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German Pages 299 [305] Year 1995
ALEXIUS MEINONG UND GUIDO ADLER
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STUDIEN ZUR OSTERREICHISCHEN PHILOSOPHIE Herausgegeben von Rudolf Haller BAND XXIV
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ALEXIUS MEINONG UND GUIDO ADLER Eine Freundschaft in Briefen
herausgegeben, kommentiert und mit einer Einfiihrung versehen von
GABRIELE JOHANNA EDER
Amsterdam - Atlanta, GA 1995
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ISBN: 90-5183-867-0 ©Editions Rodopi B. V., Amsterdam - Atlanta, GA 1995 Printed in The Netherlands
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INHALT
VORWORT
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EINFOHRUNG I. Biographische Vorbemerkungen ll. Berufungskarussell, Freundschaft und Intrigenspiel 1. ,,Die Universitat ist ein Wrack" - Adlers erstes ZieI: Prag 2. ,,Politischer Servilismus ist von mir einmal urn keinen Preis zu haben" - Meinongs Kampf urn seine Emennung zum Ordinarius 3. "Werden wir uns noch zeitlebens naherrucken?" - Die Wiener UniversiUit im Zentrurn gemeinsamen Interesses 4. "Wir wollens abwarten" - Adlers Urnwege zurn zweiten Ziel: Wien Exkurs: Zur Situation der Philosophie an der Wiener Universitat 5. ,,sie gehOren nach Wien" - Meinong und Wien: Variationen zu einern Thema 6. ,,Also mat los, machen Sie Ihre Vorschlage!" - Adler, Meinong und die Grazer Musikwissenschaft
3 3 7 7
ill.
Freundschaft und Briefwechsel als interdisziplinarer Diskurs 1. ,,The Verkehr lieS untilgbare Spuren in mir zurUck"Philosophie a1s Diskussionsthema 2. ,,Mitarbeiter: Prof.Meinong" - Meinongs EinfluB auf die Musikwissenschaft 3. ,,DaB Sie wieder Musica huldigen, ist mir ein Zeichen gehobener Stirrnnung" - Musikalische Praxis und Musikasthetik als Korrespondenzthema N. Padagogische Aufbruchsstirrnnung V. Der Weltkrieg und seine Folgen im Spiegel des Briefwechsels VI. Privatleben in der GelebrtenrepubJik DIE KORRESPONDENZ VON ALEXIUS MEINONG UNO GUIDO ADLER
12 15 16 21 25 31 34 34 37 41 44 47 48
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BRIEFLISTE
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BffiUOGRAPHIE
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PERSONENREGISTER
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VORWORT Geschichts- und Lebensbilder werden irn allgemeinen von Historikem aufgrund verschiedenartiger Quellen entworfen. In seltenen Hillen iibemehmen es jene, die Geschichte machen, selbst, tiber Jahrzehnte ihr Leben und ihre Zeit zu dokumentieren und entheben damit die Nachwelt der Aufgabe, aus Puzzleteilen mtihsam ein Ganzes zusammenzusetzen. Die weitgehend erhaltene Korrespondenz zwischen dem Philosophen Alexius Meinong und dem Musikwissenschaftler Guido Adler ist ein solcher Gliicksfall - ein Glticksfall, der jedoch aus einer durchaus tragischen Wurzel resultiert. Meinong und Adler, seit ihren Wiener Studienjahren miteinander befreundet, gelang es trotz energischer Bemtihungen nicht, einen ihrer schonsten Jugendtdiume zu erfiillen: gemeinsam an einer Universitat zu wirken. Der Philosoph lehrte von 1882 bis zu seinem Tod 1920 an der Universitat Graz, wahrend sein jiingerer Freund 1898 von der Deutschen Universitat Prag a1s Professor an die Universitat seiner Jugend, nach Wien, zurUckkehrte. Der Griff zu Feder und Tinte oder, wie irn Faile Meinongs, zur Schreibmaschine, war die einzige Moglichkeit, das Band der Freundschaft aufrechtzuerhalten, intellektuell Zwiesprache zu pflegen, wo ein direkter Gedankenaustausch versagt war. Und so entstand iiber die Jahre ein umfangreicher Briefwechsel, welcher weit mehr ist als eine eindrucksvolle Schilderung des personlichen Werdeganges der heiden Freunde. Denn mer wird ein faszinierendes Kapitel Universitats- und Wissenschaftsgeschichte aufgeschlagen. Private und politische Intrigen, Schulenkampfe, Berufungsdebatten, wie sie aus Akten- und Archivrnaterial unvergleichlich weniger lebendig hervorgehen, erscheinen ebenso thematisiert wie wissenschaftliche Fragen. Denn eine Stiitze der Freundschaft war das groBe Interesse, welches die beiden dem Fach des anderen entgegenbrachten - Vorbedingung fur ein erfolgreiches Streben nach Interdisziplinaritat. Dies half den beiden Wissenschaftlem trotz des BewuBtseins der eigenen Besonderheit der Gefahr der Isoliertheit zu begegnen. Es ist das Ziel der den Briefen vorangestellten Einfuhrung, die so vielfaItigen Aspekte der Korrespondenz zu beleuchten und durch Bezug auf andere Quellen in einen groBeren Kontext zu stellen. Dies geschieht in der Hoffnung, dadurch Zusammenhange, welche aus den Briefen aIlein nicht kIar werden, durchschaubar zu machen. Adlers Briefe an Meinong erscheinen in der vorliegenden Publikation nicht zum ersten Mal. Das Verdienst der Erstveroffentlichung kommt Univ.Prof.Dr.Walter Hoflechner und Univ.-Doz.Dr.Alois Kembauer zu, welche
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die Briefe 1981 herausgaben.1 Die weniger voUsUindig erhaltenen Briefe Meinongs an Adler habe ich irn Sommer 1993 irn Adler-NachlaB in der Bibliothek der University of Georgia, USA, entdeckt. 2 Der ungewohnliche Fundort erklart sich daraus, daB Adlers Sohn Achim nach dem Krieg den NachlaB seines Vaters dorthin verkaufte - gegen den heftigen Widerstand der osterreichischen BehOrden. Mit RUcksicht auf bessere Lesbarkeit wurde die Rechtschreibung in den Meinong-Briefen modernisiert. Tippfehler wurden kommentarlos verbessert. Nun bleibt mir noch, all jenen zu danken, die mich bei diesem umfangreichen Unterfangen unterstUtzt haben. Hier sei zu allererst Hochschulprof. Dr.Kurt Blaukopf genannt, welcher mir Uberaus wertvolle Ratscliliige und Hinweise gab. Bei der schwierigen Deutung mancher Briefstellen half mir eine Vielzahl anderer Wissenschaftler auf liebenswUrdigste Weise: Univ.-Prof. Dr.Theophil Antonicek, Univ.-Prof.Dr.Mitchell G.Ash, Univ.-Prof.Dr.Rudolf Flotzinger, Dr. Elisabeth Th.Hilscher, Dr. Hans-Joachim Hinrichsen, Univ.Prof.Dr.Walter Hoflechner und Univ.-Doz.Dr.Alois Kembauer. Mag.Thomas Csanady (UniversiUitsbibliothek Graz) hat meine zahlreichen und wiederholten Fragen zum Meinong-NachlaB geduldig beantwortet. Besonders mochte ich Dr.Reinhard Fabian (Forschungsstelle und Dokumentationszentrum fUr Osterreichische Philosophie, Graz) danken, der mir die KIarung vieler Anspielungen und Details ermOglicht hat. Und ohne den telephonischen Beistand von Mag.Thomas Binder hatte sich die Arbeit am Layout wohl weit komplizierter gestaltet. Univ.-Prof.Dr.Walter Hoflechner und Univ.-Doz.Dr.Alois Kembauer haben die Erlaubnis zum Neuabdruck der Adler-Briefe, die Hargrett Rare Book and Manuscript Library, University of Georgia Libraries jene fUr die Publikation der Meinong-Briefe erteilt. Ihnen allen sei ebenso gedankt wie Univ.Prof.Dr.Rudolf Haller, welcher dieser Arbeit nicht nur gro8es Interesse entgegengebracht und sie in seine Publikationsreihe aufgenommen hat, sondem auch mit einer FUlle wichtiger Anregungen ihre Entstehung begleitet hat. Wien 1995
Gabriele Johanna Eder
I. Walter Hoflechner u. A10is Kernbauer (Hg.), Guido Adler an A1exius Meinong, Briefe 1877-1920, in: Hoflechner (Hg.), Beitriige und Materialien zur Geschichte der Wissenschaften in Osterreich, Graz 1981, S.414-478. 2. Guido Adler Collection, University of Georgia Libraries, Hargrett Rare Book and Manuscript Libraries, MS 769.
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EINFOHRUNG I. BIOGRAPIDSCHE VORBEMERKUNGEN
Man schreibt Sommer 1913. Von seinen Studenten, Freunden und Fachgenossen gefeiert, hat der durchaus nicht unumstrittene Grazer Philosoph Alexius Meinong soeben seinen 6O.Geburtstag begangen. Besonders mag ihn ein Brief aus Wien freuen, der in diesen Tagen eintrifft - die Gliickwiinsche seines langjahrigen Freundes, des Musikwissenschaftlers Guido Adler. Humorvoll dankt der Philosoph nach Wien und rugt, durch den An1aB der Korrespondenz ein wenig nachdenklich gestimmt, hinzu: Auf alle Hille, ob fern oder nab, erbittet und erhofft sich unentwegte Fortdauer dessen, was sich zwischen uns nun wirklich fiber ein Menschenalter hinaus bewahrt hat ... in alter Treue Thr A.Meinong. (Nr.215)3
Und tatsachlich ilbertreibt Meinong nicht, weon er von lebensUinglicher Freundschaft spricht, ebenso wie dern Wort Treue in der von damaligen Briefschreibem so oft strapazierten Floskel hier einmal wirklich seine sinngemaBe Bedeutung zukommt. Deon er und Adler stehen einander schon seit vierzig Jahren nahe. Mitte der Siebzigerjahre haben der junge Philosoph und der noch jilngere, ganz der Musik ergebene Wissenschaftler einander in Wien keonengelemt und den Grundstein ihrer Freundschaft gelegt - trotz ganz unterschiedlicher Entwicklung und Herkunft. Alexius Meinong von Handschuchsheim stammt aus aristokratischer Familie. 4 Der Vater, Offizier der osterreichischen Arrnee, ist in Lemberg stationiert, a1s Alexius, das vierte Kind der Familie, 1853 geboren wird. Doch die Studienjahre verbringt der Sohn ausschlieBlich in Wien. Zunachst von Privatlehrem erzogen, wird er dann flir zwei Jahre offentlicher Schiller des Akademischen Gymnasiums, urn dort 1870 zu maturieren. Schon damals mag er, 3. AIle in der Einleitung zitierten Briefe Adlers und Meinongs sind durch die den Briefen in dieser Ausgabe zugeteilten Nummern gekennzeichnet. In den Anmerirungen verwendete Abktirzungen: AVA =Osterreichisches Staatsarchiv, A1lgemeines VerwaItungsarchiv; AUW =Archiv der Universitlit Wien; abE =allerhOchste Entschlie6ung; auVortrag = Alleruntertanigster Vortrag des Ministers beim Kaiser; GAC = Guido Adler Collection, University of Georgia Libraries, Hargrett Rare Book and Manuscript Library, MS 769; MinCU =Ministerium fUr Cultus und Unterricht; Sitzungsprotokoll PhfW =Protokoll der Sitzung des Professorenkollegiums der Philosophischen Fakultlit der Universitat Wien; Phil. = Philosophie; UB= Universitlitsbibliothek; Vg. = Verhandlungsgegenstlinde. 4. Zu Meinongs Biographie vgl. A1exius Meinong, Selbstdarstellung, in: Alexius Meinong Gesamtausgabe, hg.v. Rudolf Haller et al., Bd.VII, Graz 1978, S.(4)-(12).
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obne ibn einer naberen Beachtung zu wurdigen, aueh Adler begegnet sein, der, zwei Jahre junger, dieselbe Sehule besueht.5 Denn Adlers Familie kann dem hoffnungsfrohen Jungling keine Privatlehrer leisten. Der Vater, ein judiseher Provinzarzt in Eibenschitz, Mabren, ist friih verstorben, und so muB die Mutter ihre sechs Kinder alleine aufziehen und versorgen. Dennoeh vermag Adler, sieh neben schulischer aueh fundierte Bildung in anderen Bereiehen zu erwerben. Er absolviert das Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde, wo Felix Mottl (1856-1911) und Arthur Nikisch (1855-1922), die spater so beriihmten Dirigenten, seine Mitschiiler sind. Wie Meinong, der sieh auf privater Basis das notige Handwerkszeug erarbeitet, komponiert Adler. Preisgekront verlaBt er 1874 das Konservatorium (Nr.1l8). Weniger Vergnugen bereitet ibm sein Universitatsstudium. Von der Familie zum Juristen bestimmt, kann er sieh nach vier Semestem immer noeh nieht mit der Juristerei anfreunden. Meinong hingegen hat sieh gegen den Wunsch der Familie, aus ihm einen aehtbaren Juristen und Beamten zu machen, mit Erfolg zur Wehr gesetzt. Wenn er sieh aueh seiner gro8en Liebe, der Musik, nieht zuwendet, so wahlt er doeh das Studium der Germanistik und Geschiehte aus Neigung und langt 1874 am Ende des regelmaBigen Studienganges an. Der Wunsch, seine historisehen Kenntnisse zu vertiefen, fiihrt ibn nun doeh noeh als Horer an die juridische Fakultat. Allerdings steht bald fest, daB ibn eine andere Disziplin weit mehr als die Geschiehte zu faszinieren vermag: die Philosophie. Beim Nebenrigorosum hat er Franz Brentano (1838-1917) kennengelemt, und wenn Meinong spater aueh in seiner Autobiographie betonen wird, daB Brentano an seinem Entsehlu8 keinen Anteil hatte,6 so ist nieht zu bezweifeln, daB der bedeutende Philosoph den jungen Wissenschaftler in seiner Entscheidung fUr die Philosophie doch bestarkt. Intensive Studien folgen, munden 1878 in Meinongs Habilitation uber den englisehen Philosophen David Hume.1 Mittlerweile haben sieh seine und Adlers Wege schon gekreuzt - entweder an der juridischen Fakultat, oder in Brentanos Vorlesungen, die aueh Adler eifrig besucht. 8 Man kommt einander auf musikalischer Ebene naber, be5. Zu Adlers Jugendjahren vgl. Guido Adler, Wollen und Wirken, Wien 1935, S.1-17. 6. Meinong, Selbstdarstellung, S.(5). 7. Meinong, Hume-Studien I. Zur Geschichte und Kritik des modernen Nominalismus, in: Sitzungsb.d.phil.-hist.Kl.d.Kais.Ak.d.Wiss. (Wien), Bd.87 (1877), S.185-260. 8. Vgl dazu, Adler, Wollen und Wirken, S.20. Aus Adlers Nationale (AUW) geht hervor, daB er wiihrend seines Studiums ein Fiille von Brentano-Vorlesungen inskribierte: Ausgewiihlte Philosophische Fragen, Lesung philosophischer Schriften (WS I 875n6), Philosophie des Aristoteles, Von den Sophismen und ihrer Anwendung auf politischem Gebiete (SS 1876), Alte und neue Logik (SS 1877).
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treibt gemeinsam Kannnennusik, diskutiert tiber Musik und Philosophie. Wohl beendet Adler 1878 sein Jusstudium, doch will er den ihm vorbestimmten Weg verlassen und sich ganz der Musikwissenschaft verschreiben - ein Vorhaben, das er schlieBlich allen WidersUinden zum Trotz realisiert. Er betreibt Studien bei Eduard Hanslick (1825-1904), Professor fiir Geschichte und Asthetik der Tonkunst an der UniversiUit Wien und tiberdies einfluBreicher Musikkritiker der Neuen Freien Presse, promoviert bei ibm 1880 und legt bereits ein Jahr spater mit "Studien zur Geschichte der Harmonie''9 seine Habilitationsschrift vor. Nur kurz wahrt die Periode unbeschwerter Freundschaft zwischen den beiden jungen Privatdozenten. Adler und Meinong horen beieinander Kolleg, bis der Philosoph nach Erscheinen seiner ,,Hume-Studien II"IO (1882) als Professor an die Universitat Graz berufen wird. Das Ministerium fiir Cultus und Unterricht wtinscht, dort einen mehr der naturwissenschaftlichen Richtung zugewandten Philosophen zu sehen - wenig erstaunlich ist daher, daB seine Emennung gegen den Willen der FakulUit erfolgt. 11 In Graz entwickelt Meinong seine Gegenstandstheorie,12 zieht eine ganze Schule osterreichischer Philosophen heran und setzt mit der Begrtindung des ersten osterreichischen experimentalpsychologischen Laboratoriums auch auBere Zeichen fiir den Anbruch einer neuen philosophisch-psychologischen Ara. Nachhaltiger als im osterreichischen Raum wirkt Meinongs Denken auf die angelsachsischen Philosophen - und damit auf die Philosophie des 20Jahrhunderts. Auch Adler wird die Wissenschaft in den englischspracbigen Uindem entscheidend beeinflussen, wenn auch urn einiges spater, und dann vor allem durch seine Schiller. Viele von ibnen werden vor der nationalsozialistischen Verfolgung nach England oder Amerika fliehen und an dortigen UniversiHiten zur Verbreitung von Adlers Lehre beitragen. Adlers eigener Lebensweg verIauft ein wenig anders als der des Grazer Freundes. Extravertierter als Meinong, ist er stets bestrebt, nach auBen zu wirken. Er initiiert die Begrtindung der "Vierteljahrsschrift fiir Musikwissen9. Adler, Studien zur Geschichte der Harmonie, in: Sitzungsb.d.phil.-hist. K1. d. Kais.Ak. d. Wiss. (Wien), Bd.98/3 (1881), S.781-830. 10. Meinong, Hume-Studien II. Zur Relationstheorie, in: Sitzungsb.d.phil.-hist.K1.d. Kais.Ak.dWiss. (Wien), Bd.lOl (1882) S.573-752. 11. Waiter Hofiechner, Zur Etablierung der Kunstgeschichte an den Universitaten in Wien, Prag und Innsbruck, in: ders. u. GOtz Pochat (Hg.), 100 Jahre Kunstgeschichte an der Universitat Graz, Graz 1992, S.17, Anmerkung 48. 12. Ein Gesamtverzeichnis der veroffentlichten Schriften und Briefe Meinongs, zusammengestellt von Reinhard Fabian, befindet sich in: A1exius Meinong Gesamtausgabe, Bd.Vll., S.(326)-(342).
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schaft",13 gibt ab 1894 rnusikaIische Werke der Vergangenheit in den ,,DenkmaIem der Tonkunst in Osterreich" heraus, organisiert Ausstellungen, Musikfeste und Kongresse und genieSt es, so1che als offizieller Vertreter Osterreichs zu besuchen. Seine streng wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Methode seines Faches l4 wirkt ebenso bahnbrechend wie seine Abhandlung tiber den ,,stil in der Musik"15 oder das von ibm herausgegebene ,,Handbuch der Musikgeschichte"16. Ibm gelingt auch, was der Grazer Freund vergeblich anstrebt: Nach dreizehnjiibriger Tatigkeit an der Deutschen Universitat Prag (ab 1885) kehrt er an die Wiener Universitat zuruck (1898). Trotz der Entfemung, die Meinong und Adler voneinander trennt, bleiben die beiden Wissenschaftler tatsachlich das ganze Leben freundschaftlich verbunden - wenn sie auch einander nie ,,Du" sagen. Wie sehr die beiden die Auseinandersetzung mit dern jeweils anderen brauchen, auf die Meinung des anderen Wert legen und einander menschlich verrnissen, dies geht altein schon aus der Zahl der erhaltenen Briefe hervor. Nach Meinongs Tod (1920) reiBt Adlers Kontakt mit der Frau des Freundes nicht abo Noch zehn Jahre spater versucht er, sie bei der begonnenen Gesamtausgabe von Meinongs Werken zu untersttitzen,17 Er selbst hat sich zu diesern Zeitpunkt vorn wissenschaftlichen Betrieb weitgehend zuruckgezogen. Einige Jahre spater wird er die Realisierung eines ehemals gemeinsamen Jugendtraumes, alterdings in unerwtinschter Form erleben: den AnschluS Osterreichs an Deutschland. Seine Schtiler machen alt ihren EinfluB geltend, urn Adler vor dern Zugriff der Nazischergen zu retten - mit Erfolg. Man taBt Adler in Ruhe. Er stirbt 1941, isoliert und in innerer Emigration, lange nach Meinong. DaB Meinongs und Adlers wiederholte und verzweifelte Versuche, einander niiherzurucken, nicht von Erfolg gekront waren, erweist sich nachtraglich als Glticksfalt, hat uns doch gerade die raumliche Distanz, welche die beiden voneinander trennte, einen in seinern Umfang und Inhalt bemerkenswerten Briefwechsel beschert. Darin treten uns zwei facettenreiche Personlichkeiten 13. Von Adler gemeinsam mit Friedrich Chrysander und Philipp Spitta herausgegeben; erschien zwischen 188S-1894 bei Breitkopfund Hartel, Leipzig. 14. Adler, Umfang, Methode und Ziel der Musikwissenschaft, in: Vierteljahrsschrift fUr Musikwissenschaft, Jg.I (I 88S), S.S-20; Methode der Musikgeschichte, Leipzig 1919. IS. Adler, Der Stil in der Musik, Leipzig 1911. 16. Adler (Hg.), Handbuch der Musikgeschichte, Frankfurt 1924,2. erg.u. erw. Auflage, Berlin 1930. Ein Gesamtverzeichnis der publizierten Schriften Adlers befindet sich in: Volker Kalisch, Entwurf einer Wissenschaft von der Musik: Guido Adler, Baden-Baden, 1988, S.327-3S1. 17. Doris Meinong an Adler, Brief v.l 8.IX.l93 I , GAC, Box 27, Folder Meinong.
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entgegen, die sich, egaI, ob es urn Privatleben, urn Schwierigkeiten in der Karriere, urn Kollegen oder politische Einstellungen ging, kein Blatt vor den Mund nahmen. Bedenkt man, welch haarstraubende Intrigen Adler und Meinong immer wieder zu schaffen machten, so erscheint es nur naturlich, daB sie die Moglichkeit genossen, eine offene und ehrliche Kommunikation, in der auch durchaus Platz flir Selbstironie war, zu pflegen. Nebenbei spomten sie einander in freundschaftlichem Wettbewerb durch Obersendung ihrer jeweiIs neuesten Publikationen zu wissenschaftlichen Taten an. Dies und die Tatsache, daB beide nicht nur Interesse flir die Arbeit des Freundes zeigten, sondem auch fundiertes Wissen im Fach des jeweiIs anderen einbrachten, machte sie in wissenschaftlicher Hinsicht zu ideaIen Korrespondenzpartnem. Und so sind diese Briefe ein beredtes Zeugnis wahrer wissenschaftlicher und menschlicher Freundschaft. II.
BERUFUNGSKARUSSELL, FREUNDSCHAFT UND INTRIGENSPIEL
11.1. "Die Universitat ist ein Wrack "18 -Adlers erstes Ziel: Prag
"Wie oft denke ich an Sie und offen gestanden ist mir Ihr Umgang unersetzlich," schreibt Adler im Marz 1883 an den kurzlich nach Graz berufenen Meinong (Nr.24). Er selbst macht soeben eine schwere Zeit durch. Zwar arbeitet er fleiBig und gewissenhaft an der Vorbereitung seiner Musikgeschichtevorlesungen, doch seine Lehrtatigkeit a1s Privatdozent der Wiener Universitat hangt an einem seidenen Faden. Weit davon entfemt, jene Wirkung zu erreichen, die ibm in spateren Jahren muhelos in den SchoB fallen wird, zahlen nur vier Getreue zu seinen Stammhorem (Nr.26). Existentiell ist somit weder seine Gegenwart noch seine Zukunft gesichert. Adlers Ausgangsposition ist im Vergleich zujener Meinongs weitaus schwieriger. 1m Gegensatz zu einem arrivierten Fach wie Philo sophie besteht innerhaIb der Grenzen der Monarchie eine einzige Lehrkanzel, die flir einen Musikwissenschaftler in Frage kommt. Diese, die Lehrkanzel flir Geschichte und Asthetik der Tonkunst an der Wiener Universitat, ist aber immer noch mit Adlers Lehrer Hanslick besetzt. Es bleibt dessen Schtiler somit nichts anderes ubrig, a1s zu versuchen, auBerhaIb Wiens zu reussieren und an einer anderen Universitat die Schaffung einer Stelle anzuregen. Vorsichtig nimmt er im Sommer 1882 mit der Prager Universitat Kontakt auf (Nr.21). Fur Prag mOgen mehrere Grtinde sprechen. Erstens besitzt die Prager 18. Adler an Meinong, BriefNr.24. - 978-90-04-45828-4 Downloaded from Brill.com03/29/2023 12:29:38PM via Western University
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Universitat bereits eine gewisse AffiniHit zur Musik, hat doch dort fur kurze Zeit - von 1869 bis 1871 - der bedeutende Musikhistoriker August Wilhelm Ambros (1816-1876) als auBerordent1icher Professor der Musik gewirkt. 19 Zweitens lehren in Prag die Philosophen Carl Stumpf (1848-1936) und Anton Marty (1847-1914). Beide sind Schuler Brentanos - wie Adler, der mit Brentano auch privat verkehrt,20 und der Musikwissenschaftler mag auf ihre Hilfe hoffen. Drittens ergibt sich durch den Nationalitatenstreit in Prag eine interessante Ausgangsposition. Mit dem Studienjahr 1882183 erhalten die Tschechen eine eigenen Universitat. 1m akadernischen Lehrbetrieb herrscht zwar Chaos, und verzweifelt berichtet Adler an Meinong: Wegen Prag habe ich einige Schritte gemacht, hisher erfolglos. Die Prager Universitat (deutsche) ist ein Wrack; die wichtigsten Lehrkanzeln sind unbesetzt, manche Piicher gar nicht vertreten. (Nr.24) Der junge Wissenschaftler ist ob seiner Aussichten zutiefst deprimiert und denkt manchmal ,,auf manches, was nicht gedacht werden sollte" (Nr.24). Doch die herrschende Umbruchsstimmung und das vollig neue KonkurrenzverhaItnis zur Tschechischen UniversiUit sind fur Adlers Anliegen durchaus vorteilhaft, zumal letztere die Berufung des Musikwissenschaftlers Otakar Hostinsky (1847-1910) zum Professor flir Asthetik in Aussicht nimmt. Adlers Versuche verlaufen aber zunachst irn Sand. In Wien begirtnt Hanslick mit seinem Dozenten ein ubles Spiel, das unter geanderten Vorzeichen langer als zehn Jahre dauem solI. 1m Herbst 1883 verspricht er erstmals, das Lehramt aufzugeben, macht Adler Hoffnungen auf seine Nachfolge - und hindert ibn so, irn Sommersemester, wie geplant, nach Berlin zu gehen, urn dort musikwissenschaftliche Studien zu betreiben. Er selbst laBt sich beurlauben. Adler berichtet enthusiastisch nach Graz und bittet urn "VerhaltungsmaBregeln" (Nr.32). Doch Meinong wamt den Freund vor ubertriebenen Hoffnungen: "Auf das, was H. Ihnen sagte, werde ich erst dann etwas geben, wenn es geschehen ist." (Nr.34) Tatsachlich erweist sich Meinongs Skepsis als berechtigt. Hanslick ist noch lange nicht bereit, sich ins Privatleben zurUckzuziehen. In Prag hingegen scheint sich einige Monate spater eine positive Entwicklung anzubahnen. Adler findet nun tatsachlich in Brentanos SchUler Stumpf 19. Dieses Faktum wurde auch im Antrag von Unterrichtsminister Sigmund Conrad von Eybesfeld (auVortrag v.23.x.1885, AVA, MinCU 5 (Prag) Phil.Adler 20009 ex 1885) ins Treffen gefiihrt. 20. Adler gehOrte zu jenen Schiilern, die von Brentano und seiner Frau auch privat eingel aden wurden. Vgl. dazu Ida Brentano an Adler, Brief v.2.11.1883, GAC, Box 19, Folder Brentano.
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einen machtigen Verbiindeten. Dieser ergreift die Initiative und schlagt in seiner Funktion als Dekan der Philosophischen Fakultat die Errichtung einer musikwissenschaftlichen Lehrkanzel vor, fur die Adler in Aussicht genommen werden solI (NrAl, 43). Ein anderer anerkannter Gelehrter, dessen EinfluB spater ein weiteres Mal fur Adler von Bedeutung sein wird, interessiert sich fur den jungen Wissenschaftler: Ernst Mach (1838-1916), Professor fur Experimentalphysik und im Studienjahr 1883/84 Rektor der Deutschen Universitat. Dieser kennt Adler zwar nicht personlich, hat ibn aber bereits der ,,Deutschen Zeitung" als Musikreferenten empfohlen (Nr.39), und, wenn auch unter Vorbehalt, seine Mitarbeit an der von Adler mitherausgegebenen "Vierteljahrsschrift fur Musikwissenschaft" zugesagt.21 DaB er Adlers Prager Ambitionen prinzipiell wohlwollend gesinnt ist, nimrnt daher nicht wunder. Trotz eines nicht gar zu freundschaftlichen VerhaItnisses zu Stumpf (Nr.53) gehOrt er dann auch gemeinsam mit diesem und dem Mathematiker Heinrich Durege (1821-1893) jener Kommission an, welche die Errichtung einer musikwissenschaftlichen Lehrkanzel beantragt und den Tema-Vorschlag erstellt (NrA3).
Doch die Verhandlungen ziehen sich in die Lange, sehr zum Leidwesen des in Wien wartenden Adler. Stumpfwird 1884 nach Halle berufen, womit Adler seinen wichtigsten Fiirsprecher in Prag verliert. Denn sosehr Mach und Durege an Adlers Berufung gelegen sein mag, erscheint ihnen die Besetzung der frei gewordenen Orientalia und Philo sophie als vorrangig gegeniiber dem ,,Luxusfach" Musikwissenschaft, wie Adler verbittert an Meinong berichtet (Nr.53). Nun ist es Meinong, der Brentano ins Spiel bringt. Er rat dem Wiener Freund, vor einer geplanten Prag-Reise dern gemeinsamen Lehrer einen Besuch abzustatten. Ein solcher konnte in Adlers Angelegenheit durchaus nicht ohne Nutzen sein (Nr.54). Die Finanzen tragen ein Ibriges dazu bei, Adlers Wien-Abgang zu verzogem. Aus Angst, der Geldsegen konnte wegen der neu zu errichtenden rnusikwissenschaftlichen Professur fur die bestehenden naturwissenschaftlichen Institute schwacher ausfallen, regen die Prager, u.a. auch Mach, im Ministerium an, eine Adler fur seine Lehrtatigkeit in Wien bewilligte Dotation nach Prag zu iibertragen. Vnter diesen Bedingungen wiirden sie dann den Musikwissenschaftler zum wirklichen auBerordentlichen Professor vorschlagen. Giftig kommentiert Adler nach Graz: ,,Also urn 600 t1 wollen sie einen Pro21. Mach an Adler, Brief v. 13.N.l884, GAC, Box 26, Folder Mach. Mach verfaBtejedoch nur einen einzigen Beitrag fiir die Vierteljahrsschrift fiir Musikwissenschaft: eine Rezension seiner ,,Beitriige zur Analyse der Empfindungen" (Jena 1886) in: Jg.3 (1887), S.l51-156.
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fessor haben." Doch der Plan stoBt bei den Behorden in Wien auf wenig Gegenliebe. Dem verantwortlichen Ministerialrat Benno von David erscheint ein soIeher Vorgang allzu kUnstlich (Nr.55). Nebenher erhaIt das Berufungsspiel durch Hanslicks immer wieder erneuertes, nie eingehaltenes Versprechen, nun wirklich das Lehramt an der Wiener Universitat aufzugeben, eine weitere spannende Dimension (Nr.59). 1m Miirz 1885 wird endlich eine Entscheidung absehbar. Die Prager Fakultat schlagt Adler unico loco et unamiter zum "professor extraordinarius mit Honorar" vor (Nr.59) - von einer Lehrkanzel ist allerdings keine Rede mehr. Allein die Honorarfrage ist noch nicht gekliirt. Meinong, an den sich Adler wieder einmal wendet, rat, dennoch zu akzeptieren (Nr.60) - Ubrigens ganz im Gegensatz zu Hanslick, der Adler, wohl aus durchaus egoistischen GrUnden (er ist haufig beurlaubt und laBt dann Adler lesen) in Wien halten will (Nr.59). Trotz aller Divergenzen ist jedoch gerade Hanslicks EinfluS im Ministerium - er stellt seinem Dozenten dort das beste Zeugnis aus - fUr die positive Erledigung von Adlers BerufungswUnschen nicht unwesentlich. 22 Adler nimmt den Ruf jedenfalls an, und nach einem Sommer voller UngewiBheit erfolgt Ende Oktober 1885 tatsachlich seine Emennung zum unbesoldeten auBerordentlichen Professor fUr Musikwissenschaft an der Deutschen Universitat Prag.23 Was die finanzielle Seite betrifft, muS Adler zunachst noch semesterweise einen Kampf urn Zuerkennung einer Subvention fiihren (Nr.69). Adler zeichnet in den Briefen jener Zeit ein wenig attraktives Bild von Prag. In der Fakultat fUhlt er sich nicht glUcklich, zumal er als unbesoldeter Extraordinarius innerhalb der Universitatshierarchie keinen allzu leichten Stand hat. Intriganz, Scheelsucht und Neid scheinen ibm die Atmosphiire zu vergiften, wiihrend auf der StraBe angesichts des schwelenden Nationalitatenkonfliktes hOchste Vorsicht angebracht ist, urn nicht gar der Provokation beschuldigt zu werden (Nr.72). Das angespannte VerhaItnis zwischen Deutschen und Tschechen vergiftet die Lebensqualitat und beeintrachtigt das Kunstleben. Adler berichtet nach Graz, welch nationale Selbstvergotterung die Tschechen betreiben. Allerdings liiBt er keinen Zweifel daran, daB er auch mit dem Verhalten mancher Deutscher durchaus nicht einverstanden ist. Oaran Kritik zu Uben, ist nur in einem Brief an Meinong mOglich, in Prag selbst hingegen wenig angeraten, wird man doch dort gleich des Nationalverrates beschuldigt (Nr.97). Dort wUrden wohl auch Adlers ehrliche Zweifel an 22. Conrad, auVortrag v.23.x.l885, AVA, MineU 5 (Prag) Phil. Adler 20009 ex 1885. 23. Ebd., abE v.28.x.l885.
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der Sinnhaftigkeit der Trennung der Prager Universitat in eine deutsche und eine tschechische Emprung hervorrufen. An Meinong wagt er dariiber zu schreiben: ,,Die Selbstbefruchtung ist doch wider die Natur." (Nr.78) Doch Adler fmdet in Prag auch Freunde: den "einzigen Mach", wie er seinen Protektor Meinong gegentiber nennt (Nr.72), den Physiologen Ewald Hering (1834-1918), den Pathologen Philipp Knoll (1841-1900).24 Die Bekanntschaft eines von ihnen verdankt er indirekt dem Grazer Freund: Friedrich Jodl (1849-1914), der Mtinchner Philosoph, ist tiber Meinongs Vermittlung25 aIs Nachfolger Stumpfs nach Prag berufen worden - auf jene Stelle, die Adler seinem Briefpartner noch 1884 (Nr.48) warmstens ans Herz gelegt hat. Jodl, seines Zeichens tiberzeugter Feuerbachianer und aktiver Vorstand des Monistenbundes, ist nun nach Brentano und Meinong bereits der dritte Philosoph, der Adler mehr aIs bloB wissenschaftlich zu faszinieren vermag. Der Philosoph und der Musikwissenschaftler teilen eine extrem kritische Haltung zur Kirche, eine betont soziale Gesinnung und die Leidenschaft zum gemeinsamen Musizieren. 26 Nach Adlers Verehelichung, die ibm durch die Zusprechung eines fIxen Honorars 1887 mOglich wird,27 verkehren die beiden Paare, noch sparer auch die beiden Familien freundschaftlichst miteinander. Einige Jahre wird der abwesende Meinong zumindest brieflich in den Bund einbezogen. Noch vor Adlers und Jodls Ubersiedlung nach Prag hat Meinong den Grundstein gelegt, indem er, allerdings noch ohne Wissen Adlers, die von jenem bezogenen Kenntnisse tiber Prag an JodI weiterleitete: Die Stellung des Deutsehen in Osterreieh ist heute nieht iromer eine leiehte; der Schauplatz Threr kiinftigen Tatigkeit zumal ist im Laufe der letzten Jahre etwas wie ein vorgeschobener ! oder zuriiekgebliebener ? ! Posten des Deutschturns geworden. 28 Von Anfang ihrer Prager Tatigkeit verbindet Adler und JodI die gemeinsame Bekarmtschaft mit Meinong. Adler schreibt nach Graz, wie sehr sich JodI flir Meinong interessiert (Nr.72), Meinong hingegen mahnt durch Adler den auBerst schweigsamen JodI an seine Briefpflichten (Nr.75).29 Adler zeigt JodI 24. Adler, Wollen und Wirken, S.5. 25. Rudolf Kindinger, Erlliuterung zu Meinongs Briefen an Jodi, in: Kindinger (Hg.), Philosophenbriefe. Aus der Wissenschaftlichen Korrespondenz von Alexius Meinong, Graz 1965, S.24. Vgl. dazu aueh Meinongs Interesse an den Prager Vorgangen in Brief Nr.54. 26. Vgl. dazu JodIs Briefe an Adler, GAC, Box 24, Folder Jodi, bzw. auch JodI an Meinong, Brief v.l8.IV. 1887, in: Kindinger, a.a.O., S.39. 27 . AVA, MinCD 5 (Prag) Phil.Adler 13104 ex 1887. 28. Meinong an JodI, Briefv.3.V.l885, in: Kindinger a.a.O., S.26. 29. Vgl.auch JodI an Meinong, Brief v.l 8.IV.l887, in: Kindinger, a.a.O., S.37. - 978-90-04-45828-4 Downloaded from Brill.com03/29/2023 12:29:38PM via Western University
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Meinongs Bild, was dieser dem Grazer KoUegen mit dem Vermerk berichtet, er hatte nun das GefUhl, ihrn personlich ein StUck nahergekommen zu sein.30 So freundschaftlich die Briefe zunachst gehalten sind - allzu lange wird sich der so geschlossene Dreibund nicht bewahren. 11.2.
"Politischer Servilismus list] von mir einmal urn keinen Preis [zu habenj"31 - Meinongs Kampf um seine Emennung zurn Ordinarius
Auf dem Sprung zur groBen wissenschaftlichen Karriere geraten Adler und Meinong in eine uberaus bewegte Zeit. Die liberale Ara ist zu Ende gegangen, das konservative Kabinett Taaffe ist an der Macht. Die Versuche der Regierung, zwischen den Nationalitaten einen VersohnungsprozeB in Gang zu setzen, zeigen nicht den gewunschten Erfolg, stoBen vielmehr auf groBen Widerstand. Vor aDem die Sprachenverordnung fUr Bohmen und Mahren (1880), we1che den Tschechen Zugestandnisse einraurnt, erzumt die Deutschen und vertieft die Kluft zwischen den Nationalitaten, statt diese zu uberbriicken. Auch die Hoffnungen der Arbeiterschaft auf tiefgreifende Sozialreformen erfiilIen sich nicht, was Mitte der Achtzigetjahre immer wieder zu Unrohen und gewalttatigen Ausschreitungen fUhrt. Adler bekommt den politischen Druck schon in Wien, deutlicher dann natiirlich in Prag zu spuren. Doch seine berufliche Lautbahn leidet, obwohl er zu jener Zeit deutschnational gesinnt ist, nicht unter den auBeren VerhaItnissen. Fur ihn scheint sich zu bewahrheiten, was er, ganz idealistischer Wissenschaftler, der am Autbau einer besseren Zukunft werkt, mit Blick auf die politischen Bedingungen im Sommer 1883 an den Grazer Freund schreibt: Nun, Sie und aueh ieh verzagen nieht, wir sehreiten rastlos vorwiirts und arbeiten
an dem Untergrunde einer besseren Zeit unentwegt fort. (Nr.26)
Fur Meinong hingegen erweist sich die Auffassung, daB man sich als Wissenschaftler, wenn man nur ordentlich arbeitet, aus der politischen Realitat stehlen kann, als trauriger Irrtum. Die ganze politische Dimension des Universitatsbetriebes wird ihrn und seinen Freunden erst 1887 bewuBt. Das Ministeriurn weigert sich, Meinongs Ansuchen urn Stabilisierung, d.h. urn definitive Anstellung, zu entsprechen. Auch der Vorschlag der Fakultat, Meinong zurn Ordinarius zu emennen, wird nicht genehmigt. Aus dritter Hand erfahrt Meinong, seine Teilnahme an der "deutschnationalen Agitation" sei der 30. JodI an Meinong, Briefv.4.IV.1886, in: Kindinger, a.a.O., S.35. 31. Meinong an Adler, Brief Nr.87.
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Grund fUr die Verzogerung. Wutentbrannt weiht er seine Prager Freunde ein und fUgt fUrsorglich den Rat bei, sich recht bald urn Stabilisierung zu kummem (Nr.77).32 Adler schHigt vor, den ganzen Vorgang publik zu machen, auch Mach, der durch Adler Kenntnis von der Affare erlangt, ist emport (Nr.78). 1m Ministerium halt man Meinong und die gesamte Philosophische Fakultat Graz mit dem Versprechen bin, das Kollegium solIe die Emennung nur urgieren, dann wurde die Sache schon durchgehen (Nr.87).33 Doch obwohl die Fakultat alles nur Erdenkliche unternimmt, den Vorschlag immer wieder emeuert, geschieht von ministerieller Seite nichts. Meinong vermutet eine ,,nicht allzu wahrheitsgetreue Denuntiation"34 und reagiert verbittert. AIs der Dekan der Grazer Philosophischen Fakultat wieder einmal wegen Meinongs Emennung im Ministerium nachfragt, erwahnt man ibm gegenuber einen deutschnationalen Wahlaufruf, den Meinong einst gemeinsam mit vielen anderen unterzeichnet hat (Nr.87). Die Akten sprechen eine noch deutlichere Sprache. Ausschlaggebend fUr die Verzogerung ist der Bericht, den das Ministerium, wie in solchen Fallen ublich, vom Statthalter fUr Steiermark einholt. Darin heiSt es, gegen Meinong lage bezuglich seiner politischen und moralischen Haltung zwar nichts Negatives vor, doch sei er Ehrenmitglied der deutschnationalen Burschenschaft ,,Arminia" und Mitglied des gleicbfalls einschlagig ausgerichteten ,,Deutschen Nationalvereins fUr Steiermark".35 Fur Unterrichtsminister Paul Gautsch von Frankenthum (1851-1918), seinerseits deutschnationalen Tendenzen durchaus nicht freundlich gesinnt,36 reicht diese Information, Meinongs Emennung aufzuschieben. Der Philosoph selbst erhalt sehr zu seinem Arger keine Moglichkeit, im Ministerium die Sachlage durch ein offenes Gesprach zu klaren. Er ist dem Ministerium auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, kann als nicht bestatigter Professor ohne Begriindung entlassen werden und hat keinerlei Chance, auf dem Wege einer Disziplinar-Untersuchung zu seinem Recht zu geJangen. Hinzu kommt, daB seine nun schon seit Jahren laufenden, auf eigene Kosten durchgefUhrten experimentalpsychologischen Experimente nie auch nur ansatzweise einer Subventionierung fUr wurdig befunden werden. Sehr zu 32. Vgl. dazu auch Meinong an Jodi, Briefv.28.II. I 889, in: Kindinger, a.a.O., S.39ff. 33. Vgl. dazu auch ebd., S.41. 34. Ebd. 35. Paul Gautsch von Frankenthurn, au Vortrag v.30XI887, AVA, MinCU 5 (Graz) Phil.Meinong 22474 ex 1887. 36. David F.Lindenield, The Transformation of Positivism. Alexius Meinong and European Thought 1880-1920, Berkeley 1980, S.64.
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seinem Arger erfatut er von Adler und JodI, daB sein Prager PhilosophenKollege Marty fUr die Anschaffi.mg psychophysischer Apparate eine nicht unbetrachtlich Summe erhalten hat (Nr.76).37 So1cher ZurUcksetzung vermag er nur mit Verweigerung zu begegnen. Er beschlieBt, mit Sommersemester 1889 seine experimentalpsychologischen Obungen einzustellen. 38 Ihm erscheint es nun a1s barer Mutwille, weiterhin, wie geplant, die Errichtung eines experimentalpsychologischen Institutes anzustreben, wiirde ibn doch dies erst recht "vom guten oder Ublen Willen in Wien abhangig machen". So verzichtet er darauf, einen durchaus aussichtsreichen Antrag auf Zuteilung von Raumlichkeiten zu stellen (Nr.87).39 Zugleich hofft er, ehebaldigst eine Professur im Ausland zu erhalten. Dort, in einem Staat, in dem ,,ehrliche Arbeit" und "bewiesene Opferfahigkeit" hoher geschatzt wUrden a1s "politischer Servilismus", will er einem UniversiUitsinstitut die Instrumente wieder zugutekommen lassen (Nr.87). Einen Handel, den man ibm von ministerieller Seite vorschlagt - Meinong nennt ibn verachtlich ,,sacrificium intellectus" - lebnt er indigniert ab. 40 Die unangenehmen Folgen solcher UnangepaBtheit bekommen auch Meinongs SchUler zu spUren. Anton Olzelt von Newin (1854-1925) wird nach erfoIgreich beendigtem Habilitationsverfahren aus forma1en Grunden yom Ministerium die Venia legendi. verweigert (Nr.87).41 Das Lehrbuch der Logik, von Alois Hofler (1853-1922) unter Mitwirkung von Meinong fUr den 37. JodI an Meinong, Briefv.23.ill.1889, in: Kindinger, a.a.O., S.43. 38. Meinong an JodI, Briefv.28.11.1889, in: Kindinger, a.a.O., S.39ff. 39. Der Briefwechsel relativiert somit Meinongs in seiner "Selbstdarstellung" gegebene Begriindung - Raurnrnangel und unzureichende Demonstrationsmittel - fiir die 1889 erfolgte vorlaufige Einstellung der ExperimentalUbungen. Vgl. Meinong, Selbstdarstellung, S.(7). 40. Meinong an JodI, Brief v.28.II.l 889, in: Kindinger, a.a.O., S.4l. 41. Olzelt konnte nur das Maturitatszeugnis einer Rea\schule, nicht das eines Gymnasiums vorweisen und hatte daher die Bedingung fiir die ordnungsgemiille Inskription an einer osterreichischen Universitat nicht erfiillt. Denoch erkannte das Professorenkollegium das an der Universitat Freiburg erworbene Doktorat Olzelts als Grundlage fiir die Habilitation an und beschloB einstimmig Olzelts Zulassung zum Kolloquium. Trotz positiver PrUfungsergebnisse verweigerte das Ministerium Olzelt die Venia legendi. Vgl. dazu Brigitte Prutti, Die Habilitationen an der Philosophischen Fakultiit der Universitiit Graz 18481890/91, in: Hoflechner (Hg.), Beitrage und Materialien zur Geschichte der Wissenschaften in Osterreich, S.354. In anderen ahnlich gelagerten Hillen wurden hingegen solche formalen Mangel ignoriert, manchmal verzichtete man sogar auf die Vorlage eines DoktorDiplomes (Ebd., S.329f.). Olzelt habilitierte sich schlieBlich an der Universitat Bern, wo er im Sornmersemester 1890 zu lesen begann (Meinong an Christian v.Ehrenfels, Brief v.23.11.1890, in: Kindinger, a.a.O., S.72).
