Aktivierendes Kulturmanagement: Handbuch Organisationsentwicklung und Qualitätsmanagement für Kulturbetriebe [1. Aufl.] 9783839417904

Die Kulturszene ist gegenwärtig mit permanenten Veränderungen konfrontiert, die vor allem durch das plurale und individu

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INHALT
Einleitung
I. Der Handlungsbedarf für ein aktivierendes Kulturmanagement: Der Angriff von Politik und Gesellschaft auf das Wahre, Schöne, Gute
1. Politik und Kultur
1.1 Der lange Weg der »Kultur für alle« in die Gegenwart: Der nachhaltige Reformprozess der neuen Kulturpolitik
1.2 Der politische Rettungsanker angesichts leerer Kassen: Die Fixierung der Kultur als ökonomischer und struktureller Standortfaktor
1.3 Die aktivierende Kulturpolitik: Der Angriff des New Public Management auf den Alleinvertretungsanspruch der Hochkultur
2. Gesellschaft und Kultur
2.1 Die Hochkultur im Warenkorb der Erlebnisgesellschaft
2.2 Der demografische Wandel: Der »natürliche« Besucherschwund und mögliche Gegenmaßnahmen
2.2.1 Die notwendige Orientierung der Kulturangebote an der Generation der Babyboomer
2.2.2 Kultur für das Publikum von Morgen: Publikumsbindung von Anfang an
2.2.3 Die Integration von Migranten durch und in die Hochkultur
2.3 Audience Development als Programm- und Besucher - orientierung des aktivierenden Kulturmanagements
3. Institution und Kultur
3.1 Der Kulturauftrag: Das öffentliche, staatliche Interesse an der Kultur
3.2 Das Publikumsinteresse als zweite Instanz der Orientierung
3.3 Die Programmatik des Kulturbetriebs: Der Dreiklang von Kulturauftrag, Besucherinteresse und ästhetischer Mission
II. Die Grundlagen, Strategien und Zielsetzungen der Organisationsentwicklung
1. Die Philosophie der Kulturorganisationsentwicklung: Wie muss sich ein Kulturbetrieb organisieren, um morgen noch existieren zu können?
2. Das Basisinstrument des aktivierenden Kulturmanagements: Die Kommunikation
2.1 Die externe Kommunikation: Die allgemeine Befindlichkeit der Kultur-PR
2.2 Die interne Kommunikation: Die Schaltzentrale des aktivierenden Kulturmanagements
3. Die Organisationskultur: Barriere und Motor der Organisationsentwicklung
4. Die lernende Organisation: Die Zielperspektive des aktivierenden Kulturmanagements
III. Die konkrete Operationalisierung des aktivierenden Kulturmanagements. Qualitätsmanagement für Kulturbetriebe (KQM)
1. Die ersten Gehversuche von Qualitätsmanagement im Kulturbereich: Die Museumsregistrierung
1.1 Das Verfahren der Museumsregistrierung in Niedersachsen, Bremen und Rheinland-Pfalz
1.2 Mögliche Konsequenzen der Museumsregistrierung: Qualitätsmanagement als Förderinstrument öffentlicher Verwaltungen
2. Die allgemeine Definition von Qualitätsmanagement
3. Die Philosophie, der Begriff und die Managementsysteme der Qualität
3.1 Total Quality Management
3.2 Die Definition von Qualität
3.3 Die Qualitätsmanagementsysteme
3.3.1 DIN EN ISO 9000-9004
3.3.2 Das EFQM-Modell
4. EFQM für Kulturbetriebe: Die normative Konzeptentwicklung für Kulturqualitätsmanagement (KQM)
4.1 Die EFQM-Kriterien für den exzellenten Kulturbetrieb
4.2 Der Maßnahmenkatalog zur Erfüllung der EFQM-Kriterien
5. Voraussetzungen, Rahmenbedingungen und Start des KQM
5.1 Die Projektplanung sowie die Installation externer Berater und eines internen Qualitätsbeauftragten
5.2 Die Etablierung der internen Kommunikation
5.3 Die Festlegung von Mission, Vision und die Entwicklung des Leitbilds
5.4 Die Bekanntgabe des KQM-Projekts als Startschuss
6. Die Analyseverfahren: Wie beurteilen alle Beteiligten Qualität
6.1 Die Dokumentation bereits vorhandener Qualitätsstandards
6.1.1 Die Bestandsaufnahme vorhandener Exzellenz erfüllender Maßnahmen
6.1.2 Die Aufstellung relevanter Qualitätsmerkmale
6.1.3 Die objektiven Leistungseigenschaften
6.2 Die besucherorientierten Messverfahren
6.2.1 Die objektive Analyse durch Expertenbeobachtung
6.2.2 Das Silent-Shopper-Verfahren als objektive, teilnehmende Beobachtung
6.2.3 Das subjektive, merkmalsorientierte Messverfahren: Die Besucherbefragung
6.2.4 Die sequenzielle Ereignisanalyse in der subjektiven Wahrnehmung der Kunden
6.2.5 Das Beschwerdemanagement als problemorientierte Analyse aus Kundensicht
6.3 Die managementorientierten Methoden der organisationsinternen Analyse
6.3.1 Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA)
6.3.2 Benchmarking
6.4 Die mitarbeiterorientierten Messverfahren
6.4.1 Die Mitarbeiterbefragung zur externen Analyse der Qualität
6.4.2 Die Mitarbeiterbefragung zur internen Analyse der Qualität
6.4.3 Die Analyse der Organisationskultur
6.4.4 Das betriebliche Vorschlagswesen
6.4.5 SWOT-Analyse als planungsorientierte Dokumentation der bisherigen Ergebnisse
6.5 Anmerkungen zur praktischen Umsetzung der Analysephase
7. Die Planungsphase des KQM
7.1 Die Qualitätsposition
7.2 Die Qualitätsstrategien
7.2.1 Die Festlegung der Zielkategorien zur strategischen Ausrichtung der Qualitätslenkung
7.2.2 Die Marktsegmentierung
7.2.3 Die Marktfeldstrategien
7.2.4 Die Marktteilnehmerstrategien
7.3 Die Qualitätsgrundsätze
7.4 Die Qualitätsziele
8. Die Umsetzung des KQM: Die Qualitätslenkung
8.1 Die mitarbeiterbezogenen Instrumente der Qualitätslenkung
8.1.1 Die Personalauswahl
8.1.2 Die Personalentwicklung
8.1.3 Die Anreizsysteme für Mitarbeiter
8.2 Die kulturbezogenen Instrumente
8.3 Die organisationsbezogenen Instrumente
9. Das Qualitätscontrolling
10. Change Management: Der permanente Begleitprozess des KQM
10.1 Die allgemeinen Grundlagen des Change Managements: Ohne Kommunikation keine Veränderung
10.2 Die wichtigste Aufgabe des Change Managements: Widerstände wahrnehmen und überwinden
Kulturqualitätsmanagement: Keine leichte Angelegenheit in der Praxis?
Literatur
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Aktivierendes Kulturmanagement: Handbuch Organisationsentwicklung und Qualitätsmanagement für Kulturbetriebe [1. Aufl.]
 9783839417904

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Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement Handbuch Organisationsentwicklung und Qualitätsmanagement für Kulturbetriebe

Jochen Zulauf (Dr. phil.) ist freiberuflicher Dozent für Kultur- und NonprofitManagement an verschiedenen Hochschulen. Er hat als Kulturreferent und Literaturrezensent gearbeitet und war von 1996 bis 2008 Leiter im Marketing und Pressesprecher an renommierten Stadttheatern (Frankfurt, Oberhausen, Bonn und Mannheim).

Jochen Zulauf

Aktivierendes Kulturmanagement Handbuch Organisationsentwicklung und Qualitätsmanagement für Kulturbetriebe

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2012 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Korrektorat: Anna Tabea Koepp und Hüseyin Demir, Bielefeld Satz: Mark-Sebastian Schneider, Bielefeld Druck: Aalexx Buchproduktion GmbH, Großburgwedel ISBN 978-3-8376-1790-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

£ I NHALT Einleitung .....................................................................................

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I. Der Handlungsbedarf für ein aktivierendes Kulturmanagement: Der Angriff von Politik und Gesellschaft auf das Wahre, Schöne, Gute ......................................................... 15 1. Politik und Kultur ........................................................................ 15 1.1 Der lange Weg der »Kultur für alle« in die Gegenwart: Der nachhaltige Reformprozess der neuen Kulturpolitik .......... 16 1.2 Der politische Rettungsanker angesichts leerer Kassen: Die Fixierung der Kultur als ökonomischer und struktureller Standortfaktor ............................................ 20 1.3 Die aktivierende Kulturpolitik: Der Angriff des New Public Management auf den Alleinvertretungsanspruch der Hochkultur ................. 21 2. Gesellschaft und Kultur ............................................................... 29 2.1 Die Hochkultur im Warenkorb der Erlebnisgesellschaft ........... 30 2.2 Der demografische Wandel: Der »natürliche« Besucherschwund und mögliche Gegenmaßnahmen ............... 32 2.2.1 Die notwendige Orientierung der Kulturangebote an der Generation der Babyboomer ............................... 34 2.2.2 Kultur für das Publikum von Morgen: Publikumsbindung von Anfang an ............................... 36 2.2.3 Die Integration von Migranten durch und in die Hochkultur ....................................... 38 2.3 Audience Development als Programm- und Besucherorientierung des aktivierenden Kulturmanagements ................ 41 3. Institution und Kultur .................................................................. 45 3.1 Der Kulturauftrag: Das öffentliche, staatliche Interesse an der Kultur .................... 47 3.2 Das Publikumsinteresse als zweite Instanz der Orientierung .... 48 3.3 Die Programmatik des Kulturbetriebs: Der Dreiklang von Kulturauftrag, Besucherinteresse und ästhetischer Mission ....................................................... 49

II. Die Grundlagen, Strategien und Zielsetzungen der Organisationsentwicklung ....................................................... 51 1. Die Philosophie der Kulturorganisationsentwicklung: Wie muss sich ein Kulturbetrieb organisieren, um morgen noch existieren zu können? ........................................ 51 2. Das Basisinstrument des aktivierenden Kulturmanagements: Die Kommunikation .................................................................... 58 2.1 Die externe Kommunikation: Die allgemeine Befindlichkeit der Kultur-PR ........................... 59 2.2 Die interne Kommunikation: Die Schaltzentrale des aktivierenden Kulturmanagements ....... 61 3. Die Organisationskultur: Barriere und Motor der Organisationsentwicklung ......................... 62 4. Die lernende Organisation: Die Zielperspektive des aktivierenden Kulturmanagements ............ 69 III. Die konkrete Operationalisierung des aktivierenden Kulturmanagements. Qualitätsmanagement für Kulturbetriebe (KQM) ........................... 75 1. Die ersten Gehversuche von Qualitätsmanagement im Kulturbereich: Die Museumsregistrierung ............................... 76 1.1 Das Verfahren der Museumsregistrierung in Niedersachsen, Bremen und Rheinland-Pfalz ...................... 77 1.2 Mögliche Konsequenzen der Museumsregistrierung: Qualitätsmanagement als Förderinstrument öffentlicher Verwaltungen ...................................................... 79 2. Die allgemeine Definition von Qualitätsmanagement ..................... 81 3. Die Philosophie, der Begriff und die Managementsysteme der Qualität ..................................... 82 3.1 Total Quality Management ..................................................... 83 3.2 Die Definition von Qualität .................................................... 83 3.3 Die Qualitätsmanagementsysteme .......................................... 85 3.3.1 DIN EN ISO 9000-9004 ............................................. 85 3.3.2 Das EFQM-Modell ....................................................... 87 4. EFQM für Kulturbetriebe: Die normative Konzeptentwicklung für Kulturqualitätsmanagement (KQM) ......................................... 88 4.1 Die EFQM-Kriterien für den exzellenten Kulturbetrieb ............ 89 4.2 Der Maßnahmenkatalog zur Erfüllung der EFQM-Kriterien ............................................................... 104

5. Voraussetzungen, Rahmenbedingungen und Start des KQM .......... 5.1 Die Projektplanung sowie die Installation externer Berater und eines internen Qualitätsbeauftragten ....... 5.2 Die Etablierung der internen Kommunikation ......................... 5.3 Die Festlegung von Mission, Vision und die Entwicklung des Leitbilds .......................................... 5.4 Die Bekanntgabe des KQM-Projekts als Startschuss ................. 6. Die Analyseverfahren: Wie beurteilen alle Beteiligten Qualität ......................................... 6.1 Die Dokumentation bereits vorhandener Qualitätsstandards ..... 6.1.1 Die Bestandsaufnahme vorhandener Exzellenz erfüllender Maßnahmen ............................................. 6.1.2 Die Aufstellung relevanter Qualitätsmerkmale .............. 6.1.3 Die objektiven Leistungseigenschaften ......................... 6.2 Die besucherorientierten Messverfahren ................................. 6.2.1 Die objektive Analyse durch Expertenbeobachtung ........ 6.2.2 Das Silent-Shopper-Verfahren als objektive, teilnehmende Beobachtung ......................................... 6.2.3 Das subjektive, merkmalsorientierte Messverfahren: Die Besucherbefragung ............................................... 6.2.4 Die sequenzielle Ereignisanalyse in der subjektiven Wahrnehmung der Kunden ......................................... 6.2.5 Das Beschwerdemanagement als problemorientierte Analyse aus Kundensicht ............ 6.3 Die managementorientierten Methoden der organisationsinternen Analyse .......................................... 6.3.1 Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) .......... 6.3.2 Benchmarking ............................................................ 6.4 Die mitarbeiterorientierten Messverfahren .............................. 6.4.1 Die Mitarbeiterbefragung zur externen Analyse der Qualität ................................ 6.4.2 Die Mitarbeiterbefragung zur internen Analyse der Qualität ................................. 6.4.3 Die Analyse der Organisationskultur ............................ 6.4.4 Das betriebliche Vorschlagswesen ................................ 6.4.5 SWOT-Analyse als planungsorientierte Dokumentation der bisherigen Ergebnisse .................... 6.5 Anmerkungen zur praktischen Umsetzung der Analysephase ..

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7. Die Planungsphase des KQM ........................................................ 7.1 Die Qualitätsposition ............................................................. 7.2 Die Qualitätsstrategien .......................................................... 7.2.1 Die Festlegung der Zielkategorien zur strategischen Ausrichtung der Qualitätslenkung ............................... 7.2.2 Die Marktsegmentierung ............................................ 7.2.3 Die Marktfeldstrategien ............................................... 7.2.4 Die Marktteilnehmerstrategien .................................... 7.3 Die Qualitätsgrundsätze ........................................................ 7.4 Die Qualitätsziele .................................................................. 8. Die Umsetzung des KQM: Die Qualitätslenkung ............................ 8.1 Die mitarbeiterbezogenen Instrumente der Qualitätslenkung ... 8.1.1 Die Personalauswahl ................................................... 8.1.2 Die Personalentwicklung ............................................. 8.1.3 Die Anreizsysteme für Mitarbeiter ............................... 8.2 Die kulturbezogenen Instrumente .......................................... 8.3 Die organisationsbezogenen Instrumente ............................... 9. Das Qualitätscontrolling ............................................................... 10. Change Management: Der permanente Begleitprozess des KQM ..................................... 10.1 Die allgemeinen Grundlagen des Change Managements: Ohne Kommunikation keine Veränderung ............................ 10.2 Die wichtigste Aufgabe des Change Managements: Widerstände wahrnehmen und überwinden ..........................

160 160 161 162 164 165 169 173 174 175 176 176 177 178 180 183 186 189 190 192

Kulturqualitätsmanagement: Keine leichte Angelegenheit in der Praxis? ......................................... 195 Literatur .......................................................................................... 197 Register .......................................................................................... 205

£ E INLEITUNG Kontinuierlicher Besucherrückgang und kontinuierliche Sparmaßnahmen sind die existenziellen Herausforderungen, denen sich die Kultureinrichtungen mit geeigneten Managementstrategien stellen müssen, um ihre Zukunft zu sichern. So oder so ähnlich beginnt jede Hausarbeit, jede Abschlussarbeit, jeder Zeitschriften- oder Buchbeitrag und jede Monografie über Kulturmanagement. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Führungspraxis in Kulturbetrieben beglaubigt und rechtfertigt mit dieser Dringlichkeit ihre Relevanz. Die Kulturmanagement-Lehre, die dezidiert praxisorientierter Ratgeber und Handlungsleitfaden für die Praxis sein will, wird von der Kulturpraxis, weil vermeintlich zu theoretisch oder realitätsfern, häufig kritisch beäugt, wenn nicht gar übergangen oder abgelehnt. Ich kann leider bei meiner Ausarbeitung des aktivierenden Kulturmanagements1 mit keinem anderen Einstieg aufwarten. Im Gegenteil: Ich gehe noch einen Schritt weiter und behaupte, dass das hier (im Kapitel III) entwickelte ganzheitliche Qualitätsmanagement für Kulturbetriebe künftig notwendig wird, um die in naher Zukunft geforderten Vorgaben von Kommunen und Bundesländern zur öffentlichen Subventionierung und Förderung von Kultur zu erfüllen. Wer dies für eine unrealistische Zukunftsfantasie hält, der sei auf die Kulturentwicklungsplanung deutscher Kommunen (siehe hierzu Kapitel I.1.3) und die bereits von einigen Bundesländern übernommene Museumsregistrierung (siehe hierzu Kapitel III.1) verwiesen. In den kulturnahen Bereichen Bildung und Soziales sind die Qualitätsvorgaben durch den Staat und die daraus resultierende Durchführung von Qualitätsmanagement in den bezuschussten 1

Diese Bezeichnung ist bereits von Oliver Scheytt verwendet worden, ohne dass damit ein konkretes Management-Modell entwickelt worden wäre. In einem Sammelbandbeitrag mit dem Titel Aktivierendes Kulturmanagement (Scheytt 2008) zieht Scheytt Schlussfolgerungen für ein aktivierendes Kulturmanagement, die er aus den grundlegenden Forderungen der von ihm wesentlich geprägten aktivierenden Kulturpolitik ableitet (ebd., S.  121). Hierzu werden die programmatische Ausrichtung von Kulturbetrieben, die Steuerungsmaßnahmen Kooperation, Koordination, Konsensfindung und Kommunikation sowie die Zielvereinbarungen zwischen Kulturpolitik und Kulturbetrieb allgemein als Rahmen für ein aktivierendes Kulturmanagement abgesteckt (ebd.). Scheytt thematisiert seine allgemein formulierten Anforderungen ans Kulturmanagement aus dem Horizont von Kulturpolitik und -verwaltung. Das hier ausgearbeitete System des aktivierenden Kulturmanagements berücksichtigt Scheytts Forderungen als äußere Rahmenbedingungen, innerhalb derer konkrete Strategien zur Organisationsentwicklung erarbeitet werden.

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Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

Einrichtungen bereits Standard und Alltag (siehe hierzu Kapitel III.1.2). Der oft erhobene Einwand, dass Qualitätsnormen und Kultur unvereinbar seien, ist leicht zu entkräften; diese Argumentation wurde Anfang der 90er Jahre auch von den Sozialarbeitern ins Feld geführt. Mittlerweile hat sich gezeigt, dass das Qualitätsmanagement das Niveau der Sozialarbeit verbessert hat und gleichzeitig die Flexibilität in der individuellen Betreuung erhalten geblieben ist. Unabhängig von den zu erwartenden staatlichen Vorgaben dient Organisationsentwicklung in Kulturbetrieben, wie sie vom Qualitätsmanagement ganzheitlich durchgeführt werden kann, dem Selbstzweck, sich den Anforderungen der Interessengruppen, vor allem der Mitarbeiter und der Besucher, flexibler stellen zu können. Der Arbeitsprozess des aktivierenden Kulturmanagements Analyse der Ausgangssituation Darstellung des Handlungsbedarfs (Kap. I) Politik

Gesellschaft

New Public Management (Kap. I.1)

Institution

Erlebnisgesellschaft • Demografischer Wandel (Kap. I.2)

Das Dreieck von Auftrag, Interesse und Programmatik (Kap. I.3)



Planung Die Basisstrategien und Zielsetzungen der Organisationsentwicklung (Kap. II) Die Ziele der Organisationsentwicklung (Kap. II.1)

Die Kommunikation als Basisstrategie (Kap. II.2)

Die Organisationskultur (Kap. II.3)

Die lernende Organisation (Kap. II.4)

Umsetzung Qualitätsmanagement für Kulturbetriebe (Kap. III) Vorarbeiten (Kap. III.4 und Kap. III.5)

Analyse (Kap. III.6)

Planung (Kap. III.7)

Umsetzung (Kap. III.8)

Controlling (Kap. III.9)

Jochen Zulauf £Einleitung

Kunst dient nur sich selbst. Diesen Selbstzweck können jedoch weder die Kultureinrichtungen noch die Kulturmanager2 für sich in Anspruch nehmen. Denn sie dienen der Entfaltung und Vermittlung von Kunst, für die sie die richtigen Rahmenbedingungen bereitstellen müssen. Zur Verwirklichung von Kunst bedarf es der Kulturbesucher und der Unterstützung durch die Öffentlichkeit, die von den Kulturmanagern zu gewährleisten ist. Der Wandel von Politik und Gesellschaft – im engeren Sinne von Kulturpolitik und Kulturpublikum – erzeugt Handlungsbedarf bei Kulturbetrieben. Dies wird im ersten Kapitel ausführlich thematisiert, um die Notwendigkeit für Organisationsentwicklung plastisch vor Augen zu führen. Der gesellschaftliche Wandel erfordert ein Kulturmanagement, das sich so organisiert, dass es die von außen in Gang gesetzten Veränderungsprozesse effektiv und effizient steuern kann. Aktivierendes Kulturmanagement versteht sich in diesem Sinne als Steuerungsinstrument, das sowohl Mitarbeiter, Besucher als auch Öffentlichkeit aktiviert, die öffentlich subventionierte Kultur aktiv mitzugestalten und vor allem zu erhalten. Es liefert eine Antwort auf die aktivierende Kulturpolitik, die das Engagement und Interesse der Bürger in den Mittelpunkt stellt, um sich als kulturpolitische Strategie des New Public Management aus den Fesseln der alleinigen Verantwortung allumfassender öffentlicher Kulturfinanzierung zu befreien (siehe hierzu Kapitel I.1.3). Das aktivierende Kulturmanagement stellt sich dieser Verantwortung, ohne den Anspruch einer staatlich geförderten Kultur preiszugeben. Es sieht seine Legitimation darin, dass es die Ansprüche von Politik, Öffentlichkeit und Publikum in seine Kulturprogrammatik aufnimmt und aktiv in der Organisationsentwicklung umsetzt. Wie gezeigt werden wird, kann Qualitätsmanagement alle äußeren wie inneren und damit auch die ästhetischen Ansprüche in seinen Regelkreislauf integrieren. So wird die kollektive Erarbeitung von Kulturqualitätsstandards ermöglicht, die letztlich darauf abzielen sollen, die Entfaltung der Künste langfristig zu gewährleisten. Aktivierendes Kulturmanagement erhebt damit den Anspruch, ein ganzheitliches Instrument zur Entwicklung und Zukunftssicherung öffentlich subventionierter Kultur zu sein. Das Gelingen ist wie bei jeder Managementstrategie vom richtigen und intensiven Einsatz in der Praxis abhängig. Das vorliegende Handbuch will mit konkreten praktischen Beschreibungen und Handlungsanweisungen dazu beitragen, dass eine erfolgreiche Organisationsentwicklung in Kulturbetrieben vollzogen werden kann.

2

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.

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Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

Dieses Vorhaben ist ambitioniert und kann sich zudem bei der Ausarbeitung des Kulturqualitätsmanagements auf keine Fachliteratur aus der Kultur stützen.3 Es müssen vielmehr die Modelle aus anderen Bereichen – vor allem aus dem sozialen Bereich – herangezogen werden, um sie auf den Kulturbereich zu übertragen. Diese Notwendigkeit der Übertragung ist dem Qualitätsmanagement immanent: Der ganzheitliche und allgemeine Charakter begründet sich genau darin, dass von den jeweiligen Organisationen verlangt wird, ihre Qualitätsnormen, ihre Qualitätsgrundsätze und -ziele entsprechend ihrer Eigengesetzlichkeiten und spezifischen Produktionsweisen selbst zu erarbeiten und anzuwenden. Die Entwicklungslogik des aktivierenden Kulturmanagements Kulturqualitätsmanagement

Optimale Organisationsentwicklung

Aktivierendes Kulturmanagement

Ein hoher Qualitätsanspruch ist in Kultureinrichtungen von jeher gegeben. Damit sich ästhetische Qualität auch in Zukunft durchsetzen kann, bedarf es umfassender Qualitätsmaßstäbe, die auf alle Arbeitsbereiche einer Kultureinrichtung angewendet werden können und nicht ausschließlich auf den Darstellungs- und Vermittlungsbereich beschränkt werden. Im Zentrum dieses Textes steht die Auseinandersetzung mit Kultur, wie sie von der Kunst gestaltet wird. Es wird unterstellt, dass ihre Vermittlung den Menschen in der Lebensgestaltung maßgeblich Orientierung bieten kann, wodurch Kunst und Kultur für jede Gesellschaft lebensnotwendig sind. Die Vermittlung in Kultureinrichtungen ist eine wesentliche Grundbedingung ihrer Existenz, die es durch das aktivierende Kulturmanagement nachhaltig 3

So ist bislang nach meiner Kenntnis nur ein Beitrag über das Qualitätsmanagementverfahren im Kulturbereich erschienen und zwar Scheytt/Zimmermann 2006ff, der allgemein die Grundlagen des Qualitätsmanagements vorstellt und das System anhand von Qualitätsrichtlinien im Bibliotheksbereich thematisiert. Darüber hinaus beschreibt der Tagungsband Qualitätsmanagement im Museum!? (Brüggerhoff/Tschäpe 2001) der vom Deutschen Bergbau-Museum in Bochum ausgerichteten Tagung vor allem die Museumsregistrierungsverfahren der Nachbarländer, ohne auf die Verfahrensweisen des Qualitätsmanagements einzugehen. Als sehr wegweisend für die vorliegende Arbeit erweist sich Armin Kleins Monografie Der exzellente Kulturbetrieb (Klein 2008a), die zwar nicht näher auf Qualitätsmanagement eingeht, sich dafür aber sehr intensiv mit der hier im Kapitel II thematisierten Organisationsentwicklung auseinandersetzt.

Jochen Zulauf £Einleitung

und proaktiv für die Zukunft abzusichern gilt. Das Kulturqualitätsmanagement ist dementsprechend gleichermaßen relevant für Museen, Ausstellungshallen, Theater-, Konzert- und Literaturhäuser sowie ähnliche Einrichtungen, die Musik, Literatur, Bildende oder Darstellende Kunst zeigen, vermitteln oder anwenden – unabhängig davon, ob sie groß oder klein, in privater oder freier Trägerschaft sind.

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D ER H ANDLUNGSBEDARF FÜR EIN AKTIVIERENDES K ULTURMANAGEMENT Der Angriff von Politik und Gesellschaft auf das Wahre, Schöne, Gute

1. P OLITIK UND K ULTUR Im Zuge des New Public Management fragen die öffentliche Verwaltung und die Politik immer drängender nach der Notwendigkeit der umfangreichen Subventionierung von Institutionen der Hochkultur, zumal der Besucherrückgang kontinuierlich voranschreitet. 1 Museen, Theater, Literatur- und Konzerthäuser haben bereits innerhalb der Bildungsschichten ihre Vorrangstellung auf dem Freizeitmarkt verloren. Längst ist der Kulturbegriff dergestalt erweitert worden, dass sich fast jede Lebensäußerung eines Individuums darunter subsumieren lässt.2 Was Adorno und Horkheimer einst in ihrer Dialektik der Auf klärung als den das Individuum bedrohenden Auswuchs des Kapitalismus angeprangert haben, nämlich die Kulturindustrie, ist längst Wirklichkeit geworden: Eine auf Massengeschmack ausgerichtete, kommerzielle Eventkultur, die auch die Hochkultur teilweise erfasst, breitet sich immer mehr aus. Die Kulturverwaltung und -politik sieht darin keineswegs eine Gefahr für die Gesellschaft, sondern begreift die kommerziellen Kulturangebote als willkommene Entlastung öffentlicher Haushalte. Das Beharren der Kulturmacher auf dem gesellschaftlichen Auftrag ästhetischer Bildung und das Beklagen der sich verschlechternden Bedingungen der Kultur ist ebenso wenig Erfolg versprechend wie ein Rückzug auf die bildungsbürgerlichen Grundwerte eines klassischen Kulturverständnisses. Gefragt sind neue Strategien, die sich konstruktiv und vor allem aktiv den gegenwärtigen Herausforderungen stellen. Zur Klärung der Ausgangssituation ist es sinnvoll, sich zunächst die Entwicklung von Kulturpolitik und Kultur der letzten Jahrzehnte zu vergegenwärtigen, und zwar im Hinblick darauf, wie sich die Kultur in der Vergangenheit dieser Aufgabe gestellt hat.

1

Vgl. Wagner 2006, S. 196f. Zum Besucherrückgang in Oper und Schauspiel siehe

2

Zur Totalität des Kulturbegriffs siehe Fuchs 1998, S. 133ff.

außerdem Scheytt 2008, S. 162.

16

Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

Die gegenwärtigen Herausforderungen an die Hochkultur Politik

New Public Management: Aktivierende Kulturpolitik

Kultur

Erlebnisorientierte, plurale Freizeitgestaltung

Demografischer Wandel

Gesellschaft

1.1

Der lange Weg der »Kultur für alle« in die Gegenwart: Der nachhaltige Reformprozess der neuen Kulturpolitik

Der Protest der Studentenrevolte in der Bundesrepublik Deutschland richtete sich gegen die von der Elterngeneration, der sogenannten »Tätergeneration«, herbeigeführte Restauration einer bürgerlichen Gesellschaft, die im Zuge des Wirtschaftswunders auf Wirtschaftswachstum setzte und die Vergangenheitsbewältigung ausblendete. Der Widerstand gegen zementierte Wertvorstellungen revoltierte nicht zuletzt gegen die Hochkultur, in der die Studentenbewegung die Restauration in der Ausrichtung am klassischen Kulturbegriff ausmachte. Die Hochkultur konzentriere sich auf das Wahre, Schöne, Gute und blende in der Kontemplation auf das geschlossene, in sich ruhende Kunstwerk Gesellschaft und Gegenwart aus. Museen, Theater und Konzerthäuser wurden als verstaubte Musentempel angeprangert, in denen das bürgerliche Publikum seinen Prestige- und Imagekult zelebriere. Die Studentenbewegung hat die bundesrepublikanische Nachkriegsgesellschaft nachhaltig verändert und reformiert. Der dem Protest folgende Marsch durch die Institutionen erfasste gleichermaßen die Kultureinrichtungen. Diese veränderten ihr Profil und ihre Programmatik in Abgrenzung zum klassischen Kulturbegriff, um sich breiteren Besucherschichten zu öffnen. Gesteuert wurde die Neuausrichtung von einer sozialdemokratischen Kulturpolitik, der sogenannten neuen Kulturpolitik, die von dem damaligen Frankfurter Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann federführend formuliert wurde und mit seiner

Jochen Zulauf £I. Der Handlungsbedarf für ein aktivierendes Kulturmanagement

ausgegebenen Losung der »Kultur für alle« die kulturelle Entwicklung nachhaltig beeinflusste. Gefordert war jetzt die Öffnung der Kulturinstitutionen für alle Schichten durch die Entwicklung von nicht nur am Bildungsbürgertum orientierten Angeboten. Darüber hinaus sollten sich zusätzlich zur Hochkultur soziokulturelle Aktivitäten in den Stadtteilen entfalten.3 Durch die Teilhabe möglichst vieler an den Kulturaktivitäten sollte ganz im Sinne von Schillers ästhetischer Erziehung die Emanzipation der Individuen erreicht werden: »›Kultur für alle‹ aber war in den frühen siebziger Jahren […] ein Konzept zur Erweiterung der sozialen und inhaltlichen Reichweite der besonderen Leistungen der Künste und des Kulturellen. Es war die Vision, allen Menschen nicht eine beliebige Verfügbarkeit, sondern die persönliche, intensive Auseinandersetzung mit ästhetischen Ausdrucksmitteln und kulturellen Strukturen zu ermöglichen, für Zwecke der Persönlichkeitsentwicklung, der Emanzipation, wie wir es damals nannten, und bezogen auf gesellschaftliche Individuen, die aktiv politische und kulturelle Verantwortung für sich und ihre Gesellschaft übernehmen.«4

Für die jüngeren Generationen mag die in Hilmar Hoffmanns Rückblick formulierte Zielsetzung der »Kultur für alle« wie eine unerreichbare Utopie erscheinen. Angesichts des Besucherrückgangs und dem Umstand, dass nur ca. fünf bis zehn Prozent der Gesamtbevölkerung die Kultureinrichtungen in Deutschland häufiger besuchen5 , lässt sich die Vision der »Kultur für alle« aus heutiger Sicht tatsächlich als gescheitert beurteilen. Dennoch haben sich die Kultureinrichtungen massiv gewandelt. Insbesondere die Museen stellten sich schon in den 70er Jahren der Herausforderung, ihre Ausstellungen 3

Vgl. Singer 2003, S. 20. Siehe außerdem Klein 2009, S. 178ff.

4

Hoffmann 1990, S. 151.

5

Sievers 2009, S. 63. Das ist natürlich nur ein geschätzter Wert auf der Grundlage repräsentativer Befragungen. Umfangreiche Evaluationen gibt es bislang nicht. Bedenkt man, dass die Kultureinrichtungen bei ihren Auslastungszahlen immer Besucher als Gesamtzahl angeben, obwohl es Besuche sind, dann dürfte die tatsächliche Kulturnutzung deutlich niedriger liegen. Diese Vermutung legt auch die Untersuchung des Ifak Instituts aus dem Jahr 2008 nahe. Auf die Frage »Wie häufig besuchen Sie in Ihrer Freizeit Theater, Opern oder klassische Konzerte?« gaben von den 20.165 Befragten nur ca. zwei Prozent an, dass sie diese Einrichtungen regelmäßig besuchen (Statistik unter http://de.statista.com/statistik/daten/stu die/174364/umfrage/haeufigkeit-des-besuchens-von-theatern-etc-in-der-freizeit/, Zugriff: 1.9.2011). Den gleichen Wert erreichte bei der gleichen Befragung die Frage nach dem Besuch von Museen, Ausstellungen und Galerien (Statistik unter http:// de.statista.com/statistik/daten/studie/174365/umfrage/haeufigkeit-des-besuchensvon-museen-etc-in-der-freizeit/, Zugriff: 1.9.2011).

17

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Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

inhaltlich und formal so zu gestalten, dass sie mehr Bürgerinnen und Bürger ansprachen, als das bislang der Fall war. Vor der Zäsur durch die Studentenrevolte sahen die Museen ihren Zweck hauptsächlich darin, zu sammeln, zu bewahren und zu forschen. Dementsprechend waren die Ausstellungen nur für Fachleute und wenige forschungsinteressierte Besucher von Interesse. Unter dem Druck der Studentenrevolte und der neuen Kulturpolitik wurden dann seit den 70er Jahren Ausstellungen entwickelt und gezeigt, bei denen die Objekte lebendig und interaktiv präsentiert wurden.6 Die Museen erarbeiten seit dieser Zeit schwerpunktmäßig ausstellungsindividuelle Vermittlungskonzeptionen und betreiben eine intensive Museumspädagogik, um möglichst viele Besucher zu erreichen. Ein Großteil der bundesdeutschen Stadt- und Staatstheater setzte indessen auf Politisierung und veränderte radikal seine Spielpläne und Inszenierungen. Die Theater wurden zum Sprachrohr der Studentenbewegung und richteten sich gegen die Restauration und ihre Akteure.7 Die Bühne wurde zur Arena der Publikumsbeschimpfung, so das gleichnamige Theaterstück von Peter Handke: »Ihr Stillen im Land. Ihr Gottespülcher. Ihr Ewigkeitsfans. Ihr Gottesleugner. Ihr Volksausgaben. Ihr Abziehbilder. […] Ihr Helden des Alltags. Ihr Leuchten der Wissenschaft. Ihr vertrottelten Adeligen. Ihr verrottetes Bürgertum. Ihr gebildeten Klassen. Ihr Menschen unserer Zeit.«8

Der eigentliche Skandal des Stücks liegt weniger in der Beschimpfung des Publikums, als vielmehr in der Verweigerung der theatralen Darstellung. Vier Sprecher stehen nebeneinander an der Rampe und ergießen ihre Litanei in den Zuschauerraum. Zu dieser Zerstörung von Illusion, Identifizierung und Katharsis gesellen sich politische Stücke wie zum Beispiel der Viet Nam Diskurs von Peter Weiss oder Inszenierungen, die mit der Darstellung von Gewalt und Nacktheit das Publikum brüskieren wollten. Fraglich ist, ob sich die Stadtund Staatstheater dadurch wirklich neue Besuchergruppen erschlossen haben. Wichtig an der Entwicklung war jedoch sicherlich, dass sich die Bühnen von dem konservativen Bildungserlebnis und der Ablenkung vom Lebensalltag durch Kontemplation verabschiedet haben. Sie verstehen sich jetzt als künstlerischen Ort, an dem eine intensive Auseinandersetzung mit dem Individuum und der Gesellschaft stattfindet. Theater definieren ihren Bildungsauftrag gegenwartsbezogener und wollten dem Besucher mit ihren ästhetischen Mitteln Lebensorientierung bieten. Auf diese Art und Weise haben sie sich breiter 6

Vgl. hierzu Zulauf 2006ff., S. 3 und vor allem Schwier 1990, S. 77ff.

7

Zulauf 2006ff., S. 3.

8

Handke 1969, S. 210f.

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aufgestellt und sind für ganz unterschiedliche Ziel- und Altersgruppen von Relevanz. Allerdings zeigt das Jugendkulturbarometer 2004 – einen neueren Bericht gibt es leider bislang nicht –, dass das Interesse an Museen sowohl bei den Jugendlichen als auch bei den Erwachsenen deutlich größer ist als an den Sparten Oper, Schauspiel und Tanz.9 Die Theater müssen hier vor allem bei der pädagogischen Vermittlungsarbeit im Vergleich zu den Museen noch einiges aufholen. Dessen ungeachtet haben die Kulturinstitutionen, um im Jargon der Studentenbewegung zu formulieren, den Staub eines konservativen und am Bildungsbürgertum orientierten Kulturverständnisses von sich abgestreift. Auch wenn nicht alle die Angebote der Kulturinstitutionen nutzen, so sind sie potenziell allen zugänglich. Der Besucher braucht kein Abitur oder keinen Hochschulabschluss, um die Kulturveranstaltungen zu verstehen und zu erleben. Die Eintrittskarten sind für die Mehrheit der Bevölkerung relativ erschwinglich. Wie und ob die Angebote wirklich von Teilnehmern aller Schichten genutzt werden, ist eine andere Frage. Entscheidend bleibt die Tatsache, dass die Einrichtungen der Hochkultur sich durch den Angriff der Studentenbewegung und durch die Etablierung der neuen Kulturpolitik in den 70er Jahren demokratisiert haben. Der Besuch von Kulturveranstaltungen ist längst nicht mehr ein reines Prestigeobjekt des »gut situierten Bürgertums«. Zugleich erzeugte die neue Kulturpolitik eine massive Expansion des Kulturellen in der Gesellschaft: Durch die Angebotserweiterung, wie zum Beispiel durch die Etablierung soziokultureller Zentren und die damit verbundene Erweiterung des nicht mehr nur auf die »schönen Künste« beschränkten Kulturbegriffs, wurde die Grundlage dafür geschaffen, dass der Einzelne unter den unterschiedlichsten Kulturangeboten entsprechend seiner individuellen Neigungen und Interessen spontan und jederzeit auswählen kann.10 Der Demokratisierungsschub der neuen Kulturpolitik ist zweifelsohne ein bedeutendes Vermächtnis von Studentenbewegung und einer an »Kultur für alle« ausgerichteten Kulturpolitik. Die Demokratisierung geht jedoch bisher nicht so weit, dass die Publikumswünsche bei der Programmgestaltung Berücksichtigung fänden. Die öffentlich subventionierte Kultur wehrt vehement die Einbeziehung des Publikums mit der Berufung auf den kulturpolitischen Auftrag und die künstlerische Freiheit ab.11 Gleichzeitig weicht der an der Kunst orientierte Kulturbegriff auf: Die kulturpolitische Definition der »Kultur für alle« wandelt sich gegenwärtig in »Alles ist Kultur«, was die Kulturpolitik zunehmend als Definitionsgrundlage 9

Keuchel 2005, S. 3.

10

Klein 2006, S. 281f.

11

Ebd., S. 285.

19

20

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heranzieht, um von der umfassenden Förderung der Hochkultur abzurücken. Doch dazu später. Zunächst soll beschrieben werden, wie die neue Kulturpolitik durch die Wirtschaftsrezession der 80er Jahre und durch die Kosten der Wiedervereinigung an ihre Grenzen stößt. 1.2

Der politische Rettungsanker angesichts leerer Kassen: Die Fixierung der Kultur als ökonomischer und struktureller Standortfaktor

Mit der Finanzmisere öffentlicher Haushalte geriet nicht nur der Sozialstaat, sondern auch die damit eng verbundene neue Kulturpolitik in die Krise.12 Länder und Kommunen ergriffen einschneidende Sparmaßnahmen im Kulturbereich.13 Kulturausgaben sind freiwillige Leistungen. Dementsprechend hatte die öffentliche Hand hier einen großen Handlungsspielraum, um die Haushalte zu konsolidieren. 14 Die Kulturpolitik versuchte der Umstrukturierung durch die Neuausrichtung der politischen Legitimation von Kultur zu begegnen. In dem Moment, in dem Wirtschaftlichkeit zum zentralen Kriterium politischen Handelns wird, muss die sozialpolitische Utopie der kulturellen Durchdringung der Gesellschaft zwangsläufig zurücktreten. 15 Die Kulturpolitik zog daraus die logische Konsequenz, die Kultur wirtschaftspolitisch zu legitimieren. Kultur wurde nunmehr als Wirtschaftsstandortfaktor definiert. 16 Die Kultur fand sich dadurch wieder aufgewertet, indem ihr die Funktion zugeschrieben wurde, einen wesentlichen Beitrag zum Tourismus, zur Wohnortentscheidung zahlungskräftiger Bürger, zum Arbeitsmarkt im Bereich der Freizeitbranche und zur Ansiedlung von Unternehmen zu leisten.17 Diese Funktionszuschreibung ist keineswegs unproblematisch. Kunst und Kultur werden hier deutlich wirtschaftspolitisch instrumentalisiert. Sie werden zum Marketinginstrument der Attraktivitätssteigerung der Städte degradiert. Während der Finanzkrise Anfang der 90er Jahre erweist sich die wirtschaftspolitische Verortung von Kultur jedoch als geschickter Schachzug der Kulturpolitiker, die damit einen Kahlschlag in der deutschen Kulturlandschaft zu verhindern wussten. Entscheidend ist, dass diese wirtschafts-

12

Vgl. Göschel 2006, S. 235.

13

Singer 2003, S. 27.

14

Ebd.

15

Vgl. Wagner 2010, S. 43

16

Singer 2003, S. 27.

17

Vgl. Schulze 1997, S. 500.

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politische Definition von Kultur nicht zum Leitmotiv der Kulturförderung geworden ist.18 Anders als bei der Kulturpolitik der 70er Jahre gibt es gegenwärtig keine einheitliche Konzeption.19 Eine die Kultur bewahrende Tendenz, die sich ausmachen lässt, allerdings derzeit keine Chance auf Verwirklichung hat, ist der kulturpolitische Versuch, Kultur als Daseinsvorsorge gesetzlich festzuschreiben.20 Kultur wird jetzt erweitert definiert als städtische Ressource für Kreativität und Lebensgestaltung21 sowie im Sinne kommunaler Identität definiert »als Kunst und Lebensweise, als Lebensstil und Lebensqualität«.22 Sie wird kulturpolitisch in den Kommunen verankert als struktureller Standortfaktor für gelungene Urbanität.23 Die Aufweichung des klassischen Kulturbegriffs hat selbstverständlich Folgen für die Hochkultur. Sie ist nur noch ein Standortfaktor unter vielen, gegenüber denen sie sich behaupten muss. Es kommt immer wieder zum Verteilungskampf zwischen Kultur-, Bildungs- und Sozialeinrichtungen, »wobei dann zwangsläufig auch intensiver danach gefragt wird, für wen und vor allem warum die Mittel im Kulturbereich ausgegeben werden«.24 1.3

Die aktivierende Kulturpolitik: Der Angriff des New Public Management auf den Alleinvertretungsanspruch der Hochkultur

Die öffentliche Verwaltung reagiert auf die Wirtschaftsrezession mit einer massiven Strukturreform, die als neues Steuerungsmodell oder New Public Management in die Verwaltung Einzug hält. 25 Die Verwaltungsreform orientiert sich an der Betriebswirtschaftslehre und setzt dementsprechend ein modernes Betriebsmanagement ein, um die Effizienz und Effektivität des Verwaltungshandelns zu intensivieren.26 Die zentralen Begriffe der neuen Steuerung sind:27

18

Ebd., S. 501.

19

Vgl. Fuchs 1998, S. 228 und Klein 2009, S. 203.

20 Klein 2009, S. 211. 21

Vgl. von Welck 2006, S. 135.

22

Göschel 2006, S. 240.

23

Ebd.

24

Wagner 2006, S. 197.

25

Vgl. Fuchs 1998, S. 266.

26 Vgl. Schedler/Proeller 2009, S. 54. 27

Zu den folgenden Begriffen siehe ebd., S. 38.

21

22

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• • • • • •

professionelles Management präzise Planung der Leistungen messbare und vergleichbare Leistungsstandardisierung Dezentralisierung der Verwaltungseinheiten nach dem Vorbild des ProfitCenters Budgetierung Bürgerorientierung

So hat sich mittlerweile eine bürgernahe Verwaltung entwickelt, die durch den rationalen Einsatz ihrer Mittel versucht, kostensparend und leistungsorientiert, aber vor allem dezentralisiert ihre Aufgaben zu erfüllen.28 Wesentliches Gestaltungsinstrument des New Public Management ist die Dezentralisierung: Die öffentliche Hand führt nicht länger selbst die Leistungen wie zum Beispiel Energieversorgung und soziale Dienste durch, sondern überträgt die Verantwortung an Organisationen, die gemeinnützig oder aber auch gewinnorientiert sind.29 Der aktivierende Staat, der öffentliche Aufgaben zur eigenen Kostensenkung delegiert, markiert den Übergang vom Wohlfahrtsstaat zum wettbewerbsorientierten, neoliberalen Staat.30 Allerdings darf die Dezentralisierung nicht mit der Privatisierung öffentlicher Aufgaben gleichgesetzt werden: Die Kontrolle bleibt beim aktivierenden Staat, der die Organisationen für seine Leistungen nur dann entlohnt, wenn sie den genau festgelegten Leistungsauftrag entsprechend vereinbarter Leistungs- und Qualitätskriterien erfüllen.31 Das Kontraktmanagement zwischen öffentlicher Hand und Leistungserbringer gewährt hier der durchführenden Organisation größtmögliche Autonomie in der Art und Weise der Leistungserbringung, solange sie die vereinbarten Qualitätsnormen erfüllt.32 So müssen zum Beispiel soziale Einrichtungen, die Leistungsentgelte erhalten, Maßnahmen zur Sicherung oder Entwicklung von Qualität nachweisen.33 Qualitätsmanagement wird im Sozialbereich über die Sozialgesetzbücher eingefordert.34 Auf diese Art und Weise kann der Staat weiterhin seinen Steuerungsanspruch geltend machen.35

28

Vgl. ebd., S. 38.

29 Vgl. Beckmann 2009, S. 62. 30

Ebd.

31

Schedler/Proeller 2009, S. 93.

32

Ebd., S. 108.

33

Beckmann 2009, S. 74.

34

Ebd., S. 9.

35

Ebd., S. 67.

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Während das neue Steuerungsmodell öffentlicher Verwaltungen im Sozialbereich in all seinen Facetten umgesetzt worden ist, wurden im Kulturbereich erst einige Kriterien des New Public Management realisiert. So gibt es mittlerweile für die öffentlich subventionierten Kultureinrichtungen verbindlich festgelegte Budgets, was Planungssicherheit für die Kultur bedeutet.36 Vor allem wurden die großen Kultureinrichtungen aus der Kameralistik entlassen, um sie mithilfe der Rechtsform des Eigenbetriebs oder der gemeinnützigen GmbH flexibel in der Verwendung ihrer Mittel zu machen.37 Die neue Eigenverantwortung der Kulturbetriebe wird durch die Einführung von Kulturmanagement, vor allem von professionellem Finanzmanagement gestärkt.38 Eine moderne Bürokommunikation hält Einzug in die Kultureinrichtungen und erleichtert in vielen Arbeitsbereichen die Arbeit.39 Die auf diese Art und Weise neu gewonnenen Freiheiten können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kultur permanent um ihre Legitimation kämpfen muss. Die Planungssicherheit muss von Haushalt zu Haushalt jährlich, im Idealfall zweijährlich, neu erkämpft werden. Budgetierung heißt keineswegs, dass es nicht zu Haushaltskürzungen kommen kann. Selbst die Einfrierung des Etats bedeutet eine jährliche Kürzung, da mittlerweile die Arbeitstariferhöhungen von eben diesem Etat finanziert werden müssen. Nicht zu vergessen: New Public Management bedeutet nicht nur rationaler Einsatz der Mittel in bestehenden Einrichtungen, sondern auch »ein Aktivieren neuer Ressourcen und Potenziale«, was nichts anders meint als die Förderung privater Kulturanbieter und die Stärkung eines bürgerschaftlichen – und damit kostengünstigen – Engagements für Kulturarbeit.40 Auf der Grundlage des aktivierenden Staates hat sich mittlerweile eine aktivierende Kulturpolitik etabliert, wie sie vor allem von Oliver Scheytt, dargestellt in seinem Standardwerk Kulturstaat Deutschland. Plädoyer für eine aktivierende Kulturpolitik, ausgearbeitet worden ist. Der Kulturstaat orientiert sich nicht mehr ausschließlich an der zu fördernden Kultur, sondern stellt im Sinne der vom New Public Management geforderten Bürgerorientierung den Bürger als aktiven kulturpolitischen Mitgestalter, als engagierten Ko-Kulturproduzent und als zur Kulturkompetenz zu förderndes Subjekt ins Zentrum der Kulturförderung.41 Der Kulturstaat versteht sich »als Initiator und Moderator von Netzwerken«, bei denen 36

Fuchs 1998, S. 271.

37

Vgl. ebd. und Eichler 2006, S. 332.

38

Eichler 2006, S. 332.

39

Fuchs 1998, S. 271.

40 Pankoke 2006, S. 324. 41

Scheytt 2008, S. 150.

23

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staatliche und private Akteure zum Wohl der Individuen die vielfältigsten Kulturleistungen anbieten.42 Die aktivierende Kulturpolitik initiiert die kulturpolitische Allianz von Staat, Markt und Zivilgesellschaft.43 Die Förderung der Kultur erstreckt sich dementsprechend auf den öffentlichen Sektor (die öffentlich subventionierten Kultureinrichtungen), den privaten Sektor (die Kreativwirtschaft) und auf den zivilgesellschaftlichen Bereich (die gemeinnützigen Kulturvereine und -organisationen).44 De facto rückt auch der aktivierende Staat im Kulturbereich von der alleinigen Bereitstellung staatlicher Kulturleistungen ab und versucht die Privatwirtschaft und den Non-ProfitSektor in die kulturelle Daseinsvorsorge miteinzubeziehen, um den öffentlichen Haushalt zu entlasten. Zur Regulierung und Koordination der Kulturleistungen werden vom aktivierenden Staat (Bund, Länder und Kommunen) Kulturentwicklungspläne aufgestellt, mit denen er sich ganz im Sinne des neuen Steuerungsmodells Rechenschaft darüber ablegt, welche Kulturleistungen als notwendig erachtet werden.45 Der Kulturentwicklungsplan lässt sich als Leitbild der Kulturpolitik und -verwaltung begreifen. Eine solche strategische Systematisierung dessen, welche Funktion die Kultur innerhalb der Kommune einnimmt und welche kulturpolitischen Zielsetzungen mit der Kulturförderung verbunden sind, erweist sich durchaus als sinnvoll. Sie zeigt aber auch unmissverständlich auf, dass die öffentlich subventionierten Kultureinrichtungen nicht mehr die führende Rolle spielen. Sie leisten einen Beitrag zur Kultur wie viele andere Organisationen auch. Ihre Vormachtstellung gerät deutlich ins Wanken, wodurch der Legitimationsdruck merklich steigt: Der Verteidigungskampf der Kultureinrichtungen muss sich nicht mehr allein gegenüber dem Bereich Bildung und Soziales behaupten, sondern ebenso gegenüber den privaten und gemeinnützig organisierten Anbietern im eigenen Bereich. Hinzu kommt die Erweiterung des Kulturbegriffs, der sich nicht mehr vorrangig an den »schönen Künsten« ausrichtet, wie es folgende Passage aus dem Kulturentwicklungsplan der Stadt Chemnitz überdeutlich zum Ausdruck bringt: »durch die rasche Etablierung eines ›Erlebnismarktes‹ hat sich in den 1990er Jahren auch im Osten die ›Erlebnisgesellschaft‹ durchgesetzt, […] Kultur hat heute viele Gesichter und schließt auch populäre Unterhaltungsangebote wie Kino, Musicals und Rock-Pop-Konzerte mit ein. Darüber hinaus bekommen hochkulturelle Angebote ›Eventcharakter‹.

42

Ebd.

43

Ebd., S. 59f.

44 Ebd., S. 60. 45

Vgl. Fuchs 1998, S. 262f.

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[…] ›Das neue Kulturverständnis ist eine Verschmelzung von Ernst und Unterhaltung, von Kunst und Kommerz‹, so der Freizeitwissenschaftler Horst W. Opaschowski. Damit ist zugleich der gewachsene Stellenwert der privaten Kulturwirtschaft angesprochen. […] Daraus folgt, dass Kulturentwicklungsplanung sich in der Gegenwart nicht auf Binnenprobleme des Kulturbereiches beschränken kann. Kunst und Kultur werden demzufolge in Chemnitz vielmehr als Mittel und Teil von Stadtentwicklung gesehen. Basis dafür ist ein Kulturbegriff, der sich nicht auf die Künste […] verengt.«46

Kultur hat viele Gesichter und lässt sich folglich nicht mehr auf Theater, Museen, Literatur- und Konzerthäuser beschränken. Kultur wird als Mittel zur Stadtentwicklung definiert. Dieser Definition muss sich auch die Hochkultur stellen. Die Kulturentwicklungsplanung ist sicherlich gerade in einigen Regionen der neuen Bundesländer angesichts der Abwanderung großer Teile der Bevölkerung und einer damit verbundenen Unterauslastung notwendig. Dessen ungeachtet wird sie aber auch in den alten Bundesländern immer intensiver betrieben, um im Sinne des aktivierenden Staates klarere Richtlinien für die Kulturverwaltung und -politik aufstellen zu können.47 Derzeit spart das New Public Management im Kulturbereich die Leistungsvereinbarungen, wie sie sich im sozialen Bereich längst verwirklicht finden, noch aus; zumindest gibt es kein detailliert ausformuliertes Anforderungsprofil seitens der Kulturverwaltung, was sie von den öffentlich subventionierten Kultureinrichtungen an Leistungen erwartet. So finden sich in fast allen Haushaltsplänen der Kommunen zu den Stadttheatern knapp und sehr allgemein als Aufgabe definiert, sie sollen ihr Repertoire pflegen und weiterentwickeln. Für die Förderung der freien Kultur existieren demgegenüber in der Regel klar formulierte Vorgaben von Qualitätsmerkmalen, wie sie ebenfalls im Kulturentwicklungsplan der Stadt Chemnitz zu finden sind:48 •

»Angebote, die aufgrund ihrer künstlerisch-ästhetischen und kulturellen Zielstellung einen besonderen Stellenwert außerhalb und in Ergänzung der regulären Aufgabenund Leistungsangebote der kommunalen Kultureinrichtungen einnehmen,



Vorhaben, die in besonderem Maße zur Belebung der Innenstadt beitragen oder sich Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf widmen oder die einen Beitrag zur Aufwertung und Bekanntmachung von Solitären in der Stadt Chemnitz leisten,

46 Kulturentwicklungsplan der Stadt Chemnitz 2004-2012, S. 10f. (unter: www. chemnitz.de/chemnitz/de/kultur_und_freizeit/kulturfoerderung/downloads/ kultur_entwicklungsplan.pdf, Zugriff: 12.7.2011). 47

Derzeit arbeiten ca. 18 Prozent aller Städte über 30.000 Einwohnern an einem Kulturentwicklungsplan (Scheytt 2008, S. 257f.).

48

Kulturentwicklungsplan der Stadt Chemnitz, S. 133.

25

26

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Angebote, die sich insbesondere an junge Menschen oder an Familien richten, […]



soziokulturelle Angebote: vorrangig werden neu entwickelte soziokulturelle Projekte gefördert; regelmäßige Angebote oder sich wiederholende Projekte der Soziokultur können gefördert werden, wenn sie sich der Problematik einer bestimmten Zielgruppe zuwenden und/oder als bewährt eingeschätzt werden; bei der Bewertung soziokultureller Angebote wird sich an den Kriterien für die Förderung soziokultureller Projekte im Freistaat Sachsen gemäß VwVProSozio in jeweils gültiger Fassung orientiert, […]



Maßnahmen, die die Toleranz gegenüber ausländischen und deutschen Zuwanderern befördern, die Zusammenarbeit mit unseren böhmischen Nachbarn anstreben und das Kulturleben ethnischer und anderer Minderheitengruppen einbeziehen, […].«

Die aufgeführten Beispiele von thematischen Vorgaben für die Förderung der freien Kulturszene machen deutlich, dass hier eine klare Erwartungshaltung der Kulturverwaltung formuliert wird, mit welchen Angeboten die freie Szene das Kulturangebot der Stadt zu bereichern hat, um von der öffentlichen Hand als förderungswürdig eingestuft zu werden. Der detaillierte Katalog zur Förderung der freien Kultur in Chemnitz zeigt bereits deutliche Parallelen zu den Leistungsvereinbarungen auf, wie sie im sozialen Bereich Usus sind. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis von den Kommunen und Ländern auch ein umfassenderer Leistungskatalog für die Hochkultur ausformuliert wird. Dieser muss keineswegs die Autonomie der Kunst einschränken, könnte aber deutlicher die Orientierung der Angebote an einem auszuformulierenden Kulturauftrag sowie an den Interessen und Erwartungshaltungen der Bürgerinnen und Bürger einfordern. Ein weiteres markantes Beispiel hierfür liefert die Zielvereinbarung des Staates Niedersachsen von 2011 mit bestimmten kommunalen Theatern, die zusätzlich vom Land Niedersachsen finanziell gefördert werden, wenn bestimmte Leistungen seitens der Theater erfüllt werden: »Durch unser Bündnis für die Theater in kommunaler Trägerschaft geben wir den Bühnen für drei Jahre Planungssicherheit. Die Kulturpolitik des Landes ist der Motor, um die finanzielle Berechenbarkeit für die Theater langfristig zu sichern. So können auch künftig die Bürgerinnen und Bürger Niedersachsens wohnortnah qualitativ hochwertiges, professionelles Theater besuchen. Niedersachsen erhöht seine Zuwendungen im Vergleich zur laufenden Zielvereinbarung, die bis Ende diesen Jahres gilt, um jährlich eine Million Euro. Besonders wichtig bleibt für das Land, die Kinder- und Jugendtheaterarbeit weiter zu stärken. Davon erhält jede Bühne künftig zusätzlich bis zu 75.000 Euro jährlich gegen Nachweis entsprechender Ausgaben. Zudem wird das Leistungs- und Anreizprogramm für die Einwerbung von Drittmitteln

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mit einem Volumen in Höhe von 500.000 Euro fortgesetzt. Demnach erhält ein kommunales Theater für jeden eingeworbenen Euro einen zweiten Euro vom Land. […] Alle Theaterträger und Theater haben sich zudem zu den nachfolgenden kulturpolitischen Zielen bekannt: 1.

