Aktiengesetz, Lieferung 2: Schluß [2., vollst. neuberab. Aufl., Reprint 2022] 9783112689981


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German Pages 370 [384] Year 1940

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Table of contents :
1. Aktiengesetz
Buch 1. Aktiengesellschaft
Sechster Teil Satzungsänderung. Maßnahmen der Kapitalbeschaffung und Kapitalherabsetzung
Siebenter Teil Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen und der vom Vorstand festgestellten Jahresabschlüsse
Achter Teil Auflösung und Nichtigkeit der Gesellschaft
Zweites Buch Kommanditgesellschaft auf Aktien
Drittes Buch Verschmelzung. Vermögensübertragung Umwandlung
Erster Teil Verschmelzung
Zweiter Teil Vermögensübertragung, Gewinngemeinschaft
Dritter Teil Umwandlung
Viertes Buch Aktiengesellschaft und Staat. Strafvorschriften
Erster Teil Aktiengesellschaft und Staat
Zweiter Teil Strafvorschriften
Einführungsgesetz zum Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien. Vom 30. Januar 1937 (RGBl. Teil I S. 166)
Erster Abschnitt Inkrafttreten der Gesetze
Zweiter Abschnitt Übergangsvorschriften
Dritter Abschnitt Aufhebung und Änderung von Gesetzen
Vierter Abschnitt Ermächtigungen
Erste Durchführungsverordnung zum Aktiengesetz. Vom 29. September 1937 (RGBl Teil i S. 1026)*)
Artikel I Umtausch von Kleinaktien
Artikel II Gründungsprüfung
Artikel III Gewinnbeteiligung der Vorstands- und Aussichtsratsmitglieder
Artikel IV
Artikel V Namensangabe
Artikel VI Einberufung der Hauptversammlung
Artikel VII Stimmrecht
Artikel VIII Entlastung. Feststellung des Jahresabschlusses. Gewinnverteilung. Aufstellung des Geschäftsberichts
Artikel IX Formblätter für den Jahresabschluß
Artikel X Auslegung der Vorschriften über den Jahresabschluß
Artikel XI Befreiung von der Abschlußprüfung
Artikel XII Gebühren für Satzungsänderungen
Artikel XIII Verschmelzung und Umwandlung von bergrechtlichen Gewerkschaften
Artikel XIV Gebühren für Genehmigungen
Artikel XV Änderung von Gesetzen
Artikel XVI Kommanditgesellschaft auf Aktien
Artikel XVII Schlußvorschrift
Zweite Durchführungsverordnung zum Aktiengesetz Vom 19. November 1937 (RGBl Teil I S. 1300)
Dritte Durchführungsverordnung zum Aktiengesetz Vom 21. Dezember 1938
Artikel I Bereinigung von Aktien
Artikel II Einziehung und Umwandlung von Mehrstimmrechtsaktien
Artikel III Sondervorteile. Gründungsaufwand. Sacheinlagen. Sachübernahmen
Artikel IV Stimmrechtsbeschränkungen
Artikel V Formblätter für den Jahresabschluß
Artikel VI Die Deutsche Golddiskontbank
Artikel VII Die Deutsche Industriebank
Artikel VIII Übergangs- und Schlußvorschriften
Allgemeine Verfügung des Reichsjustizministers über Durchführung der sozialen Vorschriften des Aktiengesetzes
Erste Verordnung zur Einführung handelsrechtlicher Vorschriften im Lande Österreich
Zweite Verordnung zur Einführung handelsrechtlicher Vorschriften im Lande Österreich
Verordnung über Reichsmarkeröffnungsbilanzen und Umstellungsmaßuahmen im Lande Österreich (Umstellungsverordnung)
Dritte Verordnung zur Einführung handelsrechtlicher Vorschriften im Lande Österreich
Erste Verordnung zur Einführung handelsrechtlicher Vorschriften in den sudetendeutfchen Gebieten
Zweite Verordnung zur Einführung handelsrechtlicher Vorschriften in den sudetendeutschen Gebieten
Verordnung über Reichsmarkeröffnungsbilanzen und Umstellungsmaßnahmen in den sudetendeutschen Gebieten (Umstellungsverordnung)
Wortregister
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen
Berichtigungen
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Aktiengesetz, Lieferung 2: Schluß [2., vollst. neuberab. Aufl., Reprint 2022]
 9783112689981

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Aktiengeseh mit Einfühmngsgesetz, Durchführungsverordnungen und Einführungsverordnungen für Österreich und

die sudetendeutschen Gebiete

Erläutert von Earl Witter Zweite vollständig «enbearbettete Auflage des Kommentars zum Handelsgesetzbuch Buch 2 Abschnitt 3, 4

Herausgegeben von

Dr. Carl Ziffer Vizepräsident deS Hanseat. Oberlandesgertchts a. D.

und

Dr. Justus Zitier Oberlandesgerichtsrat in Hamburg

2. Lieferung (Schluß)

19 3 9 I. Schweitzer Verlag, Berlin und München

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§ 145. Satzungsänderung.

geschrieben sein. Aber wohl nur in Veröffentlichungen usw., die von der Gesellschaft veranlaßt sind. Und Vervielfältigungen, die nicht für Dritte bestimmt sind, werden wohl auch nicht mitgemeint sein. Nach Begr 1937 ist die Gesellschaft auch „nicht gehindert, in Berichtsform einzelne Angaben über ihren Jahresabschluß veröffentlichen zu lassen". — Der Ausdruck „Jahresabschluß" ist in der Sprache (nicht zum Vorteil) des Gesetzes mehrdeutig. Er bedeutet den Abschlußentwurf und den fertigen Abschluß. Hier bedeutet er beides, insbesondere auch den Abschlußentwurf, der „ausgelegt" wird, und die Abschrift davon, die den Aktionären „erteilt" wird (§ 125). Auch den Abschlußentwurf, der zwar ge­ prüft, aber noch nicht bestätigt ist? Auch den Abschlußentwurf, der noch nicht geprüft und deshalb noch nicht bestätigt ist? Kaum. — Der Bestätigungsvermerk ist natürlich mit dem fertigen Abschluß nicht mit wiederzugeben, wenn er sich nur auf den anders lautenden Abschlußentwurf bezieht (HA; abw. Goldschmit NotV § 262f A*), auch nicht mit Zustimmung des Abschlußprüfers (§ 140 A?). — Abs. 1 Satz 2 entspricht im wesentlichen dem § 100. Näheres dort. Vgl. auch § 128 Abs. 4. Nur diejenigen Berwaltungsmitglieder und Vorsitzer sind „anzugeben" und „besonders zu bezeichnen", die es zur Zeit der Veröffentlichung oder Vervielfältigung sind (was freilich u. U. wenig zweckmäßig erscheinen wird). — Insbesondere ist dem Registergericht gemäß § 143 Abs. 1 ein Stück des Jahresabschlusses und gemäß § 143 Abs. 2 ein Stück der Bekanntmachung einzureichen, das nach Form und Inhalt dem Abs. 1 entspricht. — Die Gesellschaft muß wiedergeben, Hinweisen, angeben, bezeichnen. Die Mitglieder ihrer Verwaltung sind ihr verpflichtet, dafür zu sorgen, daß wiedergegeben, hingewiesen usw. wird; sie kann insbesondere, vertreten durch den Aufsichtsrat, ggf. gegen die Vorstandsmitglieder auf Wiedergabe usw. klagen (§ 97). Das Registergericht kann die Wiedergabe usw. nicht erzwingen (§ 303), höchstens die Wiedergabe usw. in der Bekanntmachung des § 143 Abs. 2 (§ 143 A^). Ver­ waltungsmitglieder, die die Pflicht des Abs. 1 schuldhaft verletzen, müssen den der Gesellschaft daraus entstehenden Schaden ersetzen. 3. Abs. 2 versteht sich im wesentlichen von selbst (§ 129). Im wesentlichen: daß schon „bei der Aufstellung" (!), daß „in allen Veröffentlichungen" usw. „untereinandergesetzt" wird, „besondere Zeilen" gezogen werden müssen, mag sich nicht von selbst verstehen. Es kommt nicht darauf an. — Die Gesellschaft muß „untereinandersetzen" usw. Die Verwaltungsmitglieder sind ihr dafür verant­ wortlich (vgl. oben A?). Die Abschlußprüfer mögen die Bestätigung einschränken, wenn nicht ordent­ lich „untereinandergesetzt" wird, keine ordentlichen „Zeilen" gemacht werden. 4. Die Satzung kann vom § 144 nicht wirksam abweichen (Vorb. 3 vor § 1).

Sechster Teil Satzungsänderung.

Maßnahmen der Kapitalbeschaffung und Kapitalherabfetzung

Erster Abschnitt Satzungsänderung § 145

Allgemeines.

(1) Jede Satzungsänderung bedarf eines Beschlusses der Hauptversammlung. Die Befugnis zu Änderungen, die nur die Fassung betreffen, kann die Haupt­ versammlung dem Aufsichtsrat übertragen. (2) Der Beschluß kann nur gefaßt werden, wenn die beabsichtigte Satzungs­ änderung nach ihrem wesentlichen Inhalt ausdrücklich und fristgemäß (§ 108 Abs. 2) angekündigt worden ist. (3) Die rechtswirksam getroffenen Festsetzungen über Sondervorteile, Grün­ dungsaufwand, Sacheinlagen und Sachübernahmen (§§ 19, 20) können erst nach Ablauf der Verjährungsfrist des § 44 geändert werden. 1. Früher: HGB. §*274. — Schriftt.: § 16 A^

2. Abs. 1. HGB § 274 Abs. 1 lautete: „Eine Abänderung des Gesellschaftsvertrags kann nur durch die Generalversammlung beschlossen werden". „Nur": das hatte einen guten Sinn (und steht deshalb noch im VAG § 39). Denn nach § 32 BGB werden „die Angelegenheiten des Vereins durch Ritter, Aktiengeseh.

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§ 145. Satzungsänderung.

Beschlußfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet" und nach § 40 BGB kann die Satzung ein anderes bestimmen. Die Satzung des Aktienvereins sollte aber nichts anderes be­ stimmen dürfen, Satzungsänderungen sollten nur von der Generalversammlung beschlossen werden dürfen. Man hat hieran wohl nicht gedacht, als man änderte: Jede Satzungsänderung bedarf eines Beschlusses der Hauptversammlung. Man hat offenbar nur daran gedacht, daß die Satzung im allg. vom AkG nur abweichen darf, soweit das AkG es besonders erlaubt (Vorb. 3 vor § 1). Hierauf deutet die (freilich in jedem Falle unnötige) Hervorhebung „jeder" Satzungsänderung hin. Hierbei wird es also auch bleiben müssen (vgl. auch § 103 A3). Man wird insbesondere nicht einwenden dürfen, daß die Satzungsänderung nach dem Wortlaut des Abs. 1 jedenfalls eines Versammlungsbeschlusses „bedürftig" sei und die Satzung also noch andere „Bedürfnisse" bestimmen dürfe. Das Gesetz meint einfach: Die Satzung wird durch Beschluß der Hauptversammlung geändert —die ursprüng­ liche sowohl wie die schon einmal geänderte. Ganz genau ist freilich auch dies nicht. Denn die Satzung wird geändert, indem die Änderung von der Hauptversammlung beschlossen und in das Handels­ register des Gesellschaftssitzes eingetragen wird (vgl. § 148 Abs. 3, RG 2468). Wobei selbstverständlich auch noch hinzuzudenken oder hinzuzufügen ist: soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Denn das Gesetz bestimmt anderes. So ergibt z. B. § 19, daß die Satzungsbestimmung, die zugunsten einzelner Aktionäre Sondervorteile festsetzt, ohne weiteres geändert wird, wenn der Berechtigte verzichtet (§ 19 A3; vgl. IW 1917468). Oder § 20, daß die Sacheinlagebestimmung der Satzung sich u. U. ohne weiteres in eine Geldeinlagebestimmung verwandelt (§ 20 A2, § 58 A2; anders wenn die Satzungsbestimmung erfüllt, wenn z. B. die Sacheinlage geleistet ist und die Satzungsbestimmung, daß sie zu leisten sei, vielleicht nur noch historisches Interesse hat: § 19 A3, § 20 A2). Oder § 51, daß ohne weiteres Aktiengattungen entstehen, wenn Nebenleistungspflichten einzelner Aktionäre weg­ fallen (§ 51 A4). Oder § 169, daß die Satzungsbesümmung über die Höhe des Grundkapitals dadurch geändert wird, daß der Vorstand das Kapital durch Ausgabe neuer Aktien erhöht. Oder § 192 Abs. 6, daß die Satzungsbestimmung über die Höhe des Grundkapitals dadurch geändert wird, daß der Vor­ stand satzungsgemäß Aktien einzieht. Über den Fall, daß eine Satzungsbestimmung infolge der Ände­

