and 2012, and within the age group 55-65 the rise (+3.2%points) has been stronger than the mean rise (+2.8%points) (Grabka, Goebel & Schröder 2015) and far stronger than the rise in the group 75+ (+0.9%points). Importantly, in the whole population the main rise occurred between 2000 and 2006 (+2.4%points), while the rise between 2006 and 2012 was
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comparatively small (+0.4%points). But in the age group 55-65 the rise was weaker between 2000 and 2006 (+1.3%points) and accelerated between 2006 and 2012 (+1.9%points). The development is similar to the age group 65-75, with a weak rise between 2000 and 2006 (+0.3%points) and a stronger rise between 2006 and 2012 (+1.9%points). Shortly put, while relative poverty considerably rose for those below 55 from 2000 to 2006, for those 55 or older it rose considerably later, from 2006 to 2012. Table 1: Retirement reasons in various education groups (2012)
Low Men
Medium Men
High Men
Low Women
Medium Women
High Women
11%
14%
12%
5%
9%
11%
9%
7%
3%
11%
7%
7%
13%
9%
14%
5%
5%
12%
13%
19%
28%
23%
22%
28%
3%
2%
2%
5%
4%
1%
46%
37%
24%
34%
31%
23%
1%
1%
1%
8%
7%
4%
5%
11%
18%
8%
16%
13%
Reasons Favourable financial agreement Lost job / could not find new job Reached max. retirement age Reached eligibility for retirement age Other job-related reasons Own health or disability Family or carerelated reasons Other reason
Source: Labour Force Survey 2012. Shown are subjective reasons for retirement. Subgroups by gender and education (Low=ISCED 0-2, Medium=ISCED 3-4, High=ISCED 5-6).
Older people´s rising relative poverty is not just a sub-aspect of a general rise in relative poverty, it is different in timing, although it has to be considered that due to cohort effects the strong rise in the age group 45-55 between 2000 and 2006 (+4.2%points) partly explains the rise amongst those 55-65 between 2006 and 2012 (in this period, relative poverty amongst those 45-55 declined by 1%point). Also income inequality rose primarily since 2003 as can be seen in a rise of the Gini coefficient from around .25 to around .30 and a rising standard deviation of incomes.
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Investigating the effects of the new credo of late retirement based on SOEP data, Buchholz, Rinklake & Blossfeld (2013: 881) come to the conclusion “[…] that the recent reversal of early retirement in Germany has been at the price of growing social inequalities in old age”. They show an increasing gap in retirement incomes and pension wealth between educational groups and that particularly spells of unemployment are increasingly dangerous to the pension income. This finding is supported by Heisig (2015) who finds that occupational difference in pension income for German men have increased significantly as well as by Rinklake and Buchholz (2012). The development of social inequality in retirement income and pension wealth is also found when asking older workers for their reasons for delaying retirement or even working beyond the official retirement age. Table 2 shows that almost 90 percent of low educated male older workers expect they have to work longer due to monetary reasons, while less than half of the high educated do. A similar trend can be found amongst women. When investigating pensioners working beyond official retirement age research shows that those with high socio-economic status stay in the labour market because of a high identification with their occupation while for those with low socio-economic status again financial reasons are more important (Hochfellner & Burkert 2013; Naegele 2013; Hokema & Scherger 2016; Hess 2017). This is supported by the finding that high skilled workers assume to be able to synchronize their expected to their preferred retirement age, while low skilled workers expect to have to work much longer than they would like to (Hess & Landmann 2015; Hess 2018) (see table 2). Marketization and privatization of pensions This financial difference might be intensified by the fact that policy makers tried to increase coverage of private pensions with the Riester pension subsidies (Ebbinghaus 2011, 2015; Gronwald 2012). The underlying idea was that with the marketization and privatization of pensions and the following growing importance of the second and third pillar of old-age security the long term financially sustainability of the public pension is more robust. Table 2: Reasons for delaying retirement in various education groups (2012)
Low Men Reason NonMonetary Monetary
Medium Men
High Men
Low Women
Medium Women
High Women
14%
26%
5%
21%
23%
53%
86%
74%
4%
79%
77%
47%
Source: Labour Force Survey 2012. Shown are subjective reasons for delaying retirement. Subgroups by gender and education (Low=ISCED 0-2, Medium=ISCED 3-4, High=ISCED 5-6).
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In 2002 government introduced subsidies for contributions in private pension funds to counterbalance coming declines of pension net replacement rates in the public pillar, whereas a part of this decline has been resolved in the context of the introduction of mentioned subsidies. Since lower maximum benefits from the public pillar are correlated to citizens´ shift to private pensions (Korpi & Palme 1998), both, lower replacement rates in the first pillar as well as subsidies for contributions in private pension, should incentivise private pension contributions. Yet, several aspects indicate that the success of the 2002 reform is not overwhelming. Similar to other kinds of savings, entitlements to private pensions weaken the financial pressure to prolong working lives and therefore could be beneficial for those affected, yet counteract policies for longer working lives. While this could be an argument against any kind of publicly supported old-age income, the real problem is the both unsatisfactory and social selective use of the subsidised scheme. (1) The programme is not widely used. In 2016 there were 16.5 million contracts and for years the figure stagnates, and the Federal Ministry of Labour and Social Affairs estimates that for around one fifth of the private pension contracts no contributions are paid. Yet, while the programme is not widely used, with rates of only 44% amongst the youngest group (18-34 years), 50% in the middle age group (35-54) and only 28% in the oldest group (55-65) (Börsch-Supan et al. 2016), it should be noted that only 71% in the age group 15-64 were eligible in 2007. Drivers of Riester participation have higher incomes, are younger, more often have children (due to generous benefits), and often can be located in the top quintile of income distribution. Neither gender nor east-west location or education affect the probability to participate (Corneo, Schröder & König 2015). (2) The programme is only sparsely used by low-income persons, although with low contributions subsidies are higher relative to contributions (BörschSupan et al. 2016). Therefore, concerning its distributional effects, on the one hand, 38% of government subsidies accrue to the top 20% of the population in terms of adjusted household income before Riester subsidies: “Hence, the Riester scheme mainly subsidizes high-income households rather than the working poor” (Corneo, Schröder & König 2015: 11). Consequently, they come to a devastating conclusion (2015: 19): “[…] the Riester scheme fails to generate more savings. Rather, it generates windfalls for a subset of the population (…) the share of the population below the poverty line increases by nearly one percentage point. Nevertheless, the Riester scheme is almost distributionally neutral with respect to overall inequality measures like the Gini coefficient.” However, if one considers the participation rates within the income groups, the findings must be viewed in a differentiated manner. Accordingly, it can be assumed that the share of Riester savers is smaller among the low earners than in the other groups. Nevertheless, the core result remains the same: it is precisely
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those groups which, due to their labour market situation, can expect to receive only a low old-age pension that tend to be least willing and able to top up the low pensions with a Riester pension. In other words: In its current form, the Riester scheme cannot improve the economic situation in old age of those groups most in need of improvements. Since, as expected, the share is low amongst the oldest age group between 55 and 65 years (28% with a private pension contract; Börsch-Supan et al. 2016) and at about half amongst younger age groups, the issue of the Riester pension is rather an issue for retirees in the coming decades. Newer ideas are and to strengthen occupational pensions (“Betriebsrentenstärkung”) (Wagner 2016). Additionally, current government plans to increase pension benefits of those with at least 35 contribution years and low entitlements to public pension benefits (“Grundrente”), however, how many of those older workers discussed in this section would profit, cannot be said In conclusion, it seems as if in all three financial dimensions one can see an increase in social inequality in the transition from work to retirement and late career employment. However, at least in Germany, the health and social dimension seem to be rather under researched, while there are some studies on the financial dimension. 4.3.3 Social dimension and life satisfaction Besides the health and the economic dimension one could also expect to find social inequalities in the social dimension. Involuntarily late labour force exit might have a negative impact on the social life of older workers (see chapter 2.7.3 in this book). A recent study from Hess (2017) shows that high educated German older workers more often state leisure time as a reason for early retirement, while for the low educated health reasons are more important. These differences are also found when looking at reasons for working beyond the official retirement age. Here the low educated have financial reasons, while for the high educated the identification with their job and doing something useful are more important. Related to the latter - doing something useful in old age - is the development of the volunteering activities. One could assume these have decreased with the increase of older workers’ employment rate as employment activity might “crowd” out other activities like for example volunteering. However, the number of German volunteers has increased among the group of those aged 50-65 from 35 to 45 percent between 2004 and 2014 but also here social differences can be seen: Amongst the high educated more than half volunteer at least once per week, while amongst the low educated only one out of three. A similar trend can be found for income (Deutscher Freiwilligensurvey 2014). Good health seems to be a strong mediator between social status and volunteering (Grabka 2013). Retirement also seems to vary in its effects on life satisfaction. Groups with low socio economic status seem to be more dependent as Pinquart and Schindler
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(2007: 442) analyse the impact of retirement on life satisfaction with data from 1,456 German retirees and find that “[…] retirement is not a uniform transition, and resource-rich individuals are less likely to experience retirement-related change in satisfaction”.
4.4 Conclusions Older workers’ employment rate in Germany has undergone fundamental changes in the last 45 years. A policy of early retirement caused men’s rate to fall from the 1970s on while that of women was already comparably low due to the credo of the male breadwinner. From the turn of the millennium on, however, it began to rise rapidly rising from 40 to 60 percent until 2015. Several explanations for this development are discussed. First, German pension and labour market policies underwent several major changes as official retirement ages were lifted and early retirement options were abolished or eligibility criteria made more rigid. Second, Germany’s economy showed a robust growth since 2000 which was only shortly mitigated by the financial crisis in 2008. This led to an increased demand of workforce and many employers began seeing older workers as a reliable source of experienced and reliable employees. Many of them also invested in age-friendly human resource measures to retain their older workers in the companies, however the degree of prevalence does not indicate blanket coverage but rather suggests that older employees in large companies and/or sectors that are strongly protected by trade unions or collective agreements benefit most from this (Eitner & Naegele 2013). Besides the pension and labour market reforms and the general economic development, also cohort effects must be considered. Today´s older workers are better qualified and healthier than those 20 years ago. In addition, the new cohort is characterized by higher female employment rates and the large baby-boomer generation will soon retire. In summary, the chapter’s first research question “How can this rapid increase of older workers’ employment rate in Germany be explained?” can only partly be answered as it seems that the increase of the employment rate of older workers in Germany has several reasons which are complexly interwoven. Hence, it is difficult to say how much of the increase can be allocated to one specific reason. This is also true in a European perspective (see chapter 3 in this book). Generally, the recent development in older workers’ employment rate is a positive development as it leads to higher tax and social security revenues and relieves the welfare state from monetary pressures as well as provides the labour market with skilled and experienced workers. However, it might also have an unintended consequence: a re-emergence of social inequality in the transition from work to retirement. So the answer to the chapters second research question “Was the rise in employment rates accompanied by rising social inequalities?” is yes, but mainly unintended. Already privileged
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workers with high socio-economic status are clearly profiting more than low skilled workers. In the past having used different early retirement options, they are now facing a tough choice of either to retire due to bad health or to delay their retirement for financial reasons. If they retire early they have to account for large pension losses and might even face poverty in old age. If they delay retirement, however, they do so in often harsh and physically as well as psychologically demanding working conditions. In addition, they are not the main target group of the age friendly human resources measures employers began to introduce as they normally do not have the skills and qualification companies need. The high skilled in contrast have clearly benefited from increase of the employment rate. They are healthier and better skilled than the past cohorts of older workers, and, hence, most of them are able to work longer. Their working conditions are also superior to those of their low-skilled peers and as employers want to retain them in the companies, they are even improving. In addition, due to higher contributions they also have higher pension claims in the public pension and are more often covered by occupational and private pensions, and, thus, have a comparably high overall pension income. So for them retirement before the official retirement age is not as problematic from a monetary point of view. To summarize: it seems as if the increase of older workers’ employment rate in Germany indeed had some unintended negative consequences. Low skilled workers seem either to retire due to bad health or to delay their retirement for financial reasons. Privileged workers with high socio-economic status have more choices in their retirement decisions. German policymakers, employers, trade unions and other stakeholders, first, have to acknowledge the potential (re)emergence of social inequalities in the retirement process. They have to acknowledge that not all older workers are benefiting equally from the increase. Second, they have to develop and implement measures to mitigate existing problems in the late career and retirement process, and prevent the evolution of new ones. They should strive to enable all workers to work until the official retirement age and provide those who cannot work longer due to health reasons with the possibility to leave the labour market earlier - without too high pension deductions - or work part-time. In addition, they should abolish all barriers that prevent older workers to work longer if they want to do so.
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5. Reformen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer – Finnland, Dänemark, Niederlande, Deutschland und das Vereinigte Königreich im Vergleich1 Philipp Stiemke
5.1 Einleitung Renten- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen gelten EU-weit seit Anfang dieses Jahrtausends als die wichtigsten Instrumente, um die Erwerbsbeteiligung älterer Personen zu erhöhen (Naegele & Bauknecht 2017; Bäcker 2018; Hess 2018). Dieses Kapitel behandelt entsprechende Aktivitäten in den „EXTEND-Ländern“ Niederlande, Finnland, dem Vereinigten Königreich sowie Dänemark. 2 Dabei werden zunächst die jeweiligen nationalen Alterssicherungssysteme vorgestellt, um anschließend relevante Reformen der Renten- und Arbeitsmarktpolitik sowie deren potenzielle Auswirkungen auf die Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer*innen zu analysieren. Dabei wird im Besonderen der Frage nachgegangen, ob alle Gruppen von älterer Arbeitnehmer*innen – differenziert nach Bildungsstand 3 und Geschlecht – von den Reformen profitieren konnten. Die Datengrundlage für diese Analyse bildet der European Labour Force Survey, mit dem länderspezifische Analysen zwischen 1999 und 2017 erfolgen. Begonnen wird im nächsten Abschnitt mit einem (beispielhaften) Gesamtüberblick, bevor auf die untersuchten Länder im Einzelnen eingegangen wird.
5.2 Länderübergreifende Maßnahmen Viele Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer werden in nahezu allen untersuchten Ländern durchgeführt. Dabei unterscheiden sich diese Maßnahmen häufig nur gering in der Art und Weise ihrer Umsetzung. Der folgende Abschnitt gibt einen exemplarischen Überblick. 1
Der vorliegende Beitrag beruht auf einer Masterarbeit, die der Autor im WS 2018/19 an der TU Dortmund im Rahmen des Studiengangs „Alternde Gesellschaften“ am FB 12 eingereicht hat. Vgl. Stiemke, P. (2019): Von der Frühverrentung zum längeren Arbeiten. Politische Reformen, Beschäftigung und Rentenübergänge älterer Arbeitnehmer*innen – Deutschland im europäischen Vergleich. Technische Universität Dortmund. 2 Auf ein eigenständiges Länderportrait zu Deutschland wird in diesem Kapitel verzichtet. Vgl. hierzu ausführlich Kapitel 4. in diesem Buch. Im Überblick werden jedoch exemplarisch einzelne renten- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sowie die Entwicklung der Erwerbsbeteiligung älterer Personen mit denen der anderen Länder verglichen. 3 Das Qualifikationsniveau wird in diesem Kapitel mittels der International Standard Classification of Education (ISCED 2011) in niedrige Bildung (ISCED 0-2), mittlere Bildung (ISCED 3-4) und hohe Bildung (ISCED 5-8) unterschieden.
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_5
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5.2.1 Anhebung der Altersgrenzen In allen untersuchten Ländern wurde das gesetzliche Renteneintrittsalters erhöht, dabei verliefen die Prozesse relativ ähnlich. Bis auf Finnland, wo ein flexibles Renteneintrittsalter existiert, werden alle Länder in den nächsten Jahren die gesetzliche Altersgrenze von 65 Jahren auf 67 Jahre erhöhen. Intensität und Zeitraum der Steigerungen variieren jedoch. Außer Deutschland sehen alle untersuchten Länder eine Koppelung der Altersgrenzen an die Entwicklung der durchschnittlichen Lebenserwartung vor bzw. planen diese einzuführen (OECD 2018a-e) (vgl. Kapitel 6. in diesem Buch). In den später folgenden Länderportraits wird detaillierter auf die Erhöhung der gesetzlichen Altersgrenzen eingegangen. 5.2.2 Schließung von Frühverrentungspfaden Jahrzehntelang dominierte EU-weit die Option, via Inanspruchnahme von Sozialleistungen, vor allem bei Arbeitslosigkeit und Invalidität, vorzeitig aus dem Arbeitsmarkt auszuscheiden und Rentenleistungen zu beziehen. Fast alle Länder haben diese Frühverrentungspfade inzwischen entweder eingeschränkt oder ganz abgeschafft (OECD 2017) (vgl. Kapitel 2.3 in diesem Buch). Im Falle von Arbeitslosigkeit erfolgte dies u. a. durch die zeitliche Begrenzung von Lohnersatzleistungen, um Überbrückungseffekte bis zur Aufnahme der Rente zu vermeiden. Ebenso wurden Altersgrenzen erhöht, bis zu denen eine Person in Arbeitslosigkeit dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen muss, sowie eine bessere Unterstützung (inkl. Überwachung) bei Bestrebungen einer arbeitslosen älteren Person, eine neue Beschäftigung zu finden, eingeführt. Auch wurde eine offenere Definition von geeigneter Arbeit festgelegt (Naegele & Bauknecht 2015). Beispielhaft für diesen Ausstiegspfad kann auf Deutschland verwiesen werden: Schon 2007 wurde die Regelung abgeschafft, die es arbeitslosen Personen über 58 Jahren zuvor erlaubt hatte, Arbeitslosengeld-II zu erhalten, ohne die obligatorischen Voraussetzungen zu erfüllen, sich um eine neue Beschäftigung zu bemühen und an Programmen zur Qualifizierung teilnehmen zu müssen, sofern sie sich verpflichteten, die Rente zu beantragen (OECD 2018a); womit ein direkter, leicht durchführbarer Weg von der Arbeitslosigkeit in die Rente bestand. Naegele und Bauknecht (2015) verweisen darauf, dass durch verminderte Leistungen bei Arbeitslosigkeit zwar die Arbeitslosenquote sinkt, andererseits steigt jedoch auch das Armutsrisiko – vor allem für Personen im prekären Beschäftigungsbereich (vgl. Kapitel 4.3.2 in diesem Buch). EU-weit sind Frühverrentungspfade insbesondere auch bei gesundheitsbedingter Erwerbsminderung eingeschränkt bzw. geschlossen worden, indem die Zugangsvoraussetzungen für Erwerbsminderungsrenten bzw. Invaliditätsrenten verschärft und/oder das Leistungsniveau abgesenkt wurde. Hierdurch hat sich einerseits die Zahl der Frühverrentungen aufgrund Erwerbsminderung verringert
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(Naegele & Bauknecht 2015; 2017), andererseits aber ist auch das Risiko gestiegen, dass Personen nunmehr einer Erwerbstätigkeit nachgehen müssen, obwohl ihr Gesundheitszustand dies eigentlich nicht (mehr) erlaubt. Nicht zuletzt fehlt es in vielen Betrieben an geeigneten Arbeitsplätzen für gesundheitlich eingeschränkte (ältere) Arbeitnehmer*innen (Bäcker, Bispinck & Hofemann 2013). Im Vereinigten Königreich existieren beispielsweise überhaupt keine staatlichen Möglichkeiten zur gesundheitsbedingten Frühverrentung. Im Falle von Krankheit oder Invalidität greifen dort die Leistungen der Statutory Sick Pay sowie der Employment and Support Allowance. Die Statutory Sick Pay ist mit dem deutschen System der Lohnfortzahlung vergleichbar und wird bis zu einem Zeitraum von 28 Wochen gezahlt. Bei Invalidität bzw. nach Auslaufen der Leistungen der Statutory Sick Pay und einem Test zur Prüfung der Arbeitsfähigkeit werden Pauschalleistungen bis zum Erreichen des Rentenalters gezahlt (Deutsche Rentenversicherung 2016; Banks et al. 2011). Damit hier die Leistungen der Employment and Support Allowance nicht (unberechtigterweise) als Frühverrentungsoptionen genutzt werden, wurden die Anforderungen seit 1995 in mehreren Reformen verschärft (Banks et al. 2011). 5.2.3 Kombination von Arbeit und Rente In allen untersuchten Ländern ist es möglich über eine Kombination von (Teilzeit-) Rentenleistungen und Lohnarbeit eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit zu erreichen, jedoch variieren die Regelungen in Abhängigkeit der jeweiligen Alterssicherungssysteme. In der Regel werden ab einer bestimmten Hinzuverdienstgrenze Rentenleistungen gekürzt (OECD 2017). Beispielhaft sei auf Finnland verwiesen: Hier wurde mit der Altersteilrente eine Sicherungsform eingeführt, die an keine Anforderungen (außer das Zugangsalter) gebunden ist. Empfänger*innen einer Teilrente können Leistungen beziehen, sofern eine Berechtigung dafür besteht, und gleichzeitig ohne Einschränkungen oder Verdienstgrenzen einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Zwar sind die Leistungen der aktuellen Altersteilrente etwas geringer als in Vorgängermodellen, diese können jedoch durch Erwerbstätigkeit und damit steigenden Anwartschaften später wieder ausgeglichen werden. Das System hat sich in Finnland als beliebt erwiesen (OECD 2018b). 5.2.4 Arbeiten nach der Rente Regierungen können Anreize schaffen, damit Arbeitnehmer*innen auch nach dem Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters weiterarbeiten (Naegele & Bauknecht 2015; European Commission 2012). Ein solcher finanzielle Anreiz liegt in allen „EXTEND-Ländern“ in der Erhöhung der Rentenanwartschaften (OECD 2017). So sieht beispielsweise das finnische Alterssicherungssystem ab 2025 eine Erhöhung der einkommensbasierten Rente um 0,4 Prozentpunkte für jeden länger
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gearbeiteten Monat vor (De Tavernier 2018a). In Deutschland steigen die Anwartschaften für jeden weiteren länger gearbeiteten Monat um 0,5 Prozentpunkte (OECD 2018a). Im Vereinigten Königreich entfällt bei Weiterarbeit nach dem offiziellen Rentenalter der Beitrag zur National Insurance, was ein deutlich erhöhtes Netto-Gesamteinkommen bedeutet (UK Government 2018). An dieser Stelle muss jedoch beachtet werden, dass es vielen Älteren aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich ist, nach dem Erreichen des Rentenalters weiterzuarbeiten. Häufig liegen diese Gründe beispielsweise in einem schlechten Gesundheitszustand, von dem häufiger Personen mit geringem Einkommen und niedriger Bildung betroffen sind (Grigoriev, Scholz & Shkolnikov 2019). Zusätzlich ist dieses Modell, das Arbeiten nach der Rente, auf die Bereitschaft der Arbeitgeber angewiesen, ältere Arbeitnehmer*innen weiterhin zu beschäftigen bzw. „Silver Worker“ nachzufragen. Der Anreizmechanismus wirkt also sozial selektiv und erhöht damit bestehende Ungleichheiten (Naegele 2017) (vgl. Kapitel 2.2.6 in diesem Buch). 5.2.5 Aktive Arbeitsmarktpolitik Nachweislich kann eine aktive Arbeitsmarktpolitik die Beschäftigungsaussichten älterer Arbeitnehmer*innen verbessern (Nagele & Bauknecht 2015; 2017). Aktive Arbeitsmarktpolitik umfasst ein breites Spektrum von Einzelmaßnahmen, das in den „EXTEND-Ländern“ unterschiedlich aufgefächert ist. Zumeist handelt es sich um finanzielle und/oder qualifikatorische Maßnahmen zur Förderung der (Wieder-) Einstellung älterer (i. d. R. arbeitsloser) Personen bzw. zur Wiedereingliederung oder Unterstützung nach/bei Krankheit (OECD 2018a-e). Beispielsweise wurden in Finnland in den vergangenen Jahren Rahmenvereinbarungen zwischen den Tarifparteien ausgehandelt, die auf Förderung von Bindung und Einstellung älterer Arbeitnehmer*innen zielen. Hierzu zählen spezielle Alternsmanagementprogramme, die u. a. altersgerechte und flexible Arbeitszeiten, Fort- und Weiterbildungsprogramme (speziell für Geringqualifizierte), gesundheitliche Untersuchungen sowie Teilzeitbeschäftigung für Menschen mit verminderter Arbeitsfähigkeit umfassen. Zusätzlich existiert eine lebenslange Berufsberatung und Arbeitnehmer*innen jeden Alters haben ein Recht auf Teilnahme an Bildungsveranstaltungen an drei Arbeitstagen im Jahr. Arbeitgeber können im Falle von Neueinstellungen Älterer Lohnzuschüsse (zwischen 30 % und 50 %) erhalten. Voraussetzung hierfür sind Qualifikationsdefizite oder körperliche Beeinträchtigungen der/des Arbeitnehmers*in. Diese Lohnzuschüsse können auch für die Einstellung von Langzeitarbeitslosen über 60 Jahren gezahlt werden (OECD 2018b). 5.2.6 Förderung von Gesundheit und Arbeitsfähigkeit Ein höheres Krankheitsrisiko zählt zu den größten Beschäftigungsrisiken älterer Arbeitnehmer*innen. In Abhängigkeit von Tätigkeit bzw. Branche kann dies dazu
Reformen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer
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führen, dass ältere Beschäftigte vor dem Erreichen des Rentenzugangsalters aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem Beruf ausscheiden (OECD 2017). Eine der wichtigsten Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer ist somit auch eine konsequente Gesundheitserhaltung und -förderung (vgl. Kap. 2.2.6 in diesem Buch). Die European Commission (2012) fordert daher u. a. Investitionen in Prävention von Krankheiten und die Förderung eines gesunden und aktiven Alterns (auch) in der Arbeitswelt. Dieser Forderung entspricht z. B. das deutsche Flexirentengesetz von 2017, das Prävention und Rehabilitation gestärkt und einen freiwilligen Gesundheitscheck ab dem 45. Lebensjahr eingeführt hat, dessen Kosten von der gesetzlichen Rentenversicherung übernommen werden (OECD 2018a). 5.2.7 Bekämpfung von Altersdiskriminierung Altersdiskriminierende Praktiken können insbesondere in Betrieben und Unternehmen die Bemühungen um eine Verlängerung des Arbeitslebens beeinträchtigen. Diskriminierungen am Arbeitsplatz können die Produktivität, den Renteneintritt, das organisatorische Engagement und die Arbeitszufriedenheit negative beeinflussen (Naegele, De Tavernier & Hess 2018). Die konkreten Auswirkungen gesetzlicher Regelungen gegen Altersdiskriminierung sind unklar. Unterscheiden lassen sich indirekte (normgebende) und direkte (Verhaltensänderungen aufgrund drohender rechtlicher Konsequenzen) Effekte. Antidiskriminierungsgesetze können – je nach Ausgestaltung – aber auch negative Effekte haben, zum Beispiel, wenn Arbeitgeber im Falle einer Kündigung bestimmter Gruppen von Beschäftigten rechtliche Konsequenzen zu befürchten haben. Die Entlassung eines/r älteren Arbeitnehmers/in wird vermutlich eher zu einer Klage führen als die einer Person im mittleren Alter, da diese sich wahrscheinlich nicht aufgrund ihres Alters diskriminiert fühlt (Naegele & Bauknecht 2015; 2017). Beispielsweise hat die niederländische Regierung 2014 Strategien und Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung und zur Förderung von Gleichbehandlung und Vielfalt am Arbeitsplatz beschlossen. Diese beinhalten u. a. eine Charta zur Förderung von Unternehmen bei Diversity-Maßnahmen, die Stärkung von Betriebsräten bei der Bekämpfung von Diskriminierung, ein verbessertes Beschwerdemanagement sowie Schulungen von Arbeitnehmer*innen und Arbeitgebern. Weitere Bemühungen umfassen die Image-Verbesserung älterer Arbeitnehmer*innen (OECD 2018c). Konsequent handelte auch Finnland4 2015 im Rahmen der Reform des Nichtdiskriminierungsgesetzes. Seither ist es für Behörden, Bil-
4
In Finnland besteht bereits seit den 1990er Jahren eine Tradition von Sensibilisierungskampagnen und Programmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer*innen sowie der intergenerationalen Zusammenarbeit (OECD 2018b).
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Philipp Stiemke
dungsanbieter/-einrichtungen und Arbeitgeber mit mehr als 30 Beschäftigten verpflichtend, einen Plan zur Förderung der Gleichstellung unter expliziter Berücksichtigung des Faktors Alter einzuführen (OECD 2018b). 5.2.8 Beschäftigungsschutz In vielen EU-Mitgliedsländern existieren gesetzliche oder tarifvertragliche Regelungen, die im Vorfeld von Entlassungen oder Kündigungen greifen. Aus Sicht der Arbeitnehmer*innen gelten sie als elementare Voraussetzung für einen sicheren und gesunderhaltenden Arbeitsplatz, der eine Beschäftigung bis zur Regelaltersgrenze ermöglicht. Naegele und Bauknecht (2015; 2017) weisen jedoch auf ambivalente Befunde hin: Einerseits reduzieren sie das Entlassungsrisiko von Beschäftigten, andererseits wird die Nachfrage nach Arbeitnehmer*innen reduziert. Viele Arbeitgeber zögern, so geschützte Arbeitnehmer*innen einzustellen, weil befürchtet wird, im Falle von sinkender innerbetrieblicher Arbeitsnachfrage oder sinkenden bzw. schlechten individuellen Leistungen der Arbeitnehmer*innen keine Kündigung durchsetzen zu können. Dem widersprechen aber die Zugangsvoraussetzungen zum Sicherungsschutz, die meist eine längere Betriebszugehörigkeitsdauer voraussetzen. Ein bemerkenswertes Beispiel für einen Politikwechsel, der versucht sowohl die Interessen von Arbeitgebern zu berücksichtigen, aber auch Arbeitnehmer*innen ein Mindestmaß an Schutz zu vermitteln versucht, kommt aus den Niederlanden: Traditionell bestand hier ein hoher Kündigungsschutz für Arbeitnehmer*innen mit normalen Arbeitsverträgen, wohingegen dieser für Personen in prekären Beschäftigungsverhältnissen nur bedingt Gültigkeit hatte. 1997 wurde gesetzlich der hohe Kündigungsschutz für Arbeitnehmer*innen mit zeitlich unbefristeten Arbeitsverträgen stufenweise reduziert, temporäre Beschäftigung liberalisiert und die Beschäftigungssicherheit bzw. Arbeitnehmerrechte für prekär Beschäftigte und Leiharbeit erhöht (Bauknecht, Zolyomi & Gasior 2015). Im Juli 2015 wurden Kündigungsregeln und -verfahren reformiert: Seither werden Kündigungen aus wirtschaftlichen oder betrieblichen Gründen sowie aufgrund dauerhafter gesundheitlicher Einschränkungen durch das niederländische Arbeitsamt geprüft und ggf. zurückgewiesen (OECD 2018c), wobei letzteres allerdings nur in wenigen Fällen vorkommt (Bauknecht, Zolyomi & Gasior 2015). Kündigungen aus persönlichen oder Leistungsgründen werden durch den Gerichtshof entscheiden, der wiederum auch die Höhe einer Abfindung – abhängig vom Grund der Kündigung – festlegt (OECD 2018c; Bauknecht, Zolyomi & Gasior 2015). Per Gesetz wurden ebenfalls Anreize für Arbeitgeber geschaffen, ältere Arbeitnehmer*innen zu beschäftigen; und zwar durch erweiterte Möglichkeiten für Zeitverträge, verkürzte Kündigungsfristen sowie eine Verringerung der Lohnfortzahlungen (von zwei Jahren auf dreizehn Wochen) im Krankheitsfall (OECD 2018c).
Reformen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer
105
5.3 Länderporträt: Die Niederlande Im Jahr 2017 lebten in den Niederlanden knapp über 17 Millionen Menschen, darunter 8,5 Millionen Männer und 8,6 Millionen Frauen. Die Zahl der 55 bis 64Jährigen, auf die in diesem Kapitel besonders eingegangen wird, betrug im selben Jahr etwa 2,3 Millionen (ca. 13,5 % der Gesamtbevölkerung). Im Vergleich zum Jahr 1999, in dem die gesamte Population in den Niederlanden noch 15,8 Millionen betrug und die absolute Zahl der 55 bis 64-Jährigen etwa bei 1,5 Millionen Personen lag, ist somit ein deutlicher Anstieg zu erkennen. Die prozentuale Zunahme der Gesamtbevölkerung lag bei etwa 7,5 %, während die Altersgruppe der 55 bis 64-Jährigen um über 50 % angewachsen ist (Eurostat 2018). Der Anteil der Personen ab 65 Jahren, gemessen an der Bevölkerung zwischen 20 und 64 Jahren, betrug 2015 30,2 % (OECD 2017). Die durchschnittliche Lebenserwartung in den Niederlanden lag im Jahr 2017 nach Daten der OECD (2018f) für Männer bei 80 Jahren und für Frauen bei 83,2 Jahren. Die fernere Lebenserwartung ab einem Alter von 65 Jahren betrug 21,2 Jahren für Frauen und 18,5 Jahre für Männer (OECD 2018g). Diese demografischen Veränderungen haben u.a. zu einer Erhöhung des Reformbedarfs in den Bereichen Erwerbstätigkeit Älterer und Alterssicherung geführt. 5.3.1 Institutionelle Rahmenbedingungen 5.3.1.1 Alterssicherungssysteme Das Rentensystem in den Niederlanden setzt sich aus drei Säulen zusammen: Die erste Säule besteht aus einem staatlich geförderten Umlageverfahren, die zweite Säule aus einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersvorsorge und die dritte aus einer kapitalgedeckten, individuellen finanziellen Absicherung (Beetsma et al. 2015). Die erste Säule, das Allgemeine Altersvorsorgegesetz (Algemene Ouderdomswet), existiert bereits seit 1957. Die niederländische Regierung gewährt demnach allen Einwohner*innen, die das gesetzliche Renteneintrittsalter erreicht haben, eine Grundrente unabhängig von der individuellen Einkommensbiografie. Jede Person, die in den Niederlanden lebt und arbeitet, sammelt automatisch jährliche Ansprüche in Höhe von 2 Prozentpunkten auf die allgemeine Altersvorsorge. Personen, die 50 Jahre in den Niederlanden leben, haben demnach einen Anspruch auf volle Leistungen aus der allgemeinen Altersvorsorge. Die Höhe der Leistungen orientiert sich dabei am gesetzlichen Mindestlohn für Arbeitnehmer*innen. Verheiratete oder in Lebenspartnerschaft lebende Personen erhalten 50 %, Alleinstehende 70 % des Mindestbetrags. Die Finanzierung wird im Wesentlichen über ein Umlageverfahren gesichert (Beetsma et al. 2015; Bovernberg & Gradus 2008; Fleischmann & Koster 2016). Die zweite Säule, die obligatorische betriebliche Altersvorsorge, basiert auf Tarifvereinbarungen zwischen Arbeitnehmervertretungen und Arbeitgebern. Eine
106
Philipp Stiemke
beachtliche Größenordnung von etwa 91 % aller Arbeitnehmer*innen verfügen über entsprechende Anwartschaften (OECD 2018c). Private, individuelle und freiwillige Altersvorsorgekonzepte, wie beispielsweise Lebensversicherungen, individuelle Annuitäten oder spezifische Ersparnisse, stellen die dritte Säule der Altersvorsorge dar. Versicherungen und Banken sind hier die Hauptanbieter (Beetsma et al. 2015). Privat sorgen primär Selbstständige und Personen ohne betriebliche Altersvorsorge vor. Im Vergleich zur staatlichen und betrieblichen Rente sind daher auch deutlich weniger Personen in einer privaten Altersvorsorge abgesichert (Fleischmann & Koster 2016). Entwickelt und beeinflusst wurde das System der Altersvorsorge besonders durch das sogenannte niederländische „Poldermodell“, einer strategischen Kooperation zwischen Arbeitnehmervertretungen, Arbeitgebern und Regierung. Dieses Modell sorgte besonders für die Ausweitung und Modifikation des Altersvorsorgesystems, die Entwicklung der Arbeitsfähigkeit und weiterer positiver Maßnahmen, die zu späteren Renteneintritten der Niederländer*innen geführt haben (Fleischmann & Koster 2016). 5.3.1.2 Frühverrentung In den 1970er und 1980er Jahren wurden in den Niederlanden durch sektorale Tarifverträge Möglichkeiten der Frühverrentung mit dem Ziel eingeführt, Jüngeren mehr Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten (Fleischmann & Koster 2016). Über ein umlagefinanziertes, steuerbegünstigtes System (Vervroegde Uitredding VUT) war es Arbeitnehmer*innen möglich, ab einem Alter von 60 Jahren mit einer Ersatzrente von 70 bis 80 % des letzten Bruttolohns in Rente zu gehen (Euwals, van Vuuren & Wolthoff 2010). Im Jahr 1997 hat die niederländische Regierung in Abstimmung mit den beteiligten Tarifparteien („Poldermodell“) begonnen, die Frühverrentungsmöglichkeiten der VUT durch weniger finanziell attraktive Möglichkeiten zu ersetzen (Bauknecht, Zolyomi & Gasior 2015). 2005 wurden die steuerbegünstigten Vorruhestandsprogramme (VUT) gänzlich abgeschafft. Die betriebliche Altersvorsorge bietet jedoch weiterhin Frühverrentungsmöglichkeiten durch ein auf versicherungsmathematischer Basis errechnetes reduziertes Leistungsniveau für Arbeitnehmer*innen, die vor dem festgelegten Renteneintrittsalter in Rente gehen. Für Arbeitnehmer*innen in besonders anstrengenden und gefährlichen Berufen gibt es sektorale betriebliche Altersvorsorgeprogramme, die eine Frühverrentung ohne bzw. mit nur geringen Abschlägen ermöglichen (OECD 2018c).
Reformen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer
107
5.3.1.3 Renteneintrittsalter Institutionelle Rahmenbedingungen, die Einfluss auf die Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer*innen ausüben, sind in den Niederlanden eng an Rentenreformen geknüpft. Die wohl prominenteste Maßnahme diesbezüglich stellt die Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre zwischen den Jahren 2014 und 2021 dar, beginnend mit der Geburtskohorte von 1955. Von einem Renteneintrittsalter mit 67 Jahren sind Personen ab dem Jahrgang 1960 betroffen (Fleischmann & Koster 2016). Das niederländische Modell sieht einen vergleichsweise schnellen Anstieg vor (Bauknecht, Zolyomi & Gasior 2015). Bis 2018 stieg das Rentenalter pro Jahr um drei, ab 2018 um vier Monate pro Jahr (Fleischmann & Koster 2016). Ab 2021 ist vorgesehen, das gesetzliche Renteneintrittsalter an die Entwicklung der Lebenserwartung zu knüpfen (OECD 2018c). Eine Re-Assessment soll alle fünf Jahre stattfinden (De Grip, Fouarge & Montizaan 2013). 5.3.2 Erwerbstätigkeit Im Jahr 2017 betrug die Erwerbsbeteiligung der 20 bis 64-Jährigen in den Niederlanden 78 % und lag damit gut 6 Prozentpunkte über dem EU-28-Durchschnitt. Die Erwerbsbeteiligung betrug für Männer 83,3 % und für Frauen 72,8% (Eurostat 2018).
Hunderte
Abbildung 1: Erwerbsbeteiligung der 55 bis 64-Jährigen nach Bildung in % (NL) 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%
niedrige Bildung
mittlere Bildung
hohe Bildung
Quelle: Eurostat 2018, European labour force survey (EU-LFS), eigene Darstellung.
Philipp Stiemke
108
Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Erwerbsbeteiligung 55 bis 64-jähriger Niederländer*innen von 1999 bis 2017, differenziert nach Bildungsstand. Am deutlichsten von einem Anstieg der Erwerbsbeteiligung konnten Personen mit mittlerer Bildung profitieren. Hier stieg der Anteil im beobachteten Zeitraum um knapp über 30 Prozentpunkte. Die Erwerbsbeteiligung bei Personen mit niedriger Bildung nahm um 26,1 Prozentpunkte, die von Personen mit hoher Bildung um 21,3 Prozentpunkte zu. Zu beachten ist, dass es zwischen den Jahren 1999 und 2000 zu einer starken temporären Steigerung der Erwerbsbeteiligung bei Personen mit mittlerer Bildung kam und parallel dazu zu einem Rückgang bei Personen mit hoher Bildung. Wird das Jahr 2000 als Ausgangszeitpunkt für die Untersuchung der Entwicklung gewählt, zeigt sich für alle Bildungsgruppen ein in etwa gleicher Anstieg. Insgesamt gilt für den untersuchten Zeitraum von 1999 bis 2017, dass Bildungsunterschiede in der Erwerbsbeteiligung weiterbestehen: Während Personen mit mittlerer Bildung den Abstand zu Gruppe der Hochgebildeten verringern konnten, wurde der Abstand zur Gruppe mit niedriger Bildung größer.
Hunderte
Abbildung 2: Erwerbsbeteiligung nach Alter und Geschlecht in % (NL) 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%
Männer, 20 bis 64 Jahre Frauen, 20 bis 64 Jahre
Männer, 55 bis 64 Jahre Frauen, 55 bis 64 Jahre
Quelle: Eurostat 2018, European labour force survey (EU-LFS), eigene Darstellung.
Abbildung 2 zeigt die Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer*innen im Vergleich zur Gesamterwerbsbevölkerung (zwischen 20 und 64 Jahren). Es ist erkennbar, dass die Erwerbsbeteiligung für Männer zwischen 20 und 64 Jahren nahezu
Reformen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer
109
konstant verläuft. Für Frauen derselben Altersgruppe zeigt sich jedoch ein Anstieg in der Erwerbsbeteiligung. 5 Am meisten haben ältere Frauen von der allgemein gestiegenen Erwerbsbeteiligung profitiert. Abweichend dazu verlief die Erwerbsbeteiligung der älteren Männer: Sie stieg ebenfalls stark an und war insgesamt höher als die der Frauen im Alter von 20 bis 64 Jahren. Insgesamt haben sich also die Unterschiede in der Erwerbsbeteiligung zwischen den Altersgruppen verringert, sowie auch zwischen den Geschlechtern, jedoch sind weiterhin deutliche Unterschiede vorhanden. Zu beachten ist ein traditionell hoher Anteil von Teilzeitbeschäftigung in den Niederlanden.6 Er liegt derzeit für alle Altersgruppen bei insgesamt 46,6 % – der EU-Durchschnitt dagegen nur bei 18,7 % (Eurostat 2018). Der Anteil von 55 bis 64-Jährigen, die in den Niederlanden in Teilzeit arbeiten, liegt mit 49,4 % über dem Durchschnitt der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung. Differenziert nach Geschlecht zeigt sich ein ausgeprägter Gendergap in dieser Altersgruppe: Frauen arbeiten zu 80,5 % und Männer zu 25,7 % in Teilzeit (Eurostat 2018). Die hohen Teilzeitbeschäftigungsquoten können die Vollzeit-Erwerbstätigenquoten teilweise relativieren. Tabelle 1 zeigt die Entwicklung der Erwerbsbeteiligung der 55 bis 64-Jährigen in einem Abstand von drei Jahren zwischen 1999 und 2017, differenziert nach Bildung und Geschlecht in Prozent. Hier wird deutlich, dass die Erwerbsbeteiligung insgesamt um 30,4 Prozentpunkte zunahm, bei Frauen aber um 34,7 und bei Männern nur um 26,0 Prozentpunkte. Die Erwerbsbeteiligung war allerdings zu Beginn des betrachteten Zeitraums bei den Männern mehr als doppelt so hoch wie bei den Frauen. Bei den 55 bis 64-jährigen Frauen konnte besonders die mittlere Bildungsgruppe von einem Anstieg der Erwerbsbeteiligung profitieren, gefolgt von Personen mit hoher Bildung. Die geringste Zunahme hat die niedrige Bildungsgruppe der Frauen erfahren. Bei den gleichaltrigen Männern zeigt sich insgesamt ein weniger starker Anstieg. Hier hat ebenfalls die mittlere Bildungsgruppe am stärksten die Erwerbsbeteiligung ausbauen können. Einen etwas geringeren Zuwachs erlebten Personen mit mittlerer Bildung. Der Anstieg bei den Hochgebildeten war am geringsten, jedoch war hier die Ausgangslage vergleichsweise hoch, sodass weniger Potenzial für Wachstum bestand.