Berücksichtigung des demografischen Wandels unter verstärkter Einbeziehung von Älteren und der Integration von Migrantinnen und Migranten,

2. Vernetzung mit anderen Einrichtungen, beispielsweise Hochschulen, Musikschulen, Volkshochschulen, Kirchen, 3.

Stärkung und Ausbau des bürgerschaftlichen Engagements, beispielsweise im Bereich von ehrenamtlicher Mitwirkung und

4. Besucherforschung.«49

Die Zielvereinbarungen des Landes Niedersachsen mit den kommunalen Theatern verkörpern zweifelsohne ein starkes Instrument des aktivierenden Staates, der ähnlich wie im Bereich Bildung und Soziales seine finanzielle Unterstützung an bestimmte Leistungsforderungen knüpft. Die einzelnen Leistungskriterien zielen überwiegend auf die Intensivierung der Kundenorientierung, was, wie gezeigt werden wird, gleichzeitig eine wesentliche Grundbedingung des Qualitätsmanagements ist. Darüber hinaus verlangen die Zielvereinbarungen nach einer Verstärkung des bürgerschaftlichen Engagements, das durch die Einwerbung von Drittmitteln einerseits und durch die Einbindung ehrenamtlicher Mitarbeiter in den Kulturbetrieb andererseits zu erreichen ist. Die aktivierende Kulturpolitik, wie sie in den hier behandelten Stellungnahmen, Planungen, Vereinbarungen und Richtlinien ihren Niederschlag findet, lässt keinen Zweifel daran, dass die Kultur nicht länger um ihrer selbst willen gefördert wird, sondern dass sie als ein Teil der Stadtentwicklung begriffen wird und dass ihr die Aufgabe zugeschrieben wird, den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt zu »dienen«. Den allgemeinen Formulierungen werden möglicherweise konkretere Forderungen folgen, die dann detaillierte Leistungs- und Qualitätsforderungen nach sich ziehen. Dementsprechend ist es für die öffentlich subventionierten Kultureinrichtungen höchste Zeit, vorbeugend auf kommende Entwicklungen mit einem strategischen Management zu reagieren: Der aktivierenden Kulturpolitik lässt sich mit einem aktivierenden Kulturmanagement, das klare Zielsetzungen formuliert und seine Organisation strategisch entwickelt, begegnen. Die Bemühungen des Marke49 Zielvereinbarungen mit kommunalen Theatern. Pressemitteilung des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vom 6.7.2011 (unter: www. mwk.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=6257&article_id=97587&_ psmand=19, Zugriff: 18.10.2011).

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tings, strategisch wirkungsvoll Besucher und potenzielle Besucher für die Fülle der Kulturangebote zu interessieren sowie das Image in der Öffentlichkeit aufzupolieren, sind alleine nicht mehr ausreichend. Birgit Mandel formuliert aus der Position der Kulturvermittlung die Forderung an die Kulturpolitik, stärker nachfrageorientiert zu agieren, indem es zu überprüfen gilt, »ob und vor allem von wem das von ihr hoch subventionierte Kulturangebot wahrgenommen wird.«50Die Konzentration aufs Publikum deckt sich mit der von Oliver Scheytt proklamierten Konzentration der Kulturpolitik auf die Bürger. Birgit Mandel konkretisiert im Gegensatz zu Oliver Scheytt radikal, wie eine aktivierende Kulturpolitik aussehen könnte: »Die Vergabe öffentlicher Gelder an die einzelnen Institutionen sollte grundsätzlich an die Realisierung konkreter, überprüfbarer Ziele geknüpft werden, die in regelmäßigen Abständen auf ihre Aktualität und Relevanz hin verändert werden müssen. […] Öffentliche Kulturförderung ist langfristig nur dann legitimierbar, wenn nicht nur die Künste gefördert und das kulturelle Erbe gepflegt werden, sondern damit auch offensive Bemühungen verknüpft sind, die Bevölkerung am Kunst- und Kulturleben zu beteiligen.«51

Für die Berücksichtigung der Besuchererwartungen und -interessen an der Angebotsentwicklung der Kulturbetriebe steht der Arts Council England Pate, der die Vergabe der Fördergelder an Bedingungen knüpft, Kulturangebote wirklich für die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Schichten zu entwickeln.52 Der Arts Council unterstützt gleichzeitig diese Bemühungen, indem er beispielsweise einen Best-Practice-Wettbewerb zur Erschließung neuer Besucher durchführte. Die daran anschließende Evaluation ergab, dass es zum einen möglich ist, wirklich alle Bevölkerungsgruppen für Kultur zu interessieren, und dass zum anderen dies keineswegs mit einer Verflachung des ästhetischen Niveaus einhergeht.53 Das Beispiel der Kulturförderung in England ist mehr als lehrreich. Es zeigt der deutschen Kulturpolitik praktikable Lösungswege auf, wie sich eine »Kultur für alle« tatsächlich umsetzen lässt. Darüber hinaus wird deutlich, dass sich die Zukunft der öffentlich subventionierten Kultur nur zuverlässig sichern lässt, wenn die Kulturpolitik ein klares Leitbild mit konkreten Zielsetzungen entwickelt, die an die Kultureinrichtungen weitergegeben werden.54 Sicherlich verhindert derzeit die Angst vor einer wortgewaltigen öffentlichen 50

Mandel 2006, S. 354.

51

Ebd., S. 357f.

52

Ebd., S. 355.

53

Ebd., S. 356.

54

Siehe hierzu auch Klein 2008a, S. 54f.

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Debatte über die Einschränkung der künstlerischen Freiheit durch die Politik die konkrete Verwirklichung einer aktivierenden Kulturpolitik. Aber die künstlerische Autonomie ist bei der von Birgit Mandel vorgeschlagenen Vorgehensweise zu keiner Zeit gefährdet. Kultureinrichtungen, die öffentliche Steuergelder erhalten, um künstlerische Darbietungen zu präsentieren, sind nicht identisch mit den Künstlern zu setzen, denen in der Tat der verfassungsmäßige Schutz zur künstlerischen Entfaltung unwiderruflich zusteht. Kultureinrichtungen haben die vornehmliche Aufgabe, Kunst zu ermöglichen und gleichzeitig dafür Sorge zu tragen, dass die dargebotene Kunst von möglichst vielen rezipiert wird. Das setzt aber voraus, dass künstlerische Programme entwickelt werden, für die es wirklich ein Publikum gibt. Mit einer Überproduktion von Angeboten bei sinkender Nachfrage wird man dem Kulturauftrag nicht mehr gerecht.

2. G ESELLSCHAFT UND K ULTUR Kulturinteressierte Menschen der jüngeren Generation lassen sich in der Gegenwart nicht mehr dauerhaft an eine Kulturinstitution binden. Ihr Kulturbedürfnis befriedigt sich spontan und vielseitig. Die Erlebnisgesellschaft mit all ihren Konsequenzen muss stärker bei der Programmentwicklung berücksichtigt werden, um wirklich auch weiterhin anspruchsvolle Kultur zu ermöglichen. Die neueren Tendenzen der Kulturpolitik, allen voran die Kulturentwicklungsplanung, machen deutlich, dass die Hochkultur Gefahr läuft, ihre Legitimation zu verlieren. Kultur muss aber nicht nur in ihren künstlerischen Inhalten auf Augenhöhe mit der Gegenwart sein, sondern muss dies auch in ihrer Organisations- und Angebotsentwicklung realisieren. Ein erster wichtiger Schritt ist sicherlich die Analyse des eigenen Publikums durch professionelle Besucherbefragungen, die regelmäßig durchgeführt und vor allen Dingen ausgewertet werden, um sich verbessern zu können. Besucherorientierung ist dabei nicht zu verwechseln mit der ausschließlichen Orientierung der Kunst am Publikumsgeschmack.55 Darüber hinaus ist es notwendig, sich gleichermaßen mit den Nichtbesuchern zu beschäftigen, um hier Anhaltspunkte zu finden, ob und wie sich für die jeweilige Kultureinrichtung neues Publikum erschließen lässt. Hilfreich ist hierfür die Einbeziehung der Forschung über das kulturelle Freizeitverhalten, um die gegenwärtigen Tendenzen der Kulturnutzung zunächst allgemein einschätzen zu können. 55

Ebd., S. 10 und S. 63.

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Auch wenn die Kulturmacher grundsätzlich in dem gesellschaftskritischen Individualisten, der an der Kunst an sich interessiert ist, ihren idealen Zuschauer ausmachen, so ist in der Realität zu beobachten, dass die älteren Stammbesucher nahezu mehrheitlich das Publikum verkörpern. Mit der Generation der Rentner und Pensionäre lässt sich aber die Zukunft der Hochkultur nicht langfristig sichern. Die Frage, die sich hier stellt, ist, wie die Kultur dem demografischen Wandel begegnen kann. Der Blick über den Tellerrand, über die interne Befindlichkeit hinaus, ist hier gefragt, um Orientierung und Handlungsspielräume zu schaffen. 2.1 Die Hochkultur im Warenkorb der Erlebnisgesellschaft

Die Erkenntnisse von Gerhard Schulzes komplexen, Mitte der 80er Jahre vorgenommenen empirischen Untersuchung zur Lebensgestaltung und zum kulturellen Freizeitverhalten in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Titel Die Erlebnisgesellschaft sind mittlerweile längst zum festen Wissensbestand des Kulturmanagements geworden. Welche Konsequenzen daraus für den eigenen Kulturbetrieb gezogen worden sind, ist eine andere Frage. Wichtig ist aber die Einsicht, dass sich die Mehrheit der Menschen spontan, individuell und durch das Lustprinzip gesteuert entscheidet, wie sie ihre Freizeit gestaltet: »Am Entscheidungshorizont eines Großstadtbewohners, der gerade dabei ist, sein Wochenende zu planen, tauchen öffentlich geförderte Erlebnisangebote neben vielen anderen Möglichkeiten auf. Das Theater konkurriert mit der Sportschau, die Oper mit der Disco, das Museum mit dem Freizeitpark, die öffentlich subventionierte Kleinkunstbühne mit dem Kino, der deutsch-türkische Folkloreabend im Kulturzentrum mit dem nächstgelegenen Skigebiet, das kommunale Hallenbad mit dem privaten Fitnessstudio, die Dichterlesung des Kulturpreisträgers mit dem Zeitschriftenkiosk. Nicht von der Herstellungsgeschichte hängt es ab, für welche Möglichkeiten sich der Konsument entscheidet, sondern von der Rationalität der Erlebnisnachfrage. Öffentliche und private Erlebnisangebote müssen sich denselben Selektionskriterien der Erlebnisverbraucher stellen – insofern gibt es keinen Unterschied zwischen Theater, Kulturzentrum, Museum auf der einen Seite und Automatensalon, Comics und Fitnessstudio auf der anderen.«56

Die Entscheidung für ein Kulturangebot ist nach Schulze vorrangig nicht mehr motiviert vom eigenen Bildungsanspruch oder einer irgendwie gearteten gesellschaftlichen Verpflichtung wie dem Erreichen sozialer Anerkennung, sondern vom individuellen Erlebniswunsch. Die Kultur findet 56

Schulze 1997, S. 507.

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sich dementsprechend im Warenkorb vielfältiger Erlebnisangebote, die für den Erlebnisnachfrager zunächst gleichwertig sind. Dementsprechend muss sich das Kulturangebot im gesamten Freizeitangebot verorten. Die Konkurrenzsituation erstreckt sich nicht mehr ausschließlich auf die anderen Kultursparten, sondern auf alles, was dem Individuum ein Erlebnis bietet. Wenn die Kulturbetriebe diese Beliebigkeit in der Wahrnehmung durchaus kulturinteressierter Menschen berücksichtigen, dann können sie sich dieser Herausforderung der Erlebnisorientierung souverän annehmen. Operninszenierungen, Schauspielabende, Ballettaufführungen, Konzerte, Lesungen und Ausstellungen verkörpern sehr komplexe Erlebnisse. Dementsprechend kann sich die Kultureinrichtung der erlebnisorientierten Nachfrage effektiv und effizient stellen. Folgende Kriterien sollten hier berücksichtigt werden, um Noch-Nicht-Besucher oder seltene Besucher stärker zu interessieren: •









Der Erlebnischarakter der Kulturangebote muss in der Werbung und PR stärker thematisiert werden. Die Kommunikation sollte sich bewusst im Freizeitmarkt verorten. Die Flexibilisierung und Ausdehnung von Öffnungszeiten in Museen kommt dem spontanen Erlebnisnachfrager entgegen. Ebenso können Kulturveranstalter wie Theater oder Konzerthäuser »late-night-shows« oder »after-work«-Veranstaltungen anbieten. Die Besucherbindung sollte auf Verbundenheit und nicht mehr auf vertragliche Gebundenheit setzen: Es können zum Beispiel Rabatt gewährende Kulturcards und entsprechend der Interessen individualisierte Newsletter den gelegentlichen Besucher an die Kultureinrichtung binden, ohne dass er sich vereinnahmt fühlt.57 Die Serviceleistungen rund um die Kulturveranstaltung sollten einen hohen Standard haben, um den Besuch als Gesamterlebnis zu gestalten, wie z.B. durch umfangreiches Catering und angenehmes Ambiente der Räumlichkeiten.58 Veranstaltungen und Ausstellungen können so inszeniert werden, dass sich der Besucher als Teil des Ganzen fühlt und hautnah das Dargestellte miterlebt: Zuschauer schauen zum Beispiel nicht auf die Guckkastenbühne, sondern sitzen inmitten des Spielgeschehens. Ein Gleiches ist bei Museen möglich: Der Besucher nimmt aktiv teil an den Darstellungen wie zum Beispiel beim Deutschen Auswanderungshaus Bremerhaven, das sich zu Recht als Erlebnismuseum bezeichnet.

57

Siehe hierzu Klein 2008b, S. 29ff.

58

Ebd., S. 103.

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Ein großer Teil der hier aufgeführten Vorschläge ist bereits in vielen Kultureinrichtungen verwirklicht. Entscheidend ist hier, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass sich die Angebote und die dazugehörigen Serviceleistungen stärker an den Bedürfnissen der sogenannten Erlebnisnachfrager ausrichten müssen, will man dem Zuschauerschwund entgegenwirken. Gleichzeitig muss man sich der Tatsache stellen, dass der typische Teilnehmer der Erlebnisgesellschaft niemals ein Dauerbesucher wird. Die jetzigen Auslastungszahlen, besonders die der Theater- und Konzerthäuser, basieren auf einem hohen Kundenstamm von Dauerbesuchern, dem klassischen Abonnenten. Fällt dieses Potenzial weg, dann ist eine Umstrukturierung der Angebote und der Angebotsdichte nicht mehr zu umgehen. Umso wichtiger sind jetzt schon vorausschauende Maßnahmen, die dieser Entwicklung Rechnung tragen. Der demografische Wandel verstärkt diesen Sachverhalt: Die Hochkultur steht vor massiven Umwälzungen, denen sie sich jetzt schon stellen sollte. 2.2

Der demografische Wandel: Der »natürliche« Besucherschwund und mögliche Gegenmaßnahmen

Der demografische Wandel macht sich in Deutschland auf vielerlei Weise bemerkbar: Abnehmende und überalternde Bevölkerung, Schwierigkeiten bei der Besetzung von Leerstellen sowie Probleme im Rentensystem und bei der Auslastung der Altersheime. Auch in Zukunft wird sich diese Entwicklung fortsetzen – das lassen zumindest die Bevölkerungsvorausberechnungen des Statistischen Bundesamts vermuten: »Im Jahr 2030 werden in Deutschland voraussichtlich nur noch rund 77 Millionen Einwohner leben. Dies entspricht einem Rückgang der Einwohnerzahl gegenüber dem Jahr 2008 um fast fünf Millionen Personen (- 5,7 %). […] Die Bevölkerungsschrumpfung zeigt sich am deutlichsten in der Gruppe der unter 20-Jährigen: Im Jahr 2030 werden voraussichtlich 17 % weniger Kinder und Jugendliche in Deutschland leben als heute. Statt 15,6 Millionen heute werden es nur noch 12,9 Millionen unter 20-Jährige sein. Die Personen im erwerbsfähigen Alter – heute üblicherweise zwischen 20 und 65 Jahren – werden um ca. 15  % beziehungsweise 7,5 Millionen Menschen zurückgehen. Die Altersgruppe der 65-Jährigen und Älteren wird hingegen um rund ein Drittel (33 %) von 16,7 Millionen im Jahr 2008 auf 22,3 Millionen Personen im Jahr 2030 ansteigen.«59

59

Statistisches Bundesamt 2011, S. 8.

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Auch wenn es keine verlässliche Vorausberechnung zur Demografie der Migranten in Deutschland gibt, so lässt die Entwicklung der letzten Jahre deutlich erkennen, dass die Anzahl der Bürger mit Migrationshintergrund weiter wächst: »2009 betrug die Zahl der Personen mit Migrationshintergrund in Deutschland 16,0 Mio. – 715 000 Personen mehr als 2005. Im gleichen Zeitraum ist die Bevölkerung insgesamt um 561 000 Personen zurückgegangen (von 82,5 auf 81,9 Mio.), die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund sogar um 1.276.000 (von 67,1 auf 65,9 Mio.). Der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist in der Folge von 18,6 % auf 19,6 % angestiegen.«60

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Unsere deutsche Gesellschaft wird »weniger, älter und bunter«, so die Kurzformel der demografischen Entwicklung in Deutschland. Den Kulturpolitikern und Kulturmachern ist diese Situation natürlich nicht unbekannt. Die Frage ist nur, ob und welche Konsequenzen daraus gezogen werden, um der künftigen Entwicklung schon jetzt wirksam zu begegnen. Die eigentliche Herausforderung wird durch die Demografie der Besucher bestimmt und die damit verbundene Fähigkeit der Kulturbetriebe, die wenigen Jugendlichen auf der einen Seite sowie die immer größere Anzahl an Senioren und Migranten auf der anderen Seite zu gewinnen und zu binden. Dies stellt eine anspruchsvolle Aufgabe dar, der mit praxisorientierten Maßnahmen begegnet werden sollte. Für einen seniorengerechten Service vor, während und nach einer Veranstaltung sind zum Beispiel folgende Maßnahmen geeignet:61 •



• •

Barrierefreiheit: leichter Zugang zu den Veranstaltungsräumen (z.B. Aufzüge für Gehbehinderte, ausreichend bequeme Sitzmöglichkeiten im Foyer und vor allem offensive Hilfestellung durch das Foyer-Personal). Einführungsveranstaltungen zur Einstimmung auf die Veranstaltung: Das ältere Publikum ist deutlich bildungsorientierter als das jüngere und will über das Programmheft hinaus unmittelbare Informationen zu dem, was sie erwartet, erhalten. Längere Pausen: Ältere Menschen brauchen für alle möglichen Verrichtungen länger als junge. Dementsprechend sollten die Pausen länger sein. Übersichtlichkeit der Informationen: Informationstafeln und Hinweisschildern müssen für Menschen mit Sehschwäche lesbar sein. Das betrifft vor allem die Schriftgröße und die übersichtliche Gestaltung.

60 Statistisches Bundesamt 2010, S. 7. 61

Zu den einzelnen Serviceleistungen für Senioren vgl. Hausmann 2009, S. 141.

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Unterstützung bei der An- und Abfahrt: Ideal ist, wenn Besucher bis zum Eingang der Kultureinrichtung vorfahren können, damit gehbehinderte Senioren kurze Laufwege haben.

2.2.1

Die notwendige Orientierung der Kulturangebote an der Generation der Babyboomer Es bedarf keiner Statistik, um die Aussage zu treffen, dass gegenwärtig die Einrichtungen der Hochkultur schon jetzt die zukünftige Bevölkerungsentwicklung in der Besucherzusammensetzung vorweggenommen haben. Die Überalterung der Gesellschaft, die sich erst in den nächsten Jahrzehnten einstellen wird, ist in der Hochkultur schon jetzt verwirklicht. Wenn dem so ist, so ließe sich schlussfolgern, könnten Theater, Konzerthäuser und Museen der demografischen Entwicklung gelassen entgegenblicken. Denn wenn die Bevölkerungsschicht der Senioren anwächst, dann kann das ja nur gut für die Erhaltung und Weiterentwicklung des Stammpublikums sein, das sich mehrheitlich aus älteren Menschen zusammensetzt. Die Rechnung ist allerdings ohne den Wirt, in dem Falle ohne die Generation der Babyboomer, gemacht. Gemeint sind damit die geburtenstarken Jahrgänge, die in den 50er und 60er Jahren in Deutschland geborenen Menschen.62 Sie verkörpern mehr als ein Drittel unserer Gesellschaft und bewegen sich altersmäßig mit großen Schritten Richtung Rente. Die Babyboomer-Generation wird jedoch nicht die Nachfolge des jetzigen überalterten Stammpublikums der Hochkultur einnehmen. Denn diese Generation ist von den Segnungen der »Kultur für alle« konditioniert worden und steht dementsprechend der Hochkultur desinteressiert, kritisch bis ablehnend gegenüber: »Die Generation der Babyboomer ist mit einem anderen Kulturbegriff aufgewachsen. Hier ist das Popkultur- und ›Soziokulturmotiv‹ (Gerhard Schulze) stärker präsent als bei den heutigen Rentnern. Da die Kulturgewohnheiten sich mit dem Alter erfahrungsgemäß kaum verändern, ist davon auszugehen, dass die Formate der Sozio- und OFF-Kultur (Rock- und Jazzmusik, Kabarett, Freies Theater, Diskussionsveranstaltungen etc.) von der Altersentwicklung eher profitieren werden, während die Klassikanbieter auf Dauer größere Schwierigkeiten bekommen werden, ihre Veranstaltungen zu füllen.«63

Mit Marketing alleine wird man die steigende Zahl der Senioren nicht für die Hochkultur interessieren können. Zielführend ist letztlich nur, dass sich die Programme so verändern, dass sie für die Babyboomer interessanter

62 Vgl. Statistisches Bundesamt 2011, S. 6. 63

Sievers 2009, S. 61.

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werden.64 Deutliche Entwicklungstendenzen zur Programmveränderung sind in den letzten Jahren, gerade im Theaterbereich, durchaus auszumachen. Sie sind nicht unbedingt bewusst zur Publikumsgewinnung für die Babyboomer initiiert worden, sondern liegen eher darin begründet, dass viele der momentan Kulturverantwortlichen selbst zu den geburtenstarken Jahrgängen gehören. So haben Rock- und Popmusik schon seit langer Zeit als Schauspielmusik, oft von den jeweiligen Bands live gespielt, ins Theater Einzug gehalten. FM Einheit von den Einstürzenden Neubauten hat zum Beispiel mit seinen gewaltigen Klanginstallationen mittlerweile zahlreiche große Opern- und Schauspielhäuser erobert. Außerdem entwickelte sich in den 90er Jahren der Trend, die Theaterkultur der Alternativ- und OFF-Szene ins Stadt- und Staatstheater zu holen. Der Regisseur und Schauspieldirektor Stefan Bachmann kann hierfür ein typisches Beispiel abgeben: Er begann seine Karriere in der Berliner OFF-Szene, um sich dann in den Stadttheatern zu etablieren. Darüber hinaus werden mittlerweile an fast jedem Stadt- und Staatstheater Außenprojekte inszeniert, die die Guckkastenbühne verlassen, um in stillgelegten Fabrikgebäuden oder auf Industriebrachen zu spielen. Nicht zuletzt werden immer mehr Filme und Romane theatral umgesetzt, wodurch eben auch ein nicht an dem konventionellen Theaterkanon interessiertes Publikum erreicht werden kann. Auf diese Hinwendung zu den kulturellen Interessen der Babyboomer-Generation wird es in den nächsten Jahren verstärkt in der Hochkultur ankommen, will sie nicht ihre gesellschaftliche Relevanz und Legitimation verlieren. Einem Problem ist allerdings bei den geburtenstarken Jahrgängen nur schwer zu begegnen: Sie sind nicht nur durch die »Kultur für alle« sozialisiert, sondern sind darüber hinaus die wesentlichen Protagonisten der Erlebnisgesellschaft. Sie sind die »vagabundierenden Kulturhopper«, wie sie der Freizeitforscher Opaschowski bezeichnet.65 Sie lassen sich nicht so leicht dauerhaft binden, sondern sie werden entsprechend ihres vielseitigen, individuellen, nicht mehr zwischen E- und U-Kultur unterscheidenden,66 spontanen Freizeitverhaltens nur Gelegenheitsbesucher sein. Die Konsequenz daraus liegt auf der Hand: Die Besucherauslastung wird angesichts des Freizeitverhaltens der Babyboomer als mengenmäßig größte gesellschaftliche Gruppierung zwangsläufig stark sinken.67 Darauf wird man sich einstellen müssen, vor allem mit einer besseren Zielgruppenorientierung und verstärkt seniorengerechten Serviceleistungen

64 Vgl. ebd. 65

Ebd., S. 65.

66 Ebd. 67

Vgl. ebd.

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zur Kundenbindung, um den besonderen altersbedingten Ansprüchen gerecht zu werden.68 2.2.2

Kultur für das Publikum von Morgen: Publikumsbindung von Anfang an Dass die Bevölkerung überaltert, ist unter anderem auf das kontinuierliche Sinken der Fertilitätsrate seit Mitte der 60er Jahre zurückzuführen. Die Folgen sind schon jetzt nicht zu übersehen: Es gibt spürbar weniger Kinder und Jugendliche. Wenn es immer weniger junge Menschen gibt, könnte die Kultur daraus die Konsequenz ziehen, dass sie dieser sich permanent verkleinernden Zielgruppe keine gesteigerte Aufmerksamkeit schenken muss. Schließlich geht es darum, das derzeitige Auslastungsniveau zu halten. Eine solche Sicht der Dinge übersieht allerdings die Zukunft: Wenn es gegenwärtig immer weniger Kulturbesucher gibt, dann ist es umso wichtiger, sich um das Publikum von Morgen schon heute zu kümmern. Das ist vor allem dann unumgänglich, wenn offensichtlich ist, dass sich die Jugendlichen derzeit weniger für die Hochkultur interessieren als die ältere Generation. Wie wir schon bei den Babyboomern gesehen haben, lassen sich die Menschen nicht erst dann für die Hochkultur begeistern, wenn sie älter werden. Die Erkenntnisse der Kulturpublikumsforschung sind hier eindeutig: Wenn nicht schon in frühester Jugend das Interesse für Kultur geweckt wird, dann sind spätere Versuche im Alter fast aussichtslos.69 Die Kultureinrichtungen verschließen sich diesem Umstand keineswegs. Vor allem die Museen bieten schon seit Jahrzehnten umfangreiche Vermittlungsprogramme für Kinder und Jugendliche an. Leider untersucht die Gesamterhebung deutscher Museen des Instituts für Museumsforschung nicht die Zahl der Besuche von Kindern und Jugendlichen. Dennoch dürften die Museen innerhalb der Hochkultur hier die Spitzenreiter sein. Das ist natürlich auch dem Umstand zu verdanken, dass sich Museen während der regulären Schulzeit von Schulklassen besuchen lassen, während die meisten anderen Kulturveranstaltungen nur abends angeboten werden, was die Organisation des Schulklassenbesuchs für die Lehrer erschwert und damit unattraktiver macht. Darüber hinaus gibt es natürlich deutlich mehr Museen als Theater und Konzerthäuser. Die gezielte Entwicklung von Kinder- und Jugendangeboten, die über das Weihnachtsmärchen und Weihnachtskonzert hinausgeht, setzte in den deutschen Theater- und Konzerthäusern erst in den 90er Jahren verstärkt ein. Zuschauerschwund und Legitimationspro68 Hausmann 2009, S. 140. Vgl. auch Meyer 2006, S. 220. 69 Keuchel 2009, S. 159.

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bleme dürften hier den Ausschlag gegeben haben. Der Trend hält an. So verzeichnet die Theaterstatistik des Deutschen Bühnenvereins für die Spielzeit 2008/2009 12.287 Kinder- und Jugendveranstaltungen gegenüber 11.614 in der Spielzeit 2007/2008.70 Das ist eine durchaus stattliche Quote in Anbetracht der Gesamtveranstaltungszahl von 65.508. Immerhin lag die Anzahl der an Kinder und Jugendliche (inklusive Studenten) ausgegebenen Karten bei 15,6 Prozent. Das sind in konkreten Zahlen 2.668.113 Besuche von jungen Menschen, die natürlich nicht nur die speziellen Kinder- und Jugendangebote nutzen, sondern sich auch zum Teil die regulären Vorstellungen ansehen. Allerdings lagen diese im Vergleichsjahr zuvor bei 2.716.499 Karten. Ungeachtet des leichten Rückgangs bei den jungen Besuchern, der noch lange keinen Abwärtstrend markieren muss, ist die Steigerung der Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche der richtige Schritt in die richtige Richtung. Die positive Entwicklung sollte allerdings nicht vergessen lassen, dass sich immer noch viele Theaterverantwortliche bei dem Thema Kinder- und Jugendarbeit schwer tun. Denn damit lässt sich das überregionale und nationale Ranking schwerlich verbessern. Ins überregionale Feuilleton kommt man damit nicht. Aber, und das ist letztlich entscheidend, mit der Kinder- und Jugendarbeit lässt sich die Zukunft sichern. Das sollte Anlass genug sein, um die Bemühungen zu intensivieren, das Publikum von Morgen zu gewinnen. Um es in der Begrifflichkeit des Relationship Marketing auszudrücken: Hier liegt die Chance, um den »Customer Lifetime Value« zu verwirklichen. Es gilt, Menschen schon in ihrer Kindheit an die Kultureinrichtung zu binden, um sie als kontinuierliche Besucher bis ins hohe Alter hinein zu gewinnen. Dazu bedarf es allerdings eines Programmangebots, das die unterschiedlichen Interessen der unterschiedlichen Altersstufen berücksichtigt. Der Pubertierende möchte schließlich nicht mit 10-jährigen in der Pippi-Langstrumpf-Vorstellung sitzen. Ein gutes Kinder- und Jugendangebot erfordert eine sehr differenzierte und zielgruppenorientierte Programmplanung, was ein langfristiges Umdenken in der gesamten Programmplanung erfordert. Ein Beispiel liefert der Schnawwl, das Kinder- und Jugendtheater des Nationaltheaters Mannheim, das die bundesweit einmalige Programmreihe Theater von Anfang an entwickelt hat, bei dem selbst Babies im Alter von acht Wochen bis zu einem Jahr in den Genuss theatraler Ästhetik kommen.71 70

Deutscher Bühnenverein (Hg.): Theaterstatistik 2008/09. Summentabellen (unter: www.buehnenverein.de/de/publikationen-und-statistiken/statistiken/theaterstatis tik.html, Zugriff: 16.7.2011). Die weiteren Angaben sind ebenfalls dieser Statistik entnommen.

71

Siehe hierzu: www.schnawwl.de/theaterpaedagogik/babytanzfest.php (Zugriff: 19.7.2011).

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2.2.3 Die Integration von Migranten durch und in die Hochkultur Neben den Veranstaltungen »für alle« werden zielgruppenspezifische Angebote immer wichtiger werden, um den Veränderungen im Kulturnutzungsverhalten und den demografischen Veränderungen Rechnung tragen zu können. Die gezielte Integration von Migranten in die Kultureinrichtungen dürfte dabei die größte Herausforderung sein. Auch sie sind für die Publikumsgewinnung eine wesentliche gesellschaftliche Größe, die Politik und Kultur mittlerweile ins Visier nehmen.72 Das Kulturnutzungsverhalten von Migranten ist allerdings bislang kaum erforscht worden.73 Wichtig ist in diesem Zusammenhang, sich über die allgemeinen, kulturellen Rahmenbedingungen im Klaren zu sein, die der 7. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland vom Dezember 2007 mustergültig aufgearbeitet hat: »Die Wahrnehmung künstlerischer Bildungsangebote und der Zugang zu (Hoch-)Kulturangeboten, wie etwa Theatern, Museen und Orchestern, korreliert nach diesen Daten allerdings weniger mit dem Migrationshintergrund als vielmehr mit der besuchten Schulart und dem Bildungsstand der Eltern. Sowohl für Jugendliche mit wie ohne Migrationshintergrund gilt: Je höher der Bildungsstand ist, umso stärker ist das kulturelle und künstlerische Interesse, sowohl was die Rezeption als auch eigene künstlerische oder kulturelle Aktivitäten angeht. […] Des Weiteren belegen die Daten den großen Einfluss der Elternhäuser und eine starke Korrelation von frühen Kontakten mit Kulturangeboten und späterem Kulturinteresse.«74

Migranten mit hohem Bildungsabschluss bedürfen zunächst keiner spezifischen Besucherorientierung. Die Mehrzahl der Migranten hat jedoch keinen hohen Bildungsstand und genau diesem Umstand muss die Hochkultur Rechnung tragen. Die Integration der Migranten durch Kultur und ihre Teilhabe an Kultur lässt sich in erster Linie durch die kulturelle Bildung der Kinder und Jugendlichen erreichen.75 Die Kooperation mit den Schulen ist hier die entscheidende Schnittstelle für die Kultureinrichtungen, um hier einen wesentlichen Kulturauftrag zur Integration zu erfüllen, wodurch sie 72

Vgl. Dreyer 2009, S. 40.

73

7. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland. Dezember 2007, S.  183 (unter: www.bundesregierung.de/Content/DE/Publikation/ IB/Anlagen/auslaenderbericht-7,property=publicationFile.pdf, Zugriff: 20.7.2011).

74

Ebd., S. 183f.

75

Ebd., S. 184.

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gleichzeitig die Migranten als Publikum langfristig gewinnen können. Die Kooperation von Schulen und Kultureinrichtungen ist freilich keine neue Maßnahme, und die gegenwärtigen Projekte erfahren auch hier in der Tat in den letzten Jahren eine deutliche Intensivierung. So haben 2007, um nur ein Beispiel zu nennen, in Berlin »17 Theater, Konzerthäuser und Museen Patenschaften für Schulen übernommen und organisieren vielfältige Aktivitäten mit dem Publikum von morgen. Mittelfristig sollen alle Berliner Schulen in solche Patenschaften eingebunden werden«.76 Schwieriger ist es sicherlich, ältere hochkulturferne Migranten für Theater und Konzert zu interessieren. Das gilt vor allem für Migranten mit nicht südoder osteuropäischem kulturellen Hintergrund, für die unsere klassischen Kulturdarbietungen eine völlig fremde Welt verkörpern.77 Abendländische Opernmusik kann beispielsweise für türkisch geprägte Ohren ähnlich exotisch klingen wie für westlich geprägte Ohren die traditionelle Kunstmusik der Türkei.78 So war es sicherlich ein gut gemeinter Versuch, als die Oper Frankfurt in der Spielzeit 2010/2011 Mozarts »Entführung aus dem Serail« in den Hauptpartien in türkischer Sprache singen ließ und die Oper mit türkischen Obertiteln ausstattete. Es darf allerdings bezweifelt werden, dass damit wirklich türkische Zuschauer erreicht worden sind, die bislang nicht in der Oper waren und jetzt das Angebot wahrgenommen haben, nur weil eine Operninszenierung in ihrer Heimatsprache gesungen wurde. Denn in der Oper verkörpert sicher nicht allein die Sprachbarriere die Hemmschwelle zum Besuch, sondern vorrangig der musikalische Inhalt. Eine interkulturelle Öffnung der Oper könnte erst dann gelingen, wenn sie fremde, beispielsweise orientalische Musikformen in ihr Programm aufnähme. Um es in der Begrifflichkeit des 7. Berichts der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration zu formulieren: Gefragt sind »Identifikationsangebote für die zugewanderte Bevölkerung«.79 Will ich Nichtbesucher und eher seltene Besucher mit Migrationshintergrund für 76

Ebd., S. 186.

77

Vgl. Keuchel 2009, S. 156.

78

Siehe hierzu Winfried Sakais Untersuchung zu Musikpräferenzen von Grundschulkindern mit und ohne türkischem Migrationshintergrund in urbanem Kontext (Sakai 2011). Sakai ermittelt bei Kindern mit türkischem Migrationshintergrund von der Musikkultur der Familienherkunft beeinflusste Musikpräferenzen, die sich von denen der Kinder ohne Migrationshintergrund unterscheiden (ebd., S. 186). Ein statistisch signifikantes Merkmal sind die verschiedenen Tonsysteme: abendländisch vs. vorderorientalisch (ebd., S. 182-184). So verwendet Mozarts Oper ausschließlich das abendländische Musik- und Tonsystem.

79

7. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und

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meine Angebote interessieren, dann ist es zielführend, Migrantenthemen künstlerisch zu verarbeiten.80 Ein sehr überzeugendes Beispiel liefert das Schauspiel des Theaters Dortmund mit seinem Theaterprojekt heimat unter erde – memleket toprağιn altιnda: Gastarbeiter der 60er/70er Jahre, deutsche Kumpel, jugendliche Migranten und die Schauspieler des Dortmunder Ensembles konfrontieren in ihrer dokumentarischen Recherche anhand einer Liebesgeschichte zwischen einem Gastarbeiter und einer Deutschen die Lebenssituation der Ausländer von damals mit der ihrer Enkelgeneration im wirtschaftlichen Wandel der einstigen Bergbaustadt.81 Das Theater arbeitet gemeinsam mit Laien eines der zentralen Themen der Migrationsgeschichte auf, die zugleich eine unmittelbare Auseinandersetzung mit der jüngsten Geschichte der Stadt Dortmund ermöglichen. Mit diesem Theaterabend lassen sich nicht nur Migranten als zusätzliche Zuschauer gewinnen, sondern auch deutschstämmige Dortmunder, die sonst eher nicht im Theater zu finden sind, weil es bei beiden Zielgruppen um ihre ureigene persönliche Lebensgeschichte geht. Natürlich ist die Dortmunder Theaterinszenierung kein Einzelfall. Viele Kultureinrichtungen entwickeln in den letzten Jahren vergleichbare Identifikationsangebote für Migranten. Jedoch bilden sie in der Regel die Ausnahme, die nur hin und wieder das Standardkulturprogramm bereichern. Es wird darauf ankommen, zur Publikumsgewinnung migrantenorientierte Programmangebote als festen Bestandteil ins Veranstaltungsrepertoire aufzunehmen. Nur durch eine solche Kontinuität lässt sich langfristig die Integration der Migranten in die Hochkultur bewerkstelligen. Der Blick auf die demografische Entwicklung, aber auch auf das Kulturnutzungsverhalten insgesamt, macht unmissverständlich deutlich, dass zur Existenzsicherung der Hochkultur eine stärkere Zielgruppenorientierung bei der Programmentwicklung notwendig ist. Die ausgewählten Beispiele zeigen zugleich, dass die Orientierung der Themen an den Interessen verschiedener Zielgruppen keineswegs gleichzusetzen ist mit dem Absenken des ästhetischen Niveaus. Nicht Massenkultur ist gefragt, sondern eine anspruchsvolle Kultur, die sich deutlicher an den Lebensbedingungen eines neu zu gewinnenden Publikums orientiert. Mithin ist es keine Frage der Kunst, sondern eine des Managements, ob die Kultureinrichtungen den Herausforderungen der gesellschaftlichen Entwicklung gewachsen sind.

Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland. Dezember 2007, S. 189. 80 Ebd. 81

Siehe hierzu insgesamt: www.theaterdo.de/event.php?evt_id=1149 (Zugriff: 20.7.2011).

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2.3

Audience Development als Programm- und Besucherorientierung des aktivierenden Kulturmanagements

»Legitimation, Akzeptanz, Ressourcensicherheit und Qualität« sind die wesentlichen, voneinander abhängigen Aspekte für den Erfolg und die Existenzsicherung der Kulturbetriebe. 82 Um das zu gewährleisten, rückt neben der ästhetischen Qualität die Professionalität der Vermittlungsleistung immer mehr ins Zentrum der Kulturarbeit.83 Wie lässt sich die jeweilige Kunst im Kulturbetrieb so vermitteln, dass möglichst viele Besucher die Veranstaltungen besuchen? Das bedeutet gegenwärtig letztlich, dass eine nachfrageorientierte Programmentwicklung die reine Angebotsorientierung ablösen muss, um den veränderten Interessen der kulturinteressierten Menschen Rechnung tragen zu können.84 Das in den 90er Jahren in den angelsächsischen Ländern eingeführte Programm des Audience Development erweist sich hierbei als ein zielführendes ganzheitliches Konzept, um neue Besucher gewinnen zu können. 85 Die Besucherentwicklung hat sich vor allem in Großbritannien flächendeckend etabliert; sie ist eine wesentliche Grundbedingung der öffentlichen Zuwendung, die mit folgenden Kriterien verknüpft ist:86 • • • • •

Intensivierung des Zugangs für alle zu vielfältigen Kulturangeboten Entwicklung des Bildungspotenzials von Kulturarbeit Erhöhung des Standards kultureller Bildung und Intensivierung der Kulturvermittlung Förderung von Talenten im Kulturbereich Stärkung der Funktion von Kultur als Kampf gegen soziale Ungleichheiten

Rein ästhetische Entscheidungskriterien zur Gestaltung des Kulturprogramms reichen nicht mehr aus, um langfristig konstante Besucherzahlen zu erreichen. Die Kriterien des Audience Development zeigen deutlich die notwendige Stoßrichtung zur Besucherentwicklung auf: Die Darstellung von Kunst muss wesentlich stärker durch ihre Vermittlung in den Kulturbetrieben flankiert werden. Kulturvermittlung und Kulturpädagogik müssen stärker in die Programmplanung eingebunden werden, um wirklich an 82

Siebenhaar (Hg.) 2009, S. 7.

83

Ebd.

84

Siebenhaar 2009, S. 11.

85

Mandel 2009, S. 19.

86 Zu den Kriterien siehe Siebenhaar 2009, S. 14.

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der Lebenswelt unterschiedlicher Zielgruppen orientierte Angebote zu entwickeln. Mit anderen Worten: Wenn das Publikum nicht mehr von sich aus zur Kultur kommt, dann müssen Kulturbetriebe auf potenzielle Besucher zugehen und Maßnahmen entwickeln, die sich an den Interessen der Zielgruppen ausrichten. Die wichtigsten Strategien der Besucherentwicklung lassen sich nach Birgit Mandel folgendermaßen beschreiben:87 •













87

Aufmerksamkeit erreichen: Das Marketing ist aufgefordert, die Kulturveranstaltungen nicht als lebensfremde, sondern als mitten in der Lebenswelt verortete Angebote zu vermitteln. Markenbildung: Auch Kulturbesucher sind Kunden, die sich an Standards orientieren wollen, die ihnen bei der Auswahl Sicherheit und Vertrauen vermitteln. Dazu braucht es gleichbleibende Qualität und eine bestimmte Ausrichtung der Angebote, die dem Besucher die Identifikation mit dem Kulturbetrieb bieten. Verbundenheit: Die Besucherbindung funktioniert bei der Mehrheit der erlebnisorientierten Kulturnutzer nicht mehr über vertragliche Gebundenheit, wie das bei den prestige- und bildungsorientierten Stammbesuchern mithilfe von Abonnements und Dauerkarten noch der Fall ist. Es bedarf flexibler Formen wie zum Beispiel Kulturcards und Kulturclubangebote, um die Besucher an die Kultureinrichtung zu binden. Umfassender Service: Angenehme Rahmenbedingungen, behagliches Ambiente und freundliches Personal müssen den Kulturbesuch in ein Gesamterlebnis verwandeln. Der Besucher muss sich wohl und angesprochen fühlen. Eventorientierung: Kulturdarbietungen können in ein ansprechendes, geselliges Rahmenprogramm eingebettet werden, ohne dass sich deswegen die Inhalte der Kulturveranstaltung dem Massengeschmack anbiedern müssten. Die lange Nacht der Museen oder die Sommerkonzerte der Berliner Philharmoniker auf der Waldbühne dienen als Beispiele. »Outreach-Strategie«: Gemeint sind damit Outdoor-Veranstaltungen, bei denen die Künstler die Orte der anvisierten Zielgruppen aufsuchen, wie es von vielen Kultureinrichtungen bereits durch kleinere Kulturveranstaltungen in Schulen, Kindergärten, Altenheimen oder Krankenhäusern gelegentlich praktiziert wird. Direkte Vermittlung: Gelegenheitsbesucher benötigen vorab oder begleitend Informationen zur präsentierten Kunst, um die Auseinandersetzung mit der künstlerischen Darstellung zu erleichtern. Das wird vor allem Zu den Strategien siehe Mandel 2009, S. 29ff.

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durch Einführungsveranstaltungen und durch Führungen ermöglicht. Wichtig ist hier, die Interaktion zwischen Kulturmachern und Besuchern zu fördern. Der Besucher sollte sich nicht nur ernst genommen, sondern auch als Teil des Ganzen fühlen. Die hier von Birgit Mandel aufgezeigten Strategien des Audience Development sprechen hauptsächlich Kundenkontaktsituationen an, wie sie vom Relationship Marketing bereits ausgearbeitet worden sind. Mit Beziehungsmanagement alleine wird man allerdings nicht wirklich neue Besuchergruppen erschließen können. Vielversprechender scheinen hier die ebenfalls von Mandel aufgezeigten Strategien zu sein, die direkt die Veranstaltungsformen beeinflussen, wie es bei der Event- und der Outreach-Strategie der Fall ist. In der Konzentration aufs Publikum muss Audience Development Angebote für die unterschiedlichsten Zielgruppen gestalten.88 Die multiple Zielgruppenorientierung sollte deutlich eine Abkehr von einem einheitlichen Programm für alle anstreben, dem immer unterstellt worden ist, das es die unterschiedlichen Zielgruppen erreichen und ansprechen könnte. Das dem nicht so ist, zeigen die sinkenden Besucherzahlen und das nicht mehr mehrheitlich an der Hochkultur orientierte Kulturnutzungsverhalten. Audience Development versucht letztlich erfolgs- und handlungsorientiert die Vision der »Kultur für alle« zu verwirklichen, indem es zielgruppenorientierte Veranstaltungen unterschiedlichster Art anbietet und sich dezidiert an Nichtbesucher wendet. Letztlich besteht die wesentliche Herausforderung darin, erlebnisorientierte Veranstaltungsformen zu entwickeln, denen es gelingt, anspruchsvolle Kunst so zu vermitteln, dass sie von möglichst vielen rezipiert wird. So definiert Klaus Siebenhaar die Ziele des Audience Development deutlich orientiert an der Notwendigkeit der Gewinnung neuer Besucher:89 • • •

Kulturnutzungsbarrieren erkennen und abbauen ein für die Gesellschaft repräsentatives Publikum gewinnen die durchgeführten Maßnahmen der Besucherentwicklung evaluieren und dokumentieren

Die Barrieren für Nichtbesucher von Kultureinrichtungen ergeben sich vor allem durch die Unterstellung, dass Kunst langweilig und anstrengend sei und dass man nicht über die richtigen Umgangsformen verfüge.90 Während 88

Ebd.

89 Siebenhaar 2009, S. 15. 90 Mandel 2008, S. 49.

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die Kulturmacher ihren Besuchern unterstellen, dass sie zu den Veranstaltungen kommen, weil sie sich für die spezielle Ästhetik der jeweiligen Darstellung interessieren, geht es der Mehrheit der Besucher um gute Unterhaltung, Geselligkeit und Ablenkung vom Alltag.91 Aus Sicht der Besucher sind ihre Vorurteile gegenüber der Hochkultur also durchaus berechtigt. Die Auseinandersetzung mit den ästhetischen Aspekten der Darstellung erfordert in der Tat ein Spezialwissen und gefestigte Erfahrungen im Umgang mit Kunst. Es bedarf letztlich der »Entgrenzung« der herkömmlichen Darstellungs- und Rezeptionsweisen, um erlebnisorientierte Menschen erreichen zu können.92 Die Strategien des Audience Development Aufmerksamkeit erreichen durch lebensnahes Marketing

Besucherentwicklung

Erlebnisorientiertes Kulturprogramm (»Eventorientierung«)

Umfangreicher Service (vor und während der Veranstaltungen)

Direkte Vermittlung (Einführungen, Führungen, Publikumsgespräche usw.)

Besuchersteigerung

Die Verfechter der bildungsorientierten bürgerlichen Hochkultur erheben in diesem Zusammenhang häufig den Vorwurf der Eventisierung von Kunst, die als banal und der Sache nicht gerecht werdend abgelehnt wird.93 Die lange Nacht der Museen, die mittlerweile in fast jeder Stadt durchgeführt 91

Ebd., S. 48f.

92 Ebd., S. 53. 93

Ebd.

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wird, selbst wenn es in ihr nur ein Heimatmuseum gibt, widerlegt allerdings den Vorwurf der Hardliner.94 Denn der populär und als Party gestaltete Nachtbesuch eines Museums bringt Massen ins Museum, die nicht nur die Eventangebote wie das Live-Konzert einer lokalen Pop-Band im Museumscafé genießen, sondern sich auch die Ausstellungen ansehen. Es mag sein, dass viele Besucher der langen Nacht der Museen nur an diesem einen Tag ins Museum gehen. Aber immerhin waren sie dann einmal im Jahr im Museum und haben sich auf lustvolle Art und Weise auf die Ausstellungen eingelassen. Die Entwicklung erlebnisorientierter Angebote, die einen populären Zugang zur Kunst vermitteln, verlangt ein hohes Maß an strategischen Anstrengungen und Kreativität. Audience Development ist eine institutionelle Querschnittsaufgabe, die nicht allein dem Marketing aufzubürden ist.95 Es geht um die Partizipation möglichst vieler Menschen, die sich der Kultureinrichtung emotional verbunden fühlen, was nur von einer flexiblen und lernenden Organisation zu bewerkstelligen ist.96 Die zentrale Aufgabe der entwickelten Kulturorganisation, die klare Qualitätsmaßstäbe setzen kann und ihr Aufbau- und Ablauforganisation effizient und effektiv gestaltet hat, wird die Besucherentwicklung und -bindung sein, um langfristig die Existenz der Hochkultur zu sichern.97

3. I NSTITUTION UND K ULTUR »Wie es Euch gefällt, geht nicht mehr.«98 Diese Losung des berühmten Münchner Kammerspieledramaturgen Ernst Wendt ans Publikum war gleichzeitig der Titel seiner Aufsatzsammlung, die lange Zeit unzählige Dramaturgen beeinflusste, und verstand sich in den 80er und 90er Jahren als Begründung gegenüber einem konservativen bildungsbürgerlichen Publikum, das nur werkgetreue Inszenierungen sehen wollte, nicht aber ein an der Gegenwart orientiertes Theater. Heute bietet sich dieses Credo an, um es den Kulturmachern ans Herz zu legen, freilich mit einer veränderten und gegenläufigen Stoßrichtung: Es reicht nicht mehr aus, einfach nur Kultur so zu machen, wie man es selbst für richtig hält. Immer mehr haftet dem Selbstbehauptungswillen der Hochkultur die subjektive Willkür der weni94 Ebd., S. 53f. 95

Vgl. Siebenhaar 2009, S. 13.

96 Ebd. 97

Vgl. Mandel 2008, S. 62

98 Wendt 1985.

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Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

gen Leistungsmitglieder der Kultureinrichtungen an, die frei nach Lust und Laune über das bestimmen wollen, was in der Kultureinrichtung gemacht wird. Augenfälligste Galionsfigur hierfür ist der klassische inszenierende Intendant eines Stadt- oder Staatstheaters, der alles bestimmt und entscheidet: angefangen beim künstlerischen Personal über die Spielpläne bis zur herausragenden, den üblichen Etat überschreitenden Ausstattung der eigenen Inszenierungen, die als Ausnahmezustand den Theaterbetrieb bis an die Grenze des Machbaren treiben. Dieses zugespitzte Bild des Intendanten lässt sich keineswegs verallgemeinern. Es zeigt jedoch die vertraglich festgelegte Möglichkeit subjektiver Willkür in der Amtsausübung auf. Dass diese Freiheit auch in der Realität von einigen genutzt wird, liegt auf der Hand. Der hier (Kapitel I.1 und I.2) aufgezeigte Wandel der Kulturpolitik und des Kulturnutzungsverhaltens als Manifestation einer sich radikal wandelnden Gesellschaft verlangt nach einer objektiven Führung, die sich nur durch ein strategisches Management verwirklichen lässt. Was dem Künstler erlaubt ist, ist dem Kulturmanager untersagt: die ausschließliche Orientierung an Intuition und subjektivem Empfinden. Beim Führen eines Kulturbetriebs geht es allein um die Machbarkeit, die sich unterschiedlichsten Kriterien und Voraussetzungen stellen muss.

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Kulturelle Programmatik

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Das Spannungsfeld der kulturellen Programmatik

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Mission des Kulturmanagements

Kulturinstitution

Eine zukunftsfähige Kultur muss sich im Spannungsfeld von öffentlichem Kulturauftrag, Publikumsinteresse und ästhetischem Programmprofil der jeweiligen Einrichtung verorten. Dazu muss man zunächst diese drei maßgeblichen Anforderungen kennen, um sie dann bewusst in die Programmgestaltung einfließen zu lassen.

Jochen Zulauf £I. Der Handlungsbedarf für ein aktivierendes Kulturmanagement

3.1

Der Kulturauftrag: Das öffentliche, staatliche Interesse an der Kultur

Bei der Auseinandersetzung mit der derzeitigen Kulturpolitik ist deutlich geworden, dass sie den Kulturauftrag zwar allgemein thematisiert, ihn aber nicht gegenüber den jeweiligen Kultureinrichtungen konkretisiert. Im Zuge der aktivierenden Kulturpolitik, wie sie sich vor allem in der Kulturentwicklungsplanung derzeit manifestiert, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis hier präzisere Anforderungsprofile festgeschrieben werden, um den öffentlich subventionierten Kulturbetrieben eine klare Orientierung für ihr Aufgabenprofil zu geben. Bis dahin ist es für Kultureinrichtungen ratsam, sich an den im kulturpolitischen Diskurs geäußerten allgemeinen Anforderungen zu orientieren, um sich hier proaktiv der zukünftigen Entwicklung zu stellen. Der Kulturbetrieb muss stärker als bisher die allgemeinen Voraussetzungen für die öffentliche Subvention der Kultur durch Staat (Bund, Länder und Kommunen) ins Visier nehmen. Denn die Zeiten sind längst vorbei, in denen es die unausgesprochene Übereinkunft gab, dass die Kultur einen öffentlichen Auftrag erfülle, der aus dem Schiller’schen Begriff der ästhetischen Erziehung des Menschengeschlechts allgemein abgeleitet würde und keiner weiteren Begründungen bedürfe, weil er das deutsche Kulturerbe verkörpere. Dieses Fundament ist sicherlich auch für die Gegenwart noch stabil. Der Kulturauftrag bedarf nun aber einer Konkretisierung, um die Förderung der jeweiligen Kultureinrichtung zu rechtfertigen. Folgende allgemeine Kriterien des Kulturauftrags, wie sie sich in den unterschiedlichen kulturpolitischen Diskursen manifestieren,99 können hier den Kultureinrichtungen Orientierung für die Ausrichtung ihrer Kulturarbeit bieten: • • • •

• •

Auseinandersetzung mit der Gegenwart vermitteln, neue Sichtweisen auf die eigene Lebenssituation eröffnen Pflege des Kulturerbes und Weiterentwicklung kultureller Darstellungsformen Förderung zeitgenössischer Künstler Zugang für ein möglichst breites Zielpublikum ermöglichen (z.B. durch angemessene Eintrittspreise, flächendeckende Kommunikation der Angebote, vielseitiges Programm) kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche dem Ort und der Region des Wirkens ein unverwechselbares Image verleihen (Kultur als struktureller und wirtschaftlicher Standortfaktor)

99 Siehe hierzu insgesamt Sievers/Wagner 2006.

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Auf welche Art und Weise die Kultureinrichtungen diese Kriterien berücksichtigen und wie sie in der künstlerischen Arbeit umgesetzt werden, bleibt diesen letztlich überlassen, was die Kunstfreiheitsgarantie des Grundgesetzes auch einfordert. Nur sollte der Kulturbetrieb eben auch wirklich alle Kriterien beherzigen. So unterschiedlich sich die konkrete Kulturpolitik der jeweiligen Kommunen und Bundesländer momentan definiert, die genannten Punkte des Kulturauftrags werden immer im Zentrum der Legitimation öffentlicher Kulturförderung stehen. Wenn beispielsweise eine Kultureinrichtung überregional hohe Wertschätzung erfährt und damit den wirtschaftlichen Standort aufwertet, dann ist sie trotzdem angreif bar, wenn sie keine Angebote für Kinder und Jugendliche bereithält. Die durch den Kulturauftrag gesteckten Rahmenbedingungen stellen die Kultur keineswegs vor unlösbare Probleme. Es geht hier in erster Linie darum, sich der von außen an die Kultur gestellten Aufgaben bewusst zu werden, die derzeit zwar nicht verbindlich festgelegt sind, aber in den kulturpolitischen Diskussionen, vor allem anlässlich von Haushaltsberatungen, immer wieder öffentlich thematisiert werden. Ein aktivierendes Kulturmanagement bewältigt diese Herausforderung, indem es die öffentlich geforderten Aufgaben bewusst in ihrem Programm und in ihrer Programmatik so verarbeitet, dass sie als Leitsätze ins Leitbild einfließen, um so den Mitarbeitern eine klare Orientierung zu geben, unter welchen Voraussetzungen die Existenz der Kulturorganisation zu gewährleisten ist. 3.2

Das Publikumsinteresse als zweite Instanz der Orientierung

Wie bereits schon erwähnt wurde: Die Orientierung am Publikumsinteresse ist nicht zu verwechseln mit der ausschließlichen Ausrichtung des Programms am Publikumsgeschmack. Würden beispielsweise Theater sich dem breiten Publikumsgeschmack unterwerfen, dann würden sie schwerpunktmäßig unterhaltsame Komödien und Operetten spielen. Diese Einseitigkeit widerspräche dem Kulturauftrag und damit einer öffentlichen Subventionierung. Dennoch sind die Kultureinrichtungen auf ihre Besucher angewiesen. Den zeitgenössischen Maler kann das Museum nur fördern, wenn seine Ausstellung auch wirklich von Besuchern gesehen wird. Schauspieler können ihre Darstellungskunst nicht verwirklichen, wenn sie vor leeren Zuschauerreihen spielen. Folglich muss sich das Kulturprogramm auch an den Interessen der Besucher orientieren. Der Blick auf den radikalen Wandel des Kulturnutzungsverhaltens in den letzten Jahrzehnten lässt deutlich erkennen, dass es immer schwieriger wird, für eine reine angebotsorientierte Kulturvermittlung noch das geeignete Publikum zu finden. Es ist leichtgläubig,

Jochen Zulauf £I. Der Handlungsbedarf für ein aktivierendes Kulturmanagement

davon auszugehen, dass durch eine professionelle Kommunikation allein alle Interessenten für eine Veranstaltung erreicht werden können. Die Konsequenz einer solchen Haltung ist offenkundig: Allzu oft wird vom Kulturmanagement das Marketing für die niedrige Auslastung verantwortlich gemacht. Was aber, wenn es wirklich keine Nachfrage für die speziellen Angebote gibt, von denen die Leitung einer Kultureinrichtung überzeugt ist? Das Kulturmanagement kann sich zwar auf die Position zurückziehen, dass man als subventionierte Institution eben das zu ermöglichen versucht, was es schwer hat. Sollte diese Haltung aber grundsätzlich für die gesamte Programmgestaltung maßgeblich sein, dann gefährdet sie langfristig die Existenz der Kultureinrichtung. Das große Dilemma, das es zu überwinden gilt, besteht zunächst darin, dass in Deutschland die Kulturpublikumsforschung in den Kinderschuhen steckt. Dieser Missstand ist zunächst auf den banalen Umstand zurückzuführen, dass sich über Jahrzehnte die Kulturverantwortlichen mehrheitlich nicht ernsthaft für das Kulturbesucherinteresse interessiert haben. Erst in den 90er Jahren setzte sich eine Publikumsorientierung in Gang, die aber keineswegs dazu geführt hat, dass die Kultureinrichtungen ihre Besucher regelmäßig befragen. Aber nur durch Besucher- und vor allem durch Nichtbesucherbefragungen kann ich erfahren, wie mein Angebot wahrgenommen und beurteilt wird. Die Analyse ist der erste wichtige Schritt zu einer Nachfrageorientierung, die versucht, das Publikumsinteresse in die Programmgestaltung zu integrieren. Zielgruppenorientierte Programmplanung wird hierbei unerlässlich sein. Dazu bedarf es einer ästhetischen Programmprofilierung, die den Kulturauftrag, die Besucherinteressen und die eigene Motivation des kulturellen Schaffens in Einklang bringt. 3.3

Die Programmatik des Kulturbetriebs: Der Dreiklang von Kulturauftrag, Besucherinteresse und ästhetischer Mission

Kulturmacher sehen ihre Arbeitsmotivation zu Recht nicht darin, dem Staat und den Bürgern zu dienen. Ihr Eigeninteresse ist in der Regel an ästhetischen Werten des kulturellen Schaffens ausgerichtet. Man wird nicht Kulturmanager oder – um einen aus der Mode gekommenen Begriff zu verwenden – Kulturschaffender, um einen öffentlichen Auftrag zu erfüllen. Kulturmanager fühlen sich in erster Linie der Kunst verpflichtet. Ihre Aufgabe ist es, Kunst zu ermöglichen. Das Ermöglichen setzt aber im Gegensatz zur Kunstproduktion voraus, dass man sich den Anforderungen der Öffentlichkeit stellt und die von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellten Rahmenbedingungen so managt, dass die Kunst und ihre Vermittlung sich entfalten

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können. Die Kultureinrichtung kann nicht alle Kulturformen ihrer Sparte gleichermaßen präsentieren. Sie braucht ein ästhetisches Profil, auf dessen Grundlage sich ein zwar vielfältiges, aber dennoch zielgerichtetes Veranstaltungsprofil entwickeln kann, das ihr ein unverwechselbares Gesicht verleiht. Diese Profilierung obliegt der Leitung einer Kultureinrichtung. Es liegt in ihrer Verantwortung, eine Mission vorzugeben, an der sich sowohl die Mitarbeiter als auch die Besucher orientieren können. Kulturinstitutsleiter werden vom Land oder der Kommune engagiert, weil sie für eine bestimmte Programmpolitik, für eine besondere ästhetische Ausrichtung stehen, von der sich die kulturpolitisch Verantwortlichen versprechen, dass sie die Kultureinrichtung erfolgreich prägen. Die Qualität des Führungsverhaltens wird selbstverständlich auch nach kaufmännischen Gesichtspunkten beurteilt: Neben der individuellen kulturellen Ausrichtung der Leitungspersönlichkeiten sind die Fähigkeiten des Finanz- und Personalmanagements genauso gefragt. Dessen ungeachtet kommt es vorrangig auf die Fähigkeit an, eine Kulturprogrammatik zu realisieren, die die Kultureinrichtung erfolgreich macht; das heißt: Die kulturelle Mission der Leitung muss in der Lage sein, das kulturelle Image der Kultureinrichtung zu verstärken, den Kulturauftrag zu erfüllen und gleichzeitig das Interesse des Publikums zu finden. Das Kulturmanagement muss dafür seine eigene Organisation so aktivieren, dass sie Mission, Kulturauftrag und Publikumsinteresse als Einheit begreifen und sie im Dreiklang verwirklichen. Darin besteht die eigentliche Herausforderung der Kulturbetriebe. Alle öffentlich subventionierten Kultureinrichtungen bewegen sich zwangsläufig in diesem Spannungsverhältnis: Die Leitung gibt, wenn auch meist nicht in einem Leitbild verbindlich fixiert, eine bestimmte Ausrichtung der Kulturarbeit vor. Die Organisation arbeitet in dem Bewusstsein, dass sie von Steuergeldern finanziert wird und dass damit unausgesprochen eine bestimmte Erwartungshaltung der öffentlichen Hand verbunden ist. Darüber hinaus wissen alle, die in der Kultureinrichtung arbeiten, dass sie das im Interesse der Besucher tun, ohne die sie keine Existenzberechtigung haben. Dieser allgemeine Arbeits- und Begründungszusammenhang von Kultureinrichtungen ändert aber nichts daran, dass sich die einzelnen Faktoren an den konkreten Bedingungen ausrichten müssen. Die gegenwärtige Entwicklung legt nahe, dass sich Kulturorganisationen deutlich flexibler aufstellen müssen, um den Herausforderungen gewachsen zu sein. Dazu bedarf es einer nachhaltigen Organisationsentwicklung, die ihre Prämissen im Bewusstsein aller Mitarbeiter verankert und die Voraussetzungen dafür schafft, dass alle den von außen erzeugten Wandel gemeinsam meistern.