rung eines Gesetzes (z. B. des Branntweinmonopolgesetzes) unstatthaft wird: RG 104349. a) Die Satzung kann also z. B. nicht wirksam bestimmen, daß die Hauptversammlung nur mit Zustimmung eines Dritten (einer Behörde oder des Aufsichtsrats oder eines Großaktionärs usw.) wirksam beschließen kann (IW 19251794 19301412, Rspr 42225 44237, KGJ 1519 51339), oder gar, daß die Satzung durch ein anderes Gesellschaftsorgan oder einen Dritten geändert wird oder daß die Satzung oder einzelne ihrer Bestimmungen unabänderlich sind. Doch wird die Bestimmung der Unabänderlichkeit vernünftigerweise in der Regel so auszulegen sein, daß die Änderung nur zulässig ist, wenn alle Aktionäre zustimmen (HA, vgl. RG 76473; abw. Brodmann HGB § 275 A4, Fischer AR347 u. A.). Man mag in solchem Falle sagen, daß jedem Aktionär ein „unentziehbares Recht darauf gewährt" ist, daß „eine Abänderung ohne die in der Generalversammlung erklärte Zustimmung aller" Aktionäre nicht beschlossen werden kann (so RG 76473). Denn tatsächlich kann ja nur von allen beschlossen werden. Aber solche Ausdrucksweise ist verleitlich. Sie verleitet dazu (mit Schlegelberger A2) fortzufahren: es „bestehe ein durch die Satzung begründetes Sonderrecht eines jeden (!) Aktionärs auf Beibehaltung der Satzungsbestimmung". Von solchem Sonderrecht kann keine Rede sein (Ritter HRZA 1934447). Kann etwa, wenn alle Aktionäre außer einem beschließen, der eine durch Erklärung gegenüber der Gesellschaft gemäß § 35 BGB zustimmen? Genügt es nicht, daß der Antrag, die Satzungsänderung zu beschließen, mit der einen Stimme des Dissidenten abgelehnt ist? Wozu noch die blutleere Konstruktion eines „allgemeinen" Sonderrechts? Verwirrend auch die Behauptung, es „bestehe nach dem Gesetz das uneingeschränkte Recht der Hauptversammlung auf Satzungs­ änderung". Die Hauptversammlung hat überhaupt kein Recht. Macht hat sie. Und die Aktionäre haben übrigens auch weder ein „uneingeschränktes" noch ein „unentziehbares Recht". Auch sie haben Macht: wenn alle Aktionäre außer einem beschließen, hat die Hauptversammlung die Satzungsänderung nicht etwa anfechtbar beschlossen, sondern unanfechtbar ab gelehnt (§ 146 A2). b) Jede Satzungsänderung muß beschlossen werden. Auch die unwesentlichste (IW 19254794). Insbesondere auch die Ergänzung; z. B. die Aufnahme einer, bisher fehlenden, Bestimmung über das Geschäftsjahr. Beispiele von Satzungsänderungen: Änderung der Airma (§§ 4,16; RG 448,

HMschr 1914403), Änderung des Unternehmens gegenständes (§§ 16, 146; abw. Rspr 19383, wo für zulässig erklärt wird, daß die Hauptversammlung den Aufsichtsrat befugt, das Unternehmen auf neue Versicherungszweige auszudehnen), Erhöhung oder Herabsetzung des Grundkapitals (§ 16;

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§ 145. Satzungsänderung.

$166), Änderung des satzungsmäßigen Geschäftsjahres (IW 1926699, KGJ 5399; vgl. § 16 A7), Umwandlung von Namens- in Inhaberaktien oder umgekehrt (§ 17; Rspr 43298), Ablösung satzungsmäßiger Genußscheine (RG 115296), Auslösung der Gesellschaft für den Fall, daß eine andere Gesellschaft sie nicht übernimmt (§ 203 A4; über bedingte SÄndBeschlüsse: unten A4), Änderung der „Festsetzungen" der §§ 19, 20 (vgl. aber auch unten A«), Änderung der Satzungsbestimmungen über die Gesellschaftsdauer (2)166, RG 74298, LZ 1914671, Rspr 16122, KGJ 34"«), insbesondere Verlängerung der satzungsmäßigen Dauer (HA, ROH 14"«, RG 6120, 74299, IW 04"; abw. Brodmann § 274 LU, RG 81«9; von einem „Sonderrecht" aller Aktionäre auf Auflösung zur satzungsmäßigen Zeit kann keine Rede sein: § 102 A2). Die Verlegung des Verwaltungssitzes verstößt gegen die Satzung, wenn die Satzung darüber besonders bestimmt oder doch erkennbar den Gesellschaftssitz auch als Verwaltungssitz behandelt wissen will (Brodmann HGB § 274 LU; vgl. jetzt auch § 5). Der Beschluß, daß das Vermögen der Gesellschaft als Ganzes übertragen werden soll, zielt nicht auf Satzungsänderung (Rspr 43317; vgl. aber auch §§ 253 ff.).

c) Der Beschluß, der die Änderung der Satzung herbeizuführen bestimmt ist, setzt sich seinem Wesen nach mit der Satzung in Widerspruch. Er verletzt die Satzung. Er wäre also anfechtbar, wenn das Gesetz diese Verletzung nicht unter bestimmten Voraussetzungen gestattete. Gehört zu diesen Voraussetzungen auch, daß die Aktionäre, die an der Hauptversammlung teilnehmen oder doch die Änderung beschließen, sich dessen bewußt sind, daß die Satzung verletzt wird, oder noch mehr, sich dessen bewußt sind und mithin auch wollen, daß die Satzung geändert wird? Das Gesetz ergibt es nicht. Allgemeine Erwägungen rechtfertigen ebensowenig die formaljuristische Auffassung, daß satzungverletzende Beschlüsse nur deshalb keine satzungändernden Beschlüsse sind, weil man sich zwar ihrer inhaltlichen Tragweite, aber nicht ihrer satzungverletzenden Eigenschaft bewußt war. So mit Recht RG 81371, auch RIA 6204 (vgl. dazu aber auch § 148 A«). Anders ohne Grund Goldschmit HGB § 274 A2, Horrwitz GenVers398, Makower HGB § 274 LU, Staub HGB § 274 A2; vgl. auch JFG 2220. Die Satzungsänderung muß doch nach Abs. 2 ausdrücklich angekündigt sein. Sonst ist der Beschluß anfechtbar. Wenn nun niemand den ohne gehörige Ankündigung, aber gemäß § 146 gefaßten Beschluß anficht, — wer hat denn ein berechtigtes Interesse daran, daß der Beschluß als ein Beschluß behandelt wird, der keine Satzungsänderung herbeizuführen imstande ist? Brod­ mann HGB § 274 LU stimmt zwar RG 81371 zu, meint aber doch, „schlechthin könne man nicht sagen, daß jeder Beschluß, der mit dem Statut nicht vereinbar sei, dann wirksam zustandegekommen sei, wenn die qualifizierte Mehrheit erreicht gewesen sei"; wo die Wirksamkeit anfängt und wo sie auf­ hört, läßt er im Dunkeln. Daß die Satzung geändert wird, ist die Folge, nicht der Inhalt des satzungändernden Beschlusses. — Schlegelberger A3 meint: „ein Beschluß, der nur für den ein­ zelnen Fall eine Abweichung von der Satzung vorsehe, sei noch keine Satzungsänderung" (d. h. könne nicht gemäß § 148 Abs. 3 zur Satzungsänderung führen). Also kann man „für den einzelnen Fall" die Satzung wirklich nicht ändern, ist im „einzelnen Fall" die Satzung eine unübersteigbare Schranke? 3. Die Hauptversammlung selbst muß die Änderung der Satzung beschließen. Sie kann ihre Änderungsmacht, nicht übertragen. Sie kann nicht wirksam beschließen, daß an ihrer Stelle oder für sie ein anderes Organ oder gar ein Dritter die Satzung ändern soll (RG 26134 44", KGJ 1428 15"), z. B. nicht, daß der Aufsichtsrat die Satzung ändern, insbesondere ergänzen soll, wenn oder soweit das Registergericht die Eintragung in das Handelsregister oder die Verwaltungsbehörde die Betriebs­ genehmigung von der Änderung abhängig macht (KGJ 1519). Was die Satzung nicht kann, kann der Beschluß erst recht nicht. Die §§ 39,156 VAG machen für Versicherungsgesellschaften und Bauspar­ kassen eine Ausnahme: die Hauptversammlung kann den Aufsichtsrat „ermächtigen, für den Fall, daß die Aufsichtsbehörde, bevor sie den Änderungsbeschluß genehmigt, Änderungen verlangt, dem zu entsprechen". Abs. 1 macht eine weitere Ausnahme: Die Befugnis zu Änderungen, die nur

die Fassung (gemeint ist: nur den Wortlaut) betreffen, kann die Hauptversammlung dem Aufsichttzrat übertragen. Für den Übertragungsbeschluß gelten dieselben „Erfordernisse" wie für Beschlüsse unmittelbarer Änderung. a) Die Hauptversammlung kann für den einzelnen Fall, sie kann auch allgemein über­ tragen (HA; abw. insbes. Brodmann HGB § 274 A2, der das Gesetz lesen will, wie wenn es lautete: „die Befugnis zu Änderungen, die nur die Fassung der beschlossenenÄnderung betreffen, kann..."). Also kann auch die Satzung wirksam bestimmen, daß der Aufsichtsrat befugt ist, die Satzung anders 30*

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§ 145. Satzungsänderung.

zu fassen, insbesondere auch wohl die ursprüngliche, nicht von der Hauptversammlung beschlossene Satzung (Beispiele: Möhring-Schwartz Satzungsgest.494, 439). b) Die Hauptversammlung kann dem Aufsichtsrat nur die Fassung übertragen, nicht auch die Änderung des Inhalts (oben vor a). Beschlüsse der Hauptversammlung, die den Aufsichtsrat befugen, inhaltlich zu ändern, sind wirkungslos (oben vor a; unr. Staub HGB § 274 A4). Der Aufsichtsrat kann auch befugt werden, die Satzung vollständig neu zu fassen, und ist dazu befugt, wenn er allgemein zur Änderung des Wortlauts der Satzung befugt ist. Dabei (und natürlich bei