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schulischen Propadeutik-Unterricht verfaBt,42 erhalt erst nach jahrelangern Warten und dann nur in gektirzter Form die Approbation des Ministeriums. 1889 ist Meinongs Vorschlag zurn Ordinarius drei Jahre alt, viermal hat das Kollegiurn den Vorschlag emeuert, hat die FakulHit auf Wunsch des Ministeriums urgiert. 43 Nun endlich zeigt das Ministeriurn in Wien Einsicht, und mit Meinongs im selben Jahr erfolgter Emeonung zurn Ordinarius kehrt fUr kurze Zeit Ruhe in sein Leben ein. Er bleibt zwar bei seinern EntschluB, die experimentalpsychologischen Obungen nicht wieder aufzunehmen (Nr.90).44 Die gewoonene Sicherheit mag ibn jedoch bewegen, nun endlich seinen Freunden nachzufolgen und gleichfalls den ,,sprung ins Ungewisse", wie Adler sagt, zu wagen: Er verlobt sich (Nr.92) und heiratet im Herbst 1889. Der Prager Freund kommentiert erleichtert: ,,somit koonen Ihre Freunde mit Vertrauen in die Zukunft sehen." (Nr.93) 11.3. " Werden wir uns noch zeitlebens niiherriicken? "45 - Die Wiener
Universitiit im Zentrum gemeinsamen Interesses
Zu Beginn der Neunzigerjahre haben sich die beiden Freunde vorlaufig damit abgefunden, daB man, einmal abgesehen von einigen wenigen, dann stets freudig kommentierten Zusammentreffen, nur brieflich Gedankenaustausch pflegen kann. Einige Jahre spater scheinen sich endlich Chancen zu ergeben, einander ortlich naherzurUcken. In Wien sind alle philosophischen LehrkanzeIn und nach Hanslicks 1895 endlich erfolgter Emeritierung auch jene fUr Geschichte und Asthetik der Tonkunst neu zu besetzen. Der Lauf der Dinge wird eine relativ groBe Zahl heimlicher Zusammenktinfte zur Erarbeitung gemeinsamer Schlachtplane bewirken und die beiden Freunde tiber Jahre hinweg in Atern halten. Adler weill bereits in seiner Prager Zeit tiber die Vorgange an der Wiener Universitat erstaunlich gut Bescheid, was nicht nur ibm, sondem auch Meinong hilft, irn universitaren Intrigenspiel den Oberblick nicht zu verlieren. Deon nattirlich leitet er alle ihm zuganglichen, die Nachbesetzung der Philosophie betreffenden Informationen unverziiglich nach Graz weiter. Doch Information allein ist zu wenig. Urn sich durchzusetzen, bedarf es, abgesehen von den rein fachlichen Qualifikationen, machtiger Protektoren auBerhalb, oder einer Lobby innerhalb der 42. Philosophische Propiideutik, I.Teil, Logik, Unter Mitwirkung von Alexius Meinong verfaBt von Alois Hofler, Prag usw. 1890. 43. Meinong an JodI, Briefv.28.11.1889, in: Kindinger, a.a.O., S.41. 44. Meinong nahm die 'Obungen erst 1894, als das Ministerium eine entsprechende Subvention zusicherte, wieder auf. Vgl. Meinong, Selbstdarstellung, S.(7). 45. Adler an Meinong, Brief Nr.108.
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UniversiHit. Inwiefem Meinong und Adler mit solcher UnterstUtzung rechnen konnen, wird die Entwicklung zeigen. IT.4. "Wir wollens abwarten "46 - Adlers Umwege zum zweiten Ziel: Wien
Zum Zeitpunkt von Hanslicks Emeritierung hat sich Adler in Fachkreisen bereits ein hohes MaS an Anerkennung erworben. Seine Verdienste als Mitherausgeber der "Vierteljahrsschrift fur Musikwissenschaft" und Herausge-ber der ,,Denkmaler der Tonkunst in Osterreich" werden durchaus gewUrdigt. Obwohl auch Hanslick auf seinen SchUler gro8e StUcke halt, gibt er vor seinem Abgang in der Fakultat keine eindeutige Empfehlung ab - ein Versaumnis, das ihm seine Kollegen ubelnehmen. 47 A1s jedoch die Berufungskommission in ihrer ersten Sitzung am 19.Janner 1895 zu keinem Ergebnis gelangt48 und eine Woche spater in der FakulHitssitzung die Vertagung des Gegenstandes beschlossen wird,49 sieht sich Hanslick doch veranlaBt, einzugreifen. In einem mit 7.Februar 1895 datierten Schreiben legt er einem nicht naher ausgewiesenen Hofrat - es handelt sich mit gro8er Wahrscheinlichkeit urn ein Mitglied der Berufungskommission50 - die Nachbesetzung seiner Lehrkanzel ,,recht sehr an's Herz". Fur Hanslick ist k1ar, wem aIlein seine Nachfolge gebuhrt. Er schreibt: ,,FUr die Wiener Lehrkanzel ware Adler die aIlerbeste - ja die einzig empfehlenswerte Requisition. "51 Darnit meint Hanslick wohl alles gesagt zu haben, was es in dieser Causa zu sagen gibt. Einer im Marz 1896 erfolgten dringenden Einladung der Berufungskommission, aIs Ehrenrnitglied den Beratungen beizuwohnen, leistet er jedenfalls nicht 46. Adler an Meinong, Brief Nr.12l. 47. Theophil Antonicek, Musikwissenschaft in Wien zur Zeit Guido Adlers, in: Studien zur Musikwissenschafi (Beihefie der DenkmaIer der Tonkunst in Osterreich), Bd.37, Tutzing 1986, S.17lf. 48. Ebd., S.17l. 49. Sitzungsprotokoll PhFW v.26.1.l895, Vg.Pkt.A, AUW. 50. Als mOgliche Adressaten kommen die Professoren Robert Zimmermann, Heinrich von Zeissberg und Wilhelm von Hartel, aile Hofriite und Mitglieder der Berufungskommission, in Frage. Josef von Karabecek, der Dekan, ziihlte nicht zu den Hofriiten der Kommission (Berufungkommission s. Sitzungsprotokoll PhFW v.26.1. I 895, Vg.Pkt.A, AUW).
51. Hanslick an einen nicht naher bez. ,.Hofrat", Brief v.7.ll.l895, ohne Aktenzahl, Beilage zu AUW Phil.Dekanat Akt 294 ex 1896/97. Eine Abschrifi des Briefes befindet sich im NachlaB Adlers (GAC, Box 22, Folder Hanslick). Adler kam tiber Vermittlung seines Schulfreundes August Artaria wenige Tage nach Einlangen des Empfehlungsschreibens in den Besitz einer Kopie desselben.
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Folge. 52 Adler wird sich trotz der klaren Aussage seines Lehrers noch einige Jahre mit Geduld wappnen mtissen. Zunachst einmal wird die Diskussion tiber die Hanslick-Nachfolge verschoben. Erst im Marz 1896 tritt die Berufungskommission wieder zusammen. Man bittet die beiden deutschen Musikforscher Hermann Kretzschmar (1848-1924) und Heinrich Bellermann (1832-1903) urn Gutachten und Vorschlage m6glicher Kandidaten. Bellermanns vernichtende Bemerkung, er bitte, sein Vrteil tiber Adler zUrUckhalten zu dtirfen, wird nur zum Teil durch Kretzschmars positive Einschatzung wettgemacht. 53 In Wien selbst sind machtige Widersacher am Werk. Zwar erhalt Adler durch die Wien-Berufung seiner Prager Kollegen Mach und JodI beredte Ftirsprecher in der Fakultat - und es ist wohl keine Zufall, daB beide der Kommission beitreten. 54 Doch von anderer Seite wird eifrigst die Berufung von Eusebius Mandyczewski (1857-1929) betrieben. Er ist Musiker und Archivar der Gesellschaft der Musikfreunde, hat Schubert-Werke herausgegeben, jedoch nichts Eigenstandiges publiziert (Nr.113). Die Initiative geht nicht von Mandyczewski aus, vieImehr ist es Johannes Brahms (1833-1897), der seinen Vertrauten und Korrektor als moglichen Kandidaten ins Spiel bringt.55 Die von Adler daher nicht zu Vnrecht als ,,Brahmsclique" bezeichnete Gruppe (Nr.130) besitzt unter den Professoren eine nicht unbedeutende Anhangerschaft und stellt mit dem Mathematiker Gustav von Escherich (1849-1935) ein einfluBreiches Mitglied der Berufungskommission. In der Kommission selbst prallen die Interessen voH aufeinander. Man kann sich auf keinen gemeinsamen Vorschlag einigen und so wird in der Fakultatssitzung im Juli 1896 die Debatte tiber den Besetzungsvorschlag emeut vertagt.56 Das Ziel Wien scheint in weite Feme zu rUcken. In Prag hat Adler zwar Tite! und Charakter eines ordentlichen Professors, ist aber immer noch nicht zum Ordinarius emannt. Er blickt sich nach anderen Moglichkeiten urn. Vnd siehe da: Graz bietet sich als Variante an. Dort ist aufgrund des Versuches einiger Professoren, den Grazer Rechtsanwalt und Privatdozenten fiir Geschichte der Musik Friedrich von Hausegger (1837-1899) durch eine Profes52. Antonicek, a.a.O., S.l72. 53. Antonicek, a.a.O., S.l74f. 54. Ebd. Listen der Komrnissionsrnitglieder s. Sitzungsprotokolle PhfW v.31.x. 1896, Vg.Pkt.ll, u.v.l2.Xll.l896, Vg.Pkt.7, AUW. 55. Dies geht aus dem Briefwechsel von Mandyczewski und Brahms hervor; v.a. Brief Mandyczewskis an Brahms vA.VIll.1895 (worin dieser Zweifel an seiner Befahigung a1s Nachfolger Hanslicks iiuBert), in: Karl Geiringer, Johannes Brahms im Briefwechsel mit Eusebius Mandyczewski, in: Zeitschrift fur Musikwissenschaft, Jg.15 (1932/33), S. 367 . 56. Sitzungsprotokoll PhFW v.8.Vll.l896, Vg.Pkt.3, AUW.
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sur an die Grazer UniversiUit zu binden, seit einiger Zeit die Einrichtung einer musikwissenschaftlichen Lehrkanzel im Gesprach. Adler, den Meinong urn ein Urteil ersucht, kann Hauseggers wissenschaftlichen Verdiensten kaum Positives abgewinnen (Nr.106, 121). Dies ist insofern wenig erstaunlich, aIs Hausegger eine ganz andere Richtung der Musikwissenschaft vertritt - eine Richtung, die nicht in der Geschichte, sondern in den Naturwissenschaften ihren Ausgangspunkt sieht. 57 In Adlers Sinne ist der Grazer Kollege nicht wirklich musikhistorisch geschult (Nr.l 06). Meinong tragt entscheidend dazu bei, die Berufung des forcierten Kandidaten abzubiegen. Denn drei Tage, nachdem sein Kollege Heinrich Schenk! (1859-1919) in der Fakultat den Antrag stellt, eine auBerordentliche Professur fur "Geschichte und Theorie der Musik" ins Auge zu fassen,58 schreibt er an Adler: Die Angelegenheit H[ausegger], die nunmehr woW defmitiv in meinem Sinne, d.h. ungiinstig fur H[ausegger], erledigt sein diirfte, hat die Eventualitat einer Professur fur Musikwissenschaft in Graz fur das Kollegium weniger aktuell gernacht. (Nr.IIO)
Hausegger ist sich der Gegnerschaft Meinongs durchaus bewUBt. 59 Was er mit Sicherheit nicht weill, ist, daB Meinong auch irn Interesse des Prager Freundes handelt. 1m erwahnten Schreiben yom Mai 1895 fragt Meinong Adler k!ar und deutlich, unter welchen Urnstanden er selbst eine Grazer Professur anoehmen wiirde - und dies, obwohl gar nicht feststeht, daB die Forcierung eines anderen Kandidaten aIs Hausegger iiberhaupt erwiinscht und mOglich ist. Zermiirbt von der Behandlung, die er in Prag erf:ihrt, und den schlechten Nachrichten aus Wien sagt Adler zu und nenot zugleich als Bedingung seine Ernennung zum Ordinarius (Nr.113). Zur genaueren Besprechung der Vorgangsweise vereinbart man irn Juni 1895 ein heirnliches Treffen in Bruck an der Mur. Die folgenden brieflichen Verhandlungen gedeihen so weit, daB Adler Publikationslisten erstellt und dem Grazer Freund Ernpfehlungen beziiglich der Erganzung eines Ternavorschlages unterbreitet. Er nenot die beiden deutschen Musikwissenschaftler Hermann Kretzschmar und Oskar Fleischer (1856-1933) (Nr.l18). Der Wiener Privatdozent Max Dietz (1857-1928) kann hingegen ebensowenig wie der ebenfalls von Meinong erwahnte ErzrivaIe Mandyczewski (Nr.ll0) vor Adlers kritischem Auge bestehen (Nr.113). Nach solch verheillungsvollen Anfangen verlauft die Sache 57. Rudolf Hotzinger, 50 Jahre Institut fur Musikwissenschaft (Musikwissenschaft an der Universitat Oraz), Oraz 1990, S.4. 58. Ebd., S.7. 59. Ebd., S.8. Meinong wiederum fiihlt sich von Hausegger und dessen Kreis in ,,Acht und Bann getan" (M 21.VI.l899).
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schlieBlich im Sand. Ab Herbst 1895 ist eine Berufung Adlers nach Graz im Briefwechsel kein Thema mehr. In Prag nehrnen die Dinge gleichfalls keine erfreuliche Entwicklung. Erst Ende 1896 wird in der Philosophischen Fakultat Adlers Emennung zum Ordinarius vorgeschlagen. Merkwiirdig betiihrt, daB Adler trotz seiner freundschaftlichen Beziehung zu JodI bezweifelt, ob die klare Antragstellung vor dem Prag-Abgang des letzteren moglich gewesen ware (Nr.130). 1m Friihjahr 1897 wird der gleichzeitig vorgeschlagene Kunsthistoriker Josef Neuwirth (1855-1934) zum ordentlichen Professor emannt, wahrend Adler immer noch auf Bescheid wartet. DaB Meinongs Schtiler Christian von Ehrenfels (18591932) - gegen den Willen der Fakultat, aber ganz im Sinne Jodls60 - als Jodls Nachfolger nach Prag kommt, ist ein kleiner Lichtblick in all diesen Argernissen. Nun hat Adler willkommene Gelegenheit, ofier tiber Meinong zu sprechen. Doch kann ibn auch dies nicht tiber die Intriganz und Bosartigkeit hinwegtrosten, der er sich allerorten ausgesetzt sieht. "Verschiedene Leute mit Haut und Haaren, mit Krallen und Galle" lagem in seinem Magen und mtissen durch eine Kur in Karlsbad hinuntergesptilt werden (Nr.129). Die Wiener Philosophische Fakultat hat es nach zwei Jahren noch immer nicht zu einem Tema-Vorschlag fur die Hanslick-Nachfolge gebracht. Offiziell wird die Verzogerung damit begriindet, daB man nicht in der Lage sei, einen Kandidaten zu nennen, welcher sowohl Geschichte als auch Asthetik der Tonkunst vorzutragen imstande ware. Diese Kombination se~ wie JodI in seinem Kommissionsbericht im Kollegium ausfiihrt, durch die heutige Entwicklung der Wissenschaft nicht gerade unmOglich, aber wenigstens uberaus selten und schwierig geworden. 61
Die Adler-Partei, angefuhrt von Jodl, will sich daraufbeschranken, gegen den Usus dem Ministerium bloB eine Liste mOglicher Kandidaten fur eine Lehrkanzel fur Geschichte der Tonkunst zu tiberreichen. Adlers Name steht an der Spitze der Liste, der seines Konkurrenten Mandyczewski scheint hingegen nicht auf. 62 Doch das Vorhaben wird durch die Mandyczewski-Freunde erfolgreich blockiert. 63 Man hat sich der Untersttitzung des deutschen Musikforschers Friedrich Chrysander (1826-1901) zu versichem gewuBt. Sein 60. Meinong an Jodi, Brief v.26.VII. 1896, in: Kindinger, a.a.O., S.58, und Jodi an Wilhelm Bolin, Briefe v.6.VI.l896 (Nr.58) u. 8.VllI.1896 (Nr.59), in: Georg Gimpl (Hg.): Unter uns gesagt. Friedrich Jodls Briefe an Wilhelm Bolin, Wien 1990, S.l70, S.l72. 61. Zit. nach Antonicek, a.a.O., S.l77. 62. Vgl. Jodis Antrag in der Fakultiitssitzung am 31.X.l896. Sitzungsprotokoll PhFW, Vg.Pkt.II, AUW; vgl. auch Antonicek, a.a.O., S.l77. 63. Sitzungsprotokoll PhFW v. 12.xII.l 896, Vg.Pkt. 7, AUW.
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positives Urteil tiber Mandyczewski wiegt wohl besonders schwer, haben doch er und Adler lange Jahre als Herausgeber der "Vierteljahrsschrift fur Musikwissenschaft" zusannnengearbeitet.64 In der Kommissionssitzung am I.Dezernber 1896 kann die Gruppe urn Escherich nicht nur ein Gutachten Chrysanders vorweisen, sondem auch auf ein rntindlich gegebenes Urteil Brahms' pochen und einen MehrheitsbeschluB zustandebringen.65 Man beantragt in der FakulUitssitzung, Mandyczewski primo et unico loco vorzuschlagen.66 Dies stOBt jedoch im Gesamtkollegiurn auf groBen Widerstand. Die Fronten sind so verhfutet, daB es den Professoren nicht mehr sinnvoll erscheint, den Gegenstand an die Kommission zurtickzuverweisen. Mit der offiziellen Begrtindung, es ware dern Kollegiurn nicht mOglich, einen Kandidaten zu nennen, welcher ,,Musikgescbichte in ihrern ganzen Umfang zu lehren im Stande ware''67 wird Ende 1896 der Akt und damit die Entscheidungsgewalt dern Ministeriurn tibergeben.68 Auf Antrag Jodls erhalt das Ministeriurn auch alle Kommissionsberichte tibermittelt69 - ein wahrhaft kluger Schachzug. Dadurch werden jene Argumente, welche zur Ablehnung eines unico loco-Vorschlages Mandyczewski gefiihrt haben, den entscheidenden Stellen zugespielt - Argumente, die nicht so einfach von der Hand zu weisen sind: Er hat sich ausschlieBlich mit der neueren Zeit beschliftigt, steht dem akademischen Leben ganzlich fern und ist als Lehrer nicht erprobt.70 Zugleich gehen dern Minister neben Gutachten Hanslicks und Chrysanders die Vorschlage der Mandyczewski-Gegner zu - und bier steht, eine wohl nicht unwilIkommene Begleiterscheinung der alphabetischen Reihung, Adler an erster Stel64. DaB Chrysander nun gegen Adler Partei ergriff, hatte neben den schon liinger zuriickliegenden Meinungsverschiedenheiten rund urn die Herausgabe der "Vierteljahrsschrift fUr Musikwissenschaft" noch einen aktuelleren Grund. 1m Jahr 1896 erschienen Gottlieb Muffats "Cornponirnenti Musicali per il Cembalo" in zweifacher Ausfiihrung: Adler gab sie in den ,,Denkmlilern der Tonkunst in Osterreich" (11J13, Bd.7, 1896) heraus, wiihrend Chrysander sie als Supplementband V seiner Georg Friedrich Hiindel-Gesamtausgabe folgen lieS (Leipzig 1896). Dies verschlechterte das Verhliltnis der beiden entschieden (Antonicek, a.a.O., S.178). 65. Dekan Alfons Huber, Bericht an das MinCU v.15.XII.1896, AVA, MinCU 4 (Wien) Phil.Adler 51562 ex 1896. 66. Sitzungsprotokoll PhFW v.12.XII.1896, Vg.Pkt.7, AUW. Ober Adlers Reaktion darauf vgl. Antonicek, a.a.O., S.179. 67. Dekan Huber, Berichtan das MinCUv.15.XII.1896, AVA, MinCU 4 (Wien) Phil. Adler 51562 ex 1896. 68. Ebd. 69. Sitzungsprotokoll PhFW v.12.XII.1896, Vg.Pkt.7, AUW. 70. Dekan Huber, Bericht an das MinCU v.15.XII.l896, AVA, MinCU 4 (Wien) Phil. Adler 51562 ex 1896.
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le.1 1 Hanslicks Gutachten, welches besonders betont, daB Adlers Tatigkeit fiir die ,,Denkrnaler der Tonkunst" durch seine Versetzung nach Wien gefordert werden konnte, ebenso wie die Argumente der Professoren gegen Mandyczewski tragen schlieBlich dazu bei, daB sich fur Adler nach einiger Verzogerung doch noch alles zum Guten wendet und schlieBlich die Konkurrenten aus dem Feld geschlagen sind. Mit l.Oktober 1898 wird der mittlerweile 43jahrige Musikwissenschaftler zum ordentlichen Professor der Theorie und Geschichte der Musik an der UniversiHit Wien ernannt. Mit der Umbenennung der Lehrkanzel folgt das Ministerium einer Empfehlung der FakuItat. 72 Der Abschied von der Stadt Prag fallt Adler nicht schwer. Zu sehr erztirnen ihn seit Jahren die nationalistischen Agitationen der Sprachgruppen. Weniger einfach ist die Trennung von seinen FakulUitskollegen, zumal er angesichts der Affare urn seine Berufung seinem Eintritt in die Wiener Universitat - wohl zu Recht - mit Besorgnis entgegensieht. Exkurs: Zur Situation der Philosophie an der Wiener Universitiit Als Meinong 1882, noch nicht dreiBigjahrig, einen Ruf nach Graz annimmt, verliiBt er eine Universitat, deren philosophische Verhiiltnisse alles andere als gekliirt sind. Obwohl seit 1857 drei Lehrkanzeln fiir Philo sophie bestehen, ist das Fach nur durch einen einzigen Ordinarius vertreten: durch den Herbartianer und Bolzano-Schtiler Robert Zimmermann (1824-1898), dessen EinfluB in asthetischen und ethischen Fragen weit tiber die Grenzen der UniversiUit hinausreicht. Starker als er wirkt jedoch ein anderer Gelehrter auf die studierende Jugend: Franz Brentano, Meinongs und Adlers Lehrer, den ein seltsames Geschick yom Professor der Philo sophie zum Privatdozenten an der Wiener Universitat degradiert hat. Doch ungewohnlich ist vieles in der Lebensgeschichte dieses bedeutenden Mannes. Brentano, geweihter Priester, ist 1873 aus Protest gegen das yom ersten Vatikanischen Konzil erlassene Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes aus der Katholischen Kirche ausgetreten. Dennoch erhiilt er 1874 - auch auf Betreiben Zirnmermanns - einen Ruf auf die zweite Lehrkanzel fiir Philosophie in Wien. Ein liberaler Unterrichtsminister, Karl von Strernayr (18231904), und die allgemein kritische Stimmung gegen Rom machen diese Ent71. Ebd. 72. Arthur von Bylandt-Rheydt, auVortrag v.29.V.l898, AVA, MineD 4 (Wien) Phil. Adler 16212 ex 1898. Fiir die Entscheidung des Ministers waren VOl' aHem zwei Aspekte wesentlich: erstens, daB er sich - ganz der Argumentation Hanslicks folgend - von Adlers Wien-Berufung eine positive Auswirkung auf die Arbeit an den ,,Denkmiilern der Tonkunst" erhoffte und zweitens, daB Adler Inlander war.
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scheidung mOglich. Sofort vermag Brentano einen Teil der studierenden Jugend in seinen Bann zu ziehen. Meinong und Adler gehoren dazu. Doch dann geschieht das UnfaBbare: Der Philosoph verliebt sich in die reiche jUdische Fabrikantentochter Ida Lieben. Die fehlende Trennung staatlicher und kirchlicher Gesetze rnachen Brentano, dern ehernaligen Priester, die Heirat innerhalb der Grenzen der Monarchie unmOglich. Kurzfristig gibt er seine Professur auf, heiratet 1880 in Sachsen, kehrt zuriick - urn sich in Wien fassungslos mit den Machenschaften einer reaktionaren Biirokratie konfrontiert zu sehen. Ibm wird zwar emeut die Lehrbefugnis als Privatdozent erteilt, eine Wiedereinsetzung als Professor jedoch verweigert.73 UnterstUtzt von der FakulUit nimmt Brentano einen jahrelangen Kampf urn seine Ernennung auf.1 4 Sein EinfluS als osterreichischer Philosophiepapst bleibt zwar weiterhin bestehen - 1882 werden zwei seiner Schuler auf philosophische Lehrkanzeln berufen: Meinong nach Graz, Thomas Masaryk (1850-1937) an die Tschechische UniversiUit Prag. Doch seinen Bemiihungen urn die eigene Position ist weniger Erfolg beschieden. Eineinhalb Jahrzehnte bleibt die zweite Lehrkanzel unbesetzt, eine Situation, die nur Zimmermann genieSt, ist er doch damit Alleinherrscher im Reich der Philosophie. 75 1894 - die Emeritierung Zimmermanns rUckt in bedrohliche Nahe - unternimmt die Fakultat einen letzten Versuch, Brentano der Universitat Wien zuriickzugewinnen.76 Doch dieser neue VorstoS scheitert an der starrsinnigen Haltung des betont klerikal-reaktionaren Unterrichtsministers Stanislaw von Madeyski-Poray (1841-191O).n Der von der Kommission zugleich erstellte Vorschlag flir eine Wiederbesetzung der dritten Philosophischen Lehrkanzel beinhaltet neben Marty und JodI den deutschen Philosophen Wilhelm Windelband (1848-1915).78 Auch 73. William MJohnston, Osterreichische Kultur- und Geistesgeschichte, Wien 1974, S.294ff; Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Vergessene Impulse der Wiener Philosophie urn die Jahrhundertwende, in: Jiirgen Nautz u. Richard Vahrenkamp (Hg.), Die Wiener Jahrhundertwende, Wien 1993, S.188ff. 74. Vgl. dazu die Antriige aufWiedereinsetzung Brentanos. Sitzungsprotokolle PhFW v.9.ll.l884, Vg.Pkt.l, u.v.24.ll.l894, Vg.Pkt.D, AUW. 75. Vgl. dazu Thomas Masaryk an Meinong, Brief v.3.IX.93, in: Kindinger, a.a.O., S.l2; ebenso Adlers Bemerkung im BriefNr.37, Zimmermann ware, als im Professorenkollegium der Antrag auf Wiederbesetzung der 2.l.ehrkanzel fur Philosophie gestellt wurde, "wie ubergossen" gewesen. 76. Sitzungsprotokoll PhFW v.24.II.l894, Vg.Pkt.D, AUW. 77. Vgl. Stanislaw von Madeyskis Antrag, die yom Professorenkollegium vorgeschlagene Wiedereinsetzung Brentanos abzulehnen (auVortrag v.25.N.l895, AVA, MinCU 4 (Wien) Phil.Mach 10764 ex 1895). 78. Sitzungsprotokoll PhfW v.24.11.1894, Vg.Pkt.D, AUW.
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mit diesem ist das Ministerium nicht einverstanden. Er wird gleichfalls zurUckgewiesen. 79 Zimmermann fiirchtet nun, knapp vor der Emeritierung stehend, urn die Zukunft der Philosophie. Auf sein Drangen gibt Brentano seinen Anspruch auf die l..ehrkanzel auf.80 Da nun zwei l..ehrkanzeln frei sind, glauben Zimmermann und die FakulHit, einem yom traditionellen philosophischen Standpunkt mehr als fragwiirdigen Handel zustimmen zu konnen, einem Handel, der zweifelsohne einem Angriff auf das kritische Potential der Philosophie gleichkommt. Kein Philosoph, sondern ein Naturwissenschaftler, Ernst Mach, soIl auf die reaktivierte dritte l..ehrkanzel fur Philo sophie berufen werden. 81 Allerdings stellt die FakulUit die Bedingung, daB die zweite l..ehrkanzel mit einem Vertreter der geisteswissenschaftlichen Richtung besetzt wird. Hierfiir werden die beiden deutschen Philosophen Benno Erdmann (1851-1921) und Rudolf Eucken (1846-1926) in Betracht gezogen. 82 Brentanos Schiiler Marty und Meinong erfahren hingegen keine BerUcksichtigung, da diese fUr Madeyski von vornherein nicht in Frage kommen. 83 Die gewiinschte Nachbesetzung der Brentano'schen l..ehrkanzellehnt der Minister mit einer fadenscheinigen Begriindung ab. 84 Mach hingegen erhaIt seine Zustimmung. Natiirlich ist diese Entscheidung nicht unumstritten. Zu revolutionar mutet manchen Kreisen die Ernennung eines Naturwissenschaftlers zum Professor fur Philosophie an. Vor allem von klerikaler Seite wird eifrig gegen Mach intrigiert. Allein, der Oberraschungseffekt und die von Brentano geschaffene Situation fUhren, wie Mach spater an Meinong berichtet,85 schlieBlich zu seiner Berufung. Machs Lehrauftrag wird, dem Wunsch des Gelehrten entsprechend, auf Geschichte der induktiven Wissenschaften und andere seinen eigentlichen Bereich urnfassende Themen beschrankt. 86 Dennoch ist er 79. Berieht der Berufungscommission an das Professoren-Kollegium d.PhFW v.13. XII. 1894, AVA, MineU 4 (Wien) Phil.Mach 10764 ex 1895. 80. Sehrnied-Kowarzik, a.a.O., S.189. 81. Sehrnied-Kowarzik, a.a.O., S.192. Vgl.aueh Sitzungsprotokoll PhFW v.15.XII. 1894, Vg.Pkt.A, AUW. 82. Sitzungsprotokoll PhFW v.15.XII.l894, Vg.Pkt.A, AUW 83. Sehrnied-Kowarzik, a.a.O., S.192f. 84. Madeyski argumentierte in seinem Vortrag, daB die zweite Lehrkanzel nieht unbesetzt sei, da Franz Hillebrand auf Antrag der Fakultat v.24.11.1894 zum auBerordentliehen Professor fur Philosophie ernannt worden sei und dessen Beziige auf Rechnung der systernisierten Lehrkanzel gingen (auVortrag v.25.IV.1895, AVA, MineU 4 (Wien) Phil.Maeh 10764 ex 1895). 85. Mach an Meinong, Briefv.19.V.1896, in: Kimlinger, a.a.O., S.91. 86. Adler an Meinong, Brief Nr.109; Mach an Meinong, Brief v.19.V.1895, in: Kindinger, a.a.O., S.91; Machs Lehrauftrag lautete konkret fur Philosophie, insbesondere fur Geschichte und Theorie der induetiven Wissenschaften (AVA, MineU 4 (Wien) Phil.Mach
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selbst sich der AbsurdiHit der Situation durchaus bewuBt, denn auf Meinongs Gluckwunschschreiben reagiert er mit foigenden Worten: Flir Ihre giitigen Zeilen bin ich Ihnen umsomehr zu herzlichstem Dank verpflichtet, als Sie ja ein gewisses Recht haben, tiber den Vorgang - sagen wir euphemistisch - verwundert zu sein. Denn fast bin ich selbst verwundert. 87 Die philosophischen Belange der Wiener Universitat werden erst 1896 zur Ganze neu geordnet. Ein neuer Unterrichtsrninister, Paul Gautsch von Frankenthum, ist irn Amt. Der ex aequo-Vorschlag der Fakultat fUr die Nachfolge Zimmermanns, welcher Erdmann, JodI und Alois Riehl (1844-1924) beriicksichtigt,88 geht zugunsten des urn die Wiener Stelle redlich bernuhten JodI aus. 89 Fur die Entscheidung des Ministers ist Jodls Zugehorigkeit zur Katholischen Kirche ein nicht unwesentlicher Aspekt. 90 DaB JodI selbst offen erklart hat, nicht die christliche Weltansicht zu teilen,91 scheint man iiberhort zu haben. Gautsch, ganz Vertreter der katholischen Restauration, halt es jedoch flir absolut notwendig, dem Naturwissenschaftler Mach und dem Ethiker JodI einen christlich orientierten Philosophen an die Seite zu stellen. Sein Auftrag, die Fakultat moge nun auch flir die dritte philosophische Lehrkanzel einen Vorschlag erstellen, ist nur ein Vorwand. Gautschs Idee ist, den an der Theologischen Fakultat Wien lehrenden Laurenz Miillner (1848-1911) auf die dritte Lehrkanzel flir Philo sophie zu berufen. 92 Dieser Plan frndet aber nicht die Zustimmung der Fakultat, und so wird eine Berufung Miillners - abgesehen von einem positiven Separatvotum Zimmermanns - von den Professoren mit iiberwrutigender Mehrheit abgelehnt.93 Die wissenschaftlichen Verdienste des Philosophen vermogen seine Kollegen nicht zu iiberzeugen. Zudem argumentiert man damit, daB seine Vorlesungen ohnehin jedem interessierten Studenten offenstiinden. 94 Gegen den Willen der Fakultat, welche 10764 ex 1895). 87. Mach an Meinong, Briefv.19.V. I 896, in: Kindinger, a.a.O .. S.91. 88. Sitzungsprotokoll PhFW v.7.m.1896, Vg.Pkt.D, AUW. Riehl, der einzige Osterreicher irn Vorschlag, kam wohl deshalb nicht in Frage, weil er der Kirche auBerst kritisch gegeniiberstand. 89. Bzgl. Jodls Bewerbung urn die Wiener Lehrkanzel vgl. sein Brief an Bolin v.28.1. 1894 (Nr.42), in: Gimpl, a.a.O., S.I44. 90. Gautsch, auVortrag v.8.IV. I 896, AVA, MineU 4 (Wien) PhiI.Jodl 9422 ex 1896. 91. JodI an Bolin, Brief v.6.VI. I 896 (Nr.58), in: Gimpl, a.a.O., S.168. 92. Dekan Albrecht Penck, Brief an das MineU v.12.V.1896, AVA, MineU 4 (Wien) Phil.Miillner 11935 ex 1896. 93. Sitzungsprotokoll PhFW v.9.V.l896, Vg.Pkt.3, AUW. 94. Dekan Penck, Brief an das MineU v.12.V.1896, AVA, MineU 4 (Wien) Phil.
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die beiden deutschen Philosophen Richard Falckenberg (1851-1920) und Hennann Siebeck (1842-1920) fur die Lehrkanzel vorschIagt, wird MillIner als Gegengewicht zu JodI95 dennoch berufen, und zwar zum Ordinarius ad personam. 96 Gautschs wichtigstes Argument: Es entsprache der Bedeutung der Wiener UniversiHit, daB an ihrer Philosophischen FakuIHit neben der erkenntnistheoretischen bzw. ethischen Richtung, vertreten durch Mach und JodI, auch die christliche Philosophie zur Geltung gelange. 97
11.5. "Sie gehOren nach Wien" 98 - Meinong und Wien: Variationen zu einem Thema Meinong ist der einzige bedeutende osterreichische Philosoph, der in der jahrelangen Besetzungsrochade nie auch nur ansatzweise fur eine der drei Wiener Lehrkanzeln irn Gesprach ist. An seinem mangelnden Interesse kann es wohl nicht liegen, hat er sich doch schon 1884, als wieder einma1 die Besetzung der Brentano'schen Lehrkanzel irn Gesprach war, aufgrund falscher Inforrnationen Hoffnungen auf eine Wiener Berufung gemacht (Nr.42). Zwar vermeidet er, selbst aktiv zu werden - Lehrkanzelbittgange, wie sie etwa sein Kollege JodI unternimmt,99 sind ihrn aus tiefster Seele zuwider (Nr.123). Doch dies alIein kann das Meinong entgegengebrachte Desinteresse der Wiener Philosophischen Fakultat nicht genilgend begriinden. Die Frage nach dem Warum ist also mehr a1s angebracht. Mehrere Faktoren spielen eine Rolle. Zunachst einmal gilt Meinong anders a1s sein Prager Kollege Marty aufgrund der Richtung, die er in seiner Philosophie eingeschlagen hat, zweifelsohne nicht a1s getreuer Brentano-Schiiler und fmdet schon aus diesem Grund vor einem Teil des Wiener Kollegiurns kein WohlgefalIen. 100 Weiters ist - so wird zumindest argumentiert - die experiMillIner 11935 ex 1896. Vgl.auch Hofiechner, Metamorphosen und Konsequenzen, in: Reinhard Hartel et aI. (Hg.), Geschichte und ihre Quellen. Festschrift f.Friedrich Hausmann zum 70.Geburtstag, Graz 1987, S.298. 95. JodI an Bolin, Briefv.6.VI.1896 (Nr.58), in: Gimpl, a.a.O., S.168. 96. Von einer Lehrkanzel ist in der kaiserlichen EntschlieBung nicht mehr die Rede (Hofiechner, Metamorphosen und Konsequenzen, S.298). 97. Gautsch, auVortrag v.26.V.l896, AVA, MineU 4 (Wien) Phil. MillIner 13324 ex 1896. 98. Adler an Meinong, Brief Nr.132. 99. Vgl. dazu Jodls Bericht ilber eine aus diesem Grund unternommene Wien-Exkursion an Bolin, Brief. v.28.1.1894 (Nr.42), in: Gimpl, a.a.O., S.42. 100. AufschluBreich ist in diesem Zusammenhang, was Meinong im Oktober 1901 in seinem Vorwort zu "Ueber Annahmen" schreibt: Dennoch milBte ich die Umstiinde, unter denen ich einst in die wissenschaftliche Arbeit
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mentalpsychologische Richtung schon seit 1894 an der Wiener Universitat vertreten und zwar durch den Extraordinarius Franz Hillebrand (18631926).101 Durch seine Beschaftigung mit der Experimentalpsychologie einerseits, der Wert-Theorie andererseits, nimmt Meinong zudem eine Zwischenstellung ein: Er ist nicht einordbar, nicht a1s Vertreter der "geisteswissenschaftlichen" oder ,,naturwissenschaftlichen" Richtung zu kategorisieren. Solch fehlende Kalkulierbarkeit mag weitere Reserven gegen ihn mobilisieren. Die dem Ministerium bekannte deutschnationale Gesinnung Meinongs, ebenso wie dessen Bereitschaft, rninisterielle Schulpiane lO2 zu kritisieren, tragen gleichfalls wohl kaum zur Verbesserung seiner Ausgangsposition bei. Meinongs Briefwechsel mit Adler gibt weiteren AufschluB. 1m Oktober 1895 erhalt letzterer wieder einmal einen zutiefst emporten Brief aus Graz. Der junge Philosophiestudent Heinrich Gomperz (1873-1940) hat in der Julinummer der Zeitschrift fUr die osterreichischen Gymnasien Meinongs ktirzlich erschienene ,,Psychologisch-ethische Untersuchungen zur Werttheorie" vernichtend rezensiert.103 Zornig wettert Meinong gegen die unobjektive Polernik der Besprechung und beschwert sich tiber die Taktlosigkeit seines Kollegen, des Wiener Altphilologen Theodor Gomperz (1832-1912), seinen noch nicht fertig studierten SOhn mit so "tiberlegener Sicherheit tiber einen Kollegen reden" zu lassen. Dies und die Tatsache, daB Zimmermann den Nachwuchsphilosophen fUr die Rezension gelobt hat, gibt Meinong beztiglich der Wiener Frage Hinweise, wessen ich mich von Wien aus zu versehen habe - iibrigens von einer Seite, von der ich derlei am wenigsten erwartet hiitte. (Nr.l20)
DaB gerade die "Werttheorie" Divergenzen ans Tageslicht bringt, fUgt sich nattirlich wie von selbst in das Bild des jungen antimetaphysisch gesinnten eingetreten bin, fast filr eine Art Verhiingnis halten, wenn mir auch noch ein Vierteljahrhundert spiiter Gegner wie Freunde Brentanos gleich wenig vergeben konnen, jene, daB ieh von Brentano gelernt, - diese, daB ieh nieht alles von Brentano, sondern im Verlaufe meines wissenschaftlichen Tuns durch redliches Bemiihen auch einiges von mir selbst oder eigentlich von den Tatsachen gelernt habe. Meinong, Ueber Annahmen, Leipzig 1902, Nachdruck in: Alexius Meinong Gesamtausgabe, Bd.IV, Graz 1977, S.xIXf. 101. Vgl. dazu die Argumentation Gautschs im auVortrag v.8.IV.l896, AVA, MineU 4 (Wien) Phil.Jodl9422 ex 1896. 102. V.a. beziiglich der Propiideutikfrage. S.Kapitel IV. 103. Heinrich Gomperz, Rezension von: Meinong, Psychologisch-ethische Untersuchungen zur Werttheorie, Graz 1894, in: Zeitschrift filr die Osterreiehischen Gymnasien, Jg.46 (1895), S.534-545.
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Heinrich Gomperz, der seinen Vater kurz zuvor auch darin bestarkt hat, Mach nach Wien zu holen.I°4 Lange gibt Meinong - trotz solch untruglicher Vorzeichen - die Hoffnung auf Wien nicht auf, verzichtet sogar, als das Kollegium wieder einmal einen Besetzungsvorschlag erstellen solI, Weibnachten 1895 nach Wien zu fahren, urn nicht von woh1meinenden Kollegen eventueller Lehrkanzel-Bittgange geziehen zu werden (Nr.123). Doch 1896 muB sich Meinong mit Jodls Berufung abfinden. Adlers schonster Traum, gemeinsam mit Meinong einmal in Wien zu wirken (Nr.113), hat sich zumindest vorlaufig als nicht realisierbar erwiesen. Ais der Musikwissenschaftler 1898 endlich nach Wien berufen wird, vermiBt er Meinong, der ibm nach Wien zu gehoren scheint, sehr. Dennoch bleibt er optirnistisch und ersucht Meinong, mit Rucksicht auf Wien einen Ruf nach Kiel ja auszuschlagen (Nr.132). Die Moglichkeit einer gemeinsamen Tatigkeit mit dem Freund an der Wiener Universitat mag ibm wohl urnso faszinierender erscheinen, als sich in seinen Augen das Kollegium an der Fakultat als ,,Hydra" entpuppt (Nr.135). Trotz des schwierigen VerhaItnisses zu manchen seiner Kollegen 105 erscheint ibmjedoch die schon einmal diskutierte Graz-Variante, die Meinong 1899 emeut zur Debatte stellt, nicht mehr attraktiv. Das Kunstleben, ebenso wie die fUr seine ,,DenkmaIer"-Ausgabe unentbehrlichen Bibliotheken Wiens bestirnmen ibn, seinem neuen Wirkungskreis treu zu bleiben (Nr.137). Tatsachlich scheinen sich einige Jahre spater - man schreibt mittlerweile das Jahr 1901 - in Wien giinstige Aussichten fur die beiden Freunde zu ergeben. Mach beschlieBt, seine lehramtliche Tatigkeit aufzugeben, und zeigt sich zunachst durchaus gesonnen, Meinong als Nacbfolger akzeptieren zu wollen. Meinongs SchUler Hofler, flir den sich Adler seit einiger Zeit urn eine Professur an der Wiener Universitat bemuht, ist dafiir nicht in Aussicht genommen, was Mach Adler gegenuber mit dem Hinweis begrundet, man wurde doch nicht "den Gesellen vorschlagen, wenn man den Meister [also Meinong] haben konnte" (Nr.145).106 Diese mundlich gegebene Versicherung erfahrt al104. Johnston, a.a.O., S.211. 105. Vgl. dazu neben der Meinong-Adler-Korrespondenz auch Adler, Wollen und Wirken, S.5. 106. Jodi und Mach standen Hofler nicht positiv gegenilber. Hofler hatte, wie Meinong Adler rnitteilte, Jodi durch seine ,,Psychologie" (Wien u. Prag 1897), Mach durch seine ,,studien zur gegenwiirtigen Philosophie der Mechanik" (Leipzig 1900) - soweit dies ilberhaupt noch moglich war - gegen sich eingenommen (Nr .148). Es erstaunt daher nicht, daB ein Antrag auf Ernennung Hoflers zum Extraordinarius - Adler setzte sich sehr dafiir ein (Nr.145-149) - im Mai 1901 von der aus Mach, JodI, Milliner, Vogt u.a. bestehenden
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lerdings Relativierung durch Machs Vorgehen in der Berufungskommission. Dort weist er dann energisch darauf hin, daB seine Lehrkanzel rein naturwissenschaftlich - nattirlich in seinem Sinne - ausgerichtet sei und auch bleiben solle.t07 JodI dtirfte hingegen von Anfang an kein Hehl daraus machen, daB er von der Idee, mit Meinong gemeinsam zu lehren, wenig begeistert ist. Trotz gemeinsarner ethischer Interessen ist man doch zu unterschiedlich orientiert. Adler, hin- und hergerissen zwischen den beiden Freunden, berichtet tiber sein Gesprach mit JodI nach Graz: ,;Ober die diesbeztigliche Unterredung mit JodI will ich vorlaufig nichts sagen." (Nr.145) Dennoch ersucht er Meinong urn eine Zusammenstellung seiner Arbeiten und der dariiber erschienenen Hauptkritiken. In seinem Vorgehen zugunsten des Freundes ist freilich Vorsicht angebracht. Adlers Einsatz fur Hofler hat ihm das MiBtrauen der Wiener Philosophen eingetragen - und dies, obwohl er mit JodI und Mach auf freundschaftlichstem FuB steht (Nr.151). Zur Ausarbeitung eines Schlachtplanes trifft man sich, wie schon friiher, abseits jeder universitarer Intrige, diesmal auf dem Semmering. Meinong nennt Adler Fachkollegen, von denen ein positives Gutachten tiber seine Arbeit zu erwarten ist. Darunter befinden sich neben Erdmann, Hering und Riehl auch Hermann Ebbinghaus (1850-1909), Theodor Lipps (1851-1914) und Christoph Sigwart (1830-1904) (Nr.154). In Wien aber nehmen die Dinge nicht den erhofften Verlauf. Meinong wird von der Fakultat nicht berucksichtigt, statt dessen schlagt man seinen Grazer Vorganger Riehl, einen jener Kollegen, von denen sich Meinong ein positives Gutachten erwartet hat, primo et unico loco vor. Da ntitzt es auch nichts, daB Adler in der Fakultat seinern Befrernden tiber soJche Nichtbeachtung Ausdruck gibt. I 08 Doch Riehl kommt, wie schon 1896, nicht zurn Zug. Die Sache bleibt in der Luft hangen. Adler schlagt bei der Fakultatssitzung am 8.Marz 1902 die Bildung einer neuen Berufungskommission vor - er selbst wtirde nun auch eintreten t09 -, wird jedoch nach heftiger Diskussion von den anderen Professoren mit tiberwaltigender Mehrheit tiberstimmt. 1tO Dies ist wieder einmal ein klares Zeichen dafiir, wie wenig EinfluB und RtickhaIt Adler in der Fakultat henden Kommission abgelehnt wurde. Eine der heiden von Jodi vorgebrachten Begriindungen lautete: Man siihe in den bisherigen wissenschaftlichen Leistungen Hofiers keinen AnlaB fUr dessen Ernennung (Sitzungsprotokoll PhFW v. 13.V. 1901, Vg.Pkt.3, AUW). 107. Sitzungsprotokoll PhFWv.14.Xll.l901, Vg. Pkt.6, AUW. 108. Ebd. 109. Olzelt an Meinong, Brief v.5.ID.I902, VB Graz, Meinong-NachlaB, Karton Lvm, Nr.5716. 110. Sitzungsprotokoll PhFW v.8.ID.l902, Einlaufe und Mitteilungen Z.l551, AUW.