£ II. D IE G RUNDLAGEN , S TRATEGIEN UND Z IELSETZUNGEN DER O RGANISATIONSENTWICKLUNG Der gesellschaftliche Wandel der letzten Jahrzehnte, der nachhaltig die Kulturinteressen von Publikum und Politik verändert hat, macht einen Wandel der Kulturorganisation unausweichlich, will sie ihre Zukunft sichern. Für die allgemeine Organisationslehre ist der Umstand, dass die Entwicklungen der Umwelt eine kontinuierliche Veränderung der Organisation hervorrufen, ein Normalzustand, dem sich jedes Unternehmen permanent stellen muss.1 In modernen Organisationen muss die kontinuierliche Veränderung und nicht mehr die stabile Ordnung die wesentliche Leitorientierung sein.2 Die permanente Wandlungsfähigkeit, die auf die Anforderungen der Umwelt nicht nur reagiert, sondern auch die damit verbundenen Probleme bewältigt, basiert im Wesentlichen auf der Motivation, Kreativität und Kooperationsbereitschaft der Mitarbeiter.3 Eine Orientierung an den Anforderungen von Politik und Publikum ist nicht dadurch zu erreichen, dass neue Programme und neue Serviceleistungen einfach nur im bestehenden Organisationssystem der Kultureinrichtung quasi auf der Grundlage von Anordnungen an die Mitarbeiter umgesetzt werden. Die für die neuen Herausforderungen erforderliche Flexibilität erfordert einen tief greifenden Organisationswandel, der von allen Mitarbeitern mitgetragen werden muss. Dazu bedarf es einer Organisationsentwicklung, die kontinuierlich und nachhaltig die Kultureinrichtung auf der Grundlage ihrer bestehenden Ressourcen so verwandelt, dass sie die gegenwärtigen Anforderungen umsetzen kann. Wie gezeigt werden wird, ist Qualitätsmanagement das Verfahren, das eine ganzheitliche und kontinuierliche Organisationsentwicklung optimal zu leisten vermag.

1. D IE P HILOSOPHIE DER K ULTURORGANISATIONSENTWICKLUNG : W IE MUSS SICH EIN KULTURBETRIEB ORGANISIEREN , UM MORGEN NOCH EXISTIEREN ZU KÖNNEN? Der Leistungserfolg einer Kultureinrichtung ist primär von der Leistungsqualität seiner Mitarbeiter abhängig. Wenn sich die Arbeit und die Ausrichtung einer Organisation aufgrund der Umweltanforderungen verändern müssen, dann betrifft das primär den Führungsstil und die Organisations1

Schreyögg 2003, S. 20.

2

Ebd.

3

Ebd., S. 218.

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struktur, deren Rahmenbedingungen so angepasst werden müssen, dass die Mitarbeiter sich mit der veränderten Ausrichtung identifizieren können. 4 Die moderne Organisationslehre des Human-Ressourcen-Ansatzes (Human Ressource Managements) stellt das Zusammenspiel von Individuum und Organisation ins Zentrum. Organisationsstrukturen werden nicht als »bloßer Regelapparat« begriffen, sondern als ordnende Grundlage eines Organisationsmilieus, das die individuelle Motivation der Mitarbeiter maßgeblich beeinflusst.5 Die Organisationsentwicklung bedarf in erster Linie einer Mitarbeiterorientierung, um den Wandel erfolgreich managen zu können. Ein wesentliches Merkmal von Organisationsentwicklung ist die gleichzeitige Veränderung von Struktur und Verhalten.6 Dreh- und Angelpunkt ist die Veränderungsbereitschaft aller Organisationsmitglieder. Die Bereitschaft der Mitarbeiter lässt sich durch folgende Voraussetzungen und Maßnahmen herstellen:7 •





Einverständnis über die Notwendigkeit des Wandels erzielen: Es sollte den Mitarbeitern klar und offen vermittelt werden, dass ein Organisationswandel für die Existenzsicherung des Kulturbetriebs notwendig ist. Eine intensive Kommunikation des Managements ist hier von besonderer Wichtigkeit. Die Veränderung muss begreifbar gemacht werden: Jeder Mitarbeiter sollte nachvollziehen können, wie sich der Wandel auf die Arbeitsprozesse und -strukturen auswirken kann. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dem Mitarbeiter die Angst zu nehmen, dass durch die Veränderungsmaßnahmen seine berufliche Existenz gefährdet wird. Das Veränderungskonzept muss gemeinsam getragen und realisiert werden: Die Mitarbeitermotivation lässt sich hier zu Beginn gewährleisten, wenn deutlich wird, dass die Mitarbeiter selbst die Akteure der Veränderung sind und ihnen nicht ein fertiges Konzept oktroyiert wird.

Als Orientierung, wohin sich die Organisation entwickeln sollte, um den Herausforderungen gewachsen zu sein, kann Richard Beckhards idealtypisches Modell der »gesunden Organisation« herangezogen werden, das er bereits 1969 entwickelt hat:8

4

Vgl. ebd.

5

Ebd., S. 218f.

6

Ebd., S. 514.

7

Zu den folgenden Voraussetzungen siehe ebd., S. 508.

8

Zu den folgenden Kriterien der »gesunden Organisation« siehe ebd., S. 519. Siehe auch Klein 2008a, S. 164.

Jochen Zulauf £II. Die Grundlagen, Strategien und Zielsetzungen

Starkes Vertrauen und hohe Wertschätzung unter den Organisationsmitgliedern: Nur wenn sich die Kollegen untereinander, aber auch gegenüber ihren Vorgesetzten aufeinander verlassen können, ist das optimale Arbeitsklima gegeben, um lösungsorientiert und an Sachthemen orientiert eine effektive Arbeitsleistung zu gewährleisten. Wenn Missgunst, Misstrauen und die Angst vorherrscht, von anderen ausgenutzt zu werden, dann ist es dringend geboten, die Ursachen aufzuspüren. Außenstehende mag das verwundern, aber gerade für Kultureinrichtungen besteht hier ein enormer Handlungsbedarf. Der Kulturarbeitsalltag ist aus Sicht vieler Mitarbeiter geprägt »von rüden Umgangsformen, von ungerechter Arbeitsverteilung, von fehlenden Verantwortlichkeiten, von willkürlichen und wenig einsehbaren Entscheidungen der Leitungsebene«.9 Die Leitungsmitglieder von Kulturbetrieben beklagen sich wiederum über die fehlende Motivation ihrer Mitarbeiter, die nur Dienst nach Vorschrift verrichten.10 2. Offenes, problemorientiertes Organisationsklima: Wenn die Organisationskultur von der Erfüllung von Vorgaben und Dienstvorschriften bestimmt ist, dann ist es schwer möglich, flexibel auf spontan auftretende Probleme zu reagieren. Ein dirigistischer Führungsstil mit bürokratischen Strukturen, wie er viele Kultureinrichtungen als Institutionen des öffentlichen Dienstes noch prägt, erschwert ein eigenverantwortliches Problemlösungsbewusstsein des Mitarbeiters.11 Der Dienst nach Vorschrift macht es nicht attraktiv, sich über die festgelegten Arbeitsanforderungen hinaus zu engagieren. Flache Hierarchien können hier ein kollektives Bewusstsein für die Verantwortung eines jeden Einzelnen fördern. Erst dann ist der Einzelne bereit, sich im Arbeitsteam mit seinen Lösungsvorschlägen einzubringen. Qualitätsmanagement fördert das Verantwortungsbewusstsein aller Beteiligten durch verschiedene Maßnahmen, um die auftretenden Probleme am Arbeitsplatz zu lösen. 3. Zielerreichung und nicht Machterhalt steht im Vordergrund: Oft genug gilt die Devise: »Der Chef hat immer recht!« Wenn es nur darum geht, dass der Abteilungsleiter mit allen Mitteln versucht, gegenüber seinen Vorgesetzten und auch Mitarbeitern immer im rechten Licht zu stehen, dann überträgt sich das auf die gesamte Mitarbeiterschaft. Sie entwickeln dementsprechend ihre eigene Arbeitsdevise: »Nur nicht anecken und sich mit eigenen Meinungen unbeliebt machen!« Jeder versucht dann nur noch, seine Position innerhalb des Betriebs abzusichern. Eigeninitiative wird dadurch extrem behindert. Das Ziel, Arbeitsanforderungen nicht nur zu 1.

9

Klein 2008a, S. 129.

10

Ebd.

11

Vgl. ebd., S. 130ff.

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7.

12

erfüllen, sondern auch innovative Maßnahmen zur Verbesserung zu entwickeln, gerät dann in den Hintergrund. Durch die Einbeziehung aller Mitarbeiter ins Qualitätsmanagement wird die Eigeninitiative dezidiert eingefordert und durch mehrere Maßnahmen wie dem betrieblichen Vorschlagswesen und der Qualitätszirkel gefördert. Formale und funktionale (Experten-)Autorität decken sich weitgehend: Gerade in Kultureinrichtungen ist ein professionelles Personalmanagement unterentwickelt. Für die Personalwahl und -entwicklung liegen meist zu wenige rationale Qualitätskriterien vor. Die Entscheidung für die Einstellung ist oft genug von subjektiven Einschätzungen geprägt. Darüber hinaus wird bei der Einstellung von künstlerischem Personal der Personalrat in der Regel nicht hinzugezogen. So kann im Theater der Intendant alleine entscheiden, welcher künstlerische Mitarbeiter engagiert wird. Das alles hat nicht selten zur Konsequenz, dass besser qualifizierte Mitarbeiter mit einem Abteilungsleiter konfrontiert werden, der seine formale Macht ausspielen muss, weil er nicht die nötige Sachkompetenz besitzt. Dass der Vorgesetzte die Vorschläge seiner Mitarbeiter als seine eigenen ausgibt oder sie gar nicht erst berücksichtigt, ist dann die logische Konsequenz der Machterhaltung. Der Ausweg aus dem Dilemma besteht in der Aufstellung nachvollziehbarer und von allen akzeptierten Qualitätskriterien für alle Personalstellen (siehe hierzu ausführlich Kapitel III.8.1.1). Organisationsmitglieder verfügen über Handlungsspielräume: Innovationen und Verbesserungen können in einer Organisation nur zustande kommen, wenn der Einzelne klar definierte Entscheidungsspielräume hat, Vorgaben, Anweisungen und Vorschriften umgehen zu können, um sachorientierte Ziele besser zu erreichen. Baut ein Kulturbetrieb auf der klassischen Behördenstruktur auf, dann ist hier eine tief greifende Reform, wie sie in vielen Kommunen durch das New Public Management bereits verwirklicht ist, dringend geboten. Entscheidungen werden dort getroffen, wo die besten Informationen zur Verfügung stehen: Erst eine klare Sachzielorientierung der Organisation kann gewährleisten, dass sich Sachkompetenz gegenüber Machtbefugnissen durchsetzen kann. Machtausübung definiert sich dann in der Wahl der richtigen Entscheidungen für Vorschläge, die von denen gemacht werden, die die besten Informationen und damit auch die nötige Sachkompetenz besitzen. Das bedarf zunächst eines starken Leitbilds als Grundlage, was ebenfalls den meisten Kultureinrichtungen fehlt.12 Die Motivation zur Entwicklung neuer Ideen wird gefördert: Die Leitung ist hier aufgefordert, Anreize dafür zu schaffen, dass Mitarbeiter daran inEbd., S. 73.

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teressiert sind, eigene Ideen einzubringen. Das lässt sich beispielsweise über das betriebliche Vorschlagswesen, das mit einem Anreizsystem der Belohnung zu verknüpfen ist, relativ leicht bewerkstelligen (siehe hierzu Kapitel III.6.4.4). Das Entlohnungssystem ist sowohl leistungs- wie auch auf die persönliche Entwicklung der Mitglieder bezogen: Hierzu bedarf es eines Personalmanagements, das systematisch Personalgespräche mit Zielvereinbarungen mit allen Mitarbeitern durchführt, um hier klare Anreize für die eigene Leistungsverbesserung zu schaffen (siehe hierzu Kapitel III.6.4.2). Organisationsmitglieder kontrollieren sich in großem Umfange selbst: Voraussetzung hierfür ist, dass vom Management für die jeweilige Arbeit nachvollziehbare und eindeutig festgelegte Leistungs- und Zielkriterien aufgestellt werden. Wenn Mitarbeiter und Arbeitsteams auf diese Art und Weise eine klare Orientierung für ihr Arbeitssoll erhalten, dann können sie die Eigenverantwortung für die Erfüllung der Arbeitsanforderungen übernehmen und ihre Arbeitsleistung selbst beurteilen. Organisationsmitglieder interessieren sich für ihre Arbeit und identifizieren sich mit der Organisation: Das Interesse des Mitarbeiters an seiner Arbeit hängt natürlich von vielen Faktoren ab. Eine Grundvoraussetzung dafür bildet die Identifikation mit der Mission und Vision der Organisation. Ich kann mich aber nur mit der Organisation identifizieren, wenn mir ihre programmatische Ausrichtung und ihre Zielsetzung bewusst sind. Die Leitung hat darauf zu achten, dass das Leitbild intensiv kommuniziert wird und allen bekannt ist. Es bedarf eines Leitbilds, das den Mitarbeitern eine effektive und nachhaltige Arbeitsorientierung gibt. Wie schon erwähnt, findet sich bei den meisten Kultureinrichtungen derzeit kein ausformuliertes Leitbild, das den Mitarbeitern eine eindeutige Orientierung vermitteln könnte. Die Entwicklung eines Leitbilds ist dementsprechend ein wichtiger erster Schritt der Organisationsentwicklung (siehe hierzu Kapitel III.5.3). Konflikte entstehen aus sachlichen Kontroversen über Problemlösungen; sie zielen auf eine Verbesserung der Aufgabenvollzüge: Dieses Ideal zu erreichen, ist sicherlich eine der größten Herausforderungen der Organisationsentwicklung. Eine sachbezogene Konfliktfähigkeit setzt großes Vertrauen in seine Kollegen und in die Organisationsleitung voraus. Die Organisationskultur muss hier dezidiert von den Leitsätzen der Organisation bestimmt sein, um zu garantieren, dass Auseinandersetzungen nicht persönlich, sondern um der Sache willen geführt werden. Im Umkehrschluss sind häufig Orientierungs- und Führungslosigkeit die Ursachen für Intrigen und Mobbing am Arbeitsplatz, die das Arbeitsklima vergiften. Die Organisation ist proaktiv, d.h. sie versucht, Probleme so früh wie möglich zu antizipieren, um rechtzeitig Lösungsmöglichkeiten zu suchen und Maßnahmen

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in die Wege leiten zu können: Dieser Anspruch verkörpert exakt die Philosophie des aktivierenden Kulturmanagements. Auch wenn viele Kultureinrichtungen gegenwärtig mit ihrer Arbeit und Wertschätzung zufrieden sein können, so zeigen die gegenwärtigen Tendenzen beim Publikum und der Politik einen enormen Handlungsbedarf auf, um den künftigen Entwicklungen gewachsen zu sein. Es geht darum, schon jetzt die Kulturorganisation so zu entwickeln, dass sie flexibel und erfolgreich die Fülle kommender, jetzt schon absehbarer und zum Teil schon vorhandener Probleme managen kann. Dieses Idealbild der Organisation kann als starke Leitorientierung zur konkreten Organisationsentwicklung eingesetzt werden, an der der jeweilige Entwicklungsstand immer wieder im Sinne eines übergeordneten Controllings überprüft werden kann.13 Die Maslow’sche Pyramide

Selbstverwirklichung Individualbedürfnisse

Soziale Bedürfnisse

Sicherheit

Physiologische Bedürfnisse

Der in der »gesunden Organisation« manifestierte Ansatz einer mitarbeiter- und verhaltensorientierten Organisationsentwicklung basiert auf einem 13

Vgl. Schreyögg 2003, S. 518f.

Jochen Zulauf £II. Die Grundlagen, Strategien und Zielsetzungen

komplexen Menschenbild. Demgegenüber setzt das konventionelle Organisationsverständnis nur auf Formalstrukturveränderungen, um das regeltreue Organisationsmitglied zum perfekten Funktionieren zu bringen. 14 Die Organisationsentwicklung begreift die Arbeit nicht als notwendiges Übel, das das Individuum zum Überleben in Kauf nehmen muss, sondern als positive Bedürfnisbefriedigung.15 Entsprechend der Maslow’schen Bedürfnispyramide, an deren Sockel die physiologischen Bedürfnisse und in deren Spitze die Selbstverwirklichung platziert sind, strebt jedes Individuum auch am Arbeitsplatz danach, alle Stufen der Bedürfnisbefriedigung zu erreichen.16 Zu arbeiten, um existieren zu können, ist zwar das primäre, grundlegende physiologische Bedürfnis. Wenn das aber durch die Anstellung und Entlohnung erreicht ist, dann sind die darauf aufbauenden Bedürfnisse der Sicherheit, des sozialen Kontaktes, der Wertschätzung und schließlich der Selbstverwirklichung für das Individuum ebenfalls zur Erfüllung seiner Erwartungen an die Arbeit von existenzieller Relevanz. Wenn sich das Management dieses Verständnis der Arbeitsmotivation als komplexe Bedürfnisbefriedigung zu eigen macht, dann ist sie entsprechend der von Douglas McGregor bereits 1960 entwickelten und an Maslow anknüpfenden Theorie dazu aufgefordert, »solche organisatorischen Bedingungen zu schaffen, die es den Organisationsmitgliedern ermöglichen, über eine Erfüllung der Unternehmensziele zugleich ihre persönlichen Ziele und Erwartungen zu erreichen.« 17 Kultureinrichtungen kann man unterstellen, dass sie diesem Motivationsansatz zustimmen: Wertschätzung der Arbeit und Selbstverwirklichung am Arbeitsplatz sind in der Kultur schließlich die wesentlichen Bedürfnisse der Kulturarbeiter und bilden das Fundament kultureller Leistungen. Organisationsentwicklung hat per definitionem immer das duale Ziel im Visier, sowohl die organisationale Leistungsqualität als auch die mitarbeiterorientierte Arbeitsqualität zu verbessern. Ihre Ausrichtung zielt darauf ab, die Unternehmens- und Mitarbeiterziele zur Deckung zu bringen. Sie ist ganzheitlich und dementsprechend auf alle Organisationsbereiche ausgerichtet, um kontinuierlich Arbeitsprozesse, -strukturen und die Organisationskultur durch Veränderungsstrategien zu verbessern. De facto existiert kein einheitliches Instrument der Organisationsentwicklung. Sie bedient sich unterschiedlichster Methoden, um die Organisation entsprechend eigener Zielsetzungen und äußerer Anforderungen wandlungsfähig zu gestalten. Zu ihrer konkreten Operationalisierung für 14

Ebd., S. 219.

15

Ebd., S. 219f.

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Ebd., S. 221ff.

17

Ebd., S. 230.

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Kulturbetriebe soll hier das Qualitätsmanagement für Kulturbetriebe (KQM) entwickelt werden, weil es, wie gezeigt werden wird, ein ganzheitliches und kontinuierliches Veränderungs- und Verbesserungsmanagement ist, das die Erwartungshaltungen aller Beteiligten integriert und die Organisation so gestalten kann, dass die konkreten Herausforderungen an die Kulturbetriebe bewältigt werden. Die gleichgewichtige Mitarbeiter- und Kundenorientierung des Qualitätsmanagements ist aus meiner Sicht die Managementstrategie, die in der Lage ist, gleichzeitig Organisations- und Besucherentwicklung komplex zu bewerkstelligen. Die Besucherorientierung ist sicherlich die Strategie, um die Kulturbetriebe für die Zukunft existenzfähig zu halten. Das ist sozusagen das dringlichste Organisationsziel. Sie muss allerdings von allen Mitarbeitern mitgetragen werden: »Alle Bemühungen um Besucherorientierung laufen ins Leere, wenn es nicht gelingt, alle, wirklich alle Mitarbeiter auf dieses Ziel hin zu verpflichten.«18 Das erfordert die Motivation und Identifikation der Mitarbeiter, die es durch die Organisationsentwicklung zu erreichen gilt. Erfolgreich kann dieses Projekt nur sein, wenn es gelingt, eine Organisationskultur des gegenseitigen Vertrauens, des regen Meinungsaustauschs und der intensiven Verständigung über die Mitarbeiter- und Organisationsziele zu entwickeln. Gefragt ist zunächst eine strategische Kommunikation als Plattform der Organisationsentwicklung, die gewährleistet, dass es überhaupt einen intensiven und offenen Austausch darüber geben kann, wie die Existenz der Kulturbetriebe zu sichern ist.

2. D AS B ASISINSTRUMENT DES AKTIVIERENDEN K ULTURMANAGEMENTS: D IE KOMMUNIKATION Die Kommunikation ist in Kultureinrichtungen das wichtigste Arbeitsinstrument. Kulturveranstaltungen sind keine Massenware, die nach einem festgelegten Schema stumm produziert und dargeboten werden. Es sind einzigartige Artefakte, die kollektiv hergestellt werden. Durch Kommunikation verständigen sich die Akteure darüber, wie Konzerte, Theaterinszenierungen und Ausstellungen produziert und präsentiert werden. Die einzelnen Kulturangebote müssen wiederum in der Öffentlichkeit kommuniziert werden, damit sie zu der festgelegten Präsentationszeit von Interessierten angesehen werden können. Kommunikation ist Arbeitsalltag in Kultureinrichtungen. Das ist unbestritten. Die Frage ist allerdings, ob das Management die Kommunikation strategisch einsetzt, um die eigenen Ansprüche und 18

Klein 2008b, S. 115.

Jochen Zulauf £II. Die Grundlagen, Strategien und Zielsetzungen

Ziele effektiv realisieren zu können. Innerhalb des Kulturbetriebs ist nicht allein die Verständigung untereinander bedeutsam, um einen reibungslosen Ablauf der Arbeitsprozesse zu gewährleisten. Ebenso wichtig ist die Vermittlung der Leitlinien und Qualitätsanforderungen. Das ist in erster Linie die Aufgabe des Managements. In seiner Verantwortung liegt ebenfalls die Sicherstellung der Information nach außen, die strategisch so ausgerichtet sein muss, dass die Angebote flächendeckend in der Öffentlichkeit kommuniziert werden. Verständigung, Vermittlung und Information verkörpern die Plattform des aktivierenden Kulturmanagements. 2.1

Die externe Kommunikation: Die allgemeine Befindlichkeit der Kultur-PR

In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren hat sich die externe Kommunikation der Kultureinrichtungen deutlich professionalisiert. Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (PR) hat sich in den meisten größeren Kultureinrichtungen zur Stabstelle institutionalisiert. In den Kommunikationsabteilungen arbeiten mittlerweile mehrere Personen, um Werbung und PR generalstabsmäßig zu organisieren. Die Instrumente werden permanent perfektioniert und alle möglichen Kommunikationskanäle genutzt. Die Medien werden mit fachgerecht formulierten, presserelevanten Texten individuell per E-Mail beschickt. Plakat- und Anzeigenkampagnen werden flächendeckend in der Öffentlichkeit präsentiert. Die Homepage der Kulturbetriebe, die in den 90er Jahren zwar schon hier und da eingesetzt wurde, aber noch deutliche Darstellungsmängel und Nutzungsprobleme hatte, ist gegenwärtig sowohl bei kleinen Kulturvereinen als auch bei großen Staatstheatern ein strategisches und anspruchsvolles Informationszentrum für Besucher, das mit Texten, Fotos und Videoclips umfangreiche Informationen zu allen Kern- und Serviceleistungen bereitstellt. Es dürfte kaum noch eine Kultureinrichtung geben, die nicht auf Facebook vertreten ist. Es wird getwittert und gebloggt; Besucherzeitschriften, Newsletter und Besucherclubs versuchen die Besucherbindung zu intensivieren und die Verkaufsfördermaßnahmen überfluten mit Straßenaktionen die Innenstädte. Es wird kommunikationstechnisch viel getan, um möglichst viele Zuschauer zu erreichen. Wie wirksam die jeweiligen Kommunikationsinstrumente eingesetzt werden, sei zunächst dahingestellt. Entscheidend ist, dass die externe Kommunikation im Kulturbereich ein Ausmaß erreicht hat, dass man sich als Kulturinteressierter fast schon bedrängt fühlt. Management ist in erster Linie Kommunikation.19 Im Hinblick auf die Kommunikation der Angebote ist hier 19

Doppler/Lauterburg 2008, S. 350.

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offensichtlich das Management äußerst umtriebig. Zur externen Kommunikation gehört aber auch das Abfragen der Publikumsinteressen und hier scheint deutlich ein Nachholbedarf im Hinblick auf die Dialogkommunikation zu bestehen. Das zeigt sich auch an der Beteiligung der Kulturbetriebe bei Facebook. Schaut man sich hier deren Auftritte genauer an, stellt man sehr schnell fest, dass fast alle deutschen Kultureinrichtungen Facebook nicht interaktiv nutzen, sondern als weiteres Medium einseitiger Kommunikation verwenden: Die gleichen Veranstaltungsinformationen, die schon auf der Homepage oder im Newsletter zu finden sind, werden, im Idealfall leicht abgewandelt, nochmals auf der Facebook-Seite gepostet. In der Regel besteht dann die Aktivität des Users/Besuchers einzig darin, dass er den »Gefällt mir«-Button drückt und damit immerhin eine Weiterempfehlung ausspricht. Darüber hinaus sind regelmäßige Besucherbefragungen, wie schon mehrfach erwähnt, eher die Ausnahme. Wie aber soll eine Besucherorientierung funktionieren, wenn ich gar nicht weiß, was mein Publikum von meinem Programm hält und was es für Interessen hat? Die externe Kommunikation – und das ist letztlich ihr Manko – ist wie die gesamte Produktivität öffentlich subventionierter Kulturbetriebe ausschließlich am Angebot und nicht an der Nachfrage orientiert. Um eine Nachfrage-, also Besucherorientierung in Gang zu setzen, muss die Bereitschaft der Organisation zunächst vorhanden sein, ein an den Interessen der Besucher orientiertes Veranstaltungsprogramm zu entwickeln. Erst dann kann die PR von Kultureinrichtungen eine dialogorientierte Kommunikation sinnvoll entfalten. Erst durch eine intensive Kommunikation mit den Besuchern lassen sich das Besucherinteresse und die -frequenz steigern und verbessern. Das erfordert allerdings ein zusätzliches Instrumentarium in der derzeitigen Kommunikationsarbeit von Kultureinrichtungen wie Publikumsforschung, Database-Management und den wirklich interaktiven Einsatz von Online-Kommunikation, was die Kulturkommunikationsabteilungen vor völlig neue Anforderungen stellen und im Hinblick auf ihre derzeitigen Ressourcen personell und zeitlich sicherlich überfordern dürfte. Die Kommunikationsstrukturen und -prozesse müssen sich deutlich verändern, um den Herausforderungen der Besucherorientierung gewachsen zu sein. So könnte die zum Teil inflationär betriebene kurzfristige Verkaufsförderung, die personal- und zeitintensiv ist und sich allzu oft als verzweifelter Hilferuf des geringen Kartenverkaufs entlarvt, zugunsten eines intensiveren Relationship Marketings, das versucht, die Beziehung zwischen Institution und Publikum planvoll und nachhaltig zu intensivieren, reduziert werden. Noch drastischer stellt sich der Handlungs- und Veränderungsbedarf bei der internen Kommunikation dar.

Jochen Zulauf £II. Die Grundlagen, Strategien und Zielsetzungen

2.2

Die interne Kommunikation: Die Schaltzentrale des aktivierenden Kulturmanagements

In Kultureinrichtungen gibt es überwiegend keine systematische interne Kommunikation. Sicherlich werden Dienstanweisungen, Regelwerke und Neuerungen über Aushänge am schwarzen Brett oder sogar über Intranet vom Management an die Mitarbeiter kommuniziert. Vollversammlungen und Betriebsfeste sind in allen Kulturbetrieben Standard. Seltener dürfte eine Kommunikation nach innen anzutreffen sein, die anhaltend verschiedene Medien einsetzt, um Vertrauen, Identifikation und Motivation der Mitarbeiter aufzubauen. Um Organisationsentwicklung bewerkstelligen zu können, um Veränderungsprozesse in Gang zu setzen, bedarf es einer internen Kommunikation, die als Führungsinstrument eingesetzt wird. Ihre Etablierung ist unumgänglich, um Leitbild, kurzfristige Zielsetzungen, neue Aufgaben und Strategien fortlaufend vermitteln zu können (siehe zu ihrer Implementierung Kapitel III.5.2). Die Medien der internen Kommunikation dienen nicht nur dem Management, um die Mitarbeiter zu informieren, sondern sie müssen auch das Feedback der Mitarbeiter ans Management ermöglichen. Nicht selten unterstellt die Leitung einer Kultureinrichtung allen Mitarbeitern, dass alle hoch motiviert, und extrem engagiert sind. Schließlich bietet die Kultur wie kein anderes Betätigungsfeld die Möglichkeit der Selbstverwirklichung. Übersehen wird hierbei, dass nicht alle, die in einer Kultureinrichtung arbeiten, künstlerisch ambitioniert und nicht einmal unbedingt kulturell interessiert sein müssen. Die Dame an der Museumskasse und der Herr an der Abendgarderobe des Konzerthauses, die beide die Visitenkarten der jeweiligen Kultureinrichtung verkörpern und einen intensiveren Kontakt zu den Kulturbesuchern haben als das Management, machen vielleicht einfach ihre Arbeit so gut sie können und interessieren sich weder für die Ausstellungen noch für die Konzerte ihres Arbeitgebers. Dieses beliebige Beispiel, das sich noch auf viele andere Mitarbeiter unterschiedlicher Abteilungen von Kultureinrichtungen übertragen ließe, dürfte keine Seltenheit sein. Aber genau an dieser Stelle muss das aktivierende Kulturmanagement ansetzen, um Organisationen zur Effektivitäts- und Attraktivitätssteigerung weiterentwickeln zu können. Dazu müssen zunächst alle Mitarbeiter Mission und Vision der Einrichtung kennen, um sich damit identifizieren zu können. Bevor das programmatische Profil und seine Ziele kommuniziert und erfolgreich vermittelt werden können, braucht es zunächst, wie schon mehrmals erwähnt, ein ausformuliertes und veröffentlichtes Leitbild, das zugleich die Grundlage der internen Kommunikation bildet (zur Entwicklung des Leitbilds siehe Kapitel III.5.3). Der Kommunikationsprozess

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zur Erstellung eines Leitbilds muss vom Management ausgehen. Es muss zu jeder Zeit die Fäden oder besser: die Kanäle der Kommunikation in der Hand halten. Anders kommt keine Veränderung im Bewusstsein der Beteiligten in Gang. Managen ist kommunizieren. Das bedeutet gleichzeitig, dass die Kommunikation den Managementprozess von Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle anwenden muss. Sowohl extern als auch intern muss zunächst mittels Befragungen analysiert werden, welche Einstellungen, Erwartungen und Bedürfnisse die Interessensgruppen gegenüber dem Kulturbetrieb haben. Um den Ist-Zustand mit dem Soll abgleichen zu können, muss sich schon vorher darüber verständigt werden, wer man ist und was man erreichen will (Mission und Vision). Anhand des Ist-Soll-Abgleichs kann dann die Planungsphase einsetzen, in der die Instrumente entwickelt werden, mit denen sich in der Umsetzungsphase der Ist-Zustand verbessern lässt. Gerade bei groß angelegten Veränderungsprozessen ist entscheidend, dass die Zwischenergebnisse immer wieder nach außen und nach innen kommuniziert werden. Nur durch Kommunikation kann erreicht werden, dass wirklich alle am gleichen Strang ziehen. Jeder Veränderungsprozess ist von Widerständen begleitet, die es zu überwinden gilt. In den meisten Fällen ist das Scheitern von Veränderungsprozessen auf die Unfähigkeit des Managements zurückzuführen, die Mitarbeiter von der Notwendigkeit zu überzeugen.20 Zum Überzeugen benötigt das Management eine professionelle interne Kommunikation, die sich strategisch inmitten aller Beteiligten positioniert. Veränderungsmanagement ist dementsprechend zuallererst Veränderungskommunikation (siehe hierzu ausführlich Kapitel III.10). Veränderungsprozesse berühren massiv die inneren, individuellen Einstellungen der Mitarbeiter, aber auch ihre gemeinsamen Werte und Normen, die die Organisationskultur verkörpern. Die Organisationsentwicklung muss sich intensiv mit der Organisationskultur auseinandersetzen, will sie nicht Gefahr laufen, dass die Veränderungen auf den mehrheitlichen Widerstand der Belegschaft stoßen.

3. D IE O RGANISATIONSKULTUR : B ARRIERE UND M OTOR DER O RGANISATIONSENTWICKLUNG Neben den formalen Vorgaben und Anweisungen des Managements orientieren sich Mitarbeiter für die Ausrichtung ihrer Arbeitsleistung meist unbewusst an spezifischen Werte- und Orientierungsmustern, die die Organisationskultur als kollektive Erfahrungswelt determinieren. 21 Die durch20 Zulauf 2010, S. 7. Zitiert nach Bachert/Vahs 2007, S. 23. 21

Schreyögg 2003, S. 448f.

Jochen Zulauf £II. Die Grundlagen, Strategien und Zielsetzungen

zuführende Organisationsentwicklung kann nur behutsam, Schritt für Schritt und mittel- bis langfristig die Organisationskultur entsprechend der neuen Zielsetzungen verändern. Mit der Einführung eines neuen Leitbilds ist noch lange nicht garantiert, dass sich das historisch gewachsene Wertesystem der Organisationskultur automatisch daran ausrichtet. Um den Wandel der Organisationskultur zu bewerkstelligen, bedarf es einer umsichtigen, allmählichen Kurskorrektur, die den gesamten Prozess der Organisationsentwicklung begleiten muss (siehe hierzu ausführlich Kapitel III.8.2). Organisationskulturen sind historisch gewachsene Sozialisationssysteme kollektiven Lernens.22 Sie wandeln sich erst dann, wenn sich die neuen Leitorientierungen in der Praxis bewähren, wenn die Mitarbeiter die Neuausrichtung in ihrem täglichen Handeln mehrheitlich als effizient und effektiv erleben.23 Die Organisationsentwicklung muss folglich die neuen Zielsetzungen in die bestehende Organisationskultur integrieren, um Veränderungsmaßnahmen erfolgreich durchführen zu können. Sie wird dabei zunächst auf massive Widerstände treffen, die es in der konkreten Arbeit durch den Nachweis des Erfolgs zu überwinden gilt. Wenn sich die neuen Zielsetzungen im kollektiven Wertesystem verankern, dann kann die Organisationskultur zum starken Motor der Organisationsentwicklung werden. Das komplexe System der jeweiligen Organisationskultur lässt sich nicht unmittelbar erfassen. Es bedarf einer intensiven Analyse durch möglichst viele Beteiligte, die in Arbeitsgruppen die einzelnen Werte und Orientierungen aufarbeiten und dokumentieren (siehe hierzu Kapitel III.6.4.3). Die »allgemeinen Merkmale der Organisationskultur« lassen sich für einen ersten Einblick in ihre Verfasstheit folgendermaßen beschreiben:24 •

• • •

Implizit: Es handelt sich um kollektiv geteilte Überzeugungen, die das Selbstverständnis der Organisation prägen und die nicht mehr bewusst reflektiert werden. Kollektiv: Der Einzelne verrichtet seine Arbeit im Bewusstsein, dass die anderen nach den gleichen Regeln verfahren. Konzeptionell: Die Organisationskultur ist ein Ordnungssystem, das Sinn und Orientierung vermittelt. Emotional: Maßgeblich beteiligt sind nicht nur kognitive Werte, sondern in gleichem Maße emotionale Prägungen.

22

Ebd., S. 481.

23

Ebd.

24

Zu den folgenden Merkmalen der Organisationskultur siehe ebd., S. 451f.

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Historisch: Die Organisationskultur ist das Ergebnis historischer Lernprozesse im Umgang mit Problemen, die durch die Umwelt und interne Konfliktsituationen entstehen. Interaktiv: Die Organisationskultur vermittelt sich im Sozialisationsprozess. Ihre Werte werden nicht bewusst vermittelt und gelernt, sondern meist auf der Grundlage von Orientierung gebenden Symbolen an neue Organisationsmitglieder weitergegeben.

Zur Entschlüsselung der Erscheinungsweisen der Organisationskultur hat Edgar H. Schein das »Drei-Ebenen-Modell« eingeführt. Die Anordnung von Normen, Verhaltensregeln und Werten auf den drei Ebenen markiert »den Grad der Sichtbarkeit eines kulturellen Phänomens für den Beobachter.« 25 Das Drei-Ebenen-Modell der Organisationskultur nach Edgar H. Schein Artefakte z.B. Rituale, Mythen, Corporate Identity (Sie sind leicht zu beobachten, aber schwer zu analysieren.)

Bekundete Werte z.B. Leitbild, Strategien, Ziele

Prämissen unbewusste, aber selbstverständliche Anschauungen und Wahrnehmungen

Auf der Oberfläche ist »die Ebene der Artefakte« angesiedelt. Sie umfasst alle Erscheinungen, die sich von einem Beobachter direkt wahrnehmen lassen, deswegen aber noch lange nicht leicht zu entschlüsseln sind:26 •

25

Die Architektur und das Design von Räumen und Gebäuden: So könnte ein Blick in die Büroräume Aufschluss darüber geben, ob ein Büro als »Festung« oder als freundlicher, offener Raum gestaltet ist, dessen Tür immer Schein 1995, S. 29.

26 Zu den folgenden Merkmalen der Artefakte siehe ebd., S. 30.

Jochen Zulauf £II. Die Grundlagen, Strategien und Zielsetzungen











offen steht. Im Kulturbereich wäre vor allem zu untersuchen, wie die Foyers und Besucherräume gestaltet sind. Kann sich der Besucher hier wohlfühlen oder sind die Räume nur von nüchternen Zweckbestimmungen geprägt? Das Kommunikationsverhalten: Hier gilt es, darauf zu achten, wie die Führungsmitglieder und Mitarbeiter untereinander, aber auch gegenüber Kunden kommunizieren. Ist die Ansprache eher höflich und respektvoll oder freundschaftlich leger? Wie sind die Publikationen gestaltet? Orientieren sie sich in ihrer Darstellung eher am Kunden oder an kulturellen Leistungskriterien? Die Technologie und die Produkte: Hier könnte zum Ausdruck kommen, ob nach den neuesten Standards oder eher traditionell produziert wird. Eine weitere Erscheinungsweise der Organisationskultur könnte sich darin manifestieren, ob eher Schnelligkeit oder Präzision gefragt ist. Im Kulturbereich ist natürlich die Frage entscheidend, woran sich die Organisation bei der Programmgestaltung orientiert. Ist hier eher die Besucherorientierung, der Kulturauftrag oder das ästhetische Selbstverständnis des Managements bei der Auswahl und Produktion der Veranstaltungen maßgeblich? Die Legenden und Geschichten über die Organisation: Wenn in einer Kultureinrichtung häufig über eine vergangene Ära gesprochen wird, die als besonders erfolgreich angesehen wird, oder Geschichten über einen ehemaligen Institutsleiter immer wieder kursieren, dann kann das unter Umständen ein Ausdruck dafür sein, dass die gegenwärtige Leitung nicht den Ansprüchen der Organisationskultur entspricht. Es könnte aber auch sein, dass die Mitarbeiter stolz auf die Tradition ihrer Organisation sind. Beobachtbare Rituale und Zeremonien: Besonders die Theaterwelt hat hier viele ausdrucksstarke Rituale aufzuweisen, wie beispielsweise das »Bespucken« der Beteiligten bei der Premiere. Mit einem angedeuteten Spucken über die linke Schulter wird dem Mitwirkenden viel Erfolg gewünscht, was aber nur durch ein »Toi, toi, toi« verbal bekundet werden darf. Denn es gibt den Theateraberglauben, dass ein direkter Wunsch für »viel Glück und Erfolg« Unglück bringt. Spannend wäre bei diesem offensichtlichen Ritual zu verfolgen, ob beispielsweise der Intendant auch die Bühnentechniker »bespuckt« oder ausschließlich die Künstler. Verlautbarungen über die Werte der Organisation: Damit sind die offiziellen Verlautbarungen der Organisation gemeint, wie sie sich beispielsweise in einer Imagebroschüre oder in Interviews der Leitung publiziert finden. Dazu gehört natürlich auch das Leitbild.

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Eine Stufe darunter und weniger leicht zu erfassen ist die »Ebene der bekundeten Werte«:27 Hier manifestieren sich Normen und Standards, die sich in der Arbeitspraxis als relevant und sinnvoll erwiesen haben. Strategien, Ziele und Philosophie formieren sich hier als kollektive Werte, weil sie von allen als richtig empfunden werden. Die vom Management angeordneten Strategien und Zielsetzungen finden hier erst Eingang, wenn sie in der Praxis überzeugen können. Die gemeinsamen Werte bündeln sich in einer Philosophie, die die Belegschaft in ein Kollektiv zusammenfügt und ihr Identität verleiht. Die bekundeten gemeinsamen Werte verwandeln sich erst allmählich, wenn sich ihre Relevanz über längere Zeit bestätigt, in Grundprämissen, die dann nicht mehr hinterfragt werden. Das führt zur dritten »Ebene der Grundprämissen«:28 Die Grundannahmen sind in der Organisation tief verwurzelt. Sie verkörpern einst bekundete Werte, die sich über längere Zeit hinweg zu selbstverständlichen Annahmen entwickelt haben. Sie werden nicht mehr diskutiert und nicht mehr bewusst reflektiert. Jede einer der Grundprämissen widersprechende Innovation wird zwangsläufig zunächst abgelehnt. Hier bedarf es intensiver Überzeugungsarbeit, die die Notwendigkeit des Organisationswandels nachvollziehbar aufzeigt, aber auch des Bewusstseins darüber, dass neue Werte sich erst in der Praxis beweisen müssen, um von allen akzeptiert zu werden.29 Die Leistungen einer Organisation sind wesentlich von der Organisationskultur beeinflusst, weswegen ihre umfassende Analyse die Voraussetzung zu ihrer Veränderung ist, um überhaupt die Organisationsentwicklung zu ermöglichen.30 Richtig interpretieren lässt sich die Organisationskultur nur dann, wenn die Grundprämissen aufgeschlüsselt werden. Erst durch ihre Kenntnis werden die Artefakte und bekundeten Werte wirklich verstehbar.31 Ein weiterer wichtiger Aspekt zur Erfassung der Organisationskultur besteht neben ihren Merkmalen und ihrer Verfasstheit in ihrer Wirkungskraft, ihrer Effizienz und Effektivität. Starken Kulturen wird unterstellt, dass sie eine hohe Verbundenheit und Identifikation der Mitarbeiter mit ihrer Organisation erzeugen.32 Die Stärke oder Schwäche einer Organisationskultur lässt sich in drei Dimensionen erfassen:33

27

Zur Ebene der bekundeten Werte siehe ebd., S. 31f.

28

Zur Ebene der Grundprämissen siehe ebd., S. 33.

29 Ebd., S. 34. 30

Schreyögg 2003, S. 464.

31

Schein 1995, S. 33.

32

Schreyögg 2003, S. 464.

33

Zu den folgenden Dimensionen siehe ebd., S. 464ff.

Jochen Zulauf £II. Die Grundlagen, Strategien und Zielsetzungen







Prägnanz: Bei einer starken Kultur existieren klare Vorstellungen darüber, welche Einstellungen und Verhaltensweisen die Organisation erfolgreich machen. Ein widersprüchliches und diffuses Werte- und Orientierungssystem ist Kennzeichen schwacher Kulturen. Verbreitungsgrad: Als stark ist eine Kultur zu bezeichnen, wenn sie von möglichst vielen geteilt wird. Je weniger Mitarbeiter sich an den kollektiven Werten und Einstellungen orientieren, desto schwächer ist die Kultur. Verankerungstiefe: Das kollektive Wertesystem ist bei starken Kulturen internalisiert. Es wird unbewusst angewandt und bestimmt das Handeln aller Beteiligten. Bei schwachen Kulturen besteht diese Selbstverständlichkeit nur eingeschränkt. Die jeweiligen Grundwerte müssen immer wieder intern diskutiert und kommuniziert werden.

»Starke Kulturen« erzeugen eine hohe Motivation und einen großen Teamgeist, wodurch Arbeitsprozesse reibungslos gestaltet werden können.34 Damit sind wesentliche Elemente für eine wirkungsvolle Organisationsentwicklung bereits vorhanden. Gleichzeitig wehren starke Kulturen jede Form von Neuerungen und Veränderungen massiv ab.35 Bei der Neueinführung einer ganzheitlichen Organisationsentwicklung wie beim Qualitätsmanagement können sich dementsprechend starke Organisationskulturen als Hemmnis erweisen. So zählen zu den negativen Effekten:36 •

• •

Tendenz zur Abschließung: Wenn sich das Wertesystem zu tradierten Ritualen verfestigt hat, werden neue Ideen schnell auf Widerstand stoßen. Hier bedarf es umfangreicher Maßnahmen, um neue Orientierungen und neue Verfahrensweisen einführen zu können. Diesen Umstand berücksichtigt das Qualitätsmanagement, indem es die Mitarbeiter zu den Akteuren der Organisationsentwicklung macht und sie dementsprechend in alle Entscheidungsprozesse einbezieht. Nur ein partizipatives Management kann hier erfolgreich sein. Abwertung neuer Orientierungen: Neue Ideen und Werte gefährden die Identität des Kollektivs, wenn sie der Erfahrungswelt zuwiderlaufen. Wandelbarrieren: Wenn Veränderungen anstehen, sind starke Kulturen, die für Sicherheit einstehen, in ihrer Existenz bedroht. Das erzeugt Angst und Ablehnung bei den Mitarbeitern. Hier ist bei der Einführung von Qualitätsmanagement eine intensive Veränderungskommunikation als

34

Ebd., S. 476.

35

Ebd., S. 475.

36

Zu den folgenden negativen Effekten siehe ebd., S. 477f.

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Begleitprozess unerlässlich, um die Barrieren zu überwinden (zur Veränderungskommunikation siehe ausführlich Kapitel III.10.2). Fixierung auf traditionelle Erfolgsmuster: Starke Kulturen setzen auf Kontinuität, die sich zur Tradition verfestigt hat. Was früher erfolgreich war, muss aber für die Zukunft noch lange nicht Bestand haben. Das aktivierende Kulturmanagement nimmt gegenwärtig deutliche Tendenzen wahr, die tief greifende Veränderungen im Organisationsmanagement erfordern, um die Existenz der Kultureinrichtungen für die Zukunft zu sichern. Eine starke Organisationskultur wandelt sich problemlos erst dann, wenn eine Organisation tief greifende Probleme zu bewältigen hat. Das macht sie starr und führt dazu, dass sie sich erst dann wandelt, wenn es vielleicht schon zu spät ist. Dessen ungeachtet müssen Kurskorrekturen beim Wandel der Organisationskultur behutsam vorgenommen werden. Das wiederum ist durch den kontinuierlichen, langfristigen Prozess des Qualitätsmanagements gewährleistet. Kulturdenken: Organisationskulturen sichern ihre Existenz durch den Zwang zur Konformität, der alle Einzelmeinungen und Kritik an den kollektiven Werten tendenziell unterbindet. Ein aktivierendes Kulturmanagement sollte aber auf die Kreativität und auf innovative Vorschläge Einzelner setzen, um in den verschiedenen Arbeitsbereichen die Verbesserung von Aufbau- und Ablauforganisation voranzutreiben. Das kollektive Denken und Handeln müsste sich flexibler gestalten, um hier Verbesserungen von Qualitäts- und Leistungsstandards zu ermöglichen.

Gleich ob das aktivierende Kulturmanagement eine schwache oder starke Organisationskultur antrifft, entscheidend ist die intensive Auseinandersetzung mit ihrer Konstitution, um ihren Wandel durch kontinuierliche und langfristige Korrekturen so zu gestalten, dass sie sich den gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen gewachsen zeigt. Wie wir gesehen haben, verkörpern starke Kulturen keineswegs den Idealzustand, der für die Organisationsentwicklung zielführend sein könnte. Organisationsentwicklung verlangt idealerweise nach einer Organisation, bei der die Mitarbeiter kollektiv, aber auch in Einzelverantwortung, in der Lage sind, auf Probleme und Anforderungen von innen und außen flexibel zu reagieren. Aus dieser Perspektive sind starke Organisationskulturen unzulängliche Kollektivkonstruktionen, die die Komplexität der Umwelt zu vehement reduzieren. Zur erfolgreichen Erhaltung des Systems braucht es eine stärkere Wandlungsfähigkeit, die flexibel auf die Einwirkungen der Umwelt reagiert. Die lernende Organisation kann dafür ein vielversprechendes Modell abgeben.

Jochen Zulauf £II. Die Grundlagen, Strategien und Zielsetzungen

4. D IE LERNENDE O RGANISATION: D IE Z IELPERSPEKTIVE DES AKTIVIERENDEN K ULTURMANAGEMENTS Edgar H. Schein begegnet der Inflexibilität starker Organisationskulturen mit dem Plädoyer für eine lernende Organisationskultur.37 Eine lernende Kultur muss die Grundannahme in sich verankern, dass die richtige Handlungsweise für die Organisationsmitglieder »in proaktiven Formen der Problembewältigung und des Lernens« liegt.38 Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass die Führung einsieht, dass ihr Wissen in verschiedenen Situationen unzulänglich ist. Das muss denn auch von den Mitarbeitern akzeptiert werden, um die Motivation zu entwickeln, eigenverantwortlich Problemlösungen zu erarbeiten.39 Zielführend ist hier eine an dem Individuum orientierte Kultur, die »Kreativität und Innovation« ins Zentrum des Lernens stellt. 40 Von zentraler Bedeutung sind Kommunikation und Information, um den Austausch neuer Erfahrungen und neuer Wissensstände allen in der Organisation zu vermitteln. 41 Auf folgenden Prämissen muss die lernende Organisationskultur basieren, um den Herausforderungen permanenter Veränderungsprozesse gewachsen zu sein:42 • • • • • • •

Die Probleme müssen proaktiv gelöst werden. Wirklichkeit und Wahrheit sollten pragmatisch analysiert werden. Gruppendenken und Individualismus müssen die Balance halten. Der Führungsstil muss auf Vertrauen aufbauen. Aufgaben- und Beziehungsorientierung müssen gleichermaßen verankert sein. Die Strategien zur Verbesserung orientieren sich nicht an der Vergangenheit, sondern an der nahen und fernen Zukunft. Neue Informationen müssen in einem voll vernetzten Kommunikationssystem ungehindert fließen.

37

Schein 1995, S. 295.

38

Ebd., S. 299.

39

Ebd., S. 300.

40 Ebd., S. 301. 41

Ebd., S. 303.

42

Zu den folgenden Prämissen der lernenden Organisationskultur siehe ebd., S. 306.

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Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

Die lernorientierten Prämissen müssen von der Führung vorbehaltlos gefördert und selber angewandt werden, um ihre Etablierung in der Organisationskultur zu gewährleisten. 43 Wie wir gesehen haben, ist die Kultur von tief greifenden Veränderungsprozessen beherrscht. Zu Ihrer Bewältigung bedarf es »ein Höchstmaß an Flexibilität«, das durch gemeinsames Lernen zu erreichen ist.44 Organisationales Lernen ist ein kollektiver Prozess, der von den einzelnen Mitgliedern in Gang gesetzt und getragen wird.45 Das Lernen ist zunächst ein individueller Vorgang, der allerdings im Arbeitsprozess immer auf die Organisation als Ganzes bezogen ist.46 Das individuelle Lernen fügt sich ein in einen kollektiven »Prozess, in dem Organisationen Wissen erwerben, in ihrer Wissensbasis verankern und für zukünftige Problemlösungserfordernisse hin neu organisieren«.47 Der Lernzyklus einer Organisation basiert auf vier Phasen:48 1.

Einzelne nehmen Probleme in der Leistungserstellung wahr, die durch Umweltveränderungen hervorgerufen werden, und versuchen Lösungen zu erarbeiten. 2. Die Mitarbeiter, die Lösungsvorschläge erarbeitet haben, müssen in der Organisation an Entscheidungsprozessen beteiligt werden. 3. Die Organisation trifft im Anschluss an die Auseinandersetzung mit Lösungsvorschlägen Entscheidungen, um die Handlungsstrategien zu verbessern. 4. Die veränderten Maßnahmen rufen neue, veränderte Reaktionen der Umwelt hervor, die einen neuen Lernprozess in Gang setzen. Wie wir sehen werden, ist dieser Lernzyklus dem Qualitätsmanagement inhärent. Die Qualitätsnormen verlangen nach Organisationsstrukturen, die den Einzelnen motivieren, Fehler zu erkennen und Verbesserungsvorschläge zu entwickeln. Die Ideen zur Fehlerbehebung werden dann in Qualitätszirkeln diskutiert und zur Entscheidung der Leitung vorgelegt. In diesem Sinne schafft Qualitätsmanagement wesentliche Voraussetzungen für eine lernende Organisation.

43

Ebd., S. 307.

44 Klein 2008a, S. 155f. 45

Schreyögg 2003, S. 550.

46 Ebd. 47

Ebd.

48

Zu den folgenden Phasen des Lernzyklus siehe ebd., S. 545.

Jochen Zulauf £II. Die Grundlagen, Strategien und Zielsetzungen

Lernen ist jedoch ein komplexer Prozess, der nicht ausschließlich durch eine Managementstrategie zu erreichen ist. Vielmehr bedarf es einer kontinuierlichen Organisationsentwicklung, die langfristig durch eine Vielzahl von Maßnahmen die Mitarbeiter motiviert, durch permanentes Lernen eine große Eigenverantwortung auf sich zu nehmen. Organisationskulturen bilden sich schließlich deshalb aus, um den Einzelnen durch feste Orientierungen zu entlasten. Die lernende Organisation widerspricht der Stabilisierungsdynamik von Systemen und ist gleichzeitig ihr Garant für ihre Existenzsicherung. Argyris und Schön definieren zum besseren Verständnis des organisationalen Lernens folgende drei Ebenen:49 •





Einschleifen-Lernen (Single-loop-Learning): Hier werden auf der unmittelbaren Arbeitsebene Abweichungen vom Soll-Zustand erkannt und korrigiert. Handlungsstrategien werden so verändert, dass die Grundüberzeugungen und -werte der Organisation davon unberührt bleiben. Zweischleifen-Lernen (Double-loop-Learning): Hier erfordert die Korrektur eine Veränderung der Grundwerte, um die Probleme wirklich lösen zu können. Diese höher gelegene Ebene verändert den Kontext des Einschleifen-Lernens. Möglich ist diese Form des Lernens nur, wenn die Organisationskultur flexibel genug ist, dass die Beteiligten sich offen und unvoreingenommen auf die Situation einlassen. Auf dieser Lernebene ist ein »Entlernen« des Gelernten notwendig, um Raum für neue Wahrnehmungen und Konzepte zu schaffen.50 Das Lernen des Lernens (Deutero-Learning): Auf dieser Metaebene des Lernens werden »Lernkontexte reflektiert, Lernverhalten, Lernerfolge und -misserfolge diagnostiziert.«51 Dadurch wird sichergestellt, dass das Lernen sich nicht zur unhinterfragten Routine verfestigt, sondern sich entsprechend der Anforderungen immer wieder selbst hinterfragt.

Die größte Herausforderung für die lernende Organisation ist sicherlich im »Zwei-Schleifen-Lernen« zu sehen. Es widerspricht den Stabilisierungstendenzen der Organisationskultur und erfordert deren Flexibilisierung, wie sie von Edgar H. Schein im Modell der lernenden Organisationskultur aufgezeigt worden ist. Dieser Organisationswandel ist kein leichtes Unterfangen, aber gerade für Kulturbetriebe unumgänglich, wollen sie die anstehenden Veränderungsprozesse erfolgreich meistern. 49 Zu den folgenden drei Ebenen des Lernens siehe Argyris/Schön 2006, S. 35ff. Siehe zu diesem Modell außerdem Schreyögg 2003, S. 554ff. und Klein 2008a, S. 157f. 50

Schreyögg 2003, S. 556.

51

Ebd.

71

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Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

Aus systemtheoretischer Sicht ist die Lernfähigkeit der Organisation die Sicherstellung ihrer Veränderungsbereitschaft.52 Organisatorisches Lernen begreift Veränderung als Alltäglichkeit; der Wandel wird zur Kompetenz der Organisation.53 Die von Argyris und Schön ausgearbeiteten Lernebenen beziehen sich vorrangig auf das erfahrungsorientierte Lernen; daneben gibt es noch weitere Formen des Lernens. Das organisationale Lernen lässt sich insgesamt in vier Grundformen unterscheiden:54 •







Erfahrungslernen: Der Lernprozess wird durch die Beobachtung des eigenen Handelns in Gang gesetzt. Die gesammelten Erfahrungen ermöglichen es, Probleme zu erkennen, die dann durch neue Handlungsvorschläge nach Maßgabe der Zweckmäßigkeit zu lösen sind. Vermitteltes Lernen: Es erfolgt zum einen durch Imitation, indem das Wissen anderer Organisationen nutzbar gemacht wird, wie es zum Beispiel bei Benchmarking der Fall ist. Zum anderen kann sich das Lernen durch Instruktionen vermitteln, wie es sich durch den Wissenstransfer in Seminaren und Fortbildungen oder durch Beratungen ergeben kann. Inkorporation neuer Wissensbestände: Durch neue Führungsmitglieder und neue Mitarbeiter können neue Wissensbestände in die Organisation integriert werden. Generierung neuen Wissens: Wenn neues Wissen, das aus Erfahrungswissen in bestimmten Arbeitsbereichen entstanden ist, in alle anderen Abteilungen kommuniziert wird, dann kann das neue Wissen unter Umständen übertragen und angewendet werden.