Neufassung überhaupt) dürfen aber Satzungsbestimmungen nicht nur deshalb weggelassen werden, weil sie keine praktische Bedeutung mehr zu haben scheinen, z. B. Festsetzungen der §§ 19, 20, die abgewickelt sind; würde man sie weglassen, würden sie doch neben dem neuen Wortlaut der neuen Satzungsurkunde fortbestehen (§ 19 913, auch IW 19382574). c) Nur der Aufsichtsrat kann wirksam befugt werden. Nicht auch der Aufsichtsratsvorsitzer oder der Vorstand oder sonstwer (oben vor a). d) Der Aufsichtsrat ändert (vorbehaltlich der Eintragung) den Wortlaut der Satzung, indem er die Änderung beschließt (§ 92 A4: körperschaftsrechtlicher, zur allg. Geschäftsführung zählender Akt). Der Beschluß bedarf zu seiner Gültigkeit keiner besonderen Form (abw. nur Staub HGB § 274 A3), soll aber niedergeschrieben werden (§ 92 A4). Der Aufsichtsrat muß den Beschluß dem Vorstand mitteilen, damit dieser die Satzungsänderung gemäß § 148 zur Eintragung ins Handels­ register anmelde und ihr „Wirkung" verleihe (wiewohl die bloße Änderung des Wortlauts gar keine „Wirkung" auslösen kann). Das Registergericht muß insbesondere prüfen, ob der Aufsichtsrat befugt war, die Satzung zu ändern, und ob die Änderung wirklich nur den Wortlaut, nicht den Inhalt der Satzung betrifft. Wird unzulässigerweise eingetragen, so bleibt die Satzung unverändert (IW 19251794; Löschung: Ritter HGB Vorb. 4 vor § 8). 4. Abf. 2. Der Beschluß der Hauptversammlung (der die Satzung „ändert" oder den ARat befugt, sie zu ändern) unterscheidet sich seinem Wesen und seiner Herbeiführung (§ 103 A3) nach nicht von anderen Beschlüssen. Seine Wirkung kann also z. B. von Bedingungen oder Be­ fristungen abhängig gemacht werden, sofern nur nicht die notwendige Bestimmtheit des Be­ schlusses darunter leidet und nicht mittels der Bedingung die Wirkung des Beschlusses von der Zu­ stimmung eines Dritten, insbesondere eines anderen Gesellschaftsorgans abhängig gemacht wird (Brodmann HGB § 274 A4, Lehmann HGB § 274 A4, RG 5568 65266, RIA 567, KGJ 29402; vgl. auch oben A3). Insbesondere können auch Satzungsänderungsbeschlüsse nach § 108 Abs. 2 nicht gefaßt werden, wenn der Gegenstand nicht mindestens eine Woche vor der Versammlung ange­ kündigt worden ist. Und zwar muß so angekündigt werden, wie Treu und Glauben, Verkehrssitte und Zweck der Ankündigung es fordern (§ 108 A2). Also versteht sich von selbst: Der Beschluß kann nur gefaßt (wenigstens wirksam nur gefaßt) werden, wenn die beabsichtigte Satzungsänderung nach ihrem wesentlichen Inhalt ausdrücklich (was hier wohl so viel bedeutet, wie: eindeutig mit Worten, auch deutlich als Satzungsänderung: JFG 2220) und fristgemäß (§ 108 Abs. 2) ange­ kündigt worden ist. Denn nur dann können sich die Aktionäre auf das, was ihrer wartet, gehörig vorbereiten. Abs. 2 sollte der Beschwerde abhelfen, „daß in der Bekanntmachung vielfach nur die Paragraphen aufgezählt wurden, die einer Änderung unterzogen werden sollten, wogegen weder der Inhalt dieser Paragraphen noch der Inhalt der in Aussicht genommenen abändernden Bestimmungen angegeben wurde" (D434, RG 68234). Die Anerkennung des Treuegrundsatzes im Aktienrecht hätte solche Beschwerden gar nicht aufkommen lassen dürfen. Beispiele ungenügender Ankündigung: „Änderung des § 1 der Satzung, betr. Zweck des Unternehmens" (RG HO494*), „Er­ höhung des Grundkapitals um x RM" für den Ausschluß des Bezugsrechts (§ 108 A2), „Erhöhung des Grundkapitals um x RM und Modalitäten der Aktienausgabe" für den Ausschluß des Bezugs­ rechts (§ 108 A2), „Erhöhung des Grundkapitals um x RM unter Ausschluß des Bezugsrechts" für die Zuwendung der neuen Aktien an die Verwaltungsmitglieder (§ 108 A2), „Statutenänderung der §§ 8—10,16, betr. Aufstellung der Jahresbilanz und Remuneration des Aufsichtsrats" (§ 108 A2), „Änderung der Bezüge des Aufsichtsrats" (§ 108 A2). RG 68236 hält an sich für genügend: „Änderung der Satzung, betr. die Erhöhung des Grundkapitals", „Änderung der Satzung, betr. die anderweitige Zeichnung der Firma", „Änderung der Satzung, betr. die Stimmabgabe in der Hauptversammlung", „Änderung der Satzung, betr. Aufhebung einer Kautionspflicht". Die Ankündigung „Herabsetzung des Grundkapitals durch Zusammenlegung der Stammaktien und der Vorzugsaktien unter Um­ wandlung in Stammaktien und entsprechende Änderung der §§ 4, 24 der Satzung, gesonderte Ab-

§ 146. Satzungsänderungsbeschluß.

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stimmung der Stammaktien wie der Vorzugsaktien" genügt nach HRZB 1928263 auch dafür, daß die Vorzugsaktien in einem anderen Verhältnis zusammengelegt werden als die Stammaktien. — Soll nur der Wortlaut geändert werden, so muß auch dies angekündigt werden; die Änderung des Wortlauts ist dann eben der „wesentliche Inhalt der Satzungsänderung" i. S. des Abs. 2. Ebenso, wenn nur der Aufsichtsrat befugt werden soll, den Wortlaut zu ändern (HA; abw. Brodmann HGB § 274 A3). Ist gehörig angekündigt, daß und wie die Satzung inhaltlich geändert werden soll, so kann die Hauptversammlung, die inhaltlich ändert, zugleich ohne Ankündigung beschließen, daß der Aufsichtsrat die von der Änderung betroffene Satzungsbestimmung neu fassen möge (Brod­ mann HGB § 274 A3; abw. ohne Grund Staub HGB § 274 A3). Hierauf müssen die Aktionäre verständigerweise gefaßt sein (§ 108 A3). — Über die Zulässigkeit der Stellung von Anträgen zur Ankündigung und der Beschließung darüber: § 108 A3,3. — Ist die beabsichtigte Satzungs­ änderung nicht nach ihrem wesentlichen Inhalt usw. angekündigt worden, so „können" darüber Beschlüsse nicht gefaßt werden. Nach HGB § 274 „sollten" sie es nicht. Man stritt sich deshalb darüber, ob die Verletzung des Abs. 2 den Beschluß anfechtbar mache (so HA, RG 68283 HO199, LZ 08243) oder nicht (so Hueck Anfechtb.29). Das Gesetz ist also 1937 mit Recht geändert worden. Jetzt könnte aber aus dem Wortlaut des Abs. 2 geschlossen werden, daß der Beschluß, der den Abs. 2 verletzt (ebenso, wie der Beschluß, der den Abs. 3 verletzt: unten A3), wirkungslos ist; denn was nicht geschehen „kann", kann doch eben nicht geschehen. Der Schluß wäre ein Fehlschluß; man hat nicht daran gedacht (§108 A4). —Die Satzung kann nicht wirksam vom Abs. 2 abweichen (Vorb. 3 vor §1). 5. Abs. 3 (neu seit 1937). Näheres: § 19 A^k, § 20 A2^, »t. — Im Gegensatz zum Abs. 2 wird man hier das „können" beim Worte nehmen müssen: Beschlüsse, die gegen Abs. 3 verstoßen, sind wirkungslos. Übrigens werden bloße Änderungen des Wortlauts trotz Abs. 3 wohl erlaubt sein.

§ 146

Beschluß der Hauptversammlung.

(1) Der Beschluß der Hauptversammlung bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals umfaßt. Die Satzung kann diese Mehrheit durch eine andere, für die Änderung des Gegen­ standes des Unternehmens jedoch nur durch eine größere Kapitalmehrheit ersetzen. Sie kann noch andere Erfordernisse aufstellen. (2) Soll das bisherige Verhältnis mehrerer Gattungen von Aktien (§ 11) zum Nachteil einer Gattung geändert werden, so bedarf der Beschluß der Haupt­ versammlung zu seiner Wirksamkeit eines in gesonderter Abstimmung gefaßten Beschlusses der benachteiligten Aktionäre; für diesen gilt Abs. 1. Die benach­ teiligten Aktionäre können den Beschluß nur fassen, wenn die gesonderte Ab­ stimmung ausdrücklich und fristgemäß (§ 108 Abs. 2) angekündigt worden ist. 1. Früher: HGB § 275. — Schristt.: Böttcher SozPr 1938808 (Bindung des Vorstandes an HVersBeschlüsse). Geßler DJ 19361491 (Fehlender Sonderbeschluß). Geßler, Waldmann DGemWirtR 1936433 (Mehrfache Beschließung der Satzungsänderung). Hermann ZBHR 1930236 (Aufheb. von Vorzugsrechten einer AGattung). 2. Abs. 1. Der Beschluß der Hauptversammlung (der die Änderung der Satzung herbeizu­ führen bestimmt ist oder auch nur die Änderung ihres Wortlauts dem Aufsichtsrat aufträgt) bedarf, gleich jedem anderen Beschluß, nach § 113 jedenfalls der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Er bedarf aber hierüber hinaus noch einer Mehrheit, die mindestens 75% deS bei der Beschluß­ fassung vertretenen (nominellen: ZHR 35238) Grundkapitals umfaßt (über diese Mehrheit: § 113 A3), — sc. soweit das Gesetz (vgl. etwa § 98) nichts anderes bestimmt. Wer zwar anwesend oder vertreten ist, aber nicht mitstimmt, „faßt den Beschluß" nicht mit und zählt also nicht (RG 20147, Rspr 43307). — Nach HGB § 275 galt Abs. 1 nur „in Ermangelung einer anderen Bestimmung des Gesellschafts­ vertrags". Jetzt kann die Satzung im allg. vom Abs. 1 nicht wirksam abweichen (Vorb. 3 vor § 1). Sie kann z. B. nicht wirksam bestimmen, daß nur die einfache Stimmenmehrheit entscheidet oder daß nur die Mehrheit von mindestens 75% der abgegebenen Stimmen entscheidet (Schlegelberger A3; abw. mit unzur. Begr. v. Godin A2, Teichmann A4). E 1930,1931 wollten damit den Einfluß der sog. Stimmrechtsaktien brechen, „das Vorzugsrecht der Stimmrechtsaktien in dem Umfang ausschalten, der sich aus dem Begriff der Kapitalmehrheit ergibt" (Begr 1930104). Diese „Aus-

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§ 146. Satzungsänderungsbeschluß.