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hat. 111 Deshalb ist er bei all seinen verzweifelten Versuchen, fUr Meinong einzutreten - und mit dessen eventueller Berufung auch einen neuen Verbundeten zu fmden - letztlich kein geeigneter Fursprecher fUr den Grazer Freund. Auch die ministerielle Anweisung lautet, man rnOge keinen Vorschlag machen, wenn keine geeignete Personlichkeit ausfindig zu machen Ware. 112 Vergdimt kommentiert Meinong nach Wien: DaB Osterreich niemanden hat, der es verdiente, einem JodI oder Mullner an die Seite gestellt zu werden, ist freilich recht traurig. (Nr.156) Besonders trifft ihn, daB Jodi, der selbst manches von Meinongs Werken iiberaus positiv besprochen hat, nun gegen ihn Stellung bezieht. Bedenkt man zudem, daB Meinongs Verrnittlung fur Jodls Prager Berufung von Bedeutung war, so ist diese Gekranktheit auch durchaus versUindlich. Einzig Adlers unermudlicher Einsatz bietet ihm ein wenig Trost (Nr.156). Doch ganz ist die Sache noch immer nicht ausgestanden. Die Berufungsverhandlungen werden emeut verschoben. Adler holt weiterhin Gutachten ein, und versucht, das Seine beizutragen, Meinongs philosophische Position zurechtzurUcken. In einem als Skizze erhaItenen Entwurf eines Briefes an Ebbinghaus, Lipps u.a. vennerkt er, daB die Einordnung Meinongs a1s Werttheoretiker und SchUler Brentanos vollig falsch sei. Brentano hatte an Meinongs Philo sophie den geringsten Anteil, der Schiiler hatte vieImehr das Modell des Lehrers verworfen. 113 SchlieBlich erweist sich alle Muhe als vergeblich. Die Mach'sche Lehrkanzel wird nicht nachbesetzt. Statt dessen schHigt die Fakultat dem Ministerium eine Vielzahl von MaBnahmen vor, die letztlich eine Berufung eines weiteren Philosophen, vor allem aber auch Meinongs, unnotig erscheinen lassen: Der nach einem kurzen Ausflug nach Leipzig auf die Wiener Lehrkanzel fur theoretische Physik zUrUckgekehrte Ludwig Boltzmann (1844-1906) soll einen Lehrauftrag fur Philo sophie der Natur und Methodologie der Naturwissenschaften erhaIten. Fur den Wiener Vertreter der experimentellen Psychologie, den auBerordentlichen Professor Adolf Stohr (1855-1921), einen Mach-Bewunderer, werden systeIllJI1ill3ige Beziige und die Errichtung eines Institutes fur experimentelle Psychologie beantragt. 114 111. Anspielungen auf Adlers Einstellung zu seinen Wiener Kollegen s. auch Wollen und Wirken, S.107. 112. Olzelt an Meinong, undatierter Brief [Mlirz 1902], UB Graz, Meinong-NachlaB, Karton Lvm, Nr.5718. 113. Adler, Notiz aufdernBrief Meinongs Nr.158. 114. Sitzungsprotokoll PhfW v.7.m.l903, Vg.Pkt 7, AUW. Dem Antrag, ein solches Institut zu begriinden, wurde vom Ministerium nicht entsprochen.
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Meinong ist klar, daB es sich urn eine MaBnahme ,,zur Beseitigung philosophischer Gefahren" handelt (Nr.181). Was die Ignorierung seiner Person von seiten der Fakultat betrifft, so schreibt er dies der Angst der Kollegen zu: Angst, er konnte - wohl mit seinem so ganz unterschiedlich gearteten System - den Frieden der anderen (Miillner, Jodi) storen (Nr.217). Friedlich wird es allerdings unter den Wiener Philosophen auch so nicht zugehen. Die Zustimmung zu Boltzmanns Lehrauftrag,115 den dieser mit Wintersemester 1903/04 tatsachlich erhalt,1l6 triigt Jodi einen weitaus schlirferen Gegner ein als es Meinong je sein konnte. Oenn Boltzmann, der Skeptiker, holt sich den Ethiker Jodi als Diskussionsgegner in seine Vorlesung. ll7 Letztlich kann Wien Meinong und seiner Schule die gebiihrende Anerkennung nicht ganz versagen. A1s Theodor Vogt (1835-1907), Professor fUr Padagogik, stirbt, lost man ein Adler 1901 gegebenes Versprechen ein. Damals haben Mach und Jodi versichert, daB Meinongs Schiller Hofler die Stelle nach Vogt sicher sei (Nr.145). Zwar hat Jodi mittlerweile seine Meinung geandert und betreibt gemeinsam mit Milllner die Berufung des deutschen Padagogen Paul Barth (1858-1922), was Meinong mit der oosartigen Bemerkung konnnentiert, es hlitte doch niemand gedacht, daB Jodi und Milllner ,,in so gesetzten Jahren ... sich noch wiirden einen Barth wachsen lassen!"(Nr.184) Schlie8lich kann man ilber Hofler, mittlerweile Professor fUr Padagogik an der Oeutschen Universitat Prag, nicht mehr hinwegsehen. Er wird vor Eduard Martinak (1859-1943), ebenfalls Meinong-Schiller, an die zweite Stelle des Terna-Vorschlages gereiht. Zwar vermag er bei der Abstimmung in der Fakultat die geringste Zahl der Stinnnen auf sich zu vereinen. llS Doch fUr Minister Gustav Marchet (1846-1916) ist klar, daB aufgrund von Hoflers vieljiihriger Erfahrung im Schuldienst er, keinesfalls Barth als Kandidat in Frage kommt. 119 Hofler wird von Prag nach Wien berufen. Zweifelsohne ist Adler an der Entwicklung nicht unwesentlich beteiligt, denn Hofler sieht sich veranlaBt, ibm ,,flir alle werktatige Mithilfe an der willkom115. Aile die Philosophie betreffenden, in der FakulWssitzung am 7.m.1903 Antl'age wurden einstimmig (!), also auch mit der Stimme Jodls, angenommen. Sitzungsprotokoll PhfW, Vg. Pkt.7, AUW. 116. Erteilung eines Lehrauftrages an Ludwig Boltzmann, umiat., AVA, MinCD 4 (Wien) Phil.Boltzmann 10128 ex 1903. 117. Engelbert Broda, Ludwig Boltzmann. Mensch. Pbysiker. Philosoph, Wien 1955, S.l1. 118. Sitzungsprotokoll PhFW v.8.ll.1907, Vg.Pkt.1, AUW. 119. Gustav Marchet, auVortrag v.18.V.1907, AVA, MinCD 4 (Wien) Phil. HOfler 20388 ex 1907.
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menen Wendung" herzlichst zu danken.120 Die Schuld der Wiener Universitat Meinong gegentiber wird 1906 mit seiner Ernennung zurn korrespondierenden Mitglied der Akademie der Wissenschaften zum Teil,121 ganzIich erst 1914 getilgt. Zu diesern Zeitpunkt haben sich, wie Meinong wehmiitig bemerkt, zwei Graber geschlossen, geschlossen tiber dern Irrtum, er hatte irgendjemandes Frieden gestort. Jodl und Mtillner sind tot, und es gilt, Jodls Lehrkanzel neu zu besetzen. Meinong wird primo et aequo loco mit dern Deutschen Oswald Kiilpe (1862-1915) vorgeschlagen (Nr.216).122 Natiirlich freut sich Meinong, ist doch damit ein Storfaktor, der lange Jahre das VerhaItnis zu seiner Stannnuniversitat getriibt hat, ausgeriillmt. Die Vorstellung, Adler endlich wieder naherzuriicken, reizt ibn sehr. Nach Beriicksichtigung alIer Aspekte erscheint es ibm jedoch weitaus erstrebenswerter, in seinen angestammten Wirkungskreis zu bleiben, wenn er auch betont, daB er friiher "ohne ZOgern zugegriffen hatte" (Nr.217). Die Anfrage des Ministeriums wird aus Graz abscliliigig beantwortet. Adler zeigt Verstiindnis, meint, auch er wiirde es sich tiberlegen, noch einmal die Mtihsal eines Ortswechsels auf sich zu nehmen. Dennoch spricht aus dern eilig hiogeworfenen Brief, in dern er Meinongs Handeln kommentiert, tiefe Betriibnis, daB diese wohl letzte Moglichkeit, ihr gemeinsames Ziel, na.mJ.ich an einer Universitiit zu lehren, zu realisieren, ungentitzt bleibt. Eben hOre ich, daB Sie einen Antrag des Ministeriums abschlligig beantwortet hatten. Wenn dem so ware, kOnnte ich es begreifen, so scltJrerzlich mich dec Ge-
danke beriihrt, daB Sie nicht in meine Niihe mcken. Ich hatte das so sehr gewiinscht und mir von einer Tiitigkeit bier groBen Segen erhofft. (Nr.2IS)
11.6. "Also rnallos, machen Sie Ihre Vorschliige!" 123 - Adler, Meinong und die Grazer Musikwissenschaft FUr Adler steht seit 1898, dern Jahr seiner Berufung nach Wien, fest, daB er
seinen endgiiltigen Bestimmungsort erreicht hat. Dennoch zeigt er Interesse an der Errichtung einer musikwissenschaftlichen Lehrkanzel an der Grazer Universitiit, welche seit der Diskussion urn Hauseggers Berufungl24 in den 120. Nachricht auf einer Visitenkarte Hotlers, undatiert, GAC, Box 22, Folder HOfler. 121. 1914 wurde Meinong zum wirklichen Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien ernannt 122. Sitzungsprotokoll PhFW v.9.V.1914, Vg.Pkt.10, AUW. Aversionen waren jedoch immer noch vorhanden. Meinong erhielt mit 36 Ja-, 5 Nein-Stimmen und 6 Stimmenthaltungen das geringste MaS an Zustimmung. 123. Adler an Meinong, BriefNr.144. 124. S. Kapitel n.4.
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Bereich des Moglichen gerUckt ist und immer wieder neu debattiert wird. Stets geht er Meinong bei der Wahl mOglicher Kandidaten zur Hand. Erstmals wird Adler dieser Rolle a1s Privatgutachter im Jahre 1899 gerecht. Durch Hauseggers Tod ist der Weg zu einer Grazer Musikprofessur freigegeben, da Meinong zwar gegen eine Berufung Hauseggers war, ibn aber durch einen ibn nicht berUcksichtigenden Vorsehlag nicht kranken wollteo Eine Berufungskonnnission wird eingesetzt, welcher Meinong - widerstrebend - angehort (Nr.136). Adler, von Meinong urn eine Empfehlung bezUglich eines Tema-Vorschlages gebeten, nennt den deutsehen Musikwissensehaftler Hugo Riemann (1849-1919) sowie seinen Schiiler und spiiteren Nachfolger in Prag Heinrich Rietseh (1860-1927). Dem Wiener Privatdozenten Dietz stellt er zwar a1s ,,asthetisierendem Historiker" emeut ein denkbar sehlechtes Zeugnis aus, reiht ibn aber dennoch an dritte Stelle. Er wilrde, so Adler, der Grazer Universitiit ,,sowieso erbliihen, wenn Rietseh nach Prag kame" (Nr.137). Anspielungen aus spiiterer Zeit deuten darauf bin, daB die Berufungskommission zwar beschlieBt, an das Ministerium einen Antrag auf Errichtung einer musikwissenschaftlichen Lehrkanzel zu stellen. Mehr a1s fraglich ist allerdings, ob der BesehluB auch Konsequenzen nach sich zieht. 125 Adlers im Dezember 1900 an Meinong gerichtete Mitteilung, das Ministerium sttinde der Errichtung einer musikwissenschaftlichen Lehrkanzel in Graz nun durchaus positiv gegentiber, wenn ein Antrag gestellt wilrde, liiBt Gegenteiliges vermuten. Sein Kommando ,,Also mal los! Machen Sie Ihre Vorscliliige!"(Nr.I44) verhallt aber ins Leere. 1m Friihjahr 1901 erkundigt sich Adler zwar nochrnals mit Bezug auf die Grazer Professur: ,,schliift die Sache ein?" (Nr.150) Doch der aufreibende Kampf urn Meinongs Wiener Berufung drangt nun die Frage einer Grazer Musikprofessur vollig in den Hintergrund. Erst Anfang 1911 greift Meinong das Thema in der Korrespondenz wieder auf. Das Ministerium soil bereit sein, Graz endlich eine Musikprofessur zukommen zu lassen, wenn auch unter der Bedingung, daB Richard Wallasehek (1860-1917), auBerordentlicher Professor an der Wiener UniversiUit, emannt wird (Nr.196). Adler zeigt sich von dieser Idee wenig begeistert. Wallaschek ist wie Hausegger und Dietz nicht in seinem Sinne musikhistorisch gesehult. Nach Adlers Dafiirhalten miiBte fUr seinen Wiener Kollegen eine Lehrkanzel fUr Asthetik und Psychologie der Tonkunst, nicht fUr Musikgesehichte gesehaffen werden. Er rnacht kein Hehl daraus, daB er neben Rietseh die deutsehen Musikwissenschaftler Hermann Abert (1871-1927), Theodor Kroyer (1873-1945), Friedrich Ludwig (1872-1930), und Johannes 125. Flotzinger, a.a.O., S.9f.
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Wolf (1869-1947) fUr weitaus geeigneter haIt. AbsehlieBend meint Adler, er wUBte nieht, ob man, wenn die Besetzung an die Person Wallascheks gekniipft sei, "das Ganze fallen lassen solI, oder wenigstens etwas erhaschen" (Nr.197). Die von der Fakultat eingesetzte Kommission - Meinong ist Mitglied will, vermutlich in Hinblick auf Wallascheks Sehwerpunkt (Nr.197), neuere Musikgeschichte bevorzugt sehen. Adlers offizielles, von Meinong im Namen der Kommission eingefordertes (Nr.198) Gutachten enthaIt folgende Reihung: primo loco Abert, secundo loco Wallaschek und Arnold Schering (1877-1941), tertio loco seine beiden Sehiiler Erwin Luntz (1877-1949) und Robert Haas (1886-1960) (Nr.202). Da die Kommission noch nieht habilitierte Kandidaten ausschlieBt, kommen Luntz und Haas nieht in Frage. 1m Resiimee der Kommission wird Wallaschek, der einzige Osterreieher irn iibervollen Dreier-Vorsehlag, gemeinsam mit Sehering an dritte Stelle hinter Abert und Kroyer gereiht. Doeh nun gesehieht das fUr Meinong und Adler Erstaunliche. Wallaschek, gefragt, ob er einen Ruf als Extraordinarius annehmen wUrde, lehnt abo Er wUrde nur als ordentlicher Professor nach Graz gehen (Nr.205). Bei der Sitzung am 7.Juli 1911 nimmt die Fakultat dann den Wallaschek nicht mehr beinhaltenden, sonst unveranderten Vorschlag der Kommission an und leitet ibn an das Ministerium weiter. Unerwartet trifft der Wunsch der Fakultat auf den Widerstand der Statthalterei fUr Steierrnark. Diese, yom Ministerium befragt, fiihrt vor allem finanzielle Grunde gegen die Einrichtung einer Professur fur Musikgeschichte an. Andere, dringendere Bediirfnisse konnten irn Moment aueh nieht befriedigt werden, heiSt es in dem entsprechenden Gutachten. 126 Darnit ist fUr einige Jahre die Sache wieder stillgelegt. Mit Ende des Krieges treten die musikwissenschaftliehen Interessen wieder zutage. Eine Notiz in der Zeitschrift fur Musikwissenschaft, wonach an der Grazer Universitat seit 19 Jahren eine musikalische Lehrkanzel systemisiert se~127 veranlaBt Adler, bei Meinong nachzufragen (Nr.252). Natiirlich ist die Antwort aus Graz negativ. Zugleich haIt Meinong fest, daB er nicht gewillt sei, in der Angelegenheit aktiv zu werden. Er .habe ,,zu dringende eigene Bediirfnisse, urn auch fremden Rechnung tragen zu konnen" (Nr.256). Als jedoch die Grazer Studenten an die Professorenschaft herantreten und sich neben einigen ,,anderen guten und schonen Dingen ein Lektorat fur Musik wUnschen" (Nr.263), ist Meinong wieder bereit, Mitglied der Kommission zu werden. Nach Wien schreibt der Philosoph durehaus humorvoll, die 126. Flotzinger, a.a.O., S.l2f. 127. Zeitschrift fUr Musikwissenschaft, Jg.l (1918), S.l52.
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Studenten hatten auf sein Befragen, was denn Musik sei, nicht zu antworten gewuBt, geschweige denn den Unterschied zwischen Musiktheorie und Geschichte gekannt. Die Kommission beschIieBt, "was Wissenschaftliches ware vorzuziehen". Man will ein rnusikgeschichtliches Extraordinariat beantragen (Nr.263). In dern Konzept zu einern ersten Kommissionsbericht wird allerdings im Gegensatz zu Meinongs Brief betont, daB man sich flir eine Professur fUr Musikwissenschaft entschieden hat, urn der Lehrkanzel den notigen Spielraurn zu wahren.128 Meinong bittet den Wiener Freund erneut urn Rat. Dieser vermag nun mit einer Fiille bereits habilitierter Schiller aufzuwarten. Er nennt Ernst Kurth (1886-1946), Egon Wellesz (1885-1974), Wilhelm Fischer (1886-1962) (Nr.262). Meinongs beharrliche Berniihungen reichen zwar bis in sein Todesjahr 1920 (Nr.265), doch kommt es nicht mehr zur Erstellung eines offiziellen Gutachtens. Mit Meinongs Tod endet Adlers EinfluB in der Berufungsfrage. 129 Die Berniihungen der beiden tragen schIieBlich keine Friichte. Erst 1940, Jahrzehnte spater, wird die Grazer Universitat eine Lehrkanzel flir Musikwissenschaft erhalten. ill.
FREUNDSCHAFT UND BRIEFWECHSEL ALS INTERDISZI-
PLINARER DISKURS ill.l. "lhr Verkehr liefJ untilgbare Spuren in mir zuriick"J30- Philosophie als Diskussionsthema
Gar seltsame Wege beschreiten Adler und Meinong, urn ihre allzu sparlichen Zusammenkiinfte zu ermOglichen. Treffen wie jenes, das die beiden 1884 friihmorgens am Wiener Siidbahnhof, wo Meinong von Graz ankommt, zusammenfiihrt, sind in ihrer Jugendzeit nichts AuBergewohnliches (Nr.42). Spater nimmt man Bahnfahrten Prag-Bruck/Graz-Semmering auf sich, urn den rnenschlich und intellektuell nahestehenden Freund zu sprechen. Oft aber schieben berufliche und private Verpflichtungen so1ch ausgefallenen Wiinschen nach intellektuellern Diskurs einen Riegel vor, und so bleibt nichts, als in Ermangelung von Alternativen die k.k.Post in Anspruch zunehmen. Gerade der dern Brief an sich innewohnende, unerbittliche Zwang, sich auf das Wesentliche zu beschranken, laBt die beiden Freunde bloB essentielle Mittei128. Hotzinger, a.a.O., S.17. 129. Hotzinger, a.a.O., S.18. 130. Adler an Meinong, BriefNr.l37.
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lungen in ihre Briefe packen. Dies wiederum dokumentiert, was Meinong und Adler wissenschaftlich beschaftigt, mit welchen Autoren sie sich befassen, wie sie tiber die Arbeit des anderen und tiber Kollegen wirklich denken. KIar tritt etwa zutage, welche philosophische Literatur Adler rezipiert und welche philosophischen Fragen ibn bewegen. Denn abgesehen davon, daB er den geschatzten Freund immer wieder urn Rat ,,in philosophicis" bittet, informiert er ibn tiber seine eigene philosophische l..ekttire. Stets sind auBere AnIasse - die personliche Bekanntschaft mit Philosophen oder die Beschaftigung mit philosophischen Vorlieben von Komponisten - Grund, sich bestimmten Problemen zu widmen. A1s Student setzt er sich intensiv mit Brentano und dessen Schriften auseinander (Nr.5), was ibm Meinongs Lob einbringt und gewiB AnlaB zu manch wissenschaftlicher Diskussion gibt (Nr.6). Zehn Jahre spater gehort Arthur Schopenhauer seine ganze Aufmerksamkeit. Adler bereitet sich, grtindlich wie gewohnt, auf eine Vorlesung tiber Richard Wagner vor. Doch ,,Die Welt als Wille und Vorstellung" entHiuscht ibn zutiefst, vor allem ob der Willktirlichkeiten vieler Aufstellungen und des Gift und Galle versprtihenden Geifers, mit dem Schopenhauer seine Philosophen-Kollegen verhOhnt (Nr.82). Meinong hat allerdings im Moment Sorgen beruflicher Natur, J31 und antwortet weder auf Adlers Schopenhauer-Kritik, noch auf dessen wenig spater nachfolgende Anfrage, welches FeuerbachWerk er zur l..ekttire empfeble (Nr.84). Jodl- er hat vermutlich Adler zum Feuerbach-Studium animiert - wird als l..eihgeber einspringen. 132 Der Kontakt mit ibm dtirfte auch Adlers Interesse an ethischen Fragen gefordert haben. Jedenfalls studiert Adler neben anderer einscblagiger Literatur in der zweiten HaIfte der Achtzigerjahre intensiv Jodls "Geschichte der Ethik"133 und ist ebenso tiber die ethischen Versuche seines Grazer Freundes informiert (Nr.76). Uberhaupt nimmt Adler regen Anteil an der pbilosophischen Arbeit Meinongs. Er liest die neuen Werke des Freundes mit groBem Gewinn (Nr.243), wenn er auch immer wieder an die Grenzen seines pbilosophischen FassungsvermOgens stOBt. A1s er sich voll Spannung an die l..ekttire von Meinongs Wert-Theorie 134 macht, gesteht er Meinong, wie sehr er eine Konfrontation mit seinen philosophischen Defiziten ftirchtet, fiigt aber humorvoll131. Betreffend seine Bestatigung im Lehramt und Bestellung zum o.Prof., s.Kapitel 11.2. 132. JodI, undatierter Brief an Adler, GAC, Box 24, Folder JodI. Darin ersucht Jodi urn RuckIgabe eines nicht nliher bezeichneten Werkes Ludwig Feuerbachs. 133. JodI, Geschichte der Ethik in der neueren Philosophie, Bd.l, Stuttgart 1882. 134. Meinong, Psychologisch-ethische Untersuchungen zur Werth-Theorie. Festschrift der k.k.Karl-Franzens-Universitat zur Jahresfeier am I5.November 1894, Graz 1894.
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lakonisch hinzu: Ja man wandelt nicht ungestraft 10 Jahre fast nur unter Noten (schwarzen Noten und hohlen K6pfen), und es ist nur ein Gluck, daB einzelne KoUegen mir von ihren voUen K6pfen einige Brosamen aufklauben lassen. (Nr.1 08)
1898 faBt Adler seine Verehrung fur den Kollegen in besonders schone Worte. Meinong hat ihrn soeben mitgeteilt, an einer Theorie der Erkenntnis zu arbeiten. 135 Adler schreibt enthusiastisch nach Graz, er erwarte davon das beste Werk dieser Art, das in Osterreich dariiber geschrieben wurde und
werden konnte, wohl auch fUr die weite Zukunft werden kann. (Nr.132)
Der imaginare Diskurs mit dem Freund bestimmt Adlers eigene wissenschaftliche Tatigkeit in nicht geringem MaBe. A1s er etwa 1898 seine Wiener Antrittsvorlesung J36 plant, verkehrt er im Geiste mit Meinong, wie er nach Graz berichtet (Nr.137). In einer philosophischen Frage vermag er ihrn allerdings nicht zu folgen: Eine Aligemeingiiltigkeit des Kausalgesetzes, wie sie Meinong vertritt, 137 kann der Musikwissenschaftler fur die Tonkunst nicht akzeptieren. In seiner ,,Methode der Musikgeschichte" (1919) widmet Adler dem Problem ein ganzes Kapitel. Dieses zieht natiirlich sofort Meinongs Aufmerksarnkeit auf sich - und was der Philosoph dort entdeckt, ruft sofort seinen Widerspruch hervor. Da schreibt Adler namlich: Die Konstanz von Ursache und Wirkung (Folge), wie sie in der Natur besteht, fehlt in dieser absoluten, apodyktischen Art auf dem Gebiete der Tonkunst. 138
Meinongs Kritik (Nr.257) stoBt in diesem Falle auf taube Ohren. Adler weicht in nichts von seinem Standpunkt ab (Nr.258). Doch auch solche Meinungsverschiedenheiten konnen der Freundschaft nichts anhaben. Denn die wissenschaftliche Hochschatzung beruht auf Gegenseitigkeit: Bereits in einer seiner friihen Abhandlungen ,;Ober philosophische Wissenschaft und ihre Propadeutik"( 1885) verweist Meinong auf Adlers 135. 1m NachlaB Meinongs befindet sich ein umfangreiches Typoskript mit der Bezeichnung ,,Erkenntnistheorie" (UB Graz, Meinong-NachlaB, Sig VUJa), welches wahrscheinlich einen Entwurf zu einem Buch tiber Erkenntnistheorie darstellt und in den Jahren 1897-98 entstand. 136. Adler, Musik und Musikwissenschaft. Akademische Antrittsrede, gehalten am 26.0ktober 1898 an der Universitat Wien, in: Jahrbuch der Musikbibliothek Peters 5 (1898), S.27-39. 137. Meinong, Zum Erweise des allgemeinen Kausalgesetzes, Sitzungsb.d. phil.-hist. Kl.d.Ak.d,Wiss. (Wien), Bd.189/4 (1918). 138. Adler, Methode der Musikgeschichte, Leipzig 1919, S.28.
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Verdienste urn die Etablierung der Musikwissenschaft,139 was Adler groBe Freude bereitet (Nr.63). 14 Jahre spater fragt Meinong in Wien an, ob der Freund Lust hatte, im Sommer 1900 am Psychologischen KongreB in Paris l40 teilzunehmen (Nr.136). Adler ist zwar geschmeichelt, stolz, nicht nur der Freundschaft, sondem auch der Hochschlitzung des Philosophen wiirdig zu sein. Dennoch lehnt er ab - mit gutem Grund. Er hat bereits seine Teilnahme an dem musikhistorischen KongreBl41, welcher gleichfalls aus AnlaB der Pariser Weltausstellung flir 1900 geplant ist, zugesagt (Nr.137).
m.2. "Mitarbeiter: ProfMeinong "142 - Meinongs Einfluj3 auf die Musikwissenschaft
Sosehr Adler sich flir ethische Fragen interessiert - flir sein eigentliches Gebiet, die Musikwissenschaft, erweist sich der Kontakt mit einem Philosophen vom Range Meinongs von wirklich tiefgreifender Bedeutung: Es handelt sich urn die Methodenfrage in der Musikwissenschaft. Man schreibt das Jahr 1884. Adler hat gemeinsam mit den beiden deutschen Musikwissenschaftlem Friedrich Chrysander und Philipp Spitta (18411894) die Herausgabe der "Vierteljahrsschrift fur Musikwissenschaft" beschlossen und bereitet fur die Erstnummer den einleitenden Grundsatzartikel zum Problem musikwissenschaftlicher Methoden VOr. 143 Natiirlich betritt er, wie er Meinong versichert, nicht philosophisches Neuland, doch ist er bestrebt, in dem an so entscheidender Stelle zu publizierenden Aufsatz "die Art [seiner] Forschung mOglichst prazis zu bestimmen" (Nr.43). Sein vorlaufiges Konzept einer musikwissenschaftlichen Methode besteht aus einer Kombination: 1) ErkIal1lng der Dokumente und Monumente nach der historischen respektive philologischen Methode 2) Erklarung der Kunstgesetze nach der induktiven Methode. (Nr.43)
Allerdings erhaIt Adler nicht die gewiinschte Antwort auf seine an den Freund gerichteten Fragen. Statt dessen flattert wenige Tage spater ein iiber139. Meinong, Uber philosophische Wissenschaft und ihre Propadeutik, Wien 1885, S.97, Anm.1, Nachdruck in: Alexius Meinong Gesamtausgabe, Bd.V, Graz 1973, S.(lII) Anm.1. 140. Internationaler Psychologischer KongreB v.20.-28.VIII.1900. 141. Musikhistorischer KongreB v.23.-30.VII.1900. 142. Adler an Meinong, Brief Nr.1l8, mit Bezug auf die Vierteljahrsschrift fur Musikwissenschaft. 143. Adler, Urnfang, Methode und Ziel der Musikwissenschaft.
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aus humorvoller Brief ins Haus, in dem Meinong dem Freund einen Besuch in Graz schmackhaft zu machen sucht. Man konnte sich dann 14 Tage Adlers ,,methodologischen Herzensangelegenheiten" widmen, Adler moge nur gleich ein Konzept mitbringen (Nr.44). Dieses Angebot kann Adler nicht ausscWagen, zumal er mit der Suche nach einscWagiger Literatur - man nennt ibm in Wien Theodor Gomperz' Obersetzung der Mill'schen l..ogik144 - nicht gar zu erfolgreich ist (Nr.45). 1m Juli oder August 1884 nimmt Adler den philosophischen Nachhilfeunterricht bei Meinong in Anspruch. Zwar findet die Grazer K1ausur, abgesehen von Adlers Dank fiir die freundliche Aufnahme, die er bei Meinong erfahren hat (Nr.48), keine weitere Erwahnung im Briefwechsel. Doch die Friichte der Zusammenkunft scWagen sich in Adlers Artikel "Umfang, Methode und Ziel der Musikwissenschaft" nieder, welcher im Janner 1885 die "Vierteljahrsschrift fiir Musikwissenschaft" eroffnet. Freilich bleibt Adler bei seiner urspriinglichen Idee, die Methode der Musikwissenschaft mtiBte je nach Aufgabenstellung jene der historischen oder philologischen oder auch der naturwissenschaftlichen Forschung sein. Doch gerade der Abschnitt tiber die Erforschung der Kunstgesetze geht tiber Adlers Grundkonzept weit hinaus und verrat deutlich Meinongs EinfluB. Da heiSt es: Zur Erreichung seiner Hauptaufgabe, namIich zur Erforschung der Kunstgesetze verschiedener Zeiten und ihrer organischen Verbindung und Entwicklung wird sich der Kunsthistoriker der gleichen Methode bedienen wie der Naturforscher: vorzugsweise der inductiven Methode. Er wird aus mehreren Beispielen das Gemeinsame abheben, das Verschiedene absondern und sich auch der Abstraction bedienen, indem von concret gegebenen Vorstellungen einzelne Teile vernachliissigt und andere bevorzugt werden. Auch die Aufstellung von Hypothesen ist nicht ausgeschlossen. Die niihere Begriindung des Gesagten sei einer speciellen Abhandlung vorbehalten, das Schwergewicht der Betrachtung liegt in der Analogie der kunstwissenschaftlichen Methode mit der naturwissenschaftlichen Methode. 145 Die hier von Adler vertretene Idee einer Musikwissenschaft "von unten" stimmt woW nicht zufaJIig mit Meinongs Philosophie-Konzept tiberein. 146 144. John Stuart Mill, System der deduktiven und induktiven Logik, iibersetzt von Theodor Gomperz, Leipzig 1872-73, 145. Adler, Umfang, Methode und Ziel der Musikwissenschaft, S.15. Ein iihnliches, aber noch weniger prononciertes Bekenntnis zur naturwissenschaftlichen Methode hatte allerdings schon lange vor Adler der Wiener Kunsthistoriker Moriz Thausing in seiner Antrittsvorlesung an der Wiener Universitat (1873) abgelegt. Vgl. dazu: Thausing, Die Stellung der Kunstgeschichte als Wissenschaft, in: ders., Wiener Kunstbriefe, Leipzig 1884, S.11. Es ist anzunehmen, daB Adler Thausings Schrift kannte. 146. Diesem Ansatz blieb Adler auch spiiter treu, wie etwa folgendes Zitat aus seiner
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Eine weitere entscheidende Parallele faIlt auf. In dem betreffenden Artikel nimmt Adler die flir die Musikwissenschaft grundlegende Einteilung in einen historischen und einen systematischen Bereich vor. Eine solche Trennung ist zwar flir die Musikwissenschaft neu, doch in der Philo sophie selbstverstandlich. Auch diesbeziiglich hat wohl die Musikwissenschaft eine Anleihe bei der Philosophie genommen. Bedenkt man nun, wie richtungsweisend Adlers Grundsatzartikel wirken solI, so erhlilt die Grazer Zusarnmenkunft yom Sommer 1884 eine nicht zu unterschatzende Bedeutung. KIar wird auch, daB die Musikwissenschaft durch die Freundschaft zwischen Adler und Meinong weitaus mehr profitiert als die Philosophie. Natiirlich fmdet die Grazer Klausur yom Sommer 1884 - abgesehen yom nachlesbaren Ergebnis - keine Erwhlmung in den Schriften der beiden Freunde. Adler kann in seiner Funktion als Redakteur der "Vierteljahrsschrift" Meinong auch offizielI zum Nutzen der Musikwissenschaft gewinnen - der Philosoph sagt seine Mitarbeit an der neuen Zeitschrift zu. Ankniipfungspunkte ergeben sich zur Geniige, umfaBt doch Meinongs weites Interessensgebiet auch jene Bereiche, welche Adler als Hilfswissenschaften der Musikwissenschaft betrachtet, so z.B. die Psychologie. DaB Meinong Adlers Bitte entspricht, Stumpfs "Tonpsychologie"147 im ersten Heft der "Vierteljahrsschrift" zu rezensieren, ist daher wenig erstaunlich. Die Kritik solI, nach Adlers Wunsch, ein Muster flir alle folgenden abgeben (Nr.Sl) ein Wunsch, der angesichts Meinongs Schwerpunktsetzung allerdings zum Scheitem verurteilt sein wird. Meinong widmet sich der angenommenen Aufgabe mit auBerster Gewissenhaftigkeit. Ebendiese bestimmt ibn, vor der Veroffentlichung seine Rezension an Stumpf zur kritischen Durchsicht zu senden. Ausschlaggebend ist der ihm unertragliche Gedanke, er konne insbesondere in Hinblick auf die von Stumpf geplanten weiteren Bande der "Tonpsychologie" "die relative Wichtigkeit oder Unwichtigkeit mancher ,,Methode der Musikgeschichte" (1919) belegt: Wie die Zusammenstellung der mit Hilfe des Mikrotoms hergestellten Teilschnitte dem Anatomen und Biologen ermOglicht, aus Durchgangsstadien zu Gesamterfassungen vorzudringen, so sind die Teiluntersuchungen dem Musikhistoriker nur ein Behelf, urn zu den Gegenstiinden hOchster Ordnung in der Gesamtbetrachtung des historischen Verlaufes vorzurUcken, urn zur Zusammenfassung vorzudringen.(S.I13) Nattirlich auBert sich in der Begriffswahl "Gegenstiinde hOchster Ordnung" die Kontinuitiit von Meinongs EinfluB. Zu Adlers musikwissenschaftlicher Methode s.auch: Kalisch, a.a.O., S.64ff. Othmar Wessely, Vom wissenschaftlichen Denken Guido Adlers, in: Gedenkschrift Guido Adler (Musicologica Austriaca 6), FOhrenau 1986, S. 7-14. 147. Meinong, Rezension von: Carl Stumpf, Tonpsychologie, Bd.l, Leipzig 1883, in: Vierteljahrsschrift fUr Musikwissenschaft, Jg.l (1885), S.127-138.
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Ausftihrungen" verkannt haben (Nr.47). Stumpfs Antwortschreiben ist voll des Lobes, doch enthiilt es neben einigen Zusatzwiinschen auch Kiirzungsvorscliliige. 148 Meinong beriicksichtigt die Erganzungen, sieht sich aber, ganz von der Richtigkeit seines Standpunktes iiberzeugt, auBerstande, die von Stumpf angeregten Anderungen vorzunehmen (Nr.50). Wie wenig Stumpf tatsachlich mit Meinongs Rezension einverstanden ist, wird Meinong nie erfahren, wohl aber Adler, welchern Stumpf im Herbst 1884 seine Bedenken riickhaltlos mitteilt. Er fiirchtet, Meinongs allzu philosophischer Ansatz wiirde weder der jungen Zeitschrift noch seinern Buch zurn Vorteil gereichen: Weitaus die treisten, ja alle Leser werden Kopfstehen, wenn ihnen gleieh solch intensiv philosophische und in dieser Klirze selbst Philosophen von anderer Riehtung aIs der unsrigen nieht leicht verstiindliche Erorterungen begegnen.
Ihm erschiene gerade in der "Vierteljahrsschrift" eine Rezension sinnvoller, welche mit Blick auf die musikalisch interessierte Leserschaft vorwiegend jene Stellen der "Tonpsychologie" betont, die direkt etwas mit Musik zu tun haben, das iibrige jedoch nur fliichtig streift oder gar nicht erwahnt. Nur dann wiirde die Rezension ihrer Funktion gerecht werden, den Leserkreis, fUr den sie berechnet ist, auf das aufmerksam zu machen,
was innerhalb seines Interessenkreises Iiegt.
Adler erhaIt den strikten Aufirag, Meinong nichts von diesern Brief zu sagen. Oeon der Grazer Kollege koonte bOse werden, fiirchtet Stumpf. Sollte er jedoch seine, also Stumpfs Meinung teilen, so mOge Adler als Redakteur Anderungen und Streichungen beantragen im Sinne jener Vorscliliige, die Stumpf Meinong unterbreitet hat. 149 Adler versucht, im Sinne Stumpfs vorzugehen. Mit dern Hinweis, Meinongs Kritik solIe auch beziiglich ihrer Lange ein Modell fUr alle weiteren Besprechungen sein, bittet er Meinong urn Kiirzung der philosophischen Ausfiihrungen.t 5o Diese Aufforderung erfolgt jedoch so kurzfristig und unter Termindruck - einen Tag nachdern Meinong den Brief erhaIt, moB die Sendung an den Verleger abgehen (Nr.51) - daB Meinong tatsachlich nichts anderes iibrigbleibt, als das Manuskript gleich wieder einzupacken und nach Wien zuriickzuschicken (Nr.52). 148. Stumpf an Meinong, Brief v.l.X.l884, UB Graz, Meinong-NachlaB, Karton LXIII, Nr.70S4. 149. Stumpf an Adler, undatierter Brief [Oktober 1884] ,GAC, Box 34, Folder Stumpf. ISO. Adlers in seiner Autobiographie aufgestellte Behauptung, er hiitte mit Meinong ausdriicldich vereinbart, besonderes Augenmerk auf streng philosophische Probleme zu legen, urn ,,die junge Generation der Musikhistoriker dazu heranzuziehen" (Wollen und Wirken, S.31), entbehrt somitjeder Grundlage.
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Meinong wird Abonnent der "Vierteljahrsschrift", doch seine aktive Mitarbeit haIt sich ab nun sehr in Grenzen. Einem Ersuchen Adlers, Theodor Lipps' Abhandlung tiber ,,Das Wesen der musikalischen Harmonie und Disharmonie"151 zu rezensieren (Nr.64) kommt er mit dem Hinweis auf seine etwas aufdringlich lange Stumpf-Rezension irn ersten Heft und einer Empfehlung, den in dieser Thernatik viel kompetenteren Stumpf heranzuziehen, nicht nacho Nur noch einrnal wird er seiner Funktion als Mitarbeiter gerecht: Er bespricht 1891 den zweiten Band von Stumpfs "Tonpsychologie"152 - und zwar ebenso ausfiihrlich wie den ersten Band. Die irn Auftrag der "Vierteljahrsschrift" erfolgte Auseinandersetzung mit den von Stumpf irn zweiten Band aufgestellten Verschmelzungsgesetzen der Intervalle hat allerdings ein Nachspiel. Gemeinsam mit seinem Assistenten Stephan Witasek (1870-1915) bestreitet Meinong in dem Artikel ,Zur experimentellen Bestirnmung der Tonverschmelzungsgrade"153 Stumpfs Thesen, was wiederum Stumpf zu einer heftigen Entgegnung l54 veranlaBt. So inspiriert das durch Adler hergestellte NaheverhaItnis zur Musikwissenschaft auch Meinong, seinen Interessenskreis zu erweitem, sich neuen Problemen zu widmen. 155
ll.3. "DafJ Sie wieder Musica huidigen, ist mir ein Zeichen gehobener Stimmung"156- Musikalische Praxis und Musikiisthetik als Korrespondenzthema Neben allen philosophischen und methodologischen Erorterungen kommt Adlers eigentliches Gebiet, die Musik, irn interdisziplinaren Diskurs nicht zu kurz. Dies ist schon deshalb nicht moglich, als Meinong tiber fundierte praktische und theoretische musikalische Kenntnisse verfiigt und den Freund immer 151. Theodor Lipps, Psychologische Studien ll. Das Wesen der musikalischen Harmonie und Disharmonie, Heidelberg 1885. 152. Meinong, Rezension von: Carl Stumpf, Tonpsychologie, Bd.2, Leipzig 1890, in: Vierteljahrsschrift fur Musikwissenschaft, Jg.7 (1891), S.429-440. 153. Meinong u. Stephan Witasek, Zur experimentellen Bestimmung der Tonverschmelzungsgrade, in: Zeitschrift fiir Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, Bd.15 (1897), S.189-205. 154. Stumpf, Neueres tiber Tonverschmelzung, in: Zeitschrift fUr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, Bd.15 (1897), S.280-303. 155. Meinong antwortete auf Stumpfs Angriff nicht. Es wurden jedoch bei ihm noch zwei Dissertationen verfaBt, die sich mit diesem Bereich beschiiftigten, und zwar: Anton Faist, tIber Consonanz und Dissonanz (1900) und Joseph Marx, tIber die Funktion von Intervall, Harmonie und Melodie beim Erfassen von Tonkomplexen (1909) (Flotzinger, a.a.O., S.l 0). 156. Adler an Meinong, Brief Nr.84.
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wieder urn einschUigige Auskfinfte bittet. Teils beziehen sie sich auf Fragen der musikaIischen Praxis, teils auf asthetische Aspekte. Die Korrespondenz der Jugendjahre zeicboet das Bild zweier Enthusiasten, deren gemeinsame Neigung zur Musik zum Grundstein ihrer Freundschaft wird. Kaum hat man engere Bekanntschaft geschlossen, musiziert man einrnal wochentlich gemeinsam mit Adlers Schul- und StudienkoUegen, dem spateren Diplomaten Konstantin von Dumba (1856-1947). Meinong 138t Adler an seinen kompositorischen Ambitionen teilhaben. Ein im Sommer 1878 entstandener, "Tranen" betitelter Liederzyklus gibt Anla8 zu einem geradezu pbilosophisch anmutenden brieflichen Schlagabtausch in einer musikaIischen Vorzeichenfrage. Meinong ist, ganz Systematiker, auf der Suche nach Ordnungskriterien. Langst hat er fUr sich das Problem geklart, fUhrt aber Adler an der Nase herum, urn dessen schlieBlich einlangenden ErUiuterungen eine griindliche Absage zu erteilen (Nr.6, 8). Mehr noch belustigt ibn, daB der Musikwissenschaftler ibm eine Lieblingstonart - C-Dur - zuschreibt (Nr.5). Bissig kommentiert er: DaB Sie eine ,,Lieblingstonart" an mir entdeckt haben, macht Threm Scharfsinn urn so groBere Ehre, je weniger ich selbst davon weill ... (Nr.8) Nach Graz berufen, wird Meinong von seinen Verpflichtungen offenbar so sehr vereinnahmt, daB ibm keine Zeit zum Musizieren bleibt. Doch der Bogen zur Musik reiBt nicht ab, zumal ibn Adler fiber Griindung, Entstehung und
Schwierigkeiten der "Vierteljahrsschrift fUr Musikwissenschaft" auf dem Laufenden halt (Nr.41, 51) und fiber Forschungserfolge berichtet (Nr.81). Endlich greift Meinong 1888 wieder zur Geige, was der Freund in Wien geradezu erleichtert zur Kenntnis nimmt: "WuBte ich es doch, daB Sie oboe Musica nicht werden lange leben konnen." (Nr.81)157 Dennoch tritt, obwohl Meinong nach seiner Verehelichung (1889) zunachst mit seiner Frau Doris, spater auch mit seinem SchUler Witasek und dem Physiker Hans Benndorf (1870-1953) Kammermusik pflegt,158 die musikaIische Praxis als Korrespondenzthema zusehends in den Hintergrund. Meinong nimmt jedoch Anteil an Adlers vermeintlicher Entdeckung eines unbekannten Klavierkonzertes Beethovens (Nr.81, 90) - dieses wird sich aUerdings Jahre spmer als Werk eines 157. Se1tsam mutet in diesem Zusammenhang an, daB Meinong seine starke musikalische Neigung, abgesehen von einer Anspielung auf seinen jugendlichen Wunsch, sich ganz der Musik zu widmen, in seiner Autobiographie mit keinem Wort erwiihnte. (Selbstdarstellung, S.(5». 158. Ernst Mally, A1exius Meinong, in: Neue Osterreichische Biographie 1815-1918, I.Abt., Biographien, Bd.8, Wien 1935, S.93.