Die Grundformen des Lernens bedürfen in erster Linie einer starken Kommunikationsstruktur, die es ermöglicht, neues Wissen zu übermitteln. Organisatorisches Lernen beruht grundlegend auf Kommunikation, die die Verarbeitung von Feedback und Erfahrungen sowie die Strategiekorrekturen erst möglich macht.55 Die lernende Organisation stellt sehr hohe Anforderungen an das Individuum. Damit Mitarbeiter freiwillig und gerne Eigenverantwortung für die Organisation übernehmen, erfordert es ein exzellentes Betriebsklima, das Vertrauen schafft sowie die Identifikation und Motivation in herausragendem Maße befördert. Der Weg zur lernenden Organisation dürfte gerade bei 52

Ebd., S. 563.

53

Ebd., S. 564.

54

Zu den folgenden Grundformen des Lernens siehe ebd., S. 557ff.

55

Ebd., S. 567.

Jochen Zulauf £II. Die Grundlagen, Strategien und Zielsetzungen

den öffentlich subventionierten Kultureinrichtungen, deren Aufbauorganisation stark von den bürokratischen Strukturen des öffentlichen Dienstes bestimmt ist, kein leichter sein. Aber Kulturbetriebe nehmen von jeher für sich in Anspruch, bei der Kulturproduktion und -vermittlung täglich ungeheure Kraftanstrengungen zu unternehmen. Diese Kräfte gilt es ganzheitlich und nicht nur partiell in der Organisationsentwicklung einzusetzen, damit Kunst weiterhin ein existenzieller Bestandteil unserer Gesellschaft bleibt. Qualitätsmanagement kann hierfür ein wesentliches Fundament bilden, durch das die Kulturorganisation die erforderliche Wandlungsfähigkeit erhält, um die Herausforderungen von Gesellschaft und Politik erfolgreich zu managen.

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£ III. D IE KONKRETE O PERATIONALISIERUNG DES AKTIVIERENDEN K ULTURMANAGEMENTS Qualitätsmanagement für Kulturbetriebe (KQM) Qualitätsmanagement wird allgemein als Methode zur Verbesserung von Arbeitsstrukturen und -abläufen definiert, die sich an einem Qualitätsnormenkanon ausrichtet. Dieses verkürzte Verständnis ruft im Kulturbereich verständlicherweise Widerstand und Ablehnung hervor, wenn von Qualitätsmanagement die Rede ist. Die vorherrschende Meinung ist hier, Kultur widersetze sich grundsätzlich rationaler Normierung. Ohne seine Verfahrensweisen zu kennen, wird Qualitätsmanagement mehrheitlich als untauglich für Kultureinrichtungen eingestuft. Wie gezeigt werden wird, ist es aber ein Verfahren der Organisationsentwicklung, das nicht von außen Messkriterien an die Kultur heranträgt, sondern grundsätzlich verlangt, dass die Beteiligten selbst festlegen, was qualitätsvolles Arbeiten und qualitätsvolle Leistungen beinhalten. Wenn von Beteiligten beim Qualitätsmanagement die Rede ist, ist nicht nur das Management angesprochen, sondern dezidiert alle Mitarbeiter, die gemeinsam die Maßnahmen der Qualitätsverbesserung erarbeiten. Qualitätsmanagement ist eine ganzheitliche Methode der Organisationsentwicklung mit dem Ziel, die Ablauf- und Aufbauorganisation effizient und effektiv zu gestalten. Beurteilt die Effizienz den Aufwand, um eine bestimmte Leistung zu erbringen, misst die Effektivität das erreichte Ergebnis in Relation zu den gesetzten Zielen.1 Sämtliche Aktivitäten werden somit unter die Perspektive von Qualität gestellt.2 Untersucht wird die Qualität von Prozessen, Strukturen und Ergebnissen, um die eigenen Potenziale realistisch einschätzen, eigene Leistungen verbessern und die Verbesserungen langfristig sichern zu können.3 Dass Qualitätsmanagement keineswegs kulturfremd ist, zeigen die jüngsten Entwicklungen im Museumsbereich.

1

Merchel 2004, S. 48f.

2

Ebd., S. 10.

3

Brakhahn/Vogt 1996, S. 13.

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Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

1. D IE ERSTEN G EHVERSUCHE VON Q UALITÄTSMANAGEMENT IM K ULTURBEREICH : D IE M USEUMSREGISTRIERUNG Mit der Einführung von Qualitätsmanagement (QM) im Kulturbereich betritt man in Deutschland Neuland. Dennoch gibt es im Museumsbereich erste vielversprechende Ansätze, die ein manifestes Bewusstsein für die Notwendigkeit von Qualitätsstandards im Kulturbereich aufzeigen. Die Verantwortlichen, vor allem der Deutsche Museumsbund und die regionalen Museumsverbände, sehen im Qualitätsmanagement eine Chance, über die Definition allgemeingültiger Leistungsstandards die Museumsarbeit generell in Deutschland zu verbessern. So hat der Vorstand des Deutschen Museumsbundes im Anschluss an seine Jahrestagung im Mai 2004 in Osnabrück mit dem Thema »Höhere Qualität? Zur Bewertung musealer Arbeit« die Entwicklung eines Kriterienkatalogs für eine qualifizierte Museumsarbeit in Angriff genommen. 4 Unter Einbeziehung des Internationalen Museumsbunds (ICOM) Deutschland wurden dann im November 2005 die Standards für Museen veröffentlicht. »Die ›Standards für Museen‹ formulieren Kriterien für eine qualitätvolle Museumsarbeit und unterstützen somit ein strukturiertes Vorgehen. Die Standards sollen den Museen helfen, ihre Leistungen selbst einzuschätzen und sie kontinuierlich weiterzuentwickeln. Durch die permanente Überprüfung der eigenen Arbeit wird ein dauerhafter Prozess der Qualitätsentwicklung und -verbesserung in Gang gesetzt.«5

Die Kriterien umfassen folgende Bereiche:6 • • • • • • • •

»Dauerhafte institutionelle und finanzielle Basis Leitbild und Museumskonzept Museumsmanagement Qualifiziertes Personal Sammeln Bewahren Forschen und Dokumentieren Ausstellen und Vermitteln«

4

Deutscher Museumsbund und ICOM Deutschland 2006, S. 5.

5

Ebd., S. 7.

6

Zu den folgenden Kriterien siehe ebd.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

Die einzelnen Kriterien werden prägnant und allgemeingültig erläutert. So wird unter dem Kriterium »Qualifiziertes Personal« eine professionelle Personalentwicklung eingefordert: »Die museumsspezifischen Qualifikationen des Personals stellen sicher, dass die Ziele des Museums auf allen Ebenen kontinuierlich erreicht werden, je nach Gattung und Größe. Den Museumsbeschäftigten wird die Chance eingeräumt, sich durch Fortbildungen weiterzuqualifizieren. Das Museum beteiligt sich nach seinen Möglichkeiten selbst an der Aus- und Weiterbildung von Nachwuchskräften.«7

Ebenfalls klare Richtlinien werden für die Kernaufgaben des Museums benannt, wie es beispielsweise unter Punkt acht Ausstellen und Vermitteln deutlich zum Ausdruck kommt: »Das Museum erfüllt als Ort lebenslangen Lernens einen Bildungsauftrag. Basis hierfür sind seine Sammlungen: originale Objekte, mit denen Ausstellungen zu historischen, kulturhistorischen, künstlerischen, naturwissenschaftlichen oder technikgeschichtlichen (etc.) Themen entwickelt werden. Die Informationen beruhen auf neuen Erkenntnissen, sie werden allgemein verständlich und ansprechend dargeboten. Jeder Ausstellung liegt ein Vermittlungskonzept zugrunde, das sich an den Bedürfnissen und Erwartungen der Besucher/innen orientiert.«8

Die Qualitätsstandards beziehen sich spezifisch auf die konkrete Museumsarbeit. Sie umfassen alle Bereiche, die allerdings nicht miteinander vernetzt werden. Dies wäre aber die Voraussetzung – wie gezeigt werden wird – für ein ganzheitliches Qualitätsmanagement. 1.1

Das Verfahren der Museumsregistrierung in Niedersachsen, Bremen und Rheinland-Pfalz

Der vom Deutschen Museumsverband veröffentlichte Kriterienkatalog für eine qualitätsorientierte Museumsarbeit ist nicht nur eine Orientierungshilfe für interessierte Museen, sondern soll gleichzeitig die Grundlage für die Registrierung von Museen sein, wie sie bereits in anderen Ländern seit Langem durchgeführt wird.9 Mit der Registrierung von Museen ist ein Akkreditierungsverfahren gemeint, das auf der Grundlage eines Qualitätskriterienkatalogs Museen evaluiert. Die Akkreditierung wird von den Mu7

Ebd., S. 13.

8

Ebd. S. 20.

9

Vgl. ebd., S. 4.

77

78

Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

seumsverbänden in Zusammenarbeit mit den öffentlichen Kulturbehörden vorgenommen. Die Teilnahme ist für die Museen in der Regel freiwillig. So wird beispielsweise die Museumsregistrierung in den Niederlanden vom Niederländischen Museumsverband und der Niederländischen Stiftung Museumsberatung organisiert.10 Zur Registrierung müssen Museen einen Fragebogen in Form der Selbstbewertung ausfüllen, in dem die geforderten Qualitätsstandards abgefragt werden. 11 Eine Jury von Experten entscheidet dann auf der Grundlage der eingereichten Dokumente, ob das Museum ins Register aufgenommen wird. Die Akkreditierung basiert somit auf Selbstund Fremdbewertung. Der Vorteil der Registrierung besteht für die Museen in dem öffentlichen Nachweis qualifizierter und verantwortungsvoller Museumsarbeit, was für Stifter, Sponsoren und Leihgeber eine aussagekräftige Entscheidungsgrundlage sein soll. 12 Nach dem gleichen Prinzip ist das österreichische Museumssiegel organisiert, das 2002 eingeführt wurde. 13 Mittlerweile findet sich das niederländische Registrierungsmodell auch in einigen Bundesländern Deutschlands realisiert. Parallel zur Erarbeitung der Standards für Museen durch den Deutschen Museumsbund haben der Museumsverband Niedersachsen und Bremen sowie der Museumsverband Rheinland-Pfalz die Museumsregistrierung eingeführt, während sich die anderen Bundesländer noch in der Orientierungs- oder Projektphase befinden.14 Beide Museumsverbände führen mittlerweile jährlich Museumsregistrierungen durch, die über die Selbstbewertung der Museen mittels Fragebögen beantragt werden können. Die Fragebögen wiederum wurden auf der Grundlage der Standards für Museen entwickelt.15 Bei dem in Niedersachsen und Bremen 2006/2007 durchgeführten Pilotprojekt wurden die Erwartungen der 33 beteiligten Museen evaluiert.16 Die meisten Museen versprachen sich von der Registrierung vor allem die Möglichkeit der Selbstreflexion als Hilfe zur Selbsthilfe, was durchaus für den Erfolg des Projekts spricht.17 Die Anforderungen der Museumsregistrierung verlangen von den Museen, sich mit ihren Stärken und Schwächen, mit ihren Zielsetzungen bewusst auseinan10

Prins 2001, S. 73.

11

Ebd.

12

Ebd., S. 74f.

13

Siehe insgesamt Museumsbund und ICOM Österreich 2009.

14

Siehe hierzu insgesamt von Oertzen 2008 und Museumsverband Rheinland-Pfalz (unter: http://museen.rlp.de/museumsberatung/museumsregistrierung.html, Zugriff: 6.5.2011).

15

Von Oertzen 2008, S. 9.

16

Von Oertzen 2008, S. 22f.

17

Ebd., S. 23.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

derzusetzen, diese zu dokumentieren und nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen. Das ist in der Tat, wie gezeigt werden wird, eine der wesentlichen Stoßrichtungen des Qualitätsmanagements. Bei einzelnen Museen wurde aber auch die Befürchtung geäußert, dass die Registrierung einen Selektionsprozess in Gang setzen könne, um künftig nur die Museen zu fördern, die akkreditiert worden seien.18 Diese Befürchtung ist nicht von der Hand zu weisen. So ist die Museumsregistrierung in Belgien und Lettland gesetzlich verankert und bildet die Grundlage dafür, ob ein Museum öffentlich gefördert wird oder eben nicht.19 1.2

Mögliche Konsequenzen der Museumsregistrierung: Qualitätsmanagement als Förderinstrument öffentlicher Verwaltungen

In den der Kultur benachbarten Bereichen Bildung und Soziales ist die Kopplung von Qualitätsmanagement und öffentlicher Förderung längst vollzogen. So wurde bereits in den 90er Jahren die Qualitätssicherung und -entwicklung im Sozialrecht verankert.20 Dementsprechend ist in den Leistungsvereinbarungen zwischen den öffentlichen Trägern und den leistungserbringenden Sozialeinrichtungen Qualitätsmanagement verbindlich festgeschrieben worden. Am deutlichsten ist die QM-Anforderung im Sozialgesetzbuch zur Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) formuliert worden. Hier heißt es im Paragraf 78, Abschnitt b (Voraussetzungen für die Übernahme des Leistungsentgelts): »(1) Wird die Leistung ganz oder teilweise in einer Einrichtung erbracht, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme des Entgelts gegenüber dem Leistungsberechtigten verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung oder seinem Verband Vereinbarungen über • •

Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungsangebote (Leistungsvereinbarung), differenzierte Entgelte für die Leistungsangebote und die betriebsnotwendigen Investitionen (Entgeltvereinbarung) und



Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistungsangebote sowie über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung (Qualitätsentwicklungsvereinbarung)

abgeschlossen worden sind.«

18

Ebd., S. 22.

19

Brüggerhoff/Tschäpe (Hg.) 2001, S. 25.

20 Beckmann 2009, S. 9.

79

80

Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

Der Gesetzgeber schreibt de facto verbindlich vor, dass Leistungsentgelte an die sozialen Einrichtungen nur dann ausgezahlt werden dürfen, wenn sie Qualitätsmanagement durchführen. Die konkreten Vorgaben und Nachweispflichten werden dann in den jeweiligen Leistungsvereinbarungen geregelt. Diese Entwicklung im sozialen Bereich hat ihren Ursprung in den 90er Jahren, in deren Zusammenhang sich das neue Steuerungsmodell öffentlicher Verwaltungen (New Public Management) etabliert hat. 21 Die öffentliche Hand ist nicht länger selber Leistungserbringer, sondern schafft durch Leistungsvereinbarungen mit den entsprechenden Organisationen die Voraussetzungen dafür, dass die Leistung effektiv und effizient erbracht wird.22 Das sogenannte Kontraktmanagement garantiert die Autonomie der Leistungserbringung. Die Sozialeinrichtung entscheidet über die Art und Weise der Leistungserbringung, muss dabei aber unbedingt die vereinbarten Qualitätsnormen erfüllen.23 Das verbindlich durchzuführende Qualitätsmanagement ist für den Gesetzgeber und die öffentliche Verwaltung der Garant dafür, dass die Leistungserbringung in ihrem Sinne erfolgt.24 Es ist absehbar, dass dieses neue Steuerungsmodell auch die Kultur erfassen wird. Die Konzeption und der in einigen Kommunen bereits praktizierte Einsatz der aktivierenden Kulturpolitik ist hierfür ein erster Schritt. Unter dieser Perspektive könnte dann die Museumsregistrierung die Voraussetzung dafür sein, dass öffentlich subventionierte Museen auch künftig öffentliche Zuwendungen erhalten. Das Pilotprojekt der Museumsregistrierung in Niedersachsen und Bremen zeigt aber auch, dass die Einführung von Qualitätsstandards einem starken Selbstzweck dient: Die Museen reflektieren ihr Organisationsmanagement und versuchen Leistungsverbesserungen einzuführen, um ihre Arbeit effizienter zu gestalten. Aber weder das Verfahren der Museumsregistrierung noch die Sozialgesetzbücher und Leistungsvereinbarungen im sozialen Bereich vermitteln die Methoden, wie sich Effizienz und Effektivität steigern lassen. Dazu bedarf es der Einführung eines systematischen Qualitätsmanagements, dessen Strategien und Arbeitsweisen im Folgenden – auf den Kulturbereich angewendet – vermittelt werden sollen.

21

Ebd., S. 19.

22

Vgl. Schedler/Proeller 2009, S. 107.

23

Ebd., S. 108.

24

Vgl. ebd., S. 81.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

2. D IE ALLGEMEINE D EFINITION VON Q UALITÄTSMANAGEMENT Qualitätsmanagement schafft Transparenz und zwingt die Organisation dazu, Rechenschaft über ihr Tun abzulegen. Darin alleine liegt schon ein wesentlicher Beitrag für Kulturbetriebe. Allzu oft verliert sich in der Hektik des Alltagsgetriebes der Blick aufs Wesentliche: Wozu sind wir angetreten? Was sind unsere Ziele? Werden diese durch die erbrachten Leistungen wirklich realisiert? Erfahren wir die nötige Wertschätzung für unsere Arbeit? Welche Maßnahmen stecken den Rahmen ab, um zu gewährleisten, dass unsere Arbeit auch wirklich die Wertschätzung erlangt, die wir uns wünschen? Die Ziele bzw. Vorteile des Qualitätsmanagements lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:25 • • • • • • • • •

Transparenz von Arbeitsprozessen und -strukturen Sicherheit und Qualität der Leistungserstellung Steigerung der Leistungskapazitäten Vereinfachung administrativer Prozesse Intensivierung der Kommunikation zwischen den Abteilungen sowie zwischen Leitung und Mitarbeitern Steigerung der Mitarbeitermotivation Verbesserung des Organisationsimages Erfüllung der Erwartungen der Interessengruppen Intensivierung der Kundenbindung

Dreh- und Angelpunkt des QM ist die Definition von Qualität. Hierin liegt gleichzeitig der Sprengstoff für Kulturmacher: Lässt sich Kunst mit technischen Normen messen? Ist ästhetische Qualität normierbar? Die Antwort auf solche Fragen ist im System selbst angelegt: Qualität ist kein vorab festgelegter Begriff, sie muss intersubjektiv von den Beteiligten definiert werden.26 Qualität muss sich im Diskurs konstituieren.27 Dafür gibt es zahlreiche Verfahren, die hier nun vorgestellt, thematisiert und auf Kultur angewendet werden. Auch die Qualität von Kulturveranstaltungen ist kein Zufallsprodukt und verkörpert kein Geheimwissen. Gleichzeitig gibt es selbstverständlich bei der Kunstproduktion im Gegensatz zur Herstellung von Konsumgütern Unabwägbarkeiten, die den Erfolg oder das Scheitern von Kulturleistungen verursachen. So ist beispielsweise bei einem Theaterabend der 25

Zu den folgenden Zielen und Vorteilen des QM vgl. Brakhahn/Vogt 1996, S. 169.

26 Siehe hierzu beispielsweise Beckmann 2009, S. 10, der diesen Tatbestand für Soziale Arbeit reklamiert. 27

Merchel 2004, S. 36.

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Erfolg extrem abhängig von der individuellen physischen und psychischen Verfassung der Darsteller an diesem Tag. Die schlechte Tagesform eines Einzelnen kann das ganze theatralische Spannungsgefüge ins Wanken bringen. Das ändert aber in der Gesamtheit nichts daran, dass es zahlreiche Kriterien gibt, die die Qualität eines Kulturbetriebs bestimmen. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, den künstlerischen Prozess und das Kulturprodukt nicht mit dem Betrieb der Kultureinrichtung gleichzusetzen. Auch wenn die Kunst im Zentrum steht und sich nicht ausschließlich nach rein rationalen Maßstäben kategorisieren lässt, so gilt dennoch, dass sich die Arbeitsabläufe und der Aufbau von Arbeitszusammenhängen, in denen die Kunstleistungen von miteinander agierenden Menschen erarbeitet werden, so managen lassen, dass ein hohes Maß an optimalen Arbeitsbedingungen gewährleistet ist. Die Berufung auf die Unantastbarkeit der Freiheit der Kunst entbindet nicht von einem strategischen Management. Für die Leitung eines Kulturbetriebs liegt genau hier die Fürsorgepflicht und Verantwortung für die Kunstproduktion und -vermittlung: das Bereitstellen von Rahmenbedingungen, die eine optimale Entfaltung künstlerischer Prozesse ermöglichen. Entscheidend ist, dass ästhetische und organisatorische Kriterien miteinander kombiniert werden, um zu definieren, was den eigenen Kulturbetrieb effizient und effektiv macht. Die Offenheit des Qualitätsmanagement-Konzepts verlangt geradezu nach einer kollektiv erarbeiteten Bestimmung, was genau die Arbeit des jeweiligen Kulturbetriebs individuell kennzeichnet. Der Ganzheitsanspruch wiederum garantiert, dass zur Qualitätsbestimmung alle Interessengruppen in den Definitionsprozess einbezogen werden. Sind die Mitarbeiter einer Kultureinrichtung mit ihrer Arbeit zufrieden, so ist das sicherlich schon ein begrüßenswerter Zustand und vor allem eine wichtige Voraussetzung.28 Das reicht aber noch lange nicht aus, um ein exzellenter Kulturbetrieb zu sein. Dazu braucht es eben auch die Besucherzufriedenheit, aber auch die der Politik und der Öffentlichkeit. Der Begriff der Ganzheitlichkeit ist im Qualitätsmanagement ganz wörtlich zu verstehen.

3. D IE P HILOSOPHIE , DER B EGRIFF UND DIE M ANAGEMENTSYSTEME DER Q UALITÄT Qualitätsmanagement umfasst alle Organisationsformen und deren Arbeitsbereiche. Seine Kriterien sind dementsprechend allgemein gefasst und verlangen nach ihrer Interpretation am jeweiligen Arbeitsplatz. Der Gradmesser von Qualität ist grundsätzlich die Effizienz und Effektivität von Ablauf- und 28

Bruhn 2006, S. 9f.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

Auf bauorganisation, die den allgemeinen Rahmen zur jeweiligen Qualitätsdefinition der spezifischen Leistungserbringungen abstecken. Der ganzheitliche Ansatz verlangt nach allgemeingültigen Grundannahmen, die für alle Organisationen verbindlich sind. 3.1

Total Quality Management

Der Ganzheitsanspruch manifestiert sich im Total Quality Management (TQM), das als Philosophie die Grundlage für die komplexen Verfahrensweisen des Qualitätsmanagements bildet. 29 Das Konzept des TQM basiert auf drei Säulen:30 •

• •

Total: Einbeziehung aller Interessengruppen, die an der Leistungserstellung beteiligt sind, in den Qualitätsmanagement-Prozess. Mit dieser Ausrichtung ist festgelegt, dass neben den Mitarbeitern und Kunden ebenso Lieferanten, Geldgeber, Politiker, Partner usw. ins Qualitätsmanagement eingebunden werden. Quality: Alle Aktivitäten müssen sich an den Qualitätsforderungen der internen und externen Interessengruppen orientieren. Management: Die Verantwortung und Steuerung des QM liegt bei der Leitung der Organisation. Sie muss gleichzeitig Vorbildfunktion übernehmen, um keinen Zweifel an der vorzunehmenden Neuausrichtung aufkommen zu lassen.

Dieser Orientierungsrahmen präjudiziert gleichzeitig, wie Qualität zu definieren ist. 3.2

Die Definition von Qualität

Qualität ist grundsätzlich als relativ zu verstehen. Ihre Festlegung basiert neben objektiven Merkmalen im Wesentlichen darauf, wie sie von allen Beteiligten wahrgenommen wird. Im Qualitätsbegriff sind folglich zwei Aspekte enthalten:31 •

die produktbezogenen Merkmale als objektivierbares »Niveau der vorhandenen Eigenschaften«32

29 Ebd., S. 67. 30

Siehe zu dieser dreiteiligen Definition von TQM ebd., S. 74f.

31

Zu den folgenden Aspekten siehe ebd., S. 34.

32

Ebd.

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die von den Interessengruppen wahrgenommenen Leistungseigenschaften33

Qualität lässt sich nicht einseitig angebotsorientiert bestimmen. Die Beurteilung der Nachfrager entscheidet schließlich darüber, ob die Leistung als qualitätsvoll wahrgenommen wird. Es ist vor allem der Kunde, der darüber entscheidet, ob er die Leistung haben will oder sich für andere Angebote entscheidet. So wäre es weder effizient noch effektiv, wenn Kulturveranstalter Angebote nach bestem Wissen und Gewissen auf ihr Jahresprogramm setzen, ohne die Publikumsinteressen zu berücksichtigen. Gleichzeitig lässt sich die Abhängigkeit von der Kundenbeurteilung, wie sie sich für privatwirtschaftliche Produkthersteller und Dienstleister stellt, auf Kulturbetriebe so nicht übertragen. Öffentlich subventionierte und geförderte Kulturbetriebe sind nicht gewinnorientiert und dürfen es auch gar nicht sein. Die Erfüllung der mehrheitlichen Publikumswünsche kann nicht der Maßstab für die Programmgestaltung sein. Kulturelle Erzeugnisse unterliegen zusätzlich zu den Erwartungshaltungen des Publikums gesellschaftlichen Anforderungen wie dem Bildungsauftrag und der Förderung zeitgenössischer Künstler, wodurch sich eine reine Kundenorientierung verbietet. Dementsprechend wird hier der Qualitätsbegriff in seiner subjektiven Dimension auf die Interessengruppen ausgeweitet, was die Qualitätsbestimmung zwar nicht leichter macht, aber dafür von der einseitigen Kundenbeurteilung befreit. Der oben definierte Qualitätsbegriff zeigt aber unmissverständlich, dass die Definition von Qualität genauso wenig einseitig durch die Kulturmacher vorzunehmen ist. Die Qualität einer ästhetischen Darbietung bestimmt sich im Schnittpunkt ganz unterschiedlicher Beurteilungen und Wahrnehmungen, die es im Rahmen von Qualitätsmanagement zu untersuchen gilt. Richtungsweisend hierfür wird sein, dass die Kultureinrichtung auf der Grundlage von Qualitätsanalysen Kriterien entwickelt, die sowohl objektive als auch subjektiv wahrgenommene Merkmale aufstellt, mit denen sich das Qualitätsniveau kultureller Darbietungen messen lässt.

33

Manfred Bruhn stellt hier allerdings inkonsequenter Weise dem objektiven Qualitätsbegriff nur die kundenbezogene Leistungsanforderung gegenüber. Meines Erachtens muss sich aber die Qualitätsbeurteilung auf alle Interessengruppen beziehen. Dem objektiven Qualitätsaspekt sind dementsprechend die Qualitätswahrnehmungen der im TQM genannten Interessensgruppen wie Mitarbeiter, Kunden, Politiker, Geldgeber usw. gegenüberzustellen.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

3.3

Die Qualitätsmanagementsysteme

Die Möglichkeit der individuellen, auf die jeweilige Einrichtung bezogenen Ausarbeitung von Qualitätsgrundsätzen ist das Basisprinzip der Qualitätsmanagementsysteme. Ihr Vorteil besteht darin, dass sie abstrahierte Normierungsverfahren anbieten, die von der jeweiligen Organisation mit Inhalten ausgefüllt werden müssen. Festgelegt wird, welche Regelungen vorzunehmen sind. Das »Wie« muss die Organisation selbst bestimmen.34 So wird beispielsweise festgelegt, dass Mitarbeiter- und Kundenbefragungen zur Qualitätsanalyse durchgeführt werden müssen. Die Fragen und die Form der Befragung aber muss die Organisation selber entwickeln. Auch in dem Zusammenhang wird erneut sichtbar, dass QM die Rahmenbedingungen vorgibt, die Transparenz und Rechenschaft verlangen, und zwar nach innen und nach außen. Mittlerweile gibt es für jeden Unternehmensbereich maßgeschneiderte Qualitätsmanagementsysteme. So wurden im sozialen Bereich für die verschiedenen Betreuungsaufgaben wie Kinderbetreuung, medizinische Versorgung und Altenpflege von Fachverbänden, Wissenschaftlern und Pädagogen eigene, individuelle, dem Arbeitsbereich angemessene Qualitätsmanagementverfahren entwickelt.35 Diese fachspezifischen Methoden sind im Wesentlichen abgeleitet von zwei grundlegenden Qualitätsmanagementsystemen, die mehrheitlich im Non-Profit- und Profit-Bereich Anwendung finden:36 • •

DIN EN ISO 9000ff. EFQM-Modell

3.3.1 DIN EN ISO 9000-9004 Die ISO-Familie 9000ff. ist ein von der International Standardization Organization (ISO) 1987 verabschiedetes Regelwerk der Qualitätsnormierung, das in der Folgezeit als deutsche (DIN) und europäische (EN) Norm übernommen wurde.37 Mit der Realisierung dieses Regelwerks besteht die Möglich34

Dunkhorst 1999, S. 55.

35

Siehe hierzu insgesamt Boeßenecker et al. 2003.

36

Merchel stellt demgegenüber die These auf, dass sich die Vielzahl der QM-Methoden auf vier reduzieren ließen: Neben den von mir genannten DIN ISO 9000ff. und EFQM Excellence Modell führt er noch Benchmarking und die interne Evaluation an (siehe hierzu Merchel 2004, S. 52). Die beiden letztgenannten sind aber keine übergeordneten QM-Systeme, sondern werden in der Praxis bei den verschiedenen Systemen als untergeordnete Qualitätsanalyseverfahren eingesetzt.

37

Vilain 2003, S. 24.

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keit der Zertifizierung durch eine autorisierte Gesellschaft wie beispielsweise den TÜV.38 Von der Zertifizierung versprechen sich Unternehmen und Organisationen, neben der Überprüfung der richtigen Anwendung des Qualitätsmanagementsystems durch einen externen Prüfer, Wettbewerbsvorteile durch das Gütesiegel, das die Qualität offiziell beglaubigt und bezeugt.39 Die Normenreihe ist »ein systemtheoretisch definierter Regelkreislauf«40, der für alle Arbeits- und Organisationsbereiche anwendbar ist und auf folgenden zentralen Elementen basiert:41 • • • •

Verantwortung der Leitung Management der Mittel Produktrealisierung Messung, Analyse und Verbesserung

Als besondere Stärke dieses QM-Systems wird die Konzentration auf die Arbeitsprozesse gesehen, mit dem Ziel, das Verhältnis zwischen Kunde und Unternehmen zu verbessern. 42 Vernachlässigt wird allerdings die Qualität der Endergebnisse. 43 Großen Wert wird auf die Dokumentation des QMProzesses, das Handbuch, gelegt, um eine kontinuierliche und permanente Qualitätskontrolle zu ermöglichen. 44 Grundlegend für DIN EN ISO 9000ff. ist die Qualitätssicherung über Verfahrensstandardisierungen,45 was allerdings zu einer Bürokratisierung des QM-Systems führen kann und den wesentlichen Nachteil hat, dass die Sinnhaftigkeit und die Qualität der Leistungen zu wenig berücksichtigt werden.46 Dessen ungeachtet lassen sich seine Normen in andere Systeme implementieren, was zum Beispiel in der Sozialen Arbeit gängige Praxis ist.47 Die starke Konzentration auf die Kundenanforderungen, die Ausrichtung auf Prozesssicherheit bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Ergebnisqualität von Leistungen und die aufwendigen Dokumentationsanforderungen lassen DIN EN ISO 9000ff. als Qualitätsmanagementsystem für Kulturbetriebe 38

Ebd.

39

Siehe hierzu Bruhn 2006, S. 386f.

40 Vilain 2003, S. 26. 41

Zu den folgenden Elementen siehe ebd. und Bruhn 2006, S. 395.

42

Brakhahn/Vogt 1996, S. 21 und Merchel 2004, S. 63.

43

Vilain 2003, S. 29 und Merchel 2004, S. 63.

44 Merchel 2004, S. 63. 45

Ebd., S. 69.

46 Ebd., S. 70. 47

Vilain 2003, S. 30.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

als ungeeignet erscheinen. Sicherlich ließen sich die Arbeitsprozesse in den Werkstätten, in der Verwaltung und im Servicebereich mit diesem QM-System analysieren und verbessern. Bei den künstlerischen Arbeitsprozessen hingegen ist ein Verfahren, das die Arbeitsabläufe in ein enges Korsett von Normen presst, als kontraproduktiv zu bewerten. Qualitätsmanagement muss aber zwangsläufig ganzheitlich und einheitlich innerhalb des Betriebs angewendet werden. 3.3.2 Das EFQM-Modell Kultureinrichtungen benötigen aufgrund ihrer an ästhetischer Qualität ausgerichteten und vielschichtigen Arbeitsstrukturen und -prozessen ein offenes und gleichzeitig nachhaltiges Managementsystem der Organisationsentwicklung. Im Gegensatz zu DIN EN ISO 9000ff. bringt das EFQM-Modell Prozesse, Strukturen und Ergebnisse in eine Balance, bei der die einzelnen Normelemente eine unterschiedliche Gewichtung erfahren. Das hat den unschätzbaren Vorteil, dass die Organisation eine präzise Orientierung erhält, um Qualität zu managen. Die Offenheit seines integrativen Managementkonzepts zur Organisationsentwicklung ermöglicht, dass es alle Organisationen anwenden können.48 Das EFQM-Modell setzt darüber hinaus auf Nachhaltigkeit: »Exzellente Organisationen erzielen dauerhaft herausragende Leistungen, die die Erwartungen aller ihrer Interessengruppen erfüllen oder übertreffen.«49 Die European Foundation for Quality Management (EFQM) wurde 1988 von 14 führenden europäischen Unternehmen als gemeinnützige Organisation mit der Vision gegründet, die europäische Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen.50 Hierfür wurde das EFQM-Modell entwickelt, das für alle europäischen Organisationen ein allgemeingültiges und einheitliches Management-System verkörpert.51 Zusätzliche Werkzeuge für die Bewertung wie die Wegweiser-Karte, Bewertungsmatrix und ein Fragebogen ermöglichen die Selbstbewertung, Bewertung durch Dritte oder einen Vergleich mit anderen ähnlichen Organisationen (Benchmarking).52 Die offizielle Exzellenzüberprüfung erfolgt mittels des von der EFQM entwickelten »RADAR«-Systems.53 Es versteht sich als dynamisches Bewertungsinstrument, das die Ergebnisse an48

Zink 2004, S. 75.

49 EFQM 2009, S. 2. 50

EFQM 1999a, S. 3.

51

Ebd., S. 4.

52

Zur Wegweiserkarte und zur Bewertungsmatrix siehe EFQM 1999b, S. 32. Zur Fragebogenmethode siehe insgesamt EFQM 1999c.

53

EFQM 2009, S. 24.

87

88

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hand der Bewertungsmatrix überprüft. Es analysiert, ob die Ergebnisse der Bewertung im Managementprozess umgesetzt werden und zur Verbesserung der Leistungen führen. Die Anwendung der »RADAR«-Logik ermöglicht die Teilnahme an dem von der EFQM initiierten Europäischen Qualitätspreis.54

4. EFQM FÜR K ULTURBETRIEBE : D IE NORMATIVE KONZEPTENTWICKLUNG FÜR K ULTURQUALITÄTSMANAGEMENT (KQM) Das EFQM-Modell besteht aus neun Bewertungsbereichen, die sich in fünf Befähiger- und vier Ergebnis-Kriterien untergliedern, wobei jedem Kriterium ein bestimmter Prozentsatz zur Gewichtung für die Gesamtbeurteilung zugeordnet ist:55 »A. Befähigerkriterien •

Führung (10 %)



Mitarbeiter (10 %)



Strategie (10 %)



Partnerschaften und Ressourcen (10 %)



Prozesse, Produkte, Dienstleistungen (10 %)

B. Ergebniskriterien •

Mitarbeiterbezogene Ergebnisse (10 %)



Kundenbezogene Ergebnisse (15 %)



Gesellschaftsbezogene Ergebnisse (10 %)



Schlüsselergebnisse (15 %)«

Die Zusammensetzung der Kriterien lässt deutlich erkennen, dass hier ein ausbalanciertes, ganzheitliches Modell vorliegt, das sich »als Werkzeugkasten für die Verwirklichung von Total Quality Management«56 definieren lässt. Die Bewertungskriterien strukturieren nicht den chronologischen Arbeitsprozess des QM. Sie verkörpern vielmehr die Überprüfungsfolie, ob Maßnahmen ergriffen worden sind, die die Organisation zur Exzellenz befähigen, und ob sie sich in ihren Ergebnissen als exzellent erweisen.

54

Ebd., S. 3.

55

Siehe hierzu und im Folgenden EFQM 2009, S. 28.

56

Langnickel 2003, S. 40.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

4.1

Die EFQM-Kriterien für den exzellenten Kulturbetrieb

Bevor der konkrete Arbeitsablauf des Qualitätsmanagements thematisiert wird, ist es sinnvoll, alle Bewertungsgrundlagen von EFQM darzulegen, um zu dokumentieren, was gefordert wird und was im Arbeitsablauf des EFQMSystems zu berücksichtigen ist. Die einzelnen Kriterien werden zum besseren Verständnis im EFQM-Modell durch Unterkriterien erläutert. Sie verstehen sich als nicht verbindliche und auch nicht vollständige Anregungen, um eine exzellente Organisation zu gewährleisten.57 Sie werden im Folgenden auf Kulturbetriebe bezogen und auf konkret zu ergreifende Maßnahmen interpretiert. Mit dieser Adaption für den Kulturbereich wird die Grundlage für das Qualitätsmanagement von Kulturbetrieben geschaffen. Mit den für den Kulturbereich konkretisierten Kriterien des EFQM lassen sich konkrete Handlungsanweisungen gewinnen: 1) Führung a) »Führungskräfte entwickeln die Vision, Mission, Werte und ethische Grundsätze und sind Vorbilder« 58 •





Mission (Zweck und programmatisches Selbstverständnis) und Vision (die langfristigen Zielsetzungen) müssen von der Führung vorgegeben werden, um den Mitarbeitern Orientierung für ihre eigene Arbeit zu geben, aber vor allem um ihnen eine starke Motivation und Identifikation zu ermöglichen. Mission und Vision sind in Kultureinrichtungen selten schriftlich fixiert. Zum Start des QM sind diese von der Leitung schriftlich niederzulegen. Dieser Vorgang ermöglicht der Leitung eine zudem kritische Selbstüberprüfung, ob die zum Amtsbeginn in der Öffentlichkeit bekundete Programmatik und Zielsetzung gegenwärtig noch Bestand hat oder ob sie den aktuellen Anforderungen und Entwicklungen angepasst werden muss. In Arbeitsgruppen mit Mitarbeitern aus allen Abteilungen wird dann unter der Moderation der Führung ein Leitbild entwickelt. In diesem Prozess fließen ebenfalls die vom EFQM geforderten Werte der Arbeitsethik und des kollegialen Umgangs miteinander ein.

57

EFQM 2009, S. 9.

58

Ebd., S. 10. Die anschließende Darstellung zur Führung orientiert sich an den im EFQM-Modell dargelegten Erläuterungen.

89

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b) »Führungskräfte definieren, überprüfen und verbessern das Managementsystem und die Leistung der Organisation.«59 •













59

Die Führung verpflichtet sich zwangsläufig mit der Einführung des QM zur Organisationsentwicklung und trägt die Verantwortung für ihre Umsetzung. Sie muss den Nachweis führen, dass sie sich zum Ziel setzt, durch den Einsatz neuer Maßnahmen die Leistung der Organisation zu verbessern und »den Interessengruppen nachhaltigen Nutzen zu bieten«.60 Die Leitung wendet hierfür das strategische Managementsystem von Analyse, Planung, Umsetzung und Controlling an, um Effizienz und Effektivität zu garantieren. Qualitätsmanagement vollzieht konsequent diesen Arbeitsprozess und garantiert damit die geforderte Vorgehensweise. Für viele Manager mag dieser Arbeitsvollzug selbstverständlich sein. Im Kulturbetrieb zeigt sich jedoch, dass Entscheidungen oftmals subjektiv, willkürlich, intuitiv oder aufgrund vermeintlich kurzfristiger und notwendiger externer Anforderungen getroffen werden, ohne sich wirklich aller Konsequenzen bewusst zu sein. Die Vermeidung von Fehlern, von Verärgerung oder gar Vertrauensverlust von Interessengruppen lässt sich aber nur dann erreichen, wenn die Ausgangssituation hinreichend analysiert wird. Damit werden verlässliche Informationen zugrunde gelegt, um die richtigen Strategien zu planen und die Ausrichtung für die Verbesserungsmaßnahmen vorzugeben. Kultureinrichtungen zeichnen sich durch die permanente Produktion neuer Leistungen aus. Konzerthäuser, Theater, Literaturhäuser und Museen entwickeln für ihre Besucher kontinuierlich neue Kulturprodukte. Diese produktive Betriebsamkeit führt häufig dazu, dass die Evaluation durchgeführter Maßnahmen zu kurz kommt. Aus Erfolgen und Fehlern kann ich aber nur lernen, wenn ich im Nachhinein analysiere, was zum Erfolg oder was zum Scheitern geführt hat. Die Anwendung des Managementprozesses sorgt für die geforderte Transparenz von Entscheidungen. Das wiederum schafft Vertrauen und Identifikation bei den Interessengruppen. Die Leitung muss die Stärken und Schwächen ihrer Organisation kennen und dafür Sorge tragen, dass sich ihre Stärken entfalten können und ihre Schwächen minimiert werden.

Ebd. Die anschließende Darstellung zur Führung orientiert sich an den im EFQMModell dargelegten Erläuterungen.

60 Ebd.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung



Das wird erreicht durch die langfristige und auf Kontinuität angelegte Implementierung des QM.

c) »Führungskräfte befassen sich persönlich mit externen Interessengruppen« 61 •

• •





• •

61

Beziehungsmanagement zu den externen Interessengruppen wie Besuchern, Politikern, Partnern, Fördervereinen, anderen Organisationen und Institutionen, Sponsoren usw. sind für das Management von Kultureinrichtungen mittlerweile selbstverständlich. Das EFQM-Modell wie das QM generell verlangt aber, den Bedürfnissen und Erwartungshaltungen tatsächlich Rechnung zu tragen. Die Voraussetzung dafür ist, die externen Anforderungen zu ermitteln, um daraus weitere Handlungsorientierungen erhalten zu können. Eine weitere vorgeschlagene Hinwendung zu externen Interessengruppen ist ihre Beteiligung an neuen Ideen und Innovationen. In welcher Form diese Öffnung nach außen erfolgt, ist natürlich individuell zu prüfen. Sie kann indirekt durch die Orientierung an den Ergebnissen zum Beispiel von Besucherbefragungen erfolgen. Denkbar sind auch Veranstaltungsprojekte, bei denen Besuchergruppen aktiv beteiligt werden. Entscheidend ist letztlich, sich bewusst zu werden, dass eine reine Angebotsentwicklung ohne Berücksichtigung der Nachfrage kein qualitätsorientiertes Management sein kann. Gefragt wird darüber hinaus nach Kooperationen mit anderen Institutionen und Organisationen, um Synergien zu erzeugen. Besucherrückgang und gleichzeitige Etatkürzungen haben dazu geführt, dass zahlreiche Kultureinrichtungen mit anderen Einrichtungen und Organisationen – auch anderer Bereiche – bereits zusammenarbeiten, um gemeinsam neue Angebote zu entwickeln oder auch um sich gemeinsam in der Öffentlichkeit zur Imagesteigerung zu vermarkten. Wichtig ist für die EFQM-Bewertung, zu dokumentieren, dass die Einrichtung Partnerschaften eingeht, um die eigenen Leistungen zu verbessern. Die Öffnung gegenüber den externen Interessengruppen schließt die Transparenz des eigenen Tuns mit ein und verlangt nach seiner Dokumentation in Form von der Öffentlichkeit zugänglichen Rechenschaftsberichten. Das findet sich mittlerweile in vielen Kommunen in dem jährlich veröffentlichten Kulturbericht realisiert, in dem die Kultureinrichtungen Rechenschaft ablegen über Einnahmen und Ausgaben, Personalstand, Besucherauslastung sowie über die durchgeführten Maßnahmen, den damit Ebd. Die anschließende Darstellung zur Führung orientiert sich an den im EFQMModell dargelegten Erläuterungen.

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verbundenen Zielsetzungen und Erwartungen.62 Diese Kulturberichtsform kann als Vorbild dienen, falls Kulturbetriebe diese Dokumentation bislang nicht erstellen müssen. d) »Führungskräfte stärken zusammen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Organisation eine Kultur der Excellence.« 63 •

• •





Die strategische Umsetzung von Personalentwicklung fördert Motivation, Engagement und Eigenständigkeit der Mitarbeiter. Ein autoritärer Führungsstil mit starren, hierarchischen Befehlsstrukturen, wie er noch in vielen am öffentlichen Dienst orientierten Kultureinrichtungen anzutreffen ist, steht im deutlichen Gegensatz zur exzellenten Organisation.64 Will ich flexibel auf Veränderungen reagieren und sie managen, dann bedarf es motivierter und engagierter Mitarbeiter, die für ihr Handeln Verantwortung übernehmen und die ihnen zugewiesenen Entscheidungsspielräume optimal nutzen. Die Führung stellt sicher, dass das Potenzial ihrer Mitarbeiter voll ausgeschöpft wird. In Mitarbeiter- und Teamgesprächen müssen Vorgesetzte immer wieder überprüfen, ob die Mitarbeiter entsprechend ihrer Fähigkeiten eingesetzt sind, ob sie unter- oder überfordert sind. Die Förderung und Verbesserung der Leistungen von Mitarbeitern kann durch Schulungen, die Einführung von Anreiz-Systemen, individueller oder teambezogener Leistungsvereinbarungen und des betrieblichen Vorschlagswesens erreicht werden. Die Führung versucht die Organisationskultur so zu beeinflussen, dass eine Atmosphäre des Vertrauens und der Offenheit entsteht, um so die Identifikation der Mitarbeiter mit der Organisation und ihrer Arbeit zu fördern.

62 Siehe hierzu beispielsweise Stadt Mannheim (2008). Kulturbericht. www.mann heim.de/sites/default/files/page/11121/kulturbericht_2008.pdf (Zugriff: 1.3.2011). 63

EFQM 2009, S. 10f. Die anschließende Darstellung zur Führung orientiert sich an den im EFQM-Modell dargelegten Erläuterungen.

64 Vgl. Klein 2008, S. 129f.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

e) »Führungskräfte gewährleisten, dass die Organisation flexibel ist und Veränderungen effektiv gemanagt werden.«65 •



Durch die stringente Anwendung des QM erkennt die Führung rechtzeitig Veränderungsbedarf und passt dementsprechend Zielsetzungen und Arbeitsprozesse unter Einbeziehung der Interessengruppen an, um die Veränderungen erfolgreich umzusetzen. Die Führung sollte hierfür Change Management einführen, wodurch sie gewährleisten kann, dass Veränderungen in der Aufbau- und Ablauforganisation nicht am Widerstand der Mitarbeiter scheitern.66 Schnelles und zielgerichtetes Reagieren auf neue Anforderungen wird am besten durch eine lernende Organisation bewerkstelligt.

2) Strategie a) »Die Strategie beruht auf dem Verständnis der Bedürfnisse und Erwartungen der Interessengruppen und des externen Umfelds.« 67 •

65

Zur strategischen Ausrichtung von Verbesserungsmaßnahmen ist es entscheidend, regelmäßig Marktforschung68 (Befragungen, Beobachtungen und Auswertung sekundärer Quellen) und externe Situations- und Umfeldanalysen69 durchzuführen, um Veränderungsnotwendigkeiten frühzeitig erkennen zu können. Die Aufarbeitung von Informationsgrundlagen gehört zum wesentlichen Rüstzeug des Managements. Ihre Funktionen sind: Risiken rechtzeitig erkennen, Innovationen befördern, Intelligenz (Know-how) verstärken, Unsicherheit reduzieren, Lernprozesse in Gang setzen, relevante Informationen selektieren.70

EFQM 2009, S. 11. Die anschließende Darstellung zur Führung orientiert sich an den im EFQM-Modell dargelegten Erläuterungen.

66 Siehe hierzu insgesamt Zulauf 2010, S. 1-18. 67

Ebd., S.  12. Die anschließenden Ausführungen zur Strategie orientieren sich an den im EFQM-Modell dargelegten Erläuterungen.

68 Siehe allgemein zur Marktforschung im Non-Profit-Bereich Bruhn 2005, S.  120124. 69 Siehe allgemein zur Situationsanalyse im Non-Profit-Bereich ebd., S.  125-132 und zur Umfeldanalyse ebd., S. 144-147. 70

Siehe hierzu ebd., S. 109-112.

93

94

Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

b) »Die Strategie beruht auf dem Verständnis der eigenen Leistungen und Fertigkeiten.«71 •



Das eigene Leistungsniveau der Organisation wird beim Qualitätsmanagement kontinuierlich gemessen, um feststellen zu können, inwiefern die erarbeiteten Qualitätsziele wirklich umgesetzt werden. Das setzt voraus, dass zu Beginn die Stärken und Schwächen (interne Situation) analysiert worden sind.72 Leistungsvergleiche mit ähnlichen Organisationen (Benchmarking) unterstützen die interne Situationsanalyse.

c) »Die Strategie und unterstützende Leitlinien werden entwickelt, überprüft und aktualisiert.«73 • • • •

Die Strategien sind immer am Leitbild auszurichten. Für einzelne Arbeitsprozesse sind zusätzlich konkrete Zielsetzungen zu entwickeln. Kernkompetenzen und Erfolgsfaktoren müssen so eingesetzt werden, dass sie Vision und kurzfristige Zielsetzungen verwirklichen. Zur Prävention von Risiken und zur offensiven Strategiegestaltung müssen Zukunftsszenarien entwickelt werden. Strategien müssen der Anforderung von Nachhaltigkeit Rechnung tragen.

d) »Die Strategie und die unterstützenden Leitlinien werden kommuniziert und durch Pläne, Prozesse und Zielsetzungen umgesetzt.«74 • •



Die Umsetzung neuer Strategien erfordert die Abstimmung auf die Ablauf- und Aufbauorganisation. Dafür ist es notwendig, neue strategische Ausrichtungen intern zu kommunizieren. In dem Zusammenhang ist zu überprüfen, ob Leistungsvereinbarungen mit den Mitarbeitern angepasst werden müssen. Hierzu müssen kurz- und mittelfristige Ziele festgelegt werden. Veränderungsprozesse müssen ebenso extern kommuniziert werden. Wie den Mitarbeitern sollte auch den externen Interessengruppen erklärt werden, warum sich bestimmte Prozesse und Leistungen verändern. Dadurch lässt sich das Verständnis für einen Wandel und das Vertrauen gegenüber dem Kulturbetrieb steigern.

71

EFQM 2009, S. 12.

72

Zur internen Situationsanalyse siehe Bruhn 2005, S. 126.

73

EFQM 2009, S. 12.

74

Ebd.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

3) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter a) »Personalpläne unterstützen die Strategie der Organisation.« 75 •

• • •

Um Mission und Vision umsetzen zu können, muss festgelegt werden, welche Arbeitsqualifikationen und -kompetenzen für die jeweiligen Stellen notwendig sind. Dementsprechend sind Personalpläne zu entwickeln. Mitarbeiter sind in die Personalpolitik einzubeziehen. Das lässt sich am besten in Mitarbeitergesprächen realisieren. Fairness und Chancengleichheit müssen gewährleistet sein. Wesentliches Element der Personalpolitik ist die Mitarbeiterbefragung, mit der nicht nur Mitarbeitermotivation und -zufriedenheit zu überprüfen sind, sondern auch festgestellt werden kann, ob die Arbeitsbedingungen mit den Strategien der Personalpolitik übereinstimmen.

b) »Das Wissen und die Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden entwickelt.«76 • •



Personalentwicklung basiert im Wesentlichen auf dem Management von Zielvereinbarungen sowie der Fort- und Weiterbildung. In Mitarbeitergesprächen sind durch Vorgesetzte die Leistungen der Mitarbeiter zu beurteilen und Möglichkeiten zur Leistungsverbesserung zu vereinbaren. Für die Leistungsverbesserung ist sicherzustellen, dass Mitarbeiter die nötige Unterstützung, Informationen und Befugnisse erhalten.

c) »Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter handeln abgestimmt, werden eingebunden und zu selbstständigem Handeln ermächtigt.«77 •



Mission und Vision müssen im Bewusstsein der Mitarbeiter so stark verankert sein, dass sie ihr Handeln automatisch darauf abstimmen. Das wird erreicht durch eine intensive interne Kommunikation, in der immer wieder das Leitbild an konkreten Strategien thematisiert wird. In der Organisationskultur muss die Arbeitstugend verankert sein, dass Mitarbeiter selbstständig aus Eigenmotivation kreative und innovative

75

Ebd., S. 13. Die anschließenden Ausführungen zu Mitarbeiterinnen und Mitarbei-

76

Ebd., S. 13.

77

Ebd.

tern orientieren sich an den im EFQM-Modell dargelegten Erläuterungen (S. 13f.).

95

96

Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

• •

Ideen bei der Arbeit entwickeln, um die Leistung der Organisation zu verbessern und »um auf Herausforderungen rasch zu reagieren«.78 Der Aufbau einer lernenden Organisation schafft auch hierfür die optimalen Voraussetzungen. Die Mitarbeiter werden in den Arbeitsprozess von »Bewertung, Verbesserung und Optimierung der Effizienz und Effektivität«79 einbezogen. Diese Form der Mitarbeiterbeteiligung ist beim QM Standard. Eine aktive Unterstützung des QM-Verfahrens ist nur zu erreichen, wenn Mitarbeiter hier Mitverantwortung übernehmen und zu Agenten des QM werden. In der Praxis wird das neben der Schaffung von Anreiz-Systemen und neben der Schulung durch die Einbindung der Mitarbeiter in Qualitätszirkel sowie durch die Einführung des betrieblichen Vorschlagswesens erreicht.80

d) »Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommunizieren wirkungsvoll in der gesamten Organisation.« •



Die strategische Ausrichtung aller Arbeitsprozesse auf Leitbild und Qualitätsziele setzt voraus, dass sich alle Abteilungen miteinander vernetzen und ihre Verbesserungskriterien und -ergebnisse untereinander kommunizieren und aufeinander abstimmen. Das erfordert eine strategische interne Kommunikation, die eine Vielzahl von Medien für Dialog und Informationsübermittlung bereitstellt. Die Einbeziehung der Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse und die damit verbundene Notwendigkeit, die Zusammenhänge zu verstehen, sind nur durch eine intensive interne Kommunikation zu erreichen.81

e) »Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden belohnt, anerkannt und betreut.« •

Fürsorglichkeit gegenüber Mitarbeitern im Rahmen der Personalpolitik erfordert mindestens die strikte Anwendung und Einhaltung aller Gesetzesbestimmungen, die die Arbeitsverhältnisse regeln.

78

Ebd.

79

Ebd.

80 Zur Funktion der Qualitätszirkel siehe Bruhn 2005, S. 272. Zur Einführung des betrieblichen Vorschlagswesens innerhalb des EFQM-Modells siehe Zink 2004, S. 148ff. 81

Vgl. Meier 2002, S. 25.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

• •

Darüber hinaus schaffen exzellente Organisationen ein Arbeitsklima gegenseitiger Akzeptanz und Anerkennung. Sie gewährleisten »eine sichere und gesunde Arbeitsumgebung«.82

4) Partnerschaften und Ressourcen a) »Partner und Lieferanten werden zu nachhaltigem Nutzen gemanagt.« 83 •

Die Orientierung am Leitbild, die Schaffung einer Kultur des Vertrauens, der Offenheit und des gegenseitigen Respekts sowie die strategische Ausrichtung der Arbeitsprozesse an Qualitätskriterien sind ebenso auf Lieferanten und Partner anzuwenden, um nachhaltige Verbesserungen zu erreichen.

b) »Finanzen werden zum nachhaltigen Erfolg gemanagt.«84 •





Um Finanzen strategisch zu managen, ist es notwendig, »Planungs-, Controlling-, Reporting- und Überprüfungsprozesse zur effizienten und effektiven Nutzung der Ressourcen«85 einzusetzen. Die minimale Grundlage hierfür liefert die doppelte Buchführung (Doppik). Ihre drei wesentlichen Funktionen sind Kontrolle, Information und Wirtschaftlichkeitsprüfung, die sich auf die vier zentralen Bereiche Inventur, Inventar, Bilanz und Konten erstrecken.86 Die komfortabelste und ganzheitlichste Methode des Finanzcontrollings bietet sicherlich die Balanced Scorecard. Das von David Kaplan und Nolan Norton entwickelte Steuerungsinstrument ist ein Software gestütztes Punkte-Bewertungssystem, das neben den Finanzkenngrößen anspruchsgruppen-, prozess- und potenzialorientierte Kennzahlen miteinander verknüpft, um »Vision und Strategie der Non-Profit-Organisation in kontrollierbare Zielvorgaben zu übersetzen«.87 Bei der Neueinführung von QM ist allerdings hiervon abzuraten, da die Balanced Scorecard eine eigenständige, spezifische QM-Verfahrensweise darstellt, deren Einsetzung parallel zum EFQM zeitlich und personell nicht zu leisten ist.

82

EFQM 2009, S. 15.

83

Ebd., S. 15. Die anschließenden Ausführungen zu Partnerschaften und Ressourcen orientieren sich insgesamt an den im EFQM-Modell dargelegten Erläuterungen (S. 15f.).

84

Ebd.

85

Ebd.

86 Bachert 2005, S. 44 und 55. 87

Bruhn 2005, S. 491.

97

98

Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement



Für öffentlich subventionierte Kultureinrichtungen ist es unerlässlich, zur Vertrauens- und Imagefestigung gegenüber den Interessengruppen und der Öffentlichkeit insgesamt den sinnvollen Einsatz der Subventionen über Finanzcontrolling-Instrumente abzusichern und zu dokumentieren. Das ist überwiegend durch den Verwendungsnachweis gegenüber dem Subventionsgeber gewährleistet.

c) »Gebäude, Sachmittel und Material werden zur Unterstützung der Strategie nachhaltig gemanagt.« 88 •



Gefragt ist hier neben dem Gebäudemanagement der optimale, aber auch umweltschonende Einsatz von Sachmitteln. Während die Optimierung der Verwendung von Materialien im Arbeitsprozess des QM zu steuern ist, können Kulturbetriebe, auch wenn sie im Vergleich zu Produktionsstätten der Erwerbswirtschaft die Umwelt kaum belasten, ihren Beitrag zum Umweltschutz leisten. So sollten bei der Materialauswahl, der Energieversorgung, bei der Abfallentsorgung und beim Transportwesen die entsprechenden Umweltschutz-Richtlinien unbedingt eingehalten werden. Beim Management von Gebäuden, die in der Regel bei Kultureinrichtungen im Besitz der öffentlichen Hand sind, muss die Instandhaltung der Gebäude gewährleistet sein, was durch regelmäßige Überprüfung und durch Einrichtung eines Instandhaltungsetats zu gewährleisten ist. Oftmals scheuen Kulturinstitutsleiter anstehende Renovierungs- und Erneuerungsprojekte, um den Etat nicht zu belasten oder um die Beeinträchtigung des Veranstaltungsbetriebs zu vermeiden. Dieses Verhalten widerspricht allerdings dem Gebot der Nachhaltigkeit. Letztlich ist die Öffentlichkeit Eigentümer der Gebäude. Ihr gegenüber hat die Organisation die Verantwortung, mit dem öffentlichen Besitz verantwortungsvoll und sachgerecht umzugehen, damit er auch von nachfolgenden Generationen genutzt werden kann.

d) »Technologie wird gemanagt, um die Realisierung der Strategie zu unterstützen.« • •

88

Mit dem Einsatz technischer Instrumente und EDV-Systeme lassen sich Arbeitsprozesse rationalisieren und optimieren. Die optimale Technologie-Anwendung setzt voraus, dass die Organisation über den Entwicklungsstand neuer Technologien informiert ist. EFQM 2009, S. 15.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung



Aufgabe der Organisation ist es, kontinuierlich zu prüfen, ob neue Instrumente und Systeme angeschafft werden müssen und können, um die Leistungen zu verbessern sowie Kreativität und Innovation zu fördern.

e) »Informationen und Wissen werden gemanagt, um die effektive Entscheidungsfindung zu unterstützen und um die Fähigkeiten der Organisation aufzubauen.« •





Angesichts der rasanten Entwicklung der Informationsgesellschaft erlangt Wissensmanagement eine zentrale Funktion, um den sich genauso rasant verändernden Herausforderungen gewachsen zu sein. Führungskräfte müssen hierfür die relevanten Informationen kontinuierlich aufbereiten, sie auf die mögliche Anwendbarkeit überprüfen und sie den Mitarbeitern kommunizieren, um Verbesserungsprozesse ermöglichen zu können. Das Wissensmanagement und die Informationsverarbeitung sollten zukunftsorientiert sein, um Prognosen und mögliche Zukunftsszenarien entwickeln zu können.