schaltung" hatte freilich im Wesentl. schon RG 125356 besorgt (unten A3). Jetzt sind die Stimmrechts­ aktien selbst im allg. „ausgeschaltet" (§ 12). — Abs. 1 macht nur eine dem Zwecke der „Ausschaltung" gemäße Ausnahme: a) Die Satzung kann diese Mehrheit (von 75% des vertretenen Grundkapitals) durch eine andere (kleinere und selbstverst. auch größere) Kapitalmehrheil ersetzen (nat. deutlich ersetzen: RG 2769, DIZ 1921498). Sie wird aber doch auch wohl wirksam bestimmen können, daß alle ver­ tretenen Aktionäre oder daß überhaupt alle Aktionäre zustimmen müssen (§ 145 A2). Sie kann für die Änderung aller oder auch nur für die Änderung einzelner ihrer Bestimmungen eine andere Kapitalmehrheit bestimmen. Die Hauptversammlung kann die Änderung auch solcher Satzungsbestimmung wie diejenige jeder anderen Satzungsbestimmung beschließen. Wenn die Satzung nur für die Änderung einzelner Bestimmungen Besonderes bestimmt, kann diese be­ sondere Bestimmung im Zweifel nur ebenso geändert werden, wie die Bestimmungen geändert werden können, deren Änderung sie betrifft (ROH 2045). b) Die Satzung kann diese Mehrheit von 75% des vertretenen*Grundkapitals für eine Ände­ rung des Gegenstandes des Unternehmens jedoch nur durch eine größere Kapitalmehrheit ersetzen. Das ist nicht so gemeint, wie es dasteht. Der (satzungsmäßige) Gegenstand des Unternehmens wird von der Verwaltung, insbesondere vom Vorstand geändert, indem die Verwaltung sich satzungs­ widrig benimmt, insbesondere durch Rechtsgeschäfte die Satzung verletzt. Wenn Verwaltungs­ mitglieder sorglos die Satzung verletzen, insbesondere satzungsfremde Geschäfte machen, müssen sie der Gesellschaft den dadurch entstehenden Schaden ersetzen (§§ 74, 84, 99). Die Wirksamkeit der Geschäfte leidet unter der Satzungswidrigkeit im allg. nicht (§ 74 Abs. 2). Insbesondere sind Geschäfte des Vorstandes, die mit dem satzungsmäßigen Gegenstand des Unternehmens nichts gemein haben, mit denen der Vorstand also „den Gegenstand des Unternehmens ändert", wirksam (RG 115249). Anders, wenn der Dritte weiß, daß die Verwaltungsmitglieder ihre Vertretungsmacht mißbrauchen, oder es arglistig nicht wissen will (§ 74 3X7; ähnl. Brodmann HGB § 275 A2). Die Verwaltung kann also, gedeckt durch die Aktionäre, ohne Gefahr den Gegenstand des Unternehmens ändern, ohne daß die Änderung in der Satzung zum Ausdruck kommt. Mit dieser „Änderung des Gegenstandes" hat Abs. 1 nichts zu tun. Abs. 1 meint: für die Änderung der nach § 16 notwendigen Satzungsbestimmung über den Gegenstand des Unternehmens ist die Dreiviertelmehrheit nötig. — Was satzungsmäßiger Gegenstand des Unternehmens ist, muß die Auslegung der Satzung ergeben (über Auslegung der Satzung: § 16 A8). Wenn eine Eisenbahngesellschaft ihre Bahn nicht mehr selbst betreibt, sondern (für die Dauer) verpachtet, ist der Gegenstand des Unternehmens geändert (Brodmann HGB § 275 A2, v. Godin A3, Lehmann HGB § 275 A3, Sachs ZHR 2941 u. A.; abw. Schlegelberger A4 u. A., RG 3128, Bolze 6260, ZHR 40474) — oder ist etwa das „Unternehmen" des Landmanns dasselbe wie das des Verpächters eines Landguts? Ebenso, wenn die Gesellschaft neben dem satzungsmäßigen Gegenstand einen neuen damit nicht zusammenhängenden Gegenstand aufnimmt (Recht 03682), z. B. wenn sie, die satzungsgemäß einen zoologischen Garten unterhält, eine Ausstellungshalle errichtet (DIZ 03106; über „Ergänzung" der Satzung: § 145 A2). Dagegen ist der satzungsmäßige Gegenstand nicht geändert, wenn das Unternehmen in organischem Auf­ oder Ausbau, wenngleich mit Neubetrieben, erweitert wird, z. B. eine Zuckerfabrik eine Schnitzel­ trocknungsanlage errichtet (LZ 07281). Die Eingehung einer Interessengemeinschaft, die Beteiligung an einem Konzern (§ 15; vgl. auch RG 115248) bedeutet nicht ohne weiteres die Änderung des „Gegenstandes" (allg. A.). Sie kann aber dem besonderen Inhalt der Satzung nach die Änderung der Satzung nötig machen. Insbesondere dann, wenn die Geschäftsergebnisse der Gemeinschafter gepoolt werden sollen (Rspr ll31; vgl. § 52 A4). — Man unterscheidet vom „Gegenstand des Unter­ nehmens" den „Zweck des Vereins", der Gesellschaft. Der Zweck der Gesellschaft ist gewöhnlich auf die Erlangung wirtschaftlicher Vorteile, auf Gewinnerzielung und -Verteilung gerichtet. Soll dieser Zweck geändert werden, so ist „die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich" (BGB § 33; Borb. 2 vor § 1, § 16 9I5, § 52 A4). Man hat wohl hieran gedacht, als man (RIA 1253) von der Änderung des „Charakters" der Gesellschaft sprach. Ungenau auch Schlegelberger A4 (mit unbegr. Beruf, aus RIA 1253): „der Gegenstand des Unternehmens werde geändert, wenn ein völlig anderer als der bisherige Zweck verfolgt werde". c) Hat die Hauptversammlung den Antrag auf Satzungsänderung abgelehnt, so kann dieselbe Versammlung die Änderung nicht mehr beschließen, mag die gesetzliche oder satzungsmäßige Mehrheit bei der Ablehnung vertreten gewesen sein oder nicht (HMschr 0512,303). Der Antrag auf Satzungs-

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änderung ist natürlich insbesondere dann abgelehnt, wenn zwar irgendeine Mehrheit, aber nicht die nötige Mehrheit dafür gestimmt hat. Der Beschluß ist weder ein nichtiger Satzungsänderungs­ beschluß (Näh.: § 113 Ab) noch ein nur anfechtbarer Satzungsänderungsbeschluß (so RG 60409 75239 lll230), sondern eben ein gültiger und unanfechtbarer, den Änderungsantrag ablehnender Be­ schluß, ein Beschluß, mit dem der Antrag auf Satzungsänderung ebensowenig angenommen ist, wie er mit dem Beschluß angenommen ist, in dem 5% des vertretenen Grundkapitals für den Antrag gestimmt haben. Wenn etwa der Versammlungsvorsitzer sich geirrt und als beschlossen verkündet hat, was nicht beschlossen ist, so ist das grundsätzlich nur sein Unglück und im übrigen bedeutungslos

Vorschriften über die Gliederung des Jahresabschlusses nicht gestützt werden, wenn Klarheit und Übersichtlichkeit des Jahresabschlusses (nicht oder) nur unwesentlich (d. h. unerheblich)

beeinträchtigt sind. Die Anfechtung ist also nicht nur ausgeschlossen, wenn die §§ 131, 132, 134 verletzt sind, sondern auch dann, wenn § 129 verletzt ist, vorausgesetzt, daß Klarheit und Übersicht­ lichkeit infolge der Verletzung nicht gar zu sehr zu wünschen übrig lassen. — Ist die Feststellung nicht anfechtbar, so ist sie auch wohl nicht nichtig, mag man auch die verletzte Vorschrift, insbesondere § 129, als eine solche betrachten, die überwiegend im öffentlichen Interesse gegeben ist (§ 195). — Auf die Verletzung der Gliederungsvorschriften können manche anderen Dinge gestützt werden — Schadensersatzansprüche gegen Verwaltungsmitglieder (§§ 84, 99) und Abschlußprüfer (§ 141), vergütungsfreie Entlassung von Verwaltungsmitgliedern aus dem Mitgliedsverhältnis (§ 75 A*), Strafanzeigen (§§ 296, 302), Auskunftsverlangen (§ 112). Auch wohl das Verlangen der Minderheit, die Verhandlung über den Jahresabschluß zu vertagen (§ 125 Abs. 7; bestr.). Denn die Minderheit kann die Vertagung verlangen, wenn sie „bestimmte Posten des Jahresabschlusses bemängelt". § 264 HGB setzte voraus, daß „bestimmte Ansätze der Bilanz" bemängelt wurden. Danach mochte man zweifeln (einers. Schlegelberger NotB § 261 e A°, anderers. Staub HGB § 261 e A*). 5. Die Satzung kann vom § 197 nicht wirksam abweichen (Vorb. 3 vor 8 1; vgl. auch oben A^d). Sie kann auch nicht, das Gesetz ergänzend, wirksam bestimmen, daß die Beschlüsse der Haupt­ versammlung noch in anderen Fällen durch Klage angefochten werden können; denn sie kann nicht über die Gerichtsbarkeit verfügen. Sie kann aber auch nicht wirksam bestimmen, daß die Beschlüsse der Hauptversammlung noch durch andere Mittel, etwa durch bloßen Widerspruch oder durch Er­ klärung gegenüber der Verwaltung angefochten werden können; schon deshalb nicht, weil § 195 erkennen läßt, daß nur in den dort bezeichneten Fällen (zu denen auch der Fall der Anfechtung durch Klage gehört) Beschlüsse nichtig sind oder werden sollen. — Sie kann insbesondere nicht wirksam bestimmen, daß die Anfechtung allgemein auch auf die Verletzung von Gliederungsvor­ schriften gestützt werden kann. Nach HGB § 261 e konnte sie die Gliederungsvorschriften übernehmen oder selbständige Gliederungen bestimmen und damit bewirken, daß die Anfechtung allgemein auf die Verletzung dieser Satzungsbestimmungen gestützt werden konnte. Jetzt geht das nicht mehr, weil Abs. 3 zwischen gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorschriften nicht unterscheidet und man nicht sagen kann, daß Abs. 3 Satzungsbestimmungen nicht als „Vorschriften" betrachtet wissen will.

Anfechtungsbefugnis.

§ 198

(1) Zur Anfechtung ist befugt: 1. jeder in der Hauptversammlung erschienene Aktionär, wenn er gegen den Beschluß Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat; 2. jeder in der Hauptversammlung nicht erschienene Aktionär, wenn er zu der Hauptversammlung zu Unrecht nicht zugelassen worden ist oder die Ver­ sammlung nicht gehörig berufen oder der Gegenstand der Beschlußfassung nicht gehörig angekündigt worden ist; 3. im Fall des § 197 Abs. 2 jeder Aktionär; 4. der Vorstand;

§ 198. Anfechtbarkeit von HBBeschlüssen (Kläger)

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5. jedes Mitglied des Vorstands und des Aufsichtsrats, wenn sich die Mit­ glieder des Vorstands und des Aufsichtsrats durch die Ausführung des Be­ schlusses strafbar oder ersatzpflichtig machen würden. (2) Aktionäre sind zu einer Anfechtung, die darauf gestützt wird, daß durch den Beschluß Abschreibungen, Wertberichtigungen, Rücklagen oder Rückstellungen über das nach Gesetz oder Satzung statthafte Maß hinaus vorgenommen seien, nur befugt, wenn ihre Anteile zusammen den zwanzigsten Teil des Grundkapitals erreichen. 1. Früher: HGB § 271. — Strafvorschr.: § 300. — Schristt.: § 195 W. 2. Abs. 1. Jur Anfechtung (d. h. zur Erhebung der Anfechtungsklage: § 197) ist befugt: Nr. 1. jeder in der Hauptversammlung erschienene Aktionär, wenn er gegen den (mit der Klage angefochtenen) Beschluß Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat. a) Daß der Aktionär „erschienen" sein muß, versteht sich von selbst; das Gesetz sagt es wohl nur der Antithese (Nr. 2) wegen. Denn er muß ja zur Niederschrift widersprochen haben; und durch Übersendung eines Schreibens oder telephonisch läßt sich doch nicht gut „zur Niederschrift erklären". Eher hätte das Gesetz Ursache gehabt, von dem „erschienenen oder vertretenen" Aktionär zu sprechen; wenigstens, nachdem es (1937 neu) irrt § 110 von dem „erschienenen oder vertretenen" Aktionär gesprochen hat. Nur die durch offene Vertreter vertreten gewesenen Aktionäre dürfen anfechten (IW 19293086; unten b). — Der Aktionär (oder sein Vertreter) braucht, um „erschienen" zu sein, nicht an der ganzen Versammlung teilgenommen zu haben, auch nicht gerade an der Ver­ handlung über die Fassung des angefochtenen Beschlusses. Er ist „erschienen", wenn er zur rechten Zeit hat widersprechen können, nicht erschienen, wenn er zwar teilgenommen hat, aber nicht zur rechten Zeit hat widersprechen können (unten c). Er ist auch „erschienen", wenn er zwar teilge­ nommen, aber nicht mitgestimmt hat oder gar nicht einmal imstande gewesen ist, mitzustimmen. Er kann sogar wirksam widersprechen, wenn er für den Beschluß gestimmt hat, dem er widerspricht (und der Widerspruch nicht gegen Treu und Glauben verstößt: § 197 A2). — Die Gesellschaft selbst kann für ihre eigenen Aktien nicht „erscheinen", sich nicht vertreten lassen, nicht „teilnehmen", nicht „anfechten" (§ 65 Abs. 7). — Ausweis der Aktionäre und ihrer Vertreter: § 106 A3, § 107 A7. b) Das Anfechtungsrecht ist im Mitgliedschaftsverhältnis gerade so enthalten, wie das Stimmrecht. Wer das Stimmrecht hat, hat also jedenfalls auch das Anfechtungsrecht (vgl. also § 12 A2, auch § 106 A3). Insbesondere über das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs: RG 3060, IW 19293086 1931793; ist das Legitimationsverhältnis erloschen, so kann der frühere Legitimationsaktionär nicht mehr klagen und der frühere Legitimationszedent, der jetzt auch von Rechts wegen Aktionär ist, kann es ebensowenig (ZAG 263). Das Anfechtungsrecht ist zwar im Mitgliedschaftsverhältnis enthalten und geht also mit ihm auf den Erwerber der Aktie über; aber dieses (virtuelle) Anfechtungsrecht berechtigt den Erwerber nur, künftigen Beschlüssen zu widersprechen und sie anzufechten. Veräußert der klagende Aktionär seine Aktie, so verliert er die Mitgliedschaft und damit das Anfechtungsrecht; seine Anfechtungsklage wird abgewiesen (RG 66134, HMschr 05302 06243). Der Aktionär kann es auch durch Rückerwerb der Aktie nicht zurück­ erlangen (HA LZ 0768, ZAG 1465; abw. Recht 00153). — Selbstverständlich können Inhaber von Gewinnanteilscheinen (RG 1595 98318, HGZ 1912301) oder Genußscheinen (RG 105236) oder gewinn­ berechtigte Dritte, insbesondere Angestellte (Rspr IO248 28121) nicht anfechten. c) Der Widerspruch (vgl. auch § 136 $5c über den Widerspruch gegen die Auswahl von Abschlußprüfern) ist eine rechtsgestaltende (rechtserhaltende) Willenserklärung. Er muß also be­ stimmt sein. Er muß sich also gegen einen bestimmten Beschluß richten. Zwar kann er sich auch gegen mehrere bestimmte Beschlüsse richten. Auch gegen alle zu fassenden oder gefaßten Beschlüsse; aber nur, wenn auch wirklich allen Beschlüssen widersprochen werden soll, wenn z. B. allgemein widersprochen wird, weil die Hauptversammlung gesetz- oder satzungswidrig einberufen ist (HA; RG 3060 3626). Anders einers. Goldschmit HGB § 271 A" u. LZ 1925671 (das Gesetz verlange Widerspruch gegen „den", also einen einzelnen Beschluß!), anderers. Eifer Nicht?42, Hueck Ansechtb?", Staub HGB § 271 2I10 (das Gesetz gestatte auch einen Widerspruch gegen alle Beschlüsse, obgleich nur einer von vielen — etwa weil die Fassung nur dieses einen Beschlusses nicht gehörig ange­ kündigt worden ist — angefochten werden soll; denn der Kläger könne ja bis zum Ablauf der Klage­ frist den Anfechtungsgrund ändern — was richtig ist und weshalb auch kein Anfechtungsgründ