5
Die hohe Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen (im Vergleich zu anderen europäischen Ländern) kann zum Teil auf die hohen Teilzeitbeschäftigungsquoten zurückgeführt werden (Fleischmann & Koster 2016). 6 In den Niederlanden ist Teilzeitarbeit mit 34 Stunden oder weniger pro Woche definiert, während es in anderen EU-Ländern häufig 30 Stunden oder weniger sind. Teilzeitarbeit ist – besonders unter Frauen mit oder ohne Kinder – sehr beliebt. Es wird zwischen „großer“ (28-34h/Woche) und „mittlerer“ (20-27h/Woche) Teilzeittätigkeit unterschieden. Die Verbreitung beider Jobarrangements ist in etwa gleich verteilt (Fleischmann & Koster 2016).
Philipp Stiemke
110
Tabelle 1: Erwerbsbeteiligung (55 bis 64 Jahre) nach Bildung und Geschlecht in % (NL)
55 bis 64 Jahre
1999
2002
2005
2008
2011
2014
2017
Differenz 1999 - 2017
Männer Insgesamt
48,8
54,9
56,9
63,7
64,5
69,4
74,8
26,0
Niedrige Bildung
40,2
47,3
49,5
55,5
56,6
59,1
65,4
25,2
Mittlere Bildung
47,9
54,8
56,2
62,9
63,7
69,9
75,4
27,5
Hohe Bildung
64,4
65,9
65,6
71,7
73,7
78,7
83,1
18,7
Frauen Insgesamt
21,9
29,0
35,2
42,2
45,9
50,4
56,6
34,7
Niedrige Bildung
17,1
22,0
25,5
31,5
34,6
36,6
42,0
24,9
Mittlere Bildung
24,4
32,7
38,9
45,6
51,0
55,2
61,7
37,3
Hohe Bildung
42,2
48,4
55,7
61,9
63,5
69,1
72,2
30,0
59,9
65,7
30,4
Männer und Frauen Durchschnitt
35,3
42,0
46,1
53,0
55,2
Quelle: Eurostat 2018, European labour force survey (EU-LFS), eigene Darstellung.
5.4 Länderporträt: Finnland Finnland hatte 2017 gut 5,5 Millionen Einwohner*innen, darunter 2,8 Millionen Frauen und 2,7 Millionen Männer. Die Bevölkerung zwischen 55 und 64 Jahren umfasste im gleichen Jahr etwa 737.000 Personen, was 13,4 % der Gesamtbevölkerung entsprach. Im Vergleich zum Jahr 1999, wo die Gesamtbevölkerung 5,16 Millionen Personen betrug, kam es bis 2017 zu einem Bevölkerungswachstum von 6,7 %. Die Altersgruppe der 55 bis 64-Jährigen nahm im gleichen Zeitraum um 38,5 % zu (Eurostat 2018). Der Anteil von 65-Jährigen und älteren gemessen an der Bevölkerung zwischen 20 und 64 betrug 2015 35,0 % (OECD 2017). Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug im Jahr 2017 für Frauen 84,4 Jahre und für Männer 78,6 Jahre ab Geburt (OECD 2018f). Die ferne Lebenserwartung ab 65 Jahren lag im gleichen Jahr für Frauen bei 21,9 Jahren und für Männer bei 18,2 Jahren (OECD 2018g). Finnland ist von allen in dieser Arbeit untersuchten Ländern damit das bevölkerungsärmste, wenn auch nur mit marginalem Unterschied zu Dänemark.
Reformen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer
111
5.4.1 Institutionelle Rahmenbedingungen 5.4.1.1 Alterssicherungssysteme Das finnische Alterssicherungssystem zeichnet sich durch Besonderheiten gegenüber anderen untersuchten Ländern aus (De Tavernier 2018a). Es besteht im Wesentlichen aus zwei Kernelementen: Einer obligatorischen gesetzlichen Alterssicherung (erste Säule) und einer freiwilligen Altersvorsorge, die wiederum aus einer betrieblichen Zusatzrente (zweite Säule) oder privater Vorsorge (dritte Säule) besteht (Lassila & Valkonen 2007). Die wichtigste Säule der Alterssicherung besteht aus einer staatlichen Grundrente sowie einigen einkommensabhängigen Rentenprogrammen für ausgewählte Gruppen, die jedoch sehr ähnlich reguliert sind (OECD 2014). Die Systeme sind zum Teil umlagefinanziert, staatlich kontrolliert und obligat für alle Arbeitnehmer*innen und Selbstständigen sowie teilweise auch kapitalgedeckt und privat organisiert (De Tavernier 2018a). Die Finanzierung entspricht somit einer Mischung aus Elementen der ersten und der zweiten Säule (Börsch-Supan 2005). Die staatliche Rente deckt die gesamte Bevölkerung ab und garantiert ein bestimmtes Mindesteinkommen, sofern Anwartschaften aus der einkommensabhängigen Altersvorsorge fehlen oder unzureichend sind (OECD 2014; OECD 2018b; Lassila & Valkonen 2007). Die staatliche Rente ist in Bezug auf Anwartschaften und deren Höhe ebenfalls vom Familienstatus und der Dauer des Aufenthaltes in Finnland abhängig. Anspruch auf diese Rente haben Personen, die mindestens drei Jahre in Finnland leben und mindestens 16 Jahre alt sind. Volle Anwartschaften werden gewährt, wenn die Person zwischen dem 16. Lebensjahr und dem Rentenalter mindestens 80 % der Zeit in Finnland verbracht hat (Kela 2018). Die Rente deckt nicht nur Langlebigkeit ab, sondern auch verschiedene Risiken, wie Invalidität, Tod des/der Ehepartners/in oder eines Elternteils minderjähriger Kinder (Lassila & Valkonen 2007). Weil die gesetzliche Rente für alle Arbeitnehmer*innen obligatorisch ist und es keine Einkommenshöchstgrenze gibt, sind die zweite Säule (betriebliche Altersvorsorge) und die dritte Säule (private Altersvorsorge) zu vernachlässigen (De Tavernier 2018a; OECD 2018b). 5.4.1.2 Frühverrentung Finnland begann im Jahr 2005 im Rahmen einer großen Rentenreform die bis dahin bestehenden Vorruhestandsanreize und Frühverrentungsmöglichkeiten in der einkommensabhängigen Alterssicherung einzuschränken bzw. weniger attraktiv zu machen: Vorruhestandsanreize bestanden vorher u. a. dadurch, dass die einkommensabhängige Rente 60 % des rentenrelevanten letzten Einkommens nicht überstieg und somit nach Erreichen dieser Obergrenze keine Anreize für eine Weiterarbeit bestanden, da diese nicht zu einem Anstieg der Gesamtanwartschaften führte. Zusätzlich gab es eine Vielzahl von Wegen in den vorgezogenen Ruhe-
112
Philipp Stiemke
stand, unter anderem eine Arbeitslosenrente, verschiedene Formen von Erwerbsminderungsrenten und eine Altersteilzeitrente. Die Nicht-Inanspruchnahme der Frühverrentungsmöglichkeiten wurde im Wesentlichen durch die Abschaffung der Obergrenze sowie durch höhere Wachstumsraten in den Anwartschaften bei längerer Lohnarbeit gefördert (Börsch-Supan 2005). Mit der Reform von 2017 wurden in Finnland die bis dahin bestehenden Möglichkeiten der Frühverrentung durch die Grundrente schrittweise geschlossen. Eine Frühverrentung mit 63 Jahren ist demnach nur noch möglich für Personen, die vor 1958 geboren sind; mit 64 Jahren für die Geburtskohorten zwischen 1958 und 1961. Und ab 1962 aufwärts besteht überhaupt keine Frühverrentungsmöglichkeiten im Rahmen der Grundrente vor dem 65 Lebensjahr. Für jeden Monat, der vor dem festgelegten Renteneintrittsalter in Rente gegangen wird, wird die Rente um 0,4 Prozentpunkte gekürzt. Für jeden Monat nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze steigen die Anwartschaften der Grundrente um 0,6 Prozentpunkte für alle vor 1962 Geborenen bzw. um 0,4 Prozentpunkte bei den Kohorten von 1962 aufwärts (Kela 2018; De Tavernier 2018a). Für Personen, die mindestens 38 Jahre in einem physisch oder psychisch anstrengenden Beruf gearbeitet haben, gibt es die Möglichkeit der Frühverrentung ab einem Alter von 63 Jahren (Bauknecht 2015). Diese „Dienstaltersrente“ ist ebenfalls an die Lebenserwartung gekoppelt und steht denjenigen zur Verfügung, deren Arbeitsfähigkeit aufgrund von Krankheit, Verletzung oder Behinderung verringert ist, aber nicht in dem Maße, um Anspruch auf eine Vollinvalidenrente zu haben (De Tavernier 2018a). 5.4.1.3 Renteneintrittsalter Mit der Rentenreform von 2005 wurde das Renteneintrittsalter für die einkommensabhängige Rente von 65 Jahren und der Möglichkeit einer Frühverrentung zwischen 60 und 64 Jahren durch ein flexibles System ersetzt. Das neue System sah ein Renteneintrittsalter zwischen dem 63. und 68. Lebensjahr vor mit einer Frühverrentungsmöglichkeit mit 62 Jahren (Börsch-Supan 2005). Nunmehr gilt: Bis zum Jahr 2027 soll das minimale Renteneintrittsalter von 63 auf 65 Jahre schrittweise ansteigen, und ab 2030 wird es an die Lebenserwartung geknüpft. Das Ziel hierbei besteht darin, die Balance zwischen Erwerbstätigkeit und Ruhestand auf demselben Niveau wie im Jahr 2025 zu halten (OECD 2018b). Demnach können Personen, die vor 1965 geboren sind, mit 65 Jahren in Rente gehen (Kela 2018). Das Renteneintrittsalter der Grundrente lag bisher bei 65 Jahren und bleibt für Kohorten, die vor 1965 geboren wurden, bestehen. Ab dem Jahr 2030 wird auch die Grundrente (wie die einkommensabhängige Rente) an die Lebenserwartung geknüpft. Dies betrifft alle Geburtskohorten ab 1965 (Kela 2018; OECD 2018b; De Tavernier 2018a).
Reformen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer
113
5.4.2 Erwerbstätigkeit Insgesamt betrug im Jahr 2017 die Erwerbsbeteiligung für Personen zwischen 20 und 64 Jahren in Finnland 74,2 %, dabei für Männer 75,9 % und für Frauen 72,4 % (Eurostat 2018). Zwischen 1999 und 2017 stieg die Erwerbsbeteiligung der 20 bis 64-Jährigen um 2,8 Prozentpunkte, während die der 55 bis 64-Jährigen um ganze 23,3 Prozentpunkte zunahm (Eurostat 2018). Mit insgesamt 13,5 % ist die Teilzeitbeschäftigung in Finnland im Vergleich zu den anderen untersuchten Ländern sehr niedrig. Während die Quote der Teilzeitarbeit von weiblichen Personen über die untersuchten Altersgruppen relativ konstant bleibt, ist eine leichte Zunahme in der höheren Altersgruppe der Männer zu verzeichnen (Eurostat 2018).
Hunderte
Abbildung 3: Erwerbsbeteiligung der 55 bis 64-Jährigen nach Bildung in % (FI) 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%
niedrige Bildung
mittlere Bildung
hohe Bildung
Quelle: Eurostat 2018, European labour force survey (EU-LFS), eigene Darstellung.
Abbildung 3 zeigt die Entwicklung der Erwerbsbeteiligung der 55 bis 64-Jährigen differenziert nach dem Bildungsstand. Über den untersuchten Zeitraum konnte am stärksten die mittlere Bildungsgruppe von einem Anstieg der Erwerbstätigkeit profitieren. Der Zuwachs der niedrig Gebildeten war am geringsten, jedoch nur um wenige Prozentpunkte geringer im Vergleich zu den Hochgebildeten. Insgesamt halten sich die Abstände zwischen den Bildungsgruppen – insbesondere unter Betrachtung des letzten Jahrzehntes – relativ konstant.
Philipp Stiemke
114
Tabelle 2: Erwerbsbeteiligung (55 bis 64 Jahre) nach Bildung und Geschlecht in % (FI)
55 bis 64 Jahre
1999
2002
2005
2008
2011
2014
2017
Differenz 1999 - 2017
Männer Insgesamt
40,6
48,1
52,8
57,1
56,8
56,8
61,7
21,1
Niedrige Bildung
33,5
39,7
44,5
47,6
47,2
46,1
49,5
16,0
Mittlere Bildung
41,0
50,1
52,9
55,7
54,5
54,0
58,5
18,5
Hohe Bildung
61,2
61,1
64,9
71,2
69,8
69,6
73,5
12,3
Frauen Insgesamt
37,9
47,5
52,7
55,8
57,2
61,4
63,4
25,5
Niedrige Bildung
32,5
38,5
42,3
43,2
41,3
43,1
40,5
8,0
Mittlere Bildung
38,7
48,1
53,9
57,2
57,2
60,5
61,0
22,3
Hohe Bildung
55,6
66,1
66,3
68,0
70,1
72,3
73,2
17,6
59,1
62,5
23,3
Männer und Frauen Durchschnitt
39,2
47,8
52,7
56,5
57,0
Quelle: Eurostat 2018, European labour force survey (EU-LFS), eigene Darstellung.
Tabelle 2 zeigt Geschlechterunterschiede in der Zunahme der Erwerbsbeteiligung bei den 55 bis 64-Jährigen: Während der Trend der Zunahme in der mittleren Bildungsgruppe sowohl für Frauen als auch für Männer bestehen bleibt – wenn auch in unterschiedlicher Intensität – nahm die Erwerbsbeteiligung der niedrig gebildeten Männer stärker zu als die der hochgebildeten Männer. Beachtet werden muss hier allerdings auch eine unterschiedliche Ausgangssituation, die unterschiedliches Potenzial für Wachstum bot. Bei den Frauen konnte die niedrige Bildungsgruppe vergleichsweise am wenigsten Zuwachs erreichen. So nahm die Erwerbsbeteiligung unter Hochgebildeten mehr als doppelt und unter Personen mit mittlerer Bildung sogar beinahe dreimal so stark zu. Im Geschlechtervergleich konnte die gesamte Erwerbsbeteiligung zwischen 1999 und 2017 von Frauen gegenüber der der Männer um 4,4 Prozentpunkte stärker zulegen, was dazu führte, dass in der Altersgruppe der 55 bis 64-Jährigen aktuell insgesamt mehr Frauen als Männer beschäftigt sind, jedoch mit größeren innergeschlechtlichen Differenzen hinsichtlich des Bildungsstands. In Finnland herrschen traditionell nur sehr geringe Unterschiede in der Erwerbsbeteiligung zwischen Männern und Frauen (Bergmann 2008). Wie der Abbildung 4 entnommen werden kann, verlaufen Zu- und Abnahmen in einer Alters-
Reformen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer
115
gruppe zwischen den Geschlechtern nahezu parallel und ohne nennenswerte Unterschiede. Zwischen den untersuchten Altersgruppen haben sich die Unterschiede in der Erwerbsbeteiligung jedoch deutlich verringert.
Hunderte
Abbildung 4: Erwerbsbeteiligung nach Alter und Geschlecht in % (FI) 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%
Männer, 20 bis 64 Jahre Frauen, 20 bis 64 Jahre
Männer, 55 bis 64 Jahre Frauen, 55 bis 64 Jahre
Quelle: Eurostat 2018, European labour force survey (EU-LFS), eigene Darstellung.
5.5 Länderporträt: Vereinigtes Königreich Zum Vereinigten Königreich gehören aktuell England, Schottland, Wales und Nordirland. Die drei letztgenannten haben dezentrale Verwaltungen mit unterschiedlichen Befugnissen (European Union 2018). Insgesamt belief sich die Einwohner*innenzahl im Jahr 2017 auf 65,8 Millionen, darunter 32,5 Millionen Männer und 33,3 Millionen Frauen. Im Jahr 2017 lebten etwa 7,7 Millionen Personen zwischen 55 und 64 Jahren im Vereinigten Königreich, was einem Anteil von ca. 11,7 % der Gesamtbevölkerung entsprach (Eurostat 2018). Insgesamt bemaß sich der Anteil von Personen ab 65 Jahren im Jahr 2015 gemessen an der Bevölkerung zwischen 20 und 64 Jahren auf 31,0 % (OECD 2017). Zwischen 1999 und 2017 wuchs die Bevölkerung um etwa 7,2 Millionen Menschen (etwa 11 %). Im gleichen Zeitraum hat sich der prozentuale Anteil der 55 bis 64-Jährigen an der Gesamtbevölkerung nicht nennenswert verändert, sondern hat sich parallel entwickelt (Eurostat 2018).
116
Philipp Stiemke
Die durchschnittliche Lebenserwartung im Vereinigten Königreich betrug 2017 insgesamt 81,2 Jahre; dabei für Männer 79,4 und für Frauen 83 Jahre (OECD 2018f). Die fernere Lebenserwartung ab 65 Jahre lag 2017 für Frauen bei 21,1 Jahren und für Männer bei 18,8 Jahren (OECD 2018g). 5.5.1 Institutionelle Rahmenbedingungen 5.5.1.1 Alterssicherungssysteme Im Vereinigten Königreich werden durch die National Insurance finanzielle Leistungen bei Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, Mutterschaft, Krankheit und Invalidität sowie Alter und Tod (Rentenleistungen) gewährt. Eine klare Trennung zwischen den Zweigen der Sozialversicherung kennt das System nicht (Deutsche Rentenversicherung 2016). Es besteht insgesamt aus drei Säulen: Die erste Säule stellt eine verdienstunabhängige staatliche Rente, die von Beitragszahlungen abhängig ist, dar. Zusätzlich existiert eine einkommensabhängige Rente für Personen ohne betriebliche Renten. Die zweite und dritte Säule besteht aus betrieblichen und privaten Renten (De Tavernier 2018b). Mit Wirkung vom 06. April 2016 hat das Vereinigte Königreich eine umfassende Rentenreform durchgeführt: Für Personen, die vor diesem Stichtag das Renteneintrittsalter7 erreicht haben, gilt die Basic State Pension (Grundrente); für Personen, die später in Rente gehen, gilt die New State Pension (neue staatliche Rente) (De Tavernier 2018b; Deutsche Rentenversicherung 2016). Die Basic State Pension zahlt Standardbeträge im Falle von Alter oder Tod, deren Höhe sich nach der Dauer der Versicherungszugehörigkeit (zwischen dem 16. Lebensjahr und dem Eintreten des Leistungsfalls) bemisst. Anspruch haben Personen, die mindestens ein Jahr versichert waren. Die volle Grundrente wird ab einer Versicherungszugehörigkeit von 30 Jahren ausgezahlt (Deutsche Rentenversicherung 2016). Unabhängig von der Basic State Pension ist die freiwillige verdienstbezogene Additional State Pension (Zusatzrente). Diese wird jedem/jeder Arbeitnehmer/in oder Selbstständigen gezahlt, der/die Beiträge zum staatlichen Zusatzrentensystem gezahlt hat (Deutsche Rentenversicherung 2016). Zusätzlich werden auch Personen erfasst, die bestimmte Sozialleistungen (Pflegezeit, Krankheits- und Invaliditätsleistungen) erhalten (De Tavernier 2018b). Die Höhe richtet sich nach den tatsächlich erzielten Verdiensten (Deutsche Rentenversicherung 2016). Die New State Pension stellt seit dem 06. April 2016 die neue staatliche Rente dar. Männer, die nach dem 05. April 1951 und Frauen, die nach dem 05. April 1953 geboren wurden, erhalten – sofern ein Anspruch besteht – Leistungen der New State Pension (UK Government 2018). Anwartschaften werden über qualifying years erworben. Arbeitnehmer*innen erreichen ein qualifying year, wenn 7
Bis zum November 2018 galten für Männer und Frauen unterschiedliche Renteneintrittsalter. Die Regelungen der Basic State Pension umfassen daher Männer, die vor dem 05. April 1951, bzw. Frauen, die vor dem 05. April 1953 geboren sind (Deutsche Rentenversicherung 2016; OECD 2018d).
Reformen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer
117
der Entgeltfaktor in seiner Summe einen jährlich festgelegten Mindestwert erreicht bzw. übersteigt. Dabei spielt der zeitliche Umfang einer Tätigkeit keine Rolle, sondern lediglich der Verdienst (Deutsche Rentenversicherung 2016). Wenn mindestens zehn qualifying years erreicht wurden, bestehen Anwartschaften in der New State Pension. Bei 35 qualifying years wird die Rente in vollem Umfang in Form eines Pauschalbetrags gezahlt – bei weniger Jahren anteilig (Government UK 2018; De Tavernier 2018b). Sofern der erworbene Rentenanspruch bei Personen bis zur Einführung der New State Pension nach altem Recht höher war, werden Ausgleichszahlungen geleistet (Deutsche Rentenversicherung 2016). 5.5.1.2 Frühverrentung Einen Anspruch auf vorzeitige Verrentung sieht das staatliche System nicht vor, auch nicht für Personen in besonders anstrengenden oder gefährlichen Berufen. Möglich ist eine Frühverrentung durch freiwillige/private Systeme, sofern von diesen zugelassen (OECD 2018d; Flynn & Li 2016). 5.5.1.3 Renteneintrittsalter Im Vereinigten Königreich galt zwischen 1948 und 2010 für Männer und Frauen ein unterschiedliches Renteneintrittsalter. Frauen konnten demnach mit 60 und Männer mit 65 Jahren in Rente gehen. Danach wurde das Renteneintrittsalter für Frauen stufenweise angehoben und hat im November 2018 das Niveau der Männer erreicht. Die Anhebung des Renteneintrittsalters für Frauen wurde 1995 verabschiedet. Ursprünglich sollte es bis zum Jahr 2020 das Niveau der Männer erreichen, jedoch wurde die stufenweise Anhebung durch ein Gesetz im Jahr 2011 beschleunigt (De Tavernier 2018b; OECD 2018d). Eine Erhöhung des Renteneintrittsalters für Männer und Frauen auf 66 Jahre soll bis zum Oktober 2020, auf 67 Jahre bis 2028 stattfinden (Flynn & Li 2016). Die stufenweise Anhebung wurde ebenfalls durch Gesetzesänderungen aus den Jahren 2011 und 2014 beschleunigt. Eine weitere Erhöhung des staatlichen Renteneintrittsalters soll zwischen 2044 und 2046 stattfinden, wird aber vorher nochmals überprüft und ist abhängig von der Entwicklung der Lebenserwartung. Aktuell wurde vorgeschlagen, die Erhöhung des Rentenalters auf 68 Jahre zwischen den Jahren 2037 und 2039 vorzuziehen (OECD 2018d). Das Pensionsgesetz von 2014 regelt weiterhin, dass (künftige) Regierungen das Renteneintrittsalter mindestens alle sechs Jahre überprüfen müssen, um zu gewährleisten, dass es bei steigender Lebenserwartung fair, nachhaltig und finanzierbar ist (OECD 2018d). Zudem ist es möglich, nach dem offiziellen staatlichen Renteneintrittsalter weiterzuarbeiten, jedoch ohne Zahlung von Beiträgen zur National Insurance (UK Government 2018).
Philipp Stiemke
118
5.5.2 Erwerbstätigkeit Im Vereinigten Königreich lag 2017 die Erwerbsbeteiligung insgesamt (20 bis 64Jährige) bei 78,2 %. Männer gingen zu 83,4 % einer Erwerbstätigkeit nach, Frauen zu 73,1 %. Die Erwerbsbeteiligung für ältere Arbeitnehmer*innen zwischen 55 und 64 Jahren lag 2017 bei 64,1 %, darunter 69,3 % für Männer und 59,1 % für Frauen (Eurostat 2018). Im Zeitraum zwischen 1999 und 2017 stieg die Erwerbsbeteiligung insgesamt um fast 5 Prozentpunkte, während die der 55 bis 64-Jährigen im gleichen Zeitraum um gut 15 Prozentpunkte stieg. Teilzeitbeschäftigung betrug 2017 im Vereinigten Königreich 23,5 % (20 bis 64-Jährige). Große Unterschiede ergeben sich dabei zwischen den Geschlechtern: Männer arbeiteten zu 9,6 % in Teilzeit und Frauen zu 39,1 %. In der Gruppe der 55 bis 64-Jährigen war Teilzeitarbeit mit etwa der gleichen Differenz zwischen den Geschlechtern etwas stärker verbreitet (Männer 17,1 %; Frauen 48 %) (Eurostat 2018).
Hunderte
Abbildung 5: Erwerbsbeteiligung der 55 bis 64-Jährigen nach Bildung in % (UK) 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 2008
2009
2010
2011
niedrige Bildung
2012
2013
mittlere Bildung
2014
2015
2016
2017
hohe Bildung
Quelle: Eurostat 2018, European labour force survey (EU-LFS), eigene Darstellung.
Eine Darstellung des zeitlichen Verlaufes der Erwerbsbeteiligung nach Bildung ab dem Jahr 1999 – wie bei den anderen untersuchten Ländern – ist für das Vereinigte Königreich nicht möglich. Zwischen den Jahren 2007 und 2008 wird in den Daten des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) ein starker Abfall der
Reformen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer
119
Erwerbstätigenquoten dargestellt, der sich höchstwahrscheinlich durch einen Fehler in der Codierung ergeben hat. 8 Hiervon ist die Bildungsvariable der Frauen betroffen. Den zeitlichen Verlauf der Erwerbsbeteiligung der 55 bis 64-Jährigen zwischen 2008 und 2017 zeigt Abbildung 5. Demnach konnten Personen mit niedriger Bildung besonders von einem allgemeinen Anstieg der Erwerbstätigkeit profitieren (10,1 Prozentpunkte). Es ist jedoch zu beachten, dass die Erwerbsbeteiligung in dieser Bildungsgruppe bis zum Jahr 2011 abnahm und erst danach anstieg. Ein ähnlicher Abnahme-Effekt ist in der mittleren und hohen Bildungsgruppe zu beobachten. Insgesamt nahm die Erwerbsbeteiligung der 55 bis 64-Jährigen in der mittleren Bildungsgruppe minimal zu (3,1 Prozentpunkte), wohingegen die hohe Tabelle 3: Erwerbsbeteiligung (55 bis 64 Jahre) nach Bildung und Geschlecht in % (UK)9
55 bis 64 Jahre
1999
2002
2005
2008
2011
2014
2017
Differenz 1999 2017
Differenz 2008 2017
Männer Insgesamt
59,4
62,0
65,9
67,2
64,1
67,8
69,3
9,9
2,1
Niedrige Bildung Mittlere Bildung Hohe Bildung
48,6
51,6
54,8
54,6
51,2
55,5
60,6
12,0
6,0
64,3
65,9
69,5
71,1
67,7
70,6
71,6
7,3
0,5
65,9
68,1
71,6
72,0
68,6
71,8
72,3
6,4
0,3
49,0
49,5
54,4
59,1
10,1
37,7
37,2
41,9
48,9
11,2
55,6
55,6
59,9
63,5
7,9
61,6
59,4
61,3
63,4
1,8
61,0
64,1
Frauen Insgesamt
39,7
44,6
48,0
Niedrige Bildung Mittlere Bildung Hohe Bildung
Männer und Frauen Durchschnitt
49,4
53,2
56,8
58,0
56,7
14,7
6,1
Quelle: Eurostat 2018, European labour force survey (EU-LFS), eigene Darstellung. 8
Personen, die ein fehlendes Bildungsniveau bzw. diese Frage nicht beantwortet haben, wurden vor 2007 als wirtschaftlich inaktiv eingestuft. Nach 2008 wurden diese Personen jedoch über die Variable des Erwerbsstatus verteilt (D. Holman, University of Sheffield). 9 Aufgrund des oben beschriebenen Fehlers in der Bildungsvariable der Frauen, ist ein Vergleich im zeitlichen Verlauf ab 1999 zwischen Männern und Frauen im Alter zwischen 55 und 64 Jahren nicht möglich.
Philipp Stiemke
120
Bildungsgruppe das Niveau weitestgehend gehalten hat. Über den zeitlichen Verlauf kann konstatiert werden, dass Bildungsunterschiede in der Erwerbsbeteiligung leicht verringert werden konnten, Ungleichheiten in der Erwerbsbeteiligung jedoch weiterhin existieren. Bei Betrachtung des Zeitraumes zwischen 2008 und 2017 kann jedoch anhand Tabelle 3 gezeigt werden, dass die Erwerbsbeteiligung der Frauen zwischen 55 und 64 Jahren deutlich stärker anstieg als die der Männer. Hierbei muss jedoch auch eine unterschiedliche Ausgangssituation beachtet werden, die mehr Potenzial für Wachstum bot. Dasselbe gilt für die Differenzierung nach Bildungsgruppen innerhalb der Geschlechter: Hier erfuhren insbesondere die niedrigen Bildungsgruppen einen starken Anstieg. Frauen mit mittlerer Bildung konnten in der Erwerbsbeteiligung zur hohen Bildungsgruppe aufschließen. Bei den Männern wurde eine fast gleichhohe Erwerbsbeteiligung zwischen diesen beiden Gruppen aufrechterhalten. Insgesamt sind die Unterschiede zwischen den Geschlechtern, aber auch der niedrigen zur mittleren und hohen Bildungsgruppe weiterhin ausgeprägt.
Hunderte
Abbildung 6: Erwerbsbeteiligung nach Alter und Geschlecht in % (UK) 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%
Männer, 20 bis 64 Jahre Frauen, 20 bis 64 Jahre
Männer, 55 bis 64 Jahre Frauen, 55 bis 64 Jahre
Quelle: Eurostat 2018, European labour force survey (EU-LFS), eigene Darstellung.
Den mit Abstand stärksten Zuwachs von fast 20 Prozentpunkten in der Erwerbsbeteiligung unter den untersuchten Gruppen erlebten im Vereinigten Königreich
Reformen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer
121
ältere Frauen, gefolgt von älteren Männern mit gut 10 Prozentpunkten. Während Frauen insgesamt (zwischen 20 und 64 Jahren) zu 7 Prozentpunkten mehr erwerbstätig waren als noch 1999, betrug der Anstieg für Männer der gleichen Altersgruppe nur 2,8 Prozentpunkte (Abbildung 6). Geschlechterunterschiede, aber auch Unterschiede zwischen den Altersgruppen, konnten demnach verringert werden, sind aber weiterhin vorhanden.
5.6 Länderporträt: Dänemark Die Zahl der Einwohner*innen Dänemarks betrug 2017 gut 5,75 Millionen, darunter etwa 2,85 Millionen Männer und 2,89 Millionen Frauen. Zugleich gab es etwa 700.000 Menschen im Alter zwischen 55 und 64 Jahren, was einem prozentualen Anteil von rund 12 % entspricht. Verglichen mit den Bevölkerungsdaten von 1999 ist die Gesamtzahl um ca. 8,5 % gestiegen, die der 55 bis 64 Jahre alten Personen aber um gut 18,5 % (Eurostat 2018). Insgesamt betrug 2015 der Anteil der 65-Jährigen und Älteren gemessen an der Bevölkerung zwischen 20 und 64 Jahren 33,0 % (OECD 2017). Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug im Jahr 2017 nach Daten der OECD (2018f) für Frauen 82,8 Jahre und für Männer 79 Jahre. Die fernere Lebenserwartung ab 65 Jahren betrug für Männer 18,2 Jahre und für Frauen 20,8 Jahre (OECD 2018g). 5.6.1 Institutionelle Rahmenbedingungen 5.6.1.1 Alterssicherungssysteme Das Alterssicherungssystem in Dänemark setzt sich aus drei Säulen zusammen: Die erste Säule besteht aus einer universellen Pauschalrente bzw. Volksrente, die eine Wohnort-basierende Grundversorgung darstellt (folkepension). Eine bedarfsorientierte Ergänzung gewährt finanziell benachteiligten Rentner*innen ein zusätzliches Einkommen (OECD 2018e; De Tavernier 2018c). Um die im Jahr 196410 grundlegend reformierte Rente im vollen Umfang zu erhalten, muss eine Person zwischen ihrem 15. Lebensjahr und dem Rentenalter mindestens 40 Jahre in Dänemark gelebt haben (König & Schilling 2016). Voraussetzung für einen (gekürzten) Anspruch auf die Rente haben Personen, die ab ihrem 15. Lebensjahr mindestens drei Jahre in Dänemark gewohnt haben (Deutsche Rentenversicherung 2018).
10
Dänemark führte bereits im Jahr 1891 als zweites Land weltweit ein Alterssicherungssystem ein, das – im Gegensatz zum zwei Jahre vorher in Deutschland durch Bismarck eingeführten Sozialversicherungssystem – steuerfinanziert war. Vorerst richtete sich das System an finanziell Benachteiligte, bis es durch mehrere Reformen schließlich im Jahr 1964 sich universell an die gesamte Bevölkerung richtete (Andersen 2008).
122
Philipp Stiemke
Eine obligatorische betriebliche Altersversorgung auf Grundlage von Kapitalbeiträgen (arbejdsmarkedets tillægspension, ATP) und eine im Rahmen von Tarifverträgen ausgehandelte Altersversorgung stellen die zweite Säule der Alterssicherung dar. Zusammen decken die beiden Systeme rund 90 % der Erwerbstätigen ab und sind für Selbstständige freiwillig (OECD 2018e; De Tavernier 2018c). Das ATP-System sieht monatliche feste Beiträge der Lohnempfänger*innen vor, die knapp ein Prozent des Durchschnittlohns in Dänemark betragen. Entsprechend der pauschalen Beiträge sind auch die Leistungen grundsätzlich für alle Vollzeitbeschäftigten (>28h/Woche) gleich – unabhängig vom Einkommen (Andersen 2008). Von dem zu zahlenden Beitrag übernimmt der Arbeitgeber zwei Drittel und ein Drittel der/die Arbeitnehmer/in. Selbstständige bzw. freiwillig Versicherte müssen den Beitrag in voller Höhe selbst zahlen (Deutsche Rentenversicherung 2018). Die ATP-Rente wurde im Laufe der Jahre so weiterentwickelt, dass Anwartschaften auch im Krankheitsfall, bei Arbeitslosigkeit und Invalidität aufgebaut werden können (Andersen 2008). Die Höhe der ATP-Rente ist abhängig von der Dauer und Höhe der Beiträge, den vom ATP-System erwirtschafteten Beträgen und der durchschnittlichen Lebenserwartung (Deutsche Rentenversicherung 2018). Die dritte Säule besteht aus individuellen und freiwilligen Rentenersparnissen, die steuerlich gefördert werden (OECD 2018e). Derzeit existieren drei Hauptmodelle: Kapitalrenten, Zinsrenten und Mietrenten (Andersen 2008), die von Banken oder Versicherungen verwaltet werden. Die Verbreitung liegt bei etwa 20 % (König & Schilling 2016). Für zukünftige Rentnerinnen und Rentner in Dänemark wird die betriebliche Altersversorgung (zweite Säule) das Haupteinkommen darstellen, wobei auch die Volksrente eine wichtige Rolle spielt (Barslund, Bauknecht & Gerling 2016). 5.6.1.2 Frühverrentung Es besteht keine Möglichkeit, die staatliche Altersrente (folkepension) vorzeitig zu erhalten. (OECD 2018e). Dennoch besteht eine Möglichkeit des vorzeitigen Renteneintritts in der freiwilligen Vorruhestandsrente. Voraussetzung hierfür ist eine mindestens 30-jährige (freiwillige) Mitgliedschaft in der Arbeitslosenversicherung. Das Frühverrentungsalter dieser freiwilligen Vorruhestandsrente wird analog zur gesetzlichen Altersrente schrittweise von 60 Jahren im Jahr 2014 auf 64 Jahre bis 2023 angehoben und danach – ähnlich wie bei der gesetzlichen Altersrente – an die Lebenserwartung gekoppelt. Entsprechend wird die Bezugsdauer der Vorruhestandsrente von fünf auf drei Jahre bis 2023 verkürzt. Etwa 75 % der Arbeitnehmer*innen und Selbstständigen sind Mitglieder der freiwilligen Arbeitslosenversicherung (OECD 2018e).
Reformen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer
123
5.6.1.3 Renteneintrittsalter Im Jahr 1999 wurde das Renteneintrittsalter von der dänischen Regierung von 67 auf 65 verringert. Diese Änderung betraf zuerst die Kohorte, die 2004 65 Jahre alt wurde (Barslund, Bauknecht & Gerling 2016). Durch Reformen 2006 und deren Modifikation im Jahr 2011 wurde das Renteneintrittsalter wieder von 65 auf 67 Jahre erhöht. Diese Erhöhung findet zwischen den Jahren 2019 und 2022 stufenweise statt (OECD 2018e; Deutsche Rentenversicherung 2018). Danach wird das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung geknüpft. Vorgesehen ist, dass die Periode, in der eine Person Altersrente erhält, 14,5 Jahre beträgt – basierend auf der ferneren Lebenserwartung ab einem Alter von 60 Jahren. Veränderungen im Renteneintrittsalter werden 15 Jahre vor Inkrafttreten festgelegt (zuletzt 2015) und alle fünf Jahre evaluiert. Das Renteneintrittsalter kann dabei jedoch nur um maximal ein Jahr angehoben werden (OECD 2018e). Die letzte Erhöhung entsprechend dieser Regelung betrifft Geburtskohorten zwischen 1963 und 1966 und visiert ein Rentenalter von 68 Jahren an (im Jahr 2030) (Deutsche Rentenversicherung 2018). Das Renteneintrittsalters des ATP-Systems (betriebliche Altersvorsorge) steigt parallel zum gesetzlichen Renteneintrittsalter (OECD 2018e). 5.6.2 Erwerbstätigkeit 2017 lag die Gesamterwerbsbeteiligung (20 bis 64-Jährige) bei 76,9 %. Sie hat zwischen 1999 und 2017 nur sehr geringe Schwankungen erfahren. Männer gingen zu 80,2 % einer Erwerbstätigkeit nach und lagen damit 6,5 Prozentpunkte vor Frauen mit 73,7 %. In der Altersgruppe der 55 bis 64-Jährigen lag die Erwerbsbeteiligung im Jahr 2017 bei 68,9 %, wovon 72,8 % auf Männer und 65,2 % auf Frauen entfielen. Seit 1999 ist sie insgesamt um 14,7 Prozentpunkte angestiegen (Eurostat 2018). Die Teilzeitbeschäftigung lag im Jahr 2017 in der Altersgruppe der 20 bis 64Jährigen bei 21,5 %, wovon 12,4 % auf Männer und 31,4 % auf Frauen entfielen. In der älteren Kohorte (55 bis 64 Jahre) zeigte sich ein (um wenige Prozent abweichend) ähnliches Verhältnis (Eurostat 2018). Eine detailliertere Übersicht der Erwerbsbeteiligung der 55 bis 64-Jährigen differenziert nach Bildungsgruppen bietet Abbildung 7. Während die Erwerbsbeteiligung in der hohen Bildungsgruppe nur um 5,2 Prozentpunkte zwischen 1999 und 2017 zugenommen hat, stieg diese in der mittleren Bildungsgruppe um 12,5 Prozentpunkte und in der niedrigen sogar um 22,1 Prozentpunkte (Eurostat 2018). Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Quoten in der niedrigen und mittleren Bildungsgruppe einen deutlich geringeren Ausgangspunkt hatten und somit mehr Potenzial für Wachstum boten. Festzuhalten ist jedoch trotzdem, dass sich die Unterschiede zwischen den Bildungsgruppen älterer Personen verringert haben und besonders die mittlere und niedrige Bildungsgruppe von einem Anstieg der Erwerbsbeteiligung profitieren konnten.
Philipp Stiemke
124
Hunderte
Abbildung 7: Erwerbsbeteiligung der 55 bis 64-Jährigen nach Bildung in % (DK) 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%
niedrige Bildung
mittlere Bildung
hohe Bildung
Quelle: Eurostat 2018, European labour force survey (EU-LFS), eigene Darstellung. Tabelle 4: Erwerbsbeteiligung (55 bis 64 Jahre) nach Bildung und Geschlecht in % (DK)
55 bis 64 Jahre
1999
2002
2005
2008
2011
2014
2017
Männer
Differenz 1999 - 2017
Insgesamt
59,9
64,2
65,6
65,2
63,8
68,9
72,8
12,9
Niedrige Bildung
40,6
47,5
50,1
52,7
52,4
62,3
67,1
26,5
Mittlere Bildung
64,3
64,1
65,4
65,5
64,0
66,3
72,8
8,5
Hohe Bildung
75,2
78,5
76,6
78,4
74,6
81,6
79,7
4,5
Frauen Insgesamt
47,8
49,9
53,5
51,5
55,3
57,6
65,2
17,4
Niedrige Bildung
32,9
34,5
36,5
38,9
43,8
45,3
50,4
17,5
Mittlere Bildung
53,3
53,2
55,7
54,1
56,0
58,6
69,0
15,7
Hohe Bildung
66,7
66,6
69,2
67,9
69,5
69,1
74,3
7,6
63,2
68,9
14,7
Männer und Frauen Durchschnitt
54,2
57,3
59,5
58,4
59,5
Quelle: Eurostat 2018, European labour force survey (EU-LFS), eigene Darstellung.
Reformen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer
125
Eine nach Geschlecht und Bildungsstand differenzierte Übersicht der Entwicklungen der Erwerbsbeteiligung in Dänemark zwischen 1999 und 2017 bietet Tabelle 4. Wie schon in Abbildung 7 dargestellt, zeigt sich hier ebenfalls eine ähnliche Tendenz in der Zunahme zwischen den Bildungsgruppen, jedoch mit unterschiedlich starken Ausprägungen zwischen den Geschlechtern. Demnach nahm die Erwerbsbeteiligung von älteren Männern der niedrigen Bildungsgruppe deutlich stärker zu als die der Frauen dieser Bildungsgruppe, wohingegen sich in der mittleren Bildungsgruppe ein konträres Bild zeigt und Frauen mehr profitieren konnten. Ausgehend vom Stand der Erwerbsbeteiligung im Jahr 2017 waren die Unterschiede in der Altersgruppe der 55 bis 64-Jährigen zwischen den Geschlechtern besonders in der niedrigen Bildungsgruppe hoch (über 16 Prozentpunkte mehr Erwerbsbeteiligung bei Männern) und in der mittleren und hohen Bildungsgruppe weniger stark ausgeprägt. Im zeitlichen Vergleich zwischen 1999 und 2017 nahm die Erwerbsbeteiligung insgesamt deutlicher bei älteren Frauen zu, jedoch liegt die Erwerbsbeteiligung der Männer insgesamt noch 7,6 Prozentpunkte über der der Frauen.
Hunderte
Abbildung 8: Erwerbsbeteiligung nach Alter und Geschlecht in % (DK) 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%
Männer, 20 bis 64 Jahre Frauen, 20 bis 64 Jahre
Männer, 55 bis 64 Jahre Frauen, 55 bis 64 Jahre
Quelle: Eurostat 2018, European labour force survey (EU-LFS), eigene Darstellung.
Im Altersgruppen- und Geschlechtervergleich in Abbildung 8 wird deutlich, dass sich Unterschiede zwischen den Geschlechtern zum einen insgesamt, aber zum
126
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anderen auch innerhalb der Altersgruppen verringert haben. Während die Erwerbsbeteiligung der 20 bis 64-Jährigen im untersuchten Zeitraum (1999 bis 2017) relativ konstant blieb, konnte die Erwerbsbeteiligung in der älteren Gruppe deutlich erhöht werden. Ältere Männer, deren Zuwachs zwar nicht so stark wie bei älteren Frauen war, liegen nun beinahe auf dem gleichen Niveau wie Frauen aller Altersgruppen.