5) Prozesse, Produkte und Dienstleistungen a) »Prozesse werden entwickelt und gemanagt, um den Nutzen für die Interessengruppen zu optimieren.«89 •



QM ist anzuwenden, um »aussagekräftige Prozessleistungsindikatoren und Ergebnismessgrößen«90 zu entwickeln, die sich am Leitbild orientieren müssen. Die im QM-Prozess ermittelten Qualitätskriterien werden zur strategischen Ausrichtung eingesetzt, um Verbesserungen und Innovation im Leistungsprozess zu realisieren.

b) »Produkte und Dienstleistungen werden entwickelt, um optimale Werte für Kunden zu schaffen.« •

»Marktforschung, Kundenbefragungen und andere Formen der Rückmeldungen« werden eingesetzt, um kundenorientierte Verbesserungen zu er-

89 Ebd., S.  17. Die anschließenden Ausführungen zu Prozessen, Produkten und Dienstleistungen orientieren sich insgesamt an den im EFQM-Modell dargelegten Erläuterungen (S. 17f.). 90 Ebd.

99

100

Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement





reichen.91 Gefordert sind hier von den Kulturbetrieben regelmäßig durchzuführende Besucherbefragungen, aber auch die Auswertung sekundärer Quellen wie zum Beispiel die von Fachverbänden (z.B. dem Zentrum für Kulturforschung, dem Deutschen Museumsbund oder Deutschen Bühnenverein) durchgeführte Publikumsforschung zu unterschiedlichen Fragestellungen und für unterschiedliche Sparten. Darüber hinaus lassen sich durch Publikumsveranstaltungen Kundenbedürfnisse und -erwartungen ermitteln. Nicht zuletzt bietet ein offensives Beschwerdemanagement die Möglichkeit, die Kundenzufriedenheit kontinuierlich zu messen. Bei der Entwicklung neuer Leistungen für das bestehende Publikum oder für neue Besucherkreise werden die Interessengruppen einbezogen. Wie schon unter 1.c) dargelegt, müssen die Ergebnisse der Publikumsforschung bei der Entwicklung des Kulturprogramms berücksichtigt werden. Es geht hier keineswegs um die Ausrichtung am Massengeschmack. Leitbild, Kulturauftrag und Besuchererwartungen müssen aber miteinander abgeglichen werden, um nachfrageorientierte Angebote zu entwickeln. Besonders bei neuen Angeboten für neu zu erschließende Besuchergruppen ist offensichtlich, dass Kultureinrichtungen sehr genau analysieren müssen, welche Erwartungshaltungen bei potenziell Interessierten vorherrschen. Will ich beispielsweise ein neues Programm-Profil für Jugendliche anbieten, so macht es durchaus Sinn, Jugendliche am Projekt mitwirken zu lassen. Bei der Erstellung neuer Leistungen muss »die wirtschaftliche, gesellschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit«92 gewährleistet sein.

c) »Produkte und Dienstleistungen werden effektiv beworben und vermarktet.« •





91

Die Vermarktung der Kulturangebote zielt nicht einseitig darauf ab, angebotsorientiert die Inhalte der Leistungen zu vermitteln, sondern richtet sich an den Interessengruppen aus, indem sie die Nutzen der Angebote für die Zielgruppen thematisiert. Die Marketingstrategien sollten die Kernkompetenzen und Alleinstellungsmerkmale der Kulturorganisation verdeutlichen, um Image und Vertrauen zu intensivieren. Die Kulturangebote müssen effektiv und intensiv vermarktet werden, um das bestehende Publikum und potenziell Interessierte zu erreichen. Aufgrund der nachlassenden Bindungskraft und der bedrohten Legitimation von Kulturbetrieben hat sich in den letzten Jahren das Kulturmarketing Ebd.

92 Ebd.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung



deutlich professionalisiert. Die deutlich wahrzunehmende Kundenorientierung muss sich hier weiterentwickeln, um mit zielgruppenorientierter Kommunikation Besucher direkter anzusprechen, als es durch herkömmliche Massenwerbung erreicht werden kann Anders als es in der Konsumwerbung immer wieder der Fall ist, muss ein exzellentes Marketing sich dazu verpflichten, die in der Kommunikationspolitik bekundeten Versprechen auch wirklich einzulösen.

d) »Produkte werden erstellt, geliefert und gemanagt, um den laufenden Erfolg der Organisation zu sichern.«93 •









Die Produkte und Leistungen erfüllen nachhaltig die versprochenen Qualitätsstandards, die aus objektiven Eigenschaften und Kundenerwartungen resultieren. Erreicht wird das, wie gezeigt werden wird, über den QM-Prozess von Analyse, Planung, Umsetzung und Evaluation. Über die Analyse und Festlegung von Qualitätskriterien werden Qualitätsstrategien entwickelt, anhand derer sich Qualitätsgrundsätze und Qualitätsziele ableiten lassen, die dann wiederum in der Qualitätslenkung realisiert werden. Die Mitarbeiter werden durch Informationsvermittlung, Kompetenzförderung und Zurverfügungstellung der geeigneten Mittel in die Lage versetzt, den Nutzen der Leistungen für Kunden zu optimieren. Das Management orientiert sich bei der Leistungserstellung an vorbildlichen Organisationen durch Benchmarking, »um optimalen Wert für Kunden zu schaffen«.94 Bei der Optimierung von Qualität werden die Interessengruppen eingebunden. Diese Anforderung bildet eine der Grundprämissen von QM.

e) »Kundenbeziehungen werden gemanagt und vertieft.« 95 •



93

Gefordert ist ein Kundenbindungsmanagement, das die verschiedenen Bedürfnisse und Erwartungen von Besuchergruppen ermittelt, auf sie reagiert und sie in die Leistungserstellung einfließen lässt. Seine wesentliche Grundlage ist die interaktive Kommunikation mit Kunden, um Vertrauen, Zufriedenheit, Loyalität und Bindung aufzubauen.96

Ebd.

94 Ebd. 95

Ebd., S. 18.

96 Siehe Bruhn/Homburg 1998, S. 9.

101

102

Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

6) Kundenbezogene Ergebnisse a) »Wahrnehmungen« 97 •



Die Messergebnisse aus der umfangreichen Analyse der Bedürfnisse und Erwartungen von Kunden werden vom Management ausgewertet, um positive Veränderungen in der Kundenwahrnehmung nachweisen zu können. Aspekte der Kundenwahrnehmung können sein: »Reputation und Image«98, Qualität der Angebote, die Qualität von Kundenservice und Beziehungsmanagement, »Kundenloyalität und Engagement«99.

b) »Leistungsindikatoren«100 •

• •

Die internen Kennzahlen der Leistungserstellung geben Aufschluss darüber, was zur Leistungsverbesserung geführt hat. Sie müssen dokumentiert und im Arbeitsprozess manifestiert werden, um sicherzustellen, dass die Kundenzufriedenheit auch zukünftig gewährleistet werden kann. Die Indikatoren liefern ein klares Verständnis von Effizienz und Effektivität der Leistungserstellung. Diese Aspekte beziehen sich ebenfalls auf Leistungserbringung, Kundenservice und externe Beurteilung.

7) Mitarbeiterbezogene Ergebnisse a) »Wahrnehmungen«101 •

97

Die Messergebnisse aus der umfangreichen Analyse (Fragebogen, Team-, und Einzelgespräche) von Bedürfnissen und Erwartungen der Mitarbeiter werden vom Management ausgewertet, um positive Veränderungen in der Mitarbeiterwahrnehmung nachweisen zu können. Die Ergebnisse geben Aufschluss über die Effektivität der Personalpolitik. EFQM 2009, S. 19. Die anschließenden Ausführungen zu kundenbezogenen Ergebnissen orientieren sich insgesamt an den im EFQM-Modell dargelegten Erläuterungen (S. 19).

98 Ebd. 99 Ebd. 100 Ebd. 101 Ebd., S. 20. Die anschließenden Ausführungen zu mitarbeiterbezogenen Ergebnissen orientieren sich insgesamt an den im EFQM-Modell dargelegten Erläuterungen (S. 20).

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung



Die Aspekte der Mitarbeiterwahrnehmung beziehen sich auf »Zufriedenheit, Beteiligung und Engagement«,102 Identifikation, Führungsverhalten, »Training und Karriereentwicklung«, »effektive Kommunikation, Arbeitsbedingungen«.

b) »Leistungsindikatoren«103 •



Die internen Kennzahlen zur Leistungsbeurteilung können durch den Soll-Ist-Abgleich von Leistungsvereinbarungen und tatsächlich erbrachten Leistungen bereitgestellt werden. Die Analyse-Ergebnisse müssen bewertet werden und in Strategien einmünden, um die kontinuierliche Verbesserung der Mitarbeiterleistungen zu gewährleisten. Ihre Aspekte beziehen sich ebenfalls auf Involvement, Kompetenz, Lernentwicklung und interne Kommunikation.

8) Gesellschaftsbezogene Ergebnisse a) »Wahrnehmungen«104 •



Die externen Messergebnisse, die aus der Auswertung von »Umfragen, Berichten, Presseartikeln, öffentlichen Veranstaltungen« und den Verlautbarungen von »Nichtregierungsorganisationen, Vertretern der Öffentlichkeit und Regierungsbehörden«105 resultieren, zeigen, inwiefern die Organisation die umfeldbezogenen, gesellschaftlichen und ökologischen Anforderungen erfüllt hat. Die Beurteilungskriterien können sein: Einfluss auf die Umwelt und auf die Gesellschaft, Image, »Auszeichnungen und Medienberichterstattung«.106

b) »Leistungsindikatoren«107 •

Die Kennzahlen der Umwelt- und Gesellschaftspolitik vermitteln das Verständnis, wie effektiv die Strategien eingesetzt worden sind. Ihre Bewer-

102 Ebd., wie auch die im Absatz folgenden Zitate. 103 Ebd. 104 Ebd., S. 21. Die anschließenden Ausführungen zu gesellschaftsbezogenen Ergebnissen orientieren sich insgesamt an den hier dargelegten Erläuterungen (S. 21). 105 Ebd. 106 Ebd. 107 Ebd.

103

104

Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement



tung bildet wiederum den Ausgangspunkt zur Verbesserung der Leistungen. Ihre Beurteilungskriterien sind die einzelnen umgesetzten Umweltleistungen, die Einhaltung von Umweltvorschriften, die Gewährleistung von Gesundheit und Sicherheit, die Leistungen, die die Gesellschaft positiv beeinflussen und die »ethische Verantwortung bei Lieferquellen und Beschaffungsbedingungen«.108

9) Schlüsselergebnisse a) »Erfolgsmessgrößen« 109 •



Die gesamten finanziellen und nicht-finanziellen Ergebnisse werden mit den im QM aufgestellten Qualitätskriterien abgeglichen. Die Evaluationsergebnisse bilden die Grundlage für die Nachjustierung der Strategien, um nachhaltig Verbesserungen zu erreichen. Die Aspekte der Erfolgsmessgrößen sind: »finanzielle Ergebnisse, Budgeteinhaltung, Leistungsmenge« der Angebote und das »Ergebnis der Schlüsselprozesse«.110

b) »Schlüsselleistungsindikatoren«111 • •

4.2

Die Indikatoren messen die operativen Leistungen einer Organisation. Ihre Kriterien umfassen die Qualität des Managements von Finanzen, Schlüsselprozessen, Partnern und Lieferanten sowie von »Technologie, Information und Wissen«.112 Der Maßnahmenkatalog zur Erfüllung der EFQM-Kriterien

Als Zusammenfassung und zur besseren Übersicht werden im Folgenden, die in der Kommentierung der neun EFQM-Kriterien bereits benannten Maßnahmen zur Erreichung der Exzellenz in der chronologischen Reihenfolge des Managementprozesses von Analyse, Planung, Umsetzung und Controlling dargestellt. Der Maßnahmenkatalog bietet damit gleichzeitig 108 Ebd. 109 Ebd., S. 22. Die anschließenden Ausführungen zu Schlüsselergebnissen orientieren sich insgesamt an den im EFQM-Modell dargelegten Erläuterungen (S. 22). 110 Ebd. 111

Ebd.

112 Ebd.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

eine Handlungsorientierung für die vorzunehmende Auf bau- und Ablauforganisation des Qualitätsmanagements für Kulturbetriebe: 1) Analyse Intern: •

• • • • • • •

Analyse der Schlüsselprozesse: Auflistung objektiver Qualitätsmerkmale, die unabhängig von der Beurteilung durch die Interessengruppen auf notwendigen Voraussetzungen und objektiven Gegebenheiten basieren Mitarbeiterbefragung: Fragebogen-Aktion, Einzel- und Teamgespräche, um Bedürfnisse und Erwartungen zu ermitteln Einführung des betrieblichen Vorschlagswesens Analyse der Organisationskultur Situationsanalyse: Stärken und Schwächen der Organisation bezogen auf ihre Ressourcen und Angebote ermitteln Benchmarking Analyse der Umweltschutzanforderungen und Aufzeigen bereits bestehender Maßnahmen Überprüfung, ob neue Technologien zur Leistungsverbesserung anzuschaffen sind

Extern: •

• •

• • • •

Publikumsforschung: Besucherbefragung und Auswertung der Daten bereits vorhandener Publikumserhebungen zur Analyse der Kundenbedürfnisse und -erwartungen Situationsanalyse: Die Chancen und Risiken der Leistungserstellung im Hinblick auf die gegenwärtige Marktsituation Analyse bestehender Partnerschaften und Lieferantenbeziehungen unter dem Aspekt der Leitbildorientierung sowie der ökologischen und gesellschaftlichen Angemessenheit Analyse der Medienresonanz Analyse der Umweltschutzbestimmungen, die für die Organisation relevant sind Definition der gesellschaftlichen Anforderungen an die Organisation auf der Grundlage von Verträgen und kulturpolitischen Bestimmungen Bewertung von Verlautbarungen von öffentlichen Behörden, Politikern, offiziellen Interessenvertretern usw. zur gesellschaftlichen Funktion und Verantwortung der Organisation

105

106

Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

2) Planung • • • • • • •

• • •

Festlegung von Mission und Vision Leitbild-Entwicklung Aufstellen von Qualitätskriterien, -grundsätzen und -zielen, die durch die externe und interne Analyse gewonnen worden sind Strategieplanung zur Einführung der internen Kommunikation Planung der strategischen Beeinflussung der Organisationskultur zur Ausrichtung ans QM Voraussetzungen schaffen für eine lernende Organisation Planung der Personalentwicklung: Ausarbeitung von Personalplänen mit klar definierten Leistungsbeschreibungen und zukunftsorientierten Entwicklungspotenzialen, Recherchieren von geeigneten Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, Schaffung von Leistungsanreizen Strategiefestlegung für das Kundenbindungsmanagement Strategiefestlegung für das Finanzcontrolling sowie für das Material- und Gebäudemanagement Planung zur Realisierung von Umweltschutzmaßnahmen

3) Umsetzung • • •

• •

Verbesserung der Leistungserstellung durch die Umsetzung aller ausgearbeiteten Qualitätsstrategien Entwicklung einer starken Organisationskultur mit dem Ziel, sich zur lernenden Organisation zu entwickeln Personalentwicklung: - Kommunikation der Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung - Realisierung des Anreiz-Systems - Durchführung von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen - Umsetzung des betrieblichen Vorschlagswesens - Anwendung der Qualifikationsanforderungen bei Bewerbungsverfahren - Einführung von Medien der internen Kommunikation zur Stärkung der Organisationskultur und zur Internalisierung des Leitbilds Kontinuierliches Ressourcen-Controlling (effizientes Management der Finanzen, des Materialeinsatzes, der Instandhaltung von Gebäuden) Beziehungsmanagement gegenüber den externen Interessengruppen: - Besucherorientierung: Interaktive Kommunikation, Maßnahmen zur Service- und Kundenorientierung, Erstellen neuer Angebote zur Akquise neuer Besuchergruppen, Durchführung von Kundenbindungsmaßnahmen, Einbeziehung der Kunden in die Angebotsentwicklung

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

-

• •

Eingehen von Partnerschaften und Kooperationen mit anderen Organisationen - Veröffentlichung von Jahresberichten - Zielgruppenorientiertes und intensives Marketing - Leitbildorientiertes und nachhaltiges Management der Lieferantenbeziehungen Umsetzung der Umweltschutzbestimmungen Erfüllung gesellschaftlicher Anforderungen

4) Controlling •

Evaluation der mitarbeiter-, kunden-, und gesellschaftsbezogenen Ergebnisse

Das EFQM-Modell liefert Standards zur Qualitätsbewertung, 113 die sich, wie der Katalog zeigt, in Maßnahmen zur Organisationsentwicklung übertragen lassen. Die erfolgreiche Umsetzung der hier im Katalog genannten Maßnahmen bietet die Garantie dafür, dass die Organisation alle EFQM-Kriterien erfüllt. Das EFQM-Modell liefert de facto nur die Exzellenz-Kriterien und eine Bewertungsmatrix, mit der Organisationen sich selbst bewerten können. Diese Offenheit des Konzepts ermöglicht die Anwendung auf alle Organisationsbereiche. Somit zeigt die EFQM keinen »One-best-way« auf und trägt dem Umstand Rechnung, »dass es viele Vorgehensweisen gibt, um hervorragende Qualität zu erreichen«. 114 Der Qualitätsmanagement-Prozess von Kultureinrichtungen ist individuell entsprechend der eigenen Voraussetzungen zu gestalten. Hierfür weisen die Management-Literatur und die Unternehmenspraxis zahlreiche Verfahrensweisen auf, die es so auszuwählen und auf die Besonderheiten des Kulturbereichs zu übertragen gilt, dass sie für Kulturbetriebe eine nachhaltige Verbesserung ihrer Leistungen ermöglichen. Der Marketing-Experte Manfred Bruhn hat in seinem Standardwerk Qualitätsmanagement für Dienstleistungen den Qualitätsmanagementprozess anhand der Thematisierung aller relevanten Verfahrensweisen komplex und mustergültig aufgearbeitet. Darüber hinaus hat er auf dieser Grundlage in seinem Werk Marketing für Nonprofit-Organisationen die QM-Instrumente auf den Non-Profit-Bereich übertragen.115 An seinen Ausführungen in beiden Werken wird sich die folgende Ausarbeitung des konkreten Arbeitsprozesses des Kulturqualitätsmanagements überwiegend orientieren. 113

Merchel 2004, S. 75.

114 Langnickel 2003, S. 45. 115

Bruhn 2005, S. 229-291.

107

108

Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

Der Prozess des Qualitätsmanagements für Kulturbetriebe (KQM) Strategische Organisationsgrundlagen Einsetzung externer Berater und eines internen QM-Beauftragten

Einführung der internen Kommunikation

LeitbildEntwicklung

Qualitätsanalyse Dokumentation bestehender objektiver Leistungs- und Qualitätsstandards Besucherorientierte Messungen

Organisationsinterne Messungen

Objektive Verfahren: Expertenbeobachtung u. Silent Shopper

Managementorientiert: z.B. FMEA u. Benchmarking

Subjektive Verfahren: z.B. Besucherbefragung u. Beschwerdemanagement

Mitarbeiterorientiert: z.B. Vorschlagswesen u. Mitarbeiterbefragung

Qualitätsplanung Qualitätsposition Ergebnisse der SWOT-Analyse

Q.-Strategien Zielkategorien, Marktsegmentierung, Marktfeldstrategien, Marktteilnehmerstrategien

Qualitätsgrundsätze

Qualitätsziele

Allgemeine Qualitätsforderungen

Konkretisierte Qualitätsforderungen

Qualitätslenkung (Umsetzung) MitarbeiterInstrumente

KulturInstrumente

OrganisationsInstrumente

Personalauswahl, Personalentwicklung, Anreizsysteme

Verankerung der Qualitätsziele in die Organisationskultur

Optimierung der Aufbauund Ablauforganisation

Qualitätscontrolling mithilfe der Bewertungsmatrix des EFQM-Modells

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

5. VORAUSSETZUNGEN , R AHMENBEDINGUNGEN UND S TART DES KQM Bevor der eigentliche Arbeitsprozess des KQM startet, müssen im Vorfeld innerhalb der Führung Rahmenbedingungen geschaffen und Entscheidungen getroffen werden, um einen reibungslosen Start des KQM zu gewährleisten. Auch wenn das Qualitätsmanagement als dauerhafter Prozess die Organisation steuern und lenken soll, ist es bei der erstmaligen Anwendung notwendig, die Methodik des Projektmanagements einzusetzen, um den erforderlichen Aufwand richtig einschätzen zu können und um den Überblick über die komplexen Verfahrensweisen nicht zu verlieren. Die Koordination aller Verfahrensweisen erfordert eine strategisch ausgerichtete, intensive Kommunikation unter den Beteiligten. Eine strategisch verankerte interne Kommunikation dürfte in den meisten Kultureinrichtungen nicht anzutreffen sein, weshalb ihre Etablierung hier behandelt wird. Das trifft ebenfalls für das Leitbild zu, das eine wesentliche Voraussetzung für Qualitätsmanagement ist und dementsprechend ebenfalls vor dem eigentlichen Start zu installieren ist. 5.1

Die Projektplanung sowie die Installation externer Berater und eines internen Qualitätsbeauftragten

Zunächst muss das Management im Sinne des Total Quality Management uneingeschränkt dazu bereit sein, die Verantwortung und die Steuerung des gesamten Verfahrens zu übernehmen sowie die Vorbildfunktion anzunehmen. KQM ist ein langfristiger und auf Kontinuität angelegter Arbeitsprozess zur Organisationsentwicklung. Das Management muss alles daran setzen, die erforderlichen Maßnahmen zu realisieren, und hat dafür Sorge zu tragen, dass die notwendigen Finanz-, Zeit- und Personalkapazitäten zur Verfügung stehen. Das setzt im Vorfeld eine Projektplanung voraus, die Kosten-, Personal- und Zeitaufwand abschätzt. Der Aufwand für folgende Maßnahmen ist zu berücksichtigen:116 • • •

Informationsvermittlung im Plenum und in Teamgesprächen QM-Schulungsmaßnahmen Analyseverfahren (Fragebogen-Aktion, Beobachtungen, Interviews)

116 Zu den folgenden Maßnahmen vgl. Zink 2004, S. 327. Zink listet allerdings nur die Aspekte auf, die den engeren Bewertungsprozess des EFQM-Modells betreffen und berücksichtigt nicht den Planungs- und Umsetzungsprozess, der aber ebenfalls ressourcenrelevant ist.

109

110

Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

• • • • •

Evaluation der Ergebnisse Arbeit von Projektgruppen (Qualitätszirkeln) Koordination des QM Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen Einsatz externer Berater

Wenn das Management bislang QM nicht praktiziert hat, macht es Sinn, externe Berater hinzuzuziehen, die besonders auf das EFQM-Modell spezialisiert sind und dementsprechend den Ressourcen-Aufwand einschätzen können. Darüber hinaus sollten externe Berater im Vorfeld das Management schulen, ihm die Grundlagen des EFQM-Modells und der damit verbundenen QM-Maßnahmen vermitteln. Externe Berater müssen nicht den gesamten Prozess begleiten, sollten aber in verschiedenen Arbeitsphasen, wie bei der Einführungsveranstaltung, der Planung und Auswertung von Befragungen und vor allem bei Schwierigkeiten, das QM steuern helfen.117 Die Führung sollte ebenfalls schon vorab einen Qualitätsbeauftragten innerhalb der Organisation auswählen, der die Koordination des QM übernimmt. Der ausgewählte Mitarbeiter muss vorab intensiv für das QM qualifiziert werden und sollte möglichst kein Leitungsmitglied sein, um eine höhere Akzeptanz bei der Belegschaft zu erreichen.118 Die Einsetzung eines Qualitätsbeauftragten dokumentiert, wie hoch das Vorhaben vom Management in der Organisation angesiedelt ist. Er ist vor allem der Garant dafür, dass die Organisationsentwicklung kontinuierlich vorangetrieben wird: »Die spezifische personelle Verankerung einer Aufgabe schafft einen kontinuierlich wirksamen Motor für Qualitätsentwicklung«.119 5.2

Die Etablierung der internen Kommunikation

Für die interne Akzeptanz und Verankerung des KQM im Bewusstsein aller Mitarbeiter, aber auch für die dafür notwendige Vernetzung der Abteilungen und damit verbunden für die Informationsübermittlung der verschiedenen Arbeitsergebnisse, ist eine intensive und strategisch ausgerichtete Kommunikation wesentliche Voraussetzung. 120 Sie sollte noch vor dem Beginn des QM etabliert werden, um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen. Nicht zuletzt ist sie ein wichtiges Instrument der Mitarbeiterorientierung und ist gleichzeitig ein EFQM-Kriterium, das es umzusetzen gilt. In Kulturbetrie117

Siehe auch Zink 2004, S. 330.

118 Merchel 2004, S. 160. 119 Ebd. 120 Vgl. Bruhn 2006, 510f.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

ben ist interne Kommunikation, die verschiedene Medien zum Auf bau von Vertrauen und Identifikation bei den Mitarbeitern strategisch einsetzt, wie bereits erwähnt, eher selten anzutreffen. Deswegen werden an dieser Stelle ihre Grundlagen, Prinzipien und Methoden skizziert, um ihre Etablierung zu erleichtern. Interne Kommunikation ist ein strategisches Führungsinstrument, das die allgemeine Funktion hat, Leitbild, kurzfristige Zielsetzungen, neue Aufgaben und Strategien den Mitarbeitern zu vermitteln.121 Ihre mittel- bis langfristige Zielsetzung ist es, Mitarbeiter in die Organisation einzubinden und »mitzunehmen«. Zweifelsohne liegt sie im Verantwortungsbereich der Leitung. Der Aufgabenbereich sollte sinnvollerweise der Kommunikationsabteilung übertragen werden, wobei zu beachten ist, dass die erforderliche Mehrarbeit personell und zeitlich zu bewältigen ist. Die interne Kommunikationsstelle arbeitet eng mit der Leitung zusammen. Sie: • • • •

nimmt an den Leitungssitzungen teil berät die Leitung in allen Kommunikationsbelangen stimmt die Kommunikationsstrategien mit der Leitung ab und wird bei Entscheidungen beteiligt122

Die wichtigsten Grundsätze der internen Kommunikation, die den Erfolg ihrer Arbeit garantieren, sind:123 • • • • • •

Glaubwürdigkeit und Vertrauen schaffen offene und ehrliche Auseinandersetzung klare und verständliche Kommunikation Aktualität Kontinuität Schwerpunktsetzung auf Dialog

Bei der Einführung sind zunächst im Analyseschritt die Kommunikationsziele gemeinsam mit der Leitung festzulegen und die internen Zielgruppen zu identifizieren.124

121 Schick 2005, S. 9. 122 Ebd., S. 64. 123 Zu den folgenden Grundsätzen siehe ebd., S. 12f. 124 Meier 2002, S. 173.

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Allgemeine strategische Ziele der internen Kommunikation sind: 125 • • • •

mentale Veränderungen bei Mitarbeitern Mitarbeitermotivation Mitarbeiterzufriedenheit Kundenbewusstsein

Die taktischen Ziele umfassen:126 • • •

Verbesserung des Know-how der Mitarbeiter Akzeptanz des Organisationszwecks, der Organisationsziele und -strategien Einstellung und Verhalten der Führungskräfte

Im Rahmen der Planung sind Kommunikationsstrategien festzulegen, mit denen die Positionierung, die Inhalte und die Medienstruktur definiert werden.127 Entsprechend der Finanz-, Zeit- und Personalressourcen können folgende Instrumente eingesetzt werden:128 1) Informationsorientierte Medien als one-way-communication • • • • • • • •

Aushang Rundschreiben (Brief oder E-Mail) Mitarbeiterzeitung Intranet Jahresbericht Richtlinien Manuals Vollversammlungen

2) Dialogorientierte Medien • • •

Einzel- und Teamgespräche Social Events (z.B. Betriebsfeier und Betriebsausflug) Seminare und Kurse

125 Zu den folgenden strategischen Zielen siehe Bruhn (Hg.) 1999, S. 28ff. 126 Zu den folgenden taktischen Zielen siehe ebd. 127 Ebd. 128 Zur folgenden Auflistung der Medien siehe Schick 2005, S. 138.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

• •

informelle Gespräche ohne bestimmten Anlass internes Web 2.0-Forum (social media)

Die Einführungsveranstaltung, in der das KQM-Projekt im Plenum verkündet wird, kann gleichzeitig als Kick-off der internen Kommunikation genutzt werden. Die interne Kommunikationsstelle sorgt dann im weiteren Arbeitsverlauf des KQM dafür, dass Qualitätskriterien, -strategien und Zwischenergebnisse des KQM-Prozesses dokumentiert und allen Mitarbeitern kommuniziert werden. 5.3

Die Festlegung von Mission, Vision und die Entwicklung des Leitbilds

Die über die Analyseverfahren vorzunehmende Qualitätsdefinition muss am Leitbild ausgerichtet werden. Leitbilder dienen der Motivation und Identifikation der Mitarbeiter.129 Sie bilden eine wesentliche Grundlage für die Mitarbeiterorientierung und -bindung. Gleichzeitig befördern sie die Flexibilität der Organisation und erhöhen die Fähigkeit, auf veränderte Situationen zu reagieren: Erst wenn unter den Mitarbeitern ein Einverständnis über das Selbstverständnis der Organisation besteht, können alle Beteiligten gemeinsam wirksame Veränderungen durchführen. 130 Darüber hinaus dient das Leitbild als »Informations- und Legitimationsinstrument« gegenüber den externen Anspruchsgruppen.131 Es gibt der Öffentlichkeit Aufschluss darüber, was Auftrag, Anspruch und Zielsetzung der Organisation sind und woran sich ihre Leistungen (Veranstaltungen und Programme) messen lassen müssen. So kann das Leitbild beispielsweise eine perfekte Grundlage für die künftig zu erwartenden Zielvereinbarungen zwischen Politik und Kultureinrichtung sein.132 Angesichts der Ausweitung einer aktivierenden Kulturpolitik ist die Etablierung eines Leitbilds eine der dringlichsten Maßnahmen des aktivierenden Kulturmanagements. Wenn der Kulturbetrieb bislang kein Leitbild schriftlich fixiert hat, dann sollte das im Vorfeld des KQM von der Leitung nachgeholt werden. Die Festlegung von Mission (Auftrag, Zweck und Selbstverständnis) und Vision (langfristige Zielsetzungen) liegen zunächst in der Verantwortung des Managements. Es ist dafür verantwortlich, dass die Organisation eine effiziente und effektive Ausrichtung bekommt, die von allen Interessengruppen akzeptiert 129 Knaup 2006ff, D 1.7, S. 4. 130 Ebd., S. 15. 131

Ebd., S. 16.

132 Ebd.

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werden kann und die die Existenz des Kulturbetriebs langfristig sichert. Die konkrete Ausgestaltung in detaillierten Leitsätzen sollte dann in Arbeitsgruppen, bestehend aus Leitungsmitgliedern und Mitarbeitern unterschiedlicher Abteilungen, vorgenommen werden. Auf diese Art und Weise wird das TopDown-Prinzip (die allgemeine Festlegung der Ausrichtung durch die Leitung als Vorgabe für die Mitarbeiter) mit dem Bottom-Up-Verfahren (Diskussion und Ausarbeitung der konkreten Leitsätze) miteinander kombiniert, um eine größtmögliche Akzeptanz bei Management und Belegschaft zu erreichen.133 Nachdem Mission und Vision von der Leitung vorgegeben worden sind, müssen jetzt konkrete Leitsätze und Handlungsorientierungen in Arbeitsgruppen mit den Vertretern aller Abteilungen entwickelt werden.134 Die Ergebnisse werden dann an die Leitung kommuniziert. Als Abschluss der Leitbild-Entwicklung wertet die Führung die Ergebnisse aus und erstellt anhand der konkreten Vorschläge einen zusammenfassenden Entwurf, der zur abschließenden Diskussion wieder in die Arbeitsgruppen gegeben wird, um Ergänzungen und Korrekturen vorschlagen zu können. Dabei ist darauf zu achten, dass das endgültige, von möglichst allen akzeptierte Leitbild keineswegs ein Kompromiss ist, der versucht, die Ergebnisse aller Arbeitsgruppen in sich zu vereinen. Bei Unstimmigkeiten und Widersprüchen muss die Leitung vielmehr vermitteln und deutlich machen, dass die einzelnen Leitsätze die objektiven Gegebenheiten der Organisation, die im Sinne des KQM anzustrebende Organisationskultur und die von der Führung vorgegebene Mission und Vision stimmig widerspiegeln. Entscheidend ist, dass es den Beteiligten gelingt, in klar und verständlich formulierten Leitsätzen auszuarbeiten, wie und wodurch sich die Organisation bei ihrer Arbeit leiten lässt.135 Für die Leitbildentwicklung gibt es allgemeingültige Vorgaben, an denen sich die Verantwortlichen orientieren können. Zur Verdeutlichung werden die einzelnen Kriterien bei der folgenden Auflistung mit konkreten Leitsätzen aus dem Leitbild des Landesmuseums Mainz ergänzt. Es kann ein umfangreiches und mustergültig formuliertes Leitbild vorweisen, was in dieser Form im Kulturbereich wirklich selten anzutreffen ist.136 133 Vgl. ebd., S. 11. 134 Vgl. auch ebd., S. 109f. 135 Vgl. Klein 2001, S. 99ff. Siehe auch Knaup 2006ff, S. 7. 136 Das Leitbild des Landesmuseums Mainz findet sich auf seiner Homepage veröffentlicht unter: www.landesmuseum-mainz.de/enid/Das_Museum/Leitbild_lf.html (Zugriff: 2.8.2011), im Folgenden zitiert als Leitbild Landesmuseum Mainz. Die allgemeinen Kriterien zur inhaltlichen Gliederung finden sich in Knaup 2006ff., S. 5. Die zitierten Passagen folgen zwar nicht der von Knaup vorgeschlagenen Abfolge.

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Folgende Kriterien zum inhaltlichen Aufbau gewährleisten, dass alle wesentlichen Aspekte des Leitbilds enthalten sind:137 •

»Auftrag, Identität« (»Wer sind wir?«): An erster Stelle benennt das Leitbild den Zweck der Einrichtung, wie er sich aus dem Kulturauftrag und dem Aufgabenprofil der eigenen Kultursparte ergibt. Der entsprechende Auszug aus dem Leitbild des Landesmuseums Mainz lautet: »Die zahlreichen und vielfältigen Sammlungen zur Kunst- und Kulturgeschichte stehen im Mittelpunkt unserer Arbeit. Gemäß dem ICOM Code of Ethics wird den klassischen Museumsaufgaben Sammeln, Bewahren, Erforschen und Vermitteln Rechnung getragen. Der Tradition der Sammlungsursprünge folgend erweitert das Museum seine Bestände kontinuierlich nach einem festgelegten Sammlungskonzept mit dem Ziel, die Stärken der bestehenden Sammlungen auszubauen.«



»Geschichte« (»Wo kommen wir her?«): Die Geschichte einer Kultureinrichtung prägt die Organisationskultur nachhaltig, auch wenn das nicht immer offen zutage tritt. Auch eine neue Kulturinstitutsleitung, die völlig neue Wege beschreiten will, muss sich der Tradition der Einrichtung stellen. Mitarbeiter, aber auch die gesamte Öffentlichkeit orientieren sich bei ihrer Wahrnehmung und Beurteilung eines Kulturbetriebs immer auch an seiner Vergangenheit. Dementsprechend gilt es, die wesentlichen Stationen der Vergangenheit, die traditionsbildend waren und gleichzeitig mit der eigenen ästhetischen Programmatik vereinbar sind, ins Leitbild aufzunehmen. Auszug aus dem Leitbild des Landesmuseums Mainz: »Das Landesmuseum Mainz ist mit seiner über 200-jährigen Tradition eines der ältesten Geschichts- und Kunstmuseen Deutschlands. Mit seinen vielfältigen Beständen und bedeutenden Sammlungen ist es eng mit der Geschichte von Mainz und der Region des heutigen Rheinland-Pfalz verbunden. Viele wertvolle Objekte stellen Bezüge zur Europäischen Geschichte her, mit der auch das historische Gebäude verbunden ist. Das Museum ist in der Golden-Ross-Kaserne untergebracht, einem einzigartigen Barockensemble der Stadt Mainz aus kurfürstlicher Zeit.«



»Anspruch, Werte« (»Was wollen wir?«): An dieser Stelle ist das ästhetische Programmprofil und die ästhetische Programmatik als Mission zu formuDas Leitbild enthält dafür aber alle angegebenen inhaltlichen Aspekte, wodurch es Vorbildcharakter für den Leitbilderstellungsprozess besitzt.

137 Zu den folgenden Kriterien für die Leitbilderstellung siehe Knaup 2006ff., S. 5.

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lieren. Auch wenn bislang hierfür kein ausformuliertes Konzept vorliegen sollte, so hat doch jede Kulturinstitutsleitung zu Beginn ihrer Amtszeit zahlreiche programmatische Statements nach innen und nach außen kommuniziert. Der jetzige Leitbildprozess gibt die Möglichkeit, die damals formulierte Programmatik mit der jetzigen Ausrichtung abzugleichen und sie an die Ansprüche und Werte der gegenwärtigen Kulturarbeit anzupassen. Auszug aus dem Leitbild des Landesmuseums Mainz: »Die Besucher stehen im Mittelpunkt der Arbeit aller Mitarbeiter des Museums. Das Landesmuseum empfängt seine Besucher als Gäste, die sich wohlfühlen sollen und orientiert sich an ihren Wünschen und Bedürfnissen. Den unterschiedlichen Erwartungen seiner kleinen und großen Besucher entsprechend wird das Museum zu einem vielseitigen Ort je eigener Erlebnisse, zu denen aktives Lernen und Spaß ebenso gehören wie Erholung oder Erbauung. Durch verschiedene Formen der Vermittlung wird Wissen auf unterhaltsame und anregende Weise für Besucher wie Fachöffentlichkeit dargestellt und dadurch neue Besucher gewonnen. Besonders für Kinder und Familien werden erlebnisreiche Angebote entwickelt.«



»Vision« (»Wo wollen wir hin«): Weder eine privatwirtschaftliche noch eine nicht profitorientierte Organisation kann mit dem Status quo zufrieden sein. Zielsetzungen, wie Verbesserungen und Innovationen zu erreichen sind, erweisen sich als notwendige Dynamik der Organisation, die alle Beteiligten motiviert, sich intensiv zu engagieren. Für Kulturbetriebe ist dieser Wille und Wunsch zur Innovation ihrem Arbeitsgegenstand selbst eingeschrieben: Der Kunst ist immer die Utopie inhärent, wie es besser sein könnte. Im Gegensatz zur Kunst müssen allerdings die vom Kulturbetrieb aufgestellten Zielsetzungen mittel- bis langfristig realisierbar sein. Auszug aus dem Leitbild des Landesmuseums Mainz: »Mit dem Umbau und der Neupräsentation seiner Sammlungen stellt sich das Landesmuseum den Anforderungen des 21. Jahrhunderts. Besucherorientierung, Kinderfreundlichkeit und Barrierefreiheit bestimmen das zukünftige Handeln.«



»Lokales, nationales, globales, politisches und soziales Umfeld« (»Wo arbeiten wir?«): Eine Kultureinrichtung gleich welcher Größenordnung muss sich immer auch lokal verorten und sich innerhalb einer Kommune positionieren. Denn seine Besucher kommen mehrheitlich aus der näheren Umgebung. Gleichzeitig sollte es aber auch der Anspruch sein, die eigene Arbeit in einem weiter gefassten Umfeld zu verorten. Die eigene Arbeit sollte sich durchaus messen mit der von vergleichbaren Einrichtungen in anderen Städten und Regionen. Gleichzeitig muss die Kultureinrichtung

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eine Standortbestimmung vornehmen, wie sie in die Gesamtgesellschaft hineinwirkt, unabhängig von lokalen Begebenheiten. Auszug aus dem Leitbild des Landesmuseums Mainz: »Eine nicht weniger zentrale Aufgabe ist die Vermittlung der Bedeutung der Objekte und ihre Einordnung in kulturelle und gesellschaftliche Zusammenhänge. Sonderausstellungen zielen darauf, die eigenen Bestände in einen fruchtbaren Dialog mit Leihgaben aus dem In- und Ausland zu stellen, der die überregionale Bedeutung der Sammlung unterstreicht und Aufschlüsse für die eigene Forschung des Museums liefert.« »Mainzer Bürger sollen das Landesmuseum als ihr Museum erfahren und gerne wiederkommen, um stets Neues zu lernen. Den Gästen der Stadt bietet das Museum einen lebendigen Einstieg zum Verständnis von Stadt und Region.«



»Qualitätskriterien« (»Wie arbeiten wir?«): Da der Leitbildprozess hier im Rahmen des Qualitätsmanagements vorgenommen wird, ist die Leitperspektive des KQM als Zielsetzung der Organisationsentwicklung zu formulieren. Auszug aus dem Leitbild des Landesmuseums Mainz: »Die Mitarbeiter des Landesmuseums Mainz sind ein Team. Ein gemeinsames Ziel ist die Verbesserung der internen Abläufe. Jeder hat seinen Aufgabenbereich, der von allen geschätzt und geachtet wird. Die Wichtigkeit der (nach außen hin oftmals unsichtbaren) Aufgaben von Werkstätten, Aufsichten, Technik, Wissenschaft, Verwaltung, Dokumentation, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Museumsleitung ist allen bewusst.«



»Fachliche Kompetenz« (»Was können wir?«): Nicht jede Kultureinrichtung der gleichen Sparte kann alles, was andere können. Die Fachkompetenz einer Einrichtung ist wesentlich abhängig von seiner Größenordnung und der Höhe seiner Subventionierung. Die Oper eines kleinen Dreispartenhauses kann nicht das gesamte deutsche Opernrepertoire präsentieren, weil ihr Orchester in der Regel zu klein ist, um beispielsweise den »Ring« von Richard Wagner aufzuführen. Gleichzeitig kann sich aber ein kleines Opernhaus auf bestimmte moderne Werke spezialisieren, die mit einer geringeren Instrumentierung arbeiten und für die es die nötige Qualität garantieren kann. Das, was man fachlich aufgrund der tatsächlichen Ressourcen leisten kann, sollte hier auch allgemein thematisiert werden. Gefragt ist hier Authentizität, die nicht übertreibt, sondern sich der eigenen Möglichkeiten bewusst ist.

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Auszug aus dem Leitbild des Landesmuseums Mainz: »Der Tradition der Sammlungsursprünge folgend erweitert das Museum seine Bestände kontinuierlich nach einem festgelegten Sammlungskonzept mit dem Ziel, die Stärken der bestehenden Sammlungen auszubauen. Dies beinhaltet sowohl die wissenschaftliche Dokumentation, als auch die Bewahrung der Objekte an konservatorisch geeigneten Orten sowie die Sicherung aller Informationen darüber. Die Erforschung der Sammlungsbestände ist Grundlage für zahlreiche Aufgaben und Voraussetzung für den Bildungsauftrag des Museums.«



»Kommunikation und Kooperation, Führungsverständnis und Organisationskultur« (»Wie gehen wir miteinander um?«): Dieser Punkt zielt auf den Kern der Organisationsentwicklung und des Qualitätsmanagements. An dieser Stelle sollte die grundlegende Orientierung an den Interessengruppen thematisiert werden. Mitarbeiter- und Besucherbindung stehen hier im Vordergrund. Auszug aus dem Leitbild des Landesmuseums Mainz: »Kommunikation wird groß geschrieben. Die Öffentlichkeitsarbeit des Landesmuseums teilt Projekte und Arbeitsvorhaben des Museums über die Medien frühzeitig mit. Anregungen der Besucher zum Angebot des Museums werden ernst genommen und intern diskutiert. Den Aufsichten und dem Personal am Empfang kommt dabei eine besondere Aufgabe und Bedeutung zu, da sie den direkten Kontakt zu den Besuchern herstellen und pflegen und deren Wünsche und Interessen an die Mitarbeiter weiter tragen. Die Kommunikation unter den Mitarbeitern ist sehr wichtig. Gegenseitige Achtung und Fairness gehören zu den grundlegenden Prinzipien einer einvernehmlichen Zusammenarbeit. Entscheidungsprozesse werden transparent gestaltet und auf verschiedenen Kommunikationsebenen vermittelt.«



»Kooperationspartner und Förderer« (»Mit wem arbeiten wir zusammen und wie?«): Kooperationspartnerschaften sind, wie wir gesehen haben, ein wesentliches Kriterium des EFQM-Modells. Sollten bislang keine Kooperationen bestehen, dann ist zumindest das Anstreben solcher Partnerschaften als Zielsetzung zu formulieren. Auszug aus dem Leitbild des Landesmuseums Mainz: »Das Museum arbeitet mit zahlreichen Einrichtungen, Institutionen und Einzelpersonen aus Wissenschaft, Kultur, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik zusammen. Durch seine überregionale Vernetzung wird das Museum zu einem Veranstalter und Gastgeber, der das kulturelle Leben der Stadt Mainz in vielfältiger Weise befruchtet.

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Durch diese Aktivitäten werden Synergieeffekte geschaffen und neue Besuchergruppen erreicht.«

Die hier zitierten Passagen aus dem Leitbild des Landesmuseums Mainz machen deutlich, wie präzise, vielschichtig und umfangreich die Inhalte zu formulieren sind. Die aufzustellenden Leitsätze müssen authentisch sein. Sie müssen unbedingt den Gegebenheiten und den zu realisierenden Möglichkeiten entsprechen. Dementsprechend sollten die Inhalte des Leitbildentwurfs folgenden Anforderungen Rechnung tragen: 138 • • • •

• • •

Allgemeingültigkeit: Die Aussagen müssen für alle Arbeitsbereiche zutreffen und Orientierung bieten. Wesentlichkeit: Es sollten ausschließlich die grundsätzlichen, auf die Gesamtorganisation bezogenen Belange thematisiert werden. Langfristige Gültigkeit: Nur langfristige Ziele, die die Organisation für mehrere Jahre prägen sollen, sind hier aufzunehmen. Wahrheit: Es macht keinen Sinn, aus Imagegründen Aussagen zu treffen, die nicht der tatsächlichen Ausrichtung der Organisation entsprechen. Authentizität ist hier unerlässlich, um den Interessengruppen und vor allem den Mitarbeitern eine gute Leitorientierung zu geben. Realisierbarkeit: Es ist keinem geholfen, wenn hier hochtrabende Ziele formuliert werden, die den Gegebenheiten und der Machbarkeit widersprechen. Konsistenz: Auf Stimmigkeit ohne Widersprüche muss geachtet werden. Klarheit: Nur prägnante und präzise Formulierungen verhindern Fehlinterpretationen und Missverständnisse. Allen Mitarbeitern müssen die Leitsätze unmittelbar einsichtig und begreifbar sein.

Die Formulierung von Leitsätzen ist durchaus anspruchsvoll und sollte sehr sorgfältig durchgeführt werden. Das Management und die Projektteams sollten sich hierfür ausreichend Zeit nehmen und gegebenenfalls externe Berater zur Unterstützung einsetzen. Nach Abschluss der Leitbildkonzeption muss jetzt das ausformulierte Leitbild den Mitarbeitern im Rahmen der Einführungsveranstaltung kommuniziert werden. Der erst jetzt nachgeholte Vorgang, der eigentlich zu Beginn der Geschäftsübernahme hätte stattfinden müssen, lässt sich mit der Einführung der Organisationsentwicklung als Veränderungsprojekt zur Entwicklung eines exzellenten Organisationsmanagements legitimieren. Die Leitung kann hier unmissverständlich klarmachen, dass sie die Verantwortung für den Veränderungsprozess und aktiv die Vorbildfunktion übernimmt. Gleichzeitig ist eine 138 Zu den folgenden Anforderungen ans Leitbild siehe Knaup 2006ff, S. 7.

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Atmosphäre des Vertrauens und der Offenheit zu schaffen, die in der Folgezeit eine wesentliche Voraussetzung für die Organisationsentwicklung darstellt. 5.4

Die Bekanntgabe des KQM-Projekts als Startschuss

Den Startschuss für das Qualitätsmanagement gibt die Leitung in einer Einführungsveranstaltung vor versammelter Mitarbeiterschaft, in der sie das Veränderungsprojekt verkündet und erläutert. Vom strategischen Change Management kann man lernen, dass bei Veränderungsprozessen vor der Bekanntgabe im Plenum zunächst die Abteilungsleiter zu informieren sind.139 Denn sie sind schließlich die Motoren des Veränderungsprozesses.140 Sie müssen von der Maßnahme überzeugt werden, um zu gewährleisten, dass in den Abteilungen die Arbeitsprozesse gelungen gestaltet werden. Dementsprechend sollte die Leitung vor der Einführungsveranstaltung die Abteilungsleiter zu einer Sitzung einberufen, um sie vorab umfangreich über die Einführung des KQM zu informieren, um sich ihrer Unterstützung zu versichern und um ihre erste Einschätzung der Machbarkeit einzuholen. In der daran anschließenden Informationsveranstaltung mit allen Mitarbeitern verkündet die Leitung unterstützt von einem externen Berater das Vorhaben, erläutert seine erforderliche Aufbau- und Ablauforganisation und vermittelt seine wesentlichen Grundsätze.141 Anschaulich vermitteln lassen sich die Prinzipien des Qualitätsmanagement mit den von Manfred Bruhn aufgestellten zehn »K’s«:142 • • • • • • • • • •

Kundenorientierung Konsequenz Konkurrenzabgrenzung Konsistenz Kongruenz Koordination Kommunikation Komplettheit Kontinuität Kosten-Nutzen-Orientierung

139 Pfannenberg 2003, S. 25. 140 Zulauf 2010, S. 14. 141 Vgl. Zink 2004, S. 332. 142 Zu den folgenden Prinzipien siehe Bruhn 2006, S. 193f.

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Mit der Präsentation der K-Prinzipien wird unmissverständlich verdeutlicht, dass es sich hier um ein langfristiges, ganzheitliches, auf alle Arbeitsbereiche gleichermaßen angewandtes und alle Mitarbeiter miteinander vernetzendes System handelt. Entscheidend ist, gleich zu Beginn die Notwendigkeit der Organisationsentwicklung, die Chancen der Arbeitsverbesserung und die aktive Beteiligung aller Mitarbeiter deutlich und überzeugend zu thematisieren, um massive Widerstände und Ablehnung zu vermeiden.143 Möglichst viele Mitarbeiter sollten schon in der Einführungsveranstaltung davon überzeugt werden, dass das Vorhaben eine wesentliche Existenzsicherung der Organisation darstellt, von der alle Beteiligten langfristig profitieren. Die Redner müssen durch emotionale Ansprache versuchen, die Mitarbeiter zu begeistern und zu motivieren. Die Signal- und Sogwirkung des Startschusses sollte man nicht unterschätzen und leichtfertig planen. Eine gründliche und intensive Vorbereitung der Einführungsveranstaltung ist unerlässlich für den weiteren effektiven Verlauf des KQM.

6. D IE A NALYSEVERFAHREN : WIE BEURTEILEN ALLE B ETEILIGTEN Q UALITÄT Das Verfahren des Qualitätsmanagements beginnt entsprechend des allgemeinen Managementprozesses mit der Analyse als Erkundung dessen, was an Qualitätsstandards vorhanden ist und wo aus Sicht der unterschiedlichen Interessengruppen Qualitätsmängel bestehen. Zur Analyse von Qualität hat sich in der Unternehmenspraxis eine Vielzahl von Verfahrensweisen entwickelt.144 Für den Kulturbereich werden aus dem umfangreichen Fundus nur die Verfahrensweisen ausgewählt und thematisiert, die primär zur Erfüllung der EFQM-Kriterien notwendig und in zweiter Linie mit möglichst geringem Zeit- und Personalaufwand durchführbar sind. 6.1

Die Dokumentation bereits vorhandener Qualitätsstandards

Qualität ist objektiv betrachtet nicht abhängig von Qualitätsmanagement. Selbstverständlich gibt es in jeder Kultureinrichtung bereits in den unterschiedlichen Arbeitsbereichen Qualitätsstandards, wie sie von den ExzellenzKriterien eingefordert werden. Dementsprechend ist zu Beginn der Analysephase eine Bestandsaufnahme vorzunehmen. 143 Ebd. 144 Bruhn 2006, S. 84.

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6.1.1

Die Bestandsaufnahme vorhandener Exzellenz erfüllender Maßnahmen Anhand des Maßnahmenkatalogs zur Erfüllung der Exzellenz-Kriterien ist zunächst zu dokumentieren, welche der dort aufgelisteten Management-Verfahrensweisen bereits in der Kultureinrichtung umgesetzt werden. So dürften gerade in den als städtische Eigenbetriebe und gemeinnützige GmbHs geführten Kulturbetrieben Doppik und kontinuierliches Finanzcontrolling Standard sein. Besonders die größeren Kultureinrichtungen führen regelmäßig Besucherbefragungen durch. Allerdings ist hier kritisch zu überprüfen, ob und wie die in den Befragungen formulierten Kundenerwartungen tatsächlich bei der Angebotsentwicklung berücksichtigt werden. Darüber hinaus betreiben viele Kulturbetriebe mittlerweile ein intensives Marketing. Dadurch wird zumindest sichergestellt, dass die Angebote effektiv in der Öffentlichkeit kommuniziert werden. 6.1.2 Die Aufstellung relevanter Qualitätsmerkmale Neben dem Abgleich bestehender Verfahrensweisen mit dem Maßnahmenkatalog ist in den verschiedenen Arbeitsbereichen zu überprüfen, welche Qualitätsmerkmale für die spezifische Kulturarbeit der Einrichtung aus Sicht des Managements relevant sind.145 So können nicht alle Kundenerwartungen für die eigene Arbeit zur Realisierung der EFQM-Kriterien berücksichtigt werden. Hier gilt es, sich der unterschiedlichen Qualitätsmerkmale bewusst zu sein. Unter Abwägung von Leitbild, Kulturauftrag und Publikumserwartungen ist zu bestimmen, welche Aspekte für das Theater qualitätsrelevant sind.

Dokumentation bestehender Leistungs- und Qualitätsstandards Dokumentation bestehender Leistungs- und Qualitätsstandards

Auflistung von EFQM-Standards anhand des Maßnahmenkatalogs

• • •

Mitarbeitergespräche Kundenbefragung Beschwerdemanagement

usw.

145 Vgl. ebd., S. 508.

Aufstellung relevanter Qualitätsmerkmale aus Managementsicht

Dokumentation objektiver Leistungseigenschaften



Auszeichnungen Besucherresonanz • Medienecho







usw.

usw.



Programmvielfalt Originalität Spezialisierung

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Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) hat bereits 1989 in ihrer Veröffentlichung Führung und Steuerung des Theaters Kriterien zur Beurteilung der Qualität des Vorstellungsangebots aufgestellt:146 • •

• • • • •

Medien-(Experten-)Kritik als Orientierung für Publikum und überregional als Rankingfaktor in der Theaterfachwelt Publikumsmeinung (auch als Stimmungsbarometer und damit verbunden wichtig für die Intensität der Mundpropaganda); sie ist aufgrund des Bildungsauftrags kritisch einzuschätzen Bereitschaft renommierter Künstler, an einer Inszenierung mitzuwirken die Entwicklung von Ensemblemitgliedern zu herausragenden Künstlern Auszeichnung durch die Verleihung von Preisen Fernsehaufzeichnung einer Inszenierung als Qualitätsnachweis Gastspiel als Beleg für Qualität innerhalb der Fachwelt

Unbedingt ergänzt werden sollte die Liste noch um die interne Resonanz, denn die interne Qualitätsbeurteilung darf auch hier nicht vernachlässigt werden: •

die Beurteilung der Inszenierungen durch die Mitarbeiter

Anhand dieser Kriterien kann die Intendanz unter der Perspektive ihres Leitbilds und des Kulturauftrags ein Ranking aufstellen, mit der sie die Relevanz der Aspekte beurteilt. Entscheidend ist in dieser Arbeitsphase, dass das Management sich selbst und den Interessengruppen nachvollziehbar Rechenschaft ablegt, wie die Qualität des künstlerischen Angebots bewertet werden kann. Im Arbeitsalltag vollzieht sich das ohnehin mehr oder weniger unbewusst. Wenn gezielt darüber diskutiert wird, geschieht das allerdings meist nur in einem kleinen Leitungskreis. Ein neuer Regisseur, der von Presse und Publikum abgelehnt wird, wird in der Regel keinen weiteren Inszenierungsauftrag bekommen. Persönliche Willkür kann allerdings gerade im Theaterbereich dazu führen, dass Entscheidungen unabhängig von rationalen Beurteilungskriterien getroffen werden. Wenn der beim Publikum in Ungnade gefallene Regisseur ein enger Freund des Intendanten ist, dann ist es durchaus nicht selten, dass eine Fortsetzung der Zusammenarbeit stattfindet, obgleich es dafür keine nachvollziehbaren rationalen Gründe gibt. Dem Intendanten steht diese Entscheidungsfreiheit 146 Zu den folgenden Kriterien siehe KGSt 1989, S.  29. Zitiert nach Boerner 2002, S. 50f. Siehe auch Klein 2001, S. 253f.

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qua Vertrag zu, ohne dass er seine Entscheidung rational begründen müsste. Qualitätsmanagement gebietet solcher Willkür Einhalt, indem es verlangt, dass Beurteilungskriterien aufgestellt werden, die bindend und für alle Beteiligten nachvollziehbar sind. 6.1.3 Die objektiven Leistungseigenschaften Während die subjektiv durch die Interessengruppen wahrgenommenen Leistungseigenschaften durch Befragung und Beobachtung zu ermitteln sind, gibt es entsprechend der dualen Qualitätsdefinition noch die objektiven Leistungseigenschaften, die ebenfalls in der Bestandsaufnahme zu dokumentieren sind. Wir bleiben beim Beispiel der künstlerischen Produktion eines Theaters, um hier an dieser Stelle die komplizierteste und für viele Kulturschaffende als unrealisierbar empfundene Qualitätsdefinition exemplarisch zu thematisieren. Die künstlerische Qualität kultureller Veranstaltungen lässt sich unterteilen in Profil- und Interpretationsqualität.147 Im Theaterbereich betrifft die Profilqualität den Spielplan. Entsprechend des meist sehr allgemein gehaltenen Kulturauftrags von Kommunen und Ländern, die Weiterentwicklung und Pflege des Theaterrepertoires zu fördern, lassen sich drei Kriterien-Bereiche der Profilqualität benennen:148

a. Vielfalt vs. Spezialisierung b. Konformität vs. Originalität c. Moderne vs. Klassik Die Theaterleitung legt mit der Spielplangestaltung und mit der Auswahl von Stücken und Regisseuren fest, ob es Schwerpunkte auf bestimmte Epochen, Dramengattungen (Komödien oder Tragödien) und Autoren gibt oder ob ein gemischter Spielplan eine Balance zu halten versucht. Das Programmangebot kann auf originelle Inszenierungen setzen, indem die Intendanz Regisseure engagiert, die für die eigenwillige Interpretation von Stücken bekannt sind. Konformität wird demgegenüber durch das Engagement von Regisseuren erreicht, deren Arbeitsstil es ist, Stücke werkgetreu zu inszenieren. Das Profil des Spielplans kann eher auf moderne oder eher klassische Stücke ausgerichtet sein. Bei der Festlegung der Profilqualität ist auch hier entscheidend, dass das Management bewusste und nachvollziehbare Entscheidungen trifft, die sich 147 Boerner 2002, S. 63. 148 Zu den folgenden Kriterien siehe ebd., S. 75.

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aus dem eigenen programmatischen Selbstverständnis, dem Kulturauftrag und den Publikumserwartungen ableiten. Die Theaterleitung muss hier ihre Messgrößen zur Profilqualität überprüfbar dokumentieren. Neben der Profilqualität der Kulturangebote lässt sich ihre Interpretationsqualität messen. Hier gibt es objektive Leistungseigenschaften, die unabhängig von der externen Beurteilung Qualitätsstandards setzen. Wenn Publikum und Medienkritiker den dünnen Klang eines Orchesters in der Opernvorstellung bemängeln, kann das den objektiven Grund haben, dass das Orchester nur mit 60 anstatt mit 120 Musikern besetzt ist. Das wäre dann aber ein nicht zu behebender Qualitätsmangel, weil der Etat der Oper es nicht zulässt, dass das Orchester vergrößert wird. In dieser Hinsicht lässt sich eine Qualitätsverbesserung nicht realisieren. Das objektive Leistungskriterium Klangfülle muss im Rahmen der Vorgaben beurteilt werden. Weitere objektive Faktoren, mit denen sich die Interpretationsqualität von Opernwerken qualitativ beurteilen lässt, sind:149 • • •

Zusammenspiel von Orchester und Sängern als Qualitätsmerkmal des Dirigenten musikalischer Ausdruck, Intonation, Rhythmus, Dynamik des Orchesters Treffen der Töne, stimmliche Verfassung und Partiturbeherrschung seitens der Sänger

Ob das Orchester im Rhythmus ist und ob die Töne von den Sängern richtig getroffen werden, kann in der Regel nur von Fachleuten wirklich präzise beurteilt werden. Diese objektiven Qualitätskriterien sind aber für die Opernleitung maßgeblich, um beispielsweise zu gewährleisten, dass bei den Bewerbungsverfahren (beim Vorspielen der Musiker und beim Vorsingen der Sänger) qualifizierte Mitarbeiter engagiert werden, die den objektiven Qualitätsanforderungen genügen. Auf einem anderen Blatt steht, wie die Interpretationsqualität von den Zuschauern wahrgenommen wird. Die subjektive Wahrnehmung ist abhängig von Vorerfahrung, Vorbildung und Vorlieben.150 In diesem Zusammenhang wird das Zusammenspiel von objektiven Leistungsmerkmalen und subjektiver Qualitätswahrnehmung deutlich. Letztlich müssen zur Messung von Qualität beide Momente berücksichtigt werden. Voraussetzung ist aber, dass die Leitung die objektiven Messgrößen erarbeitet, die Reihenfolge ihrer Relevanz festlegt und dokumentiert. 149 Zu den folgenden Faktoren siehe ebd., S. 52. 150 Ebd., S. 109.