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§ 198. Anfechtbarkeit von HVBeschlüssen (Kläger)

erklärt zu werden braucht, was aber für die Frage, welchem Beschluß widersprochen ist, belanglos ist). — Der Widerspruch gegen einen von mehreren innerlich zusammenhängenden Beschlüssen umfaßt auch den anderen Beschluß, der Widerspruch gegen den Teil eines Beschlusses umfaßt auch den anderen Teil des Beschlusses, wenn nicht anzunehmen ist, daß das Unwidersprochene auch ohne das Widersprochene beschlossen worden wäre (§ 197 9(2a). — Der Widerspruch ist wohl eine empfangsbedürftige Erklärung. Denn er soll ja „zur Niederschrift" also doch wohl gegen­ über dem Schriftführer erklärt werden. Das bedeutet nicht, daß der Schriftführer den Widerspruch auch wirklich vernommen, und noch weniger, daß er den Widerspruch auch niedergeschrieben haben muß. Es genügt, daß „ein gewissenhafter Protokollführer (den Widerspruch vernehmen und daß er) sich kraft seines Amtes verpflichtet fühlen muß, die Erklärung in das Protokoll aufzunehmen" (RG 53293, Rspr 34361). Selbstverständlich genügt nicht, daß der Aktionär gegen den Antrag stimmt. — Das Gesetz verlangt nur, daß der Aktionär „zur Niederschrift" widerspricht. Dies kann vor oder nach der Beschließung geschehen (RG 22161 53292). Es kann also auch geschehen, nachdem die Versammlung zur Verhandlung über den nächsten Punkt der Tagesordnung übergegangen ist. So HA. Anders Goldschmit HGB § 271 A47: wenn die Versammlung auf einen durch Beschluß erledigten Gegenstand nicht zurückkommen könne (hierüber: § 108 A2), könne auch der Widerspruch den Be­ schluß nicht betreffen; indessen haben die beiden Dinge nichts miteinander zu tun. d) Der Widerspruch kann zurückgenommen werden (Brodmann HGB § 271 9I4c). Denn man kann auf das Anfechtungsrecht verzichten (§ 199 A2) und wird also auch auf das durch den Widerspruch erlangte geringere Recht verzichten können. Die Zurücknahme des Widerspruchs stellt den Zustand wieder her, der vor dem Widerspruch bestanden hat. Der Widerspruch kann also (wenn noch möglich) wiederholt werden. Ist der Widerspruch aber nach der Beschließung erklärt, so liegt in der Zurücknahme nach der Verkehrsauffassung der Verzicht auf das durch den Beschluß ent­ standene (aktuelle) und durch den Widerspruch erhaltene Anfechtungsrecht (so wohl auch Brod­ mann a. a. O.). Nr. 2. jeder in der Hauptversammlung nicht (nicht in Person und nicht in einem offenen Vertreter: IW 19293086) erschienene Aktionär (hierüber: oben Nr. 1), a) wenn er (oder sein Vertreter: RG 4080) zu der Hauptversammlung zu Unrecht (von der Gesellschaft) nicht zugelassen worden ist. Nicht erschienen und nicht zugelassen ist auch wohl der Aktionär, der zwar erschienen und zugelassen, aber vor der Fassung des angefochtenen Beschlusses ausgewiesen worden ist. Nicht erschienen ist auch wohl der Aktionär, der zwar erschienen, aber sich vor der Fassung des angefochtenen Beschlusses entfernt hat. Der Aktionär, der sich nicht als Aktionär gehörig ausweist (hierüber: § 106 A3, § 107 917), wird aber zu Recht zur Versammlung nicht zugelassen. b) oder jeder nicht erschienene Aktionär, wenn die Versammlung nicht gehörig (insbes. auf ungehörige Weise: § 105, auf ungehörige Zeit: § 107, an den ungehörigen Ort: § 105, ohne gehörige Mitteilung: §§ 108,109) berufen (einberufen, sagt das Gesetz sonst gewöhnlich, wohl ohne etwas anderes zu meinen) oder der Gegenstand der Beschlußfassung nicht gehörig (nicht gemäß § 108 Abs. 2 oder der darnach wirksamen Satzungsbestimmung) angekündigt worden ist. Daß der Aktionär sonstwie von Zeit, Ort, Verhandlungsgegenstand der Versammlung Kenntnis erhalten hat, ist grundsätzlich ohne Bedeutung; doch kann die Gesellschaft mit Rücksicht hierauf ggf. einwenden, daß die Anfechtung gegen Treu und Glauben verstoße (vgl. § 197 A2, auch RG 34113: auf Unge­ nauigkeiten, die als solche erkennbar sind, könne sich der Aktionär nicht berufen, Hueck Anfechtb.449: aus Verletzung der §§ 108 Abs. 1 Satz 2,109 könne sich der Aktionär, der sonstwie Kenntnis erlangt habe, nicht berufen). — Ungehörige Einberufung oder Ankündigung schadet natürlich nicht, wenn gehörige Einberufung und Ankündigung nachgeholt werden kann und nachgeholt wird (Bolze 4249). Nr. 3. im Fall deS § 197 Abs. 2 jeder Aktionär (neu seit 1937), d. h. jeder Aktionär ohne Rück­ sicht darauf, ob er „erschienen" ist oder „widersprochen" hat oder nicht. Es kann also ohne weiteres jeder Aktionär anfechten, wenn „die Anfechtung darauf gestützt werden kann, daß ein Aktionär" eigensüchtig und schädlich stimmt. Also grundsätzlich auch dieser selbe Aktionär, der (freilich kosten­ rechtlich zu Lasten der Gesellschaft) mithin eine Art tätiger Reue an den Tag legen darf. Wäre diese Sondervorschrift begründet, so hätte sie noch für viele andere Fälle erlassen werden müssen, insbe­ sondere noch für alle sonstigen Fälle, in denen § 242 BGB verletzt ist. Nr. 4. der Vorstand. Eine vieldeutige Bezeichnung (§ 70 A3). Was bezeichnet das Wort hier? Schwer zu sagen. Man nimmt deshalb seine Zuflucht zum Fremdwort. Das „Organ", das „kor-

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§ 198. Anfechtbarkeit von HVBeschlüssen (Kläger)

porative Organ", das „Kollegium" sei gemeint (z. B. Schlegelberger $10, Staub HGB § 271 A"). Aber so etwas kann nicht klagen. Hier können auch nicht so viele Vorstandsmitglieder gemeint sein, wie zur Vertretung der Gesellschaft ausreichen. Die Gesellschaft klagt nicht und kann auch gar nicht gegen sich selber klagen; sie hat vielmehr den von der Mehrheit ihrer Aktionäre gefaßten Beschluß ggf. zu verteidigen (Brodmann HGB § 272 A*). Hier können also nur sämtliche Vorstandsmit­ glieder gemeint sein. Alle Vorstandsmitglieder klagen in eigenem Namen im Interesse der Gesellschaft gegen die Gesellschaft — eine seltsame Erscheinung, die glücklicherweise nur selten zu sehen ist. So auch Brodmann HGB § 271 $7: „nach außen müsse der gesamte Vorstand geschlossen auftreten", „klagende Partei sei die Gesamtheit der Mitglieder" des Vorstandes. Über die Anfechtung werden die Vorstandsmitglieder unter sich gemäß BGB § 28, AkG § 70 zu beschließen haben (§ 70 A°). — Kläger sind diejenigen, die zur Zeit der Klagerhebung Vorstandsmitglieder sind. Scheiden während des Anfechtungsprozesses Personen aus dem Vorstand aus, so scheiden sie auch aus dem Anfechtungsprozeß aus (abw. Brodmann HGB § 271 A7). Treten während des Anfechtungs­ prozesses Personen in den Vorstand ein, so treten sie auch in den Anfechtungsprozeß ein (ansch. ebenso Brodmann a. a. O.). Denn nicht umsonst gibt das Gesetz dem „Vorstand" das Anfechtungs­ recht, knüpft es also dieses Recht an die Eigenschaft des Vorstandsmitgliedes. Wie sollten auch frühere Vorstandsmitglieder berufen sein, mit der Anfechtungsklage das Interesse der Gesellschaft wahrzunehmen? Und dies soll der „Vorstand" doch (RG 83323). Von dieser Auffassung geht auch wohl RG 34112 aus: durch Beschluß wird der Liquidator abgesetzt und ein anderer Liquidator er­ nannt, der abgesetzte Liquidator kann nicht mehr klagen, aber der angefochtene Beschluß ist gerade der Absetzungsbeschluß und für den Fall, daß dieser Beschluß für nichtig erklärt wird, ist der Liqui­ dator nicht abgesetzt, kann er also klagen (vgl. auch IW 192 72298, HRZ 1926861). Dagegen Brod­ mann HGB § 271 A7: Entlassung und Entlassungsbeschluß seien verschiedene Dinge — gewiß, sie können es sein, aber sie brauchen es nicht zu sein, und, falls der Entlassungsbeschluß zugleich Vertretungsakt und Entlassung ist, werden Beschluß und Entlassung nichtig, wenn der Beschluß für nichtig erklärt wird (vgl. § 87 A3). Gleichwohl irrt RG 34112. Der Absetzungsbeschluß ist gültig, solange er nicht für nichtig erklärt worden ist (vgl. § 197 A2). Solange der Beschluß nicht für nichtig erklärt ist, ist der abgesetzte Liquidator nicht Liquidator, kann er also auch nicht anfechten (so wenig, wie er die Gesellschaft im Anfechtungsprozeß vertreten könnte: § 199 A3). Bedingte (dadurch, daß der Absetzungsbeschluß rechtskräftig für nichtig erklärt wird, bedingte) Liquidatoren gibt es nicht. Der abgesetzte frühere Liquidator kann ja auch in der Regel mit der Anfechtungsklage kein Interesse der Gesellschaft wahrnehmen. In der Regel würde er doch sein eigenes Interesse wahrnehmen und sein Interesse nimmt er nicht mit der Anfechtungsklage, sondern mit der Leistungs­ klage aus dem Bestellungsverhältnis wahr (Brodmann a. a. O.; abw. Staub HGB § 271 A"). — Auch der „Vorstand" kann nur „wegen Verletzung des Gesetzes oder der Satzung" und nur „innerhalb eines Monats" klagen. Aber er braucht dem angefochtenen Beschluß nicht „wider­ sprochen" zu haben. — Der Vorstand, die Vorstandsmitglieder sind verpflichtet, anzufechten, wenn die gehörige Leitung der Gesellschaft es fordert (§ 70) und müssen Schaden ersetzen, wenn sie es pflichtwidrig unterlassen und dabei die Sorgfalt des § 84 außer acht lassen. Sie müssen und dürfen auf die Anfechtung verzichten, wenn die gehörige Leitung es fordert. Sie können auch sonst, ausdrücklich oder stillschweigend, verzichten, wenn sie schadensersatzpflichtig werden oder sich gar nach § 294 strafbar machen wollen (abw. Goldschmit HGB § 271 A2*). Sie verzichten insbe­ sondere, wenn sie die Anfechtungsfrist nutzlos verstreichen lassen (§ 199 A2). Sie verzichten selbst­ verständlich nicht, wenn sie als Aktionäre für den Beschluß stimmen (HMschr 93219). Da sie gesetz­ öder satzungswidrige Beschlüsse in der Regel gar nicht ausführen dürfen (§ 74 A2,3) werden sie in der Regel freilich keinen Anlaß haben, anzufechten. — Nach Auflösung der Gesellschaft können die (sämtlichen) Abwickler anfechten (§§ 205, 209; RG 34112). Im Konkurs der Gesellschaft ficht der Konkursverwalter an, wenn (was kaum der Fall sein kann: Brodmann HGB § 292 $5d, Fürst, Wulff LZ 1912513 1913183 1923182) die Masse betroffen wird; sonst fechten, je nachdem, Vorstand oder Abwickler an (vgl. auch § 205 A3). Nr. 5. jedes Mitglied des Borstands und des Aufsichtsrats (und jeder sog. Stellvertreter von Vorstandsmitgliedern: § 85), wenn sich die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats durch die Ausführung des Beschlusses (aus AkG §§ 294 ff. oder anderen Strafgesetzen) strafbar oder (aus §§ 84, 99 oder anderen Vorschriften oder Satzungsbestimmungen oder aus Bestimmungen des Bestellungsvertrags gegenüber der Gesellschaft oder Dritten) ersatzpflichtig machen würden. Ritter, Aktiengesetz.