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unbedeutenden Kleinmeisters entpuppen. J59 Doch Konzert- oder FestivaIbesuche werden nur noch fallweise im Briefwechsel erwahnt (Nr.145, 181), Berichte tiber wissenschaftliche, organisatorische und familHire Interessen und Probleme lassen dafiir kaum noch Raum. Asthetische Themen erfahren aIlerdings weiterhin Berucksichtigung. Adler begegnet asthetischen Versuchen in zunehmendem MaBe tiberaus skeptisch. In seinem Grundlagenaufsatz von 1885 "Umfang, Methode und Ziel der Musikwissenschaft" hat er der Asthetik der Tonkunst noch einen bedeutsamen Platz in der systematischen Musikwissenschaft mit folgender Aufgabe zugewiesen: Vergleichung und Werthschiitzung der Gesetze und deren Relation mit den appercipirenden Subjecten behufs Feststellung der Kriterien des musikalisch SchOnen. J60
Von dieser HaItung entfemt er sich zusehends, wohl auch unter dem EinfluB aIlgemeiner Tendenzen. Sein Lehrer Brentano etwa akzeptiert asthetische Urteile tiberhaupt nur unter der Bedingung, daB sie auf empirischem Wege, auf dem Weg "von unten" gewonnen worden sind. J6J Damit, daB Adler Anfragen zum Thema Asthetik nicht annahemd erschopfend beantworten kann und will, moB sich auch Meinongs Schtiler 01zeIt abfinden, der tiber die Vergleichbarkeit asthetischer Kriterien verschiedener Epochen Auskunft begehrt. Adler spielt den Ball an 01zelt zuruck und schreibt: "Gibt esabsolute MaBstabe fur aesthetische oder gar kunsthistorische Wertschatzungen?" (Nr.I09) An dieser seiner Einstellung andert sich auch in sp3.1eren Jahren nichts. 1m April 1901 berichtet er nach Graz, er beganne soeben ein Kolleg tiber ,,musikasthetische Streitfragen" - vielleicht a1s Antwort auf die zahlreichen Vorlesungen, die seine Kollegen Dietz und WaIlaschek diesem Thema widmen,J62 welches er aIlerdings ebensogut ,,musikasthetische Grundprobleme" hatte betiteln konnen, "denn aIles ist eben auf diesem Gebiete strittig"(Nr.145).163 Einen Endpunkt dieser Entwicklung wird Adler 1919 in seiner ,,Methode der Musikgeschichte" erreichen, wo er der Asthetik in der von seinem Lehrer Hanslick vertretenen Form endgiiltig eine Absage erteilt: 159. Adler, Wollen und Wirken, S.44f. 160. Adler, Umfang, Methode und Ziel der Musikwissenschaft, S.17. 161. Franz Brentano, Grundziige der Asthetik, Bern 1959, S.22f. 162. Antonicek, a.a.O., S.l92. 163. In diesem Zusammenhang ist auch die geringe Achtung zu sehen, welche Adler musildisthetisch ausgerichteten Kollegen - wie etwa Dietz und Wallaschek entgegenbrachteo
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44 Die von der Asthetik aufgestellten Regeln, Norrnen, sagen wir Gesetze des Kunstschonen, sind fiir die musikgeschichtliche Forschung von geringer Bedeutung, in mancher Beziehung geradezu irrefiihrend, die Erfassung des kiinstlerischen Grundcharakters einzelner Perioden, Schulen und Meister erschwerend. Eigentlich hat die "normative" Asthetik der vorvergangenen Zeit kapituliert ... 164 In anderer Hinsicht aber stellt sich Adler, wie der Freund auf philosophischem Gebiet, den Herausforderunge seines Faches immer wieder neu, betritt immer wieder wissenschaftliches Neuland (Nr.193). l..etztlich strebt er ebenso wie Meinong - und dies ist wahrscheinlich, was ihrer Freundschaft Halt und Faszination gab - danach, eine wissenschaftliche Systematik zu erarbeiten. Hier schlieBt sich der Kreis zu der philosophischen Akribie, mit der der junge Meinong und der junge Adler seinerzeit der Musiktheorie zu l..eibe zu riicken suchten. IV. PfiJ)AGOGISCHE AUFBRUCHSSTIMMUNG
" Wie erwunscht ist das erziehliche Ziel der philosophischen Wissenschaft"165 - Ein kurzer Blick auf Fragen des Unterrichts Zeit ihres Lebens bringen Adler und Meinong Problemen der Unterrichtsgestaltung, der l..ehrerausbildung groBes Interesse entgegen. Auch die eigene UnterrichtsUitigkeit wird kritisch reflektiert. 1m Juli 1883 berichtet der junge Adler dem Freund voU Entsetzen, welch kleinen Teilbereich der abendUindischen Musikgeschichte er gelesen hiitte, und fiigt den Vorsatz hinzu, in Hinkunft den studentischen Anforderungen mehr Rechnung zu tragen und seinen Vortrag zu verbessern (Nr.26). Auch die Berufung nach Prag andert an Adlers diesbeziiglichem Streben nichts. Irruner noch will er nicht zufrieden sein und feilt, urn Behebung seiner Mangel bemiiht, an seinen Vorlesungen (Nr.97). Meinong hat mit ganz anderen padagogischen Problemen zu kfunpfen. 1884 ist der philosophische Propadeutikunterricht an den osterreichischen Gymnasien ernsthaft gefahrdet. Man plant, das in den letzten beiden Klassen des Gymnasiums je zweistiindig gefiihrte Fach auf zwei Stunden in der AbschluBklasse zu reduzieren. 166 Meinong interveniert im Unterrichtsministe164. Adler, Methode der Musikgeschichte, S.30. Zu Adlers Auffassung der Asthetik vgl.auch Kalisch, a.a.O., S.l40ff. 165. Adler an Meinong, BriefNr.63. 166. Diesen Plan sofort in die Tat urnzusetzen war jedoch aufgrund fehlender Lehrbiicher nicht moglich (lnstructionen fiir den Unterricht an den Gymnasien in Osterreich, Wien 1884, S.IV). Die Stundenanzahl wurde letztlich nie reduziert, explizit gab das - 978-90-04-45828-4 Downloaded from Brill.com03/29/2023 12:29:38PM via Western University
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rium167 und verfaBt voll Grimm eine Schrift, in der er den Wert eines solchen Unterrichtes a1s Vorbildung zum akademischen Studium aufzeigt. "Uber pbilosophische Wissenschaft und ihre Propadeutik" - so der Titel des Werkes 168 - beinhaltet neben Kritik an ministeriellen Unterrichtsvorschriften jene Prinzipien, welche Meinong a1s unabdingbare Voraussetzungen fUr einen sinnvollen Propadeutikunterricht erscheinen. 169 Von der Wichtigkeit des Untemehmens fiberzeugt, sorgt er zum ersten Mal in seinem Leben dafiir, daB seine Arbeit ausschlieBlich berufenen Handen zur Rezension anvertraut wirdpo JodI, den er urn diesen Gefallen bittet, kommt Meinongs Ersuchen geme nach, zumal ibm viele von Meinongs Thesen aus der Seele gesprochen sind.l7l Doch Meinong geht seiner Ansicht nach in seinen Forderungen nicht weit genug - so z.B. findet JodI irn Unterschied zu Meinong, Propadeutik miiBte von eigens ausgebildeten Lehrem, nicht nebenher von Philologen unterrichtet werden. Doch zwischen den Zeilen venneint er ohnedies scharfere Kritik zu lesen 172 - wie sein Freund Adler, dem Meinongs neue Publikation ebenfalls zugeht. Anders a1s Jodl spricht ibn allerdings nicht so sehr die in der Schrift geauBerte Kritik am Zustand des Propadeutik-Unterrichtes an. Er ist vie1mehr von dem darin formulierten erzieherischen Ziel der pbilosophischen Wissenschaft fasziniert: Was Sie nicht sagen, rrerkt wohl jeder heraus - daB diese einrnal imstande sein wird. den Religionsunterricht zu ersetzen. (Nr.63) Fiir Meinong bleibt die Propadeutik-Frage noch fiber Jahre ein Iastiges Kapitel. Kollegen vergroBem das Argemis. Aufgrund eines hinter den Kulissen ausgetragenen Philosophen-Krieges zwischen Brentanos treuen Schiilem und dem abtriinnigen Meinong wird einem von Meinong gemeinsam mit Hofler herausgegebenen Propadeutik-Lehrbuch l73 jahrelang die Approbation verMineu die Kiirzungspliine aber erst 1900 auf. Vgl. dazu Lehrplan und Instructionen fiir den Unterricht an den Gymnasien in Osterreich, Wien 1900, S.269. 167. Meinong an Adler, Brief Nr.25 u. Meinong an JodI, Briefv.4.VI.1885, in: Kindinger, a.a.O., S.27. 168. Meinong, tiber philosopbische Wissenschaft und ihre Proplideutik. 169. UndenfeId, a.a.O., S.6lf. 170. Meinong an JodI, Briefv.4.VI.1885, in: Kindinger, a.a.O. 171. Jodi an Meinong, Briefv.8.VI.1885, in: Kindinger, a.a.O., S.29. 172. JodI an Meinong, Briefv.17.VI. 1885, in: Kindinger, a.a.O., S.31. 173. Philosophische Proplideutik, I.Teil, Logile, Unter Mitwirkung von Alexius Meinong verfaBt von Alois Hofler. Meinong betonte immer wieder, daB Hofler der eigentliche Verfasser des Lehrbuches war, wenn auch das Konzept gemeinsam besprochen wurde. (Meinong an JodI, Brief v.lI. vm.1890, in: Kindinger, a.a.O., S.46).
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weigert und dieses schlieBlich nur auszugsweise fUr Schulen zugelassen.174 Erst 1900 nirnmt das Ministerium die von Meinongs Mitstreiter Hofler bereits 1884 formulierten VorschUige zu einer Reform des Propadeutik-Unterrichts 175 an (Nr.149). Schu1fragen gilt auch Adlers besonderes Interesse. Dun erscheint allerdings die Institution Schule insgesamt reformbedUrftig. Er begeistert sich fUr Machs Schrift Uber das Gymnasialwesen 176 (Nr.72), in welchem die Uberbetonung des altphilologischen Unterrichts heft:ig kritisiert, die grundlegende Reduktion schulischen Unterrichts auf das Wesentliche gefordert, freiere Beweglichkeit in den hoheren Schule propagiert wird. Mehr noch liegt Adler naturgemaB die Musik am Herzen. Immer wieder tritt er mit Artikeln zum Thema hervor, versucht in jahrzehntelangem BemUhen, allerdings mit geringem Erfolg, Konzepte fUr einen sinnvollen Musikunterricht an den haheren Schulen zu erstellen. 177 Doch selbst Meinong kann dem Freund Dicht folgen. Adlers 1915 publizierter Aufsatz ,,Musikgeschichtlicher Unterricht in Gymnasien und Realschulen"178 stoBt bei ibm auf volliges Unverstandnis. Er befUrchtet, die Realisierung der Vorscbllige koonte bloB dazu fiihren, daB noch mehr urn Musik herumgeredet wUrde als ohnedies schon der Fall ware. Der von Adler als Argument eingebrachte Vergleich mit Unterweisung in Literatur179 vermag ibn Dicht zu Uberzeugen. Deon Musik - und in dieser Auffassung ist er ganz der Romantik verpflichtet - ist fUr ibn am Ende doch 174. Marty, loyaler SchUler Brentanos, war einer der heiden Gutachter, die fUr die Approbationsverweigerung verantwortlich waren. Hofler berichtet, Martys Gutachten hiitte folgenden Satz enthalten: ,,Auch hier hat sich HOfler, durch Meinong verfiihrt, eines Abfalls von der richtigen Lehre schuldig gemacht." (HOfler, Selbstdarstellung, in: Die deutsche Philosophie der Gegenwart in Selbstdarstellungen, hg. v.Raymund Schmidt, Bd.2, Leipzig 1921, S.131, Anm.1). Meinongs Veriirgerung fiber Marty - er verlieh ihr auch in seinen Briefen an Jodi Ausdruck (vgl. JodI-Meinong-Kmespondenz August his November 1890, in: Kindinger, a.a.a., S.46ff.) - war somit vOllig berechtigt. Dec fUr Schulen approbierte Auszug aus dem I.Teil von HoflerlMeinongs ,,Philosophischer Propiideutik" erschien 1890 unter dem Titel "Grundlehren der Logik" und erlebte eine Vielzahl von Neuauflagen. 175. Alois HOfler, Zur Propiideutik-Frage, Wien 1884. 176. Ernst Mach, Der relative Bildungswert der philologischen und der mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichtsfiicher der htiheren Schulen, Leipzig 1886. 177. SO U.a.: Zur Reform unserer Musikplidagogik, Neue Freie Presse I1.N.1882, 2.Ahendbl., S.U.; Musik als Mittel der Erziehung, gehalten voc dem Verein fiir FrauenbiIdung in Prag 1896 (abgedruckt in: Kalisch, a.a.a., S.309-320). Zu Adlers musikplidagogischem Konzept s.auch Kalisch, a.a.a., S.283tI.; weiters auch: Adler, Wollen und Wirken, S.102. 178. Adler, Musikgeschichtlicher Unterricht in Gymnasien und Realschulen, in: Jahrbuch der Musikhibliothek Peters 21122 (1914-15), S.49-57. 179. Ebd. S.52.
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,,eine viel exklusivere Sache als Literatur" (Nr.233). V. DER WELTKRIEG UND SEINE FOLGEN 1M SPIEGEL DES BRIEFWECHSELS "Zu den Kriegspjaden herzliches Gliickauf"I80
Nach dem glficklichen Ende aller politisch fundierten Aufregung rund urn Meinongs Emennung zum ordentlichen Professor breitet sich in den Briefen der Mantel des Schweigens fiber politische Belange. Zu sehr dominieren wissenschaftliche Probleme und die gemeinsame Karriereplanung. Erst der Weltkrieg laBt politische Kommentare wieder etwas in den Vordergrund treten. Der Grund ist allerdings ein sehr personlicher: Die Sohne der beiden Freunde kampfen an der Front. Meinong Junior hat von vornherein die Offizierslaufbahn eingeschlagen, aber auch Adler nfitzt gegen die Erwartungen mancher Freunde seine Beziehungen nicht, urn seinem Sohn die Gefahr zu ersparen. 181 In den freundschaftlichen Wettbewerb, der Adler und Meinong in wissenschaftlicher Hinsicht verbindet, werden nun die Sohne integriert. Stolz halten die beiden Freunde einander fiber die Verdienste, die Tapferkeit, die Auszeichnungen der Soldatensohne auf dem Laufenden. Aber auch die Note des Krieges treffen die Kinder mit voller Schiirfe, vor allem den jungen Meinong, welcher schwer verletzt wird und ein Auge verliert. Die allgemeinen, ziemlich spar-lichen Kommentare fiber den Krieg zeigen Adler und Meinong unter dem EinfluB der generellen Stirnmung. Adler berichtet fiber die Neider und Hasser, die ibm das Leben an der Wiener UniversiUit schwer machen, "ganz nach dem germanischen Vorbild der Englander"(Nr.242). Meinong jubelt am 2.Juni 1916 fiber den Sieg der deutschen Hochseeflotte in der Seeschlacht vor dem Skagerrak, vergonnt ibn "den Herren an der Themse", wenn er auch hinzufUgt: "Schade wieder urn die Menschenleben." (Nr.233) Trotz aller Nahe behalten die beiden gerade in politischer Hinsicht einiges fUr sich. Nichts erfahrt Meinong beispielsweise fiber Adlers Begeisterung fUr "das Licht, das aus dem Osten kommt", wie er den Kommunismus vor einer 180. Meinong an Adler, Brief Nr.223. 181. Karl Kobald an Adler, Briefv.l7:VIII.l914, GAC, Box 25, Folder Kobald. Adler intervenierte nieht fUr seinen Sohn, sehr wohl aber - auf Bitten Anton von Weberns - fUr Arnold Schonberg (Webern an Adler, Briefe v.9JG.l915 u.l7.xI.1915 GAC, Box 60, Folder Academic Career).
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Runde Gleichgesinnter bezeichnet. 182 Auch tiber den nach Ende des Krieges an der Wiener Universitat heftig losbrechenden Antisernitismus, der ihn zu einer Entgegnung veranIaBt,183 schweigt Adler gegentiber dem Freund. Umgekehrt erfahrt Adler vermutlich nicht, wie antisernitisch Meinong gesinnt ist. Ein Brief an JodI, in dem sich Meinong als ,,antisernitischer Uncultur-Kfunpfer" deklariert, spricht hier eine deutlichere Sprache. 184 Aus dem Weltkrieg und dessen katastrophaIen Folgen ziehen die beiden Wissenschaftler fur sich verschiedene Konsequenzen. Adler hat noch wenige Jahre zuvor das musikaIische Kriegsbeil geschwungen und sich aIs patriotischer Hetzredner beHitigt. 185 Nach dem Krieg pladiert er fur einen Ausgleich zwischen NationaIismus und IntemationaIismus und wamt vor deutschnationaIer Agitation. 186 1m Unterschied zu Meinong akzeptiert er den neuen Staat. Jenen Absatz in Meinongs "Selbstdarstellung", in dem der Freund knapp vor seinem Tod seine Gesinnung formuliert, hatte Adler in dieser Form sicher nicht unterschrieben: Aber hOher noch als der Staat steht das Yolk, das ibn ausmacht; und auch den Glauben an des deutschen Volkes ungebrochene Kraft und eine dieser Kraft wiirdige Zukunft wollen wir mit ins Grab nehmen. 18 ?
VI. PRIVATLEBEN IN DER GELEHRTENREPUBLIK ,.so manches muj3 ein pater familias verrichten "188 - Ein Blick hinter die Kulissen
Das nie getauschte Vertrauen in die Solidaritat des Freundes laBt den Briefwechsel tiber die Jahrzehnte zu einem unvergleichlichen Dokument der beiden Lebensgeschichten werden. Der mtihevolle Weg zu wissenschaftlicher und beruflicher Anerkennung belastet die Gemtitsruhe der Freunde sehr, und 182. Adler, Rede Ende 1917, GAC, Box 6, Folder "Unidentified sketch for talk". 183. Entwurf Adlers, GAC, Box 60, Folder Academic Career. 184. Meinong an Jodi, Brief v.28.II.l889, in: Kindinger, a.a.O., S.4l. Vgl. auch Lindenfeld, a.a.O., S.68f. 185. Z.B.Adler, Tonkunst und Weltkrieg, in: Kriegsalmanach 1914-1916, hg. yom Kriegs-Hilfsbtiro des k.k.Ministeriums des Innem, Wien 0.1. Zu Adlers Haltung zum Weltkrieg vgl. Gabriele Eder, Die miBbrauchte Muse. Ober die Grenzen des Intemationalismus in der Musikwissenschaft, in: Zeitgeschichte, Jg.21 (1994), S.398-402. 186. Vgl. dazu z.B. Adlers Warnung vor tibertriebenem Nationalismus in seinem Artikel ,,An die deutschen Sanger", in: Neue Freie Presse 2 LVII. 1928, Morgenbl., S.5. 187. Meinong, SelbstdarsteUung, a.a.O, S.(59)f. 188. Adler an Meinong, Brief Nr.8l.
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da tut es wohl, dem Freund manches Mal ein wenig vorzujammem. Als sich Adler angesichts dusterer beruflicher Aussichten 1883 in einer uberaus depressiven Stimrnung befindet (Nr.24), weill der Freund in Graz davon, wenn dieser auch nur mit einem betont freundlichen und humorvollen Brief darauf zu reagieren vermag (Nr.25). Als einige Jahre spater Meinong seine ganze Wut und EnWiuschung ob der nicht erfolgen wollenden Emennung zum Ordinarius in die Briefe an den Freund packt, reagiert Adler hingegen verstandnisvoller - und dies obwohl er sich gerade selbst uber Finanzierungsprobleme der ,,Denkrn3ler der Tonkunst in Osterreich" argert. ,,Malen Sie nicht grau in grau", mahnt er den Freund. "So triib die VerhaItnisse ... auch sind, so licht sind Ihre Wege." (Nr.89) Selbstverstandlich weill man Bescheid, welche Menschen dem Freund privat wirklich nahestehen. Beide, besonders aber Meinong, ruhlen sich der Mutter verbunden. Meinongs Mutter nimrnt die MUhsal, mit dem Sohn nach Graz zu gehen, auf sich, und lebt dort bis zu ihrem Tod 1910. Trotz der raumlichen Trennung haIt Meinong den Kontakt mit der Familie seines Bruders in Potzleinsdorf aufrecht, wo er geme Onkelpflichten wahrnimrnt und das eine oder andere Mal auch Adler einspannt. 1883 hilft Adler dem Freund, den Nichten ein ziinftiges Weihnachstfest zu bereiten. Er besorgt nach Meinongs genauen Angaben einen Weihnachtsbaum, laBt diesen in seine Wohnung schaffen, von wo ihn der aus Graz in letzter Minute herbeieilende Meinong abholt (Nr.35). Wahrend Meinong solcherart das Familienleben pflegt, gilt Adlers Interesse schon seit geraumer Zeit einem MOOchen aus gutburgerlichem Wiener Haus. Doch erst nachdem er zum Extraordinarius in Prag emannt ist und sich seine dortige Stellung gefestigt hat, ist seine Werbung von Erfolg gekront. Zum Jahreswechsel 1887 erhaIt der Grazer Freund die frohe Botschaft, daB Adler ,,endlich das langersehnte Gluck erreicht" und er sich mit Betti Berger verlobt habe (Nr.73). Meinong kann, sehr zu seinem Bedauem, an der Hochzeit im Friihjahr 1887 nicht teilnehmen (Nr.75). Das Ereignis zieht eine ungewohnlich lange, sogar die sonst stets schreibintensiven Monate Juli und August urnfassende Briefpause nacho Erst im September 1887 meldet sich Adler wieder zu Wort. Er riihmt das stille eheliche Gluck und versucht, Meinong yom Junggesellentum abzubringen. Dieser mOge es doch einem gemeinsamen, kiirzlich gleichfalls verehelichten Freund, dem Nationalokonomen Lothar von Dargun (1853-1893) gleichtun, welcher ebenfalls den Sprung ins Ungewisse gewagt hatte, und Adler rugt hinzu: MUssen Sie ja auch in der Wissensehaft manchen Schritt untemehmen, von clem Sie nieht wissen, wohin genau die Riehtung geht. (Nr.76)
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Die Argumentation des Freundes mag Meinong wirklich bedenkenswert erscheinen. In einem etwas gekrankten Brief schreibt er einige Wochen spater, Adler hatte ganz recht. Es ware nichts mit dem Junggesellentum, zumal dann, wenn alle Freunde verheiratet waren und den ganzen Sommer nichts von sich bOren lieBen. Adler, der in seiner Frau eine tiberaus liebevolle Gefahrtin findet, laBt nicht locker, will auch den Freund zum Ehestand bekehren. Vielleicht erscheint ihrn dies als Rezept gegen Meinongs unausgeglichene, poltemde Emotionalitat, mit welcher letzterer die Prager Bekannten - Adler, wie auch Jodl- in seinen Briefen tiberschtittet. Adlers vorsichtige Verkupplungsversuche (Nr.81) bleiben zwar ergebnislos, doch schlieBlich gibt auch Meinong sein Junggesellendasein auf. 1m Mai 1889 - seine Emennung zum Ordinarius ist kurz zuvor erfolgt - verlobt sich der SechsunddreiBigjahrige mit Doris Buchholz, der Tochter eines Wiener Musikalienhandlers. Adler gratuliert herzlichst. Erleichterung schwingt in seinen Worten mit, wenn er meint: Ihre Wahl ist sieher gut. Somit k6nnen Ihre Freunde mit Vertrauen in die Zukunft sehen. (Nr.93) Meinong ist gliicklich wie schon lange nicht. Er gibt zu, daB ihrn der Sinn nach anderem steht, als fUr seine Studenten Kolleg zu lesen (Nr.92). Tatsachlich scheint sich Adlers Vertrauen auf die positive Wirkung der Ehe auch im Falle Meinongs zu bestatigen. Dessen oft recht chaotische Gefiihlswelt erfahrt nach der Heirat eine entscheidende Konsolidierung, welche auch den durch die Wiener Berufungsfrage verursachten Aufregungen zu trotzen vermag. Schon 1889 faBt Adler seine Zufriedenheit tiber seine und des Freundes private Lage kurz und btindig zusammen: "Wir haben uns wohl in unseren Frauen nicht getauscht."(Nr.97) Beide streben danach, dem Bild des "diligens pater farnilias" zu entsprechen (Nr.81). Naturlich treten nun auch andere als wissenschaftliche Interessen starker in den Vordergrund. Die Kinder mussen versorgt werden, und so ist Adlers Bereitschaft, eventuell einen Grazer Ruf anzunehrnen, an die Bedingung geknupft, nicht nur wie in Prag Titel und Charakter, sondem auch die vollen Beztige eines Ordinarius zu erhalten (Nr.I13). Gar zu oft triiben Krankheiten und TodesfaIle die Harmonie des Farnilienlebens. Die Familie Meinong ist durch TodesfaIle und schwere Operationen von Frau und Sohn harter gepriift als die Freunde in Wien. Meinong selbst leidet an einer angeborenen Augenerkrankung, die fast zur volligen Erblindung fiihrt - doch dariiber spricht Meinong in seinen Briefen an Adler nie. 189 189. Mally, a.a.O., S.92.
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DaB Meinongs einziger Sohn irn Krieg ein Auge verliert, setzt nur einen Schlu6punkt unter die traurige Entwicklung. Sein Schicksal laBt die Freunde in Wien nicht kalt, ist er doch der Familie Adler wahrend seiner Wiener Kadettenschulzeit ans Herz gewachsen (Nr.191, 193, 195). Er beendet die eingeschlagene Offizierslaufbahn und nimmt eine Stelle beirn Wiener Bankverein an. 190 Adlers Sohn hat mehr Gltick, kommt hell aus dem Krieg und kann sein begonnenes Medizinstudium beenden. Die allgemeinen katastrophalen Lebensbedingungen wahrend des Krieges treffen die beiden Freunde schwer. 1917 ersucht Adler in seiner Verzweiflung Meinong, ibm bei einer steirischen Viehverwertungsgesellschaft eine Ziege zu besorgen (Nr.236). Doch auch Meinong kann nicht helfen (Nr.237). Und so bleibt Adler nichts anderes, als sich ohne Ziege durch die Mtihsale des Krieges und der Nachkriegszeit zu quaIen. Noch 1920 dankt Adler im verzweifelten Versuch, trotz aller Entbehrungen den Humor nicht zu verlieren, Meinongs Gratulation zur Verleihung des Hofratstitels mit den Worten: ,,ESrat ware rnir lieber." (Nr.266) Wenige Monate spater ist Meinong tot. Doch damit ist das Kapitel dieser Freundschaft noch nicht abgeschlossen. Ende 1921 wendet sich Meinongs Frau an Adler. Sie ist auf der Suche nach Material zu einer Biograpbie ihres Mannes und bittet Adler, sie in Briefe Einblick nehmen zu lassen. Meinong hat zwar seit 1883 all seine Briefe maschinschriftlich 191 verfaBt und wohl daran gedacht, daB sie einstmals veroffentlicht werden konnten. Adler kommentierte darnals die ungewohnte Form der Briefe etwas spottisch: ,,DaB Sie fUr die Unsterblichkeit arbeiten, ist rnir nicht neu ... " (Nr.28). Doch 1921 denkt Adler nicht daran, die Dokumente aus der Hand zu geben. Zu offen sind seine und Meinongs Au6erungen, zu personlich die Kommentare tiber Kollegen. Auf Doris Meinongs Brief findet sich denn auch, fUr den alten Adler typisch, ein Vermerk, datiert mit 8.Dezember 1921: ,,Bereitet Schwierigkeiten", heiSt es da in lakonischer Ktirze. l92 Meinong hatte Verstandnis gehabt. Doch Adler hat den toten Freund nicht vergessen. Als Meinongs Frau den beiden ersten Banden von Meinongs "Gesarnmelten Abhandlungen"193 einen dritten folgen lassen will und auf Schwierigkeiten s106t, ist es Adler noch 190. Doris Meinong an Adler, Brief v.2.XII.l921 , GAC, Box 27, Folder Meinong. 191. Die Schreibmaschine wurde Meinong von Masaryk aus Amerika beschafft (Kindinger, a.a.O., S.ll, Anmerkung 30). 192. Ad1ers Notiz auf Doris Meinongs Brief v.2.XII.1921, GAC, Box 27, Folder Meinong. 193. A.Meinong's Gesarnme1te Abhand1ungen. Hg. und mit Zusatzen versehen von seinen SchUlern, 2Bde., Leipzig 1913-14.
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mehr als zehn Jahre spater selbstverstandliche Pflicht, sie nach Kriiften zu unterstiitzen. Oem Untemehmen wird zwar letztlich kein Erfolg beschieden sein, doch Doris Meinong weill diesen Beweis alter Freundschaft zu schatzen. 1m September 1931 schreibt sie an Adler: Ich glaube, mein Mann hiitte eine groBe Freude, wiiBte er, daB diese Hilfe von einem lieben alten Freunde kormnt ... 194
194. Doris Meinong an Adler, Briefv.18.IX.1931, GAC, Box 27, Folder Meinong.
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DIE KORRESPONDENZ VON ALEXIUS MEINONG UND GUIDO ADLER) 1 Wien, I1.April 1877 Geehrter Herr Doktor! Ich nehme mir die Freiheit, Sie zu 2 Redeabenden des deutschen Lesevereins2 einzuladen. Das Thema lautet: ,,Bayreuth 1876".3 1. Samstag 14. Y27 Einleitung, Rheingold, Walkiire, Siegfried. 2. Dienstag 17. Y2 7 GOtterdammerung, SchluB. Diskussion. In der mich ehrenden Hoffnung, Sie zu sehen mit freundschaftlichem GruBe Guido Adler
2
Wien I, Domgasse 6 2.November 1877
Lieber Herr Doktor! Ich erlaube mir, Sie zu fragen, ob Sie geneigt waren, einem lembegierigen liinglinge, der, bevor er seinem Wissensdrange Geniige geleistet hatte, gegen seinen Willen von seinem Vater in das Geschaft genommen wurde und der jetzt auch, nachdem er mit der notwendigsten Technik des Klavierspieles fertig ist, Theorie der Musik lemen will, Unterricht erteilen wollten? Bisher war Hintersteiner4 sein Lehrer. Der junge Mann will mehr ein allgemeines musikalische Wissen (Musiklehre, Grundziige der Harmonielehre, des einfachen Kontrapunktes, mehr aber die einfachen Forrnen der Kornposition) erreichen 1. Die Briefe Meinongs an Adler befinden sich bis auf einige wenige Ausnahmen diese sind jeweils gesondert ausgewiesen - in GAC, Box 27, Folder Meinong. Die Ausgabe der Briefe Adlers folgt, abgesehen von einigen gekennzeichneten, neu hinzugefUgten Exemplaren, der Erstausgabe in: Hoflechner u. Kembauer (Hg.), Guido Adler an Alexius Meinong, Briefe 1877-1920, a.a.O. Die Originale befinden sich in der UB Graz, MeinongNachlaB, v.a.Karton XXXI, Nr.ll-l64. 2. Leseverein der deutschen Studenten Wiens, eine deutschnationale Studentenvereinigung, der Adler angehOrte. Der Verein wurde 1871 gegriindet und 1878 behOcdlich aufgel6st. Man erblickte in seinen politischen Aktivitiiten eine Gefahr fUr den Staat (William IMcGratb, Dionysian Art and Populist Politics in Austria, New Haven 1974, S.33ff.). 3. Adler hatte die Bayreutber Erstauffiihrung von Wagners ,,Ring des Nibelungen" (1876) miterlebt und machte dies wohl zur Grundlage seiner Vortrage. Er hatte schon im Wintersemester 187Sn6 als Vorbereitung zum Bayreuther ,,Ring" in der Akademischen Lesehalle EinfUhrungsvortrage gehalten (Adler, Wollen und Wirken, S.ll). 4. Jakob Hintersteiner, Wiener Musiklehrer.
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und strebt nur ein musikalisches Verstandnis an. Er will vorlaufig bei 2rnaligem Unterricht in der Woche denselben durch 8 Monate fortsetzen. Die Stunden, die er von des Tages Arbeit erUbrigt, sind entweder von 'A 8 bis 'A 9 Uhr frUh, oder von 8 Uhr abend oder Sonntag nachmittag (eventuell jeden 2.Sonntag vormittag). Da ich weiS, daB Sie ein Freund des zeitlichen Aufstehens sind und sonst auch dieser Unterricht Ihnen passend sein dUrfte, so erlaube ich mir, Ihnen den Antrag zu stellen. 1m Falle Sie geneigt waren, denselben anzunehmen, ersuche ich Sie, mir ein Rendezvous oder demjungen Mann selbst (Adalbert Huber I Tuchlauben 11. 1.Stock) ein so1ches zu bestirrunen und glaube ich, daB es am gUnstigsten ware, wenn Sie Sonntag nachmittag zu mir konunen wollten, da Herr Huber dann auch von mir herbestellt werden konnte. Die Zeit etwa von 2 bis 4, eventuell spater. Urn baldige Antwort bittend grUBt Sie bestens Ihr Guido Adler
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3
Wien, 3.November 1877
Lieber Herr Adler! Herzlichen Dank fUr Ihren freundlichen Antrag, den ich aber leider jetzt, d.h. vor der HabilitationS, wo ich durch die hiefUr notigen Arbeiten ohnehin sehr gedrangt bin, UIUllOglich annehmen kann. Ware es noch eine einfache Klavierstunde, vielleicht ginge das zur Not, - aber was glauben Sie wohl was fUr Folgen es hatte, wenn ich das nicht eben leicht unter einsichtige Gesichtspunkte zu bringende Durcheinander von Regeln und Ausnahmen, das ziemlich uneigentlich Musiktheorie heiSt, einmal wieder im Kopfe Revue passieren lieBe: Meinen Sie, ich wtirde nach der Kompositionsstunde, die mir wieder so und so viel Fragen ins Gedachtnis gerufen hat, die die Herren Theoretiker sich zu stellen fUr ganz unnotig halten, - meinen Sie, ich wtirde mich dann ktihl zu meinem alten Englander6 oder dgl. setzen und arbeiten, a1s wenn nichts vorgefallen ware? Sie glauben das gewiB so wenig wie ich, und begreifen daher auch, warum ich jetzt ablehnen muB, was ich sonst mit VergnUgen auf mich genonunen batte: es war eben eine so starke Ablenkung des 5. Meinong habilitierte sich im Friihjahr 1878 - das Dekanat der PhFW steHte am 30.ID.1878 an das MinCU den Antrag, Meinong als Privatdozenten zuzulassen (Schreiben des Dekanates der PhFW an das MinCU v.30.ID.1878, AUW, Meinong Personalakt, Phil.Dekanat Akt 226 ex 1877n8). 6. David Hume (1711-1776), englischer Philosoph, tiber den Meinong seine Habilitationsschrift schrieb (Hume-Studien I).
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Interesses yom nachsten Ziel, daB wenn ich mich Vemunftgrtinden nicht ganz verschlieBen will, ich eben nicht anders kann als - die Versuchung meiden. Mit herzlichem GruB Ihr Meinong
4 Wien, 25. April 1878 Lieber Doktor! Ich bitte Sie mir womoglich noch heute den Titel Ihrer Vorlesungen an der Universitat gefaIligst angeben zu wollen. Mit bestem GruB p.Adler
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Hinterbriihl, Lichtensteingasse 21 31,Juli 1878
Lieber Dr.Meinong! Schon einige Male beabsichtigte ich, Sie mit einer Anfrage, wo Sie Ihren Sommeraufenthalt haben, zu behelligen. Ich hatte aber nicht den Mut, aus einem Grunde, der zwar kindisch, flir mich trotzdem triftig genug war - ich hatte namlich Brentanos Psychologie7 noch nicht beendigt. Da ich nur die Nachmittage darauf verwendete und sehr viele davon wegfielen, das Studium aber genau betreiben wollte ja - denken Sie - sogar Kritik und Forschen damit zu verbinden suchte, zog ich mich bis auf den heutigen Tag, ja bis zur eben verlaufenen Minute bin. Erleichtert betreffs meines Vorhabens, beschwert mit vielen Gedanken, trete ich vor Sie bin. Wie geht es Ihnen? Sind Sie etwa in meiner Nahe? Warum lieBen Sie nichts von sich horen? Obzwar ich wahrend der Schulzeit zweimal wochentlich in die Stadt fuhr, konnte ich Sie dennoch wegen der karg zugemessenen Zeit nicht besuchen. Gar manches hatte ich wieder mit Ihnen zu besprechen. Ihr Seminars wird hoffentlich gut ausgefallen sein. 7. Franz Brentano (1838-1917), Philosoph, Meinongs und Adlers Lehrer. Zunachst Professor, dann Privatdozent der Universitat Wien. (S. dazu Einfiihrung, Exkurs: Zur Situation der Philosophie an der Wiener Universitat.) Das von Adler studierte Werk war Brentanos ,,Psychologie yom empirischen Standpunkt", Wien 1874. 8. Meinong hatte sofort nach Erteilung der Venia legendi zwei Kollegien angektindigt u.zwar: "Uber Abstraction" und ,,Lecttire und Besprechung von Kants Kritik der reinen Vernunft" (Brief des Ministers fur CU Stremayer an das Dekanat der PhFW v.3.V.1878, AUW, Meinong Personalakt, Phil.Dekanat Akt 482 ex 1877n8)
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Wie ware es, wenn Sie auf einige Zeit zu mir kommen wollten? Ich habe Platz genug. Der Aufenthalt ist bier ein sehr angenehrner. Die landschaftlichen Reize, wie Thnen bekannt, sehr groBe. Wie angenehm ware es, wenn Sie meiner freundschaftlichst gemachten Einladung Folge leisteten! Dr.Dargun9 befindet sich wohl auch wohlauf? Schreiben Sie bald Threm Sie aufrichtig verehrenden Guido Adler Ischl, to.August 1878 6 Lieber Herr Adler! Vor allem herzlichen Dank fUr Thre freundliche Aufforderung; ich erbielt Thren Brief nicht mehr in Wien, da ich unmittelbar nach SChluB des Seminares, mit dem ich wirklich recht zufrieden war, nach Ischl meiner Mutter nachreiste. Von bier aus ware die Landpartie in die Hinterbriihl ein wenig umstandlich; ich muB mich daher darauf beschranken, Thnen brieflich meinen Dank auszusprechen und mir die Diskussion Uber die Ergebnisse Threr mit anerkennenswertem FleiBe betriebenen Brentano-LektUre fUr den Herbst aufsparen. Von meinem Lebensscbicksale seit unserer Trennung mOchte ich vor allem die mir selbst fast unglaublich vorkommende Tatsache hervorheben, daB ich die "Tranen,,10 noch ehe ich Wien den RUcken kehrte, ganz und gar zu Papier gebracht habe, beilaufig bemerkt eine Arbeit, die sich als viel umstandlicher herausstellte, als ich anfangs erwartete. Ich teile das bier nicht in der Meinung mit, als ob durch dieses hochinteressante Faktum eine neue Ara in der Musikgescbichte angebrochen ware, deren Beginn man nicht frtih genug ankUndigen konnte, sondem urn daran eine musikalische Gewissensfrage zu knUpfen. Sie wundem sich vielleicht, daB ein Mensch, der mit freien Nonen, Querstanden, offenen Quinten und dgl. so umgeht, wie ich, daB ein solcher Mensch also Uberhaupt noch von Gewissen redet. Es mag in der Tat auffallen, aber die Eisenbahnfahrt von Wien nach Ischl lieB viel Zeit, Uber SUnden nachzudenken und da kam mir denn auch eine musikalisch-orthograpbische SUnde in's Gedachtnis, deren Genesis meine Nachlassigkeit vielleicht ent9. Lothar von Dargun (1853-1893), Studienfreund Adlers und Meinongs, Nationalokonom, spiiter Professor an der Universitiit Krakau. 10. Die Komposition befindet sich im Besitz des Institutes fur Musikwissenschaft der Universitat Graz und hat folgendes Titelblatt: "Thriinen. Sechs Gedichte von Adalbert Charnisso fur eine tiefe Frauenstimme mit Klavierbegleitung componirt von Alexius Meinong".
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schuldigen aber an sich das Vnverniinftige nieht wohl verniinftig machen kann. Es gab nun, sollte man meinen, nach so offenem Schuldbekenntnis eine einfache BuBe: ein paar Striche mit dem Radiermesser. Aber der Casus ist eben der, daB dieser Striche erklecklich viele geschehen miiBten, da es sich ungliicklichelWeise urn das Hauptthema der ganzen Komposition handelt, das unzahlige Male wiederkehrt. Aus diesem Grunde suche ich nach Rechtfertigungsgriinden fur meine Vntat und was noch schlimmer ist, ich mOchte Sie biemit verfiihrt haben, sich auch nach einigem urnzusehen. Ich stelle bier die falsche und die richtige (oder wenigstens die mehr und minder naheliegende) Schreibweise nebeneinander.
Es handelt sich natiirlich nun urn das Es oder Dis im 2.Akkord. Welche von den beiden Schreibweisen ceteris paribus zu wahlen ist, versteht sich;ll die Frage ist nun, ob die andere Schreibart so befremdlich und unbegreiflich ware, daB die Anderung stattfinden muB. Sie haben in der Sache jedenfalls den Vorteil der Vnbefangenheit, ich erbitte mir daher ein motiviertes Votum; haben Sie es abgegeben, dann will ich TImen sagen, wie ich iiberhaupt auf die Schreibweise kam. Zu Ischl geht roir's ganz gut; bis gestern war's sogar sem gut, da ich mich seit zwei Wochen der Befugnis erfreute, taglich auf der (recht guten) Orgel zu spielen; leider habe ich dies Recht eben gestern in Folge einer fur mich nicht ganz durchsichtigen Intrige verloren. K1aviere gibt's bier, daB Gott erbarm! Die Wiener Musikwelt ist iibrigens ziemlich vertreten,: Hellmesberger l2 ist da, und heute gibt gar Griinfeld 13 und Lichtenstern l4 samt Richard Schmidtler l5 und einem mir minder gelaufigen Frl.Therese Pollak16 ein Konzert, an dessen Programm besonders der Titel der SchluBnummer erfreulich ist: "Griinfeld; Phantasie iiber Tannhauser-Lohengrin". Armer R.Wagner! Sie II. Diese ware natiirlich aufgrund der halbtooigen Fortschreitung die wung E - Dis -E. 12. Joseph Hellmesberger d.Altere (1828-1893), Hotkapellmeister, oder dessen Soon Joseph d.Jtingere (1855-1907), Geiger, Dirigent und Komponist. 13. Alfred Griinfeld (1852-1924), Pianist und Komponist, bertihmt fUr seine Konzertparaphrasen tiber Werke anderer Komponisten. 14. Alexander Lichtenstem (geb.I846), Geiger, Mitglied des Hofopernorchesters. 15. Musiker. 16. Nicht identifiziert.
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konnen sich denken, daB ich getreu der Sache, der ich zugeschworen, hUbsch zu Hause sitzen geblieben bin. Also schreiben Sie bald Ihrem Sie herzlich grtiBenden Meinong Adresse: Ischl, Schulgasse 292 2.Stock
7 Hinterbruhl, 21.August 1878 Lieber Doktor Meinong! Mit Freude einerseits erfuhr ich durch Ihr Schreiben, daB Sie in Ischl wohnen, weil Sie gute und starke Luft notig haben, aber andererseits mit Bedauern, daB wir die schone - wahrscheinlich letzte - Ferialzeit nicht wenigstens in einem Teile derselben in heiteren und ernsten Diskussionen zusammen verleben konnen. GenieBen Sie nur trotz Ihrer Treue flir die zugeschworene Sache die schone Gegend. Holen Sie ja, wenn Uberhaupt in diesem Faile von Zeitversaumnis die Rede sein konnte, das Versaumte im Winter leicht wieder ein, urn so leichter, je frischer und gekraftigter Sie wieder an die Arbeit herantreten. Ich hatte mir nicht erlaubt, diese Bemerkung zu machen, wenn ich Ihr Aussehen bei unserem letzten Zusammensein nicht so leidend, so Uberaus von Uberanstrengung zeigend gefunden hatte. Also, lieber Freund, schonen Sie Ihre Gesundheit! Viel weniger Besorgnis aIs das Erwahnte machten rnir Ihre musikaIischen Gewissensbisse. Soweit ich aus dem kleinen Fragmente herauslesen kann, ist die Stelle aIs in E moll gedacht. Wenn auch die verwandtschaftlichen Beziehungen des C Dur Akkordes zu dem Es absolut genommen naher sind, so pravaliert in solchen Stellen die relative Nahe, das ist das VerhaItnis zum Tonsttick aIs ganzem Lase man die Stelle ohne Zusammenhang des anderen, so wUrde man stutzen, ich glaube aber, daB dieselbe Ihrer - wie mir scheint Lieblingstonart adaquater ist. Ubrigens bedaure ich, Ihnen mitteilen zu mUssen, daB eine neue Komposition flir K1avier von Liszt, einer russischen T... effI7 gewidmet, ganz das gleiche Hauptthema hat, in der Durchftihrung verirrt er sich aber dermaBen in der Aufeinanderfolge der aus dem Quartsextakkorde frei ausspringenden verrninderten Septakkorde, daB mich die Komposition an einen lyrischen Gedarmkatarrh eher erinnert, aIs an den von ibm gewahlten Titel, der rnir jetzt nicht erinnerlich ist, wie ich glaube aber, D . ,,18· ,~"evene 1St. 17. So im Original. 18. Adler meinte wahrscheinlich: Franz Iiszt, Les Adieux. Reverie sur un motif de I'opera de Charles Gounod ,,Romeo et Juliette" (Raabes Werkverzeichnis Nr.l69). Das - 978-90-04-45828-4 Downloaded from Brill.com03/29/2023 12:29:38PM via Western University
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Resultat ist, bleiben Sie bei dem Dis, wenn die Komposition oder die umgebenden Stellen in einer einer Kreuztonart naher liegenden Tonart sind. Mit Empfehlungen an Ihre gnadige Frau Mutter sowie mit freundschaftlichen GrUBen an Sie Ihr ergebener Guido Adler
8 Ischl, 26.August 1878 Lieber Herr Adler! Es geht doch nichts tiber philosophische Objektivitat und die daraus resultierende Gepflogenheit, Fragen so zu formulieren, daB der Gefragte tiber die Ansicht des Fragestellers ganz im unklaren bleibt. Ohne bestimmte Absicht bin ich in meinem Briefe diesem Usus treu geblieben und da hat sich zu meiner Befriedigung ergeben, daB Sie mir zwar das Dis konzedierten, das ich gar nicht geschrieben habe, gleichwohl aber das Es, also die von mir angewandte Orthographie fur das Naherliegende zu halten schienen. Ihre Ausfuhrung war rnir, nebenbei gesagt, anfangs sehr ratselhaft, da sie mit der Vermutung beginnt, das Therna ware in E moll gedacht; erst spater tiel mir ein, daB das wohl ein Schreibfehler sei und Sie wahrscheinlich C moll gemeint hlitten. Nun ist es aber freilich an rnir zu motivieren, warum ich besagtes Es fur unrichtig erklarte. Die Sache steht einfach so: Es ware unbedingt Es zu schreiben, wenn der verminderte Septimenakkord nach G moll- dagegen Dis, wenn er nach E moll fUhrte; Das ist ebenso gewiB als bekannt, - aber keiner dieser Fane trifft zu, wir haben gar keine Modulation vor uns, sondern bleiben in C dur, mit der harrnonischen Betrachtung kommen wir also nicht vorwarts. Der Grund meines Verdammungsurteiles liegt vielleicht in einer orthographischen Regel, die ich zwar bisher noch nirgends prazisiert aber dafur ziemlich allgemein befolgt fand. Sie lautet: Bei der Orthographie entscheidet nie der terminus ex quo, sondern nur der terminus ad quem und zwar so, daB ein tonartfrernder Ton, der nach aufwarts fortschreiten solI, als Erhohung, der welcher nach abwarts fortschreiten soIl, als Erniedrigung des betreffenden, der Tonart eigenen Tones betrachtet wird. Natlirlich meine ich dabei unter Tonart nicht die, welche die Vorzeichnung des Stlickes ergibt, sondern die, StUck triigt entgegen Adlers Behauptung keine Widmung. Mit der thematischen ParaIlele meinte Adler, der ja offensichtlich aus dem Gediichtnis zitierte, vermutlich eines der Hauptthemen des Sruckes (non troppo lento, T.129). In Wirkiichkeit ist der Zusammenhang, wenn man von der chromatischen Fortschreitung absieht, rudimentar. Die von Adler erwiihnte Durchfiihrung des Liszt'schen Themas bezieht sich wohl auf T.193ff. der ,,Reverie", wo aIlerdings der verrninderte Septakkord aus einem UbermiiBigen Sextakkord, nicht aus einem Quartsextakkord hervorgeht. - 978-90-04-45828-4 Downloaded from Brill.com03/29/2023 12:29:38PM via Western University
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welche auf Grund der bekannten Merkmale eben vorherrscht. Sie rneinen wohl, daB das Hingst bekannte Dinge seien, und in gewissem Sinne rneine ich es ja auch, - aber andererseits ist es Tatsache, daB ich nirgends eine prazise orthographische Re~el gefunden und unter diesem Mangel in der Praxis vielI fach gelitten habe. I Bisher lebte ich denn auch, da ich erforderlichen Falles mir nie die Zeit nahm, einmal grtindlich nachzudenken, von der Hand in den Mund, - aber gerade in dem Faile, von dem wir ausgegangen sind, wurde mir die Unsicherheit unleidlich, ich suchte nach einer Regel in der scheinbaren Verwirrung und fand sie denn auch. Da ich indessen hier mit Noten fast gar nicht versehen bin, so konnte mir nur rnein Gedachtnis Induktionsmaterial liefem, ich ware Ihnen daher sehr dankbar, wenn Sie wahrend des Spielens auf die Sache ein wenig acht haben und vor allem schwierigere Faile darauf hin prtifen wollten, urn mir dann das Resultat mitzuteilen. Kehren wir zu unserem strittigen Faile zurtick. Es ist klar, daB das Es der obigen Regel strikt zuwiderUiuft, das Dis aber vollkomrnen entspricht, der Weg aber, der mich beim Aufschreiben der "Tranen" auf das Es fuhrte, war fast ein historischer. Ich hatte das Thema wirklich anfangs in Moll gedacht, nachher freilich "verdichtete" es sich, wie Berlioz sagen wiirde zu Dur als der authentischen Gestalt - aber die Durchfuhrung ergab wiederholt die Modulation nach Moll, in welchem Faile das Es unbestreitbar war und im Interesse der Gleichfdrmigkeit hatte ich dann iiberhaupt diese Schreibweise adoptiert. Die Liszt'sche Reverie krankt mich gar nicht. Verzeiht man R.Wa~ners unbestreitbare Coinzidenzen mit der Melusine 20 und d moll Symphonie I, so konnte man mir wohl noch viel eher durch die Finger sehen. Zudem ist, was ich fur Sie aufschrieb, eben nur der Anfang und auch dieses nicht bloB Harmoniemotiv, wie wahrscheinlich bei Liszt, so daB ich kaum zu besorgen brauche, daB eins an das andere auch uns erinnem mochte. Endlich aber gebe ich mich selbst auf die Gefahr hin, anmaBend zu erscheinen, der Hoffnung hin, daB rnein Liederzyklus von einer K1avier-,,Reverie" so toto genere verschieden ist, daB nicht leicht von einer Vergleichung etwas zu furchten sein wird. Jedenfalls bietet aber die Reverie eine instantia praerogativa, wie Ba19. Tatsachlich gibt es keine Regel, was die Frage der freien leittonigen Akkordbildung - und mit diesem Problem sah sich Meinong hier konfrontiert - betrifft. 20. Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847), Konzertouverture ,,Das Miirchen von der schonen Melusine" op.32 (1833). Wagner schatzte einige Werke Mendelssohns sehr. 21. Vermutlich Ludwig van Beethoven (1770-1827), IX.Symphonie. Dieses Werk war fur Wagner von auBerordentlicher Bedeutung. Auf welche Reminiszenzen Meinong hier anspielte, ist nicht Idar.