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Die Arbeitsbereiche und Aufgaben von Kultureinrichtungen sind zu komplex, um hier die vom Management vorzunehmende Bestimmung bestehender Qualitätsstandards in allen Bereichen aufzuzeigen. Die möglichst vollständige Aufarbeitung ist für die jeweilige Kultureinrichtung allerdings wichtig, um sie mit den Ergebnissen der Besucher- und Mitarbeiteranalysen abgleichen zu können. Vor allem bildet die Bestandsaufnahme die Grundlage dafür, welche Ergebnisse aus den besucher- und mitarbeiterorientierten Analyseverfahren relevant sind, um Qualitätsverbesserungen vorzunehmen. Wenn zum Beispiel die Besucherbefragung in einem Theater ergeben sollte, dass sein Publikum überwiegend nicht an zeitgenössischen Werken interessiert ist, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass zur Qualitätsverbesserung nur noch Klassiker auf den Spielplan gesetzt werden. Wenn die Bestandsaufnahme ergeben hat, dass die Inszenierung von zeitgenössischen Stücken eine notwendige Anforderung ist, die sich aus dem Kulturauftrag und aus dem eigenen Leitbild ableiten, dann gehören eben diese Werke weiterhin auf den Spielplan, da sie als qualitätsrelevant zu werten sind. Dem Ergebnis der Publikumsbefragung würde allerdings entgegenstehen, wenn zeitgenössische Werke im Spielplan überwiegen. Die Bestandsaufnahme setzt sich, wie wir gesehen haben, aus den bereits vorhandenen, Exzellenz erfüllenden Maßnahmen, den existierenden relevanten Qualitätsmerkmalen und den objektiven Leistungsqualitäten zusammen. Die drei Aspekte der Bestandsaufnahme sollten untergliedert in die verschiedenen Arbeitsbereiche in einer ersten Dokumentation festgehalten werden. 6.2

Die besucherorientierten Messverfahren

Besucher- und Mitarbeiterbefragungen sind zwar sehr zeit- und personalaufwendig, aber unerlässlich. Schließlich stehen die Bedürfnisse und Erwartungen von Mitarbeitern und Kunden im Zentrum des QM. Die Berücksichtigung ihrer Qualitätsbeurteilung bildet die erste Voraussetzung, um sich als exzellente Organisation zu etablieren. Dementsprechend werden die Analyseverfahren in die zwei Hauptgruppen der kunden- und organisationsorientierten Messung unterteilt.151 Die kundenorientierte Analyse unterscheidet wiederum objektive und subjektive Messansätze.152 Während bei der subjektiven Messung die Qualitätsbeurteilung ausschließlich und unmittelbar aus der subjektiven Sicht der Kunden untersucht

151

Bruhn 2006, S. 84.

152 Ebd., S. 85.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

wird, analysiert die objektive Messung eine intersubjektiv nachprüfbare Beurteilung aus Kundensicht.153 Für den Kulturbereich eignen sich als objektive Messmethoden die Expertenbeobachtung und das Silent-Shopper-Verfahren. 6.2.1 Die objektive Analyse durch Expertenbeobachtung Ein externer Experte beobachtet den Leistungsprozess, um Mängel aus der Kundenperspektive aufzudecken.154 Der Experte muss nicht unbedingt aus einer Beratungsfirma stammen, sondern kann beispielsweise ein Kollege aus dem Arbeitsbereich einer ähnlichen Organisation sein, den man für den zeitlich begrenzten Einsatz hinzuzieht. Nehmen wir als Beispiel die Tageskasse eines Museums. Der Experte steht, ohne sich zu erkennen zu geben, im Kassenbereich und beobachtet, wie das Kassenpersonal die Museumsbesucher bedient, und bewertet die Servicequalität der Kassenmitarbeiter. Für die konkrete Beurteilung der Servicequalität müssen Kriterien aufgestellt werden, anhand derer sich die Arbeit der Kassenmitarbeiter beurteilen lässt. Zur Messung der Qualität von Non-Profit-Leistungen wurde auf der Grundlage zahlreicher Untersuchungen das ARCHSECRET-Modell entwickelt.155 Es definiert zehn Dimensionen von Qualität, deren erster Buchstabe der englischen Begriffe das Akronym ARCHSECRET bildet:156

• • • • • • • • • •

Access: Zugänglichkeit Responsiveness: Reaktionsfähigkeit Communication: Kommunikation Humanness: Menschlichkeit Security: Sicherheit Enabling/Empowerment: Ermächtigung Competence: Leistungskompetenz Reliability: Zuverlässigkeit Equity: Gerechtigkeit Tangibles: Annehmlichkeit des tangiblen (real fassbaren) Umfeldes

153 Ebd. 154 Bruhn 2005, S. 247. 155 Ebd., S. 248. Manfred Bruhn wendet das ARCHSECRET-Modell nur auf die subjektive, merkmalsorientierte Analyse an. Es lässt sich meines Erachtens aber genauso bei den objektiven Verfahren der kundenorientierten Analyse einsetzen, da das Modell allgemeingültige Kriterien der Qualitätsbeurteilung aufstellt. 156 Zu den folgenden Dimensionen siehe ebd., S. 248f.

127

128

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Dieser allgemeine Qualitätskriterienkatalog lässt sich prinzipiell für alle Arbeitsprozesse und Leistungen eines Kulturbetriebs heranziehen. Voraussetzung ist, dass die einzelnen Dimensionen für den jeweiligen Arbeitsbereich konkret definiert werden. Dementsprechend gilt es jetzt für den Kassenbereich die konkreten Qualitätskriterien anhand des ARCHSECRET-Modells zu formulieren, um für die Expertenbeobachtung eine Art Prüfkatalog zu entwickeln: •

• • • •





• •



Zugänglichkeit: Ist der Kassenbereich beim Betreten des Foyers gleich gut auffindbar? Ist genügend Personal vorhanden, um die Besucher zu bedienen? Gibt es Warteschlangen? Reaktionsfähigkeit: Können die Kassenmitarbeiter flexibel und prompt auf die Wünsche der Besucher reagieren? Kommunikation: Sprechen die Mitarbeiter höflich und verständlich mit den Besuchern? Menschlichkeit: Gehen die Mitarbeiter respektvoll und freundlich mit den Besuchern um? Sicherheit: Ist gewährleistet, dass die persönlichen Angaben der Besucher (z.B. die Kreditkartennummer beim Ticketkauf) vertraulich behandelt werden? Ermächtigung: Wird der Besucher in die Lage versetzt, die vermittelten Informationen selbstständig anzuwenden?157 Das könnte zum Beispiel bei der Ausgabe von Audio-Guides erfolgen, bei der der Kassenmitarbeiter den Besucher effektiv unterstützt, damit er das Gerät problemlos zu bedienen lernt. Leistungskompetenz: Können die Mitarbeiter kompetent Auskunft geben über die Ausstellung sowie über die verschiedenen Preiskategorien und Zahlungsmodalitäten? Zuverlässigkeit: Sind die von Mitarbeitern gemachten Angaben verbindlich richtig und entsprechen sie den Vorgaben? Gerechtigkeit: Werden alle Besucher von den Kassenmitarbeitern gleichbehandelt? Wird der Besucher zum Beispiel auf Preisnachlässe und Sonderkonditionen hingewiesen? Annehmlichkeit des tangiblen Umfelds: Ist der Kassenbereich besucherfreundlich gestaltet? Strahlt die Räumlichkeit eine gute Atmosphäre aus?

Mit diesem Kriterienkatalog kann nun der Experte bei der Beobachtung der Mitarbeiter-Kunden-Kontakte im Kassenbereich die Dienstleistungsqualität der einzelnen Mitarbeiter objektiv analysieren. 157 Vgl. ebd.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

6.2.2

Das Silent-Shopper-Verfahren als objektive, teilnehmende Beobachtung Beim Silent-Shopper-Verfahren agiert der Experte als Kunde, um die Dienstleitung direkt erleben und aus unmittelbarer Erfahrung beurteilen zu können.158 Diese Form der teilnehmenden Beobachtung hat den Vorteil, dass der Experte im Mitarbeiterkontakt Extremsituationen herstellen kann. So kann er beispielsweise als extrem unfreundlicher Kunde auftreten und testen, wie die Kassenmitarbeiter dennoch professionell damit umgehen, ihm gegenüber freundlich und höflich bleiben. Bleiben wir im Arbeitsbereich des Ticketing und wenden das Verfahren beim Telefonverkauf eines Konzerthauses an. Zunächst muss der Silent Shopper ein Szenario entwickeln:

• •

Festlegung, für welches Konzert er Karten kaufen möchte Erstellung eines Persönlichkeitsprofils des Kunden: zum Beispiel anspruchsvoller, strenger, schnell ungehalten reagierender Lehrer, der mit seiner Klasse ein Konzert besuchen möchte und genau nachfragt, was seine Schüler und ihn erwartet.

Wie auch bei der Expertenbeobachtung ist das ARCHSECRET-Modell jetzt für den Telefonverkauf zu definieren: • • • • • • •

• •

Zugänglichkeit: Wie lange muss der Anrufer warten, bis er mit einem Mitarbeiter der Tickethotline verbunden ist? Reaktionsfähigkeit: Kann der Mitarbeiter flexibel und prompt auf die Wünsche des Anrufers reagieren? Kommunikation: Kommuniziert der Mitarbeiter höflich und verständlich? Menschlichkeit: Ist er am Telefon respektvoll, geduldig und freundlich? Sicherheit: Werden die persönlichen Angaben der Besucher (z.B. die Kreditkartennummer beim Ticketkauf) vertraulich behandelt? Ermächtigung: Ist es für den Anrufer unkompliziert, an seine beim Telefonat gekauften Eintrittskarten zu kommen? Leistungskompetenz: Kann der Mitarbeiter kompetent Auskunft geben über das Konzert und über die verschiedenen Preiskategorien und Zahlungsmodalitäten? Zuverlässigkeit: Sind die vom Mitarbeiter gemachten Angaben verbindlich richtig und entsprechen sie den Vorgaben? Gerechtigkeit: Wird der Anrufer auf Preisnachlässe und Sonderkonditionen hingewiesen?

158 Ebd., S. 146.

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Annehmlichkeit des tangiblen Umfelds: Schafft der Mitarbeiter im Telefonat eine angenehme und gute Atmosphäre? Hat er eine wohlklingende Telefonstimme?

Die Telefonate sind unter Hinzuziehung der Dienstpläne an mehreren, verschiedenen Tagen durchzuführen, um sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter des Telefon-Ticketing getestet werden. Mit der Anwendung der beiden objektiven Kundenmessverfahren, die relativ einfach und mit geringem Zeitaufwand durchzuführen sind, erhält man aussagekräftige Ergebnisse, die eine erste Qualitätsbeurteilung ermöglichen. Die Bewertung durch ausgewählte Experten reicht aber nicht aus. Es geht schließlich darum, wie die Mehrheit der realen Kunden die Leistung bewertet. Dazu müssen Kunden direkt befragt werden. Nur so lassen sich Kundenerwartung und -zufriedenheit ermitteln. 6.2.3

Das subjektive, merkmalsorientierte Messverfahren: Die Besucherbefragung Die subjektiven Messansätze analysieren die Qualitätswahrnehmung einer Leistung aus Sicht der Kunden.159 Sie unterteilen sich in merkmals-, ereignis- und problemorientierte Verfahren. Bei der merkmalsorientierten Untersuchung werden die unterschiedlichen Qualitätsmerkmale einer Leistung abgefragt. Das setzt voraus, dass der Kulturbetrieb weiß, was für seine Kunden relevant ist.160 Für Non-Profit-Organisationen eignet sich die multiattributive Analyse, die aus dem Abfragen zahlreicher Merkmale ein Gesamtbild der Qualitätsbeurteilungen quantitativ erstellt.161 Wie bei der Silent-Shopper-Untersuchung können auch hier die Kriterien des ARCHSECRET-Modells für die Formulierung von Fragen herangezogen werden.162 Die Erhebung wird klassischerweise mittels Fragebogen durchgeführt, kann aber auch durch ein persönliches Interview mit einzelnen Kunden oder über Telefonbefragung erfolgen. Um wirklich aussagekräftige und umfangreiche Ergebnisse möglichst vieler Kunden in möglichst kurzer Zeit bei angemessenem Personalaufwand zu erhalten, sollte von Kulturbetrieben ein Fragebogen eingesetzt werden, der in den Foyers ausgelegt, an Stammbesucher per E-Mail oder Brief zugesandt und auch Online auf die Homepage gestellt werden kann. 159 Ebd., S. 89. 160 Ebd. 161 Bruhn 2005, S. 247. 162 Ebd., S. 248f.

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Die Methoden der besucherorientierten und organisationsinternen Qualitätsanalyse (in Anlehnung an Bruhn 2006, S. 84) Die Methoden der Qualitätsanalyse

Besucherorientierte Messungen

Objektive Verfahren •



Subjektive Verfahren

Expertenbeobachtung Silent Shopper

Organisationsinterne Messungen

Managementorientierte Verfahren



Besucherbefragung

Mitarbeiterbefragung Analyse der Organisationskultur • betriebliches Vorschlagswesen •

• •

Merkmalsorientiert

Mitarbeiterorientierte Verfahren

FMEA Benchmarking

Ereignisorientiert •

Blueprint



Problemorientiert •

Beschwerdemanagement

Für die Entwicklung des Fragebogens und vor allem für die Auswertung, die nicht nur Einzelergebnisse, sondern Korrelationen aufzeigen muss, sind ein großes Know-how und der Einsatz unterschiedlicher Instrumente erforderlich. Hier ist es durchaus hilfreich, ein Institut oder eine Agentur zu beauftragen, die Erfahrung mit der Marktforschung im Kulturbereich haben. So führt beispielsweise das beim Badischen Landesmuseum Karlsruhe angesiedelte Zentrum für Evaluation und Besucherforschung Besucherbefragungen für Museen durch. 163 Die Untersuchung kann natürlich auch in Kooperation mit einer Universität, mit Studierenden als Seminarkooperation, erfolgen, was dann die Kosten niedriger hält. Darüber hinaus beraten die Interessenverbände der jeweiligen Kultursparten, wie der Deutsche Museumsbund oder der Deutsche Bühnenverein, Kultureinrichtungen bei der Entwicklung von Besucherumfragen. Will ein Kulturbetrieb den Fragebogen selbst entwickeln, kann er sich an Publikationen orientieren, die einen Leitfaden zur konkreten Besucherforschung

163 Siehe www.landesmuseum.de/website/Deutsch/Service/ZEB/Ueber_uns.htm (Zugriff: 15.3.2011).

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bereitstellen.164 Noch einfacher ist es freilich, sich den Fragebogen von ähnlichen Organisationen zu besorgen, die regelmäßig Besucherforschung durchführen. Dessen ungeachtet werden im Folgenden die wesentlichen Grundlagen und Prinzipien der Fragebogenerstellung thematisiert. Denn das Kulturmanagement muss sich an der Fragebogen-Entwicklung verantwortlich und richtungsweisend beteiligen, um zu garantieren, dass der Fragebogen die individuellen Erfordernisse und Gegebenheiten des Kulturbetriebs berücksichtigt. Die Grundregeln zur formalen und inhaltlichen Gestaltung des Fragebogens Zunächst ist es wichtig, gleich in der Einleitung des Fragebogens die Besucher zu motivieren, sich die Zeit zum gewissenhaften Ausfüllen zu nehmen. Es sollte deutlich formuliert werden, dass der Kulturbetrieb um aktive Mithilfe bittet, damit er qualitätsorientiert auf die Besucherbeurteilungen reagieren kann und seine Leistungen verbessern kann. Für die Konzeption des Fragebogens sind formale und inhaltliche Regeln zu befolgen, um zu gewährleisten, dass die Besucher bereitwillig den Fragebogen beantworten und sich die Zeit dafür nehmen, ihn gewissenhaft auszufüllen. Grundsätzlich ist zu beachten, dass mit einer Befragung eine soziale Situation hergestellt wird und mitbedacht werden muss, welche Wahrnehmungsfaktoren den Befragten bei der Verarbeitung der Fragen beeinflussen:165

• • •

Kognitiv: Die Erinnerungsleistung ist vom Alter abhängig. Emotional: Man sollte keine Fragen stellen, die den Befragten verärgern könnten. Rational: Ich muss mitbedenken, dass der Befragte unter Umständen bei der Beantwortung mitreflektiert, welches soziale Image er vermittelt.

Es gibt verschiedene Frageformen, die unterschiedliche Beantwortungsformen ermöglichen:166 • •

offene Fragen: Der Besucher muss selbst die Antwort verfassen geschlossene Fragen mit folgender Differenzierung:

164 Siehe als Leitfaden für einen Besucherfragebogen für Theater und Orchester Butzer-Strothmann et al. 2001. Für die Publikumsforschung an Museen siehe Reussner 2010. 165 Zu den folgenden Wahrnehmungsfaktoren siehe Glogner 2008, S. 598f. 166 Zu den folgenden Frageformen siehe ebd., S. 600.

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-

Dichotomiefragen: Ja/Nein Alternativfragen: Nur eine von mehreren genannten Antworten ist möglich Fragen mit Mehrfachantworten: zum Beispiel, wie man sich über die Ausstellungen in einem Museum informiert Rating- und Ranking-Fragen: Skala mit den Polen sehr wichtig bis überhaupt nicht wichtig Filterfragen: Wenn ich zum Beispiel herausfinden möchte, wie oft jemand Online Tickets bestellt, muss ich vorher zunächst fragen, ob die Person überhaupt diese Möglichkeit nutzt, wenn nicht, kann sie den Frageblock überspringen

Bei der Formulierung der Fragen sind folgende Regeln zu beachten:167 • • • • • • •

kurz, verständlich, präzise, möglichst keine Fremdwörter keine Anbiederung wie beispielsweise die Verwendung eines Jugendjargons keine doppelten Verneinungen die Antwortkategorien müssen sich klar voneinander abgrenzen, erschöpfend und präzise sein keine mehrdimensionalen Fragen, in denen mehrere Themen angesprochen werden keine Suggestivfragen keine Überforderung

Bei dem Auf bau und der Gestaltung des Fragebogens muss beachtet werden:168 •



• •

Zu Beginn höfliche Ansprache des zu Befragenden mit der Erklärung, warum die Befragung durchgeführt wird. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Befragung anonym ist. Als Einstiegsfrage beginnt man mit einem sogenannten »Eisbrecher«, zum Beispiel, welchen Begriff man mit dem Kulturinstitut am ehesten verbindet. Wichtig ist, nicht mit Negativfragen oder komplizierten Fragen zu beginnen. Soziodemografische Fragen gehören an den Schluss; sie könnten am Anfang als zu neugierig empfunden werden.

167 Zu den folgenden Regeln siehe ebd., S. 601. 168 Zu den folgenden Kriterien siehe ebd., S. 602f.

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• • • • •

Beim Gesamtaufbau ist zu beachten, dass es bei der Aufmerksamkeit eine Spannungskurve gibt. Das Interesse nimmt folglich mit der Dauer ab. Dementsprechend sind die wichtigsten Fragen im zweiten Drittel zu stellen. Auch unangenehme Fragen gehören an den Schluss. Soll der Fragebogen im Rahmen einer Veranstaltung ausgefüllt werden, sollte seine Beantwortung nicht länger als 15 Minuten dauern. Ein ansprechendes Design ist wichtig. Es sollte ein gut lesbarer Schrifttyp verwendet werden.

Die Nutzendimensionen des Besuchs von Kulturveranstaltungen Die Aufstellung von Themenbereichen und die konkrete Formulierung der einzelnen Fragen sind entscheidend für die Aussagerelevanz der Ergebnisse. Um die Fragekomplexe zu strukturieren, ist die Vorüberlegung wegweisend, welchen Nutzen Besucher aus der Kulturleistung ziehen. Hier lassen sich folgende Nutzendimensionen unterschieden:169

• • • •

Servicenutzen: die Hilfestellung und Annehmlichkeiten, die der Besucher erhält sozialer Nutzen: der gesellige, vielleicht auch geschäftliche Kontakt mit gleichgesinnten Mitbesuchern Kernnutzen: der Konsum des Kulturprodukts, die Rezeption kultureller Darbietungen symbolischer Nutzen: das mit dem Kulturereignis verbundene Image und Prestige für den Besucher

Diese Nutzendimensionen sollten zunächst abgefragt werden, um eine Orientierung zu haben, was den Kunden zum Veranstaltungsbesuch motiviert. Folgende Fragen könnten hierfür formuliert werden: Warum gehen Sie in unsere Kultureinrichtung? weniger wichtig bis ganz wichtig Unterhaltung … Bildung … inhaltliches Interesse … soziale Kontakte … Entspannung …

… … … … …

… … … … …

169 Zu den folgenden Nutzendimensionen siehe Klein 2008b, S. 88f.

… … … … …

… … … … …

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

Die verschiedenen Nutzendimensionen machen deutlich, dass das Kulturereignis vom Besucher als ein Gesamterlebnis beurteilt und erfahren wird. 170 Dementsprechend muss die Befragung dieser vielschichtigen Nutzung von Kulturprodukten Rechnung tragen. Anhand der Nutzendimensionen lassen sich verschiedene Fragekomplexe strukturieren. Der Themenkomplex zur Analyse der Servicequalität Besucher von Kultureinrichtungen definieren sich zunehmend als Kunden, die die gleiche Servicequalität wie bei jeder anderen Dienstleistung erwarten. Dem Service, den Kultureinrichtungen bieten, kommt hier ein hoher Stellenwert zu. So lassen sich für Kulturveranstaltungen folgende Formen von Serviceleistungen definieren:171





Service im Vorfeld (pre-sales-services) - Die effiziente Distribution des Veranstaltungsprogramms: die flächendeckende Verteilung von Monatsprogrammen, Veranstaltungsankündigungen in allen relevanten Medien usw. - Telefon- und Internet-Infoservice: Kontinuierliche Pflege und Aktualisierung der Veranstaltungsangebote auf den eigenen Online-Medien wie die Homepage und Facebook sowie Sicherstellung der Informationsübermittlung an die Hotline-Mitarbeiter z.B. durch monatliche Sitzungen, in denen die Programmverantwortlichen die Veranstaltungsneuheiten erläutern - Verkaufsservice (sales-services): Ticketing am Telefon, an der Kasse, über Internet Sekundärleistungen (value-added-services) - Annehmlichkeit der Räumlichkeiten - Hilfestellung für Besucher durch Kontaktpersonal - Pünktlicher Veranstaltungsbeginn - Beschwerdemanagement - Catering - Übertitel bei fremdsprachigen Vorstellungen - Programmheft - Begleitveranstaltungen: Einführung, Matinée, Nachbereitung - Buchladen/Kulturshop - Kombiticket mit Verkehrsbetrieben - Öffentliche Telefonzelle im Foyer

170 Ebd. S. 87. 171

Zu den folgenden Formen der Serviceleistungen siehe ebd., S. 102-113.

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-

Merchandising Tag der offenen Tür Kinderbetreuung Taxidienst für Besucher

Auf dieser Grundlage sind geschlossene Fragen zu entwickeln, mit denen sich die Zufriedenheit der Besucher mit den angebotenen Serviceleistungen bewerten lässt. Als Beispiel können hier die möglichen Fragen zum Catering eine Orientierung zur Formulierung geben: Wie beurteilen Sie das Catering? (in Schulnoten) … … … … … … sehr gut ungenügend Ist das Angebot ausreichend? für Getränke: Ja … für Snacks: Ja …

Nein … Nein …

Ist die Qualität gut? für Getränke: Ja … für Snacks: Ja …

Nein … Nein …

Empfinden Sie die Preise als angemessen? Ja … Nein … Mussten Sie lange auf ihre Getränke und Speisen warten? Ja … Nein … Wurden Sie freundlich bedient? Ja … Nein … Darüber hinaus sollte aber auch in offenen Fragen untersucht werden, welche Serviceleistungen zusätzlich wünschenswert für die Besucher wären. Der Themenkomplex zur Analyse der sozialen und symbolischen Qualität Beim symbolischen und sozialen Nutzen ist entscheidend herauszufinden, welcher Typus von Besucher hierauf größeren Wert legt. Dazu müssen soziodemografische Angaben im Fragebogen erhoben werden, die Altersspanne, Geschlecht, Wohnort, Bildungsabschluss und Berufsgruppe abfragen.

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Neben den sozio-demografischen Angaben lassen sich noch Besucherstatus (z.B. Vollzahler oder Abonnent), verhaltensorientierte Merkmale (z.B. Besuchsfrequenz, Aktivitäten vor und nach dem Theaterbesuch), die Preisakzeptanz und psychologische Merkmale (Einstellungen, Wertvorstellungen) abzufragen, um ein vollständiges Profil der Besucher zu ermitteln.172 Im Hinblick auf den symbolischen Nutzen sind Fragen zur Wahrnehmung und zum Image der Institution in der Öffentlichkeit zu stellen. Der am Imagenutzen orientierte Besucher legt natürlich Wert darauf, dass die Kultureinrichtung ein hohes Image in der Öffentlichkeit hat. Werden hier von den Besuchern Mängel festgestellt, kann das das Interesse derjenigen Kunden am Kulturbesuch beeinträchtigen, die aus Prestigegründen in die Veranstaltungen gehen. Hier sollte auch die Frage eingebunden werden, welche gesellschaftliche Funktion der Kulturbetrieb nach Ansicht der Besucher erfüllt. In dem Zusammenhang lässt sich ebenfalls ermitteln, ob das Leitbild der Kultureinrichtung von den Besuchern wahrgenommen wird. Der Themenkomplex zur Analyse der Veranstaltungsqualität Zweifelsohne steht bei aller Relevanz der zusätzlichen Leistungen einer Kultureinrichtung das Veranstaltungsangebot selbst im Zentrum der Kundenerwartung. Hier muss der Fragebogen präzise ermitteln, welche Vorlieben und Interessen die Besucher haben und wie sie die Qualität beurteilen. Für die Analyse der Beliebtheit der verschiedenen Veranstaltungstypen können die folgenden Fragen bezogen auf ein Dreisparten-Theater den Fragekomplex zum Kernnutzen exemplarisch veranschaulichen:

Welche Theatervorstellungen interessieren Sie besonders? (Mehrfachnennungen sind möglich) … Schauspiel … Tragödie … Komödie … Werkgetreue Inszenierungen … Moderne Inszenierungen … Zeitgenössische Werke … Klassiker … Politische Auseinandersetzung … Gefühle und Leidenschaft

172 Hausmann 2005, S. 53.

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… Oper … Operette … Musicals … Tragische Opern … Komische Opern … Werkgetreue Inszenierungen … Moderne Inszenierungen … Zeitgenössische Werke … Klassiker … Politische Auseinandersetzung … Gefühle und Leidenschaft … Tanz … Klassisches Ballett … Modernes Tanztheater … Politische Auseinandersetzung … Gefühle und Leidenschaft Mit diesem Fragekomplex wird ein präzises Profil der Interessen am Vorstellungsbesuch analysiert, indem nach Sparten, Gattungen und inhaltlicher Ausrichtung differenziert wird. Nicht fehlen darf selbstverständlich die Frage nach der Zufriedenheit mit der Qualität der Darbietungen, wobei auch hier nach Veranstaltungsformen zu differenzieren ist. In einer offenen Frage ist aber auch nach den Wünschen des Publikums zu fragen, die vom derzeitigen Programm nicht abgedeckt werden. In dem Zusammenhang sollten auch generell die Freizeitaktivitäten, besonders die Kulturnutzung außerhalb der Kultureinrichtung, abgefragt werden. Sie trägt dem Umstand der Erlebnisgesellschaft Rechnung, dass der Besuch einer Kultureinrichtung eine Freizeitmaßnahme unter vielen ist. Genau diese Datenerhebung wird aus meiner bisherigen Erfahrung zu wenig berücksichtigt. Die Ergebnisse können Anhaltspunkte geben, welche neuen Programmangebote eine Kultureinrichtung zur intensiveren Kundenbindung gegebenenfalls entwickeln kann. Die Fragen hierzu lassen sich folgendermaßen formulieren: Was machen Sie in der Freizeit am liebsten? … Sport/Fitness/Wellness … Besuch von Kulturveranstaltungen … Lesen … Ehrenamtliche Tätigkeiten … Musik … Heimwerken/Basteln

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Welche kulturellen Angebote nutzen Sie? … Konzert: … Klassik, … Pop, … Rock, … Jazz … Museen/Ausstellungen … Literaturveranstaltungen/Lesungen/Diskussionen … Kino … Musicals … Schauspiel … Oper … Ballett/Tanztheater Wofür geben sie das meiste Geld aus? … Kultur … Technik/Multimedia … Sport … Mode/Kleidung … Ausgehen … Urlaub … Heimwerken Die thematisierten Fragekomplexe und Beispielfragen verstehen sich nicht als ein vollständiger Leitfaden zur Kulturpublikumsbefragung. Das würde den Rahmen des Handbuchs sprengen. Sie geben aber eine Kontur vor, welche Themenbereiche in der Besucherbefragung unbedingt zu berücksichtigen sind. Die vielfältigen Aspekte und die mit den Fragen verbundenen Implikationen verdeutlichen, wie komplex der Auf bau eines Fragebogens ist. Deswegen sei an dieser Stelle nochmals als Appell formuliert, dass es angesichts der knappen Personal- und Zeitressourcen eines Kulturbetriebs unbedingt anzuraten ist, externe Fachleute für die Besucherbefragung hinzuzuziehen. Das Interview mit ausgewählten Personen Eine merkmalsorientierte Befragung sollte ebenfalls mit Sponsoren, Partnern, den für die Kultureinrichtung wichtigen politischen Funktionären und mit herausragenden Personen des öffentlichen Lebens durchgeführt werden. Hier bietet sich allerdings das persönliche qualitative Interview an, um zum einen die Wertschätzung des Befragten zum Ausdruck zu bringen und zum anderen auf einzelne Qualitätswahrnehmungen detaillierter eingehen zu können. Hierfür ist ein Leitfaden zu erstellen, der die wichtigen Fragen strukturiert und bündelt.

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Folgende methodisch-technischen Kriterien sind bei der Durchführung der Interviews zu beachten:173 • •

• • • • •



Standardisierung von Fragen, die sich dann aber in der Ausformulierung dem Sprachcode des Befragten anpassen Standardisierung des Verlaufs: Die Reihenfolge sollte flexibel sein und sich aus dem Gesprächsverlauf ergeben. Es macht Sinn, Fragenblöcke zu bilden Offenheit: keine geschlossenen Fragen Gestaltung der Situation: angenehme, entspannte Atmosphäre Dauer: abhängig von der Gesprächsbereitschaft des Interviewpartners notwendige Kompetenzen: Hohes Maß an intellektueller und kommunikativer Kompetenz, Einfühlungsvermögen, Animationsbegabung  Verhältnis zwischen Interviewer und Interviewpartner: Der Interviewer bleibt passiv, kommentiert nicht und stellt erst die nächste Frage, wenn der Befragte ausgeredet hat Strukturierung des Interviews durch Sondierungsfragen zum Einstieg, Leitfadenfragen, mit denen die wesentlichen Themen abgehandelt werden und Ad-hoc-Fragen des Interviewten, die der Interviewer zulässt und positiv lenkt.

6.2.4

Die sequenzielle Ereignisanalyse in der subjektiven Wahrnehmung der Kunden Bei der ereignisorientierten Messung beurteilt der Kunde den Leistungsprozess.174 Diese Messmethode sollte eingesetzt werden, wenn das Management zwar weiß, dass Kunden bei einer bestimmten Leistung die Qualität bemängeln, nicht aber genau in Erfahrung bringen kann, an welcher Stelle des Leistungsprozesses die Qualität beeinträchtigt wird. 175 Für diese Form der Analyse bietet sich die sequenzielle Ereignismethode an. Hierzu wird zunächst der Leistungsprozess in seine einzelnen Abschnitte zerlegt, die in der grafischen Darstellung eines Blueprints aufgelistet werden können.176 Anhand des Blueprints werden die Kunden zu den einzelnen Kontaktsituationen des Leistungsprozesses befragt. Als Beispiel kann hier der Konzertbesuch am Abend herangezogen werden und zwar im Hinblick auf die Serviceleistungen vor Konzertbeginn, angefangen vom Eintritt des Besuchers ins Konzerthaus bis zum Einnehmen des Sitzplatzes. 173 Zu den folgenden Kriterien siehe Glogner 2008, S. 604f. 174 Bruhn 2006, S. 114. 175 Vgl. ebd., S. 89. 176 Ebd., S. 114.

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Blueprint für einen Konzertbesuch Betreten des Foyers

Abholen der reservierten Karte am Schalter

Abgeben des Mantels an der Garderobe

Kaufen eines Programmheftes

Getränk im Foyer-Restaurant einnehmen

Nutzung der Toilette

Suchen des richtigen Eingangs zum Konzertsaal

Einnehmen des Sitzplatzes im Konzertsaal

Die einzelnen Stationen bilden gleichsam Servicekontaktpunkte, nach deren Qualitätswahrnehmung nun der Kunde befragt werden kann, wie zum Beispiel, ob er lange an der Kasse und an der Garderobe anstehen musste, er den Programmheftverkauf gleich gefunden hat, das Preis-Leistungs-Verhältnis seines Getränks in Ordnung war, die Toiletten sauber waren, das Logenpersonal ihm bei der Platzeinnahme behilflich war etc. 6.2.5

Das Beschwerdemanagement als problemorientierte Analyse aus Kundensicht Bei der problemorientierten Analyse »werden aus Kundensicht qualitätsrelevante Problemfelder im Rahmen der Leistungserstellung betrachtet«. 177 Für Kulturbetriebe eignet sich hier besonders die Beschwerdeanalyse in Form 177 Ebd., S. 126.

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eines Beschwerdemanagements. Es ist leicht einzurichten und verursacht geringe Kosten. Allerdings kann Beschwerdemanagement sehr zeitintensiv sein und bedarf einer strategischen Implementierung mit klarer Verantwortungszuweisung an die Beteiligten. Die wesentlichen Vorteile dieser problemorientierten Analyse sind: • • •

Der Kunde kann sich zeitnah und auf das konkrete Problem bezogen zu den Qualitätsmängeln äußern.178 Die Beschwerdeanalyse ermöglicht eine kontinuierliche Qualitätsmessung durch die Kunden. Beschwerdemanagement ist ein wichtiges Instrument der Kundenbindung, um Kundenzufriedenheit wiederherzustellen.179

Der Beschwerdemanagement-Prozess erfordert die Einführung folgender Ablaufschritte:180 Beschwerdestimulierung: Das offensive Angebot an Besucher, ihre Kritik zu äußern, muss auf allen Publikationen (Monatsprogramm, Jahresvorschau, Homepage usw.) unter Angabe von Telefonnummer, Post- und E-MailAdresse veröffentlicht werden. Zusätzlich sollte noch im Foyer der Kultureinrichtung ein »Kummerkasten« platziert werden. 2. Beschwerdeannahme: Unter der veröffentlichten Beschwerdeadresse müssen Mitarbeiter verbindlich erreichbar sein, die die Beschwerde annehmen. Sinnvollerweise sollte hierfür die Marketing-Abteilung oder PR-Stelle die Zuständigkeit erhalten. Höfliche und freundliche Behandlung des sich beschwerenden Besuchers müssen unbedingt gewährleistet sein. Der erste Schritt dazu ist im Falle eines Gesprächs, den Kunden ausreden zu lassen und ihm zuzuhören. Dem Kunden wird auf diese Art und Weise die Möglichkeit gegeben, seinem Ärger Luft zu verschaffen, was das weitere Gespräch erleichtert. 3. Beschwerdebearbeitung und -reaktion: Beschwerdemanagement kann nur dann effizient sein, wenn der Kunde innerhalb kurzer Zeit Antwort erhält. Das setzt voraus, dass analysiert werden muss, ob und wie der vom Besucher monierte Qualitätsmangel zu beheben ist. Es ist wichtig, dass der Kunde im persönlichen Kontakt das Gefühl vermittelt bekommt, dass seine Beschwerde ernst genommen wird, sich die Kultureinrichtung da1.

178 Bruhn 2005, S. 255. 179 Stauss 1998, S. 216. Siehe auch Klein 2008b, S. 231f. 180 Zu den folgenden Ablaufschritten siehe Stauss 1998, S.  217f. Siehe auch Klein 2008b, S. 241.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

mit auseinandersetzt und nach einer Lösung des Problems sucht. Für die Beschwerdekommunikation ist für die Mitarbeiter eine einheitliche Sprachregelung zu entwickeln. Es empfiehlt sich, das Kundenkontaktpersonal wie Kassenmitarbeiter, Foyer-Personal (am Infoschalter, am Einlass, an der Programmtheke, der Garderobe und im Catering) und MarketingMitarbeiter hierfür zu schulen. 4. Beschwerdekontrolle: Der Beschwerdemanager muss überprüfen, ob tatsächlich Verbesserungen und Problemlösungen umgesetzt worden sind. Der Kunde sollte dann nochmals kontaktiert werden, um zu erfahren, ob alles zu seiner Zufriedenheit gelöst wurde. Beschwerdemanagement ist ein unkompliziert einzuführendes, kontinuierliches und langfristiges Instrument besucherorientierter Qualitätsanalyse, das den wesentlichen Vorteil besitzt, dass der Kulturbetrieb zeitnah über Probleme und Mängel informiert wird. Gleichzeitig wird durch die aktive Beschwerdeanalyse die Kundenbindung gefestigt. Häufig betreffen die Beschwerden des Kulturbesuchers die Qualität von Veranstaltungen, die meistens vom persönlichen Geschmack abhängig sind. Aktives Beschwerdemanagement heißt keineswegs, dass jedem Besucher das gegeben wird, was er verlangt. Die Erfahrung zeigt aber, dass das persönliche Gespräch über die Veranstaltung, in dem die Intentionen und Zielsetzungen der Kunstproduzenten erklärt werden, die Verärgerung des Besuchers mindert. Dabei sollte keineswegs der Versuch unternommen werden, den Kunden zu bekehren. Es geht darum, beim Kunden Verständnis aufzubauen und gleichzeitig sein Urteil zu akzeptieren. 6.3

Die managementorientierten Methoden der organisationsinternen Analyse

Die auf die Organisation bezogenen internen Messverfahren, die die Qualität aus der Perspektive von Managern und Mitarbeitern untersuchen, unterscheiden sich in management- und mitarbeiterorientierte Analysen. 181 Bei den Managementverfahren kommen im Bereich von Non-ProfitOrganisationen hauptsächlich die Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) sowie das Benchmarking zum Einsatz.

181 Bruhn 2005, S. 255.

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6.3.1 Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) Die FMEA zielt auf proaktive Fehlervermeidung ab, indem Leitungsmitglieder den Leistungsprozess auf mögliche Fehler untersuchen. 182 Ein Hilfsmittel kann hier der Blueprint sein, wie er schon bei der sequenziellen Ereignismethode zum Einsatz gekommen ist. Grundprinzip der FMEA ist beim Kunden erst gar keine Verärgerung über Fehler und Mängel der angebotenen Leistung auf kommen zu lassen. Die Arbeitsschritte für die FMEA sind:183

• •

• •

Fehlerbeschreibung: Mögliche und wahrscheinliche Fehlerquellen werden systematisch dokumentiert. Risikobeurteilung: Hier wird bewertet, ob mögliche Fehler die Leistung so beeinträchtigen, dass sie vom Kunden als Qualitätsmangel wahrgenommen werden. Lösungen: Die Leitung entwickelt Maßnahmen, die gravierende Fehlerpotenziale minimieren. Kontrolle: Nach der Umsetzung von Maßnahmen ist zu überprüfen, ob sich das Risiko von Fehlern verringert hat.

Aufgabe des Managements ist es grundsätzlich, die Fehlermöglichkeiten von Leistungsprozessen niedrig zu halten. Für einen Kulturbetrieb ist es immer besser, Unzulänglichkeiten und Schwächen selbst zu erkennen und abzubauen, bevor sich seine Besucher beschweren. 6.3.2 Benchmarking Benchmarking ist eine Vergleichsmessung der eigenen Leistungen mit denen von Organisationen aus dem gleichen Bereich.184 Entscheidend ist bei dem Verfahren, dass hinsichtlich der Leistungsprozesse und -ergebnisse die Vergleichsgrößen der anderen Organisationen zugänglich sind. In der freien Wirtschaft ist das kein Problem, da hier Benchmarking zum Standard-Repertoire der Unternehmensphilosophie gehört und dementsprechend die Leistungskennzahlen von Unternehmen regelmäßig ermittelt und veröffentlicht werden. Bei Kultureinrichtungen sieht das ganz anders aus. Hier wird in der Regel nur das Zahlenmaterial zu Personal, Etat, Programmangebot und Besucherauslastung veröffentlicht. Diese Daten sind für ein Benchmarking nicht ausreichend. Dennoch gibt es auch im Kulturbereich mittlerweile Vergleichsanalysen. Sie werden meist von Kulturberatungsfirmen entweder im Auftrag von 182 Ebd., S. 257. 183 Zu den folgenden Arbeitsschritten siehe Bruhn 2006, S. 134ff. 184 Bruhn 2005, S. 257.

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Kulturbehörden oder von größeren Kultureinrichtungen durchgeführt. Allerdings werden die Ergebnisse meist nicht der gesamten Fachwelt zur Verfügung gestellt, was in der Regel die Bedingung dafür ist, dass mehrere Kultureinrichtungen sich am Benchmarking beteiligen.185 Hier ist sicherlich Aufklärungsarbeit notwendig, um einen offeneren Umgang mit den Leistungsdaten zu erreichen. Kultureinrichtungen der gleichen Sparte, die Kontakt miteinander haben, könnten sich hier zu Qualitätsgemeinschaften zusammenschließen, um gemeinsam aus Benchmarking Verbesserungsmöglichkeiten unter der Perspektive »des Lernen durch Vergleich« zu erarbeiten.186 In bestimmten Situationen macht es Sinn, eine Kulturberatungsfirma mit Benchmarking zu beauftragen. Wenn beispielsweise ein Legitimationszwang gegenüber dem Zuwendungsgeber hinsichtlich der Höhe der Ausgaben in bestimmten Arbeitsbereichen besteht, dann kann Benchmarking überzeugende und stichhaltige Argumente liefern. Im QM-Prozess von Kulturbetrieben lässt sich Benchmarking vor allem bezogen auf die Programm- und Serviceangebote durchführen. Durch den Vergleich der veröffentlichten Angebote lassen sich die eigenen Stärken und Schwächen analysieren. Gerade im Hinblick auf Kundenorientierung unterscheiden sich die Serviceleistungen von Kultureinrichtungen erheblich. Hier kann der Blick über den eigenen Tellerrand neue Einsichten und Impulse vermitteln. Der Arbeitsprozess des Benchmarking lässt sich folgendermaßen strukturieren:187 1. Auswahl der spartengleichen Einrichtungen gleicher Größenordnung 2. Fixierung der zu vergleichenden Leistungen 3. Aufstellung der Bewertungskriterien, z.B. nach Effizienz (Ressourcenaufwand) und Effektivität der Kundenorientierung 4. Ermittlung vergleichsadäquater, aussagekräftiger Messgrößen: Bei der Aufstellung von Kennzahlen sind die unterschiedlichen Voraussetzungen und Strukturen der Institutionen zu berücksichtigen 5. Auswertung des Leistungsvergleichs 185 So liegt dem Verfasser ein Benchmarking der Leistungskapazität von Theaterdekorationswerkstätten vor, das von einem Theater bei einer Beratungsfirma in Auftrag gegeben worden ist, um gegenüber der Kulturpolitik die enorme Leistungsfähigkeit bei geringem Personalstand zu belegen. Die Ergebnisse sind leider nicht zur Veröffentlichung freigegeben. 186 Vgl. Merchel 2004, S. 95. 187 Siehe zu den folgenden Arbeitsschritten ebd., S. 87ff.

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Der Vergleich mit anderen Kulturorganisationen auf gleicher Augenhöhe kann dem Management die Orientierung vermitteln, wo der Kulturbetrieb steht und woran er sich messen lassen muss. Der wesentliche Impuls liegt in der Überwindung der eigenen Betriebsblindheit und Selbstüberschätzung. 6.4

Die mitarbeiterorientierten Messverfahren

Mitarbeiterorientierung ist ein wesentliches Kriterium für Exzellenz. Exzellente Kundenbindung setzt Mitarbeiterbindung voraus. Die Zufriedenheit des Mitarbeiters wird nicht nur dadurch erreicht, dass er das Arbeitsklima als angenehm empfindet, sondern dass er aktiv in die Entscheidungsprozesse eingebunden wird. Das Sicherstellen von Zufriedenheit, Involvement und Identifikation der Mitarbeiter sind in der BWL kein philanthroper Selbstzweck. Sie sind vielmehr die Voraussetzung für einen einwandfreien Leistungsausstoß. Die Analysemethoden zielen dementsprechend zum einen auf die interne Wahrnehmung der Qualität der Arbeitssituation (Aufbau-, Ablauforganisation und Mitarbeiterzufriedenheit) und zum anderen auf die externe Beurteilung der Leistungsqualität, wie sie auch bei der Kundenbefragung in Form der subjektiven merkmalsorientierten Analyse angewendet wird. 188 6.4.1 Die Mitarbeiterbefragung zur externen Analyse der Qualität Die externe Qualitätsmessung durch die Mitarbeiterbefragung versucht zu ergründen, was aus Sicht der Mitarbeiter von Kunden besonders positiv oder negativ wahrgenommen wird, wie sie die Qualität selber beurteilen und welches Qualitätsbewusstsein und -wissen bei den Mitarbeitern vorhanden ist.189 Hierzu kann modifiziert der gleiche Fragebogen wie bei der Besucherbefragung herangezogen werden. Die Verwendung des Besucherfragebogens trägt dem Umstand Rechnung, dass auch der Mitarbeiter Kunde ist, der nicht nur an der Leistungserstellung beteiligt ist, sondern die Kulturangebote auch nutzt. Um Probleme im Rahmen der Servicequalität zu identifizieren, lassen sich nach Zeithaml et al. zwei zentrale Fragen einsetzen:190



»Welches ist das größte Problem, das sich Ihnen in Ihrem täglichen Bemühen um ein hochqualitatives Angebot an Ihre Kunden stellt?«

188 Bruhn 2006, S. 140ff. 189 Ebd., S. 140. 190 Zu den folgenden Fragen siehe Zeithaml et al. 1992, S.  167. Zitiert nach Bruhn 2006, S. 141.

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»Wenn Sie für einen Tag Vorsitzender Ihrer Gesellschaft wären und dürften nur eine Entscheidung in Bezug auf die Verbesserung der Qualität treffen, welche Entscheidung würden Sie treffen?«

Mit den beiden Fragen lässt sich zwar keine flächendeckende Problemanalyse umsetzen, aber die Leitung erhält wichtige Anhaltspunkte über eklatante Problembereiche, die ihr vielleicht vorher noch nicht bekannt waren.191 Mit der extern orientierten Analysemethode erhält die Kultureinrichtung ein präzises Bild, wie die Mitarbeiter die Programmangebote beurteilen, wie sie die Publikumsresonanz einschätzen und welche Kundenorientierung bei den Mitarbeitern vorherrscht. 6.4.2 Die Mitarbeiterbefragung zur internen Analyse der Qualität Für die Analyse der individuellen Leistungsqualität und der persönlichen Probleme mit der Arbeitssituation sollte das Einzelgespräch zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern durchgeführt werden. Hier können gleichzeitig Zielvereinbarungen zur Qualitätsverbesserung getroffen werden. Für die Analyse der Organisationskultur ist das Gruppengespräch das zentrale Instrument, da es hier um kollektive Werte und Sinnsetzungen geht. 192 Für die sachbezogene Beurteilung der Arbeitsprozesse und -strukturen sowie für die Ermittlung der Mitarbeiterzufriedenheit kann wiederum der Fragebogen eingesetzt werden, um durch die Anonymität zu garantieren, dass die Mitarbeiter wirklich offen und ehrlich antworten. Für alle Formen der intern ausgerichteten Mitarbeiterbefragung ist je nach Organisationsform der Betriebs- oder Personalrat einzubeziehen, um sicherzustellen, dass das Betriebsverfassungsgesetz oder das Personalvertretungsgesetz nicht verletzt werden.193 Der Fragebogen zur Qualität von Aufbau-, Ablauforganisation und Mitarbeiterzufriedenheit Die intern orientierte Mitarbeiterbefragung befördert gleichzeitig Qualitätsund Personalentwicklung. Sie analysiert den momentanen Zustand der Organisation, ihre Stärken und Schwächen, und eröffnet Perspektiven für eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit. Sie ist ein komplexes Instrument der Organisationsentwicklung und markiert die Intention, Mitarbeiter zu beteiligen. Ihr herausragender Stellenwert für die Exzellenzentwicklung lässt es wie schon bei der Besucherforschung ratsam erscheinen, externe Berater 191 Bruhn 2006, S. 141. 192 Schein 2003, S. 71. 193 Winkler/Hof bauer 2010, S. 332ff. Siehe auch Domsch/Ladwig 1999, S. 614f.

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hinzuzuziehen. Auch hier gilt, dass sich das Management aktiv einbeziehen muss, um sicherzustellen, dass ein auf die Kultureinrichtung individuell abgestimmter Fragebogen entwickelt wird. Eine präzise Orientierung und eine exzellente Vorlage für den zu erarbeitenden Fragebogen bietet die von der Bertelsmann-Stiftung mit der Stadt Bielefeld von 1991 bis 1994 durchgeführte Mitarbeiterbefragung im Kulturbereich. Ihre Dokumentation Wirkungsvolle Strukturen im Kulturbereich. Dokumentation einer Mitarbeiterbefragung im Kulturdezernat der Stadt Bielefeld 194 enthält einen umfangreichen Fragebogen, dessen Beantwortung ca. eine Stunde in Anspruch nimmt. 195 Der Fragebogen lässt sich konkret als Vorlage benutzen, um die Fragen für den Kulturbetrieb zu individualisieren. Gegebenenfalls sind weitere Fragen zu Arbeitsprozessen und -strukturen hinzuzufügen. Die Fragenkomplexe unterteilen sich in folgende Themenbereiche:196 • • • • • • • • • •

Arbeitsinhalte Arbeitsorganisation Arbeitsbelastungen Arbeitsbedingungen Betriebsklima Berufliche Entwicklung Mitarbeiterbeteiligung Arbeitszeitreglung und Aspekte der Besoldung Personalführung Fragen zur Person

Es macht Sinn, die Fragebögen der internen und externen Qualitätsbeurteilung zusammenzuführen, um so eine konzertierte Fragebogen-Aktion durchführen zu können, die den Mitarbeitern die Möglichkeit gibt, in einem konzentrierten, zugegebenermaßen zeitintensiven Arbeitsaufwand alle Fragen zu beantworten. Die Wichtigkeit der Teilnahme aller Mitarbeiter muss intensiv im Vorfeld kommuniziert werden. Die Ergebnisse müssen schließlich repräsentativ und aussagekräftig für den gesamten Kulturbetrieb sein. Dennoch sind Freiwilligkeit und Anonymität zu gewährleisten. Nur so kann sich die Leitung sicher sein, dass die Antworten authentisch sind. Darüber hinaus muss den Mitarbeitern die Möglichkeit gegeben werden, dass sie den Fragebogen während ihrer Arbeitszeit ausfüllen.

194 Pöhl (Hg.) 1995. 195 Ebd., S. 89. 196 Zu den folgenden Themenbereichen siehe ebd., S. 89-110.

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Das Mitarbeitergespräch Auf der Grundlage der bisherigen Analyseergebnisse können jetzt die Qualitätsstärken und -schwächen in den verschiedenen Arbeitsbereichen identifiziert werden. Die konkreten Anforderungen zur Leistungsverbesserung lassen sich über Einzelgespräche der Vorgesetzten mit den Mitarbeitern ermitteln. Zur Überführung der Analyse in die Planungsphase müssen die Abteilungsleiter mit den Mitarbeitern zum Abschluss des Gesprächs Zielvereinbarungen treffen. Falls in der Kultureinrichtung bislang keine Mitarbeitergespräche systematisch durchgeführt worden sind, ist es ratsam, die Vorgesetzten dafür zu schulen. Im KQM-Prozess werden die verschiedenen Funktionen des Gesprächs zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter möglichst vollständig angewendet. Die Nutzendimensionen des Mitarbeitergesprächs lassen sich folgendermaßen definieren:197

• • • •

Verbesserung der Kommunikation und der Zusammenarbeit Vereinbarung von überprüfbaren Aufgaben und Zielen Steigerung der Selbstverantwortung Förderung der Kompetenz- und Leistungsentwicklung

Das Mitarbeitergespräch sollte sich unterteilen in die Bestandsaufnahme (Beschreibung der Arbeitssituation und Leistungsbeurteilung aus Sicht des Mitarbeiters) und Zielvereinbarung (gemeinsame Festlegung von Aufgaben und Zielen). Als Gesprächsstil bietet sich im ersten Teil des Mitarbeitergesprächs die nondirektive Ausrichtung an, bei der der Vorgesetzte in erster Linie das Gespräch moderiert und durch aktives Zuhören dem Mitarbeiter die Möglichkeit gibt, sich tatkräftig einzubringen.198 Das nondirektive Gespräch schafft ein Klima gegenseitigen Vertrauens und orientiert sich grundlegend an den Problemen und Bedürfnissen des Mitarbeiters.199 Die wichtigsten Kriterien zur Gesprächsführung sind:200 • • • •

Der Vorgesetzte legt zu Beginn den Gesprächsrahmen fest. Er zeigt großes Interesse. Er hört aktiv zu und spricht wenig. Er lässt den Mitarbeiter ausreden.

197 Winkler/Hof bauer 2010, S. 7. 198 Siehe zu den folgenden Nutzendimensionen Neumann 1991, S. 178-185. 199 Ebd., S. 177. 200 Zu den folgenden Kriterien der Gesprächsführung siehe ebd., S. 178f.

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• • • • •

Er motiviert den Mitarbeiter zu sprechen; entweder nonverbal durch Gestik und Mimik (z.B. zustimmendes Kopfnicken) oder verbal durch Zustimmung (z.B. »Ich verstehe«). Er stellt offene Fragen, die nicht nur mit Ja oder Nein beantwortet werden können. Er wiederholt das Gesagte zur Verstärkung und zur Präzision, womit er sich gleichzeitig rückversichert, ob er das Gesagte richtig verstanden hat. Er trifft keine Werturteile. Er erteilt keine Ratschläge. Er spricht und fragt in erster Linie, - um Ängste und Befürchtungen des Mitarbeiters abzubauen; - um den Mitarbeiter zu ermutigen; - um bei einem Thema nachzuhaken.

Wichtig ist bei dieser offenen Gesprächsform, dass der Vorgesetzte in der Lage ist, zwischen den Zeilen zu lesen, also die psychologische Fähigkeit besitzt, zu analysieren, was hinter den Andeutungen des Mitarbeiters verborgen liegt.201 Der Erfolg des nondirektiven Gesprächs ist abhängig von der Bereitschaft des Mitarbeiters, sich auf diese offene Form einzulassen. Merkt der Vorgesetzte, dass der Mitarbeiter sich nicht offen und ehrlich auf eine Selbstbeurteilung seiner Arbeitssituation und -leistung einlässt, dann ist es ratsam, zu dem direktiven Gesprächsstil überzuleiten und durch zielgerichtete Befragung das Gespräch zu steuern.202 Nach einer ersten gemeinsamen Auswertung der bisherigen Gesprächsergebnisse werden dann im zweiten Teil des Gesprächs Zielvereinbarungen getroffen. Es macht Sinn, dass für die Zielvereinbarung ein neuer Termin festgelegt wird, damit beide Seiten sich auf das Gespräch vorbereiten können. Das Management von Zielvereinbarungen ist ein effektives Steuerungsinstrument der Organisations- und Personalentwicklung. Es übernimmt im Qualitätsmanagement die Rolle der konkreten und verbindlichen Planung von Leistungsverbesserungen, die mittels genau definierter und individueller Zielfestlegungen zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter vereinbart werden. Die Steigerung der Produktivität, die Etablierung der Erfolgskontrolle und die Rationalisierung der Arbeitsprozesse werden durch die intensive und interaktive Einbindung der Mitarbeiter erreicht.203 Zielvereinbarungen steigern

201 Ebd., S. 179f. 202 Ebd., S. 185. 203 Eyer/Haussmann 2009, S. 14.

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die Mitarbeitermotivation, fördern die Eigenverantwortung und führen zur Identifikation mit der Organisation.204 Zur Vorbereitung auf das Zielvereinbarungsgespräch sollte sich der Mitarbeiter auf der Grundlage des ersten Gesprächs überlegen, welchen Beitrag zur Organisationsentwicklung und Qualitätsverbesserung er an seinem Arbeitsplatz zu leisten vermag. Dazu kann er sich an folgendem Fragenkatalog orientieren, der ihm vom Vorgesetzten auszuhändigen ist:205 • • • • • • • • • •

Worin bestehen die wesentlichen Herausforderungen des QM für die Organisation im Allgemeinen und für die Abteilung im Besonderen? Welchen Beitrag kann ich zur Bewältigung der Herausforderungen leisten? Für welche Ergebnisse bin ich verantwortlich? Welche Verbesserungsvorschläge habe ich? Welche Defizite gibt es in meinem Verantwortungsbereich? Was kann ich tun, um die Defizite zu beseitigen? Was sind meine Zielvorschläge zur Qualitätsverbesserung? In welcher Ablaufplanung lassen sich die Ziele realisieren? Welche Voraussetzungen müssen neu geschaffen werden? Wie kann mich der Vorgesetzte unterstützen?

Parallel dazu stellt der Abteilungsleiter, anhand der Ergebnisse des ersten Gesprächs, Kriterien zur Zielplanung auf. Er muss bei der Vereinbarung der individuellen Ziele für den Mitarbeiter darauf achten, dass sie horizontal (mit den Zielen der anderen Mitarbeiter der Abteilung oder mit gleichgestellten Abteilungen) und vertikal (mit den Zielen über- und untergeordneter Abteilungen) kompatibel sind.206 Die Vorbereitung des Vorgesetzten auf das Gespräch basiert auf folgenden Überlegungen:207 • • •

Worin bestehen die wesentlichen Herausforderungen für die Organisation und welche Ziele liegen in meiner Zuständigkeit? Worin besteht die wesentliche Verantwortung des Mitarbeiters? Was sind seine zentralen Aufgaben? Was sind seine Stärken und Schwächen?

204 Ebd. Siehe auch Klein 2008a, S. 192ff. 205 Für den folgenden Fragenkatalog vgl. Eyer/Haussmann 2009, S. 52. 206 Eyer/Haussmann 2009, S. 35. 207 Für die folgenden Vorbereitungskriterien vgl. ebd., S. 49.

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Möglichkeiten der weiteren Zusammenarbeit bei den folgenden Gesprächsergebnissen: - Mitarbeiter setzt ohne Vorbehalte auf Erfolg: Stärken stärken - Mitarbeiter verspricht Erfolg mit Einschränkungen: Stärken stärken und Schwächen abbauen - Mitarbeiter hat keine Aussicht auf Erfolg: andere Funktion suchen, Trennung überlegen, auf alle Fälle Entscheidung herbeiführen Wie könnten die Ziele für den Mitarbeiter nach dem jetzigen Stand formuliert werden?