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§ 198. Anfechtbarkeit von HVBeschlüssen (Kläger)

Gemeint ist wohl: wenn das Mitglied sich strafbar oder ersatzpflichtig machen würde; denn es kann für das Vorstandsmitglied Müller doch nicht darauf ankommen, daß das Vorstandsmitglied Meier sich strafbar oder ersatzpflichtig machen würde, und das Gesetz setzt gewiß auch nicht voraus, daß alle Vorstandsmitglieder und Aufsichtsratsmitglieder sich strafbar oder ersatzpflichtig machen würden. Das Verwaltungsmitglied ficht also im eigenen Namen und im eigenen Interesse an. Einfacher in der Regel, es führt den Beschluß nicht aus, den es ja gar nicht auszuführen braucht (§ 74 A2,3). — Hat jemand aufgehört, Verwaltungsmitglied zu sein, so kann er nicht mehr klagen; auch kann er den begonnenen Anfechtungsprozeß nicht fortführen (was nicht gerade sinnvoll ist, da die Gesellschaft in der Regel durch Abberufung dem Prozeß ein Ende machen kann, vgl. insbes. § 75 Abs. 3). Austritt aus dem Vorstand und gleichzeitiger Eintritt in den Aufsichtsrat (oder um­ gekehrt) schaden nicht (Brodmann HGB § 271 Ab). — Auch das Verwaltungsmitglied kann nur „wegen Verletzung des Gesetzes oder der Satzung" und nur „innerhalb eines Monats" klagen. Aber es braucht dem angefochtenen Beschluß nicht widersprochen zu haben. — Das Verwaltungs­ mitglied kann auch auf das Anfechtungsrecht (ausdrücklich oder stillschweigend) verzichten. So kann z. B. darin, daß es als Aktionär vorbehaltlos für den angefochtenen Beschluß stimmt, ein Verzicht erblickt werden (§ 199 A2; HA, abw. Brodmann a. a. O., Staub HGB § 271 $16); das Anfechtungsrecht ist dem Verwaltungsmitglied ja nur in seinem eigenen Interesse gegeben. — Nach Auflösung der Gesellschaft kann jeder Abwickler anfechten (§§ 205, 209). 3. Abs. 2 macht eine Ausnahme von dem Grundsatz des Abs. 1, daß „jeder (einzelne) Aktionär zur Anfechtung befugt" ist: Aktionäre sind zu einer Anfechtung, die darauf gestützt wird, daß durch den Beschluß Abschreibungen (§ 131A3), Wertberichtigungen (§ 131A3), Rücklagen (§ 130 $2)

oder Rückstellungen (§ 77 A3) über das nach Gesetz oder Satzung statthafte Maß hinaus vorge­ nommen seien, nur befugt, wenn ihre Anteile zusammen 5% des (nominellen: ZBH 35238) Grundkapitals erreichen (oder übersteigen). Uber „Vornahme" eines Gewinnvortrags: § 131A3. „Rücklagen" sind nur offene Rücklagen (§ 130 A2). Stille Rücklagen begreift aber Abs. 2 unter Abschreibungen usw. Die Einstellung unbegründeter Passivposten, die Unterdrückung begründeter Aktivposten ist keine „Vornahme" der im Abs. 2 bezeichneten Art (nachsichtiger früher: RG 10540, IW 19312948; vgl. auch § 129 A3). Ohne Grund wendet LZ 191516 den Abs. 2 an, wenn in eine freiwillige Rücklage statt in die Zwangsrücklage des § 130 eingestellt wird (Brodmann HGB § 271 A8). Auch ein einzelner Aktionär kann eine Minderheit bilden (§ 118 A3). Über einen Umgehungsversuch: IW 19293086: die Hauptversammlung beschließt die Zuweisung des ganzen Gewinns an eine Rücklage und lehnt den Antrag eines Aktionärs ab, „eine Dividende von 5% aus dem Reingewinn zu verteilen"; der Aktionär besitzt keine 5% des Grundkapitals, läßt deshalb den Beschluß über die Zuweisung des Gewinns an die Rücklage unwidersprochen, widerspricht dagegen dem Beschluß, der seinen Antrag ablehnt, und ficht diesen Beschluß an — ohne Erfolg. a) Ob versehentlich oder absichtlich „vorgenommen" ist, gilt gleich (vgl. RG 10540, IW 19272986 19312948, LZ 1932822). Aber wenn die „Vornahme" gegen Treu und Glauben verstößt und also (auch) § 242 BGB verletzt, kann jeder einzelne Aktionär anfechten (§ 197 A3; vgl. den Fall RG 10540 und dazu Brodmann HGB § 271 A8). Denn wenn der Beschluß sowohl deshalb ange­ fochten wird, weil zu viel abgeschrieben usw. ist, als auch aus einem anderen Grunde, kann natürlich aus diesem anderen Grunde überhaupt jeder einzelne Aktionär anfechten (IW 19312948). — Selbst­ verständlich können auch Beschlüsse angefochten werden, die Abschreibungen usw. unter dem nach Gesetz oder Satzung statthaften Maß „vornehmen". Jeder einzelne Aktionär kann nach § 197 Abs. 1 anfechten (RG 7238). b) Auch die Aktionärminderheit kann natürlich nur anfechten, wenn die zu ihr gehörenden Aktionäre zur Niederschrift widersprochen haben (KB 189794, RIA l113). Sie braucht aber nicht gerade wegen des Übermaßes der Abschreibungen usw. widersprochen zu haben. Es brauchen die Anfechtungsklage auch nicht alle zu erheben, die widersprochen haben. Es genügt, daß 5% klagen und diese 5% widersprochen haben (Rspr 6608). Müssen diese 5% gemeinsam klagen? Man nimmt es ziemlich allgemein an. Aber das Gesetz verlangt es doch nicht ausdrücklich. Dagegen verlangt es (im Ggstz. zum § 147 ZPO) ausdrücklich, daß mehrere Anfechtungsprozesse, mögen die Anfechtungsklagen begründet oder unbegründet sein, zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden (§ 199 Abs. 3). Vor dieser Verbindung dürfen also die Klagen nicht deshalb abgewiesen werden, weil keine 5% klagen. Und nach dieser Verbindung, die 5% zusammengebracht hat, ist die vom Gesetz verlangte Prozeßgemeinschaft hergestellt, können also

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§ 199. Anfechtbarkeit von HVBeschlüssen (Klage)

die Klagen wiederum nicht deshalb abgewiesen werden, weil keine 5% die einzelnen Klagen er­ hoben haben (Brodmann HGB § 271 A8; abw. ohne Nutzen und zu formal z. B. Staub HGB § 271 $12). — Der oder die Kläger müssen bis zum Ende des Anfechtungsprozesses 5% des Grundkapitals vertreten. Wenn ein Kläger seine Aktie veräußert oder die Klage wirksam zurück­ nimmt und weniger als 5% übrig bleiben, wird die Klage abgewiesen. Allgemeine Rechtsnachfolger treten selbstverständlich an die Stelle des Klägers. Konkurs des Klägers hat nur die im Prozeßrecht bestimmten Rechtsfolgen. c) Die Beschränkung des Anfechtungsrechts hat seit 1937 ihren Reiz fast ganz verloren. Denn erstens soll die Hauptversammlung (nach der Auffassung des Gesetzgebers) den Jahresabschluß in der Regel nicht mehr feststellen. Und zweitens hat sie, wenn sie feststellt, nach § 131 Abs. 3 freie Hand. Nur für den Fall, daß die Hauptversammlung Satzungsbestimmungen verletzt oder gemäß § 126 über die Gewinnverteilung beschließt und hierbei über die Grenzen ihrer Macht hinausgeht (vgl. § 52 $4ee), könnte Abs. 2 einmal zu Ehren kommen. 4. Die Satzung kann vom § 198 nicht wirksam abweichen (Borb. 3 vor § 1, § 197 A°).

§ 199

Anfechtungsklage.

(1) Die Klage muß innerhalb eines Monats nach der Beschlußfassung erhoben werden. (2) Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten. Die Gesellschaft wird durch Vorstand und Aufsichtsrat und, wenn der Vorstand klagt, durch den Aufsichtsrat vertreten. (3) Zuständig für die Klage ist ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Die mündliche Verhandlung findet nicht vor Ablauf der Monatsfrist des Abs. 1 statt. Mehrere Anfechtungsprozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. (4) Macht die Gesellschaft glaubhaft, daß ihr nach § 200 Abs. 2 oder nach Vorschriften des bürgerlichen Rechts gegen den klagenden Aktionär ein Ersatz­ anspruch zusteht oder erwachsen kann, so kann das Prozeßgericht auf ihren Antrag anordnen, daß der klagende Aktionär der Gesellschaft Sicherheit leiste. Art und Höhe der Sicherheit bestimmt es nach freiem Ermessen. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Festsetzung einer Frist zur Sicherheitsleistung und über die Folgen der Versäumung der Frist sind anzuwenden. (5) Der Vorstand hat die Erhebung der Klage und den Termin zur mündlichen Verhandlung unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. (6) Den Streitwert bestimmt das Prozeßgericht nach den gesamten im ein­ zelnen Fall gegebenen Verhältnissen unter Berücksichtigung des Interesses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung des angefochtenen Beschlusses nach freiem Ermessen. 1. Früher: HGB §§ 271, 272. — Aus dem Schriftt.: § 195 A4. Verrücken BA 2438» (Sicherheitsleist. im AnfProzeß). Rospatt BA 29108 (Vertretung im AnfProzeß). Saenger Festg. Heymann933 (Vertret, der Ges. im AnfProzeß). 2. Abs. 1. Die Klage (mit der angefochten wird) mutz (d. h. darf nur) innerhalb eines Monats nach der Beschlußfassung (nicht: nach der Hauptversammlung, früher bestr.: Brodmann HGB § 271 A3) erhoben werden. a) Fristberechnung: BGB §§ 187, 188, 193. Die Frist beginnt ohne Rücksicht darauf, ob der Aktjonär an der Hauptversammlung teilgenommen, ob er von der Versammlung oder vom Beschluß oder von der Anfechtbarkeit Kenntnis gehabt hat oder nicht (RG 66128, KGJ 34140). — Die Frist ist Ausschluß frist, keine Verjährungsfrist, keine Notfrist, keine der Verlängerung durch Satzung oder Parteivereinbarung fähige Frist, vom Gericht (auch vom Revisionsgericht) von Amts wegen zu beachten (RG 91316, IW 96 611 03 390 19281569 1931 2949, Warn 1913196, HMschr 05302, Rspr 2227 36284). Das schließt nicht aus, daß der Kläger gegenüber dem Einwand des Frist­ ablaufs (ähnlich wie gegenüber der Verjährungseinrede) Rechtsmißbrauch einwenden kann (bgL