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eon 22 sagen wurde, fur die obige Orthographiefrage; ware es Ihnen nieht mOglieh, den Tatbestand zu konstatieren? DaB Sie eine ,,Lieblingstonart" an mir entdeckt haben, macht Ihrern Seharfsinn urn so groBere Ehre, je weniger ieh selbst davon weill, - aber so interessante Entdeekungen darf man nieht neidiseh fur sieh behalten. Ich bin sehr gespannt auf Ihre Antwort und bitte, dieselbe aueh darurn zu besehleunigen da ieh hoehstens bis 6. September sieher in Isehl bin. Mit herzliehen GruBen Ihr Meinong
9 Wien, 27.Dezernber 1878 Lieber Doktor! Ich konnte leider in den Feiertagen nieht zu Ihnen kornmen. Wollen Sie Sonntag urn 6 Uhr zu rnir kornmen, oder ware Ihnen der Mittwoeh (l.Janner) lieber? Frau Stamke23 wird namIieh an einern dieser Tage zu mir kornmen, und konnte bei dieser Gelegenheit aueh einige Ihrer Lieder24 singen. Sollten Sie den Sonntag vorziehen, so bitte ieh Sie unverziiglieh urn Antwort, doeh aueh fur den Fall, als Sie Mittwoeh wahlten, bitte ieh Sie mit der Antwort nieht zu zogem, da ieh Uingstens bis morgen, Sarnstag, Abend Fr.Stamke benachriehtigen rnuBte. Ganz der Ihrige Adler 10
[Wien, Ende 1880/Anfang 1881]
Lieber Meinong! Gestem spraeh ich mit Dr.Durnba25 ; er wird Montag urn V2 7 Uhr kornmen. Wir konnen urn V2 6 Uhr zusarnmenkornmen, spielen ein vielleicht 2 Klaviertrios und Durnba spielt dann mit Ihnen und Mayer26 ein Streiehtrio, 22. Francis Bacon (1561-1626), englischer Philosoph. Nach Bacons Auffassung mtisse man, da niemals alle moglichen EinzeWille in der Erfahrung vorliegen, zur Gewinnung eines aligemeinen Satzes auf die besonders wichtigen Falle (instantia praerogativa) besonders Bedacht nehmen. Interessant ist, wie Meinong auch zur Findung musikalischer GesetzmaBigkeiten die induktive Methode selbstverstandlich anwendet. 23. Sangerin, nicht identifiziert. 24. Wahrscheiniich Meinongs "Thranen", s.Anm.lO. 25. Konstantin von Dumba (1856-1947), Adlers Schul- und Studienkollege, spater im dipiornatischen Dienst; gemeinsam mit Mayer und Meinong dessen Kammermusikpartner. 26. Kammermusikpartner, nicht identifiziert.
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oder falls wir das 2.Klaviertrio noeh nieht gespielt hatten, dasselbe. Da Dumba die Stimme des Streiehtrios verlangte und ieh dieselbe auf dem Pulte fand, erlaubte ieh mir dieselbe mitzunehmen. Prosit annus! Auf Wiedersehen Adler 11 [Wien], 3.Janner 1881 L[ieber] A[dler]. Bedauere, konstatieren zu milssen, daB das Wort "versagt" in meiner letzten Karte augenscheinlieh Thre ganze Aufmerksarnkeit absorbiert hat und Sie daher verkennen lieB 1) daB das Trio am 18ten (mit D[umbaD in Kraft bleibt, 2) daB ich Dienstag aueh nur bis ~ 8 Zeit habe (ein Terminus zu dem sieh trotz Versagtheit auch Ihre Zeit hoffentlieh ausdehnen IaBt). Es ist also alles in schOnster Ordnung. Zwischen 3,4 5 u. Y2 8 ist sieher Zeit zu dem uniiberschreitbaren Maximum von 3 Trios. Kommen Sie uns recht fIilb, auf daB M[ayer] uns schon bereit finde. Wissen Sie niemand, von dem man ftir den 18ten ein Klavier Quartett auspumpen konnte? Prosit, Dienstag also M. Wien, 16.Janner 1881 12 Lieber Freund! Sie werden sieh vielIeieht noeh erinnem, daB ieh, als Sie im Sommer 1878 das erste Kolleg bei mir inskribierten, darauf hinwies, daB die Institution des Kollegiengeides, aueh wenn sie anderwarts mehr Sinn hatte, als tatsachlieh der Fall ist, jedenfalls verniinftigerweise zwischen uns nieht bestehen konne. Gleiehwohl meinte ieh, daB ein fcjnnliehes Ablehnen der Quastur gegeniiber bei der Ungewohnliehkeit solehen Vorgehens besser vermieden werde, und so ist meine Schuld Ihnen gegeniiber mit Riieksieht auf das 3stiindige Sommer-Kolleg von 1878 und die 2stUndigen Kollegien yom Winter 78n9, Sommer 79, Winter 79/80 auf die Hohe yom 9 fl.45 Kr. angewachsen. Bekanntlieh liegt das Moos nieht im Begriffe des Privatdozenten, in seiner Tasche aber noeh weniger; denn wenn einmal aus Versehen eins hineingeriit, so macht sieh sofort ein merklieher Drang nach Veranderung dieser unnatiirlichen Situation geltend. Es ernpfiehlt sieh daher in solehen AusnahmsSituationen, rasch zu tun, was geschehen solI, ieh benutze daher die Gelegenheit der horrenden Reiehtiimer, die ieh eben auf Grund meines Logik-Kollegs eingeheimst babe, Ihnen die erwahnten 9 SpieBe dankend zuriiekzuerstatten. - 978-90-04-45828-4 Downloaded from Brill.com03/29/2023 12:29:38PM via Western University
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Das kleine Moos liegt in Briefrnarken bei, wohl urn so die offizielle Fonn des Geldbriefs zu venneiden, d.h. mir das 5fache Siegel und Thnen die trUgerische Erwartung einer etwa aus der 4ten Dimension Thnen zufliegenden Million erspart bleibt. Prosit. Mit herzlichem GruBe Ihr M.
Auf Wiedersehen am M.? Ich dachte schon, Sie waren unwohl und freue mich, nun vennuten zu konnen, daB Sie bloB "versagt" waren. Nun: am 25ten urn 5 Uhr werden Sie hoffentlich nicht "versagt" sein. Es ware ubrigens schon, wenn Sie dann noch vor Dumba eintrafen.
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Hinterbruhl, Lichtensteinstr.21 23.Janner 1881
Lieber Meinong! Ich bedaure, Thnen mitteilen zu mussen, daB ich an der Dienstag stattfindenden Kammennusik infolge einer an dem rechten Handgelenke zugezogenen Verletzung, deren Pflege mich in die Bruhl fiihrt, nicht teilnehmen kann. Hoffentlich, aber noch sehr in Frage gestellt, kann ich Dienstag uber acht Tage. Den Dumba habe ich nicht abgeschrleben, tun Sie nach Ihrem Ennessen. Seine Adresse ist Dr.Konstantin Dumba, Dominikanerbastei 15. Mit besten GruBen Ihr Adler Wien, 27.Janner 1881 14 Lieber Freund! Wir haben heuer doch entschieden Kammennusik-Pech! Was in aller Welt haben Sie uns mit Ihrer Hand angefangen? - am Ende gar Ihre Seele irgendeinem Damon der 4ten oder xten Dimension verschrleben und zur Herbeischaffung des in solchen Hillen ublichen Schreibmaterials sich in einen Finger geschnitten? Ihre Reserve beziiglich Dumbas war naturlich hochst akademisch. Wenn er mit Thnen spielen wollte, so konnte ich ibn doch nicht ruhig herkommen lassen, und ibm dann mitteilen, daB Sie verhindert sind. Mein erstes war daher ibm einen Absagebrief ohne Angabe eines neuen Termines zu schreiben. Diese zunachst durch Ihre unbestirnmte AnnstOrung beziiglich nachsten Dienstags hervorgerufene Zuruckhaltung hat sich seither als sehr angezeigt
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herausgestellt, indem die Sing-Akademie27 Dienstag 8 Tage (8/1I) eine interne Auffiihrung veranstaltet, an der ich wahrscheinlich mehrfach beteiligt sein werde. Vor 15. Februar wird also fUr uns nichts zu roachen sein, bis dann sehe ich Sie doch wohl (wenn auch nicht im Kolleg) und da kannen wir das Nahere abroachen. Als Sensationsnachricht kann ich mitteilen, daB fern am Horizonte ein Violaspieler aufgetaucht ist. Wer weiB was kommen mag! Prosit Ihr M.
15 Hinterbriihl, 30Janner 1881 Lieber Freund! Leider schreitet die Besserung meiner verletzten Hand nicht derart vorwarts, daB ich mich schon am Dienstag an der Karnmermusik beteiligen kannte. Ich hoffe, Sie in der zweiten HaIfte dieser Woche zu sehen. Freundesgru8 Adler 16 Wien, 22.April 1881 Lieber Freund! Ware es Ihnen wohl ffiOglich, den mir versprochenen Besuch morgen (23.) in Szene zu setzen, und zwar mQgJichst friih? Ich mOchte Sie gem zu einem Klavierbeschau-Spaziergang miBbrauchen, den ich aus Bruder = 00kelpflicht oder so untemehmen moB. Ich hoffe, die affirmative Antwort morgen miindlich zu erhalten. Prosit M.
17 Wien, l.Juni 1881 Lieber Freund! Ober mein Befragen erklarten die Teilnehmer an meinem Kolleg heute mit groBer Einhelligkeit, Samstag wird nicht gelesen. Ich konnte unter solchen 27. 1858 gegriindeter groBer Wiener Chorverein. Die von Meinong erwiihnte Veranstaltung war moglicherweise die GeneraIprobe zu dem Konzert der Singakademie am 9.11.1881 (Programm u.a. Franz, Gade, Schumann, Schubert). (100 Jahre Wiener Singakademie 1858-1958,0.0.0.1.).
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Umstanden nicht wohl anders tun, als erldaren, daB auch ich es so halte werde. Dies soll mich nattirlich nicht abhalten zu Ihnen ins Kolleg zu kommen, falls Sie auch jetzt noch entschlossen sind, Samstag zu lesen. Aber jedenfalls ware ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich von Ihrem Entschlusse in Kenntnis setzen mOchten. Prosit Meinong 18 Wien, 26.0ktober 1881 Lieber Freund! Beim Nachhausegehen tiel mir ein, daB es von mir eine Taktlosigkeit gewesen ist, Ihnen nicht den Antrag zu stellen, Sie nach Hause zu fuhren nach meiner Vorlesung?8 Verzeihen Sie meine Zerstreutheit. Wenn Sie dies als Grund Ihrer Abwesenheit von meinen Vorlesungen haben, daB Ihnen das Nachhausegehen unangenehm ist, so tue ich mit groBen Freuden diesen geringen Freundesdienst. Also vielleicht auf Wiedersehen am Freitag! Ihr treuer Adler
Wien, 25. April 1882 19 Lieber Freund! Anbei eine Einladung zu meinem Vortrag urn 'h 4 Uhr Donnerstag. Wie geme hatte ich Sie schon aufgesucht; aber meine Beschaftigung ist so mannigfach, zersplittemd, daB ich zu gar nichts komme. Meine Vorlesungen hab ich fur den 4.Mai angesagt (Universitat). Sie sind fleiBiger. Samstag ziehe ich in die Bruhl. Hoff'entlich spreche ich Sie vorher. Herzlichen FreundesgruB Adler Hinterbruhl, 25.Juni 1882 20 Lieber Meinong! Anbei erlaube ich mir Ihnen zwei Karten zur Sommerliedertafel des Aka28. Wohl in Zusanunenhang mit Meinongs Augenleiden zu verstehen. Vgl.Mally,
a.a.O., S.92.
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demischen Gesangs-Vereinei9 zur Verfiigung zu stellen. Wenn es Thnen halbwegs mOglich ist, bitte ich Sie Dienstag nach rneiner Vorlesung auf die UniversiHit zu komrnen; wenn nicht, so komrne ich nachmittag zwischen 3-5 Uhr zu Thnen. Vielleicht teilen Sie rnir schon Ihren definitiven EntschluB betreff des Parsifal30 mit, da ich sonst anderweitig verfiigen wiirde. FreundesgruB
Adler
Wien, 11.Juli 1882 21 Lieber Meinong! Donnerstag tiber acht Tage reise ich nach Prag, urn die Beuroner31 zu horen. Bei dieser Gelegenheit mOchte ich Prof. Stumpf 2 und Mach33 besuchen. Konnten Sie rnir gefaIligst die Adressen der heiden geben? Ich halte mich nur 1 oder 2 Tage in Prag auf. Vielleicht sehe ich Sie in Gastein. Nochmals herzlich Lebewohl! Mit Ernpfehlungen an Ihre hochverehrte Frau Mutter. FreundesgruB Adler Wien, 12.Juli 1882 22 Lieber Freund! Die gewiinschten Adressen sind mir unbekannt aber wohl an der UniversiHit in Prag zu erfragen. Vielleicht interessiert Sie, daB ich heute erfahren habe, 29. 1858 gegriindete Chorvereinigung. Vgl.dazu: 100 Semester Akademischer Gesangsverein in Wien. 1858-1908, Wien 1908. 30. Adler fuhr zur Parsifal-Urauffiihrung nach Bayreuth (Wollen und Wirken, S.l4), wofur er sehr wahrscheinlich vom Wiener Akademischen Wagner-Verein, dem er angehtirte, Karten bezog. Offenbar hatte er Meinong vorgeschlagen, mit ihm gemeinsam dorthin zu fahren - ein Angebot, das der weitaus weniger von Wagner faszinierte Meinong (Lindenfeld, a.a.O., S.60) jedoch ausschlug. 31. Chor der Benediktinerabtei Beuron, Sigmaringen; beriihmt fur seine Pflege des Gregorianischen Chorals, mit dem sich Adler damals besonders beschiiftigte. Er war zum ,,Internationalen Kongre6 fur liturgischen Gesang" in Arezzo eingeladen worden und nahm dann auch daran teil (1882) (Adler, Wollen und Wirken, S.23ff.). 32. Carl Stumpf (1848-1936), Philosoph, Tonpsychologe, damals Professor an der Deutschen Universitat Prag, spater in Halle, Miinchen und Berlin. 33. Ernst Mach (1838-1916), Physiker, Mathematiker, Philosoph, damals Professor filr Experimentalphysik an der Deutschen Universitat Prag, spater Professor fur Philosophie in Wien.
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Host[insky]34 hatte deshalb aueh Kunstgeschiehte ubemommen, weil yom Ministerium Musik-Gesehiehte allein als zu speziell flir Prag erklart worden sei. Ob~§ens solI er faktisch zwar vorgesehlagen sein, doeh nieht emannt werden. Prosit - eventuell auf Wiedersehen in Gastein Ihr Meinong 23
Wien, 31.0ktober 1882 Lieber Meinong! Aufriehtig bedauerte ich, daB Sie mieh nieht zu Hause trafen. Ich muS Sie vor Ihrer Abreise36 noeh sehen, Ihnen Lebewohl sagen. Gehen Sie in das Konzert am Sonntag, oder die Probe am Samstag? Da konnten wir uns Rendezvous geben. Wenn es da nieht moglieh sein sol1te, sehreiben Sie rnir, wann Sie wegfahren, dann will ieh auf die Bahn kommen. Prosit! Ihr aufriehtiger Adler
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Wien, Belvederegasse 2 31.Marz 1883
Wertester Freund! Endlich komme ich doch, urn mit Ihnen brieflich zu plaudem. Wie oft denke ieh an Sie und offen gestanden ist rnir Ihr Umgang unersetzlieh. Mit Brieflesen, noeh weniger mit Briefsehreiben will ieh Sie nieht belastigen. Oft schon zog es mieh zur Feder, urn Ihnen zu sehreiben, dann lieS ieh es wieder bleiben, - aus Sehonung flir Sie. Neulieh horte ich von Brentano, daB Sie in Wien waren, ieh mache Ihnen keinen Vorwurf daraus, daB Sie nieht zu rnir gekommen, mieh wenigstens avisiert hatten. Ihr erstes Semester als Professor ware also vortiber, hoffentlieh, ja sieher zu Befriedigung Ihrer Zuhorer, so wie zu Ihrer eignen Seelenruhe. Bei rnir ist absolut niehts Neues, es will sieh niehts regen. 1m zweiten Semester lese ieh die Fortsetzung aus dem ersten; ieh bin erst bei 1500 ange34. Otakar Hostinsky (1847-1910), Musikwissenschaftler und Philosoph. 35. Hostinsky wurde erst 1887 - also spliter als Adler - an der Tschechischen Universitat Prag zum auBerordentlichen Professor flir Asthetik ernannt. Tatsachlich supplierte er zwischen 1894 und 1903 die Lehrkanzel flir Kunstgeschichte (Hoflechner, Zur Etablierung der Kunstgeschichte an den Universitaten in Wien, Prag und Innsbruck, S.64). 36. Vor Meinongs Dienstantritt als ao. Professor fUr Philosophie an der Universitat Graz.
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langt. Hanslick37 ist wieder beurlaubt. Am Mittwoch halte ich nur ftir ZOglinge des Konservatoriums einen Vortrag tiber "die reine Stimmung,,38. Ich selbst bin in einer gemischten Stimmung. Wegen Prag habe ich einige Schritte gemacht, bisher erfolglos. Die Prager UniversiUit (deutsche) ist ein Wrack; die wichtigsten Lehrkanzeln unbesetzt, manche Facher gar nicht vertreten. Wohin dies noch kommen soli? Ich lebe jetzt wieder mehr zurtickgezogen, am Iiebsten ginge ich zum Roten Hahn39 auf die LandstraBe. Produktiv bin ich gar nicht, nur mein Kolleg ist der Brennpunkt meiner Tatigkeit. Manchmal denkt man wohl auf manches, was nicht gedacht werden sollte. Ihre Abhandlung40 habe ich noch nicht geIesen, ich dtirfte vor den Ferien nicht dazukommen. Die politischen VerhaItnisse werden immer trtiber; auch auf unsere Universitat tiben sie nicht gtinstig ein. Die Vorftille beim Wagner-Kommers41 dem ich nicht beigewohnt habe42 - werden jetzt vor den Senat kommen. Wir haben leider keinen Lorenz43 als Rektor. Die Sache Mtte von akademischer Seite vertuscht werden sollen, anstatt aufgebauscht zu werden. 44 Nun will ich Sie noch fragen, wie es Ihrer werten Frau Mutter geht, welcher ich mich bestens empfehlen lasse. Wohin gehen Sie tiber den Sommer? Ich komme jetzt nicht nach Graz, so gerne ich auch ginge. Aber die Vorbereitungen zum Kolleg erlauben keine gro8e Pause. 37. Eduard Hanslick (1825-1904), Musikkritiker (Neue Freie Presse) und Musikforscher, seit 1861 Professor fUr Geschichte und Asthetik der Tonkunst an der Universitat Wien. Adler habilitierte sich bei ihm. 38. Stimrnung, die den nattirlichen Intervallproportionen folgt (i.u.zur temperierten Stimmung). 39. Gasthaus, LandstraBer HauptstraBe 40, Wien. 40. Meinong, Hume-Studien II. 41. Bei einem aus AnlaB von Richard Wagners Tod yom Verein der deutschen Studenten organisierten Trauercommers am s.m. 1883 fielen deutschnationale und antisemitische Parolen. 42. Adler betonte dies wohl deshalb, weil der Akademische Wagner-Verein, dem er angehtirte, Gast des Kommerses - wenn auch nicht dessen Veranstalter - war (Neue Freie Presse 7.llI.1883, Morgenbl., S.6). 43. Ottokar Lorenz (1832-1904), Professor fUr allgemeine und tisterreichische Geschichte an der Universitiit Wien (Rektor 1880), war wegen seiner freisinnigen Einstellung bei den Studenten sehr beliebt. 44. Rektor Friedrich Maassen (1823-1900), Professor fUr rtimisches und canonisches Recht, als tiberzeugter Katholik den deutschnationalen Krtiften an der Wiener Universitat durchaus nicht freundlich gesinnt, lieB die Sache nicht auf sich beruhen, sondern leitete ein Disziplinarverfahren gegen die Unruhestifter ein. Tagelang wurde in den Zeitungen tiber die Auseinandersetzung zwischen dem Rektor und den deutschnationalen Burschenschaf· ten berichtet (z.B. Neue Freie Presse 6.- 17.llI.1883).
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Hofler45 und Ehrenfels46 sehe ich manchmal in Konzerten. Somit bin ich zu Ende. Wissenschaftliches habe ich heute nichts zu melden. Seien Sie bestens gegruBt von Ihrem aufrichtig ergebenen Adler
25 Graz, IO.April 1883 Lieber Freund! Herzlichen Dank fur Ihre freundlichen Zeilen; ich htitte sie kaum verdient, waren bei meinem letzten Wiener Aufenthalte einem Besuche bei Ihnen nicht untiberwindliche Hindemisse im Wege gestanden. Ich hatte aber tiberhaupt nur ein paar Tage fur Wien zur Verfiigung und mein Vnstem brachte es mit sich, daB dies gerade die Tage der Vnterrichtsbudgetdebatte waren. Dies htitte nun ganz gleichgtiltig sein konnen, hatte ich nicht im Mittelschuldepartement zu tun, resp. mit dessen Chef zu reden gehabt. Vnter den damaligen Umstanden hielt es nun ziemlich schwer, des letzteren habhaft zu werden; ich habe in Folge dessen ganz abnorrne Zeit (fast 3 Vonnittage) auf dem Minoritenplatz47 zubringen mtissen und daruber sind meine anderweitigen Dispositionen arg in Verwirrung geraten. Da ich mir den Gang in die ultima Thule, so da Belvederegasse genannt wird,48 aus bekannten Grunden fur einen Vorrnittag vorbehalten wollte, so wurde die Sache von einem Tag auf den anderen verschoben und schlieBlich blieb nichts ubrig, als den Plan ganz aufzugeben. Ubrigens habe ich meinen Wienaufenthalt doch zu einer Tat benutzt, deren Ergebnis sie zwar als eine schwarze Tat kennzeichnet, von der ich aber doch hoffe, daB Sie von derselben in freundlicher Weise Notiz nehmen werden. Das Recht zur Obersendung der BeiJagen, die Sie in diesem Briefe vorfmden, grundet sich auf den Wunsch, den Sie bei Gelegenheit unseres letzten Beisammenseins ausgesprochen haben.49 Ich erlaube rnir, zugleich daran zu erinnem, daB ich zu derselben Zeit Ihrerseits auch ein Versprechen erhalten habe, auf dessen Erfiillung zu verzichten ich in keiner Weise gesonnen bin. Mit dem Verlaufe der zweiten Htilfte meines ersten Grazer Semesters 45. Alois Hofler (1853-1922), Padagoge und Philosoph, Schiiler Brentanos und Meinongs, spater Professor fur Padagogik an der Deutschen Universitat Prag, dann in Wien; mit Meinong befreundet. 46. Christian von Ehrenfels (1859-1932), Philosoph, Schiiler Meinongs, 1896 Nachfolger Jodls an der Deutschen Universitat Prag; mit Meinong befreundet. 47. Ministerium fur Cultus und Unterricht. 48. Adlers Wohnung, Wien IV, Belvederegasse 2. 49. Meinong sandte Adler eine Photographie.
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kann ieh, wie mit dem des ersten zufrieden sein; fUr manehe meiner Wiener Horer habe ieh nun freilieh keinen Ersatz gefunden, habe ibn aber aueh nieht erwartet. Ubermorgen beginne ieh die Kollegien des Sommersemesters; es wird Sie vielleieht interessieren zu horen, daB ieh auBer der SozieUit50 3 Stunden Logik und 2 Stunden Ursprung der Raumvorstellungen angekUndigt babe; - wo sind die Zeiten, wo ieh den Grund zu diesen Heften legte! FUr die Ferien ist aueh heuer Gastein angesetzt; Anfangs September soil ein kurzer Aufenthalt in.Wien folgen. Da Sie dies Jahr wohl kein so bewegliehes Leben fUhren werden a1s im vorigen der Fall war,51 so darf ieh wohl hoffen, Sie dann in Wien oder in der Bruhl anzutreffen. Mit herzliehem Prosit fur aufriehtiger Freund Meinong 26
Brunn am Steinfeld Nr.to Post Fischau bei Wr.Neustadt 22.Juli 1883
Lieber Freund! Wahrscheinlieh trifft Sie dieser Brief nieht mehr in Graz, hoffentlich in Gastein. Ich sitze heuer nieht in der BrUhl, sondern wie Sie aus obiger Adresse sehen, am Steinfeld, jedoch direkt an den Ausliiufern schoner Gebirgsziige. Ein Zufall wollte es so - meine Mutter52 aus Mailand war bier und schlug mren Aufenthalt mit den Zelten meiner Schwester bier auf, daher zog ieh mit und bleibe wahrscheinlich bis September bier. Sollten Sie nach Wien kommen, so wage ieh gar nieht, Ihnen den Vorschlag zu machen, extra heraus zu kommen; fUr den Fall, a1s Sie den liebevollen Vorsatz hatten, teile ieh Ihnen mit, daB man mit der Bahn nach Neustadt fahren muB, von da per Post, die urn ¥2 11 Uhr friih, 3 Uhr, 8 Uhr (abend) geht; auch sind Einspanner und Fiaker an der Bahn. Jedenfalls bitte ich mir anzuzeigen, wann Sie nach Wien kommen und ob Sie heraus kommen. Falls Sie sieh dazu entschlossen, bitte ieh Sie bei mir Nachtquartier zu nehmen. Ieh arbeite an meinem Kollegienheft (Gescbiehte der Musik von Palestrina bis Bach); denken Sie, ieh bin nieht einma1 mit der niederliindischen Sehule 50. ,,Philosophische Sozietlit", seminaristische Ubungen, die Meinong seit dem ersten Semester seiner Dozentur abhielt und ihm besonders am Herzen lagen. (VgI. Selbstdarstellung, S.(7)). 51. Vermutlich Anspielung auf Adlers Bayreuth-Reise im Sommer 1882. 52. Franziska Adler, geb.Eisenschitz (1817118-1885), war, als ihr Bruder seinen Flfmensitz nach Mailand verlegte, von Wien dffentlicht in dern Artikel "The problem of value-judgment", in: Philosophical Review, Vol.22 (1913), S.623-639. - 978-90-04-45828-4 Downloaded from Brill.com03/29/2023 12:29:38PM via Western University
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kommt aueh sachlieh was dabei heraus, - nur nieht gerade fur die nachsten Publikationen, da diese schon andere Themen festgelegt und zum Teil aueh vorbereitet bekommen haben. Auf aIle Hille geht die Arbeit ganz gut vonstatten, so daB es mir doch etwas besonders zu Mute war, a1s ich vor einiger Zeit lin einer mieh gar nieht personlieh betreffenden Arbeit und offenbar in ganz wohlwollender Absiehtl auf mieh a1s den "osterreiehischen Altmeister" hingewiesen fand. Aber dann muBte ieh mir doeh objektiverweise sagen, daB es den Mitmenschen schwer zu verubeln ist, wenn sie die Zeit seit den Tagen, da wir beieinander Kolleg horten, nieht gerade kurz fmden, und es gilt eben, sieh dureh derlei Einsiehten weder in den Arbeitspliinen, noeh in deren Durehfiihrung storen zu lassen. Ernst ist nach seinen letzten Kadettenschule-Weihnachstferien vor einigen Tagen wohlbehalten an den Ort seiner pfliehtmlilligen Arbeit zuruekgekehrt. Er gedenkt gleieh uns dankbar der Stunden, die er im Kreise Ihrer Familie hat zubringen dUrfen, und wird gleieh mir hoeherfreut sein, wenn Sie ibm dazu neue Gelegenheit bieten. Mit besten GrUBen und Empfehlungen von Haus zu Haus gruBt in Treue Ihr A.Meinong Graz, 20Janner 1911 196 Lieber Freund! Eben wird mir mitgeteilt - aus wie vertrauenswtirdiger Quelle, dariiber fehlt mir jede Vermutung - daB das Ministerium derzeit geneigt ware, uns endlieh eine Musikprofessur zukommen zu lassen, wenn WaIlaschek der Musikprofessor ware. Die Mitteilung geschah nattirlieh im Sinn einer Anregung zu einer entsprechenden Aktion. Nun versteht sieh, daB mir die Professur nach wie vor hOehst willkommen ware, ieh also eine sieh bietende Gelegenheit nieht mOehte vorubergehen lassen. Aber die konkrete Sachlage ist in mehr a1s einer Hinsieht fur mieh unklar und so muB ieh Sie einmal wieder mit der Bitte urn etwas Orientierung bemtihen. Ftirs erste formuliere ieh diese Bitte naher zu drei Fragen: 1. Halten Sie die ganze Mitteilung fUr glaubwtirdig? 2. Halten Sie die Professur fUr uns unter der Bedingung WaIlaschek fur wtinschenswert? 3. Wtirden Sie, ganz ohne Rtieksieht auf OpportuniUiten, es fUr sachgemas halten, W[aIlaschek] in eine allfaIlige Tema aufzunehmen? Konnten Sie die TImen angemessen scheinenden Namen am Ende sogleieh nennen? Konnten Sie die Antwort in der Hauptsache so abfassen, daB ich den Brief - 978-90-04-45828-4 Downloaded from Brill.com03/29/2023 12:29:38PM via Western University
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eventuell weitergeben kaon, so ware mir das besonders erw\inscht. VertrauJiehes wiirde ieh mir in diesern Falle auf einern besonderen Zettel erbitten. Verzeihen Sie, daB ich Ihnen Arbeit machen muB. Leider kann ieh Dieht einmal versprechen, daB es zurn letzten Male geschieht: deon kommt es zu einer Aktion, so sind doeh natiirJieh Sie der Vertrauensmann, auf dessen Dafiirhalten ieh mein Vorgehen aueh in deren weiterern Verlaufe stiitzen zu koonen lebhaft wiinsche. Mit schonsten GrUBen von Haus zu Haus in Treue . 502 AM . emong
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Wien, 23.Janner 1911 503
Lieber Freund! Die an mieh gestellten Fragen will ieh nach bestern Wissen und in treuer Erfiillung meiner berufliehen und personJiehen Beziehungen (zu Ihnen) beantworten: 1) Die Glaubwiirdigkeit der Mitteilung kann ieh Dieht zuverlassig beurteilen. UnmOgJieh ist die Sache nicht. Oeon W[allaschek] hat Beziehungen. Aueh bier wurde s.Z. ,,mitgeteilt" daB er Aussieht batte emannt zu werden, weon er vorgeschlagen wiirde. Eine Reihe von Kollegen betrieb dies, wie gesagt wurde, im hOheren Auftrage. Es war das Ministeriurn Marchet504 und W[allaschek] war Referent der ,,Zeit,.s05, die von dort "unterriehtet" wurde. Jetzt hat er die ,,Zeit" aufgegeben, ist zum ao. emannt, hat aber keinen Gehalt. Vielleieht erfreut er sieh fUr Graz emeuter GOonerschafi, urn aueh einen Gehalt zu bekommen. 2) Eine Professur exzeptionell fUr W[allaschek] ist allerdings keine Lehrkanzel fUr Musikgescbiehte, sondem fUr Asthetik und Psyehologie der Tonkunst. Ob Sie eine solehe erriehten wollen, ist Ihre Sache und die Ihrer Fakultat. W[allaschek]s Gescbiehte der Wiener Oper (von Mozarts Tod bis zur Aera Mahler)506 ist keine historische Leistung. Es sind gesammelte Aufsatze, bei denen gerade das Musikhistorische ganz in den Hintergrund tritt. Immer502. Auf der Riickseite des Briefes befindet sich folgende Notiz Adlers: W[allaschek): fUr Aesth[etik) u. Psych[ologie) d M[usik); Geschichte der Oper keine historische Leistung. - Rietsch, Ludwig, Abert (bes.), J.Wolf, Kroyer. gut ware Lehraufuag f. Luntz (mit Gehalt). u. Ord[inarius): auch Riemann. 503. Nicht in der Hoflechner/Kembauer-Ausgabe der Adler-Briefe enthalten. Gefunden in GAC, Box 27, Folder Meinong. Meinong kant offensichtlich dem von Adler in Brief Nr.l99 geau8erten Wunsch nach Rilcksendung seines letzten Briefes nacho 504. Gustav Marchet (1846-1916), Minister fUr CU 1906 bis 1908. 505. Unksliberale Tageszeitung, erschien bis 1919. 506. Wallaschek, Das k.k.Hopfoperntheater, Wien 1909.
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bin ware er imstande, Geschichte der Musik im 18.u.19.Jahrhundert zu tradieren. Die altere Musik ist ihm ganz fern, er halt woW altere Kunstwerke fur antiquarische Raritaten, hat sich meines Wissens auch nie damit beschaftigt. Ob er thematisch vorgebildet ist, weill ich nicht. Ob er einen 2stimmigen Satz schreiben kann, ist mir nicht bekannt. Nach Ihrem Ermessen gehort das woW zu den Vorbedingungen musikhistorischer Arbeit. Es wUrde demnach ein SolovorscWag W[allaschek] nur fur die Nominalfacher Asthetik und Tonpsychologie ratlich sein. Das verstehen Sie besser als ich. 3) Diese Frage ededigt sich mit der zweiten. Halten Sie es nach dem Gesagten fUr genUgend, W[allaschek] fur das Gesamtgebiet der Musikgeschichte vorzuscWagen, so haben Sie das mit sich auszumachen. Unter so1chen Umstanden dUrfte eine Tema, wo immer Sie W[allaschek] plazieren, woW mit seiner Emennung endigen. DaB andere FacWeute fur Musikgeschichte eine ganz andere Vokation haben, ist unleugbar. Ich denke da an Manner wie Rietsch in Prag (Ordinarius), Friedrich Ludwig507 in StraBburg (Privatdozent), besonders Abert508 in Halle (Titularordinarius), eventuell Johannes Wolf'°9 in Berlin (Extraordinarius), Kroyer5lO in MUnchen (Extraordinarius). Wie schade daB Luntz511 noch in der Habilitation steckt! Das ware ein Berufener! Er ist tief in Amtsarbeiten fals Sekretar der Musikakademiel und ich furchte, er verkonunt, wenn er sich nicht mehr wissenschaftlichen Arbeiten widmen kann. Er ist mit der Tochter des Heidelberger Zoologen vermahlt. Einige JUngere rucken bald auf. Konnte man Luntz einen Lehrauftrag mit Gehalt verschaffen, so ware der FakulHit und der Wissenschaft ein Dienst erwiesen. Das wird sich wohl schwer machen lassen. NatUrlich gegentiber Mannem wie Rietsch, Abert, Ludwig, steht er zuruck, besonders die beiden ersteren sind universell. Wolf ist Spezialist auf dem Gebiet der MensuraImusik (Notation). Konnten Sie ein Ordinariat erreichen, dann kame neben Rietsch auch Riemann in Betracht. Denn er ist nur Extraordinarius in Leipzig und hatte es langst verdient, Ordinarius zu werden. (Wir stehen in wissenschaftlichen 507. Friedrich Ludwig (1872-1930), Musikwissenschafiler, ab 1920 Professor in GOttingen. 508. Hermann Abert (1871-1927), Professor fur Musikwissenschaft an der Universitiit Halle. 509. Johannes Wolf (1869-1947), Musikwissenschafiler, 1907 Professor in Berlin. 510. Theodor Kroyer (1873-1945), Professor fur Musikwissenschaft in Munchen. 511. Erwin Luntz (1877-1949), Osterreichischer Musikforscher, als Jurist im Staatsdienst tiitig.
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Kontroversen,512 aber meine hochste Anerkennung ist ibm trotz seine Vielschreiberei nicht versagt). Jetzt haben Sie ein Bild meiner Gedanken, soweit ich die Sache fasse. Einige andere kamen vielleicht auch noch in Betracht. Ich denke, es ist genug des grausamen Spieles. Denn so1che Berufungen mit gebundener Marschroute (Personenroute) sind wirklich ein Spiel. Nachstens hoffen wir den lieben Ernst bei uns zu sehen. Mit herzlichsten GruBen von Haus zu Haus Ihr allzeit getreuer Guido Adler Sollte die Besetzung wirklich nur mit der Person W[allaschek]s verkntipft sein, so ist die Wahl schwer: ob man das Ganze fallen lassen solI, oder wenigsten etwas erhaschen. Dariiber kann ich rnir kein Urteil erlauben. Graz, 22.Februar 1911 198 Lieber Freund! Entschuldigen Sie, daB ich Ihnen fur Ihre wertvollen Mitteilungen erst heute danke: ich wollte damit so lange warten, bis ich Ihnen auch bereits tiber den Anfang des Verlaufes der Angelegenheit etwas wtirde berichten konnen. Das ist nun insofern der Fall, als der Antrag wirklich durchs Kollegium gegangen ist und zur Wahl einer Kommission gefuhrt hat, deren Obmann ich bin. Der Name W[allaschek] wurde vor den Kollegium tiberhaupt nicht genannt, und die Kommission hat sich dahin geeinigt, eine Terna fur ein Extraordinariat fmehr kriegen wir nichtl und zwar der ,,Musikgeschichte" lieber a1s der ,,Musikwissenschaft" unter ausschlieBlicher Rticksichtnahrne auf Verdienst und Befahigung zusammenzustellen, in dem W[allaschek] nur dann einen Platz fmden solI, wenn das eben der objektiven Sacblage entspricht. Ihr Brief an mich ist, worin ich Ihre Intentionen hoffentlich richtig verstanden ha512. Dies bezog sieh zu diesem Zeitpunkt vor aHem auf die unterschiedliehen Standpunkte, welche Riemann und Adler beziiglieh der Bedeutung der Mannheimer Sehule einnahmen. Riemann vertrat die Auffassung, daB die Wiener k1assische Sehule auf den Sehultern der Mannheimer Sehule stiinde (z.B.Riemann, Einleitung zu: Sinfonien der pfalzbayerischen Sehule, Denkmiiler Deutscher Tonkunst n, Bd.3/l, 1902, S.xIIIf.). FUr Adler stand hingegen fest, daB Haydn und Mozart VOf aHem den Wiener Vorklassikern verpfliehtet waren, nieht den Mannheimern (z.B. Adler, Vorwort zu: Wiener Instrumentalmusik im 18.Th., Bd.l, Denkmiiler der Tonkunst in Osterreieh XV/2, Bd.31, 1908, S.xIf.; Bezugnahme Riemanns darauf in: Riemann: Handbueh der Musikgeschiehte Bd.5, Leipzig 1913, S.148). Einige Jahre spater kam die Auseinandersetzung urn die Frage des musikalischen Stils hinzu (vgl.Adler, Methode der Musikgeschiehte, S.24).
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be, vor der Kommission zur Verlesung gelangt, und wir sind mit der Abrede auseinander gegangen, uns in Betreff der Zusarnmenstellung der fraglichen Terna an unsere beziiglichen Vertrauensmanner loder wenigstens personlich bekannten Fachmfumerl zu wenden. Ich habe als meinen Vertrauensmann naturlich Sie namhaft gemacht und ubernommen, Sie nunmehr im eigenen Namen wie im Namen der Kommission mit der Bitte zu belastigen, aus Ihren bereits skizzierten Ansichten uber die Sachlage die Konsequenz hinsichtlich der Zusarnmenstellung einer fUr uns geeigneten Terna zu ziehen, vielleicht auch bereits ein wenig zu motivieren. Es ist mir natiirlich sehr betriiblich, Ihnen Arbeit machen zu mussen: aber da wir eben keinen Fachmann unter uns haben, sind wir in den wichtigsten Dingen auf auswfutige Hulfe angewiesen, und da sind Sie doch ohne Zweifel in jedem Sinne "der Nachste datau'.s 13. Eben schreibt uns Ernst, daB er am nachsten Sonntag zu Ihnen darf. Nehmen Sie auch hierfiir meinen allerschOnsten Dank, - auBerdem beste GruBe respektive Empfehlungen von Haus zu Haus und insbesonders von Ihrem getreuen A.Meinong Ich habe dem Obigen noch nachzutragen, daB wir bei unserem Vorschlage Geschichte der neueren Musik besonders bevorzugen mOchten. Wien, 24.Februar 1911 199 Lieber Freund! Nunmehr stellt sich die Sachlage und Personenfrage anders, da die Terna auf ein Extraordinariat fUr Musikgeschichte beschrankt und neuere Musikgeschichte bevorzugt ist. Da ich keine Notizen uber meinen letzten Brief habe, bitte ich mir diesen zur Einsicht zu senden, damit ich jene Namen auGer acht lasse, die jetzt nicht mehr in Betracht kommen. 514 SolI mein Gutachten offiziell gehalten oder in einem freundschaftlichen Brief eingeschlossen sein? Wir freuen uns, Ihren lieben Ernst am Sonntag zu sehen - wir hatte ibn schon diesen Sonntag erwartet. Er schrieb auch, daB Sie wieder hergestellt seien. Ich habe Ihnen einen furchtbaren Schnupfen abgenommen. Seien Sie herzlichst gegriiBt von Ihrem allzeit getreuen Guido Adler Empfehlungen von Haus zu Haus. Sub rosa Dr.Decsey hat wegen eines pbilosophischen Doktorates bei mir angefragt. Wird fUr ibn Stimmung gemacht? 513. Anspielung unklar. 514. Meinong kam dieser Bitte nacho S.Anm.503.
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Graz, 27.Februar 1911 200 Lieber Freund! Beiliegend erhalten Sie den gewtinschten Brief. Ihre neuen Mitteilungen erbitte ich mir wieder so, daB sie der Kommission vorgelegt werden konnen, - in der Form aber derart, daB wir daraus rnoglichst viellernen und Sie dabei rnoglichst wenig Arbeit haben, also gar nicht offiziell und beliebig in Schlagworten. Ftirs erste handelt es sich ja darum, daB wir einigermaBen orientiert werden, etwa auch Hinweise erhalten, wie wir uns in Betreff der nach Ihrer Meinung in Frage Kommenden noch etwas weiter orientieren. Wir dtirfen uns dann ja wohl vorbehalten, Sie mit alIenfalls unerlaBlichen weiteren Fragen zu behelligen. Die Bitte urn formliche Gutachten wird, furchte ich, auch nicht ausbleiben. Doch sollten wir, denke ich, Sie darnit erst berntihen, wenn wir uns tiber die in einen Vorschlag Aufzunehmenden einigermaBen eine Meinung zu bilden imstande sind. Den Kelch des Referates hoffe ich tibrigens mit Hilfe meiner Obmannwiirde an mir vorubergehen lassen zu konnen: ich habe in alIer Stille Kollegen Schenkl515 zurn Opfer ausersehen und wiinsche nur lebhaft mit Rticksicht auf dringende Arbeiten ftir die nachste Publikation, daB . Anschlag gelingen moge. .. 516 mem Wozu mag Decsey nur den Dr.phil. brauchen, nachdern er mit dern Oberbefehl tiber die Grazer "Tagespost" nebst einern recht ansehnlichen Jahreseinkommen die hochste Sprosse der Grazer Intelligenz-Leiter erklommen hat? Sein Habilitationsgesuch, das er nach dern ersten oder zweiten Hugo Wolf'f-Bande loder hat Hugo Wolf nur Ein fl1 17 , also in grauer Vorzeit eingereicht hatte, hat er dann entweder zuruckgezogen, oder es liegt, durch ihn selbst inhibiert, noch irn Dekanate. DaB er von den neuen musikhistorischen Aussichten Wind haben sollte, davon ist mir nichts bekannt. Auch wtiBte ich nicht, wer irn Kollegiurn sich fur ihn sonderlich interessieren sollte. Eher weill ich diesen und jenen, der sein Gehaben nicht eben sehr akademisch findet. Mir hat er in friiheren Jahren durch Mittelspersonen ein paar Mal in Aussicht gestellt, ,,demnachst" eine rnusikpsychologische Arbeit tibemehmen zu wollen. Vielleicht war an mir 515. Heinrich Schenkl (1859-1919), Professor fiir Klassische Philologie an der Universitiit Graz, ab 1917 in Wien. 516. Meinong war diesbezuglich tatsachlich erfolgreich. 1m von der Berufungskommission dern Professorenkollegium der Philosophischen Fakultiit der Universitiit Graz und in weiterer Folge dem Ministerium vorgelegten Gutachten ist Meinong a1s Vorsitzender, Schenkl hingegen a1s Schriftfiihrer und Berichterstatter angefiihrt (Archiv der Universitiit Graz, Phil.Dekanat Akt 1869 ex 1911). 517. Die zweite Schreibweise - Wolf - ist richtig.