5.7 Zusammenfassung und Diskussion 5.7.1 Renten- und arbeitsmarktpolitische Reformen Das vorausgegangene Kapitel zu Renten- und Arbeitsmarktreformen und Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer*innen in den Niederlanden, Finnland, dem Vereinigten Königreich und Dänemark beschreibt zu Anfang länderübergreifende Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer*innen. 11 Diese Maßnahmen wurden bzw. werden – in unterschiedlicher Intensität und auf verschiedene Art und Weise – in den meisten untersuchten Ländern in den vergangenen zwei Jahrzehnten durchgeführt. Zu diesen Maßnahmen zählen neben der Anhebung des Renteneintrittsalters und Einschränkungen der Inanspruchnahme bestehender Frühverrentungsoptionen auch finanzielle Anreize, wenn nach dem Erreichen des gesetzlichen Rentenalters weitergearbeitet wird oder Rentenleistungen mit Lohnarbeit kombiniert werden. Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik, aber auch zur Verhinderung von bzw. zur Aufklärung über (altersbedingte) Diskriminierung und Beschäftigungsschutz können ebenfalls unter bestimmten Bedingungen dazu beitragen, die Erwerbstätigkeit unter älteren Arbeitnehmer*innen zu erhöhen. Die Erhöhungen der gesetzlichen Renteneintrittsalter verlaufen bzw. verliefen in den „EXTEND-Ländern“ relativ ähnlich. Bis auf Finnland, wo ein flexibles Renteneintrittsalter existiert, werden alle Länder in den nächsten Jahren das Alter schrittweise von 65 Jahren auf 67 Jahre erhöhen. Intensität und Zeitraum der Steigerungen variieren jedoch. Mit Ausnahme von Deutschland knüpfen alle untersuchten Länder das zukünftige Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung, jedoch in unterschiedlicher Art und Weise. Die übergeordnete Intention besteht darin, eine Generationengerechtigkeit herzustellen. Jeder Kohorte soll in etwa der gleiche Ruhestandszeitraum ermöglicht werden. Zentral dafür ist die finanzielle Entlastung der (umlagefinanzierten) Sozialsysteme (OECD 2018a-e). Vor dem Hintergrund empirisch belegbarer Abhängigkeit der Lebenserwartung von der sozialen Lage ist diese Vorgehensweise jedoch kritisch zu betrachten, da sie zu wachsender sozialer Ungleichheit führen kann (vgl. Kapitel 6. in diesem Buch).
11
Zu Deutschland vgl. ausführlich Kapitel 4. in diesem Buch.
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Gesetzlich ermöglichte Frühverrentungsmöglichkeiten haben bis zur Mitte der 1980er Jahre zu einer „Normalisierung der Frühverrentung“ (Wolf & Kohli 1988: 184) geführt. Sie waren zumeist über Arbeitslosigkeit oder Erwerbsminderung möglich. EU-weit wurden sie aber seit den 1990er Jahren zunehmend eingeschränkt (Ebbinghaus & Hofäcker 2013; Naegele & Bauknecht 2017; Hess 2018). Die heute noch bestehenden gesetzlichen Frühverrentungsmöglichkeiten sind in allen untersuchten Ländern mit hohen Abschlägen verbunden bzw. sind an strengere Voraussetzungen geknüpft. Unter Ungleichheitsgesichtspunkten problematisch ist u.a., dass sozialstaatliche Leistungen für Personen, die aus unterschiedlichen Gründen darauf angewiesen sind, verringert wurden und dass Arbeitnehmer*innen (mit geringem Einkommen) ggf. trotz starker gesundheitlicher Einschränkungen zur Weiterarbeit gezwungen sind (Naegele & Bauknecht 2015). 5.7.2 Erwerbstätigkeit Die Erwerbstätigenquoten lagen 2017 in Dänemark, Deutschland 12, den Niederlanden, Finnland und dem Vereinigten Königreich über dem EU-28 Durchschnitt13 – sowohl für die Altersgruppe der 20 bis 64-Jährigen als auch für 55 bis 64-Jährigen. Abbildung 9 fasst für die „EXTEND-Länder“ die Veränderungen der Erwerbstätigenquoten zwischen 1999 und 2017 zusammen. Es wird die Ausgangslage 1999 (dunkelgrauer Balken) und die Veränderung bis zum Jahr 2017 (hellgrauer Balken) dargestellt. In diesen Zeitraum fielen die umfassendsten Reformen hinsichtlich der Arbeits- und Rentenpolitik der analysierten Länder. Es ist zu sehen, dass – mit Ausnahme von Dänemark – die allgemeine Erwerbstätigkeit in allen Ländern anstieg. Am stärksten fiel dieser Anstieg in Deutschland aus. Dasselbe gilt für die Erwerbstätigkeit in der Altersgruppe der 55 bis 64-Jährigen. Von allen untersuchten Ländern war jedoch auch die Ausgangslage 1999 in Deutschland in der Erwerbsbeteiligung beider Altersgruppen am geringsten, weshalb hier das größte Potenzial für Wachstum vorlag. Eine tiefergehende Analyse der Veränderungen der Erwerbsbeteiligung anhand des Indikators Bildung zeigt, dass nicht alle Gruppen der 55 bis 64-Jährigen zu gleichen Anteilen von einem Anstieg profitieren konnten: In den Niederlanden, Finnland und Deutschland ist die Erwerbstätigenquote am stärksten bei Personen mit mittlerer Bildung angestiegen, obwohl die Ausgangssituation bei Personen mit niedriger Bildung das größte Potenzial für Wachstum bot. Niedrig Gebildete konnten ihre Erwerbsbeteiligung zwar deutlich erhöhen, durch den stärkeren Anstieg der Personen mit mittlerer Bildung hat sich der Abstand zwischen beiden Gruppen 12
Hier mit Deutschland, um Vergleiche zu ermöglichen. Sonst vgl. ausführlich Kapitel 4. in diesem Buch. 13 Der EU-28 Durchschnitt in der Erwerbsbeteiligung lag 2017 für 20 bis 64-Jährige bei 72,1 % und für 55 bis 64-Jährige bei 57,1 % (Eurostat 2018).
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jedoch vergrößert. Dies könnte ein Hinweis für wachsende soziale Ungleichheiten in der späten Erwerbsphase, beim Rentenübergang sowie im Rentenzugangsalter in Deutschland und den Niederlanden sein. In Finnland profitierten Hochgebildete sogar etwas mehr als Niedriggebildete. In Dänemark haben von den Veränderungen der Erwerbsbeteiligung am stärksten Personen mit niedriger Bildung profitiert, gefolgt von Personen mit mittlerer Bildung. Hier konnten Unterschiede zwischen den Bildungsgruppen deutlich verringert werden. Abbildung 9: Erwerbsbeteiligung in „EXTEND-Ländern“ nach Altersgruppen in % (1999-2017)
100% 90% 80%
4,9
2,8
14,7
60%
14,7
32,3
50% 40%
5,1
11,1
70%
76,9
72,9
68,1
30%
23,3
30,4
73,3
71,4
54,2
20%
49,4 37,8
35,3
39,2
10% 0%
-1,0
-10%
Ausgangslage 1999
Veränderung bis 2017
Quelle: Eurostat 2018, European labour force survey (EU-LFS), eigene Darstellung.
Reformen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer
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In allen Ländern haben Frauen – ohne Beachtung des Bildungshintergrunds – ihre Erwerbsbeteiligung deutlich steigern können. Dies sorgte für eine Verringerung des Gendergaps, der jedoch auch 2017 noch vorhanden war. Der deutlichste Unterschied zwischen der Erwerbsbeteiligung von älteren Männern und Frauen besteht in den Niederlanden (18,2 Prozentpunkte), während er im Vereinigten Königreich (10,2 Prozentpunkte), Deutschland (9,6 Prozentpunkte) und Dänemark (7,6 Prozentpunkte) moderat erscheint und in Finnland (1,7 Prozentpunkte mehr Frauen als Männer) fast nicht existiert. Vor dem Hintergrund des Anstiegs der Erwerbstätigenquoten müssen allerdings „Teilzeitarbeitskultur“ und unterschiedliche Wachstumspotenziale beachtet werden.
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6. Indexing the retirement age to life expectancy Wouter De Tavernier Many European countries have implement reforms aimed at extending working lifes and delaying retirement. One prominent reform is the increase of the legal retirement age. Some countries have gone even further by linking/indexing the legal retirement age to the life-expectancy (see chapter 2.2.3 and 5. in this book). The chapter at hand tries to answer the following two questions on this issue: (1) How does the indexation of retirement ages according to the residual (healthy) life expectancy affect social inequalities? (2) How are quality of life and well-being of the workers concerned affected?
6.1 Effects on social inequality Indexing the pensionable age to life expectancy is typically argued for from a social justice point of view: from this perspective it would be fair to translate an increase in life expectancy into an extension of working life, so as to not increase the financial burden on later generations (Schokkaert & van Parijs 2003). However, we argue that one cannot be selective in applying the social justice argument: if we apply it to redistribution between generations, then it has to apply to redistribution within generations as well. From that perspective, the linking of the pensionable age to average life expectancy is problematic, as not only life expectancy, but also the increase thereof, is socially stratified. The policy analyses show two different ways to make the indexation of pensionable age to life expectancy. On the one hand, Finland and the United Kingdom have opted to fix the share of adult life spent in retirement. As about one third of adult life is spent in retirement, a one-year-increase in life expectancy will lead to an increase in pensionable age of around 8 months. On the other hand, Denmark and the Netherlands have opted to fix the average amount of years spent in retirement – whereas in the Netherlands, they fixed it at the current average duration of pension recipiency (18.26 years). In Denmark policy-makers have decided to shorten the period with more than three years to 14.5 years of average duration of retirement, down from the peak of 18 years it is expected to reach in 2030. However, all four countries use the average life expectancy as the point of reference to set the retirement age. Since life expectancy of the higher educated increases faster than average, and vice versa for the lower educated (see Brønnum-Hansen & Baadsgaard 2008, 2012 for Denmark; Valkonen & Martikainen 2006 for Finland; van Baal et al. 2016 for the Netherlands; Office for National Statistics 2011 for the United Kingdom), this means that the former can expect an extension of retired life, whereas the latter can see it reduced. This effect is even more pronounced if © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_6
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one were to look at healthy life expectancy (Brønnum-Hansen et al. 2004; Brønnum-Hansen & Baadsgaard 2008; Unger & Schulze 2013). Moreover, with the exception of Denmark, all countries have taken accompanying measures in order to stimulate working longer or to bolster individuals from financial deprivation in old age. In the Netherlands and Finland, both countries with defined benefit pension schemes, accrual rates have been reduced, so as to reach a full pension at a later age. In the United Kingdom, the Basic State Pension and State Second Pension have been replaced by the more generous New State Pension and auto-enrolment in occupational pension schemes for most individuals. From the social justice literature, we draw four different indicators to assess the impact of policy reforms: minimum standard of living (at-risk-of-poverty threshold), replacement rate, pension wealth, and lifetime contributions over lifetime savings. As any reform would primarily have to benefit the worst off according to the Rawlsian justice perspective (Rawls 1973), we assess how the indexation of the pensionable age to life expectancy and its accompanying measures impact these four indicators, based on simulations of the impact of the reforms on four average figures (male/female and lower/higher educated). As in defined contribution schemes (Denmark and the United Kingdom), the delay of retirement merely means that occupational pensions have a longer time to accumulate (and, in case of annuitisation, are paid out over a shorter period), monthly pension incomes do not decrease. However, inequality grows, both in terms of monthly income (and thus also replacement rate) and especially in terms of pension wealth and lifetime contributions over lifetime savings. The highest earners tend to be the ones that are most likely to delay retirement in response to the increase in pensionable age, and have the highest occupational pensions, meaning that they benefit more from the supplementary pension accumulation due to delayed retirement. Moreover, a delay in pensionable age also means a reduction of pension wealth for those dependent on the public basic pension, as the benefit is received over a shorter period. In the case of the United Kingdom (see chapter 5.5 in this book), additionally, the transition to the New State Pension is disastrous for lower educated women: since the New State Pension requires a longer period of contributions made than the Basic State Pension for a full pension (35 instead of 30 years), these women’s incomes on average are below the threshold to qualify for auto-enrolment into occupational pensions for several career years and the loss of the highly beneficial contribution rate for a very thin income band for low-income earners in the State Second Pension (40%, now replaced by the 8% of auto-enrolled occupational pensions), the average lower educated woman in the United Kingdom loses 5% of monthly income due to the reforms and ends up on social assistance after retirement (pension credits). If it wasn’t for social assistance stepping in, she would even have lost 25% of monthly income. In the defined benefit
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schemes in Finland and the Netherlands, things look differently. Due to lower accrual rates accompanying the indexation of the pensionable age, everyone loses pension income (both monthly and over the lifetime). However, the monthly loss is minimal for the lower educated and is much bigger for the higher educated, reflecting the higher occupational pensions of the latter – with the basic pensions making up a more important part of the income of the former. Over the lifetime, everyone loses, but again, the losses are bigger for the higher educated. In sum, the results show that the policy context and accompanying measures have an important impact on the effect the indexation of the pensionable age to life expectancy has on inequality after retirement. From a Rawlsian social justice perspective, the indexation as it happens in Finland and the Netherlands might be preferable to that in Denmark and the United Kingdom. Whereas inequalities decrease in the former two countries, both in terms of monthly and lifetime pension income, they increase in the latter. Even if the lower educated are slightly worse off on a monthly basis after the reforms in Finland and the Netherlands, the impact of reducing the financial burden of the increasing group of retirees is targeted in particular to the higher incomes. Whether decreasing inequality, and thus following the Dutch and Finnish path, or maximizing (monthly) incomes of the worst off is the main focus in terms of social justice, in which case the Danish example is the one to follow, from either point of view the reforms implemented in the United Kingdom are not acceptable from a social justice perspective, with one already particularly disadvantaged group, lower educated women, taking the blow.
6.2 Effects on quality of life and well-being We cannot assess the impact of indexing the pensionable age to life expectancy in terms of quality of life and well-being, since the indexation mechanism has not taken effect yet in any of the countries in the study. Hence, we instead analyse the effects of the type of retirement transition on post-retirement citizenship and exclusion, in the knowledge that delaying the pensionable age will lead to a transition in the types of retirement transitions individuals undergo. Reasons for retirement generally fall in one of three categories: “push”-factors such as bad health and age discrimination in the labour market as a result of which the individual cannot stay in employment; “pull”-factors in which rational and calculating individuals balance pension income against the ‘burden’ of paid employment, with individuals retiring in case they consider their pension to be high enough to not have to work anymore; and “jump”-factors contributing to a re-orientation of the individual towards new goals, including for instance retirement as the consequence of taking up a new role as grandparent (Jensen 2005) (see chapter 2.2.2 in this book). We hypothesize that the type of retirement transition one makes through, has implications for citizenship in a Marshallian understanding (Marshall 1950) in retirement: being pushed out of the labour market leads to
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low citizenship, characterized by economic, social and political exclusion; and whereas those pushed out of the labour market will not be economically excluded after retirement, those jumping into retirement actively take up new roles and they therefore might even experience an increase in social and political citizenship. Using a 2006 Danish survey (‘Arbejde og tilbagetrækning’), we find support for these hypotheses (Jensen, Kongshøj & De Tavernier 2018). Those pushed out of the labour market experience most exclusion in retirement, and those who jumped into retirement experience the highest citizenship. Those pulled into retirement, with around 10% a rather small group, hang somewhere in between. As delaying the pensionable age is likely to lead to more push-retirement, with individuals subject to discrimination or health conditions that do not allow them to work further, such policies are likely to be detrimental for quality of life and wellbeing of retirees.
6.3 Policy pathways Whereas mechanisms indexing the pensionable age to life expectancy have been introduced from a perspective of financial sustainability and intergenerational solidarity, it is important to also ask the question if they are socially sustainable and to take into account the intra-generational redistributive impact of these measures. If the principle of actuarial fairness, meaning ‘equal treatment for equal risk’ (Landes 2015: 521), is considered important, then it should not only apply between, but also within generations. Indexation by average life expectancy does not pass this test: even if some people can expect fewer years in retirement, they would still be subject to the same pensionable age as those with higher life expectancies - with not only life expectancy but also the increase in life expectancy being higher for the higher-educated. As a result, the indexation mechanism benefits the welloff at the expense of those in less fortunate economic positions. This does not mean that the indexation mechanism should be rejected. There are good arguments to make for such a mechanism from an intergenerational perspective. However, the mechanism would require a number of social corrections, so as to guarantee that the principle of equal treatment for equal risk applies not only between, but also within generations. This could be done in two ways. First, pensionable ages could be individualized, taking into account certain parameters affecting life expectancy, including occupation and educational level. Alternatively, accrual rates could be lowered or pension benefits increased for those who can expect to live less long in retirement. The policy context in which the indexation mechanism is implemented, as well as the accompanying reforms, also have an important impact on inequalities. From the simulations, it is clear that a solid and reliable basic pension is an important factor in tempering the impact of the indexation mechanism for those in weaker socio-economic positions. Moreover, by lowering the accrual rates treated
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beneficially fiscally in defined benefit schemes, the impact of the search for a more financially sustainable pension system is mainly born by those with larger occupational pensions. Delaying retirement in defined benefit schemes, however, is mainly beneficial to those with large occupational pensions, as they can accumulate over a longer period. Hence, even though defined contribution schemes are preferred from a perspective of financial sustainability, defined benefit schemes with close monitoring of and possibly social corrections in accrual rates could be preferable from a perspective of social sustainability. Finally, pension policy might not be the best tool to steer retirement. Analyses from the already mentioned Danish survey (Jensen, Kongshøj & De Tavernier 2018) indicate that only a very minor part of individuals is pulled into retirement. The lions’ share of retirees underwent either push or jump transitions, meaning that they either retired involuntarily or as a result of a search for a new role and identity. Neither of these are impacted by changes in benefit generosity or eligibility. Hence, current retirement policies centred around delaying retirement by increasing the pensionable age must be relatively ineffective since they only target a minor proportion of retirement transitions. Even though we can reasonably expect these policies to lead to a delay in retirement for some, they may come at a high cost for others for whom delaying retirement is not possible. These individuals face a high risk of economic, political and social exclusion. The key in effectively delaying retirement is therefore not to get individuals ‘stuck’ in the labour market by removing their exit routes, but to have them ‘stay’ voluntarily by delaying their jump into retirement, and by facilitating them to do so, avoiding pushtransitions. Employers are crucial in this effort, as staying in the labour market is strongly connected to job content and fulfilment one can derive from one’s work, as well as workability. This requires a different role of the government: one in which the focus is less on disciplining older workers, and more on fighting age discrimination, facilitating flexible work arrangements and leading the way in cultural change in how societies perceive their older individuals.
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Wouter De Tavernier
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7. Gesundheit vor und nach der Rente1 Sascha de Breij und Dorly J.H. Deeg
7.1 Vorbemerkungen Die Beziehungen zwischen Gesundheit und Verrentung sind sehr komplex. Einerseits ist Gesundheit eine wesentliche Determinante des Renteneintrittszeitpunkts (van den Berg, Elders & Burdorf 2010; Rice et al. 2010), andererseits sind sowohl frühere Arbeitsbedingungen wie auch der Übergangsprozess selbst wichtige Einflussfaktoren (im Sinne von „Fernwirkungen“) auf die (spätere) Gesundheit in der Rente (Platts et al. 2013). Der Zusammenhang zwischen Gesundheit, Beschäftigungsbedingungen vor und Lebensqualität nach dem Berufsaustritt ist abhängig von der sozioökonomischen Position (SEP) der älteren Arbeitnehmer*innen und Rentner*innen. Personen mit einer hohen SEP haben mehr Möglichkeiten, einen eingeschränkten Gesundheitszustand durch Nutzung unterstützender bzw. Wechsel zu weniger belastenden Arbeitsplatzbedingungen zu kompensieren, während dies für Personen mit einer niedrigen SEP oftmals seltener möglich ist und folglich genau diese Arbeitsplatzbedingungen gesundheitsgefährdend werden können. Eine umfangreiche Literatur belegt einen positiven Zusammenhang zwischen SEP auf der einen Seite und Gesundheit und Lebenserwartung bzw. Langlebigkeit auf der anderen Seite (Huisman et al. 2013). Diejenigen mit der niedrigsten SEP haben nicht nur eine kürzere (gesunde) Lebenserwartung, sondern verbringen auch einen größeren Teil ihres Lebens in schlechterer Gesundheit (Mäki et al 2013). Weiterhin arbeiten Menschen mit höherer SEP aus ganz unterschiedlichen Gründen (z.B. Freude an der Arbeit, gute Gesundheit) länger. Für Arbeitnehmer*innen mit niedriger SEP scheinen es häufiger primär finanzielle Gründe, nicht selten auch Zwänge, zu sein. Es wirken also jeweils unterschiedliche Mechanismen auf die Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit von Personen mit niedriger und hoher SEP ein. Gesundheit nach dem Renteneintritt ist zugleich ein wichtiger Prädiktor zum einen für steigende „alterstypische“ Gesundheits- und Rentenkosten (Oxley 2009), zum anderen für die Möglichkeiten zur Ausübung von "Silver Work" (bezahlte Arbeit nach der Pensionierung, freiwillig geleistet und/oder aus finanzieller Notwendigkeit) (vgl. Kapitel 2.2.6 in diesem Buch). Vorliegende empirische Befunde zu gesundheitlichen Veränderungen nach dem Renteneintritt sind nicht eindeutig (Atchley 1976; Mojon-Azzi, Sousa-Poza & Widmer 2007). Ein schlechter Gesundheitszustand vor dem Renteneintritt kann sich in der Rente weiter verschlechtern, aber auch verbessern. Gute oder schlechte Arbeitsbedingungen können dabei eine Rolle spielen und im Stile von „Fernwirkungen“ dann auch für die Gesundheit 1
Der vorliegende Beitrag ist eine Kurzfassung des Abschlussberichtes zu den Arbeitspaketen 4 und 5; zu Langfassungen vgl. de Breij, Huisman & Deeg (2019, 2020); de Breij et al. (2019, 2020).
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_7
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nach der Verrentung unterschiedlich bedeutsam sein. EXTENDs Arbeitspakete 4 und 5 konnten bestätigen, dass es derartige „Fernwirkungen“ gibt.
7.2 Untersuchungsfragen Das Hauptziel der entsprechenden Analysen war es, das Beziehungsgeflecht zwischen Gesundheit und Ruhestand zu untersuchen und zu fragen, welche Bedeutung dabei der sozioökonomischen Position (SEP) zukommt. Die Arbeitspakete 4 und 5 behandelten folgende Hauptforschungsfragen:
Gibt es SEP-Unterschiede im Zusammenhang zwischen physischer sowie psychischer Gesundheit und frühem Ausstieg aus dem Erwerbsleben? Welche individuellen und arbeitsbezogenen Risikofaktoren gibt es beim vorzeitigen Ausstieg aus dem Erwerbsleben, und unterscheiden sie sich ggf. je nach SEP und Gesundheitszustand? Welche Faktoren auf der Makroebene spielen eine Rolle für den Zusammenhang zwischen SEP und Gesundheitszustand beim frühen Berufsausstieg? Inwieweit können vorherige Arbeitsbedingungen SEP-Ungleichheiten in der Gesundheit nach Beendigung des Erwerbslebens erklären? Welche Faktoren auf der Makroebene spielen eine Rolle bei SEP-Ungleichheiten in den Arbeitsbedingungen sowie in der Gesundheit nach Beendigung des Erwerbslebens?
7.3 Methoden Die Methoden für die Analysen bestanden aus EXTEND-länderübergreifenden Replikationen und einem entsprechenden Ländervergleich anhand harmonisierter Mehrländerdaten. Es wurden folgende längsschnittlichen Datensätze verwendet: Die Longitudinal Aging Study Amsterdam (LASA) aus den Niederlanden (Hoogendijk et al. 2016), die Danish Longitudinal Study of Aging (DLSA) (Lauritzen 2014), die English Longitudinal Study of Ageing (ELSA) (Steptoe et al. 2013), der Deutsche Alterssurvey (DEAS) (Engstler & Schmiade 2013) und die Finnish Longitudinal Study on Municipal Employees (FLAME) (Ilmarinen et al. 1991). Es versteht sich von selbst, dass nur in diesen Studien auch abgefragte und zudem für Vergleiche zwischen den EXTEND-Ländern geeignete Indikatoren in die Auswertungen aufgenommen wurden. Verschiedene Arten von Methoden wurden durchgeführt, darunter Cox-Regressionen, mehrstufige Regressionen, lineare Regressionen und Generalized Estimating Equations (GEE). Um soziale Ungleichheiten zu untersuchen, wurden die meisten Modelle entweder durch SEP stratifiziert oder Interaktionseffekte mit SEP einbezogen. Weiterhin wurden die
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Daten aus der Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE) mittels mehrstufiger Regressionen analysiert, zu welchen eine Reihe von Makrofaktoren ergänzt wurden.
7.4 Ergebnisse Von den zahlreichen Analysen kann an dieser Stelle nur ein Ausschnitt behandelt werden. Detaillierte Ergebnisse finden sich bei de Breij, Huisman & Deeg (2019, 2020) und de Breij et al (2019, 2020). 7.4.1 Gesundheit als Prädiktor für den Zeitpunkt des Berufsaustritts In allen untersuchten Ländern (außer im Vereinigten Königreich) wurde festgestellt, dass Menschen mit einer geringen SEP ein höheres Risiko haben, früher in Rente gehen zu müssen als Menschen mit einer hohen SEP. Trotz kleinerer Länder- und Geschlechterunterschiede wiesen Arbeitnehmer*innen mit einer schlechteren selbstberichteten Gesundheit, mehr funktionellen Einschränkungen und mehr depressiven Symptomen ein höheres Risiko auf, früher in Rente zu gehen als ihre in diesen Dimensionen jeweils gesünderen Kolleg*innen. 7.4.2 Individuelle und arbeitsbezogene Risikofaktoren für einen früheren Rentenbeginn Es wurden relevante SEP-Unterschiede in der Wahrscheinlichkeit für/gegen einen früheren/späteren Erwerbsausstieg gefunden: Hohe körperliche Anforderungen am Arbeitsplatz korrelieren mit einem früheren Austritt bei Arbeitnehmer*innen mit geringer SEP. Ein hohes Maß an Selbstbestimmung am Arbeitsplatz erweist sich dagegen als Schutzfaktor in der niedrigen wie hohen SEP-Gruppe gleichermaßen, da sie in beiden Gruppen mit einem späteren Ausstieg korreliert. Diese Schutzwirkung war bei Menschen ohne Depression stärker ausgeprägt. Höhere Selbstbestimmung in der Arbeit war somit mit einem geringeren Risiko bei Personen mit niedriger und mittlerer SEP verbunden, jedoch nicht bei denjenigen mit hoher SEP. Personen mit niedriger und mittlerer SEP, die mit ihrem Einkommen unzufrieden waren, waren stärker gefährdet, ihre Arbeit vorzeitig aufgeben zu müssen. Eine/n Partner/in und/oder keine Schulden zu haben (z.B. Hypothek, die noch abzuzahlen ist), bilden nur für die mittlere SEP-Gruppe relevante Einflussfaktoren. 7.4.3 Die Bedeutung von Faktoren auf der Makroebene Insgesamt waren Arbeitnehmer*innen mit einer niedrigen SEP im höheren Maße vom Risiko eines frühen Erwerbsausstiegs betroffen. Allerdings gab es auffällige SEP- und geschlechtsspezifische Unterschiede zwischen den Ländern.
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Männer mit einer niedrigeren SEP gingen früher in Rente als Männer mit einer höheren SEP. Finanziell abgesicherte Frühverrentungsoptionen über die Arbeitslosenversicherung oder Vorruhestandsregelungen (wie z.B. für Deutschland lange typisch; vgl. Kapitel 4.2.2 in diesem Buch) waren offensichtlich vor allem für Männer mit niedriger SEP ein ökonomischer „Anreiz“ („Pull“-Faktoren), eher aufzuhören als für Männer mit hoher SEP. Dem entspricht, dass Männer mit niedriger SEP, die einem strengeren Kündigungsschutz unterlagen, häufiger früher in Rente gingen. Hier kann vermutet werden, dass es für ihre Arbeitgeber „bequemer“ war, sie über finanziell „attraktiv“ ausgestattete (und zudem zumeist öffentlich ko-finanzierte) Frühverrentungsoptionen direkt in die Frührente zu „drängen“ anstatt den wegen des strengeren Kündigungsschutzes umständlicheren (und dadurch länger dauernden und zudem „teuren“) Weg der Entlassung zu wählen. Bei Frauen zeigt sich unabhängig vom Bildungsgrad durchgängig, dass auf die Nutzung aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen mit dem Ziel der Lebensarbeitszeitverlängerung verzichtet und stattdessen ein früherer Renteneintritt favorisiert wird. Staatliche (finanzielle) Anreize für eine Frühverrentung werden eher von niedrig qualifizierten älteren Arbeitnehmer*innen genutzt. Es scheint, dass mit der Höhe der Qualifikation auch nicht primär finanzielle Motive bei einer Entscheidung für eine Weiterarbeit zunehmen, stattdessen aber vor allem intrinsische wirksam werden. Für den Kündigungsschutz bezogen auf ältere Beschäftigte gilt Folgendes: Zwar ist dieser durchaus ein beachtliches Schutzinstrument in der Spätphase des Erwerbslebens. Seine faktische Wirkung ist jedoch für Angehörige niedrigerer Qualifikationsgruppen, die zugleich stärker unter physisch belastenden Arbeitsbedingungen leiden und in ihren Betrieben als leichter ersetzbar gelten, deutlich geringer, da er über alternative Frühverrentungspfade jenseits von Kündigungen „ausgehebelt“ werden kann. 7.4.4 Einfluss vorheriger Arbeitsbedingungen auf die spätere Gesundheit Ältere Beschäftigte mit einer niedrigen SEP verfügen nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben über einen schlechteren selbstberichteten Gesundheitszustand. Dies lässt sich zum Teil durch die „Fernwirkungen“ vorheriger gesundheitsgefährdender Arbeitsbedingungen erklären. 7.4.5 Differenzierungen und weitere Faktoren Hohe körperliche Anforderungen in der vorherigen Arbeit und geringe Vielfalt in den früheren Arbeitsinhalten sind häufiger mit einer schlechteren selbstberichteten Gesundheit nach Beendigung des Erwerbslebens verbunden, unabhängig von der SEP. Ein geringeres Maß an Selbstbestimmung am vorherigen Arbeitsplatz ist nur bei Rentner*innen mit niedriger SEP mit einer Verschlechterung der Gesundheit nach Berufsende assoziiert; ein hohes Maß dagegen bei allen SEP-Gruppen mit einer besseren Gesundheit. Darüber hinaus waren Adipositas und Depressionen
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mit einer schlechteren Gesundheit im Rentenalter, hingegen höhere körperliche Aktivität und mäßiger/niedriger Alkoholkonsum mit einer besseren assoziiert; dies jeweils unabhängig von den vorherigen Arbeitsbedingungen. 7.4.6 Faktoren auf der Makroebene Basierend auf den Analysen von SHARE und ELSA wurden signifikante Zusammenhänge zwischen einzelnen Faktoren auf der Makroebene und Unterschiede in der Gesundheit nach der Verrentung festgestellt, mit der besten selbst bewerteten Gesundheit in Dänemark und der schlechtesten im Vereinigten Königreich. Es zeigt sich, dass der Zugang zu höheren und/oder gruppenspezifischen Sozialleistungen (Renten, Arbeitslosenunterstützung, kostenfreie soziale Dienste) positiv auf den nachberuflichen Gesundheitszustand einwirken kann. Dies kommt vor allem Angehörigen niedriger SEP-Gruppen zu Gute, die nur unterdurchschnittlich auf sonstige, selbst verfügbare Ressourcen zurückgreifen können.
7.5 Schlussfolgerungen und Implikationen Die Untersuchungsbefunde aus EXTENDs AP 4 und AP 5 lassen sich mehrdimensional interpretieren. Zu beachten ist, dass die entsprechenden Analysen jeweils auf Beobachtungsdaten basieren. Daher ist bei der Interpretation der folgenden Implikationen im Hinblick auf Kausalitätsvermutungen Zurückhaltung geboten. Dennoch kann als sicher gelten, dass der Gesundheitszustand vor und nach dem Renteneintritt durch soziale Ungleichheiten zwischen Personen mit niedriger und hoher SEP geprägt ist und dass dabei „Fernwirkungen“ früherer Arbeitsbedingungen zum Tragen kommen. Sie bilden daher die Schlüsselkategorie für den Abbau gesundheitlicher Risiken vor allem vor der Verrentung und dürften bei Personen mit niedrigerer SEP die vergleichsweise höchsten Wirkungen erzielen. Es kann somit insgesamt erwartet werden, dass die Verbesserung der Arbeitsbedingungen bereits während des Erwerbslebens auch die Gesundheit späterer Kohorten von Rentner*innen positiv beeinflussen und damit auch die sozialen Ungleichheiten in der Gesundheit nach dem Arbeitsende verringern, aber sicherlich nicht ganz auflösen kann. Bei der Umsetzung von präventiven wie kompensatorischen Gesundheitsmaßnahmen am Arbeitsplatz muss jedoch immer berücksichtigt werden, dass diese so weit wie möglich auf die Bedarfe der verschiedenen Beschäftigtengruppen in zudem unterschiedlichen Branchen zugeschnitten sein müssen. EXTEND konnte nur wichtige Schlüsseldimensionen adressieren. Für mehr gruppen- und branchenbezogene Konkretisierungen bedarf es weiterer Analysen, die insbesondere auf Unterschiede nach den verschiedenen Dimensionen der Beschäftigungsfähigkeit zielen müssten. Es konnte aber gezeigt werden, dass relevante SEP- und Geschlechterunterschiede wirksam sind. Darüber hinaus spielt der länderspezifische Kontext eine wichtige Rolle. Insgesamt kann als sicher gelten, dass höhere
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Sozialausgaben für die Gesundheit sowohl im Vorrenten- als auch im auch im Rentenalter positive Wirkungen erzielen und somit auch im Alter soziale Ungleichheiten verringern können. Dabei ist Vorsicht geboten, bewährte Praktiken von einem Länderkontext in einen anderen transferieren zu wollen, da Wechselwirkungen zwischen Faktoren auf der Makroebene, Geschlecht und SEP auftreten können, die sonst leicht übersehen werden.
Verwendete und weiterführende Literatur Atchley, R.C. (1976): The Sociology of Retirement. New York: John Wiley. de Breij, S., Huisman, M. & Deeg, D.J.H. (2020): Educational differences in macro-level determinants of early exit from paid work: a multilevel analysis of 14 European countries. European Journal of Ageing, 17:217–227. de Breij, S., Huisman, M. & Deeg, D.J.H. (2020): Macro-level determinants of post-retirement health and health inequalities: A multilevel analysis of 18 European countries. Social Science & Medicine, 245: 112669. de Breij, S., Mäcken, J., Qvist, J.Y., Holman, D., Hess, M., Huisman, M. & Deeg, D.J.H (2020): Educational differences in the influence of health on early work exit among older workers. Occupational and Environmental Medicine [Epub ahead of print]. de Breij, S., Qvist, J.Y., Holman, D., Mäcken, J., Seitsamo, J., Huisman, M. & Deeg, D.J.H (2019): Educational inequalities in health after work exit: the role of work characteristics. BMC Public Health 2019; 19(1): 1515. Engstler, H. & Schmiade, N. (2013): The German Ageing Survey (DEAS) - A longitudinal and timeseries study of people in the second half of life. Schmollers Jahrbuch, 133(1): 97–108. Hoogendijk, E. O., Deeg, D.J.H., Poppelaars, J., van der Horst, M., Broese van Groenou, M. I., Comijs, H. C. & Huisman, M. (2016): The Longitudinal Aging Study Amsterdam: Cohort update 2016 and major findings. European Journal of Epidemiology, 31(9): 927-945. Huisman, M., Read, S., Towriss, C.A., Deeg, D.J.H. & Grundy, E. (2013): Socioeconomic Inequalities in Mortality Rates in Old Age in the World Health Organization Europe Region. Epidemiology Review, 35(S1): 84-97. Ilmarinen, J., Tuomi, K., Eskelinen, L., Nygard, C. H., Huuhtanen, P. & Klockars, M. (1991): Background and objectives of the Finnish research project on aging workers in municipal occupations. Scandinavian Journal of Work., Environment & Health, 1: 7-11. Lauritzen, H.H. (2014): Ældres ressourcer og behov i perioden 1997-2012. SFI – Det Nationale Forskningscenter for Velfærd. Mäki, M., Martikainen, P., Eikemo, T., Menvielle, G., Lundberg, O., Ostergren, O., Jasilionis, D. & Mackenbach, J.P., EURO-GBD-SE consortium (2013): Educational Differences in DisabilityFree Life Expectancy: A Comparative Study of Long-Standing Activity Limitation in Eight European Countries. Social Science and Medicine, 94: 1-8. Mojon-Azzi, S., Sousa-Poza, A. & Widmer, R. (2007): The effect of retirement on health: a panel analysis using data from the Swiss Household Panel. Swiss Medical Weekly,137(41): 581–585. Oxley, H. (2009): Policies for Healthy Ageing: An Overview. Paris: OECD Health Working Papers. Platts, L. G., Netuveli, G., Webb, E., Zins, M., Goldberg, M., Blane, D., & Wahrendorf, M. (2013): Physical occupational exposures during working life and quality of life after labour market exit: results from the GAZEL study. Aging and Mental Health, 17(6): 697-706. Rice, N. E., Lang, I. A., Henley, W. & Melzer, D. (2010): Common health predictors of early retirement: findings from the English Longitudinal Study of Ageing. Age and ageing, 40(1): 5461. Steptoe, A., Breeze, E., Banks, J. & Nazroo, J. (2013): Cohort profile: The English longitudinal study of ageing. International Journal of Epidemiology, 42(6): 1640-1648. doi: 10.1093/ije/dys168.
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8. Rentenübergänge bei erwerbstätigen privaten Pflegepersonen - Wünsche und Erwartungen1 Ronja Christofczik
8.1 Vorbemerkungen Zu Hause alt werden ist nicht nur ein individuelles, sondern auch ein politisches Ziel. Die Maxime ambulant vor stationär ist wegweisend für die offizielle Pflegepolitik (nicht nur) in Deutschland und soll dazu beitragen, möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben in der eigenen Häuslichkeit zu ermöglichen (§3 SGB XI). Das Altwerden zu Hause kann aber im Kontext einer pflegerischen Versorgung zu einer stark belastenden Herausforderung werden; insbesondere dann, wenn die häusliche Pflege überwiegend oder gar ausschließlich von Angehörigen übernommen wird. Von den aktuell knapp 3,5 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland, die Leistungen der Pflegeversicherung erhalten (2019), werden rund vier Fünftel im häuslichen Umfeld gepflegt (Hielscher, Kirchen-Peters & Nock 2017); dabei zumeist von überwiegend engsten Angehörigen. Damit bildet die Familie die basale Säule des Pflegesystems und wird nicht von ungefähr als „Deutschlands größter Pflegedienst“ bezeichnet (Wetzstein, Rommel & Lange 2015: 1). Bei dem Begriff „pflegende Angehörige“ handelt es sich um einen Sammelbegriff für das gesamte informell-familiäre Netzwerk einer Person, welche die Pflege im häuslichen Umfeld in der Regel ohne professionellen Hintergrund verrichtet (Nowossadeck, Engstler & Klaus 2016). Darunter befinden sich in zunehmender Zahl auch solche Angehörige, die gleichzeitig einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Schätzungen belaufen sich auf etwa 10 % aller Hauptpflegepersonen, ihre Zahl nimmt laufend zu (vgl. Kapitel 10. in diesem Buch). Sie befinden sich dabei in einem besonderen Spannungsfeld, welches z.B. Hielscher, Kirchen-Peters & Nock (2017: 106) mit der Gleichzeitigkeit von „subsidiärer Zuweisung der Pflegeverantwortung an die Familien“ und der „arbeitsmarktpolitisch gewollten Stärkung von Beschäftigungsfähigkeit und Teilhabe am Erwerbsleben“ beschreiben. Der vorliegende Beitrag befasst sich insbesondere mit solchen erwerbstätigen Pflegenden, die kurz vor dem Übergang in die Altersrente stehen. Dabei handelt es sich weit überwiegend um Frauen. Es geht um ihre Pläne und Wünsche zur altersbedingten Verrentung und um Klärung von Hintergründen für ihre wiederholt empirisch nachgewiesene durchschnittlich frühere Berufsaufgabe (z.B. Franke & Reichert 2010; Geyer 2016; Reichert 2016; für die USA Jacobs et al. 1
Der vorliegende Beitrag ist die Zusammenfassung einer Masterarbeit, die die Autorin im WS 2018/19 an der TU Dortmund im Rahmen des Studiengangs „Alternde Gesellschaften“ am FB 12 eingereicht hat: Christofczik, R. (2018): Rentenübergänge von informellen Pflegepersonen - Ein Vergleich von Wunsch und Erwartung. Masterarbeit. Dortmund.
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_8
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2017). Zu diesem Zweck wurden für Deutschland repräsentative Daten zu ihrem gewünschten und geplanten Renteneintrittsalter sekundäranalytisch ausgewertet. Die Grundlage bildeten Ergebnisse des Projektes „Transitions and Old Age Potential“ (TOP) (Schneider et al. 2016). Im Zentrum der hier berichteten Sonderauswertung dieses Datensatzes steht folgende Frage: Welchen Einfluss hat die informelle Pflege von Erwerbstätigen auf ihre Pläne und Wünsche zum Rentenübergang und – entsprechend der Ausgangsfrage von EXTEND - inwieweit ist dieser Einfluss durch Faktoren sozialer Ungleichheit geprägt?