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z. B. RG 115136). — So wenig die Klage nach Fristablauf erhoben werden darf, so wenig darf die fristgerecht erhobene Klage nach Fristablauf auf neue Anfechtungsgründe gestützt werden; auch nicht mit Zustimmung der Gesellschaft (RG 91323 125166, IW 03390 19274677 19281669 19291367 19324649, LZ 193044BO 1931 261 193 2 822, DIZ 1913466, HMschr 05302; abw. nur Lehmann HGB § 271 A48). Auch nicht auf neue Tatsachen, die den Anfechtungsgrund der Klage stützen sollen (Warn 1913196, LZ 19301450 1931 261). Auch genügt nicht, daß der Kläger fristgerecht Klage „wegen Verletzung des Gesetzes und der Satzung" erhebt und nach Fristablauf die besonderen Anfechtungs­ gründe nachschiebt (ZPO § 253). b) „Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes" (ZPO § 253), und zwar durch Zustellung „an die gesetzlichen Vertreter"; „bei mehreren gesetzlichen Ver­ tretern genügt die Zustellung an einen derselben" (ZPO § 171). Gemäß ZPO § 184 kann auch „an einen anderen in dem Geschäftslokal anwesenden Beamten oder Bediensteten" zugestellt werden. Gesetzliche Vertreter der Gesellschaft sind in der Regel hier die Vorstands- und Aufsichts­ ratsmitglieder (Abs. 2). Es würde also genügen, daß einem Vorstandsmitglied oder Aufsichtsrats­ mitglied zugestellt wird. Das wäre aber, sagt man, nicht im Sinne des Gesetzes, das „ein arglistiges Zusammenwirken des Klägers mit dem Vorstand verhüten will" (RG 66 38 8 3 417). Deshalb nimmt man ziemlich allgemein an, daß einem Vorstandsmitglied und einem Aufsichtsratsmitglied (nicht notwendig dem Vorsitzer) rechtzeitig zugestellt sein muß (RG 14142 66 37 107164, IW 95602 98120 191172 1913210 192737B, Bolze 21283, LZ 1910B46, ZHR 43326, BA 9300, DIZ 03456, Rspr 5277; auch in höheren Instanzen von Amts wegen zu beachten, selbst wenn in früheren nicht gerügt: IW 192 7 2439; teilw. abw. Horrwitz GenBers.494, IW 01482). Aus demselben Grunde nimmt man auch ziemlich allgemein an, daß an Aufsichtsratsmitglieder nicht gemäß ZPO § 184 zugestellt werden darf (RG 83417, HMschr 97164 191 4266; abw. Lehmann HGB § 272 A4, LZ 191379°); Zustellung im Geschäftslokal des Aufsichtsratsmitgliedes ist natürlich zulässig (ZPO §§ 180, 183; Brodmann HGB § 272 A4?). Zustellungsvorschristen der ZPO sollten aber doch so gefaßt sein, daß sie nicht aus dem Sinn des HGB oder des AkG ausgelegt werden müssen 1 Mängel der Zustellung werden gemäß ZPO §§ 187, 295 geheilt (HA, Recht 1929N327, ZAG 20 248; abw. LZ 191379°) — was freilich mit dem Grundsatz, daß die Parteien über die Anfechtungsfrist nicht verfügen können (oben a), nicht recht vereinbar ist. Weiteres: unten A3. c) Läßt der Aktionär die Anfechtungsfrist ungenutzt verstreichen, so kann in solchem Verhalten u. U. auch ein (stillschweigender) Verzicht auf das Anfechtungsrecht liegen. Der Aktionär kann aber auch sonstwie (einseitig), ausdrücklich oder stillschweigend, vor oder nach Fassung des Be­ schlusses, auf die Anfechtung verzichten (vgl. Walsmann Verzicht 1912). So kann z. B. dem Umstand, daß der Aktionär vorbehaltlos für den Beschluß gestimmt hat, der Verzicht erschlossen werden (ZAG 15447). RG 3394 hat angenommen, daß, wenn die Hauptversammlung Umwandlung in eine GmbH beschließe und der Aktionär sich mit der Hälfte seiner Aktien an der GmbH beteilige, der Aktionär schlüssig auf die Anfechtung des Umwandlungsbeschlusses verzichtet habe; die Rechtslehre ist anderer Meinung (Brodmann HGB § 271 A49, Hueck Anfechtb.434, Lehmann AR 2243). Wenn der Aktionär die Dividende entgegennimmt, die dem Gewinnverteilungsbeschluß der Haupt­ versammlung entspricht, hat er nicht auf die Anfechtung dieses Beschlusses verzichtet (allg. A., HMschr 9347). Auch dem Umstand, daß der Aktionär an der gesetz- oder satzungswidrig einberufenen Haupt­ versammlung teilnimmt, kann kein Verzicht auf die Anfechtung der von dieser Versammlung gefaßten Beschlüsse entnommen werden (RGSt 29 38B, IW 98462). Der Aktionär kann natürlich insbesondere noch nach rechtzeitiger Erhebung der Anfechtungsklage auf das Anfechtungsrecht verzichten. Aber wenn der Aktionär, der den Bilanzbeschluß rechtzeitig angefochten hat, dem nächsten Bilanzbeschluß nicht widerspricht oder gar zustimmt, hat er auf das mit der Klage geltend gemachte Anfechtungsrecht nicht (stillschweigend) verzichtet (HA, RG 64 258 98 442). Wird der frühere Beschluß für nichtig erklärt, so ist die Folge für den späteren Beschluß die gleiche, wie wenn der frühere Beschluß immer nichtig gewesen wäre (vgl. auch § 197 $2bb). 3. Abs. 2. Die (Anfechtungs-) Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten. Gewiß; gegen wen sollte sie wohl sonst gerichtet werden? Etwa gegen die Aktionäre, die für den Beschluß gestimmt haben? Sie haben doch nur den Beschluß „gefaßt", der damit Willenskundgebung eines Organes der Gesellschaft geworden ist. a) Die Gesellschaft wird (im Anfechtungsprozeß) durch Borstand und Aussichtsrat vertreten, aa) Durch den Vorstand. Die Gesellschaft wird durch den Vorstand gerade so vertreten

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wie sonst, also durch sämtliche Vorstandsmitglieder, wenn die Satzung nichts Anderes bestimmt. Dies scheint auch HA zu sein (v. Godin A3, Horrwitz GenVers?9«, Lehmann HGB § 272 A*, vgl. LZ 1912946) — mögen auch „die verschiedenen Meinungen einander planlos gegenüberstehen" (Brodmann HGB § 272 A4) und meist reichlich verschwommen sein. Staub HGB § 272 A2 nimmt (mit. Beruf, auf widerspruchsvolle Ausführ. Rospatts BA 29108) an, daß der Vorstand „bei dieser Vertretung als Kollegium handle", und scheint damit sagen zu wollen: als gewöhnlicher Vorstand i. S. des § 71. Ebenso Schlegelberger A3: „die Willensbildung habe nach den für den Vorstand geltenden Grundsätzen stattzufinden", also doch wohl nach § 71. Nach Brodmann HGB § 272 911 müssen unter allen Umständen alle Vorstandsmitglieder mitwirken; warum, erfährt man nicht. — Ist ein Vorstandsmitglied durch den angefochtenen Beschluß abberufen (was ihm jetzt nur noch als Abwickler zustoßen kann: §§ 75, 206), so vertritt es (einstweilen oder für immer) die Gesellschaft nicht mehr, es sei denn, daß der Beschluß (nicht nur anfechtbar, sondern auch) nichtig ist; das etwa neu bestellte Mitglied vertritt sie (RG 34113, IW 96662 19272298, HRZ 192 6 86°, BayZ 1926214). Ist die Gesellschaft durch den angefochtenen Beschluß aufgelöst, so vertreten die Abwickler die Gesellschaft (§§ 205, 209). — Klagen Aktionäre, die Vorstandsmitglieder sind, so können sie die Gesellschaft nicht vertreten; das liegt im Wesen des Zivilprozesses (RG 66240). Fehlen infolge­ dessen (oder aus anderen Gründen) Vorstandsmitglieder, die die Gesellschaft vertreten können, so muß gemäß AkG § 76 oder gemäß ZPO § 57 für Vertretung gesorgt werden (LZ 1912 946, Rspr 19349; teilw. abw. ohne Grund Staub HGB § 272 A3 gegen Rospatt BA 29m: die Gesellschaft werde nur durch den Aufsichtsrat vertreten). bb) Der Vorstand vertritt aber (ausnahmsweise) nicht allein. Er möchte sonst mit dem klagenden Aktionär durchstechen. Die Gesellschaft wird „nur gemeinschaftlich" durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten. Sie wird natürlich auch durch den Aufsichtsrat gerade so vertreten, wie sie sonst durch den Aufsichtsrat vertreten wird (hierüber: § 92 A2). Bestimmt z. B. die Satzung, daß der Aufsichtsrats­ vorsitzer die Gesellschaft allein gerichtlich und außergerichtlich vertreten kann, so kann er sie natürlich auch im Anfechtungsprozeß allein vertreten (bestr.). Fehlt es an vertretungsberechtigten Aufsichtsrats­ mitgliedern, so ist ebenso vorzusorgen, wie wenn vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder fehlen (§ 89 A2,5). Näheres: oben aa. cc) Vorstand und Aufsichtsrat vertreten die Gesellschaft in derselben Weise, wie etwa zwei Vorstandsmitglieder die Gesellschaft vertreten, die zur gemeinschaftlichen Vertretung der Gesell­ schaft, berufen, also Gesamtvertreter sind (RG 6637). Nach ZPO § 171 Abs. 3 genügt aber bei mehreren gesetzlichen Vertretern die Zustellung an einen. Es müßte also auch genügen, daß die Anfechtungsklage dem Vorstand oder dem Aufsichtsrat zugestellt wird. Die fast allgemeine Meinung stellt aber den Gesetzeszweck über das Gesetz und verlangt, daß dem Vorstand und dem Aufsichtsrat zugestellt wird (oben b). Zustellung an je ein Mitglied des Vorstandes und des Auf­ sichtsrats genügt (ZPO § 171; keine Zustell, an ARMitgl. gemäß ZPO § 184, Heilung von Zustellungsmängeln: oben b). Dabei (wie auch sonst: Fischer IW 1925161) kann der Aktionär sich auf die Einträge des Handelsregisters über die Vorstandsmitglieder gemäß HGB § 15 verlassen (IW 9114 1925151). Und was die Aufsichtsratsmitglieder angeht, so kann er sich wohl auf die gemäß § 91 zum Handelsregister eingereichten Bekanntmachungen verlassen (Brodmann HGB § 272 9t1, Hueck Anfechtb."7, Lehmann HGB § 272 9I1, Rospatt BA 29112). Wenn der Aktionär die An­ fechtungsklage Personen zustellen läßt, die hiernach nicht empfangsberechtigt sind, wird die Klage abgewiesen oder, falls nachträglich den richtigen Personen zugestellt wird, das Verfahren fort­ geführt; keinesfalls können die Personen, denen versehentlich zugestellt ist, ohne weiteres vom Anfechtungskläger Ersatz des ihnen durch die Zustellung entstandenen Schadens, insbesondere der ihnen etwa erwachsenen Kosten verlangen, am wenigsten im Anfechtungsprozeß (abw. IW 192 6 70). — Die Anfechtungsklageschrift soll nach ZPO §§ 130, 253 die gesetzlichen Vertreter bezeichnen, also den Vorstand und den Aufsichtsrat, jeden mindestens in vertretungsberechtigter Zusammen­ setzung. Versäumtes kann aber nachgeholt werden (IW 1913210, ZAG 10 229, Rspr 5277, RheinA 9519; vgl. auch IW 01 482). Wird das Versäumte nicht nachgeholt, so wird die Klage abgewiesen (ZPO § 56; ggf. in der höheren Instanz: RG 66 240). Ist ein falscher Vertreter bezeichnet, so kann er zur Prüfung der Prozeßvoraussetzung Anträge stellen (RG 86342) und ebenso kann der richtige Vertreter eintreten und den Mangel rügen (IW 1916130). — Wenn der Aufsichtsrat allein im Namen der Gesellschaft Prozesse führen kann (unten b), kann er unbestritten auch im Namen der Gesellschaft Prozeß­ auftrag und -vollmacht erteilen (§ 97 A3). Wenn Vorstand und 9lufsichtsrat „gemeinschaftlich"