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darauf hin nicht der erwartete Eindruck zu bemerken: kurz, es ist davon schon lange still geworden. Nochrnals auch in Sachen Emsts schonstens dankend, griiBt herzlichst Ihr A.Meinong
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Wien, IS.Man 1911 Lieber Freund! Anbei meine Vorschlage518 , deren Absendung sich wegen einer Reise verz6gerte. Ich glaube annehmen zu konnen, daB Abert bereit ware zu kornmen. Ein Unicoloco-Vorschlag ware meines Erachtens nicht gerechtfertigt. Indessen iiberlasse ich dies Ihrem Ermessen. Ich bin zu weiteren Auskiinften gem bereit. Sonntag den 26. gehe ich mit meiner Frau nach Itallen und diirfte 3 Wochen ausbleiben. Nun ist ja die Ferialzeit und da diirfte die Kommission schwerlich zusarnmentreten. Mit dem lieben Ernst haben wir uns sehr gefreut. Mit herzlichen GruBen von Haus zu Haus Ihr altgetreuer Guido Adler
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[Fragment]519 Die Absicht, eine musikwissenschaftliche Lehrkanzel in Graz zu begriinden, wird allenthalben groBem Interesse und aufrichtiger Sympathie begegnen. In Osterreich existieren zwei ordentliche Lehrkanzeln, Wien und Prag, femer sind ein auBerordentlicher520 und ein TituiarauBerordentlicherprofessor521 in Wien. In Deutschland sind Ordinariate in Berlin, Miinchen, eines in StraSburg ist derzeit erledigt, wenngleich Jakobsthal522 [sic], der es friiher innehatte, noch nicht defmitiv pensioniert ist. Honorar-Ordinariate sind in Halle und Heidelberg, Extra-Ordinariate in Leipzig, GieBen, Rostock, Marburg, Breslau und noch an einigen anderen Universitaten. Es ist mir jetzt nicht genau erinnerlich, ob nur als Titel fiir akademische Musikdirektoren. In Freiburg in der 518. S.BriefNr.202. 519. Institut fUr Musikwissenschaft der Universitiit Graz, Sammlung zur Geschichte, Univ.-Prof.F1otzinger. 520. Wallaschek. 521. Dietz. 522. Gustav Jacobsthal (1845-1912), 1897 bis 1905 o.Professor flir Musikwissenschaft an der Universitiit StraBburg.
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Schweiz und in Bern sind Ordinariate. An anderen deutschen Universitaten sind Privatdozenten und akadernische Musikdirektoren. 1m Zentrum der rnusikwissenschaftlichen Bewegung unserer Zeit steht die rnusikhistorische Forschung. Ihr fallen die groBen Aufgaben behufs Erforschung des Werdeganges der Tonkunst zu. Fast alle Professuren sind fUr Musikgeschichte und im AnschluB daran fUr Theorie. In Wien ist das ExtraOrdinariat fUr Asthetik und Psychologie der Tonkunst. Die meisten Kollegien, die an UniversiUiten gelesen werden, sind historischen Inhaltes und ebenso die Dbungen. Seminare bestehen in Wien, Berlin, Leipzig, Munchen und StraSburg. In Wien ist speziell ein musikhistorisches Institut. Fur Lemberg und Krakau stehen jetzt Kandidaten zur Habilitation bereit. 523 Infolge der Schwierigkeit bei der Bewiiltigung der Hilfsfacher hat sich seit etwa 15 Jahren der Usus der Spezialisiernng der Musikhistoriker auf einzelne Perioden eingestellt und wir besitzen heute wenige Universal-Musikhistoriker, fast lauter Spezialisten. Riemann, Abert und meine Wenigkeit sind vielleicht die einzigen, die akadernische Lehrkanzeln haben und Universal-Musikgeschichte betreiben in dern Sinne, wie dies Spitta und Chrysander zusammen mit mir in den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts bei der Griindung der "Vierteljahrsschrift fUr Musikwissenschaft" beabsichtigt hatten. Die meiste Anziehung bilden heute flir die Forscher die alten Perioden und gerade fUr diese besitzen wir eine Reihe vortrefflicher Spezialisten. Nicht so gut ist es mit der Spezialpflege der neueren Musikgeschichte bestellt. Wir haben eine Reihe von Musikschriftstellern, die sich mit Themen aus diesern Gebiete beschaftigen, die man aber trotzdern nicht als wirkliche Musikforscher anerkennen kann. Dies hangt mit der friiheren Art der Musikschriftstellerei zusammen, die besonders das biographische Gebiet pflegte und mit der Auffindung einiger Daten im Leben eines Tonsetzers ein wissenschaftliches Verdienst erworben zu haben sich einbildete. Ich erlaube mir, diese Bemerkungen vorauszuschicken, urn die Gesichtspunkte festzustellen, nach denen bei der Besetzung einer rnusikwissenschaftlichen Lehrkanzel vorgegangen werden konnte. Bei der Schwierigkeit im Fortkommen junger Musikforscher habe ich stets die materielle Lage derjenigen in Erwagung gezogen, die sich diesern Fache widmen wollten. Und so ist es gekommen, daB gerade einige der Begabtesten die musikalische Praxis a1s Kapellmeister, a1s Lehrer der Musiktheorie, als Musikdirektoren, a1s Beamte an hOheren Musikschulen zurn Bernf erwablt haben. Da sie diesen gewohnlich nicht an Orten auszuuben imstande sind, wo groBere Universitaten sind, 523. Lemberg: Adolf Chybiriski (1880-1957) habilitierte 1912. Krakau: Zdzislaw lachimecki (1882-1963) habilitierte 1910111.
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so muBten sie auf Dozenturen verzichten. Bei den hier zu Nennenden werden aber auch so1che Kandidaten in Erwagung gezogen werden. Als mein Schtiler, Professor Ordinarius Rietsch, sich in Wien habilitierte, hatte er noch wenig an positiven Leistungen vorzuweisen. Meine Einsicht und Uberzeugung tiber seine Leistungsfahigkeit ebneten ihrn den Weg zur Wiener Habilitation zur Zeit meiner akademischen Tatigkeit in Prag. Bei einer Besetzung fur Musikwissenschaft mit besonderem Hinblick auf Musikgeschichte erscheint es ratsam, die Eignung des Vorzuschlagenden nach verschiedenen Richtungen zu betrachten, damit eine so1che Besetzung nicht allein dem zu Berufenden zur Ehre, sondem auch der Universitat und ihren Studierenden zum Vorteil und Nutzen gereiche. Bei der Absicht der Kommission, beim Vorschlage besonders die Geschichte der neueren Musik zu bevorzugen, wird meine Beratung einerseits erleichtert, andererseits erschwert. Denn die Jtingeren, die ich in dem Briefe524 genannt habe, wie Prof.DrJohannes Wolf, Prof.Dr.Theodor Kroyer, besonders Dr.Friedrich Ludwig (der tibrigens in den letzten Tagen zum Extra-Ordinarius in StraSburg emannt wurde), beschiiftigen sich vorztiglich mit alter Musikgeschichte bis etwa zum 17.Jahrhundert. Einzelne ihrer Arbeiten gehoren zu den wertvollsten in der letzten Zeit. Sie sind aber mit Rticksicht auf den vorgebrachten Wunsch nicht weiter in Betracht zu ziehen. Wenn ein Ordinariat geschaffen werden konnte, dann kamen in Betracht: Hugo Riemann in Leipzig, Heinrich Rietsch in Prag und Hermann Abert in Halle. Der letztere ist allerdings nur ordentlicher Honorarprofessor und ich weiB nicht, ober er tiberhaupt Gehalt hat. Die Kommission konnte sich also mit diesem ins Einvemehmen setzen, ob er eventuell bereit ware, ein Extra-Ordinariat anzunehmen, denn, wie es in dem Schreiben yom Prof.Meinong heiBt, ist nur Aussicht, ein ExtraOrdinariat zu erlangen. Abert ist 40 Jahre alt, musikalisch tiichtig gebildet, klassischer Philologe, schrieb ein wertvolles Buch tiber die Lehre yom Ethos in der griechischen Musik525 und ein gleichwertiges tiber die Musikanschauung des Mittelalters und ihre Grundlagen526 . Eine sehr verdienstvolle, ~fulare Schrift ist die tiber Schumann in der Sarnmlung beriihmter Musiker 2 • In der Geschichte der Oper des 18.Jahrhunderts ist er besonders zu Hause und hat sich auch a1s Herausgeber einer Oper von Jomelli in den ,,Denkmalem Deutscher Ton524. 525. 526. 527.
BriefNr.197. Leipzig 1899. Halle 1905. Abert, Robert Schumann (Sammlung beriihmter Musiker Bd.l5), Berlin 19031•
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kunst,,528 bewahrt. Neben einer Reihe kleinerer historischer Abhandlungen aus der neueren Musikgeschichte beschaftigt er sich jetzt tiber Vorschlag des Vorstandes der Gluck-Ausgabe (dem auch ich angehore), mit den Vorarbeiten zu einer groBen Biographie von Gluck529. Er ist also ein universaler Musikhistoriker und in der modernen Musik vollkommen zu Hause. Ftir das Extra-Ordinariat komrnen des weiteren in Betracht: Arnold Schering in Leipzig und Richard Wallaschek in Wien. Schering530 ist 34 Jahre alt, in der Komposition und im Violinspiel ausgebildet und hat sich auf dem Gebiete der Bachforschung mit einigen k1eineren Arbeiten eingestellt531 , ist auch Herausgeber des Bach-Jahrbuches532. Sein eigentliches Gebiet sind die Geschichte des Instrurnentalkonzertes und des itaIienischen Oratoriums. Da hat er rnehrere Abhandlungen und zwei selbstandige Schriften533 veroffentlicht. Auch in der Herausgabe von DenkmaIern hat er sich bewahrt. 534 1907 habilitierte er sich an der Leipziger UniversiUit und ist jetzt, wie ich glaube, zum Professor Extra-Ordinarius emannt worden. 535 Von Richard Wallaschek lege ich hier ein Verzeichnis seiner Schriften bei, das auch einige Daten tiber sein Leben enthaIt. Da die Komrnission besonderen Wert auf die neuere Geschichte legt, so ist Wallaschek ernstlich in Betracht zu ziehen mit Rticksicht darauf, daB er sich mit der Geschichte der Oper des 18. und 19.1ahrhunderts beschaftigt hat,536 als ernster Kritiker auch die anderen Kunstgattungen dieser Zeit gentigend kennen zu lemen Gelegenheit hatte und die wissenschaftliche Literatur dieser Zeit - wie aus seinen tibrigen SChriften sich ergibt - durchgearbeitet hat. Seine Arbeiten auf 528. Niccolo Jomelli, Fetonte, hg.v.Hennann Abert, Denkmiiler Deutscher Tonkunst I, Bd.32J33, 1907. 529. Abert verfaBte zwar einige Artikel tiber Glucks Werk, aber keine Biographie des Komponisten. 530. Arnold Schering (1877-1941), Musikwissenschaftler, spiiter Professor in Leipzig, Halle und Berlin. 531. Z.B.Schering, Bachs Textbehandlung, Leipzig 1900. 532. Von der Neuen Bach-Gesellschaft seit 1904 herausgegeben, von Schering redigiert.
533. Schering, Geschichte des InstrumentaI-Konzertes bis auf die Gegenwart, Leipzig 1905; Geschichte des Oratoriurns, Leipzig 1911. 534. ZB. Johann Adolf Hasse, La Conversione di Sant' Agostino, hg.v.Arnold Schering, Denkrniiler Deutscher Tonkunst I, Bd.20, 1905. 535. Schering wurde erst 1915 zum a.o.Professor ernannt. 536. S.Anm.506.
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dem Gebiet der Psychologie und Asthetik der Tonkunst537 wiirden dann auch fiir seine LehrUitigkeit ein erhohtes Relief gewahren. Endlich mOchte ich zwei junge Osterreicher namhaft machen, die ich mit ruhigem Gewissen fiir eine akademische Ta.tigkeit empfehlen kann: Dr.Erwin Luntz und Dr. Robert Haas538 . Luntz ist der Sohn des verstorbenen Professors der kirchlichen Architek539 tur an der Akademie der bildenden Ktinste in Wien, ist 33 Jahre alt, hat sowohl das juridische als das philosophische Doktorat abgelegt (Haupfach Musikwissenschaft) und ist derzeit Beamter an der Akademie fiir Musik in Wien. In den ,,Denkrnalern der Tonkunst in Osterreich" veroffentlichte er zwei Bande, Georg Muffat, "Concerti groSSi,.s40 und Biber, "Violinsonaten,.s41 mit Einleitungen und Revisionsberichten. Kleinere biobibliographische Studien erschienen an verschiedenen Orten. Er ist jetzt mit einer Geschichte der Violinsonate im 17.Jahrhundert542 beschaftigt, ailerdings von seinen Arbeiten in der Akademie so in Anspruch genommen, daB, wenn er nicht zur Entfaltung einer akademischen Tatigkeit kommen kann, die Aussichten sich immer mehr trliben, daB dieser begabte junge Mann wissenschaftlich ersprieBlich weiterarbeiten kann. Er ist auch Lehrer der Musikgeschichte an der Kirchenmusikschule der Akademie. 1m musikhistorischen Institut hat er in den Jahren 1905 und 1908 Kurse tiber die Ausfiihrung des Basso-Continuo gehalten. Es tritt bei Luntz noch ein erschwerender Umstand ein fiir die Moglichkeit einer Berufung nach Graz. Sein Gehalt, seine Remunerationen und Honorare an der Akademie belaufen sich in den letzten Jahren auf tiber K 6000. Da ein Extra-Ordinariat nur mit K 4400 ausgestattet wird und er als Familienvater auf eine Verringerung seines Einkommens schwer eingehen konnte, so dtirfte seine Bestellung auf budgetare Hindernisse stoBen. Uber Dr. Haas lege ich ein Curriculum vitae bei. Wenn die Kommission 537. Z.B.Waliaschek, Psychologie und Pathologie der Vorstellung, Leipzig 1905; ders., Asthetik der Tonkunst. 538. Robert Haas (1886-1960), 1908/09 Adlers Assistent am Musikhistorischen Institut der Universitat Wien, 1909 bis 1914 Kapellmeister in verschiedenen deutschen Stlidten, spiiter Professor an der Wiener Universitiit. 539. Victor Luntz (1840-1903), Professor fur Architektur (nicht, wie Adler angibt, fur kirchliche Architektur) an der Akademie der bildenden Ktinste in Wien. 540. Georg Muffat, Instrumentalmusik, Bd.I, hg.v.Erwin Luntz, Denkmiiler der Tonkunst in Osterreich, XIl2 (Bd.23), 1904. 541. Heinrich Franz Biber, Violinsonaten, Bd.II, hg.v.Erwin Luntz, Denkmiiler der Tonkunst in Osterreich, XI112 (Bd.25) 1905. 542. Diese wurde jedoch nicht publiziert.
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auf diese Herren auch reflektiem wollte, so ware ich bereit, die betreffenden Publikationen, insbesondere die erst jetzt erschienene des Dr.Robert Haas, die eine groBe historische Einleitung bringt, einsenden zu lassen. Das Resume ergabe folgenden Tema-Vorschlag, wie ich ibn mir denke: 10 loco Hermann Abert, no et aequo loco - Schering und Wallaschek rno et aequo loco - Luntz und Haas. Guido Adler Wien, 18.Marz 1911 Graz,20.Marz 1911 203 Lieber Freund! Ich beeile mich, Ihnen, ehe Sie Wien verlassen, fUr Ihr ausfiihrliches und fUr uns so forderliches Gutachten schonstens zu danken. SchlieBt die Kommission sich Ihrer Auffassung der Sachlage an, dann scheint eigentlich die Entscheidung zugunsten Wallascheks in viel engiiltigerer Weise getroffen, als ich auf Ihren vorigen Brief bin vennutet hatte. Denn den beiden Erstgenannten Threr Liste fehlt die im Ministerium bekanntlich sehr geschatzte Eigenschaft, Inlander zu sein, - den beiden Letztgenannten fehlt die Habilitation, yom okonomischen Moment bei Dr.Luntz ganz abgesehen. Kommissionsberatungen tinden, wie Sie mit Recht vennuten, wahrend der Ferien nicht statt, sodaB Sie jedenfalls wieder in Wien sind, wenn wir, was kaum ausbleiben wird, die uns von Ihnen so freundlich gebotene Gelegenheit, noch weitere Auskunfte zu erbitten, benutzen konnen. Furs erste wiinscht recht gute Ferienreise, nochmals dankend, Ihr herzlichst griiBender A. Meinong
204 Wien, 23.Marz 1911 Lieber Freund! Vor der Abreise noch ein Wort: die Einbeziehung Wallascheks erfolgt gerade mit Rucksicht auf Ihren Wunsch, neue Musikgeschichte in den Vordergrund zu stellen. Ich glaube auch, daB die Kommission dabei gut fahren wird. Etwas anderes, wenn Sie altere Geschichte besonders mit einbeziehen wollten. Damit ist kein Frontwechsel vollzogen, sondem die Berucksichtigung Threr Wunsche in den Vordergrund gestellt. Ich stehe naturlich auch weiter gem zur Verfiigung, glaube mit meinem Schriftstuck Thren Intentionen zu begegnen. - 978-90-04-45828-4 Downloaded from Brill.com03/29/2023 12:29:38PM via Western University
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Schade, daB ich nicht in Graz Station rnachen kann. Vielleicht sehen wir uns in Wien. Herzliche GruBe von Haus zu Haus fur getreuer G.Ar.
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Unterburg, Post Klopeinersee, Karnten 29.August 1911
Lieber Freund! fure freundliche Karte543 hat mich an eine Unterlassungsstinde erinnert, die ich aus Graz mit hierher gebracht habe und wegen allerlei Abhaltung dann auch hier nicht so rasch los werden konnte als ich wtinsehte: ich meine nattirlich das Weitere und Nahere tiber den Musikvorschlag, tiber den ich, selbstversUindlich vertraulich, folgendes zu berichten habe: Es ging einmal wieder "ganz anders". Zuerst also wurden von verschiedenen Kommissionsmitgliedem verschiedene Erkundigungen eingeholt. Ftir uns wurde die Arbeit nicht schwer, denn die Bescheide, die einliefen, zeigten erfreuliche Ubereinstirnmung. Auf noch nicht Habilitierte brauchte nicht Rticksicht genommen zu werden, da sich aus bereits akademiseh Tatigen eine ganz nette, sogar tibervolle Tema ergab. Die Kommission beschloB: primo Abert, secundo Kreyer [SiC]544 - bitte orthographische Fehler zu entschuldigen, ich habe nur den Klang der Namen irn Gedachtnis - tertio Schering und Wallasehek ex aequo. Wir dachten nattirlich: Wallaschek wird's. Nun muBte aber doch die tibliche Frage wegen Annahme der eventuellen Berufung gestellt werden: an Wallaschek schrieb ich selbst. Erst kam eine Weile nichts: Wallaschek war zur Zeit meiner Anfrage auf einer Pfingstfahrt gewesen. Dann sehr liebenswtirdiger Ausdruck der Bereitwilligkeit, nach Graz zu kommen, - aber nur als Ordinarius, da Gehalt des Extraordinarius gegentiber seinen gegenwartigen Einktinften ein Mehr bedeute, das den Entgang des Wiener Aufenthaltes nicht aufwiege. Man kann ibm das nattirlich sehr gut nachfiihlen; wir aber waren vermOge der Daten, die die Aktion anregten, nur auf den Extraordinarius geaicht, hatten unter dieser Voraussetzung Verhandlungen begonnen und Zusagen erhalten etc. Kurz, es blieb nichts tibrig, als daraufhin Wallaschek eben aus dem Vorsehlag auszuseheiden und die drei tibrigen in obiger Folge vorzuschlagen, was in der letzte Sitzung denn auch angenommen wurde. Was nun weiter gesehehen wird, ist mir nattirlich vollig dunkel. Als auBerwissensehaftliches Hauptereignis unseres Hauses ist nattirlich zu 543. 1m Meinong-NachlaB nicht vorhanden. 544. Richtig: Kroyer.
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verzeiehnen, daB der Sohn Ernst am 19.August als leibhaftiger k.u.k.Fahnrieh angeriiekt kam. Den Abend des 18. wollte er dazu verwenden, sieh dem Hause Adler in seiner neuen Herrliehkeit zu prasentieren und zum Abschied noeh fUr alles Freundliehe zu danken, was er wahrend seiner AnstaItszeit in diesem Hause enahren hat. Uns hatte er von dieser Absieht niehts mitgeteilt und war sehr enWiuscht, als er vor verschlossene Tiiren kam. Ich benutze diese Gelegenheit, seine besten Abschiedsempfehlungen - er kommt nach Gorz - zu iibermitteln und zugleieh den allerherzliehsten Dank der Eltern beizuschlieBen. Von Ihnen aber wiinschte ieh recht sehr, etwas mehr zu wissen als auf eine Karte geht. Irre ieh nieht, so hatten Sie ja urn Ostern so was wie ein Weltreise vor. Wie ist alles gegangen und wie geht es jetzt Ihnen, den Ihren und der Wissenschaft? Bis etwa haIben September trafe ein Brief mieh noeh unter obiger Adresse,- dann in Graz. In der Hoffnung aufbaIdige gute Nachriehten griiBt herzlichst in Treue Ihr A.Meinong
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Villa WaIdessaum, Obertressen Aussee in Steierrnark 6.September 1911
Lieber Freund! Gratuliere zum Hihnrieh - niirnlieh dem Sohn des Generals der Philosophie. Bedauern, daB wir ihn nieht mehr gesehen baben - allein am 18.August waren wir schon liingst ausgemustert. Vielleieht kommt er als Leutnant nach Wien - er wird uns stets willkonnnen sein - in Uniform oder in Zivil. Ich war in London545 und sende Ihnen von Wien aus (wohin ieh im Oktober gehe) einen Berieht,546 der schon im Juni ersehienen ist, mir aber derzeit nieht zur Verfiigung steht. Ich stecke in Editionsarbeit547 - ein Teil schon gedruekt, der SehluB noeh nieht fertig. Heikle Situation. Ich hoffe, im November fertig zu sein. Also es kam anders mit dem Vorschlag. Kroyer und Sehering habe ieh wohl genannt, allein, da Sie das Sehwergewieht auf neuere Musik legten, nieht in die Terna einbezogen. Luntz und Haas waren gerade so geeignet. 545. Adler hatte am Londoner KongreB der Internationalen Musikgesellschaft (29.V.3.VI. 191 I) teilgenommen. S.dazu: Report of the fourth Congress of the International Musical Society, London, 29th May - 3rd June, 1911, London 1912. 546. Adlers Artikel ,,Londoner Musiktage", in: Neue Freie Presse, 14.VI.l91l, Morgenhl., S.lff. 547. Zu ,.Der Stil in der Musik".
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Kann rnir denken, wie Sandberger von Munchen bombardiert hat - der arbeitet nur fur sich und seine ,,Leute,,.548 Ubrigens ist Kroyer ein tuchtiger und wie ich anneiune oder vermute - man muB bei den Kollegen vorsichtig sein! - auch netter (ansUindiger) Mann. Mit W[a1laschek] verhalt sich die Sache nicht so, wie er angegeben hat. Er hat, wenn ich nicht irre, nur 2000 Kronen, wiirde daher sehr gut fahren, wenn er nach Graz fuhre. Jetzt werden seine Gonner arbeiten und froh sein, ibn als Extraordinarius hinzubringen - wenn die Fakultat einverstanden ist. So denke ich rnir den Ausgang des "dunkeln Ratschlusses". Seien Sie und [lhre] verehrte Frau Gemahlin herzlichst gegruBt von rnir und den Meinen. Ihr getreuer G.Ar.
GrUBe auch an den Herrn Fahnrich. Graz,4.November 1911 207 Lieber Freund! Verzeihen Sie, daB ich des diesmal etwas akut hereingebrochenen Semester-Anfangs halber erst die Feiertage benutzen konnte, von Ihren interessanten Londoner Neuigkeiten Kenntnis zu neiunen, und so auch meinen Dank fiir das freundliche Separatum549 erst jetzt abstatte. Die Musikhistoriker haben's aber auch gut, und daB die EngUinder nette Leute sein konnen, das kann ich auf Grund meiner Erfahrungen in philosophicis nur bestatigen, - und zwar nicht erst seit, und nicht nur darurn, wei! sie gerade dabei sind, eine englische Ausgabe meiner ,,Annahmen" zu veranstalten. Ubrigens sind die Amerikaner auch nicht ubel, und ware ich nur etwas untemeiunender, als ich eben bin, so konnte rnich's nicht wenig locken, ubers Jahr zum PsychologenKongreB550 uber das groBe Wasser zu fahren. Kosten namJjch, meinte der angehende KongreBprasident anlaBlich seiner Einladung, muBte rnich die Sache gar nichts: ich brauchte nur eine kleine Vortrags-Tour in ein paar amerikanische Universitatsstadte damit zu verbinden, urn die Kosten hereinzubringen. Ja wenn man junger ware! So entschlagt man sich lieber solcher modernen Romantik und ist am Ende ganz zufrieden, wenn man zu Hause was von der Stelle bringt. Hubsch ware es aber, wenn Sie einma1 wieder in Graz was zu tun hatten, und zwar Wher, als die ungedruckten Londoner Details wieder vergessen sind. 548. Kroyer war Sandbergers SchUler, Schering hatte ein Semester bei ihm studiert. 549. S.Anm.546. 550. Es bestanden Plane, 1912 den Intemationalen KongreB flir Psychologie in den USA (Yale-University) abzuhalten. Das Unternehmen wurde jedoch schlieBlich abgeblasen.
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Bei uns ist alles in Ordnung. Der ,,Herr Hihnrich" ist mit Gorz und der librigen Welt dauemd sehr zufrieden. In der Hoffnung, daB auch bei Ihnen alles gut steht, dankt nochrnals und griiBt schonstens in alter Treue A.Meinong Wien, 14.Novernber 1911 208 Lieber Freund! Freue mich mit der Ausbreitung Ihrer Forschungsergebnisse auch jenseits des groBen Wassers. Nach Amerika gehen wir zwei also nicht - auch mich suchte man zu locken. Ich bin aber nicht zu haben. Mochte auch nur noch etwas vorwfuts briogen - in stiller Arbeit. Leider ziehen mich meine wissenschaftlichen Untemehmungen mehr davon ab, als rnir lieb ist. In 2 Wochen erhaIten Sie den I.Band meines "Sti! in der Musik". Gestatten Sie die ,,Annahme", daB Sie daran Kritik und Nachsicht liben. Ferner gestatten Sie, daB ich Sie oder Ihre verehrte Frau Gemahlin bitte, sich fUr die vermogenslose Farnilie (Frau und zwei unversorgte Tochter) eines vor wenigen Tagen verstorbenen Mannes verwenden, der der Bruder eines meiner besten Freunde551 ist; Herr Ladislaw Dlabac war Beamter in der Aktienbrauerei Reininghaus und da gibt es eine Witwe des verstorbenen Chefs und VerwaItungsrate, die der armen Farnilie eine Subsistenz gewahren konnten (aus dern Versorgungsfonds der Gesellschaft). Vielleicht haben Sie beide Beziehungen mit einer dieser einfluBreichen Personlichkeiten oder raten rnir, an wen und durch wen ich mich an eine solche wenden konnte. Sie taten ein gutes Werk. Denn der Bruder des Verstorbenen ist auch Beamter und daher nicht in Verhliltnissen, urn die ganze Farnilie erhaIten zu konnen. Entschuldigen Sie die Belastigung. Sie sehen, man hat mancherlei in der Welt zu besorgen. DaB Ihr lieber Sohn zufrieden ist, liegt in seiner guten Natur. Seien Sie beide herzlich gegriiBt von Ihrern treu ergebenen Guido Adler 209 Graz, 2.Dezember 1911 Lieber Freund! Der Umstand, daB Ihre Frage bis heute unbeantwortet blieb, hat Ihnen ohne Zweifel die auch in sich plausible Vermutung nahegelegt, daB unsere Be55 I. Der erwiihnte Freund Adlers war MinisteriaIrat Friedrich Dlabac (spater GeneraIsekretar der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien).
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ziehungen zu den Grazer geldhabenden Kreisen nicht eben sonderlich enge sei m&hten. In der Tat haben wir nur eine rnittelbare Beziehung herausfinden konnen, mit deren Hilfe wir zur Wissenschaft gelangt sind, daB die Witwe des einstigen Brauereibesitzers Reininghaus552 , Frau Therese Reininghaus, Graz, Metahofgasse, eine sehr hilfsbereite Dame sein soll. Die erwahnte Mittelsperson meint ferner, daB wenn Sie sich direkt an Frau Reininghaus wenden wollten, dies die besten Aussichten auf Erfolg hiitte. Ich beeile mich daher, Ihnen dies freilich recht bescheidene Ergebnis unserer Nachforschungen mitzuteilen. Der in Ihrem letzten Briefe formulierte EntschluB, daB wir beide nicht nach Amerika gehen wollen, muB jenseits des atlantischen Ozeans bereits bekannt geworden sein: wenigstens hat rnir in einem heute eingelangten Brief53 schon wieder ein amerikanischer Fachgenosse einen langeren Grazer Besuch fUr das nachste Jahr in Aussicht gestellt. Was mich daran besonders freut, ist dies, daB es so ziernlich der namhafteste von den jiingeren engIisch publizierenden Werttheoretikem ist.554 Mit besten Ferien- und Jahreswiinschen von Haus zu Haus griiBt schonstens Ihr getreuer AMeinong
210 Graz, 29.Dezember 1911 Lieber Freund! Vielen Dank fUr die hocherfreuliche Weihnachtsiiberraschung, die Sie rnir durch Ihr so wertvolles Geschenk bereitet haben. Sie haben rnir ja gelegentlich von der neuen Stillehre geschrieben und mich darauf schon sehr neugierig gemacht: aber so nahe bevorstehend hatte ich rnir die Publikation doch nicht gedacht. Leider ist, wie Sie wissen, fUr Menschen, die Instituten vorstehen, 552. Johann Peter Reininghaus (1818-1901), Begriinder der Bierbrauerdynastie. 553. Wilbur M.Urban, Brief an Meinong v.20.x1.l91 I, VB Graz, Meinong-NachlaB, Karton LXIV, Nr.7239. 554. Dabei hande1te es sich urn Wilbur M.Urban, Professor fUr Philosophie am Trinity College, Hartford, Connecticut, USA. Dieser war als Student in Jena durch Zufall auf Meinongs ,,Psychologisch-ethische Untersuchungen zur Werttheorie" gestoBen, welche ihn in ihren Bann zogen und zutiefst beeinfluBten (S.dazu, Urban, Valuation, its Nature and Laws, London 1909). Meinong selbst bezog sich auf Urbans Arbeit in der 2.Aufl. der ,,Annahrnen" (Alexius Meinong Gesarntausgabe, Bd.IV, S.XXV, 162, 309, 325). Urban fallt auch das Verdienst zu, die Osterreichische werttheoretische Schule in den USA bekannt gernacht zu haben. Er kam irn Friihjahr 19I3 tatsachlich nach Graz und diirfte dort wahrscheinlich bis zurn Ende des Sommersernesters geblieben sein.
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der JahresscbluB keine ganz einfache Zeit, und so muS ich, so schwer mir die Enthaltsamkeit wird, erst noch durch ,,lnventarialveranderungsausweise", Rechnungen und ahnliche Dinge in sehr indirekter Weise der Wissenschaft dienen, ehe ich mir gestatten darf, mich in das eingehendere Studium Ihres Buches zu vertiefen. Uber die Hille des Verarbeiteten und Erarbeiteten freilich laBt auch schon der fliichtigste Durchblick keinen Zweifel auskomrnen: falls also nur mein historisches Wissen nicht allzu liickenhaft ist, darf ich mir reichste Anregung und Forderung von der Lektiire erhoffen. Nehmen Sie dafiir im voraus meinen herzlichsten Dank. Die Weihnachtsferien sind bisher ganz befriedigend verlaufen, nur war und ist, zum ersten Male seit 19 Jahren, - kein Ernst dabei. Der konnte keinen Urlaub kriegen, weil die dienstruteren Offiziere den Vorrang hatten und er iiberdies erst vor wenigen Monaten beurlaubt war. Doch scheint es ibm trotzdem ganz vergniiglich ergangen zu sein: er war hintereinander bei 3 Christbaumen beteiligt. In der Hoffnung, daB auch flir Sie das Jahr nicht nur ,,stil"-voIl, sondem auch sonst in allem Wichtigen befriedigend abschlieBt, sendet herzlichste Wiinsche pro 1912 und nochrnals schonsten Dank in alter Treue A.Meinong
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Wien, 11.Janner 1912 Lieber Freund! Fiir heute nur dankbare Bestatigung Ihrer freundliclien Briefe. Moge das Buch Ihren Erwartungen entsprechen! Wie gem mOchte ich denn mit Ihnen dariiber sprechen. Mit besten GrUBen von uns an Sie beide Ihr herz1ichst ergebener G.Ar.
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Graz, 14.November 1912 Lieber Freund! Es ist nicht meine Schuld, wenn Gegenwartiges Ihnen zu einiger Berniihung verhelfen soIlte, von der ich nicht zu garantieren vermag, daB sie sicher lohnend sein wird. Unser verflossener InarnIich in Pension befindlicherl Physiker Pfaundler555 schickte mir, hoffentlich aus Zutrauen auf meine Musikeigenschaften, den mir bisher persOnlich ganz unbekannten Dr.med.KarI Lak555. Leopold Pfaundler von Hadermur (1839-1920), erner. ProfesSlX' dec Universitat Graz.
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ker, der einst als gesuchter Laryngologe durch seine Geschicklichkeit und Unvertraglichkeit viel von sich reden rnachte, sich dann, Details weill ich nicht, als Arzt diskreditiert haben solI, jedenfalls, ich kann wieder nicht beurteilen, inwieweit durch sein Verschulden, die Venia an der Universitat verloren und offenbar auch viel an Praxis eingebtiBt hat, sonst hatte er kaurn Zeit gehabt, sich auf Intervallentheorie zu legen, die ihn dann, was ich tibrigens sehr wohl nachftihlen kann, nicht mehr losgelassen hat. Soviel ich seinen Mitteilungen entnehme, hat ihn namentlich der alte und im "OktavenmaB" ja tatsachlich bewiihrte Gedanke der logarithmischen Bestimmung der Intervalle zu weit ins Detail gehenden Aufstellungen gefiihrt, durch die er auch der haarigsten der einschlagigen Fragen Herr geworden zu sein behauptet und fUr die er sich, wie das dann gewohnlich geschieht, weitgehende didaktische und sogar rnusikpraktische Erfolge !z.B. mittels einer neuen Notenschriftl verspricht. Daran wird sicher viel tiberschiitzt sein, namentlich an praktische Verwendbarkeit glaube ich nicht: aber theoretisch konnten die, soviel ich sehen konnte, jedenfalls emsthaft und sorgfaItig durchgefiihrten Arbeiten gar wohl ihren Wert haben und sein Wunsch in Betreff Publikation Berticksichtigung verdienen. Schon der vielen ttibrigens an Luxus und Liebhaberein keinesfalls errnangeJnden/ Tabellen wegen ware auf einen Verleger ohoe Subventionierung nicht zu rechoen und urn diese Subventionierung ist ibm nun eigentlich zu tun. Die Wtirdigkeit naher zu prtifen, ist nattirlich nicht Sache meiner Kornpetenz: urn so mehr von Amts und Rechts wegen Sache der Threno So konnte ich ihm nichts Besseres raten, als sich mit seinern Anliegen an Sie zu wenden in der Hoffnung, daB Sie, wenn Ihnen die Arbeit es zu verdienen scheint, etwas bei der Wiener Akademie oder sonst wo einzufadeln in der Lage sein wtirden. Er mOchte Ihnen also den Fall personlich vorlegen und wird sich rnutmaBlieh in der nachsten Woehe bei Ihnen anfragen, wann er zurn Zwecke einer Unterredung naeh Wien fahren konnte. Also bitte, wiinschen Sie mieh nieht allzu kraftig ins Pfefferland: ieh glaube, daB ieh gewissenhafterweise nieht wohl anderes tun konnte. Versprechungen habe ieh ibm in Ihrern Namen natiirlieh nieht irn allergeringsten gemacht, meinte nur, ihn im allgemeinen Ihres guten Willens und freundliehen Entgegenkommens versichem zu dtirfen. Von uns ist gliieklieherweise niehts Sonderliehes zu beriehten. Sollten Sie tiber das Sommerwetter geflueht habeD, so dient es Ihnen hoffentlich zur nachtragliehen Genugtuung, daB wir dasselbe taten. Aueh sonst geht die Arbeit ,,munter fort": eben habe ieh einen neuen Privatdozenten habilitiert und denke ernstlieh daran, in diesern Semester noeh einen zweiten zu habilitie-
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ren. 556 Sohn Ernst hat sieh einiges an Ferienurlaub herausgeschlagen und bewacht jetzt die itaIienische Grenze in Anbetracht dreibundlieher IntimiUit557. Immerhin hat der politische Horizont, der aueh sonst nieht gerade lustig anzusehen ist, yom familienvaterliehen Standpunkte aus noeh manehes ganz Besondere an sieh. Sie haben's in dieser Hinsieht noeh gut fUr eine Welle. Ieh wUBte aber gem, ob, und hoffe sehr, daB Sie's aueh sonst gut haben - etwa von Dr.Lacker abgesehen. Bitte also wOmOglieh urn Verifikation. AuBerdem sendet beste Empfehlungen und GrUBe von Haus zu Haus Ihr getreuer AMeinong 213 Wien, 19.November 1912 Lieber Freund! ,,Thr Wunsch ist mir Befehl!" -lautet die Devise. Dr.Lacker mOge kommen, und ieh will mit ibm die Sache besprechen. Aufriehtig gesagt habe ieh fUr derlei mathematische Berechnungen, die sieh in die Praxis urnsetzen wollen, nieht viel ubrig. Derlei Dinge tauehen immer wieder auf - ohne Nachwirkung noeh Einwirkung. Werden sehen, was sieh tun laBt. Fur Thren lieben Sohn, der sicherlich kriegsmutig ist, ist der Zustand nieht SO ungemutlieh, wie fUr die Eltern. Mein Sohn muB sieh nachstes Jahr stellen. Der heurige Sommer gab AnIaB zur Klage, besonders aueh fUr mieh, der ieh einige Zeit unwohl war. Doeh das Unkraut verdirbt noeh nieht. Meine Toehter hat uns aueh Sorgen gemacht - sie bereitet sieh zur Matura vor (aueh ein(e) Liebhaber-ei!) und hat sieh zu sehr angestrengt. Die Grazer Musiksache ruht wohl. Vielleieht kann ieh bald mit einem tuehtigen Privatdozenten dienen. Bei mir offnen sieh mahlieh die Sehleusen fUr Habilitationen. Bisher: Bern, Krakau, Lemberg;558 in Prag sitzt ein fiiiherer Sehuler559 als Ordinarius. 556. Ernst Mally (1879-1944), Meinongs Nachfolger in Graz, und Hans Pichler (18821958), spilter Professor an der Universitat Greifswald. 557. Am 5.XII.l912 wurde der Dreibundvertrag zwischen Osterreich-Ungam, Deutschland und ltalien erneuert. 558. Bern: Ernst Kurth (1886-1946), einst Schiller und Assistent Adlers, habil. 1912 an der Universitat Bern. Krakau: Zdzislaw lachimecki (s.Anm.523) hatte bei Adler in Wien dissertiert, habi1.l910111 an der Universitiit Krakau. Lemberg: Adolf Chybinski (s.Anm.523), der jedoch vor aHem bei Sandberger und Kroyer studiert hatte, habil.1912 an der Universitat Lemberg. Adler war Mitglied der Habilitationskommissionen. 559. Rietsch.
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Wir griiBen Sie beide herzlichst. Ihr allzeit getreuer Guido Adler Vielleicht kommt bald ein junger Mann (Musikethnologe) zu Ihnen, urn Musikpsychologie zu betreiben (fUr ein Semester).560
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Villa Waldessaum561 Bad Aussee, 23.Juli 1913
Lieber Freund! Eine Verspatung urn 8 Tage bei so1chem AnlaB562 ist unentschuldbar, besonders merkwUrdig, da ich daran gedacht habe, mich nur im Datum verrechnete. Ich war auf Reisen, Dresden - MUnchen usw. und da ich in die Villegiatur komme, merke ich im Kalender die Verrechnung. ,,0 guter lieber Alexius verzeihe mir" - auch wenn wir am SiefuB sind. Zu wUnschen bleibt nichts Ubrig: Sie sind geistig frisch, wie ein 16jahriger JUngling, dabei von einer gesegneten Produktivitat. Eine Hebe gute hochzuverehrende Gattin, einen braven tapferen Sohn und sonst keine Sorgen. Herz, was verlangst Du mehr! (DaB mir bei diesem AnlaB das Duzen nicht aus der Feder will!) Die von Thren Schtilem gesammelten Schriften werden Sie wohl erhalten haben. Schade, daB ich nicht dazugehore. Allein neben dem Freunde haben Sie in mir einen aufrichtigen Verehrer. Und daB ich mich zu Ihren Freunden ziihlen darf, ist mir eine wahre Genugtuung. So umarme ich Sie denn in alter treuer Freundschaft und sende Ihnen und Ihren Lieben unsere herzlichsten FestgruBe. Bitte fUr die nachsten 36 Jahre - so lange stehen wir uns nahe - auch Ihre gtitigen Gesinnungen - selbst wenn ich nicht mehr sein sollte! Ihr allzeit getreuer Guido Adler Graz, I8.August 1913 215 Lieber Freund! Vielen Dank fUr Ihre so freundschaftlichen Zeilen. War nun einmal das Schicksal unverrneidlich geworden, 60 Jahre auf den allfalligen weiteren Le560. Adlers Schiiler Erwin Felber (1885-1964), der sich mit der Erforschung von exotischer Musik beschaftigte. Er war spater Dozent an der Wiener Musikakademie und ab 1920 Musikkritiker bei der Wiener Morgenzeitung. 561. Nicht in der Hoflechner/Kernbauer-Ausgabe der Adler-Briefe enthaIten. Gefunden in: UB Graz, Meinong-NachlaB, Karton LXVI, Nr.7577. 562. Meinong hatte am 17.vn.1913 seinen 6O.Geburtstag gefeiert.
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bensweg mit sich tragen zu mussen, so konnte nichts geeigneter sein, dieses Schicksal ertraglich und besagte Last noch fur eine Weile traglich zu gestalten, als was rnir anlliBlich dessen von lieben Freunden und Fachgenossen zuteil geworden ist, - wobei ich die junge Generation der Fachgenossen nur sehr undankbarerweise an letzter Stelle rangieren durfte, nachdem sie !nlimlich das Seminar! schon etwa 2 Wochen vor dem eigentlichen Schicksalstag eine sehr nette Feier veranstaltet hatte. Auch besagter Schickalstag gestaltete sich so erfreulich, daB ich das 60-Jahre-Werden nur jedermann aufs beste empfehlen konnte. Nur weil dann das 60-Jahre-Sein so unvenneidlich folgt, mag es doch besser sein, sich mit der Sache moglichst Zeit zu lassen. Als einen Vorteil des erwlihnten Werdens habe ich es auch verspurt, daB man da Gelegenheit hat, zu publizieren, ohne dadurch sonderlich bemuht zu sein: Bd.II der "Gesamrnelten Abhandlungen,.s63 wurde rnir wirklich in aIler Form uberreicht, und er wird dann auch den Band I nach sich ziehen, ohne daB ich notig hatte, dazu einen Finger zu ruhren. Schade, daB auch das nur einmal vorkommt und ich mich fur das nachste Buch wieder tUchtig plagen muB, derart, daB in diesem Jahre mOglicherweise jede sommerliche Reise entfaIlen muB. Damit haben Sie es in Threr Uindlichkeit doch wieder einmal glucklich getrof'fen, und - mit Ihrem Geburtsjahr auch, das Ihnen gestattet, auf unsereins noch eine gute Weile mit Jugendstolz herabzusehen. Nur hof'fe ich zugleich, daB die mit solcher Jugendlichkeit verbundene Beweglichkeit, die Sie nun wieder durch neue Reisen betatigt haben, dem nunmehr endgiiltig als solches dekretierten ehrwurdigen Alter durch baldige und ofiere Wiederholung solcher Oberraschungen zugute kommen wird, wie die war, durch die Sie uns wlihrend der letzten Osterferien erfreut haben. Auf aIle Hille jedoch, ob fern oder nah, erbittet und erhofft sich unentwegte Fortdauer dessen, was sich zwischen uns nun wirklich uber ein Menschenalter hinaus bewlihrt hat, mit herzlichsten GruBen und Empfehlungen von Haus zu Haus in alter Treue Ihr A.Meinong
216 Wien, 1O.Mai 1914 Lieber Freund! Sie werden wohl schon durch Hofler von dem Ausgang der gestrigen Sit563. A.Meinong's Gesammelte Abhandlungen. Herausgegeben und mit Zusatzen versehen von seinen Schtilern. II.Bd.: Abhandlungen zur Erkenntnistheorie und Gegenstandstheorie, Leipzig 1913.
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. sem. . zung564 u"ber d'Ie philosophische Besetzungsfrage565 benachrichtIgt Primo et aequo loco: Kiilpe566 und Meinong567 , secundo loco: Meyer568 [sic]. Smnit ist eine alte Ehrenschuld der Wiener Fakultat getilgt. Der Kommission gehorte ich nicht an, ich konnte mein Pulver fUr das Plenum trocken halten und habe davon endlich Gebrauch gemacht. Ob Sie einem Rufe des Ministeriurns Folge leisten wollen, mOchte ich von ganzem Herzen wiinschen. Ob ich es hoffen darf, ist eine andere Frage, die ich nicht zu stellen habe. Ich kann nicht einmal sagen, ob ich es fiir Sie, teurer Freund, zu wiinschen hlitte, wohl fUr mich und die Universitat. Ich stelle rnich dabei in den Vordergrund, denn Sie waren einer detjenigen, die ich als Kollegen schatzen und lieben konnte. Der Rest ist Schweigen, und ich setze mit Cordelia569 hinzu: Lieben. Ja, man erlebt viel, und die akademischen VerhaItnisse sind heute ein Spiegelbild der politischen. Nichtsdestoweniger schreite ich in meinen Arbeiten ruhig weiter, und wenn ich auch die Resultate keineswegs mit den Ihrigen in irgendeinen Vergleich ziehen kann, so kann ich mir doch sagen: an Redlichkeit der Bestrebung mOchte ich Ihnen gem gleich kommen. Das ist das Hochste, was ich Ihnen gegeniiber sagen darf. Mit den besten GruBen von Haus zu Haus Ihr altgetreuer Guido Adler 217
Graz, 9.Juni 1914
Lieber Freund! Zu meinem Schrecken bemerke ich soeben, wie sehr ich in Folge der Korrespondenzen und sonstigen Dringlichkeiten der letzten Zeit mit der Beantwortung Ihres letzten Briefes im Riickstande gebJieben bin. Ich hoffe indes, 564. Sitzung der PhFW am 9.V.1914. 565. Dabei wurde tiber den Vorschlag zur Besetzung der durch Jodls Tod vakanten philosophischen l.ehrkanzel entschieden (Sitzungsprotokoll PhFW v.9.V.1914, Vg.Pkt.lO, AUW). 566. Oswald Kiilpe (1862-1915), Philosoph und Psychologe, Professor an der Universitat Mtinchen. 567. Meinong erhielt mit 36 Ja-Stirnrnen das geringste AusmaB an Zustirnrnung (Kiilpe: 41, Maier: 46). 568. Richtig: Heinrich Maier (1867-1933), damals Professor an der Universitat GOttingen, spater in Heidelberg und Berlin. 569. Neben dem Bezug auf Shakespeares ,,Hamlet" (5.Aktl2.Szene) Anspielung auf ,,Konig Lear" (1.Aktl1.Szene). Dort sagt Cordelia "What shall Cordelia do? Love and be silent."