8.2 Forschungsstand 8.2.1 Rentenübergangsrelevante Kontextfaktoren von Vereinbarkeitsentscheidungen und -problemen Literatur und Forschung identifizieren u.a. folgende wichtige Kontextfaktoren für die „neue Vereinbarkeitsproblematik“ und die daraus resultierenden Wirkungen auf (häufig unfreiwillige) vorgezogene Rentenübergänge. Sie dienen nicht nur der Systematisierung des Forschungsstandes und der Verdeutlichung des Einflusses sozialer Ungleichheiten, sondern zugleich als Kontrollvariablen in den eigenen statistischen Analysen (vgl. Abschnitt 3.2 in diesem Kapitel). 8.2.1.1 Pflegeintensität Franke & Reichert (2010) fokussieren den „Grad der Hilfe- bzw. Pflegebedürftigkeit des Angehörigen” und sehen darin den wichtigsten Stressfaktor für die (zeitliche) Pflegeintensität. Demnach nimmt mit der erlebten Pflegeintensität die Wahrscheinlichkeit vor allem für weibliche private Pflegepersonen zu, früher in Rente gehen zu müssen. Dies gilt überdurchschnittlich häufig für solche mit niedriger Bildung (Jacobs et al. 2017). Dabei ist nicht die Übernahme einer Pflegetätigkeit per se, sondern die dadurch erlebte Pflegeintensität von Bedeutung (Masuy 2009), auf die nicht nur die Intensität und Belastungen der erbrachten Pflegeleistung, sondern auch auf das (zeitliche) Ausmaß der Erwerbstätigkeit einwirkt. Es gilt: Je länger und starrer die individuelle berufliche Arbeitszeit, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eines früheren Berufsausstiegs und umgekehrt (Bittmann, Hill & Thomson 2007; Franke & Reichert 2010; Geyer 2016). 8.2.1.2 Familienstand Der Zusammenhang zum Familienstand ist darin erkennbar, dass unverheiratete pflegende Frauen deutlich mehr als verheiratete Frauen daran interessiert sind, ihr Erwerbsarbeitsvolumen beizubehalten; vermutlich primär aus finanziellen Gründen und wegen befürchteter negativer Auswirkungen auf die spätere eigene Alterssicherung (Schneider, Drobnič & Blossfeld 2001). Verheiratete pflegende Frauen stimmen ihre Entscheidung dagegen häufiger im Haushaltskontext ab, oftmals, wegen der höheren Opportunitätskosten der Partner, mit der Folge eines
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deutlich häufigeren teilweisen oder gar vollständigen Rückzugs aus der Erwerbsarbeit. 8.2.1.3 Alter Das Alter wirkt zweifach, aber mit gleicher Wirkungsrichtung: Zum einen steigt die Wahrscheinlichkeit der Übernahme der Pflege für eine*n Angehörige*n und die damit verbundene individuell erlebte Pflegeintensität mit dem Alter der Pflegeperson (Nowossadeck, Engstler & Klaus 2016); zum anderen wird der Erwerbsausstieg durch (häufig vorgezogene) Verrentung erst in den späteren Jahren der Erwerbsbiografie zu einer realistischen Option (Meng 2012). 8.2.1.4 Bildungsgrad Verschiedene Studien belegen: Je niedriger der formale und/oder berufliche Bildungsabschluss einer Person, desto höher die Wahrscheinlichkeit, in späteren Berufsjahren das zeitliche Arbeitsvolumen einzuschränken oder ganz aufzuhören (Blinkert & Klie 2004; Sarkisian & Gerstel 2004; Heusinger 2006; Götz 2017). 8.2.1.5 Einkommen Es gibt einen signifikanten Zusammenhang zwischen Bildung und Erwerbseinkommen (Schneider, Drobnič & Blossfeld 2001): Zum einen führt ein höherer formaler wie beruflicher Bildungsstand zu einem höheren Einkommen, was eigentlich eine geringere Wahrscheinlichkeit für Erwerbsreduktion, -unterbrechung oder vorzeitige Berufsaufgabe implizieren könnte. Dies entspricht aber nicht unbedingt der Realität, wie auch die eigenen Befunde dokumentieren (vgl. Abschnitt 3.2 in diesem Kapitel). Eine gegenläufige Wirkung lässt der Homogamieeffekt von Bildung erwarten: In Lebensformen mit durchschnittlich höheren Erwerbseinkommen bei beiden Partner*innen (aufgrund des Auswahlkriteriums: „Hohe Bildung sucht hohe Bildung“) sei es eher möglich, für eine*n Partner*in die Erwerbsarbeit zu reduzieren, unterbrechen oder im Extremfall (vorzeitig) ganz aufzugeben. Dass dies dann zumeist die Frau betrifft, kann durch Befunde von Schneider, Drobnič & Blossfeld (2001) gestützt werden, wenn mit der Höhe des gemeinsamen Haushaltseinkommens für sie die Wahrscheinlichkeit steigt, bei einem familiären Pflegefall die Berufstätigkeit aufzugeben. Die enge Verzahnung der Faktoren „Einkommen“ und „Familienstand“ adressiert zugleich einen Gendereffekt: Die klassische Rollenteilung in traditionellen Ehen dürfte heute insbesondere noch für ältere Kohorten typisch sein, d.h. in typischen „Male-Breadwinner“- Beziehungen, waren und sind Frauen eher bereit als Männer, ihre Erwerbstätigkeit und damit ihren Zuverdienst zum Haushaltseinkommen aufzugeben. Ausschlaggebend dafür sind die durchschnittlich höheren Verdienste der Männer und damit die höheren Opportunitätskosten bei Aufgabe einer Beschäftigung (Böhm et al. 2011).
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8.2.1.6 Beruflicher und betrieblicher Status Der berufliche Status einer Person ist eng verzahnt mit den Faktoren Bildung und Einkommen. Götz (2017) belegt mit Daten des Sozioökonomischen Panels, dass unter den berufstätigen privat Pflegenden mehr Angestellte als Arbeiter*innen und Selbstständige sind. Dass die pflegenden Angestellten dabei zu großen Teilen im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, wird u.a. auf hier „bessere Rahmenbedingungen für Vereinbarkeit von Pflege und Beruf” zurückgeführt (Götz 2017: 115; Masuy 2009). Auch generell ist eine größere Autonomie in der Arbeitszeitgestaltung eine wichtige Voraussetzung für eine gelingende Vereinbarkeit und eher bei mittleren und oberen betrieblichen Statusgruppen mit entsprechend höherer individueller Zeitsouveränität zu vermuten; des Weiteren ist davon auszugehen, dass die Bereitschaft der Unternehmen, private Pflegeverpflichtungen zu tolerieren und/oder ggf. sogar betrieblich abzusichern, mit dem Status und den damit verbundenen betriebsspezifischen Qualifikationen, d.h. dem Ausmaß der betrieblichen „Unersetzbarkeit“, zunimmt (Franke & Reichert 2010). Es ist wahrscheinlich, dass der Schritt zu einer endgültigen Berufsaufgabe so lange hinausgezögert wird, wie man sich durch den Betrieb oder durch staatliche Unterstützung abgesichert fühlt (Lehner et al. 2004). 8.2.1.7 Pflegebereitschaft und soziales Milieu Die Wahl des Pflegearrangements hängt stark vom sozialen Milieu ab, in dem die Pflegeperson lebt. Heusinger (2006) belegt, dass pflegeunterstützende professionelle Dienste vor allem im gehobenen Milieu eingesetzt werden; da diese hier natürlich auch eher finanzierbar sind (Hamblin & Hoff 2011). Demgegenüber übernehmen Angehörige unterer sozialer Milieus die Pflege hauptsächlich selbst; zumal sie auch weniger Mittel haben, sich (zusätzliche) professionelle Hilfe zu leisten. Opportunitätskosten dürften auch hier von Bedeutung sein, denn in höheren sozialen Milieus sind die Einbußen im Falle einer Berufsaufgabe naturgemäß höher. Infolgedessen ist eine Auslagerung der Pflege wahrscheinlicher, um die eigene Berufstätigkeit aufrecht erhalten zu können (Blinkert & Klie 2000). 8.2.1.8 Arbeitszeitreduzierung, Erwerbsunterbrechungen und endgültige Berufsaufgabe In zahlreichen Studien ist belegt, dass im Vorfeld der endgültigen (oftmals vorzeitigen) Berufsaufgabe in den meisten Fällen versucht wird, die Vereinbarkeit durch unterschiedliche Formen der individuellen Anpassung der Arbeitszeit abzusichern. Dies reicht von häufigerem Absentismus über vereinbarte Arbeitszeitverkürzungen, Wechsel auf eine Teilzeitbeschäftigung (Schneider, Drobnič & Blossfeld 2001; Franke & Reichert 2010) über kurz- bis längerfristige Erwerbsunterbrechungen (häufig in prekären Beschäftigungsverhältnissen) (Adam & Mühling
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2014) bis hin zur dann endgültigen, zumeist unfreiwilligen (vorgezogenen) Berufsaufgabe. Nur in eher seltenen Fällen gelingt nach Beendigung der Pflegephase noch eine Rückkehr in den Beruf - hohes Alter und lange Unterbrechungs-/Pflegephasen sind die wichtigsten Exklusionsfaktoren (Keck 2016); und wenn eine Rückkehr gelingt, dann oftmals unter schlechteren Beschäftigungsbedingungen als zuvor (Bäcker 2003). In Paarhaushalten sind es dabei fast immer die Frauen, die diese „Anpassungsleistungen“ erbringen müssen (MetLife et al. 2003), u.a. wegen geringerer Opportunitätskosten. Dabei tragen sie nicht nur kurzfristig die finanziellen Folgen dieser Anpassungsstrategie (z.B. Boll 2010), sondern auch langfristig die Folgekosten für ihre soziale Alterssicherung, die im Extrem in ein erhöhtes Verarmungsrisiko münden können. 8.2.2 Geplantes und gewünschtes Renteneintrittsalter Dass sich zwischen dem, was sich Beschäftigte im Hinblick auf das Renteneintrittsalter wünschen, und dem, was sie - zumeist durch erwerbsbezogene und private Lebensumstände bedingt - erwarten, Differenzen auftun, ist in der Literatur zumeist im Kontext von freiwilliger und unfreiwilliger Verrentung diskutiert worden (z.B. Engstler 2004; Schellenberg & Silver 2004; Szinovacz & Davey 2005; Steiber & Kohli 2017). Die Erwartungen orientieren sich dabei häufig an objektiven Kenngrößen, wie die gesetzliche Regelaltersgrenze oder die eigene finanzielle Situation (Esser 2005). Das geplante Renteneintrittsalter ist darüber hinaus auch durch persönliche Faktoren bedingt, wie die eigene Gesundheit oder private Verpflichtungen (Örestig, Strand & Stattin 2013). Die Präferenzen sind dabei als exogene Faktoren zu verstehen, die durch strukturelle Ungleichheiten bedingt sind und nicht für sich allein betrachtet werden können (Ebbinghaus 2006). Der Rentenübergang selbst und damit verbundene Pläne und Wünsche sind im Kontext von Opportunitätsstrukturen zu analysieren, die sich aus persönlichen, finanziellen, organisatorischen, institutionellen Bedingungen und normativen Dimensionen ergeben (Franke & Reichert 2010; Wang, Henkens & van Solinge 2011; Örestig, Strand & Stattin 2013).
8.3 Empirische Untersuchung 8.3.1 Datenbasis Die Daten2, die dieser Analyse zu Grunde liegen, generieren sich aus dem Transitions and Old Age Potential (TOP) Datensatz. Die Befragung, die im Auftrag des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) im Jahr 2013 durchgeführt wurde, hatte zum Ziel, „die Übergänge in den Ruhestand und die produktiven Potenziale der 55- bis 70-Jährigen in den Lebensbereichen Arbeitsmarkt, Zivilgesell-
2
Vgl. ausführlich den Methodenbericht zur TOP-Studie bei Sackreuther et al. (2016).
152
Ronja Christofczik
schaft und Familie zu untersuchen” (Sackreuther et al. 2016: 6). Die Grundgesamtheit wurde auf Personen im Alter von 55-70 Jahren, die im Erhebungsjahr 2013 in Privathaushalten in Deutschland lebten3, eingegrenzt. Der Unterschied zu bereits existierenden Datensätzen besteht darin, dass nicht die gesamte letzte Lebenshälfte, sondern nur ein sehr spezifischer Ausschnitt der Lebenszeit abgebildet wird. Von den in der Stichprobe enthaltenen 1435 Pflegepersonen sind 912 Personen weiblich und 523 männlich. Die überwiegende Mehrheit (N=1074) lebt in einer Partnerschaft. Die berufstätigen Pflegepersonen befinden sich hauptsächlich in einem Angestelltenverhältnis (N= 387). Mit 37,78 geleisteten Wochenstunden arbeiten sie durchschnittlich weniger, als Personen, die keiner Pflegeverantwortung nachgehen (39,1 Std.). Die meisten Pflegepersonen geben an, mehrmals in der Woche die Pflege einer nahestehenden Person zu übernehmen (N=508), gefolgt von den täglich Pflegenden (N=405) und denjenigen, die angeben, mehrmals im Monat zu pflegen (N=332). 8.3.2 Ergebnisse Tabelle 1 vergleicht in wichtigen Dimensionen die pflegenden Beschäftigten mit den nicht pflegenden Beschäftigten. Abbildung 1 zeigt die Diskrepanz zwischen gewünschtem und geplantem Verrentungsalter. Im Wesentlichen lassen die Analysen drei zentrale Befunde, welche auf verschieden Regressionsmodellen beruhen, erkennen: (1) Die reine Pflegeverantwortung gegenüber einer Person hat keine Auswirkungen auf das gewünschte und geplante Renteneintrittsalter. Die bloße Existenz einer zu pflegenden Person führt demnach weder zu dem Wunsch noch zu dem Plan, länger oder kürzer in der Erwerbstätigkeit zu bleiben. (2) Zentral hingegen ist die Pflegeintensität. Diese (kategorisiert als täglich oder mehrmals in der Woche) mündet ausschließlich für weibliche Beschäftigte in den Wunsch, den Arbeitsmarkt frühzeitig zu verlassen. Die damit erneut empirisch bestätigte „Feminisierung der informellen Pflege-Vereinbarkeitsproblematik“ (Reichert 2016) setzt nicht nur die Historie weiblicher Erwerbsunterbrechungen auf Grund von unbezahlter Sorgearbeit auch im höheren Erwerbsalter fort. Auch lassen sich die für diese Generation noch typischen traditionellen gesellschaftlichen Erwartungen an familiäre Rollenmuster bestätigen, die es für Männer so nicht gibt. (3) Das Haushaltsnettoeinkommen der weiblichen Pflegeperson bildet eine wichtige intervenierende Variable. Erwerbstätige Frauen mit geringem Haushaltsnettoeinkommen präferieren und planen später in Rente zu gehen als Frauen mit einem hohen Einkommen in der gleichen Situation. Dem entspricht, dass pflegende
3
Die Befragung wurde telefonisch durchgeführt und war auf die deutsche Sprache begrenzt. Teil des Samples sind demnach nur Personen mit Festnetzanschluss, die der deutschen Sprache mächtig waren.
Rentenübergänge bei erwerbstätigen privaten Pflegepersonen
153
Tabelle 1: Überblick über die Verteilung bzw. Durchschnittswerte von pflegenden und nicht-pflegenden Beschäftigten gemäß TOP-Studie
Variable Geplantes Renteneintrittsalter; Durchschnitt Gewünschtes Renteneintrittsalter; Durchschnitt
N
Pflegende Beschäftigte (N=1435)
N
Nicht pflegende Beschäftigte (N=3562)
589
64,09
1328
64,95
573
63,06
1302
63,28
Pflegeintensität
1382
Geschlecht
1435
Partner*in
1429
Bildung4;
Durchschnitt Haushaltseinkommen5; Durchschnitt Wochenstunden; Durchschnitt
Einmal monatlich oder seltener: 92, Mehrmals monatlich: 332, Mehrmals Woche: 508, Täglich: 450 912 (w); 523 (m) Ja: 1074; Nein: 355
2562 3549
1814 (w); 1748 (m) Ja: 2734; Nein: 815
1432
13,15 Jahre
3532
13,18 Jahre
1253
4.97
3080
5.12
611
37,78 Stunden
1392
39,1 Stunden
Art der Beschäftigung
627
Arbeiter*in: 59 Angestellte*r: 387 Beamt*in: 70 Selbstständige*r: 97 Mithelfende*r Familienangehörige*r: 14
1416
Leitungsfunktion
528
Ja: 53,41 % Nein: 46,59 %
1194
Arbeiter*in: 184 Angestellte*r: 827, Beamt*in: 176; Selbstständige*r: 220 Mithelfende*r Familienangehörige*r: 9 Ja: 51,01 % Nein: 48,99 %
Frauen, die in Partnerschaften leben und dadurch mit höheren Haushaltsnettoeinkommen rechnen können, früher ausscheiden, um sich ganz der privaten Pflege zu widmen. Mit anderen Worten: Weibliche Beschäftigte in den unteren Einkommensgruppen können sich nicht aussuchen, ob und wie sie Pflege und Beruf ver-
4 5
Anzahl der Jahre in schulischer oder beruflicher Ausbildung. 12 Einkommensgruppen; 1 ist die niedrigste und 12 die höchste.
Ronja Christofczik
154
einbaren, da sie ihre finanzielle Situation zwingt, trotz Pflegebelastungen erwerbstätig zu sein. Es kann somit für diese Gruppe von einer Prekarisierung der Lebensverhältnisse gesprochen werden. Abbildung 1: Gewünschtes und geplantes Renteneintrittsalter von Pflegepersonen
250
200
150
100
50
0 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 gewünscht
geplant
Quelle: TOP Daten; eigene Darstellung, N geplant: 589; N gewünscht: 573; Häufigkeit der Angaben.
8.4 Ausblick Folgende „zentrale Botschaften“ lassen sich den Daten entnehmen: (1) Gefordert ist ein umfassender und gender- wie generationengerechter Ausbau des Pflegesystems, der eine bedarfsorientierte Pflege vor Ort gewährleistet, die Betriebe und Sozialpartner (tarifliche Regelungen) strategisch miteinbezieht, betroffene Kommunen finanziell unterstützt, in den Ausbau präventiver Leistungen investiert und insbesondere die informelle Pflege von Angehörigen oder nahestehenden Personen in der Weise sozial absichert, dass diese kein eigenständiges Risiko für prekäre Lebensverhältnisse wird. Private Zusatzversicherungen und dgl. sind für diese Gruppe ungeeignet, da sie einkommensschwache Personen in aller Regel nicht erreichen. Die Familie und insbesondere die weiblichen Pflegepersonen haben dem Versorgungssystem und dem öffentlichen Raum eines voraus,
Rentenübergänge bei erwerbstätigen privaten Pflegepersonen
155
nämlich, dass sie sich von der Logik des Marktes verabschiedet haben und Fürsorge vor Gewinnoptimierung stellen. (2) Insgesamt verdient die Lebenslage von weiblichen erwerbstätigen Pflegepersonen eine stärkere wissenschaftliche, politische und gesellschaftliche Aufmerksamkeit. Bei potenziellen „Lösungen“ lohnt ein Blick über die Grenzen: Z.B. werden in Schweden Pflegepersonen unter bestimmten Bedingungen für die Zeit der Pflege bei den Kommunen sozialversicherungspflichtig angestellt. Dadurch erhalten die Pflegepersonen ein Gehalt, zugleich fließen Beiträge in ihre Sozialversicherungen (Heintze 2015; Reinschmidt 2017). In Spanien ist eine Freistellung von der Berufstätigkeit für insgesamt bis zu zwei Jahre möglich, die durch eine Arbeitsplatzgarantie beziehungsweise ein Rückkehrrecht auf eine vergleichbare Stelle abgesichert ist (Reich, Reinschmidt & Hoyer 2017). (3) Notwendig ist ein neuer Diskurs, der den Care Ansatz strategisch aufgreift (Hoberg & Klie 2015). Die Sorge füreinander sollte im Rahmen eines ganzheitlichen politischen Ansatzes in die Kommunen, Betriebe und Institutionen im Rahmen „strategischer Allianzen“ einziehen.
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Ronja Christofczik
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Rentenübergänge bei erwerbstätigen privaten Pflegepersonen
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9. Vereinbarkeit von beruflicher und häuslicher Pflege - „Double Duty Carers“ in Deutschland Monika Reichert
9.1 Einleitende Bemerkungen Das Thema „Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Pflege“ ist vor dem Hintergrund des sozio-demografischen Wandels in Deutschland, aber auch international, von mehrfacher Relevanz, denn es betrifft die künftige Versorgung und Pflege behinderter und älterer Menschen ebenso wie die Zukunft der Arbeitswelt - beides Bereiche, die vor besonderen Herausforderungen stehen. So lebten in Deutschland im Jahre 2019 3.4 Millionen Pflegebedürftige, die Leistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz erhielten (Statistisches Bundesamt 2019). Hinzu kommen noch jene Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen, die Unterstützung durch Dritte erhalten (z.B. bei der Haushaltsführung), ohne Leistungen der Pflegeversicherung zu beziehen. Unterschiedliche Prognosen gehen davon aus, dass die Zahl der Hilfe- und Pflegebedürftigen weiter steigen wird (vgl. auch 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung; Statistisches Bundesamt 2015). Derzeit werden rund 75% der pflegebedürftigen Menschen zu Hause und vor allem durch Angehörige betreut und versorgt (Hielscher, Kirchen-Peters & Nock 2017). Die sogenannten „Babyboomer“ - in Deutschland sind dies die geburtenstarken Jahrgänge von 1955 bis 1965 - können die Versorgung der älteren Generation als pflegende Angehörige oder als Personal im Gesundheitswesen zurzeit noch weitestgehend selbst gewährleisten. Falls sie selbst Pflegebedarf haben sollten, stehen ihnen demografisch bedingt aber weit weniger Personen im mittleren Erwachsenenalter gegenüber, die diesen Bedarf decken könnten (Nowossadeck, Engstler & Tesch-Römer 2016). Der sogenannte intergenerationale Unterstützungskoeffizient, also das Verhältnis der 85-Jährigen und Älteren (potenziell Pflegebedürftige) zu den 50- bis 64-Jährigen (potenziell Pflegende), wird für das Jahr 2030 mit 20,6 berechnet (Basis: Bevölkerungsstatistik 2020 und 2030; Statistisches Bundesamt, 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung). Dies bedeutet, dass 100 Personen zwischen 50 und 64 Jahren dann 20,6 Hochaltrige, die ein hohes Risiko aufweisen, pflegedürftig zu werden, gegenüberstehen (Nowossadeck, Engstler & Klaus 2016: 20). Parallel zu diesem Trend wird sich langfristig das sogenannte familiäre Pflegepotenzial um etwa 30% bis 40% verringern (Dudel 2015). Aber auch Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt spielen eine entscheidende Rolle: Zu nennen sind hier die Verlängerung der Lebensarbeitszeit („Rente mit 67“) sowie die kontinuierliche Zunahme der Erwerbsbeteiligung von Frauen (BMAS 2013), die traditionell die Mehrheit der Pflegenden bilden (TNS Infratest © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_9
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Monika Reichert
Sozialforschung 2017). Die (häusliche) Pflege dürfte in Zukunft somit gravierenden Veränderungsprozessen unterliegen. Zu diesen Veränderungsprozessen gehört zum einen, die bereits jetzt beobachtbare erhöhte Inanspruchnahme von pflegerischen Diensten und Einrichtungen (Eurofound 2017), die zudem noch auf einen eklatanten Mangel an medizinisch-pflegerischen Fachkräften trifft (Evans 2016). Eine Lösung wird hier, ebenso wie in anderen Berufszweigen, u.a. in der einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit gesehen (Kaufmann & Knapp 2013). Gleichzeitig verweisen die verfügbaren Daten darauf, dass die Verweildauern im Gesundheitswesen - und dies gilt insbesondere für die Altenpflege - relativ kurz sind bzw. ein Teil der Beschäftigten vor Erreichen des Renteneintrittsalters aus dem Beruf ausscheidet (DGB 2018). Wesentliche Gründe hierfür sind gesundheitliche Probleme, ungünstige Arbeitsbedingungen wie Schichtarbeit und geringe Entlohnung, aber auch private Pflegeverpflichtungen (FFG 2018). Gerade auf dem letztgenannten Aspekt liegt der Fokus des vorliegenden Beitrags zu EXTENDs Arbeitspaket 6. Ziel ist es, jene Beschäftigten explizit in den Blick zu nehmen, die nicht nur professionell pflegen, sondern gleichzeitig auch privat eine nahestehende Person unterstützen und betreuen (in der englischsprachigen Literatur werden diese Personen als „double duty carer“ bezeichnet und im Folgenden mit DDC abgekürzt). Hierzu wurde zum einen eine systematische Literaturrecherche durchgeführt, deren zentrale Befunde überblicksartig dargestellt werden. Zum anderen ist eine qualitativ ausgerichtete Untersuchung zur Lebensund Berufssituation von DDC in Deutschland durchgeführt worden; wichtige Ergebnisse finden sich ebenfalls in diesem Beitrag.
9.2 DDC – Ergebnisse der Literaturanalyse Die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Pflege ist kein Randthema mehr. Seit der ersten deutschen Studie, die bereits Mitte der 1990iger Jahre durchgeführt worden ist (BMFSFJ 1997; Naegele & Reichert 1998; Reichert 1997, 2012b), hat sie in den letzten Jahrzehnten sowohl in der Forschung als auch in der Familien- und Arbeitsmarktpolitik an Relevanz gewonnen (Klaus & Tesch-Römer 2017). Die Gründe hierfür sind vielfältig und sind schon weiter oben angesprochen worden. Wie viele Arbeitnehmer*innen in Deutschland private Pflegeverpflichtungen gegenüber älteren Menschen haben, ist nicht genau bekannt. Schätzungen gehen von ca. 10% aus (Franke & Reichert 2012), wobei dieser Prozentsatz zwischen Branchen und Betrieben (z.B. je nach Anteil Beschäftigter in den pflegerelevanten Altersgruppen) erheblich variieren kann. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung errechnete auf der Basis des SOEP von 2012, dass derzeit 5% bis 6% aller Erwachsenen privat pflegen (Definition: täglich mindestens eine Stunde). Davon
Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Pflege
161
sind 60% im erwerbsfähigen Alter, von denen wiederum zwei Drittel auch tatsächlich erwerbstätig sind (Geyer & Schulz 2014). Bei einer Bevölkerungszahl von ca. 82 Millionen entspricht dies ca. 1,5 Millionen pflegenden Arbeitnehmer*innen. Unter ihnen befinden sich auch Arbeitnehmer*innen, die hauptberuflich in der Alten- und Krankenpflege sowie in anderen sozialen und medizinischen Bereichen arbeiten. In diesen Berufen ist die weit überwiegende Mehrheit der Beschäftigten weiblich und den pflegerelevanten Altersgruppen zuzuordnen. So sind z.B. in ambulanten, teilstationären und stationären Pflegeeinrichtungen ca. 80% der Erwerbstätigen Frauen, viele davon älter als 50 Jahre (vgl. Kapitel 10. in diesem Buch). Aus der wissenschaftlichen Literatur zur Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Pflege ist bekannt, dass die Merkmale „weiblich“ und „über 50 Jahre“ zwei wesentliche Charakteristika von erwerbstätigen Pflegenden sind (Franke & Reichert 2012; Reichert 2012a). Interessanterweise gibt es nur wenige Untersuchungen, die sich jenen Personen gewidmet haben, die sowohl professionell als auch privat in Pflegetätigkeiten involviert sind und damit als DDC zu bezeichnen wären. Dies gilt insbesondere für Deutschland (Ruppert 2017). Aber auch international ist eine wissenschaftliche Fokussierung auf DDC noch eher selten. Vor dem Hintergrund, dass eine gelungene Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Pflege in Berufen des Sozial- und Gesundheitswesens einerseits dazu beitragen kann, die Produktivkraft in der Sozialwirtschaft in einer alternden Gesellschaft zu fördern, und andererseits die Sicherstellung der Unterstützung von Hilfe- und Pflegebedürftigen, sowohl in der häuslichen als auch in der stationären Pflege, zu gewährleisten, sind die wenigen Forschungsbemühungen erstaunlich. Eine Ausnahme bilden die Untersuchungen von Ward-Griffin und anderen, die in Kanada durchgeführt worden sind (Ward-Griffin 2004; Ward-Griffin et al. 2005, 2011, 2015). Hervorzuheben ist auch die Meta-Analyse von Killien (2004), denn sie hat untersucht, inwiefern die Gesundheit von Pflegepersonal nicht nur durch Arbeitsbedingungen, sondern auch durch familiäre Verpflichtungen beeinflusst wird. In Europa hat man sich dem Thema „DDC“ vereinzelt u.a. in Großbritannien (Mills & Aubeeluck 2006), in Österreich (Petz 2015) und der Schweiz (Bischofberger 2012) zugewandt. Darüber hinaus gibt es viele Arbeiten, die sich mit den Belastungen in Pflegeberufen allgemein befassen und die am Rande auch Fragen nach „work-to-family-conflict“ bzw. „family-to-work-conflict“ (siehe unten) mit in den Blick nehmen (Lembrechts et al. 2015). Betrachtet man die vorliegenden Studien zu DDC unter methodischen Aspekten, so ist auffällig, dass nahezu alle auf qualitativen Interviews und - dieser Methode entsprechend - auf (sehr) kleinen Stichproben beruhen (z.B. Lee 1996; Millis & Aubeeluck 2006; Ward-Griffin 2004; Wohlgemuth, Auerbach & Parker 2015). Des Weiteren werden eher psychologische Aspekte von DDC beleuchtet
162
Monika Reichert
(z.B. Bewältigungsstrategien, Rollendiffusion, Auswirkungen auf die Lebensqualität; vgl. beispielhaft Salmond 2011). Fragen der sozialen Ungleichheit finden dagegen bislang keine Beachtung. So differenzieren die verfügbaren Studien mehrheitlich nicht nach Statusgruppen innerhalb der beruflichen Pflegenden, d.h. es sind kaum Aussagen darüber möglich, ob die berufliche Position die Vereinbarkeit erleichtert oder erschwert. Auch widmen sich nur ganz wenige Studien männlichen DDC und/oder explizit der Frage, wie sich die Arbeitsbedingungen auf die häusliche Pflege bzw. auf das Belastungserleben der DDC auswirken. Dennoch bieten die vorliegenden Studien einige Anhaltspunkte, wie sich die Situation von DDC am Arbeitsplatz und im Privatleben darstellt und ob ihre professionelle Tätigkeit sich fördernd oder hemmend auf die informelle Pflege bzw. vice versa auswirkt. Nachstehend werden die dazu bislang vorliegenden Forschungsergebnisse referiert. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass eine Übertragbarkeit von Ergebnissen internationaler Studien auf die deutsche Situation, bedingt durch unterschiedliche sozial- und (arbeitsmarkt-)politische Rahmenbedingungen, grundsätzlich umsichtig geschehen muss. Wenn in dieser Literaturanalyse also nahezu ausschließlich auf internationale Ergebnisse rekurriert wird, so erfolgt dies stets nur dann, wenn sie nach dem allgemein gültigen Kenntnisstand auch für Deutschland zutreffend sind bzw. zutreffen könnten. 9.2.1 Definition, quantitatives Ausmaß und wesentliche Charakteristika Ähnlich wie in Bezug auf erwerbstätige Pflegende allgemein ist in den wenigen Studien zu DDC die verwendete Definition nicht einheitlich. Um die Zielgruppe ihrer Untersuchung einzugrenzen, bezeichnen Ward-Griffin et al. (2015) „… double duty caregiving … as the provision of care to elderly relatives by practicing health care professionals“ (p. 58). Andere Definitionen sind sowohl breiter, aber auch enger formuliert (vgl. beispielhaft Millis & Aubeeluck 2006). Dennoch: Nahezu ausschließlich werden unter DDC jene Personen subsummiert, die in der Kranken- und Altenpflege beruflich tätig sind, also Krankenschwestern und –pfleger*innen bzw. Altenpfleger*innen. Erwartungsgemäß führt das Fehlen einer einheitlichen, allgemein akzeptierten Definition dazu, dass in der wissenschaftlichen Literatur unterschiedliche Prävalenzraten zu DDC vorliegen. Dementsprechend kann die Anzahl nur grob geschätzt werden. In einem geplanten Projekt zu DDC, es ist federführend an der Evangelischen Hochschule Dresden angesiedelt, wird davon ausgegangen, dass "...ca. 8% des Pflegepersonals DDC sind" (www.ehs-dresden.de). Auf welche Definition sich diese Aussage stützt, wird nicht angegeben. In den internationalen Studien werden nur sehr vorsichtige Aussagen über die Prävalenzrate von DDC getroffen. St. Amant et al. (2014: 117) schätzen jedoch, dass professionell Pflegende im Alter von mehr als 35 Jahren zu 35% bis 40% in die Unterstützung der eigenen Eltern involviert sind. Interessant sind in diesem Kontext die Ergebnisse
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der BARMER BEK, die ihre Versicherten 2018 auch zum Thema Vereinbarkeit von Pflege und Beruf befragt hat (die Stichprobe bestand aus den Hauptpflegepersonen der/des pflegebedürftigen Versicherten). Die für Deutschland hochgerechneten Ergebnisse zeigen, dass mit 20% überproportional viele Hauptpflegepersonen im Gesundheitswesen beschäftigt sind oder waren. 12% sind oder waren als professionell Pflegende erwerbstätig (Rothgang & Müller 2018). Gemäß der vorliegenden Literatur übernehmen DDC folgende Aufgaben im Bereich der Familienpflege: Pflegetätigkeiten im engeren Sinne, d.h. "hands on care", Beurteilung der Pflegesituation, Informationsweitergabe (z.B. über das Krankheitsbild Demenz) sowie Beratung anderer Familienmitglieder (z.B. zu Therapiemöglichkeiten), Organisation und Management von weiteren professionellen als auch informellen Unterstützungsleistenden und schließlich Kooperation mit anderen professionellen Helfer*innen (St. Amant et al. 2014). Was soziodemografische Charakteristika betrifft, so sind Frauen auch innerhalb dieser speziellen Gruppe von Pflegenden erwartungsgemäß überrepräsentiert (Boumans & Dorant 2014; Orzeck et al. 2014), sodass durchaus von geschlechtsspezifischer sozialer Ungleichheit gesprochen werden kann. DDC sind vorwiegend in den mittleren Lebensjahren und versorgen mehrheitlich ihre eigenen Eltern und/oder Schwiegereltern (Boumans & Dorant 2014; Clark-Shirley 2012). 9.2.2 Beruflich pflegen – ein Vor- oder Nachteil für die private Pflege? Eine zentrale Forschungsfrage bezieht sich in den vorliegenden Untersuchungen immer wieder darauf, ob beruflich Pflegende (Krankenschwestern, Krankenpfleger*innen, Altenpfleger*innen) die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und informeller Pflege besser oder weniger gut gelingt als anderen Beschäftigten. Hierzu lassen sich zwei Thesen formulieren, die mit jeweils entsprechenden Studienergebnissen untermauert werden können. These 1: Die Vereinbarkeit von professioneller Pflegetätigkeit und häuslicher Pflege erhöht die Belastungen. Gegen eine bessere Vereinbarkeit sprechen die hohen psychischen und physischen Belastungen, die der Pflegeberuf in aller Regel mit sich bringt. Es ist zu vermuten, dass es diese Belastungen kaum erlauben, die Berufstätigkeit als „Pause von der Pflege“ zu betrachten. Im Gegenteil, beruflich Pflegende, die informelle Unterstützungsleistungen für Angehörige erbringen, setzen ihre Berufstätigkeit nach Feierabend mehr oder minder fort. So kommen Kovner et al. (2006) sowie Pal & Saksvik (2008) zu dem Schluss, dass sich in pflegerischen, aber auch in sozialen Berufen in aller Regel jene Faktoren kumulieren, die sich negativ auf eine Vereinbarkeit von Pflege und Beruf auswirken (können). Hierzu gehören u.a. Arbeitsüberlastung (Yilidirim & Aycan 2008), Zeitdruck, unregelmäßige Arbeitszeiten, Schicht- und Wochenenddienst sowie die Notwendigkeit von Überstunden (Simon, Kümmerling & Hasselhorn 2004). Die Meta-Analyse von Killin (2004) wiederum verweist u.a. darauf, dass
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gesundheitliche Probleme des Pflegepersonals nicht nur durch Zeitdruck, sondern auch durch die die Versorgung von pflegebedürftigen nahestehenden Personen bedingt sind (z.B. auch Walters et al. 1996). Zu den gesundheitlichen Einschränkungen - sie stellen sich insbesondere dann ein, wenn die Ressourcen (z.B. Zeit, soziale Unterstützung durch Dritte) erschöpft sind - gehören vor allem Schlafstörungen und damit verbunden häufige Müdigkeit, Bluthochdruck, aber auch depressive Verstimmungen sowie Burnout (DePasquale et al. 2016; Ward-Griffin 2004). Fehler am Arbeitsplatz, gerade auch bei Überstunden, können die Folge sein (Scott, Hwang & Rogers 2006). Aber es lassen sich noch weitere berufsbezogene Konsequenzen feststellen, denn einige Untersuchungen verweisen auf erhöhte Fehlzeiten, verminderte Leistungsfähigkeit, Gedanken an eine Berufsaufgabe (Monahan & Hopkins 2002), verpasste Karrierechancen (Orzeck et al. 2014), Arbeitsplatzwechsel (Clark-Shirley 2012) und Präsentismus trotz Krankheit (Boumans & Dorant 2014). Gerade der letztgenannte Aspekt könnte als Hinweis darauf gewertet werden, dass DDC als leistungsfähige und verlässliche Arbeitnehmer*innen wahrgenommen werden möchten. Betrachtet man die Studien, die sich mit den negativen Auswirkungen einer mangelhaften Vereinbarkeit auf den Arbeitsplatz beschäftigen, so ist insgesamt festzustellen, dass die interviewten DDC insgesamt eher zurückhaltend sind, diese, z.B. aus Angst vor beruflichen Nachteilen, zur Sprache zu bringen (Millis & Aubeebeck 2006; Petz 2015). Des Weiteren können die Grenzen zwischen privater und beruflicher Pflege verwischen und folglich Identitätsprobleme und Rollenkonflikte nach sich ziehen (Ruppert 2017; Salmond 2011; Ward-Griffin et al. 2015; Wohlgemuth, Auerbach & Parker 2015). Hierzu tragen sowohl gesellschaftliche bzw. familiäre Erwartungen ("Du bist eine professionelle Pflegekraft, du kennst dich mit Pflege am besten aus.") wie auch Selbsterwartungen bei ("Ich bin eine professionelle Pflegekraft, ich muss alles über häusliche Pflege wissen."), d.h. professionell Pflegende können ihre Berufsrolle auch im privaten Kontext häufig nicht ablegen (McClunieTrust 2010). Gleichzeitig aber bekommen DDC die Verantwortung zugeschrieben, wenn es z.B. um weitreichende Entscheidungen im Kontext der Behandlung und Therapie eines schwerkranken und/oder pflegebedürftigen Angehörigen geht - ein Aspekt, der ebenfalls in hohem Maße als emotional schwierig erlebt wird (Chiccheli & McLeoud 2012). Auch die Kooperation mit sozialen und pflegerischen Diensten gestaltet sich nicht immer einfach. So werden die DDC, z.B. wenn sie bei der Pflege durch einen ambulanten Dienst dabei sind, teilweise als Kontrolle erlebt. Andererseits kann es aber auch vorkommen, dass sie nicht als Familienmitglied, sondern als eine weitere (unbezahlte) Pflegekraft angesehen wird, die „selbstverständlich“ professionelle Aufgaben (mit) übernehmen soll.
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These 2: Die Vereinbarkeit von professioneller Pflegetätigkeit und häuslicher Pflege verringert die Belastungen. Für eine bessere Vereinbarkeit spricht beispielsweise, dass DDC, vor allem, wenn es sich um ausgebildetes Fachpersonal handelt, über mehr praktische Erfahrungen, Fähigkeiten und Wissen im Umgang mit behinderten und chronisch kranken (alten) Menschen verfügen und/oder schneller an notwenige Informationen gelangen (z.B. durch Rücksprache mit Kolleg*innen, hier vor allem auch mit ärztlichem Personal). Es dürfte auf der Hand liegen, dass medizinische und pflegebezogene Kenntnisse gewinnbringend in der häuslichen Pflege eingesetzt werden können, sodass DDC eine Stärkung ihres Selbstbewusstseins erfahren bzw. das Gefühl haben, „erfolgreich“ zu pflegen (Lee 1996; Wohlgemuth, Auerbach & Parker 2015). Besonders die Nutzung von beruflichen Kontakten ist eine Strategie, um eine qualitativ hochwertige häusliche Versorgung zu gewährleisten (Lee 1996; Ward-Griffin 2004; Wohlgemuth, Auerbach & Parker 2015) oder - z.B. gegenüber Ärzt*innen - einzufordern (Chiccheli & McLeod 2012). Darüber hinaus können die im Rahmen der professionellen Tätigkeit entwickelten entlastenden Bewältigungsstrategien (z.B. die Fähigkeit, in stressreichen Situationen Ruhe zu bewahren, sich (emotional) abzugrenzen) auch vor einer möglichen Überlastung der Pflegekräfte im häuslichen Umfeld schützen (z.B. Ward-Griffin et al. 2014; St. Amant et al. 2014). Dies bestätigt auch die Studie von Phillips, Bernard & Chittenden (2002), die sich zwar erwerbstätigen Pflegenden allgemein gewidmet, aber auch Beschäftigte im Gesundheitswesen miterfasst hat. Für diese Gruppe zeigte sich, dass arbeitsbezogenes Wissen sowie die im Beruf erlernten Bewältigungstechniken eher als Puffer gegen die Belastungen in der häuslichen Pflege fungieren. Es gibt zudem Hinweise darauf, dass sich die häusliche Pflege auch positiv auf die berufliche Tätigkeit von DDC auswirkt und z.B. zur Verbesserung der sogenannten „soft skills“ beigetragen hat (Ciccheli & McLeod 2012; Millis & Aubeeluck 2006). Inwieweit eher die erste oder zweite These zutrifft, ist u.a. von sozialer Unterstützung aus dem privaten und beruflichen Umfeld abhängig (Ward-Griffin et al. 2015). Darüber hinaus spielen die Arbeitsbedingungen im weitesten Sinne eine herausragende Rolle, ob die Vereinbarkeit zwischen professioneller und privater Pflege gut gelingt. Möglichkeiten zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung, Teilzeitarbeit, Befreiung von der Schichtarbeit, Verständnis von Vorgesetzten und instrumentelle als auch emotionale Unterstützung durch Kolleg*innen haben sich als sehr hilfreich erwiesen, um den verschiedenen Anforderungen im Beruf, in der häuslichen Pflege und im Familienalltag gerecht zu werden (Orzeck et al. 2014; Salmond 2011; Ward-Griffin 2004 2015; Wohlgemuth, Auerbach & Parker 2015). Sind derart günstige Rahmenbedingungen gegeben, so kann die Berufstätigkeit, ähnlich wie bei erwerbstätigen Pflegenden allgemein, auch für DDC ein „Ausgleich“ zur häuslichen Pflegetätigkeit sein.
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Die Wahl der “richtigen“ Bewältigungsstrategien zur Reduzierung von Stress ist ebenfalls bedeutsam, wenn es darum geht, eine gute Balance zwischen beruflichen und privaten Anforderungen zu erzielen. So berichtet Salmond (2011) davon, dass einige DDC ganz bewusst auch in der häuslichen Pflege in die Rolle der/des Professionellen schlüpfen, um ihre Emotionen (z.B. bei herausfordernden Verhaltensweisen des/der Pflegebedürftigen) unter Kontrolle zu halten (vgl. auch Wohlgemuth, Auerbach & Parker 2015). In der Lage zu sein, sich allgemein in Beruf und Familie gut abgrenzen zu können, damit es eben nicht zu einem „blurring of boundaries“ kommt, scheint schlussendlich besonders erfolgreich für eine gute Vereinbarkeit beider Bereiche zu sein (Ward-Griffin 2015). Ob die Vorteile einer professionellen Pflegetätigkeit für die häusliche Pflege oder die Nachteile überwiegen, hängt nicht zuletzt von folgenden Faktoren ab: berufliches Qualifikationsniveau, beruflicher Status, Arbeitsbedingungen (siehe oben), Berufserfahrung und/oder soziale Unterstützung durch andere berufliche und informelle Helfer*innen auf Seiten des Pflegenden sowie Grad der körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen auf Seiten der zu betreuenden Person (z.B. Ward-Griffin et al. 2014; Simunic & Gregov 2012). In diesem Zusammenhang weisen die wenigen dazu vorliegenden Studien darauf hin, dass insbesondere zwischen niedrig und höher qualifizierten DDC soziale Ungleichheiten zu bestehen scheinen (z.B. Killien 2004). Zu einem interessanten Ergebnis kommen diesbezüglich Burchielli, Bartram & Thanacoody (2008), denn hier sind es gerade professionell Pflegende in höheren Positionen, d.h. mit viel Verantwortung, die ein höheres Maß an „work-to-family conflict“ erleben. Ganz generell gibt es Hinweise dafür, dass DDC mit 92% sehr viel häufiger von „work-to-family-conflict“ berichten als mit 63% von „family-to-work-conflict“ (Grzywacz & Carlson 2007). Dies deutet darauf hin, dass es insbesondere Art und Ausmaß der Beschäftigung sowie die Arbeitsbedingungen sind, die eine gelungene Vereinbarkeit verhindern bzw. dass arbeitsplatzbezogene Maßnahmen diesbezüglich effektiv sein können, um DDC bei ihren vielfältigen Aufgaben im Beruf, in der Pflege sowie in sonstigen privaten Bereichen zu unterstützen. 9.2.3 Betriebliche Maßnahmen für DDC Insgesamt ist zunächst festzustellen, dass die Inanspruchnahme von betrieblichen Maßnahmen in ihrem Effekt auf die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf kaum evaluiert worden ist (Russell, O’Connell & McGinnity 2009; Reichert 2016). Wenn dies doch geschah, so sind die Ergebnisse teilweise wiedersprüchlich, und dies gilt für flexible Arbeitszeiten ebenso wie für Teilzeitarbeit (zur Übersicht siehe Lembrechts et al. 2015). Was speziell Pflegeberufe betrifft, so zeigen die Untersuchungen von Pal & Saksvik (2008) sowie von Pryce, Albertsen & Nielsen (2006), dass wenig Flexibilität in Bezug auf Lage und Dauer der Arbeitszeit mit einem größeren „work-to-family conflict“ einhergeht. Darüber hinaus werden für
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DDC in der Literatur als besonders effektiv hervorgehoben: Jobsharing, Pflegeurlaub und Arbeitsplatzsicherheit (Orzeck et al. 2014), Weiterbildung zur Förderung des Wissens „rund um die häusliche Pflege“ (Ross, Rideout & Carson 1994) und Fortbildung und Sensibilisierung von Vorgesetzten zum Thema „DDC“ (Ward-Griffin 2005). Trotz der weiter oben erwähnten mangelnden Evaluation zeigt sich nach Michel et al. (2010), dass spezifische betriebliche Maßnahmen in hohem Maße geeignet sein können, die Belastungen am Arbeitsplatz für erwerbstätige Pflegende insgesamt und damit auch für professionelle Pflegekräfte zu reduzieren (Cortese, Colombo & Ghislieri 2010). Lembrechts et al. (2015) haben in ihrer Untersuchung geprüft, welche der drei Faktoren, nämlich „arbeitsplatzbezogene Charakteristika“, „Inanspruchnahme betrieblicher Maßnahmen“ oder „organisationelle Unterstützung“ (niedrigschwellige, vorwiegend emotionale Unterstützung durch unmittelbare Vorgesetzte und Kolleg*innen) sich positiv oder negativ auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auswirken. Hierfür befragten sie anonym 343 Pflegekräfte in Krankenhäusern und kamen zu dem Schluss, dass gerade die organisationelle Unterstützung als entlastend erlebt wurde. Diese Literaturanalyse resümmierend, bleibt festzustellen, dass DDC zum großen Teil vor ähnlichen Herausforderungen stehen wie andere Beschäftigte mit privater Pflegeverantwortung auch. Allerdings betreffen DDC ungünstige Arbeitsbedingungen (z.B. wenig Zeitsouveränität, arbeitsbedingte psychische und/oder physische Belastungen, Überstunden, Personalmangel) in einem höheren Maße als „normale“ erwerbstätige Pflegende. Hierfür spricht auch, dass DDC eher einen „work-to-family-conflict“ beklagen als einen „family-to-work-conflict“. Des Weiteren ist die Frage, ob DDC in ihrer Doppelrolle als professionell und privat Pflegende eher Vor- oder Nachteile erleben, nicht eindeutig zu beantworten. Ob die Waagschale in die eine oder andere Richtung ausschlägt, ist von vielen Faktoren abhängig (z.B. Alter, Qualifikationsniveau, beruflicher Status, Geschlecht, Einkommen), die einer genaueren Untersuchung bedürfen. Nicht zuletzt beeinflussen pflege-, arbeitsmarkt- und sozialpolitische Rahmenbedingungen (z.B. mehr und qualifizierteres Pflegepersonal, Anreize zur Gesundheitsförderung) ebenfalls die Lebenssituation von DDC.