Die wichtigsten Kommunikationsregeln für den Vorgesetzten sind auch hier wieder: aktives Zuhören und Verbalisieren des zwischen den Zeilen Gesagten.208 Zusätzlich kann die Anwendung von Feedback-Regeln für ein effektives Gesprächsklima sorgen und eine offene, respektvolle Auseinandersetzung mit gegenseitigen Leistungsbeurteilungen befördern.209 Beim Feedback-Geben ist zu beachten:210 • • • • •

nur selbst beobachtete und konkrete Ereignisse erörtern, keine Wahrnehmung von Dritten einbringen nicht über Charaktereigenschaften spekulieren, nur Verhaltensweisen thematisieren nur ehrlich und konkret beschreiben, nicht kritisieren Feedback als eigene Meinung, nicht als Wahrheit unterbreiten Feedback nicht als Handlungsanweisung, sondern als Orientierung vermitteln

Beim Feedback erhalten ist zu beachten:211 • • • • • •

zuhören und ausreden lassen erst nachdenken und später antworten nachfragen, ob alles richtig verstanden wurde; gegebenenfalls um Beispiele bitten keine Richtigstellung, keine Rechtfertigung Feedback als Lernchance begreifen Feedback nicht als Bewertung auffassen

208 Ebd., S. 55. 209 Ebd., S. 46. 210 Ebd. 211 Ebd.

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Feedback ist prinzipiell eine Methode, um Fremd- und Selbsteinschätzung miteinander zu vergleichen, um Stärken, Schwächen und Entwicklungspotenziale analysieren zu können.212 Es erleichtert im Zielvereinbarungsgespräch die offene Konfrontation mit Problemen, ohne dass sich der Gesprächspartner gemaßregelt fühlen muss. Die Festlegung von Zielen macht nur dann Sinn, wenn sie von Mitarbeitern motiviert sowie aktiv und angstfrei akzeptiert werden.213 Darüber hinaus müssen die Ziele klar abgesteckt, vom Mitarbeiter beinfluss- und erreichbar sein.214 Als Hilfsmittel zur richtigen Auswahl und Bestimmung von Zielen eignet sich das SMART-Prinzip.215 Hinter dem englischen Akronym stehen folgende Kriterien, die zur Vereinbarung von Zielen zu beachten sind:216 • • •

• •

Specific (spezifisch): Klar, verständlich und präzise formulierte Beschreibung, was erreicht werden soll. Measurable (messbar): Es müssen Kriterien definiert werden, mit denen die Zielerreichung präzise gemessen werden kann. Achievable (aktiv erreichbar): Es muss gewährleistet sein, dass sowohl Mitarbeiter als auch die Führungskraft die notwendige Kompetenz und auch die dazu benötigten Mittel haben, um die Ziele zu erreichen. Realistic (realistisch): Die Ziele müssen eine Herausforderung sein und dürfen gleichzeitig nicht überfordern. Timely (terminiert): Der Zeitpunkt, zu dem die Ziele erreicht sein sollen, muss verbindlich festgelegt werden. Hier lassen sich auch Zwischenschritte zur Zielerreichung terminieren.

Nehmen wir als Beispiel für eine Zielvereinbarung nach dem SMART-Prinzip die Leistungsverbesserung der Pausenbewirtung in einem Konzerthaus. Nach zahlreichen Beschwerden von Zuschauern, die nach dem Ende der Pause immer noch an der Getränketheke mit anderen Besuchern in der Schlange standen, trifft der Verwaltungsdirektor mit dem Leiter des Caterings eine Zielvereinbarung, um den Missstand zu beheben: In sechs Monaten soll gewährleistet sein, dass nach Pausenende nicht mehr als drei Besucher Getränke oder Snacks an einer Pausenbewirtungstheke verlangen. Diese Vereinbarung ist »spezifisch«. Sie ist klar formuliert, sie ist »messbar« und 212 Ebd., S. 45. 213 Klein 2008a, S. 196. 214 Ebd. Siehe auch Eyer/Haussmann 2009, S. 32. 215 Ebd., S. 36. 216 Zu den folgenden Kriterien siehe ebd., S. 36ff. Siehe auch Klein 2008a, S. 194.

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eindeutig »terminiert«. Um zu gewährleisten, dass das Ziel »aktiv erreichbar« und »realistisch« ist, muss gegebenenfalls der Catering-Verantwortliche gegenüber dem Verwaltungsdirektor neue Voraussetzungen einfordern. So könnte er den Verwaltungsdirektor davon überzeugen, dass das Ziel mit dem momentan vorhandenen Personal nicht zu realisieren ist. Es müsste gemeinsam analysiert werden, ob alle Mitarbeiter genügend qualifiziert sind, um den Pausenansturm schnell, korrekt und serviceorientiert bewältigen zu können. Wenn das der Fall sein sollte, müssten mehr Mitarbeiter für die Pausenbewirtung zur Verfügung gestellt werden. Es wäre gemeinsam zu überlegen, ob dann eine weitere Theke im Foyer einzurichten ist. Es könnte aber auch das Problem bestehen, dass genügend Mitarbeiter im Catering sind, aber einige Hilfskräfte nicht ausreichend qualifiziert sind. Dann wäre zu überlegen, ob es sinnvoller ist, die Mitarbeiter durch Schulungsmaßnahmen ausreichend zu qualifizieren, oder aber sich von ihnen zu trennen und neue Servicekräfte zu engagieren. Das Beispiel macht deutlich, dass hier mit der Zielvereinbarung weitere Zielvereinbarungen auf anderen Ebenen in Gang gesetzt werden müssen. Denn der Catering-Chef muss wiederum mit seinen Mitarbeitern Gespräche führen, um seine eigene Zielvereinbarung zu erfüllen. Die Situation zeigt darüber hinaus, dass Zielvereinbarungen konkret im QualitätsmanagementProzess angesiedelt sind. Qualität lässt sich nur verbessern, wenn sie über konkrete, messbare Ziele gesteuert wird. Mitarbeitergespräche kombiniert mit Zielvereinbarungen sind ohne Zweifel sehr zeitintensiv. Sie verlangen von der Führung ein großes Know-how und eine umfangreiche Kompetenz in der Gesprächsführung. Sie sind jedoch unverzichtbar. Denn letztlich bilden sie den Kern zur Qualitätsverbesserung. Mit Anweisungen und Anordnungen kann keine nachhaltige Verbesserung in der Aufbau- und Ablauforganisation in den Abteilungen erreicht werden. Nur durch das einzelne Gespräch mit den Mitarbeitern lässt sich bewerkstelligen, dass die Ziele des Qualitätsmanagements akzeptiert und realisiert werden. Dazu muss jeder einzelne Mitarbeiter am Entscheidungsprozess beteiligt werden, was durch Zielvereinbarungen hergestellt werden kann. Nur so lässt sich die Motivation der Mitarbeiter und ihre Identifikation mit den Zielen der Organisation kollektiv erzeugen. 6.4.3 Die Analyse der Organisationskultur Um die Rahmenbedingungen zu verstehen, die eine Identifikation der Mitarbeiter mit der Organisation ermöglichen, um also das kollektive Wertesystem der Belegschaft zu begreifen, bedarf es der Analyse der Organisa-

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tionskultur.217 Diese Aufarbeitung des Organisationszusammenhangs ist sicherlich am kompliziertesten. Wie wir bei der Betrachtung der Organisationskultur (im Kapitel II.3) gesehen haben, sind die Grundannahmen zur Arbeitsethik und zum kollektiven Selbstwertgefühl der Organisation den Mitarbeitern überwiegend nicht bewusst. Sie fließen dennoch in die tägliche Arbeit ein und beeinflussen indirekt das Qualitätsniveau. Um die Qualitätsverbesserung wirklich tief greifend steuern zu können, muss das Management das Grundwertesystem kennen. Was dem Mitarbeiter nicht bewusst ist, lässt sich nicht direkt abfragen. Dementsprechend sind Fragebögen zur Erforschung der Organisationskultur nicht Erfolg versprechend.218 Nach Edgar H. Schein lässt sich innerhalb von vier Stunden die Kultur in einer Arbeitsgruppe dechiffrieren, die aus mehreren Personen aus unterschiedlichen Bereichen und möglichst auch neuen Kollegen zusammengesetzt ist.219 Im ersten Schritt wird die Ausgangssituation erläutert: Die Analyse soll in Erfahrung bringen, ob die umfangreiche Qualitätsentwicklung mit der jetzigen Organisationskultur machbar ist oder ob sie sich weiterentwickeln muss, um KQM zu realisieren.220 In dem Zusammenhang sind den Teilnehmern die Ebenen der Organisationskultur (nach Edgar H. Schein) ausführlich zu erläutern. Die drei Ebenen »sichtbare Artefakte«, »bekundete Werte« und »Grundprämissen« geben die nächsten drei Arbeitsphasen vor. In den Arbeitsphasen »sichtbare Artefakte« und »bekundete Werte« wird innerhalb jeweils einer Stunde der Versuch unternommen, die jeweiligen Ebenen zu identifizieren.221 Der Moderator, der die den Ebenen zugeordneten möglichen Elemente bei der Gruppe abfragt, hält die Ergebnisse auf Flipcharts oder Metaplan fest. In der dritten Arbeitsphase werden bezogen auf konkret zu benennende QM-Maßnahmen die »Artefakte« und »Werte« miteinander verglichen, um ihre Kompatibilität zu ermitteln. Wenn Widersprüche und Konflikte beim Vergleich zutage treten, ist das ein Hinweis darauf, dass hier auf der dritten Ebene der unausgesprochenen gemeinsamen Annahmen die Ursache für die Nichtübereinstimmung liegt.222 In der Gruppendiskussion gilt es jetzt, die Ursache aufzuspüren und die unbewusst wirkende Annahme zu identifizieren.

217 Schein 2003, S. 69. 218 Ebd., S. 70f. 219 Ebd., S. 74. 220 Vgl. ebd. 221 Ebd., S. 75. 222 Ebd., S. 76.

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Folgendes Beispiel aus dem Theaterbereich kann den zugegebenermaßen komplexen und komplizierten Analyseprozess veranschaulichen: Das KQM eines Schauspielhauses stellt anhand seiner bisherigen Analyseergebnisse fest, dass die Intensivierung des Kinder- und Jugendprogramms zur deutlichen Verbesserung der Besucherzufriedenheit beitragen könnte. Diese Annahme stützt sich auf eine Besucherbefragung, bei der von einer erheblichen Anzahl von Besuchern das zu geringe Angebot kritisiert worden war. In der Arbeitsgruppe zur Organisationskulturanalyse wird daraufhin überprüft, ob die Erweiterung der Kinder- und Jugend-Angebote im Spielplan mit der Organisationskultur vereinbar ist. Auf der »Ebene der Artefakte« trägt die Arbeitsgruppe Aussagen zusammen, die zeigen, dass die Kinder- und Jugendarbeit als zentraler Bestandteil der Programmpolitik in verschiedenen Publikationen wie dem Spielzeitheft, aber auch vom Intendanten in verschiedenen Zeitungsinterviews offensiv propagiert wird. Auf der »Ebene der bekundeten Werte« stellt man aber fest, dass sowohl von den Schauspielern als auch von der Bühnentechnik und den Werkstätten die Inszenierungen der Kinder- und Jugendstücke als Nebensache, als notwendiges Übel behandelt werden. Ebenso fehlt ein kinder- und jugendgerechter Service im Foyer während der Veranstaltungen. In der Diskussion über diese Divergenz wird der Arbeitsgruppe klar, dass die Ursache darin liegt, dass bei den Mitarbeitern die unausgesprochene Leitorientierung vorherrscht: »Wir sind ein renommiertes Theater, das sich überregional positioniert und das stolz darauf ist, dass überregionale Medien regelmäßig über seine Inszenierungen berichten.« Die Qualitätswahrnehmung der Mitarbeiter richtet sich offensichtlich überwiegend an der überregionalen Reputation, am Ranking in der Theaterwelt aus und weniger an der Besucherorientierung, für möglichst alle Altersgruppen ein adäquates Programm bereitzustellen. An dieser Stelle wird deutlich, dass die Leitung im weiteren KQM-Prozess die Organisationskultur verändern und beeinflussen muss, um eine Verbesserung der Besucherorientierung effektiv herbeizuführen. Hier ist ein einfühlsames Veränderungsmanagement gefragt, das den Mitarbeitern überzeugend vermittelt, dass ein Kulturwandel notwendig ist, um den gegenwärtigen Herausforderungen gewachsen zu sein. 6.4.4 Das betriebliche Vorschlagswesen Ein weiteres mitarbeiterorientiertes Analyseinstrument ist das betriebliche Vorschlagswesen.223 Mitarbeiter werden aufgefordert und ermuntert, sich aktiv an der Qualitätsanalyse und -verbesserung zu beteiligen, indem sie Verbesserungsvorschläge bei ihren Vorgesetzten einreichen. Im Gegen223 Siehe hierzu Bruhn 2006, S. 146ff. und Zink 2004, S. 148ff.

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satz zur Mitarbeiterbefragung ist der zeitliche und personelle Aufwand sehr überschaubar.224 Darüber hinaus zielt die Maßnahme auf eine Erhöhung der Arbeitsmotivation und -identifikation ab.225 Das betriebliche Vorschlagswesen sollte gleich zu Beginn der Analysephase eingesetzt werden, da es ein deutliches Signal ist, dass der Kulturbetrieb es ernst meint, die Mitarbeiter am QM-Prozess unmittelbar zu beteiligen. Um sie zur Mitwirkung zu motivieren, ist die Schaffung von Anreizen sinnvoll.226 Das können Prämien sein, aber auch immaterielle Anreize wie die Übertragung bestimmter Verantwortungen oder individuelle Auszeichnungen.227 Zu seiner Implementierung sind folgende Kriterien zu beachten:228 • • • •



Die Verbesserungsvorschläge sind schriftlich beim Abteilungsleiter einzureichen. Verbesserungsvorschläge können einzeln oder von einer Gruppe eingereicht werden. Sie können sich auf die eigene Arbeit, aber auch auf andere Arbeitsbereiche beziehen. Die Verbesserungsvorschläge sind vom Abteilungsleiter innerhalb von zehn Tagen zu prüfen. Der Vorgesetzte informiert dann umgehend die Mitarbeiter über das Ergebnis. Bei Ablehnung durch den Abteilungsleiter wird der Vorschlag von ihm automatisch an den nächsthöheren Vorgesetzten weitergeleitet, der ebenfalls innerhalb von zehn Tagen dazu Stellung nimmt.

Mit dem betrieblichen Vorschlagswesen lässt sich ein langfristiges und kontinuierliches Instrument einsetzen, womit die Leitung einer Kultureinrichtung – wie auch beim Beschwerdemanagement – auf Schwachstellen durch unmittelbare Wahrnehmung von Betroffenen aufmerksam gemacht wird. 6.4.5

SWOT-Analyse als planungsorientierte Dokumentation der bisherigen Ergebnisse Wie wir gesehen haben, erfassen die verschiedenen Analyse-Verfahren sehr komplex das Qualitätsniveau der Auf bau- und Ablauforganisation eines Kulturbetriebs. Zahlreiche Details aus den unterschiedlichsten Bereichen kommen hier auf den Prüfstand, ermittelt durch die Wahrnehmungen von 224 Bruhn 2006, S. 148. 225 Zink 2004, S. 153. 226 Ebd. 227 Siehe hierzu ebd. 285ff. 228 Zu den folgenden Kriterien siehe Zink 2004, S. 150.

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Teilnehmern aller Interessengruppen. Um die Übersicht nicht zu verlieren, muss sichergestellt werden, dass die Ergebnisse präzise und detailliert dokumentiert und zugleich zielorientiert ausgewertet werden. Als Strukturierungsmethode lässt sich hier die SWOT-Analyse einsetzen, mit der generell die interne und externe Marktsituation von Unternehmen ermittelt wird.229 SWOT ist ebenfalls, wie wir es schon bei ARCHSECRET und SMART kennengelernt haben, ein englisches Akronym, das sich aus den Begriffen Strengths (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Opportunities (Chancen) und Threats (Risiken) zusammensetzt. Mit der SWOT-Analyse werden zunächst die organisationsinternen Stärken und Schwächen aufgelistet, indem der IstZustand der Ressourcen (Personal, Finanzen, Ausstattung, Know-how) ermittelt wird.230 Anschließend wird ein auf den Markt bezogenes, externes Chancen-Risiken-Profil erstellt, das zum Beispiel die Erwartungshaltungen der Marktteilnehmer, die Wettbewerbssituation und das Angebotsvolumen bewertet.231 Die Ergebnisse aus der Stärken-Schwächen-Analyse werden den Chancen-Risiken-Resultaten gegenübergestellt.232 Die einzelnen SWOT-Faktoren liefern die Ergebnisse der QM-Analysephase, die jetzt nach internen und externen Gesichtspunkten sowie nach Arbeitsbereichen (z.B. intern nach Abteilungen und extern nach Servicebereichen, Veranstaltungsprogrammen, Besuchergruppen) geordnet werden. Die Gegenüberstellung von internen Stärken und Schwächen sowie externen Chancen und Risiken dokumentiert den Status quo (Qualitätsposition) der Organisation, aus dem sich dann zur weiteren Qualitätsplanung Strategien und Handlungsziele ableiten lassen.

229 Manfred Bruhn setzt die SWOT-Analyse erst in der Planungsphase als Instrument ein (siehe hierzu Bruhn 2006, S. 199ff.). Aus meiner Sicht ist es aber sinnvoller, die SWOT-Analyse bereits zur Ergebnisdokumentation zum Übergang von Analyse zur Planung einzusetzen, um zu gewährleisten, dass die Ergebnisse zielgerichtet und strukturiert dokumentiert und ausgewertet werden. 230 Bruhn 2005, S. 126. 231 Ebd. 232 Ebd., S. 127.

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Die SWOT-Analyse als Bilanzierung der Qualitätsanalyse Intern

Extern

Ist-Zustand der Ressourcen

Bewertung der Potenziale gegenüber Kunden und Konkurrenz

Stärken (Strengths)

Chancen (Opportunities)



z.B. vorhandenes Finanzcontrolling



z.B. stärkere Kundenbindung



z.B. hohe Mitarbeitermotivation



z.B. Imagesteigerung

Schwächen (Weaknesses)

Risiken (Threats)



z.B. geringer Etat



z.B. Scheitern des KQM



z.B. starres Abteilungsdenken



z.B. Vertrauensverlust gegenüber der Politik

6.5

Anmerkungen zur praktischen Umsetzung der Analysephase

Die Analyse-Prozeduren sind zweifelsohne sehr aufwendig. Je sorgfältiger und umfassender sie durchgeführt werden, umso relevanter und aussagekräftiger sind ihre Resultate. Der Kulturbetrieb muss sich auf ein langwieriges Prozedere einstellen, besonders dann, wenn die Instrumente zum ersten Mal eingesetzt werden. Für die Analysephase sollten mindestens zwölf Monate eingeplant werden. Zusätzlich dürfte es im Vorfeld ein halbes Jahr in Anspruch nehmen, um die mit der Analyse beauftragten Leitungsmitglieder zu schulen und um von den externen Beratern die entsprechenden Konzepte entwickeln zu lassen. Es ist ratsam, hier nicht alle Verfahren gleichzeitig zu starten, sondern die Analysemethoden nacheinander einzusetzen, um die für das KQM verantwortlichen Kollegen nicht zu überfordern. Dennoch muss der Belegschaft und auch der Öffentlichkeit gezeigt werden, dass es nicht bei Ankündigungen bleibt. Deswegen sollten im ersten Schritt das Beschwerdemanagement und das betriebliche Vorschlagswesen eingeführt werden, da beide Systeme innerhalb kürzester Zeit umgesetzt werden können. Im nächsten Schritt ist die Besucherbefragung per Fragebogen in Angriff zu nehmen. Danach sollte der Mitarbeiterfragebogen zum Einsatz kommen. Bei der Einsatzplanung muss immer berücksichtigt werden, dass der alltägliche Arbeitsablauf nicht beeinträchtigt wird. Aller Anfang ist schwer. Vor allen Dingen müssen die Analysemethoden selbst, letztlich das gesamte Projektmanagement der Analysephase gut dokumentiert werden, um sie

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beim nächsten Mal wieder produktiv einsetzen zu können. Der erneute Einsatz der Analyseverfahren dürfte dann wesentlich schneller und unkomplizierter vonstattengehen.

7. D IE P LANUNGSPHASE DES KQM Die Planung dient grundsätzlich der Auswahl der geeigneten Umsetzungsstrategien. Das wird durch die Verständigung über die Ziele erreicht, die verfolgt werden sollen: Was will ich mit den Maßnahmen tatsächlich erreichen? Welche Kriterien lege ich fest, um zu beurteilen, ob die Ziele Erfolg versprechend erreicht werden? Wen beeinflussen die Maßnahmen? Erfahrungsgemäß wird der Planung im Kulturmanagement-Alltag viel zu wenig Raum und Zeit eingeräumt. Aber genau in diesem Arbeitsschritt werden die Stellschrauben gedreht, die für den Erfolg oder Nicht-Erfolg verantwortlich sind. Wird dieser Schritt übersprungen, dann überlasse ich es dem Zufall oder der Routine, wie die Dinge sich entwickeln. Für Kulturqualitätsmanagement stellt sich dieses Problem erst gar nicht: Ich muss festlegen, was Qualität ist, um Qualität umsetzen zu können. Die Planungsphase des QM vollzieht sich dementsprechend in den Arbeitsschritten der Festlegung von:233 • • • • 7.1

Qualitätsposition Qualitätsstrategien Qualitätsgrundsätzen Qualitätszielen Die Qualitätsposition

Die Qualitätsposition ist bereits mit der SWOT-Analyse ermittelt worden. Sie ist im Ergebnis ein Soll-Ist-Abgleich, der Auskunft darüber gibt, wo ich als Kulturbetrieb momentan stehe (derzeitige Qualitätsposition), welche Schwächen und Risiken es zu minimieren gilt und welche Stärken und Chancen es eventuell zu intensivieren gilt, um die Qualität zu verbessern (angestrebte Qualitätsposition).234

233 Zu den folgenden Planungsschritten des QM siehe Bruhn 2006, S. 198. 234 Ebd., S. 199f.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

7.2

Die Qualitätsstrategien

Die Strategiesystematik der Qualitätsplanung Qualitätsposition Wo stehe ich? (Ergebnisbilanzierung anhand der SWOT-Analyse)

Qualitätsstrategien Wo will ich hin? Welche Ziele verfolge ich mit der Qualitätssicherung? (Festlegung der Zielkategorien)

Welche Zielgruppen will ich mit der Qualitätssteigerung erreichen? (Marktsegmentierung)

Welche qualitätssteigernden Maßnahmen will ich in den Leistungsund Programmbereichen vornehmen? (Marktfeldstrategien)

Wie positioniere ich mich gegenüber meinen Kunden und Konkurrenten? Wie kann ich ihr Verhalten effizient und effektiv beeinflussen? (Marktteilnehmerstrategien)

Festlegung der Qualitätsgrundsätze Allgemeine Formulierung von einzuführenden Qualitätsstandards in den verschiedenen Arbeitsbereichen (zum Beispiel: „Unsere Besucher müssen an der Ticketkasse nicht lange warten!“)

Festlegung der Qualitätsziele Präzisierung der Qualitätsgrundsätze nach zeitlichen (kurz- oder mittelfristig), interessengruppenbezogenen (intern oder extern), hierarchischen und konkret messbaren Aspekten

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Qualitätsstrategien steuern einerseits die Kundenerwartungen und verbessern andererseits das Qualitätsniveau der Leistungen selbst. 235 Bei der Entwicklung von Qualitätsstrategien geht es darum, zu entscheiden, in welchen Programmbereichen (Geschäftsfeldern) und bei welchen Besuchergruppen (Segmentbereichen) Qualitätsverbesserungen durchgeführt werden sollen.236 Mit der Strategieauswahl bestimmt sich die Ausrichtung des Qualitätsmanagements, aus der sich dann für die Qualitätslenkung konkrete Aufgaben ableiten lassen.237 Hierfür können die allgemeinen Strategien der Organisations- und Geschäftsfeldplanung herangezogen werden.238 7.2.1

Die Festlegung der Zielkategorien zur strategischen Ausrichtung der Qualitätslenkung Für die Organisationsplanung ist zunächst die Auswahl der Zielkategorien wesentlich. Bei der Bestimmung der Zielkategorien lege ich fest, was und wen die Verbesserungsmaßnahmen beeinflussen sollen. Folgende Zielkategorien sind zu unterscheiden:239

Leistungsziele: Hier steht die Frage im Vordergrund, ob sich die Kultureinrichtung angesichts der Analyseergebnisse aufgefordert sieht, ihre Programmangebote und Serviceleistungen zu verbessern und/oder zu erweitern. 2. Beeinflussungsziele: Sie zielen darauf ab, bei den Interessengruppen Werte- und Verhaltensänderungen gegenüber dem Kulturbetrieb herbeizuführen. Wenn die Besucherbefragung zum Beispiel zum Ergebnis hatte, dass den Besuchern Selbstverständnis, Aufgabe und Funktion der Kultureinrichtung nicht wirklich bekannt sind, dann sollte dieser Missstand anhand von intensiven Kommunikationsmaßnahmen behoben werden. 3. Wirtschaftliche Ziele: Sie betreffen im Non-Profit-Bereich weniger Rentabilität oder Gewinn, sondern orientieren sich an »Größen wie Kostende-

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235 Ebd., S. 213f. 236 Ebd., S. 202. 237 Ebd. 238 Siehe hierzu insgesamt ebd., S. 212-226. Für die Erläuterung der Strategien werde ich mich allerdings auf die Ausführungen zur strategischen Unternehmensplanung und zur strategischen Marketingplanung in Bruhn 2005, S. 148-226 beziehen, da hier die für die QM-Planung infrage kommenden Strategien detaillierter vermittelt werden. 239 Zur folgenden Definition der Zielkategorien siehe Bruhn 2005, S.  159-166. Die Zielkategorien werden im Folgenden konkret auf Kultureinrichtungen bezogen.

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ckung oder Absicherung der finanziellen Basis«.240 Die finanzielle Situationsanalyse einer Kultureinrichtung kann es ratsam erscheinen lassen, künftig Sponsoring und Fundraising in Angriff zu nehmen, um zusätzlich zu den Zuwendungen der öffentlichen Hand weitere Finanzquellen zu erschließen. Potenzialorientierte Ziele: Sie beziehen sich auf Personal und Ressourcen. Diese Ausrichtung ergibt sich im Rahmen der Personalpolitik automatisch auf der Grundlage der bereits getroffenen Zielvereinbarungen zwischen Leitung und einzelnen Mitarbeitern. Sie umfasst beispielsweise die Planung von Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen. Ein weiteres potenzialorientiertes, auf Ressourcen bezogenes Ziel könnte sein, dass Maschinen oder EDV-Systeme zur Leistungsverbesserung angeschafft werden müssen. Marktstellungsziele: Auch wenn im Kulturbereich die Orientierung an der Konkurrenz nicht die Relevanz besitzt, wie es, um ein Beispiel aus dem Non-Profit-Bereich zu nennen, mittlerweile im Pflege- und Gesundheitswesen der Fall ist, wäre dennoch Handlungsbedarf gegeben, wenn ein Museum beispielsweise feststellen müsste, dass in der Nachbarstadt das Museum mit dem gleichen Sammlungsschwerpunkt wesentlich höhere Besucherzahlen hat. Dann ist eine Verbesserung der Marktposition ein durchaus wichtiges Ziel. Imageziele: Das Vertrauen der Interessengruppen gegenüber dem Kulturbetrieb und seine Wahrnehmung als besonders wertvoll und einzigartig sind mittlerweile existenziell wichtig, um sich in der Gemengelage öffentlich subventionierter Kulturinstitute behaupten und legitimieren zu können. Sollte die externe Analyse hier starke Imagedefizite aufdecken, dann ist eine Verbesserung der derzeitigen Situation dringend geboten. Die Planung von Image-Kampagnen und von Relationship-Marketing-Maßnahmen wäre dann zielführend. Soziale Ziele: Sie beziehen sich auf interne und externe Anspruchsgruppen und erstrecken sich hauptsächlich auf Mitarbeiter- und Besucherzufriedenheit. Hier sind, falls erhebliche Defizite festgestellt wurden, verschiedene Maßnahmen der Mitarbeiter- und Besucherbindung zu planen. Mit der bereits zu Beginn des KQM eingeführten internen Kommunikation, durch die interne Auseinandersetzung mit der Organisationskultur und durch die Möglichkeit der Mitarbeiter per Fragebogen oder im Einzelgespräch auf etwaige Missstände aufmerksam zu machen, sind erste wesentliche Schritte eingeleitet, die internen sozialen Ziele in den Blick zu nehmen. Ähnliches trifft für die Besucherzufriedenheit zu. Die Möglichkeit,

240 Ebd., S. 161f.

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seine Wünsche, aber auch Unzufriedenheit zu äußern, ist bereits durch die besucherorientierten Analysen eröffnet. Im weiteren QM-Prozess sind dann Maßnahmen zu planen, die zu einer gelungenen Besucherbindung führen. 8. Ökologische Ziele: Auch wenn diese Zielorientierung in Kulturbetrieben nicht die Relevanz wie in produzierenden Unternehmen besitzt, sind auch hier Umweltschutzmaßnahmen bei der Entsorgung und dem Energieverbrauch zu planen. Im Planungsprozess werden die verschiedenen Ziele, zwischen denen selbstverständlich Interdependenzen bestehen, miteinander kombiniert und in eine Hierarchie gebracht. So dürften zum Beispiel für die Mehrheit der Kulturbetriebe die wirtschaftlichen und ökologischen Ziele sowie die Marktstellungsziele zur Erreichung der Exzellenz eher nachgeordnet sein, während die Leistungs-, Beeinflussungs- und Potenzialziele bei der Qualitätsverbesserung im Vordergrund stehen. Die Zielsystematik gibt die strategische Ausrichtung vor und bildet die strategische Basis für die zu konkretisierenden Qualitätsziele. 7.2.2 Die Marktsegmentierung Eine weitere strategische Basisentscheidung der Organisationsplanung, die bei der QM-Planung eingesetzt werden kann, ist die Marktsegmentierung.241 Sie kann sich intern auf Mitarbeiter oder extern auf Lieferanten, Geldgeber und Leistungsempfänger erstrecken.242 Sie kann sich auf den Beschaffungs- oder den Absatzmarkt beziehen. 243 Mit der Marktsegmentierung werden Profile von Marktteilnehmergruppen identifiziert (Beschreibung von Segmenten), um unterschiedliche Maßnahmen ergreifen zu können (Bearbeitung von Segmenten), die das Verhalten und die Einstellung der Interessengruppen zur Zielerreichung der Organisation positiv beeinflussen. 244 Angesichts ihrer zentralen Bedeutung für die Kulturbetriebe schauen wir uns im Folgenden die Besuchersegmentierung näher an. Auf der Grundlage der ausgewerteten Resultate der Besucherbefragung lassen sich zunächst die verschiedenen Besuchergruppen nach folgenden Gliederungsmerkmalen bestimmen:245

241 Ebd., S. 181. 242 Ebd. 243 Ebd., S. 182 244 Ebd., S. 181. 245 Zu den folgenden Segmentierungsmerkmalen siehe ebd., S. 186ff.

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• • • •

demografische Kriterien: Alter, Geschlecht, Wohnort, Nationalität, Konfession sozioökonomische Kriterien: Schulabschluss, Beruf, Einkommen psychologische Kriterien: Wertehaltungen, Einstellungen, Lifestyle Verhaltenskriterien: »Besuchsanlässe, Besuchsfrequenz, Informationsverhalten«246

Zur Planung von Qualitätsverbesserungsmaßnahmen ist es sinnvoll, die Verhaltenskriterien als Ausgangspunkt der Besuchersegmentierung zu nehmen, um zu ermitteln, wie sich das Profil von Stammbesuchern, gelegentlichen und seltenen Besuchern bestimmen lässt. Nach der Segmentierung der Gesamtbesucher in verschiedene Gruppen sollte untersucht werden, welche Veranstaltungsinteressen, welchen Servicebedarf und welches psychologische und soziodemografische Profil die Stammbesucher, die gelegentlichen und seltenen Besucher überwiegend haben, um hier Verbesserungen im Service- und Programmbereich planen zu können. So ist der Servicebedarf von Besuchern, die älter als 50 Jahre alt sind, in der Regel besonders groß. Gleichzeitig stellt die Generation 50plus bei Hochkultureinrichtungen die Mehrheit des Stammpublikums dar. Wenn die Besuchererhebung das bestätigt und gleichzeitig von dieser Zielgruppe Servicemängel moniert werden, sollten umgehend Verbesserungsmaßnahmen ins Visier genommen werden, um hier eine größere Zufriedenheit des Stammpublikums zu gewährleisten. 7.2.3 Die Marktfeldstrategien Die Verbesserungsmaßnahmen, die sich an den Marktfeldstrategien orientieren, verändern und/oder erweitern den bestehenden Programm- und Servicebereich. Hier gilt es, unter verschiedenen Strategien zu wählen, um sich bewusst zu machen und entscheiden zu können, welche Form der Veränderung hier vorgenommen werden kann. Die Marktfeldstrategien legen die strategische Stoßrichtung fest. Sie untergliedern sich in:247

• • • •

Marktdurchdringung Marktentwicklung Leistungsentwicklung Diversifikation

246 Hausmann 2005, S. 53. 247 Zu den folgenden Marktfeldstrategien siehe Bruhn 2005, S. 200.

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Die Marktdurchdringungsstrategien Sie zielen darauf ab, in dem bestehenden Einsatzbereich die vorhandenen Angebote vermehrt abzusetzen.248 Bei Kultureinrichtungen bedeutet Marktdurchdringung, dass Maßnahmen ergriffen werden, um bestehende oder potenzielle Besucherkreise zur vermehrten Nutzung der bereits vorhandenen Veranstaltungsangebote zu bewegen. Drei verschiedene Ansatzpunkte lassen sich hier unterscheiden:249

a. Schaffung von Anreizen zur Erhöhung der Leistungsnutzung: Hier gilt es, Zusatzleistungen zu den Veranstaltungen zu entwickeln, um eine größere Besucherzufriedenheit, aber auch eine höhere Besuchsfrequenz beim bestehenden Publikum zu erreichen. Die Besucherbefragungsergebnisse liefern hier eventuell direkte Hinweise oder vermitteln indirekt eine Handlungsnotwendigkeit. Die zusätzlichen Serviceleistungen können sich an alle Besuchergruppen wenden, wie beispielsweise die Einführung von Publikumsgesprächen, oder sie richten sich an eine spezielle Zielgruppe, wie bei dem Angebot der Kinderbetreuung bei Veranstaltungen am Sonntagnachmittag. Dadurch wird Eltern die Möglichkeit gegeben, Kulturveranstaltungen zu besuchen, während ihre Kinder vom Kulturveranstalter beaufsichtigt werden. b. Gewinnung von Leistungsempfängern, die bislang bei anderen die Leistungen in Anspruch genommen haben: Auch wenn das Abwerben von der Konkurrenz im Kulturbereich eher eine untergeordnete Rolle spielt, könnten hier gezielte Verkaufsfördermaßnahmen zum Einsatz kommen, um durch Rabatt-Aktionen und Schnupper-Angebote Theaterinteressierte, die zum Beispiel Stammbesucher eines Stadttheaters sind, zum Besuch von Vorstellungen eines freien Theaters zu bewegen. c. Gewinnung bisheriger Nichtnutzer: Diese strategische Ausrichtung ist sicherlich ein kompliziertes und langfristig eher geringen Erfolg versprechendes Unterfangen. Unter Nichtnutzer fallen durchaus kulturinteressierte Menschen, die aber beispielsweise selten bis nie ins Museum gehen. Um hier einen Anreiz zu schaffen, wäre zu überlegen, ob man nicht in Kooperation mit einem anderen Kulturveranstalter ein Kombiticket entwickelt oder aber die Möglichkeit eröffnet, dass auf die Eintrittskarte des Kooperationspartners 20 Prozent Preisnachlass für den Museumsbesuch gewährt wird.

248 Ebd. 249 Zu den folgenden Marktdurchdringungsstrategien siehe ebd., S. 200f.

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Die Marktentwicklungsstrategien Hier geht es darum, die vorhandenen Leistungen an neue Märkte (Besucherkreise) zu bringen. Neue Besucherkreise für Kulturangebote zu erschließen, ist grundsätzlich sehr zeit- und personalaufwendig. Es sollte geprüft werden, ob die Kultureinrichtung hier aktiv werden muss, um ihre Leistungen zu verbessern, oder ob es nicht einfacher und aussichtsreicher ist, das bestehende Publikum über die Marktdurchdringung enger an sich zu binden.250 Bei der Marktentwicklung werden zwei strategische Vorgehensweisen unterschieden:251

a. Erschließung zusätzlicher geografischer Märkte: Diese Maßnahme scheint auf den ersten Blick für Kulturbetriebe eher nicht infrage zu kommen. Eine Kommune dürfte wenig Interesse daran haben, dass der von ihr subventionierte Kulturbetrieb in einer anderen Stadt eine Dependance gründet, um neue Besucher zu erschließen. Denkbar ist aber die Bemühung eines Kulturveranstalters, seine Veranstaltungen – Gastspiele von Konzert-, Kabarett- und Theaterveranstaltungen oder Wanderausstellungen von Museen – einem Gastveranstaltungsbetrieb in einer anderen Stadt anzubieten, womit nicht nur neue Besucher erreicht werden, sondern auch zusätzliche Einnahmen generiert werden können. Zugleich wäre damit eine Imagesteigerung verbunden. b. Gewinnung neuer Marktsegmente (neuer Besucherkreise): Ohne wirklich neue Angebote zu entwickeln, ist die Gewinnung neuer Besucher, die sich bislang für die Kultureinrichtung nicht interessiert haben, wenig Erfolg versprechend. Die Möglichkeit, durch intensive Werbung in Nichtbesucherkreise vorzudringen, ist erfahrungsgemäß nicht sehr vielversprechend. Es braucht gute Argumente, um jemanden, der von einem bislang keine Notiz genommen hat, zu plötzlichem Interesse zu bewegen. Der Preis ist zwar immer ein Argument, und so werden von allen Kulturanbietern immer wieder Verkaufsförderaktionen initiiert; ob damit aber wirklich mittel- bis langfristig neue Besucher akquiriert werden, ist fraglich. Wer selbst schon Verkaufsförderung im Kulturbetrieb durchgeführt hat, weiß, dass selbst kostenlos angebotene Eintrittskarten nicht zwangsläufig genutzt oder angenommen werden.

250 Ebd., S. 201. 251 Zu den folgenden Marktentwicklungsstrategien siehe ebd., S. 202.

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Die Leistungsentwicklungsstrategien Hier werden wirklich neue Leistungen für die bestehenden Leistungsempfänger entwickelt.252 Diese strategische Entscheidung kann für Kulturbetriebe zielführend sein. Wenn die Besucherbefragung zu dem Ergebnis kommt, dass bestimmte, bislang nicht angebotene Veranstaltungsformen vermehrt nachgefragt werden, dann macht es Sinn, sie neu ins Programm aufzunehmen. So kann beispielsweise ein Opernhaus durch die Publikumsbefragung erfahren, dass die Zuschauer gerne die Opernsänger in einer unmittelbareren Umgebung erleben möchten, als das auf der großen Opernbühne der Fall ist. Hier könnte die Entwicklung eines Liederabendprogramms, das im Foyer-Café veranstaltet wird, eine echte Neuerung darstellen, die den Wünschen der Zuschauer gerecht wird und die Besucherfrequenz steigert. Neben der Intensivierung der Besucherbindung lässt sich gleichzeitig auch die Mitarbeiterbindung bei den Sängern steigern, die nicht zu den herausragenden Solisten gehören, jetzt aber durch die Möglichkeit von Soloabenden eine neue Wertschätzung erfahren, die zur Verbesserung der Motivation und Identifikation führen kann. Die Diversifikationsstrategien Die Diversifikationsstrategien entwickeln neue Leistungen für neue Kundenschichten.253 Wie schon bei der Marktentwicklung thematisiert, ist die Gewinnung neuer Besucherschichten ein schwieriges Unterfangen. Die Kulturpublikumsforschung ist sich hier einig: Es ist äußerst kompliziert, Menschen für Kulturveranstaltungen zu interessieren, wenn sie damit bislang keine Erfahrungen gemacht haben.254 Hier scheint sozialisationsbedingt die Maxime bestimmend zu sein: »Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.« Genau dieser Umstand kann aber richtungsweisend sein, wenn eine Kultureinrichtung zu wenige Kinder und Jugendliche erreicht. Sollte es bislang keine spezifischen Kinder- und Jugendprogramme geben, dann kann es als Diversifikationsstrategie aussichtsreich sein, eben solche Veranstaltungen zu entwickeln, um hier eine neue Besuchergruppe über neue Leistungen zu gewinnen. Mittel- bis langfristig lässt sich damit auch die Nutzung der anderen Angebote verbessern. Kinder und Jugendliche können als Publikum von Morgen im Kulturbetrieb schrittweise ans Gesamtangebot herangeführt werden. Denkbar ist trotz aller Schwierigkeiten bei der Diversifikation auch die Schaffung neuer Programme für erwachsene Neukunden. So kann beispielsweise ein Stadtmuseum beim Vergleich mit anderen Kul252 Ebd., S. 202. 253 Ebd., S. 203. 254 Siehe hierzu Klein 2008a, S. 125.

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tureinrichtungen zur Einsicht gelangen, dass es beim Kulturpublikum ein sehr großes Interesse an Konzertbesuchen gibt. Um neue Publikumskreise zu erschließen, könnte eine Museumskonzertreihe installiert werden. Die Konzerte könnten so ausgewählt werden, dass sie einen thematischen Zusammenhang zu den Ausstellungen bilden, in deren Räumen sie stattfinden sollten. Sicherlich wären damit neue Besucher zu gewinnen, ob man diese aber auch nachhaltig für den Besuch von Ausstellungen motivieren kann, bleibt ungewiss. Das wäre dann nach einer Saison beim Museumskonzertpublikum abzufragen. Im Vorfeld ist natürlich die strategische Entscheidung wichtig, ob der Ressourceneinsatz im Verhältnis zu der Neubesuchergewinnung steht. Mit den Marktfeldstrategien lässt sich der Aktionsradius für die Verbesserungsmaßnahmen planen. Sie beinhalten Vorentscheidungen, mit denen die Kultureinrichtung eine Feinjustierung ihrer Verbesserungsmaßnahmen vornehmen kann. Konzentrieren sich beispielsweise zu ergreifende Maßnahmen auf die Marktdurchdringung, dann ist es nicht notwendig, für die Neuerungen Massenwerbung zu betreiben. Die neuen Zusatzleistungen werden angeboten, um die bestehenden Besucher zufriedenzustellen. Ihre Bekanntmachung kann sich auf die regelmäßig eingesetzten Informationsmedien wie Monats-, Jahresprogramm, Newsletter oder Flyer-Auslage im Foyer beschränken. Will ich neue Besucherkreise mit neuen Programmen erreichen, dann setzt das ein ganz anderes Spektrum an Vorausplanungen voraus, die sich nicht auf die Kommunikation beschränken, sondern vor allem den Ressourceneinsatz (Zeit, Geld und Personal) tangieren. 7.2.4 Die Marktteilnehmerstrategien Eine weitere Strategievariante zur Marktbearbeitung verkörpern die Marktteilnehmerstrategien. Sie richten sich direkt an den einzelnen Interessengruppen aus.255 Im Prinzip orientieren sich die Strategien entweder an Wettbewerbern oder Leistungsempfängern. Drei Alternativen stehen hier zur Auswahl:256



Die undifferenzierte Marktbearbeitung: Die Maßnahmen werden einheitlich bei allen Leistungsempfängern angewendet, ohne die individuellen Besonderheiten von bestimmten Zielgruppen zu berücksichtigen. So lassen sich im Kulturbetrieb Programmangebote entwickeln, um insgesamt die Zufriedenheit aller Besucher zu verbessern.

255 Bruhn 2005, S. 214. 256 Zu den folgenden Varianten siehe ebd., S. 215f.

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Die differenzierte Marktbearbeitung: Sie bezieht sich gezielt auf bestimmte Besuchergruppen. So können bestimmte Serviceleistungen für Senioren verbessert werden, um eine stärkere Bindung des Stammpublikums zu erreichen. Die Anschaffung von mehr Sitzmöglichkeiten im Foyer wäre eine solche Maßnahme. »Segment-of-One«-Bearbeitung: Sie geht auf die individuellen Bedürfnisse einzelner Besucher ein. Dieser Ansatz wird zunehmend beim Relationship-Marketing berücksichtigt, bei dem die Kultureinrichtung versucht, dem Besucher entsprechend seiner Interessen individuelle Angebote zu unterbreiten. Das lässt sich beispielsweise beim Newsletter-Versand umsetzen, indem nicht mehr eine einheitliche Informationsverarbeitung für alle Besucher stattfindet, sondern Besucher nur noch die Informationen über bestimmte Angebote erhalten, die sie auch wirklich interessieren.

Die Marktteilnehmerstrategien setzen auf Interaktion. Sie initiieren ein Beziehungsmanagement zu den Interessengruppen, um gezielt deren Verhalten zu beeinflussen.257 Die zu ergreifenden Maßnahmen richten sich hier konkret an den Interessen und Erwartungshaltungen der Besucher aus (siehe hierzu die im Kapitel I.2.3 thematisierten Strategien des Audience Development). Die Besucherorientierung stellt in den letzten Jahren die wesentliche Herausforderung für Kulturbetriebe dar. Ihr werden – zumindest von den Theoretikern des Kulturmanagements – die größten Chancen zugestanden, um das Besucherinteresse und die Auslastungszahlen in Zukunft konstant zu halten.258 Bezogen auf die Leistungsempfänger von Kulturbetrieben (Besucher) lassen sich drei Strategien unterscheiden:259 •

Akquise: Die Maßnahmen richten sich daran aus, wie sich neue Besucherkreise erschließen lassen. Wie schon erwähnt, kommt im Kulturbereich vor allem die Verkaufsförderung zum Einsatz, um durch Schnupperangebote Noch-Nicht-Besucher zu motivieren, die Angebote zu nutzen. Eine weitere Option besteht in der Angebotserweiterung. So lassen sich gezielt Veranstaltungsangebote entwickeln, mit denen die anvisierte Zielgruppe für eine Einrichtung interessiert werden kann. Bei dieser Strategieentscheidung ist wesentlich, dass die Zielgruppe den Ausgangspunkt bildet, von dem aus dann die weiteren Maßnahmen zu planen sind. Das Ziel ist klar bestimmt: Es geht um die Gewinnung neuer Zuschauer.

257 Ebd., S. 218. 258 Siehe beispielsweise Klein 2008a, S. 126. 259 Vgl. zu den drei Kundenstrategien Bruhn 2005, S. 218.

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Bindung: Die Maßnahmen, um Besucher dauerhaft an eine Kultureinrichtung zu binden, können entweder auf Gebundenheit oder Verbundenheit basieren. Bei der Gebundenheit ist das Verhältnis verbindlich fixiert wie zum Beispiel bei Mitgliedschaften oder Abonnements. Angesichts der Pluralisierung und Individualisierung des Freizeitverhaltens vieler Kulturinteressierter ist es immer wichtiger, eine freiwillige Verbundenheit zu erzeugen.260 Sie lässt sich über anspruchsvolle Serviceleistungen wie Besucherzeitschriften, Besuchercards und Besucherclubs herstellen.261 Die Verbundenheit setzt auf Vertrauen und Identifikation und nicht mehr auf ökonomische Wechselbarrieren. Rückgewinnung: Diese Strategie orientiert sich nicht nur an den tatsächlich abgewanderten Leistungsempfängern, sondern auch an Kunden, bei denen die Gefahr der Abwanderung besteht. Gerade bei massiven Beschwerden ist es unbedingt geboten, den Besuchern eine Wiedergutmachung anzubieten. Das kann beispielsweise durch Freikarten, aber auch durch eine persönliche Entschuldigung seitens der Leitung erfolgen. Entscheidend ist die aktive Zuwendung, um die Zufriedenheit des Kunden wiederherzustellen. Bei tatsächlich abgewanderten Besuchern ist es natürlich für den Kulturbetrieb ungleich schwieriger, die Rückgewinnung durchzuführen. Relativ aussichtsreich ist die Kontaktaufnahme bei erfolgten Kündigungen des Abonnements oder von Mitgliedschaften. Hier kann die Kultureinrichtung unmittelbar reagieren und Alternativangebote unterbreiten. Wenn zum Beispiel ein Theaterbesucher sein Abonnement gekündigt hat, weil er aus Altersgründen nicht mehr in der Lage ist, regelmäßig ins Theater zu gehen, dann kann die Theaterleitung dem ehemaligen Abonnenten aus Verbundenheit anbieten, sich künftig Einzelkarten mit der gleichen Rabattierung wie bei seinem bisherigen Abo kaufen zu können. Die seit längerer Zeit abgewanderten Besucher lassen sich am ehesten noch zurückgewinnen, wenn sich die Programmausrichtung geändert hat. Das ist vor allem beim Leitungswechsel der Fall, bei der diese Maßnahme unbedingt in Angriff genommen werden sollte.

Wie bei privaten Beziehungen muss auch bei der Besucherorientierung zunächst Interesse geweckt werden. Es sollte gezielt und vorteilhaft Aufmerksamkeit erregt werden (Erstkontakt). Wenn eine Beziehung zustande kommt, dann besteht die Schwierigkeit darin, das Verhältnis interessant und aufregend zu gestalten, um eine dauerhafte Partnerschaft zu ermöglichen (Zufriedenheit und Bindung). Geht die Beziehung in die Brüche, dann be260 Klein 2008b, S. 30. 261 Ebd., S. 181.

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steht immer noch die Hoffnung, dass sich das Verhältnis wieder kitten lässt (Rückgewinnung). Das allerdings bedarf erfahrungsgemäß intensiver Anstrengungen. Das Besucherbindungsmanagement basiert auf dem privaten Beziehungslebenszyklus, wie er sich auch zwischen Freunden, Bekannten und Ehepartnern vollzieht.262 Die strategische Auseinandersetzung mit der Konkurrenz besitzt sicherlich für Kulturbetriebe nicht die Relevanz wie die Besucherstrategien. Dennoch kann sie wie schon beim Benchmarking den Blick eröffnen, wie sich die Leistungsstärken anderer für das eigene Ziel nutzen lassen. Bei den wettbewerbsgerichteten Verhaltensstrategien, die sich an ähnlichen und konkurrierenden Organisationen ausrichten, werden vier verschiedene Strategietypen unterschieden:263 •





Die Kooperationsstrategie: Hier lassen sich Synergien nutzen, um gemeinsam stärker aufzutreten. Kooperationen können sich auf Preis- und Vertriebspolitik beziehen wie bei einer gemeinsamen Jahreskarte für die Museen einer Stadt. Als Beispiel kann die Museumsufer-Card der Stadt Frankfurt dienen. Auch gemeinsame Veranstaltungsangebote sind denkbar. So können Theater mit Museen kooperieren, indem kleine inszenierungsbezogene Sonderausstellungen mit Objekten des Museums im Theaterfoyer präsentiert werden oder Schauspieler ausstellungsbezogen im Museum Lesungen durchführen. Die Offensivstrategie: Hier handelt es sich um eine aggressive Vorgehensweise gegenüber den Konkurrenzorganisationen. Ziel ist es, Marktführer zu werden, indem offensiv die eigenen Leistungen als die besseren öffentlich vermarktet werden. Die Anwendung dieser Wettbewerbsstrategie ist im Kulturbereich eher selten gefragt. Sie könnte jedoch in einem gewissen Umfang auf dem Spendenmarkt zum Tragen kommen: Wenn ich als Kultureinrichtung massiv Spenden einwerben will, dann muss ich Argumente finden, warum potenzielle Spender sich für meinen und nicht für andere Kulturbetriebe engagieren sollen. Die Ausweichstrategie: Um dem Wettbewerb mit leistungsstarken Konkurrenten auszuweichen, werden neue innovative Angebote entwickelt, mit denen die Organisation eine Alleinstellung erreichen kann. Wenn beispielsweise ein freies Klassik-Orchester feststellen muss, dass es mit dem

262 Vgl. Bruhn 2005, S. 218. 263 Zu den folgenden wettbewerbsgerichteten Verhaltensstrategien siehe Bruhn 2005, S. 223ff.

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ähnlichen Angebot eines anderen Klassik-Orchesters in der gleichen Stadt nur schwer konkurrieren kann, dann ist unter Umständen eine Nischenstrategie wegweisend. Indem es die Konzerte auf einen bestimmten Komponisten ausrichtet oder aber überwiegend Werke einer besonderen Epoche aufführt, kann es sich vom Konkurrenz-Orchester deutlich absetzen. Die Anpassungsstrategie: Hier handelt es sich um eine defensive Ausrichtung, bei der sich die Organisation an den positiven Leistungen des Konkurrenten anpasst und an ihnen orientiert. Wenn das Historische Museum einer Stadt feststellt, dass das Kunstmuseum mit seiner frechen Bildsprache in der Werbung ein positives Image erzeugt, dann kann es ratsam sein, dass sich das Historische Museum direkt daran orientiert, um selber eine höhere Resonanz zu erfahren.

Mit der Auswahl der Planungsinstrumente werden die Zielrichtung und die Schwerpunkte für die Qualitätslenkung festgelegt. Die auszuwählenden Strategien sind nicht isoliert anzuwenden, sondern miteinander zu kombinieren. Bei der Planung sind die einzelnen Strategien auf ihre »Vernetzungspotenziale« zu untersuchen.264 »Dabei gilt es, die Beziehungen zwischen den einzelnen Instrumenten hinsichtlich ihres funktionalen, zeitlichen und hierarchischen Charakters hin zu erforschen.« 265 7.3

Die Qualitätsgrundsätze

Zur weiteren Konkretisierung der Qualitätslenkung sind nach der Verabschiedung der Strategiesystematik die Qualitätsgrundsätze aufzustellen. 266 Sie müssen für alle Arbeitsbereiche formuliert werden und sind nach innen und nach außen zu kommunizieren.267 Dabei ist zu beachten, dass die Qualitätsgrundsätze mit dem Leitbild vereinbar sind.268 Sollte dies nicht der Fall sein, muss gegebenenfalls das Leitbild entsprechend der als notwendig erachteten Qualitätsgrundsätze geändert werden. Darüber hinaus müssen die Qualitätsgrundsätze von den Mitarbeitern mitgetragen und von ihnen akzeptiert werden. Schließlich müssen sie bei der täglichen Arbeit diese Richtlinien beherzigen und realisieren. Die Qualitätsgrundsätze haben, wie auch die Leitsätze des Leitbilds, einen eher allgemeinen Charakter und bilden das Fundament der Qualitätsarbeit. 264 Ebd., S. 271. 265 Ebd. 266 Bruhn 2006, S. 203. 267 Ebd., S. 203f. 268 Ebd., S. 204.

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So könnte ein besucherorientierter Qualitätsgrundsatz für das Ticketing folgendermaßen formuliert sein: »Unsere Besucher müssen weder an der Kasse noch am Kartentelefon lange warten!« Um das zu garantieren, müssen intern konkrete Qualitätsforderungen für die Mitarbeiter aufgestellt werden.269 Die konkreten Kennzahlen müssen mit den Mitarbeitern gemeinsam entwickelt werden.270 So gilt es, für den Telefonverkauf eine Kennzahl festzulegen, wie lange Kunden maximal in der Warteschleife verweilen dürfen. Die Dienstpläne müssten entsprechend der Anruffrequenz so gestaltet werden, dass genügend Telefonplätze besetzt sind. Darüber hinaus lassen sich Verhaltensregeln aufstellen, um zu gewährleisten, dass ein Telefonat zielgerichtet, freundlich, aber im Durchschnitt innerhalb einer bestimmten Zeit geführt wird. Diese Kundenkontakt-Regeln lassen sich in einer Schulungsmaßnahme trainieren. Um den Informationsfluss zu gewährleisten, müssen im Display des EDVVerkaufsystems qualifizierte Informationen zu den Veranstaltungen angezeigt werden. Das setzt wiederum voraus, dass mit den Programmverantwortlichen ein allgemeines Informationsprofil (Inhaltsangabe, ästhetische Ausrichtung wie z.B. modern oder eher klassisch, Dauer, Besetzung, Alterseignung usw.) entwickelt und festgelegt wird, von wem die Informationen wann verbindlich bereitzustellen sind. Darüber hinaus ist verbindlich zu vereinbaren, wer von den Programmverantwortlichen zu kontaktieren ist, wenn vom Anrufer noch weitere Informationen verlangt werden. Solche Festlegungen scheinen banal und selbstverständlich. Wer häufiger Informationen beim Kartentelefon eines Kulturveranstalters abgefragt hat, weiß, wie zufällig und willkürlich das Qualitätsniveau der Informationen ist. Meist ist es abhängig vom individuellen Kenntnisstand des Telefonverkäufers. De facto bündeln die Qualitätsgrundsätze die Analyse-Ergebnisse auf einer allgemeingültigen Ebene und bilden das Fundament für das weitere KQM. 7.4

Die Qualitätsziele

Die Qualitätsziele präzisieren die Qualitätsgrundsätze. In einer Zielsystematik wird zunächst festgelegt, ob die zur Qualitätsverbesserung aufgestellten Standards kurzfristig oder langfristig umzusetzen sind. 271 Zur weiteren Systematisierung wird zwischen externen, an Kunden und der Öffentlichkeit orientierten, und internen, an Mitarbeitern orientierten Zielen unterschieden.272 So wäre das Beispiel aus dem Telefonverkauf »Kurze Wartezeiten für 269 Ebd., S. 205f. 270 Ebd., S. 206. 271 Ebd., S. 208. 272 Ebd., S. 209.

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Anrufer« ein kurzfristiges kundenorientiertes Ziel. Die Kundenzufriedenheit ist als langfristiges Ziel dem übergeordnet. Die organisationsinternen Ziele haben sich an dem übergeordneten Ziel der Kundenorientierung auszurichten. Das kurzfristige mitarbeiterorientierte Ziel ist in dem Zusammenhang die Schulungsmaßnahme für das zielgerichtete Kundengespräch. Neben der zeitlichen Dimension, der externen oder internen Zielausrichtung, werden die Ziele des Qualitätsmanagements in psychologische und ökonomische unterschieden.273 Das externe psychologische Ziel der kurzen Wartezeiten ist die Steigerung der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung. Das ökonomische Ziel könnte die Erhöhung von Wiederverkäufen sein, da der Ticketservice des Kulturbetriebs aus Kundensicht reibungslos verläuft. Intern ausgerichtet lässt sich mit dem Qualitätsgrundsatz als psychologisches Ziel das Qualitätsbewusstsein bei den Mitarbeitern schaffen. Die Vorgaben für den richtigen Kundenkontakt, die Bereitstellung der dafür notwendigen Mittel wie die Veranstaltungsinformation und die Schulungsmaßnahme können die Mitarbeiterzufriedenheit steigern, weil sie mit dem verbesserten Instrumentarium positivere Erfahrungen mit zufriedenen Kunden machen können. Ökonomisch gesehen lässt sich damit eine Effizienzsteigerung im Prozessablauf erzeugen. Anhand der für den Telefonverkauf aufgestellten Ziele können jetzt die Zielvereinbarungen im einzelnen Mitarbeitergespräch differenziert ausgearbeitet werden. Insgesamt ist bei der Systematisierung von Zielen zu beachten: Die Qualitätsziele müssen grundsätzlich messbar und für alle Beteiligten nachvollziehbar sein. Durch die Festlegung von Inhalt, Ausmaß und Zeitbezug werden die Ziele präzisiert, wodurch ihre Realisierung nachprüfbar wird.274

8. D IE U MSETZUNG DES KQM: D IE Q UALITÄTSLENKUNG Bei der Qualitätslenkung werden entsprechend der aufgestellten Qualitätsgrundsätze und -ziele (Planungsergebnisse) alle erforderlichen Maßnahmen umgesetzt, um die Qualität der Leistungen aus Kunden- und Organisationssicht zu verbessern.275 Drei Maßnahmengruppen lassen sich hier unterscheiden:276 273 Ebd., S. 211. Das folgende Beispiel für die Definition von psychologischen und ökonomischen Zielen orientiert sich am Schaubild »Ziele des Qualitätsmanagements« in: Bruhn 2006, S. 211. 274 Ebd., S. 212. 275 Ebd., S. 274. 276 Zu den folgenden Instrumentenbereichen der Qualitätslenkung siehe ebd.