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Sie tiben auch diesmal Nachsicht und glauben insbesondere nicht, daB mich Ihr freundschaftlicher Anteil und Ihr neuerliches Eintreten fUr mich im KoUegium weniger herzlich gefreut hat. Ich muBte aus AnlaB dessen nattirlich besonders lebhaft jenes dreisamen Tages570 auf dem Semmering gedenken, der nun schon so weit in der Vergangenheit zurtickliegt. Schade, daB es sich damals nicht woUte machen lassen, und besonders traurig, daB, ehe es moglich wurde, sich erst zwei Graber571 schlieBen muBten, schlieBen noch dazu tiber einem Irrtum: ich habe und hatte niemandes Frieden gestOrt. Nun ist viel Zeit verloren und Alter macht bedenklich: wo ich einst ohne ZOgem zugegriffen hatte, da ist es mir nun eine Sache nicht eben leicht zu Ende zu fUhrender Erwagung, das zu treffen, was man dann vor den Mitmenschen und vor der Wissenschaft hoffen mag verantworten zu konnen. Immerhin nattirlich unter einer Voraussetzung, die zur Zeit noch unerfiiUt ist: ich mtiBte vor allen Dingen gefragt werden, fehlen mir doch aile Anhaltspunkte dartiber, was das Ministerium eigentlich vorhat. Vnd Sie wissen, daB ich vollige Passivitat in solchen Dingen jederzeit fUr das akademisch allein Statthafte gehalten habe. Was immer aber auch kommen mag, jedenfalls gereicht es mir zur groBen und dauemden Freude, daB nunmehr endgtiltig beseitigt ist, was nun doch seit Jahren ein inneres VerhaItnis zu jener VniversiHit getrtibt hat, von der mein Lebensweg einst ausgegangen ist. Lassen Sie mich darum insbesondere Ihnen als demjenigen, der als der erste in der Wiener Fakultat meine Sache gefUhrt und sie auch noch beim endliche Geliogen so tatig untersttitzt hat, aufs allerherzlichste fUr Willen und Tat danken in der Hoffnung, Ihrem guten Zutrauen im Verlaufe der Jahre keine Vnehre gemacht zu haben. DaB aber die Aussicht, Ihnen auch wieder raurnlich naher zu kommen, nicht der letzte der Grtinde ist, die mir die Eventualitat einer Wiener Berufung Wtinschenswert erscheinen lassen, des brauche ich Sie so wenig zu versichem wie meiner Zuversicht, daB der Semmering, soUte er wirklich nach wie vor zwischen uns bleiben mUssen, auch in Zukunft nicht trennen wird, was so viele Jahre Uberdauert hat. Mit schonsten GrUBen und Empfehlungen von Haus zu Haus in alter Treue Ihr AMeinong
570. Treffen Adlers, Meinongs und Olzelts am 21.XII.l901. Damals ging es urn Meinongs eventuelle Berufung nach Wien a1s Mach-Nachfolger. 571. Jodi und MOllner waren nun beide tot.
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Wien, 11.Juli 1914 Lieber Freund! Eben hore ich, daB Sie einen Antrag des Ministeriurns abschlagig beantwortet batten. 572 Wenn dem so ware, konnte ich es begreifen, so schmerzlich mich der Gedanke beriihrt, daB Sie nicht in meine Nahe riicken. Ich hatte das so sehr gewiinscht und mir von einer Tatigkeit hier groBen Segen erhofft. Allerdings wiirde ich rnir es heute auch uberlegen, den Platz zu wechseln. Die kurze Spanne Zeit, die uns noch zu produktiver Arbeit ubrig bleibt, ist zu kostbar, urn Re-Akkomodationen vorzunehmen. Und Wien ist heute ... Vielleicht sprechen wir dariiber mundlich. Sie sind allerdings der starke Charakter, der solche Widrigkeiten uberwindet und in der Erhabenheit Threr Lebensauffassung besiegen kann. Ich werde also Authentisches horen? Meine Frau ist derzeit zur Kur nach einer schweren Erkrankung, von der sie sich stetig erholt. Wir andem fahren Mittwoch nach Unterach am Attersee ,,Alpenheirn". Werden wir uns treffen? Thr Sohn ist wahrscheinlich schon Leutnant und verbringt die Ferien mit Ihnen. Empfehlen Sie mich Threr hochverehrten Gemahlin und seien Sie herzlichst gegriiBt von Ihrem altgetreuen Guido Adler
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Unterbach am Attersee, Osterreich 6.August 1914
Lieber Freund! Wie steht's mit Threm Sohnf73 Mein Sohn kommt beirn 2.Aufgebot. Welch schreckliche Zeiten! Meine Frau ist zu einer Kur in Wallischhof. Wir sind vorlaufig hier. Bleiben Sie in Graz? Mit besten Empfehlungen an Thre verehrte Frau Gemahlin griiBt Sie herzlichst Guido Adler
572. Meinongs Ablehnung bewirkte die langjiihrige Vakanz von Joeils Stelle, cia das Ministerium auch spatere Vorschllige der Fakultat, die reichsdeutsche Professoren beriicksichtigten, ablehnte. Vgl.dazu Sitzungsprotokoll PhFW v.lS.Xll.l917, Einlliufe und Mitteilungen des Dekans Z828, AUW. 573. Am 28.VII.l914 hatte Osterreich-Ungam dem Konigreich Serbien den Krieg er-
kIm.
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Graz, IS.September 1914 220 Lieber Freund! Da ich vennuten darf, daB Sie wegen der Stellung und militiirischen Ausbildung Ihres Sohnes nun jedenfalls schon wieder in Wien sind, berichte ich Ihnen tiber das mir gerade jetzt besonders gut bekannte Schicksal meines Sohnes unter Ihrer Wiener Adresse. Besagter Sohn narnJich weilt seit gestem in Graz, wo er ganz unerwartet mit einer loffenbar ganz unbedenklichenl Stichwunde am rechten Bein, auBerdem immerhin mit arger Magenverstimmung und einigem Fieber eintraf, das im Laufe des gestrigen Tages recht ansehnlich wurde, nach des Arztes Ansicht aber nichts zu bedeuten hat. Geholt hat er sich das alles in der zweiten Lemberger Schlacht574, die er teilweise, oder allenfalls auch schon zum Tell in der ersten575 , die er ganz mitgemacht hat. Man wird mit der Zeit erstaunlich anspruchslos, und so sind wir jetzt trotz der Begleitumstande von Herzen froh, daB er fUr ein paar Tage wieder da ist. Von uns A1ten ist nichts zu bemerken: was wir erleben, erleben Sie auch. In bester Zuversicht auf den Sieg der gerechten Sache sendet schonste GriiBe von Haus zu Haus in Treue Ihr AMeinong
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Wien, 18.September 1914 Lieber Freund! Wir begrii6en Sie beide und den jungen Heiden auf das herzlichste! Kann mir denken, wie tapfer der Brave und wie unerschrocken er in die Zukunft schaut. Nun kommt mein Sohn zur Stellung. Er ist Mediziner im 2.Jahr. Die Zeiten sind gar zu hart. Der intemationale Verkehr wird fUr unsere Lebenszeit wohl unterbunden sein. Schon geht unsere Intemationale Musikgesellschaft576 in Briiche. Jetzt werden wir mehr auf uns gestellt sein. - Bei unserer UniversiUit werden Vorkehrungen fUr das Semester getroffen. Bitte wieder einmal urn giitige Nachricht. Mit herzlichen GriiBen von uns an die Trias Ihr aufrichtig ergebener getreuer Guido Adler 574. 1.-lOXI.1914, erfolgloser Versuch der k.u.k.Armee, Lemberg zuriickzuerobern. 575. Schlacht v.26.-30.vm.1914, bei der Lemberg verlorenging. 576. Diese 1899 gegriindete internationale Vereinigung von Musikwissenschaftlern zerfiel, da die deutschen Musikhistoriker nach Ausbruch des I.Weltkrieges ihre Funktionen zuriicklegten (Adler, Wollen und Wirken, S.107).
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222 Wien, 1O.November 1914 Lieber Freund! DUrfte ich Sie bitten, rnir eine Zeile tiber den Filius zukommen zu lassen? Mein Sohn ist freiwillig zur Feld-Artillerie gegangen und dient in Salzburg. Gott helfe uos! fur getreuer G.Ar. Empfehlungen von Haus zu Haus. 223 Graz, 21.Novernber 1914 Lieber Freund! Ernst hat seine Wunde auskuriert, seinen Dann nicht ganz und sich noch extra durch einen ganz unvemtinftigen Fall im Zimmer eine kleine Gehimerschtitterung geholt, die aber in wenigen Tagen ganz erledigt war. Jetzt richtet er in Marburg Rekruten ab, urn sie dann gleich nordwarts zu fuhren. Zu den Kriegspfaden, die nun auch fur Sohn wandelt, herzlichen Gltickauf. Ftir die Vater ist das so eine Sache: aber am Ende wollten wir doch nicht, daB just einer von den Uoseren hinten bleibt, nachdern schon einmal mit uns A1ten nichts anzufangen ist. Vielleicht lassen Sie mich gelegentlich etwas daIiiber wissen, wie furern Krieger vorerst einmal die Reit- und sonstigen Ubungen bekommen. Herzlichst fur AMeinong Wien, 13.Februar 1915 224 Lieber Freund! Kann rnir denken, wie sehr Sie und Ihre verebrte Gemahlin vorn Bangen urn dern lieben tapferen Sohn erfiillt sind. Moge er heil heimkehren. Mein Sohn ist derzeit Vormeister577 in Wiener Neustadt. Wir denken, daB er im Man ins Feld ruckt. Wenn nur baldigst ehrenvoller Friede wtirde! Mit den herzlichsten GrUBen von uns an Sie beide Ihr treulichst ergebener Guido Adler
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Wien, 7.Man 1915
Lieber Freund! Verbindlichen Dank fur die freundliche Zusendung des Gedenkblattes an 577. Gefreiter bei der Artillerie.
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J[odl]578. Vornehm und pieUitvoll!579
Wie steht es mit Ihrem lieben Sohn? Mein Sohn ist derzeit in Wiener Neustadt. Herzliche GrUBe von Haus zu Haus Ihr getreuer G.Ar.
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Graz, 14.Juli 1915 Lieber Freund! Zur Abwechslung muG ich Ihnen wieder einmal, aber freilich wieder ohne mein Verschulden, etwas Arbeit auf den Hals schicken, ohne von deren Fruchtbarkeit iiberzeugt zu sein. Dr. Norbert Stiicker580 , gelernter Physiker ler hat auch aus Physik als Hauptfach bei uns promoviert/, bisher beruflich auch als Physiker beschaftigt, kann auGerdem ganz gut Klavier spie1en und hat auch noch sonst einiges an ganz schatzenswerten musikalischen Fertigkeiten. 1907 hat er in den Akademie-Sitzungsberichten eine Abhandlung "Uber die Unterschiedempfmdlichkeit fUr Tonhohen in verschiedenen Tonregionen,.s81 veroffentlicht, an der das Grazer Psychologische Institut nicht den geringsten Anteil hat. Jetzt hat er eine Abhandlung "Uber das Kornische in der Musik" im Ms fertig 582 und wandte sich darnit an mich mit dem Gedanken an eine eventuelle Habilitation flir Musikwissenschaft. Ich muBte ibm daraufhin natiirlich erklaren, daB die Habilitation fUr ein an einer Universitat unvertretenes Fach fUr diese UniversiUit eine miBliche Sache sei, rnir daher viel angemessener schiene, wenn er sich in Wien zu habilitieren versuche. Die dort erteilte Venia dann etwa nach Graz zu iibertragen, wiirde mutmaBlich nicht allzu schwer ins Werk zu setzen sein. Daraufhin hat sich der Autor entschlossen, sich an Sie zu wenden, und er wird wohl in der allernachsten Zeit bei Ihnen vorsprechen. Mit Riicksicht darauf, daB ich ibn an Sie verwiesen habe, erbitte ich rnir fUr ibn Ihr gewohntes freundliches Entgegenkommen. 578. Meinong, Nekrolog auf Friedrich Jodi, in: Almanach der Kais.Ak.d.wissch., Jg.64 (1914), S.446-452. In der HoflechnerlKernbauer-Ausgabe der Adler-Briefe (S.467) ist hier wohl versehentlich statt des ,J" (fur Jodi) ein ,,s" abgedruckt. 579. Anspielung auf die Verstimmung Meinongs Jodi gegenuber, der ja gemeinsam mit anderen seine Wien-Berufung unmoglich gemacht hatte. S.Einfuhrung, Kapitel 11.5. 580. Norbert Stucker (geb.l882), 1912-1919 Assistent an der Erdbebenstation Graz, 1916-1919 wissenschaftliche Hilfskraft an der Sternwarte Graz, spater Leiter der steiermarkischen Landesbibliothek. 581. Stucker, Ueber die Unterschiedempfindlichkeit fur Tonhohen in verschiedenen Tonregionen, Wien 1907. 582. Soweit dies nachzuprufen ist, wurde die Arbeit nicht gedruckt.
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Dber seine Vorbildung und sonstige Eignung, sowie tiber die Beschaffenheit seiner neuen Arbeit habe ich gar kein Urteil: unsere Beziehungen sind tiber die durch ein Iwenn ich nicht irre, ganz gutes! philosophisches Nebenrigorosum gestifteten nicht sehr weit hinausgegangen. Mein Sohn Ernst ist Oberleutnant geworden und sitzt Inach letzter Nachricht vom 7.d.M.I in einer Erdhohle am Dnjester: er findet die Russen bereits langweilig und mochte gem nach Italien. Was ist von dem Ihren zu berichten und was von Ihnen selbst? Mit besten GruBen und Empfehlungen von Haus zu Haus in Treue Ihr A.Meinong Wien, 21.Juli 1915 227 Lieber Freund! Ihr liebes Schreiben und eines von Dr.St[ticker] kamen. Letzteres beantwortete ich sofort und teilte mit, daB ich in Wien bleibe und nur an einzelnen Tagen abwesend sei. Bisher kam keine Antwort, auch nicht die Arbeit. Uber die Absicht und die Sache kann ich rnich daher nicht auBem. Gratuliere zur BefOrderung Ihres Sohnes. Auch mein Sohn ist in der Bukowina (FKR583 5, Batt.6) und steht unter Pflanzer_Baltin584. Vielleicht treffen sich die beiden. Wie schon, wenn sie ebensolche gute Waffenbruderschaft hielten, wie ihre Vater! Wie ist die Adresse Ihres Sohnes? Mein Sohn hellit Hubert Joachim (im Hause ,,Achim"). Herzliche GrUBe von Haus zu Haus Ihr getreuer Adler Wien,29.0ktober 1915 228 Lieber Freund! Danke verbindlichst fur die freundliche Dbersendung des GedenkAufsatzes Witasek,585 der dem Schiller und dem Lehrer gleicherweise zur Ehre gereicht. Der frilhe Heimgang ist zu beklagen. Ich hoffe und nehrne an, daB Ihr lieber Sohn wohlauf ist. Auch von meinem Sohn, derzeit Kadett im FKR 16 Batt.6, kann ich Gutes berichten; er steht an der bessarabischen Front (seit 14.Juli). 583. Feldkanonenregiment. 584. Karl Pflanzer-Baltin (1855-1925), General der Osterreichisch-ungarischen Armee. 585. Meinong, Stephan Witasek zum Gecllichtnis, in: Zeitschrift fur Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, I.Abt.: Zeitschrift fur Psychologie, Bd.73 (1915), S.137-141.
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Gem rnOchte ich mit Ihnen sprechen. Ich war den ganzen Sommer in Wien, urn wegen meines Sohnes parat zu sein. Mit den herzlichsten GrUBen von Haus zu Haus Ihr aIIzeit getreuer Guido Adler Wien, 25.Dezember 1915 229 Lieber Freund! Wundert mich, daB Sie nicht antworten. Habe vor ungefahr 4-5 Wochen geschrieben, Ihnen einige Mitteilungen gemacht, mich nach Ihrem Sohn erkundigt. Mein Sohn derzeit Fahnrich steht an der bessarabischen Front, ist gottlob gesund und wacker und bravo Meine Frau ist leidend, doch muG man zufrieden sein. Die Abhandlung StOcker habe ich gelesen - der Verfasser ist ein feiner Kopf und macht einige ganz gute Bemerkungen. Doch zu einer Habilitationsschrift nach meiner Ansicht absolut unzureichend. Es fehlt auch jedwede historische Vorbildung, ohne die es heutzutage eben nicht geht. Sie konnen selbst entscheiden wegen Asthetik und Psychologie der Tonkunst. Ich fUr meine Person lehne das abo Mir ist es leid, denn Dr.St[ucker] hat mir einen sehr angenehmen Eindruck gemacht. Und nun noch viele GriiBe und Wunsche zum neuen Jahr von Haus zu Haus Ihr allzeit getreuer Adler Mogen unsere Sohne heil heimkehren und bald (baldigst) den Frieden bringen!586
230 Graz, 31.Dezember 1915 Lieber Freund! DaB Ihr letzter Brief unbeantwortet blieb, riihrt daher, daB er nicht in meine Hfu1de gelangt zu sein scheint. Fur die Mitteilung in Sachen Dr.StOckers schonen Dank. DaB die Arbeit nicht ausreicht, wundert rnich nicht: liegt mein seinerzeitiger Brief noch vor, so werden Sie ibm jetzt leicht anmerken, daB ich mir nichts anderes erwartet habe. DaB es mit seiner psychologischen Vorbildung wesentlich anders bestellt sein so lIte als mit seiner historischen, 586. Dieser letzte Satz ist in der HoflechnerlKernbauer-Ausgabe der Adler-Briefe unabhangig von Brief 229 abgedruckt, gehort jedoch aufgrund von Meinongs Reaktion in Brief Nr.230 sicher dazu.
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scheint mir sehr zweifelliaft. Vielleicht entschlieBt er sich aber auf Thre Mitteilung, bei Ihnen Studien zu machen. DaB Thr Sohn schon Fahnrlch geworden ist, laBt auf besondere Tiichtigkeit schlieBen: nehmen Sie dazu meinen herzlichen Gliickwunsch. DaB mein Sohn in diesem Jahre Oberleutnant wurde und das Verdienstkreuz erhielt, schrieb ich Ihnen wohl schon. 1m Augenblick ist er in Marburg, wird aber wohl demnachst wieder an die Front abrucken. Threm Wunsche nach heiler Riickkunft der Unseren und nach ehrenvollem Frieden schlieBe ich mich von ganzem Herzen an: die Erfiillung ware das beste, was das Jahr 1916 uns bringen kann und hoffentlich bringen wird. Doch wollen wir nicht unte~las sen, auch die Wiederherstellung Threr Frau Gemahlin in den Kreis unserer Wiinsche einzubeziehen. Alles in allem also: ein kraftig "Gliickaufl" fiirs kommende Jahr und schOne haushausliche GrUBe von Threm getreuen A. Meinong 231
Graz,4.Februar 1916587
Lieber Freund! SchOnen Dank fiir den interessanten Kriegsaufsatz. 588 Auf wen beziehen sich die Bemerkungen auf S.14 f89 Sohn Ernst ist immer noch in Marburg interniert, - der Blattern wegen, die er aber nicht etwa selbst hat und hoffentlich auch nicht bekommt. Er muB nur den letzten Blatternfall urn 20 Tage Uberdauem und hofft jetzt sehnlichst auf Befreiung. Vor einigen Tagen war Dr.StUcker bei mir und teilte mir Thren Bescheid mit. Ich riet ibm natiirlich, nun eben recht fleiBig Musikhistorie zu treiben. Mit besten GruBen respektive Empfehlungen von Haus zu Haus, hoffend daB Sie von Threm Krieger gute Nachrichten haben in alter Ergebenheit A.Meinong
587. Brief gefunden in GAC, Box 56, Folder Tonkunst und Weltkrieg, newspaperclippings and letters. 588. Adler, Tonkunst und Weltkrieg, in: Kriegsalmanach 1914-1916, hg.v.KriegsHilfsbfiro des kais.konigl.Ministeriurns des Innern, Wien 0.1., S.80-97. 589. Adler iiuBerte sich auf Seite 14 (Seitenzahl des Separatdruckes = im Kriegsalrnanach S.95) kritisch fiber eine Richtung innerhalb der katholischen Kirche in Osterreich, die der Kirchenmusiktradition den Kampf cU1gesagt hatte. S.Anm.590, 591. - 978-90-04-45828-4 Downloaded from Brill.com03/29/2023 12:29:38PM via Western University
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Wien, 6.Februar 1916 232 Lieber Freund! Hoff'en wir, daB Ihr lieber Sohn heil aus der Quarantane herauskornmt. Mein Sohn steht wie gemeldet seit 14.Juli an der bessarabischen Front und erhielt vorgestem eine Tapferkeitsmedaille (weIche weill ich noch nicht). Gottlob bisher gote Nachrichten. Hofler sagte mir, daB auch Ihr Sohn mannigfach ausgezeichnet wurde. - Die Bemerkung S. 14 bezieht sich auf die von Abt Alban SchachIeiter590 (O.S.B.) (Emaus Prag) gefUhrte Richtung (a Ia Oraf Galen591 ), der auch die Monatsschrift fUr Kirchenmusik (Musica di. 592) vrna untersteht. Schachleiter war einstens ein sehr lieber Mensch und hat erst aIs Abt eine ungesunde Richtung eingeschlagen. Seine Horigen iiberpurzeln sich natiirlich. Mit den herzlichsten GruBen von Haus zu Haus Ihr a1Izeit getreuer Guido Adler An Dr.St[iicker] habe ich einstweilen auch direkt geschrieben. 233 Graz, 2.Juni 1916 Lieber Freund! Vielen Dank fUr den interessanten Aufsatz. 593 Schon ware es schon, wenn sich's machen lie8e. Ob aber auch Lehrer und SchUler aIlgemein genug die Eignung haben? Musik ist am Ende doch eine viel exIdusivere Sache aIs Literatur, und die Menschen dazu anzuleiten, noch mehr von auBen urn Musik herurnzureden, aIs ohnehin schon geschieht, ware auf aIle Bille ein recht bedenklicher Erfolg. Von Rechts wegen sollten wir iiber diese Din}e jetzt rniindlich verhandeln konnen: wir wollten ja der AkademiewahIen59 wegen in dieser Woche in Wien sein. Aber meine Frau hat seit Wochen eine arge Neuritis und ich eine 590. Alban Schachleiter (1861-1937), Abt des Beuroner Benediktinerstiftes Emaus in Prag. Vorsitzender des Bonifatiusvereins, Kampfer gegen die ,~-von-Rom" - Bewegung. Trat fur einen streng Iiturgischen Gottesdienst und die Beschriinkung der Kirchenmusik auf den gregorianischen Choral ein. 591. Pater Augustinus GrafGaien (1878-1946), bis 1914 Generalsekretlir des Bonifatius-Vereins in Osterreich, zwischen 1903 und 1914 Herausgeber der Halbmonatsschrift ,,Bonifatius-Korrespondenz. Ein Zeitenwachter"; Vertreter einer extrem konservativen Richtung in der Kirche; spiiter Bischof von Miinster. 592. 1913 von Abt Schachleiter gegriindet. 593. Adler, Musikgeschichtlicher Unterricht in Gymnasien und Realschulen. 594. Wahl der neuen ordentlichen und korrespondierenden MitgIieder der Akademie der Wissenschaften.
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dumme Schienbeinverletzung, sodaB wir eintrachtig daheirn bleiben muBten. Ubrigens sind beide Patienten auf dem Wege der Besserung. Was horen Sie von Ihrem Sohne? DaB der unsere durchaus zu den FJiegem wollte, schrieb ich Ihnen woW. Aber vorderhand muB er sich begnUgen, bloB "vorgemerkt" zu sein und sieh furs erste noeh auf dem festen Lande zu bewegen. Ich will nicht leugnen, daB mir das yom Vaterstandpunkte doch recht angenehm ist. Eben bringt die Zeitung den groBen deutschen Seesieg. 595 Schade natiirlich wieder urn die Menschenleben. Sonst aber vergonne ich's den Herren an der Themse. Vielleieht horen sie jetzt schon leichter auf FriedensvorscWage, in denen sich die Deutschen nicht fur besiegt geben. Mit schonsten GruBen und EmpfeWungen von Haus zu Haus in Treue Ihr A.Meinong
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Wien,22.Juni 1916 Lieber Freund! Mein Sohn stand in den Kfunpfen bei Okna596 usw. Er hat sie bisher gottlob glUeklieh bestanden. Momentan ist er auf ,,Retabilierung". Welch furchtbare Zeit! Dazu die Unfahigkeit, in unserem lieben Vaterlande zu lernen und die richtigen FUhrer zu fmden! 1st das Zufall? Liegt das tiefer? Sind wir wirklich in Zersetzung? WeIch Mut und Hingabe irn Volksheere (trotz partiellen Verrates)! Dartiber wollen wir sprechen - bevor Sie wieder Akademiewahlen haben. Ich bleibe in Wien, ruhe mich aus. Meine Frau, die zum Skelett ab~emagert ist, muB irn August auf den ,,Radetzky" (Hotel) (lebte er noch!) 7 in HinterbruW. Meine Toehter bleibt auch hier. DaB Ihr Heber Sohn soIche Flugabsiehten hat, liegt irn Blute. 1st doch sein Vater ein Geistesflieger, der in die reinsten Regionen sich erhebt. Kann mir denken, daB Sie beide gerade nicht begeistert sind ob der Absieht Ihres Sohnes. Hoffentlieh sind Sie beide wieder am Darnm und die Neuritis hangt woW nieht mit den Aufregungen zusammen. Erhebend sind die Berichte meines Sohnes. WeIche Sehliehtheit in der Schilderung der gefahrdrohendsten Vorgange. Welch treue Pflichterfiillung! Selbstbeherrschung. Aus seiner nachsten Umgebung ist fast alles "tot, verwundet, gefangen, seelisch gestort (Nervensehock)". 595. Die Seeschlacht vor dem Skagerrak (31.V. bis l.VI.1916) zwischen der deutschen und der englischen Hotte wurde von englischer Seite abgebrochen. 596. Am 1O.VI.1916 war den russischen Truppen bei Okna der Durchbruch ge1ungen. 597. Bezug auf den erfolgreichen osterreichischen Feldmarschall Johann Josef von Radetzky (1766-1858).
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Wars nur schon zu Ende! fur getreuer G.Ar. GruBe von Haus zu Haus. Graz, 26.August 1916 235 Lieber Freund! Eben bemerke ich zu meinem Schrecken, daB ich versaumt habe, Ihnen fUr die letzten mir zugesandten Separata598 meinen schonsten Dank zu sagen. Sie sind mir nach Gastein nachgeschickt worden, aber auf dem Lande fiihrt eine einigermaBen abgeanderte Lebensordnung die Gefahr von Versaumnissen mit sich, die einer etwas nachsichtigeren Behandlung hoffentlich nicht ganz unwiirdig sind. Nehmen Sie also den Ausdruck meines verspateten, darum aber nicht minder herzlichen Dankes auch jetzt noch freundlich entgegen. Sie entnehmen dem eben Gesagten, daB ich meinem Grundsatze, wahrend der Dauer des Krieges zu Hause zu bleiben, diesmal doch untreu geworden bin. Dazu zwang mich der Umstand, daB meine Frau sich eine recht arge Ischias oder Neuritis oder beides zugezogen hatte, zu deren Beseitigung der Arzt das Gasteiner Radium fUr unerlaBlich hielt. Der Kurerfolg ist in der Tat kein unbefriedigender, wenn wir auch gar nichts dagegen hatten, noch weiter giinstige Nachwirkungen verbuchen zu konnen. Auch zur Arbeit fand sich dort nicht ungiinstige Gelegenheit, so daB ich hoffe, in nicht allzu femer Zeit Ihnen einigen Erlos vorlegen zu konnen. Sohn Ernst fUhrt im Augenblick wohl ein Marschbataillon an die Front. Was horen Sie von furem? In der Hoffnung, daB sich auch bei Ihnen die Ferien so giinstig anlassen, als die Kriegszeiten es eben gestatten, grtiBt herzlichst in treuer Ergebenheit AMeinong 236 Wien, 23.Janner 1917 Lieber Freund! Gem wiiBte ich wieder, wie es bei Ihnen steht. Mein Sohn ist dauemd an der Front, gottlob wohl, jetzt einer Ballonabteilung zugeteilt (bei seinem Regiment Sch FA599 36), bei Stanislau600 (westlich). 598. Vermutlich Adler, Zur Geschichte der Wiener MeBkomposition in c1er zweiten Halfte des XVllJahrhunderts, in: Studien zur Musikwissenschaft, Bd.4, Wien 1916, S.545. Zweites Separatum unklar. 599. Schwere Feldartillerie.
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Meine Frau ist wohl ganz abgemagert, alleinjetzt geht es relativ besser. Wir mochten gem eine Saanenziege haben, die in Graz (Stubenberggasse, Viehverwertungsstelle) zu bekommen ware, aber nur fur Steirer. Konnten Sie rnir eine durch einen Mittelsmann besorgen lassen? 1st der Transport jetzt rnOglich? Zu we1chem Preise? Wenn es Ihnen Histig ist, so wende ich mich an eine andere Stelle der rnOglichen Verrnittlung. Sehen Sie, so arbeitet jetzt die Musikhistorie. Hoffentlich ist Ihr lieber Sohn wohlauf. Herzliche GrUBe von Haus zu Haus Ihr getreuer Adler
237 Graz, 26.Janner 1917 Lieber Freund! Oem Ziegenproblem bin ich heute in die Stubenberggasse nachgegangen. Aber die Ziegen sind nicht dort, sondem in Abtissendorf, wo der kundige Kaufer sie sich auszusuchen hat. Leider fehlt rnir aber alle Ziegenkundigkeit; auBerdem aber wiirde die Reise nach Abtissendorf wenig fruchten, da die "Viehverwertungsgesellschaft" nur innerhalb Steiermark verkauft. Ich furchte, daB da auch die Verrnittlung eines Dritten, der rnir iiberdies nicht verfiigbar ist, nichts niitzen wiirde. Dagegen gibt es, wie ich hore, in Prag eine ,,Ziegenzuchtgesellschaft", die, ich weill freilich nicht wann, auch iiber Bohmen hinaus geliefert hat. Vielleicht ware es am besten, sich an diese Gesellschaft zu wenden. Als Kaufpreis eines derartigen Getiers ist uns hier ungefahr 200 K angegeben worden, doch diirfte das nur eine ziemlich beiUiufige Auskunft gewesen sein. DaB Ihr Sohn den Flilirlichkeiten des Krieges tapfer und ohne Schaden standgehalten hat, hore ich mit groBer Freude. Bei dem meinigen hat sich's in ganz unerwarteter Weise gespieBt. Ich weill nicht, ob Sie wuBten, daB er vor 10 Jahren eine sehr schwere Kropfoperation bestanden hat. In der letzten Zeit ist der Krogf nun wieder so sehr gewachsen, daB er nach der achten Isonzo Offensive6 von der Front zurUck muBte und zur Zeit frontdienstuntauglich ist. Abhilfe kann nur eine neue Operation schaffen, der er sich in der Tat, sobald er dafiir Urlaub bekornmt, unterziehen will - mutmaBlich im nachsten Monat. Eine seltsame Kornplikation ist es schon, sich der Operationsgefahr aussetzen zu miissen, urn dann urnso sicherer den Kriegsgefahren sich aussetzen zu konnen. Aber das ist eben der Krieg, und man muB derlei tiber sich ergehen lassen in der Hoffnung, daB nicht Schlimmeres begegnet. 600. Bei Stanislau (Galizien) kam es dann im Juli 1917 zu schweren Kampfen. 601. 9.-12.x.1916.
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Sehr bedauemd, daB ich Ihrem Wunsche nicht in ausgiebigerer Weise forderlich sein kann, herzlich griiBend in Treue Meinong Wien,29.Jiinner 1917 238 Lieber Freund! Werten Dank fur Ihre freundliche Bemtihung. Viel1eicht gelingt es, so ein Nutztier zu erhalten. Werde mich umsehen. Was Sie tiber Ihren lieben Sohn schreiben, ist betrubend. Die Tatkraft dieses tapferen Heiden gelahmt! Hoffen wir auf einen guten Ausgang der Operation. Kann mir denken, mitfuhlen, was die Eltem miterleben. Nun geht wohl das Weltringen seinem Ende entgegen. Wer hatte ein solches Debakel der Kultur fur moglich gehalten - in unserer Jugend. An ihren Idealen halten wir Alten fest. Mit herzlichen GruBen von Haus zu Haus Ihr allzeit getreuer Guido Adler Graz, 3.Marz 1917 Lieber Freund! Erlauben Sie mir heute eine Anfrage in einigermaBen amtlicher Sache. Aus Schaumburg-Lippe, genauer aus Btickeburg erhielt unser Dekanat eine Zuschrift in Sachen musikwissenschaftlicher Dissertationen, Instituts- und Habilitationsschriften unter Berufung auf die Erledigung, die die namIiche Angelegenheit seitens der Wiener Universitat erfahren habe. Nun ist ja die Grazer Situation insofem eine wesentlich andere, als uns die Musikprofessur fehlt. Da ich aber tiber den Fall berichten soil, so ware es mir doch von Wert zu wissen, wie Sie die Sache behandelt haben. Konnten Sie mich wohl recht bald mit ein paar Worten dariiber orientieren? Wie geht es Ihnen und den Ihren? Von uns ist nichts zu berichten, nichts Schlirnmes, aber auch nichts Gutes. Herzlichst griiBend Ihr AMeinong 239
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Wien, 7.Marz 1917
Lieber Freund! Ich habe mich bereit erklart, Titel usw. von Dissertationen, Habilitationsschriften mitzuteilen. Eine weitere Verpflichtung habe ich nicht tibemommen. Es ware allerdings schon, wenn Sie eine Musikprofessur hatten. Sogar - 978-90-04-45828-4 Downloaded from Brill.com03/29/2023 12:29:38PM via Western University
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Krakau und Lemberg haben Extraordinarii. 602 Soil ich TImen VorschUige rnachen? Wollte gem mit TImen daruber sprechen. Bei uns ist Stagnation im Hause; der Sobn gottlob gesund, bekommt keinen Urlaub. Hat sich Thr lieber Sobn einer Operation unterzogen? Oder ist Aussicht mit konservativer Behandlung? - Ich denke mir manchmal: Meinong tat gut, nicht nach Wien zu gehen. 0 lemine! Niiheres mtindlich. Befriedigung finde ich in meiner Arbeit und mein Institut bliiht. Dafiir auch die Neider und Hasser - ganz nach dem germanischen Vorbild der Englander. Seien Sie treulichst gegriiBt von Threm Guido Adler
241 Wien, 29.Juni 1917 Lieber Freund! Ich mOchte Sie in streng vertraulicher Weise fragen, was Sie von Reinin603 ger halten und ob Sie ibn flir einen wohl geeigneten Kandidaten zur Besetzung der Lehrkanzel604 halten? Bitte umgehend urn Nachricht. - Sollten Sie mir einen anderen Vorschlag machen tiber die Angelegenbeit, so fiigen Sie bei, ob ich von Threm Gutachten in der Sitzung Gebrauch machen kann. Das was Sie tiber R[eininger] sagen, betrachte ich jedenfalls als rein private Information. Sind im Inland geeignete Kandidaten? Oder kann man sich nur an Reichsdeutsche halten? Die Welt ist nicht mehr schon. Vielleicht wird sie es einstens wieder. Mein Sohn ist hauslich bier und leider erkrankt - Folgen einer winterlichen Schlafperiode bei -290 R im Freien. Wir mtissen noch damit zufrieden sein. Gott stehe unseren Kindem bei. Die Gemeinheiten in unserer ,,Hochschule" tibersteigen das UnmOgliche. 602. Die Extraordinariate waren eben erst eingerichtet worden. In Krakau lehrte Jachirnecki, in Lemberg Chybiriski (s.Anrn.523 u.558). Beide waren fUr die Entwicldung der polnischen Musikwissenschaft von Bedeutung. 603. Robert Reininger (1869-1955), Philosoph, aO.Professor an der Wiener Universitiit. 604. Es ging urn die Nachbesetzung von Jodls Lehrkanzel, die imrner noch unbesetzt war. Die Vocschlagsfrage wurde in der Fakultiitssitzung am 7.VII.1917 behandelt. Der Dreier-Vocschlag beinhaltete schlieBlich Eduard Spranger (1882-1936, damals Professor an der Universitiit Leipzig, spilter in Berlin und Ttibingen), Heinrich Rickert (1863-1936, Professor an der Universitiit Heidelberg, voc 1916 in FreiburgIBr.) und Heinrich Maier. Das Minsterium wies den Vocschlag, der ausschliel3lich Reichsdeutsche berticksichtigte, zuruck (Sitzungsprotokoll PhFW v.15.XII.1917, Einliiufe und Mitteilungen des Dekans Z828, AUW).
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In Erinnerung an unsere Jugend gruBt Sie Ihr getreuer Guido Adler Nochmals danke ich Ihnen und Ihrer verehrten jugendlichen Gemahlin fur den freundlichen Besuch - er brachte mir bessere Zeiten in Erinnerung.
Graz, 2.Juli 1917 242 Lieber Freund! Urn, was sonst unvermeidlich ware, die Beantwortung Ihrer Frage nicht zu verzogem, nur in alIer Kiirze: R[eininger] ist mittelgut, daB er je eine fuhrende Position gewinnen wird, glaube ich nicht605 und wiirde insofem der Wiener Universitat Besseres wiinschen. Von Inlandem ware natiirlich Ehrenfels irn Hinblick auf das, was er geleistet hat, erheblich ernpfehlenswerter, ebenso der Privatdozent Prof.Malll06 in Graz, aber dieser freilich noch mehr wegen dessen, was er leisten wird, da der Krieg ibn mitten aus seiner Arbeit gerissen hat. So hat er erst wenig publiziert; ich weill aber, was er kann, und Hofler z.B. weill es auch.607 Von Auslandem waren vielleicht Erich Beald Karl G roos610 m . Cher608.m MOO unchen, Hermann Schwarz609·m G re if:sw, GieBen besonders erwagenswert. Ich wiinschte indessen nicht, daB mein Name in dieser Sache genannt wiirde, sofem keine direkte Anfrage an mich ergeht, die ich natiirlich jederzeit zu beantworten gem bereit ware. DaB Sie Ihren Sohn bei sich haben, ist auf alIe Falle sehr erfreulich: hoffentlich gelangt er irn Elternhaus recht bald wieder zu volliger Gesundheit. Bei meinem Sohn steht noch alles wie zuvor. Mit schonsten GruBen und Empfehlungen von Haus zu Haus in alter Treue AMeinong
605. Entgegen Meinongs Vorhersage wurde Reininger 1922 o.Professor an der Universitiit Wien. 606. S.Anm.556. 607. Dennoch brachte Hofler gemeinsam mit zwei KolJegen in der Sitzung ein Separatvotum ein, das Reininger und Hermann Schwarz beinhaltete, Mally aber nicht berticksichtigte (SitzungsprotokolJ PhFW v. 7.Vll.l917, Vg.Pkt.6, AUW). 608. Erich Becher (1882-1929), Philosoph, Professor an der Universitiit Miinchen. 609. Hermann Schwarz (1864-1951), Philosoph, Professor an der Universitiit Greifswald.
610. Karl Groos (1861-1946), Philosoph undPsychologe, war zwar zwischen 1901 und 1911 Professor an der Universitiit GieSen, lehrte 1917 jedoch bereits an der Universitiit Thbingen.
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243 Wien, 31.August 1917 Lieber Freund! Von einer Reise aus Kroatien, wo mein Sohn derzeit Adjutant des Kaders (Varazdin) ist, zuriickgekehrt, erhalte ich fure neue Abhandlung61I . Halten Sie mich noch derselben wert? Das eifert mich an, mich in sie zu vertiefen. Schon jetzt sehe ich, daB ich mancherlei fUr mein Fach lemen kann. WiiBte gem, wie es mit furem lieben Sohn steht? Meine Frau, die in (ungarisch) Sauerbrunn612 mit der Tochter ist, war wieder einmal an Angina erkrankt und hat ihre Erholung eingebiiBt. Hoffen wir, daB sie es wieder einbringt. Wenn nur der entsetzliche Krieg ein Ende hatte! Jetzt gehts ans Hungem. Alles konnte man ertragen, aber die schauerlichen Verluste kann man nicht verwinden. Welch namenloses Ungliick! 0 Weltgerechtigkeit! Seien Sie beide von mir herzlichst gegriiBt und bedankt! fur getreuer Guido Adler
Wien, 15.Februar 1918 244 Lieber Freund! Nun ist unser Sohn nach 36monatigem Frontdienst fUr 3monatlichen Studienurlaub zu Hause. Gott sei Dank. Zuletzt stand er in Italien beim Tomba613. Sehr ungeniert! Wie ists mit dem Ibrigen? 1st er gesund? Konnten Sie mir die Adresse des Herro Reininghaus614 mitteilen, Musikliebhaber, Besitzer von Musikabschriften. Ich benotige fUr die Obungen die Partitur von E.T.A.Hoffmanns "Undine". Konnten Sie mir dies vermitteln? Aber bitte bald. Meine Tochter studiert in Briinn. 615 Meine Frau ist wohl. Hoffentlich auch fure verehrte Gemahlin. Mit herzlichen GriiBen fur altgetreuer Guido Adler
611. Meinong, Dber emotionale Prasentation, Wien 1917. 612. Vermutlich Slatina (= Rohitscher Sauerbrunn), Kurort in Krain, Steiermark (nicht Ungam). 613. Monte Tomba, einer der Vorberge des Monte Grappa in Oberitalien. 614. AngehOriger der steirischen Bierbrauerfamilie. 615. Melanie Adler studierte dort Biologie.
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Graz, 16.Februar 1918 24S Lieber Freund! Eben in den Besitz Thres Briefes gelangt, beeile ich mich, TImen mitzuteilen, daB ich in Sachen der gewiinschten Abschrift leider nicht behilflich sein kann. Zwar hat sich die entscheidende Stelle Thres Briefes als nicht ganz sicher lesbar erwiesen; aber jedeofalls handelt es sich urn ein Mitglied der Familie Reininghaus und zu dieser feWen rnir alle Beziehungen, sodaB ich ihr gegenUber weder zu einer Auskunft noch zu einer Verrnittlung zu gebrauchen bin. Da batte eine direkte schriftliche Aofrage Threrseits, wie ich vermute, bessere Aussichten. Eine Auskunft konnten Sie Ubrigens vielleicht von Kollegen Bauel 16 erhalten, der mit irgendeinem Glied der Farnilie bekannt war. DaB Sie DIren Sohn heil bei sich haben, ist ein GlUck, das ich in abstracto jederzeit hoch angescWagen batte. Es jetzt in concreto im besonderen MaBe zu tun dazu habe ich leider besonderen Grund. Am 11.Dezember wurde mein Sohn unweit der oberen Brenta617 von einer Shrapnell-FUllkugel am linken Auge getroffen und durch das durchscWagende GeschoB auch am Gaumen verletzt. Am 14. kam er nach Innsbruck, wo mein Bruder618 lebt, der uns benachrichtigte. Am 17.muBte das linke Auge genommen werden, Komplikationen gab es aber weiter nicht, so daB das andere Auge vollig intakt blieb, er Uberdies bereits am 20. das Bett verlassen konnte und am 20. bei uns eintraf. Wir haben ihn also auch, und sind yom Schicksal ausreichend zu Bescheidenheit erzogen, daB wir in der relativ raschen Genesung und in der ausgezeichneten Isicher nicht ganz auf Oberwindung basiertenl Stirnmung des Verwundeten immerhin einiges GlUck anzuerkennen geneigt sind. Die Gaumenwunde ist noch nicht ganz zugeheilt und stort ab und zu etwas im Sprechen; ein neuer chirurgischer Eingriff wird da noch unvermeidlich sei, doch zeigen die Arzte hinsichtlich des Ergebnisses die groBte Zuversicht. Das linke Auge ist bereits durch ein Glasauge ersetzt, so daB die zuruckbleibende Entstellung als unerheblich bezeichnet werden darf. - So scWoB also flir uos das Jahr 1917. Das Jahr 1918 aber will woW seinem Vorganger nichts nachgeben: Ende Janner haben wir eine uns sehr liebe Schwagerin,619 die jUngste Schwester mei616. Adolf Bauer (1855-1919), Althistoriker, his 1916 Professor an der Universitat Graz, dann in Wien. 617. AuB in Oberitalien. 618. Rafael Meinong von Handschuchscheim (1849-1936), Zivilingenieur in Innsbruck. 619. Else Thomann-Buchholz (1875-1918), Malerin.
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ner Frau, die mit dem Maler Thomann620 in Zurich verheiratet war, ganz unerwartet verloren, sie starb 10 Tage nach der, wie es sehien, vorbehaltlos glucklich bestandenen Geburt ihres ersten Kindes. - Mogen Sie und die Ihren vor ahnlichen Schicksalen bewahrt bleiben! Mit sehOnsten GruBen in Treue AMeinong
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Wien,20.Februar 1918
Lieber Freund! Aber das ist ja wahrhaft betrubend und doch muB man leider damit zufrieden sein. Ihr lieber braver Sohn wird sich auch darein tinden. Er hat eine Frohnatur. Gott erhalte sie ibm. Kann mir denken, wie sehwer der sehmerzliche Verlust der Schwester Ihre verehrte Gemahlin getroffen hat. Wenn wir auch nicht nebeneinander sind, so sage ich: wir fiihlen miteinander. Was solI noch aus dem Weltkrieg entstehen? Wir hatten viel zu reden. Vielleicht kommen Sie bald nach Wien. Bitte erkundigen Sie sich nur nach der Adresse des Herro Reioinghaus - das andere will ich besorgen. Wir griiBen Sie aIle herzlichst. Ihr getreuer Guido Adler 'lA7 Graz, 12.Marz 1918 Lieber Freund! Verzeihen Sie, daB die Auskunft wegen der Reioinghaus-Adresse sich so lange verzogert hat. Es war uns gelungen, eine Bekannte austindig zu machen, die von einem musikalischen Reioinghaus wuBte; dieser wurde uns als Hugo Reioinghaus621 bezeichnet. Bei weiterer Nachforsehung war aber ein Reioinghaus mit diesem Vomamen nicht aufzutreiben, dafiir aber sehlieBlich einer, der Hans heiSt. Und da auch Sie nur von einem H.Reioinghaus gesehrieben haben, so kann der immerhin der Rechte sein. Seine Adresse lautet: ,,Rebengasse 25", ohne daB ich wuBte, wo diese Gasse zu suchen ist. Mir bleibt eben nichts ubrig, als zu hoffen, daB das derjenige sein wird, den Sie 620. Adolf Thomann (1874-1961), AngehOriger einer alteingesessenen Ziiricher Familie, erfolgreicher Maler. 621. Gutsbesitzer in dec Obersteierrnark, Schriftsteller, in Meran ansassig.