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9.3 Die empirische Untersuchung zu DDC Um weitere bzw. ergänzende Informationen über DDC in Deutschland zu erhalten, wurden im Rahmen des EXTEND-Projekts (WP 6) zwischen Februar und April 2018 neun DDC, sieben Frauen und zwei Männer, mit Hilfe eines Interviewleitfadens befragt. Das Durchschnittsalter der neun Befragten lag bei 47,7 Jahren. Sieben waren als examinierte Alten-/Krankenpfleger*innen entweder in stationären Einrichtungen (n=6) oder bei einem ambulanten Pflegedienst beschäftigt (n=1). Eine Befragte arbeitete als Sozialpädagogin, eine andere musste aufgrund von häuslichen Pflegepflichten die Arbeit aufgeben. Neben der Erhebung von soziodemografischen Basisdaten und Informationen zur häuslichen Pflegesituation lag der Schwerpunkt der Interviews auf der Vereinbarkeitsproblematik. Insbesondere sollte festgestellt werden, ob die Befragten am Arbeitsplatz und/oder in ihrem privaten Umfeld ähnliche Vor- oder Nachteile als DDC erleben wie sie in der Literatur berichtet werden. Des Weiteren galt zu eruieren, inwieweit sich ihr beruflicher Status oder ihre Arbeitsbedingungen in dieser Hinsicht auswirken und welche Wünsche und Bedürfnisse DDC an ihre Arbeitgeber und/oder an die Politik zur Verbesserung ihrer Situation richten. Im Folgenden wird eine Auswahl der wichtigsten Ergebnisse, orientiert an den Fragen des Interviewleitfadens und mit einigen Originalzitaten versehen, vorgestellt: Die Frage, ob die beruflichen Kompetenzen hilfreich für die privaten Pflegeverpflichtungen sind oder waren, wurde von allen interviewten Personen eindeutig bejaht. Aufgeführt wurden in erster Linie Kenntnisse in organisatorischen und medizinischen Fragen. So sei u.a. bekannt, wo man sich Unterstützung holen könne, mit welcher Symptomatik eine Erkrankung wie „Demenz“ einhergehe, wie bestimmte pflegerische Handgriffe erfolgen müssten und/oder was in Bezug auf aktivierende Pflege zu tun sei. Es mache somit einen Unterschied, „… wenn man Pflege gelernt hat …“, wie es Frau B. ausdrückt. Frau E. wiederum verweist darauf, dass sie ohne ihre Kenntnisse als Altenpflegerin die häusliche Pflege ihrer Mutter gar nicht erst nicht übernommen „… und auch nicht hinbekommen hätte.“ Hinzu kommt, und dies ein weiterer Vorteil, dass DCC mit ihren Fähigkeiten von ihrer sozialen Umwelt „als Professionelle“ wahrgenommen werden. Frau A. ist der Ansicht, dass sie z.B. in Gesprächen mit Ärzt*innen weniger als pflegende Angehörige, sondern eher als Fachkraft angesprochen werde. Auch die Aussage von Frau B. geht in eine solche Richtung, wenn sie z.B. darauf verweist, dass das Hintergrundwissen zu den Themen „Krankheiten“ und „Pflege“ in Gesprächen mit anderen Professionellen hilfreich sei und ein Gespräch „auf Augenhöhe“ ermögliche. Die Befragten gaben aber auch an, dass die Betreuung der Angehörigen ihre Freizeit, ihre psychologischen, physischen und finanziellen Ressourcen reduziert und zu einigen Veränderungen am Arbeitsplatz geführt hätten. Dabei wurden die
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Interviewpartner*innen auch gefragt, ob sie die Erwerbstätigkeit aufgeben würden, wenn sie Beruf und Pflegeaufgaben zu Hause nicht mehr in Einklang bringen könnten. Alle DDCs beantworteten diese Frage mit einem klaren „Nein“. Nicht immer auch wird dies begründet, und wenn doch, dann sind finanzielle Gründe ebenso ausschlaggebend wie die Zufriedenheit mit dem Beruf und das damit einhergehende „normale“ Alltagsleben. Hierzu beispielhaft Frau A.: „Ja, Verantwortung für meine Angehörigen, ja, okay, aber dafür mein Leben hintenanzustellen, habe ich einen gesunden Egoismus, und der bleibt auch hoffentlich“. Herr B. hat darüber zwar noch nicht nachgedacht. Er kann sich aber ebenfalls nicht vorstellen, den Beruf für die Pflege seiner Mutter ganz aufzugeben: „Aber primär muss ich sagen, meinen Beruf möchte ich eigentlich ungerne aufgeben.“ Falls die häusliche Pflege eine mehr oder weniger gelungene Vereinbarkeit mit dem Beruf nicht mehr zulässt, wird einerseits ein Umzug des/der Pflegebedürftigen in eine stationäre Altenpflegeeinrichtung in Erwägung gezogen (in einem Fall ist dies bereits realisiert worden). Anderseits wird eine Reduzierung der Arbeitszeit als wichtige „Stellschraube“ ansehen. Bezüglich erlebter/erfahrener sozialer Ungleichheiten im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von beruflicher und privater Pflege wurden die Befragten (hier unter Angabe ihrer beruflichen Qualifikation) gebeten zu beurteilen, ob sie im Vergleich zu anderen Gruppen an ihrem Arbeitsplatz (Nicht-Pflegende, höher oder geringer Qualifizierte) Vor- oder Nachteile erleben. Im Allgemeinen hatten die DDC Schwierigkeiten, diese Frage zu beantworten. Einige sagten, sie hätten nie über entsprechende Unterschiede zwischen sich und ihren Kolleg*innen nachgedacht. Entsprechend war die Mehrheit der Auffassung, dass sie aufgrund ihrer privaten Pflegeerfahrungen und -verpflichtungen weder Vor- noch Nachteile hätten. Frau A. (examinierte Pflegefachkraft) ist der Ansicht, dass alle gleichbehandelt würden und die Pflegedienstleitung keine „Sonderrechte“ hätte. Auch Frau C. (examinierte Pflegefachkraft) betont ganz klar die Gleichbehandlung aller Mitarbeiter*innen: „Ich glaube, dass wir alle im gleichen Boot sitzen.“. Sie sieht aber dann doch einen Unterschied, und zwar „definitiv“ zu Pflegehelfer*innen, also zu niedriger qualifizierten Personen Der Altenpfleger Herr A. kann gleichermaßen weder Vor- noch Nachteile im Vergleich zu anderen Kolleg*innen erkennen, man habe lediglich „unterschiedliche Verantwortlichkeiten“. Auf die Nachfrage, ob Kolleg*innen, die in Teilzeit oder im Schichtdienst beschäftigt sind, Beruf und Pflege besser oder schlechter vereinbaren könnten, antwortet Herr A., dass diese vermutlich mehr Zeit hätten, aber gleichzeitig Einkommenseinbußen hinnehmen müssten. Frau G. betont, dass sich häufige und längere Schichten nachteilig auf die häusliche Pflege auswirken würden. Die stellvertretende Pflegedienstleitung Frau B. führt - ähnlich wie zwei weitere Befragte mit Leitungsaufgaben - durchaus Privilegien an, wenn sie sich mit
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Personen niedrigerer beruflicher Statusgruppen vergleiche: eine größere Flexibilität in Bezug auf die Arbeitszeitgestaltung, weniger körperlich belastende Tätigkeiten sowie einen allgemein höheren Informations- und Wissensstand. Frau B. nimmt in ihrer beruflichen Position aber auch Nachteile wahr: Sie müsse für andere einspringen und habe mehr Verantwortung. In Anbetracht der vielfältigen Belastungen, die eine Tätigkeit in der professionellen Pflege mit sich bringen kann, wurden die Interviewpartner*innen auch gefragt, ob sie sich vorstellen könnten, bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter ihre jetzige Tätigkeit ausüben. Die Mehrheit (sieben von neun Befragten) verneinte diese Frage eindeutig, stellvertretend dafür die Begründung von Herrn A.: „Hm, weil einfach die körperliche und psycho-psychische Belastung so hoch ist, dass ich keinen Sinn darin sehe, bis zum Erreichen des 67. Lebensjahres zu arbeiten.“ Frau A. gibt ebenfalls an, ihre derzeitige Tätigkeit als Altenpflegerin im Schichtdienst körperlich nicht bis zum Erreichen der Altersgrenze ausüben zu können. Was ihr vorschwebt, ist der Wechsel in einen anderen Bereich (z.B. Tagespflege, medizinischer Dienst, Behindertenpflege), der es ihr ermöglichen würde, zwar „… in der Pflege irgendwo zu bleiben…“, aber eben mit geringeren Belastungen. Frau B. weist in diesem Zusammenhang auf den Unterschied zwischen der stationären und ambulanten Pflege hin, wobei sie letztere als weniger anstrengend beurteilt. Bemerkenswert ist, dass die weit überwiegende Mehrheit der Befragten generell der Ansicht ist, dass die häusliche Pflege durch die Möglichkeit eines früheren Renteneintritts honoriert werden sollte. Argumentiert wird u.a. mit dem gesellschaftlichen Nutzen, der dadurch erbracht werde, aber auch mit den Belastungen, denen DDC und sonstige (erwerbstätige) Pflegende ausgesetzt seien. Beispielhaft dafür steht die Aussage von Frau C.: „Absolut. Weil die Belastungen für viele, die das leisten, einfach zu hoch sind. Und weil ich schon denke, dass die ein Anrecht darauf haben, eher zur Ruhe kommen zu dürfen.“ Diese besondere Berechtigung wird aber auch an Voraussetzungen geknüpft, so z.B., wenn die informelle Pflege vom Umfang her einer Berufstätigkeit entsprechen würde. Herr A. fordert in diesem Zusammenhang die Berücksichtigung der Pflegetätigkeit ähnlich wie dies in Bezug auf die Erziehungsjahre für Mütter geschehe. Frau B. nimmt zu den Voraussetzungen für einen früheren Renteneintritt wie folgt Stellung: „Ich finde es kommt immer ganz darauf an, was leistet man dann wirklich.“ Das frühere Renteneintrittsalter wird von einigen DDC im Übrigen konkret benannt und liegt zwischen 60 und 63 Jahren. Zentral war im Rahmen der Interviews auch die Frage nach den Wünschen und Erwartungen, die die Interviewten an a) ihre Arbeitgeber und b) an die Politik zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf richten. Zunächst zu den Wünschen an die Arbeitgeber: Interessanterweise beantworteten einige der Interviewten diese Frage eher zögerlich und verwiesen darauf, darüber überhaupt noch nicht
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nachgedacht zu haben. Gleichwohl wurden dann aber doch Vorschläge gemacht, die sich vorrangig auf die Befreiung von bestimmten Schichten wie z.B. Nachtdienst und/oder auf eine stärkere (spontane) Flexibilisierung der Arbeitszeit bezogen. Als hilfreich wurden darüber hinaus angesehen: Arbeitszeitkonten, Beratungsstellen (Frau D: „Ich war da sehr allein gelassen.“), leichterer Wechsel von Vollzeit und Teilzeit und wieder zurück sowie ein anderes Aufgabengebiet innerhalb der Einrichtung. Im Hinblick auf das Inanspruchnahmeverhalten von die Vereinbarkeit erleichternden Maßnahmen deutet Frau A. allerdings auch an, dass eine Reduzierung der Arbeitszeit mit finanziellen Nachteilen verbunden sei und deshalb ggf. nur zögerlich praktiziert werde; und auch Frau B. meint, dass zwar durchaus hilfreiche Angebote des Arbeitgebers zur Balance von Pflege und Beruf vorhanden seien, diese aber aus den unterschiedlichsten Gründen nicht in Anspruch genommen würden (z.B. Angst vor beruflichen Nachteilen). Herr A. wünscht sich Maßnahmen zum Stressabbau bzw. zum Erlernen, „… mit stressigen Alltagssituationen im beruflichen Alltag umzugehen.“ Schließlich werden ganz allgemein bessere Möglichkeiten des Austausches mit bzw. der besseren Vernetzung von pflegenden Angehörigen als hilfreich angesehen. Ein solcher Austausch finde in unserer Gesellschaft gar nicht weiter statt, denn: „Alt werden oder pflegebedürftig ist ein Tabuthema.“ Frau B. plädiert hingegen für individuelle Lösungen, die der jeweiligen Lebens- und Arbeitssituation der Betroffenen entsprechen würden, und Herr A. fordert eine nachhaltige Verbesserung der Entlohnung. Schließlich werden auch die Schwierigkeiten bei der Umsetzung von betrieblichen Maßnahmen angesprochen, die eng mit dem Personalmangel zusammenhängen. So sei nun mal eine bestimmte Zahl von Pflegekräften in der Einrichtung notwendig, um einen strukturierten Ablauf zu gewährleisten, d.h. man könne nicht immer den Wünschen, beispielsweise nach spontaner Freistellung, entsprechen. In Bezug auf die Wünsche an die Politik ist auffällig, dass sich diese vor allem auf eine generelle Verbesserung der Situation in der professionellen Pflege beziehen: mehr Gehalt, mehr (qualifizierte) Pflegekräfte, eine stärkere Anrechnung der privaten Pflege auf die Rentenversicherungszeiten, ein leichterer Wiedereinstieg in den Beruf (zu gleichen finanziellen Konditionen wie vor einer etwaigen Berufsaufgabe) und immer wieder, eine größere Wertschätzung der Pflegearbeit seitens der Politik. Für Frau B. ist es die wichtigste Aufgabe der Politik, „…. dass mehr Pflegekräfte kommen. Sonst bricht demnächst alles zusammen.“ In diesem Zusammenhang verlangt sie Maßnahmen zur Gewinnung junger Pflegekräfte, so z.B. durch mehr gesellschaftliche Anerkennung des Pflegeberufs und durch attraktivere Dienstzeiten. Wenn dies nicht geschehe, so ihr Argument, müssten mehr Personen anderer Berufe aus dem Erwerbsleben ausscheiden, weil keine Möglichkeit bestehe, „… sich von außerhalb Hilfe ran zu holen, weil es im ambulanten Bereich
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keine Pflegekräfte mehr gibt.“ Herr A. ist gleichfalls der Ansicht, dass „…die Politik sich stärker auf die Wichtigkeit der Pflege fokussieren sollte.“ Er meint hiermit eine bessere (finanzielle) Ausstattung von Pflegeeinrichtungen, mehr Personal und Ehrenamtliche und allgemein bessere Arbeitsbedingungen (z.B. Urlaub über den gesetzlichen Rahmen hinaus). Durchgesetzt werden könnten solche Bedarfe, so Herr A., durch Pflegekammern bzw. durch Lobbyarbeit. Was die informellen Pflegeverpflichtungen betrifft, so wären z.B. für Frau A. mehr Möglichkeiten, Zuschüsse zu bekommen (z.B. für pflegebedingten Umbaumaßnahmen) und ein schnellerer Überblick über die Leistungen der Pflegeversicherung sinnvoll, um etwaige Änderungen nachvollziehen zu können. Für Frau C. und Frau D. steht der Wunsch nach finanzieller Unterstützung ebenfalls im Vordergrund: „… dass der der pflegt nicht automatisch in Hartz IV fällt“. Frau D. möchte Beratungsstellen, die bei den Krankenkassen angesiedelt sein sollten, da dort bekannt sei, wer zu Hause gepflegt wird bzw. wer pflegt. In Anspielung auf das Familienpflegezeitgesetz erwähnt sie, dass eine Inanspruchnahme zu einer Verschuldung führen würde: „Ähm, das ist ja Schwachsinn, ich kann mich nicht verschulden, wenn ich nicht weiß, wie es danach weitergeht…. Es bleibt ein großes Risiko.“
9.4 Fazit und zentrale Schlussfolgerungen Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus diesen Ergebnissen, aufgrund der kleinen Stichprobe mit aller gebotenen Vorsicht, für Politik und Praxis ziehen? Einerseits betonen die befragten DDC, dass es zu ihrer Zufriedenheit beträgt, ihre älteren Angehörigen pflegen zu können und dass sie damit eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe erfüllen. Wie zu erwarten war, setzen die in der Alten- und Krankenpflege ausgebildeten DDC ihr berufliches Wissen und ihre Kompetenzen in der häuslichen Pflege ein und erleben das auch als einen großen Vorteil gegenüber anderen informell Pflegenden. Andererseits nehmen einige Befragte bei dem Versuch, eine Balance zwischen Pflege und Beruf zu realisieren, durchaus negative Folgen für ihre Gesundheit und ihre ökonomische Lage wahr (z.B. durch Teilzeitarbeit, pflegebedingte Kosten). Diese unerwünschten Konsequenzen dürften vorrangig auf bestehende soziale Ungleichheiten zwischen DDC verschiedener Statusgruppen, zwischen DDC mit oder ohne berufliche Erfahrungen in der Pflege (d.h. aus anderen sozialen und medizinischen Berufen) sowie zwischen den Einsatzbereichen (DDC in der ambulanten Pflege vs. in stationären Einrichtungen) zurückzuführen sein. Diese Ungleichheiten haben einen direkten und/oder indirekten Einfluss auf die Vereinbarkeit von Beruf und häuslicher Pflege und äußern sich in erster Linie in erhöhten physischen und psychischen Belastungen am Arbeitsplatz und im häuslichen Umfeld, Zeitmangel für soziale und andere Freizeitaktivitäten, aber auch in den schon mehrfach erwähnten Einkommensverlusten.
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Die Ergebnisse der Befragung deuten aber auch darauf hin, dass das Belastungserleben der DDC in der Regel weniger auf ihre familiären Betreuungspflichten zurückzuführen ist als auf die Arbeitsbedingungen im beruflichen Alltag („work-to-family-conflict“). Dies wird u.a. durch die Tatsache gestützt, dass die meisten DDC nicht erwarten, bis zum offiziellen Renteneintrittsalter arbeiten zu können. Bessere Arbeitsbedingungen (z.B. (noch) flexiblere Arbeitszeiten, Maßnahmen der Gesundheitsförderung), mehr qualifiziertes Personal in ihren Einrichtungen und Diensten, soziale Anerkennung der beruflichen und informellen Pflege sowie eine bessere Entlohnung werden als mögliche Maßnahmen zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit immer wieder genannt. Wenn diese Forderungen erfüllt wären, würde es nach Ansicht der Befragten auch leichter sein, berufliche und private Pflege miteinander in Einklang zu bringen. In diesem Zusammenhang werden Wünsche nicht nur an die Arbeitgeber, sondern zwangsläufig auch an politische Entscheidungsträger herangetragen. U.a. wird darauf hingewiesen, dass deutliche Ver- bzw. Nachbesserungen des Pflegeversicherungsgesetzes hilfreich wären, und zwar insbesondere eine Erhöhung (finanzieller) Leistungen für Pflegebedürftige bzw. ihre pflegenden Angehörigen. Darüber hinaus wird ein spezielles (früheres) Renteneintrittsalter für informelle Pflegekräfte, welches an besondere Bedingungen geknüpft sein sollte, als Chance gesehen, soziale Ungleichheiten zwischen informell Pflegenden und Nicht-Pflegenden abzubauen. Dies, so die Meinung einiger Befragten, wäre eine angemessene "Belohnung" für diejenigen Personen, die dazu beitragen, das politische Primat „ambulant vor stationär“ umzusetzen. Durch ein früheres Renteneintrittsalter würde jedoch die politische Forderung nach einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit konterkariert - zumindest für den Personenkreis, der sich informell um ihre unterstützungsbedürfte Familienmitglieder und sonstige nahestehende Personen kümmert. Schließlich ist noch auf weiteren Forschungsbedarf hinzuweisen, will man die Situation von DDC verbessern. Zu fordern sind in erster Linie repräsentativ angelegte Studien, die neben der Erfassung der privaten Situation vor allem auch die Arbeitsbedingungen in der Pflege, den beruflichen Status von DDC, aber auch die Bedingungen auf der Makroebene berücksichtigen (z.B. gesetzliche Regelungen). Nur so kann es gelingen, die Ursachen für soziale Ungleichheiten (z.B. zwischen Männern und Frauen, zwischen beruflichen Statusgruppen, zwischen DDC und anderen informell Pflegenden) zu ergründen und bedarfsgerechte Maßnahmen zu ihrer Verminderung zu entwickeln bzw. zu implementieren.
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10. Working longer in the professional HCS sector? Sebastian Merkel, Daniel Holman, Mervi Ruokolainen and Moritz Hess
10.1 Background – The health and social care sector Since the early 1990s, the European service sector has been growing and employment in this sector has risen. Within the service sector the Health and Care Sector (HCS) plays a dominant role – as part of the social protection system but also in economic terms. Against this background, the HCS has particular relevance: it is not only the ageing of society that is responsible for a rising demand of care workers, but also changing family and household structures as more persons are living alone and depend on professional or informal care (Schulz & Radvanský 2014: Schulmann, Reichert & Leichsenring 2019). With respect to potential inequalities, several aspects of the sector and its workforce need to be considered: The sector is characterised by a rising demand for workers. In 2010, the number of workers in this sector stood at 22.1 million in all EU countries (10% of all sectors); in 2017, it had increased to 24.8 million (11% of all sectors). Table 1 shows the corresponding figures from Germany, Finland, and the UK. Table 1: Employment in the HCS (in thousand), 2010 and 2017
EU GER FIN UK
2010 22,188.1 4,609.6 378.9 3,822.3
2017 24,790.2 5,360.2 404.2 4,186.2
Increase 10% 14% 6% 9%
Source: Eurostat 2018a.
The vacancy rate within the HCS has increased in Germany and the UK from 2010 to 2018 but decreased in Finland (see Table 2). Compared to other European countries, Germany and the UK have the highest vacancy rates in 2017/18, which underlines the demand for labour (Eurostat, 2018b). Furthermore, the sector shows a high rate of part-time employment: approximately 32% of persons employed in this sector work part-time (European Commission, 2014). Table 2: Vacancy rate in the HCS (percent, unadjusted data), 2010 - 2018
GER FIN UK
2010 Q1
2010 Q2
2010 Q3
2.2 1.7
2.6 1.7
1.3 1.7
2010 Q4 1.9 1.7 1.5
2017 Q1 2.5 1.5 2.9
2017 Q2 2.5 1.0 2.9
2017 Q3 2.4 0.8 3.0
2017 Q4 2.7 1.7 3.0
Source: Eurostat 2018b. No data available for EU (current composition).
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_10
2018 Q1 2.9 3.1
178
Sebastian Merkel, Daniel Holman, Mervi Ruokolainen & Moritz Hess
The workforce within the HCS is predominantly female. Between 2008 and 2013 the share of women was at 78%, and 81% of the new jobs were filled by women (European Commission 2012; 2014). Despite policy interventions and public debates on unequal wages and payment, the HCS is also characterised by a gender pay gap (see Table 3). Although the pay gap has decreased in the last years, Germany, Finland, and the UK show high values compared to other European countries (Eurostat, 2018c). Furthermore, the gender pay gap in the HCS was “[…] above the levels registered for the rest of economic activities” (Ghenţa 2016: 138). Table 3: Gender pay gap in (percent, unadjusted form), 2007 - 2016
GER FIN UK
2007 24.3 32.7
2008 24.4 30.2 29.9
2009 24.5 30.2 31.6
2010 24.6 29.6 30.9
2011 24.4 28.7 29.0
2012 24.2 27.7 28.1
2013 23.9 26.6 27.5
2014 23.3 25.8 26.6
2015 21.6 25.9 26.4
2016 20.9 24 26
Source: Eurostat 2018c. No data available for EU (current composition).
The amount of persons aged 15 to 24 years working in the HCS has increased in the UK (11%) and Finland (28%) and decreased in Germany (-1%) between 2010 and 2017 (Eurostat, 2018d)1. However, the overall workforce in the HCS is older than in other sectors. Considering the age group of 50 to 74 years, Tables 4 and 5 reveal that the HCS shows, compared to all economic activities, a higher increase. One third of employees in the HCS are at least 50 years old and will leave the labour market within the next 15 years (Schulz & Radvanský 2014). Table 4: Employment of persons aged 50 to 74 years (thousands), 2010-2017
EU GER FIN UK
2010 57,920.4 11,020.1 789.0 8,087.0
2011 59,542.2 11,676.7 797.5 8,220.0
2012 61,294.9 12,252.7 807.1 8,428.9
2013 62,834.0 12,837.3 805.7 8,750.1
EU GER FIN UK
2014 65,066.2 13,388.0 812.1 9,042.9
2015 67,109.4 13,883.8 821.1 9,341.2
2016 69,497.8 14,641.1 827.1 9,625.6
2017 71,879.1 15,118.1 841.6 9,832.9
Source: Eurostat 2018d.
1
UK: 321.7 to 358.2 thousands, FIN: 26.8 to 34.2 thousands, GER: 521.2 to 514.1 thousands, EU: 1,673.4 to 1,645.5 thousands (Eurostat, 2018d).
Extending working lives in the professional health care sector
179
Table 5: Employment of persons aged 50 to 74 years within the HCS (thousands), 2010 - 2017
EU GER FIN UK
2010 6,721.5 1,337.8 141.0 1,207.4
2011 7,052.2 1,425.8 146.1 1,257.4
2012 7,341.4 1,505.0 151.9 1,251.4
2013 7,622.6 1,575.9 150.6 1,334.3
EU GER FIN UK
2014 8,021.1 1,680.4 153.3 1,365.3
2015 8,336.8 1,789.9 157.8 1,410.1
2016 8,588.9 1,899.8 159.3 1,432.8
2017 8,923.5 1,993.9 156.5 1,496.9
Source: Eurostat 2018e.
Workers in the HCS are faced with (physically and mentally) challenging working conditions which may lead to absenteeism, decrease in well-being (e.g., job exhaustion), and even withdrawal (see e.g., Leinonen 2011; Bowling et al. 2015; Jimmieson, Tucker & Walsh 2017). Hence, the maintenance of good health, functioning, and work ability among employees and improving of working conditions are key areas in preventing early exit from the labour market (Leinonen 2011; Happell et al. 2013). The characteristics of the sector combined with the rising demand for care mean that many European countries are currently facing a labour shortage in the HCS. All of these characteristics need to be taken into account in view of extending working lives. Recent concerns are that pension and labour market reforms as well as human resource measures aimed at delaying retirement and extending working lives are accompanied by a (re)emergence of social inequalities in both late career employment as well as retirement transitions (Hofäcker, Hess & König 2016). Thus, inequalities might exist between different groups of older workers within the sector or organisations, but also between sectors and organisations. One can assume that the working conditions in the HCS sector are significantly less suitable for enabling an extension of working life than in other sectors of social services. Against this background, EXTEND analysed how individuals and organisations deal with policy reforms on extending working lives. To understand whether there are organisational measures aimed at supporting (older) workers and how those are organized, 11 case studies have been conducted in professional care organisations (i.e. out-patient and hospitals) in all three Germany, Finland and the United Kingdom. They are based on 54 semi-structured interviews on-site with employees and representatives of the management. The interview guidelines covered three main themes: (1) current challenges within the HCS, (2) individual perspectives on extending the working lives and individual strategies in dealing with
180
Sebastian Merkel, Daniel Holman, Mervi Ruokolainen & Moritz Hess
those, and (3) organisational measures to improve the working situation of (older) workers. The qualitative case studies were complemented with secondary data analysis in Germany2. Data were derived from the Transitions and Old Age Potential (TOP) study (see also chapter 8. in this book). Here, data on 4,000 older workers’ and pensioners’ working conditions as well as attitudes towards retirement were collected. Matching techniques were used to compare the expected and preferred retirement ages as well as the work strain and the feeling of the work being recognized by the society of 124 older workers in the HCS with statistical twin from outside of the HCS.
10.2 Results of case studies The most dominant current challenge named in the case studies was the shortage of skilled care workers (see table 7), which, according to the interviewees, resulted from physically and mentally high job demands. The lack of skilled workers manifested in difficulties to recruit new skilled personnel, high employee turnover level and lack of short-term substitutes. The shortage of skilled workers was particularly emphasized in the German cases. Furthermore, hospitals seemed to face fewer problems than other types of organisations. Another aspect described frequently challenging was the lack of acknowledgment of care work in general and, more specifically, insufficient financial rewards. The study participants often struggled to picture themselves working until retirement age, which was reported by younger interviewees as well as older ones. An individual strategy in dealing with this situation was further training, qualification, and endeavours to professionalize for withdrawing from ‘core’ care work to administrative tasks such as shift management. However, the data revealed that not everyone is suitable to carry out such a change, as the jobs are limited. This indicates inequalities within the HCS insofar as care personnel with lower qualification have limited room for manoeuvre (for instance switching to managerial tasks). The main finding considering organisational strategies was that there is only a very limited awareness on age-management as a management concept. Other studies, which do specifically focus on the HCS, have drawn comparable conclusions and summarised that only a “minority of the companies and among them primarily the larger ones offer special measures to promote […] older workers” (Naegele & Bauknecht 2013: 6). However, some “good practices” could be identified, although the organisations did not refer to them as being explicitly an agemanagement measure (see table 7). Most of the measures EXTEND found were 2
A detailed overview of this study can be found in Mäcken, J., Merkel, S., Heß, M., Hilbert, J. & Naegele, G. (2019): Transition to retirement in the healthcare sector. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 52 (Supplement 1): 25-31.
Extending working lives in the professional health care sector
181
not age-specific. Although the analysed organisations did not follow a strategical age-management approach, they implemented several measures. The most common organizational measures referred to the dimensions of recruitment (no age restrictions), qualification and competence development (also for those close to retirement); further to the dimension of transition into retirement (offering employees to continue working past retirement). The latter could be found in all EXTED case studies. In the UK, HR policies were not specifically about older workers in particular, but focused around themes of diversity, inclusion and equality. Furthermore, in the UK but also in Germany, the organisations made use of agency workers. This might be a significant challenge to equalities in extending working lives, as these workers are precarious and lack pensions and other employee benefits. They are not integrated in the workforce due to the temporary and sporadic nature of their (mostly non-existent) employment contract. The findings from the qualitative case studies are partially confirmed by the German TOP data reanalysed. They show that older workers in the HCS would like to retire earlier than those working in other sectors. However, persons working in the HCS expect not to be able to do so because of the resulting high pension losses. Comparing the HCS to other sectors reveals potential inequalities between sectors as (older) workers in the HCS seem to have fewer possibilities/options within their late career paths, in particular with respect to retirement transitions. This is problematic to this extent, as the working conditions in the HCS for older workers are characterised through hard physical work. The secondary data analysis also shows that older workers in HCS believe, that their work does not receive the deserved societal recognition.
10.3 Recommendations and “good practices” Based on the results of the research undertaken, several recommendations on the individual and company level can be made. The studied organizations were facing similar challenges, most notably, the difficulty to find new and skilled personnel. One way in dealing with this is approaching employment agencies, though given the precarious nature of agency work, this is likely to have detrimental effects on the side of the workforce. Future research in this area could specifically look into the impact of using employment agencies to fill any labour shortages, which is highly likely to have an impact on inequalities. One of the central results of the research undertaken is the low awareness of age-management within the HCS. There is evidence that HR-measures targeting at older workers have the potential to support individual workers and have a positive impact on the organisational level (Kulik, Perera & Cregan 2016). Moreover, it can be assumed that such measures could help to decrease the lack of skilled workers within the sector. Therefore, age-management measures need to be promoted on all these levels (Truxillo, Cadiz & Hammer 2015).
150-200
350 2,000
400 460 250 900 200 1,600 54 40
3
3 3
8 8 7 5 8 4 2 3
FIN1
FIN2
FIN3
UK1
UK2
GER1
GER2
GER3
GER4
GER5
GER6
Number of employees
Number of interviews
Case
Private
Not know
Female (majority), 43 years mean age Not know University hospital Private
Private
Female (90%), older than 50 (25%) Not know Municipal
Female (75%), part time (75%), 43 years mean age Not know
Predominantly female
Female (90%), part time (25%), permanent contract (98%), 48 years mean age Female (95%), part time (11%), permanent contract (77%), 45 years mean age Female (91%), part time (13%), permanent contract (75%), 44 years mean age
Private, occupational health
Public, geriatric rehabilitation hospital Municipal health care organisation producing health care services, elderly services and services for the disabled Non-profit organisation Non-profit organisation Private
Workforce characteristics
Ownership
182 Sebastian Merkel, Daniel Holman, Mervi Ruokolainen & Moritz Hess
Table 6: Overview on case studies
Extending working lives in the professional health care sector
183
Table 7: Comparison of the case studies
X
X
UK2
X
X
GER1
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
GER3
X
X
X
GER4
X
X
X
X
GER5
X
X
X
X
X
GER6
X
X
X
X
X
GER2
X
X
Life-course approach
Intergenerational learning
UK1
Enhancing individual resources
X
FIN3
Decreasing work demands
X
Tackling problems of scarce resources
X
FIN2
Demanding working conditions
X
Staff turnover
X
Short term substitutes
Ageing workforce
FIN1
Age-management measures
Difficulty to recruit
Challenges
Lack of skilled personnel
Case
X
X
X
However, age-management is often understood as focusing exclusively on older workers (aged 50 plus). According to Ilmarinen (2005: 233), age-management means “managing the work ability and organisation of work from the viewpoint of the life course and resources of people whether the changes are caused by the ageing process or by other age-related factors”. While changes accompanying the process of ageing cannot be neglected and ask for an ‘age-specific’ approach, age-management does not only focus on the needs of older workers. To avoid this miss-interpretation, it could be helpful to speak of ‘life-course management’ rather than age-management. Life-course management focuses on enhancing resources of employees especially during career transitions and changes so that everyone, regardless of age, career or life situation, or work ability, feels empowered in reaching both personal and corporate goals (Vuori & Toppinen-Tanner 2015; Vuori 2019).
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The results of the case studies showed that measures supporting the work ability of (older) workers encompass several dimensions such as recruitment, training, career development, flexible working practices, health promotion, redeployment, employment exit, or comprehensive approaches (see table 7). Furthermore, they do not only focus on individual competences and work tasks but also on the work environment. Reduced working hours and part-time work would help the HCS employees to cope with mentally and physically demanding work but these arrangements are not perhaps used by the employees with lowest incomes (i.e., the lower the incomes, the lower the pensions). Job/task modification would perhaps help the most stressful workers but these arrangements are not available for all, leaving room for improvement. While nearly all organisations studied had implemented one or two measures, mostly related to health promotion and flexible working practices. Strategies targeting multiple dimensions were missing and did not cover the work environment. When implementing life-course measures, organisations should not only implement single practices but also develop a strategy, which should include not only a roadmap but also evaluate outcomes and results. If employers do not develop such strategies, there is a risk that employees will withdraw from ‘core’ care work, by for example pursuing training and obtaining qualifications to take up other roles. Moreover, the employees may also retire earlier or have long (sickness) absences from work if the organisations do not pay attention to their life-course based needs. This could result in inequalities between older and younger workers as well as between low-qualified and high-qualified employees. Furthermore, the employees who continue working after retirement are those who have good work ability (voluntary) or who assessed that their pension to be too low (involuntary). This underlines the importance of following a strategical approach, in particular considering the prevention of inequalities. Furthermore, the distinction between statutory and non-statutory training should be kept in mind. The former is focused around health and safety issues and although necessary may be a burden to older workers, especially given moves to digital training as in the UK. This might be balanced by training specifically around older age working. A promising way to increase awareness of age-management is by promoting good practices. Against the background of the case studies, a good practice can either be a single age-management/life-course-management measure or a strategy. Given the fact that strategical approaches were rarely encountered within the research carried out, the following examples are single, but promising practices:
Increasing digital competences of older workers: Although not mentioned as a regular theme, it was reported that one organisation faced difficulties with
Extending working lives in the professional health care sector
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the implementation of digital technologies (like electronical patient’s records). In particular, older employees were found to be struggling with the digital transformation. This led to the initiative to develop a training program focusing particular on those, who were not used to work with digital technologies. The program was initiated by one of the employees and consisted of training material and a customized training plan. Retirement transition: One way to fight the lack of skilled personnel as well as to keep the knowledge and competences of workers, who are about to exit into retirement, is to offer them the possibility to continue working (for instance, part time or in minor employment). In fact, this was already done by some of the organisations covered within our research (see chapter 11.3. in this book). Optimally, this has advantages for the organisation as well as for the employee. However, this also bears the risk to employers taking advantage of the fact that many care workers need to work beyond retirement age in order to increase their pension.
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11.1 „Good Practices“ zur Vermeidung und Überwindung von sozialen Ungleichheiten vor und beim Rentenübergang Gerhard Naegele und Moritz Hess Im Allgemeinen versteht man unter „Good Practice“ eine Technik, ein Programm oder eine Maßnahme, die nachweislich und zuverlässig zu einem gewünschten Ergebnis (beispielsweise Reduktion von Fehlzeiten in einem Betrieb) geführt hat (Bretschneider, Frederick & Wu 2004). Diese “Good Practices“ können dann als Richtschnur oder Vorbild für andere Akteure - Einzelpersonen, Unternehmen oder nationale/supranationale Politiken - dienen, die vergleichbar gute Ergebnisse erzielen wollen. Zum betrieblichen Age-Management gibt es dazu schon eine längere Forschungstradition und zahlreiche empirisch abgesicherte Ergebnisse (Walker & Taylor 1998; Walker 1999; Naegele & Walker 2006, 2010). Im EXTEND-Kontext gilt als „Good Practice“ Folgendes: Hauptergebnis oder Ziel sollte darin bestehen, soziale Ungleichheiten vor, beim und nach dem Übergang in die Rente zu verhindern und/oder zu verringern. Dies könnte auf verschiedenen Ebenen geschehen: auf der transnationalen, europäischen Ebene, auf der Ebene der Länder (Politik), bei Sozialpartnern, in Betrieben und nicht zuletzt auf der individuellen Ebene, also bei den Betroffenen selbst. Ziel von Arbeitspaket 8 war es, möglichst plausible Zusammenhänge zwischen dem Einsatz von „Good Practices“ und dem Abbau bzw. der nachhaltigen Wirkungsreduzierung von sozialer Ungleichheit im Sinne des EXTEND-Gesamtkontextes zu identifizieren und zu evaluieren. Die Auswahl sollte sich auf ihre jeweiligen Arbeitspakte und dabei auf verschiedene Handlungsebenen (Makro, Meso, Mikro), unterschiedliche soziale Gruppen von älteren Arbeitnehmern*innen und Rentnern*innen, verschiedene Berufsgruppen und Branchen beziehen. Es galt, solche Fälle auszuwählen, die für den jeweiligen EXTEND-Kontext als besonders geeignet/innovativ waren. Insgesamt wurden 10 besonders „auffällige“ Beispiele ausgewählt. In diesem Beitrag präsentieren wir 4 davon ausführlicher. Drei stammen aus Deutschland, eines aus Finnland. Letzteres wird deswegen vorgestellt, weil es gutes Potenzial hat, auch in Deutschland Anwendung zu finden. Grundlage für Auswahl und Evaluierung war ein von den beiden PIs entwickelter Leitfaden. Die übrigen, in diesem Kapitel nicht explizit behandelten „Good Practices“ waren:
Das stark frequentierte dänische Early Retirement Scheme „Efterlon“ (1979) zielte explizit auf gering qualifizierte ältere Beschäftigte mit einer niedrigen Lebenserwartung, die unter bestimmten Voraussetzungen vergleichsweise gut
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_11
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Gerhard Naegele & Moritz Hess sozial abgesichert vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden konnten (Jensen 2008). Ausgehend von für EXTEND als problematisch eingestuften Folgewirkungen einer indexbasierten Koppelung des Rentenzugangsalters an die Lebenserwartung wird - aufbauend auf dem dänischen und holländischen Weg - die Option einer ergänzenden Grundsicherung für ältere Arbeitnehmer*innen mit ungünstigen Rentenerwartungen vorgestellt (De Tavernier 2019) (vgl. auch Kapitel 6. in diesem Buch). Das “Finish National Programme on Ageing Workers” (FINPAW) (1998) hatte explizit zum Ziel, durch Kombination unterschiedlicher Maßnahmen und Trägeraktionen landesweit betriebliche Gesundheitsförderung programmatisch wie praktisch voranzutreiben und war darin sehr erfolgreich: Es konnten dadurch flächendeckend sowohl die Erwerbsquoten Älterer gesteigert als auch ihr Berufsaustrittsalter angehoben werden (Ankril et al. 2002). Das Programm wurde auch in Deutschland seinerzeit vielbeachtet und von der Bertelsmann Stiftung (2006) sogar mit einem Preis ausgezeichnet. Das deutsche Programm „Perspektive 50plus - Beschäftigungspakte für Ältere in den Regionen" (BMAS 2015) hat sehr erfolgreich dazu beigetragen, rund 25.000 ältere Langzeitarbeitslose wieder in das Erwerbsleben einzugliedern. Zum Kern des Programms zählten dezentral organisierte lokale Beschäftigungspakte und dabei jeweils die enge Kooperation der hier tätigen Akteure (vgl. Kapitel 2.2.8 in diesem Buch). Das neue Life-Course-Management-Programm des Finnischen Instituts für Occupational Health (FIOH) unterstützt - basierend auf mehr als 20jähriger Erfahrung - Arbeitnehmer*innen in der mittleren und späteren Erwerbsphase darin, ihre weiteren Erwerbsbiografien und -karrieren möglichst selbstbestimmt zu planen und zu gestalten. Als besonders innovativ fiel der implizite Lebenslaufansatz auf. Es wurden gute Ergebnisse vor allem bei geringer qualifizierten älteren Beschäftigten erzielt (Vuori 2019) (vgl. Kapitel 11.4 in diesem Buch). South Yorkshire Housing Association ist eine englische Wohnungsbaugesellschaft mit einem breiten diversitätszentrierten Angebot an ihre (auch älteren) Beschäftigten, das sie darin unterstützen soll, möglichst lange auf freiwilliger Basis und produktiv im Erwerbsleben zu bleiben. Ursprünglich wurde das Konzept für die Attraktivitätssteigerung des Unternehmens als Arbeitgeber auf dem lokalen Arbeitsmarkt entwickelt. Dieses Beispiel steht in ganz besonderer Weise für eine zielgruppenbezogene Diversität im betrieblichen Personalmanagement (Holman 2018). Das Angebot selbst ist nicht per se “ungleichheitsfokussiert”, aber mit entsprechenden “Nebenwirkungen.