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die Gesellschaft im Anfechtungsprozeß zu vertreten haben, können sie natürlich auch „gemein­ schaftlich" Prozeßauftrag und -vollmacht erteilen. Aber eben nur „gemeinschaftlich". Weder die Vertretungsmacht des Vorstandes noch die des Aufsichtsrats umfaßt für sich allein die Macht, Prozeßauftrag und -vollmacht zu erteilen (Brodmann HGB § 272 A1, Horrwitz GenVers192, Rospatt BA 29no, RG 14142, IW 1913210; abw. ohne Grund Staub HGB § 272 A«). Bestellen Vorstand und Aufsichtsrat zwei Anwälte zu Prozeßbevollmächtigten, so braucht der unterlegene Kläger natürlich in der Regel nur die Kosten eines Anwalts zu erstatten (ZPO § 91 Abs. 2; RG 14142, LZ 1913870). — Auch im Konkurs der Gesellschaft vertreten Vorstand und Aussichtsrat die Gesell­ schaft. Der Konkursverwalter vertritt sie nur dann, wenn der Anfechtungsprozeß die Masse angeht, wenn, wie RG 76246 sagt, „die Abwehr der Klage einen Akt der Konkursverwaltung bedeutet" (was für Beschlüsse, die nach der Konkurseröffnung gefaßt werden und ohnedies den Konkurs­ verwalter nicht binden, nicht vorkommen wird); der Aufsichtsrat vertritt die Gesellschaft dann nicht mit, da der Konkursverwalter nach KO §§ 6, 117 in der Verwaltung und Verwertung der Masse unbeschränkt ist. So auch Brodmann HGB § 272 A^, Jaeger KO § 207 A11, Wulff LZ 1913177, IW 192 7 2489, Rspr 21389. Anders Meyer IW 192 7 2441, Staub HGB § 272 A1: Konkursverwalter und Aufsichtsrat vertreten, Horrwitz GenVers.193: Vorstand und Aufsichtsrat vertreten, SchHA 0788: Vorstand, Aufsichtsrat und Konkursverwalter vertreten. b) Die Gesellschaft wird im Anfechtungsprozeß gemeinschaftlich durch Vorstand und Aufsichtsrat insbesondere auch dann vertreten, wenn Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder als solche (§ 198 Nr. 5) klagen. Klagen alle Vorstands- und/oder Aufsichtsratsmitglieder oder so viele, daß nicht genug zur Vertretung übrig sind, so muß für anderweitige Vertretung gesorgt werden (oben a). Dagegen wird die Gesellschaft, wenn der Borstand klagt (§ 198 Nr. 4), durch den AuffichtSrat vertreten. Der Aufsichtsrat vertritt die Gesellschaft ebenso, wie er auch sonst, wenn er gesetzliche Ver­ tretungsmacht hat, die Gesellschaft vertritt (§ 92 A2). — Klagen Vorstand und Aktionäre, so wird die Gesellschaft dem Vorstand gegenüber durch den Aufsichtsrat, den Aktionären gegenüber durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten. Klagen alle Vorstandsmitglieder gemäß § 198 Nr. 5, so wird die Gesellschaft gleichwohl durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten; der Vorstand muß ergänzt oder besondere Vertretung bestellt werden. Anders, aber gegen den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes: v. Godin A4; vor seltsamen Prozeßbildern dieser Art hat das Gesetz ja keine Scheu (§ 122 A8, § 198 A2 Nr. 4). 4. Abs. 3. Zuständig für die (Anfechtungs-) Klage ist ausschließlich das Landgericht (Kammer f. HS.: GVG § 95, und zwar in jedem Falle: HA gegen Goldschmit HGB § 272 A7), in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz (§§ 5, 16) hat. „Ausschließlich" bedeutet nach der Ausdrucksweise der ZPO: unter Ausschluß eines anderen, sachlich oder örtlich in Betracht kommenden ordentlichen Gerichts (deshalb gemäß ZPO § 547 Nr. 2 Revision ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdeggst. zulässig). Bedeutet es auch: unter Ausschluß eines Schiedsgerichts? Die Satzung kann entgegen dem Gesetz gewiß kein Schiedsverfahren wirksam bestimmen (§ 197 A2). Es kann aber auch wohl kein Schiedsverfahren vereinbart werden (HA, IW 19271111, DIZ 091335, ZAG 176). Die Vorschriften des Gesetzes (Abs. 2 Satz 2, 3, Abs. 4—6, § 200 Abs. 1) sind deutlich aus das Verfahren vor den ordentlichen Gerichten zugeschnitten. Anders Brodmann HGB § 272 2t1, aber: das Schiedsverfahren habe doch „insofern keinen Zweck, als die Entscheidung für das Ver­ hältnis der Gesellschaft zu den übrigen Aktionären ohne Bedeutung sein würde, das Verfahren überhaupt nicht zur Vernichtung des Beschlusses führen könnte"! — Die mündliche Verhandlung findet nicht vor Ablauf der Monatsfrist des Abf. 1 statt, d. h. sie soll nicht vorher stattfinden, der Termin zur mündlichen Verhandlung soll nicht auf einen früheren Zeitpunkt anberaumt werden, damit nicht noch nach der Entscheidung Anfechtungsklagen erhoben werden können, über die anders als durch Abweisung wegen Fristversäumnis zu entscheiden ist. Die Monatsfrist des Abs. 1 wirkt also wie eine besondere Einlassungsfrist. Wird der Termin der mündlichen Verhandlung auf einen zu frühen Zeitpunkt bestimmt, so werden also ähnliche Folgen entstehen müssen wie bei Verletzung des § 262 ZPO: das Gericht darf kein Versäumnisurteil gegen die Gesellschaft erlassen usw. Das Gericht darf aber natürlich die Frist nicht abkürzen (anders bei der gewöhnt. Einlassungsfrist: ZPO § 226). — Das Gericht kann nach ZPO § 147 mehrere bei ihm anhängige Prozesse mit­ einander verbinden. Nach Abs. 3 muß es dies: Mehrere AnfechtungSprozeffe find zur gleich­ zeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden, sc. wenn in allen derselbe Beschluß angefochten wird. Ob der Grund der Anfechtung in allen Fällen derselbe ist oder nicht, gilt gleich.

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Ebenso, ob in einzelnen Fällen die Anfechtungsfrist versessen ist, in anderen nicht (was freilich wenig angemessen ist). Die verbundenen Kläger sind notwendige Streitgenossen, auch wenn die Anfechtungsgründe verschieden sind (ZPO § 62; HA), ebenso wie sie und ihre Nebeninter­ venienten (unten). Es dürfen auch nicht gemäß ZPO § 300 Abs. 2 über einzelne der verbundenen Klagen Sonderurteile erlassen werden; auch nicht, wenn die Anfechtungsgründe verschieden sind und einzelne offenbar nicht stichhalten, andere dagegen noch geprüft werden müssen. Nur gemäß ZPO § 113 (Zurückweisung mangels Sicherheitsleist.) werden Sonderurteile erlassen werden können. Unterbleibt die Verbindung, so können die Parteien sie beantragen und nach Abweisung des Antrags sich beschweren. — Aktionäre können derjenigen Partei des Anfechtungsprozesses, an deren Obsieg sie ein rechtliches Interesse haben (also in der Regel die in der Minderheit gebliebenen Aktionäre dem Kläger, die Mehrheitsaktionäre der verklagten Gesellschaft) zu ihrer Unterstützung beitreten (ZPO § 66; RG 9332, IW 19322636, ZAG 963, Rspr 3362, BadRpr 192496; über einen Fall, in dem der Aktionär und Nebenintervenient die Rolle des „rettenden Engels" gespielt hat: Reichel zu IW 19272298). Um ihnen hierzu Gelegenheit zu geben, hat der Vorstand die Klagerhebung und den Verhandlungstermin bekanntzumachen (Abs. 5). Der Anfechtungsprozeß, dem die 10000 Aktionäre einer Großbank als Nebenintervenienten beitreten würden, würde ein seltsames Bild bieten. Der Aktionär, der beitritt, wird notwendiger Streitgenosse der Partei, der er beitritt (ZPO §§ 69, 61, 62; RG 9332). 5. Abs. 4. Macht die (verklagte) Gesellschaft glaubhaft (hierüber: ZPO § 294), daß ihr nach § 200 Abs. 2 (also wegen vorsätzlich oder grobfahrlässig unbegründeter Anfechtung des mit der Klage angefochtenen Beschlusses) oder nach (anderen) Vorschriften des bürgerlichen Rechts (nach denen der Kläger den durch die Anfechtung entstandenen Schaden zu ersetzen hat) gegen den klagenden Aktionär ein Ersatzanspruch zustehl oder erwachsen kann, so kann (in jeder Lage des Rechtsstreits: RG 123199) das Prozeßgericht auf ihren Antrag (oder den ihres Nebenintervenienten) anordnen, daß der klagende Aktionär (oder sein Nebenintervenient: unten f, dagegen nicht auch, daß das klagende Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied) der Gesellschaft Sicherheit leiste. a) Auf Grund der §§ 272, 273 HGB wurde vereinzelt angenommen, daß das Gericht Siche­ rung immer dann anzuordnen habe, wenn der Gesellschaft von der Klagerhebung „Nachteile drohten", einerlei, ob der Kläger hierfür verantwortlich sei (Bernicken BA 24380, Staub HGB § 272 A*o, LZ 1910239, Rspr 8386). HA nahm dagegen an, daß das Gericht Sicherung nur dann anzuordnen habe, wenn „eine Haftbarkeit des Klägers in Frage komme" (RG 123198 u. dort angef.). Man wollte das Gesetz diesem der HA entsprechenden „Rechtszustand angleichen" (Begr 1930108, Begr 1937). Das ist auch gelungen. Ein Zweites ist weniger gelungen. Man nahm früher vereinzelt an, daß nur im Falle des § 273 Abs. 2 HGB (also nur dann, wenn dem Kläger „eine bösliche Handlungsweise zur Last fiel") „eine Haftbarkeit des Klägers in Frage komme" (Brod­ mann HGB § 273 A3), also auch nur in diesem Falle Sicherung angeordnet werden dürfe. Der Gesetzgeber von 1937 wollte nun die „Haftbarkeit des Klägers" (und damit auch seine Sicherungs­ pflicht) erweitern. Der Kläger sollte nicht nur bei „böslicher Handlungsweise", sondern schon bei grober Fahrlässigkeit haften. Das bestimmt jetzt auch § 200 Abs. 2. Man wollte aber offenbar auch der Auffassung entgegentreten, daß § 273 Abs. 2 HGB die Haftung des Klägers „erschöpfend regle". Man hätte deshalb den § 273 Abs. 2 HGB ändern, nämlich im § 200 Abs. 2 bestimmen müssen, daß die Haftung des Klägers aus anderen Vorschriften des bürgerlichen Rechts unberührt bleiben solle. Dies ist nicht bestimmt worden. Statt dessen hat man (im äußeren Anschluß an § 118 Abs. 4, § 123 Abs. 3: § 118 A9) den § 199 geändert: nicht nur wegen des im § 200 Abs. 2 bezeichneten Schadens, sondern auch wegen des nach anderen Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu ersetzenden Schadens ist Sicherung anzuordnen — kann die Gesellschaft also auch, wie man ergänzen muß, Ersatz verlangen. b) Die Sicherung ist auch für den Anspruch der Gesellschaft gegen den Kläger auf Erstattung der Kosten des Anfechtungsprozesses anzuordnen, wenn die Gesellschaft nicht nur nach den Vorschriften des Zivilprozeßrechts, sondern nach § 200 Abs. 2 oder nach anderen Vorschriften des bürgerlichen Rechts Ersatz der Kosten verlangen kann (vgl. Horrwitz GenVers.*9?, RG 123200). Die Vorschriften des Zivilprozeßrechts sind keine „Vorschriften des bürgerlichen Rechts". c) Einigen sich die Parteien des Anfechtungsprozesses über Art und Umfang der Sicherung, so hat das Gericht demgemäß anzuordnen. Sonst gilt: Art und Höhe der Sicherheit bestimmt es