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suchen. Threr Angelegenheit besten Fortgang wiinschend, sendet beste FeriengriiBe in alter Ergebenheit A.Meinong Wien, 23.Marz 1918 248 Lieber Freund! Besten Dank fur Thre gute Nachricht vom 12. dieses Monats. Ich schrieb an den Herro. Hoffe, daB Sie drei gesund sind und sich Thr lieber Sohn erholt. Mit herzlichen GruBen von Haus zu Haus Thr treu ergebener Guido Adler Hoffe Sie bald bier zu sehen. Wien, l.August 1918 Lieber Freund! Erlaube mir Thoen mitzuteilen, daB ich Mittwoch den 7. dieses Monats nach Krain zu Besuch meines Sohnes fabre. Urn Y2 1 Uhr mittag mOchte ich im Bahnrestaurant speisen. Vielleicht unterziehen Sie sich der Miihe, dorthin zu kommen. Hatte manches mit Ihnen zu besprechen. Aufenthalt kann ich dieses Mal nicht nehmen. Sollte ich keine Karte erhalten, so telegrafiere ich (wenn Sie wiinschen) und fabre Donnerstag. Mit herzlichen GruBen von Haus zu Haus Thr getreuer Guido Adler 249
Stein, Krain, 20.August 1918 250 Lieber Freund! Nochmals muB ich Thoen und Threr verehrten Gemahlin danken, daB Sie sich der groBen Miihe unterzogen, mich am Bahnhof abzupassen -leider war das Wiedersehen zu kurz und arg gestOrt. Dies konnte mich veranlassen, bei der Riickfahrt in Graz Station zu machen und am folgenden Morgen weiterzufabren. Ich nehme an, daB Sie meistens zu Hause sind. Keinesfalls kann ich eine Abendeinladung annehmen - jetzt ist nicht die Zeit zu solchen Ubelscherzen. Ich beabsichtige nachster Tage ins Kloster Sittich (der Arbeit halber) zu gehen und dann bei Freunden einen Besuch zu machen (in Rupertshofen b.Rudolfswert, Unterkrain). Vielleicht geben Sie mir dahin raschest eine Nachricht, ob Thoen mein etwaiger Besuch nicht erwiinscht ist. Vielleicht auf Wiedersehen!
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Mit besten Grii8en an Sie aIle Ihr getreuer Guido Adler Ernpfehlungen von meinem Sohn, in dessen Nahe es sehr angenebrn ist.
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Graz, 21.August 1918
Lieber Freund! DaB Sie sieh noeh eine ausdriiekliehe Versieherung verlangen, daB Ihr Grazer Projekt uns hoehst willkommen ist, muB ieh eigentlieh als mutwillige Belastung der k.k.Post bezeiehnen und insofern, aber nur insofern, miBbilligen. DaB ieh im ganzen eher zu Hause bin als nieht wird zutreffen; aber an schonen Sommertagen kommen doeh aueh Ausnahmen von der Regel vor. Es moehte sieh also doeh vielleieht ernpfehlen, der guten Sache noch eine Postkarte zu weihen, darauf verzeiehnet sUinde, wann Sie etwa bei uns einzutreffen gedachten. Jedenfalls freut sieh sehr auf baldiges Wiedersehen, Sie und Ihren Sohn herzliehst griiBend in alter Ergebenheit AMeinong [Wien, NovemberlDezember 1918] 252 Lieber Freund! In der Zeitschrift fur Musikwissenschaft II2 (November 1918) steht folgende Notiz: "Obwohl an cler Grazer Universitat eine musikalische Lehrkanzel systemisiert ist, finden aueh in diesem Semester wie bereits seit 19 Jahren keine musikwissenschaftliehen Vorlesungen statt. Dieses Kuriosum verdient umso bedauerlieher vermerkt zu werden, als Graz eine der regsamsten Musikstadte Osterreiehs ist. ,,622 Besteht wirklieh seit 19 Jahren eine Lehrkanzel? Geschieht was? Entschuldigen Sie die Belastigung, aber es ware mir wiehtig, bald Authentisches zu erfahren. Mit herzliehen GruBen von Haus zu Haus Ihr getreuer G.Ar. Wien, 14.Dezember 1918 253 Lieber Freund! Wenn ieh nieht schneeweiB ware, hatten mieh die Ereignisse der letzten 622. Zeitschrift fUr Musikwissenschaft, Jg.1 (1918), S.152.
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Zeit623 urn die letzte Farbe gebracht. Achim ist gottlob heimgekehrt. Vnd Ihr lieber Sohn ist wohl immer bei Ihnen. Das ist das einzig Vertrostliche. Hoffen wir, daB unsere Kinder eine Besserung erleben. Haben Sie den Gedanken wegen des Vorschlages aufgenommen? Wie sehnte ich mich mit meinen wenigen noch lebenden guten Freunden zeitweise zu verkehren! GrUBe von Haus zu Haus Ihr Guido Adler 254 Graz, 26.Dezember 1918 L[ieber] F[reund]! Als Ihre Karte eintraf, sollte eben mein opusculum novissimum624 an Sie abgehen. Jetzt erhalten Sie es hoffentlich zugleich mit diesen Zeilen, dazu einen herzlichen Gltickwunsch zur Heimkehr Ihres gesunden Sohnes. Der Vnserige schickt sich in die neuen VerhaItnisse so gut es geht und wir Alten eben auch. Zum wenigen, das sich ungeschadigt hat retten lassen, gehOrt die Arbeit, und die hilft denn wirklich tiber allerlei hinweg. Mit schonsten GruBen und Empfehlungen von Haus zu Haus Ihr A.Meinong
Wien, 7.Janner 1919 255 Lieber Freund! Besten Dank fUr Ihre freundliche Karte und das kostbare d.h. wissenschaftlich so hochstehende Buch. Leider kam es zu spat, so daB ich es nicht mehr fUr das Kapitel ,,Problem der Notwendigkeit" in meinem demnachst erscheinenden Buche ,,Methode der Musikgeschichte,,625 verarbeiten konnte. Ich wiinschte meinem Buch die gleiche Lebensdauer wie Ihrem! Ihr Schweigen tiber einen Vorschlag bedeutet wohl, daB bisher nichts veranlaBt wurde. Mit herzlichen GrUBen von Haus zu Haus Ihr altgetreuer G.Ar.
623. Vennutlieh der Waffenstillstand (3.x1.l918) und die Auseinandersetzungen und Turnulte rund urn die Griindung der Ersten Republik. 624. Meinong, Zum Erweise des a11gemeinen Kausalgesetzes. 625. Adler, Methode der Musikgeschiehte. Adler wies jedoch - mit dem Ausdruek des Bedauerns, daB er Meinongs Arbeit nieht rnehr beriieksiehtigen konnte - auf Meinongs Publikation in seinem Bueh hin (Anrn.S.27).
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Graz, 23.Februar 1919 Lieber Freund! Soviel ich sehe, besteht das ,,Kurlosum,.626 darin, daB die Notiz falsch ist, ihr Schreiber sich also vorher zu orlentieren unterlassen hat. Ob "was geschieht"? Meinerseits jedenfalls nichts aus dem miindlich angegebenen Grunde, daB ich zu dringende eigene Bediirfnisse habe, urn auch fremden Rechnung tragen zu konnen. Schonstens griiBend Thr A.M.
257 Graz, I1.August 1919 Lieber Freund! Vielen Dank fUr das wertvolle Geschenk, das Sie mir eben durch Breitkopf haben zugehen lassen und zugleich herzlichste Gltickwiinsche zur Vollendung dieses neuen schonen Werkes. 627 Als Methodenlehre steht es mir sogar fachlich besonders nabe und es kostet mich auch sonst keine geringe Uberwindung, nicht sogleich in eingehendes Studium des Buches einzugehen. Leider lassen mir aber die laufenden Arbeiten, die diesmal auch wahrend der Ferlen nicht weniger werden wollen, nicht aufkommen, was auch nur entfemt nach Luxus aussieht und so muBte ich mir es jetzt fUrs erste genug sein lassen, mich durch ein paar Proben davon zu iiberzeugen, wie Anregendes und Lehrreiches aus dem Buch zu schoffen sein wird. DaB dabei sogleich der vierte Abschnitt der Abteilung A62 meine besondere Aufrnerksamkeit auf sich zog, konnen Sie sich denken und ich will nicht verhehlen, daB dabei auch sofort einiger Oppositionsgeist rege wurde: namentlich mit einer Einschrankung in der Giiltigkeit des Kausalgesetzes wiirde ich mich, soviel ich sehe, nur schwer befreunden konnen. 629 Es wird Sie interessieren, zu horen, daB aus der neuen "demokratischen" Gesellschaftsordnung vielleicht eine Grazer Professur fUr Musikwissenschaft herauswachsen konnte. Die Sache ist noch sehr unsicher.lch ware Ihnen aber doch sehr dankbar, wenn Sie mich gelegentlich wissen lieBen, wie nach Threr Meinung eine fUr einen Extraordinarius geeignete Tema auszusehen batte, 626. Bezug auf die in der Zeitschrift fur Musikwissenschaft gebrachte Notiz, wonach an der Universitat Graz eine Lehrkanzel fur Musikwissenschaft bestiinde. S.Anm.622. 627. Adler, Methode der Musikgeschichte. 628. Das Kapitel ,,nas Problem der Notwendigkeit" in Adlers ,,Methode der Musikgeschichte", S.27 ff. 629. Adler hatte fur die Musikgeschichte eine Konstanz von Ursache und Wirkung, wie sie Meinong allgemein annahm, abge\ehnt (Methode der Musikgeschichte, S.28).
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vielleicht auch liber die in Betracht kommenden Personlichkeiten noch ein paar Worte beifugen wollten. Ob dies Zeilen Sie wohl in Wien antreffen werden? Flir uns ist daran, von Graz fortzugehen, nicht zu denken, schon der Arbeit wegen, aber freilich auch noch aus den librigen bekannten Grunden. Mein Sohn ist vorlaufig irnmer noch militarisch: ob auf die Dauer, gestaltet sich freilich irnmer problematischer. Mit besten Ferienwlinschen flir Sie und die Ihren grUBt schOnstens Ihr getreuer . 630 AM . emong Wien, 15.August 1919 258 Lieber Freund! DaB Sie dem Buche Interesse entgegenbringen, ist mir erfreulich. Das Problem der Notwendigkeit ist in den naturwissenschaftlichen und historischen Fachem verschieden zu behandeln. Ihre teilweise Opposition ist mir erklarlich. Auch wir bleiben im Cottage. Meine Tochter war 10 Tage sehr krankStreptokokken Hochfieber nach einer Angina. Sie wird aufs Land mussen. Auch sonst gibt es Storungen und Sorgen. Achim ist zur Erholung am Semmering, nachdem er einige medizinische Priifungen abgelegt hat. Welche Kenntnisse hat Ihr Heber Sohn? Kaufmfumische? Welche Beschaftigung wlirde er vorziehen? Vielleicht kommt mir was unter. Will er beirn Militar bleiben? DaB Sie nun endlich darangehen (oder gegangen werden?), flir Graz eine Professur flir Musikgeschichte zu kreieren, begrU8e ich und halte die Sache flir aussichtsvoll. SolI das von mir zu erstattende Gutachten respektive Vorschlag der Kommission vorgelegt werden oder ist es von ihr besteDt? Wlinschen Sie vorerst eine private Information? Oder ist diese yom offizieDen Gutachten zu scheiden? Das Schwergewicht, eigentlich das Haupt- oder Einzig-Gewicht fallt auf den historischen Teil, daneben kame Eignung flir Theorie in Betracht. Auf die Asthetik ist zu verzichten - nehme ich an, oder schlage vor. Ich kenne keinen wissenschaftlich fundierten Musikasthetiker, wohl ist liberhaupt dies bei der bisherigen Musikasthetik der Fall. Die verglei630. Auf der Rtickseite des Briefes befinden sich in Adlers Handschrift folgende Notizen: Kurth Abert Fischer Schering Wellesz Kroyer Lach Musikhistoriker mit Theoriekenntnis.
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chende Musikwissenschaft (Ethnologie) ist ein Neben- oder Seitengeleise, auf das die Akademien ihre Druckprodukte schieben konnen. Fur die deutschosterreichischen UniversiUiten kommen nur tUchtige Musikhistoriker eventueD mit der Beigabe der Theorie in Betracht. Dies ist die allgemeine Einleitung meiner Antwort. Ich erwarte Ihre Wunsche. Herzliche GruBe von Haus zu Haus Ihr getreuer G.Adler
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Wien, 8.Septernber 1919
Lieber Freund! Teile Ihnen mit, daB ich urn den 16. fur 14 Tage nach Deutschland fabre. Wenn Sie daher vorher genauere Vorschlage haben woDten, tut Eile not. Zur Abwechslung ist mein Sohn am Semmering an Bronchitis erkrankt! Meine Tochter zur Erholung in Reichenhall (nach Streptkokkenerkrankung). Sorgen! Hoffentlich ist bei Ihnen alles normal. Treulichst G.Ar. Graz, 1O.September 1919 260 Lieber Freund! Lebten wir noch im zuruckgebliebenen alten Osterreich, so kamen diese Zeilen noch lang vor Threr Abreise zurecht. Jetzt kann man freilich nicht wissen und ich rnuB es eben auf den Versuch ankommen lassen, Ihnen auf Ihre heute erhaltene Frage zu antworten, daB die Sache vorerst noch gar nicht spruchreif ist, mir aber immerhin die Nennung einiger Namen erwunscht ware. Was hat es insbesondere mit Dr.Lach631 loder Laach?1 auf sich? Wenn Sie vor der Abreise noch fUr ein paar Worte hieruber Zeit fmden konnten, so ware mir das sehr forderlich. Von den Krankheitsfallen in Ihrer Familie hore ich mit groBern Bedauern: hoffentlich ist doch schon alles auf dern Wege der Besserung, woruber ich mir ebenfalls ein Wort Ihrerseits erbitte. Mit dern besten Reisewiinschen griiBt herzlichst in Treue Meinong
631. Robert Lach (1874-1958), Leiter der Musiksammlung der Nationalbibliothek, Privatdozent der Universimt Wien, 1927 gegen Adlers Willen dessen Nachfolger ebd.
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[Wien], 12.September 1919 261 Lieber Freund! Ich beeile mich, Ihre Karte yom 10. zu beantworten. Ich konnte mir schon denken, daB die Sache von der Partei L[ach]s eingeleitet ist. Die arbeitet mit allen Mitteln, urn ein gewisses Vorgehen zu rechtfertigen. Ich sende Ihnen zu Ihrer Information streng vertraulich den Entwurf eines Referates, das Sie mir nach Durchsicht rekommandiert zurUcksenden wollen. Eine einseitige Beriicksichtigung L[ach]s ware ein Verbrechen an den anderen und eine Lacherlichkeit. Der ttichtigste von allen ist der Privatdozent an der Berner UniversiUit, mein einstiger Assistent Dr.Ernst Kurth, der ist auch ein vorztiglicher Musikdirektor, wie es fiir Graz besonders erwtinscht ware. Ich bin bereit, Daten zu senden. Bei L[ach] ist es nur ein Manover, denn er denkt wohl nicht daran, seine Stellung an der Hofbibliothek mit einem Extraordinariat zu vertauschen. Aber auch wenn er dies ernstlich beabsichtigte, so kame seine Berufung erst an 3.Stelle in Betracht. Lesen Sie einmal die Kritik Hugo Riemanns tiber L[ach]s Buch632, in der er nach allgemeiner Bekomp1imentierung sagt, daB der Grundgedank.e verfehlt ist und daB das Buch eben mehr Materialwert hat. 633 DaB ich sonst nichts gegen L[ach] habe, ersehen Sie daraus, daB ich das Buch selbst zum Druck befordert habe und ibm - damals mit Widerstrauben der ehrenwerten DunkeImanner, die ibn jetzt a1s weill ich was ausposaunen - ein Stipendium in der Fakultat verschafft habe. - Am Mittwoch reise ich abo Mit herzlichen GrUBen von Haus zu Haus Ihr altgetreuer Guido Adler Mein Sohn ist gottlob in besserer Kondition heimgekebrt, a1s wir fiirchteten immerhin bedarf er noch der Schonung. Meine Tochter ist in Reichenhall.
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Wien, 13.September 1919 Lieber Freund! Zur Erganzung meines gestrigen Schreibens teile ich mit, daB von AusIandern auch welche in Betracht kamen und zwar vor allem Prof.Dr.Friedrich Ludwig von der Universitat StraBburg, eine AutoriUit in der Musikgeschichte 632. Lach, Studien zur Entwicklungsgeschichte der ornamentalen Melopie (Phil.Diss. Prag 1902), Leipzig 1913. 633. Riemann hielt, wie er in seiner Rezension schrieb, den "Grundgedanken des Werkes ... fur verfehlt". Zugleich stellte er jedoch fest - und diesen Teil enthielt Adler Meinong vor -, daB es sich dabei urn ,,ein echt akademisches Werk im groBen StH" handle (Zeitschrifi der Internationalen Musikgesellschaft, Jg.15 (1913114), S.305).
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des Mittelalters, solid und treftlich. Jetzt lebt er in Berlin. Dann Prof. Dr.Theodor Kroyer in Miinchen, ein verlaBlicher Arbeiter. Ferner Prof. Dr. Arnold Schering in Leipzig, ein arbeitsvoller, phantasiebegabter Forscher. AIle 3 extraordinarii. Die ordinarii kommen wohl nicht in Betracht? Prof. Dr. Heinrich Rietsch in Prag wiirde sofort zu Ihnen gehen. Er hat sich darum beworben, bier anzukommen. Er ist ein gediegener, akkurater Arbeiter. Ferner Prof.Dr.Hermann Abert in Halle a.S., der nach Berlin berufen werden diirfte - wohl eine l.Kraft. Dann der Choralspezialist Prof.Dr.Peter Wagner634 in Freiburg i.Schw., der wie ich glaube extraordinarius ist. AIlein - allein unsere jungen, d.h. jiingeren Osterreicher (denn jung sind sie auch nicht mehr) konnen mit den genannten Extraordinarien konkurrieren - besonders Dr.Fischer635 als Lehrkraft und Dr. Kurth als Musikdirektor, der ausgezeichnete Leistungen aufzuweisen hat. Ubrigens horte ich gestern zufaIlig, daB L[ach] eine Gelegenheit sucht, urn von der Bibliothek fortzukommen. Gegentiber Kurth und Fischer steht er zuriick. Wellesz636 ist auch tiichtig, ich weill nicht, ob er sich entschlieSen wtlrde, von Wien fortzugehen. Herzlichst Ihr vielgeplagter G.Ar. Hab von meiner Tochter gute Nachrichten. Graz, 14.September 1919 263 Lieber Freund! Oem demokratischen Staate hatte ich also einigerrnaBen unrecht getan: Thren Brief erbielt ich mit unglaublicher Geschwindigkeit. Aber die Sendung kam gestern nachrnittag doch nicht friih genug, urn sie noch am selben Tage rekommandiert zuriickgehen lassen zu konnen. Heute aber ist Sonntag, also keine Post. So muS die Rticksendung leider bis morgen warten und ich muG einigermaBen besorgen, daB sie nun vor Ihrer Abreise nicht mehr in Ihre Hande gelangen wird. Ubrigens aber nattirlich schonen Dank fUr Ihre Mitteilungen, insbesonders iiber das Konzept. Ihre Vermutung aber, es handle sich bei uns speziell urn eine Aktion zu L[ach]s Gunsten, dtirfte irrig sein. Urn n3.mlich eine FakulHits634. Peter Wagner (1865-1931), Musikwissenschaftler, ab 1897 Professor an der Universitat Fribourg. 635. Wilhelm Fischer (1886-1962), Musikwissenschaftler, Privatdozent der Universitat Wien, ab 1928 Professor an der Universitat Innsbruck. 636. Egon Wellesz (1885-1974), Musikwissenschaftler und Komponist, Privatdozent der Universitat Wien, 1929 Professor ebd., ab 1938 an der Universitat Oxford, sparer in Edinburgh. - 978-90-04-45828-4 Downloaded from Brill.com03/29/2023 12:29:38PM via Western University
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Vertrauenssache mit einer anderen zu erwidern, kann ieh konstatieren, daB die Grazer Musik-Angelegenheit sehr demokratiseh dureh die Studenten in FluB gebracht worden ist, die nebst allerhand anderen guten und schonen Dingen aueh ein ,,Lektorat fur Musik" wunschen. Was ,,Musik" sei, wuBten sie uber mein Befragen nieht ganz genau und scruenen zwischen Musiktheorie und Gescruehte nieht sonderlieh zu unterscheiden. Wir aber, namIieh die Kommission, meinten daraufhin, was Wissenschaftliehes ware vorzuziehen und wollen ein musikgeschiehtliehes Extraordinariat beantragen. Mit wieviel Erfolg, wissen wir naturlieh nieht und noeh weniger sind bereits PersonaIfragen akut. Meine Frage hat also nur einer personliehen Vororientierung gegolten und ieh danke Ihnen sehr, mir eine solehe verschafft zu haben. Wird es einmal mit einem Personalvorschlage Ernst, so hoffe ieh fur mein Tell jedenfalls das Onus des Beriehtes von mir fernhalten zu konnen: eine mehr oder minder offizielle Anfrage wird aber dann wohl jedenfaIls an Sie herantreten. Nochmals schonsten dankend, wunscht aueh noehmals recht gute Reise herzlieh griiBend A.Meinong Wien, 17.September 1919 Lieber Freund! Eben in der Abreise begriffen, erhalte ieh das rekommandierte Schreiben. Besten Dank und GruB. Ihr getreuer G.Ar. 264
265 Graz, 3.Janner 1920637 Lieber Freund! So haben Sie also, wie ich eben unserer Zeitung entnehme, nun aueh dran glauben mussen, an den Hofrat namIich. Auf Grund der mir zuganglichen Empirie638 glaube ich nicht, daB er der Guter hOchstes ist. Aber er bietet eine gute Gelegenheit, das Gluck, das er selbst nicht ist, dem zu wunschen, mit dem man's gut meint, und so lassen Sie mieh in meinem und der Meinigen Namen von dieser Gelegenheit aufs herzliehste Gebrauch machen. Moge zugleich dieser Jahresanfang eine gute Vorbedeutung fur das ganze Jahre 1920 bedeuten, dem es ja nicht schaden konnte, wenn sich's von seinem Vorganger einigennaBen vorteilhaft unterscheiden wollte. In Sachen der Grazer 637. Brief gefunden in GAC Box 37, Folder congratulatory messages Adler- ,,Hofrat". 638. Meinong war einige Jahre VOl' Adler zum Hofrat ernannt worden.
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Musikprofessur wenigstens erhoffe ich mir einen gtinstigen Fortgang der Dinge. Nur ist das Tempo ein wenig langsam, sodaB ich Sie heute noch nicht mit der Vorschlagsfrage in alier Form bemiihe. Es kann aber sein, daB ich Sie ziemlich bald einmal damit beIastigen werde. Wie ist inzwischen Ihre Reise ausgefallen, die ja immerhin unter nicht ganz gtinstigen Bedingungen angetreten worden sein wird? Hat Sie und die Ihren der JahresschluB in guter Gesundheit und relativ guter Stimmung angetroffen? Bei uns ist in dieser Hinsicht wenigstens nichts Ubles zu berichten, und man hat irn Jahre 1919 gelemt, anspruchslos zu werden. Mit der Bitte, mich auch der gnadigen ,,Frau Hofrat" bestens zu empfehlen gruBt schonstens in alter Treue A.Meinong Wien, 8.Janner 1920 Lieber Freund! Auch Du mein Sohn Brutus? Zu dieser Alterserscheinung! ,,EBrat,.639 ware mir lieber. Allein fur Ihr liebes Schreiben danke ich herzlichst. Ja unsere Freundschaft ist echt und wahr. Gem horte ich, was mit furem lieben Sohn ist. Bei uns ist der Gang geordnet, nur die Speiseordnung schmal. Ihrem Bericht sehe ich gem entgegen. Mit herzlichen GruBen von Haus zu Haus fur getreuer 266
G.Ar.
639. Anspielung auf die Versorgungsprobleme nach dem ersten Weltkrieg.
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BRIEFLISTE Briefnummer 2 2 3 4 5 6 7 8 9 to 11
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Autor Adler Adler Meinong Adler Adler Meinong Adler Meinong Adler Adler Meinong Meinong Adler Meinong Adler Meinong Meinong Adler Adler Adler Adler Meinong Adler Adler Meinong Adler Meinong Adler Meinong Adler Meinong Adler Adler Meinong Meinong Meinong
Ort Wien Wien Wien Wien Hinterbriihl Ischl Hinterbriihl Ischl Wien [Wien Ende [Wien] Wi en Hinterbriihl Wien Hinterbriihl Wien Wi en Wi en Wien Hinterbriihl Wi en Wien Wien Wien Graz Brunn Hof-Gastein Brunn Hof-Gastein Brunn Potzleinsdorf Wien Wien Graz Graz Graz
Datum II.April 1877 2.November 1877 3.November 1877 25.April 1878 31.Juli 1878 to.August 1878 21.August 1878 26.August 1878 27.Dezember 1878 1880lAnfang 1881] 3 Jiinner 1881 16Jiinner 1881 23 J iinner 1881 27 Jiinner 1881 30Jiinner 1881 22.April 1881 l.Juni 1881 26.0ktober 1881 25.April 1882 25Juni 1882 IIJuli 1882 12Juli 1882 31.0ktober 1882 31.Miirz 1883 10.April 1883 22Juli 1883 2.August 1883 6.August 1883 19.August 1883 9.September 1883 12.September 1883 18.November 1883 5.Dezember 1883 8.Dezember 1883 19.Dezember 1883 23.Dezember 1883
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Wien 5.lanner 1884 7 .lanner 1884 Graz 6.Februar 1884 Wien Graz 13.Februar 1884 13.April 1884 Wi en 27.Mai 1884 Graz 2.luli 1884 Wien 4.luli 1884 Graz 18Juli 1884 Modling 19.1uli 1884 Graz 30.August 1884 Graz 5.September 1884 Wien 22.September 1884 Graz 8.0ktober 1884 Graz 17.0ktober 1884 Wien 18.0ktober 1884 Graz 11.November 1884 Wien II.November 1884 Graz 22.November 1884 Wien 8.Dezember 1884 Graz 23.Dezember 1884 Graz 30. Dezember 1884 Graz Wien 14.Marz 1885 15.Marz 1885 Graz 14.Mai 1885 Graz 16.Mai 1885 Wien 30.Juni 1885 SchloB Wildegg 21Juli 1885 SchioB Wildegg 4.August 1885 Jungbrunn 6.0ktober 1885 Wien 7.0ktober 1885 Graz 1O.Oktober 1885 Wien 13.November 1885 Wien 12.April 1886 Wien 15.luni 1886 Graz 18.luni 1886 Prag 31.Dezember 1886 Wien 25.liinner 1887 Prag 12.Miirz 1887 Graz 12.September 1887 Siegenfeld
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4.0ktober ] 887 Graz ] 2.November ] 887 Prag Prag 30.Dezember 1887 [Prag) 12.Jlinner 1888 15.Februar ]888 Prag 17 .August 1888 Siegenfeld Hofgastein 23.August 1888 Siegenfeld 11.September 1888 [13).September 1888 Graz 27.November ]888 Prag 27.Dezember 1888 Graz 30.Dezember 1888 Prag 7.Mlirz ]889 Prag 6.April ] 889 Graz 6.Mai ]889 Prag 9.Mai 1889 Graz 12.Mai ]889 Prag Prag 4.Juli 1889 Prag 14.0ktober 1889 19.November ]889 Graz 29.Dezember 1889 Prag Brunshaupten 23.Juli 1890 ] O.August ] 890 Brunshaupten Baden 27.September 1890 27.Februar 1891 Prag Siegenfeld 4.Juli 1891 Prag 7.November 1892 14.November 1892 Prag Prag 28.Dezember 1892 Prag 2.Februar 1893 Prag 3 I .Dezember 1893 Prag 25.November 1894 Prag 18.Februar 1895 Graz 23.Mai 1895 Prag 25.Mai 1895 Graz 27.Mai 1895 Prag 30.Mai 1895 Graz 2.Juni 1895 Baden 3.Juni 1895 Graz 8.Juni 1895 - 978-90-04-45828-4 Downloaded from Brill.com03/29/2023 12:29:38PM via Western University
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Prag Prag Graz Graz Prag Prag Graz Prag Siegenfeld Siegenfeld Siegenfeld Prag Karlsbad [Prag Prag Baden [Wien Graz Wien Graz Wien Aussee Aussee Aussee Innsbruck Aussee Aussee Wien Wien Wien Baden Graz Graz Wien Wien Graz Wien Graz Wien Graz
IOJuni 1895 14Juni 1895 16Juni 1895 26.0ktober 1895 9.November 1895 26.Dezember 1895 28.Dezember 1895 6Jiinner 1896 IOJuni 1896 12Juli 1896 14.Juli 1896 31.Dezember 1896 8.April 1897 Ende April 1897] IIJuli 1898 29.Juli 1898 Herbst 1898] 31.Dezember 1898 5Janner 1899 2I.Juni 1899 24Juni 1899 17.August 1899 3D.August 1899 18Juli 1900 II.August [1900] 3.September 1900 9.September 1900 29.Dezember 1900 28.April 1901 17.Mai 1901 12Juni 1901 I3Juni 1901 13Juni 1901 16Juni 1901 22Juni 1901 18.Dezember 1901 19.Dezember 1901 6.Miirz 1902 9.Miirz 1902 11.Miirz 1902
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Wien Graz Wi en Wien Jauring Jauring Aussee Graz Wien Graz Wien [Graz Wien Wien Wien Wien Graz Wien Graz Wien Wien Graz Graz Wien Graz Wien Wien Graz Wien Graz Wi en Graz Wi en Graz Graz Wi en Wien Wien Graz Graz
17.Mai 1902 25.Mai 1902 27.Mai 1902 16Juli 1902 19Juli 1902 7.September 1902 lO.september 1902 24.Dezember 1902 27.Dezember 1902 17.Februar 1903 22.Februar 1903 Ende Miirz] 1903 3.April 1903 I.November 1903 16.November 1904 13. Dezember 1904 17.Dezember 1904 18.Dezember 1904 22.Dezember 1904 5 J iinner 1905 30.Mai 1906 4Juni 1906 31.0ktober 1906 2.November 1906 7.Dezember 1906 20.Dezember 1906 2.Februar 1907 5.Februar 1907 7.Februar 1907 8.Februar 1907 12.Februar 1907 22Jiinner 1908 23Jiinner 1908 17.April 1909 9.Februar 1910 28.Februar 1910 8.0ktober 1910 3Jiinner 1911 5 Jiinner 1911 20Jiinner 1911
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Wien Graz Wien Graz Wien Wien Graz Wien Unterburg Aussee Graz Wien Graz Graz Wien Graz Wien Aussee Graz Wien Graz Wien Unterbach Graz Wien Wien Graz Wien Wien Graz Wien Wien Wien Graz Graz Wien Graz Wien Graz Wien
23.Janner 1911 22.Februar 1911 24.Februar 1911 27.Februar 1911 18.Marz 1911 18.Marz 1911 20.Miirz 1911 23.Marz 1911 29.August 1911 6.September 1911 4.November 1911 14.November 1911 2.Dezember 1911 29.Dezember 1911 ll.Janner 1912 14.November 1912 19.November 1912 23.Juli 1913 18.August 1913 IO.Mai 1914 9.Juni 1914 ll.Juli 1914 6.August 1914 15.September 1914 18.September 1914 IO.November 1914 21.November 1914 13.Februar 1915 7.Marz 1915 14.Juli 1915 2l.Juli 1915 29.0ktober 1915 25.Dezember 1915 31.Dezember 1915 4.Februar 1916 6.Februar 1916 2.Juni 1916 22.Juni 1916 26.August 1916 23.Janner 1917
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Graz 26.Janner 1917 Wi en 29.Janner 1917 Graz 3.Marz 1917 Wien 7.Marz 1917 Wien 29.Juni 1917 Graz 2.Juli 1917 31.August 1917 Wien Wien 15.Februar 1918 16.Februar 1918 Graz Wien 20.Februar 1918 12.Marz 1918 Graz 23.Marz 1918 Wi en Wien I.August 1918 SteinlKrain 20.August 1918 Graz 21.August 1918 [Wien NovemberlDezember 1918] 14.Dezember 1918 Wien 26.Dezember 1918 Graz Wien 7.Janner 1919 Graz 23.Februar 1919 Graz 11.August 1919 Wien 15.August 1919 Wien 8.September 1919 Graz to.September 1919 [Wi en] 12.September 1919 Wien 13.September 1919 Graz 14.September 1919 Wien 17.September 1919 Graz 3.Janner 1920 Wien 8.Janner 1920
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PERSONENREGISTER Abert, Hermann 32, 224f., 231, 234f., 268, 271 Adler (= Berger), Betti 113, 120, 125, 138,163,200,220,247,255, 257 Adler, Franziska 70 Adler, Guido Iff. Adler, Hubert Joachim (= Achim) 2, 142, 216, 220, 247f., 249, 251, 253,257,259-261,264,266, 269f. Adler, Melanie 118, 120, 138, 142, 255, 261,268,269f. Albert, Heinrich 166 Ambros, August Wilhelm 8, 166 Antonicek, Theophil2, 16f., 19f., 43 Aristoteles 4 Arleth, Emil 159 Arnim, Hans von 183, 191 Artaria, Carl August 16, 136 Artaria (Verlag) 219 Aschersolm, Ferdinand 94 Ash, Mitchell G. 2 Avenarius, Richard 187 Bach, Johann Sebastian 70, 76, 88, 101,154,166,185,232 Bach, Philipp Emanuel 181 Barach-Rappaport, Carl Sigrmmd 101 Barth, Paul 30, 214f Bauer, Adolf 262 Becher, Erich 260 Beck von Managetta, Leo 114f. Beermann 140 Beethoven, Ludwig van 60, 119 Bellermann, Heinrich 17,76 Benevoli, Orazio 220 Benndorf, Hans 42 Benussi, Vittorio 198 Berger (= Adler), Betti 49, 111, 159 Berger, Emil 159, 177, 181 Berger, Theodor 136
Berger, Wilhelm 128 Bernoulli, Ernst 166 Bettelheim, Anton 8Of. Bettelheim, Caroline 81 Biber, Heinrich Franz 171,233 Binder, Thomas 2 Blaukopf, Kurt 2,210 Bolin,Wilbelm 19, 24f., 160 Boltzmann, Ludwig 29f., 172,212 Bolzano, Bernhard 21 Botstiber, Hugo 148 Brahms, Johannes 17,20, 124, 148, 162 Brandl, Alois 85 Breitkopfund Hartel (Verlag) 83, 94, 124,131,148,267 Brentano, Franz 4, 8f., 11,21-23, 25f.,29, 43, 45, 55f., 67,81, 84f., %-98, 138 Brentano (= Lieben), Ida 8 Broda, Engelbert 30 Bruckner, Anton 153 Buchholz (= Meinong), Doris 50,131 Buchholz uod Diebel
(Musikalienhandlung) 131f. Busoni, Ferrucio 140 Bylandt-Rheydt, Arthur von 21 Caffi, Francesco 166 Cavalli, Francesco 165 Cesti, Pietro 165 Chamisso, Adalbert von 56 Chrysander, Friedrich 5, 19f., 36, 82(,94(,106,110,131,230 Chybmski, Adolf 230, 242, 259 Claus, Karl Friedrich 179 Conrad von Eybesfeld, Sigmmd 8, 10 Csanady, Thomas 2 Cui, Cesar 124 Dachs, Josef 153 Dargun, Lothar von 49, 56, 82, 106f., 110, 113, 117, 122 David, Benno von 10, 97f., 114
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Decsey, Ernst 205f, 227f. Dessoff, Otto 154 Dietz, Max 18,32,43, 145, 148f., 176,179,181,229 Dlabac, Friedrich 238 Dlabac, Ladislaw 238 Doblhoff-Dier, Josef von 101 Dopsch, Alfons 176 Diihring, Eugen 81 Dumba, Konstantin von 42, 61-63 Durege, Heinrich 9,86, 96f. Dvofak, Antonio 124 Ebbinghaus, Hermann 28f., 194, 197 Eder, Gabriele Johanna 2, 48 Egger, Bela 74 Ehrenfels, Christian von 14, 19,68, 83, 124, 161, 196 Ellis, Alexander John 119, 154 Engel, Hans 119 Erdmann, Benno 23f., 28, 144, 157, 194, 197 Escherich, Gustav von 17,20, 148 Eucken, Rudolf 23, 144 Eugen, Erzherzog 178 Exner, Franz 209,211 Exner, Sigmund 213 Fabian, Reinhard 2, 5 Faist, Anton 41, 173, 187, 197 Falckenberg, Richard 25 Felber, Erwin 243 Ferdinandm. 137, 154f. Feuerbach, Ludwig 35, 122f. Ficker, Julius von 176 Ficker, Marie von 176 Fischer, Wilhelm 34,268,271 Fisher, Donald 222 Fleischer, Oskar 18, 150, 152f., 176, 180 Flotzinger, Rudolf 2, 18, 33f., 41, 145,229 Fontane, Theodor133 Frankl, Wilhelm Maria 198 Franz Josef!. 123 Franz, Robert 64 Friedlaender, Max 176, 18Of. Fux, Johann Josef 155,200
Gade, Niels 64 Gagliano, Alessandro 131 Galen, Augustinus von 254 Gallus, Jacobus 220 Gautsch von Frankenthurn, Paul 13, 24-26, 113, 129 Gehring, Franz 80 Geiringer, Karl 17 Gimpl, Georg 19, 24f. Gluck, Christoph Willibald 232 Gomperz, Heinrich 26f., 156 Gomperz, Theodor 26,38, 88f., 156 Gounod, Charles 58, 76 Gradener, Hermann 213 Grobben, Karl 179 Groos, Karl 260 Grtinfeld, Alfred 57, 213 Haas, Robert 33, 233f., 236 Haller, Rudolf 2 Handel, Georg Friedrich 20, 76, 83, 88, 101, 154 Hann, Julius 183, 191 Hanslick, Eduard 5,8, 10, 15-17, 19, 21,43,69, 76f., 84, 88, 101, 107, 142, 162, 168 Hartel, Reinhard 25 Hartel, Wilhelm von 16 Hasse, Johann Adolf 232 Hatschek, Berthold 179 Hausegger, Friedrich von 17f., 31 f., 141, 143f., 155-157, 172, 175 Hausmann, Friedrich 25 Haydn, Joseph 148,217,219,221 Heidmann, L. 83 Heinze, Max 209 Heinzel, Richard 79, 183, 191 Helfert, Joseph von 101 He11mesberger, Joseph 57, 107 Helm, Theodor 82 Helmholtz, Hermann von 83, 104 Hering, Ewald 11,28, 194, 196 Hermann, Alois von 100 Hillebrand, Franz 26, 159, 185, 192 Hilscher, Elisabeth Th. 2, 128,213 Hinrichsen, Hans-Joachim 2 Hintersteiner, Jakob 53
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297 Hoffer, Familie 78 Hoffmann, E.T.A. 261 Hoflechner, Walter If., 5, 14, 25, 53, 67,194,250,252 Hofler, Alois 14f., 27f. 3Of., 45f., 68, 135, 136, 156, 172, 174, 183192, 198, 212-215, 220, 244, 254,260, Hostinsky, Otakar 8, 67,84,88 Huber, Adalbert 54 Huber, Alfons 20 Huber, Hans 124 Hwre, David 4,54,71, 128f. Jachimxki, Zdzislaw 230, 242, 259 Jacobsthal, Gustav 229 Jahn, Hans Max 85f., 130 Jahn, Wilhelm 107 JodI, Friedrich 11-15, 17, 19f., 22, 24f., 27-31, 35, 45f., 48,50, 109, 111, 113f., 117, 120, 122, 134, 139, 144, 157, 159, 1~ 162, 172, 183f., 184, 187, 191, 195f., 212, 246f., 250, 259, Johnston, William M. 22, 27 Jomelli, Niccolo 232 Joseph I. 137, 154f. Kalisch, Volker 39, 44, 46 Kant, Immanuel 55, 190 Kappel von Savenau, Karl Maria l4Of. Karabacek, Josef von 16 Kelle, Carl von 114f. Kernbauer, Alois If., 53, 194, 250, 252 Kienzl, Wilhelm 140 Kindinger, Rudolf 11, 13f., 19,22-24, 45f., 48, 51, 139 Knoll, Philipp 11, 139 Kobald, Karl 47 Kopp, Josef 80, 134 Kretzschmar, Hermann 17f., 152f., 165-167,169,176 Kroyer, Theodor 32f., 224f., 231, 235-237,268,271 Kiilpe, Oswald 245 Kurth,~t34,242,268,271
La Grange, Henry-Louis de 211 Labor, Josef 130 Lach, Robert 268-271 Lacker, Karl 240-242 Lasso, Orlando di 180 LembOck, Gabriel 130 Lenz, Oskar 159 Leopold I. 137, 149, 154f. Lichtenstern, Alexander 57 Lieben (= Brentano), Ida 22 Lindenfeld, David F., 13,45, 66 Lipps, Theodor 28f., 41, 104f., 194, 197 Liszt, Franz 58-60 Lorenz, Carl 138 Lorenz, Ottokar 69 Loserth, Johann 176 Ludwig, Friedrich 32, 224f, 231, 270 Luntz, Erwin 33, 224f., 233f., 236 Luntz, Victor 233 Maassen, Friedrich 69 Mach, Ernst 9,13,17,23-25,27-30, 46,66,82,84,86,96-98,110, 117,144,183-185,187,191196 Mach, Heinrich 143 Madeyski-Poray, Stanislaw von 22f. Mahler, Gustav 211,213,224 Maier, Heinrich 245, 259 Mally,~t42,50,65, 198,242, 260 Mandyczewski, Eusebius 17-21, 145, 147f., 162 Marchet, Gustav 30, 224 Marinelli, Wilhelm 179 Martinak, Eduard 30, 214f. Marty, Anton 8,14, 22f.,25, 46, 9698,117,120,127,134,144, 159 Marx, Joseph 41 Masaryk, Thomas 22, 51, 71, 79 Mathias, Abbe Xaver 220 Mayer 6lf., 218 Mayer, Friedrich Arnold 149, 169 Mayer, Laurenz 217f Mayer, Wilhelm 14Of.
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Meinong von Handschuchsheim, Alexius Iff. Meinong von Handschuchsheim ( = Buchholz), Doris 5, 42, 51f., loo,141,151,200f.,209,212, 220,256,259 Meinong von Handschuchsheim, ~t51, 1~142,209,219,
221,223,227,229,236,240, 242, 247f., 251, 253, 255-259, 261-264,266,268 Meinong von Handschuchsheim, Rafael 262 Mendelssohn-Bartholdy, Felix 60 Mill, John Stuart 38, 88f. Moon, Georg Mathias 220 Monteverdi, Claudio 165f. Mottl, Felix 4 Mozart, WolfgangAmade224 Moffat, Georg 149, 169, 220, 233 Muffat, Gottlieb 20 Miiller, David 98 Miillner, Laurenz 24f., 27, 29, 3Of., 144, 172, 183, 191, 195, 212,,246 Nautz, Jiirgen 22 Neuwirth, Josef 19, 162 Nikisch, Arthur 4, 167 Noordt, Anthoni van 171 Nottebohm, Martin Gustav 148 OIzelt von Newin, Anton 14, 28f., 43, 121, 125, 144, 184, 193-195, 198,200,202,209,215(,246 Palestrina, Giovanni Pierluigi da 70 Pebal, Leopold von 112 Penck, Albrecht 24 Pfaundler von 1Iaderrwr, Leopold 240 Pflanzer-Baltin, Karl 251 Pichler, Hans 242 Pohl, Carl Ferdinand 148 Pollak, Therese 57 Prelinger, Fritz 116f. Prutti, Brigitte 14 Radakovic, Michael 197 Rein, Wilhelm 213
Reinecke, Carl Heinrich 167 Reininger, Robert 259f Reininghaus, Hans 264 Reininghaus, Hugo 263 Reininghaus, Johann Peter 239 Reininghaus, Therese 238f. Reschauer, Heinrich 80-82 Reznicek, Emil von 140 Richter, Hans 130 Rickert, Heinrich 259 Riehl, Alois 24, 28, 72, 157f., 164, 194, 197 Riemann, Hugo 32, 167-169, 178, 18Of., 185, 225f., 231, 270 Rietsch, Heinrich 32, 149, 152f., 165, 169, 176, 178, 181, 224f., 231,242,271 Rolland, Romain 181 ROsIer, Josef 119 Rothschild, Familie 178 Rubinstein, Anton 124 Saint-Saens, Camille 124 Salter, William M. 120 Sandberger, Adolf 152f., 176, 180, 237 Sauer, August 110 Schachleiter, Alban 254 Scheidt, Sanmel 171 ScheUnpflug, Karl 99 Schenkl, Adolf 135 Schenkl, Heinrich 18, 145,228 Sc~,Wilhehn153
Schering, Arnold 33, 232, 234-237, 268,271 Sclurerling, Anton von 162 Schmidtler, Richard 57 Schmied-Kowarzik, Wolfdietrich 22f. SchOnbach, Anton E. 207 SchOnberg, Arnold 47 Schopenhauer, Arthur 35,119 Schubert, Franz 64, 124, 148 Schultz, Alwin 162 Schurrwmn, Clara 128 Schurrwmn, Robert 64, 231 Schwarz, Herrrwmn 260 Schweidler, Egon von 210
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299 Schweitzer, Albert 220 Seiffert, Max 170, 178 Shakespeare, William 245 Siebeck, Hermann 25 159 Sigwart, Christoph 28, 194, 197 Skala, Richard 204-06 Skraup, Zdenko Hans 215 Sk:uhersky, Frantisek Zdenek 88 Spitta, Philipp 5,36, 76f., 82f., 9395,106,131,170,230 Spitzer, Hugo 160 Spohr, Louis 124 Spranger, Eduard 259 Stamke61 Stockhausen, Julius 180 Stohr, Adolf 29, 214f. Strauss, Richard 128, 210 Stremayr, Karl von 21, 55 StUcker, Norbert 250, 252, 254 Stumpf, CarI8f., 1If., 39-41, 66, 77, 84,86,88-93,95-98, 101, 105, 116, 138, 173, 194 SweeIinck, Jan Pieterszoon 17If. Taaffe, Eduard 12 Thaa, Georg von 114f. Thausing, Moriz 38 Thomann, Adolf 263 Thomann-Buchholz, Else 262 Trendelenburg, Friedrich A. 81 Tschampa, Amalia 173 Tschampa, Maria 173 Tschmapa, Fanny 173
Tschermak, Gustav 195 Ubell,Kar181 Ueberweg, Friedrich 209 Urban,WilburM.222,239 Vahrenkamp, Richard 22 Vogt, Theodor 30, 183-185, 191,212 Wagner, Richard 35,53,57,60,66, 69, 161, 203f. Wagner, Peter 271 Wallaschek, Richard 32f., 43, 179f., 223-226,229,232, 234( Webern, Anton von 47 Weiss, Gustav Adolf 97 Weitlof, Moriz 80 Weitzmann, KarIF. 170 Wellesz, Egon 34, 268,271 Wesse1y, Othmar 39 Wieser, Friedrich von 121, 152, 160 Willmann, Otto 98, 159 Windelband, Wilhelm 22, 144 Wirth, Wilhelm 190 Witasek, Stephan 4If., 146, 172f., 189, 197f., 203, 210, 251 Wolf, Hugo 205f., 228 Wolf, Johannes 33, 224f., 231 Wundt, Wilhelm 138 Wurzbach, Wolfgang 101 Zeissberg, Heinrich von 16 Zimmermann, Robert 16,21-24,26, 79, 85, 156f. Zindler, Konrad 198
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