„Good practices”
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Aus der Analyse der insgesamt 10 untersuchten „Good Practices“ lassen sich mehrere Schlussfolgerungen ziehen: Insgesamt konnten nur sehr wenige „Good Practices“ identifiziert werden, deren explizites Ziel es ist/war, soziale Ungleichheiten vor, beim und nach dem Rentenübergang zu verhindern oder abzumildern. Es scheint, dass derartige Politiken wie darauf bezogene Maßnahmen nicht auf der Agenda der jeweiligen Entscheidungsträger*innen und/oder anderer Schlüsselpersonen stehen. Diese Erkenntnis war Grundlage für eine EXTEND-Empfehlung, dem Thema „soziale Ungleichheit beim Rentenübergang“ in Politik, Praxis sowie auch in Forschung mehr Aufmerksamkeit zu widmen (vgl. Kapitel 13. und 14. in diesem Buch). Allerdings gibt es „Good Practices“, die zumindest implizit/indirekt erwünschte (Neben-)Wirkungen erzielen, und zwar auf allen Ebenen: staatlich, sozialpartnerschaftlich, mit Branchenbezug, betrieblich und individuell. Mit anderen Worten: die Bekämpfung sozialer Ungleichheiten ist auf jeder betroffenen Ebene zumindest möglich. Es erweist sich stets als günstig, wenn die jeweils beteiligten Ebenen und die hier tätigen Hauptakteure kooperativ miteinander agieren und ihre Aktionen zielorientiert aufeinander abstimmen. Vorbild dafür könnte das Konzept der „strategischen Allianzen“ sein, das für die kommunale Sozialpolitik entwickelt wurde (Heinze, Naegele & Schneiders 2010). Nur ein koordiniertes Zusammenspiel, idealerweise im regionalen und/oder kommunalen Kontext, garantiert breit angelegte, umfassende und vor allem nachhaltige Wirkungen. Dennoch ist bei der Umsetzung und dem Transfer von „Good Practices“ Vorsicht geboten: Sie stehen stets in einem je spezifischen nationalen, wirtschaftlichen, politischen, arbeitsmarktpolitischen, betrieblichen und/oder regionalen/kommunalen Kontext. Vor allem auf betrieblicher Ebene sind sie in ihrer Entstehungsgeschichte zumeist durch ökonomische Eigeninteressen der Initiatoren bestimmt („business reasons“; Walker & Naegele 1999). Konkret spielen dabei häufig auch „Schlüsselpersonen“ als Katalysatoren (Bauknecht & Naegele 2017) eine entscheidende Rolle. Aus diesem Grund empfiehlt EXTEND, die jeweiligen Rahmenbedingungen für erfolgreich und nachhaltig implementierte „Good Practices“ aufzuzeigen, aber auch Misserfolge und deren Hintergründe offen zu legen. Zusätzlich zu diesen allgemeineren Schlussfolgerungen wurden die folgenden Empfehlungen für die Meso-Ebene der Betriebe identifiziert:
Sensibilisierung von Unternehmen und Sozialpartnern für die Bedürfnisse von älteren Arbeitnehmer*innen; Dabei besonderer Fokus auf jene Gruppen, die unter „harten“ Arbeitsbedingungen arbeiten; Sensibilisierung von Schlüsselpersonen in Unternehmen für die besonderen Bedarfe betrieblich benachteiligter Gruppen;
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Gerhard Naegele & Moritz Hess Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Gruppen von nationalen Partnern (insbesondere Tarifpartnern) auf verschiedenen Ebenen; ggf. eingebunden in eine öffentliche Diskurskampagne über Altersstereotype gegenüber älteren Arbeitnehmer*innen (Naegele, De Tavernier & Hess 2018); In diesem Zusammenhang: „Bedeutung der lokalen Ebene“ beachten. Z.B. sind lokale und dezentrale Ansätze besonders hilfreich für die Integration älterer, von der Erwerbsarbeit ausgeschlossener Arbeitnehmer*innen. Es geht auch um „lokale strategische Allianzen“ (Heinze, Naegele & Schneiders 2010). Einsicht in die Chancen einer langfristigen, präventiv und lebenslauforientierten betrieblichen Personalpolitik, auch in der Spätphase des Erwerbslebens; Bottom-up-Ansätze, Empowering-Strategien und explizites Zugehen bei/auf solche/n älteren Arbeitnehmer*innen mit „geringen Ressourcen“; Spezielle Einzelfall-bezogene Maßnahmen zur Motivationsförderung (vorzugsweise in Einzelgesprächen, wie im Falle der Sozial-Holding Mönchengladbach) (vgl. Kapitel 11.3 in diesem Buch), um insbesondere ältere Arbeitnehmer*innen mit niedriger Qualifikation zur Beteiligung an Personalmaßnahmen zu bewegen, da bei diesen oft Bedenken und fehlende Kenntnisse die Teilnahmebereitschaft behindern, obwohl objektiv der größte Bedarf besteht.
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„Good practices”
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11.2 Later Life Workplace Index – Ein Instrument zur Unterstützung betrieblicher Beschäftigungspraktiken Julia Finsel, Max Wilckens, Anne Marit Wöhrmann und Jürgen Deller
11.2.1 Hintergrund und Aufbau Der Later Life Workplace Index (LLWI) ermöglicht es zu identifizieren, mit welchen, auf ihre älteren Mitarbeiter*innen gerichteten Konzepten und Maßnahmen Betriebe gut auf die erfolgreiche Beschäftigung von Erwerbstätigen bis zum Rentenalter und darüber hinaus vorbereitet sind. Für die hier betrachtete spezielle Zielgruppe kommt es dabei besonders darauf an, dass er auch die besonderen Dimensionen der Arbeits- und Beschäftigungssituation benachteiligter Arbeitnehmer*innen abbilden kann. Der Index gliedert sich in mehrere Dimensionen, welche unterschiedliche Bereiche organisationaler und betrieblicher Praktiken und Rahmenbedingungen darstellen, die sich insbesondere positiv auf die Beschäftigung älterer Erwerbstätiger auswirken (Wöhrmann, Deller & Pundt 2018). Der LLWI macht diese Dimensionen messbar und soll daher als Instrument für die Praxis dienen. Zweck des Indexes ist es, Handlungsbedarfe sichtbar zu machen und Verbesserungspotenziale für betriebliche Ergebnisse, z. B. die Leistung der älteren Belegschaft, Krankenstände oder Kündigungsquoten, aufzuzeigen. Die Entwicklung des LLWI verfolgt drei Ziele. Erstens soll der Index einen ganzheitlichen Überblick über die wichtigsten betrieblichen Praktiken und Rahmenbedingungen geben. Anders als viele wissenschaftliche Studien und Interventionen, die sich lediglich auf eine bestimmte Voraussetzung für die erfolgreiche Beschäftigung fokussieren, z. B. ergonomische Arbeitsbedingungen oder eine alternsfreundliche Unternehmenskultur, soll der LLWI alle relevanten Dimensionen gleichermaßen erfassen. Dieser holistische Ansatz ermöglicht einen Vergleich der unterschiedlichen Praktiken und Rahmenbedingungen. Zweitens soll die Beurteilung einfach und mit möglichst geringem Aufwand erfolgen, um eine effiziente Durchführung zu gewährleisten. Und schließlich soll die Messung spezifisch genug sein, um Verbesserungspotenziale und konkrete Handlungsoptionen ableiten zu können. Die Potenziale des „aktiven Alterns“ auf nationaler (Makro-)Ebene erfasst der Active Ageing Index (Zaidi et al. 2013). Der LLWI nimmt als dessen Weiterführung die betriebliche (Meso-)Ebene in den Blick. Der Index entstand in einer Kooperation des Lehrstuhls von Professor Deller an der Leuphana Universität Lüneburg mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), dem Demographie Netzwerk (ddn) und dem Goinger Kreis, einem Forum führender Personen in Wirtschaft und Wissenschaft zu personalspezifischen Themen. Ziel © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_12
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der Zusammenarbeit ist es, die Forschung zu den Fähigkeiten, Motiven und Präferenzen älterer Beschäftigter und Rentner*innen auf der individuellen (Mikro)Ebene um Best Practices auf organisationaler Ebene zu erweitern. Die aus dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse sollen sowohl älteren Beschäftigten und deren Arbeitgebern als auch der nationalen und internationalen Forschung einen Mehrwert bringen. Relevante betriebliche Praktiken und Rahmenbedingungen wurden auf Basis von Experteninterviews mit Praktiker*innen, Wissenschaftler*innen und Politiker*innen aus den Bereichen Personal, Management, Psychologie und Gerontologie sowie mit älteren Beschäftigten selbst identifiziert. Durch die hohe Diversität der beruflichen Hintergründe und ihres jeweiligen Erfahrungswissens der Expert*innen konnte sichergestellt werden, dass die identifizierten Praktiken vollständig sind (Wöhrmann, Deller & Pundt 2018). Die Praktiken wurden darüber hinaus mit den Ergebnissen des Age Smart Employer Awards in den USA verglichen (Wilckens et al. 2020). Diese Auszeichnung ehrt altersfreundliche Organisationen in New York City und identifiziert dafür geeignete Personalpraktiken. Die Dimensionalität des LLWI wurde im Zuge der Integration dieser Praktiken um die Dimension Versicherungen und Vorsorge erweitert. Der Index beinhaltet neun Dimensionen, die in Abbildung 1 dargestellt sind. Die beiden Dimensionen Organisationsklima und Führung bilden das Dach des Hauses, da erwartet werden kann, dass die darin beschriebenen übergreifenden Themen wie Chancengleichheit, Wertschätzung und Eingehen auf Individualität die übrigen Dimensionen beeinflussen. Sieben spezifische Praktiken und Arbeitsbedingungen formen die Säulen. Jede Dimension wird durch zwei bis vier Indikatoren beschrieben. Abbildung 1: Dimensionen des Later Life Workplace Indexes (LLWI)
Later Life Workplace Index
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Um Betriebe und Organisationen mithilfe des LLWI zu evaluieren, werden Fragebögen zur Messung der Dimensionen und Indikatoren an eine kleine Stichprobe aus älteren Beschäftigten, Führungskräften und Personalvertretern verteilt. Durch die unterschiedlichen Befragtengruppen kann sichergestellt werden, dass nicht nur die prinzipiell angebotenen Maßnahmen und Rahmenbedingungen gemessen werden, sondern auch die von der Belegschaft wahrgenommenen. Jeder Indikator wird durch zwei bis vier Fragen erfasst. So wird der Aufwand für die Beurteilung möglichst geringgehalten, ohne die Gültigkeit der Ergebnisse zu gefährden. Die Fragen basieren überwiegend auf wissenschaftlich etablierten Instrumenten zur Messung einzelner Dimensionen, die für den Index adaptiert und teilweise ergänzt wurden. Die anfänglich große Anzahl an Fragen pro Indikator wurde auf Basis mehrerer Studien auf die finalen 80 Fragen reduziert. Die wissenschaftliche Güte des finalen Fragebogens wurde an insgesamt knapp 1.000 Beschäftigten und Führungskräften überprüft und bestätigt. Es konnte gezeigt werden, dass die im LLWI beschriebenen organisationalen Praktiken und Rahmenbedingungen in einem positiven Zusammenhang mit individuellen Arbeitsergebnissen älterer Beschäftigter stehen, z.B. wahrgenommene Gesundheit und Arbeitsfähigkeit, Engagement bei der Arbeit und Erwerbsabsicht im Rentenalter (Wilckens, Wöhrmann, Deller & Wang provisionally accepted). Die Überprüfung der förderlichen Rolle der im LLWI beschriebenen Praktiken und Rahmenbedingungen für betriebliche Ergebnisse, beispielsweise die Leistung älterer Beschäftigter, der Krankenstand und das Renteneintrittsalter, erfolgt derzeit mithilfe einer quantitativen Studie in zahlreichen Organisationen unterschiedlicher Größen und Branchen. Aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen entsteht zudem ein Benchmark, der den teilnehmenden Betrieben zum Ergebnisvergleich zur Verfügung gestellt wird.
11.2.2 Nutzen für die Praxis Der Fokus der psychologischen Forschung zur Arbeit im Alter lag bisher überwiegend auf der Mikroebene und damit auf den individuellen Motiven älterer Beschäftigter, auch im höheren Alter weiterhin erwerbstätig zu sein (Fasbender, Wöhrmann, Wang & Klehe 2019; Pundt, Wöhrmann, Deller & Shultz 2015). Des Weiteren wurden auf der Makroebene staatliche Reformen umgesetzt, um den Renteneintritt langfristig zu verzögern (vgl. Kapitel 2.2.3 – 2.2.4 in diesem Buch). Bislang wurde jedoch nicht hinreichend untersucht, welche betrieblichen/organisationalen Praktiken und Rahmenbedingungen sich positiv auf die Erwerbsabsicht älterer Beschäftigter auswirken (Henkens et al. 2018). Arbeit im höheren Alter erfordert beides, die Fähigkeit und Motivation älterer Beschäftigter, im Alter weiterhin erwerbstätig zu sein, sowie die Fähigkeit und Motivation der Organisationen, ältere Erwerbstätige weiterhin zu beschäftigen.
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Der LLWI trägt zu der organisationalen Perspektive auf Arbeit im Alter in dreierlei Hinsicht bei. Erstens dient der Index als ganzheitliches Modell für betriebliche Praktiken und Arbeitsbedingungen. Dadurch wird eine umfassende Betrachtung ermöglicht. Zweitens können durch ihre Messung und den Vergleich zu ähnlichen Organisationen Stärken und Schwächen im Umgang mit einer alternden Belegschaft sichtbar gemacht werden. Zuletzt sollen Zusammenhänge zwischen den LLWI-Dimensionen und betrieblichen Ergebnissen wie dem Krankenstand oder der Leistung älterer Beschäftigter aufgezeigt werden. Diese Zusammenhänge konnten in der bisherigen Forschung teilweise bereits nachgewiesen werden (Göbel & Zwick 2013; Kunze, Boehm & Bruch 2013; von Bonsdorff et al. 2018). Dabei wurde allerdings kein ganzheitliches Messinstrument wie der LLWI genutzt, das die Praktiken und Rahmenbedingungen umfassend erhebt. Solche Zusammenhänge würden die Notwendigkeit der Anpassung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen für alternde Belegschaften bestärken. Damit aussagekräftige Ergebnisse erzielt werden können, sollten Organisationen, die eine Evaluation mithilfe des LLWI vornehmen möchten, mindestens 30 Personen beschäftigen. So kann sichergestellt werden, dass ein minimales Angebot an Personalpraktiken existiert. Obwohl die LLWI-Dimensionen auf alle Organisationen unabhängig von ihrer Größe angewendet werden können, erfordert die Überprüfung mithilfe des Fragebogens gewisse betriebliche Strukturen, die in kleineren Organisationen eventuell nicht gegeben sind. Die Selbsteinschätzung mithilfe des LLWI kann das Verständnis über die organisationalen Stärken und Schwächen im betrieblichen Umgang mit älteren Beschäftigten erhöhen und das Bewusstsein für die Potenziale und Möglichkeiten altersdiverser Belegschaften erweitern. Auf Basis der Ergebnisse können spezifische Handlungsoptionen entwickelt werden, um die Arbeitsbedingungen für alternde Belegschaften zu verbessern. Das gesteigerte Verständnis und Bewusstsein für die Voraussetzungen und Möglichkeiten von Arbeit im Alter auf betrieblicher Ebene dürfte auch jenen älteren Beschäftigten Nutzen bringen, die sich noch nicht dazu entschieden haben, bis zum Rentenalter oder auch über dieses hinaus für die Organisation tätig zu sein.
11.2.3 Fazit Im Rahmen einer SWOT-Analyse (z.B. Chermack & Kasshanna 2007) wurden die Stärken und Chancen des LLWI identifiziert und den Schwächen und Risiken gegenübergestellt. Die Ergebnisse sind in Übersicht 1 dargestellt.
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Übersicht 1: Ergebnisse einer SWOT-Analyse für den Later Life Work Index (LLWI)
Stärken Fokus auf die Organisationsebene, Ganzheitliche Perspektive auf die relevanten organisationalen Praktiken, Messung mit geringem Aufwand, Dimensionalität über verschiedene Kontexte vergleichbar (Organisationen, Branchen, Länder), Vergleich der Ergebnisse mit Benchmark.
Schwächen Effektivität der Praktiken in Bezug auf betriebliche Ergebnisse wird aktuell noch untersucht, Betrachtete Praktiken lassen sich nicht auf sehr kleine Organisationen mit weniger als 30 Beschäftigten anwenden.
Chancen Standardisierte Beurteilung und Benchmark, Schaffung von Aufmerksamkeit und Bewusstsein, Identifizierung von Bereichen in denen Entwicklungspotenzial und Handlungsbedarf besteht.
Risiken Eigene oder organisationspolitische Interessen sowie soziale Erwünschtheit könnten die Beantwortung der Fragen beeinflussen.
Der LLWI ist das erste wissenschaftliche fundierte Messinstrument, das ganzheitlich organisationale Praktiken fokussiert, welche die gute Beschäftigung älterer Erwerbstätiger fördern. Des Weiteren existiert bislang kein vergleichbares Benchmark für altersinklusive organisationale Praktiken. Der LLWI kann zusätzlich für eine erneute Überprüfung genutzt werden, sodass Organisationen die Effektivität ihrer Maßnahmen im Zeitverlauf nachvollziehen können. Der LLWI wurde unabhängig von spezifischen Branchen entwickelt und kann daher branchenübergreifend eingesetzt werden. Bislang wurde der Index nur in Deutschland und China operationalisiert und überprüft. Die Übersetzung in weitere Sprachen und Überprüfung in anderen kulturellen Kontexten erfolgt aktuell in Kooperation mit internationalen Forschungspartnern. Da die Ergebnisse zu quantitativen Effekten auf betriebliche Ergebnisse noch ausstehen, kann die Wirksamkeit der gemessenen Praktiken und Rahmenbedingungen bislang nur für individuelle Arbeitsergebnisse, z. B. das Wohlbefinden und die Arbeitsfähigkeit, gezeigt werden. Der LLWI macht altersinklusive organisationale Praktiken und Rahmenbedingungen messbar, sichtbar und vergleichbar. Diese Messbarkeit ist wichtig, um Veränderung in einer Organisation vorantreiben zu können. Der LLWI kann daher
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Julia Finsel, Max Wilckens, Anne Marit Wöhrmann & Jürgen Deller
als Chance angesehen werden, die Arbeitsbedingungen für alternde Belegschaften nachhaltig zu verbessern und regt dazu an, das Potenzial älterer Beschäftigter zu nutzen.
Verwendete und weiterführende Literatur Chermack, T. J. & Kasshanna, B. K. (2007): The use and misuse of SWOT analysis and implications for HRD professionals. Human Resource Development International, 10: 383-399. Fasbender, U., Wöhrmann, A. M., Wang, M. & Klehe, U.-C. (2019): Is the future still open? The mediating role of occupational future time perspective in the effects of career adaptability and aging experience on late career planning. Journal of Vocational Behavior, 111: 24-38. Göbel, C. & Zwick, T. (2013): Are personnel measures effective in increasing productivity of old workers? Labour Economics, 22: 80-93. Henkens, K., van Dalen, H. P., Ekerdt, D. J., Hershey, D. A., Hyde, M., Radl, J., van Solinge, H., Wang, M. & Zacher, H. (2018): What we need to know about retirement: Pressing issues for the coming decade. The Gerontologist, 58: 805-812. Kunze, F., Boehm, S. & Bruch, H. (2013): Organizational performance consequences of age diversity: Inspecting the role of diversity-friendly HR policies and top managers’ negative age stereotypes. Journal of Management Studies, 50: 413-442. Pundt, L. M., Wöhrmann, A. M., Deller, J. & Shultz, K. S. (2015): Differential predictors of postretirement life and work satisfaction. Journal of Managerial Psychology, 30: 216-231. Von Bonsdorff, M. E., Zhou, L., Wang, M., Vanhala, S., von Bonsdorff, M. B. & von Rantanen, T. (2018): Employee age and company performance: An integrated model of aging and human resource management practices. Journal of Management, 44: 3124-3150. Wilckens, M. R., Wöhrmann, A. M., Adams, C., Deller, J. & Finkelstein, R. (2020): Integrating the German and US perspective on organizational practices for later life work: The Later Life Work Index. In: Czaja, S. J., Sharit, J. & James, J. B. (eds.): Current and emerging trends in aging and work. Cham, Switzerland: Springer: 59-79. Wilckens, M. R., Wöhrmann, A. M., Deller, J. & Wang, M. (in press): Organizational practices for the aging workforce: Development and validation of the Later Life Work Index (LLWI). Work, Aging and Retirement. Wöhrmann, A. M., Deller, J. & Pundt, L. M. (2018): Complementing AAI at the meso level: The Silver Work Index. In: Zaidi, A., Harper, S., Howse, K., Lamura, G. & Perek-Białas, J. (eds.): Building evidence for active ageing policies: Active Ageing Index and its potential. London: Palgrave MacMillan: 75-94. Zaidi, A., Gasior, K., Hofmarcher, M. M., Lelkes, O., Marin, B., Rodrigues, R., Schmidt, A., Vanhuysse, P. & Zolyomi, E. (2013): Active Ageing Index 2012: Concept, methodology and final results. Vienna: European Centre Vienna.
11.3 „Good Practice“ im Alternsmanagement der Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach GmbH Sebastian Merkel und Helmut Wallrafen
11.3.1 Ausgangslage Vor dem Hintergrund alternder Gesellschaften ist der Gesundheits- und Sozialsektor von besonderer Bedeutung: Nicht nur allein die Alterung der Gesellschaft führt zu einem steigenden Bedarf an Pflegekräften, sondern auch Veränderungen in den Familien- und Haushaltsstrukturen: Mehr Menschen leben allein und sind auf (professionelle und/oder informelle) Unterstützung angewiesen. Der Sozialsektor ist derzeit durch einen Fachkräftemangel gekennzeichnet, der sich über das gesamte Bundesgebiet erstreckt (Bundesagentur für Arbeit 2019), und es kann davon ausgegangen werden, dass er sich noch weiter zuspitzen wird (vgl. Kapitel 10 in diesem Buch). Die Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach, eine 100%ige Tochter der Stadt Mönchengladbach, koordiniert u.a. die kommunalen Pflegedienste der Stadt und integriert diese unter einem Dach. Insgesamt erbringen mehr als 900 Mitarbeiter*innen Pflege- oder Pflegeleistungen. Die Sozial-Holding hat eine lange Tradition in den Bereichen Human Relations und Alternsmanagement und wurde mehrfach für ihr Engagement (u.a. Preis der American Association of Retired Persons (AARP)) für vorbildliches betriebliches Alternsmanagement ausgezeichnet. Die erste diesbezügliche Maßnahme, ein präventives Gesundheitsprogramm, wurde bereits vor 2002 eingeführt, und seitdem wurden zahlreiche weitere Programme erprobt und umgesetzt. Ziel aller Maßnahmen ist es, die Mitarbeitenden einerseits zu entlasten bzw. die Resilienz zu stärken und so gleichzeitig die betriebliche Verweildauer zu erhöhen. Letztgenanntes ist vor allem im Pflegesektor eine Herausforderung, da dieser von vergleichsweise hohen Fluktuationsraten gekennzeichnet ist. Ausgangspunkt für das unternehmenseigene Konzept waren eine auf wissenschaftlicher Grundlage fußende Altersstrukturanalyse sowie eine Studie zu künftigen Qualifikationsbedarfen und darauf bezogenen Vorschlägen zur innerbetrieblichen Fort-, Weiterbildung und Umschulung.
11.3.2 Das betriebliche Alternsmanagement Die Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach verfolgt einen umfassenden Ansatz der Förderung und Unterstützung (älterer) Mitarbeiter*innen, der eine Vielzahl an betrieblichen Maßnahmen in einem strategischen Ansatz bündelt (Wallrafen 2017). Diese Maßnahmen beinhalten u.a. verschiedene Dimensionen der präventiven Gesundheitsförderung, unterschiedliche flexible Arbeitszeitregelungen einschließlich von Möglichkeiten des Wechsels von Voll- auf Teilzeittätigkeiten © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_13
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und umgekehrt, Qualifizierungsangebote an alle, eingebunden in systematisches „Lebenslanges Lernen“, Karriereplanung und -entwicklung über die gesamte Berufsbiografie, altersunabhängige Umschulungsangebote, Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Pflege, individuelle Ruhestandsvorbereitung und -beratung sowie Angebote zur “Silver Work“ (vgl. Kapitel 2.2.6 in diesem Buch). Im Hinblick auf die Vermeidung sozialer Ungleichheiten sind insbesondere die Bemühungen hervorzuheben, jedem Mitarbeiter, unabhängig vom Alter, Status und kultureller Herkunft, die Möglichkeit zur Weiterqualifizierungs- und Kompetenzentwicklung zu bieten. Die Sozial-Holding verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz des Alternsmanagements – u.a. eingebettet in das im Rahmen an den Arbeiten der Sachverständigen-Kommission zum 5. Altenbericht der Bundesregierung entwickelte Konzept der lebenszyklusorientierten Personalpolitik (BMFSFJ 2010); d.h. es geht nicht nur um lebensereignis- oder -phasen-typische Einzelmaßnahmen1. Dieser ganzheitliche Ansatz deckt dabei nahezu alle Phasen des Beschäftigungszyklus eines/r Mitarbeiters/in ab2. Wenngleich Maßnahmen eingeführt wurden, die sich an Mitarbeiter*innen einer bestimmten Altersgruppe richten, wird Alternsmanagement nicht nur als ein Maßnahmenpaket für Personen ab einer bestimmten Altersgrenze, sondern als ein Konzept für alle Mitarbeiter*innen verstanden. Das Motto des unternehmenstypischen Alter(n)managements lautet: "Älter als 50 - na und!". Alternsmanagement wird in der Sozial-Holding als eine Strategie zur Personalbindung und zur Rekrutierung neuer Mitarbeiter*innen, auch älterer und erfahrener, verstanden. In seinem Rahmen wurden/werden zahlreiche Maßnahmen umgesetzt (Bauknecht & Naegele 2015):
1
Die Gesundheitsförderung für alle Mitarbeiter*innen war eines der ersten getesteten Programme, welches noch heute läuft. In diesem Zusammenhang
“Notwendig ist eine Personalpolitik, die sich überhaupt nicht (mehr) an /z.T. innerbetrieblichen gesetzten Altersbildern) orientiert, also keine primär kalendarische Zuordnung und Typisierung mehr vornimmt, sondern am Lebenszyklus ausgerichtet ist. …. Darunter wird ein Personalmanagementsystem verstanden, das sich strategisch an den arbeits- und lebenszyklischen Bedürfnissen der Beschäftigten ausrichtet und dabei alle Lebensphasen von der Berufswahl bis zum Ausstieg aus dem Beruf abdeckt. … Zwar wird ein solches System auch künftig nicht auf Altersgrenzen verzichten können … Es ist jedoch eher möglich, starre und somit lebensfremde und zudem wissenschaftlich kaum begründbare Zuordnungen zu vermeiden und stattdessen personalpolitische Maßnahmen stärker an die individuellen Berufs- und Lebenszyklen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzupassen, die heute überdies sehr viel variabler geworden sind“ (BMFSFJ 2010: 123). 2 Der Beschäftigungszyklus beginnt bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter und umfasst alle Phasen bis zum Übergang in den Ruhestand. In diesem Zusammenhang unterscheidet der 5. Altenbericht folgende 5 Lebenszyklen: beruflicher Lebenszyklus, betrieblicher Lebenszyklus, arbeitsplatzbezogener Lebenszyklus, familiärer Lebenszyklus und biosozialer Lebenszyklus (BMFSFJ 2010).
Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach GmbH
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wurden u.a. Gesundheitszirkel eingerichtet, die darauf abzielen, neue Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung zu entwickeln, erproben und umzusetzen. Alle Mitarbeiter*innen der Sozial-Holding, auch deren Familienangehörige, haben die Möglichkeit, eine kostenlose und anonyme psychologische Beratung zu nutzen3. Ziel ist hier, möglichst präventiv branchentypische „BurnOut-Prozesse“ zu vermeiden. Allen Mitarbeiter*innen stehen Angebote zur beruflichen Weiterbildung offen; unabhängig von ihrem Alter, betrieblichem Status oder ihrer Migrationsherkunft („lebenslanges Lernen“). Zur Vorbereitung dieses Programmpunktes wurde eine wissenschaftliche Untersuchung zu unternehmensspezifischen Qualifizierungsbedarfen und –erfordernissen durchgeführt. Wann immer ein/e Mitarbeiter/in in die Rente wechselt, wird im Vorfeld ein Gespräch mit ihr/ihm und der Geschäftsführung durchgeführt. Ein Ziel dieses Gesprächs ist es, gemeinsam nach Möglichkeiten zu suchen, auch danach weiter zu arbeiten – wenn dies auch im Interesse des/r Mitarbeiters/in liegt. Erwähnenswert ist auch, dass die Sozial-Holding nach dem Tarifvertrag bezahlt – was in Deutschland in der Pflege und insbesondere in der Altenpflege nicht unbedingt üblich ist.
11.3.3 Ergebnisse Die Ziele der oben genannten Maßnahmen sind vielfältig. Erstens adressieren die Maßnahmen den aktuellen Fachkräftemangel im Sozialsektor. Zweitens führen sie zu einem Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Unternehmen, da sie aus der Perspektive potenzieller Bewerber*innen die Attraktivität des Unternehmens auf dem lokalen Arbeitsmarkt erhöhen können. Und schließlich helfen sie den (älteren) Mitarbeiter*innen, da diese dadurch mehr Möglichkeiten und Handlungsspielräume erlangen. Vergleichbare Ansätze konzentrieren sich i.d.R. nur auf einzelne Maßnahmen, ohne in einem systematischen strategischen Konzept eingebunden zu sein. Allerdings gibt es noch Verbesserungspotenzial: Es wurde zwar berichtet, dass die Maßnahmen erfolgreich sind und sowohl von der Geschäftsleitung als auch von den Mitarbeitern*innen positiv bewertet wurden. Im Projekt “Personalfluktuation in Einrichtungen der pflegerischen Versorgung – eine Analyse von Ursachen und Handlungsmöglichkeiten”, welches von der Forschungsgesellschaft für Gerontologie u.a. in Kooperation mit der Sozial Holding durchgeführt wurde,
3
Eine Beschreibung findet sich unter https://www.inqa.de/DE/Angebote/Top-100-Impulse-aus-derPraxis/Gesundheit/Sozial-Holding-Moenchengladbach.html
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zeigt sich, dass die angebotenen Maßnahmen mit einer höheren Arbeitszufriedenheit und niedrigeren Fluktuation der Mitarbeiter*innen korrelieren 4. Allerdings ist nicht klar, welche Arbeitnehmer*innen genau die Maßnahmen nutzen. Dies ist im Hinblick auf soziale Ungleichheiten von Bedeutung, da diese zu einer Zunahme der Ungleichheiten innerhalb des Unternehmens führen könnte, falls mehrheitlich das höher qualifizierte Personal die Maßnahmen nutzt. Übersicht 1: SWOT-Analyse
Stärken Strategisches (lebenszyklusorientiertes) Alternsmanagement und keine isolierten Einzelmaßnahmen, Langjährige positive Erfahrungen, Positives Feedback bei Mitarbeiter*innen und Management.
Schwächen Kann zu steigender Ungleichheit in den Unternehmen führen, da nicht klar ist, welche Teile der Belegschaft am meisten davon profitieren.
Chancen Skalierung (intern sowie in Bezug auf die Übertragbarkeit), Bereits implementierte Maßnahmen erleichtern es, weitere einzuführen.
Risiken Wenn andere Unternehmen die Ansätze kopieren, senkt dies den Wettbewerbsvorteil. Da jedoch einige Maßnahmen seit geraumer Zeit laufen und nicht kopiert wurden, erscheint dieses Risiko gering.
Soziale Ungleichheit im Sozialsektor zeigt sich unter anderem in Bezug auf das Qualifikationsniveau der Arbeitnehmer*innen und den damit verbundenen Rentenanspruch. Durch den Mangel an Fachkräften sind viele Menschen zu Altenpflegehelfer*innen ausgebildet worden, die deutlich weniger als examinierte Pflegekräfte verdienen. Vor dem Hintergrund eines hohen Anteils an weiblichen Arbeitnehmer*innen mit teilweise fragmentierten Karriereverläufen und den körperlich und psychisch anspruchsvollen Arbeitsbedingungen kann es zu verminderten Rentenansprüchen bedingt durch frühzeitig Ausscheiden aus dem Job kommen. Den Mitarbeiter*innen nicht nur die Möglichkeit zu geben, nach der Pensionierung zu arbeiten, hilft, dieses Risiko zu verringern - zumindest solange die Menschen arbeitsfähig sind und dies gewünscht wird/möglich ist. Gleiches gilt für das lebenslange Lernen und die Möglichkeit, sich während der gesamten Berufsbiografie 4
Für weitere Informationen zu diesem Projekt siehe http://www.ffg.tu-dortmund.de/cms/de/Projekte /Abgeschlossene_Projekte/2017/Personalfluktuation-in-Einrichtungen-der-pflegerischen-Versorgung -_-eine-Analyse-von-Ursachen-und-Loesungsmoeglichkeiten/index.html .
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weiter zu qualifizieren. Allerdings gibt es an diesen Ansätzen auch Kritik: Häufig bleibt den Mitarbeiter*innen nach dem Renteneintritt gar keine Wahl, als weiter zu arbeiten, um so niedrige Renten aufzustocken. Die Übertragbarkeit der meisten Maßnahmen kann als sehr hoch angesehen werden. So könnte beispielsweise grundsätzlich jedes Unternehmen ausscheidende Mitarbeiter*innen bitten, nach der Pensionierung als „Silver Worker“ (ggf. auf 450-Euro-Basis) weiterzuarbeiten. Älteren Mitarbeiter*innen stets eine Möglichkeit zur Weiterqualifizierung zu bieten, dürfte allerdings schwieriger zu realisieren sein, da dies von der Größe des Unternehmens abhängt. Während dies für mittlere und große Unternehmen einfacher umzusetzen erscheint, könnte es in kleineren Unternehmen eine Herausforderung darstellen. Obwohl es bereits viele verschiedene Maßnahmen zum Thema Alternsmanagement gibt, scheinen sich nur wenige Organisationen im Sozialsektor der grundsätzlichen Bedeutung alternsspezifischer Ansätze bewusst zu sein, und noch weniger scheinen eine explizite Alternsmanagementstrategie zu verfolgen. Dies ist zwar nur eine Hypothese, aber es muss geklärt werden, wie vielversprechende Ansätze des Alternsmanagements auf andere Unternehmen übertragen und damit skaliert werden können. Am Beispiel der Beschäftigung nach der Pensionierung scheinen sie vergleichsweise einfach zu realisieren und umzusetzen zu sein. Allerdings scheint das Bewusstsein für solche Ansätze zu fehlen.
Verwendete und weiterführende Literatur Bauknecht, J. & Naegele, G. (2015): Extending Working Lives. Report on Case Studies. Report for MoPAct Projekt. BMFSFJ (2010) (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) (Hrsg): Sechster Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland – Altersbilder in der Gesellschaft und Stellungnahme der Bundesregierung. Drucksache 17/3815. Berlin. Bundesagentur für Arbeit (2019): Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich, https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Arbeitsmarktberichte/Berufe/generische-Publikationen/Altenpflege.pdf abgerufen am 11.09.2019. Wallrafen, H. (2017): Attraktive Vergütung als Voraussetzung für die Zukunft der Langzeitpflege. In Arbeitskreis Sozialwirtschaft (Hrsg.): Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Personalarbeit in der Langzeitpflege. Eine Arbeitshilfe für die Praxis. Demographie-Netzwerk: Dortmund: 22-23.
11.4 Work Engagement for Senior Employees as a Good Practice Jukka Vuori, Mervi Ruokolainen and Salla Toppinen-Tanner
11.4.1 Summary The main aim of the “Work Engagement for Senior Employees” training program is to reduce senior employees’ (55+) perceptions of age discrimination at work and increase their engagement for their current working career. The program is based on recognizing and optimizing employee’s own personal resources. In the program employees’ late-career management preparedness (i.e., career management self-efficacy and preparation for dealing with career setbacks) is fostered using a peer group training in the organizational context. The successfulness of the program has been demonstrated in a randomized controlled trial (Vuori et al. 2019): after the training participants reported lower perceived age discrimination, and better work engagement and future time perspective at work. Participants with lower education and younger supervisor benefitted the training most.
11.4.2 Facts The Finnish Institute of Occupational Health (FIOH) has developed the Work Engagement for Senior Employees program in the 2010s on the basis of FIOH’s previous successful group intervention programs for middle-aged employees (Ahola et al. 2012; Salmela-Aro, Mutanen & Vuori 2012; Toppinen-Tanner et al. 2016; Vuori, Toppinen-Tanner & Mutanen 2012). The program is a part of FIOH’s concept of life-course management focusing on fostering individual’s career management in career transitions and strengthening participation in working life. As a resource-based training program it aims to enhancing senior employees’ (55+) late-career management preparedness in a participatory group process. The program is applicable to all kinds of work organizations. It focuses on individuals and their resources which are strengthened during the group-based training in the organizations. During the pilot trials, the program was conducted in 17 different organizations. Over 300 employees with the mean age of 58 participated in it during the years 2015-2016. The Work Engagement for Senior Employees program is applied in motivating the senior employees to retain their working career until and beyond the retirement age and manage the challenges of the rapidly changing career environment. Better preparedness for late-career management is expected to result in lower perceptions of age discrimination at work, work disengagement or thoughts of early retirement. Late-career management preparedness is enhanced by applying a training which focuses on employees’ career management self-efficacy and preparation © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_14
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for dealing with career setbacks (Vuori & Vinokur 2005). It is assumed that senior employees, who are confident with their own late-career management skills and emotionally ready to deal with setbacks, are well prepared and motivationally ready to manage their career (Vuori & Vinokur 2005). During the training senior employees’ confidence is promoted by recognizing and optimizing their self-efficacy towards skills, work ability and employability as well as helping them to prepare to confront career setbacks and barriers. The participants are also expected to adapt to their role as a senior employee, see their late-career as meaningful, make new plans and set goals, and evaluate positively their possibilities and capacities for achieving these goals. In the training the following procedures are followed: The goals are first identified in peer groups, then solutions and tasks for carrying out these goals are defined, and lastly the required skills and actions are practiced in small groups. The participants exchange their practical ideas and learn concrete tools for managing their late careers. With regard to preparedness to career setbacks, the participants share their experiences of setbacks and barriers during their late career and empathize with the feelings which these experiences arise. After the discussions, participants define plausible solutions to these setbacks and barriers and practice them in small groups. Altogether, the training is based on on active learning, problem solving and practising. In addition, peer support and positive feedback are essential elements of the training.
11.4.3 Frame The pressures for longer career are widely acknowledged, but there is a lack of effective strategies for boosting employees’ engagement at work and reducing thoughts of early retirement. This has offered a starting point for the Work Engagement for Senior Employees program. Thus far, age management programs that have been implemented in the organizations have usually been directed primarily from top to down. This program brings the bottom-up perspective to the process: it considers the employees as active participants who cultivate their own and their peers’ positive worker identities and thus produce the potential change by themselves. Nevertheless, for a successful implementation of the program, support and organizational follow-up processes from leadership, availability of committed trainers and voluntariness of participants are crucial preconditions. The training in organizations takes 16 hours and the trainers are ideally employees from the organizations (e.g., personnel from the HR departments, industrial safety delegates) but can also come from pension or occupational health companies. The trainers participate in a trainer’s training (20 hours) at FIOH and obtain a certificate to work as a group facilitator. The trainers facilitate group discussions, encourage active participation and model, for instance, role play situations. The
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trainers execute the training by following the instructions of the standardized manuals developed by the FIOH. The user-friendly Trainer’s Manual and Participant’s Workbook are both available in English. The training is conducted by two trainers. An optimal group size is 10-15 participants. The Work Engagement for Senior Employees program have also some challenges. First, in small organizations the training needs external actors for applying it and expenses related to the training may be difficult to cover. Second, it is also possible that organizations are not keen to participate if they do not readily recognize benefits of preventive actions for them. Furthermore, all employees do not necessarily feel comfortable with group training and discussions and therefore hesitate to participate. The Work Engagement for Senior Employees program supports the main goal of the EXTEND by enhancing senior employees’ motivation to stay employed longer, which, in turn, may extend their working lifes and delay their early retirement. Moreover, the pre-assumption of the program is that the senior employees with less resources (i.e., lower education) would benefit from the resource enhancing training the most. It is believed that the employees with lower education see the risk of losing their working careers as more substantial due to their greater perception of age discrimination (Chou & Choi 2011). The perception of age discrimination may result from employees’ experiences that their skills and performance are not valued at work and they have less opportunities to compensate their age-related declines in health, for example, with more cognitive-based tasks.The program focuses on decreasing aging employees’ perception of age discrimination by enhancing their self-efficacies regarding seniority skills, such as assertiveness against age discrimination, recognizing own strengths and sharing experiencebased knowledge with colleagues and their confidence in dealing with career setbacks. With this respect, the program also shares the focal objectives of the EXTEND focusing on social inequalities and the practices that might mitigate them. The program also highlights resource-oriented perspective, which relates to the human capital approach of the EXTEND and emphasizes the development and change potential of employees. In addition, while enhancing late-career management preparedness, work ability and employability are defined as central individual resources in accordance with EXTEND.
11.4.4 Findings The Work Engagement for Senior Employees program is innovative as it has a bottom-up approach in finding solutions to employee-level problems in peer groups by enhancing individual resources. This kind of approach has rarely been implemented in the organizations in promoting employees’ longer career. In addition, the program is a part of larger career management concept changing the focus
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from purely age management issues to employees’ life-long career and career transitions. This approach has demonstrated its efficacy in the randomly assigned field experimental (RCT) study (Vuori et al. 2019) and can thus be seen as a sustainable (i.e., long-lasting) new development. Table 1: SWOT analysis
Strengths Bottom-up approach, Efficacy proved in the RCT study, Benefits especially senior employees with less resources, Empowers both participants and trainers, Standardized manuals.
Weaknesses Challenging to apply in small organizations, Cost-benefit analysis has not been done.
Opportunities Transferable to different organizations and cultures, Cost-efficient due to group-based learning.
Threats Organizations do not necessarily recognize the benefits of prevention, All employees do not want to share their experiences with colleagues.
The Work Engagement for Senior Employees program is, to our knowledge, the first behavioral intervention program among senior employees the efficacy of which has been evaluated in a RCT study (Vuori et al., 2019). In fact, the RCT is the most recommendable and reliable method in order to demonstrate the efficacy of intervention programs (Bloom 2006; White 2013). The RCT study revealed that the group training actually increased senior employees’ late-career management preparedness immediately after the training and decreased their perceived age discrimination and increased work engagement and future time perspective at work at six months follow-up. The results showed that the senior employees with enhanced late-career management skills perceived their work environment as more age-friendly and experienced higher work engagement and future time perspective at work. Thus, it seems that enhancing employees' resources for proactively managing their own late-career and adapting to the role of a senior employee can produce longer-term beneficial effects on their career and motivation. The RCT study also indicated that the training benefitted most the senior employees with a lower level of education and those with a younger supervisor in terms of lower perceived age discrimination.