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• • • 8.1

die mitarbeiterbezogenen Instrumente die kulturbezogenen Instrumente die organisationsbezogenen Instrumente Die mitarbeiterbezogenen Instrumente der Qualitätslenkung

Der auf Mitarbeiter bezogene Instrumententyp erstreckt sich auf das Personalmanagement. Im Vordergrund steht die Verbesserung der Bereitschaft und der Fähigkeit von Mitarbeitern, ein hohes, am Kunden orientiertes Qualitätsniveau zu schaffen. 277 Die personalpolitische Ausrichtung ist dem Tatbestand geschuldet, dass sich die Kundenzufriedenheit nur steigern lässt, wenn auch die Mitarbeiter die Kundenorientierung akzeptieren und davon überzeugt sind, dass die Kundenorientierung für sie selbst eine Verbesserung der Arbeitssituation bedingt.278 Die personalpolitischen QM-Maßnahmen differenzieren sich in drei Bereiche:279 • • •

Personalauswahl Personalentwicklung Anreizsysteme für Mitarbeiter

8.1.1 Die Personalauswahl Während sich in Unternehmen längst die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass die Überprüfung der Fachkompetenz alleine nicht ausreicht, um wirklich qualifizierte Mitarbeiter zu rekrutieren, scheint in Kulturbetrieben die Leistungseffizienz immer noch das vorherrschende Einstellungskriterium zu sein. Vernachlässigt wird meist die soziale Kompetenz. Diese Ausgangssituation zementiert die hierarchische Struktur vieler Kultureinrichtungen in öffentlicher Trägerschaft, die auf dem alten Modell öffentlicher Verwaltung basiert.280 Die Folge ist häufig eine ineffiziente Zusammenarbeit des Personals, die eher auf ein »Gegeneinander« als auf ein »Miteinander« hinausläuft. Unter Berufung auf seine funktionale Kompetenz versucht sich jeder in typisch bürokratischer Manier von dem anderen abzugrenzen und behindert das gemeinschaftliche Ziel, im Arbeitsprozess optimale Ergebnisse zu erreichen. So lässt sich beispielsweise der Leiter der Marketing-Abteilung ungern von anderen Leitungsmitgliedern Tipps geben, weil nur er sich für 277 Ebd., S. 275f. 278 Ebd., S. 8ff. 279 Ebd., S. 276. 280 Vgl. hierzu Klein 2008a, S. 129ff.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

kompetent und verantwortlich hält, die richtigen Werbekampagnen zu entwickeln. Gleichzeitig wird der Leiter der Marketing-Abteilung in der Regel von den Programmsitzungen ausgeschlossen, weil es »nicht zu seiner Aufgabe gehört«, Veranstaltungen zu planen. In der Erwerbswirtschaft würde diese Vorgehensweise Verwunderung hervorrufen, da gerade das Marketing hier bei der Leistungsentwicklung die entscheidenden Impulse gibt. Die mitarbeiterbezogenen Instrumente der Qualitätslenkung Mitarbeiterbezogene Instrumente der Qualitätslenkung

Personalauswahl

Personalentwicklung

Anreizsysteme

Präzises Anforderungsprofil für Bewerbungen

Fort- und Weiterbildung

Materielle Vergütungen und nichtmaterielle Anreize

Steigerung der Leistungskompetenz Fachkompetenz

Methodenkompetenz

Soziale Kompetenz

Psycholog. Kompetenz

Verbesserung der Leistungs- und Servicequalität

Will ich Teamarbeit und Kundenorientierung im Sinne des KQM langfristig verbessern, so ist hier bei der Einstellung neuer Mitarbeiter darauf zu achten, dass für das Anforderungsprofil Beurteilungskriterien aufgestellt werden, die sich nicht nur auf die Fach- und Methodenkompetenz, sondern ebenso auf die soziale und psychologische Kompetenz erstrecken. 8.1.2 Die Personalentwicklung Weitaus schwieriger ist es natürlich, die neue Personalpolitik gegenüber den in der bürokratischen Struktur sozialisierten Mitarbeitern umzusetzen. Der

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Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

Qualitätsmanagementprozess bietet hier aber den wesentlichen Vorteil, dass er sich ganzheitlich auf alle Personen und Arbeitsbereiche erstreckt. Hier werden die Mitarbeiter nicht nur von der Notwendigkeit überzeugt, sondern es soll ihnen auch gezielt eine Förderung zuteilwerden, die ihnen die alltägliche Arbeit erleichtert und die sie in die Lage versetzt, die neuen Zielsetzungen angstfrei und positiv eingestellt zu realisieren. Dementsprechend bestehen die Maßnahmen der qualitätsorientierten Personalentwicklung vor allem in der Aus- und Fortbildung.281 Die Personalentwicklung orientiert sich zur Leistungsverbesserung an vier Typen der Handlungskompetenz:282 •







Fachkompetenz: Fachkenntnisse müssen immer wieder auf den neuesten Stand gebracht werden. Das passiert nicht bei der Arbeit zwangsläufig von selbst, sondern muss durch Schulungen von außen initiiert werden. Methoden- und Konzeptkompetenz: Die Fähigkeit, die richtige Methode zur Problemlösung zu finden. Sie zielt darauf ab, das selbstständige Lernen zu befördern. Sozialkompetenz: »Teamfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Kommunikationsfähigkeit, Kundenorientierung« sind die zentralen Fähigkeiten einer exzellenten Arbeit, die intensiv zu schulen sind, um das QM auf eine solide Grundlage zu stellen. Psychologische Kompetenz: »Motivation, Einstellungen, Einsatzwillen« sind letztlich die Determinanten für die Bereitschaft, seine Leistungen und Fähigkeiten komplett einzubringen.

Welcher Mitarbeiter welche Fortbildung und Schulung erhält, ergibt sich aus dem in der Analysephase durchgeführten Einzelgespräch. Abteilungsbezogen lassen sich hier von professionellen Fortbildungsinstituten spezifische Programme erstellen, in denen die Vermittlung der einzelnen Kompetenzen miteinander kombiniert werden kann. 8.1.3 Die Anreizsysteme für Mitarbeiter Um eine hohe Bereitschaft und Motivation zur Leistungsverbesserung und zur Kundenorientierung sicherzustellen, macht es Sinn, Anreize durch eine besondere, zusätzliche Belohnung und Anerkennung vorzunehmen. Diese Anreize richten sich sowohl an die extrinsische Motivation (bezogen auf die nach außen gerichtete Bereitschaft, die positiven Effekte der Tätigkeit und das verbesserte Arbeitsumfeld positiv wahrzunehmen) als auch an die intrin281 Bruhn 2006, S. 278. 282 Zu den folgenden Typen der Handlungskompetenz siehe ebd.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

sische Motivation (bezogen auf die innere Bereitschaft, den in der Tätigkeit selbst liegenden Anreiz wertzuschätzen).283 Die Anerkennungen können an einzelne Mitarbeiter individuell erfolgen oder sich auf Teams beziehen.284 Diese Sonderformen der Vergütung sind selbstverständlich auch auf das betriebliche Vorschlagswesen anzuwenden. Auch wenn Anreizsysteme in Kulturbetrieben noch eher selten sein dürften – mir ist jedenfalls keines bekannt, weder aus der Praxis noch aus der Literatur – widerspricht eine solche Vergütungsform keineswegs den Gepflogenheiten der öffentlichen Verwaltung. Im Zuge des New Public Management wurden in einigen Kommunalund Landesverwaltungen schon vor mehreren Jahren Sondervergütungen eingeführt. Prinzipiell geht es nicht in erster Linie um Prämienzahlungen, Lohnerhöhungen oder erfolgsorientierte Entlohnungskomponenten für besondere Leistungen. Das ist nur eine Form des Anreizes, die zugegebenermaßen die für die meisten Mitarbeiter attraktivste darstellen dürfte. Neben den genannten materiellen Anreizformen, die sich auf die extrinsische Motivation konzentrieren, ist noch die Belohnung in Form von Seminarbesuchen denkbar.285 Es gibt aber auch zahlreiche nicht durch Geld entlohnte Anerkennungen, die die Wertschätzung für besondere Leistungen zum Ausdruck bringen. Die nichtmateriellen Anreize zur Steigerung der extrinsischen Motivation können sein:286 •



Individuelle Auszeichnung mit betriebsinterner Bekanntmachung: Hier sollte allerdings von Titeln wie »Held der Arbeit« oder »Mitarbeiter des Monats« abgesehen werden, um nicht eine Kultur reiner Leistungsorientierung und eines Konkurrenzdenkens zu etablieren. Eine akzeptable Form wäre ein Dankesbrief der Leitung, in dem sich die Leitung für die besondere Qualitätsleistung bedankt. Der Brief sollte am Schwarzen Brett ausgehängt werden. Eine weitere Anerkennung besteht in der Thematisierung der besonderen Leistung in einem Beitrag der Mitarbeiterzeitung oder des Intranets. Übertragung von Verantwortung: Geld ist bekanntlich nicht alleine motivationsfördernd. Wenn ein Mitarbeiter aufgrund seiner Leistungen eine neue Zuständigkeit übertragen bekommt, für die er die Verantwortung übernimmt, so kann das für ihn wertvoller und motivationsfördernder sein als eine höhere Entlohnung.

283 Ebd., S. 285. 284 Ebd., S. 286. 285 Siehe zu den konkreten Anreizformen insgesamt ebd., S. 288. 286 Zu den folgenden nichtmateriellen Anreizen siehe ebd.

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Übertragung von Projektleitungsaufgaben: Mitarbeiter, die sich durch konkrete Beiträge zur Qualitätsverbesserung auszeichnen, sollten in die Qualitätszirkel aufgenommen werden. Die Teilnahme ist einerseits eine besondere Auszeichnung für den Mitarbeiter und andererseits lassen sich dadurch wirklich Personen für die Qualitätsgruppen rekrutieren, die eine hohe Motivation für das QM aufweisen. Anbieten von Aufstiegschancen: Mitarbeitern, die sich wirklich um das QM für einen längeren Zeitraum verdient machen, kann die Leitung eine bessere Position mit erweiterten Zuständigkeiten und höherer Verantwortung anbieten. Auch diese Maßnahme muss nicht unbedingt mit einer Lohnerhöhung verbunden sein.

Für die intrinsische Motivation eignen sich Anreize, die die eher emotionale Beurteilung der Arbeitssituation ansprechen. So können Anreize geschaffen werden durch das Aussprechen eines persönlichen Lobs des Vorgesetzten im direkten Gespräch, durch »die Verbesserung der Arbeitsbedingungen« und der Veränderung von Arbeitsinhalten.287 Allzu oft nimmt die Leitung eines Kulturbetriebs das Streben nach Vollkommenheit als Selbstverständlichkeit und als generelle Arbeitsvoraussetzung an, weil diese Ausrichtung eine Maxime ästhetischen Arbeitens verkörpert. Aber nicht jeder Mitarbeiter einer Kultureinrichtung definiert sich als Künstler oder Teil eines künstlerischen Gesamtprozesses. Unabhängig vom künstlerischen Selbstverständnis haben die meisten Menschen das Bedürfnis, dass ihre Arbeit wertgeschätzt wird. Der Einsatz von Anreizsystemen ist mehr als ein bloßes Steuerungsinstrument des KQM. Es ist eine Mitarbeiteranerkennung durch das Management, die die Mitarbeiterbindung intensiviert. Sie vermittelt eine Arbeitskultur, in der sich Leistung nicht nur lohnt, sondern in der sie vor allem auch von den Verantwortlichen wahrgenommen und nicht als eine vermeintliche Selbstverständlichkeit hingenommen wird. 8.2

Die kulturbezogenen Instrumente

Die beim KQM zu realisierende Kunden- und Mitarbeiterorientierung muss in der Organisationskultur verankert werden, um eine langfristige Verbesserung der Leistungsqualität gewährleisten zu können.288 Der Wandel ist ein schwieriger und langfristiger Prozess, der sich nicht unmittelbar durch den Einsatz von Instrumenten verändern lässt.289 Die Umsetzung aller Maßnah287 Ebd. 288 Vgl. ebd., S. 288f. 289 Ebd., S. 289. Siehe auch Lissig 2002, S. 40.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

men zur Organisationsentwicklung innerhalb des KQM wird jedoch erwartungsgemäß die Kultur einer Organisation positiv beeinflussen können.290 Der anhaltende Veränderungsprozess innerhalb der Organisationskultur kann durch die Vorbildfunktion der Leitung maßgeblich unterstützt werden.291 Die kulturelle Vorbildfunktion der Führung sollte sich auf Kunden-, Mitarbeiter- und Leistungsorientierung erstrecken. Kundenorientierte Grundsätze können sein:292 • •

Verpflichtung zur Realisierung qualitativ hochwertiger Leistung serviceorientiertes Verhalten beim Kundenkontakt

Der Kulturinstitutsleiter, der von seinen Mitarbeitern Kundenorientierung einfordert, wird scheitern, wenn er selbst nicht in der Lage ist, auf Besucher zuzugehen, bei Veranstaltungen den Besucherkontakt meidet und darauf bedacht ist, nach einer Veranstaltung möglichst schnell zu verschwinden. Mitarbeiterorientierte Grundsätze der kulturellen Vorbildfunktion manifestieren sich:293 • •

in einer Politik der offenen Tür und in der offensiven Anerkennung jedes einzelnen Mitarbeiters als wichtiger Bestandteil der gesamten Leistungserstellung

Ein streng hierarchischer Führungsstil, bei dem nur die Abteilungsleiter und das künstlerische Personal die Chance haben, mit dem »Chef« zu sprechen, wird kaum eine neue Motivation für Mitarbeiter schaffen können, ihre Arbeitsleistung zu verbessern. Die leistungsorientierten Grundsätze sind in gleicher Weise wie die Kunden- und Mitarbeiterorientierung ausschlaggebend für die Beeinflussung der Organisationskultur durch die Leitung. Hier sind vor allem gefordert:294 • •

große Aufmerksamkeit für und persönliches Feedback auf Verbesserungsvorschläge erkennbare Veränderungsbereitschaft und Flexibilität

290 Lissig 2002, S. 40. 291 Bruhn 2006, S. 289. Siehe auch Schein 2003, S. 101 und Lissig 2002, S. 42. 292 Bruhn 2006, S. 290. 293 Ebd. 294 Ebd.

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Nur wenn die Führungskräfte den geforderten Veränderungsprozess für alle wahrnehmbar leben und ihre eigene Arbeit an den neuen Zielsetzungen ausrichten, kann sich langfristig die Organisationskultur verändern. Grundsätzlich muss von der Leitung ein Transformationsprozess in Gang gesetzt werden, der zunächst allen Mitarbeitern die existenzielle Notwendigkeit der Veränderung zur Gefahrenabwendung aufzeigen muss.295 Diese Information ist bei der Einführungsveranstaltung zum KQM bereits erfolgt, sollte aber der Belegschaft immer wieder kommuniziert werden. Für Edgar H. Schein ist die Überlebensangst die maßgebliche Quelle, die eine Veränderungsbereitschaft und damit auch eine Veränderung der Organisationskultur in Gang setzt.296 Dementsprechend sind die Gefahrenpotenziale und Herausforderungen in der gegenwärtigen Situation der Organisation ausführlich darzulegen. Dieser »Prozess des Auftauens« (Kurt Lewin) widerlegt die Stabilität der derzeitigen Organisationskultur und schafft die Motivation für neues Lernen, was wesentlich durch das Verlernen bisheriger Grundannahmen zu erreichen ist.297 Im nächsten Schritt muss für den Veränderungsprozess die Basis für psychologische Sicherheit geschaffen werden. Während die Überlebensangst den Motor zur Veränderung verkörpert, baut die Lernangst der Betroffenen Widerstände gegen Neuerungen auf.298 Die individuelle Angst der Mitarbeiter, an den neuen Herausforderungen zu scheitern, ist durch die »Stärkung des psychologischen Sicherheitsgefühls« zu verringern.299 Sie ist nach Edgar H. Schein durch folgende Maßnahmen zu realisieren:300 •



Die zwingend positive Vision: Sie wird von der Leitung formuliert. Im Rahmen des KQM ist die Positionierung bereits mit der Festlegung der Qualitätsgrundsätze und -ziele erfolgt. Training und Coaching, um die mit der neuen Ausrichtung verbundenen Arbeitsweisen zu erlernen. Diese Schulungsmaßnahmen sind ebenfalls mit dem KQM abgedeckt. Wichtig ist in dem Zusammenhang, dass die

295 Schein 2003, S. 116f. 296 Ebd., S. 120. 297 Ebd., S. 117. 298 Ebd., S. 121. 299 Ebd., S. 123. 300 Zu den folgenden Maßnahmen siehe ebd., S. 123f. Die von Schein genannten Systeme sind hier nochmals stärker zusammengefasst, um eine größere Übersichtlichkeit bereitzustellen. Darüber hinaus wird die Systematik auf QM direkt angewendet.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung









Methoden nicht rein formal, sondern wert- und zielorientiert vermittelt werden. Beteiligung der Lernenden: Die Mitarbeiter sind an der Art und Weise des Lernens zu beteiligen, um hier Ängste abzubauen und um die individuelle Lernfähigkeit berücksichtigen zu können. Testphasen für neues Verhalten und Denken: Um während der Lernphase einen Praxisbezug herzustellen, macht es Sinn, die neuen Methoden in der Praxis in Testsituationen einzusetzen. Erfahrungsaustausch in Gruppen: Um die kollektive Akzeptanz neuer Systeme zu gewährleisten, müssen die Beteiligten die Möglichkeit haben, sich über Probleme und Schwierigkeiten beim Aneignen der neuen Methoden auszutauschen. Das wird, wie wir noch sehen werden, größtenteils durch die Arbeit der Qualitätszirkel abgedeckt. In Projektgruppen werden hier nicht nur die Arbeitsschritte besprochen, sondern auch die Probleme der Umsetzung thematisiert. Passende Systeme und Strukturen: »Die Belohnungs- und Bestrafungssysteme sowie die Organisationsstrukturen müssen dem neuen Denken und Arbeiten unbedingt entsprechen.«301 Genau diese Übereinstimmung ist das Grundprinzip der ganzheitlichen Organisationsentwicklung von QM. Für den Kulturwandel müssen folglich nur Veränderungen in der Aufbauund Ablauforganisation vorgenommen werden, die für das QM erforderlich sind.

Der letzte Schritt des Transformationsprozesses besteht in der »Internalisierung der neuen Konzepte«.302 Die neuen Methoden und die neuen Werte können sich allerdings nur dann wirklich in der Organisationskultur stabilisieren, wenn sie das soziale und berufliche Gesamtgefüge der Organisation verbessern.303 Dieses Risiko birgt jeder Veränderungsprozess und damit auch das KQM in sich. Maßgeblich für die Implementierung der Grundsätze und Ziele des KQM in die Organisationskultur ist seine ganzheitliche Ausrichtung, die die wesentlichen Voraussetzungen erfüllt, um langfristig eine an Qualität orientierte Kultur zu entwickeln. 8.3

Die organisationsbezogenen Instrumente

Zur Umsetzung der KQM-Maßnahmen müssen auf bau- und ablauforganisatorische Rahmenbedingungen geschaffen werden, die das KQM langfristig 301 301

Ebd., S. 124.

302 Ebd., S. 127. 303 Vgl. ebd.

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und nachhaltig institutionalisieren.304 So sind bei der Auf bauorganisation folgende allgemeine Kriterien zu beachten:305 • • • • •

Festlegung der Verantwortlichkeiten sowie Regelung der Zuständigkeiten und Weisungsbefugnisse zur Umsetzung des KQM Schaffung offener, flexibler Strukturen zur Vernetzung kreativer Vorschläge Unterstützung der Servicekultur Schaffung von Anreizen Verbindliche Ausrichtung auf tatsächliche Qualitätsverbesserung

Im Vorfeld und in der Analysephase des KQM sind die meisten Voraussetzungen bereits geschaffen worden und müssen bei der Umsetzungsphase eigentlich nur aktiviert werden. So wurde in der Einführungsphase bereits unmissverständlich kommuniziert, dass die Leitung die Verantwortung für das Gelingen der Organisationsentwicklung trägt und dass die Zuständigkeit bei dem bereits eingesetzten Qualitätsmanagementbeauftragten liegt, der durch einzuführende Arbeitsgruppen unterstützt wird. Die Schaffung von Anreizen ist bereits mit der Einführung der Anreizsysteme innerhalb der mitarbeiterbezogenen Qualitätslenkung vorgenommen worden. Die primäre Qualitätsorganisation liegt in der Verantwortung des Managements.306 Das betrifft nicht nur die Leitung einer Kultureinrichtung im engeren Sinne, sondern auch die Abteilungsleiter, die sicherstellen müssen, dass die Qualitätsmaßnahmen in ihrer Abteilung nicht nur angewiesen, sondern auch tatsächlich umgesetzt werden. Unterstützt werden die Führungsebenen von Qualitätszirkeln, die als sekundäre Qualitätsorganisationebene fungieren.307 Das sind Arbeitsgruppen, in denen die Anforderungen, Probleme, konkrete Umsetzungsstrategien und Zielsetzungen diskutiert und konkrete Empfehlungen fürs Management erarbeitet werden. Themen des Qualitätszirkels können sich erstrecken auf:308 •

Arbeitsabläufe innerhalb der verschiedenen Abteilungen: Hier kann der Qualitätszirkel beispielsweise die Koordination einzelner Arbeitsschritte bei der Leistungserstellung untersuchen und Lösungen erarbeiten, wie sich der jeweilige Arbeitsprozess mit weniger Reibung und Zeitverlusten systematisieren lässt, um gleichbleibende Qualität zu gewährleisten.

304 Bruhn 2006, S. 290. 305 Zu den folgenden Kriterien siehe ebd., S. 291. 306 Ebd., S. 292. 307 Ebd., S. 293ff. 308 Ebd., S. 297.

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Horizontale Kommunikation zwischen den Funktionsbereichen: Ein Beispiel wäre hier, wie der Informationsaustausch zwischen der Marketing-Abteilung und dem Servicepersonal an der Kasse und im Foyer besser zu gestalten ist, um eine intensivere Kundenbindung zu bewerkstelligen. So könnte vom Qualitätszirkel ein Feedback-System vorgeschlagen werden, das garantiert, dass alle Kundenbeschwerden, die das Servicepersonal erreichen, an die Marketingabteilung zur weiteren Bearbeitung weitergegeben werden. Zum anderen könnte ein Informationsprofil für Veranstaltungen erarbeitet werden, das von der Marketingabteilung ins Ticketsystem eingespeist wird, um den Kassenmitarbeitern beim Ticketverkauf systematisch für alle Veranstaltungen die vom Kunden nachgefragten Infos zugänglich zu machen. Image und Erscheinungsbild beim Kunden: Der Qualitätszirkel könnte Maßnahmen erarbeiten und vorschlagen, wie sich das Image der Kultureinrichtung mittel- bis langfristig verbessern lässt. Stellenwert der Servicepolitik: Hier gilt es, zu untersuchen, wie sich die Servicementalität der Mitarbeiter nachhaltig beeinflussen lässt, wie Mitarbeiter-, Kundenorientierung und Serviceleistungen miteinander zu verzahnen sind, um eine Verbesserung des Kundenservice zu erreichen. Qualitätsstandards der Kommunikationskanäle und -medien: Der Qualitätszirkel könnte hier qualitätsorientierte Kriterien diskutieren, um eine verbesserte Kundenbindung durch Kommunikationsmaßnahmen vorzunehmen. So könnte die Einführung eines Kulturmagazins als Kundenbindungsinstrument vorgeschlagen werden oder die Möglichkeit der Nutzung von Facebook zur Kundenorientierung überprüft werden. Anreizsysteme für die Kundenorientierung der Mitarbeiter: Hier werden Vorschläge erarbeitet, welche Anreize für Qualitätsverbesserungen eingeführt werden sollen und welche Kriterien erfüllt sein müssen, um dem einzelnen Mitarbeiter diese Form der Belohnung zu gewähren. Die Mitarbeiter des Qualitätszirkels hier mitgestalten zu lassen, steigert die Bedeutung des Personalentwicklungsinstruments, das nicht einfach von der Leitung vorgegeben wird, sondern unter der Mitsprache des Qualitätszirkels quasi kollektiv entwickelt wird.

Die Qualitätszirkel sollten sich aus freiwilligen Mitarbeitern hierarchie- und bereichsübergreifend zusammensetzen.309 Die Arbeitsgruppe wird von einem Moderator geleitet, der sicherstellt, dass die Arbeit im Zirkel zielund ergebnisorientiert abläuft.310 Er bereitet die Gruppentreffen vor, leitet die Diskussion, protokolliert die Ergebnisse und sorgt dafür, dass diese in 309 Merchel 2004, S. 164. 310 Ebd.

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die Leitung kommuniziert werden.311 Die Qualitätszirkel besitzen keine Entscheidungsbefugnisse; vielmehr besteht ihre vornehmliche Aufgabe darin, Lösungsvorschläge für die Qualitätsverbesserung zu erarbeiten.312 Sinnvollerweise werden die Qualitätszirkel vom Qualitätsbeauftragten unterstützt und koordiniert. Er ist darüber hinaus verantwortlich dafür, dass die Vorschläge der Qualitätszirkel der Leitung zur Entscheidung vorgelegt werden. Bei der Ablauforganisation sind die Kommunikations- und Informationssysteme, wie sie bereits mit der internen Kommunikation im Vorfeld des KQM eingeführt worden sind, so einzusetzen, dass sie eine kontinuierliche Ergebnisübermittlung horizontal und vertikal über die Analyse, Beobachtung und Umsetzung von Qualitätsstandards garantieren.313 Mit der Initiierung eines qualitätsorientierten Personalmanagements, mit der Ausrichtung der Organisationskultur an den Qualitätsgrundsätzen und -zielen sowie der organisationalen Festlegung von Verantwortung, Zuständigkeit und Projektarbeit für das KQM werden die wesentlichen Rahmenbedingungen geschaffen, die die konkrete Umsetzung der durch die Analyse gewonnenen Qualitätsanforderungen ermöglichen. Ziel aller beteiligten Akteure muss hier sein, möglichst schnell erste positive Ergebnisse der Qualitätsverbesserung vorweisen zu können, um die Motivation für die Organisationsentwicklung nicht erlahmen zu lassen. Das Widerstandspotenzial von Mitarbeitern gegen umfangreiche Veränderungen darf nicht unterschätzt werden, auch wenn die Vorteile des QM durch Wissenschaft und Praxis unbestritten sind.314 Effizienz und Effektivität des KQM muss für die Mitarbeiter einsichtig und erlebbar sein. Kleine, erste Schritte der Qualitätsverbesserung müssen intensiv intern und extern kommuniziert werden, um eine breite Akzeptanz zu befördern.

9. D AS Q UALITÄTSCONTROLLING Das Controlling ermittelt – allgemein definiert –, ob und in welchem Maße das KQM entsprechend seiner Zielsetzungen die Effizienz und Effektivität der Arbeitsprozesse und Leistungen gesteigert hat.315 Das Qualitätscontrolling besitzt vier Funktionen:316 311

Vgl. Bruhn 2006, S. 296.

312 Merchel 2004, S. 164. 313 Siehe hierzu Bruhn 2006, S. 297ff. 314 Ebd., S. 344f. 315 Ebd., S. 424. 316 Für die folgenden Funktionen des Qualitätscontrolling vgl. ebd., S. 424ff.

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• •

• •

Koordination (Abstimmung und Vernetzung der einzelnen Qualitätsmaßnahmen) Informationsversorgung (die Verknüpfung und Dokumentation von relevanten Informationen aus verschiedenen Arbeitsbereichen und die Beschaffung externer Informationen zur Verbesserung des KQM) Planung (Unterstützung einer weiterführenden Qualitätsplanung durch den Soll-Ist-Abgleich des Controlling) Kontrolle (die eigentliche Überprüfung der Zielerreichung)

Das Qualitätscontrolling findet nicht ausschließlich nach der vollzogenen Umsetzung aller Qualitätsmaßnahmen statt, sondern begleitet den gesamten QM-Prozess. Der langfristig eingesetzte Qualitätsbeauftragte und die dauerhaft installierten Qualitätszirkel übernehmen die Funktion des Controllings. Sie koordinieren die einzelnen Maßnahmen, vernetzen die Ergebnisse, die fortlaufend intern kommuniziert werden. Sie tragen Sorge dafür, dass der Soll-Ist-Zustand kontinuierlich ausgewertet und dokumentiert wird, und setzen neue Planungen in Gang, um die Zielsetzungen zu verwirklichen. Die Ablauforganisation des Qualitätscontrolling Selbstbewertung anhand der EFQM-Matrix zum Ende des KQM-Prozesses

Durchführung der Q.-Analyse zu Beginn und zum Ende des KQM-Prozesses

Kontinuierliches Controlling durch Qualitätszirkel und Qualitätsbeauftragten

Darüber hinaus erfordert das EFQM-Modell zur Erlangung der Exzellenz eine Evaluation in Form der Selbstbewertung, die im Anschluss an die QMUmsetzungsphase vorzunehmen ist. Das EFQM-Modell liefert hierfür eine Bewertungsmatrix, die sich in die beiden Bereiche »Befähiger« und »Ergebnisse« untergliedert.317 Die Analyse der »Befähiger« umfasst die Bereiche 317 EFQM 2009, S. 25ff.

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Vorgehen (unterteilt nach den Attributen fundiert und integriert), Umsetzung (mit den Attributen eingeführt und systematisch) sowie Bewertung und Verbesserung (mit den Attributen Messung, Lernen und Kreativität, Verbesserung und Innovation).318 Die Analyse der »Ergebnisse« fragt nach Relevanz und Nutzen (mit den Unterscheidungsmerkmalen Relevanz, Integrität und Segmentierung) und nach Leistungen (unterteilt in die Attribute Trends, Ziele, Vergleiche und Ursachen).319 Die einzelnen, durch die Organisation selbst zu bewertenden Positionen sind entsprechend der umfassenden Individualisierbarkeit des EFQM-Verfahrens in der Bewertungsmatrix sehr allgemein gefasst. So müssen zum Beispiel in der Matrix »Befähiger« unter »Bewertung & Verbesserung« folgende Kriterien beurteilt werden: »Messung: •

Effizienz und Effektivität des Vorgehens und dessen Umsetzung werden regelmäßig gemessen.



Die gewählten Messgrößen bzw. Kennzahlen sind geeignet.

Lernen und Kreativität: •

Durch Lernen werden interne und externe gute Praktiken und Verbesserungsmöglichkeiten identifiziert.



Durch Kreativität wird ein neues und verbessertes Vorgehen geschaffen.

Verbesserung und Innovation: •

Schlussfolgerungen aus Messung und Lernen werden zur Identifikation, Priorisierung, Planung und Einführungen genutzt.



Ergebnisse von Kreativität werden bewertet, priorisiert und verwendet.«320

Die konkrete Bewertung erfolgt durch die Zuordnung der Prozentzahlen von 0 bis 100 in Fünferschritten. Dieses allgemein formulierte System der selbst durchzuführenden Erfolgskontrolle lässt deutlich erkennen, dass die Organisation zur konkreten Bewertung der Verbesserung von Effizienz und Effektivität erneut die Analyseverfahren, die zu Beginn des KQM durchgeführt worden sind, einsetzen muss. Nur so kann sie feststellen, ob und in welchem Ausmaß eine Steigerung der Qualität erreicht worden ist. Die erneute Einsetzung der Analyseverfahren markiert zugleich den Kreislauf des KQM-Prozesses. Selbstverständlich setzen die Analyseergebnisse erneute Planungsmaßnahmen in Gang, die die bisherigen Strategien verändern und verfeinern, was wiederum eine Veränderung der operativen Phase zur Folge hat.

318 Ebd., S. 25. 319 Ebd. 320 Ebd. S. 26.

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Der KQM-Prozess ist zwangsläufig ein permanenter Kreislauf aus Analyse, Planung, Umsetzung und Auswertung. Aber genau das ist das Grundprinzip professionellen Managements und trifft dementsprechend für jegliches systematisches Vorgehen zu. Der Ressourcenaufwand für die Einführung ist hoch. Der Finanzaufwand ist hier weniger ausschlaggebend. Es muss vor allem viel Zeit aufgewendet werden. Dafür muss das Management motiviert sein, dessen wesentliche Aufgabe es wiederum zu Beginn des KQM ist, die Mitarbeiter zu motivieren, damit sie den Mehraufwand akzeptieren.

10. C HANGE M ANAGEMENT: D ER PERMANENTE B EGLEITPROZESS DES KQM Mit der breiten Akzeptanz steht und fällt das Gelingen des KQM. Gefragt und unerlässlich sind hier die besonderen Kommunikationsstrategien des Change Management, die den KQM-Prozess einführen und begleiten. Change Management ist eine besondere Veränderungsstrategie, die im Wesentlichen auf der Grundlage von Kommunikation versucht, die Widerstände von Mitarbeitern gegen jede Form der Veränderung in Zustimmung und Identifikation zu verwandeln. Unter dieser Perspektive ist Qualitätsmanagement Organisationsentwicklung und Change Management zugleich. Anders formuliert: Change Management wird zur interaktiven Steuerung des Qualitätsmanagements eingesetzt, um eine erfolgreiche Organisationsentwicklung zu ermöglichen. Der Zusammenhang von QM und Change Management Organisationsentwicklung Qualitätsmanagement effizientes und effektives System der Organisationsentwicklung

Change Management interaktiver Steuerungsprozess des Qualitätsmanagements

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10.1

Die allgemeinen Grundlagen des Change Managements: Ohne Kommunikation keine Veränderung

Das KQM entwickelt mit seinen Verfahrensweisen die Rahmenbedingungen und das Projektmanagement, um durch den Einsatz von Organisationsentwicklungsmethoden aus dem Bereich des Personal- und Organisationsmanagements die Bereiche Struktur, Personal und Kultur positiv zu verändern. KQM setzt folglich einen massiven und kontinuierlichen Veränderungsprozess in Gang. Change Management definiert sich demgegenüber als eine interaktive, auf Kommunikation setzende, psychologisch orientierte Begleitmethode, die durch die systematische Gestaltung und Steuerung des Veränderungsvorhabens sicherstellen will, dass die neu eingesetzten Verfahren zur Organisationsentwicklung auch wirklich von allen Beteiligten akzeptiert und motiviert umgesetzt werden: »Hierbei geht es darum, überzeugende Antworten für die geplante Änderung zu finden, geeignete Mitstreiter zu gewinnen, die richtigen Schritte zum richtigen Zeitpunkt zu gehen, clever und mit großer Klarheit zu informieren, um ein für die Organisation und möglichst viele Beteiligte erfolgreiches Ergebnis zu erzielen.«321

Daraus lassen sich folgende allgemeine Funktionen ableiten:322 • • • • •

das Veränderungsprojekt unterstützen eine neutrale Auseinandersetzung mit dem Change-Prozess ermöglichen negativen Stimmungen entgegensteuern und Übertreibungen unterbinden die Gefahr des Scheiterns einschränken den Wandel nachhaltig managen

Change Management basiert im Wesentlichen auf der Erkenntnis, dass viele Veränderungsprozesse scheitern, weil es dem Management nicht gelungen ist, die Mitarbeiter von der Notwendigkeit des Veränderungsprozesses zu überzeugen.323 Jeder tief greifende Wandel innerhalb einer Organisation – und damit auch KQM – sieht sich zahlreichen Gefahrenpotenzialen ausgesetzt. Dazu zählen hauptsächlich:324 321 Lindinger/Goller 2004, S. 11. 322 Zu den folgenden Funktionen des Change Management siehe ebd., S. 30. 323 Vgl. Bachert/Vahs 2007, S. 23. 324 Zu den folgenden Gefahrenpotenzialen siehe Lindinger/Goller 2004, S. 35ff.

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• • • • • • •

Die Veränderung wird nur von einem Teil der Führungskräfte gewollt oder nur passiv begleitet. Der Arbeitsaufwand wird unterschätzt. Der Ankündigung folgen keine Taten. Erfolgreiche Modelle lassen sich nicht übertragen. Die Notwendigkeit von Change Management wird nicht erkannt. Es werden gleichzeitig mehrere Veränderungsprojekte gestartet. Die vergangene Entwicklungsgeschichte der Organisation wird ignoriert.

Die Gefahr des Scheiterns sollte auf keinen Fall unterschätzt werden. Das Risiko lässt sich deutlich mindern, wenn den Gefahren aktiv entgegengetreten wird. Das erfordert in erster Linie eine intensive Überzeugungsarbeit, die sich durch eine professionelle interne und externe Kommunikation realisieren lässt.325 Change Management bedient sich dementsprechend primär der Kommunikationsstrategien, um den Wandel erfolgreich zu vollziehen.326 Die meisten Organisationsentwicklungslehren setzen voraus, dass die Mitarbeiter die neuen Methoden entsprechend der Vorgaben umsetzen.327 Menschen ändern ihr Verhalten aber nur durch direkte Kommunikation und nicht aufgrund von ausgegebenen Richtlinien.328 Eingefahrene Verhaltens- und Denkmuster müssen durch überzeugende Kommunikation durchbrochen werden.329 Qualitätsmanagement implementiert, wie wir gesehen haben, ganz bewusst eine integrierte Kommunikation, um den KQM-Prozess erfolgreich zu bewerkstelligen. Die Einführung der internen Kommunikation, die letztlich vom EFQM-Modell eingefordert wird, gewährleistet den permanenten Dialog über die Anforderungen und Herausforderungen des KQM. Die ebenfalls eingeforderte Mitarbeiterorientierung garantiert, dass die Motivation der Mitarbeiter und ihre Identifikation mit den Zielsetzungen des KQM kontinuierlich und nachhaltig gefördert werden. Dennoch macht es Sinn, die grundlegenden Erkenntnisse des Change Management näher in den Blick zu nehmen und zu beherzigen, um ein Scheitern des KQM zu verhindern.

325 Vgl. Zulauf 2010, S. 7. 326 Kieser et al. 1998, S. 2. 327 Ebd., S. 136f. 328 Doppler/Lauterburg 2008, S. 356. 329 Kieser et al. 1998, S. 145.

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10.2 Die wichtigste Aufgabe des Change Managements: Widerstände wahrnehmen und überwinden

Die Begründungen für die Notwendigkeit der Einführung von KQM sind zahlreich und schlagkräftig. Emotionale Konditionierungen sind jedoch stärker als logische Argumente.330 Die Leitung muss sich grundsätzlich bei jedem Veränderungsprojekt darüber im Klaren sein, dass Mitarbeiter alles Neue am Arbeitsplatz als Störung und als Bruch mit der bisherigen gewohnten Arbeitssituation begreifen.331 Das Management muss sich in der Situation der unterschiedlichen psychischen Einstellungen gegenüber Veränderungsprozessen bewusst sein: Der Zwang zur Veränderung kann Angst vor Kompetenz-, sogar Arbeitsplatzverlust auslösen und wird bestenfalls als lästige und störende Anforderung angesehen.332 Jede Veränderungsmaßnahme hat für den Mitarbeiter eine existenzielle Dimension, bei der er sich fragt:333 • • • • • •

Behalte ich meinen Arbeitsplatz? Wird es mir besser oder schlechter gehen? Was kann ich und was bin ich wert? Wie stehe ich im Vergleich zu den anderen Kollegen da? Was muss ich selbst konkret verändern? Kann ich das Erwartete leisten?

Das Management muss diese möglichen Ängste und Nöte bei der Mehrheit der Mitarbeiter voraussetzen. Die negative Wahrnehmung von Neuerungen ist sicherlich ein Hemmnis für die Umsetzung des KQM, aber kein Hinderungsgrund. Bei der Ankündigung des Veränderungsprojekts, bei den Gesprächen mit den Mitarbeitern, vor allem bei den Einzelgesprächen, müssen Vorgesetzte genau hinhören, um herauszufinden, welche emotionale Grundhaltung der Mitarbeiter einnimmt. Auf der Grundlage der eher negativen Wahrnehmung und Beurteilung von Veränderungsmaßnahmen lassen sich im Arbeitskollektiv in der Regel drei Verhaltenstypen ausmachen:334

330 Adams 2007, S. 258. 331 Zulauf 2010, S. 12. 332 Ebd. 333 Zu den existenziellen Fragen siehe ebd., S. 12f. Siehe auch Lindinger/Goller 2004, S. 92f. 334 Zu den folgenden Verhaltenstypen siehe Bachert/Vahs 2007, S. 141.

Jochen Zulauf £III. Die konkrete Operationalisierung

die wenigen Begeisterten, die das Veränderungsvorhaben begrüßen und sich der Herausforderung gewachsen fühlen; 2. die Masse der Passiven, die abwarten, eher gleichgültig sind und nur auf Anweisungen reagieren; 3. die offenen Gegner, derer es zwar wenige gibt, die aber umso vehementer für ein schlechtes Arbeitsklima sorgen können und mit denen sich dementsprechend die Leitung intensiv auseinandersetzen muss.

1.

Selbstverständlich muss es das Ziel sein, möglichst die Mehrheit der Mitarbeiter für das Veränderungsprojekt zu begeistern und sie zu aktiven Agenten des KQM zu motivieren. Zunächst ist es besonders wichtig, die Gegnerschaft von Mitarbeitern aufzulösen, was im ungünstigsten Fall mit disziplinarischen Maßnahmen zu erreichen ist. Das Wissen um die psychologische Dimension von Veränderungsvorhaben verlangt vom Management eine sensible, offene, authentische und überzeugende direkte Kommunikation und Aufklärungsarbeit über die Konsequenzen der Organisationsentwicklung. Folgende Themen, Grundsätze und Strategien sind hier zu kommunizieren:335 •



• • •



Die existenzielle Notwendigkeit der Organisationsentwicklung muss nicht nur überzeugend und engagiert, sondern auch nachvollziehbar und verständlich kommuniziert werden. Um Ängste schon im Vorfeld zu minimieren, sollte das Veränderungsvorhaben als Teamarbeit herausgestellt werden, bei der jeder Mitarbeiter aktiv einbezogen wird. Konkrete Auswirkungen auf Arbeitszusammenhänge müssen intensiv thematisiert werden. Mögliche Umstrukturierungen von Abteilungen müssen in den betroffenen Teams ausführlich diskutiert werden. Die Erwartungshaltung an einzelne Mitarbeiter sollte in Einzelgesprächen einfühlsam und motivierend thematisiert werden. Dem Mitarbeiter müssen vor allen Dingen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie er den Veränderungsprozess persönlich bewerkstelligen kann. Allen Mitarbeitern sollte das Gefühl vermittelt werden, dass jeder zum Erfolg beiträgt und nur im Kollektiv das Projekt gestemmt werden kann. Keiner bleibt sich selbst überlassen.

Ziel der Veränderungskommunikation muss sein, möglichst viele zu motivieren, damit sie das KQM zu ihrer eigenen Sache machen. Wichtig ist, dass 335 Siehe zu den folgenden Punkten Zulauf 2010, S. 13ff.

193

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die Überzeugungsarbeit nicht zur Indoktrination mutiert. Es geht nicht darum, die Wertvorstellungen der Individuen umzuprogrammieren. Hier ist soziale Interaktion verlangt, bei der das Management einerseits klare Ziele vorgibt, den Sinn und Zweck der Veränderungsmaßnahmen nachvollziehbar erläutert, aber anderseits die Zielerreichung den Mitarbeitern überantwortet. Dementsprechend sollte die Veränderungskommunikation folgendermaßen ausgerichtet sein:336 •







Management statt Diskussion über die Ziele: Das Diskutieren darüber, was wünschenswert wäre, wird abgelöst durch die strategische Steuerung von Verhalten. Fokus auf soziale Beziehungen, Interaktion statt Persuasion: Die Kommunikation richtet sich auf das gemeinsame Handeln in den Abteilungen aus und versucht nicht, die Wertvorstellungen der einzelnen Mitarbeiter zu beeinflussen. Komplexitätsreduktion als Kommunikationsaufgabe: Kommunikation liefert nicht in erster Linie Information, sondern versucht Orientierung zur Bewältigung der Komplexität des Veränderungsprozesses zu geben. Fokus auf Generierung von Sinn: Es gilt, die Mitarbeiter für Zukunftsperspektiven zu motivieren.

Qualitätsmanagement ist sich, wie eingangs erläutert, der Notwendigkeit der strategischen internen Kommunikation als ein wesentlicher Erfolgsfaktor bewusst. Change Management kann hierbei begleitend und unterstützend wertvolle Einsichten in die psychologische und zwischenmenschliche Problematik von Veränderungsvorhaben vermitteln und die geeigneten Strategien zur Überwindung von Widerständen gegen die Organisationsentwicklung bereitstellen.

336 Zu den folgenden Kriterien der Veränderungskommunikation siehe Pfannenberg 2003, S. 20.

£ K ULTURQUALITÄTSMANAGEMENT : K EINE LEICHTE A NGELEGENHEIT IN DER P RAXIS ? Die vielfältigen Verfahrensweisen der einzelnen Arbeitsphasen können in geballter Darstellung abschreckend wirken. Wie soll es möglich sein, das alles zu bewältigen, wo doch die Mitarbeiter schon längst an die Leistungsgrenze des Machbaren gestoßen sind? Aus meiner Erfahrung kann ich nur sagen, dass täglich unzählige Meetings in Kultureinrichtungen stattfinden, die allzu oft nicht ergebnisorientiert und häufig redundant sind. Qualitätsmanagement organisiert von Anfang an einen zielorientierten Austausch zwischen den Beteiligten, der kontinuierlich Ergebnisse einfordert. Schon bei der Einführung von Qualitätsmanagement dürfte sich die neue Ausrichtung positiv auf die Ablauf- und Auf bauorganisation auswirken. Der systematische Zugriff des Qualitätsmanagements verkürzt mittel- bis langfristig Leerlaufzeiten und Redundanzen. KQM schafft aus sich heraus freie Zeitkapazitäten für ein planvolles Arbeiten. Dessen ungeachtet wird sicherlich gerade in der Einführungsphase ein großer zusätzlicher Arbeitsaufwand notwendig sein, um den komplexen Prozess des KQM ans Laufen zu bringen. Dafür müssen immer wieder Mitarbeiter freigestellt werden. Aber warum sollte man für diese Phase nicht das Leistungsangebot entsprechend anpassen? Wenn die unausweichliche Notwendigkeit der Organisationsentwicklung überzeugend nach innen und nach außen kommuniziert wird, dann sollte es möglich sein, bei allen Interessengruppen auf Verständnis zu stoßen, dass der Kulturbetrieb phasenweise seine Angebote entsprechend der Arbeitsanforderungen verändert. Besonders die dadurch betroffenen Besucher werden gerade in der Anfangsphase der Analyse sehr schnell davon zu überzeugen sein, dass ihre Mitarbeit, ihre Unterstützung und auch ihre Nachsicht gefragt sind. Denn durch die zu intensivierende Besucherorientierung dient der gesamte Organisationsprozess letztlich unmittelbar ihren eigenen Interessen. Nicht zuletzt ist für die Durchführung des Qualitätsmanagements keine Eile geboten. Der Gesamtprozess wird sich bei seiner erstmaligen Realisierung von Analyse, Planung, Umsetzung und Auswertung mindestens über zwei Jahre erstrecken. Die konkrete Arbeit des Qualitätsmanagements wird sich in die tägliche Alltagsroutine nach und nach integrieren. Der Erfolg bleibt letztlich davon abhängig, ob es der Leitung der Kultureinrichtung gelingt, die Mitarbeiter von der Notwendigkeit zu überzeugen, selbst immer wieder Vorbild zu sein und die einzelnen Prozessphasen effektiv zu managen. Das aber ist ohnehin die grundlegende Aufgabe und Verantwortung eines jeden Managements. Vor ihr nicht zurückzuschrecken, sondern kreativ anzupacken, ist das Credo des aktivierenden Kulturmanagements.

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Es stellt sich der Herausforderung, die Organisation so zu entwickeln, dass die Mitarbeiter entschlossen und verantwortungsbewusst qualitätsvolle Kulturarbeit leisten, die sich an den Interessen und Erwartungen der Besucher orientiert. Nur in der interaktiven, lebendigen Partnerschaft aller beteiligten Interessengruppen kann das jetzige System einer öffentlich subventionierten Kultur überleben. Für den dafür notwendigen Bewusstseins- und Organisationswandel kann das aktivierende Kulturmanagement auf der Grundlage des Kulturqualitätsmanagements einen wesentlichen Beitrag leisten. Eine andere Frage ist freilich, wie die Kultureinrichtungen motiviert werden können, den mühsamen Weg der Organisationsentwicklung zu beschreiten. Hier kann die Museumsregistrierung in Niedersachsen, Bremen und Rheinland-Pfalz als Vorbild dienen. Aufgefordert sind letztlich die Kulturpolitik und Kulturverwaltung gemeinsam mit den Interessenverbänden der verschiedenen Kultursparten, die Kultureinrichtungen aktivierend über Richtlinien und Vorgaben zu motivieren, ihre Leistungen effizienter und effektiver zu gestalten. Eine aktivierende Kulturpolitik muss das aktivierende Kulturmanagement initiieren, um die Entwicklung zum »exzellenten Kulturbetrieb« zu ermöglichen. Der Relevanzverlust der Hochkultur ist ein gesellschaftlicher Prozess, der durch die Kulturbesucher und nicht durch die Politik ausgelöst worden ist. Gegensteuern kann man nur durch Veränderungen. Sie lassen sich aber nur herbeiführen, wenn sich alle Beteiligten konstruktiv dem Problem stellen. Man wird die gesetzlichen Vorgaben und Richtlinien, wie sie im Bereich des Sozialen und der Bildung bereits Standard sind, auf die Kultur übertragen müssen, um die Kulturbetriebe zu aktivieren, selbst Verantwortung zum exzellenten Handeln zu übernehmen. Die Kulturpolitik hat hier die Aufgabe, die Kulturmacher davon zu überzeugen, dass sie ihr Selbstverständnis radikal ändern müssen, um die Hochkultur zu erhalten. Das aktivierende Kulturmanagement bietet hierfür eine fundierte Orientierung und zugleich konkrete Handlungsanleitung, um sich den Herausforderungen zu stellen.

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£ R EGISTER A Ablauforganisation 68, 93, 105, 120, 146, 147, 154, 157, 183, 186 Abonnement 171 Abonnenten 32, 171 Analyse 29, 49, 62, 63, 66, 86, 90, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 121, 126, 127, 130, 135, 136, 137, 140, 141, 143, 146, 147, 149, 154, 155, 157, 158, 159, 160, 163, 174, 186, 187, 189, 195 Anreizsystem 55, 176, 178, 179, 180, 184, 185 ARCHSECRET-Modell 127, 129, 130, 158 Audience Development 41, 43, 44, 45, 170 Auf bauorganisation 73, 75, 83, 94, 184, 195 Aufgabe 27, 29, 49, 59, 99, 110, 117, 118, 144, 162, 177, 186, 189, 192, 195 Auslastung 49 Ausstellungen 17, 31, 58, 61, 77, 133, 139, 169 B Babyboomer 34, 35, 36 Balanced Scorecard 97 Benchmarking 72, 85, 87, 94, 101, 105, 143, 144, 145, 172 Beschwerdemanagement 100, 135, 141, 142, 143, 159 Besucherbefragung 105, 126, 130, 139, 146, 159, 162, 164 Besucherbefragung 168 Besucherbindung 31, 59, 118, 163, 168 Besucherforschung 131, 147 Besucherinteresse 49, 60, 170 Besucherorientierung 29, 58, 60, 65, 106, 116, 156, 170, 171, 195

Besucherrückgang 9, 15, 17, 91 Besucherzufriedenheit 82, 156, 163, 166 betriebliches Vorschlagswesen 54, 55, 156, 157, 159, 179 Bewerbung 106, 125 Blueprint 140, 144 Budgetierung 22, 23 C Controlling 186, 187

90, 97, 104, 106, 107,

D Dienstleistung 88, 99, 100, 128, 135 DIN EN ISO 9000ff. 85, 86 Distribution 135 Diversifikation 165, 168 E EFQM-Modell 85, 87, 88, 89, 91, 92, 93, 102, 107, 110, 187, 191 Eintritt 19, 47, 129, 140, 166, 167 Empowerment 127 Erlebnisgesellschaft 24, 29, 30, 32, 35, 138 Erwartungshaltung 26, 50, 170, 193 Event 15, 24, 42, 43, 45, 112 F Finanzierung 11 Förderer 118 Freiheit der Kunst 82 Freizeitverhalten 29, 30, 35, 171 Fundraising 163 G Gebundenheit

31, 42, 171

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Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

H Handlungsbedarf 11, 15, 53, 56, 163 Hochkultur 15, 16, 17, 19, 20, 21, 25, 26, 29, 30, 32, 34, 36, 38, 40, 43, 44, 45, 196 Homepage 59, 60, 114, 130, 135, 142 I Image 28, 47, 50, 100, 102, 103, 132, 134, 137, 163, 173, 185 Implementierung 61, 91, 142, 157, 183 Individualisierung 171 Informationsgrundlagen 93 Informationsübermittlung 96, 110, 135 Informationsverarbeitung 99, 170 Innovation 66, 69, 91, 93, 99, 116, 188 Instrumente 59, 62, 98, 99, 107, 112, 131, 159, 176, 177, 180, 183 Interaktivität 18, 60, 64, 101, 106, 150, 189, 190, 196 Interessengruppen 10, 81, 82, 83, 84, 87, 90, 91, 93, 94, 98, 99, 100, 101, 105, 106, 113, 118, 119, 121, 123, 124, 158, 162, 163, 164, 169, 170, 195, 196 J Jugendliche 19, 32, 33, 36, 37, 38, 40, 47, 48, 100, 168 K Kanon 35, 75 Kasse 61, 127, 128, 135, 141, 174, 185 Kassenmitarbeiter 127, 128, 129, 143 Kommunikation 31, 47, 52, 58, 59, 60, 61, 69, 72, 81, 95, 96, 101, 103, 106, 109, 110, 111, 112, 113, 118, 120, 127, 128, 129, 143, 149, 162,

163, 169, 185, 186, 189, 190, 191, 193, 194 Kommunikationsfähigkeit 178 Kommunikationsregeln 152 Kommunikationsstrategien 111, 112, 189, 191 Konflikt 55, 64, 155 Konkurrenz 31, 120, 163, 166, 172, 173, 179 Kontinuität 40, 68, 91, 109, 111, 120 Kontrolle siehe Controlling Konzerte 17, 24, 31, 58, 61, 169, 173 Konzerthäuser 15, 16, 25, 31, 32, 34, 36, 39, 90 Kooperation 38, 51, 91, 107, 118, 131, 166, 172 Koordination 24, 109, 110, 120, 184, 187 Kosten 20, 22, 23, 109, 120, 131, 142, 162 Kulturentwicklungsplan 9, 24, 25, 29, 47 Kulturindustrie 15 Kulturnutzung 17, 29, 38, 40, 43, 46, 48, 138 Kundenbindung 36, 81, 101, 106, 138, 142, 143, 146, 175, 185 Kundenorientierung 27, 58, 84, 101, 106, 120, 145, 147, 175, 176, 177, 178, 181, 185 Künstler 29, 42, 46, 47, 65, 84, 123, 180, 181 L Lebensstil 21 Legitimation 11, 20, 23, 24, 29, 35, 36, 41, 48, 100, 145 Leistung 20, 22, 24, 25, 26, 27, 32, 51, 53, 55, 57, 66, 68, 70, 75, 76, 79, 80, 81, 84, 86, 87, 88, 90, 91, 92, 94, 96, 99, 100, 102, 103,

Jochen Zulauf £Register

104, 106, 107, 113, 122, 124, 125, 127, 129, 130, 132, 134, 135, 137, 140, 144, 145, 147, 149, 150, 153, 162, 165, 166, 167, 168, 169, 172, 173, 176, 178, 179, 180, 181, 186, 188, 195, 196 Leistungsanforderung 84 Leistungsempfänger 164, 166, 168, 169, 170, 171 Leistungsentgelte 80 Leistungsentwicklung 149, 168, 177 Leistungserstellung 81, 83, 101, 102, 105, 106, 141, 146, 181, 184 Leistungsforderungen 27 Leistungsqualität 51, 57, 126, 146, 147, 180 Leistungsverbesserung 55, 80, 95, 102, 105, 150, 163, 178 Leistungsvereinbarung 25, 26, 79, 80, 92, 94, 103 Leitbild 24, 28, 48, 55, 61, 65, 76, 89, 94, 95, 96, 97, 99, 100, 106, 109, 111, 113, 114, 115, 116, 117, 118, 119, 122, 126, 137, 173 Literatur 107, 139, 179 Literaturhäuser 13, 25, 90 M Managementprozess 62, 88, 90, 104, 107, 121, 178 Marketing 20, 34, 37, 42, 43, 45, 49, 100, 101, 107, 122, 142, 143, 163, 170, 176, 177, 185 Marktdurchdringung 165, 166, 167, 169 Marktentwicklung 165, 167, 168 Marktfeldstrategien 165, 169 Marktforschung 93, 99, 131 Marktsegmentierung 164 Medien 59, 61, 96, 103, 105, 106, 111, 112, 118, 123, 125, 135, 156, 169, 185

Migranten 27, 33, 38, 39, 40 Mission 49, 50, 55, 61, 62, 89, 95, 106, 113, 114, 115 Mitarbeitermotivation 52, 81, 95, 112, 151 Mitarbeiterorientierung 52, 110, 113, 146, 180, 181, 191 Museen 13, 15, 16, 17, 19, 25, 31, 34, 36, 38, 39, 42, 44, 76, 77, 78, 79, 80, 90, 131, 132, 139, 167, 172 Musik 27, 34, 35, 39, 125, 138 N Nachfrage 28, 29, 30, 31, 41, 49, 60, 91, 152 New Public Management 11, 15, 21, 22, 23, 25, 54, 80, 179 Nicht-Besucher 31, 170 Nonprofit 107 O Öffnungszeiten 31 Oper 15, 19, 30, 31, 35, 39, 117, 125, 138, 139 Orchester 27, 38, 117, 125, 132, 172 Organisationskultur 53, 55, 57, 58, 62, 63, 64, 65, 66, 68, 69, 70, 71, 92, 95, 105, 106, 114, 115, 118, 147, 154, 155, 156, 163, 180, 181, 182, 183, 186 P Personalauswahl 176 Personalentwicklung 77, 92, 95, 106, 147, 150, 176, 177, 178, 185 Preis 128, 129, 136, 137, 141, 166, 167, 172 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit 59, 103, 117 Publikum 11, 16, 18, 19, 28, 29, 30, 33, 34, 35, 36, 37, 39, 42, 43, 45,

207

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Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement

48, 51, 56, 60, 100, 122, 123, 125, 126, 138, 139, 147, 165, 166, 167, 168 Publikumsgeschmack 29, 48 Publikumsgewinnung 35, 38, 40 Q Qualitätszirkel 54, 70, 96, 180, 183, 184, 185, 187 S Schwächen 78, 90, 94, 105, 144, 145, 147, 151, 152, 153, 158, 160 Serviceleistungen 31, 33, 35, 51, 59, 135, 136, 140, 145, 162, 166, 170, 171, 185 Sparten 19, 31, 100, 117, 137, 138, 145, 196 Spielplan 124, 126, 156 Sponsor 78, 91, 139, 163 Stärken 78, 90, 94, 105, 115, 118, 145, 147, 151, 152, 153, 158, 160, 172 Statistik 17, 34, 37 Subventionierung 9, 15, 117 SWOT-Analyse 157, 158, 159 symbolischer Nutzen 134 T Team 53, 55, 67, 92, 102, 109, 112, 117, 119, 177, 178, 179 Teamarbeit 193 Teamgespräche 105 Theater 13, 15, 16, 17, 18, 25, 26, 27, 30, 31, 32, 34, 35, 36, 37, 39, 40, 45, 48, 54, 90, 122, 123, 124, 126, 132, 137, 145, 156, 166, 167, 171, 172 Theaterbesuch 137 Theaterbesucher 171 Theaterleitung 124, 125, 171 U Umwelt 51, 64, 68, 70, 98, 103

Umweltschutz 98, 104, 105, 106, 107, 164 Unzufriedenheit 164 V Verbundenheit 31, 42, 66, 171 Verkaufsförderung 60, 167, 170 Vermittlung 11, 12, 41, 42, 49, 59, 116, 117, 178 Vertrauen 42, 53, 55, 58, 61, 69, 72, 90, 92, 94, 97, 98, 100, 101, 111, 149, 163, 171 Vision 17, 43, 55, 61, 87, 89, 94, 95, 97, 106, 113, 114, 116, 182 W Wandel 11, 30, 32, 40, 46, 48, 50, 51, 52, 63, 68, 72, 94, 156, 180, 183, 190, 191, 196 Werbung 31, 59, 101, 167, 169, 173 Wettbewerb 22, 28, 86, 87, 158, 169, 172 Wirtschaftlichkeit 20, 97 Wunsch 65, 116 Z Zertifizierung 86 Ziele 28, 43, 54, 57, 59, 61, 66, 77, 81, 94, 101, 106, 111, 112, 119, 149, 151, 152, 153, 154, 160, 162, 163, 164, 175, 183, 188, 194 Zielvereinbarung 26, 27, 149, 150, 153, 154, 163, 175 Zugänglichkeit 127, 128, 129 Zukunft 9, 12, 13, 28, 30, 36, 37, 46, 51, 58, 68, 69, 99, 170, 194 Zuschauer 18, 30, 31, 32, 39, 40, 59, 153, 168, 170 Zuschauerschwund siehe Besucherrückgang