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The successfulness of the program has also been assessed by the participants and facilitators of the group training. Their positive feedback demonstrated the utility of the program. According to the participants, the training provided them practical tools for dealing with age prejudice, taking care of themselves, coping with possible changes, taking care of social networks, and planning for their future. They also felt that the training motivated and empowered them and raised their self-confidence. The facilitators described how the group discussions offered them new insights and empowered them. The organizations especially appreciated, how the senior employees who participated in the training became more proactive and motivated at work. Moreover, they saw that the group discussions were useful for their aims to maintain focal organizational competencies while experienced employees were retiring. Many of the participating organizations were also interested in continuing and disseminating the program based on their own positive experiences on the effects of the program. What comes to transferability of the Work Engagement for Senior Employees program, we do not see any limitations why it cannot be applied successfully in both public and private organizations in different areas of business and in different countries and cultures. Thus far, the positive results of the program have been reported in various Finnish organizations (i.e., 17 private enterprises and state and municipal offices). In addition, the phenomena related to late-career management preparedness (i.e., skills, work ability, employability, preparedness against setbacks) are common to all employees and work organization. In middle-sized and big organizations, the group-based training can, in fact, be seen as cost-effective, as the training can be targeted simultaneously at several employees in the organizations’ own premises instead of sending those employees to external training. As mentioned earlier, the program itself is easy to apply which contributes to its’ transferability. Moreover, the FIOH offers support for the implementation of the program. The main lesson learned from the Work Engagement for Senior Employees program is that the employee-level participatory group processes can enhance senior employees’ personal resources, which help them to deal with career setbacks (e.g., perceived age discrimination) and increase their motivation to engage their work and career longer.
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11.5 Demografie-Tarifverträge in Deutschland – eine neue Gestaltungsoption Philipp Stiemke, Moritz Hess und Gerhard Naegele
11.5.1 Geschichte und Begründungen Die Einstellung der deutschen Tarifparteien, insbesondere aber der Gewerkschaften, zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit war jahrzehntelang und ist bei vielen noch heute ambivalent. Vor allem in den Branchen, in denen die gesundheitsbedingten Frühverrentungen hoch sind und die Arbeitsbedingungen als überdurchschnittlich belastend gelten, war die Position der hier vertretenen Gewerkschaften stark auf die Beibehaltung von Frühverrentungsoptionen und gegen die „Rente mit 67“ gerichtet (vgl. Kapitel 4.2.2.1 in diesem Buch). Allerdings wächst auch bei vielen Gewerkschaftsvertreter*innen das Bewusstsein, dass eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit in Anbetracht der multidimensionalen Herausforderungen des demografischen Wandels eine Option ist, mit der man sich kritisch und objektiv auseinandersetzen muss. Dennoch dominiert einerseits nach wie vor die Überzeugung, dass besonders die innerbetrieblichen Voraussetzungen dazu flächendeckend derzeit nicht gegeben sind. Andererseits besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass den Tarifparteien bei der Herstellung der Voraussetzungen eine wichtige Rolle zukommt. Auch auf Arbeitgeberseite ist die Position zur Verlängerung des Erwerbslebens immer noch nicht eindeutig. Zwar führen Arbeitskräftemangel und Wandel in der Arbeitslandschaft in vielen Betrieben zu einer „Wiederentdeckung“ älterer Beschäftigter als Produktivfaktor (BMFSFJ 2010), andererseits nutzen viele Branchen und Betriebe (betriebliche) Frühverrentungsoptionen immer noch als leicht umzusetzendes personalpolitisches Anpassungsinstrument; bei nach wie vor hoher Frühverrentungsbereitschaft seitens der Arbeitnehmer*innen einerseits und lange Zeit hoher Unterstützung seitens der Politik andererseits („Große Koalition für die Frührente“) (Naegele 1992). Auch auf europäischer Ebene ließ sich lange Zeit keine klare Strategie erkennen. Bereits 1997 betonte Walker (1997), dass es in Europa keine ernsthafte Übereinkunft zwischen den Sozialpartnern dahingehend gäbe, sich gemeinsam für eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit einzusetzen. Bis in das neue Jahrtausend hinein galt bei den europäischen Gewerkschaften die vorzeitige Verrentung in erster Linie als ein Instrument zur „Humanisierung der Arbeitswelt“ für ältere Arbeitnehmer*innen, eingebettet in ein weit verbreitetes positives „(Vor-)Ruhestandsbewusstsein“ bei den Arbeitnehmer*innen selbst (Naegele 1992).
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_15
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Viele Betriebe haben jedoch auch Frühverrentungsoptionen als personalpolitisches Instrument missbräuchlich genutzt, um die Beschäftigtenstruktur an veränderte Wirtschafts- und Marktsituationen anzupassen. Personalabbau traf so – vermeintlich „sozialverträglich“ – besonders ältere Arbeitnehmer*innen, um die Belegschaft zu verjüngen und somit das Qualifikationsniveau aufzufrischen. Diese Praxis wurde von „einer großen Koalition der Interessen“ (Naegele & Bauknecht 2017: 50) getragen und durch staatliche Frühverrentungsanreize finanziell abgesichert. Seit 2006 lässt sich in Deutschland eine „offizielle“ Wende erkennen, indem der demografische Wandel erstmals auch in eine tarifvertraglich zu regelnde betriebliche Gestaltungsaufgabe überführt wurde. In der Eisen- und Stahlindustrie wurde der erste Demografie-Tarifvertag abgeschlossen, der als Beginn eines bemerkenswerten Paradigmenwechsels in der bisherigen Praxis des betrieblichen Umgangs mit alternden Belegschaften gilt; zumal die Eisen- und Stahlindustrie mit ihrer branchentypischen Belastungskumulation und einer durchschnittlich höheren Altersstruktur schon immer besonders hohe Frühverrentungsquoten kannte. Mittlerweile gibt es in Deutschland Demografie-Tarifverträge in 13 Branchen und großen Unternehmen (Stand 2014) (INQA 2014)1, obei die Eisen- und Stahlindustrie – von EXTEND als „Good Practice“ auf Meso-Ebene ausgewählt – und die chemische Industrie (BAVC 2008) als Vorläufer gelten.2 Wenn auch die Einzelinteressen dafür durchaus unterschiedlich zwischen der zuständigen Gewerkschaft (IG Metall) und den Arbeitgebern der Eisen- und Stahlindustrie (Arbeitgeberverband Stahl e.V. 2014) waren, so reichten sie doch aus, um erstmals bundesweit einen branchenweiten Demografie-Tarifvertrag zu vereinbaren. Auch wenn die Verlängerung der Lebensarbeitszeit keineswegs als explizites Ziel Erwähnung findet (eher z.T. sogar konträr dazu, denn die Optionen Frühverrentung und Verjüngung der Belegschaften wurden explizit aufgenommen und durch branchenspezifische Arbeitsbedingungen und das hohe Durchschnittsalter der Beschäftigten in der Branche legitimiert), so lassen sich die getroffenen
1
Neben dem hier behandelten Tarifvertrag gab es 2014 in folgenden Branchen und Betrieben Demografie-Tarifverträge: Qualifizierungstarifvertrag in der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg, Tarifvertrag Lebensarbeitszeit und Demografie (Chemie, Kunststoff), Betriebliche Gesundheitsförderung im Sozial- und Erziehungsdienst, Arbeit und Demografie in der Wasserwirtschaft NRW, Nahverkehr, Universitätskliniken Baden-Württemberg, Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein AG, Altersgerechtes Arbeiten und Zeitwertkonto bei der Deutschen Post AG, Deutsche Bahn AG, Konzernweites Gesundheitsmanagement bei IBM (INQA 2014). 2 Der inzwischen mehrfach fortgeschriebene Tarifvertrag „Lebensarbeitszeit und Demografie“ für die chemische Industrie von 2008 gilt deshalb als beispielhaft, weil er mehrere sozialpolitisch relevante Instrumente miteinander kombiniert, so z.B. eine verpflichtende Altersstrukturanalyse, die Ermöglichung von Langzeitkonten oder die Bildung eines arbeitgeberfinanzierten Demografie-Fonds, mit dem beispielsweise eine zusätzliche Altersvorsorge aufgebaut werden kann (Bäcker, Naegele & Bispinck 2020; Bd. I, Kap. IV).
Demografie-Tarifverträge in Deutschland
213
Fördervereinbarungen doch als Meilensteine für eine nachhaltige Personalpolitik unter sozialpolitischen Gesichtspunkten interpretieren (Katenkamp et al. 2012).
11.5.2 Ziele und Instrumente In der Präambel des gemeinsamen Rahmentarifvertrages der Eisen- und Stahlindustrie sind folgende Ziele vereinbart (Tarifvertrag zur Gestaltung des demographischen Wandels 2006: §1):
Schaffung alternsgerechter Arbeitsbedingungen, Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Mitarbeiter*innen, Unterstützung und Verbesserung ihrer Beschäftigungsfähigkeit, Schaffung von Optionen für einen vorzeitigen Ausstieg und/oder eine reibungslose Verrentung, Verjüngung der Belegschaften.
Während die ersten beiden Ziele bessere Arbeitsbedingungen insbesondere für ältere Arbeitnehmer*innen und dabei explizit auch die Generationengerechtigkeit adressieren, beziehen sich die letzten beiden auf die Beibehaltung von gewohnten Frühverrentungspraktiken. Es lassen sich somit zwei implizite Motive erkennen: Einerseits soll die Verlängerung des Erwerbslebens ermöglicht werden, andererseits sollen auch Frühverrentungsoptionen erhalten bleiben. Der Maßnahmenkatalog ist vielfältig und flexibel, um unterschiedliche (branchentypische) betriebliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen bzw. Unternehmen genügend Spielraum für eigene betriebsspezifische Lösungen zu bieten. Zentrale Grundlage für alle Tarifpartner ist die zwingend vorgeschriebene Altersstrukturanalyse (BAuA & INQA 2011). Dabei müssen insbesondere Qualifikationsdimensionen sowie gesundheitliche Belastungen und Gefahren in der Arbeit beachtet werden. Diese Analyse soll alle drei bis fünf Jahre wiederholt werden. Die daraus abgeleiteten Erkenntnisse müssen dann in von Arbeitgebern sowie Betriebsräten gemeinsam entwickelte Maßnahmen überführt werden. Der Tarifvertrag zur Gestaltung des demographischen Wandels in der Eisen- und Stahlindustrie benennt dabei u.a. folgende Aspekte:
Altersstrukturanalyse, Gesundheitsförderung, Alternsgerechte Anpassung von Arbeitsbedingungen, Arbeitsprozessen und Arbeitsorganisation, Qualifizierung, Reduzierung von Belastungsspitzen, Belastungswechsel,
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Bildung von altersgemischten Teams, Arbeitszeitgestaltung, Gesundheits- und arbeitsgerechte Ressourcenplanung, Motivation der Mitarbeiter*innen zu gesundheitsbewusstem Verhalten, Nutzung von Langfristkonten (Überstunden) zur Verkürzung der Lebensarbeitszeit, Verjüngung der Belegschaften durch vermehrte Übernahme von Auszubildenden, Einrichtung eines Fonds „Demografischer Wandel“ zur Finanzierung zusätzlicher Aufgaben.
Ein nicht zu unterschätzendes und übergeordnetes Ziel liegt jedoch auch (implizit) in der Sensibilisierung von Betrieben und Unternehmen auf Aspekte demografischer Veränderungen: „Er [der Demografie-Tarifvertrag] ›zwingt‹ die Unternehmen ein wenig zu ihrem Glück, indem er diese zumindest dazu nötigt, sich mittels Altersstrukturanalyse ein Bild von der mittelfristigen Personalsituation in ihrem Unternehmen zu machen. Auf Basis dieser Erkenntnisse werden dann im Regelfall weitere Aktivitäten im Sinne der betrieblichen Demographiearbeit sowie einer alter(n)sgerechten Arbeitswelt stattfinden. Denn wer möchte schon in ein paar Jahren ohne, mit zu wenig Personal oder nicht geeignetem Personal dastehen? Insofern ist eine tarifpolitische Flankierung der betrieblichen Demographiearbeit sinnvoll – sorgt sie doch dafür, dass sich Unternehmen – vielleicht zum ersten Mal – mit dem Thema beschäftigen“ (BAuA & INQA 2011: 59).
11.5.3 Bewertungen Entsprechend der sozialen und branchenspezifischen Konstellationen haben sich die Tarifparteien nach längeren Debatten über Inhalte des ersten deutschen Demografie-Tarifvertrages geeinigt und ihn am 1. November 2006 in Kraft gesetzt. Wenige Tage später, am 9. und 10. November, stellten die beteiligten Unternehmen beim „Stahldialog“ ihre jeweiligen operativen Programme vor (Katenkamp et al. 2012). Entsprechende Instrumente zur aktiven Beteiligung der Mitarbeiter*innen sind seither verfügbar, wurden und werden aber nicht immer flächendeckend umgesetzt. Die bisher ergriffenen Maßnahmen richten sich in erster Linie an die Mitarbeiter*innen selbst und weniger an die Betriebe und Unternehmen. Sie umfassen beispielsweise präventive Gesundheitsmaßnahmen, allerdings mit Fokus auf verhaltenspräventive Komponenten. Demgegenüber gestalteten sich die Initiativen der verhältnispräventiven Komponenten in Arbeitsorganisation und Arbeitszeitgestaltung als eher zurückhaltend, obwohl ihre Wirkung auf die Verlängerungen von Erwerbsleben vermutlich größer wären – besonders unter Berücksichtigung der branchenspezifischen Arbeitsanforderungen in der Eisen- und Stahlindustrie.
Demografie-Tarifverträge in Deutschland
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Gründe hierfür liegen in weitaus höherer Komplexität sowie Kostenintensität (Katenkamp et al. 2012). Zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung der tarifvertraglichen Regelungen in den Betrieben ist es, die Herausforderungen der demografischen Alterung zu erkennen und ihnen eine entsprechend hohe Priorität einzuräumen. Hierzu konnten und können Demografie-Tarifverträge einen wichtigen Beitrag leisten. Dazu sind jedoch zum einen engagierte Betriebsräte und Vertrauensleute und zum anderen motivierte Mitarbeiter*innen erforderlich. Voraussetzung für die Umsetzung von Maßnahmen ist eine detaillierte und substanzielle Altersstrukturanalyse. Erfolgt diese unzureichend, sind Fehleinschätzungen und somit negative Folgewirkungen unausweichlich. Zur Steigerung der Motivation der Mitarbeiter*innen bedarf es in den Unternehmen und Betrieben entsprechender menschlicher wie fachlicher Ressourcen, die nur auf einer grundsätzlichen Überzeugung heraus erwachsen. Zudem begrenzen ein schwacher oder fehlender gewerkschaftlicher Organisationsgrad eine flächendeckende Implementierung. Den Gewerkschaften kommt somit eine ganz zentrale Rolle bei Einführung, Gestaltung, Umsetzung und Koordination von demografiesensiblen Maßnahmen und Zielen zu. Das Projekt EXTEND fokussierte besonders soziale Ungleichheiten und deren (gruppenbezogenen) Wirkungen, so etwa bei Geringqualifizierten oder Frauen. So sind zwar Frauen in der Eisen- und Stahlindustrie mit einem BranchenBeschäftigtenanteil von 8,9 Prozent (Wirtschaftsvereinigung Stahl 2014) extrem unterrepräsentiert; dies trifft aber auf andere Branchen bzw. Betriebe und Unternehmen mit Demografie-Tarifverträgen (z. B. auf die Deutsche Bahn AG) nicht zu. Auch gilt, dass Demografie-Tarifverträge nur die Branchen mit ihren jeweiligen Beschäftigten erreichen (können), für die sie abgeschlossen wurden. So erweitern Demografie-Tarifverträge nur in einigen Tarifbereichen das inhaltliche Spektrum der klassischen Altersteilzeit-Tarifverträge (Bispinck 2016). Branchen und Betriebe ohne einflussreiche Gewerkschaften sind nicht erfasst, und somit profitieren hier die Beschäftigten nicht von Demografie-Tarifverträgen und deren Maßnahmen. Dies betrifft auch Bereiche, wo Demografie-Tarifverträge dringend gebraucht werden, wie etwa im professionellen Gesundheits- und Pflegesektor (vgl. Kapitel 10 in diesem Buch). Dem entspricht (ergänzend) auch eine Beurteilung der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA)3, die Chancen und Probleme betrieblicher Demografiearbeit zusammengefasst haben. Als Blockaden identifizieren BAuA & INQA (2011):
3
INQA wurde 2002 als gemeinsames Bündnis aus Politik, Gewerkschaften, Sozialversicherungsträgern, Stiftungen und engagierten Unternehmen gegründet. Das selbstberichtete Ziel liegt in der Schaffung von gesunden und persönlichkeitsfördernden Arbeitsbedingungen und somit in einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen (BAuA & INQA 2011).
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„Vorherrschende Vorruhestandskultur“ (ebd.: 39), „Fehlende Legitimation für Maßnahmen wegen eines geringen unmittelbaren Problemdrucks“ (ebd.: 40), „Ökonomische und betriebswirtschaftliche Zwänge“ (ebd.: 41), „Innerbetriebliche Widerstände“ (ebd.: 42), „Problematische zwischenmenschliche Konstellationen“ (ebd.: 44) und „Fehlendes Know-how im Betrieb“ (ebd.: 45).
Eine SWOT-Analyse führt zu folgenden Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken des Demografie-Tarifvertrages in der Eisen- und Stahlindustrie: Übersicht 1: SWOT-Analyse
Stärken allgemeine Stärkung des Bewusstseins für den demografischen Wandel, Tarifverträge als eine Antwort auf den demografischen Wandel akzeptiert, damit per se innovatives Konzept, Maßnahmen mit positiven Wirkungen für Verlängerung des Erwerbslebens erkannt und aufgegriffen, positives Feedback und Beteiligung von Mitarbeiter*innen und Management erreicht, offenes und interpretationsfähiges Design mit Raum für betriebsspezifische Optionen.
Schwächen selektiver Verbreitungs- und damit Erreichungsgrad, viele typische Arbeitsplätze älterer Arbeitnehmer*innen in der Eisenund Stahlindustrie scheinen ungeeignet für ein Älterwerden im Betrieb und auf dem angestammten Arbeitsplatz. Design des Demografie-Tarifvertrags nicht zur Lösung von Implementationsproblemen geeignet.
Chancen Demografie-Tarifverträge als dynamische und wachsende Vereinbarungen gut zur Weiterentwicklung geeignet, offenes und interpretationsfähiges Design mit Raum für betriebsspezifische Optionen.
Risiken Ausschluss durch sektorale und betriebsspezifische Einengung des Wirkungskreises, zielt nicht explizit auf den Abbau von sozialen Ungleichheiten, laufende Evaluierung nicht vorgesehen.
Demgegenüber ergeben sich jedoch auch mittel- und langfristige Chancen aus Demografie-Tarifverträgen für Unternehmen und Betriebe, die sich aus den identifi-
Demografie-Tarifverträge in Deutschland
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zierten Blockaden ableiten. So führen BAuA und INQA (2011) hierzu u. a. Sensibilisierung und gute Vorbereitung der Betriebe auf zukünftige Herausforderungen, gesteigertes kooperatives Verhältnis sowie Durchsetzungsfähigkeit der Akteure im Betrieb in Bezug auf demografiesensible Maßnahmen, und einen Know-how Transfer (innerbetrieblich sowie durch externe Impulse) an. Hierzu müssen jedoch nach BAuA und INQA (2011) folgende Chancen wahrgenommen und genutzt werden:
„Vorruhestandskultur überwinden“ (ebd.: 39), „Längere Planungshorizonte durch betriebliche Stabilität“ (ebd.: 40), „Neue Sicht auf Investitionsentscheidungen“ (ebd.: 41), „Mobilisierung von innerbetrieblichen Ressourcen“ (ebd.: 43), „Betriebsparteien ziehen an einem Strang“ (ebd.: 44), „Externe Impulse nutzen“ (ebd.: 46).
11.5.4 Fazit Das Konzept des „wachsenden“ Demografie-Tarifvertrags mit seinen offenen Gestaltungsmöglichkeiten bietet die Möglichkeit, sich an veränderte und betriebsspezifische Rahmenbedingungen bzw. Erfordernisse anzupassen sowie auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren. Werden die Maßnahmen umgesetzt und die Ziele erreicht, kann der Demografie-Tarifvertrag langfristig eine richtungsgebende und vorbildhafte Funktion für Betriebe und Mitarbeiter*innen in anderen Branchen einnehmen und zumindest indirekt mit dazu beitragen, dass Beschäftigte länger im Betrieb und an ihren Arbeitsplätzen verbleiben können. Ein weiterer Effekt ist, dass Betriebe sich erfolgreich dem demografischen Wandel und der damit verbundenen Alterung ihrer Belegschaft stellen können, um wettbewerbsfähig und attraktiv für neue, junge Mitarbeiter*innen zu sein. „In Sachen betrieblicher Demographiearbeit liegt noch vieles im Argen. Deshalb an dieser Stelle der dringende Appell: Vieles muss jetzt (und ohne aktuelle Not!) angegangen werden, denn morgen ist es für viele Lösungen bereits zu spät! Darum ist ein Umdenken in den Betrieben notwendig. Neben der Kurzfristorientierung im operativen betriebswirtschaftlichen Bereich muss eine zweite betriebliche Ebene eingezogen werden, die sich mit der mittel- und langfristigen Wettbewerbs- und Zukunftssicherung des jeweiligen Unternehmens befasst.“ (INQA 2011: 59). Demografie-Tarifverträge können auf diesem Wege wichtige Anstöße geben. Sie beinhalten Maßnahmen, die Gesundheit und Kompetenzen der Arbeitnehmer*innen fördern und somit den Betrieben und Unternehmen helfen, sich den Herausforderungen des demografischen Wandels zu stellen.
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Verwendete und weiterführende Literatur Bäcker, G., Naegele G. & Bispinck, R. (2020): Sozialpolitik und soziale Lage in Deutschland. Bd II. 6 grundlegend überarbeitete und erweiterte Auflage: Wiesbaden: Springer VS. Bispinck, R. (2016): Arbeitszeit – was bietet der tarifvertragliche Instrumentenkoffer? Elemente qualitativer Tarifpolitik Nr. 82. Düsseldorf: WSI-Tarifarchiv. BAVC (Bundesarbeitgeberverband Chemie) (2008) (Hrsg.): Tarifvertrag „Lebensarbeitszeit und Demografie” mit der IG Bergbau, Chemie, Energie vom 16.4.2008. Wiesbaden: Vervielfältigung. BMFSFJ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) (2010): Sechster Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland – Altersbilder in der Gesellschaft und Stellungnahme der Bundesregierung. Drucksache 17/3815. Berlin. IG Metall (2018): Aufgaben und Ziele der IG Metall (01.05.2018). https://www.igmetall.de/aufgabenund-ziele-der-ig-metall-143.htm (letzter Aufruf: 16.05.2018). BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) & Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) (Hrsg.) (2011): Arbeitsfähigkeit erhalten und fördern – Chance für Betriebe und Tarifpolitik. https://www.inqa.de/SharedDocs/PDFs/DE/Publikationen/arbeitsfaehigkeit-erhalten-foerdern.pdf;jsessionid=A7CF49B09BA68A0791D452B2579EB7A8?__blob=publicationFile&v=1 (letzter Aufruf: 22.11.2019). INQA (Initiative Neue Qualität der Arbeit) (Hrsg.) (2014): Monitor – Tarifverträge zur Gestaltung der Qualität der Arbeit. Ein aktueller Überblick über Vereinbarungen zu alternsgerechten und demografiefesten Arbeitsbedingungen. Berlin: Eigenverlag. Katenkamp, O., Martens, H., Georg, A., Naegele, G. & Sporket, M. (2012): Nicht zum alten Eisen! Die Praxis des Demographie-Tarifvertrags in der Eisen- und Stahlindustrie. Hans-Böckler-Stiftung (Hrsg.). Berlin: edition sigma. Naegele, G. (1992): Zwischen Arbeit und Rente. Augsburg: MARO Verlag. Naegele, G. & Bauknecht, J. (2017): Strategies (´Action Plan`) for extending working lives. Raising older workers` employment rates and intensifying lifelong learning in later working life. MOPACT WP 3, Task 5. Dortmund: Forschungsgesellschaft für Gerontologie. Walker, A. (1997): Combating age barriers in employment: European research report. Dublin: Eurofound. Wirtschaftsvereinigung Stahl (2014): Frauen in der Stahlindustrie. 28.08.2014. https://www.stahl-online.de/wp-content/uploads/2015/08/20140828_Veroeffentlichung_Frauen.pdf (letzter Aufruf 22.11.2019).
12. Economic evaluation of „good practices” in the EXTEND context Mariann Rigó und Moritz Hess
12.1 Introduction Demographic ageing is one of the most persuasive phenomenon in our century, and has influence on several aspects of our public and private lives. People are expected to work longer to alleviate the financial burdens of the social security system. This elicits several questions faced by policy makers and workplace managers. How well can we keep older people at work? What can we offer them to maintain their health, well-being and productivity? What will that cost for companies? What are the gains at societal level? The present analysis aims to give insight into the firms’ financial perspectives. Specifically, the potential benefits of introducing specific human resource management (HRM) measures to maintain employees longer at work will be discussed. While focusing solely on firm-level benefits offers a narrow perspective, EXTEND found it particularly useful as a first step to pave the way for further analysis. This chapter provides empirical evidence on the use and financial impacts of two types of company-level HRM policies, age and health management measures, using the German IAB Establishment Panel1. EXTEND`s choice of company-level policy measures was motivated by previous literature indicating e.g. that the financial returns of introducing health management measures are positive (e.g. Henke et al. 2011), specific health measures lead to productivity advantages (Mills et al. 2007) or lower absenteeism (Schultz et al. 2002), and that the relative productivity of older workers was found to be higher in firms with specific age-management measures (Eitner & Naegele 2013; Göbel & Zwick 2013). EXTEND`s analysis at the firm-level focuses on two specific HRM policies: health management and age-management policies.
12.2 Potential benefits of specific HRM policies Company-level HRM measures have the potential to provide an adequate and supportive working environment. Their impacts can be sizeable at employee, firm and at national level. Possible benefits at various levels are summarized by Figure 1.
1
The analysis used the 2000 -2015 waves of the IAB Establishment Panel, project number fdz1381. Data access was provided via on-site use at the Research Data Centre (FDZ) of the German Federal Employment Agency (BA) at the Institute for Employment Research (IAB) and subsequently remote data access.
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_16
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Mariann Rigó & Moritz Hess
Figure 1: Potential benefits of specific HRM measures
A variety of HRM measures can be used by companies to sustain their employees longer at the firm. Health measures can include health prevention measures, onsite or external courses to increase the health awareness of employees, possibilities to promote the physical activity, as well as the provision of medical treatment or psychological counselling. Work-family balance programs primarily target employees with dependent children or with dependent relatives being in need of care, and they include the provision of childcare facilities, financial assistance, or the opportunity to manage flexible working time, e.g. by offering flexi-time, homebased work or part-time work. A third group of measures are specific age-management measures that target explicitly the older employees at the firm and try to ensure appropriate working conditions for them in order to improve their ability and willingness to stay employed at least until the official retirement age. These policy measures can include e.g. specific equipment, reduced working time, mixed-age working teams, and training for older employees. While health management and work-family balance policies have the potential to cover all employees of the firm according to their needs, and as such, they belong to the life-cycle oriented HRM methods, age-management policies primarily target all employees over 50. The recent trends in HRM management point to the beneficial impacts of using a life-cycle oriented approach (Flüter-Hoffmann 2010; Hammermann &
Economic evaluation of „good practices” in the EXTEND context
221
Stettes 2014; Ilmarinen 2005), however, they are not widespread yet. Therefore, at the moment, age-management measures directly targeting all employees over 50 can be considered as an important tool to improve the workability of older employees. Beneficial impacts on the employee can be realized through improved health, increased physical and mental capacity, higher job satisfaction and well-being, and improved workability (Riedel et al. 2001). Specific HRM policies may also act as a signal to the employees that the firm cares about their well-being, which, in turn, may increase employees’ job satisfaction, effort and motivation, which might again translate to better productivity outcomes (Giardini & Kabst 2008). These advantageous outcomes are strongly related to organizational performance. Healthier employees have less absent days, are more productive, and are able to work longer implying firm-level reductions in employee turnover and hiring costs, and in general higher employee productivity. Building a better corporate image may attract better pool of candidates leading to lower hiring costs. A better corporate climate can lead to higher organizational commitment and loyalty of the employees (Perry-Smith & Blum 2000; Giardini & Kabst 2008). The impacts at national level are governed, at first, by directly alleviating the burdens of the social security systems via prolonging employees’ working lives and second, by improving individuals’ workability. From the point of view of prevention, specific HRM measures can reduce the incidence of unemployment spells or involuntary retirement. Previous (mostly US-based) empirical evidence on the impacts of workplace health promotion programs found that these programs do not only contribute to increasing the productivity and health status of employees but are also financially beneficial for firms, e.g. in certain cases, they are “paying off” (Millis et al. 2007; Baicker, Cutler & Song, 2010). Several studies found additional beneficial impacts in the form of lower sickness days (Bertera 1990; Aldana 2001). Work-family balance practices have been found to be associated with lower absenteeism using German data (Giardini & Kabst 2008), and improved organizational performance analysing US data (Perry-Smith & Blum 2000; Clifton & Shepard 2004). Beckmann (2016) documents positive productivity effects after the introduction of flexible working time using the German IAB Establishment Panel. Göbel and Zwick (2013), also using the German IAB Establishment Panel, found that the use of agemanagement HRM policies is associated with higher relative productivity of older employees in those firms. Eitner and Naegele (2012) based on a German survey of 3,107 employees documented several beneficial impacts of age-friendly corporate attitude. For instance, employees in firms offering age-management measures perceived less frequently age discrimination, feel more capable to work until the
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Mariann Rigó & Moritz Hess
official retirement age, and have a higher level of job satisfaction. Descriptive evidence on the use of health management measures in Germany is provided by Hollederer & Wießner (2015).
12.3 Database and statistical analysis EXTEND used the 2002-2015 waves of the German IAB Establishment database (Fischer et al. 2009; Ellgut et al. 2014), which is a large German representative firm-level survey with detailed information on firm attributes, accounting information on firm performance, and selected waves include information on the use of specific HRM measures. The first wave was conducted in 1993, and the annual waves include ca. 16,000 establishments. EXTEND used two measures of firm performance in the analysis: The primary performance measure is labor productivity defined as sales (business volume) per employee. This measure of firm performance has often been used in previous studies analysing the correlates of firmlevel productivity (e.g. Lovász & Rigó 2013; Beckmann 2016). EXTEND`s second candidate performance measure is related to firm-level profitability and includes responses on the question “How was your profitability last fiscal year: very good, good, satisfactory, sufficient or unsatisfactory”. Though this measure is less precise and closer to subjective measures, EXTEND feels that it is more objectively linked to firm performance and is a better proxy of available firm-level financial resources than some of the subjective measures used in previous studies 2. Besides the financial performance variables, EXTEND used information on the number of employees, industrial activity (11 NACE category), whether the firm has concluded collective agreement and whether it has any kind of staff representation. These variables will be used as control variables in EXTEND`s regression analysis. The key explanatory variables are the “HRM status dummies” taking the value of 1 if the firm has introduced specific HRM measures and being 0 otherwise. EXTEND is using several variants of “HRM dummies” specified in the section below. Waves 2002, 2008, 2011 and 2015 of the IAB Establishment Panel include information on age-management practices. Specifically, managers have been asked whether the following five age-management practices are used in their establishment: partial retirement, mixed age teams, lower requirements for older employees, special equipment for older employees or training for older employees. Waves 2011 and 2015 additionally included the information whether the firm involves older employees into health promotion programs. These measures, termed by Göbel and Zwick (2013) as specific measures for old employees, are primarily
2
E.g. the Cranet database used by Giardini and Kabst (2008) included information to the following question: “Compared to other organizations in your sector, where would you rate your performance … top 10%, upper half, lower half?”.
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223
targeted to enhance the productivity of older employees by adapting the work environment (e.g. to compensate for the often reported hearing or sight losses of older employees), or by ensuring a gradual phase out of employment, providing “bridge jobs” to better fit their working capabilities or by creating mixed-age working teams to utilize synergies stemming from the strengths of various age groups. Waves 2002, 2004 and 2012 offer information about the health management measures implemented by the companies: „Are you taking or financially supporting additional measures to protect or enhance the health of your employees?” Possible responses are in 2002 and 2004 as follows: (1) sick leave analysis, (2) questions about workplace health protection, (3) health meeting, (4) courses in health protective behavior, (5) other measures. The survey is more detailed in 2012 with possible responses: (1) sick leave analyses, (2) staff surveys about health protection at work, (3) health working group, (4) in-company activities (e.g. organization of active breaks, company sport activities, health awareness days, health checks, physiotherapy), (5) training or advisory service for employees (e.g. concerning addiction issues, psychological problems or nutrition issues), (6) financial support for health promotion activities outside the firm, (7) participation in a network for company health management (e.g. cooperation with health insurances), (8) other measures. Age and health management measures are analysed both separately and in the form of composite indices. The three main HRM status variables were defined as follows: A composite age-management dummy variable is defined as 1 if the firm uses any of the seven available single age-management measures. Indicated by previous empirical evidence (Göbel & Zwick 2013), some of the age-management policies are poorly implemented, perform as a substitute of early retirement and do not contribute to prolonging working life. Moreover, in the management and psychology literature (Ilmarinen 2005; Hammermann & Stettes 2014) there is more and more emphasis on focusing on employees in all age groups, and provide targeted incentives for them throughout their life-cycle to improve their workability and to stay employed as long as possible or necessary. Therefore, EXTEND devotes special attention to (1) age-management measures, which target older employees, but aim to improve their workability, and to (2) health measures, which may provide appropriate incentives and possibilities for employees in all age groups to improve their health and health awareness. Therefore, beside the composite age-management index based on any of the available seven single measures, EXTEND defines a second composite age-management dummy being 1 if any of the following four, in EXTEND`s view „innovative”, measures are used in the firm: mixed age teams, special equipment for older employees or training for older
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224
employees (two types of training variables). EXTEND`s third HRM status variable is the composite health management dummy being equal to 1 if any of the separate health management measures is used by the firm.
12.4 Empirical evidence Age-management measures Figure 2 illustrates the percentage of companies having implemented specific agemanagement measures3. Figure 2: Distribution of age-management measures (%) – Germany 2002 and 2015 compared 0%
10%
20%
partial retirement special equipment lower job performance requirement mixed age teams further training activities special further training
2002 2015
health promotion programs other measures composite measure (7): at least one measure composite measure (4): at least one measure
According to the composite age-management measure based on all single items, their use has not been more popular in 2015 compared to 2002. Among the single specific measures, mostly a slight increase took place. However, the popularity of partial retirement schemes has fallen back remarkably. While in 2002, 11.3 percent of firms offered partial retirement schemes, its prevalence fall back to 4.9 percent by 2015. This negative change is driving the trend in the composite measure based on all available single items. The change from 2002 to 2015, based on the fouritem composite age measure, is positive: the share of firms implementing at least 3
All coverages shown in the following Figures 2 - 4 have been computed using weights provided by the IAB Establishment Survey.
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225
one of the four „innovative” age-management measures has increased from 10,6 to 11,5 percent. The remarkable decline in the use of partial retirement schemes has to do with regulatory changes from 2009 onwards which will not be tackled here in detail. In most cases it has been misused as a tool to foster early exit (Bäcker & Naegele 2017) (see chapter 4.2.2.1 in this book). Due to the specificities of the German partial retirement regulation and its change, EXTEND focuses its analysis on the four-item composite age-management measure, believing that these measures capture better the overarching aim of EWL. Using this measure also takes explicitly into account previous research demonstrating that using „real” partial retirement schemes have not led to a later work exit but even to a reduction in work-volume measured in working hours – compared to fulltime work (Bauknecht, Gerling & Hess 2016). Figure 3 demonstrates the coverage of age-management measures by firm size and shows that they are much more common in larger firms. This might be explained by the better return to scale in larger firms. HRM measures are easier to set into operation, and staff requirements are easier to fulfil in bigger companies. Figure 3: Coverage of age-management measures (4) by firm size (%) – Germany 2002 and 2015 compared
less than 50
50-100 2015 2002 100-300
over 300
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
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226
Health management measures As Figure 4 shows, health management measures have been more and more popular irrespective of industrial affiliation. Figure 4: Coverage of health management measures by sectors (%) – Germany 2002 and 2012 compared TOTAL other human health and social work education financial and industrial services transport and communication
2012
wholesale and retail trade
2002
construction heavy industry light industry mining, energy agriculture, hunting, forestry 0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
The sharpest increase occurred in the health and in the education sector where the coverage improved by 15 percentage points reaching around 45 percent by 2012. The coverage in 2012 was the highest in the sectors mining and energy, human health and social work and in the education sector. Our data demonstrate that the coverage monotonically increases with firm size (in 2012, from 25,5 percent in companies less than 50 employees to 95,1 percent in firms with more than 300 employees). The changes in the coverage rate over time, particularly from 2004 onwards, may partly mirror the more pronounced articulation of EU directives and guidelines.
12.5 Evidence on financial performance by HRM status In EXTEND`s regressions labor productivity is regressed on the HRM status dummy and other control variables. The HRM status describes whether the firm has introduced specific age or health management measures. Its value is 1 if the firm has implemented specific measures, and zero otherwise. Its estimated coefficient is the estimate of the productivity differential in percentage points between the groups of firms with and without such measures. As it may take time that such management policies have impact on firms’ financial performance, EXTEND used 2-year lagged values of the HRM status (see. e.g. Giardini & Kabst 2008). Besides,
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227
controls for several observable characteristics of the companies were introduced: sectoral affiliation (11 industry dummies), firm size, whether the firm belongs to a collective agreement, the existence of company-level staff representation, and dummies for the year of observation. Figure 5 illustrates the cross-sectional estimates of productivity differences, using the various HRM status indicators (fouritem based composite age-management index, involvement of older employees into health management programs, composite health management index, active company-level health policies). The OLS regressions provide a cross-sectional estimate of the average differences between the two groups of companies (with and without specific HRM measures), taking into account several observable firm characteristics. As Figure 5 demonstrates, firms having introduced at least one type of agemanagement policies out of the four measures, are, on average, 18.8 percentage points more productive compared to firms without such measures. The productivity gap is largest between firms with and without „active firm health measures”. In that case, it amounts to 25 percentage points. Therefore, the available evidence regarding labor productivity differentials and impact on labor productivity documents no disadvantageous effects. Firms having introduced specific HRM measures tend to be, on average, 20-30 percentage points more productive than firms without such measures. Figure 5: Estimated labor productivity differentials 0,3 0,25 0,2 0,15 0,1 0,05
Active firm health measure
at least one health measure
involvement of older employees into health promotion
at least one age management measure (4)
0
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228
Next, EXTEND carried out logit estimations to see whether the probability that the firm is reporting high profitability is related to the use of specific HRM measures. Figure 6 summarizes the results. The probability of reporting high profitability is higher among firms with age or health management measures 4. Figure 6: Logit estimation: probability of having high profitability. 0,25
0,2
0,15
0,1
0,05
0 at least one age management measure (4)
at least one health measure
12.6 Summary and key policy implications EXTEND`s analysis aimed to get insight into the economic consequences related to the use of specific HRM methods. The respective analysis was focused on agemanagement measures targeting older employees, and on health management measures potentially targeting employees from all age groups. It could be found that (1) an increase in the coverage of both age and health management policies could be detected over time. (2) The coverage rate is outstandingly high among large companies with more than 300 employees compared to small firms with less than 50 employees. In case of health measures, large firms are almost universally 4
Profitability is subjective measure with a scale from 1 to 5 with the categories of very good, good, satisfactory, sufficient, unsatisfactory. The estimated coefficient in case of our four-component agemanagement measure is 0.8 implying that for a 1-unit increase in the HRM status of the firm (turning from no HRM measures to HRM measures), 0.08 increase is expected in the log odds of the dependent variable (having high profitability), holding all other independent variables constant. These estimates tell only about the relationship between the dependent and independent variables, as the dependent variable is on the logit scale.
Economic evaluation of „good practices” in the EXTEND context
229
covered, while only quarter of the small companies uses any of the health policies. (3) EXTEND`s calculations suggest that the use of age- or health management measures is associated with 20-30 percentage points higher productivity, and firms with such measures are also more likely to have higher profitability. These results are robust including a wide range of explanatory variables. The key message is that the use of firm-level specific HRM measures has remarkable advantages, they have the potential to “pay off”. Introducing such measures is associated with higher productivity and higher profitability in those firms. Additionally, though not quantified in EXTEND`s present study, their use can be associated with higher job satisfaction, better corporate attitude of the employees, thus, may be a win-win instrument for managers yielding positive returns not only to company performance, but also to employees. Therefore, EXTEND`s results should encourage firm managers to engage in the use of specific HRM methods, to invest in introducing them and to carry out a systematic evaluation. As the gains of introducing specific HRM measures are potentially huge, research should further increase the awareness of company managers towards this policy device. Selected HRM policies could be a viable tool to overcome the problems of employee turnover and hiring difficulties. Further attention should be directed to productivity and financial performance consequences both based on large surveys and company-level case studies. Special attention should be devoted to promote the completion of firm-level case studies, which are almost non-existent in Europe. The possibilities of carrying out quantitative analysis based on case studies are rather limited in Germany. Change in data administration regulation would be necessary to help gaining more insight into the mechanisms how and to what extent specific HRM measures influence various dimensions of companylevel benefits and costs. EXTEND`s descriptive evidence documents that larger firms are more likely to offer their employees specific HRM measures due to their better returns to scale in such companies. However, in case the beneficial impacts of these HRM measures have been documented by subsequent studies, national level actions could consider promoting their use among smaller and middle-sized companies. Both managers and researchers have a long way to learn more about the impacts and consequences of firm-level HRM measures. One should learn more about their within-firm coverage, about the specific target group, and the impacts within that target group. This would only be possible using within-firm employee level data. As the main policy conclusion of EXTEND`s analysis, the importance of economic evaluation related to specific policy instruments can be stressed. Economic evaluation is a necessary and significant tool to enhance the use of such measures, and to convince the key persons at various levels to get engaged in using them. Our analysis suggests that the use of such instruments is potentially beneficial for
230
Mariann Rigó & Moritz Hess
companies. Therefore, our analysis has an encouraging message promoting the use of such company-level HRM measures.
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13. Schlussfolgerungen und wichtige „Policy Pointers“1 Moritz Hess und Gerhard Naegele Zunahme/Vertiefung sozialer Ungleichheiten im Verrentungsgeschehen bestätigt EXTEND hat - empirisch breit abgesichert – belegen und damit bereits vorliegende Befunde bestätigen können, dass soziale Ungleichheiten im Verrentungsgeschehen weit verbreitet sind und sich im Zuge der verschiedenen renten-, arbeitsmarktpolitischen und betrieblichen Reaktionen auf die vielfältigen ökonomischen Herausforderungen des demografischen Wandels sich weiter akzentuiert, differenziert und sogar noch zugenommen haben. Dies konnte vor allem mittels der Lebenslagedimensionen Einkommen, soziale Absicherung, Gesundheit, soziale Integration und insgesamt Lebensqualität nachgewiesen werden. Damit kann auch die zentrale Forschungshypothese als bestätigt gelten: Die in den meisten EU-Mitgliedsstaaten eingeführten Maßnahmen zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit (wie ‚Rente mit 67‘ in Deutschland oder die EU-weit erfolgte Schließung von Frühverrentungsoptionen) bergen die Gefahr in sich, nicht nur neue soziale Ungleichheiten zu generieren, sondern zudem solche sozialen Ungleichheiten, die bereits während des gesamten vorherigen Erwerbslebens bestanden haben, zu verschärfen bzw. in ihrer kumulativen Wirkung sogar noch zu erhöhen. Mehr Aufmerksamkeit für soziale Ungleichheiten erforderlich Auffällig ist, dass das Problembewusstsein dazu sowohl unter Sozial- und Rentenpolitiker*innen als auch Praktiker*innen (u.a. bei Tarifpartnern, Verbänden, in Betrieben) eher gering ist. Dies gilt auch für den wissenschaftlichen Diskurs hierzulande. Notwendig ist mehr Aufklärung und Bewusstseinsarbeit zugunsten eines in Theorie und Praxis „vernachlässigten“ sozialen Problems, das im demografischen Wandel und im sozialpolitischen Umgang mit seinen vielfältigen Folgen zunehmend an Bedeutung gewinnt (Walker 2011). Wichtigste Voraussetzungen dafür sind einschlägige, angewandte Forschungsarbeiten, die Verbreitung ihrer Ergebnisse auf möglichst vielen direkt und/oder indirekt berührten Ebenen und die Ableitung von fachlich angemessenen Lösungsvorschlägen für Politik und Praxis und deren Weiterleitung an relevante Entscheidungsträger*innen. Vielfache Betroffenheit beachten Unmittelbar und mittelbar betroffen sind nicht nur (ohnehin) benachteiligte (ältere) Beschäftigtengruppen (wie gering Qualifizierte, Frauen, Langzeitarbeitslose,
1
Die in diesem Kapitel formulierten Empfehlungen beziehen sich insbesondere auf die für Deutschland erhobenen bzw. auf die deutsche Situation übertragbaren Ergebnisse von EXTEND.
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_17
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Moritz Hess & Gerhard Naegele
chronisch erkrankte und/oder atypisch Beschäftigte etc.) einschließlich ihrer jeweiligen familiären und/oder sozialen Netzwerke. Betroffen sind auch ältere Arbeitnehmer*innen in solchen Branchen, in denen man aufgrund der Arbeitsbedingungen und -belastungen nur kaum und schon gar nicht freiwillig und „in Würde“ bis zum gesetzlichen Rentenalter alt werden kann. EXTEND konnte dies exemplarisch für den professionellen Gesundheits- und Pflegesektor zeigen. Besondere soziale Ungleichheiten ergeben sich bereits im Vorfeld von Verrentungsentscheidungen, mit gewichtigen „Fernwirkungen“ auf diese, und zwar beim Zugang zu bzw. beim Ausschluss von betrieblich angebotenen und/oder tarifvertraglich geregelten Maßnahmen zur Förderung von Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit alternder Belegschaften/älterer Arbeitnehmer*innen.. Betriebliches Age- und Ageing-Management ausweiten Zwar wird in immer mehr Betrieben vorbildliches Age-Management praktiziert, dabei teilweise - wie in Deutschland - von (Demografie-)Tarifverträgen angestoßen und/oder sogar als betriebliche Lebenslaufpolitik konzeptualisiert („AgeingManagement“); dennoch profitieren in der Regel nur diejenigen davon, für deren Arbeitsplätze solche Regelungen gelten. Beschäftige in Branchen und Betrieben ohne Age-Management und/oder ohne einschlägige tarifliche Schutzbestimmungen werden nicht erreicht. In vielen Betrieben dominiert zudem das „MatthäusPrinzip“, das heißt, entsprechende Maßnahmen erreichen vorzugsweise jene Arbeitnehmer*innen, die ohnehin bereits günstige Voraussetzungen für das Ziel EWL mitbringen. EXTEND verweist daher u.a. auf die Notwendigkeit eines expliziten Einbezugs auch von typischen „Problemgruppen“ mit häufig kürzeren Erwerbsdauern, der flächendeckenden Verbreitung von „Good Practices“ sowie von mehr Allgemeinverbindlicherklärungen für tarifvertragliche Regelungen mit positiven Wirkungen bei älteren Beschäftigten (Bäcker, Naegele & Bispinck 2020 Bd. I). Besonderer Handlungsbedarf besteht in Klein- und Mittelbetrieben. Soziale Ungleichheiten mit kumulierten Implikationen und “Karrierecharakter“ Soziale Ungleichheiten im Verrentungsgeschehen haben ihre Ursachen häufig in der vorherigen Erwerbsbiographie und sind dabei vielfach das Ergebnis einer „Kumulation“ von prekären Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen und -stationen, folgen somit typischen „Karrieren“ (i.S. von „Risikoketten“). Dies spricht für möglichst frühe Interventionen in der Erwerbsbiografie, was allerdings die Existenz von „Frühwarnsystemen“ voraussetzt, so z.B. tarifvertraglich geregelte Risiko- oder Gefährdungsanalysen mit Blick auf spätere Gesundheits- oder Qualifikationsprobleme. Ein wichtiges Instrument dafür ist eine lebenslauforientierte und/oder ganzheitliche betriebliche Beschäftigungs- und Personalpolitik. Künftigen Qualifikationsrisiken kann durch regelmäßige Angebote des lebenslangen
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(beruflichen) Lernens (LLL) begegnet werden. Allerdings ist berufliche Erwachsenenbildung in Deutschland nur wenig verbreitet und zudem kaum institutionalisiert. Bundesgesetzliche Regelungen fehlen. Grundlage dafür sollten die Konzepte der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit sein, eingebettet in Lebenslaufansätze und differenziert für besonders belastete Branchen und Berufe. Wie die finnischen Erfahrungen mit dem „Late-Career-Management“ zeigen (vgl. Kapitel 11.4 in diesem Buch), gibt es für entsprechende Maßnahmen auch keine Altersgrenzen. Prekäre Beschäftigung in der Vor-Verrentungsphase – ein wichtiger Indikator Prekäre Beschäftigungsverhältnisse kennenzeichen häufig die Lebenslage vor allem von Frauen in der Spätphase ihres Erwerbslebens (z.B. Teilzeit, Befristung, Leiharbeit). Betroffen sind häufig solche älteren Arbeitnehmer*innen, die schon vorher in ihren Erwerbschancen benachteiligt waren (z.B. wegen Arbeitslosigkeit, Krankheit, familienbedingter Unterbrechung). Die Vertiefung bereits bestehender sozialer und vor allem ökonomischer Ungleichheiten ist eine häufige Folge mit „Fernwirkungen“ bis zum späteren Rentenbezug. Prekäre Beschäftigung in der Vorrentenphase ist somit auch ein wichtiger Prädiktor für ein potenziell höheres Altersarmutsrisiko. EXTEND fordert ihre Eingrenzung und/oder Vermeidung, z.B. durch entsprechend abgesicherte, auch in Lage und Dauer verlässliche Regelarbeitszeiten oder Mindestlöhne für die Betroffenen. Gesetzliche Regelungen zur Förderung von EWL allein zu wenig Auf den bemerkenswerten Anstieg in den Beschäftigungsquoten älterer Arbeitnehmer*innen seit Beginn der Jahrtausendwende sind staatliche Renten-, Altersgrenzen- und Arbeitsmarktreformen zwar nicht ohne Einfluss, aber als primäre oder gar ausschließliche Politikansätze keineswegs allein verantwortlich gewesen. EXTEND kann belegen, dass die Beschäftigungsquoten Älterer auch unabhängig davon gestiegen sind. Wirtschaftliches Wachstum und stabile Nachfrage nach Arbeitskräften sind weitere wichtige Grundvoraussetzungen für EWL. Staatliche, insbesondere finanzielle „Anreize“ müssen aber abgesichert sein durch parallele Investitionen in die Beschäftigungsfähigkeit alternder Belegschaften einschließlich solcher des LLL und besserer „Work-Life-Balance“-Politiken. Eine solche Maßnahmenparallelität hat in Deutschland zu wenig, und wenn, dann erst zu spät stattgefunden. Dazu zählen auch der Ausbau von Gesundheitsförderung und Arbeitsschutz. Adressiert dabei ist in besonderer Weise die betriebliche Ebene. EXTEND konnte zudem zeigen, dass einschneidende rentenrechtliche Veränderungen einen möglichst langen vorbereitenden öffentlichen Diskurs benötigen, damit Menschen ihre Lebensplanungen besser darauf einstellen können.
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Koordiniertes Vorgehen als „Mehr-Ebenen-Politik“ Um das Ziel einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit auf freiwilliger Grundlage und „in Würde“ für möglichst viele Menschen zu erreichen, bedarf es integrierter, d.h. koordinierter Bemühungen möglichst aller Beteiligter auf unterschiedlichen Ebenen (u.a. Renten- und Altersgrenzenpolitik, lebenslanges Lernen, Präventionsund Gesundheitsförderung, betriebliche Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit). Nicht nur Politik, Tarifpartner, NGOs und Betriebe sind gefordert. Auch die weitaus meisten Betroffenen sehen für sich eine Mitverantwortung, benötigen aber entsprechende förderliche Rahmenbedingungen. Besondere Bedeutung kommt den Gewerkschaften und ihren betrieblichen Vertreter*innen zu. Das auch in Deutschland seinerzeit vielbeachtete, von der Bertelsmann Stiftung (2006) sogar preisgekrönte finnische „National Program on Ageing Workers“ (FINPAW) (Ankril et al. 2002) aus den späten 1990er Jahren erweist sich auch heute noch als vorbildhaft. EXTEND spricht sich für feste Verabredungen zwischen Staat, Tarifparteien und Betrieben einerseits sowie für tarifliche Regelungen zur Gestaltung des demografischen Wandels in der Arbeitswelt und insbesondere beim Rentenübergang andererseits aus. Das deutsche „INQA-Modell“ (INQA 2014) steht in dieser Tradition; ihm kam schon sehr früh eine richtungsweisende Orientierung zu. Neuerdings hat auch die auf eine Mehrebenen-Politik zielende Demografiestrategie der Bundesregierung (BMI 2016) die Thematik des Älterwerdens in der Arbeit aufgegriffen. Man darf gespannt sein, ob ihre dann tatsächlich realisierten Praxisimpulse den hochgesteckten Erwartungen entsprechen; zumal noch bei kaum erkennbaren Bezügen zur sozialen Ungleichheit. Indexierung der Altersgrenzen gemäß Lebenserwartung? Die Koppelung des gesetzlichen Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung birgt erhebliches Potential für soziale Ungleichheiten (De Tavernier 2018) (vgl. Kapitel 6 in diesem Buch). Die Gründe liegen in - durch den demografischen Wandel sogar noch wachsenden - sozialen Unterschieden in der durchschnittlichen, ferneren und - für EWL besonders bedeutsam - gesunden Lebenserwartung. EXTEND belegt, dass eine Indexierung der Altersgrenzen an die durchschnittliche Lebenserwartung vor allem den höher Gebildeten und/oder oberen sozioökonomischen Statusgruppen zu Gute käme, denn diese haben nicht nur im Durchschnitt eine insgesamt längere, sondern auch noch eine längere gesunde Lebenserwartung. Auch beziehen sie zumeist höhere Alterseinkommen - mit der Folge eines wegen der längeren Bezugsdauern auch noch höheren „Rentenwohlstands“ („Pension Wealth“). EXTEND zeigt weiterhin, wie wichtig aus sozialpolitischer Sicht die Rückkoppelung von Indexierungskonzepten zu den jeweiligen nationalen Alterssicherungssystemen ist: Ziel- und leistungsorientierte Sicherungssysteme können gegenüber beitragsorientieren hierbei soziale Ungleichheiten eher verhindern bzw. deren problematische Wirkungen stärker abschwächen. Insgesamt reduziert
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auch eine gut ausgebaute Grundsicherung im Alter die Gefahr sozialer Folgeungleichheiten. Angesichts der wachsenden Popularität des Indexierungsvorschlags vor allem unter Ökonom*innen spricht sich EXTEND aus sozialpolitischer Sicht für mehr Wirkungsforschung aus. Offene Fragen bleiben auch hinsichtlich der Art der anzuwendenden Lebenserwartung (durchschnittliche, ferne oder gesunde) sowie der angemessenen Ausgestaltung des Verhältnisses von Arbeits- und Rentenzeit in einer immer länger werdenden zusätzlichen Lebenszeit. Belastende/gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen wichtige Prädiktoren Besonders belastende und gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen sind ein zentraler Prädiktor nicht nur für gesundheitsbedingte Beschäftigungsprobleme, sondern auch für ein höheres Frühverrentungsrisiko. Selbst in der nachberuflichen Lebensphase lassen sich noch Fernwirkungen auf Gesundheit und Lebensqualität nachweisen (vgl. Kapitel 7. in diesem Buch). Betriebliche Gefährdungsanalysen (i.S. von „Frühwarnsystemen“) - wie z.B. in deutschen Demografie-Tarifverträgen vorgesehen - sollten ausgebaut werden. Dies gilt auch für spezielle gesundheitliche wie qualifikatorische Präventions- und Personalentwicklungsprogramme für besonders gefährdete Berufe und Branchen. EXTEND belegt, dass es sich auch für Betriebe ökonomisch „lohnt“, in Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung zu investieren (vgl. Kapitel 12. in diesem Buch). Daher empfiehlt EXTEND die flächendeckende Beachtung des Grundsatzes Prävention vor Rehabilitation und Priorität von Rehabilitation vor finanzieller Kompensation. In der Rehabilitationspraxis selbst gibt es zahlreiche Benachteiligungen Älterer, die beseitigt werden müssen (z.B. implizite Koppelung an Altersgrenzen oder an „arbeitsmarktpolitische Erfordernisse“). Insgesamt gilt es zu prüfen, ob und wie das Verursacherprinzip stärker im Erwerbsunfähigkeitsrecht Anwendung finden sollte. Frühere Berufsaustrittsoptionen für besonders gefährdete Gruppen? Bei aller Ausschöpfung von Präventions- und Rehabilitationsreserven wird man auch künftig gesundheitsbedingte Frühverrentungen vor allem für besonders hoch belastete Berufe und Branchen nicht vermeiden können. EXTEND stützt die Forderung nach Beibehaltung von Optionen für einen früheren Renteneintritt für besonders hoch belastete Berufe und Branchen, wie sie in vielen Ländern bestehen (Naegele & Bauknecht 2017). Dies darf aber keineswegs die volle Ausschöpfung aller vorherigen Präventions- und Rehabilitationsreserven und die Bekämpfung der vor allem in der Praxis der beruflichen Rehabilitation häufigen Altersdiskriminierung ersetzen. Erst wenn „nichts mehr geht“, sollte eine (sozial ausgestaltete) finanzielle Kompensation erfolgen; idealerweise abgesichert durch Elemente des Verursacherprinzips. EXTEND konstatiert jedoch, dass der bisherige Erfahrungsund Forschungsstand, vor allem im Detail und bezüglich der Anwendungspraxis,
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defizitär ist. Dies erschwert einen sachgerechten sozialpolitischen Diskurs. EXTEND empfiehlt mehr darauf bezogene Forschung im jeweiligen nationalen Kontext. Vermeidung finanzieller Folgeprobleme und von Altersarmut vor und in der Rente Obwohl EXTEND kein „klassisches“ Rentenprojekt ist, ergeben sich aus den vorliegenden Befunden auch bedeutsame rentenpolitische Implikationen. Sie beziehen sich u.a. auf die z.T. nachhaltig problematischen Wirkungen von Rentenabschlägen bei Nicht-Erreichen von EWL, die unzureichende finanzielle Absicherung des gesundheitsbedingten Erwerbsminderungsrisikos, die Rehabilitationspraxis (auch der Rentenversicherungsträger) sowie die Schließung erwerbsbiografischer Lücken (z.B. bei prekären Beschäftigungsverhältnissen und Teilzeit kurz vor der Rente und/oder privater Pflege). Darüber hinaus liefert EXTEND Beiträge zur Frage, ob das - wie viele befürchten - Verarmungsrisiko im Alter weiter zunimmt und wie diese Entwicklung ggf. vermieden werden kann. Ganz generell kann das Altersarmutsrisiko sowohl durch Maßnahmen im sozialpolitischen Leistungsrecht wie durch Reformen auf dem Arbeitsmarkt begrenzt werden (vgl. im Überblick Bäcker, Naegele & Bispinck 2020 Bd. II). Das (deutsche) Leistungsrecht (mit der GRV als Haupteinkommensquelle im Alter) ist stark erwerbsbiografisch geprägt (Versicherungs-, Äquivalenzprinzip). Insofern haben auf den Abbau von sozialer Ungleichheit in vorherigen Phasen der Erwerbsbiografie zielende Reformen auf dem Arbeitsmarkt (z.B. mit dem Ziel der sozial gerechten Gestaltung von Arbeitsverhältnissen, -verläufen, -verdiensten und Verrentungsstrukturen) immer auch (alters-)armutsreduzierende und -vermeidende Wirkungen. Dies ist immer dann der Fall, wenn kontinuierliche Erwerbsverläufe gefördert, prekäre Beschäftigungsverhältnisse abgebaut und ausreichende Löhne gesichert werden. Betroffene als „Expert*innen in eigener Sache“ beteiligen Betroffene sind bei vielen, vor allem gesundheitlichen Risiken in der Arbeitswelt, wichtige „Expert*innen in eigener Sache“. Auch haben Studien nachgewiesen, dass viele ältere Beschäftigte selbst über ein hohes Maß an gesundheitlicher Selbstverantwortung verfügen und diese auch praktizieren, um länger im Erwerbsleben bleiben zu können (Kohorteneffekte). Dies gilt insbesondere für Frauen (Naegele 2015). EXTEND fordert besondere Anstrengungen zum Aufbau von Gesundheitsbewusstsein und betrieblicher Gesundheitskompetenz. Besondere Bedarfsschwerpunkte gibt es bei den typischen Problemgruppen. Derartige Bemühungen sind allerdings an betriebliche Vorleistungsverpflichtungen gebunden. Von tariflichen Regelungen können gute Anreize ausgehen.
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Weiterarbeitsbereitschaft der Betroffenen unterstützen Die Bemühungen des finnischen “Work Engagement for Senior Employees ” (vgl. Kapitel 11.4 in diesem Buch) haben belegt, dass es sich für die Betriebe und die Betroffenen lohnt, (selbst noch in den letzten Berufsjahren) ältere Beschäftigte darin zu unterstützen, an ihrer Weiterbeschäftigungsbereitschaft proaktiv mitzuwirken. Die Ergebnisse zeigen, dass Teilnehmer*innen von entsprechenden Maßnahmen weniger von Altersdiskriminierung betroffen sind und eine höhere (Weiter-)Arbeitsmotivation haben. Das Programm ist besonders wirksam für Ältere mit niedriger Qualifikation und eignet sich daher auch zur Reduzierung von sozialen Ungleichheiten. Fokussierung auf den Gesundheits- und Pflegesektor Auch vor dem Hintergrund des europaweit bestehenden Fachkräftemangels im professionellen Gesundheits- und Pflegesektor ist es unerlässlich, die hier traditionell hohe Frühverrentungspraxis und die teilweise immer noch zu kurzen Berufsverweildauern zu überwinden. Soziale Ungleichheiten ergeben sich hier zweifach: einmal insgesamt im Vergleich mit anderen Sektoren personenbezogener sozialer Dienste und zum anderen individuums- und/oder gruppenbezogen innerhalb der Betriebe; letztere vor allem wegen fehlender bzw. nur selektiv zugänglicher innerwie überbetrieblicher Ausweichoptionen. Der von vielen als „Ausweg“ erhoffte Wechsel von der direkten Pflege in eine administrative Tätigkeit ist nur wenigen, vor allem höher Qualifizierten, möglich. EXTEND kommt zu einer klaren Aussage: Die bestehenden Arbeitsbedingungen sind auf möglichst vielen Ebenen der Arbeitsorganisation und des Personalmanagements zu verbessern, insbesondere weg vom klassischen Age-Management hin zu einem „Life-Course Management“ (BMFSFJ 2010), d.h. zur Laufbahngestaltung und Entwicklungsförderung (Frerichs 2016). Allerdings fehlen hierzu oftmals Bewusstsein und Bereitschaft vor allem auf der Führungsebene. Auch hier können tarifvertragliche Regelungen können gute Anstöße liefern. „Gesund Älterwerden“ vor und nach der Rente EXTEND bestätigt an vielen Stellen die herausragende Bedeutung des Gesundheitszustandes zum einen als Indikator für soziale Ungleichheiten einerseits sowie für die Qualität der Lebenslage in der Vor-Renten- wie in der nachberuflichen Lebensphase gleichermaßen andererseits. Ein schlechter Gesundheitszustand ist nicht nur ein zentraler Prädiktor für zumeist erzwungene, d.h. unfreiwillige Frühverrentungen, sondern auch für geringere Lebensqualität im Alter und geringere Chancen für ein „gesundes Älterwerden“. Gesundheit vor und im Alter ist allerdings ebenso sozial selektiv verteilt wie eine gesunde Lebenserwartung und steht damit für eine besonders prägnante Form sozialer Ungleichheit. Im demografischen Wandel muss das Ziel „Healthy Ageing“ („Gesund Älterwerden“) auf der
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gesundheitspolitischen Prioritätenliste ganz oben stehen und für die Vorrentenwie die nachberufliche Lebensphase gleichermaßen gelten. „Healthy Ageing“ darf auch nicht nur auf die jungen Alten zielen, sondern muss explizit die hohen und höchsten Altersgruppen einbeziehen. Auch hier lohnt sich noch Gesundheitsprävention. Aus Ungleichheitsgesichtspunkten muss ein Fokus auf den unteren Bildungs- bzw. Statusgruppen liegen, um Verschärfungen von hier häufiger vorhandenen gesundheitlichen Vorschädigungen zu vermeiden. Insgesamt benötigt „Healthy ageing“ mehr finanzielle Förderung im nationalen Kontext. Bessere Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Pflege Im demografischen Wandel ist die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit mit privaten Pflegeverpflichtungen eine stetig wachsende Herausforderung, ebenfalls mit hohem Potenzial für vielfältige soziale Ungleichheiten. Obwohl das Thema (endlich) im sozialpolitischen Diskurs angekommen zu sein scheint, sind darauf bezogene staatliche, tarifvertragliche und/oder betriebliche Maßnahmen immer noch unzureichend entwickelt, dann auch noch wenig attraktiv, wenig zugänglich (vor allem für Beschäftigte in Kleinbetrieben) und in der Konsequenz gering nachgefragt; und dies, obwohl wirksame gesetzliche Lösungsvorschläge seit Jahren vorliegen (Bäcker, Naegele & Bispinck 2020 Bd. II). In der Praxis folgen viele betriebliche Unterstützungsangebote zudem dem „Matthäus-Prinzip“. Tarifliche Regelungen, wenn überhaupt vorhanden, werden vor allem aus Unwissenheit oder aus Furcht vor Benachteiligung am Arbeitsplatz zu wenig genutzt. Für viele betroffenen Frauen endet eine nicht gelungene Vereinbarkeit in (ungewollter) Teilzeitarbeit und nicht selten in (unfreiwilliger) Frühverrentung; in beiden Fällen mit negativen Folgen für die finanzielle Absicherung vor und nach dem Renteneintritt (vgl. Kapitel 8. in diesem Buch). Am Beispiel des professionellen Pflegesektors konnte EXTEND erstmals für Deutschland die besonderen Belastungen der „DoubleDuty Carers“ (Personen, die sowohl hauptberuflich wie privat pflegen) belegen (vgl. Kapitel 9. in diesem Buch). Neben Verbesserungen in den Arbeitsbedingungen und ihrer „Work-Life Balance“ wünschen sich die dazu Befragten insbesondere sozial abgesicherte Möglichkeiten zur früheren Verrentung als Ausgleich für ihre Doppelbelastung. Besondere Anstrengungen für „benachteiligte Gruppen“ Insgesamt konnte EXTEND besonders benachteiligte Gruppen in besonderen Ungleichheitslagen identifizieren: Chronisch Kranke benötigen maßgeschneiderte Rehabilitationsangebote, frühzeitig von Erwerbsminderung Bedrohte und/oder Betroffene rechtzeitig berufliche (Weiter-)Entwicklungsprogramme, ältere Langzeitarbeitslose dauerhafte Integrationsförderung; idealerweise mit Schwerpunktsetzung auf der lokalen Ebene. Die zunehmende Digitalisierung in der Arbeit lässt
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für die Zukunft vielfältige neue Beschäftigungsrisiken vor allem für gering qualifizierte Ältere befürchten. Präventionsprogramme zur Vermeidung von Dequalifizierung und im schlimmsten Fall Arbeitslosigkeit und unfreiwilliger Frühverrentung sind speziell für sie erforderlich. Für weibliche Beschäftigte muss es um normale Beschäftigungsverhältnisse (jenseits „prekärer Beschäftigung“) und bessere Vereinbarkeitsmaßnahmen im Rahmen einer expliziten „Work-Life-Balance-Politik“ gehen. Gerade sie verfügen über ein stark entwickeltes Selbstverantwortungspotenzial für die eigene Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit, das betrieblicherseits gefördert werden sollte (z.B. durch eine positive Alterskultur, Anti-Altersdiskriminierung, Schulung der Vorgesetzten- und Führungsebene, betriebliche Anerkennungskultur). „Good Practices“ fördern und verbreiten EXTEND zeigt, dass Maßnahmen, die auf einer Vermeidung und Verringerung von sozialen Ungleichheiten abzielen, bei Politiker*innen, relevanten Stakeholdern und/oder Expert*innen eine eher nachgeordnete Priorität besitzen. EXTEND konnte „Good Practices“ im Rentenübergangsgeschehen auf allen Ebenen (Makro, Meso, Mikro) identifizieren. Bei ihrer Implementierung sollten immer auch die Kontexte (politisches System, Arbeitsmarkt, ökonomische Situation, individuelle Bedingungen) beachtet und mitgedacht werden. Um Fehlschlüsse und falsche Botschaften zu vermeiden, sind Evaluationen zu ihren je spezifischen Übertragungsund Implementierungsbedingungen und die Verbreiterung ihrer Ergebnisse hilfreich. Cost-Benefit – “Gute Praxis” rechnet sich Im europäischen Kontext finden sich bisher nur wenige Kosten-Nutzen-Analysen von förderlichen Maßnahmen der Verlängerung von Lebensarbeitszeit und darauf bezogener „Good Practice“. Damit wird unnötigerweise Politiker*innen, relevanten Stakeholdern und Expert*innen Wissen vorenthalten, mit dem sie selbst im demografischen Wandel in Sachen Förderung der Beschäftigungsfähigkeit einer älter werdenden Erwerbsbevölkerung überzeugend und argumentativ besser ausgestattet wären; gemäß der Regel: Nur was „sich rechnet“, überzeugt. Dies gilt für alle von EXTEND untersuchten Ebenen gleichermaßen. Makro-, Meso- und Mikroebenen-bezogene Analysen haben gezeigt, dass es sich lohnt, in die Beschäftigungsfähigkeit älter werdender Belegschaften zu investieren und dabei zugleich flächendeckend auf die Vermeidung von sozialen Ungleichheiten zu achten. Die Verantwortung der Betriebe einfordern und stärken EXTEND postuliert eine besondere Verantwortung der Betriebe bei der Gestaltung des demografischen Wandels und bei der Abfederung problematischer Folgen in der Arbeitswelt. Es wäre kurzsichtig zu glauben, allein über finanzielle
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„Anreize“ in der Renten- und Altersgrenzenpolitik die Wege für EWL für möglichst viele „in Würde“ ebnen zu können. Vielmehr müssen Renten-, Altersgrenzen-, Beschäftigungs- und Rehabilitationspolitiken strategisch verzahnt werden mit Maßnahmen einer aktivierenden betrieblichen Beschäftigungsförderungspolitik. Gemeinsamer Orientierungspunkt sollte die Förderung und Erhaltung von Beschäftigungsfähigkeit sein; idealerweise eingebunden in das Konzept einer lebenszyklusorientierten betrieblichen Personalpolitik (BMFSFJ 2010). Proaktives betriebliches Age- und Ageing-Management ist dabei umso erfolgreicher, je mehr es getragen wird von davon überzeugten betrieblichen Entscheidungsträgern und eingebettet ist in eine positive demografiesensible Betriebskultur. Hier besteht erheblicher Nachholbedarf. Die Beteiligung von Betriebs- und Personalräten, Vertrauensleuten etc. ist dabei ebenso unerlässlich wie die der Betroffenen als “End-User” (Naegele & Bauknecht 2017). Von tarifpolitischen Vorgaben können wichtige Anstöße ausgehen, von Cost-Benefit-Analysen ebensolche Anreize zur Überzeugung des Managements. Alter(n)sbezogene Ungleichheitsforschung ausbauen EXTEND ist ein herausragendes Beispiel für Notwendigkeit und „Ertrag“ gleichermaßen, in den Demografiewissenschaften wie der sozialen Gerontologie soziale Ungleichheiten zu thematisieren (Hüther & Naegele 2011; Walker 2011). Der demografische Wandel bringt nicht nur eine in diesem Ausmaß bislang unbekannte weitere sozial-strukturelle Differenzierung des Alters mit sich. In enger Verbindung mit dem parallel dazu stattfindenden sozialen und ökonomischen Wandel erweitern sich auch die Ebenen, auf denen soziale Ungleichheiten - im alten und neuen Gewande gleichermaßen - auftreten (können). EXTEND hat eine in diesem Kontext zunehmend bedeutsame Sozialpolitikebene adressiert, die Verrentung. Sie für möglichst viele auf freiwilliger Basis und „in Würde“ nach hinten in den Lebenslauf zu verschieben, ohne alte wie neue soziale Ungleichheiten zu generieren und/oder zu vertiefen, ist aus vielen Gründen ein Kernbestandteil einer nachhaltigen sozialpolitischen Gestaltung des demografischen Wandels.
Verwendete und weiterführende Literatur Ankril, R., Hietikko, M., Mattila, K., Nieminen, J., Rissanen, P. & Spangar, T. (2002): The National Program on Ageing Workers: Evaluation. Reports of the Ministry of Social Affairs and Health, 2002: 2. Helsinki. Bäcker, G., Naegele, G. & Bispinck, R. (2020): Sozialpolitik und soziale Lage. 6. grundlegend überarbeitete und erweiterte Auflage. Bd. I, II. Wiesbaden: Springer VS. Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2006): Nationale Programme fördern, Ältere Arbeitnehmer: Finnische Erfolgsstrategie. Forum, 3: Gütersloh. BMI (2016) (Bundesministerium des Innern): Jedes Alter zählt. Weiterentwicklung der Demografiestrategie der Bundesregierung. Berlin.
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BMFSFJ (2010) (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend): Sechster Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland – Altersbilder in der Gesellschaft und Stellungnahme der Bundesregierung. Bundestags-Drucksache 17/3815. Berlin. De Tavernier, W. (2019): Inequality, Social Justice, and Indexing Pension Ages to Life Expectancy. Presentation. IAGG-ER. Gothenburg, Sweden. Hüther, M. & Naegele, G. (Hrsg.): Demografiepolitik. Wiesbaden: VS Verlag. INQA - Initiative Neue Qualität der Arbeit (Hrsg.) (2014): Tarifverträge zur Gestaltung der Qualität der Arbeit. Ein aktueller Überblick über Vereinbarungen zu alternsgerechten und demografiefesten Arbeitsbedingungen. Berlin: Eigenverlag. Frerichs, F. (Hrsg.) (2016): Altern in der Erwerbsarbeit. Perspektiven der Laufbahngestaltung. Vechtaer Beiträge zur Gerontologie. Wiesbaden: SpringerVS. Naegele, G. (2015): Altes und Neues zur Erwerbsarbeit Älterer. In: Igl, G., Welti, F. & Eßer, M. (Hrsg.): Alter und Beschäftigungen. Arbeitssituationen, Lebensentwürfe und soziale Sicherung der über 50jährigen. Berlin: LIT-Verlag: 17-32. Naegele, G. & Bauknecht, J. (2017): Strategies (‘Action Plan’) for extending working lives, raising older workers´ employment rates and intensifying Lifelong Learning in later working life. MoPAct Work Package 3, Task 5, Dortmund: Forschungsgesellschaft für Gerontologie. Walker, A. (2011): FUTURAGE: A Roadmap for European Ageing Research. Sheffield.
14. Conclusion – Policy Priorities from EXTEND Alan Walker Over the past 50 years, across Europe, older workers have been commonly regarded as a reserve army of labour: to be jettisoned from employment when the supply of labour is plentiful or when fears about the adverse social consequences of youth unemployment are running high; and, alternatively, to be encouraged or forced to remain in employment when labour is scarcer and the costs of pensions and pre-retirement benefits are regarded as ‘too high’. The latter scenario reflects the latest and current policy perspective towards older workers, and the classic supply and demand for labour logic is overwhelmed by the neoliberal ideology that now underpins, to varying extents, policy making in Europe. The present strong and virtually universal focus on both closing early exit pathways and raising pension ages, which is the dominant policy fix for the perceived fiscal crisis created by population ageing, began in the late 1990s with the abandonment of measures, such as pre-retirement, which paradoxically encouraged older workers to leave employment prematurely (Walker 1997). The results can be seen in Figure 11 in chapter 5 in this book: a steady rise in the employment rates of older workers which, in the cases of Germany and the Netherlands, are quite dramatic. It is within this European policy context that the EXTEND project was undertaken. It focused on a largely neglected but critically important aspect of the present policy paradigm: its unequal impact across population groups. Predictably in view of the blunt nature of the policy instruments used, such as a general increase in pension ages, and the neoliberal rationale behind them, the impact has been highly unequal. Researchers on the EXTEND project have made a major contribution to the policy literature on ageing and the labour market and, hopefully, to improving the effects of the policies themselves on older workers. The details have been set out in the previous chapters and here I will highlight just a few of them with an emphasis on the key policy insights. Social inequalities should be a key policy focus As the EXTEND research emphasises, if inequality does not take a central role in the policy process it is likely that social divisions will increase. This negative outcome is even more likely if the rationale underlying policy is neoliberal, as it is. Thus the results of projects such as EXTEND should be used to demonstrate the adverse impact of policies in terms of increasing inequality. It is not surprising that, when a policy of blanket increases in pension ages is imposed on everyone, those in the most insecure positions in the labour market – the low-skilled, the long-term unemployed, those with chronic health conditions, those who suffer discrimination – are likely to be further disadvantaged. This predictable outcome © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1_18
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could be prevented, or at least minimised, by more sensitive policy approaches which put limitations on or correct market rationality. For example, efforts could be made to prevent adversities such as low skill and poor health by macro and meso level actions towards lifelong learning and training and health promotion at the workplace (see below). The dissemination of research findings on the increase in inequalities following from extending working life policies, such as those reported in this book, should be a spur to action among the major policy actors: social partners, NGOs and employers. The gendered consequences of policies to extend working lives need to be highlighted routinely. In all European countries there are women trapped in lowskilled, part-time and insecure employment because of their unique need to balance formal and domestic labour. Moreover, some forms of employment that are predominantly female, such as care work, are likely to result in physical or psychological injuries that restrict the extension of working life. Preventative measures in these occupations are essential (see below). Employers should also recognise inequality Age management has gained traction in some countries, especially in Finland and Germany. However, those working in public and private organisations that have not adopted such measures are excluded. EXTEND research shows that, moreover, age management type support to extend working lives – such as workplace redesign and flexible hours – are available mainly to those who are already advantaged. There is an urgent need therefore to include disadvantaged groups within age management practices. It is also important to widely share examples of good practice and to provide incentives for small and medium-sized enterprises to adopt them. The fact that social inequalities in retirement processes are usually a reflection of different and unequal previous employment paths reinforces the need for preventative age management interventions across the whole working life. In other words, like the concept of workability, ‘age management’ is both a preventative and a remedial concept: on the one hand, ageing management across the working life course and, on the other, specific measures aimed at maintaining the employment status of older workers. A comprehensive, multi-level approach is required While state-level reforms in pension ages and labour market activism are partly responsible for recent increases in the employment rates of older workers, they are not sufficient. The EXTEND project shows that these employment rates may also rise independently of such macro actions. A robust economy and stable demand for labour are important prerequisites for extending working lives. However, an ageing workforce requires policy responses far beyond economic incentives. In particular, a comprehensive governmental approach is needed, including measures
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to improve working conditions, more investment in skill training and life long learning to increase employability, a better work-life balance and substantial increases in health promotion and protection. These measures need to be targeted on already disadvantaged groups and those at risk of disadvantage. Measures at the macro state level must be complemented by those at the meso (organisational) level, in the form of age management policies. This is a task primarily for employers but trade unions too must have a role in promoting measures that enhance employability for all and reduce inequality. Individuals also have a responsibility to improve their skills but, to do so without reproducing inequality, requires a supportive framework in terms of policies and organisational environment. Workplace health should be a policy priority EXTEND research shows that stressful and hazardous working conditions are key predictors of not only employment-related health problems but also involuntary early exit from the labour market. Thus it is essential, for the well-being of the workforce and in the interests of extending working lives, to prioritise the prevention of ill-health and disability. This research project also demonstrates the costeffectiveness of such measures (see below). In the absence of a universal program of prevention there will continue to be a high incidence of work-induced ill-health in some sectors, with resulting forced early retirements. The unequal distribution of these effects further exacerbates inequality in both work and retirement. This means that the potential for early retirement with financial compensation must be retained in some occupations, on the understanding that this should be time limited while the preferable preventative measures are put in place. Governments and employers are obviously key actors in the development of a preventative approach to work place health. But the equally important role of employees themselves should not be overlooked. In particular, many older workers practice a high degree of health-consciousness and self-responsibility in order to sustain their working lives. This points to the twin need in human resources policies for, on the one hand, raising general awareness of health risks and how to avoid them, and, on the other, supportive interventions to bolster competence. EXTEND further suggests the need for efforts to be targeted at preventing specific chronic conditions, such as arthritis and depression, which have a disproportionate effect on early exit from work, as well as being chronic conditions that are likely to affect the quality of the rest of people’s lives.
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Active and healthy ageing should be a priority Although EXTEND focused primarily on the world of work its research emphasises the fundamental importance of health in general, not only workplace health but the health of everyone. Poor health is clearly a leading predictor of forced early exit from the labour market but it is also a major cause of reduced quality of life in old age. Like healthy life expectancy, health before and during old age is hugely unequal, with especially marked variations based on social class, gender, ethnicity and occupation. Moreover, these inequalities are often rooted in early life course conditions and statuses, some stretching back to childhood. This re-emphasises the critical importance of active and healthy ageing policies which span the whole life course (Walker 2019). These would have beneficial effects far beyond extending working lives and should be a top priority for European countries and the EU. The special case of the health and care sector EXTEND highlights the need for urgent action in this sector because of its unique combination of widespread shortages of skilled workers and relatively high rates of early retirement and low levels of retention. There is a need for concerted action to improve working conditions, improve skill training and, more comprehensively, to develop whole working life course age management. In the face of this pressing need supervisors and managers are often ill-informed and ill-equipped. The need to reconcile work and care As indicated already gender is a critical determinant of inequality in later working life because of the necessity for women to balance paid and unpaid labour. This fundamental engine of inequality is exacerbated by increasing longevity and the policy priority to extend working lives, the combination of which adversely affects older women in particular. Part-time employment and involuntary early exit with inadequate financial support have long term consequences for women in later life and remain a major source of inequality in all European countries. This genderbased inequality will not be overcome until there are thorough-going policies which establish labour market equality between men and women. For some working women this inequality is particularly acute when they are both paid and unpaid carers. Their special situation demands attention in the form of measures to improve their working conditions, workplace health and their opportunities for a dignified work-life balance. There may also be a case for facilitated early exit or career breaks to avoid the long term damage of burnout caused by dual caring responsibilities. The need for targeted approaches Measures aimed at reducing the propensity for inequality in extending working lives need to be both general and specifically targeted at particularly vulnerable
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groups. The special cases of dual carers and those likely to develop arthritis and depression have been mentioned. The EXTEND research also highlights the vulnerability of other groups in the labour market. These include those suffering from poor health-induced reduced earning capacity in early working life, the older longterm unemployed and the low skilled and digitally excluded. In addition to the general work course age management and employability actions advocated here there should also be targeted measures to prevent or ameliorate the risk of vulnerability: measures such as tailor-made vocational development, skills training and other learning opportunities, health promotion and reintegration programs. The benefits of good practice Twenty plus years of research on the impact of age barriers in the labour market and how to overcome them has consistently preached the benefits of sharing good practices (Walker 1997; Naegele & Walker 2006). EXTEND is no exception. It shows that there are many good practices in retirement transitions at all levels (micro, meso and macro) which need to be shared widely. Furthermore, these examples of good practice must be context specific and evaluated thoroughly so that lessons drawn from them are evidence-based. Yet EXTEND comes to the same conclusion as countless previous studies: there are very few concrete examples of cost-benefit analyses which scientifically evaluate good practices in extending working life and other related age management areas. None the less EXTEND, like its predecessors, demonstrates that it is worthwhile (in terms of benefits for all stakeholders) to invest in the sorts of measures discussed here. In summary, this volume and the multitude of other publications generated by EXTEND provide a wealth of evidence on the need for action, particularly by governments and employers, to both ameliorate the already deeply entrenched inequalities in late working life and to prevent the reproduction of those inequalities in future cohorts of workers. Sadly too, the project also emphasises that these urgently required steps are currently a low priority for policy makers and other key stakeholders. As social scientists our main role is to present compelling evidence to policy makers and society in the hope that they will take the necessary action.
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The case for action made in this book is a powerful, research-led one and should be listened to.
References Walker, A. (1997): Combating Age Barriers in Employment. Luxembourg: Office of the Official Publications of the European Communities. Walker, A. (2019) (ed.): The Future of Ageing in Europe. London: Palgrave Macmillan. Naegele, G. & Walker, A. (2006): A Guide to Good Practice in Age Management. Dublin: Eurofound.
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren Jürgen Bauknecht ist Professor für Sozialpolitik und sozialökonomische Rahmenbedingen an der Fliedner Fachhochschule Düsseldorf. Sascha de Breij is a post-doctoral researcher at the Amsterdam University Medical Center, location VU University medical center, Amsterdam, the Netherlands. Ronja Christofczik ist Projektleiterin im betrieblichen Gesundheitsmanagement, insbesondere für pflegende Beschäftigte und unterschiedliche Zielgruppen in Pflegeeinrichtungen, in Essen. Wouter De Tavernier is a postdoctoral researcher at the Center for Social and Cultural Psychology, KU Leuven, Belgium. Dorly J.H. Deeg is professor of Epidemiology of Ageing at the Amsterdam University Medical Center, location VU University medical center, Amsterdam, the Netherlands. Jürgen Deller ist Professor für Wirtschaftspsychologie an der Leuphana Universität Lüneburg und Forschungsdirektor des Silver Workers Research Institute in Berlin. Julia S. Finsel ist Doktorandin am Institut für Management und Organisation der Leuphana Universität Lüneburg. Moritz Hess ist Professor für Gerontologie an der Hochschule Niederrhein. Daniel Holman is a research fellow in the Department of Sociological Studies at the University of Sheffield, UK. Per H. Jensen is Professor of Social Policy at the Center for Comparative Welfare Studies at Aalborg University, Denmark. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Naegele und M. Hess (Hrsg.), Alte und neue soziale Ungleichheiten bei Berufsaufgabe und Rentenübergang, Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31663-1
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Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
Sebastian Merkel ist Juniorprofessor für Healthcare and eHealth an der Ruhr Universität Bochum. Gerhard Naegele war Professor für soziale Gerontologie an der TU Dortmund und Direktor des Instituts für Gerontologie an der TU Dortmund und ist hier heute Senior Researcher. Monika Reichert ist Professorin für Soziale Gerontologie mit dem Schwerpunkt Lebenslaufforschung an der Fakultät Sozialwissenschaften der TU Dortmund. Mariann Rigó is research associate at the Institute of Medical Sociology at the University of Düsseldorf. Mervi Ruokolainen works as a specialized researcher at the Finnish Institute of Occupational Health (FIOH), Helsinki, Finland. Philipp Stiemke ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Gerontologie an der TU Dortmund. Salla Toppinen-Tanner is the Director of Work ability and Working Careers at the Finnish Institute of Occupational Health (FIOH), Helsinki, Finland. Jukka Vuori is a Research Professor at the Finnish Institute of Occupational Health (FIOH), Helsinki, Finland. Alan Walker is Professor of Social Policy and Social Gerontology in the Department of Sociological Studies at the University of Sheffield, UK. Helmut Wallrafen ist Geschäftsführer der Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach GmbH.
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Max R. Wilckens ist Doktorand am Institut für Management und Organisation der Leuphana Universität Lüneburg. Anne M. Wöhrmann ist Psychologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Dortmund.